194 87 39MB
German Pages 314 [315] Year 1998
KIRSTEN GEISSLER
Die öffentliche Wasserversorgung im römischen Recht
Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Herausgegeben vom Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichung der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Hr.
Neue Folge . Band 29
Die öffentliche Wasserversorgung im römischen Recht
Von
Kirsten Geißler
Duncker & Humblot . Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Geißler, Kirsten: Die öffentliche Wasserversorgung im römischen Recht / von Kirsten Geißler. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Freiburger rechtsgeschichtliche Abhandlungen; N.F., Bd. 29) Zug!.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1996/97 ISBN 3-428-09162-0
Alle Rechte vorbehalten
© 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6704 ISBN 3-428-09162-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@
parentibus meis
T. Allom (Zeichn.), A. Willmore (Grav.):
"The Pont du Gard near Nfmes"
Vorwort
"Jede ... Aufgabe erfordert besondere Aufmerksamkeit. Mich spornen mein angeborenes Pflichtbewußtsein und meine Arbeitsauffassung daz.u an, eine ... Aufgabe nicht nur mit Sorgfalt, sondern auch mit Hingabe z.u erfüllen". Frontin 1.
Die Arbeit ist im Frühjahr 1996 abgeschlossen worden und hat im Wintersemester 1996/97 der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-LudwigsUniversität Freiburg im Breisgau vorgelegen. Mein verehrter Lehrer Herr Prof. Detlef Liebs hat seit meiner Studienzeit mein Interesse am römischen Recht in vielfältigen Seminaren und Gesprächen und insbesondere in Exkursionen zu Zeugnissen der römischen (Rechts-)Geschichte gefördert. An seinem Lehrstuhl am Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichunghabe ich unschätzbare Anregungen und großzügige Arbeitsbedingungen erfahren. Besonders verbunden bin ich Herrn Prof. Martin Bullinger für seine aufopferungsvolle Bereitschaft, das Zweitgutachten anzufertigen. Die Aufnahme der Arbeit in die Reihe "Freiburger Rechtsgeschichtlichen Abhandlungen" hat mich gefreut, ebenso die freundliche und sorgfältige Betreuung durch Frau Frank vom Verlag Duncker & Humblot bei der Erstellung der Druckvorlage. Meinen Eltern und meiner Schwester sei nicht nur für ihr Verständnis und ihre Geduld bei der Anfertigung dieser Arbeit gedankt. Sie haben mein Interesse an der Antike geweckt und stets gefördert und damit erst die Voraussetzungen für die Entstehung der Arbeit geschaffen. Bad Segeberg, Ostern 1998
Kirsten Geißler
Inhaltsverzeichnis Einleitung
19
§ 1 Geschichte der öffentlichen Wasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
I. Überblick über die Geschichte künstlicher Wasserbauten 11. Geschichte der stadtrömischen Wasserversorgung ..... .
22
26
§ 2 Staats- und verwaltungsrechtliche Grundlagen der öffentlichen Wasser-
versorgung I. Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . a) Zuständigkeit der cellsores . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Zuständigkeit der cellsores für Bau und Erhaltung der Wasserleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zuständigkeit innerhalb und außerhalb Roms ßß) Amtsdauer der ce/lsores . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. yy) Fertigstellung begonnener Bauten durch den im Amt bleibenden ce/lsor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ß) Schutz vor Mißbrauch des Wassers und der Versorgungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . y) Ius da/ldae vendendaeve aquae . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ~) Jurisdiktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Zuständigkeit der consules ..... c) Zuständigkeit des praetor urbanus . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Zuständigkeit der aediles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Zuständigkeit der aediles für bauliche Maßnahmen . . . . . .. ß) Schutz vor Mißbrauch des Wassers und der Versorgungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . y) Ius dandae vendendaeve aquae . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ~) Jurisdiktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. e) Zuständigkeit von Sondermagistraten - Die IIviri aquae perducendae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
36 37 37 37 38 38 40 41 44 45 45 46 47 48 49 49 50 50
51
10
Inhaltsverzeichnis 2. Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Finanzierung aus dem aerarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Attributio der Mittel ß) Zahlungsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzierung in den mUllicipia
11. Kaiserzeit . . . . . . . . . . . 1. Zuständigkeit . . . . . . .
a) Stellung des prillceps b) Der curator aquarum a) Amtsbezeichnung ß) Rang und Stellung y) Besonderheiten des Amtes ~) Aufgaben ..... . c) Der procurator aquarum a) Amtsbezeichnung ß) Rang und Stellung y) Amtsdauer und Ernennung ~) Aufgaben ......... . d) Zuständigkeit der I1viri in den municipia 2. Finanzierung . . . . . . . . . . . a) Das aerarium . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgaben des aerarium . ß) Einnahmen des aerarium b) Der fiscus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Finanzierung in den municipia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Finanzierung aus der Gemeindekasse . . . . . . . . . . . . . . . ß) Stiftungen des prillceps und vermögender Privater . . . . . . . d) Finanzierung in der Spätantike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bereitstellung der erforderlichen Mittel . . . . . . . . . . . . . ß) Verwaltung der für die Wasserleitungen bestimmten Gelder § 3 Eigentums- und enteignungsrechtIiche Fragen im Bereich der Wasserversorgung . . . . . . . . I. Enteignung zum Bau
11. Enteignung zur Reparatur? 1. Beschaffung von Bau- und Reparaturmaterial a) Ausgangslage . b) Streitstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51 52 52 53 54 54 58 58 60 60
63 64 66 68 68
69
72 73
74 76 76 77
77 80 81 81
82 85 85 86
88 88
90 90 90
91
Inhaltsverzeichnis
11
c) Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wege- und Materialtransportrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgangslage . . . . . .. .. . ............ . b) Streitstand . . .......... . . . c) Beurteilung ...
92 93 93 94 95
III. Enteignung zum Schutz der Anlagen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Streitstand 3. Beurteilung . .
97 97
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
I. Abstandsvorschriften . . . . . . . . . 1. Edictum Augusti de aquaeductu Venafrano . . . . . . . . . . . . . .. a) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Folge bei Verstoß gegen die Anordnung ..... 2. SellatuscolIsu[tum de aquaeductibus von 11 v. Chr. a) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Folge von Zuwiderhandlungen ..... 3. Lex Quillctia de aquaeductu von 9 v. Chr. . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Folge bei Verstoß gegen die Anordnung . . . . . . . . . . . 4. Edikt des Prokonsuls von Kleinasien Aulus Vicirius Martialis a) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolge von Verstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. CTh XV 2, 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungsinhalt . . . . . . . . b) Folge eines Verstoßes . . . . . . . . ... . ... . . . . . . . . . . . 6. Cl XI 43, 6, 1 ................... . ........... . a) Regelungsinhalt . . . . . . . b) Rechtsfolge eines Verstoßes 7. Cl XI 43, 10, 2 f. a) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... .. b) Rechtsfolge bei Verletzung des Schutzstreifens . 8. COllstitutio incerti imperatoris de aquaeductu a) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolge bei Nichteinhaltung.
11. Schutz vor willkürlicher Beschädigung 1. Platoll voP.Ot VI 764 B-C ..... . 2. Lex Quillctia de aquaeductu von 9 v. Chr. . . . . . . . . . . . . . ..
98 99 101 101
102 102
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104 105 107 108 108 109 109 113 115 115 116
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12
Inhaltsverzeichnis 111. Unterhaltung der Anlagen . . . . . . . . . 1. Pflicht zur Säuberung - CTh XV 2, 1 a) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Historische Vorgänger von CTh XV 2, 1 . . . . . . . . . . . . .. a) Edictum Augusti de aquaeductu Venafrano . . . . . . . . . .. ß) Astynomeninschrift von Pergamon . . . . . . . . . . . . . . .. y) Parallelbestimmungen des römischen Straßenrechts . . . . .. aa) Zwölftafeln VII 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ßß) Spätere Differenzierung nach dem Straßentyp . . . . . yy) Schlußfolgerungen für die Wasserversorgungsanlagen c) Kompensation der Säuberungspflicht durch die Befreiung der Anlieger von den außerordentlichen Lasten . . . . . . . . . . . .. d) Rechtsfolge bei Vernachlässigung der Säuberungspflicht . . . .. e) Magistratische Anordnung der Säuberung der Wasserleitungen. 2. Besondere Abgaben zur Unterhaltung der Wasserversorgungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ablösung der persönlichen Unterhaitungspflicht der Anlieger durch Zahlung eines Beitrages b) Die Antrittsgelder der Prätoren a) CTh VI 4, 13 . . . . . . . . ß) CTh VI 4, 29 y) CTh VI 4, 30 . . . . . . . . c) Die Antrittsgelder der Konsuln a) CI XII 3, 2, 3 . . . . . . . . ß) CI XII 3, 3 y) CI XII 3, 4 d) Sonderabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) CTh XIV 6, 3 . ß) CTh XV 1, 36 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
137 139 140 140 141 142 142 143 143 144 144 144
Ergebnis
145
§ 5 Wasserkonzessionen . . . . . . . . . . . I. Die intraurbane Wasserverteilung
1. Das Verteilungssystem Vitruvs 2. Ergebnisse archäologischer Grabungen a) Castellum aquae von Pompeji ... . b) Castellum aquae von Nfmes .... . 3. System der stadtrömischen Wasserverteilung bei Frontin a) Frontin 98, 2 . . . . . . . . . . . . . . b) Frontin 78, 3 ff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
126 127 127 127 128 128 130 131 131 133 133 135 136 137
146 146 147 150 151 153 155 155 156
Inhaltsverzeichnis 11. Private Wasserkonzessionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Historische Entwicklung privater Wasserleitungsrechte . a) Die private Wasserableitung zur Zeit der Republik b) Neuregelung durch Agrippa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die private Wasserableitung im Prinzipat . . . . . . . d) Regelung der privaten Wasserableitung im Dominat 2. Konzessionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Republik . . . . . . . . . b) Prinzipat . . . . . . . . . c) Verfahren im Dominat III. Auflagen beim privaten Wasserbezug 1. Senatusconsultum de aquaeductibus von 11 v. Chr. 2. Edictum perpetuum - D. 43, 20, 1, 38 3. Ulpian D. 43, 20, 1, 41 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Behandlung der Wasserableitung insgesamt? b) Beliebigkeit des Anschlußortes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Historische Begründbarkeit? . . . . . . . . d) Bestätigung des Interpolationsverdachts? 4. CTh XV 2, 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. CTh XV 2, 5 und 6 . . . . . . . . . . . a) Regelungsinhalt von CTh XV 2, 5 ..... . . . . . . . . b) Regelungsinhalt von CTh XV 2, 6 . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung beider Konstitutionen in CJ XI 43, 3 d) Rechtsfolge bei unberechtigter Wasserableitung . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 6 Wasserdiebstahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I. Schutz vor heimlichem Anbohren der Leitungen 1. Schutzbestimmungen des griechischen Rechts 2. Cato, Liv. XXXIX 44, 4 und Plut. Cato 19, 1 3. Vorgehen von Marcus Caelius Rufus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Frontin 97, 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Senatusconsultum de aquaeductibus von 11 v. Chr. 6. Lex Quinctia de aquaeductu von 9 v. Chr. ..... . 7. CTh XV 2,4 CJ XI 43, 2 CJ XI 43, 4 8. CTh XV 2, 7 9. CTh XV 2, 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. CJ XI 43, 6, 2 f. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 11. CJ XI 43, 10 pr. 1. 3
= =
13 158 159 159 161 162 164 167
167 168 169
171 171 172 174 174
176 178
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181
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189 189 189 190 191 192 193
193 196 198 199 203 204
14
Inhaltsverzeichnis Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Wasserdiebstahl durch falsch geeichte calix und zu große fistula 1. Frontin 103, 2 . . . . . . . . . . . . 2. Senatusconsultum von 11 v. Chr. 3. CTh XV 2, 2 . . . . . . . III. Erschlichene Bewilligungen
1. CTh XV 2, 3 . 2. CTh XV 2, 8 . . . . . . . 3. CTh XV 2, 9 . . . . . . . 4. CJ XI 43, 5 und CJ XI 43, 11 5. Cl XI 43, 6 6.CJXI43,9
IV. Weiternutzung eines ursprünglich konzessionierten Anschlusses 1. Bindung der Konzession an die Person des Grundstückseigentümers oder an das Grundstück selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anspruch auf Bestätigung der Wasserkonzession? . . . . . . . . . .. 3. Folgen der Weiternutzung des eingerichteten Anschlusses . . . . .. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 7 Schutz der Wasserreinheit .. . ..
206
206 206 207 208 211
211 213 214 215 217 217 219 219 222 223 224 225
I. Natürliche Beeinträchtigungen 1. Technische Vorkehrungen . a) Absetzbecken am Beginn der Leitungen . . . . . . . . . . . . . .. b) Verwendung von Abdeckplatten für die Leitungskanäle . c) Absetzbecken vor Eintritt der Wasserleitung in die Stadt. . . .. 2. Reinigungspflicht der Grundbesitzer ...
226 226 226 227 228 229
11. Vorschriften über den Umgang mit Wasser 1. Religiöse Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. CTh VII 1, 13 = Cl XII 35, 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
230 230 232
III. Schutz gegen vorsätzliche Verunreinigungen .. 1. Platoll I'0POl VIII 845 e 2. Astynomeninschrift 3. Frontin 97, 5 f. .. a) Regelungsinhalt b) Strafandrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
234 235 236 237 237 238
Inhaltsverzeichnis
15
4. CIL XII. 2426 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. PS V 7, 13 = D. 47, 11, 1, 1 . . . . . . . . . . a) Zeitliche und räumliche Einordnung der PS b) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einordnung in das Injuriensystem d) Strafdrohung . . . . . . . . . . . . . e) Indiz für die Entstehung der pseudopaulinischen Sentenzen in Africa? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zivil rechtliche Abwehransprüche gegen Wasserverunreinigungen
239 240 240 241 242 246 250 253
Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
254
§ 8 Pflichtverletzungen im officium des curator aquarum . . . . . . . . . . ..
255
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Frontin 97, 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lex Quinctia de aquaeductu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. CTh XV 2, 3 . CTh XV 2, 9 . . . . . CJ XI 43,5 6. CJ XI 43, 6 pr. 7. CJ XI 43, 11 .....
257 257 258 259 260 261 262 262
11. Die Regelungen im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . 1. Verschuldensunabhängige Haftung des officium? 2. Entwicklung der Strafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
262 263 265
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
268
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
270
Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
303
. . . . . ..
2. 3. 4. 5.
Abkürzungsverzeichnis
L'AnDl!e Epigraphique, Paris seit 1888 American Journal of Philology, Baltimore seit 1880 Das Altertum, Berlin seit 1955 Aufstieg und Niedergang der römischen Welt, hrsg. von Hildegard Temporini, Berlin, New York seit 1972 Archiv für Papyrus-Forschung und verwandte Gebiete, Leipzig seit ArchPF 1901 Bürgerliches Gesetzbuch BGB Bonner Historia Augusta Colloquium, hrsg. von Johannes Straub BHAC u.a., Bonn seit 1963/64 Bullettino dell'Istituto di diritto Romano, Roma, Milano seit 1888 BIDR Bonner Jahrbücher Bonner Jahrbücher des Rheinischen Landesmuseums und des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande, Kevelaer seit 1842 Corpus Inscriptionum Latinarum, Berlin seit 1893, Nachdruck CIL Berlin seit 1973 CJ Codex Justinianus Codex Theodosianus CTh D. Digesten Ed. Venafr. Edictum Augusti de aquaeductu Venafrano, FIRA I, Nr. 67 Eranos Eranos. Acta Philologica Suecana, Uppsala seit 1896 FIRA Fontes iuris Romani anteiustiniani, pars prima, hrsg. v. Salvatore Riccobono, Florentiae 21941 Fernstraßengesetz FStrG Gnomon. Kritische Zeitschrift für die gesamte klassische AlterGnomon tumswissenschaft, München seit 1925 Historia. Zeitschrift für alte Geschichte, Wiesbaden seit 1950 Historia Inscriptiones Graecae, Berlin seit 1873 IG Inscriptiones Graecae ad res Romanas pertinentes, Paris seit 1911, I.G.R.P. Nachdruck Chicago seit 1975 Index. Quaderni camerti di studi romanistici, Napoli seit 1970 Index Institutionen Justinians Inst. The Inscriptions of Roman Tripolitania, hrsg. von Joyce M. I.R.T. Reynolds und John Bryan Ward-Perkins, Rom 1952
AE AJPh Altertum ANRW
Abkürzungsverzeichnis
17
IURA. Rivista internazionale di diritto Romano e antico, Napoli seit 1950 Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts, Berlin seit 1886 JdI Journal of Roman Studies, London seit 1911 JRS Labeo Labeo. Rassegna di diritto Romano, Napoli seit 1955 Lex col. Genet. Iul. Lex coloniae Genetivae Iuliae sive U rsonensis, FIRA I, N r. 21 Lex Irnit. The Lex Irnitana: a new Flavian municipal law, JRS LXXVI (1986), S. 147-243 Lex municipii Malacitani, FIRA I, Nr. 24 Lex mun. Malac. Lex municipii Tarentini, FIRA I, Nr. 18 Lex Tarent. Monumenta Germaniae Historica, Leipzig u.a. seit 1826 MGH Nov. Just. Novellen Justinians Nov. Maj. Novellen Majorians Nov. Val. Novellen Valentinians III. PS Pseudopaulinische Sentenzen / Paulussentenzen Paulys Realencyclopädie der c1assischen Altertumswissenschaft, RE bearbeitet von G. Wissowa u.a., Stuttgart 1893-1972 Revue historique de droit francais et etranger, Paris seit 1854 RH Studia et documenta historiae et iuris, Roma seit 1935 SDHI Supplementum Epigraphicum Graecum, Leiden seit 1923 SEG Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, RomanistiSZ sche Abteilung, Weimar, Wien seit 1880 Thesaurus Linguae Latinae, Leipzig seit 1900 Thes.Ling.Lat. Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis, Den Haag, London, Boston TRG seit 1918 VDI Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Düsseldorf seit 1856 Wassergesetz Baden-Württemberg WG BaWü WHG Wasserhaushaltsgesetz Zeitschrift für geschichtliche Rechtsvergleichung, Berlin seit 1815, ZgR Nachdruck FrankfurtlMain seit 1966 Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik, Bonn seit 1967 ZPE Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Weimar seit 1861 ZRG IURA
Soweit die juristischen und literarischen Quellen abgekürzt zitiert sind, wird verwiesen auf: "The Oxford C1assical Dictionary", hrsg. von Nicholas G. L. Hammond und Howard H. Scullard, Oxford 21970.
2 Geißler
Einleitung
"Wenn also jemand den Wasserreichtum, welcher der Öffentlichkeit zur Verfügung steht und in den Bädern, lacus und Wassergräben, in deli Wohnhäusern, Gärten und Vorstadtvillen anzutreffen ist, sowie die Streckenabschnitte, auf denen das Wasser in die Stadt kommt, die hoch aufgebauten Brückenbogen, die von Tunneln durchschnittenen Berge und die gleichmäßig überbrückten Talkessel noch eingehender beurteilt, dann wird er eingestehen, daß es auf der ganzeIl Welt nichts gegeben hat, was eine größere Bewunderung verdient" . Plin. Hist. nato XXXVI 24 (123)
Geradezu schwärmerisch beurteilte Plinius die römische Wasserbaukunst. Doch ihre von Plinius erwähnten Zeugnisse beeindrucken noch heute. Der Pont du Gard, die in der Campagna di Roma verstreuten Überreste stadtrömischer Wasserleitungen, die Fernwasserleitung nach Karthago und der Yerebatan saraYI, die von lustinian in Konstantinopel errichtete und von den Türken "Palast der tausend Säulen" genannte Großzisterne in der Nähe von Hagia Sofia und Hippodrom - diese Bauleistungen erwecken noch immer ehrfürchtige Bewunderung. Die Wasserleitungen und Großspeicher verfolgten einen prosaischen Zweck: Das durch die Femwasserleitungen in die Städte geleitete Wasser diente vor allem der Deckung des Trinkwasserbedarfs der Bevölkerung. Außerdem wurden zu Erholungszwecken angelegte Zierbrunnenanlagen und Thermen sowie Wassermühlen durch Aquädukte mit Wasser versorgt. Mit dem überflüssigen Wasser schließlich wurden die städtischen Abwasserkanäle gereinigt.
20
Einleitung
Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Entwicklung des Rechtsschutzes der öffentlichen Wasserversorgung im römischen Reich. Nach einem Überblick über die Geschichte der öffentlichen Wasserversorgung und der Darstellung der Zuständigkeiten wird knapp auf die vieldiskutierte Frage eingegangen, ob der römische Staat seine wasserrechtliche Planung mit dem Mittel der Enteignung durchsetzen konnte. Ebenfalls nur kurz geht die Arbeit auf die Konsequenzen ein, die Mitarbeitern der Wasserbehörde bei pflichtwidrigem Verhalten drohten. Schwerpunkte der Arbeit sind der Schutz der baulichen Anlagen, die Darstellung des Konzessionswesens und der Schutz der Verfügbarkeit und Nutzbarkeit des Wassers selbst. Hier war nicht immer zu vermeiden, daß einzelne Vorschriften, in denen mehrere Tatbestände abgehandelt wurden, auseinandergerissen wurden, was zu Wiederholungen führen kann. Das wurde jedoch um einer klaren Struktur der Darstellung willen in Kauf genommen.
§ 1 Geschichte der öffentlichen Wasserversorgung
"Tatsächlich sind meiner Meinung nach die drei bedeutendstens Werke in Rom, in denen die Größe des Imperium am besten zum Ausdruck kommt, die Wasserleitungen, die gepflasterten Straßen und die Abwasserkanäle"l.
Bis zum Jahre 312 v. Chr. begnügten sich die Römer mit dem Gebrauch der Wasservorräte, die sie dem Tiber, Schöpfbrunnen oder Quellen entnahmen2 • Dann begann der Bau der ersten (stadt-)römischen Wasserleitung; der Anfang der umfassend organisierten Wasserversorgung der Stadt am Tiber war getan3 • Einer Stadt andere Wasservorräte als städtisches Quellwasser, in Zisternen gesammeltes Regenwasser oder Flußwasser verfügbar zu machen, ist jedoch keine römische Neuheit. Wegen der Bedeutung des Wassers bringt die in der Überlieferung den Bau von Wasserversorgungsanlagen häufig mit den (sagenhaften) Stadtgründern in Verbindung4 •
1
Dion. III 67, 5.
2
Frontin 4, 1.
l Bereits zuvor wird es für die Nutzung der Quellen und Brunnen im Stadtgebiet Regelungen gegeben haben, vgl. etwa eIL VI. 10298 Bruns, FIRA Nr. 178 (S. 394397). Zu diesem Brunnenkollegium A.A.F. Rudorjf, Die sogenannte Lex de Magistratis Aquarum, eine aItrömische Brunnenordnung, ZgR 15 (1850), 203-273, insbes. S. 234240.
=
4 So wurde z.B. der Bau der Wasserleitung, die das Wasser bis zur Zitadelle von Theben führte, Kadmos zugeschrieben, vgl. E. Saglio, Art. "Aquaeductus, Part I: Chez les Grecs", Daremberg/Saglio 1/1, S. 336-338, S. 337.
22
§ 1 Geschichte der öffentlichen Wasserversorgung
I. Überblick über die Geschichte künstlicher Wasserbauten Schon Hamurabi (1728 - 1686 v. ehr.) bezeichnete sein 33. Regierungsjahr (1696 v. ehr.) als das Jahr, in dem er einen Wasserkanal ausheben ließ und so den Städten Nippur, Eridu, Ur, Larsa, Uruk und Isin dauerndes und reiches Wasser schenktes. Im Prolog zu dem von ihm verfaßten Codex Hamurabi bezeichnet er sich als den Herrn, "der Uruk Leben gegeben hat, der seinen Leuten Gewässer der Fülle verschafft hat", als den Vollkommenen, "der Weiden und Wasserstellen für LagliS und Girsu eingerichtet hat", und als denjenigen, "der Meslam Überfluß zum Trinken gegeben hat"6. In der Blütezeit der minoischen Kultur in der Mitte des 2. Jahrtausends v. ehr. war die Wasserbautechnik auf Kreta so weit entwickelt, daß die Bäder des Palastes von KJIOSSOS durch Tonröhren mit Wasser gespeist wurden 7 • In Mykelle existierte zur Zeit des trojanischen Krieges um 1250 v. ehr. ein Wasserstollen, der das Wasser des vorbeifließenden Flusses unter den Burgberg leitete und von dort durch einen Brunnenschacht erreichbar machte, wodurch die Wasserversorgung der Stadt auch im Falle von Belagerungen gesichert warB. Eine ähnliche Anlage gab es in Jerusalem, was der Stadt um 1000 v. ehr. zum Verhängnis wurde, als die Israeliten unter König David durch den
5 L. Sprague de Camp, Ingenieure der Antike, Düsseldorf, Wien 31965, S. 58. Zu Nippur vgl. auch D. Werner, Wasser für das antike Rom, Berlin (Ost) 1986, S. 10. Über "Babylonien als Wiege der Wasserleitungskunst" A.W. van Buren, Art. "Bewässerungsanlagen und Entwässerungsanlagen" ,RE Suppl. VIII, Sp. 9-16, Sp. 10 f. Zu den Bewässerungs- und Kanalanlagen in Babylonien zur Zeit des Cyrus Xen. anab. I 14-16. 11 13. 6 Zitiert nach R. Haase, Die keilschriftlichen Rechtssammlungen in deutscher Fassung, Wiesbaden 21979, S. 30 f. Vgl. auch G.R. Driver/J.C. Miles, The babylonian laws, Vol. 11, Oxford 1955, S. 9. 11.
7 de Camp, S. 98. A.W. van Buren, Art. "Wasserleitungen", RE VIII A 1, Sp. 453485, Sp. 464. R.W. Hutehinsan, Prehistoric Crete, Middlesex 31965, S. 175 f., beschreibt die Wasserspülung der königlichen Toilette. B de Camp, S. 63. E.B. van Deman, The building of the Roman aqueducts, Washington 1934, S. 4. van Buren, Art. "Wasserleitungen", RE VIII A 1, Sp. 464. Vgl. auch G. Karo, Art. "Mykenai ", RE XVI 1, Sp. 1015-1027, Sp. 1023 f. Solche Anlagen waren zur Zeit des trojanischen Krieges noch nicht selbstverständlich, wie Hom. Ilias VI 457 zeigt, wo Hektor Andromache prophezeit, sie werde später als Kriegsgefangene aus den vor der Stadt liegenden Quellen Hypereia oder Messers Wasser tragen. Vgl. F. Stählin, Art. "Mwa'1i~", RE XV 1, Sp. 1213.
I. Überblick über die Geschichte künstlicher Wasserbauten
23
Wasserkanal in die Stadt der Jebusiter eindrangen und sie eroberten9 • Diese Erfahrung hinderte die Einwohner Jerusalems aber nicht daran, das Wasserversorgungssystem der Stadt auszubauen, als sie während der Regierungszeit Hiskias (725 - 697/3 v. Chr.) von dem assyrischen König Sanherib belagert wurden (701 v. Chr.)IO. Dieser blieb zwar bei der Belagerung Jerusalems erfolglos, leistete aber Bemerkenswertes für die Bewässerung Ninives, das er zur neuen Hauptstadt des assyrischen Reiches erhob. Nachdem zwei kleinere, immerhin bis zu 17 km lange Kanäle nicht ausgereicht hatten, den Wasserbedarf der Stadt und ihrer gewaltigen Gartenanlagen zu decken, ließ er aus 50 km Entfernung Flußwasser durch einen Kanal, den er sogar mittels eines Aquädukts über ein Flußbett führte, nach Ninive leitenlI. Als Sardes im 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. Hauptstadt des lydischen Reiches war, besaßen zwar nicht in den Wohngebieten, aber im Gewerbegebiet alle Häuser eigene Anschlüsse an das Frisch- und Abwassersystem 12. Auf Samos entstand unter Polykrates (538 - 522 v. Chr.) eine Wasserleitung, die der an einem Berg liegenden Stadt das Wasser der auf der anderen Bergseite entspringenden Quelle durch einen Tunnel zuführte und von Herodot als einngartig gepriesen wurde 13 • Und vermutlich während der Regierungszeit Eume-
92. Samuel 5, 6 ff. (insbes. 8). de Camp, S. 63. 10 Der Ausbau des Wasserversorgungssystems Jerusalems wird als eine der bemerkenswertesten Taten Hiskias geschildert, vgl. dazu 2. Könige 20, 20 und 2. Chronik 32, 30. Vgl. auch Werner, S. 10, und W. Wölfel, Wasserbau in den Alten Reichen, Berlin 1990, S. 169 ff. 11 Werner, S. 11. de Camp, S. 78 f. Zur assyrischen Bewässerungstechnik Wölfel, S. 20, und F. Kolb, Die Stadt im Altertum, München 1984, S. 32. 56. H. Schmökel, Funde im Zweistromland, Göttingen, Berlin, Frankfurt, Zürich 1963, S. 258 ff. Über babylonische Bewässerungsanlagen und Wasserkanäle berichten Ezechiel (Hesekiel) 31, 4 f., Herodot 1193 und Strabon XVI 1, 2. 5. 9-13.
12
Kolb, Stadt, S. 50.
Herodot III 60. Werner, S. 11. de Camp, S. 118. Saglio, Art. "Aquaeductus I", Daremberg/Saglio 1/1, S. 337, insbes. S. 337 f. zu weiteren Wasserleitungen des antiken Griechenland. Allerdings soll die Wasserleitung in Samos gebaut worden sein, um den "städtischen Massen Arbeit und Verdienst zu schaffen" und sie von einem Aufbegehren gegen die Tyrannnis abzulenken, vgl. Th. Lenschau, Art. "Polykrates", RE XXI 2, Sp. 1726-1734, Sp. 1731. Auch die Peisistratiden von Athen ließen zu diesem Zweck eine Wasserleitung und ein berühmtes Brunnenhaus bauen, dazu F. Glaser, Brunnen und Nymphäen, in: Geschichte der Wasserversorgung, Band 2: Die Wasserversorgung antiker Städte, hrsg. Frontinus-Gesellschaft e.V., Mainz 21991, S. 10313
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§ 1 Geschichte der öffentlichen Wasserversorgung
nes 11. (197 - 159 v. Chr.) kehrte auch in der Oberstadt von Pergamon der Wasserluxus ein. Um 180 v. Chr. wurde die über 40 km langen MadradagLeitung gebaut, die durch eine Druckwasserleitung den Burgberg mit Wasser versorgte l 4, auf dem man bis dahin auf Zisternen- und Brunnenwasser angewiesen war, das am Fuße des Berges geschöpft und emporgetragen wurde. Stellt man den Beginn des Baus der römischen Wasserleitungen im Jahr 312 v. Chr. in diesen historischen Kontext, so nimmt er sich eher bescheiden aus. Dennoch wurde Rom im Altertum als die Stadt gerühmt, die das leistungsfähigste Wasserversorgllngssystem hatte l5 • Das in 450 Jahren ausgebildete stadtrömische Wassersystem hatte für die Wasserversorgung der municipia und coloIliae Vorbildcharakter l6 • Denn Größe und Zahl der in und für Rom entstandenen Anlagen stellten alles bisher Dagewesene in den Schatten und machten Rom zur wasserreichsten Stadt der Antike17 •
131, S. 108, Kolb, Stadt, S. 65, und R. Koerner, Die Wasserversorgung bei den Griechen, Altertum 28 (1982), 158-163, S. 161. Zu den athenischen Wasserleitungen E. Ziller, Untersuchungen über die antiken Wasserleitungen von Athen, Mittheilungen des DAI in Athen 2 (1877), 107-131. Zu verschiedenen griechischen Wasserversorgungsanlagen E. Curtius, Die städtischen Wasserbauten der Hellenen, Gesammelte Abhandlungen, Band I, Berlin 1894, S. 117-147. Zahlreiche weitere Beispiele bei E.J. Owens, The city in the greek and roman world, London, New York 1991, S. 158 ff. 14 W. Zsehietzsehmalln, Art. "Pergamon", RE XIX 1, Sp. 1235-1263, Sp. 1263. de Camp, S. 236. Werner, S. 12 f. G. Garbreeht, Alimentation en eau de Pergame, in: Journees d'etudes sur les aqueducs Romains, Lyon 26.-28. Mai 1977, hrsg. v. J.-P. Boueher, Paris 1983, S. 141-165, genau S. 141 f. 148 ff., undders., Die Wasserversorgung des antiken Pergamon, in: Geschichte der Wasserversorgung, Band 2: Die Wasserversorgung antiker Städte, hrsg. Frontinus-Gesellschaft e.V., Mainz 21991, S. 11-47, S. 21-30. 15
Plin. Hist. nat. XXXVI 24 (123). Strabon V 3,8. Dian. III 67.
16
Wemer, S. 58.
Wemer, S. 14. 24 ff. Und das, obwohl für Rom noch nicht einmal mit einer Druckleitung gearbeitet wurde, wie sie bspw. aus Pergamon bekannt war. Einige kleine Höhenunterschiede wurden mit Hilfe kleiner Siphons bewältigt, wie sich aus den Berichten ergibt, nach denen bei der Rebellion des Volkstribunen Saturninus, der sich auf dem Capitol verschanzt hatte, Marius dessen Aufgabe durch das Kappen der fistulae erzwang, Flor. II 4. Plut. Marius 30,3. Cie. C. Rabir. 31. Oros. advers. pagan. V 17, 7. Nach App. bell. civ. I 32 (144) unterbrachen andere die Leitungen, nicht Marius. Vgl. auch O.F. Robinso1l, The water supply of Rome, SDHl XLVI (1980), 44-86, S. 45. 50. Nach M. Haillzmann, Untersuchungen zur Geschichte und Verwaltung der stadtrömischen Wasserleitungen, Wien 1975, S. 100, war es eine Druckwasserleitung. 17
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Lageplan der stadtrömischen Wasserleitungen nach dem Plan von Fabio Gori bei Bennett.
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"AlSII'f"'hA T. piglloris eapiendi ius potestasque esto'. [< e > aque nach Frontinus-Gesellschaft, bei Loeb steht hier< atque > . Das steht nur bei Loeb.]
68
§ 2 Staats- und verwaltungsrechtliche Grundlagen
c) Der procurator aquarum Die alleinige Verantwortlichkeit des curator aquarum über alle Teilbereiche der Wasserversorgung endete 52 n. Chr., als C1audius nach dem Bau der Aqua Claudia und des Anio Novus den Verwaltungsstab vergrößerte und das Amt des procurator aquarum schuf 90 •
a) Amtsbezeichnung
Der Titel des procurator aquarum änderte sich weniger häufig als derjenige des curator aquarum. Erst in der Notitia Dignitatum Occ. steht an seiner Stelle der consularis aquarum l9l , der wohl seinerseits im 5. / 6. Jahrhundert durch den tribunus aquarum abgelöst wurde l92 •
190 Front;n 105, 2: 'procuratorem autem primus Ti. Claudius videtur admovisse, postquam Anionem novum et Claudiam induxit'. 191 Notitia Dignitatum Occ. IV 11. - Die Notitia Dignitatum ist die einzige sichere Quelle dafür, daß der procurator aquarum den Titel consularis aquarum erhielt. Auf keiner einzigenjistula taucht ein consularis aquarum auf, obwohl das Legen der Privatanschlüsse Hauptaufgabe der procuratores aquarum war. Erst Constantin hatte den eurator aquarum, den Behördenchef, zum consularis aquarum erhöht; dieser führte den Titel jedenfalls noch 330 n. Chr.: CTh XV 2, 1 ist an einen consularis aquarum adressiert, der wegen der angesprochenen Gerichtsgewalt und der Konfiskation nur der Behördenleiter sein kann. - Weiteres Indiz für die Umbenennung des procurator aquarum in eonsularis ist wohl auch CIL VI. 3866 von 365 n. Chr., wonach ein castellum 'CVRANTE EVSTOCHIO VC-CONSVLARE AQVAR[um]' fertiggestellt wurde, spricht doch diese Stelle ausschließlich die technische Seite der Wasserversorgung an, vgl. auch de Ruggiero, Art. "Aqua", Dizionario I, S. 556. Ein weiteres Beispiel ist möglicherweise CIL VI. 3865 von 381 n. Chr. - Beide eonsulares aquarum werden teilweise auch für den Behördenleiter gehalten, vgl. Jones/Martindale/Morris, PLRE I, S. 1059. Dazu auch oben Anm. 154.
192 Dieser ist nur auf einer einzigen städtischen fistula belegt, vgl. CIL XV. 7260. Zu der Ablösung des eonsularis aquarum durch den tribunus aquarum de Ruggiero, Art. "Aqua", Dizionario I, S. 556. Dagegen ist der tribunus aquarum aus CIL XIV. 3674 nach der Ämterlaufbahn ein munizipaler Beamter, vgl. auch dazu de Ruggiero, Art. "Aqua", Dizionario I, S. 564.
11. Kaiserzeit
69
ß) Rang und Stellung
Zunächst war der procurator aquarum ein libertus Caesarisl93 ; die kaiserlichen Freigelassenen hatten unter Oaudius und seinen Nachfolgern auch sonst einflußreiche Positionen inne, wodurch sich die Verwaltung besser kontrollieren ließ I94 • Seit Trajan 19S und insbesondere Hadrian wurden nur noch Männder aus dem ordo equestris procuratores aquarum l96 ; das Amt wurde in die ritterliche Karriere einbezogen. Augusti liberti procuratores sind freilich auch nach dieser Zeit inschriftlich bezeugtl97, sie wurden also mit der Einführung der
193 Frontin 105, 1: ' ... procuratorem eiusdem officii libertum Caesaris .. .'. - Philadelphus aus CIL Xv. 7349 gehört zu den ersten liberti procuratores aquarum. Der erste genau datierbare Augusti libertus procurator ist Gnesius unter Nero, CIL XV. 7271.
1901 Vgl. Suet. Claud. XXVIII f. So war Polybius (sc. procurator) a studiis, Narcissus ab epistulis und Pallas a rationibus, Suet. Claud. XXVIII. Vgl. dazu auch Ashby, Aqueducts, S. 23. 195
Zur Zeit Frontins noch nicht, da er noch vom libertus Caesaris spricht, 105, 1.
Zur Entwicklung des Procuratorenamtes allgemein H.G. Pflaum, Art. "procurator", RE XXIII 1, Sp. 1240-1279, Sp. 1278, und ders., Les procurateurs equestres sous le haut-empire Romain, Paris 1950, S. 56. - Der erste bekannte ritterliche procurator, C. Pomponius Hyllus, amtierte nach 102 n. Chr., als Trajan schon den Titel Dacicus führte, CIL XV. 7299-7301. Aus der Zeit Hadrians sind Flavius Rufus (CIL XV. 7308), Marcus Cyrenicus (AE 1912, Nr. 34) und M. Petronius Sura bekannt, der um 128 n. Chr. amtiert haben muß, da der im Frühjahr 128 an Hadrian verliehene Titel pater patriae in CIL XV. 7309 noch fehlt, in CIL VI. 977 aber erscheint (zum Datum der Verleihung des Titels an Hadrian vgl. Mattingly/Sydenham, RIC 11, S. 312 f.). Ebenfalls unter Hadrian bekleidete Trebellius Marinus das Amt, CIL XV. 7247. 7311. Weshalb er von Hainzmann, Untersuchungen, S. 59 Anm. 4 in die Zeit des Antoninus Pius datiert wird, ist nicht ersichtlich. Zu allen genannten procuratores aquarum vgl. H.G. Pflaum, Les carrieres procuratoriennes equestres sous le haut-empire Romain, Band 3, Paris 1961, S. 1032. - Die beiden letzten bekanntenprocuratores aquarum sind M. Marius Festus Caecilianus, 235 n. Chr. (CIL XV. 7338), und T. Aelius Poemenius, CIL VI. 1418, um 300 n. Chr. - Eine Aufstellung zahlreicher procuratores aqua,.um findet sich in CIL XV. S. 907. 196
197 Das beginnt mit A1ypius, der wegen des fehlenden Germallicus in der Titulatur Domitians in CIL XIV. 2304 = XV. 7819 und CIL XIV. 2657 = XV. 7818 wohl schon vor 83/84 n. Chr., nach CIL XIV. 2305 aber auch nachher und gern. CIL XV. 7295 auch noch unter Trajan (wegen der Titulatur) nach 102 n. Chr. Augusti libertus procurator war, auch wenn er nur in CIL XIV. 2657 = XV. 7818 und in CIL XV.
70
§ 2 Staats- und verwaltungsrechtliche Grundlagen
ritterlichen Beamten nicht abgeschafft. Ihnen wurden lediglich die ritterlichen procuratores vorgesetzt l98 • Auffallend ist auch die Herkunft der bekannten Inschriften: seit Trajan scheinen die Augusti liberti procuratores nicht mehr in
Rom, sondern für die (technischen) Aufgaben im Umland zuständig gewesen zu sein l99 •
7295 als I. (libertus) bezeichnet wird. Hebrus war sowohl vor 102 n. Chr. (CIL XV. 7770.7893.7894) als auch danach (CIL XV. 7771) Augusti libertus procurator; Hyla (CIL XV. 7738) und Restitutus (CIL XV. 7896) waren Hadriani Augusti liberti procuratores. Euporius (CIL XV. 7823), Privatus (CIL XV. 7742) und Annius Phlegons (CIL XV. 7740) alias Flegons (CIL XV. 7743) sind eindeutig in die Zeit Mare Aurels zu datieren, während beim procurator Augustus libertus Philippus (CIL XV. 7322) nicht mit Sicherheit feststeht, ob er in die Zeit Mare Aurels, Caracallas oder Elagabals zu datieren ist. Epimelis (CIL XV. 7744) und Pepamenis (CIL XV. 7745) waren unter CommodusprocuratoresAugusti liberti und Venustus unter Septimius Severus, Caracalla und Geta zwischen 198 und 209 n. Chr. (CIL XV. 7746). Der letzte namentlich bekannte procurator Augusti libertus Victor (CIL XV. 7747), den Hainzmann, Untersuchungen, S. 60, aufgrund einer Verwechslung mit dem (ritterlichen) procurator aquarum Cornelius Victor (AE 1903, Nr. 125) zwischen 197 und 205 n. Chr. datiert, kann aufgrund der Titulatur Caracallas und Getas auf die Jahre 209/210 n. Chr. datiert werden, da Geta erst 209 n. Chr. Augustus wurde, beide Kaiser jedoch bereits im Jahr darauf den - hier nicht erwähnten - Titel Britannicus annahmen. 198 Pflaum, Art. "procurator", RE XXIII 1, Sp. 1278. Nach Pflaum, Procurateurs, S. 55, wird unter Trajan der kaiserliche Freigelassene, der den Posten des procurator aquarum bekleidet, durch einen Ritter ersetzt ("remplace"); S. 79 relativiert er diese Aussage aber, da er dort die Stufung der verschiedenenprocuratores auch im Bereich der Wasserversorgung annimmt. 199 Schon A1ypius, den Trajan noch von Domitian übernommen hat, ist hauptsächlich in außerstädtischen Bezirken auf fistulae bezeugt, so CIL XIV. 2304 = XV. 7819 und CIL XIV. 2305 (ager Albanus) sowie CIL XIV. 2657 = XV. 7818 (Tusculum); nur CIL XV. 7295 ist aus Rom. Hebrus ist nur auf Inschriften aus dem ager Tiburtini et Subiacensis (CIL XV. 7893. 7894) und aus Ostia (CIL XV. 7770. 7771) bekannt, ebenso stammt die fistula mit dem Namen des Hyla aus Ostia (CIL XV. 7738), die des Restitutus aus dem ager Tiburtini et Subiacensis (CIL XV. 7896), eine andere jedoch aus Rom (CIL XV. 7310). Euporius taucht auf einer Röhre aus dem ager Albanus auf (CIL XV. 7823) und Annius Phlegons alias Flegons auf zwei fistulae aus Ostia (CIL XV. 7740. 7743). Epimelis (CIL XV. 7744), Pepamenis (CIL XV. 7745), Venustus (CIL XV. 7746) und Victor (CIL XV. 7747) sind alle nur auf je einer fistula aus Ostia genannt. Nur Philippus ist lediglich durch eine Leitungsröhre aus Rom bekannt (CIL XV. 7322), doch deutet auch der Fundort dieser Röhre, die via Ostiensis, wieder auf das Umland. Deshalb liegt die Vermutung nahe, daß die Augusti liberti procuratores für das Umland zuständig waren. Dagegen sind ritterliche procuratores nur auf fistulae aus Rom erwähnt.
11. Kaiserzeit
71
Die ritterlichen procuratores aquarum waren celltellarii 200 und erhielten somit 100.000 Sesterzen im Jahr; diese Stufung der ritterlichen Ämter nach dem Jahresgehalt war wohl seit Augustus üblich20l • Mit der Ausgestaltung der ritterlichen Ämterlaufbahn unter den Adoptivkaisem202 wurde für die ritterlichen Beamten der untersten Stufe, zu denen die procuratores aquarum zählten, der Rangtitel egregius vir eingeführt203 • Mit der Umbenennung des procurator aquarum in cOllsularis aquarum in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts werden die persönlichen Anforderungen an dieses Amt angehoben. Nunmehr wird für den Stelleninhaber senatorischer Rang und die Würde eines cOllsularis erforderlich, an sich also eines gewesenen Konsuls, wenn auch die Bekleidung des Suffektkonsulats genügte. Doch wird diese Entwicklung durch den Umstand relativiert, daß die Kaiser seit Constantin immer öfter die Würde eines Titularkonsuls durch adlectio inter cOlIsulares 204 oder bloße Verleihung der omamenta oder illsigllia cOllsula-
200 Zur Klassifizierung der Ritterämter durch die Besoldung, die zu einem Teil der Titulatur wird, Mommsen, StaatsR 111 1, S. 564. Vgl. auch Pflaum, Art. "procurator", RE XXIII 1, Sp. 1277. Zur Übertragung des Amtes an 'centenarii' H.G. Pflaum, Les carrieres procuratoriennes equestres sous le haut-empire Romain, Band 2, Paris 1960, S. 675, und ders., Procurateurs, S. 55 f. - Zu einzelnen ritterlichen procuratores aquarum centenarii vgl. die Einordnung bei Pflaum, Carrieres 111, S. 1032, und 11, S. 638 ff. Vgl. weiter ders., Les carrieres procuratoriennes equestres sous le haut-empire Romain, Band 1, Paris 1960, S. 551. Inschriftlich bezeugt ist dies im Fall des Vaters Elagabals, der nach 196 n. Chr. procurator aquarum centenarius war, CIL X. 6569. 201 Pflaum. Art. "procurator", RE XXIII 1, Sp. 1246 ff., 1270. In den Inschriften wird dies erst Ende des 2. Jhs erwähnt, Pflaum, Sp. 1277. 202 Nach Pflaum, Art. "procurator", RE XXIII 1. Sp. 1270. 1277 seit Hadrian; nach Mommsen. StaatsR 111 I, S. 470 f. und 564 f., erst seit Marc Aurel und Lucius Verus. so auch nach O. Hirsch/eid. Die Rangtitel der römischen Kaiserzeit. Kleine Schriften. Berlin 1913. S. 646-681. S. 652.
203 Vgl. CIL VI. 1418 von ca. 300 n. Chr.. Z. 10 f.: 'T-AELIVS POEMENIVS V E ... PROC-AQVARVM'.
204 Dazu J. Schmidt. Art. "adlectio", RE 11. Sp. 366-370. Sp. 367. Dio LXXIX 13 f. Die adlectio wurde als Recht des Kaisers angesehen. da er die censorischen Befugnis~ se übernommen hatte, Mommsen, StaatsR 11 2, S. 944 f. Vgl. CIL IX. 1123: 'F-CORAMBIBULO ... DIVI TRAIAN[i partjHICI-AB-EODEM ADLECTO-INTERPATRICIOS' und CIL X. 1125: •... ADLECTO-INTER-CONSVLARES-IVDICIODIVI-CONSTANTINI .. .'. Der in CIL VI. 1704 Geehrte wurde zur Zeit Constantins unter die consulares adlegiert. Zu einzelnen Karrieren A. Stein. Der römische Ritterstand. München 1927, S. 230 ff., insbes. S. 275 ff.
72
§ 2 Staats- und verwaltungs rechtliche Grundlagen
ria 20S ritterlichen Beamten zugestanden, die sie auszeichnen wollten206 • Hinzu kommt, daß durch die Vermehrung der römischen Senatoren von 600 auf 2000 sowie die Gründung des Senats von Konstantinopel durch Constantin 207 und die Vergrößerung des dortigen Senats auf 2000 Senatoren im Jahr 359 n. Chr. die Zahl der Senatoren erheblich stie~. Aufgrund der neuen Standes anforderungen an den ehemaligen procurator aquarum führte dieser den Rangtitel vir clarissimus 209 • Auch der im 5. oder 6. Jahrhundert auftauchende tribullus aquarum führt den Titel vir clarissimus 210 , ist also senatorischen Ranges. Ob er außerdem consularen Rang haben mußte, ist nicht feststellbar, wegen der gesunkenen Bedeutung der alten Ämterhierarchie zu dieser Zeit aber fraglich.
y) Amtsdauer und Ernennung
Die Amtsdauer der procuratores aquarum unterlag ebensowenig wie diejenige der curatores aquarum dem Grundsatz der Annuität; die procuratores aquarum konnten die Wasserleitungen sogar 20 Jahr lang beaufsichtigen211 • Angesichts des Umstandes, daß ihre Vorgesetzten, die curatores aquarum, häufig nebenher andere Ämter bekleideten und ihre senatorische Laufbahn weiterverfolgten 212 , garantierten die procuratores aquarum die Kontinuität und Funktionsfähigkeit der Behörde213 • Bei den kaiserlichen Freigelassenen
20S Die Verleihung der ornamenta oder insignia führte nur zu einer Teilnahme an den Ehrenrechten, nicht auch an den politischen Rechten, Schmidt, Art. "adlectio", RE I 1, Sp. 367. Vgl. auch Stein, Ritterstand, S. 246 ff., und Mommsell, StaatsR I, S. 456 ff.
206 207
Zur Entwicklung KuhoJf, S. 276. Sozom. 11 3.
208 Die vermehrte Verleihung der consularen Würden hing mit der Erhöhung der Senatorenzahlen 359 n. Chr. zusammen, so im Ergebnis KuhoJf, S. 278 f.; unter den Nachfolgern Constantins und zur Zeit Julians gab es besonders viele Verleihungen. 209
Vgl. CIL VI. 3866 - wenn Eustochius nicht Behördenleiter war, oben Anm. 191.
210
CIL XV. 7260.
211 Die wohl längste Amtszeit ist für A1ypius nachgewiesen, von vor 83/84 bis nach 102 n. Chr., dazu oben Anm. 197. 212
S. oben § 2 11 1 b) y) (S. 64 f. mit Anm. 169).
H. Kaiserzeit
73
kam eine Annuität auch deshalb nicht in Frage, weil sie nur im Zuständigkeitsbereich des princeps die Verwaltung kontrollieren sollten214 • Sie waren keine Magistrate, die den für die ordentlichen Beamten aufgestellten Prinzipien unterworfen wären. Mit der Einbeziehung der procura aquarum in die ritterliche ÄmterJaufbahn seit Trajan ging eine kürzere Amtszeit von wenigen Jahren einher, die auf dem Weg nach oben abgeleistet wurde 21S • Möglicherweise änderten sich mit dem sozialen Stand des procurator aquarum auch die Ernennungsmodalitäten. Der kaiserliche Freigelassene wird vom princeps persönlich die Vertrauensposition erhalten haben216 • Aus der Zeit der ritterlichen procuratores berichtet der um 300 n. ehr. tätige procurator aquarum T. Aelius Poemenius in einer Inschrift, die er seinem Patron, dem curator aquarum et Miniciae T. Flavius Postumius Titianus setzte, er sei 'suffragio eius ad procuratorem aquarum promotus,217. Dies bedeutet jedoch nicht, daß der procurator aquarum nunmehr durch den Behördenleiter ernannt wurde. Aus 'suffragium' folgt nicht, daß der curator aquarum ein Vorschlagsoder Stimmrecht bei der Besetzung des Amtes seines Untergebenen hatte; es handelte sich nur um eine Empfehlung an den Kaiser, bei dem das Ernennungsrecht verblieb 218 •
(5) Aufgaben
Bei Frolltin ist der procurator aquarum ausschließlich technischer Leiter der Wasserbehörde, der insbesondere für die Verlegung der Privatanschlüsse
213 Robillsoll, Rome, S. 100 f. Hirsch/eid, Verwaltungsbeamte, S. 278. Zur "Unwürdigkeit" einer Situation, in der ein Behördenleiter auf die Hilfe des fachkundigeren Personals angewiesen ist, Fro/ltill 2, 1.
214 Komemallll.Art. .. curatores ... REIV 2, Sp. 1778. Zu den gen auen Aufgaben der procuratores aquarum im kaiserlichen Bereich sogleich unten. 215 Vgl. die Ämterlaufbahn des Sex. Varius Marcellus, des Vaters Elagabals, eIL X. 6569, oder die verschiedenen Ämter, die M. Flavius Mardanus I1isus bekleidete, eIL XIV. 4451 (nur fragmentarisch erhalten). 216 Vgl. auch G. Boulvert, Esc\aves et affranchis imperiaux sous le haut-empire Romain, Napoli 1970, S. 143 Anm. 340. 217 eIL VI. 1418. 218 Zur Ernennung der procuratores auch Pflaum, Art. "procurator", RE XXII 1, Sp. 1263, und ders., Procurateurs, S. 195-209.
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§ 2 Staats- und verwaltungs rechtliche Grundlagen
zuständig war219 • Hierbei hatte er für die ordnungsgemäße Eichung und Anbringung der Ableitungsröhren zu sorgen 220 • Gleichzeitig stand der procurator aquarum als Vertrauensmann des Kaisers der familia Caesaris vor221 und verwaltete den kaiserlichen Fonds, der aus dem fiscus für den Unterhalt der familia sowie Instandhaltungs- und Materialkosten abgezweigt war 222 •
d) Zuständigkeit der IIviri ill deli municipia
In den mUllicipia fiel die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser regelmäßig in die Zuständigkeit der IIviri 223 • Außerdem überwachten sie die Einhaltung der Vorschriften über die städtischen Wasserversorgungsanlagen224 , die
219 Frontin 105 und 112, 3. Zu den technischen Aufgaben vgl. auch Robinson, Water supply, SDHI XLVI (1980), S. 75 f. 220 Frontin 105, 4.
221 Ashby, Aqueducts, S. 23. Eck, Organisation, S. 70. Boulvert, S. 143. Nach Palma, Curae, S. 199 Anm. 117, stand der ritterliche procurator aquarum auch der familia publica vor; Anhaltspunkte dafür sind zwar nicht gegeben, doch liegt ein einheitlicher Einsatz nahe. Spätestens seit dem dritten Jh. war die Trennung der familiae aufgehoben, vgl. dazu Hirschfeld, Verwaltungsbeamte, S. 283.
222
Frontin 118, 4. Im Einzelnen sofort unten § 2 11 2 b) (S. 80).
223 So die Lex col. Genet. Iul. c. 99. 100 und das Ed. Venafr. Z. 37 ff.; hier konnten die Ilviri allerdings nicht selbständig handeln, sondern sollten "einzig die Beschlüsse des Raths ausführen", vgl. Th. Mommsen, Römische Urkunden, ZgR 15 (1850), 287371, S. 312 f. Auch nach c. 63 der Lex mun. Malac. waren die llviri für die Verdingung aller öffentlichen munizipalen Arbeiten zuständig, vgl. Th. Spitzl, Lex municipii Malacitani, München 1984, S. 84. Ähnlich auch Lex Irnit. c. 82 aus flavischer Zeit. Im municipium Flavium Segoviensium ließen die llviri auf Anweisung Trajans die Wasserleitung instandsetzen, wie sich aus der von Alföldy rekonstruierten Inschrift des Aquädukts ergibt, vgl. O. Alföldy, Die Inschrift des Aquädukts von Segovia. Ein Vorbericht, ZPE 94 (1992), 231-248, insbes. S. 245, und AE 1992, Nr. 1034. - Nur im municipium Tarentinum war die Zuständigkeit breiter verteilt; hier war ein 'Illlvir, IIvir aedilisve' zum Bau von Wasserver- und -entsorgungsanlagen auf dem Gemeindegebiet ermächtigt, wenn dadurch kein Schaden zugefügt wurde, vgl. die aus spätrepublikanischer Zeit stammende Lex Tarent. Z. 39-42. - Vgl. allgemein W. Langhammer, Die rechtliche und soziale Stellung der Magistratus Municipales und der Decuriones, Wiesbaden 1973, S. 182. 224 Zu zahlreichen Wasserversorgungsanlagenfür die mUllicipia in den Provinzen des römischen Reiches vgl. A. Leger, Les travaux publics. Les mines et la metallurgie aux
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die leges mUlIicipalesw , die kaiserlichen Edikte für von Kaisern errichtete Wasserleitungen 226 und Beschlüsse der decuriones 227 enthielten. Spezielle Wassermagistrate sind nur in wenigen italischen Städten bezeugt228 • In den Städten des griechischen Ostens kam diese Aufgabe den allgemeinen Ordnungsbehörden zu, also den aOTvvOpOt 229 und ayopavopol230. Unter ihnen waren die Aufgaben verteilt: während die aOTvvopOl für die innerstädtische Wasserverteilung zuständig waren 231 und die Aufsicht über das gesamte Wasserversorgungssystem nebst den - im griechischen Raum besonders verbreite-
temps des Romains, 1875, S. 603-643. Vgl. auch die epigraphischen und literarischen Nachweise unten § 211 2 c) ß) Anm. 268-275. 225
Lex col. Genet. lul., insbes. c. 99. 100.
226
Hauptbeispiel ist das 'Edictum Augusti de aquaeductu Venafrano', CIL X. 4842
= Bruns, FIRA Nr. 77, S. 249-251.
227 Lex col. Genet. lul. c. 99. Vgl. auch CIL 11. 3541 (Murcia). XIV. 3013 (Praeneste). Zur Übertragung auf die lllIviri iure dicundo CIL IX. 3351 (Pinna Vestina). X. 6526 (Cora). 228 CIL IX. 2234 (Telesia): 'AQVAE-CVRATOR'. 2353 (Allifae): 'CVR AQVAEDVCENDAE-ALLlFIS'. 3922 (Alba Fucens): curator aquaeductus. CIL X. 6094 (Formiae): 'CVRATORI-AQVARVM'. 6427 (Circei): 'CVRAT-AQUAE-TIBVRT'. CIL XIV. 171 (Ostia): 'CVRATORI-OPERVM-PVBLlCORVM-ET-AQVARVMPERPETVO'. 3674 (Tiburffivoli): 'TRIBVNO AQVARVM' (so u.U. auch 3689). 3682 (Tibur/ Tivoli): 'PRAEF RIVI SVPERN'.
229 Zur Zuständigkeit der aO'rVvOfJOl ausführlicher unten, § 4 III 1 b) ß) (S. 128 ff.). Aus Pergamon ist die Zuständigkeit der aO'rVvOfJOl für die Aufsicht über die Reinheit und Funktionsfähigkeit der Wasserkanäle und öffentlichen Brunnen bezeugt, vgl. insbes. Kolumne IV (Z. 171 ff.) der Astynomeninschrift (in der Ausgabe von G. Klaf!enbach, Die Astynomeninschrift von Pergamon, Berlin 1954, S. 6 f., 10 f.). Dieser Umstand gewinnt dadurch an Interesse, daß die munizipale Regelung noch aus der Zeit der Attaliden-Herrschaft, also vor 133 v. Chr., stammt, aber nach dem Schriftbild erst in trajanischer Zeit aufgezeichnet wurde, dazu H. F. Hittig, Die Astynomeninschrift von Pergamon, SZ 26 (1905), 432-449, S. 433 mit Hinweis auf B. Keil. 230 Vgl. E. Klingenberg, Die Aufgaben der städtischen Verwaltungsbeamten in Griechenland, in: Symposion 1979. Vorträge zur griechischen und hellenistischen Rechtsgeschichte, hrsg. v. H.J. Wolf!, A. Biscardi, 1. Modrzejewski, P. Dimakis, Köln, Wien 1983, S. 217-235.
231
Plalon VOfJ. VI 763 c. d.
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ten2J2 - Zisternen führten 2J3 , sorgten die ayopavopol für die öffentlichen Brunnen an den Märkten234 • Eigene Magistrate für die Wasserversorgungsanlagen scheinen sich in größeren Städten teilweise bis in die Spätantike gehalten zu haben, gab es doch noch in burgundischer Zeit einen speziellen Beamten, der für die Erhaltung der Wasserleitung der Residenzstadt Vienne sorgte2J5 •
2. Finanzierung Mit der Übernahme der Verantwortung für die Wasserversorgung durch Augustus änderte sich auch die finanzielle Organisation.
a) Das aerarium
Die alte Staatskasse, das aerarium Saturni, hatte wie in der Republik auch weiterhin für die Finanzierung der Wasserversorgung aufzukommen. Ihm trat aber jetzt der fiscus 2J6 zur Seite, in den immer mehr öffentliche Einnahmen
232 Zum griechischen Zisternenwesen H. Fahlbusch, Elemente griechischer und römischer Wasserversorgungsanlagen, in: Geschichte der Wasserversorgung, Band 2: Die Wasserversorgung antiker Städte, hrsg. Frontinus-Gesellschaft e.V., Mainz 21991, S. 133-163, S. 137 ff. 233
Vgl. dazu Astynomeninschrift, Kol. IV, Z. 203 ff.
234
Platon vo",. VI 764 b.
C.
235 Greg. hist. 11 33 zum Krieg Gundobads gegen GodegiseI, der zur Belagerung Viennes durch Gundobad führte, in deren Verlauf GodegiseI, um Nahrungsmittel zu sparen, ' ... iussit expelli minoris populi ab urbe'. Unter diesen war auch' ... artifex ille, cui de aquaeductu cura manebat'. Ob es sich hier um einen Baufachmann handelte (dafür spricht die Bezeichnung artifex) oder um einen Oberaufseher der Wasserversorgung im hergebrachten Sinn (dafür spricht 'cura de aquaeductu'), ist nicht sicher, auf alle Fälle ist aber bemerkenswert, daß er zum "niederen" Volk gezählt wurde. Er selbst scheint sich für "etwas Besseres" gehalten zu haben, denn' ... ille vero illdignans, cur fuerit eiectus ab urbem cum ceteris ... ' verriet Gundobad den Weg durch die Wasserleitung in die Stadt, was zum Fall Viennes führte. Es ist deshalb möglich, daß er ein später Vertreter der mit der städtischen Wasserversorgung befaßten munizipalen Führungsschicht war.
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flossen 237 • Das aerarium allein hätte nicht mehr genügend Mittel für Bau und Unterhaltung der Leitungen zur Verfügung gehabt.
a) Ausgaben des aerarium
Gegenüber der umfassenden Finanzierung der gesamten Wasserversorgungsorganisation und -anlagen während der Republi~8 findet sich bei Frontin nur noch eine gekürzte Zahlungspflicht des aerarium. An Personalkosten hatte die Staatskasse den Unterhalt der familia publica 239 und des Begleitpersonals zu bestreiten, das dem curator aquarum durch senatusconsultll1n zugestanden war, nämlich lictores, Architekten, Schreiber etc. 240 Von den sächlichen Hilfsmitteln waren nur die für die Verwaltung erforderlichen Materialien wie Tafeln, Papier u. ä. 241 aus dem aerarium zu bezahlen.
ß) Einnahmen des aerarium Einnahmen im Zusammenhang mit der Wasserversorgung erzielte das aerarium aus Steuern und Bußen. Auf den Gebäuden und Grundstücken, die an die Wasserversorgungsanlagen angrenzten, lastete eine besondere, an die Staatskasse abzuführende Steuer242 • Daneben fiel im Prinzipat die Hälfte der Geld-
236 Vgl. dazu M. Rostowzew, Art. "fiscus", RE VI 2, Sp. 2385-2405, gerade Sp. 2398-2400, und Veyne, S. 593 ff.
238
Mommsen, StaatsR 11 2, S. 998 ff., und III 2, S. 1144 f. Vgl. oben § 2 I 2 (S. 51 ff.).
239
Frontill 118, 1: 'commoda publicae familiae ex aerario dantur ... ' .
231
Frontin 100, 1-3. Diese wurden noch zur Zeit Frontins aus dem aerarium bezahlt, obwohl sie den curatores aquarum nicht mehr zur Verfügung standen, Frolltin 101, 2. 240
241
Frontill 100, 4.
Nach Frontin 118, 1-3, führte Nerva die Einkünfte aus den Grundabgaben, die Domitian demfiscus zugeschlagen hatte, wieder an das aerarium ab. Vgl. A. Pernice, Parerga, SZ 5 (1884), 1-135, S. 82. - Möglicherweise wurde auch der Prozeß, den Walker in Rom in den Jahren 226-244 n. Chr. führten, und in dem es um ihre Abgabenpflicht ging, in diesem Zusammenhang geführt, vgl. 'Lis de pensiolle 1I0n solvenda', CIL VI. 266 = BruIIs, FIRA Nr. 188, S. 406-407. 242
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bußen, die wegen einer Mißachtung des Schutzo;treifens längs der stadtrömischen Wasserleitungen verhängt wurden, an das aerariul1l 243 • Ob darüber hinaus im Rom der Kaiserzeit noch Abgaben für private Wasseranschlüsse erhoben wurden, die in das aerariul1l gelangten 244 , ist nicht sicher. Die Situation wird dadurch erschwert, daß sich die vorhandenen Quellen auf den ersten Blick nicht decken. Vitruv spricht davon, daß die Benutzer der Privatanschlüsse Gebühren zu zahlen hätten, durch die die Instandhaltung der Leitungen gesichert werden solle24~. Auch das Edictul1l de aquaeductu Venafranow; legte fest, daß für die Ableitung von Wasser der städtischen Wasserleitung eine Gebühr zu zahlen war. In der neueren Literatur wird die Existenz einer solchen Abgabenpflicht teilweise als selbstverständlich erachtet 247 •
243 Frontin 127, 2. In der späten Kaiserzeit gelangten die Geldbußen und die konfiszierten Grundstücke aber in denfiscus, vgl. CTh XV 2, 1. 4. 9 sowie CJ XI 43, 6 pr. 10, 2 f. In CTh XV 2,8 ist mit dem 'aerarium nostrum' ebenfalls die kaiserliche Kasse gemeint.
244 Daß dies in der Republik der Fall war, ist durch Frontin 94, 4: ' ... eratque vectigalis statuta mercede quae in publicum penderetur' und 95, 1: 'ius dalldae vendendaeve aquae' belegt. 245 Vitr. VIII 6, 2: ' ... hae SUflt causae, uti qui privatim duceIlt in domos vectigalibus tueantur per publicallos aquarum ductus'. Dazu paßt der Bericht Ciceros, der für sein Landgut in Tusculum, wohin er Wasser der dortigen Aqua Crabra leitete, ein vectigal zahlen mußte, Cic. leg. agrar. III 9. Diese Stelle gehört jedoch in die Zeit der ausgehenden Republik und kann für die Kaiserzeit nicht herangezogen werden. Genauer hierzu unten § 4 III 2 a) (S. 137-139) mit Anm. 179-186. 246 Ed. Venafr. Z. 37 ff.
247 Robinson, Rome, S. 102. Garbrecht, Wasserversorgungstechnik, S. 32. 37. J. Carcopino, Rom, Stuttgart 1977, S. 65. Auch Weiß, Rechtsschutz, SZ 45 (1925), S. 95 f., geht davon aus, daß die "Entrichtung eines Wasserzinses" erforderlich war. In diese Richtung sicher auch RudorJt, Lex de Magistratis Aquarum, ZgR 15 (1850), S. 249 f., nach dem "das Recht der Verleihung (von Wasser) an den Princeps und seinen Fiskus gegangen war" - Rudorff geht hier von einer Gebührenpflicht aus, auch wenn nach ihm der fiscus die Gelder erhielt. - Dagegen beschränkt W. Eck, Die Wasserversorgung im römischen Reich: Sozio-politische Bedingungen, Recht und Administration, in: Geschichte der Wasserversorgung, Band 2: Die Wasserversorgung antiker Städte, hrsg. Frontinus-Gesellschaft e.V., Mainz 21991, S. 49-101, S. 79 f., diese Abgabepflicht zutreffend auf die Landstädte.
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Frontin berichtet dagegen, vorher sei manches anders gehandhabt 248 und selbst das Überlaufwasser nur gegen eine Gebühr an Walkereien und Bäder abgegeben worden249 • Diese Regelung bezieht sich aber auf die republikanische Zeit~, wie die Grammatik ergibt: Frontin gebraucht das Imperfekt, während er die geltenden Rechtsregeln und Vorschriften seiner Zeit im Praesens wiedergibt. Auch sonst erwähnt er in seinen Ausführungen über die Wasserableitung durch Private in der Kaiserzeit nie die Zahlung einer Gebüh~l. Auch eine Formulierung Ulpians legt nahe, daß im Rom der Kaiserzeit keine Gebühren für private Wasserleitungsrechte erhoben wurden. Er geht auf die private Wasserableitung aus öffentlichen Wasserversorgungsanlagen ein und spricht in diesem Zusammenhang nur vom 'ius aquae dandae,m, während man in der Republik die Formulierung 'ius aquae dandae vendendaeve,lSJ verwendete.
Die munizipalen Wasserordnungen der Kaiserzeit sehen dagegen die Zahlung eines Wasserzinses durch private Wasserempfänger VO~4. Die Gebühren sollten, wie bereits Vitruv in seinem skizzenhaften Modell einer Wasserordnung entworfen hatte, die Erhaltung der Wasserleitung durch das Personal der Wasserbehörde sicherstellen. Auf Rom läßt sich das nicht übertragen. Hier hatte der princeps ein eigenes Interesse an der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Wasserversorgung und sorgte dafür mit Mitteln aus dem fiscus lSS . Dagegen waren die municipia auf die Finanzierung aus eigenen Einnahmen angewiesen, etwa aus den Wassergebühren. Rom scheint lange Zeit die einzige Stadt mit kostenlosem Wasserbezug gewesen zu sein; für Konstantinopel
248
Frontin 94, 2: ' ... quaedam apud veteres aliter observata inveni'.
Frontin 94, 3 f: 'apud antiquos ... (4) non in aliam usum quam in balnearum aut fullonicarum dabatur, eratque vectigalis statuta mercede quae in publicum penderetur'. 249
250
Frontin 94, 2: 'apud veteres', 3: 'apud alltiquos'.
251
Frontin 103, 2: nur die kaiserliche Bewilligung. 105, 1 (ebenso).
Vip. D. 43, 20, 1,42: 'idque a principe conceditur: alii 1/ulli competit ius aquae da1/dae'. 252
253
Frontin 95, 1.
254
Ed. Venafr. Z. 37 ff.
Wie die häufigen Reparaturen beweisen, die die Kaiser 'sua impellsa' ausführten, so ausdrücklich für die Reparaturen der Aqua Claudia durch Vespasian 71 n. Chr. (CIL VI. 1257), Titus 81 n. Chr. (CIL VI. 1258) und durch Septimius Severus und Cllfacalla 201 n. Chr. (CIL VI. 1259). Zur sozialen Bedeutung auch Eck, Organisation, S. 63. 255
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bekommen wir erst um 445 n. Chr. einen Hinweis auf die Gebührenfreiheit des privaten Wasserverbraucbs~6. Da im Rom der Kaiserzeit keine Gebühren für die Nutzung eines privaten Wasseranschlusses mehr erhoben wurden~7, stand diese Einnahmequelle dem aerarium nicht mehr zur Verfügung.
b) Der fiscus
Aus der kaiserlichen Kasse, dem fiSCUS~8, wurden sämtliche technischen Hilfsmittel für die Reparatur und den Bau der Wasserleitungen finanziert~9. Außerdem kam der fiscus für die familia Caesaris aufOO, die nicht in das Eigentum des populus Romanus übergegangen war, sondern vom Kaiser direkt eingesetzt wurde261 •
256 CJ XI 43, 7: Obwohl alle verfügbaren Steuern für die Reparatur der Wasserleitungen aufgewendet werden sollen, ist "darauf zu achten, daß niemand von denen, die ein Wasserrecht besitzen, irgendeine Steuerauflage ertragen muß: denn es erscheint als schmählich, wenn die Häuser dieser gesegneten Stadt ('huius almae urbis') das Wasser zu kaufen haben". Auch in CJ II 52, 7 pr. (531 n. Chr.) heißt Konstantinopel 'haec alma urbs'. 257 So i.E. zutreffend, wenn auch zu pauschal, da die abweichenden munizipalen Regelungen nicht berücksichtigend, H. Marggraff, Badewesen und Badetechnik der Vergangenheit, Berlin 1881, S. 16. Zutreffend auch W. Liebenam, Städteverwaltung im römischen Kaiserreiche, Leipzig 1900, S. 17, undAbbott, Venafrano, S. 330. Nur vage zu diesem Punkt Hainzmann, Untersuchungen, S. 65: "wahrscheinlich unentgeltlich". 258 Zum Jiscus vgl. P.A. Brunt, The 'fiscus' and its development, JRS LVI (1966), 75-91. Vgl. auch oben Anm. 236. 259 Frontin 118, 4. Vgl. auch Stat. III 3, 99 ff. für die berechnende Sorge des Vaters des C1audius Etruscus, a rationibus unter Nero, um die 'alti undarum cursus', zu ihm A. Stein, Art. "Ti. Claudius?" (Claudius Nr. 31), RE III 2, Sp. 2670-2672. 2M
Frontin 118, 4.
Boulvert, S. 148 f. differenziert noch weiter. Nach ihm war die mit Mitteln aus Claudius' patrimonium geschaffene Sklavenfamilie zunächst Bestandteil seines patrimonium, an sich des Privatvermögens des Kaisers; das Vorbild Agrippas nachahmend, habe er sie verstaatlicht, wobei er sie allerdings nur ins offizielle kaiserliche Vermögen, denJiscus, überführt habe, wodurch er eine Kontrollmöglichkeit behielt. Zur Entwicklung des kaiserlichenpatrimonium im Laufe der Kaiserzeit H. NesselhauJ, Patrimonium und res privata des römischen Kaisers, BHAC 1963, hrsg. von J. Straub, Bonn 1964, S. 73-93, bes. S. 78 ff., krit. D. Liebs, Privilegien und Ständezwang in den Gesetzen 261
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c) Finanzierung in den municipia
Bau, Reparatur und Unterhaltung von Wasserleitungen 262 wurden zu einer besonderen Belastung für die Finanzen der mUllicipia. Sie mußten ihre Einnahmen in steigendem Maße an den fiscus abführen, der immer mehr Zölle und Steuern an sich zog263.
a) Finanzierung aus der Gemeindekasse
Grundsätzlich hatten die municipia zwar die volle Oberhoheit über das Gemeindevermögen; da aber Bau und Unterhaltung der öffentlichen Versorgungseinrichtungen immense Kosten verursachen konnte264 , wodurch manche Städte völlig verarmten, wurde der Bau großer Projekte von den Provinzstatt-
Konstantins, RIDA XXIV (1977), 297-351, S. 320 mit Anm. 106, und H. Bellen, Die 'Verstaatlichung' des Privatvermögens der römischen Kaiser im 1. Jahrhundert n. Chr., ANRW 11 1, hrsg. von H. Temporini, Berlin, New York 1974, S. 91-112. 262 Immerhin hatten die Städte auch Einnahmen durch ihre Wasserleitungen, da sie regelmäßig Gebühren auf den Anschluß einer privaten Wasserableitung erhoben, dazu soeben § 2 11 a) ß) (S. 78 ff.). Vgl. Cie. leg agrar. III 9: ' ... ego Tuseulanis pro aqua Crabra vectigal pendam, .. .'. Ed. Venafr. Z. 37 ff. Doch waren diese Einnahmen, verglichen mit den Ausgaben, verschwindend gering, vgl. M. Stahl, Imperiale Herrschaft und provinziale Stadt, Göttingen 1978, S. 120 ff., insbes. S. 123; anderer Ansicht Liebenam, S. 17, nach dem die Wasserzinse den Gemeinden "infolge der häufigen Anlagen ... erhebliche Erträge brachten". - Auch die Bußen für die Verletzung der magistratischen Verfügungen bzgl. der Nutzung der Wasserleitungen waren jedenfalls teilweise an die Gemeindekasse abzuführen, vgl. das Edikt des procos. A. Vicirius Martialis zum Schutz der ephesischen Wasserleitung, lnsehr. Ephes. VII 1, 3217 b, Z. 10 ff. (übersetzt bei H. Freis, Historische Inschriften zur römischen Kaiserzeit von Augustus bis Konstantin, Darmstadt 1984, S. 143). - Zu beidem F.F. Abbott, Municipal finances, in: F.F. Abbott/A.C. Iohllson, Municipal administration in the Roman empire, New York 21968, S. 138-151, S. 140 f.
263 Suet. Oel. XLVI lobt Augustus, weil er seinen italischen Kolonien die Zolleinkünfte beließ. In der späteren Kaiserzeit waren aufgrund der allgemeinen Wirtschaftskrise immer mehr Einnahmen an denfiseus auszuzahlen, vgl. A.H.M. IOlles, The later Roman empire 284-602, vol. 2, Oxford 1964, S. 732. 264 Bspw. gab die Stadt Nicomedia zur Zeit Trajans für den Bau zweier nicht fertiggestellter Wasserleitungen den Betrag von 3.318.000 bzw. 200.000 sestertii aus, vgl. Plill. ep. X 37, 1. Zu weiteren Baukosten, allerdings für den Bau eines Theaters, Plin. ep. X 39, 1. Zu Baukosten auch Abbott, Finances, S. 145, und Stahl, S. 112 ff.
6 Geißler
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§ 2 Staats- und verwaltungs rechtliche Grundlagen
haltern überwacht, die für eine geordnete265 Finanzierung sorgten266 • Gleichzeitig wurde aber seIbst bei Bauten, die die municipia ganz aus eigenen Mitteln ausführen wollten, häufig um eine Genehmigung des prillceps nachgesucht267 •
ß) Stiftungen des princeps und vermögender Privater Oft übernahmen die Kaiser die Kosten für Bau und Unterhalt städtischer Wasserversorgungsanlagen 268 , um den Städten die ungeheuren Kosten abzunehmen und sie für treue Dienste zu belohnen269 • Ausschlaggebend für das kaiserliche Engagement für Versorgungsbauten in den Provinzen 270 waren
26S Dagegen sorgte Pontius Pilatus, wenn die Nachricht stimmt, mitnichten für eine geordnete Finanzierung, verwendete er doch beim Bau einer Wasserleitung für Jerusalern Gelder aus dem jüdischen Tempelschatz, auf die er keinen legalen Zugriff hatte, vgl. Flav. Jos. ant. Jud. XVIII 3,2 (60-62) und Flav. Jos. bell. Jud. 11 9,4 (175).
266 Plill. ep. X 23 f. zur finanziellen Sicherung des Baus des Bades von Prusa, ep. X 90 zur Finanzierung der Wasserleitung in Sinope. - Das galt besonders für kostspieligere Bauten, damit sich die Gemeinden nicht finanziell übernahmen und am Ende der kaiserlichen Kasse zur Last fielen, vgl. die (fiktive) Rede des Maecenas bei Dio LII 30, 3 f., Stahl, S. 125 ff., und A.H.M. Jones, The cities of the Roman empire, Receuils de la Societe Jean Bodin VI (1954), 135-176, S. 163. 267 Plin. ep. X 23 f. zum Bau eines Bades in Prusa, ep. X 37 f. zum Bau der Wasserleitung von Nicomedia, ep. X 90 f. zum Bau der Wasserleitung von Sinope, ep. X 98 f. zur Überdeckung des in Amastris als cloaca dienenden Flußlaufs, zu verschiedenen anderen Bauprojekten Plin. ep. X 39. - Die Rückversicherungen des Plinius bei Trajan können aber auch seine persönliche Entscheidungsunlust widerspiegeln, sie müssen nicht das normale Vorgehen oder gar eine statthalterliche Pflicht bei öffentlichen Bauten der municipia gewesen sein. Trajan gibt Plinius in einigen Fällen auch zu verstehen, daß er die Finanzierung zwar sorgfältig prüfen soll, aber auch selbst entscheiden kann. 268 Zur Tätigkeit des Augustus auf dem Gebiet des Wasserleitungsbaus vgl. Gardthausen, Augustus I 2, S. 999 mit Nachweis der jeweiligen epigraphischen Zeugnisse. Zum Leitungsbau durch Trajan vgl. SEG VII. 969 (Soadae-Dionysiade), durch Hadrian vgl. Hist. Aug. Hadr. XX 5, Paus. Korinth 11 3, 5 und Arcadia VIII 22, 3; durch Antoninus Pius Hist. Aug. Anton. Pii VIII 2 f. Eine ganze Reihe von Beispielen nennt auch Liebenam, S. 157 f. mit Anm. 1 auf S. 158. Vgl. ferner Abbott, Finances, S. 148. de Ruggiero, Art. "Aqua", Dizionario I, S. 558.
269 Deshalb bezahlte Augustus die Wasserleitung der Gemeinde Venafrum und andrer von ihm gegründeter Kolonien, vgl. dazu auch Suet. Oct. XLVI. Zum Bau der Wasserleitung für Capua Dio XLIX 14, 5.
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nicht nur persönliche Sympathien der Kaiser, sondern auch politische Überlegungen: manche Projekte der kaiserlichen Baupolitik eigneten sich besonders gut zur Herrschaftspropaganda, waren sie doch Beweise der libera/itas und munificentia des princeps271. Vielfach stifteten auch vermögende Privatpersonen Wasserversorgungs anlagen 272 als Beweis ihrer munificentia und /iberalitas 273 • Sie sollten den Reich270 Hadrians Bauprogramm, vornehmlich in den griechisch geprägten Provinzen in Griechenland und Kleinasien, wird wohl auf seine Neigung zum griechischen Kulturkreis zurückzuführen sein; er baute bspw. eine Wasserleitung und ein Bad in Korinth, Paus. Korinth 11 3, 5. Paus. Arcadia VIII 22, 3. - Trajan dagegen baute in Rom und Umgebung in einem so großen Umfang, daß er Plinius' Bitte, ihm einen Baumeister zu schicken, mit der Begründung ablehnte: 'mensores va etiam iis operibus, quae aut Romae aut in proximo fiunt, sufficientes habeo; ... ', Plin. ep. X 18, 3. 271 Vgl. Vitr. I 1 (Vorrede 2): 'cum vero adtenderem te nOIl solum de vita communi omllium curam publicaeque rei constitutione habere, sed etiam de opportunitate publicorum aedificiorum, ut civitas per te non solum provinciis esset aucta, verum etiam ut maiestas imperii publicorum aedificiorum egregias haberet auctoritates, ... '. - Auch die Inschrift über die Reparatur der Wasserleitung von Segovia (AE 1992, Nr. 1034) diente der Herrschaftspropaganda: Die Bezeichnung pater patriae für Trajan ist der einzige Titel in der ganzen Titulatur, der ausgeschrieben ist, wie Alföldy, Inschrift, ZPE 94 (1992), S. 246 fC., vermutet deshalb, weil "die Fürsorge des Herrschers für das Reich, die durch seinen Befehl betreffend die Wasserversorgung einer Stadt zum Ausdruck kam, ... nach der offiziellen Ideologie seiner Qualität als 'Vater des Vaterlandes' zu verdanken" war. - Vgl. ferner die Münze des Septimius Severus und Caracalla (H. Mattingly/E.A. Sydenham, The Roman imperial coinage, vol. IV, part I, London 1936, Sept. Sev. N° 193. 266 Cf. 759 CC. 766 C., Caracalla W 130 Cf. 415 CC. 418a. 471) mit der Reverslegende 'INDVLGENTIAAVGG IN CARTH [S Cl', die von H. Mattingly, Coins of the Roman empire in the Bristish Museum, vol. V, London 21975, S. cxlix, auf eine Verbesserung der Wasserversorgung Karthagos bezogen wird, da revers die Stadtgöttin von Karthago, die Dea Caelestis, auf einem Löwen über einen Wasserlauf reitend dargestellt ist; ob die Verbesserung auf einer Aufhebung der Wassersteuer oder auf dem Bau einer neuen Leitung beruhte, braucht hier nicht geklärt zu werden, dazu I. Mundle, Dea Caelestis in der Religionspolitik des Septimius Severus und der Julia Domna, Historia 10 (1961), S. 228-237, S. 234, mit Darstellung des Streitstandes. Vgl. auch H. KloJt, Liberalitas principis, Köln, Wien 1970, S. 115 ff., bes. S. 117 f., und Veyne, S. 100. 478 ff. 638 ff. 675 f.
272 Beispiele: CIL 11. 1614 (Igabrum). 2343 (Mellaria). 3240 (I1ugo). 3280 (Castulo). 3663 (Ebusus). III. 3116 (Arba). 6452 (Lugio). V. 47 (Pola). 3402 (Verona). 7881 (Cemenelum). VIII. 11 (Leptis Magna). 1828 (A1thiburos). IX. 3018 (Teate Marrucinorum, nur Reparatur). 4786 (Forum Novum). X. 4833 (Rufrae). 4860 (Venafrum, nur Reparatur). 5163 (Casinum). 6428 (Circeii). 7954 (Turris Libisonis). XI. 4582 (Carsulae). XII. 1882-89 (Vienna). 2493 und 2494 (Genfer See). XIII. 596-600 (Burdigala).
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§ 2 Staats- und verwaltungs rechtliche Grundlagen
turn des Stifters zeigen und ihm Ansehen und Macht sichem274 • Ihre Unterhaltung wurde häufig durch besondere Fonds und Stiftungen gesichert m .
966 (Petrucorii). XIV. 2121 (Lanuvium). 3012 (Praeneste). Interessant wegen der rechtlichen Einkleidung die Stiftung für den Bau einer Wasserleitung für Cirta, berichtet von Paul. D. 22, 6, 9, 5, dazu L.C. Winkel, L'aqueduc de Cirta (Numidie), TRG LXIV (1996), 141-144. Eine Wasserleitung der Stadt Ephesus wurde durch Claudius Aristion erbaut, vgl. Inschr. Ephes. VII 1, 3217 a, Z. 5 und b, Z. 20, eine andere durch C. Sextilius Pollio, CIL III. 424 7117. Philostr. soph. 11 548 (Alexandria Troas). I.G.R.P. III. 1273 und 1276 (Wasserleitung und Nymphäum in Soada). Eine Stiftung für den Bau einer Wasserleitung in Aspendos über 2 Millionen Denare in I.G.R.P. III. 804. Vgl. insgesamt Gardthausen, Augustus I 2, S. 1000, und J.C. Rockwell, Private Baustiftungen für die Stadtgemeinde auf Inschriften der Kaiserzeit im Westen des römischen Reiches, Jena 1909, S. 64-66. Liebenam, S. 156 Anm. 3, S. 157 Anm. 1. 2, und G. Wesch-Klein, Liberalitas in rem publicam, Bonn 1990 mit zahlreichen Beispielen für Africa.
=
273 Zur Bedeutung der liberalitas Cic. off. 11 (15), 52 ff. Zum Bau von Wasserleitungen sagt Cicero off. 11 (17), 60 selbst: 'Atque etiam illae impensae meliores, muri, Ilavalia, portus, aquarum ductus omniaque, quae ad usum rei publicae pertinent, quamquam, quod praesens tamquam in manum datur, iucundius est, tamen haec in posterum gratiora' .
274 In den frühen Fällen waren die Bauten eher politisch motiviert wie bei Agrippa, dessen Bauprogramm das Ansehen des Augustus mehren sollte, während später vor allem lokales Ansehen erstrebt wurde. Vgl. CIL 11. 1643. III. 1061 (Apulum). 3116 (Arba). X. 4654 (Dankesinschriften). Dion. Chrys. oral. XLV 12 (Bau von Wasserspielen in Prusa). 27S Daß bereits Agrippa einen Fonds zur Deckung der Ausgaben einrichtete, ist durch die Quellen nicht belegt, aber wahrscheinlich, weil sonst die Leitungen ein Danaergeschenk gewesen wären und die Aktivität Agrippas nicht nur anerkennend erwähnt worden wäre. - Weitere Beispiele für die Stiftung von Unterhaltsfonds: CIL V. 47 (Pola): 'AQVARVM ... INPENSA·SVA·PERDVXIT·ET·IN TVTELAM EIVS DEDIT .. .' (400.000 sestertii). 3402 (Verona): ' ... IN·AQVAM· ... (wohl 500.000 sestertii) [test]AMENTO.DEDIT'. CIL XII. 1882-89 (Vienna) und die Bau- und Unterhaltungsstiftung in Sabratha, I.R.T. 117. - Noch 315 n. Chr. wurde in Delphi eine Stiftung über 1.500.000 denarii eingerichtet, deren Zinseinkünfte die Wasserversorgung der Bäder sichern sollten, vgl. die Inschrift bei B. Laum, Stiftungen in der griechischen und römischen Antike, Band 2, Berlin 1914, S. 37 f. - Zu speziellen Stiftungen CIL XI. 556 (Caesena: Reparatur der Bäder), CIL V. 6522 (Novaria), XI. 720 (Bononia) und XIV. 2978. 2979 (praeneste) zu Stiftungen, die kostenloses Baden gewährleisteten, ebenso für das Jahr 33 v. Chr. durch Agrippa, vgl. Dio XLIX 43, 3. - Vgl. A.R. Hands, Charities and social aid in Greece and Rome, London, Southampton 1968, S. 144 f. B. Laum, Stiftungen in der griechischen und römischen Antike, Band 1, Berlin 1914, S. 107 ff., und Liebenam, S. 157 Anm. 2.
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d) Finanzierung in der Spätantike
In der Spätantike wurde die Finanzierung der öffentlichen Wasserversorgung besonders schwierig. Die sinkenden staatlichen Einnahmen aufgrund zunehmender Pauperisierung der Bevölkerung und die steigenden Ausgaben für Kriege, Tributzahlungen an Germanen und Hunnen, den Ausbau der Reichsbefestigung und den Bau von Residenzen und Kirchen führten zu chronischen Defiziten der Staatskasse, so daß die Finanziemng der Wasserversorgung auf andere Weise gewährleistet werden mußte.
a) Bereitstellung der erforderlichen Mittel
Die Probleme spitzten sich in Konstantinopel zu, wo wegen der steigenden Bedeutung der Stadt und ihres Bevölkemngszuwachses erst in der Spätzeit große Wasserleitungen erforderlich wurden 276 • Die Angst vor einem Zusammenbrechen der Wasserversorgung und daraus resultierenden Unruhen in der Bevölkerung veranlaßte die Kaiser sogar dazu, den Fonds zur Ausrichtung von Volksbelustigungen anzugreifen 277 • Außerdem wurden die Vorschriften über die Finanzierung der öffentlichen Wasserversorgung immer spezieller: 361 n. Chr. wurde der Geldbedarf noch dadurch gedeckt, daß ein Teil der praetores die mit ihrem Amt verbundenen Abgaben in einen speziellen Fonds für öffentliche Bauten zu zahlen hatte278 • Eine entsprechende Vorschrift muß es um 396 n. Chr. gegeben haben, da am Ende dieses Jahres die Bestimmung aufgehoben wurde, damit die Spiele und Feiern aus Anlaß des Geburtstages des
276 Hier gab es eine bereits von Hadrian erbaute Wasserleitung, die 439 n. Chr. und noch einmal 528 n. Chr. von Justinian repariert wurde; auf diese bezieht sich CJ XI 43, 6. Von 368 bis 373 n. Chr. ließ Valens ein Aquädukt errichten, das 576 n. Chr. von Justinian 11. und 766 n. Chr. von Constantin V. erneuert wurde. Um 384 n. Chr. wurde der aquaeductus Theodosiacus errichtet, für den die Konstitutionen CTh VI 4, 29-30 erlassen wurden; vgl. dazu W. Müller-Wiener, Bildlexikon zur Topographie Istanbuls, Tübingen 1977, S. 271; E. Oberhummer, Art. "Constantinopolis", RE IV 1, Sp. 963-1013, Sp. 997, und A. Demandt, Die Spätantike, München 1989, S. 397. Vgl. auch Thierry, Art. "Aquaeductus III", Daremberg/Saglio 1/1, S. 343. lones, Empire 11, S.695. 277
Ein durstiges Volk hätte sich nicht mehr mit Brot und Spielen zufrieden gegeben.
CTh VI 4, 13 pr. Die Summe, die auf diese Art für das öffentliche Bauwesen zusammenkam, belief sich auf 1.000 Pfund Gold und 500 Pfund Silber. 278
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§ 2 Staats- und verwaltungsrechtliche Grundlagen
Kaisers finanziert werden konnten279 • Aus einer ähnlichen Vorschrift geht hervor, daß zu derselben Zeit fünf praetores ihre Amtsgelder an den Erhaltungsfonds einer einzigen Wasserleitung zu zahlen hatten 280 • 381 n. Chr. wurde dagegen eine allgemeine Sonderabgabe erhoben, die der Wiederherstellung des Hafens und der Wasserleitung diente 281 , und seit ca. 445 n. Chr. wurden die Abgaben, die an den Landungsbrücken Konstantinopels zu zahlen waren und von den Tagelöhnern aus Kyzikos erhoben wurden, zur Reparatur der Wasserleitungen verwendet282 • 452 n. ehr. verordnete Marci an , daß die consules statt unkontroIlierter Geldauswürfe bei ihrem Antrittsumzug je 100 Pfund Gold für die Wasserleitungen zu spenden hatten 283 • Diese Vorschrift dehnte Zeno auf die consules hOllorarii aus 284 ; ausgenommen waren nur Konsul are , die erneut zum Konsulat geiangten 28S •
ß) Verwaltung der für die Wasserleitungen bestimmten Gelder In Rom, wo die existierenden Leitungen nur erhalten werden mußten286 , gab es dafür einen speziellen Fonds287 • In ihn werden auch die Geldbußen und -strafen geflossen sein, die wegen Vergehen im Bereich der Wasserversorgung verhängt wurden. Eine kräftige Sonderzuwendung erhielt dieser Fonds, als 398 n. Chr. das Vermögen des magister militum per Africam Gildo
279
eTh VI 4, 29.
280
eTh VI 4, 30. Es handelt sich um das theodosische Aquädukt.
281 eTh XV 1, 23 = CJ VIII 11, 7. Nach Gothofredus, comm. zu eTh XV 1, 23, handelt es sich auch hier um die theodosische Wasserleitung. 282
CJ XI 43, 7.
CJ XII 3, 2, 3, von lustinian 536 n. ehr. wieder aufgehoben, Nov. Just. ev 2, 1. Die ordnungsgemäße Verwendung wurde dadurch gesichert, daß derjenige, der die Gelder anderweitig verwendet hatte, den Betrag ersetzen mußte, vgl. CJ XI 43, 8 pr. 283
284
CJ XII 3, 3, 1.
285 CJ XII 3, 4, 1. - Zu den verschiedenen Sondereinnahmen auch unten § 4 III 2 b) d) (S. 139-145). 286 Zu den späteren Reparaturen der stadtrömischen Wasserleitungen oben § 1 (insbes. S. 32-34). 287
Vgl. Symm. rel. XX 2: ' ... ex formarum conditis .. .'.
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konfisziertUa und teilweise u9 für Reparaturen und Verbesserungsmaßnahmen im Quellgebiet der Aqua Marcia verwendet wurde 290 • Auch in Konstantinopel gelangten die für die Wasserversorgung zur Verfügung stehenden Mittel in einen speziellen Fonds. Er wurde durch einen eigenen Schatzmeister verwaltet291 • Eine Regelung Justinians aus dem Jahr 530 n. ehr., die die Verwaltung der für die öffentliche Daseinsvorsorge bestimmten Gelder betrifft, wirft ein besonderes Licht auf die sozio-politischen Zustände in der Spätantike. Nach ihr waren nunmehr der Ortsbischof und drei Gemeindevorsteher für die Verwaltung der Gelder zuständig, wobei durch die Mitwirkung der zuständigen Einzelmagistrate und der Rechnungsführer der Gemeinde (actores) die ordnungsgemäße Verwendung der Gelder sichergestellt werden sollte292 •
288 Vgl. dazu CTh VII 8, 7 (400 n. Chr.) und IX 42, 19 (405 n. Chr.). Allgemein zu Gildo O. Seeck, Art. "Gildo", RE VII 1, Sp. 1360-1363. 289 Nach Ashby, Aquaeducts, S. 92 Anm. 2 soll "the whole of Gildo's property" diesem Spezialfonds zugeführt worden sein; aus CTh VII 8, 7 und IX 42, 19 geht jedoch hervor, daß jedenfalls der Landbesitz dem kaiserlichen patrimonium zugeschlagen wurde.
290 CIL IX. 4051: ' ... MONVMENTA V[niversa bona quae capta sunt] A GlLDONE HoSTE PubLiCO donanDO FORMAS AD ANIENIS FL[uenta ... ]'. 291 CJ XI 43, 8, 1 aus den Jahren 474-479; zur Datierung nach der Amtszeit des Adressaten Adamantius Martindale, PLRE 11, v. "Adamantius 2", S. 6 f. - Der Fonds unterstand anscheinend der Oberaufsicht des Stadtpräfekten, denn Zeno ordnete ihm gegenüber an, daß bei Zweckentfremdungen die entnommene Summe einfach zurückerstattet werden müsse, CJ XI 43, 8 pr. 292 CJ I 4, 26 pr.
§ 3 Eigentums- und enteignungsrechtIiche Fragen im Bereich der Wasserversorgung "Da femer alle Leitungen durch die Felder von Privatpersonen geführt worden waren und die Arbeitsvorbereitung Schwierigkeiten zu machen schien, wenn nicht eine Rechtsgrundlage zur Verfügung stand, ... , erging ein Senatsbeschluß, ... " '.
Die Beschäftigung mit der Wasserversorgung in der Antike führt zwangsläufig zu der Frage, ob das römische Recht eine Enteignung für gemeinnützige Zwecke kannte. Diese Frage stellt sich sowohl beim Bau als auch bei der Reparatur und schlichten Wartung der Leitungen.
I. Enteignung zum Bau Obwohl die antiken Quellen bezeugen, daß die öffentlichen Wasserleitungstrassen durch private Grundstücke führen konnten2 , mußte der Geländeabschnitt, auf dem der Kanal selbst verlief, öffentliches Eigentum sein. Sonst hätten am Grund und dem darauf errichteten Wasserleitungsgemäuer unterschiedliche Eigentumsverhältnisse bestanden, die zu einer Störung der öffent-
, Frontin 124, 4. 2 Vgl. Lex col. Genel. Iul. c. 99: ' ... lIvir, ... , re/erto, per quos agros aquam ducere liceat'. Ed. Venafr. Z. 30 ff.: ' ... dominus eorum cuius agri locive, per quem agrum locumve ea aqua ire fluere ducive solet, ... ' und Z. 33 f.: ' cui eorum per quorum agros ea aqua ducitur, ... '. Frontin 124, 4: 'porro quoniam fere omnes specus per privatorum agros derecti erallt ... '. Daß es sich auch bei Ulp. D. 7, 1, 27, 3 um eine öffentliche Wasserleitung handelte, geht aus der Bezeichnung 'ob formam aquae ductus' für die Abgabe hervor.
I. Enteignung zum Bau
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lichen Wasserversorgung hätten führen können J • Damit stellt sich zumindest für den unmittelbar überbauten Boden die Frage, wie sich der Staat das Eigentum an ihm verschaffte. War dem römischen Recht eine Enteignung privaten Grundbesitzes für gemeinnützige Zwecke bekannt4, so muß sie gerade beim Bau öffentlicher Wasserleitungen angewandt worden sein5 • Denn bei der Trassierung der Leitungsstrecke konnte wegen der erforderlichen Nivellierunt auf das bestehende Grundeigentum kaum Rücksicht genommen werden. Die Existenz eines staatlichen römischen Enteignungsrechts wurde oft untersuche. Auch zu der spezielleren Frage einer Enteignung für gemeinnützige Bauten gibt es eine Fülle von Publikationen8 • Diese Arbeit hat jedoch nur
3 So auch W. Weymann, Die Einwirkungen öffentlicher Wege und Wasserleitungen auf das Grundeigentum im römischen Recht, Bonn 1942, S. 38 ff.
• Nach griechischem Recht durfte Wasser einer öffentlichen Wasserleitung für den Privatgebrauch beliebig abgeleitet werden, nur nicht durch ein Haus, einen Tempel oder ein Grab, vgl. Platon vop.. VIII 844; darin liegt nach P. HaUste, Das Servitut der Wasserleitung in Platons «Gesetzen», Eranos XLVIII (1950), 142-149, S. 143 f. eine "allgemeine Servitut der Wasserleitung". S Der Wasserleitungsbau war neben dem öffentlichen Straßenbau, bei dem ähnliche Bedingungen für die Geländewahl vorlagen, einer der Hauptfälle der Enteigung für gemeinnützige Zwecke. 6 Zur Nivellierung Vitr. VIII 5. - Ein anschauliches Beispiel für die Schwierigkeiten bei der Nivellierung in Tunnelstrecken bietet der Schriftverkehr zur Trassenführung des Aquädukts von Saldae, CIL Vlll. 2728. 7 Vgl. nur G. Meyer, Das Recht der Expropriation, Leipzig 1868, S. 9-70. J.W. Jones, Expropriation in Roman Law, The Law Quarterly Review XLV (1929), 512527, und Weymallll. Zum Verfahren F.M. de Robertis, Emptio ab invito, Annali della Facolta di Giurisprudenza della Universita di Bari, N .S. VII-VIII (1945/46), S. 153223.
8 Vgl. nur aus älterer Zeit R. de Fresquet, Principes de I 'expropriation pour cause d'utilite publique a Rome et a Constantinople jusqu'a I'epoche de Justinien, RH 6 (1860), 97-132. F. Piccillelli, Della espropriazione per causa di pubblica utilita nel diritto Romano, Firenze 1882. Grundlegend für die neuere Diskussion F.M. de Robertis, Sulla espropriazione per pubblica utilita nel Diritto Romano, in: Studi in memoria di Guido Zanobini V, Milano 1965, S. 141-166, und ders., La espropriazione per pubblica utilita nel Diritto Romano, Bari 1936, dazu Rezensionen von F. Wieacker, SZ 57 (1937), 471-478, und R. Düll, Kritische Vierteljahresschrift 66 (1939), 341-352.
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§ 3 Eigentums- und enteignungsrechtliche Fragen
den Schutz der vorhandenen Leitungen zum Gegenstand, nicht dagegen, wie der Leitungsbau ermöglicht wurde9 •
11. Enteignung zur Reparatur? Bei der Reparatur der öffentlichen Wasserleitungen mußten zwei Bereiche geregelt werden: die Beschaffung der Baumaterialien und die Sicherung des Zugangs zur Baustelle.
1. Beschaffung von Bau- und Reparaturmaterial Auch das von Frolltin geschilderte staatliche Vorgehen bei der Beschaffung von Baumaterial für die Wiederherstellung und Ausbesserung der Wasserversorgungsanlagen ist hier nicht in voller Breite zu diskutieren, da dies bereits de Robertis lO und neuerdings Pennitz ll ausgiebig behandelt haben.
a) Ausgangslage
Quelle für die Beschaffung von Baumaterial und damit Ausgangspunkt der Diskussion ist ein von Frontin überliefertes senatuscollsultum aus dem Jahr 11 v. Chr. Darin beschloß der Senat, daß für die Wiederherstellung der Leitungen "von den Feldern der Privatleute Erde, Schlamm, Steine, Ziegel, Sand, Holz und das übrige, das dafür nötig ist, woher all dies am nächsten ohne Ungerechtigkeit gegenüber den Privatleuten ausgehoben, entnommen und fortgeschafft werden kann, nachdem es nach dem Urteil eines rechtschaffenen Mannes bewertet worden ist, ausgehoben, entnommen und fortgeschafft werde. 1112
9 Eine Aufarbeitung der verschiedenen Theorien findet sich neuerdings bei M. Pennitz, Der "Enteignungsfall" im römischen Recht der Republik und des Prinzipals, Wien, Köln, Weimar 1991, und E. Lozano Corbf, La expropiaci6n forzosa, por causa de utilidad publica y en interes deI bien comun, en el derecho Romano, Zaragoza 1994.
10 de Robertis, Espropriazione, S. 129 ff. insbes. in Auseinandersetzung mit den Thesen P. Bon/antes, Corso di Diritto Romano 11 1, Roma 1926, S. 246 f. 11
Pennitz. S. 88 ff.
11. Enteignung zur Reparatur?
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b) Streitstand
Die Einordnung der genannten Vorschrift in die Kategorien des römischen Rechts wird durch unser heutiges Verständnis der eigentumsrechtlichen Institute erschwert. Schon Jhering sprach in diesem Zusammenhang von einer Expropriation der Baumaterialien gegen Zahlung des Wertes 13 ; er begründete das Recht des Staates zur Enteignung mit dem Vorrang, den die Erhaltung der Gesamtheit gegenüber der des Einzelnen hat14 . Bonfallte erklärte die Stelle zum "einzigen nicht zu verachtenden Indiz"ls für die Existenz eines römischen Enteignungsrechtes. Allerdings leidet seine Argumentation unter der Fehlvorstellung, eine Enteignung sei nur bei Immobilien möglich, so daß er zu dem Ergebnis kommt, es handele sich hier um "quasi ein Ebenbild einer Enteignung"16, da keine Immobilie betroffen sei, aber nicht um eine wirkliche Enteignung. Es könne sich hier auch deshalb nicht um eine Enteignung handeln, weil den Magistraten keine hoheitlichen Zwangsmaßnahmen erlaubt seien, was sich daraus ergebe, daß sie 'sine iniuria privatorum' vorzugehen hatten 17 • Nach Schuh handelt es sich zwar um eine "Enteignung im Sinne einer staatlichen Einziehung von Privatrechten im öffentlichen Interesse "I! , doch sei dies insofern eine Ausnahmevorschrift, als das sellatusconsultum eine 12 Fron/in
125: '00. ut cum ii rivi 00. reficerentur, ex agris privatorum terram, limum,
lapidem, testam, harenam, ligna ceteraque quibus ad eam rem opus esset, ullde quaeque eorum proxime sine iniuria privatorum tolli, sumi, portari possint, viri < boni > arbitratu aestimata darentur, tollerentur, sumerelltur, exportarelltur; ... '. 13 R. v Jherillg, Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, Zweiter Teil, Erste Abt., Leipzig 51894, S. 72; so auch Ch.A. Hesse, Grundzüge des Wasserrechts nach gemeinem Rechte, Jahrbücher für die Dogmatik des römischen und deutschen Privatrechts 7 (1865), S. 179-317, S. 194.
14
v Jhering, S. 71.
Bon/ante, S. 246: "I'unico indizio non disprezzabile". Auch nach W. Simshäuser, Sozialbindungen des spätrepublikanisch-klassischen römischen Privateigentums, in: Europäisches Rechtsdenken in Geschichte und Gegenwart, Festschrift ... Coing, Band 1, hrsg. v. N. Horn, München 1982, S. 329-361, S. 350, "läßt die Regelung (00') an eine über die Sozialbindung hinausgehende Inanspruchnahme von Privatgütern für Gemeinschaftszwecke denken". Simshäuser scheint aber demselben Irrtum wie BOIl/allte Enteignung nur an Immobilien - zu unterliegen, wenn er fortfahrt: "auch wenn es hier nur um bewegliche verkäufliche Gegenstände ging" . 15
16
Bon/ante, S. 247: "I'immagine quasi di una espropriazione".
17
Bon/allte, S. 247.
11
F. Schulz, Prinzipien des römischen Rechts, München, Leipzig 1934, S. 109.
92
§ 3 Eigentums- und enteignungsrechtliche Fragen
Reaktion auf das Versprechen des Augustus gewesen sei, die Wasserleitungen wiederherzustellen; ihm habe man damit entgegenkommen wolIen l9 • Gegen BOllfallte hat sich schon früh de Robertis gerichtet, der einwandte, die Enteignung betreffe nicht nur Immobilien20 , sondern jedes Eigentum, das im öffentlichen Interesse von einem Privaten auf den Staat übergehe 21 • Die Formulierung 'sille illiuria privatorum' sei keine Absage an jede magistratische Zwangsmaßnahme, sondern verbiete nur solche Maßnahmen, bei denen die Magistrate die ihnen eingeräumten Befugnisse überschritten22 ; die Stelle belege die Existenz eines römischen Enteignungsrechts23 •
c) Beurteilullg Der Auffassung von de Robertis ist kaum etwas hinzuzufügen. Vordringlich ist jetzt die Frage, an wen sich das sellatuscollsultum richtete. De Robertis hatte angenommen, daß sich das sellatusco"sultum an die curatores aquarum richte, den Schutz der Grundeigentümer erweitere und den Betroffenen eine gerechte Entschädigung garantiere 24 • Dagegen ist Pe/mitz der Ansicht, das sellatusco"sultum wende sich an die redemptores, die mit den Reparaturarbeiten beschäftigten Unternehmer, denen es eine Handlungsgrundlage verschaffez:!.
19
Schuh., Prinzipien, S. 109 mit Anm. 117.
20 Nach Liv. XL 29, 3-14, wurde auch der Auffinder der sog. "Bücher des Numa" durch einen Zwangskauf enteignet, da diese Bücher aufgrund ihres Inhalts als religionszersetzend angesehen wurden. Interessant an diesem Fall ist insbesondere, daß der Betroffene den nach dem Billigkeitsempfinden des Prätors und der Mehrzahl der Volkstribunen festgesetzten Preis nicht annahm. 21
de Robertis, Espropriazione, S. 131 mit Anm. 7. 8.
22de Robertis, Espropriazione, S. 132 mit Anm. 10; ihm zustimmendPennitz, S. 88. 23 Düll, Rezension zu de Robertis, Espropriazione, Kritische Vierteljahresschrift 66 (1939), 343, spricht nur unscharf von einer "Duldung von Entnahme von Bodenbestandteilen zwecks Ausbesserung gegen Entgelt".
24
149. 2S
de Robertis, Espropriazione, S. 132 ff., insbes. 133, und ders., Pubblica utilita, S. Pellnitz, S. 88 ff.
11. Enteignung zur Reparatur?
93
Nach Frontin sollte dieser Senatsbeschluß verhindern, daß private Grundbesitzer bei einer Reparatur der Leitungen Schwierigkeiten bereiteten26 • Die Grundstückseigentümer selbst können nach dem Inhalt aber nicht die Adressaten des Senatsbeschlusses gewesen sein. Ob er sich aber an die redemptores richtete, wie Pennitz meint, ist zweifelhaft. Denn dies wäre eine im römischen Recht wohl einmalige Ermächtigung von Privaten zu hoheitlicher Enteignung, was unwahrscheinlich ist. Auch wenn der Normzweck die Erleichterung der Reparaturarbeiten war, ist dies kein hinreichender Grund, die redemptores als Adressaten der Norm anzusehen. Pennitz ist zwar darin beizupflichten, daß die curatores aquarum nicht die ganze Zeit bei den Bauarbeiten anwesend waren. Dennoch wird man sie als die eigentlich durch das senatuscollsultum ermächtigten Personen anzusehen haben; sie wiederum werden die redemptores ermächtigt haben, Baumaterialien für die Reparatur der Wasserleitungen von den Grundbesitzern zu fordern.
2. Wege- und MateriaItransportrechte Schwierigkeiten bereitet auch das bei Frontin erwähnte Wegerecht zur Ausführung der Reparaturen.
a) Ausgangslage Im Anschluß an die Vorschrift über die Enteignung der Baumaterialien berichtet Frontin , daß "Fuß- und Fahrwege über die Felder der Privatleute ohne nachteilige Folgen für sie zugänglich sein und ihnen zur Verfügung gestellt werden sollen, sooft es nötig ist, damit alle diese Sachen weggeschafft und diese Dinge < i.e. die rivi, specus fornicesque> instandgehalten werden können ... "27.
26 Frontin 124, 4: ' .. .et difficilis videbatur futurae inpellsae praeparatio, nisi aliqua iuris constitutione succurreretur, ... '. 27 Frontin 125: 'et ad eas res omnes exportandas earumque rerum reficiendaum causa, quotiens opus esset, per agros privatorum sine iniuria eorum itinera, actus paterent, darelItur' .
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§ 3 Eigentums- und enteignungsrechtliche Fragen
Das nur wenig ältere 21 Edictum Augusti de aquaeductu Venafrano sah zwar kein ausdrückliches Wegerecht über die Grundstücke der Privatleute vor 29 , aber "den Bürgern von Venafrum oder demjenigen, der in ihrem Namen handelt"30, stand immerhin "das Recht und die Erlaubnis zu, all die Materialien, die für den Bau und die Reparatur erforderlich sind, auf kürzestem Wege herbeizuschaffen ... ,,31 •
b) Streitstand Zur Klärung des rechtlichen Gehalts dieser FrontinsteIle hat die romanistische Literatur bisher wenig beigetragen; der Passage wird kaum ein eigener Gehalt gegenüber der häufig behandelten Vorschrift über die Beschaffung der Baumaterialien beigemessen32 . Auch de Robertis spricht hier nur vage von einer "schweren Beschränkung des Immobiliareigentums't33, während er sonst pränse Aussagen macht. Dagegen wird nach Pennitz 34 eine Legalservitut in Form eines Wege- und Materialtransportrechts zugunsten der Bauunternehmer festgesetzt.
28 Zur Datierung auf die Zeit zwischen 17 und 11 v. Chr. Abbott, Venafrano, S. 330. Robinson, Water supply, SDHI XLVI (1980), 61, datiert es auf 18-11 v. Chr. 29
Das Ed. Venafr. erwähnt lediglich einen 'iter' über den Schutzstreifen, Z. 23-25.
30
Ed. Venafr. Z. 24: 'Venafranis eive, qui Venafranorum [nomine opus su]m[et?],
31 Ed. Venafr. Z. 26 ff.: 'ius sit liceatque, quaeque ea[rum re]rum cuius faciendae reficiendae causa opus erunt, quo proxume poterit advehere adferre adportare ... '.
32 Dürftig hierzu E. Levy, West Roman vulgar law. The law of property, Philadelphia 1951, S. 104. M. Kaser, Das römische Privatrecht I, München 1955, S. 344, spricht nur allgemein von "Duldungen". 33 de Robertis, Espropriazione, S. 131: "una Iimitazione gravissima alla proprieta immobiliare" .
34 Pennitz, S. 88-93. So auch schon Lallciani, S. 598 f. Nach Düll, Rezension zu de Robel'tis, Espropriazione, Kritische Vierteljahresschrift 66 (1939), 343, sieht das augusteische Wasserrechtzwar die Auferlegung gesetzlicher Servituten auf Grundstücke vor, doch gibt es "ferner ... (die) Duldungspflicht hinsichtlich ihres Betretens zwecks Vornahme von Ausbesserungsarbeiten" - somit zählt er das Betretungsrecht gerade nicht zu den Servituten.
11. Enteignung zur Reparatur?
95
c) Beurteilung
Die Einräumung des Wege- und Materialtransportrechts bedeutet keine Enteignung, da die Grundstückseigentümer ihr Eigentum behielten und weiterhin mit ihm "nach Belieben verfahren" konnten3~. Auch eine teilenteignende Beeinträchtigung des Grundeigentums scheidet aus. Die einzige Einschränkung lag darin, daß der Grundstückseigentümer verpflichtet war, bei Reparaturarbeiten die Überquerung seines Bodens zu dulden. Die redemptores durften das Wege- und Materialtransportrecht nur 'sine iniuria' den Grundeigentümern gegenüber ausüben 36 , d.h. auf möglichst schonende Weise; sie mußten also Inanspruchnahmen der Eigentümer vermeiden, die nicht notwendig waren 37 . Damit handelt es sich, wie Pennitz richtig sage8 , um eine Legalservitut. [ter und actus, die im senatusconsultum verwendeten Begriffe 39, sind typische Ausprägungen der servitutes praediorum rusticorum 40 • Da es sich um den Wortlaut eines senatusconsultum handelt, das Frontill in den Akten seiner Behörde finden konnte und in sein Werk übernahm 4l , ist anzunehmen, daß die juristischen Begriffe bewußt gewählt wurden. Bedenken gegen die Qualifizierung des Wegerechts als Legalservitut können sich aber daraus ergeben, daß nach klassischem römischen Recht der Berechtigte einer privatrechtlichen servitus aquae ductus das Recht hatte, das dienende Grundstück zur Ausführung von Reparaturarbeiten an der Wasserleitung auf nächstem Weg zu überqueren42 • Dieses Zugangsrecht folgte aus dem Wasser35 Vgl. § 903 BGB. Zum Ursprung dieser Vorschrift aus dem römischen Recht D. Liebs, Römisches Recht, Göttingen 41993, S. 148 f. Kaser, Privatrecht I, S. 340. 36
Frontin 125: 'sine iniuria eorum'.
Zum Begriff vgl. A. Kränzlein, 'Sine iniuria privatorum', in: Vestigia luris Romani. Festschrift für Gunter Wesener zum 60. Geburtstag am 3. Juni 1992, hrsg. von G. Klingenberg u.a., Graz 1992, S. 279-283, S. 281. 37
38
Pennitz, S. 88.
39
Frontin 125: 'itinera, actus paterent, darentur'.
40
Ulp. D. 8, 3, 1 pr.
41 Dies geht aus Frontin hervor, vgl. 94, 2: 'dum altius repeto leges ... '. 107,3: 'sic ex veteribus senatus consultis coglloscimus, ex quibus unum subieci'. 124, 4: 's. c. factum est quod subieci' . 42 Neraz bei Ulp. D. 8, 4, 3, 3 für die servitus aquae haustus. Pomp. D. 8, 4, 11, 1: 'ut adire, qua proxime possim, ad reficie"dum eum ego fabrique mei,
96
§ 3 Eigentums- und enteignungsrechtIiche Fragen
leitungsrecht, ohne eigens vereinbart sein zu müssen43 • Wäre dieser Grundsatz auf die öffentlichen Wasserleitungen übertragbar, dann wäre die ausdrückliche Einräumung des Wegerechts überflüssig gewesen; das senatusconsultum hätte das nur klargestellt. Jedoch betreffen diese Rechtsgrundsätze nur private Wasserleitungsrechte über fremden Grund und Boden und deren Nebenrechte. Außerdem stammen die ersten Äußerungen der römischen Juristen über ein dem Wasserleitungsrecht zugehöriges Wegerecht erst aus dem 2. Jahrhundert n. ehr. Es ist also nicht sicher, daß das schon um die Zeitenwende galt44 • Vor allem kann das Vorgehen des Staates beim Bau der Wasserleitungen nicht mit der Einräumung einer privatrechtlichen servitus aquae ductus verglichen werden, weil die öffentlichen Wasserleitungen nicht über fremden Grund und Boden geführt wurden, sondern auf enteignetem und somit öffentlichem verliefen4s • Das senatusconsultum verwendet daher auch eine andere Terminologie als die Digestenstelle: diese bezeichnet das Zugangs recht schlicht als facultas bzw. ius 'accedendi', während jenes die Terminologie der Grunddienstbarkeiten aufgreift. In der Tat handelt es sich hier um ein zwangsweise auferlegtes Wege- und Materialtransportrecht in der von Pellnit'l,46 herausgearbeiteten Form einer LegaIservitut. Obwohl diese Legalservitut zugunsten der Werkunternehmer eingeräumt worden war, handelt es sich dabei jedoch nicht um eine staatliche Zwangsmaßnahme, die privatnützigen Zwecken diente: Die Legalservitut
43 Aus Pomp. D. 8, 4, 11, 1: 'tacita [tacite] haec iura sequuntur, ... ' kann darauf geschlossen werden, daß das Wegerecht aufgrund ergänzender Vertragsauslegung als stillschweigend vereinbartes, zum Hauptrecht akzessorisches Nebenrecht angesehen wurde; vgl. dazu auch Neraz bei Ulp. D. 8, 4, 3, 3 (zur servitus aquae haustus sc. aquae hauriendae).
44 Der Ausspruch des Pomponius (D. 8, 4, 11, 1) setzt es als feste Größe voraus und ist einem Kommentar zu den Büchern des Sabinus aus der Mitte des 1. Jahrhunderts n. ehr. entnommen, wo der Gedanke aber wohl schon im Grundtext (pr. Hs. 1 u. 2) enthalten war, vgl. R. AstolJi, I Iibri tres iuris civilis di Sabino, Padova 1983, S. 18. Auch Neraz spricht (bei Ulp. D. 8, 4, 3, 3) im dritten Buch seiner um 100 n. ehr. entstandenen membranae ein solches Zugangs recht für den Fall eines ius aquae haustus sc. aquae haurielldae zu. Quintus Mucius Scaevola handelte schon um 100 v. ehr. von einem ähnlichen 'adminiculum servitutis', D. 8, 3, 15. 45 Zur Diskussion über diesen Punkt vgl. die oben § 3 Anm. 7-9 zitierte Literatur; ich folge hier insbesondere de Robertis und Pellnitz. 46
Pellnitz, S. 88.
III. Enteignung zum Schutz der Anlagen?
97
erlaubte den Unternehmern das Überqueren des privaten Grund und Bodens nur für Reparaturen an den öffentlichen Wasserleitungen, die im öffentlichen Interesse lagen und von den Unternehmern nur ausgeführt wurden, wenn sie dafür einen Auftrag vom curator aquarum hatten.
III. Enteignung zum Schutz der Anlagen? Links und rechts der Wasserversorgungs anlagen war ein Streifen freizuhalten, um den Schutz der Anlagen zu gewähreisten47 •
1. Ausgangslage 11 v. Chr. legte der Senat fest, daß "um die Quelleinfassungen, Gewölbe und Mauem herum auf jeder Seite 15 Fuß frei sich erstrecken und um die unterirdischen Wasserkanäle und Leitungsrinnen innerhalb der Stadt und den Gebäuden, die an die Stadt angrenzen, auf jeder Seite fünf Fuß freigelassen werden sollen, so daß es nach diesem Zeitpunkt nicht erlaubt ist, an diesen Plätzen ein Monument oder Gebäude zu errichten oder Bäume zu pflanzen; ... "48. Auch die wenig ältere Wasserordnung der colonia Augusta lulia Venafrum, die als Probeordnung für wasserrechtliche Regelungen überhaupt angesehen werden kann, legte fest, daß "zur rechten und zur linken Seite dieses Wasserkanals und der Anlagen, die für die Weiterleitung des Wassers errichtet wurden, < ein Bereich von> acht Fuß frei bleiben soll, ... "49.
47 Zur Entwicklung und den Folgen eines Verstoßes gegen das Gebot unten § 4 I (S. 101-124).
48 Frontin 127, 1: '". placere circa fontes et fomices et muros utraque ex parte vacuos quinos denos pedes patere, et circa rivos qui sub terra esse1lt et specus intra urbem et extra urbem c01ltine1ltia aedificia utraque ex parte qui1los pedes vacuos reli1lqui ita ut 1Ieque monumentum in is locis lIeque aedificium post hoc tempus ponere neque conserere arbores liceret; ... '. 49 Ed. Venafr. Z. 21-23: 'Dextra sinistraque circa eum rivom circaque ea o[pera, quae eius aqu]ae ducendae causa facta sunt, octonos pedes agrum [v]acuo[m esse placet]; ".'.
7 Geißler
98
§ 3 Eigentums- und enteignungs rechtliche Fragen
In der späteren Zeit werden diese Regelungen umfassend ausgebaut; es wird genau bestimmt, was auf dem Schutzc;treifen erlaubt und was verboten istSO; die Breite des freizuhaltenden Streifens schwankt zwischen fünf Fuß in der Stadt und bis zu 15 Fuß auf dem freien Land.
2. Streitstand Nach Piccinelli liegt in den genannten Regelungen eine Enteignung der Grundeigentümer, die auf diesem Streifen nur noch heuen und ihr Vieh weiden dürfen SI. Für de Robertis handelt es sich um eine bloße Eigentumsbeschränkung durch Auferlegung einer Legalservitue2 • Da diese den Grundeigentümern jedoch durch die curatores aquarum, ein Verwaltungsorgan, aufgrund des sellatusconsultum auferlegt wird, erhält dieses Verfahren seiner Ansicht nach den Charakter einer Enteignung zum öffentlichen Nutzen s3 • Dagegen handelt es sich nach Simshäuser noch nicht um den Fall einer Enteignung im öffentlichen Interesse. Vielmehr werde in der Vorschrift nur der besondere soziale Bezug der in dem Schutzc;treifen liegenden Grundstücke deutlich. Bei der Einräumung des Schutzc;treifens gehe es um "Nutzungsbeschränkungen ", die dem Eigentümer "zur Sicherstellung einer sachgerechten
50 Vgl. Lex Quinctia de aquaeductu von 9 v. Chr., Frontin 129, 4-8. Edikt des A. Vicirius Martialis zum Schutz der Wasserleitung von Ephesus von 113/4 n. Chr., Insehr. Ephes. VII 1, 3217 b, insbes. Z. 25 ff. CIL XIII. 1623 (Lyon zur Zeit Hadrians). CTh XV 2, 1. CJ XI 43, 6, 1. XI 43, 10, 2 f. Constitutio incerti imperatoris, SEG VIII. 171 = FIRA I, Nr. 98. 51 PieeineIli, S. 36 f. 52 de Robertis, Espropriazione, S. 124, spricht von einer "limitazione al dominium per iI futuro".
53 de Robertis, Espropriazione, S. 124 (mit Anm. 5). S. 129, bezeichnet er das Vorgehen als "questa specie di espropriazione senza compenso". - Auch für Weiß ist die "Annahme eines bloßen dinglichen Rechts, nicht des Eigentums der Stadtgemeinde" insbesondere mit den Bestimmungen des Edictum Venafrano "kaum zu vereinbaren", vgl. Weiß, Rechtsschutz, SZ 45 (1925), S. 99 f. Anm. 4, ohne nähere Begründung. Vage nur von "Eigentumsbeschränkungen, die auf den magistratischen Befugnissen der curatores aquarum beruhen," spricht auch Wieacker, Rezension zu de Robertis, Espropriazione, SZ 57 (1937), 474; S. 476 zur "Rechtsgrundlage der Enteignung". (in der) Zwangsgewalt der Ämter" .
III. Enteignung zum Schutz der Anlagen?
99
und wirksamen Gefahrabwehr von den öffentlichen Wasserleitungen" auferlegt würden s4 • Scialoja SS und BonfanteS6 schließlich sprechen von der Auferlegung einer Legalservitut; ihnen schließt sich neuerdings auch Pennitz S7 an S8 • Nach ihm leiten die genannten Regelungen eine Reform des Eigentumsrechts in seiner Gesamtheit ein, wodurch die Ausübung bestimmter, an sich aus dem Eigentum folgender Rechte in einem gewissen Abstand zu den Wasserversorgungsanlagen untersagt wurdes9 •
3. Beurteilung Die Auffassungen, die eine Enteignung des Schutlstreifens annehmen, überzeugen nicht. Denn das senatuscollsultum beschränkt lediglich die Nutzungsmöglichkeiten dieses Gebietes. Von Eigentumsverlust oder gar staatlicher Einziehung des Streifens ist keine Rede. Für die Beibehaltung des Privateigentums spricht auch, daß etwa in Venafrum Unrat aus den Leitungskanälen nur dann auf dem Schutzstreifen abgelagert werden durfte, wenn zuvor der Ersatz etwa entstehenden Schadens eidlich zugesichert worden war 60 • Das Privateigentum wird nur insofern eingeschränkt, als detailliert festgelegt wird,
54
Simshäuser, S. 350.
55 V. Scialoja, Teoria della proprieta nel diritto Romano, Volume 1, Roma 1928, S. 323 f. 56 Bonfante, S. 242.
57
Pennitz, S. 76: "richtigerweise" .
Nicht eindeutig zu diesem Punkt äußert sich dagegen lVeymann, S. 47. Nach ihm ist zwar "von einem Eigentumsübergang hinsichtlich dieses Streifens an den Staat ( ... ) in den Quellen nicht die Rede", er ordnet die Vorschrift aber nicht weiter juristisch zu. 58
59 Pennitz, S. 75 f. 102. In diese Richtung wohl auch Simshäuser, S. 349, der Ouristisch allerdings unscharf) die Festlegung des Schutzstreifens zu den "mit Duldungsund Unterlassungspflichten verbundene(n) Nutzungsbeschränkungen des Grundeigentums" zählt. Daß hierin eine Enteignung im öffentlichen Sinn liegt, verneint Simshäuser, S. 350; nach ihm soll die "soziale Funktion" die für die Sicherstellung einer wirksamen Gefahrenabwehr erforderlichen "Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse rechtfertigen" . 60
Ed. Venafr. Z. 27-29.
100
§ 3 Eigentums- und enteignungs rechtliche Fragen
welche Nutzungsmöglichkeiten dem Eigentümer nunmehr zum Schutz der Wasserversorgungsanlagen verboten sind 61 • Außerdem handelt es sich lediglich darum, zukünftige Gefahrenquellen für die Wasserversorgung auszuschalten. Bäume und andere Pflanzen, die durch ihr Wurzelwerk eine wachsende Gefahr darstellen, sollen unter bestimmten Voraussetzungen beseitigt werden62 ; im übrigen wird der Schutzstreifen nicht geräumt, er darf nur zukünftig nicht weiter bebaut und bepflanzt werden 63 • Auch um Eigentumsbeschränkungen, die auf der Zwangsgewalt der Ämter beruhten64 , handelt es sich gen au genommen nicht: Zwar hatten die curalores aquaru1II dafür zu sorgen, daß die Vorschriften über den Schutzstreifen befolgt wurden 6S, doch führten sie lediglich das sellalusCo11sultu1II aus und sorgten für seine Einhaltung. Daß die curatores aquarum aus eigenem magistratischen Recht Anordnungen treffen sollten, war hier gerade nicht vorgesehen. Am besten spricht man beim Schutzstreifen von einer Legalservitut66 auf
den Grundstücken der betroffenen Grundeigentümer67 •
61
Vgl. dazu die genaue Aufzählung insbes. in der Lex Quinctia, Frontin 129, 7-9.
62
Frontin 127, 1: 'si quae nune essellt arbores intra id spatium, exeiderentur ... '.
63 Frontin 127, 1: 'neque monumentum in is loeis neque aedifieium post hoe tempus ponere lIeque eonserere arbores lieeret; ... '. 64 Vgl. de Robertis, Espropriazione, S. 124 (mit Anm. 5), und lVieaeker, Rezension zu de Robertis, Espropriazione, SZ 57 (1937), 474. 476.
65
Vgl. Frontin 127, 3. 129, 9. CTh XV 2, l.
Vergleichbar sind die Regelungen über die Bundesfernstraßen: Nach § 9 I FStrG dürfen in einem gewissen räumlichen Abstand zur Straße keine baulichen Anlagen ausgeführt werden. § 9 IX FStrG regelt, wann dem Eigentümer eine" angemessene Entschädigung in Geld" für den Verlust der Nutzungsmöglichkeitenzusteht. Interessant als Vergleich sind auch § 11 11 und IV FStrG, wonach die Eigentümer und Besitzer zur Duldung der Beseitigung sonstiger "Einrichtungen" durch die Straßenbaubehörde verpflichtet sind. Im Unterschied zum augusteischen Wasserrecht wird im FStrG das Recht zur Enteignung aber ausdrücklich genannt (§ 19 I FStrG)j diese trifft aber nur das "für die Straßenbaumaßnahmenbenötigte Grundstück" (§ 18 CI FStrG), die Randzonenwerden wie die Schutzstreifen um die römischen Wasserleitungen nicht enteignet. 66
67 In einer Digestenstelle, in der Paulus eine Rechtsauffassung von Alfenus mitteilt, hatte der Eigentümer zweier Grundstücke beim Verkauf des einen Grundstücks die auf ihm entspringende Quelle und einen Streifen von zehn Fuß um den Wasserlauf herum von der Veräußerung ausgenommen. Paulus D. 8, 3, 30 berichtet, nach Alfenus habe der Verkäufer an diesem Streifen kein Eigentum, sondern nur ein Wegerecht darüber.
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen "~Venden wir uns nun, wie versp,.ochen, der Unterhaltung der Anlagen zu, einer Angelegenheit, die eingehender Aufmerksamkeit we,.t ist, da diese Leitungen ein besonderes Zeichell für die Größe des römischen Imperium sind" 1.
Die Wasserversorgungsanlagen konnten insbesondere durch natürliche Beeinträchtigungen oder eigenmächtig handelnde Privatleute schadhaft werden 2 • Durch die Einrichtung von Schutzstreifen und Anordnungen über die Unterhaltung der Leitungen sollte dieser Gefahr entgegengewirkt werden.
I. Abstandsvorschriften Um Schädigungen der Leitungen durch Nutzungen in der Umgebung zu verhindern, wurden seit augusteischer Zeit3 um die Wasserversorgungsanlagen
1
Frontin 119, 1.
Schädigungen durch betrügerische Rohrmeister sollen hier noch nicht näher behandelt werden, dazu unten § 8 (S. 255-267). Durch ihre Handlungen wurden die Anlagen selbst idR nicht wesentlich beschädigt, da vorhandene Anschlüsse nur vorschriftswidrig offengehalten oder größere als die gewährten Anschlüsse gelegt wurden; vollkommen neue Störungen waren selten. 2
3 Derartige Schutzstreifenregelungen gab es schon vorher im griechischen Rechtskreis. In Halaisa auf Sizilien war bereits im 1. Jh. v. ehr. geregelt, daß neben dem Wasserleitungskanal ein 70 Fuß breiter Streifen frei bleiben müsse, auf dem keine Feldarbeiten vorgenommen werden dürften, damit die Leitungskanäle vor Beschädigungen durch Ackerwerkzeuge geschützt seien: 'TO imo TOV 0XETOV äXQI :7rOTt TaV
xQuvav TaV • ImlQ1Qav ovx (Qya~Eiml xal :7rEQienaOlv aI/J'loEim[1 :7rO(~a~) 0' :7ravTq, Ta ~E: MV~QEa xaQ:7rEVoE[ml', IG XIV. 354, Z. 7-9. In Mytilene mußten um
102
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
herum Schutztreifen eingerichtet" und Nutzungsbeschränkungen erlassen. Wer den Schutztreifen vorschriftswidrig nutzte, wurde bestraft.
1. Edictum Augusti de aquaeductu Venafrano Die älteste römische Regelung über den Schutztreifen stammt von Augustus. Sie ist in dem Edikt enthalten, das er zwischen 18 und 11 v. ehr. für die Wasserleitung Venafrums erließs.
a) Regelungsinhalt Das Edikt legt einen acht Fuß breiten Schutztreifen fest 6 , auf dem die Kolonisten Venafrums und die für sie tätigen Unternehmer und Arbeiter ein Wegerecht hatten, um die Wasserleitung und die ihretwegen erbauten Anlagen reparieren zu können 7 • Der aus den Anlagen entfernte Unrat durfte dort abgelagert werden, wenn zuvor der Ersatz etwa entstehenden Schadens eidlich sichergestellt worden war 8 • Dem Grundeigentümer wurden zwar keine Tätigkeiten auf diesem Streifen verboten, der Streifen mußte aber 'vacuus' bleiben, so daß jedenfalls sein Bebauen und Bepflanzen verboten war. Über eine Entschädigung für die betroffenen Grundeigentümer ist nichts gesagt. Da wei-
350 n. ehr. Bäume nahe der Wasserrinne wegen der Gefahr durch ihre Wurzeln gefällt werden, IG XII 2. Z. 4. und XII Supp!. Nr. 4. dazu R. Koerner. Zu Recht und Verwaltung der griechischen Wasserversorgung nach den Inschriften. ArchPF 22/23 (1974). 155-202. S. 178 f. 4
Zur rechtlichen Qualifizierung der Festlegung oben § 3 III 2-3 (S. 98-100).
Zur Datierung des Edikts auf die Zeit zwischen 18 und 11 v. ehr. oben § 3 Anm. 28. Allgemein auch G. Radke. Art. "Venafrum". RE VIII A 1. Sp. 668-670. Sp. 669. S
6 Ed. Venafr. Z. 21-23: 'Dextra sinistraque circa eum rivom circaque ea ofpera, quae eius aqu]ae ducendae causa facta sunt, octonos pedes agrum [v]acuo[m esse placet]; .. .'. Vg!. eIL X. 4843 (cippus der Wasserleitung).
7
Ed. Venafr. Z. 23-27.
Ed. Venafr. Z. 27-29: .... quaeque inde exempta erunt, quam maxime aequaliter dextra sinistraque p(edes) VIII iacere, dum ob eas res damn[i] infecti iurato promittatur' . Diese Vorschrift soll nach lVeymann. S. 44 Anm. 1. Allgemeingültigkeit auch in anderen Wasserordnungen gehabt haben. doch entbehrt diese Behauptung jeder Grundlage in den Quellen. 8
I. Abstandsvorschriften
103
tergehende Regelungen nicht für erforderlich gehalten wurden, kann man davon ausgehen, daß der Eigentümer sonst alles tun konnte, solange der Streifen nur 'vacuus' blieb.
b) Folge bei Verstoß gegen die Anordnung Ob das Edictum Augusti de aquaeductu Venafrano Verstöße gegen diese Regelungen ahndete, ist zweifelhaft; es ist nur unvollständig überliefert9 • Eine Stelle, wonach unter bestimmten Voraussetzungen eine nrulta von 10.000 sestertii verhängt werden kann 1o, könnte sich auf die Verletzung des Schutzstreifens beziehen. Das Strafmaß hält sich im Rahmen dessen, was damals üblicherweise für Zuwiderhandlungen im Schutzstreifen angedroht wurde ll • Der gen aue Tatbestand, auf den sich diese Strafe bezieht, ist jedoch nicht erhalten. Wahrscheinlich handelte es sich um eine einheitliche Strafdrohung für alle denkbaren Zuwiderhandlungen gegen wasserrechtliche Bestimmungen, zumal das Edictum Venafrano im Gegensatz zu den anderen wasserrechtlichen Regelungen keine Vorschrift enthält, die den Grundstückseigentümern die Ausübung bestimmter Tätigkeiten verbot. Die Strafvorschrift des Edictum Venafrano war dann auch auf Verstöße gegen die Pflicht zur Freihaltung des Schutzstreifens anzuwenden.
2. Senatusconsultum de aquaeductibus von 11 v. ehr. Für Rom selbst erging 11 v. ehr. im Zuge der Organisation der staatlichen Wasserversorgung in einem Senatsbeschluß eine entsprechende Regelung.
Zu den Fragmenten eIL X. 4842. Ed. Venafr. Z. 64 ff. Das Ed. Venafr. gebraucht zwar den Ausdruck 'multa' nicht, bei dem hier vorgesehenen gerichtlichen Verfahren kann es sich jedoch nur um die Verhängung einer Mult gehandelt haben, vgl. dazu Weiß. Rechtsschutz. SZ 45 (1925). 106 mit Anm. 4. und Hinker, S. 184-186. Zur Verhängung von Multen im Recuperatorenverfahren auch W. Hellebrand. Art. "multa" • RE Supp!. VI, Sp. 542-555, Sp. 5499
10
55!. 11
Vg!. dazu gleich unten § 4 I 2 und 3 (S. 103-109).
104
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
a) Regelungsinhalt In dem senatusconsultum wurde bestimmt, "daß um die Quelleinfassungen, Gewölbe und Mauem herum auf jeder Seite 15 Fuß sich frei erstrecken, und daß um die unterirdischen Wasserkanäle und Leitungsrinnen innerhalb der Stadt und den Gebäuden, die an die Stadt angrenzen, auf jeder Seite fünf Fuß freigelassen werden sollen, so daß es nach diesem Zeitpunkt (i.e. nach Erlaß des sellatuscollsultum) nicht erlaubt ist, an diesen Plätzen ein Monument oder Gebäude zu errichten oder Bäume zu pflanzen; ... "12. Während das Edictum Vellafrano einheitlich einen acht Fuß breiten Schutzstreifen festlegt, wird in dem nur wenig jüngeren stadtrömischen Senatsbeschluß also nach Streckenabschnitten differennert: die Überlandstrecken hatten beidseitig einen Schutzbereich von 15 Fuß, innerhalb der Stadt und in den Vorstädten waren nur je fünf Fuß freizuhalten. Die Überlandleitungen wurden nämlich durch landwirtschaftliche Nutzungen stark in Mitleidenschaft gezogen, ihre Mauem und Leitungskanäle waren insbesondere vor eindringenden Wurzeln zu schützen. In der Stadt dagegen war nicht so viel Platz vorhanden13 • Außerdem war es nicht erforderlich, innerhalb der Stadt 15 Fuß freizuhalten, da es hier hauptsächlich darum ging, die städtischen Verteilungsrohre zu schützen: diese waren vor Beschädigungen schon dadurch geschützt, daß sie unterirdisch verliefen 14 • Die Gefahr von eindringendem Wurzelwerk bestand hier weniger, da auf größere Grünanlagen außerhalb der Parks vernchtet werden mußtel~. In der Stadt und im letzten Abschnitt vor der Stadt wurden die Leitungen ohnehin verstärkt gewartet, da sie wegen der verwendeten
12 Frontin 127, 1: ' ... placere circa fontes et fornices et muros utraque ex parte vacuos quinos denos pedes patere, et circa rivos, qui sub terra essellt et specus illtra urbem et extra urbem continentia aedificia utraque ex parte quinos pedes vacuos relinqui ita ut neque monumentum in is locis neque aedificium post hoc tempus pOliere neque conserere arbores liceret; ... '. 13 Zum chronischen Platzmangel in Rom vgl. z.B. die Straßenszene bei luv. III 243248. Carcopino, Rom, S. 39 f. 75 ff. Paoli, S. 61 ff., insbes. S. 65 f.
Frontin 127, 1: 'rivos, qui sub terra essent et specus .. .'. 13 Sieht man von den Parks ab, die sich aber vor allem um die Stadt herum im Gebiet zwischen der alten Mauer des Servius Tullius und der späteren Mauer Aurelians erstreckten. 14
I. Abstandsvorschriften
105
Bogenkonstruktion besonderes störanfällig waren 16 , so daß derartige Beeinträchtigungen dort früh erkannt und behoben werden konnten. Außerdem bestimmt das Edictum Venafrano nur, der Schutzbereich habe 'vacuus' zu sein 17 , während der Senatsbeschluß genau anordnet, weIche Verhaltensweisen dort verboten waren. Diese Präzisierung auf ein Bau- und Baumpflanzverbot13 könnte eine Reaktion auf Erfahrungen aus Venafrum sein, aber auch schlicht einer Tendenz zur Intensivierung der Verwaltung entspringen. Zudem sorgte die genauere Formulierung für Rechtssicherheit und erleichterte den hiermit befaßten 19 curatores aquarum die Entscheidung, ob ein bestimmtes Verhalten gegen die Schutzzonenbestimmung verstieß oder nicht.
b) Folge von Zuwiderhandlungen Im Gegensatz zum Edictum Vellafrano ordnete das senatuscollsultum ausdrücklich eine Strafe an. "Wenn jemand gegen diese Anordnung verstößt, soll seine Strafe für jeden einzelnen Verstoß 10.000 sestertii betragen, von denen die Hälfte dem Ankläger als Belohnung gegeben werden soll, durch dessen Bemühen derjenige, der gegen dieses senatusconsultum verstoßen hat, hauptsächlich überführt wurde, die andere Hälfte jedoch soll für das aerarium eingezogen werden "20.
Abgesehen von der Anklägerbelohnung unterscheidet sich das senatusconsultum de aquaeductibus auch darin vom Edictum Vellafrano, daß dieses allenfalls eine 'multa'21, jenes dagegen eine 'poena' von 10.000 sestertii für Verletzun-
16 Frontin 124, 1. 2. Auf die Berücksichtigung besonderer Umstände bei der Festsetzung der Breite des Schutzstreifens weist auch Weymann, S. 49 f. hin. 17
Ed. Venafr. Z. 22 f.: 'octonos pedes agrum [v]acuo[m esse placet]'.
Frontin 127, 1: 'ut neque mOllumentum ill is locis neque aedificium post hoc tempus ponere neque conserere arbores liceret; ... '. 18
19
Frontin 127, 3: 'deque ea re iudicarent cognoscerentque curatores aquarum'.
Frontin 127, 2: 'si quis adversus ea conmiserit, in singulas res poena HS dena milia essent, ex quibus pars dimidia praemium accusatori daretur, cuius opera maxime convictus esset qui adversus hoc S. C. conmisisset, pars autem dimidia in aerarium redigeretur' . 20
21
S. oben § 4 I 1 b) (S. 103, insbes. Anm. 10).
106
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
gen des Schutzstreifens in Aussicht stellt. Diese unterschiedliche Terminologie wirft die Frage auf, ob poena und multa deckungsgleich waren. Labeo, der etwa zu dieser Zeit Rechtslehrer in Rom war, sagte, "wenn etwas eine Strafe (poena) ist, ist es (gleichzeitig auch) eine Buße (multa), und wenn etwas eine Buße ist, ist es auch eine Strafe "22. Varro dagegen führt zeitgleich poena allgemein auf 'poenire' bzw. 'punire' zurück, also generell auf das Bestrafen23 • Multa nennt er die Geldbuße, die von den Magistraten ausgesprochen wird 24 : Danach war 'poena' Oberbegriff für alle Strafen unabhängig davon, ob es sich um eine Privatstrafe oder eine staatliche Sanktion handeltezs • Der Begriff 'poena' ist auch insofern weiter als 'l1lUlta', als er schließlich nicht nur finanzielle Strafen, sondern auch Leib- und Ehrenstrafen bezeichnen konnte26 • Dagegen ist 'multa' der terminus technicus für die der Gemeinde zufließende Geldbuße 27 • Der Begriff 'multa' war nach Mommsen zunächst auf die durch die Magistrate kraft ihrer Coercitionsgewalt frei verhängten Bußen beschränkt. Später wurde er auch auf diejenigen Bußen ausgedehnt, deren Höhe gesetzlich oder gerichtlich festgelegt war und nicht der Coercitionsgewalt des Magistrates entsprang28 • Auch Cicero differenziert zwischen 'poena' und 'multa'29. Nur gegen die Verhängung der 'multa' soll eine provocatio an die Magistrate möglich sein, während bei beiden die Berufung an das Volk offenstand.
22
Labeo D. 50, 16, 244: 'Si qua poena est, multa est: si qua multa est, poena est'.
23
Varro V 177: 'Poena a poeniendo aut quod post peccatum sequitur'.
Varro V 177: 'Multa a pecunia quae a magistratu dicta, ut exigi posset ob peccatum ... ' . 24
25 Ulp. D. 50, 16, 131, 1: 'Inter 'multam' autem et 'poenam' multum interest, cum poena generale sit nomen omnium delictorum coercitio, multa specialis peccati, cuius animadversio hodie pecuniaria est: .. .'. Vg!. dazu auch Mommsen, StrafR, S. 14 Anm. 2. S. 899, und W. Rein, Das Criminalrecht der Römer von Romulus bis auf Justinianus, Leipzig 1844, S. 284.
26 Ulp. D. 50, 16, 131, 1: 'poella autem non tantum pecuniaria, verum capitis et existimationis irrogari solet'. D. Liebs, Damnum, damnare und damnas, SZ 85 (1968), 173-252, S. 185. 198. Hellebrand, Art. "multa", RE Supp!. VI, Sp. 543. 27 Vg!. Th. Mommsen, Die Popularklagen, SZ 24 (1903), 1-12, S. 4 f. Ders., StrafR, S. 1012. Liebs, Damnum, SZ 85 (1968), S. 199, und Hellebrand, Art. "multa", RE Supp!. VI, Sp. 543. 28 Mommsen, StrafR, S. 1012 f. 29
eic. leg. III 3 (6).
I. Abstandsvorschriften
107
Labeos Ausspruch war also bereits zu seiner Zeit nicht korrekeo, da zwar eine 'multa' immer eine 'poena' ist, aber nicht umgekehrt. 'Multa' bezeichnete also nur diejenige Geldbuße, die an die Gemeinde zu entrichten war3!, während die Strafe, die nicht nur der Gemeinde, sondern etwa auch dem Geschädigten oder einem Dritten zufloß, 'poella' genannt wurde. Das mag hier den abweichenden Ausdruck erklären: Denn die von den curatores aquarum aufgrund des Senatsbeschlusses zu verhängende Geldstrafe floß lediglich zur Hälfte in das aerarium, während der Ankläger die andere Hälfte als Belohnung erhielt. Das senatuscollsultum de aquaeductibus hält sich also im wesentlichen an die wasserrechtliche Probeordnung des Edictum Venafrano. Bezüglich der Strafe geht es insofern pragmatischer vor, als die Beteiligung des Anklägers an der Geldstrafe einen Anreiz dafür schafft, daß Privatpersonen dieser Art von gemeinschaftsschädigenden Vergehen entgegentreten32 • Diese Beteiligung von Privatpersonen an der Strafverfolgung erleichterte den curatores aquarum und ihrem Unterpersonal die Inspektion.
3. Lex Quinctia de aquaeductu von 9 v. ehr. Zwei Jahre nach dem Senatsbeschluß nahm die Volksversammlung einen Gesetzesvorschlag an, der sich ebenfalls mit strafrechtlichen Sanktionen für Vergehen gegen die Sicherheit der stadtrömischen Wasserversorgungsanlagen beschäftigte. Es handelt sich um die nach dem Antragsteller 33 benannte Lex Quinctia de aquaeductu.
30 Vg\. später Paul. D. 50, 16, 244: 'utrumque eorum falsum est ... ', und auch Mommsen, StrafR, S. 14 Anm. 2: "Labeos verdrießliche Worte ... sind nicht ganz correct ... ". 31 Mommsell, Popularklagen, SZ 24 (1903), S. 4 f. Ders., StrafR, S. 1012, und Hellebrand, Art. "multa" , RE Supp\. VI, Sp. 543.
32 Zur dadurch erhofften öffentlichen Kontrolle durch die Bürger auch Eck, Wasserversorgung, S. 89. 33 Antragsteller war T. Quinctius Crispinus Sulpicianus, einer der consules des Jahres 9 v. Chr., vg\. Frontin 129, l. Fasti Capitolini, Index 2 zum Jahr 9 v. Chr. Sogar die Stimmreihenfolge ist erhalten, Frontin 129, 2-3.
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
108
a) Regelungsinhalt
Die Lex Quinctia schützte die Wasserversorgungsanlagen umfassend, doch interessiert hier 34 nur die Stelle, wonach für den Fall, daß eine bestimmte Zone um die Versorgungsanlagen herum als Schutzstreifen festgelegt ist, "nach Verabschiedung dieses Gesetzes keiner auf dieser Fläche etwas hinstellen, einen Bau ausführen, einen Zaun ziehen, etwas befestigen, errichten, lagern, hinlegen, pflügen, säen oder einpflanzen (soll), außer was von diesen Aktivitäten durch dieses Gesetz zum Zwecke der Instandhaltung erlaubt worden ist"35. Die curatores aquarum hatten dafür zu sorgen, daß der Schutzstreifen auch tatsächlich freigehalten wurde; um dies zu erreichen hatten sie das Recht, alle nach Ermessen erforderlichen Maßnahmen zu treffen 36 .
b) Folge bei Verstoß gegen die Anordnu1lg
Die Strafe sollte dieselbe sein wie die für unberechtigte Wasserentnahme, die die Lex Qui1lctia neu festsetzte. Unberechtigte Nutzung des Schutzstreifens wurde also nach der Lex Qui1lctia wesentlich strenger bestraft als bisher: die angedrohte Mult betrug nicht mehr 10.000 sestertii, sondern 100.000 sestertii 37 , die an das aerarium zu zahlen waren 3!. Ausgedrückt wurde das auf altertümliche Weise durch 'dare danmas esto'39, einen damals üblichen Ausdruck für die Androhung einer staatlich festzusetzenden Geldbuße40 • Die Strafe wurde in der Lex Quinctia also nicht geändert, sondern nur zur Ab-
34 Zu den Strafdrohungen bei unberechtigter Wasserentnahme unten § 6 (S. 189-224). 35 Frontin 129,7: 'si quis circa rivos ... terminatus est et erit, neve quis in eo loco post hallc legem rogatam quid obponito, molito, obsaepito, figito, statuito, pOllito, conlocato, arato, serito, neve in eum quid inmittito, praeterquam rerum taciel/darum reponendarum causa, [praeterquam 1quod hac lege licebit, oportebit'. 36
Frontin 129, 9.
37 Fro1lti1l 129, 8 iVm 4. 38
Frontin 129,4: 'is populo Romano centum milia dare damnas esto'.
39
Zum Ausdruck ausführlich Liebs, Damnum, SZ 85 (1968), S. 249 f.
Liebs, Damnum, SZ 85 (1968), S. 249 f., Mommsen, StrafR, S. 1013 f. Ders., Popularklagen, SZ 24 (1903), S. 2 mit Anm. 3. 40
I. Abstandsvorschriften
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schreckung aufgestockt. Sie entsprach nun dem Vermögen, das erforderlich war, um im census als Bürger der ersten Klasse eingestuft zu werden41 •
4. Edikt des Prokonsuls von Kleinasien Aulus Vicirius Martialis Die nächste Nachricht über eine Bestrafung von Schutzstreifenverletzungen stammt aus trajanischer Zeit, und zwar aus einem Edikt 42 des 113 / 114 n. Chr. amtierenden Prokonsuls von K1einasien, Aulus Vicirius Martialis 43 , das die Wasserversorgung der Stadt Ephesus betraf.
a) Regelungsinhalt
Anlaß für das Edikt war die Klage der beiden Aufseher der von Claudius Aristion erbauten44 ephesischen Wasserleitung4S , die Besitzer der Felder, die an die Wasserleitung angrenzten, pflügten bis an die Leitung heran, obwohl in einem Abstand von zehn Fuß nicht gepflügt werden dürfe 46 • Vicirius Martialis
41 Nach H. Mattingly, The property qualifications of the Roman cl asses , JRS 27 (1937), 99-107, S. 100 und ausführlicher S. 105, mußte vielleicht schon seit 70 v. ehr., sicher aber in augusteischer Zeit die erste Klasse über Vermögen in Höhe von mindestens 100.000sestertii verfügen. Vgl. auchRudorfJ, Lex de Magistratis Aquarum, ZgR 15 (1850), S. 231. 42 Hrsg. in: Die Inschriften von Ephesos, Teil VII, 1, hrsg. v. R. Merif, R. Merkelbach, J. Nolte, S. ~ahin, Bonn 1981, Nr. 3217 (im folgenden zitiert als Inschr. Ephes. VII 1, 3217) und in deutscher Übersetzung bei Freis, S. 143 f.
43 Aufgrund der Titulatur Trajans im Edikt (Inschr. Ephes. VII 1, 3217 b, Z. 14 f.) kann die Amtszeit von Aulus Vicirius Martialis auf das Amtsjahr 113/114 n. ehr. datiert werden, da es wegen der fehlenden Bezeichnung Trajans als 'Optimus' vor August 114 n. ehr. ergangen sein muß, W. Eck, Prokonsuln von Asia in flavisch-traianischer Zeit, ZPE 45 (1982), 139-153, S. 141 f. 44 Zu den Wasserleitungen der Stadt Ephesus W. Alzinger, Beispiele antiker Wasserversorgungsanlagen, Art. "Ephesos", in: Geschichte der Wasserversorgung, Band 2: Die Wasserversorgung antiker Städte, hrsg. Frontinus-Gesellschaft e.V., Mainz 21991, S. 180-184, und ders., Art. "Ephesos", RE Suppl. XII, Sp. 1588-1704, Sp. 1604 f.
45 Der griechische Text spricht schlicht von den Aufsehern der Wasserleitung, Inschr. Ephes. VII 1, 3217 a, Z. 3 f.: f.TlIf-lEArrrfIIV Mat'oq bzw. 3217 b, Z. 21: brtf-lEAt7t'a1 iJ(}aulJv, es scheint also in Ephesos Spezialmagistrate gegeben zu haben. 016
Inschr. Ephes. VII 1, 3217 b, Z. 3 f.
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§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
bestätigte kraft seiner magistratischen Amtsgewalt dieses Verbot, das aber, wie sich aus dem Vorangegangenen ergibt, schon vorher bestand, und bekräftigte die Breite von zehn Fuß als Schutzstreifen um die ephesische Wasserleitung herum 47 ,
Ephesus: Die Wasserleitung des Claudius Aristion Photo: G. Geißler
Eine zweite Klage wurde bereits wenig später durch die Aufseher der Wasserleitung vor Sextus Subrius Dexter Cornelius Priscus 48 , Prokonsul Klein-
47
Inschr. Ephes. VII 1, 3217 b, Z. 8 f.
Zur Zeit seines Prokonsulats von Asia Eck, Prokonsuln, ZPE 45 (1982), 140 f. Anm. 7, und B.E. Thomassoll, Laterculi praesidum, Volumen I, Göteborg 1984, Spalte 224 Nr. 109. Ein Cornelius Priscus wird auch in dem Brief Hadrians an die Ephesier aus dem Jahr 120 n. Chr. erwähnt, vgl. Syll. 833. - Eck nannte 1970 den Prokonsul noch Lucius Cornelius Priscus, vgl. W. Eck, Senatoren von Vespasian bis Hadrian, München 1970, S. 190; dagegen war nach V. Chapot, La province Romaine proconsulaire d'Asie depuis ses origines jusqu'a la fin du haut-empire, Paris 1904, S. 337, ein Sextus Cornelius Dexter (man beachte die Namensreihenfolge) lediglichprocurator der Provinz Asia; er bezieht sich hier auf CIL VIII. 8934 aus Saldae (Mauretania Sitifensis), wo der Text nur vieldeutig 'PROC- ASIAE' sagt, eine Auflösung also sowohl in procollsul als auch in procurator möglich ist, wenn auch procurator wahr48
I. Abstandsvorschriften
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asiens im Amtsjahr 120/121 n. ehr., erhoben. Dieser zitiert die von Vicirius Martialis erlassene Verordnung, allerdings ausführlicher, als sie uns im ersten Fall überliefert ist. Hier wird nicht nur das Pflugverbot im zehn Fuß breiten Schutzstreifen erwähnt, sondern es ist ein weiterer Abschnitt erhalten, wonach beim Pflanzen von Obstbäumen ein größerer Abstand als zehn Fuß einzuhalten war49 • An dem Edikt verwundert bereits, daß es vom Prokonsul von Asia erlassen wurde, obwohl Ephesus 'civitas sine foedere immunis et libera'so war, also gerade nicht der Verwaltung und Gerichtsbarkeit des Provinzstatthalters unterstandsI. Allerdings ist fraglich, inwiefern derartige Selbstverwaltungsrechte in trajanischer Zeit noch eingehalten wurden. Trajan hielt sich nicht strikt an formelle Kompetenzen, wenn es um Hilfeleistungen und darum ging, Ordnung zu schaffen s2 • Trotz formaler Freiheit war Ephesus als offizielle Residenz des StatthaltersS\ wo er sein Amt auch anzutreten hatteS4 , nie ganz von der rö-
scheinlicher ist. - Das Edikt selbst ist in diesem Punkt jedoch eindeutig, verwendet es doch sowohl für Aulus Vicirius Martialis als auch für Sextus Subrius Dexter Cornelius Priscus den griechischen Fachausdruck 'avitima-roq', also Prokonsul, Inschr. Ephes. VII 1,3217 a, Z. 2. b, Z. 19; zur Terminologie H.J. Mason, Greek terms for Roman institutions, Toronto 1974, S. 106. 49
Inschr. Ephes. VII 1, 3217 b, Z. 32-38.
so L. Bürchller, Art. "Ephesos", RE V 2, Sp. 2773-2822, Sp. 2803. Zum Ausdruck vgl. Cic. Verr. 11 (3. Buch) 6 (13) zu Sizilien: 'quillque praeterea sine foedere immulles [civitates] ac liberae .. .'. Zum Wesen der civitates sine foedere immunes et liberae J. Marquardt, Römische Staatsverwaltung, Erster Band, 21884, S. 76-80, und O. Karlowa, Römische Rechtsgeschichte, Erster Band, Leipzig 1885, S. 337 f., lezterer auch dazu, daß hier zwar eine rechtliche Selbständigkeit, aber eine faktische Abhängigkeit bestand. SI Vgl. W. T. Arnold, The Roman system of provincial administration to the accession ofConstantine the Great, Oxford 31914, S. 233, und G.H. Stevensoll, Roman provincial administration till the age of the Antonines, Oxford 1939, S. 164.
S2 Man bedenke die Tätigkeit Plinius' des Jüngeren, den Trajan 111 n. Chr. im Einvernehmen mit dem Senat als Sonderbeauftragten in die senatorische Provinz Bithynia entsandte, um die dort während der Senatsverwaltung entstandenen Mißstände zu beheben, vgl. Plin. ep. X 32, 1: ' ... te ill istam provillciam missum. quolliam multa in ea emelldanda apparuerint'; auch hier wurden die Belange von selbständigen Stadtgemeinden tangiert, vgl. Plin. ep. X 92 f. zur Einmischung in Angelegenheiten der 'civitas libera et foederata Amisenorum' . S3 Th. Mommsen, Römische Geschichte, 5. Band, Berlin 1°1927, S. 303. Nach Chapot, S. 138, befanden sich in Ephesus auch das Zentralbüro und die Provinzkasse.
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§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
mischen Zentralgewalt gelöst. Schließlich geht aus dem Edikt hervor, daß die Aufseher der Wasserleitung selbst den Prokonsul in das Verfahren eingeschaltet hatten, indem sie vor ihm Klage erhoben; jedenfalls scheinen sie in ihm die in diesem Fall am besten geeignete Stelle gesehen zu haben 55 • Wie schon angedeutet, muß bereits vor der Verordnung des Vicirius MartiaIis eine Bestimmung gegolten haben, nach der innerhalb eines Streifens von zehn Fuß links und rechts der Wasserleitung nicht gepflügt werden durfte; sonst hätten die Aufseher der Wasserleitung wohl keine Klage gegen die Besitzer der angrenzenden Grundstücke erhoben. Die rechtliche Natur dieser Bestimmung ist jedoch unklar. Denkbar ist zunächst, daß der private Stifter dieser Wasserleitung, Claudius Aristion 56, eine Benutzungsordnung aufgestellt hat. Allerdings müßten die Schutzstreifen dann in seinem Eigentum gestanden haben, da er schwerlich Vorschriften über die Nutzung fremden Bodens erlassen konnte. Bei den Schutzstreifen für die öffentlichen Wasserversorgungsanlagen war zwar der Staat auch nicht Eigentümer des betroffenen Bodens, hier konnte aber den Grundbesitzers zwangsweise eine Servitut auferlegt werden 57 • Bei der Stiftung einer Wasserleitung durch einen Privatmann, bei der keine staatliche Legitimation für die Auferlegung einer Servitut besteht, konnte das allenfalls durch Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern erzielt werden. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß auch in diesem Fall die Pflicht zur Freihaltung eines Schutzstreifens den Grundbesitzern zwangsweise durch eine Legalservitut auferlegt wurde. Das senatusconsultum de aquaeductibus von 11 v.
Vgl. auch D. Magie, Roman rule in Asia Minor to the end of the third century after Christ, Volume I, New York 1975, S. 583. 54 Vgl. Ulp. D. I, 16, 4, 5, der den Inhalt eines Reskripts Caracallas wiedergibt ('imperator noster Antoninus Augustus'). Bereits Chapot, S. 138, geht aber davon aus, daß das Reskript auf einer älteren Tradition aufbaut. 55 Ob man nach dem Satz 'volenti non fit iniuria' auch von einer Zuständigkeit ausgehen kann, ist nicht sicher. Nach Mommsen, StaatsR III 1, S. 703 f., hatten die freien Städte zwar eine eigene Administrativgewalt, bei Streitigkeiten griff aber zur Zeit des Prinzipats der proconsul von Rechts wegen ein.
56 Daß Claudius Aristion Erbauer dieser ephesischen Wasserleitung war, ergibt sich aus dem Edikt des Prokonsuls in Inschr. Ephes. VII I, 3217 a, Z. 5 f. und b, Z. 22. Zu ihm auch Plin. ep. VI 31, 3, der Claudius Aristion einen 'homo munificus' nennt, was zum Bau der Wasserleitung paßt. 57
Zur Festsetzung durch Auferlegung einer Servitut oben § 3 III 2-3 (S. 98-100).
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Chr. und die Lex Quinctia de aquaeductu von 9 v. Chr. waren reichsweite Vorbilder für die Festlegung von Schutzzonen um öffentliche Wasserleitungen und Versorgungsbauten, deren Breite nach den örtlichen Gegebenheiten variieren konnte. Mit der Widmung der Wasserleitung durch Claudius Aristion wurde das privat errichtete Bauwerk zu einer öffentlichen Wasserversorgungsanlage, auf die die Regeln über öffentliche Bauwerke anzuwenden waren. Die Festlegung auch des ephesischen SchutZ'ltreifens wird aufgrund der Reichsgesetze geschehen sein, die unabhängig davon zur Anwendung kamen, daß es sich um eine private Stiftung handelte.
b) Rechtsfolge von Verstößen
Nach dem Edikt des Prokonsuls Vicirius Martialis wurde der Verstoß gegen das Bau- und Pflanzverbot mit einer Strafe von insgesamt 25.000 de1larii geahndet, wobei die Summe zur Hälfte an die Kasse der Stadt Ephesus und im übrigen an die Kasse des Kaisers sA zu zahlen war S9 • Bemerkenswerterweise ist die zu zahlende Strafe in Denaren statt in Sesterzen angegeben. Ihre Höhe ist gegenüber der Lex Quillc1ia unverändert: die 25.000 dellarii hier entsprechen den 100.000 sestertii dort. Warum aber ist die Strafe nun in denarii ausgedrückt? Das Edikt sollte in der Provinz Asia gelten, wo viele Städte zu eigener, lokaler Kupferprägung berechtigt waren(i(). Gerade unter diesem Gesichtspunkt hätte die Bezifferung der Strafsumme in den aufgrund des Prägerechtes auch am meisten verbreiteten Kupfermünzen nahegelegen 61 • Andererseits erscheint die Berechnung der Strafe in denarii aber als sinnvoll: eine Festlegung der Geldstrafe in lokal geprägter Kupferwährung wäre unzweckmäßig gewesen, weil die Hälfte der Strafe an die kaiserliche Kasse abzuführen und somit in die Reichswährung umzurechnen war. Welche
58 Bezeichnend ist, daß hier trotz der Existenz des griechischen, äquivalenten Ausdrucks '-rapuJov' der lateinische Begriff 'rpiu)(ov' verwendet wurde. 59
Inschr. Ephes. VII 1, 3217 b, Z. 11-15.
Dazu T.R.S. Broughton, Roman Asia Minor, in: An ec~:momic survey of andent Rome, Volume IV, hrsg. v. T. Frank, Paterson, New Jersey 1959, S. 499-916, S. 886. 60
61 Kupfermünzen der Reichsprägung liefen in Asia nur in geringem Umfang um, Broughtoll, S. 886.
8 Geißler
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Schwierigkeiten die Umrechnung und der Geldwechsel von lokalen Kupfermünzen in Reichswährung zu dieser Zeit machte und wie gen au hier durch die Regierung reglementierend eingegriffen wurde, geht aus einem Brief Hadrians an die Stadt Pergamon hervor, der durch die Wechseltätigkeit der Banken veranIaßt war62 • Da Kupfermünzen aus der Reichsprägung in den Provinzen des Ostens wenig im Umlauf waren 63 , war die Bezifferung der Geldstrafe in denarii auch deshalb sinnvoll, weil dies die gebräuchlichste64 Münze der Reichsprägung war. Größere Summen wurden häufig in dieser stabilen W ährung gezahlt63 • Damit erübrigte sich die Umrechnung der an den Kaiser zu zahlenden Summe; und im Gegensatz zur Kupferprägung entsprach beim dellarius der Substanzwert dem Nominalwert 66 • Weshalb aber war die Hälfte der Strafe an die kaiserliche Kasse abzuführen? Das Edikt wurde vom Prokonsul der Provinz kraft seines magistratischen imperium erlassen. Da Asia eine senatorische Provinz war 67 , läge es zwar näher, wenn solche Einnahmen aus der Tätigkeit des Reichsbeamten dem aerarium statt dem fiscus zugute gekommen wären. Mittlerweile war aber die Bedeutung des aerarium zurückgegangen. Fronti" erwähnt zwar noch Zahlungen aus dem aerarium M , gegenüber der republikanischen Zeit ist der Umfang seiner finanziellen Leistungen jedoch wesentlich geringer geworden. Die alte Staatskasse hatte ihre Bedeutung an die kaiserliche Kasse abgegeben. Deshalb und weil die Kaiser die senatorischen Provinzen immer mehr ihrer eigenen
62 I.G.R.P. IV. 352. Hierzu und zum Versuch der Iizensierten pergamenischen Banken, für eine Abwicklung des Handels in der (örtlichen) Kupferwährung zu sorgen, ausführlich S. Bolin, State and currency in the Roman empire to 300 A.D., Upsala 1958, S. 238 ff.
63
Broughton, S. 886.
Aus dem Brief Hadrians an die Stadt Pergamon geht hervor, daß die Händler das bei ihren Geschäften eingenommene Kupfergeld sofort in Denare umwechseln ließen, die also verfügbar waren, vgl. I.G.R.P. IV. 352. 64
6S Was die Geldwechsler von Pergamon durch weitere Geldabzüge zu umgehen versuchten, vgl. I.G.R.P. IV. 352. 66
Botin, S. 236.
Dazu nur Mommsen, Geschichte V, S. 298, und W. Eck, Beförderungskriterien innerhalb der senatorischen Laufbahn, dargestellt an der Zeit von 69 bis 138 n. ehr., ANRW II I, hrsg. v. H. Temporini, Berlin, New York 1974, S. 158-228, S. 164 u.Ö. 67
68
Dazu oben § 2 II 2 a) a) (S. 77).
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Kontrolle unterwarfen 69 , erscheint es als schlüssig, wenn die Hälfte der Strafe an den Fiskus abzuführen war. Auch in den Fragen, die die an sich freien Städte angehen, konzentrierte sich die strafrechtliche Kompetenz bei der Reichsregierung; zunehmend wurden reichseinheitliche Regelungen eingeführt und die Gerichtsbarkeit den örtlichen Repräsentanten der Reichsgewalt vorbehalten. Aus hadrianischer Zeit, also kurz danach, stammt ein cippus der Wasserleitung von Grier nach Lyon. Auch hier war angeordnet, daß "niemandem das Recht zusteht, den Feldstreifen, der zum Schutz der Wasserleitung bestimmt ist, zu pflügen, darauf zu säen oder ihn zu bepflanzen "70. Eine Strafe für Verstöße ist auf dem cipuus allerdings nicht genannt.
s. Cfh XV 2,
1
Eine Regelung über die Schutzstreifen längs der Wasserleitungen findet sich dann erst wieder in einem Gesetz Constantins I. vom 18. Mai 330 n. ehr., das an den damaligen consularis aquarum Maximilian71 gerichtet ist.
a) Regelungsinhalt Gegenüber den vorangegangenen Regelungen dieser Materie, die teilweise sehr detailliert waren 72 , fällt die Konstitution durch ihre Kürze in diesem Punkt auf. Sie besagt lediglich, daß "diejenigen, durch deren Grundstücke eine Wasserleitung verläuft, wissen (sollen), daß sie fünfzehn Fuß rechts und links
69 Seit Claudius und insbesondere Vespasian wurden auch die senatorischen Provinzen in zunehmendem Maß durch den Kaiser kontrolliert, dazu Magie, S. 568 f.
70 CIL XIII. 1623: ' ... -NEMINI ARANDI-SERENDI-PANGENDlVE-IVS ESTINTRA-m SPATlVM AGRI QVOD TVTELAE DVCTVS DESTINATVM EST'. Einige weitere munizipale Beispiele nennt Eck, Wasserversorgung, S. 91 f. 71 Zu ihm und der Bezeichnung consularis aquarum zur fraglichen Zeit § 2 11 1 b) a) (S. 61 f. mit Anm. 154). 72
Insbesondere die Lex Quinctia de aquaeductu ist sehr ausführlich, oben § 4 I 3 (S.
107 ff.).
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§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
des Kanals keine Bäume haben dürfen; ... "73; das Büro des consularis aquarum 74 soll dafür sorgen, daß das eingehalten wird. Auffällig ist, daß das Baumverbot längs der Wasserleitung den Grundstückseigentümern lediglich zur Kenntnis gebracht werden soll. Offenbar wurde keine neue Regelung beabsichtigt, sondern nur der zuständige Leiter der Wasserbehörde ermahnt, die Grundbesitzer an die Rechtslage zu erinnern 73 •
b) Folge eitles Verstoßes Das Gesetz drohte den Grundbesitzern keine Strafe an, was aus dem Zusammenhang verständlich wird. Adressat der Konstitution ist der cotlsularis aquarum, der als der zuständige Beamte der Wasserbehörde seit Gründung des Amtes für die Einhaltung des Pflanzverbotes längs der Wasserleitung zu sorgen hatte76 • Der Passus, der auf das Pflanzverbot im Schutzstreifen eingeht, ist lediglich ein Zusatz77 , den Constantin der Vollständigkeit halber einer Neuerung7! anfügte. Außerdem brauchte die Strafdrohung dem consularis aquarum in constantinischer Zeit gar nicht mehr bekannt zu sein. Im Unterschied zum Prinzipat urteilte bei Verletzung des Schutzstreifens nicht mehr der Leiter der Wasserbehörde79 , sondern der praefectus praetorio, wenn die Übertretung außer-
73 CTh XV 2, 1: 'Praeterea scire eos oportet, per quorum praedia ductus commeat, ut dextra laevaque de ipsis formis quindecim pedibus intermissis arbores habeant; ... '.
74 Zum Bezeichnungswandel von tuo officio in CTh XV 2, 1 zu officio iudicis in CJ XI 43, 1, 2 sofort unten. 75 Sonst wäre der Wortlaut ein anderer gewesen, und die Konstitution häUe diese Regelung mit 'decernimus' oder 'sancimus' eingeleitet, aber nicht mit 'scire oportet'. 76 Vgl. oben § 2 11 1 b) ~) (S. 66 f.); bereits das senatusconsultum von 11 v. Chr. legte diese Verpflichtung dem curator aquarum auf, dazu § 4 I 2 (S. 103-105).
n Schon das einleitende 'Praeterea ... ' läßt den Satz gewissermaßen als Nachklapp erscheinen. 78 Nämlich die als Ausgleich für die Auferlegung der Säuberungspflicht gewährte Immunität von den extraordinaria onera und die Drohung mit der Konfiskation der Grundstücke der Eigentümer, die ihrer Säuberungs pflicht nicht nachkamen, vgl. CTh XV 2, 1 und unten § 4 III 1 c) und d) (S. 133-135). 79 Für die Zuständigkeit im Prinzipat vgl. Frontin 127, 3: 'deque ea re iudicarent curatores aquarum' .
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halb der Städte Rom und Konstantinopel begangen wurde80 , innerhalb dieser Städte der praefectus urbis81 • Für die Bediensteten der Wasserbehörde war deshalb nur erforderlich zu wissen, daß der Kaiser von ihnen die Erinnerung der Grundeigentümer an das Pflanzverbot längs der Wasserleitung erwartete. Als offensichtlich bewährte Regelung übernahmen die Kompilatoren des Codex lustinianus dieses Gesetz Constantins nahezu wörtlich82 • Allerdings hatte jetzt der iudex, also der jeweilige Provinzstatthalter, die Einhaltung des Pflanzverbotes zu überwachen 83 • Ob dieser Aufgabenverlust des consularis aquarum den weiteren Bedeutungsverlust der alten Wasserbehörde offenbarte oder ob die Änderung des Gesetzeswortlauts nur den Sinn hatte, die Terminologie den Verhältnissen in den Provinzen anzupassen, kann hier offen bleiben.
6. CJ XI 43, 6, 1 Hundert Jahre später, zwischen 439 und 441 n. Chr. 84, erließ Theodosius 11. ein weiteres Schutzgesetz.
a) Regelungsinhalt Er verordnete, "daß die Rinne einer öffentlichen Wasserleitung innerhalb von zehn Fuß durch keinerlei Bäume eingeengt, sondern zu jeder Seite ein
80 Enßlin, Art. "praefectus praetorio", RE XXII 2, Sp. 2456 f., zur Verantwortung des praefectus praetorio für die öffentlichen Bauten außerhalb der Hauptstädte. Dazu auch oben § 2 11 1 b) a) (S. 63 Anm. 159 ff.) und unten § 6 I 9 (S. 200-202). 81 Vgl. Sachers, Art. "praefectus urbi", RE XXII 2, Sp. 2528, und Chastagnol, S. 358. Zu seiner These, S. 359, CTh XV 2, 8, an den praefectus praetorio gerichtet, zeige, daß dieser die Arbeit des praefectus urbis und des consularis aquarum überwachte, ist so wohl nicht haltbar, dazu unten § 6 I 9 (S. 200-202). 82 CJ XI 43, 1. 83
CJ XI 43, 1, 2: ' ... observante officio iudicis, ut ... excidantur .. .'.
Nach O. Seeck, Regesten der Kaiser und Päpste für die Jahre 311 bis 476 n. Chr., Stuttgart 1919, S. 475, war der Adressat der Konstitution, Cyrus, jedenfalls zwischen dem 6. Dezember 439 und dem 18. August 441 praefectus praetorio Orielltis. Vgl. auch Martindale, PLRE 11, v. "FI. Taurus Seleucus Cyrus 7", S. 336-339, 337 f. u. 1250. 84
118
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Raum von zehn Fuß frei und unbenutzt bewahrt werden soll "83. Auch diese Konstitution besticht durch ihre Kürze. Schon die Formulierung 'sancimus' deutet darauf hin, daß nicht nur eine bestehende Regelung neu bekannt gemacht, sondern etwas Neues bestimmt wurde. So erklärt sich die auf Reichsebene erstmalige Festsetzung eines zehn Fuß breiten Schutzstreifens um die Wasserkanäle. Während das senatusconsultum de aquaeductibus von 11 v. Chr. bei der Festlegung der Breite des freizuhaltenden Streifens von fünf oder fünfzehn Fuß noch zwischen den extra- und intraurbanen Leitungsstrecken differenzierte86 und Constantin dem Inhalt seiner Konstitution nach eher auf ländliche Grundstücke abzielte8?, wird hier keine derartige Unterscheidung mehr getroffen.
b) Rechts/olge eines Verstoßes Ebenso wie das hundert Jahre ältere Gesetz Constantins enthält auch dieses keine Regelung über die Folgen eines Verstoßes. Seit der Lex Quinctia von 9 v. Chr. hatte es keine reichsrechtliche Vorschrift über das Strafmaß bei Verletzung des Schutzstreifens gegeben. Daß die im 6. sellatuscollsultum von 11 v. Chr. aa und in der Lex Quinctia von 9 v. Chr. 89 angeordneten Strafen in Höhe von 10.000 bzw. 100.000 sestertii gegolten hätten, ist wenig wahrscheinlich. Diese Regelungen waren bereits 450 Jahre alt, und Sesterzen gab es seit der Münzreform Dioc1etians90 nicht mehr.
85 CJ XI 43, 6, 1: 'Super his sancimus sulcum publicum aquarum nullis intra decem pedes arboribus coartari, sed ex utroque latere decempedale spatium integrum illibatumque servari'.
86
Frontin 127, 1.
87 Vgl. die Formulierungen 'possessores, per quorum fines ... ' und ii, 'per quorum praedia .. .' in CTh XV 2, 1. 88
Frontin 127, 1. 2. Dazu oben § 4 I 2 (S. 103-107).
89
Frontin 129, 7. 8 iVm 4 und oben § 4 I 3 (S. 107-109).
Nach D.R. Sear, Roman coins and their values, London 21974, S. 290, wurden die neuen Kupfermünze 295/6 n. Chr. eingeführt; die ganze Münzreform zog sich von 286 bis 296 n. Chr. hin. Vgl. auch C.H.V. Sutherland, Flexibility in the 'reformed' coinage of Diocletian, Essays in Roman Coinage presented to Harold Mattingly, hrsg. v. R.A.G. Carson und C.V.H. Sutherland, London 1956, S. 174-189. 90
I. Abstandsvorschriften
119
Zu erwägen ist, ob die Sanktion des principium derselben Konstitution hier angewendet werden soHte. Danach traf denjenigen eine Strafe von 100 Pfund Gold, der versuchte, vom zuständigen officium ein Wasserleitungsrecht aus einer bestimmten Wasserleitung für Konstantinopel zu erbitten91 , die nach dem Willen der Kaiser nur "den Annehmlichkeiten unseres Palastes, der öffentlichen Thermen und der Nymphäen"92 dienen sollte. Gegen die Heranziehung dieser Sanktion auch in unserem Fall der Schut7litreifenverletzung spricht jedoch die Systematik des Gesetzes. Cl XI 43, 6 pr. betrifft nur die Nutzung des Wassers dieser einen Wasserleitung Konstantinopelg93, an der alle privaten Wasserrechte aufgehoben wurden94 • Erst danach regelt § 1 etwas anderes, nämlich die Breite des Schut7litreifens95 • Ein Verstoß dagegen ist mit der Wasserableitung im Unrechtsgehalt nicht vergleichbar. Wer den Schutzstreifen nicht respektierte, beeinträchtigte die Wasserversorgung nur indirekt, während bei Erschleichung eines Wasserleitungsrechts eine Beeinträchtigung sicher war; die zur Verteilung verfügbare Wassermenge wurde auf jeden FaH geschmälert. Auch nach der Konstitution Theodosius 11. ist also keine Sanktion für Verletzungen des Schut7litreifens bekannt.
7. CJ XI 43, 10, 2 f. Eine Strafdrohung findet sich aber in einer Konstitution Zenos, die zwischen 474 und 491 n. ehr. ergangen ist. Was das Baumpflanzverbot im Schut7litrei-
91 Dieselbe Strafe traf das ojJieium, wenn es dem Gesuch nachgekommen war, CJ XI 43, 6 pr. a.E. und unten § 8 I 6 (S. 262), insbes. § 8 11 1 (S. 263-265). 92 CJ XI 43, 6 pr.: '... maluimus etenim praedictum aquaedllctum nostri palatii publiearum thermarum ae nymphaeorum eommoditatibus inservire'.
93 Hier wird es sich wahrscheinlich um die heute als "Aquädukt des Valens" bezeichnete Wasserleitung gehandelt haben, die von Valens lediglich repariert, aber bereits von Hadrian erbaut wurde, was die Bezeichnung 'aquaeduetus Hadriani' in CJ XI 43, 6 pr. erklären würde; allg. Thierry, Art. "Aquaeductus 111", Daremberg/Saglio 1/1, S. 343, und Iones, Empire 11, S. 695. 94
CJ XI 43,6 pr.: 'Omnis servitus aquarum ... pellitus exprobretur: .. .'.
Darauf deutet bereits das CJ XI 43, 6, 1 einleitende 'Super his sancimus ... ' hin. Außerdem galt § 1 wohl nicht nur für die hadrianische Wasserleitung, sondern allgemein; sonst wäre wohl wieder durch die Wortwahl (bspw. 'suleum illum') auf die schon oben genannte Wasserleitung Bezug genommen worden. 95
120
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
fen angeht, nimmt der Kaiser auf die bisher behandelten Konstitutionen Bezug96 • Er geht aber insofern darüber hinaus, als er einen Verstoß mit Strafe bedroht.
a) Regelungsinhalt Wie die bisherigen spätantiken Konstitutionen legt auch Zeno zunächst nur vage fest, daß "in Zukunft nicht von irgendjemandem in der Nähe der Wasserleitungen irgendwelche Bäume gepflanzt werden können "97. Den unbestimmten Begriff "in der Nähe der Wasserleitungen" präzisiert die Konstitution nicht. Doch kann hierfür wohl auf die bisherige Breite des Schutzstreifens zurückgegriffen werden, also auf einen Streifen von zehn, allenfalls fünfzehn Fuß. Zeno sagt ausdrücklich, Wurzeln könnten sonst die Wasserleitungen beschädigen98 •
b) Rechtsfolge bei Verletzung des Schutzstreifens Pflanzt jemand "der Wasserleitung schädliche Bäume", so wird sein "nahe der Wasserleitung gelegenes" Grundstück konfisziert99 • Die Drohung konnte sich auf ganze vorstädtische Landgüter, Bäder, Wassermühlen und Gärten erstrecken, die an die Wasserleitung grenzten IClO • Diese Rechtsfolge ist ungeschickt formuliert 101 , nämlich auf zweierlei Art. Zunächst ist nur die Rede davon, daß das betroffene Grundstück der proscriptio 102 unterliegtl03, so daß noch offen ist, ob zugunsten des aerarium oder
CJ XI 43, 10, 2: 'quod antiquis etiam constitutionibus interdictum esse digllosci-
96
tur' .
97 CJ XI 43, 10, 2: ' ... ne in posterum a quolibet iuxta eosdem aquaeductus plantari qualescumque arbores possint, ... '. 98
CJ XI 43, 10, 2: ' ... ne ex stirpibus iabefactentur pa rietes aquaeductuum, .. .'.
99
CJ XI 43, 10, 3: ' ... qui plantavit arbores aquaeductibus noxias, ... , proscriptionis
tituio subiacebit et fisci viribus vindicabitur: ... '. 100 CJ XI 43, 10, 3.
101 H. Seidel, Die Konfiskationen des römischen Rechts, Göttingen 1955, S. 26, spricht für die die Zeit des Dominats sogar von der "verworrenen Terminologie der Kaiserzeit" . 102
CJ XI 43, 10, 3: ' ... proscriptio tituio subiacebit .. .'.
I. Abstandsvorschriften
121
des fiscus. Durch einen Nachsatz wird geklärt lO4 , daß der Erlös an den Fiskus fälltlU1 • Beim Geld wollte der Kaiser offenbar keine Unsicherheit aufkommen lassen und sicherte die zu erwartenden Gelder dem fiscus ausdrücklich lO6 • Schließlich ist zweierlei hervorzuheben: Erstens wird zwischen honestiores und humiliores nicht unterschieden; der soziale Stand des von der Konfiskation betroffenen Grundeigentümers ist gleichgültig07 • Außerdem wurde untersagt, die Konfiskation des Grundbesitzes durch Gesuche an den Kaiser abzuwenden. Nicht einmal durch kaiserliches Reskript sollte Gnade gewährt werden können. Die Oberschicht, die hauptsächlich von der Konfiskation betroffen gewesen sein wird, hatte es mit der Einhaltung kaiserlicher Verordnungen nie besonders genau genommen und wird auch weiterhin versucht haben, aufgrund persönlichen oder familiären Einflusses ein kaiserliches Pardon zu erreichen, was verhindert werden sollte.
103 Nach Seidel, Konfiskationen, S. 23. 26, deutet die Verwendung des Begriffs proseriptio auf "schlimme Auswüchse unter den Diktatoren hin" und auf "die rücksichtslose Handhabung der Vermögenseinziehung" in der absoluten Kaiserzeit. 104 Das aerarium war mittlerweile zu einer Kommunalkasse mit nur lokalen Einkünften herabgesunken, während der fiseus die Einnahmen und Aufgaben des aerarium an sich gezogen hatte; dazu Mommsen, StaatsR 11 2, S. 1013. W. Kubitsehek, Art. "aerarium", RE 11, Sp. 667-671, Sp. 670, und S. v.Balla, Die Entwicklung des Fiskus zum Privatrechtssubjekt mit Beiträgen zur Lehre vom aerarium, Prag 1938, S. 76 f.
lOS
Cl XI 43, 10, 3: ' ... et fisei viribus vindieabitur: ... '.
Der Ausdruck 'fisea vindieare' wird nach der Einrichtung desfiseus als besonderer kaiserlicher Kasse durch Augustus von den Juristen nur noch technisch als Einziehung für diese kaiserliche Kasse verwendet und bezeichnet nicht mehr die Einzahlung des bei der öffentlichen Versteigerung des eingezogenen Gutes erzielten Erlöses in denfiseus, den Korb aus Rutengeflecht, wie in der republikanischen Umgangssprache, dazu Seidel, S. 23. Zur kaiserzeitlichen TerminologiePap. bei Mareian D. 48, 17, 1,4. Pap. bei Mareian D. 48, 21, 3 pr. PS V 17, 19 (nach der Zählung der Neupalingenesie der pseudopaulinischen Sentenzen durch D. Liebs, Römische Jurisprudenz in Africa, Berlin 1993, S. 121 ff; nach alter Zählung PS V 12, 12) und öfter, sowie Seidel, S. 24. 106
107 Vgl. Cl XI 43, 10, 3: ' ... ad quemeumque pertineat loeum vel homillem vel domum ... '.
122
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
Zeno verschärfte also die früheren Regelungen und unternahm den Versuch, die ausnahmslose Einhaltung seiner Verordnung im Wege der Selbstbindung der Verwaltung zu sichern lO8 •
8. Constitutio incerti imperatoris de aquaeductu Den Abschluß bildet eine Bestimmung, die wahrscheinlich aus dem 6. lh. n. Chr. stammt lO9 • Sie ist in einem Edikt des silentarius F1avius Aeneas erhalten, durch das dieser den Grundbesitzern eine kaiserliche Anordnung bekanntmachte llo .
a) Regelungsinhalt
Der Kaiser, möglicherweise lustinian111 , ordnete an, "daß es keinem erlaubt sein soll, innerhalb von fünfzehn Fuß zu beiden Seiten der Wasserleitung entgegen den kaiserlichen Konstitutionen im innerhalb gelegenen Bereich zu pflanzen oder zu säen "112. Damit jeder sich über die Länge eines Fußes Ge-
I~ Die Konstitution wurde dem Inhalt und größtenteils auch dem Wortlaut nach in die Basiliken, die Rechtssammlung des 9. I 10. Jhs., aufgenommen, vgl. Basilicorum tiber LVIII 29, 2. Zu den Basiliken N. van der WallJ .H.A. Lokin, Historiae iuris graecoromani detineatio, Groningen 1985, S. 81-86, und P.E. Pie/er, Byzantinische Rechtsliteratur, in: H. Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner, 2. Bd, München 1978, S. 341-480, S. 452-457. 109 SEG VIII. 171, veröffentlicht und kurz kommentiert bei M. Amelotti, Costituzione in tema di acquedotto, in: Le costituzione Giustinianee nei papiri e nelle epigrafi, hrsg. v. M. Amelotti und L. Migliardi Zingale, Milano 21985, Nr. 8, sowie in FlRA I, hrsg. v. S. Riccobono, Fontes iuris Romani anteiustiniani, pars prima, Florentiae 21941, Nr. 98. 110
Vgl. Amelotti, Nr. 8, S. 113.
m Riccobono, FlRA I, S. 468, und Amelotti, S. 113. m SEG VIII. 171, Z. 5-11, und die lateinische Fassung Riccobonos FIRA I, Nr. 98: '6€aniTr'lq ... E{JEG1rlG€V p,r, E~€ivai -rIV€I ano I€' no(6t17V) E~ Exa-rEpOV p,i.povq -rou MpaY(J)yiov xa-ru -ruq itiaq 6Ia-ra~lq bd -ru EGW!lEp'l GniplV ;; tpOI'f€VEIV' - '(dominus
... sanxit) ne cui liceat intra quindecim pedes ex utroque latere aquaeductus secundum divinas constitutiones in interioribus partes serere nec seminare; ... '.
I. Abstandsvorschriften
123
wißheit verschaffen konnte, ließ der silentarius unter der öffentlich aufgestellten Strafdrohung ein Fußmaß in die Inschrift einmeißeln. Der Schutzstreifen ist also wieder breiter geworden; fünfzehn Fuß gab es schon bei Constantin und im 500 Jahre älteren senatuscollsultum de aquaeductibus von 11 v. Chr. Im Unterschied zu dessen differenzierender Regelung wird hier jedoch, wie in der Spätantike überhaupt, ein einheitlicher Abstand für intra- und extraurbane Leitungsabschnitte festgesetzt. Während in der frühen Kaiserzeit die städtische Bevölkerungsdichte eine größere Schutzzone um die städtischen Leitungsteile verhinderte, gab es in der Spätantike anscheinend mehr Platz; die Bevölkerung in den Städten scheint abgenommen zu haben 113 • Auch die innerstädtischen Leitungsabschnitte führten nun wohl seltener durch dichte Bebauung.
b) Rechtsfolge bei Nichteinhaltung
Von besonderem Interesse ist die Konstitution wegen der Folgen eines Verstoßes. Denn wer innerhalb des fünfzehn Fuß breiten Streifens pflanzt oder sät, soll gezwungen sein, "daß er die Kapitalstrafe auf sich nimmt", sein Grundstück wird publiziert l14 • Bei der Einziehung des Grundstückes folgt die Konstitution der oben behandelten Konstitution Zenos. Einzigartig ist aber die Androhung der Kapitalstrafe (xfl{JaAIX~V •.• T1lllupiav) für den Fall der Zuwiderhandlung im Schutzbereich. Der entsprechende lateinische Begriff, poena capitalis, bezeichnete nicht nur die einfache oder verschärfte Todesstrafe, sondern umfaßte auch den Verlust der Freiheit und des Bürgerrechts 1lS ; auch in justinianischer Zeit wurde er in
113 Zur Abnahme der städtischen Oberschicht wegen der Belastung durch den Kurialdienst G. Allöldy, Römische Sozialgeschichte, Wiesbaden 31984, S. 166.
114 SEG VIII. 171, Z.11-15: 'EJ M 'Clq 'CoU'Co fmXlp~a~ lrol~aat, x€",aÄlx~v IinollEVI 'Clllwpiav xat 'Co x'C~lla ab'Cou li"ll€v€'C€'. - ' ... si quis id laeere eonatus erit, poenam
eapitalem subit et fundus eius publicatur', so Riceobonos lateinische Fassung, FIRA I, Nr. 98.
1lS mp. D. 48, 19, 2 pr.: 'Rei eapitalis damnatum sie aeeipere debemus, ex qua causa damnato vel mors vel etiam eivitatis amissio vel servitus eontingit'. Vgl. auch Ulp. D. 2, 11,4 pr. Paul. D. 48, 1,2. African. D. 37, 1, 13. Terellt. Clemens. D. 37, 14, 10. Callist. D. 48, 19, 28 pr.
124
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
diesem umfassenden Sinn verstanden 1l6 • In der hier fraglichen Zeit kamen als Kapitalstrafen also einfache und geschärfte Todesstrafe, geschärfte Verbannung (deportatio) und Bergwerksarbeit in Betracht. Die gen aue Strafe wird nicht genannt. Eine Erklärung für diese drastische Strafschärfung könnte die chronische Geldknappheit des Reiches gewesen sein. Weder die Städte noch der Kaiser konnten sich in der Spätantike die Reparatur von Leitungen leisten, die durch sorgloses Verhalten der Anlieger brüchig geworden waren 117 • Einmal verfallene Versorgungsleitungen wurden aufgegeben. Infolge mangelhafter Versorgung sank die städtische Bevölkerungszahl , die Städte wurden immer anfälliger für Revolten wegen Versorgungskrisen 1l8 •
11. Schutz vor willkürlicher Beschädigung Die Wasserversorgungsanlagen waren auch vor bloßem Vandalismus zu schützen. Eine ausführliche Bestimmung hierzu gibt es für den griechischen Rechtsraum . In Rom wird die Beschädigung der Anlagen regelmäßig nur im Zusammenhang mit unberechtigter Wasserableitung erwähnt, was erst später behandelt wird 1l9 •
116 Ins!. IV 18, 2: 'capitalia dicimus, quae ultimo supplicio adficiunt vel aquae et ignis interdictione vel deportatione vel metallo'. Die aquae et igllis interdictio war zu dieser Zeit aber längst in der deportatio aufgegangen; schon Ulp. D. 48, 19, 2, 1 stellte fest, daß ' ... deportatio in locum aquae et ignis interdictionis successit, .. '. Vgl. dazu auch L.M. Hartmann, Art. "aquae et ignis interdictio", RE 11 1, Sp. 308-310, und G. Klein/eller, Art. "deportatio in insulam", RE V 1, Sp. 231-233, bes. Sp. 231, sowie Mommsen, StrafR, S. 975 Anm. I, und Rein, S. 915. 117 Prok. anek. XXVI 23 schildert zwar den baulichen Verfall, gibt die Schuld daran aber der VerschwendungssuchtJustinians, die dazu geführt haben soll, daß Gelder für Erhaltungsmaßnahmen nicht zur Verfügung standen. Diese Darstellung paßt allerdings nicht zu seinen "Bauten", in denen er berichtet, daß lustinian zahlreiche nützliche Bauwerke herstellen ließ. 118 Vgl. die verschiedenen Revolten, über die Al/öldy, Sozialgeschichte, S. 173, berichtet. 119
Dazu unten § 6 I (S. 189-206).
11. Schutz vor willkürlicher Beschädigung
125
1. Platon VOPOt VI 764 B-C Plalon geht in seinem Alterswerk, den nach seinem dritten Aufenthalt in Syrakus (361-360 v. Chr.) entstandenen VOPOllW, auf den Schutz der städtischen Wasserversorgungsanlagen vor Beschädigungen ein. Die hierfür maßgebliche Norm aus dem 6. Buch seiner VOPOI richtet sich an die aa-rvvopol und ayopavopOl und grenzt deren Zuständigkeit für die Aufsicht über die Wasserversorgungsanlagen ab. Die städtischen Brunnen am Markt, der ayopa, waren letzteren unterstellt, während den aa-rvvopol der Schutz aller anderen Wasserversorgungsanlagen oblagl21 •
Eine Strafkompetenz ist ausdrücklich nur den ayopavopol eingeräumt. Diese sind verpflichtet, für die "öffentlichen Brunnen auf der Agora Sorge zu tragen, damit niemand sie beschädigt; für den Fall, daß jemand doch die Brunnen beschädigt hat, sollen sie ihn bestrafen, einen Sklaven oder Fremden mit Schlägen und Fesselung. Wenn sich aber ein Einheimischer eines solchen Verstoßes gegen die Marktordnung schuldig gemacht hat, sollen die Marktaufseher selbst berechtigt sein, ihn aus eigener Strafgewalt mit einer Buße bis zu 100 Drachmen zu belegen und dem Täter eine bis zu doppelt so hohe Strafe aufzuerlegen, wenn sie gemeinsam mit den Stadtaufsehern entscheiden" 122. Abweichend vom Wortlaut waren wohl nicht nur die ausdrücklich erwähnten Kf>r,val, sondern auch die künstlichen Zuleitungen zu den Brunnen l23 vor Beschädigungen geschützt.
120 Zu Platons Leben und Werk H. Leisegang, Art. "Platon", RE XX 2, Sp. 23422537, zu den VOflOI als Alterswerk Platons besonders Sp. 2356. 2513 f., und W. v.Christ, Geschichte der griechischen Litteratur, Erster Teil, München 61912, S. 657715. 121 Kurz E. Klingenberg, La legge platonica sulle fontane pubbliche, in: Symposion 1974, hrsg. von A. Biscardi u.a., Köln, Wien 1979, S. 283-303, S. 285 f. Zu verschiedenen griechischen Wasserordnungen und den jeweils zuständigen Beamten Koerner, Wasserversorgung, ArchPF 22/23 (1974), S. 190 ff. 122 Platon vOfl. VI 764 b: ' ... Kp"VälV bUflEA(/ia9al TWV KaT' ayopav, ÖlrW~ fl,,6fV a61K1t fl,,6Et~, Tova6lKOWra 6f. KOAa{;ElV, lrA"yal~ flfV /Cal 6EaflOI~ 60VAOV KaI ~€VOV, loav 6' lolrlX6)PIO~ wv Tl~ lrEPI Ta TOlama aKOaflf!, fl€XPI flfV f/CaTOv 6paXflWv vOfliaflaTO~ aiJTov~ ETval f(VP;OV~ 6ta6IJCä{;OVTa~, flEXPI 6f. 6llrAaaiov TOUrOV KOlvf/ flETa aa-rVVOfl{J)V {;"fl'Oiv 6IJCä{;OVTa~ Tq, a6IKOWrI'. Zur Strafgewalt auch Klingel/berg, leg ge
platonica, Symposion 1974, hrsg. von Biscardi, S. 287 f.
123 So auch E. Klingenberg, Platons NOMOI rEOPrIKOI und das positive griechische Recht, Berlin 1976, S. 119 f.
126
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
Aufschlußreich für die Bedeutung der Wasserversorgung ist die in den VOfJOI angedrohte Rechtsfolge. Sie weicht insofern von vergleichbaren gemeinrechtlichen Regelungen ab, als nicht nur Sklaven, sondern auch Fremde, die die Versorgungsanlagen schädigten, mit Schlägen und Fesselung bestraft wurden 124 •
Z. Lex Quinctia de aquaeductu von 9 v. ehr. Aus dem römischen Wasserrecht sind keine Vorschriften überliefert, die dem Schutz der Anlagen vor Beschädigung dienten. Die Beschädigung wird nur im Zusammenhang mit der unberechtigten Wasserentnahme behandelt, so etwa in der Lex Quinctia. Danach drohte Strafe, wenn infolge des Anbohrens weniger Wasser nach Rom gelangte, was regelmäßig der Fall war12S • Der Täter hatte dem römischen Volk 100.000 sestertii zu zahlen l26 und, wenn er bei der Anbohrung vorsätzlich handelte, was kaum anders vorstellbar ist, die von ihm verursachten Schäden an der Leitung wieder auszubessern 127 • Im übrigen wird die bloße Beschädigung der Anlagen ohne weitere Ableitung des Wassers unter dem Gesichtspunkt der Beschädigung öffentlicher Sachen und öffentlichen Eigentums geahndet worden sein 123 •
III. Unterhaltung der Anlagen Zum Schutz der Anlagen erließen die Kaiser außerdem Anordnungen, die ihre unmittelbare Erhaltung und Wartung, insbesondere ihre Säuberung, befahlen. Außerdem wurden Abgaben erhoben, die für die Erhaltung der Wasserversorgungs anlagen zu verwenden waren.
124 Zu den Problemen, die diese Behandlung der Fremden im System der VOPOI aufwirft, TJ. Saunders, Plato's penal code, Oxford, New York 1994, S. 338 ff. 12S Dem Täter ging es schließlich gerade um die Wasserentnahme, weshalb diese Stelle der Lex Quinctia unten im Teil über die Sicherung der Wasserversorgung durch den Schutz der verfügbaren Wassermenge behandelt wird, unten § 6 I 6 (S. 193-196).
126 Frontin 129, 4. Nach 129, 6 traf den Eigentümer eines Sklaven, der die Wasserleitung anbohrte, dieselbe Strafe, wie wenn er es selbst getan hätte. 127 Frontin 129, 5. 128
Keine derartige Differenzierung allerdings bei Mommsen, StrafR, S. 823-825.
III. Unterhaltung der Anlagen
127
1. Pflicht zur Säuberung - Cfh XV 2, 1129
Die erste hierzu bekannte Bestimmung des römischen Rechts entstammt einer Konstitution Constantins I. aus dem Jahre 330 n. Chr.
a) Regeluitgsillhalt
Danach sollten "die Grundbesitzer, durch deren Gebiet Wasserleitungen führen, ... die Kanäle von dem sie anfüllenden Unrat säubem"I30. Die römischen Wasserleitungen führten, wie gesagt!31, zum größten Teil über privaten Grund. Neu ist aber, daß die Grundbesitzer mit der Pflicht zur Säuberung der Leitungskanäle belastet werden. Man fragt sich, wie die Sauberkeit der Wasserleitungskanäle vor dieser Konstitution gewährleistet wurde.
b) Historische Vorgällger VOll CTh XV 2, 1
Das an den Leiter der römischen Wasserbehörde 132 gerichtete Gesetz Constantins ist nach früheren munizipalen Vorschriften die erste bekannte reichsrechtliche Regelung des römischen Rechts 133 zu diesem Bereich.
129
CTh XV 2, 1
= CJ XI 43, 1.
CTh XV 2, 1: 'Possessores, per quorum fines formarum meatus transeunt, volumus ... ut eorum opera aquarum ductus sordibus oppleti mUlldentur , ... '. 130
IJI
Vgl. dazu oben § 3 I (S. 88 f.).
Zum Adressaten oben § 2 11 1 b) a) mit Anm. 154. Nach H. Dazert, Ergänzungsabgaben und außerordentliche Lasten im römischen Reich im 4. und frühen 5. Jahrhundert nach Christus, Freiburg 1985, S. 26 f., kann Maximilianus insbesondere wegen seiner Bezeichnung als consularis aquarum nicht stadtrömischer Behördenchef gewesen sein, da dieser dort curator aquarum geheißen habe. Er verweist ihn deshalb nach Konstantinopel, wobei Dazert aber der Wandel in der Bezeichnung entgeht. 132
m Schon im babylonischen Reich hatten die lokalen Amtsträger darüber Aufsicht zu führen, daß die Bewässerungskanäle in ordnungsgmäßem Zustand gehalten wurden. Dafür hatten sie das Recht, die anliegenden Bewohner zur Arbeit zu verpflichten, die dann aber berechtigt waren, auf dem von ihnen betreuten Abschnitt zu fischen, dazu L.W. King, A history ofBabylonia and Assyria, Vol. 11: A history of Babyion, London 1915, S. 171. Zu einer derartigen Weisung Hammurabis Wölfel, S. 13, allg. zu Sanktionen bei Vernachlässigung der Instandhaltungsptlicht D .H. Müller, Die Gesetze Hammurabis
128
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
a) Edictum Augusti de aquaeductu Venafrano
Nach dem Edictum Venafrano stand den "Venafranern oder der in ihrem Namen handelnden Person"l34 das Recht zu, "all das Material, das von dort entfernt wird, möglichst gleichmäßig auf der rechten und linken Seite in einer Entfernung von acht Fuß abzulagern", sofern für daraus entstehende Schäden Ersatz zugesichert worden warm. Das Edictum Vellafrano enthält also keine direkte Verpflichtung zur Säuberung der Wasserversorgungsanlagen, sondern räumt dem Säubernden lediglich das Recht ein, den Unrat innerhalb des um die Leitung eingeräumten Schutzstreifens abzulagern 136 • Im Unterschied zu Cfh XV 2, 1 geht es nicht auf die Zuständigkeit ein, setzt aber eine Säuberungspflicht voraus. Trotz der Erbauung der venafrischen Wasserleitung durch kaiserliche Initiative war dazu aber nicht die Reichsverwaltung verpflichtet, sondern die Bürger von Venafrum selbst oder die von ihnen beauftragten Unternehmer, was aus dem Recht zur Ablagerung des bei der Reinigung entfernten Unrats geschlossen werden kann. Wie die Zuständigkeit im einzelnen geregelt war, geht aus dieser Andeutung aber nicht hervor; insbesondere ist offen, ob der einzelne Bürger zur Säuberung verpflichtet war.
ß) Astynomeninschrift von Pergamon
Auch die Astynomeninschrift von Pergamon geht auf die Sauberhaltung der Wasserversorgungsanlagen ein. Die dem Schriftcharakter nach in trajanischer Zeit aufgezeichnete Inschrift 137 hat ein königliches Gesetz aus der Zeit der
und ihr Verhältnis zur mosaischen Gesetzgebung sowie zu den XII-Tafeln, Wien 1903, S. 97 f. 134 Ed. Venafr. Z. 33 f.: '... Venafranis eive, qui Venafranorum [nomine opus su ]m[et?] ... '. 13S Ed. Venafr. Z. 27 ff.: ' ... quaeque inde exempta erunt, quam maxime aequaliter dextra sinistraque p VIII iacere, dum ob eas res damn[i] infecto iurato promittatur'.
136 Das gilt auch heute noch, so zB. § 60 III WG BaWü: "Die Anlieger und die Hinterlieger haben das Aufbringen des Aushubs auf ihren Grundstücken zu dulden, soweit dadurch die Nutzung nicht wesentlich beeinträchtigt wird." Ein Anspruch auf Ersatz etwa entstehenden Schadens ist in § 60 IV 2 WG BaWü geregelt. 137
Zum Schriftcharakter Klaffenbach, S. 21.
III. Unterhaltung der Anlagen
129
Attaliden-Herrschaft (bis 133 v. Chr.) zum Gegenstand lJ8 • Sie behandelt die (ordnungs-)polizeilichen Aufgaben der aurvvopol 139 und enthält in der vierten Kolumne ihre Pflichten hinsichtlich der städtischen Wasserversorgungsanlagen. Gegenstand dieser Pflichten war auch die Sorge für die Sauberkeit der Wasserleitungskanäle, Brunnen und Zisternen. Allerdings ist die Inschrift nur fragmentarisch erhalten und setzt bei diesem Thema nach dem Bruch gerade erst ein. Aus dem erhaltenen Text geht nur hervor, daß sie, womit die aurvvopol gemeint sein dürften, mit deren Aufgaben sich die ganze Inschrift beschäftigt und die auch zur Überwachung der städtischen Brunnen verpflichtet waren, "zwingen sollen, die Kanäle zu reinigen"I40. Sowohl die Voraussetzungen, unter denen die Reinigung erzwungen, als auch der Personenkreis, der zur Säuberung verpflichtet werden konnte, bleiben, wohl wegen der nur fragmentarischen Überlieferung, offen. Möglich ist, daß ein bestimmter Personenkreis regelmäßig zur Säuberung der Leitungskanäle verpflichtet war141 und die aurvvopol lediglich berechtigt waren, bei Pflichtversäumnis dieses Personenkreises die Säuberung der Leitungskanäle zwangsweise durchzusetzen. Denkbar ist jedoch auch, daß die aurvvopOl keine generelle Zwangsbefugnis hatten, sondern nur diejenigen Personen zur Reinigung der Wasserleitungskanäle zwingen konnten, die diese zuvor nachweislich verunreinigt hatten. Dafür, daß die Säuberung der Wasserleitungskanäle einem fest bestimmten Personenkreis oblag, spricht die Vergleichbarkeit öffentlicher Wasserversorgungsanlagen und öffentlicher Straßen. Ihnen ist gemeinsam, daß sie durch
138 Zu dieser Datierung (im Anschluß an Kolbe) Hitzig, Astynomeninschrift, SZ 26 (1905), 433, ausführlich Klaffenbach, S. 19-25 mit Diskussion der abweichenden Meinungen sowie, ihm folgend, Garbrecht, Pergamon, S. 20. Argumente für die Datierung des Gesetzes in die Königszeit sind seine Bezeichnung als ßaatAlxOv vop.ov in der fragmentarisch erhaltenen Überschrift, die Monatsbenennung n:avitfloe; nach dem Kalender der pergarnenischen Königszeit (Kol. IV, Z. 205) und schließlich die Bezeichnung des vom König eingesetzten Stadtgouverneurs als /;n:t 'ft;e; n:OA(We; (Kol. 11, Z. 69). Zum letzteren H. Bengtson, Die Strategie in der hellenistischen Zeit, 2. Band, München 1944, S. 240 ff., insbes. 244. 139
Zum Amt der aO'fvvop.OI J. Oehler, Art. ". AO'fvvop.ol", RE 11 2, Sp. 1870-1872.
1 das Vieh treiben, wo er will "146. Die Bestimmung scheint sich auf den ersten Blick auf ein privates Wegerecht zu beziehen, das gleichzeitig den aetus umfaßte l47 • Dagegen spricht aber, daß hier nicht nur die typische Duldungspflicht des Grundstückeigentümers, sondern überdies die Pflicht festgelegt wurde, den Weg mit festem Steinuntergrund zu unterhalten l43 • Das paßt besser zu einem öffentlichen Weg, den die Anlieger zu unterhalten hatten, um nicht Gefahr zu laufen, daß fremdes Vieh über ihre Grundstücke getrieben wird.
ßß) Spätere Differenzierung nach dem Straßentyp
Diese Unterhaltungspflicht der Anlieger, mit der ihre Grundstücke belastet waren 149 , wurde später nach dem Straßentyp differenziert. Nach Ulpian gab es drei Grundtypen: öffentliche Straßen, private Straßen und Gemeinde(verbindungs)straßen lso • Während die öffentlichen Straßen lSl nach dem Bericht des
145 Zur EntstehungsgeschichteA. Berger, Art. "tabulae duodecim", RE IV A 2, Sp. 1900-1949, Sp. 1905 f., und F. Wieacker, Römische Rechtsgeschichte, Erster Abschnitt, München 1988, S. 287 ff. 146 XII-Taf. VII 7: 'VIAM MUNIUNTO: NI SAM DELAPIDASSINT, QUA VOLET IUMENTO AGITO'.
147 Inst. 11 3 pr.: '... via est ius eundi et agendi < et ambulandi>: nam et iter et actum in se via cOlltinet'. Ebenso Ulp. D. 8, 3, 1 pr. 148 Vgl. Lex Julia municip. c. 53 (Z. 53-55). Dazu auch Cie. Caec. XIX 54. Festus, "viae" (P. 371 M.).
149 Vgl. Call. D. 50, 4, 14, 2. mp. D. 49, 18, 4 pr. 50,4, 6, 5. Arcad. Charis. D. 50, 4, 18, 21 f. Ps-Paul. D. 50, 5, 10 pr. Hermog. D. 50, 5, 11. - Allgemein Pernice, Parerga, SZ 5 (1884), 81, Th. Pekciry, Untersuchungen zu den römischen Reichsstraßen, Bonn 1968, S. 113 ff., und Liebenam, S. 403.
150 mp. D. 43, 8, 2, 22: 'Viarum quaedam publicae sunt, quaedam privatae, quaedam vicinales'. Zu den verschiedenen Arten von Straßen auch H.E. Herzig, Probleme
132
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
römischen Agrimensoren Siculus Flaccus durch spezielle Reparaturunternehmer unterhalten und die Kosten hierfür den Anliegern aufgebürdet wurden!52, waren die Gemeindestraßen durch die Anlieger persönlich instandzuhaltenm. Ebenso dürften die Grundbesitzer zur Erhaltung der über ihren Grund und Boden führenden Privatstraßen verpflichtet gewesen sein. Kamen die Grundbesitzer dieser Erhaltungspflicht nicht nach, mußten sie die Kosten erstatten, die durch die Beauftragung privater Werkunternehmer anfielenl~4. Häufig traf sie obendrein auch eine GeldstrafeISS.
des römischen Straßenwesens: Untersuchungen zu Geschichte und Recht, ANRW 11 1, hrsg. v. H. Temporini, S. 593-648, S. 605-614, M. Voigt, Über das System der Wege im alten Italien, Berichte, Philolog.-histor. Classe, 24 (1872), 29-90, S. 29-40, und A. Palma, Le strade romane neHe dottrine giuridiche e gromatiche del'eta deI principato, ANRW 11 14, hrsg. v. H. Temporini, S. 850-880. Einen Überblick über die Straßentypen bei H.-C. Schneider, Altstraßenforschung, Darmstadt 1982, S. 17-23 mwN. 151 Vip. D. 43, 8, 2, 22: 'Publieas vias dieimus, quas Graeei ßaal)"lxa~, nostri praetorias, alii eonsulares vias appellant'. Typisch für öffentliche Straßen ist, daß sie 'auetorum nomina optinent', so Sie. Flae. 146, 2 f., und daß sie über öffentlichen Boden verlaufen, Vip. D. 43, 8, 2, 21. Zum Begriff via publiea auch Pektiry, S. 1-7. 152 Anders noch zur Zeit Catos, nach dem die Grundeigentümer die Straßenausbesserung persönlich vornahmen, vgl. Cato agr. 11 4: 'per ferias potuisse ... viam publicam muniri, ... '. Sie. Flae. 146, 4-6: ' ... et per redemptores muniuntur, et in quarundam tutelam a possessoribusper tempora summa eerta exigitur'. Nach Cl VIII 13, 6 war der Pfandgläubiger berechtigt, die Straßenabgaben, die er für das ihm verpfändete Grundstück geleistet hat, auf die Schuldsumme aufzuschlagen. Siehe auch G. Radke, Art. "viae publicae Romanae", RE Suppl. XIII, Sp. 1417-1686, Sp. 1445 f. Herzig, S. 602 f. Vgl. auch Pap. D. 43, 10, 1, 3, wonach der Mieter zur Unterhaltung verpflichtet war, sofern der Eigentümer untätig blieb, aber die Miete um seine diesbezüglichen Aufwendungen mindern durfte. Neuerdings auch R. Frei-Stolba, Straßenunterhalt und Straßenreinigung in Rom: Zu einigen Paragraphen der Tabula Heracleensis, in: Labor omnibus unus. Gerold Walser zum 70. Geburtstag dargebracht ... , hrsg. v. H.E. Herzig u. R. Frei-Stolba, Stuttgart, Wiesbaden 1989, S. 25-37, S. 30 f. - In der Spätantike wurde aufgrund der 'inmensas vastitates viarum' (CTh XV 3, 4) die Erhaltung der öffentlichen Straßen zu einer Pflicht, von der keine Ausnahmen aufgrund des Ranges oder bestimmter hergebrachter Privilegien mehr zugelassen wurden, dazu CTh XV 3: 'de itinere muniendo'. 153 Sie. F1ae. 146, 6-10. Vgl. Vip. D. 43, 8, 2, 22. Allgemein lVeymann, S. 63 ff.; Simshäuser, S. 342 ff. Voigt, S. 45. 79-82, und W. Eck, Die staatliche Organisation Italiens in der hohen Kaiserzeit, München 1979, S. 75 ff.
IS4
Vgl. dazu die Lex Iul. municip. c. 32 (Z. 32 ff.).
111. Unterhaltung der Anlagen
133
yy) Schlußfolgerungen für die Wasserversorgungsanlagen
Vermutlich wurden bei den Wasserleitungen ebenso wie bei den Straßen lS6 Reparaturen regelmäßig durch besondere Facharbeiter vorgenommen, während kleinere Arbeiten und insbesondere Säuberungsmaßnahmen durch die Anlieger ausgeführt werden sollten!S7. Allerdings kann sich eine solche Reinigungspflicht nur auf die extraurbanen Leitungskanäle bezogen haben, da die zur innerstädtischen Leitung und Verteilung des Wassers genutzten Ton- und Bleirohre einen Zugang zum Zweck der Reinigung nicht erlaubten lS8 . Das Gesetz Constantins I. enthielt also wohl keine neue Regelung, sondern bekräftigte lediglich die alte Rechtstradition, wonach den Grundbesitzern die Säuberung der Leitungskanäle oblag.
c) Kompensation der Säuberullgspflicht durch die Befreiung der Alllieger von deli außerordentlichen Lasten Als Entschädigung für die Auferlegung der Säuberungspflicht bestimmte CTh XV 2, 1, daß "die Grundbesitzer, durch deren Gebiet Wasserleitungen führen, von außerordentlichen Lasten frei sein sollen"ls9. Abgesehen VOll der Pflicht, die Leitungskanäle zu reinigen, "sollen aber die Grundbesitzer von
ISS Pap. D. 43, 10, 1, l. Vgl. auch Mommsen, StrafR, S. 849 mit Anm. 2, und Liebenam, S. 403 mit Anm. 3. IS6 SO auch Weymann, S. 65 f., und Simshäuser, S. 347 f. - Für eine Gleichbehandlung von Straßen und Wasserleitungen spricht auch Ufp. D. 7, 1, 27, 3, nach dem parallele Regelungen für die Tragung der Wasserleitungs- ('quid ob formam aquae ductus ... pendatur') und der Straßenerhaltungsgebühren('quid ad collationem viae ... ') bestanden: bei einem Nießbrauch an den mit den jeweiligen Abgaben belasteten Grundstücken war die Abgabe jeweils durch den usufructuarius zu entrichten. 157 Auch hier kann als Vergleich die Vorschrift dienen, wonach im babylonischen Reich die Anlieger zur Instandhaltung der Bewässerungskanäle verpflichtet werden konnten, vgl. King, S. 171, und dazu oben § 4 III 1 b) Anm. 133 (S. 127 f.). 158 Die Beschränkung der Reinigungspflicht auf Überlandleitungen legt auch die Formulierung der Konstitution nahe, die nur Grundbesitzer anspricht, "durch deren Gebiet Wasserleitungen führen", angesichts der Bodenverhältnisse in der Stadt wird sich dies nur auf das freie Land beziehen.
IS9 CTh XV 2, 1: 'Possessores, ... , ab extraordinariis oneribus vofumus esse illmu"es, .,.'.
134
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
keiner außerordentlichen Last betroffen werden, damit sie nicht, mit anderen Aufgaben beschäftigt, die Reinigung der Leitungen vernachlässigen "160. Diese Regelung hat Parallelen. Nach Cfh XI 16, 2 (323 n. Chr.) waren die kaiserlichen Patrimonialgüter, nach Cfh XI 16, 4 (328 n. Chr.) die obersten städtischen Magistrate, nach Cfh XV 2, 1 (330 n. Chr.) die für die Säuberung der Wasserleitungen herangezogenen Grundbesitzer und nach Cfh XI 16, 6 (335, nicht 346 n. Chr. 161 ) die kaiserlichen Hofbeamten und die Bürger Konstantinopels von der Leistung der außerordentlichen Abgaben befreit. Erst Cfh XI 16, 15 (382 n. Chr.), worin der Prätorianerpräfekt angewiesen wurde, 'rerum extraordinariarium mUllus ab omnibus omllillo magnificentia tua sciat esse poscendum ... ', schränkte die als Privileg gewährte Abgabenfreiheit wieder ein 162 • Die Grundbesitzer wurden von den außerordentlichen Lasten befreit, "damit sie nicht, mit anderen Arbeiten beschäftigt, die Reinigung der Leitungen vemachlässigen"I63. Sie hatten zwar wie wohl bereits zuvor für die FunktionstaugJichkeit der Wasserversorgungsanlagen zu sorgen, doch wurde das in der Spätantike durch die Gewährung von Abgabenbefreiungen kompensiert. Noch 440 n. Chr. bestätigte Valentinian II1., daß der Grundbesitz, der für die Erhaltung der Wasserleitungen herangezogen wurde, von der Stellung von Rekruten und der Zahlung einer bestimmten Grundsteuer befreit war l64 •
160 CTh XV 2, 1: '... nec ad aliud superindictae rei onus isdem possessoribus adtinendis, ne circa res alias occupati repurgium formarum facere non occurrant'. Dazu Dazert, S. 25 ff.
161
Jones/Martindale/Morris, PLRE I, v. "Veronicianus 1", S. 952.
Das wurde 390 n. Chr. erneut bestätigt, CTh XI 16, 18. Die Abgabenfreiheit verblieb nur noch den kaiserlichen Patrimonialgütern (CTh XI 16, 17. 20), den Kirchen (CTh XI 16, 21 f.) und den inlustrae personae (CTh XI 16, 23), die aber nur von den munera sordida befreit waren, vgl. Dazert, S. 68 ff.; zur Privilegierung durch Befreiung von Abgaben S. 156 ff. - A1lg. B. Kübler, Art. "munus", RE XVI 1, Sp. 644-651. Liebellam, S. 417 ff., bes. S. 424 ff., und E. Kuhn, Die städtische und bürgerliche Verfassung des Römischen Reichs bis auf die Zeiten Justinians, 1. Theil, Leipzig 1864, S. 60 ff. 162
163 CTh XV 2, 1: ' ... ne circa res alias occupati repurgium formarum facere non occurant'. 164 Nov. Val. V 4: '". ut a conlatione tironum ". cespes formensis ". habeatur inmunis, ... '.
III. Unterhaltung der Anlagen
135
Die Bestimmung wurde in den Codex Justinianus l63 und später auch in die Basiliken l66 übernommen, die die Immunität der Grundeigentümer von Sonderabgaben 167 besonders betonen l68 •
d) Rechts/alge bei Vernachlässigung der Säuberungspflicht Verstöße gegen die Pflicht zur Säuberung des Wasserleitungskanals wurden jedenfalls seit erb XV 2, 1 mit Strafe bedroht. Voraussetzung war allerdings, daß der Leitungskanal infolge der Nichtsäuberung beschädigt worden warl69 • In Betracht kommt insbesondere die schon von Frontin erwähnte Ablagerung von Schlamm in der Rinne, die den Leitungsquerschnitt verengte170 • Das wog besonders schwer, wenn sich die Ablagerung verhärtete (Sinterbildungj71. Der Grundbesitzer, durch dessen Verschulden ein Leitungsabschnitt geschädigt wurde, verlor seine Besitzung; sein Landgut wurde konfisziert 172 • Diese Konfiskation bezweckte wohl nicht nur eine Bestrafung und Abschrekkung. Da sie nur drohte, wenn der Wasserleitungskanal Schaden genommen hatte, und die Reparatur nicht den übrigen Leitungsanrainern auferlegt werden konnte (die bereits für ihre eigenen Streckenabschnitte zu sorgen hatten), waren anfallende Reparaturkosten aus den öffentlichen Kassen zu bestreiten, die durch die Konfiskation des Landgutes gewissermaßen entschädigt wurden.
165
CJ XI 43, 1.
166
Basilicorum Iiber LVIII 19, 1, 1.
Basiticorum tiber LVIII 19, 1, 1: 'ESW TIl7V (}taTfTVlfwpiVWV ßUQIl7V xul - 'exceptis ordinariis oneribus et edictis'. 167
168 Basilicorum tiber LVIII 19, 1, 1: 'Oi ojxllToQfq, ... , aTfÄf'iq 'Possessores, ... , immunes sunlo, ... '. 169
E(}ixTWV'
EaTWaUV,
CTh XV 2, 1: ' ... neglegelltia perlliciem formae congesserit'.
Frolltin 122, 1: ' ... aut enim limo concrescente, qui illterdum in crustam illdurescit, iter aquae coartatur, ... '. 170
171 Wie dick solche Sinterschichten werden konnten, zeigen Altarsäulen in Köln und Maria Laach, die aus ihr gearbeitet wurden, vgl. dazu B. Gockel, Bilddokumente, Art. "Kanalsinter" , in: Wasserversorgung im antiken Rom, hrsg. Frontinus-Gesellschaft e.V., München 41989, S. 215. 172 CTh XV 2, 1: ' ... amissione possessionum multabulltur: nam fiscus eius praedium obtinebit, .. .'. - In Basilicorum tiber LVIII 19, 1, 1 ist die Strafe nicht mehr davon abhängig, daß die Vernachlässigung zu einer Schädigung der Anlagen geführt hat.
136
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
e) Magistratische Anordnung der Säuberung der Wasserleitungen
Hatten die Grundbesitzer trotz der ihnen nach dem Erlaß von CTh XV 2, 1 drohenden Strafe die Leitungen vernachlässigt, scheint der Statthalter befugt gewesen zu sein, die Säuberung der Leitungen anzuordnen. Jedenfalls wies Decimius Secundinus, proconsul von Achaia im 4. Jh. n. ChrP3, den curator und den defensor civitatis Amphissensium an, für die Säuberung und Wiederherstellung der Wasserleitung zu sorgen174 • Für die Erfüllung dieser Verpflichtung setzte er den städtischen Aufsichtsbeamten eine Frist: "Ihr werdet euch daran erinnern, daß ihr vor dem zehnten Tag der Kalenden des Januar melden müßt, daß dies alles ausgeführt ist"175. Wie großzügig diese Frist bemessen war, ist jedoch ungewiß, da unbekannt ist, wann die Anordnung selbst erging. Diese Befugnis der Provinzstatthalterwurde durch Justinian am 24. Juni 530 n. Chr. aufgehoben. Dieser regelte in einer an denpraefectus praetorio Julian gerichteten Konstitution176 die Zuständigkeiten für munizipale Angelegenheiten und Finanzfragen neu und übertrug diese dem jeweiligen Bischof und den drei angesehensten Männern der Gemeinde177 • Weiter regelte er: "Wir erlauben überhaupt keinem unserer Magistrate, in den Provinzen Vorschriften über die Reinigung der Wasserleitungen oder Abwasserkanäle, über den Abriß von Gebäuden nahe der Mauem ... oder über öffentliche Geschäfte zu erlassen: vielmehr soll dem sehr religiösen Bischof der Gemeinde und den führenden Bürgern und den rectores der Provinzen und den Grundbesitzern und Bürgern, 173 Zur ungefähren Datierung der Inschrift Th. Mommsen, CIL III 1, Berlin 1873, S. 110 zu CIL 111.568. Nach lon eslMartindalelMorris , PLRE I, v. "Secundinus 4", S. 814, war Decimius Secundinus nach 364 n. Chr. proconsul, da der defensor civitatis, an den CIL 111. 568 mit adressiert hat, in der Provinz fllyricum, zu der Amphissa gehörte, erst 364 n. Chr. aufkam, CTh I 29, 1. 174 CIL III. 568: ' ... VT MEMINI NON REPVRGARI MODO AQVAE D VCTVM VERVM ETiAM INDV CI AQVAM IVSSERAM .. .'.
175 CIL III. 568: ' ... MEMO RES ERITIS PERFAECTA HAEC OMNIA ANTE DIEM DECIMV M KALENDARVM IANVARIA RVM VOS AD OFFlCIVM NVN TIARE DEBERE'. 176
Cl I 4, 26, griechisch überliefert.
177
Cl I 4, 26 pr.: '... i)W1fI~OPEV Eie:; raUrbv ovvlOvrae:; TOV i)wrplMaraTov E1fIOXO-
EV ä1fam 1f(!OEXOvrWV xara ritv 1fOAIV .. .' - ' ... sancimus, ut in unum conveniant religiosissimus episcopus et tres viri bonae existimatioIlis et in omni re eius civitatis primarii, ... '. 1fOV T(!Eie:; TE T!I1V EVv1fOAf]1fTWV xal
111. Unterhaltung der Anlagen
137
bei denen so ein Gesetz eingebracht ist, erlaubt sein, dieses nicht zu beachten, und statt dessen jede Vollstreckung und Beaufsichtigung, die aus diesem (Rechts-)Grund verhängt worden ist, zurückzuweisen. Dieselbe Strafe (nämlich 10 Pfund Gold) droht aber den Bischöfen, wenn sie dies nicht verhindern 11178. Damit war die Aufrechterhaltung der munizipalen Wasserversorgung endgültig zu einer Angelegenheit nur noch lokaler Bedeutung herabgestuft; die staatlichen Behörden durften sich nicht mehr um diese kümmern, sondern dies oblag allein den städtischen Autoritäten, allen voran dem Bischof.
2. Besondere Abgaben zur Unterhaltung der Wassenersorgungsanlagen Zur Unterhaltung der Leitungen wurden in der Spätantike auch Beiträge und Sonderabgaben erhoben.
a) Ablösung der persönlichen Unterhaltungspflicht der Anlieger durch Zahlung eines Beitrages Statt für den Unterhalt selbst zu sorgen, konnten die Grundbesitzer auch verpflichtet sein, durch Zahlung eines jährlichen Beitrags den Erhalt der
178
CJ I 4, 26, 8 (3): 'OMn,y 6€ :TravT:EÄ(IJ~ ftpif/lfV t"rDV ~/lft"EQaJV uQXOvraJv 1"01OV-
t"ov~ t"lva~ t"V:TrOV~ fV t"ai~ f:TraQxial~ EX:Trip.:TrflV :TrfQt t"ij~ t"rDV MQoQ QOaJv ~t"OI
V:Trovop.aJv uvaxa"cZQafaJq ~ :TrfQt t"ij~ t"rDV oixotJop."p.cZt"aJv :TrQo~ t"oi~ niXfat xa"aIQEU€aJ~ ... ~ :TrOÄIt"IXrDV U:TrÄ(IJ~ l;,,-rTfUfaJV, uÄÄ' E~EUt"aJ t"~ "fOtpIÄfUt"cZt"~
xal t"oiq fV t"ij :TrOÄfI :TrQaJnvovat xal t"oiq t"rDV f:TraQXlrDV xat xt"r,t"oQat xat :TroÄiml~ t"OIOVt"OV nvo~ fp.tpavla"iv1"Oq t"V:TrOV p.~ :TrQoaifl7"al t"om-ov, uÄÄa XaJÄVflV xal tJ,aJ"fta"al :TrcZVt"a fxßIßaap.av xal :Traaav da:TrQa~lv fVt"fVl'€V f:Trayop.EVI'/V, t"ij~ airrij~ E:TrOro,,~ :TrOlvij~ xat xat"a t"rDV "fOtpIÄfUt"cZt"aJV EmaXO:TraJv, €I p~ t"om-o xaJÄvaalfv'. 'Nulli autem penitus ex nostris magistratibus permittimus tales formas in provincias emittere de rivis seu cloacis purgandis vel aedificiis prope muros deicielldis ... vel denique publicis negotiis: sed liceat religiosissimo episcopo civitatis et primariis civibus et provinciarum rectoribus et possessoribus civibusque tali forma insinuata eam non admittere, sed prohibere et repellere omnem exsecutionem omnemque exactionem ea de causa inflictam: eadem poena < sc. denas auri libr., § 7> et adversus religiosissimos episcopos imminente, si hoc non impedierint'. fmaXO:Tr~ t"ijq :TrOÄfaJq ~yovp.f.VOI~
138
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
Wasserleitungen durch geschultes Fachpersonal zu finanzieren 179 • Diesen Beitrag hatten nicht nur die Angrenzer der Wasserleitungskanäle zu zahlen, sondern er lag auf allen "Grundstücken und Gebäuden, die in der Nähe der Wasserleitungen, castella, Zierbrunnenanlagen und Brunnenbecken liegen"180. Er wurde entweder als tributum l81 , vectigaP82 oder (pellsitatio) pro forma
179 Vgl. Mago et Vegoia, Gromat. I, S. 349, Z. 6-8: 'Aquarum ductus per medias possessiones diriguntur, quae a possessoribus ipsis vice temporum repurgantur: propter quod et levia tributa persolvunt'.
180 Frontin 118, 1. 2: 'commoda publicae familiae ex aerario dantur, quod inpendium exoneratur vectigalium reditu ad ius aquarum pertinentium. ea consta < n > t ex locis aedificiisve quae sunt circa ductus aut castella aut munera aut lacus'. Um diesen Beitrag ging es möglicherweise auch bei dem Prozeß, den römische Walker in den Brulls, FIRA Nr. 188, S. 406-407; Jahren 226-244 n. Chr. führten, CIL VI. 266 vgl. auch oben § 2 II 2 a) ß) mit Anm. 242 (S. 77). - Heute ermächtigt bspw. § 58 S. 1 WG BaWü die Gemeinden, durch Satzung zu bestimmen, daß "die Anlieger, die Hinterlieger und diejenigen Eigentümer und Besitzer von Grundstücken und Anlagen, die von der Unterhaltung des Gewässers und seiner Ufer Vorteile haben, sowie die Inhaber von Wasserbenutzungsrechten und -befugnissen nach Maßgabe ihres Vorteils Beiträge zu dem der Gemeinde entstehenden Aufwand zu leisten haben".
=
181
Mago et Vegoia, Gromat. I, S. 349, Z. 8 (vgl. soeben Anm. 179).
Fraglich ist, ob sich vectigal auf die Beitragspflicht der Anlieger zur Erhaltung der Wasserversorgungsanlagenbezieht oder nur die Gebühr für die Inanspruchnahme eines bewilligten Wasserrechts bezeichnet (vgl. hierzu schon kurz oben § 2 II 2 1 a) ß) (S. 77-80) mit Anm. 244-257. - Nur auf die für das Wasserbezugsrecht zu entrichtende Gebühr beziehen sich Vitr. VIII 6, 2 und Frontin 94, 4. Auch Frontin 118, 1 meint wohl das Entgelt für die private Ableitung, während Frontin 118, 2 allein auf die Lage des vectigalpflichtigen Grundstücks abstellt. - Dagegen ist die Bedeutung von 'ei rei vectigal inponere' im Ed. Venfr. Z. 38 fraglich. Hier kann mit ei rei der Verkauf des Wassers (vendundi causa) und damit die Nutzungsgebühr gemeint sein (was an dieser Stelle wahrscheinlicher ist), es kann sich aber auch auf die Wasserleitung und damit auf die von den Anliegern zu leistende Abgabe beziehen. Ebenfalls offen ist zunächst die genaue Bedeutung von 'ego Tusculanis pro aqua Crabra vectigal pendam' bei Cic. leg. agrar. III 9. Auch hier könnte es sich um die Zahlung für einen Cicero bewilligten Privatanschluß handeln (pro aqua Crabra hieße dann: für das Wasser aus der Crabra), andererseits auch um die Abgabe "für die crabrische Wasserleitung", also genau um die hier behandelte Grundlast. Daß Cicero tatsächlich diese Grundlast gemeint haben muß, geht aus dem Kontext hervor, denn Ciceros Thema ist die Lastenfreiheit der Grundstücke, die nach den sullanischen Proskriptionen von diesem weitervergeben worden waren. Da die Verpflichtung zur Entrichtung der Wassernutzungsgebühr rein persönlicher Art war (vgl. Vitr. VIII 6, 2 und oben § 2 II 2 a) ß) (S. 77-80), kann es sich bei dem von Cicero gezahlen vectigal nur um die vom Anlieger zu entrichtende Grundabgabe handeln. Ebenfalls als Ausdruck für die Reallast verwendet Frontin 118, 1. 2 den 182
111. Unterhaltung der Anlagen
139
aquae 183 bezeichnet und traf nicht nur den Eigentümer l84 , sondern lag als echte Grundlastm, die den jeweiligen Besitzer traf, auf dem Grundstück136 •
b) Die Antrittsgelder der Prätoren
In der Spätantike wurde noch ein weiterer Weg beschritten, um die Erhaltung der Wasserversorgungsanlagen finanziell zu sichern.
Begriff: 'vectigalium reditu ... Ea consta < n > t ex locis aedificiisve quae sunt circa ductus aut eastella aut munera aut laeus'. Eine einheitliche Terminologie liegt demnach nicht vor. 183
Ulp. D. 7, 1, 27, 3. 30, 39, 5. Pap. D. 19, 1, 4l.
184 Z.B. haftete der Erbe für rückständige, auf dem ererbten Grundstück lastende Wasserabgaben, vgl. Ulp. D. 30, 39, 5. Aus Ulp. D. 7, 1, 27, 3 geht hervor, daß es auf den Besitz und nicht auf das Eigentum am Grundstück ankam, denn danach mußte der Nießbraucher die Wasserleitungsabgabe entrichten. Auch derjenige, der ein abgabepflichtiges Grundstück als Pfand erhalten hatte, konnte zur Zahlung der Abgabe herangezogen werden, war aber nach CJ VIII 13, 6 berechtigt, die Kosten auf die Schuld aufzuschlagen. Bei der Veräußerung eines mit der Wasserabgabe belasteten Grundstücks war der Käufer über diese 'annua pensitatione pro aquae duetu' aufzuklären, wollte der Verkäufer eine Haftung wegen Rechtsmangels der veräußerten Sache vermeiden, vgl. Pap. D. 19, 1, 4l. 18S SO auch Perniee, Parerga, SZ 5 (1884), 82. Unklar hierzu allerdings E. Weiß, Peregrinische Manzipationsakte, SZ 37 (1916), 136-176, S. 148 f. Nach ihm sind die jährlichen Wasserzinsen zwar gemeindliche Grundabgaben (S. 148), doch vermengt er die Anliegerbeiträge im folgenden mit den für die Einräumung eines Wasserbezugsrechts verbundenen Wassergebühren. Durch diese Vermengung gelangt Weiß zu dem Ergebnis, es habe sich bei der Zahlungspflicht nicht um eine Reallast gehandelt. Unverständlich ist auch das von B. Matthiass, Die römische Grundsteuer und das Vectigalrecht, Erlangen 1882, S. 74 f., entworfene System. Dieser bezieht die Abgabe fälschlich allein auf die Wassernutzungsgebühr und behauptet weiter, der Eigentümer habe, solange er den Wasserzins zahle, der Gemeinde gegenüber eine Servitut; vgl. dazu aber auch die berechtigte Kritik von Perniee, Parerga, SZ 5 (1884), 82 Anm. 8. 186 Daß diese Grundabgaben, die an die Gemeinden zu entrichten waren, im Gegensatz zu den staatlichen Grundsteuern auch auf Grundstücken mit ius Italicum liegen konnten, geht bereits aus eie. leg. agrar. III 9 hervor. Cicero hatte das abgabepflichtige Grundstück durch mancipatio erworben, es muß sich demnach um ein dem ius Italicum unterliegendes Grundstück gehandelt haben. Zur Vereinbarkeit von ius Italicum und gemeindlichen Grundabgaben auch Weiß, Manzipationsakte, SZ 37 (1916), 148 f. A. v.Premerstein, Art. "ius Italicum", RE XI, Sp. 1238-1253, Sp. 1242 f.
140
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
a) Cfh VI 4, 13
Am 3. Mai 361 n. Chr. ordnete Constantius 11. in einem Schreiben an den Senat von Konstantinopel an, daß "von den fünf Prätoren ( ... ) zwei ( ... ) das Silber so entrichten (sollen), daß es durch weise Berechnung den Bauten dieser Stadt nützlich sein wird"1S7. Der von diesen bei den praetores 1A8 für die Bauten Konstantinopels zu zahlende Betrag wurde auf insgesamt 1.500 Pfund Silber festgelegt l89 • Die hier geforderte Summe floß zwar noch nicht in einen Spezialfonds für die Erhaltung der Wasserleitungen, doch werden die Gelder bei Bedarf auch den Wasserversorgungsanlagen zugute gekommen seinl90 •
ß) Cfh VI 4, 29 Eine vermutlich 396 n. Chr. oder kurz zuvor erlassene Bestimmung begünstigte dagegen gezielt die Wasserleitungen. Sie ist selbst nicht erhalten, nur das Gesetz, das sie außer Kraft setzte l91 • Die Bestimmung besagte, daß "die Theaterabgabe, die durch die Prätoren zu entrichten ist, dem Bau des Aquädukts zuzuwenden ist; .. .'1192. Nach Gothofredus l93 handelte es sich um die gera-
187 CTh VI 4, 13: 'Ex quinque praetoribus ... duo vero argentum inferant eiusdem urbis (fabri]cis provida ratione profuturum ... '.
!B8 Zur Entwicklung der Prätur in Konstantinopel KuhlI, S. 205 ff. mit Quellennachweisen in den Anmerkungen, und G. Wesenberg, Art. "praetor", RE XXII 2, Sp. 15811605, Sp. 1603. 189 Nach CTh VI 4, 13 pr. hatte der ranghöchste Prätor 1.000 Pfund Silber für die Bauten zur Verfügung zu stellen, der an dritter Stelle rangierende Prätor 500 Pfund Silber. 190 So ist denkbar, daß 368 n. Chr. der Bau des Aquädukts des Valens in Konstantinopel - dazu Sokr. IV 8 (220), und Oberhummer, Art. "Constantinopolis", RE IV 1, Sp. 997, sowie E. Stein, Geschichte des spätrömischen Reiches, 1. Band, Wien 1928, S. 279 - auch aus diesem Fonds finanziert wurde. 191 CTh VI 4, 29 vom 29. Dezember 396 ist wohl an Africanus gerichtet, der als praefectus urbis Constantinopolitanae jedenfalls vom 29. April 396 bis zum 26. September 397 n. Chr. bezeugt ist, vgl. CTh XV 2, 6 (dazu unten § 5 III 5 b) mit Anm. 197, S. 183 f.). 192 CTh VI 4, 29: 'Nuper quidem huiusmodi praecesserat sallctio principalis, ut theatralis per praetores facienda depensio in aquaeductus fabricam verteretur; ... '.
193
Gothofredus zu CTh VI 4, 29 (Anm. f.).
111. Unterhaltung der Anlagen
141
de im Bau befindliche konstantinopolitanische Wasserleitung, die später "Aquädukt des Theodosius" genannt wurde l94 • Dafür spricht auch die Bauzeit. Die Konstitution beleuchtet die finanziellen Schwierigkeiten beim Bau der WasserversorgungsanIagen. Zwar sollte das Volk durch Spiele und Theateraufführungen unterhalten werden, aber wenn es um den Ausbau der Wasserversorgung ging, mußten die öffentlichen Belustigungen eingeschränkt werden. Rückgängig gemacht wurde die Zweckbindung der prätorischen Antrittsgelder für den Leitungsbau anläßlich des Geburtstags des Kaisers l9S ; die Finanzierung der an seinem Ehrentag abzuhaltenden Spiele sollte gesichert sein. Allerdings sollten nur die vom praetor Romallus und praetor laureatus 1% zu entrichtenden Antrittsgelder ihrem ursprünglichen Zweck wieder zugeführt werden, die Abgaben der übrigen praetores dagegen nach wie vor dem Leitungsbau zukommen. Dem Fonds für die Unterhaltung der Wasserleitungen wurden also lediglich die geringeren Abgaben der rangniederen praetores wieder entzogen l97 •
y) erb VI 4, 30 Eine weitere Konstitution von Arcadius bekundet, daß bis dahin fünf Prätoren für die theodosische Wasserleitung Gelder zu entrichten hatten. Datiert ist sie auf den 31. Dezember 396 n. Chr. 198 • Diese Datierung trifft nicht zu. 194 Für die Identifizierung der Wasserleitung mit dem theodosischen Aquädukt spricht auch die Nennung in der sogleich darzustellenden Parallelvorschrift CTh VI 4, 30, vgl. auch Müller-lViener, Topographie Istanbuls, S. 271. 19S CTh VI 4, 29: ' ... lIulle vero iusta moderatione facias eustodiri, ut praetores Romanus et laureatus natalibus nostri lIuminis seaenieas populo praebeant voluptates'. 196 Das Amt des praetor laureatus war erst 384 n. Chr. durch CTh VI 4, 25 pr. geschaffen worden; der praetor Romanus und der praetor laureatus bildeten seitdem die unterste Rangstufe der seit dieser Konstitution vorhandenen acht Prätoren.
197
Zu den Beträgen der einzelnenpraetores s. CTh VI 4, 25, l.
Diese Datierung von CTh VI 4, 30 wird allgemein angezweifelt. Adressat ist der praefeetus praetorio Eutychianus, doch sei im Dezember 396 Caesarius orientalischer Präfekt gewesen. Aber das ist unsicher, s. etwa CTh III 12, 3, ebenfalIs vom Dezember 396 n. Chr., und Seeek, Regesten, S. 148, Z. 37 ff., S. 475. lones/Martilldale/Morris, PLRE I, v. "Eutychianus 5", S. 319 ff. ordnen allerdings CTh 111 12, 3 einer möglichen Amtszeit von Eutychianus als Präfekt IIIyriens zu, nicht als praefeetus praetorio Orielltis. Die Frage kann hier aber dahinstehen. 198
142
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
Denn der praetor, dessen "munificentia durch die festgesetzte Abgabe von 100 Pfund Silber begrenzt"l99 ist, wird finanziell den Feiern zum Geburtstag des Honorius zugeordnet. 396 n. Chr. gab es aber keinenpraetor, dessen Abgabe auf 100 Pfund Silber begrenzt war: Die niedrigsten Beiträge waren damals die des praetor Romanus und des praetor laureatus, die aber je 125 Pfund Silber bezahlen mußten 2OO • Erst 398 n. Chr. wurde die Höhe der von den rangniedrigsten Prätoren zu zahlenden Abgabe auf je 100 Pfund Silber reduziert 20l . Die Konstitution kann daher frühestens 398 n. Chr. ergangen sein. Unklar bleibt, wie bei einer Zahl von acht praetores 202 die Zahl von fünf Prätoren zustande kommt, die der Wasserleitung zugeordnet sind. Wenn man davon ausgeht, daß die zwei Prätoren, die nach CTh VI 4, 29 Spiele zu finanzieren hatten, bereits abgerechnet sind, fehlt immer noch der achte Prätor. Jedenfalls zeigt aber auch diese Konstitution, daß die Sicherung der Wasserversorgung Vorrang vor den Volksbelustigungen zum Kaisergeburtstag genießt.
c) Die Antrittsgelder der Konsuln
Die Konsuln wurden erst fast 100 Jahre nach den Prätoren für die Wasserversorgungsanlagen zur Kasse gebeten.
a) CJ XII 3, 2, 3
Den Beginn machte Marcian mit einer Konstitution aus dem Jahr 451 n. Chr. 203, die an den damaligen cOllsul designatus und comes domesticarum
199 CTh VI 4, 30; ' ... qui centum librarum argenti munificentiam suam definita eroga[tiJolle praecludit, ... '. 200 CTh VI 4, 25, 1; ' ... Romana vero et laureata libris argenti ducentis et quinquagin ta peragantur, ... '. 201 CTh VI 4, 33. 202
Seit 384 n. Chr., s. CTh VI 4, 25 pr. und oben Anm. 196.
Nach Seeck, Regesten, S. 137, Z. 28 ff., ist das Gesetz entgegen der Konsulatsangabe im Titel nicht auf das Jahr 452 n. Chr., sondern gegen Ende des Jahres 451 n. Chr. zu datieren, weil Sporacius dem Inhalt nach als künftiger consul angesprochen wird. Diese Datierung nimmt auch Martindale, PLRE 11, v. "Sporacius 3", S. 1026 f., vor. 203
III. Unterhaltung der Anlagen
143
Sporacius gerichtet war204 • Der Kaiser rühmte sich, er habe bei seinem eigenen Konsulatsantritt am 1. Januar 451 n. Chr. kein Geld unter das Volk Konstantinopels ausgeworfen. Diesem Beispiel sollten die künftigen konstantinopolitanischen Konsuln folgen. Statt der übermäßigen Geldauswürfe bei ihren Antriusumziigen sollten sie "zur Wiederherstellung der Wasserleitungen dieser herrlichen Stadt 100 Pfund Gold"20~ zahlen. Diese Summe war von jedem zu erbringen, "der die Konsulwürde bekleidete"206.
ß) CJ XII 3,3
Unter Zeno wurde diese Bestimmung auch auf die cOllsules hOllorarii ausgedehnt. Jeder, der "durch die kaiserliche Gnade" ein Ehrenkonsulat bekleidete, sollte 100 Pfund Gold für die Ausbesserung der öffentlichen Wasserleitungen zahlen 207 . Nach dem Wortlaut der Konstitution wurde das eigens für Konstantinopel angeordnee08 •
y) CJ XII 3,4
Von dieser Abgabe nahm Zeno in einem wohl späteren Gesetz209 nur die wenigen cOllsules aus, die schon einmal das Konsulat bekleidet hatten und es jetzt ein weiteres Mal erhielten21O • Diese besondere Auszeichnung sollte nicht
204 Seeck, Regesten, S. 466, wonach Sporacius vom 8. Oktober bis Ende 451 n. Chr. comes domesticarum war. 205 CJ XII 3, 2, 3: 'ad instaurationem itaque aquaeductuum huius amplissimae urbis centena pondo auri praestentur ... '. 206
CJ XII 3, 2, 3: '... per singulos consulatus, .. .'.
CJ XII 3, 3, 1: 'omnifariam credimus consulendum, universos, qui posthac honoraii consulatus insignibus principali mUllificentia decoralltur, centum auri libras ad reficiendum aquaeductum publicum millistrare cellsemus, ... '. 207
208
Die Fürsorge Zenos für die hauptstädtische Wasserversorgung bekunden auch CJ
XI 43, 8. 9. 10.
209 Es ist an Sebastianus gerichtet, nach Martindale, PLRE 11, v. "Sebastianus 5", S. 984 f., praefectus praetorio Orientis von 476-480 und danach noch einmal 484 n. Chr. 210 CJ XII 3, 4, 1: ' ... ut huiusmodi consulnec centum libras auri aquaeductibus huius inclitae civitatis pro tellore sacrae cOllstitutiollis praebelldas, ... '.
144
§ 4 Schutz und Unterhaltung der Anlagen
mit der finanziellen Bürde verbunden sein, zumal diese consules iterum ja bereits bei ihrem ersten Amtsantritt die Abgabe erbracht hatten.
d) Sonderabgaben
Auch Sonderabgaben wurden zur Finanzierung der Wasserversorgungsanlagen erhoben.
a) Cfh XIV 6, 3
365 n. Chr. führte Valentinian I. eine bemerkenswerte Sonderabgabe ein. Das wichtigste Baumaterial war in der römischen Kaiserzeit der Backstein211 , dessen Lieferung bestimmten Grundstücken als Reallast auferlegt wurde212 • Die Dienste der Kalkbrenner und Fuhrleute aber, die den Kalk nach Rom transportierten, wurden mit Rindern, Wein und Gold vergütet 213 • Der Kaiser ordnete 365 n. Chr. an, daß bei der Reparatur öffentlicher Bauten bis zu einer Anzahl von 3.000 Wagenladungen Kalk die possessores drei Viertel der Materialkosten tragen sollten, während der Staat ein Viertel auf die Weinkasse übernahm. Die Hälfte dieses Weinge1des sollte den öffentlichen Wasserleitungen zugute kommen.
ß) CTh XV 1, 36
Schließlich eröffnete Arcadius durch Gesetz vom 1. November 397 n. Chr. noch eine Quelle für Baumaterial zur Reparatur der Wasserleitungen: Material
211 Er diente überall im Reich nicht nur zum Bau von Stadtmauern wie bspw. der Aureliansmauer in Rom und der Landmauer des Theodosius in Konstantinopel, sondern auch von Thermen und Wasserleitungen. Diese waren regelmäßig nur mit Marmorplatten (Thermen und Basiliken) oder Quadersteinen (Wasserleitungen, Stadtmauern) verkleidet. 212
Vgl. CTh XIV 6, 3 und Symm. rel. XL 3.
CTh XIV 6, 1 und 3. Abgesehen von ihrer Pflicht zur Lieferung des Kalks waren sie von anderen Lasten befreit, CTh XIV 6, 2. 213
III. Unterhaltung der Anlagen
145
'a demolitione templorum' durfte zur Reparatur der Leitungen verwendet werden 214 •
Ergebnis Die Regelungen über den Schutzstreifen variieren zwar bei der Breite, doch kommen keine großen Abweichungen vor. Dagegen wurde im Laufe der Zeit die Strafe für unerlaubte Tätigkeiten in der Schutzzone drastisch verschärft: von einer Mult von 10.000 Sesterzen zum summum supplicium. Zur bloßen Erhaltung der Wasserversorgungsanlagen konnten die Grundbesitzer die ihnen auferlegte Pflicht, die Leitungskanäle zu reinigen, schon früh durch die Entrichtung von Beiträgen ablösen. Doch wurden in der Spätantike weitere Geldeintreibungen erforderlich, um das Leitungssystem aufrechtzuerhalten. Gelder für die Wasserversorgungsanlagen wurden sogar vom Bereich der circelISes abgezogen.
214 Die Tempel durften aber nicht speziell zu diesem Zweck abgerissen werden, vgl. Nov. Maj. IV 1 vom 11. Juli 458 n. ehr.
\0 Geißler
§ 5 Wasserkonzessionen "Mein ist - oh, hätt ich 's noch lang ullter deinem Schutze, oh Caesar! nur eill einziges Gut, klein auch das Haus in der Stadt. Doch aus dem engeIl Tal hebt für den durstigen GarteIl Ilur ein Schwengel voll Müh schöpfend das Wasser empor; trocken beklagt sich das Haus, keill Naß versorge es selber, während doch ganz in der Näh rauschend die Marcia strömt. Gibst du VOll dort meinem Heim, Augustus, Wasser, so wird es mir Kastalias Quell, Regen des Jupiter sein"l.
Die öffentliche Wasserversorgung wurde insbesondere durch unberechtigte Ableitung des Wassers gefährdet. Bevor die Bekämpfung der unberechtigten Ableitung von Wasser aus den öffentlichen Wasserversorgungsanlagen behandelt werden kann2 , ist zunächst auf das System der Wasserverteilung und die privaten Wasserkonzessionen einzugehen.
I. Die intraurbane Wasserverteilung Das römische Wasserversorgungssystem basierte auf dem Grundsatz, daß alles in die Stadt geleitete Wasser der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung dienen sollte3 • Da dieses Wasser auf Kosten der Allgemeinheit in die Stadt geleitet wurde, sollte es nur den öffentlichen Laufbrunnen zugeführt werden, aus denen die Bevölkerung kostenlos Wasser schöpfen durfte. Private Ableitung von Wasser aus den öffentlichen Wasserversorgungsanlagen war grundsätzlich unzulässig.
1
Mart. epigr. IX 18.
2
Unten § 6 (S. 189-224).
3
Frontin 94, 3: 'apud alltiquos omnis aqua ill usus publicos eroga < ba > tur .. .'.
I. Die intraurbane Wasserverteilung
147
Allerdings gab es bereits zur Zeit der Republik die zunächst selten, seit der Kaiserzeit aber ausgiebiger genutzte Möglichkeit, an besonders verdiente Personen das Recht zu verleihen, öffentliches Wasser für den privaten Gebrauch abzuleiten4 • Unter engen Voraussetzungen waren die höchsten Magistrate auch zum Verkauf öffentlichen Wassers berechtigt~. Der so begünstigte Privatmann konnte jedoch das erlaubte Maß überschreiten 6 oder das genehmigte Wasser für ein anderes als für das in der Erlaubnis genannte Grundstück verwenden 7 und dadurch einen Wasserdiebstahl begehen. Da sich der Wasserleitungsbau in der Antike am Bevölkerungswachstum orientierte, war das Wasserversorgungssystem der Städte nicht einheitlich geplant 8; die einzelnen Verteilungsnetze wurden vielmehr den jeweiligen Anforderungen angepaßt. Allerdings gab es feste Kriterien, die sich aus den Schriften Vitruvs 9 und Frontins lO ergeben und - jedenfalls teilweise - durch archäologische Forschungen bestätigt werden.
1. Das Verteilungssystem Vitruvs In seinem Werk de architectura libri decem schildert Vitruv auch das innerstädtische Wasserverteilungssystem ll . Bei ihrem Eintritt in die Stadt soll die Fernwasserleitung in einen Wasserverteiler für die innerstädtische Verteilung münden. Nach Vitruvs Planung war das Wasserreservoir in drei nebeneinanderliegende Kammern aufgeteilt, in die das Leitungswasser wohl zu gleichen Teilen geleitet wurde. Das Reservoir war so konstruiert, daß das Wasser, wenn es
4
Frontin 94, 3. 6.
5
Frontin 95, 1 und 2.
6
Zu den verschiedenen Arten vgl. unten § 6 11 (S. 206-211).
Zu dieser Bindung der Konzession Frontin 109, 6 und unten insbes. § 6 IV 1 (S. 219-222). 7
8 In Rom lagen zwischen dem Bau der ersten (312 v. Chr.) und der letzten (226 n. Chr.) Wasserleitung 537 Jahre, dazu oben § 1 (S. 26-32); ähnlich das System aus hellenistischen, römischen, byzantinischen und seldschukischen Leitungen für Pergamon, dazu Garbrecht, Pergamon, S. 22-43. 9
Vif. VIII 6, 1. 2.
10
Frontin, insbesondere 18-22. 65-73.
11
Vifr. VIII 6, 1. 2.
148
§ 5 Wasserkonzessionen
in den beiden äußeren Kammern überlief, in die mittlere floß l2 , die dadurch zusätzlich zu ihrem eigenen Anteil den Überfluß der beiden anderen Kammern aufnahm. Aus dieser mittleren Kammer wurden die lacus und salielltes 13 gespeist, die der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser dienten. Von den bei den äußeren Wasserkammern versorgte die eine die balllea l4 , während aus der anderen die konzessionierten Privathäuser ihr Wasser bezogenlS • Damit stand jedem Versorgungsbereich eine vorher genau festgelegte Wassermenge zur Verfügung. Durch die Trennung der drei Versorgungsbereiche bereits im Hauptverteiler war gewährleistet, daß keinem Versorgungsbereich Wasser für einen anderen Zweck entnommen werden konnte. Besonderen Wert legte Vitruv darauf, daß die für die Versorgung der Bevölkerung vorgesehene Wassermenge nicht durch private Berechtigte geschmälert werden konntel6 ; 'ne desit (das Wasser) in publico'17 war ihm ein besonderes Anliegen. Nach der beschriebenen Konstruktion des Hauptverteilers wurden die drei Verteilerbereiche wohl gleichmäßig mit Wasser gespeist; erwartet hätte man jedoch, daß das der Versorgung der Allgemeinheit dienende Reservoir einen größeren Zulauf besaß als die bei den anderenI! . Das schließt der Text auch nicht aus, es wird in der wasserbautechnischen Literatur jedoch nicht angenommen. Auch die Anlage eines Ausgleichssystems derart, daß das Wasser zu-
12
Vitr. VIII 6, 1.
'Lacus' ist der Fachausdruck für die Bassin- bzw. Schöpfbrunnen, 'salientes' für die Laufbrunnen. Zusammen bildeten sie in den Städten ein dichtes Netz und versorgten flächendeckend die Bevölkerung, vgl. für Pompeji den Plan bei H. Eschebach, Die innerstädtische Gebrauchswasserversorgung, dargestellt am Beispiel Pompejis, in: Journees d'etudes sur les aqueducs Romains. Tagung über römische Wasserversorgungsanlagen, Lyon 26.-28. Mai 1977, hrsg. v. J.-P. Boucher, Paris 1983, S. 81-132, S. 90 f. und Plan S. 104. 13
14 Obwohl 'balnea' allmählich auf die privaten Badeanstalten beschränkt wurde, während der Fachausdruck für die großen öffentlichen (Kaiser-)Bäder 'thermae' war, wird es sich hier um beide Arten von Bädern gehandelt haben.
15 Vitr. VIII 6, 2. Vgl. auch C. Thierry, Art. "castellum", Daremberg/Saglio 1/1, S. 937-940, S. 937. 16 Vitr. VIII 6, 2: ' ... non enim poterunt < sc. privati> avertere, cum habuerint a capitibus proprias ductiones'. 17 Vitr. VIII 6, 2. 18 Über die Größe der drei receptacula äußert sich Vitruv nicht, es kann also durchaus sein, daß das mittlere ein größeres Speichervolumen als die beiden anderen besaß.
I. Die intraurbane Wasserverteilung
149
nächst in das mittlere receptaculum gelangt und erst der Überfluß daraus den Bädern oder gar Privatbezugsberechtigten zugeflossen wäre, entspräche der Zielrichtung eher, ist aber vom Text nicht gedeckt. Vitruv sagt selbst, weshalb die oben beschriebene Konstruktion gewählt wurde 19 : Es sollte ein Kompromiß zwischen der notwendigen kostenlosen Versorgung der Allgemeinheifo und wirtschaftlich-ökonomischen Gesichtspunkten gefunden werden. Denn während die Versorgung der Bevölkerung aus sozialen Gründen gesichert sein mußte, hatten sowohl die Bäder 1 als auch die Privatbezugsberechtigtenl l Gebühren für den Wasserbezug zu zahlen, womit sie zur Finanzierung etwa erforderlicher Erhaltungsmaßnahmen beitrugen23 • Trotzdem wurde der öffentliche Versorgungsstrang zumindest insofern bevorzugt, als das Wasser, das in den beiden anderen Versorgungsbereichen nicht verwendet wurde, durch das Überlaufsystem hierher gelangte.
Eine grundsätzlich konstante Menge des für die öffentliche Versorgung verfügbaren Wassers setzt auch das senatusconsultum von 11 v. Chr. voraus, wenn der Senat beschließt, "die Zahl der öffentlichen Brunnen, ... , weder zu vergrößern noch zu verringern"24. Der Senat hat wohl vermeiden wollen, daß
19 Vitr. VIII 6, 2: 'Haec autem quare divisa constituerim, hae sunt causae, 00'" Die von F. Krohn, Vitruvii de architectura Iibri decem, Leipzig 1912, und C. FeIlsterbusch, Vitruv. Zehn Bücher über Architektur, Darmstadt 51991, S. 567 Anm. 529, angenommene Textverderbnis ändert den Inhalt der Stelle nicht. Warum von einer solchen ausgegangen werden soll, ist unklar: alle Handschriften überliefern den (angeblich verderbten) Text, vgl. FeIlsterbusch. Eine solche Verwirrung könnte also nur bei der Abschrift des Urtextes in den (verlorenen) Archetypus erfolgt sein. Zu den HandschriftenFensterbusch, S. 11 ff. Auch F. Granger, Vitruvius. On architecture, vol. 2, London 31962, S. 182 f., folgt dem überlieferten Text. 20
Dazu gleich unten § 5 11 1 a) (S. 158-161).
21
Vitr. VIII 6, 2: '00. ill balneas vectigal quotannis populo praestent, 00."
22 Zu den Gebühren für Wasserbezugsrechte vgl. bereits oben § 2 11 2 a) ß) (S. 7780) und § 4 III 2 a) (S. 137-139 mit Anm. 182).
23 Das wird ausdrücklich nur für die Privathäuser erwähnt: Vitr. VIII 6, 2: '00., uti qui privatim duceIlt ill domos vectigalibus tuealltur per publicallos aquarum ductus'. In Rom wurden seit der Kaiserzeit keine Wassergebühren mehr erhoben, oben § 2 11 2 a) ß) (S. 78-80), weshalb Eck, Wasserversorgung, S. 80, annimmt, daß Vitruv den Zustand vor der augusteischen Neuordnung des stadtrömischen Wassersystems schildert. 24 Frolltin 104, 1: ' ... ita consuerullt lIeque augeri placere lIec minui < lIumerum > publicorum salientium, .. .'.
150
§ 5 Wasserkonzessionen
bei konstanter Wassermenge zu viele Brunnen angelegt würden und dadurch die kontinuierliche Versorgung aller Brunnen gefährdet würde2S •
2. Ergebnisse archäologischer Grabungen Wasserverteiler aus Vitruvs Zeit wurden kaum ausgegraben. Das intraurbane Verteilungsnetz wurde dauernd geändert. Außerdem bestand es hauptsächlich aus Bleiröhren, die bei einer Veränderung oder (feil-)Aufgabe des Leitungssystems wegen ihres Metallwertes und des Metallbedarfs regelmäßig eingeschmolzen wurden, so daß es nur zufällige Überreste des Verteilungsnetzes gibt. Deshalb ist auch in PompejF6 das Versorgungssystem zwar recht gut bekanne7 , das Verteilungsnetz selbst aber kaum noch vorhanden. Denn während die Versorgungsanlagen nach dem Erdbeben von 62 n. Chr. noch nicht wieder voll funktionsfähig warenu, wurden viele der verbliebenen Bleileitungen noch nach dem Ausbruch des Vesuvs und der Verschüttung der Stadt 79 n. Chr. aus den Trümmern entfernt29 • Anders sieht es in den griechisch geprägten Städten im Osten des Reiches aus, wo vorwiegend Tonrohre zur innerstädtischen Verteilung des Wassers dienten 3o • Allerdings fehlt auch hier ein vollständig rekonstruiertes Vertei-
25 Vgl. Frontin 104, 4: 'id factum existimo, quia modus aquarum quae is temporibus in urbem veniebant, ... , maiorem erogationem capere non videbatur'. Das schloß nicht aus, daß bei steigendem Wasserdargebot (durch den Bau der Aquae C[audia et Anio Novus, der späteren Fernwasserleitungen und Trajans wasserbauliehe Maßnahmen) weitere Brunnen gebaut wurden, s. Frontin 88, 1 und dazu die Zahlen unten § 5 I 3 b) (S. 156 rr.). 26
Wo an sich eine gute Erhaltung des Verteilungsnetzes zu erwarten wäre.
27
Zu Pompeji vgl. Eschebach, Gebrauchswasserversorgung, und gleich unten § 5 I
2 a).
28 Th. Kraus/L. v.Matt, Lebendiges Pompeji. Pompeji und Herculaneum. Antlitz und Schicksal zweier antiker Städte, Köln 1977, S. 1l. 29 Zur Demontage der Bleileitungen nach der Verschüttung der Stadt Eschebach, Gebrauchswasserversorgung, S. 97 r.; sein Beleg aus Suet. Tit. VIII (wohl 3 f.) überzeugt mich jedoch nicht. 30 Dies kann z.B. in Ephesos beobachtet werden, wo unter dem Straßenprofil vor der Celsus-Bibliothek mehrere Schichten übereinander verlegter Tonrohre unterschiedlichen Kalibers gefunden wurden.
I. Die intraurbane Wasserverteilung
151
lungsnetz. Aufschluß über die Wasserverteilung läßt sich aber durch eine Betrachtung der Verteilerbauten gewinnen.
a) Castellum aquae von Pompeji
Pompeji, dessen Wasserbedarf zunächst aus Tiefbrunnen und später durch eine Ableitung des Flusses Sarno gedeckt worden war, wurde in augusteischer Zeit durch eine Zubringerleitung an die sogenannte Serino-Leitung angeschlosssen 3!, die über eine Entfernung von etwa 110 km Wasser von Serino über Neapel bis Misenum brachte32 • Diese Zubringerleitung endete am höchsten Punkt der Stadt an der Porta dei Vesuvio in einem Hauptverteiler, der sowohl das Erdbeben von 62 n. Chr. als auch die Verschüttung der Stadt beim Ausbruch des Vesuvs 79 n. Chr. überstanden hat. Das castellum von Pompeji besitzt drei auf gleicher Höhe angebrachte Ausläufe, denen anscheinend unterschiedlich hohe Wehre vorgeschaltet waren, durch die bei Wassermangel ein gestaffeltes Trockenfallen der Leitungen ermöglicht wurde 33 • In dieser Anordnung wurde vielfach ein Beleg für das vitruv'sche System der Wasserverteilung gesehen. Die Vertreter dieser Ansicht argumentieren, daß die Verwendung verschieden hoher Überlaufe bei einem horizontalen Verteilungssystem wie in Pompeji die einzige Möglichkeit biete, bei Wassermangel durch frühzeitiges Abschalten der Privatabnehmer und der munera eine langfristige Versorgung der Allgemeinheit durch die Laufbrunnen zu gewährleisten34 •
3! A.W. van Buren, Art. "Pompeji", RE XXI 2, Sp. 1999-2038, Sp. 2031 f. Eschebach, Gebrauchswasserversorgung, S. 86 f. 32 Die Serino-Leitung wurde wahrscheinlich unter der Leitung Agrippas im Rahmen des Ausbaus der Flottenstützpunkte im Golf von Neapel 22 v. ehr. erbaut, vgl. Eschebach , Gebrauchswasserversorgung, S. 86 f. 33 Garbrecht, Wasserversorgungstechnik, S. 27. F. Kretr.schmer, Bilddokumente römischer Technik, Düsseldorf 51983, S. 62 f. Eschebach, Gebrauchswasserversorgung, S.89. 34 So neuerdings z.B. Kretr.schmer, Bilddokumente, S. 62 f. Eschebach, Gebrauchswasserversorgung, S. 89, und A. v.Gladiß, Art. "Wasserleitungen", KI. Pauly V, München 1975, Sp. 1349-1350, Sp. 1350.
152
§ 5 Wasserkonzessionen
Diese Zuordnung der drei Ausläufe scheint jedoch von dem Wunsch geleitet zu sein, die "kluge Konstruktionsidee"3~ Vitruvs verwirklicht zu sehen. Gewiß ist das vitruv'sche System sinnvoll, doch kann eine solche Verteilung zweckmäßigerweise nicht bereits am Hauptverteiler begonnen haben. Denn die Konsequenz daraus wäre, daß es drei von Anfang an getrennte innerstädtische Verteilungsnetze hätte geben müssen. Anhaltspunkte für ein derartiges dreifaches Verteilungssystem fehlen indes in PompejP6; auch aus wirtschaftlichen und technischen Gründen ist es unwahrscheinlich, daß sich eine Stadt ein dreifaches, flächendeckendes Verteilungsnetz geleistet hätte. Außerdem hätten bei der Existenz eines solchen Verteilungsnetzes auch die Unterverteiler, die sogenannten castella secundaria, getrennte Funktionen haben müssen je nach dem, welchem Verteilernetz sie dienten. Dies scheint nicht der Fall gewesen zu sein37 , vielmehr wurden von hier aus sowohl die öffentlichen Brunnen als auch die Anschlüsse der Privatabnehmers mit Wasser versorgt, während die öffentlichen Gebäude entweder direkt an die - allerdings wegen des Gefälles unter Druck stehende - Wasserleitunt9 angeschlossen waren oder über separate Wassertürme verfügten4O • Es ist daher anzunehmen, daß die drei Ausflüsse aus dem Hauptverteiler Pompejis das Wasser auf die Stadtgebiete verteilten41 • Erst hier wird in den castella secundaria die genaue Verteilung des Wassers auf die Endabnehmer
3S So Werner, S. 84; nach S. 95 soll das vitruv'sche Verteilungssystem in Pompeji, aber vermutlich auch in Rom zur Anwendung gekommen sein.
36 Fahlbusch, Wasserversorgungsanlagen, S. 159. Garbrecht, Wasserversorgungstechnik, S. 27.
37 So aber Kretzschmer, Bilddokumente, S. 64, der anscheinend zwischen Unterverteilern für Privatabnehmer und für die Versorgung der öffentlichen Laufbrunnen unterscheidet. 38 Allerdings gab es jedenfalls in Rom auch Wasserverteiler, die ausschließlich für die Verteilung von Wasser an konzessionierte Privatabnehmer errichtet wurden, dazu das sog. 3. senatusconsultum de aquaeductibus von 11 v. ehr. bei Frontin 106, 1. 39 Die Unterverteiler, die erhöht gebaut wurden, dienten nicht nur der "Feinverteilung" des Wassers, sondern führten auch zu einer Minderung des Wasserdrucks. 40 L. Eschebach, Beispiele antiker Wasserversorgungsanlagen, Art. "Pompeji", in: Geschichte der Wasserversorgung, Band 2: Die Wasserversorgung antiker Städte, hrsg. Frontinus-Gesellschaft e.V., Mainz 21991, S. 202-205, S. 205, und Eschebach, Gebrauchswasserversorgung, S. 94.
41 Garbrecht, Wasserversorgungstechnik, S. 27. Fahlbusch, Wasserversorgungsanlagen, S. 159. van Buren, Art. "Pompeji", RE XXI 2, Sp. 2032.
I. Die intraurbane Wasserverteilung
153
erfolgt sein. Ob in diesen das System Vz'truvs angewandt wurde, ist nicht erwiesen, wäre aber sinnvoll gewesen 42 •
b) Castellum aquae
VOll
Nimes
Wieder anders war das castellum aquae von Nimes konstruiert, der Hauptverteiler der unter Agrippa erbauten Wasserleitung, die das Wasser aus der Gegend von Uzes nach Nimes führte 43 •
Das castellum aquae von Nfmes Photo: K. Geißler
Hier wurde das Wasser in einem runden Becken auf zehn an der dem Zufluß gegenüberliegenden Beckenseite in gleicher Höhe angebrachte Ausflüsse und drei an der Beckensohle abzweigende Ausläufe verteilt44 • Durch je zwei
42
Fahlbusch, Wasserversorgungsanlagen, S. 159.
43 Nach H. Domke, Provence, München 71979, S. 192, wurde das Aquädukt 20 v. Chr. erbaut, nach I. Tetzlaff, Die Provence, Köln 81980, S. 62, 19 v. Chr.
44 Garbrecht, Wasserversorgungstechnik, S. 27. Die Maße und eine detaillierte Beschreibung des Wasserverteilers bei A. Nadal, Le Castellum. Chateau d'eau antique de Nfmes, Nfmes 21974, insbes. S. 18.
154
§ 5 Wasserkonzessionen
der zehn horizontal angelegten Ausflüsse wurde das verfügbare Wasser auf die fünf Stadtteile verteilt 4s • Auch hier befolgte man also nicht das von Vitruv geschilderte Verteilungssystem .
Aufsicht des castellum aquae von Nfmes K. Geißler nach A. Nadol
Die archäologisch erforschten castella ergeben somit, daß es in den römischen Städten kein einheitliches, allgemeinverbindliches System der Wasserverteilung gab 46 • Die Annahme, das vitruv'sche Modell sei das tatsächlich angewandte System der römischen Wasserverteilung gewesen 47 , ist also voreilig.
45 A. Grellier, Manuel d'archeologie Gallo-Romaine, Quatrieme partie: Les monuments des eaux, Paris 1960, S. 97 ff. Ausführlich Nadal, S. 21. 35-49. - Unklar ist immer noch, ob durch die Bodenausflüsse die öffentlichen Gebäude (fhermen und Theater) mit Wasser versorgt wurden oder die Öffnungen nur der Reinigung des Verteilers und der Abwasserkanäle diente, vgl. auch insoweit Nadal, S. 40-44. 46 G. Garbrecht, Planung, Bemessung und Bau römischer Wasserversorgungsanlagen, in: K. Grewe, Atlas der römischen Wasserleitungen nach Köln, Köln, Bonn 1986, S. 215-224, S. 217. Ders., Wasserversorgungstechnik, S. 18. 28.
47 I.G. Lande/s, Die Technik in der antiken Welt, München 31983, S. 59. Grenier, S. 33. W. Hein ducat, quam quae ex lacu humum accidit'.
76 Eine Bewilligung für die Ableitung des Überlaufwassers ist jedenfalls in der Kaiserzeit erforderlich, dazu Frontin 111, 1; daß es in der Republik, als die Wasserableitung insgesamt wesentlich strenger gehandhabt wurde, anders gewesen sein sollte, ist kaum anzunehmen. TI
Frontin 94, 4.
78 Frontin 111, 2: 'nam necesse est ex castellis aliquam partem aquae effluere, cum hoc pertineat non solum urbis nostrae salubritatem, sed etiam ad utilitatem cloacarum abluendarum'. Auch Frontin 88, 3.
11. Private Wasserkonzessionen
161
Entrichtung einer Abgabe, die in das aerarium floß und so wiederum der Öffentlichkeit zugute kam 79. Nur in Sonderfällen wurde Wasser an Privatpersonen abgegeben, etwa an Persönlichkeiten, die sich um den Staat besonders verdient gemacht hatten 80 • Auch dann war neben dem besonderen Verdienst, der diese Ehrung rechtfertigte, die Zustimmung der übrigen Bürger erforderlich81 • Unter ganz besonderen Voraussetzungen konnte Privatpersonen gegen die Zahlung einer Gebühr ein privates Wasserleitungs recht überlassen werden82 •
b) Neuregelung durch Agrippa
Agrippa machte sich um die stadtrömische Wasserversorgung nicht nur durch den Bau zweier Wasserleitungen83 , weiterer Wasserversorgungsanla-
79
Frontin 94, 4.
80 Frontin 94, 6: 'aliquid et ill domos principum civitatis dabatur concedentibus reliquis' . 81 Frolltin 94, 6. Diese Zustimmung war wohl auch in den municipia erforderlich, wo sie durch Beschluß der örtlichen curia ersetzt werden konnte, vgl. dazu die Inschrift über die Bewilligung eines Wasserleitungsrechts in Cales, CIL X. 4654: 'EXS-C-HONORlS-Q-PACONII-Q-F LEPTAe-ERGO LACVS-F1STVLAEQVE-CON STITVTAE-SVBSTRVCTAE-QVO COMMODIVS-IN-EIVS-DOMVM AQVAPVRA-DVCERETVR-QVOD IS-DE-R-P-SAEPE-NVMERO-BENE MERlTVSESSET-MERERETVRQ Q-P ACONIVS-Q-F-LEPTa-lIIl-VIR QVINQVENNALISEX-S-C LOCAVIT-ITEMQVe-PROBAVIT'. 82 Über die rechtliche Qualifizierung dieses Wasserleitungsrechts, ob es als Kauf des Leitungsrechts oder als miet- bzw. pachtweise Überlassung anzusehen war, gehen die Meinungen auseinander. Das Ed. Venafr. behandelt das Geschäft als Kauf ('eam aquam distribuere discribere vendundi causa, aut ei rei vectigal inponere constituere ... ', Ed. Venafr. Z. 37-39), auch Frontin spricht vom republikanischen 'ius dandae vendendaeve aquae' (Frontin 95, 1). Man könnte einen dem heutigen Sukzessivlieferungsvertrag entsprechenden Vertrag annehmen. Gegen einen Kauf spricht also nicht schon die alljährlich wiederkehrende Zahlungspflicht, zumal auch von einer locatio conductio rei kaum gesprochen werden kann, weil die hierfür typische Pflicht zur Rückgabe der Sache naturgemäß fehlt. Zu den Schwierigkeiten der juristischen Klassifizierung Weiß, Manzipationsakte, SZ 37 (1916), 149 f., und Mommsen, Urkunden, ZgR 15 (1850), 313 ff., insbes. S. 315, wo Mommsen im Vertrag über das Wasserrecht eher eine locatio sieht. 83
Vgl. dazu § 1 (oben S. 27 f.).
11 Geißler
162
§ 5 Wasserkonzessionen
gen M und die Schulung von eigenem Personal für Unterhaltung und Reparaturen85 verdient, sondern er organisierte auch die Wasserverteilung neu. Nachdem er das Wasserdargebot in der Stadt vergrößert hatte, konnte er eine weitaus größere Zahl privater Leitungsrechte bewilligen; diese setzte er ein, um Sympathien für die neue Staatsform zu schaffen. Er führte ein Wasserkataster ein86 , in dem er festhielt, wieviel Wasser an die einzelnen Versorgungsbereiche bzw. an einzelne Privatabnehmer abgegeben wurde 87 ; daraus wurde dann die verfügbare Wassermenge ersichtlich. Augustus bestätigte dieses Kataster in einem Edikt, als er die Oberaufsicht über das Wasserversorgungssystem übernahm 8!.
c) Die private Wasserableitung im Prinzipal
Die Versorgung von Privathäusern mit Wasser aus öffentlichen Leitungen war bereits seit der beginnenden Kaiserzeit eine feste Größe in der Wasserverteilungsbilanz der Städte!9. In Rom begünstigte die durch den Bau der späteren Fernwasserleitungen, insbesondere der Aquae Claudia, Anio Novus und Aqua Traiana, stark angestiegene Wassermenge90 diese Entwicklung91 • Außerdem kamen diese Leitungen wegen ihrer Konstruktion auf Bogenbrücken
84 Nach Plin. "ist. nat. XXXVI 24 (121) ließ Agrippa 700 laci, 500 salientes und 130 castella anlegen; vgl. dazu auch § 5 I 3 b) Anm. 58. 85 Frontin 98, 3: 'habuit et familiam propriam aquarum, quae tueretur ductus atque castella et lacus' . 86 Reste solcher Kataster finden sich auf den Inschriften CIL VI. 1261 (Rom) und XIV. 3676 (Tivoli), auf denen der Verlauf von Wasserleitungssträngen dargestellt ist. Bei den angrenzenden Privatgrundstücken wurde festgehaIten, wieviel Wasser sie in welchen Stunden des Tages ableiten durften; vgl. dazu auch Mommsen, Urkunden, ZgR 15 (1850), 307 f. Vgl. auch die sog. Lex Lamasba, CIL VIII. 4440. 87 Frontin 98, 2, worin sich das 'descripsit' anscheinend auf die in 99, 3 erwähnten 'commentariis Agrippae' bezieht.
88
Frontin 99, 3.
90
Vgl. oben § 5 I 1 und 3 (S. 147 ff. und 155 ff.). Vgl. für die Aquae Claudia et Anio Novus Frontin 72, 2. 73, 1. 2.
91
Frontin 88, 2: 'nec minus ad privatos commodum ex incremellto beneficiorum eius
89
diffunditur; ... '.
11. Private Wasserkonzessionen
163
auf einem so hohen Niveau in die Stadt92 , daß sie auch an die höhergelegenen Regionen der Stadt, wo die Angehörigen der Oberschicht wohnten, Wasser abgeben konnten 93 • Trotz der größeren Zahl von Konzessionen war der Kreis der Berechtigten auch in der Kaiserzeit noch klein. Untersuchungen der aus der Stadt Rom bekannten BIeifistulae haben gezeigt, daß der sonale Status eine große Rolle bei der Gewährung eines Privatanschlusses spieIte94 • Da ein Bescheid des Kaisers benehungsweise der kaiserlichen Kanzlei erforderlich war9S, kam es für eine Bewilligung darauf an, ob der Antragsteller Zugang zum Hof hatte. Daher ist es nicht verwunderlich, daß außer den Senatoren als Nutzungsberechtigte auf Bleifistulae auch liberti principis als Besitzer privater Wasserzuleitungen genannt werden 96 ; das prominenteste Beispiel hierfür ist Narcissus 97 , ab epistulis des Oaudius98 • Bemerkenswert ist auch, daß jedenfalls in Rom seit der Kaiserzeit für die private Wassemutzung keine Gebühren mehr entrichtet werden mußten99 • Einen "Kauf" des Wassers gab es nicht mehr, an seine Stelle trat die kostenlose Gewährung 'ex liberalitate principis'.
92 Frontin 18, 3 führt an, daß es fünf Wasserleitungen gibt, 'quarum altitudo in omnem partem urbis adtollitur, .. .'; dies waren, wenn auch mit unterschiedlichem Druck, die Aquae Anio Novus, Claudia, lulia, Tepula et Marcia, Frontin 18, 4.
93 Frontin 18, 2: 'inde fl < u > unt quaedam altioribus locis et quaedam erigi in eminentiora non possunt; ... '. 94 W. Eck, Die fistulae aquariae der Stadt Rom, Atti dei Colloquio Internationale su "Epigrafia e ordine senatorio", Roma 1982, S. 197-225, S. 200 ff., und ders., Wasserversorgung, S. 85 f. Vgl. auch C. Bruun, The water supply of ancient Rome. A study of Roman Imperial administration, Helsinki 1991, S. 77 ff. 95 Zwar gehen sowohl das 3. senatusconsultum von 11 v. Chr. als auch die Lex Quinctia von 9 v. Chr. von einer Zuständigkeit des curator aquarum aus, doch scheint diese nur von kurzer Dauer gewesen zu sein, dazu sogleich unten § 5 11 2 b) (S. 168 f. mit Anm. 123-130). 96 Vgl. die Auflistungen bei Bruun, S. 78-81, und Eck, fistulae aquariae, S. 201 ff. und 210-223. 97
CIL XV. 7500 a-c.
98
Vgl. dazu nur Suet. Claud. XXVIII.
99
Vgl. dazu oben § 2 11 2 a) ß) (S. 77 ff., insbes. S. 78-80).
164
§ 5 Wasserkonzessionen
d) Regelung der privaten Wasserableitung im Dominat Auch im Dominat benötigten Privatpersonen für die Ableitung von Wasser aus den öffentlichen Wasserleitungen eine kaiserliche Erlaubnis loo • Allerdings erließ Theodosius I. in Fortbildung des privaten Leitungsrechts am 22. Juni 382 n. Chr. ein Gesetz mit allgemeinen Grundsätzen und Richtlinien für die Bewilligung solcher Rechte, das an den praefectus urbis Constantinopolitanae Oearchus gerichtet war. Es legte fest, wieviel Wasser an die verschiedenen Privatbezugsberechtigten abgegeben werden durfte: "Wir verfügen, daß die größten Häuser, wenn sie nämlich mit eleganten Bädern ausgestattet sind, nicht mehr als 2 Unzen Wasser oder, wenn der Grund des Ranges mehr erfordert, auf keinen Fall mehr als 3 Unzen Wasser erhalten, die mediocres aber und die Häuser niederen Ranges mit 111.z Unzen zufrieden sind, wenn nämlich feststeht, daß sie selbst derartige Bäder haben. Wir ordnen an, daß alle anderen aber, die Häuser kleineren Ausmaßes besitzen, sich mit nur II.z Unze begnügen, ... "101. Probleme bereitet an dieser Konstitution zunächst der Begriff der uncia. Nach Frontin gab es als Rohrmaße den digitus lO2 , die uncia HYJ und die quinaria lO4 • Die quinaria war erst nach dem digitus und der uncia als Maßein-
100 Dazu CTh XV 2, 2 (369/370 n. Chr.): ' ... sacri tenore rescribti .. .'. 5 (389 n. Chr.): ' ... per nostra illdulta .. .'. 6 (395/6 n. Chr.): ' ... id quod prius iure beneficii fuerat consecutus .. .'. 7 (397 n. Chr.): ' ... vetere licentia .. .'. 8 (399 n. Chr.): ' ... posthac derivandae aquae copia tribuatur'. CTh XV 2, 3 beschäftigt sich insgesamt mit dem möglichen Inhalt der kaiserlichen Wasserbewilligung. Weiter beziehen sich auf diese Genehmigung CJ XI 43, 5 (439-441 n. Chr.): 'Si quis per divinam liberalitatem meruerit ius aquae, ... ' und 6 pr. (439-441 n. Chr.): 'Omllis servitus aquarum aquaeductus Hadriani ... '.
101 CTh XV 2, 3: 'Summas quidem domus, si lavacris lautioribus praesententur, binas non amplius aquae uncias aut, si hoc amplius exegerit ratio dignitatis, supra ternas neutiquam possidere, mediocres vero et inferioris meriti domus singuli et semis contentae esse decernimus, si tamen huiuscemodi balneas easdem habere claruerit'. 102 Nach Frontin 24, 2 war der digitus das gewöhnliche Maß in Campanien und den meisten Orten Italiens. Der Durchmesser des digitus wechselte je nachdem, ob es sich um einen "Quadratfinger" oder einen "Rundfinger" handelte, Frontin 26, 2. 5 f. Vgl. auch Plin. Hist. nat. XXXI 31 (58). 103 Nach der uncia richtete man sich in den Städten Apuliens, Frontin 24, 2. Sie hatte einen Durchmesser von 1Ya digiti (Frontin 26, 3) und umfaßte entsprechend 1Aa mehr als eine quinaria, Frontin 26, 3 und wiederholend Frontin 38.
11. Private Wasserkonzessionen
165
heit vermutlich von Vitruv, jedenfalls aber endgültig von Agrippa lo5 eingeführt und im Jahr 11 v. Chr. durch AugushlS verbindlich festgesetzt worden lO6 , was sie zu der für den stadtrömischen Gebrauch regelmäßig verwendeten Maßeinheit machte 107 • Umso mehr überrascht, daß Cfh XV 2, 3 die uncia verwendet. Zu erklären ist dies wohl allein damit, daß die quinaria jedenfalls in Konstantinopel weniger gebräuchlich war. Inhaltlich stellte die Konstitution erstmals verbindliche Maßstäbe für private Wasserleitungsrechte auf. Die Kriterien für das Höchstmaß waren strikt; Ausnahmen waren nicht vorgesehen. Fraglich ist jedoch, was Theodosius I. bezweckte. Das Gesetz nennt nämlich keine Voraussetzungen für die Erlangung eines privaten Wasserleitungsrechts. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, daß Wasser bereits dann auch ohne kaiserliche Genehmigung abgeleitet werden durfte, wenn sich der Ableitende an die genannten Höchstgrenzen hielt. Denn noch in späteren Konstitutionen wird stets auf das Erfordernis einer kaiserlichen Erlaubnis abgestelltlos . Vielmehr scheint die Konstitution eine Selbstbindung der Verwaltung bzw. des Kaisers bezweckt zu haben, die durch die Aufstellung strikter Grenzen für die Wasserabgabe eine Handhabe gegen Gesuche um größere Wasserleitungsröhren erhielten. Gleichzeitig wurde auf diese Weise eine Grundlage für eine Vereinheitlichung der Leitungsrechte geschaffen. Die Mitteilung an den praefectus urbis war sinnvoll: Sein Büro hatte die Einhaltung der wasserrechtlichen Regelungen zu überwachen. Nach Bekanntgabe der neuen Höchstgrenzen für die Wasserableitung konnte sich niemand mehr darauf berufen, mehr Wasser genehmigt bekommen zu haben; zudem erleichterte dieses starre Genehmigungssystem die Überwachung der Privatanschlüsse. Ob nunmehr aber jeder, der im vorgeschriebenen Rahmen
104 Frontin 25. Zur quinaria und die auf diesem Maß autbauenden Rohrstärken ausführlich Frolltill 27-34 und 37-63. lOS Zur Einführung der quinaria auch H. Fahlbusch, Über Abflußmessung und Standardisierung bei den Wasserversorgungsanlagen Roms, in: Wasserversorgung im antiken Rom, hrsg. Frontinus-Gesellschaft e. V., München, Wien 41989, S. 129-144, S. 139 ff. Thielscher, Art. "L. Vitruvius Mamurra"; RE IX A 1, Sp. 435 f. 106
Frontin 99, 4.
Frontin 25, 1: 'postea modulus ... inductus, ... , ill usum urbis exclusis prioribus venit, adpellatus quinariae nomine' . 107
108 Zuvor CTh XV 2, 2 (369/370 n. Chr), danach CTh XV 2, 6 (395/396 n. Chr.). 8 (399 n. Chr.). CJ XI 43, 5 und 6 pr. (beide 439-441 n. Chr.). Vgl. dazu soeben oben
Anm.100.
166
§ 5 Wasserkonzessionen
eine Bewilligung beantragte, mit ihrer Erteilung rechnen konnte, ist nicht sicher lO9 • Weitere Vorschriften betrafen einzelne Leitungen l1O , waren also nicht allgemeingültig. In diesen Regelungen wurde vielfach, was im Prinzipat nicht vorgekommen war, die private Ableitung aus bestimmten öffentlichen Wasserversorgungsanlagen allgemein verboten1l1 , weil sie nach dem Willen der Kaiser anderen Zwecken dienen sollten112 • Diese Anordnungen ergingen häufig aus besonderem Anlaß: oft war die nämliche Wasserleitung gerade wiederhergestellt und dadurch in den Mittelpunkt der kaiserlichen Aufmerksamkeit gerückt worden 1l3 • Für Konstantinopel wurde die Pflicht zur Entrichtung von Gebühren für den privaten Wasserbezug erst durch Theodosius 11. aufgehoben. Zwischen 445 und 447 n. Chr. 114 erging eine Konstitution an den praefectus praetorio Eutychia-
109 Mangels entsprechender Aussagen in der antiken Literatur wäre eine Diskussion über diesen Punkt rein spekulativ. 110 CTh XV 2, 2 (369/370 n. Chr.) bezieht sich auf die Wasserleitung, die den kaiserlichen Palast von Daphne bei Antiochia mit Wasser versorgte. CTh XV 2, 8 (399 n. Chr.) betrifft die Aqua Augusta, d.h. vermutlich die durch Agrippa angelegte Zuleitung zur Aqua Marcia, vgl. dazu unten § 6 I 9 (S. 199 ff., insbes. S. 200), CTh XV 2, 9 (400 n. Chr.) die Aqua Claudia in Rom und CJ XI 43, 6 pr. (439-441 n. Chr.) den aquaeduetus Hadrialli in Konstantinopel.
111 CTh XV 2, 8 legte fest, daß an der Aqua Augusta keine neuen Wasserrechte mehr bewilligt werden sollten; die bestehenden blieben jedoch in Kraft. Dagegen verbietet CJ XI 43, 6 pr. jede Wasserableitung aus dem aquaeduetus Hadrialli und widerruft früher erteilte Bewilligungen: 'Omnis servitus aquarum aquaeduetus Hadriani ... impertitus penitus exprobretur: ... nemini lieelltia tribuenda ab eodem aquaeductu preeibus oblatis usum aquae petere vel eum audere perforare: ... '. 112 Nach CJ XI 43, 6 pr. bevorzugten die Kaiser, daß die Wasserleitung Hadrians ' ... lIostri palatii publiearum thermarum ae nymphaeorum eommoditatibus illservire'. CJ XI 43, 6, 2 verbietet die Wasserableitung aus Bleiröhren, die zu den sog. achillischen Thermen führten; sie sollten ebenfalls nur den Thermen und Nymphäen dienen (CJ XI 43, 6,3).
113 Die Konstitutionen CTh XV 2, 8 und 9, die die Aqua Augusta und die Aqua Claudia betrafen, dürften ihre Ursache in der Wiederherstellung des Oberlaufs der Aquae Mareia et Claudia durch Honorius in den Jahren 398/399 n. Chr. gehabt haben, vgl. CIL IX. 4051. Bei der Aqua Augusta sagt das Gesetz selbst, daß sie gerade erst mit öffentlichen Mitteln repariert worden ist: 'Ex forma, ... , quae in Campania sumptu publieo reparata est, .. .'.
11. Private Wasserkonzessionen
167
nus, wonach "darauf zu achten (ist), daß niemand von denen, die ein Wasserrecht besitzen, irgendeine Steuerauflage ertragen muß: denn es erscheint als schmählich, wenn die Häuser dieser erhabenen StadtllS das Wasser zu kaufen haben"1I6. Auch in der Spätantike durfte also aus den öffentlichen Versorgungsanlagen Wasser für den Privatgebrauch nur aufgrund kaiserlicher Genehmigung abgeleitet werden, wobei die Wassermenge beschränkt war. Allerdings zeigt Cfh XV 2, 3, daß der Kreis der Bezugsberechtigten immer weiter ausgedehnt wurde. In der Republik waren es nur die verdientesten Männer des Staates, im Prinzipat hauptsächlich Angehörige des senatorischen oder ritterlichen Standes, denen Wasserbezugsrechte zugestanden wurden; jetzt hatten auch "mediocres und die Häuser niederen Ranges"117 Zugang zu privaten Leitungsrechten.
2. Konzessionsverfahren Geregelt wurde auch, wer für die Bewilligung des Leitungsrechts zuständig war.
a) Republik
Für die kostenlose Gewährung eines Wasserleitungsrechts an verdiente Persönlichkeiten war die Volksversammlung zuständig1l8 • Dagegen war nach Frontin in republikanischer Zeit nicht einheitlich geregelt, wer öffentliches Wasser gegen Zahlung einer Abgabe an Privatpersonen abgeben konnte. Er geht aber davon aus, daß das Wasser grundsätzlich von den cellsores, in den
114 Zur Datierung der Konstitution und der Amtszeit des Eutychianus als praefectus praetorio Orientis Seeck, Regesten, S. 130, Z. 34 ff., bes. Z. 41 f. Martindale, PLRE 11, v. "Eutychianus 2", S. 446, hält Seecks Datierung allerdings nicht für zwingend.
1lS
Das ist Konstantinopel, vgl. CJ 11 52, 7 pr.
116 CJ XI 43, 7: ' ... illo videlicet observalldo, ut nemo eorum qui ius aquae possident quamcumque descriptionem sustineat: nam exsecrabile videtur domos huius almae urbis aquam habere venalem'. 117
CTh XV 2, 3: '... mediocres vero et inferioris meriti domus .. .'.
118
Frontin 94, 6. Dazu auch Eck, Wasserversorgung, S. 83, und oben Anm. 81.
168
§ 5 Wasserkonzessionen
zwischen den censurae liegenden Jahren von den aediles vergeben wurde 119 • Bei diesem "Verkauf" des Wassers war eine Zustimmung der Volksversammlung nicht erforderlich, weil ein Entgelt gezahlt wurde. Es handelte sich also um ein Finanzgeschäft des Staates, wofür die censores zuständig waren.
b) Prinzipat
Die Neuorganisation der öffentlichen Wasserversorgung als kaiserliche Aufgabe durch die senatusconsulta des Jahres 11 v. Chr. lw brachte auch ein neues Verfahren zur Erlangung einer Konzession für die private Wasserableitung mit sich. Augustus übertrug die diesbezüglichen censorischen Befugnisse auf den curator aquarUin. Nur den Bau neuer Wasserleitungen behielt er sich selbst vor. Auf den curator aquarum scheint zunächst auch das Recht übergegangen zu sein, Wasser aus den öffentlichen Leitungen zu verkaufen. Jedenfalls nennen sowohl ein senatusconsultum von 11 v. Chr .121 als auch die Lex Quinctia de aquaeductu von 9 v. Chr. 122 entsprechende Genehmigungen des curator. Frontin dagegen kennt zu seiner Zeit nur noch die ausschließliche Zuständigkeit des Kaisers für die Gewährung des privaten Leitungsrechts. Wann die Zuständigkeit geändert wurde, ist ungewiß I23 • Allerdings spricht für sich, daß bereits Augustus die von Agrippa erteilten Konzessionen in einem Edikt auf seinen Namen übemahm l24 • Auch die kaiserlichen Verwaltungs anordnungen setzen die alleinige Zuständigkeit des princeps voraus m . Die Formulierungen Frontins zeigen, daß für ihn die Verleihung eines privaten Wasserbezugsrechts
119
Frontin 95, 1 und besonders 2.
120
Dazu auch oben § 2 11 (S. 57 mit Anm. 132).
121 Frontin 106, 1: ' ... aquam ducerent quam ex castello communem accepissent a curatoribus aquarum' . 122 Frontin 129, 11: '... iis, quibuscumque curatores aquarum permiserunt, permiserint, ... '. 123 Eck, fistulae aquariae, S. 198, vermutet, daß dieser Wechsel spätestens mit Claudius, vielleicht aber bereits unter Augustus stattgefunden hat. 124 Frontin 99, 3. 125
Frontin 111, 1: ' ... nisi qui mev beneficio aut priorum prillcipum habent' .
11. Private Wasserkonzessionen
169
ganz selbstverständlich ein 'beneficium prineipum '126 war. Auch unter Caracalla stand dieses Recht ohne Einschränkung allein dem prineeps ZU127. Das Verfahren!28 war genau geregelt: es war ein Antrag beim Kaiser zu stellen, der daraufhin je nach der in diesem Verteilungsbereich freien Wassermenge!29 eine Konzession ausstellte oder sie versagte. Diese in einem Brief1 30 aus der entsprechenden kaiserlichen Kanzlei (ab epistulis) enthaltene Konzession legte der Berechtigte dem eurator aquarum vor. Dieser leitete die Sache an den proeurator aquarum weiter, der dann die technische Ausführung veranlaßte. Dabei war darauf zu achten, daß das Meßrohr von Fachleuten auf das bewilligte Maß geeicht!3! und dann horizontal und in einem rechten Winkel zum Wasserverlauf eingebaut!32 wurde. An das Meßrohr wurde das vorgeschriebene, fünfzig Fuß lange Anschlußrohr angeschlossen!33.
e) Verfahren im Domillat
Auch in der Spätantike war für die private Wasserableitung eine kaiserliche Erlaubnis erforderlich l34 . Diese gab nicht nur die bewilligte Wassermenge an, sondern auch das Verteilerbauwerk bzw. Reservoir, aus dem der Private das Wasser ableiten durftem .
!26 Frontin 3, 2: 'quantum privatorum usibus benificio principis detur'. 103, 3: 'benejiciaprincipis'. 105, 1: 'benejicio Caesaris'. 110, 1: 'bellejicium aprincipibus'. !27 Ulp. D. 43, 20,1,42: 'Idque aprillcipe conceditur: alii nulli competit ius aquae dandae'. !28 Dazu Frontin 105. !29 Die durch Erlöschen eines Wasserrechts wieder frei werdende Wassermenge
wurde in den Wasserkatastern festgehaIten, um einen Überblick über die noch verfügbare Wassermenge zu schaffen, Frontin 109, 1. 130
Frontin 105, 1: 'epistula a principe'. 109, 6: 'epistula principis'.
13l
Frontin 105, 4.
132
Frontin 36, 1. 2.
133
Frontin 105, 5.
!34
Vgl. soeben oben § 5 11 1 d) (S. 164-167).
CTh XV 2, 2: ' ... non prius eidem accipiendi potestas aliquatellus tribuatur, nisi adito rectore ex ipso conceptaculo quantitatem quam meruit possit adipisci'. 135
170
§ 5 Wasserkonzessionen
Nach Cfh XV 2, 2 aus dem Jahr 369/370 n. Chr. war die kaiserliche Erlaubnis dem rector der Provinz vorzulegen. Theodosius 11. änderte das zwischen 439 und 441 n. Chr. dahingehend, daß "das kaiserliche Schreiben nicht den hochachtbaren rectores der Provinzen, sondern deinem < i.e. des praefectus praetorio> sehr vorzüglichen Gericht vorzulegen ,,136 waren. Diese Zuständigkeitsregelung betrifft somit nur Wasserleitungen in den Provinzen außerhalb des Zuständigkeitsgebiets des praefectus urbis. Und die an den praefectus praetorio Cyrus gerichtete Konstitution fährt fort: "Und deine hohe Stelle soll anordnen, was sich ziemt, was je nach der Menge der Bürger an die öffentlichen Thermen und Nymphäen abgegeben wird, und was den Personen, denen unsere Majestät es aus Gnade gewährt hat, aus dem Überlaufwasser zugeteilt werden muß "137. Der praefectus praetorio war also in eigener Verantwortung für zweierlei zuständig: Er bewilligte das Wasser für Thermen und Nymphäen, die der Zerstreuung der Bevölkerung dienten l38 , wobei er nicht an kaiserliche Genehmigungen gebunden war, sondern frei über die abzugebende Wassermenge bestimmen konnte. Außerdem scheint er die konkrete Wassermenge festgelegt zu haben, wenn die Kaiser die Ableitung von Überlaufwasser genehmigt hatten. Justinian änderte 530 n. Chr. die Zuständigkeit noch einmal. In einer an den praefectus praetorio Julian gerichteten Konstitution bestimmte er, daß "der sehr religiöse Bischof, der Gemeindevorsteher und die übrigen ansässigen, gutgesinnten Bürger ... auch die Verteilung des Wassers überprüfen sollen, das, wie in der kaiserlichen Verordnung gesagt wird, einem jeden zusteht, damit nicht die einen mehr, die anderen weniger haben, als ihnen gebührt "139. Danach
136 CJ XI 43, 5: '... non viris clarissimis rectoribus provinciarum, sed tuae praecellentissimae sedi caelestes apices intimare debebit: ... '. 137 CJ XI 43, 5: '... et amplissima tua sede dispositura, quid in publicis thermis, quid in nymphaeis pro abundantia civium convenit deputari, quid his personis, quibus nostra perennitas indulsit, ex aqua superflua debeat impertiri'. Diese Regelung wurde zwischen 491 und 518 n. Chr. bestätigt, vgl. Cl XI 43, 11.
n
138
Darauf geht auch CI XI 43, 3 zurück.
139
CJ I 4, 26, 9 f. (nach anderer Zählung 4 f.): ' ... ßEOf{JIMa-ra'rov briaxo1Cov 'rov
1Ca'rEQa 'rov~ 'rE ).,OI1COV~ EV iJ1Co).,YppEl x'r~'roQa~ 1CQOVOEiv ...
(10 [5]) ToV~ tR EX ßElov 'rV1COV
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111. Auflagen beim privaten Wasserbezug
171
scheint nun erstmals ein regelrechter Anspruch auf die Gewährung eines privaten Wasserbezugsrechts bestanden zu haben; die erste Vorschrift, die so weit geht.
111. Auflagen beim privaten Wasserbezug Zum Schutz der WasserversorgungsanJagen vor Beschädigungen wurde den Privatberechtigten insbesondere vorgeschrieben, von wo sie das Wasser, das ihnen zugestanden worden war, abzuleiten hatten. Damit sollte vermieden werden, daß die Leitungen durch den direkten Anschluß der calices beschädigt wurden und leckten.
1. Senatusconsultum de aquaeductibus von 11 v. ehr. Die erste einschlägige Anordnung140 erließ der Senat bei der Neuregelung der Wasserversorgung nach dem Tod Agrippas. Er bestimmte, "daß es keinem Privaten erlaubt sein soll, Wasser unmittelbar aus den öffentlichen Kanälen zu entnehmen, und daß alle, denen ein Wasserleitungsrecht verliehen worden ist, das Wasser aus den castella ableiten sollen ... "141. Frontin begründet diese Regelung damit, daß der Senatsbeschluß deshalb nur "erlaubt, Wasser aus einem VerteiIerbauwerk abzuleiten, damit die Wasserleitungen und öffentlichen Rohre nicht so häufig beschädigt werden" 142. Er berichtet auch, daß es "offenkundig nicht erlaubt (ist), ... Wasser aus einem anderen castellum als aus dem in der kaiserlichen Genehmigung genannten abzuleiten; dies wird auch durch mandata untersagt "143 •
140
Frontin 106.
141 Frontin 106, 1: ' ... ne cui privato aquam ducere ex rivis publicis liceret, utique omnes ii quibus aquae ducendae ius esset datum ex castellis ducerent, ... '. - Überlegungen zur Bezeichnung des Wasserverteilers als castellum aquae bei Nadal, S. 14 C., insbes. S. 17. 142 Frontin 106, 3: 'In hoc S.C. dignum adnotatione est, quod aquam non nisi ex castello duci permittit, ne aut rivi aut fistulae publicae frequenter lacerentur'. 143 Frontin 109, 6: 'Impetratam aquam ... ex alio castello, quam ex quo epistula principis continebit, duci palamst non oportere; sed et mandatis prohibetur'.
172
§ 5 Wasserkonzessionen
Eine Sanktion für den Fall, daß Wasser direkt aus den öffentlichen Kanälen abgeleitet wurde, ist nicht vorgesehen. Der Senatsbeschluß richtete sich offenbar vor allem an die im folgenden angesprochenen curatores aquarum, die mit dem Bau der Unterverteiler in den verschiedenen Stadtvierteln beauftragt wurden '44 •
2. Edictum perpetuum • D. 43, 20, 1, 38 Auch aus dem edictum perpetuum des Stadtprätors, das um 130 n. ehr. auf Veranlassung Hadrians von Julian redigiert wurde '4s , kann gefolgert werden, daß das Wasser öffentlicher Wasserleitungen nur aus den castella abgeleitet werden durfte. Im - nach Lenels Rekonstruktion - 43. Titel des prätorischen Edikts'46 waren die Formulare der Interdikte zusammengestellt, mit denen bei der Störung bestimmter Rechte ein schneller Rechtsschutz erreicht werden konnte '47 . Die Digesten, die die Interdikte des prätorischen Edikts recht vollzählig überliefem '43 , sehen ein Interdikt nur vor, wenn jemand berechtigt war, Wasser aus einer Quelle'49 , einem Fluß oder Seeiso oder castel-
144 Frontin 106, 1: 'animadverterentque curatores aquarum, quibus locis intra extra urbem apte castella privati facere possent, ex quibus aquam ducerent quam ex castello communem accepissent a curatoribus aquarum'. 145 Dazu Eutr. VIII 1 und CJ 117,2,18. Hieron. chron. ab Abr. bezeugt 2147 (= 131 n. ehr.) als Redaktionsjahr des Edikts. - Vgl. auch M. Schanz, Geschichte der römischen Literatur bis zum Gesetzgebungswerk des Kaisers Justinian, 3. Teil, München 31922, S. 186. Wieacker, Rechtsgeschichte I, S. 468 f. Liebs, Römisches Recht, S. 49 f. 146
O. Lenel, Das edictum perpetuum, Leipzig 31927, S. XXII f. S. 446 ff.
Zum Wesen der Interdikte A. Berger, Art. "interdictum" , RE IX 2, Sp. 16091707, bes. Sp. 1609-1612. 147
141 Dazu, daß die Interdiktformeln nicht in dem Maße bei der Zusammenstellung der Digesten gestrichen wurden wie die anderen Formeln, Karlowa, Rechtsgeschichte I, S. 638. 149 Nach Ulp. D. 43, 20, 1, 39 bezieht sich die von ihm selbst in D. 43, 20, 1 pr. überlieferte Formel nur auf die Ableitung von der Quelle an.
ISO Das Schutz der Wasserableitung aus einem Fluß und einem See wird durch die interdicta de aqua cottidiana et aestiva geWährleistet, vgl. die Spruchformel des Prätors bei mp. D. 43, 20, 1 pr. und 29.
IIl. Auflagen beim privaten Wasserbezug
173
lum lSl abzuleiten und in der Ausübung seines Rechtes beeinträchtigt wurde. Ein Interdikt zum Schutz der Wasserableitung aus dem Kanal einer öffentlichen Wasserleitung findet sich dagegen nicht, obwohl es erforderlich gewesen wäre; denn die Wasserableitung aus dem Leitungskanal einer öffentlichen Wasserleitung wurde von den interdicta de aqua cottidiana et aestiva nicht erfaßt. Eine Übertragung dieses Interdiktes auf die Wasserableitung a rivo kam schwerlich in Betracht, da die interdicta de aqua cottidiana et aestiva Störungen privatrechtlicher Grunddienstbarkeiten betrafen, wovon die Ableitung aus dem Kanal einer öffentlichen Wasserleitung allzu verschieden ist m . Wenn also gegen Störungen der Wasserableitung a castello ein Interdikt gegeben war, bei Störung der Wasserableitung unmittelbar aus einer öffentlichen Wasserleitungsröhre dagegen nicht m , so wird für ein derartiges Interdikt keine Notwendigkeit bestanden haben. Sie wird nicht vorgesehen und daher auch nicht durch die Rechtsordnung zu schützen gewesen sein.
151
Edikt bei Ulp. D. 43, 20, 1, 38.
Ulpian, D. 43, 20, 1, umschreibt die Voraussetzungen der interdicta de aqua cottidiana et aestiva. Erforderlich war danach zunächst, daß es sich um 'aqua perennis' handelte, denn 'nulla enim alia aqua duci potest, nisi quae perennis est' (Ulp. D. 43, 20, 1, 5). Weiter hing der Interdiktenschutz davon ab, ob eine Wasserleitungsdienstbarkeit an diesem Wasser bestellt werden konnte, was nur möglich war, wenn die Wasserableitung "vom Ursprung" des Wassers an erfolgte. Die Kommentierung Ulpians geht genau darauf ein, was unter diesem "Urprung" zu verstehen ist: 'Haec interdicta de aqua, item de fonte ad eam aquam pertinere videntur, quae a capite ducitur, non aliunde: harum enim aquarum etiam servitus iure civile constitui potest. Caput aquae illud est, unde aqua nascitur: si ex fonte nascatur, ipse fons: si ex Jlumine vel lacu, prima incilia vel principia fossa rum, quibus aquae ex Jlumine vel ex lacu in primum rivum compelli solent' (Ulp. D. 43, 20, 1, 7. 8). Durch die Wortwahl ('ex Jlumine') stellt Ulpian jedoch weiterhin fest, daß es sich ausschließlich um die Möglichkeit der Wasserableitung aus einem natürlichen Fluß handelte; die Formulierung 'ex rivo' scheint er, da zu unsicher, bewußt vermieden zu haben. Zum 'caput aquae' auch A. Palma, Le derivazioni di acqua - , Index 15 (1987),439-457, S. 443 ff. Zu den Interdikten zum Schutz der das Wasser betreffenden Grunddienstbarkeiten R. Elvers, Die römische Servitutenlehre, Marburg 1856, S. 817 ff. 152
153 Ein Interdikt bei Ableitung 'ex rivo' hätte leicht in die Formel bei Ableitung 'ex castello' eingefügt werden können. In D. 43, 21 'de rivis' wird nur auf die Möglichkeit der Vornahme von baulichen Maßnahmen an (privaten) Wasserleitungskanälen eingegangen.
174
§ 5 Wasserkonzessionen
3. Ulpian D. 43, 20, 1, 41 Allerdings kommentiert U/pian die Stelle des prätorischen Ediktes so: Es "wird aber erlaubt, das Wasser entweder aus dem castellum oder aus der Wasserrinne oder aus einem anderen öffentlichen Ort abzuleiten" 134.
a) Behandlung der Wasserableitung insgesamt? U/pian scheint sich in D. 43, 20, 1, 41 nicht ausschließlich auf das Recht der Wasserableitung 'a castello' zu beziehen, sondern die verschiedenen Möglichkeiten der Ableitung öffentlichen Wassers insgesamt zusammenzufassen. Danach kann man bei der Wasserableitung folgende Möglichkeiten unterscheidenm: die Ableitung des durch öffentliche Wasserleitungen in die Stadt geleiteten Wassers 'a castello', die Ableitung öffentlichen Wassers 'a rivo', womit nicht notwendigerweise der Kanal einer Wasserleitung, sondern auch die Ableitung aus einem - natürlichen - öffentlichen Bach gemeint sein könntel36 , und die Ableitung 'a quo alio /oco pub/ico'. Auch die letztgenannte Ableitungsmöglichkeit muß nicht zwangsläufig bedeuten, daß überall aus den öffentlichen Versorgungsanlagen Wasser abgeleitet werden durfte, sondern kann sich genauso gut auf die Ableitung aus öffentlichen Quellen, Teichen und Seen beziehen. Versteht man den Text so eng, kann von einer stringenten Handhabung der privaten Ableitung öffentlichen Wassers gesprochen werden, ist doch die Ableitung von Wasser, das durch öffentliche Wasserleitungen in die Stadt
IS4 Ulp. D. 43,20, 1,41: 'Permittitur autem aquam ex castello vel ex rivo vel ex quo alio loco publico ducere'. ISS Abgesehen von der rein privatrechtlichen Ableitung privaten Wassers mittels einer servitus aquae ducendae oder aquaeductus. IS6 Nach H.G. Heumann/E. Seckel, Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts, Jena 111907, "rivus", S. 520, kann 'rivus' sowohl den natürlichen Bach als auch den künstlich angelegten Wasserkanal bezeichnen. Interessant ist, daß Ulpian selbst einen 'rivus' von einem 'flumen', der zweifelsfrei ein natürlicher Wasserlauf ist, nur durch die Größe, nicht aber durch die Art der Entstehung unterscheidet, vgl. D. 43, 12, 1, l. Dazu auch Hesse, Wasserrecht, Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts 7 (1865), S. 188, und O. Karlowa, Römische Rechtsgeschichte, Zweiter Band, Leipzig 1901, S. 503.
III. Auflagen beim privaten Wasserbezug
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geleitet wird, wie zuvor nur aus dem Wasserverteiler erlaubt. Allerdings weist bei einem derartigen Textverständnis der Kommentar Ulpians zum prätorischen Edikt, wie er in den Digesten überliefert ist, einen thematischen Bruch auf. Denn in D. 43, 20, 1, 38-40 wird das Wasserleitungsrecht ex castello, in D. 43, 20, 1, 41 dagegen als allgemeiner Grundsatz die Ableitung öffentlichen Wassers insgesamt (ex castello, ex rivo, ex quo alio loco publico) behandelt, während sich D. 43, 20, 1, 42 f. wieder nur auf das Leitungsrecht aus dem Wasserverteiler berieht. Weshalb Ulpian diesen allgemeinen Grundsatz über die Ableitung jedweden öffentlichen Wassers bei der Behandlung des prätorischen Interdikts gegen Störungen der Wasserableitung ex castello eingefügt haben sollte, ist jedoch nicht ersichtlich; eher wäre ein solcher der Vollständigkeit dienender Hinweis am Ende des Kommentars zu erwarten gewesen. Auch die Etymologie des Wortes rivus spricht gegen die Auslegung, daß Ulpian an dieser Stelle die Ableitung öffentlichen Wassers insgesamt behandelt. Zwar verzeichnen die etymologischen Wörterbücher "Bach, Wasserrinne, Wassergraben, Wasserleitung, Stollen"m als mögliche Bedeutungen von rivus m , doch zeigt die Verwendung des Begriffs in den Schriften der Juristenl~9, daß hier regelmäßig nur der künstlich angelegte (oberirdische) Wasserleitungskanal bezeichnet werden sollte. Daher ist zunächst davon auszugehen, daß Ulpian in D. 43, 20, 1, 41 mit rivus keinen natürlichen Bach, sondern die oberirdische Rinne einer öffentli-
chen Wasserleitung meint und daß nach seiner Kommentierung auch die Wasserableitung aus diesen oberirdischen öffentlichen Wasserleitungskanälen erlaubt war.
157 A. Walde/1 .B. Hofmann, Lateinisches etymologisches Wörterbuch, Zweiter Band, Heidelberg 31954, "rivus", S. 437 f.; vgl. auch Heumann/Seckel, Handlexikon, "rivus", S. 520; Hesse, Wasserrecht, Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts 7 (1865), S. 188, und Karlowa, Rechtsgeschichte 11, S. 503. 158 Nach Festus, "rivus" (P. 273 M) war rivus der Oberbegriff für alle Wasserläufe; er erfaßt sowohl die Gräben über der Erde als auch die unterirdischen Kanäle: 'Sed hi rivi dicuntur, qui manu facti sunt, sive super terram fossa, sive t super t specu; ... '.
159 Ulp. D. 43, 21, 1, 2: 'Rivus est loeus per longitudinem depressus, quo aqua deeurrat' weist mit 'per longitudinem depressus' auf eine künstliche Anlage hin. Auch die senatusconsulta de aquaeductibus stellen in der Regel den rivus als oberirdischen Wasserleitungskanal dem specus, dem unterirdischen Leitungsstollen, gegenüber, vgl. Frontin 125. 127, 1. 129,4. 7. 9. 11. Auch bei Frontin 106,1 sind die rivi eindeutig öffentliche Wasserleitungskanäle .
176
§ 5 Wasserkonzessionen
b) Beliebigkeit des Anschlußortes ? Eine Formulierung Frontins scheint zu bestätigen, daß der Ort, von dem das Wasser abgeleitet wurde, beliebig war. Frontin behandelt auch die technischen Details der Wasserableitung. Danach wurde denjenigen Personen, denen ein Recht zur Ableitung öffentlichen Wassers zustand, das Wasser durch Blei- oder Tonrohrleitungen zugeführt, wobei die Einzelrohre genormt waren. Ihnen war eine Meßdüse vorgeschaltet, nach deren Durchmesser sich die Gebühren für den Bezug des öffentlichen Wassers berechneten l60 • Frontin behandelt die verschiedenen gängigen Düsengrößen und geht auch auf die Frage ein, wo die Meßdüse angeschlossen wurde: "Das Meßrohr (calix) ist ein bronzenes Meßgerät, das in die Leitung oder das Verteilerbauwerk eingebaut wird; an dieses werden die Rohre angeschlossen "161. Das Meßrohr konnte also auch im rivus angeschlossen werden, was dem senatusconsultum von 9 v. Chr. und den mandata principis zu widersprechen scheint, nach denen die Wasserableitung ausschließlich aus den Verteilerbauwerken erfolgen durfte l62 • Dieser scheinbare Widerspruch löst sich jedoch bei näherem Hinsehen auf. Denn sowohl das sellatusconsultum als auch die mandala principis bezogen sich nur auf die Ableitung des Wassers öffentlicher Wasserleitungen durch Privatpersonen l63 • Es stellt sich somit die Frage, wann eine calix direkt in der Leitung angeschlossen werden konnte. Dies wird bei den Anschlüssen angenommen werden können, bei denen kein ständiger Wechsel des Berechtigten oder der bewilligten Wassermenge zu erwarten war wie bei Privatpersonen, also insbesondere bei öffentlichen Gebäuden l64 oder
160 Zu den verschiedenen Meßrohren Frontin 37-63 und dazu A.T. Hodge, Roman Aqueducls & Water Supply, London 1992, S. 296-300; zu den Gebühren oben § 2 11 2 a) ß) (S. 77-80). 161 Frontin 36,3: 'Est autem calix modulus aeneus, qui rivo vel castello inditur; huic fistulae adplicantur'.
162
Vgl. soeben § 5 111 1 (S. 171 f.).
Dies geht aus der Formulierung des Senalsbeschlusses und dem systematischen Zusammenhang hervor, in dem Frontin die mandata principis erwähnt. So heißt es in dem senatusconsultum bei Frontin 106, 1: ' ... ne cui privato aquam ducere ex rivis publicis liceret, utique omnes ii quibus aquae ducendae ius esset datum ex castellis ducerent, .. .'. Die mandata principis erwähnt Frontin 109, 6, wo er thematisch die privaten Wasserleitungsrechte behandelt (Frontin 105-111). 163
III. Auflagen beim privaten Wasserbezug
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dem Kaiser, für den nach Frontin beträchtliche Anteile der städtischen Wassermenge zur Verfügung gestellt wurden l6s • Nur für diese Einrichtungen und den kaiserlichen Bedarf konnten die Meßrohre direkt in der Leitung angelegt werden; die Privatberechtigten waren auf die Ableitung aus den Verteilerbauwerken verwiesen. Die Formulierung bei Frontin kann also nicht als Beleg dafür herangezogen werden, daß bereits zu seiner Zeit Privatpersonen erlaubt war, Wasser direkt den Leitungskanälen zu entnehmen. Da es bei dem zur Diskussion stehenden Kommentar Ulpians zum prätorischen Edikt jedoch um den Schutz der ableitungsberechtigten Privatpersonen ging, ist das dort erwähnte Recht der Wasserableitung ex rivo eine Neuheit. Allerdings enthält auch das Edictum de aquaeductu Venafrano eine Regelung, nach der "das Wasser, das auf diese Weise verteilt und angewiesen wurde und über das in der Weise beschlossen worden ist, auf wenigstens 50 Fuß vom Wasserleitungskanal weg nur in Bleiröhren geleitet werden" sollte l66 • In dieser munizipalen Regelung, die allgemein als Vorbild für die stadtrömische Wassergesetzgebung angesehen wird l67 , wird also die Ableitung aus dem Kanal selbst erlaubt. Dennoch kann aus dieser Vorschrift nicht auf Rom oder eine allgemeine Regelung geschlossen werden. Denn in Venafrum war der Kreis der Berechtigten überschaubar, was nicht so strikte Regelungen wie in Rom erfordert haben wird. Aus den bei Frontin überlieferten Senatsbeschlüssen und Regelungen wissen wir jedenfalls, daß in Rom die Ableitung aus den Wasserleitungskanälen gerade nicht erlaubt war l68 •
164 Diese waren z.B. in Pompeji direkt an die städtische Hauptleitung angeschlossen, ohne ihrerseits aus Unterverteilern das Wasser ableiten zu müssen, vgl. Eschebach, Gebrauchswasserversorgung, S. 93. 16S Zur Zeit Frontins wurden an den Kaiser insgesamt 3.425,5 Quinarien Wasser abgegeben, davon außerhalb der Stadt 1718 Quinarien (nach der Aufschlüsselung für die einzelnen Leitungen allerdings 1801,5 Quinarien), innerhalb der Stadt 1707,5 Quinarien (nach der Einzelaufschlüsselung 1708,5 Quinarien), Frontin 78, 2. 3. 166 Ed. Venafr. Z. 43 f.: ' ... dum ne ea aqua, quae ita distributa discripta deve qua
ita decretum erit, aliter quamfistulis plumbeis drum) t(axat) ab rivo p(edes) L ducatur;
,
Vgl. hierzu Robillson, Water supply, SDHI XL VI (1980), 61 f. Vgl. Frontin 106, 1 (3. senatuscollsultum von 11 v. Chr.) und 129, 4 (Lex Quinctia von 9 v. Chr.). 167 168
12 Geißler
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§ 5 Wasserkonzessionen
c) Historische Begründbarkeit? Wenn die U/pian-Kommentierung echt ist, ist also zu fragen, wieso die private Wasserableitung aus einer öffentlichen Versorgungsleitung, die dem prätorischen Edikt noch unbekannt war, zur Zeit U/pians erlaubt war. U/pians Kommentar entstand knapp 90 Jahre nach der Redaktion des prätorischen Ediktes; die Abfassung des 70. Buches seines Kommentars, das die hier diskutierte Digestenstelle enthielt, wird ins Jahr 217 n. Chr. datiertl69 • In dieser Zeit war durch den Bau weiterer stadtrömischer Femwasserleitungen 170 das Wasserdargebot der Stadt Rom noch einmal angestiegen, so daß Privatanschlüsse großzügiger bewilligt werden konnten 171 • Denkbar wäre daher, daß die Wasserentnahme direkt aus dem Leitungskanal nunmehr wegen der gesicherten Versorgungslage erlaubt wurde und die Furcht geschwunden war, daß die Leitungen durch Anzapfungen undicht werden.
d) Bestätigung des 11Iterpo/atiollsverdachts? Fraglich ist jedoch, ob D. 43, 20, 1, 41 den spätklassischen Rechtszustand wiedergibt. Nahezu der ganze Titel über den Schutz des Wasserleitungsrechts e:t castello 172 und auch diese Stelle sind dem Vorwurf der Interpolation l73 ausgesetzt l74 • Nach U/pian erforderte die Gerechtigkeit, daß die Wasserablei-
169 H. Fitting, Alter und Folge der Schriften römischer Juristen von Hadrian bis A1exander, Halle/Saale 21908, S. 106 ff., datierte noch auf die Zeit nach 222 n. Chr., die genauere Datierung aufgrund der Kaiserbezeichnung bei T. Honore, Ulpian, Oxford 1982, S. 141-144. 153; zustimmend D. Liebs, Rezension zu Honore, Ulpian, Gnomon 56 (1984), 441-450, S. 447 f.
170 Zur AquaAntoniniana CIL VI. 1245, zur Aqua Alexandrina Hist. Aug. A1ex. Sev. XXV 3 und oben § 1 11 (S. 32). 171 In der Zeit zwischen dem 2. Jh. und der 1. Hälfte des 3. Jhs n. Chr. wurden mehr als die Hälfte der bei Eck, fistulae aquariae, S. 210-223, aufgeführten 288 privaten fistulae genehmigt.
172 Eine Zusammenstellung der einzelnen Vorwürfe findet sich bei R. Orestano, Concessione personale e concessione reale dello ius aquae ducendae ex castello, BlDR 43 (1935), 297-313, S. 298 ff. 173 A. Palma, Iura vicinitas, Torino 1988, S. 152 f., hält die Stelle nicht für interpoliert, weist aber auf den Verdacht hin.
III. Auflagen beim privaten Wasserbezug
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tung ex castello nicht schutzlos ist 17S • Solche Begründungen mit aJlgemeinen Gerechtigkeitserwägungen galten in der romanistischen Literatur der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts vielfach als byzantinisch, also erst von den Kompilatoren der Digesten eingefügt176. Dazu kommt ein Themenwechsel, denn in §§ 38 bis 41 S. 1 behandelt Ulpians Kommentar den Schutz von Grunddienstbarkeiten durch Interdikte; der Wasserableitung aus dem castellum einer öffentlichen Wasserleitung lag jedoch eine kaiserliche Konzession zugrunde und gerade keine dem Privatrecht unterliegende Servitut 177 • Warum aber sollte es zur Zeit Ulpians nicht erlaubt gewesen sein, das Wasser auch aus den Leitungen selbst und von überall her abzuleiten? Zwar knüpft auch die früheste zu diesem Thema überlieferte Konstitution, CTh XV 2, 2 von 370 n. Chr., die Wasserableitung strikt an die Bewilligung des Wassers aus einem bestimmten castellum 178, ganz wie das 3. senatusconsultum von 11 v. Chr. 179 , doch erging CTh XV 2, 2 im Osten, ist also für die stadtrömischen Gegebenheiten nicht maßgeblich. Das erste aus späterer Zeit bekannte Gesetz, das Rom betrifft, ist CTh XV 2, 5 von 389 n. Chr., wonach Wasser entweder aus den Wasserverteilem oder aus den Kanälen selbst abgeleitet werden durfte180 • Vielleicht hatten sich bereits zu Ulpians Zeit die Ableitungsbestimmungen in Rom gelockert. Jedenfalls ist es keineswegs zwingend, mit Riccohono anzunehmen l81 , die Worte 'vel ex rivo vel ex quo alio 174 Der Interpolationsverdacht wird kaum begründet. Riccobono, FIRA I, S. 278 Anm. 2 (Kommentar zum 3. senatusconsultum de aquaeductibus, Frontin 106. M. Kaser (ed.), Digestorum Iiber XLIII, in: Index Interpolationum, hrsg. v. E. Levy/E. Rabel, Band III, Weimar 1935, S. 274-322, S. 302 r. Sp. zu D. 43, 20, 1, 41 zitiert die Auffassung Riccobonos kommentarlos, ebenso Orestano, Concessione, BIDR 43 (1935), 299. 175 Ulp. D. 43, 20, 1, 39: 'Hoc interdictum necessario propositum est. namque superiora interdicta ad eos pertinent, qui a capite ducunt vel imposita servitute vel quia putant impositam: aequissimum visum est ei quoque, qui ex castello ducit, interdictum dari'. 176 Statt vieler nur F. Pringsheim, ius aequum und ius strictum, SZ 42 (1921), 643668, S. 645 f. Nachweise bei M. Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Abschnitt, München 21975, S. 60 f. 177
Vgl. dazu Orestano, Concessione, BIDR 43 (1935), 300.
178 Dazu sogleich § 5 III 4 (S. 180). 179
Frontin 106, 1 und dazu oben § 5 III 1 (S. 171 f.).
180 Zu CTh XV 2, 5 unten § 5 III 5 a) (S. 181-183). 181 Riccobono, FIRA I, S. 278 Anm. 2.
180
§ 5 Wasserkonzessionen
[oco publico' in D. 43, 20, 1,41 seien ebenso wie 'hodie tamen a quocumque [oco constitui solet' in D. 8, 3, ~82 erst von Tribonian eingefügt worden.
4. Cfh XV 2,2 Bekannt ist dann erst wieder eine Konstitution von Valens, die am 30. Oktober wohl des Jahres 370 n. Chr. in Antiochia an seinen damaligen comes rerum privatarum Fortunatianus erging l83 • Danach war es bei der Zubilligung eines neuen Wasserrechts erforderlich, daß der Berechtigte dem Provinzstatthalter angab, aus welchem Wasserbehälter er das Wasser abzuleiten berechtigt war l84 • Auch wenn die Konstitution nicht ausdrücklich voraussetzt, daß das Wasser 'a castello' abgeleitet wird, war doch die Bezeichnung eines bestimmten Wasserreservoirs für die Wirksamkeit des Leitungsrechts erforderlich. Das könnte bedeuten, daß die Wasserableitung auch nur aus diesem Verteiler - und von nirgendwo sonst - erlaubt war.
182 S. Perozzi, 11 divieto d'atti di emulazione eil regime Giustinianeo delle acque private, Archivio Giuridieo LIII (1894), 350-377, S. 371, und ders., Perpetua causa nelle servitil prediali Romane, Scritti Giuridici Il, Milano 1948, S. 85-163, S. 157 ff. Vgl. auch L. Capogrossi Colognesi, Ricerche sulla struttura delle servitil d'acqua in diritto Romano, Milano 1966, S. 13 f. mit Anm. 29. - Liebs, Africa, S. 103 f., bezweifelt aus PraktikabiIitätserwägungen die Zuschreibung dieser Stelle an Tribonian. Er lokalisiert die pseudopaulinischen Sentenzen, denen D. 8, 3, 9 entstammt, nach Afriea und hält es wegen des dortigen Klimas für sinnvoll, wenn in dem auf Bewässerung angewiesenen Land die Ableitungsmäglichkeiten erweitert wurden. 183 Nach Seeck, Regesten, S. 465, war Fortunatianus vom 31. Januar 370 bis zum 6. Juli 377 n. Chr. comes rerum privatarum. Der überlieferten Datierung der Konstitution in das Jahr 369 n. Chr. kann nicht gefolgt werden, weil der Vorgänger des Fortunatianus, der comes rerum privatarum Alexandrianus, noch am 11. Dezember 369 n. Chr. im Amt nachweisbar ist, CTh X 10, 11; insofern noch falsch O. Seeck, Art. "Fortunatianus", (Fortunatianus Nr. 4), RE VII 1, Sp. 44: " ... als comes re rum privatarum bei Valens nachweisbar vom 30. April 369 bis zum 31. Januar 370 ... ". 184 CTh XV 2, 2: ' ... non prius eidem accipiendi potestas aliquatenus tribuatur, nisi adito rectore ex ipso conceptaculo quantitatem quam meruit possit adipisci'.
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5. Cfh XV 2, 5 und 6 389 und 396 n. Chr. ergingen zwei weitere Konstitutionen, die festlegten, von wo private Leitungsberechtigte das Wasser ableiten durften. Im Codex lustinianus wurden sie in einer Vorschrift zusammengefaßt m .
a) Regelungsinhalt von CTh XV 2, 5 Theodosius I. ordnete am 28. August 389 n. Chr. in einer an denpraefectus urbis Romae Albinus l86 gerichteten Konstitution an, daß "diejenigen, die entweder früher oder neuerdings durch unsere besondere Bewilligung ein Wasserbezugsrecht erhalten haben, ihr Wasser nur aus den Verteilerkästen oder den Kanälen selbst ableiten dürfen; daß sie aber keineswegs den Lauf und die Festigkeit der Röhren antasten dürfen, die matrices genannt werden"187. Diese Vorschrift knüpft einerseits an die alten Regelungen an, wonach die private Wasserableitung nur aus den Verteilerbauwerken erlaubt war. Gleichzeitig erlaubt sie jedoch die Ableitung 'ex ipsis formis'; nur die 'matrices' waren geschützt. Die Hauptschwierigkeit dieser Quelle ist terminologischer Natur: Was waren die geschützten 'matrices'? Der Ausdruck matrix wird nur höchst selten in Zusammenhang mit wasserrechtlichen Begriffen verwendet, eine eindeutige begriffliche Bestimmung fällt daher schwer. Da matrix von mater abgeleitet ist, kann mit dem Ausdruck 'matrix' nur eine Wasserleitungsröhre bezeichnet worden sein, die auf irgendeine Weise mit dem Ursprung der Leitung im Zusammenhang stand. 'Matrix' könnte terminus techllicus entweder für die Wasserleitungsröhren gewesen sein, die das Quellwasser bis in das erste gemeinsame Auffangbecken leiteten, weIches den eigentlichen Ausgangspunkt der Wasserleitung bildete, oder für den Streckenabschnitt zwischen dem Sam-
18S
CJ XI 43, 3.
186 Caeionius Rufius Albinus war jedenfalls zwischen dem 17. Juni 389 und 24. Februar 391 n. Chr. praefeetus urbis Romae, vgl. Seeek, Regesten, S. 476, und lOlleslMartilldalelMorris, PLRE I, v. "Albinus 15", S. 37 f.
187 CTh XV 2, 5: 'Eos, qui aquam eopiam vel olim vel nUlle per Ilostra illdulta meruerullt, eius usum aut ex eastellis aut ex ipsis formis iubemus elieere neque earum fistula rum quas matriees voeallt eursum ae soliditatem adtemptare'.
182
§ 5 Wasserkonzessionen
melbecken und dem städtischen Hauptverteiler l88 oder aber für die vom städtischen Hauptverteiler zu den Unterverteilem führenden Röhren. Die Identifizierung der matrices mit denjenigen Leitungen, die das Wasser von der Quelle zum Sammelbecken führten, wird dadurch erschwert, daß Zeno um 480 n. Chr. die Ableitung aus diesem Strecken abschnitt verbot l89 ; hätte ein derartiges Verbot bereits zuvor bestanden, hätte er darauf wohl seiner Gewohnheit gemäß Bezug genommen l90 • Näheren Aufschluß über die matrices gewinnt man aus dem vollständigen Text, denn das Gesetz verbietet die Anzapfung' earum fistularum quas matrices vocant'191. Fistula l92 bezeichnet aber stets die städtischen Bleiwasserröhren l93 , also die Rohre, die in der Stadt zur Endverteilung des Wassers benutzt wurden, so auch bei Fronti1l 19\ der als Fachmann die verschiedenen Begriffe wohl korrekt verwendet. Dabei kann es sich nicht um die Wasserleitungsröhren handeln, durch welche die berechtigten Inhaber eines Wasserrechts das Wasser in ihre Privathäuser leiteten. Ein Verbot der Wasserableitung aus diesen Röhren wäre überflüssig gewesen. Denn das aufgrund einer kaiserlichen Bewilligung in einer privaten Leitungen geführte Wasser stand allein dem Nutzungsberechtigten zu, so daß die widerrechtliche Anzapfung dieser Leitungen ein Eingriff in sein Nutzungs- und Verfügungsrecht am Wasser gewesen und als furtum bestraft worden wäre l95 •
188 Wohl in diese Richtung Haillzmann, Untersuchungen, S. 64 Anm. 5; nach ihm handelt es sich bei den matrices um die intra- oder extraurbanen Hauptleitungen. 189
CJ XI 43, 10 pr.
190 Zu dieser Praxis Zenos aus der Gesetzgebung zum Wasserrecht etwa CJ XI 43, 10, 2: ' ... quod antiquis etiam constitutiollibus interdictum esse dignoscitur'. 191
CJ XI 43, 3 pr.
Nach Varro V 123 ist eine fistula das, ' ... a qua fusus aquae', eine genauere Spezifizierung trifft er hierzu nicht. Auch Isidor etym. XIX 10, 29 berichtet nur, daß 'fistulae aquarum sunt dictae quod aquas fundant et mittant'. 192
193 Daß es sich bei den fistulae um Bleileitungen handelte, bezeugen die Schrift der Techniker und Fachleute Vitruv VIII 6, 10: ' ... per fistulas, quod plumbum ... ' und Frontin 115, 4. Auch Horaz, ep. I 10, 20 f., bezeichnet die städtischen Röhren schlicht als 'plumbum'.
194
Z.B. Frontin 20, 2. 37 ff. 113, 3 f. 115, 2.
Demjenigen, der eine fremde Wasserleitung usurpierte, drohte eine Geldstrafe, vgl. PS V 10, 17 (Zählung nach Liebs, Africa, nach alter Zählung PS V 6, 9): 'AlieIlam autem aquam usurpanti nummaria poena inrogatur'. Die Geldstrafe wird nicht nur 195
111. Auflagen beim privaten Wasserbezug
183
Wenn dagegen unter 'matrix' die für die innerstädtische Versorgung bestimmten Wasserleitungsröhren zu verstehen sind, insbesondere die Zuleitung zu den öffentlichen Einrichtungen und Laufbrunnen l96 , läßt sich ein 389 n. Chr. ergangenes Verbot, daraus Wasser abzuleiten, erklären. Denn infolge der in der Spät antike um sich greifenden Landflucht stieg der Wasserbedarf in den Städten wieder. Andererseits verfielen die städtischen Wasserversorgungssysteme, weil sie aufgrund der desolaten städtischen Finanzen weder im gewohnten Maß gepflegt noch repariert werden konnten. Dann allerdings ist zu fragen, warum die Konstitution den Wasserbezug 'ex ipsis formis' erlaubte. Forma bezeichnet den Kanal, die Rinne der Wasserleitung, so daß nach dem Wortlaut die Wasserableitung überall her aus der öffentlichen Wasserleitung erlaubt gewesen zu sein scheint außer aus den matrices. Eine so unbeschränkte Möglichkeit der Anzapfung der Leitungen widerspricht jedoch dem immer spezieller werdenden Schutz, wie er sich aus den anderen Konstitutionen der Spätantike ergibt. Wahrscheinlich meint 'ipsa forma' den auf dem Land verlaufenden ebenerdigen Leitungsteil. Da dort der Kreis der Abnehmer und Ableitenden beschränkt war, kam es selbst dann nicht zu unberechenbaren Schädigungen der Leitungen, wenn jeder Grundbesitzer das ihm zugestandene Wasser direkt dem Kanal entnahm und nicht erst ein Verteilerbauwerk errichtete. Eine gewisse Reglementierung wurde auch bei derartigen Ableitungen dadurch erreicht, daß auch sie vom Kaiser oder seiner Kanzlei bewilligt werden mußten.
b) Regelungsinhalt von C1h XV 2, 6
Bereits am 29. Mai 396 n. ehr. ließ Arcadius eine Konstitution folgen, die die Stelle, wo der private Wasseranschluß angebracht werden durfte, für Konstantinopel präzisierte. Die an den dortigen Stadtpräfekten Africanus l97 ge-
bei der Beeinträchtigung von Wasserleitungsservituten gedroht haben, sondern wohl auch bei der Ableitung von Wasser aus den fistulae, durch die der Inhaber einer Konzession Wasser aus öffentlichen Wasserverteilern bezog. Aufgrund der Bewilligung war er hieran genauso ausschließlich berechtigt wie der Inhaber der servitus aquae ducendae am aufgrund der Grunddienstbarkeit geleiteten Wasser. 196 Diese Identifizierung findet sich auch bei Chastagnol, S. 360, wenn auch ohne Begründung.
184
§ 5 Wasserkonzessionen
richtete Konstitution verbot pauschal die Wasserableitung 'et aquaeductu' statt aus dem Wasserverteiler l9S und setzte sich damit von der nur kurz zuvor erlassenen Vorgängervorschrift ab. Arcadius weicht also deutlich von Cfh XV 2, 5 ab, das für Rom galt und nicht auf Konstantinopel übertragen werden sollte. Vielleicht war die Regelung deshalb noch so ausnahmslos den alten Ableitungsprinzipien verhaftet, weil in Konstantinopel die Regelung der öffentlichen Wasserversorgung noch recht jung war und sich daher noch kaum Ausnahmen eingeschlichen hatten. 381 n. Chr. wurde in Rom von Gratian der Anio Novus repariert l99 , womit die Verfügung an den stadtrömischen Präfekten ein paar Jahre später zusammenhängen mag. Bei dem Gesetz von 396 n. Chr. kann dagegen keine derartige Parallele angenommen werden; möglich ist aber, daß so für Konstantinopel ein weniger störanfälliges und reparaturbedürftiges Versorgungssystem gewährleistet werden sollte als für Rom, wo 398/9 n. Chr. der Oberlauf der Aquae Marcia und Claudia wiederhergestellt wurde 200 •
c) Zusammenfassung beider Konstitutionen in Cl XI 43, 3
Durch die Zusammenfassung der beiden Vorschriften in einer einzigen Konstitution im Codex lustinianus wurden die Inhaber von Wasserkonzessionen angewiesen, daß sie "ihren Gebrauch entweder aus den castella oder aus den Leitungen seIbst ableiten, und daß sie keinen Angriff auf den Lauf und die Festigkeit der Röhren machen, die matrices genannt werden, oder aus dem Aquädukt selbst ableiten "201. So wie forma und aquaeductus hier verstanden
197 Das Jahr 395 n. Chr. ist als Entstehungsjahr der Konstitution unwahrscheinlich. Ihr Adressat Africanus war jedenfalls zwischen dem 29.4.396 (CTh XI 33, 1) und dem 26.9.397 (CTh IV 4, 4) praefectus urbis Constalltinopolitanae, vgl. auch Seeck, Regesten, S. 475, und lones/Martindale/Morris, PLRE I, v. "Africanus 6", S. 27 f. Bereits in der Zeit vom 6.1.396 (CTh XV 13, 1) bis zum 15.2.396 (CTh VI 26,8) ist Claudius als praefectus urbis COllstalltillopolitallae bezeugt, während der einzige im Jahr 395 bekannte Stadtpräfekt Theodotus war, bezeugt für den 21. 5.395 (CTh VI 28, 5), zu ihm lOlles/Martindale/Morris, PLRE I, v. "Theodotus 2", S. 905. 198 CTh XV 2, 6: 'Quicumque ex aquaeductu magis quam ex castellis aquae usum putaverit derivalldum, ... '. 199 CIL VI. 31945. 200
CIL IX. 4051. Vgl. dazu auch oben § 1 (S. 33 mit Anm. 65).
III. Auflagen beim privaten Wasserbezug
185
werden, ist das widersprüchlich: die Ableitung aus den formae ist erlaubt, die aus dem aquaeductus dagegen verboten. Vielleicht ist dieser Widerspruch den Kompilatoren des Codex lustinianus entgangen. Er entfiele allerdings, wenn aquaeductus in CTh XV 2, 6 und insbesondere CJ XI 43, 3 eng gemeint war, das Verbot also nur die auf Bögen geführte Leitung betraf, also den Teil der Wasserleitung, der auch im heutigen Sinn "Aquädukt" ist. Das generelle Ableitungsverbot aus der Oberleitung wäre daraus erklärlich, daß die Bogenkonoder -substruktion besonders störanfällig war und sich Störungen in diesen Bereichen auf die Wasserversorgung ganzer Stadtregionen auswirken konnten. Aber schon Frontin verwendet den Begriff 'aquaeductus' nicht nur für die Bogenstrecken, sondern für die gesamte Wasserleitung, also auch für den ebenerdigen Abschnitt 202 • Daher ist eher anzunehmen, daß die Kompilatoren diese Ungereimtheit übersahen. d) Rechtsfolge bei unberechtigter Wasserableitung
Die nur wenige Jahre auseinanderliegenden Konstitutionen unterscheiden sich in einem Punkt erheblich: während die ältere Konstitution offen ließ, was passierte, wenn jemand eine Leitung unerlaubt anzapfte, traf den, der Wasser entgegen den Bestimmungen von CTh XV 2, 6 ableitete, gleich eine doppelte Sanktion. Zunächst verfiel automatisch sein Wasserbezugsrecht 203 , was bei Mißbrauch einer zuvor eingeräumten Begünstigung konsequent ist. Außerdem drohte dem Schuldigen, daß er "nach Ansehung der Person mit der strengsten Strafe bestraft wird "204. Diese Strafandrohung beleuchtet das Strafrechtssystem der Spätantike gut, wonach sich bei gleichen Taten die Strafe nach dem sozialen Stand des Täters richtete20~. 201 CJ XI 43, 3: ' ... usum aut ex eastellis aut ex ipsis formis iubemus elieere neque earum fistula rum quas matriees voeant eursum ae soliditatem attemptare vel ab ipso aquaeduetu trahere'. 202 Frontin spricht häufig nur von 'aqua', bspw. 3, 1. 5, 3. 8, 1. 23, 1. 96; aber auch 'aquae duetum' verwendet er- für Wasserleitungen, so 5, 4 für die größtenteils unterirdische Appia, oder sonst 13, 1. 126, 2.
203 CTh XV 2, 6 und wortidentisch CJ XI 43, 3: '... id quod prius iure benefieii fuerat eonseeutus amittat' . 204 CTh XV 2, 6: ' ... In eum vero pro eondieione personae eonveniet severissimo supplicio villdieari, .. .'. 20S Ausführlich dazu R. Rilinger, Humiliores - honestiores. Zu einer sozialen Dichotomie im Strafrecht der römischen Kaiserzeit, München 1988, insbes. S. 46-82; P.
§ 5 Wasserkonzessionen
186
Um weIche Strafen es sich hier handelte, ist aus 'severissimum supplicium' zu entnehmen. Im klassischen römischen Recht scheint supplicium hauptsächlich für die Todesstrafe verwandt worden ZU sein206 ; in der späteren Kaiserzeit hat es jedenfalls wieder eine weitere Bedeutung und ist Oberbegriff für alle Strafen. Eine Eingrenzung der in Betracht kommenden Strafe kann deshalb nur aus der Zusammenschau mit dem vorangestellten severissimum erzielt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, daß hier nicht 'summum supplicium' oder 'ultimum supplicium' gesagt ist, was eindeutig wäre, sondern 'severissimum supplicium'. Versteht man das als Superlativ, also als "strengste Strafe", ergäbe das die Todesstrafe, und zwar wohl in geschärfter Form. Als Elativ verstanden: "sehr strenge Strafe", ist die gen aue Rechtsfolge offen. Wenn 'summum' bzw. 'ultimum supplicium' vermieden wurden, könnte das bedeuten, daß gerade nicht strikt die Todesstrafe angedroht wurde, sondern der Kaiser sich bei der Sanktion nicht festlegte. ParalleIstellen, denen mehr über die Art der Strafe zu entnehmen wäre, sind nicht bekannt. Allerdings wurde durch einer Konstitution des jungen Theodosius 11. vom 22. September 409 n. ehr. die Anzapfung des Nils vor Erreichen eines festgelegten Mindestpegels unter Androhung des sofortigen Verb rennens an Ort und Stelle verboten207 ; die dem Nilanzapfer vordem drohende Zwangsarbeit und Bergwerksstrafe208 wurde zur verschärften Todesstrafe gestei-
Garnsey, Social status and legal privilege in the Roman Empire, Oxford 1970, S. 103178. Aus älterer Zeit Mommsen, StrafR, S. 1031 ff., und F.M. de Robertis, La variazione della pena "pro qualitate personarum" nel Diritto penale Romano, Rivista italiana per le scienze giuridiche, N.S. XIV (1939), 59-110. Vgl. auch E. Costa, Crimini e pene da Romolo a Giustiniano, Bologna 1921, S. 98 f. 206 Mommsen, StrafR, S. 916 Anm. 5, führt supplicium auf die Beilenthauptung zurück, weil hier das Haupt für den Empfang des Schlages geneigt wurde. Supplicium ist allerdings zu keiner Zeit ausschließlich für Todesstrafen verwandt worden, sondern konnte auch die zur Verzeihung führende Buße sein, dazu ausführlich R. Heinze, Supplicium, Arch. f. lat. Lex. 15 (1908), 89-105. Zur frührömischen Verwendung von supplicium als Ausdruck für deliktische Bußen Liebs, Damnum, SZ 85 (1968), S. 194 mit. Anm. 86 u. S. 198. - Zur Tendenz, aus rhetorischen Gründen in der Spätantike auf Fachbegriffe zu verzichten, W.E. Voß, Recht und Rhetorik in den Kaisergesetzen der Spätantike, Frankfurt/Main 1982. 2fn
CTh IX 32, 1
= CJ IX 38,
1.
Ulp. D. 47, 11, 10: 'In Aegypto qui chomata rumpit vel dissolvit ... aeque plectitur extra ordinem: et pro condicione sua et pro admissi mensura quidam opere publico, alii autem metallo plectuntur; et metallo quidem secundum suam dignitatem'. 2, ... "36. Bei der Wiederherstellung der Wasserversorgungsanlagen war der Täter an die Anweisungen des curator aquarum oder, wenn es keinen curator gab, an die des praetor peregrillus gebunden. Beide konnten die Wiederherstellung durch die Verhängung von Bußen, Pfändungen und Strafen erzwingen37 • Daß die Lex Quillctia auch die Wiederherstellung der Anlagen anordnete, war folgerichtig, weil Schadensersatz und Strafe getrennte Rechtsfolgen von
tümer bei der Noxalhaftung von allen weitergehenden Ersatzpflichten, dazu D. 9, 4 ('de noxalibus actionibus ') und insbes. Gai. D. 9, 4, 1: ' ... quarum aetionum vis et potestas haee est, ut, si damnati fuerimus, lieeat nobis deditione ipsius eorporis quod deliquerit evitare litis aestimationem'. 34 Eine Aufstellung von Sklavenpreisen aus Rom und Italien bei R. DUllean-Jolles, The economy of the Roman Empire, Cambridge 21982, S. 243 f. und insbes. S. 348 ff. 100.000 Sesterzen entsprachen immerhin 100 aurei; zur Umrechnung Th. Mommsen, Römisches Münzwesen, Berlin 1860, S. 825 f. mit Anm. 332. 35 Die Überlieferung ist in diesem Punkt unsicher. Während Hainzmann, Frontinus, und Kühne die Stelle Frontin 129, 5 lesen: ' ... et qui clam quid eorum ita leeerit, ... ', lautet der bei Bennett überlieferte Text: ' ... et qui dolo malo quid eorum ita leeerit, ... '. Inhaltlich macht die abweichende Überlieferung kaum Unterschiede: Denn auch die heimlich begangene Wasserableitung erfolgte vorsätzlich und zumindest mit Billigung der Substanzschädigung der Wasserversorgungsanlagen.
36 Frontin 129, 5: 'et qui clam quid eorum ita leeerit, id omne sareire, refieere, restituere, aedifieare, ponere et eelere demolire damnas esto sine dolo malo; 37
Frontin 129, 5.
§ 6 Wasserdiebstahl
196
Delikten waren3!. Der Täter wurde nicht nur bestraft, sondern mußte auch die Kosten und Mühen der Beseitigung der widerrechtlich angelegten Ableitungen tragen.
7. Cfb XV 2, 4
= CJ XI 43, 2
Die Lex Quinctia scheint lange Zeit für die Bekämpfung der unberechtigten Wasserableitung ausgereicht zu haben. Die nächste bekannte Rechtsvorschrift dazu ist jedenfalls annähernd 400 Jahre jünger. Theodosius I. richtete der Überlieferung nach 389 n. Chr., tatsächlich aber wohl schon 381/382 n. Chr. ein Gesetz an den praefectus urbis Constantinopolitanae Pancratius39 • Seine Amtszeit dauerte jedenfalls vom 30. Juli 381 bis zum 4. April 382 n. Chr. 40 • Seeck41 erklärt das falsche Datum mit dem Zwang, im Codex Theodosianus alle Konstitutionen, auch undatiert überlieferte, zu datieren, da nach erb I 1, 1 nur datierte Gesetze wirksam waren 42 • Nach dieser Konstitution sollte jeder, "der zukünftig mit der Kühnheit verbotenen Wahnsinns die Interessen dieser so blühenden Stadt verletzen will, indem er Wasser aus einer öffentlichen Wasserleitung auf sein Grundstück ableitet, ... wissen, daß dasselbe Grundstück aufgrund der Konfiskation durch
38 Wenn auch in klassischer Zeit noch keine scharfe Trennung zwischen beidem bestand, dazu D. Liebs, Die Klagenkonkurrenz im römischen Recht, Göttingen 1972, S. 263 ff., insbes. S. 266 ff., weshalb für die Rechtsverfolgung die Anspruchs- und Klagenkonkurrenz von Bedeutung war, Liebs, S. 87 ff.
39 Zu Pancratius loneslMartindalelMorris, PLRE I, v. "Pancratius 4", S. 664; W. Enßlill, Art. "Pancratius" (pancratius Nr. 7), RE XVIII 3, Sp. 497, und Seeck, Regesten, S. 91. 117. 460. 40
Als praefectus urbis Constantinopolitanae ist Pancratius genannt in CTh IX 17, 6
= CJ I 2, 2 vom 30. Juli 381, CTh XIV 10, 1 vom 12. Januar 382 und CTh 11 12, 3
= CJ 11 12, 24 und CTh VIII 4, 6 vom 4. April desselben Jahres. Dagegen belegen die Konstitutionen für das Jahr 389 n. Chr. nahezu durchgehend die Präfektur des Proculus, vgl. dazu CTh IV 4, 2 CJ IX 22, 24 vom 23. Januar 389, CTh XV 1, 25 vom 17. Juli, CTh XIV 17, 9 vom 26. Juli und CTh III 17, 3 CJ V 33, 1 vom 27. Dezember desselben Jahres.
=
41
=
Seeck, Regesten, S. 90, insbes. Z. 19-27.
42 CTh I 1, 1: ' ... constitutiones sine die et consule fuerint deprehensae, auctoritate careant'. Die Datierung war deshalb so wichtig, weil bei sich widersprechenden Regelungen im Codex das jeweils jüngere Gesetz gelten sollte.
I. Schutz vor heimlichem Anbohren der Leitungen
197
einen fiskalischen Titel versiegelt wird und dann zu unserem Privatvermögen zu zählen ist"43. Aus der blumigen Formulierung des Verbotes ("mit der Kühnheit verbotenen Wahnsinns") geht hervor, daß nur die Folgen der unberechtigten Wasserableitung neu geregelt wurden. Da die Wasserversorgung von Konstantinopel nicht so leistungsfähig wie die von Rom war44 , wird man hier mit weniger Privatkonzessionen rechnen müssen. Umso häufiger wird Wasser unerlaubt abgeleitet worden sein. Nach dem Wortlaut der neuen Vorschrift mußte der das Wasser Ableitende "mit dem Willen "4S gehandelt haben, die Interessen Konstantinopels zu verletzen. Eine solche Schädigungsabsicht wird meist gefehlt haben; gewöhnlich wollen die Täter nur sich selbst begünstigen, aber nicht die Allgemeinheit beeinträchtigen. Da das aber zwangsläufig mit der unerlaubten Wasserableitung einherging, lag - nach der heutigen Terminologie - jedenfalls dolus evelltualis bezüglich der Schädigung vor. Dieser wird ausgereicht haben. Der Tatbestand von CTh XV 2, 4 ist also nicht wirklich enger als in der Lex Quillctia; allein die unberechtigte Ableitung aus öffentlichen Wasserversorgungsanlagen löste die Strafe aus. CTh XV 2, 4 droht dem Täter aber keine Geldstrafe an 46 , sondern Einziehung des Grundstücks, dem er das unerlaubt abgezweigte Wasser zugeführt hatte47 . Dabei handelt es sich weder um eine Konfiskation, die Einziehung des gesamten Vermögens bzw. seit caesarischer Zeit einer Vermögensquote48 ,
43 CTh XV 2, 4: 'Si quis de cetero vetiti furoris audacia florentissimae urbis commoda voluerit mutilare aquam ad suum fundum ex aquaeductu publico derivalldo, sciat eundem fundum fiscalis tituli proscribtione signatum privatis rebus nostris adgregalldum'. 44
Zu Konstantinopel bereits kurz oben § 2 11 2 d) a) mit Anm. 276 (S. 85 f.).
45
CTh XV 2, 4: ' ... florentissimae urbis commoda voluerit mutilare ... '.
46 Die Lex Quinctia hatte als als Folge bestimmt, '... < HS > centum milia dare damnas esto', Frontin 129, 4.
47 CTh XV 2, 4: ' ... eundem fundum fiscalis tituli proscribtione signatum privatis rebus nostris adgregandum'. 48 Zur Entwicklung der Konfiskation Mommsen, StratR, S. 1005 ff. Die Änderung in caesarischerZeit bei Suet. Caes. XLII 3: 'poenasfacinorum auxit; et cum locupletes eo facilius scelere se obligarent, quod integris patrimoniis exsulabant, parricidas, ut Cicero scribit, bonis omnibus, reliquos dimidia parte multavit'. Zu weiteren Quotelungen Tac. anno III 17 (Piso), IV 20 (Sosia Galla) und XIII 43 (Publius Suillius). Ferner Call. D. 48, 20, 1, 1 U. 3 und Paul. D. 48, 20, 1 pr.
§ 6 Wasserdiebstahl
198
noch um die Einziehung eines productum sceleris im eigentlichen Sinn49 , da das Grundstück nicht aus der Tat hervorgegangen ist. Allerdings wurde die Tat zu seiner Verbesserung begangen, was die Einziehung ausgelöst haben mag.
'Privatum rebus nostris adgregandum'so besagt, daß das Grundstück, für das das Wasser abgeleitet worden war, der res privata des Kaisers zuzuschlagen war. Die res privata gehörte rechtlich als Sondervermögen zum Jiscus, der ursprünglichen Kaiser- und späteren Reichskasse51 • Wenn es heißt, daß das Grundstück "durch einen fiskalischen Titel konfisziert wird"s2, bedeutet das, daß Beschlagnahmetafeln anzubringen waren.
8. CTh XV 2, 7
= CJ XI 43, 4
397 n. Chr. nahm Kaiser Arcadius diese Regelung wieder auf. Im Zusammenhang mit der Fortgeltung langdauemder Wasserbezugsrechte betonte er, daß "die Strafe gegen diejenigen aber, die für die Bewässerung der Felder oder für die Üppigkeit der Gärten versteckte Wasserleitungskanäle nutzen, unverändert bestehen bleibt"s3. Nach dem Wortlaut scheint die Strafe nur dann zu drohen, wenn das Wasser, das unberechtigt abgeleitet wurde, der Bewässerung der Felder oder Gärten diente, nicht erwähnt ist dagegen der bloße Hausgebrauch des Wassers für Koch-, Reinigungs- oder Badezwecke. Eine Beschränkung der Strafbarkeit nur auf die Fälle, in denen das Wasser zur Bewässerung verwendet wurde, macht aber keinen Sinn. Denn wie sich aus dem ersten Teil der Konstitution ergibt, war entscheidend, ob eine Berechtigung zur Ableitung des Wassers
49 Hiervon kann bspw. bei Plin. ep. III 9, 17 gesprochen werden, wo er von einem Prozeß berichtet, in dem die von Caecilius Classicus während seiner Statthalterschaft in Baetica erpreßten Reichtümer noch posthum eingezogen wurden. 50
CTh XV 2, 4.
Zur Ablösung des patrimonium durch die res privata und zur endgültigen Verwischung der Trennung vom Krongut Nesselhauf, S. 78 ff., insbes. S. 80-90. Für die Spätantike Liebs, Privilegien, RIDA XXIV (1977), S. 320 f.: "patrimonium und res privata gehören rechtlich zum Fiskus als dem Inbegriff der kaiserlichen Aktiva". Vgl. auch oben § 2 11 2 b) (S. 80 mit Anm. 258 und 261). 51
52
CTh XV 2, 4: ' ... eundem fundum fiscalis tituli prosribtione signatum ... '.
CTh XV 2, 7: ' ... " mansura poena in eos, qui ad inrigationes agrorum vel hortorum delicias furtivis aquarum meatibus abutulltur'. 53
I. Schutz vor heimlichem Anbohren der Leitungen
199
bestand. Die im zweiten Teil der kaiserlichen Verordnung genannten Nutzungszwecke können dagegen für die Strafbarkeit nicht den Ausschlag gegeben haben. Die Bewässerung der Felder war immerhin aus landwirtschaftlicher Sicht wünschenswert und hätte eher Milde verdient als häuslicher Luxus. Der genannte Verwendungszweck war wohl nur ein Beispiel, Wasserdiebstahl zu anderen Zwecken erst recht strafbar. "Die Strafe bleibt bestehen"S4 bezieht sich offenbar auf die oben behandelte Einziehung des begünstigten Grundstücks. Allerdings erging inzwischen (396 n. ehr.) in Konstantinopel Cfh XV 2, 6, worin schwere Vergehen im Bereich der Wasserversorgung mit severissimum supplicium bedroht sind. Was darunter genau zu verstehen ist, kann hier offen bleibenss , denn die Plazierung von Cfh XV 2, 6 vor Cfh XV 2, 7 bedeutet nicht, daß die hier nicht explizierte poena jenem Gesetz zu entnehmen wäre. Bei Zusammenstellung des Codex Theodosianus wurden die einzelnen Konstitutionen ohne jeden systematischen Anspruch schlicht chronologisch angeordnd6 • Eher ist anzunehmen, daß es sich um diejenige Strafe handelte, die damals regelmäßig bei unberechtigter Wasserableitung drohte. Das war die Konfiskation des bewässerten Grundstückss7 • Auch die zeitliche Nähe der beiden Gesetze spricht dafür, daß Cfh XV 2, 7 daran festhält.
9. Cfh XV 2,8 Zwei Jahre später läßt eine Konstitution von Honorius den Grund für ihren Erlaß erkennen: Es sollte eine soeben mit öffentlichen Mittelns8 wiederhergestellte Wasserleitung vor erneuter Beschädigung durch heimlich angebrachte
54
CTh XV 2, 7: ' ... mansura poena ... '.
55
Vgl. oben § 5 111 5 d) (S. 185-187).
56 Vgl. Liebs, Römisches Recht, S. 86. Ausführlicher zur Entstehung des Codex Theodosianus T. Honore, The making of the Theodosian code, SZ 103 (1986), 133222, bes. S. 161 ff. Vgl. auch J. Matthews, The Making of the Text, in: The Theodosian Code, hrsg. v. J. Harries & I. Wood, London 1993, S. 19-44, und B. Sirks, The Sources of the Code, ebda, S. 45-67. 57 Dazu CTh XV 2,4 198).
= CJ XI 43, 2 von 381/2 n. Chr., vgl. soeben § 6 I 7 (S.
196-
58 Jedenfalls zum Teil aus dem Vermögen Gildos, das 398 n. Chr. konfisziert worden war, vgl. CIL IX. 4051 und oben § 211 2 d) ß) (S. 86 f. mit Anm. 288-290).
200
§ 6 Wasserdiebstahl
Abzapfstellen schützen. Die Vorschrift besagte, daß "aus der Augusta genannten Wasserleitung, die in der Campania durch öffentlichen Aufwand repariert wurde, kein Einzelner die widerrechtliche Aneignung (von Wasser) für seine Person wagen soll, und daß nach dieser Konstitution keine daraus abzuleitende Wassermenge (mehr) bewilligt werden,,$9 soll. Widerrechtliche Ableitung wurde erneut abgemahnt, aber nun sollten auch keine neuen Konzessionen für den Wasserbezug aus der Aqua Augusta mehr erteilt werden. Bereits bestehende Leitungsrechte blieben aber wohl wirksam. Die 'forma, cui nomen Augusta est, quae in Campania sumptu publico reparata est, ... ' war offenbar der Zuleitungsstrang der Aqua Marcia, der unter Augustus angelegt wurde und deshalb seinen Namen trug;. Diese Identifizierung wird mit der Begründung angezweifelt, die Leitung habe nicht in Campanien gelegen61 , womit jedoch übersehen wird, daß die Region CampalIia seit der diocletianischen Gebietsreform Latium einschloß62 • Paßt dazu aber, daß die Konstitution an den praefectus praetorio und nicht an den praefectus urbis Romae gerichtet ist? Diesem stand die Oberaufsicht über die öffentlichen Bauten in Rom und innerhalb von 100 Meilen um die Stadt Rom herum ZU63, so daß er als Adressat des Gesetzes zu erwarten wäre. Aus dem Umstand, daß der Stadtpräfekt umgangen und das Gesetz an den praefectus praetorio Messala64 gerichtet ist, folgerte Chastagnol, daß der 59 CTh XV 2, 8: 'Ex forma, cui nomen Augusta est, quae in Campania sumptu publico reparata est, nihil privatim singulorum usurpatio praesumat neque cuiquam posthac derivalldae aquae copia tribuatur'. 60 Vgl. dazu Frontin 12, 1 und oben § 1 11 (S. 29). Allerdings hieß nicht nur diese Zuleitung Aqua Augusta. Auch die Aqua Alsietina wurde gelegentlich so genannt, Frontin 11, 1; und in Anbetracht der Bautätigkeit von Augustus mag es noch mehr Wasserleitungen mit seinem Namen gegeben haben.
61
So Lanciani, S. 286.
Ch. Hülsen, Art. "Campania" (Campania Nr. 1), RE III 1, Sp. 1434-1439, Sp. 1438. Die heutigen historischen Atlanten beziehen Campania allerdings stets auf die auch heute noch so bezeichnete Gegend um den Golf von Neapel, vgl. etwa N.G.L. Hammond, Atlas of the Greek and Roman world in antiquity, Park Ridge 1981, Karte 17. 62
63
Dazu bereits oben § 2 I 1 b) a) (S. 63 mit Anm. 159-161).
64 Zu ihm W. Enßlin, Art. "Messala" (Messala Nr. 4), RE XV 1, Sp. 1165, und Martindale, PLRE 11, v. "Messala 3", S. 760 f. Die Konstitutionen erwähnen ihn vom 16. Februar 399 (CTh XIII 5, 28) bis zum 27. November 400 n. Chr. (CTh XI 26, 2) als praefectus praetorio (Italiae et Africae).
I. Schutz vor heimlichem Anbohren der Leitungen
201
Prätorianerpräfekt und seine Untergebenen die Amtsführung des Stadtpräfekten und des consularis aquarum überwachen konnten 6S • Die hier diskutierte Stelle ist jedoch der einzige Anhaltspunkt, den Chastagnol für seine These anführt; er überzeugt nicht. Denn durch die Wahl des Prätorianerpräfekten als Adressaten des Gesetzes ermächtigte Honorius diesen noch nicht zur Überwachung des Stadtpräfekten; dieser wurde schlicht übergangen. Eine regelrechte Aufsichtsbefugnis des Prätorianerpräfekten über den Stadtpräfekten wird nicht begründet, sondern nur ausnahmsweise seine Zuständigkeit auf Kosten der des praefectus urbis erweitert. Auch bei Symmachus findet sich kein Hinweis auf eine derartige Unterordnung des praefectus urbis unter den praefectus praetorio. Eine solche bestand grundsätzlich gerade nicht66 • Diese Abweichung von der normalen Zuständigkeitsregelung könnte hier darin begründet sein, daß damals Nicomachus F1avianus der Jüngere 67 praefectus urbis Romae war, bezeugt vom 6. Juni 39~ bis zum 8. November 400 n. Chr. 69 • Er war unter dem Usurpator Eugenius, den sein Vater 70 unterstützt hatte, zu hohen Würden aufgestiegen 7t, was nach dem Sieg des Theodo-
65 Chastagllol, S. 359: "comme cette constitution imperiale (CTh XV 2, 8) etait adressee au prefet du pretoire, elle confirme a sa fa\rOn que le prefet pretorien e ses subordonnes, vicarius urbis et gouverneurs, pouvaient surveiller I'activite du prefet de la Ville et du consulaire des aqueducs". 66 In der Notitia Digllitatum Occ. 11 ist der praefectus urbis Romae dem praefectus praetorio per /talias gerade nicht untergeordnet, sondern diesem gleichrangig (Notitia Digllitatum Occ. IV). Darauf weist auch Sachers, Art. "praefectus urbi", RE XXII 2, Sp. 2524 f., hin. Robillsoll, Water supply, SDHI XLVI (1980), S. 80, spricht unscharf nur von einer gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben durch den praefectus praetorio und den praefectus urbis.
67 Zu Nicomachus Flavianus O. Seeck, Art. "Nicomachus Flavianus" (Flavianus Nr. 15), RE VI 2, Sp. 2511-2513, bes. Sp. 2512 f., und lOlles/Martilldale/Morris, PLRE I, v. "Flavianus 14", S. 345-347. 68
CTh XIV 10, 3.
69
CTh XV 2,9.
70 Zur Karriere von Virius Nicomachus Flavianus, seinem Vater, lOlles/Martilldale/ Morris, PLRE I, v. "Flavianus 15", S. 347-349, und T. HOllore, Some writings ofthe pagan champion Nicomachus Flavianus, in: Virius Nicomachus Flavianus, hrsg. von dems., Konstanz 1989 (Xenia 23), S. 9-17. 71 In diese Zeit fallt seine erste Amtszeit als praefectus urbis Romae, vgl. Seeck, Regesten, S. 114, Z. 35-40.
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§ 6 Wasserdiebstahl
sius sein Ansehen beeinträchtigte. Durch die Fürsprache seines Schwiegervaters Symmachus wandte ihm Honorius zwar Anfang 399 n. Chr. die kaiserliche Gunst wieder zu, doch könnte Mißtrauen zurückgeblieben sein. Er bekleidete das Amt zwar länger, als es sonst üblich warn, doch sind nur vier Konstitutionen an ihn adressiert, die zudem nur geringe Bedeutung haben73 • Denkbar ist auch, daß Honorius den Stadtpräfekten übergangen hat, weil dieser seine Karriere als consularis Campaniae begonnen hatte 74 und der Kaiser fürchtete, der dadurch mit den dortigen Gegebenheiten - und der "guten" Gesellschaft - vertraute Nicomachus Flavianus werde die Einhaltung der Konstitution nicht überzeugend durchsetzen. Die Strafe für unbefugte Wasserableitung aus der Aqua Augusta war wieder eine Geldstrafe: "Wenn jemand jedoch das Wagnis unternimmt, den Wasserleitungskanal abzuleiten, soll er gezwungen werden, unserem aerarium fünf Pfund Gold zu zahlen "7S. Es wird also nicht, wie zwanzig Jahre zuvor in Konstantinopel, das unbefugt bewässerte Grundstück eingezogen, sondern die in Rom immer gebräuchliche Geldstrafe 76 aufgegriffen. Diese wird nicht mehr in Münznominalen ausgedrückt, sondern in der nach den Münzreformen Diocletians und Constantins I. gängigen Währung der Spätantike, in Gold. Aus den Kreditmünzen waren echte, streng gewichtsgebundene Wertmünzen geworden 77 , was Münzen und ungeprägtes Gold austauschbar machte. Gerade für
72
Symm. ep. VII 50, 1. Seeck, Art. "Nicomachus Flavianus", RE VI 2, Sp. 2512.
CTh XIV 10, 3 betrifft die Kleiderordnung für Rom, die jedoch bereits zuvor festgelegt und deren Einhaltung mit Strafe bewehrt war; somit liegt nur eine Wiederholung, keine Neuanordnung vor. CTh III 31, 1 betrifft die Möglichkeit der Übernahme der tutela für Kinder aus der Gilde der Schiffer, und CTh XI 30, 61 ordnet an, daß schriftlich eingelegte Appellationen an den Kaiser zu leiten sind. Nur CTh XV 2, 9, die die Aqua Claudia betrifft, mag aufgrund der Strafdrohung eine größere Bedeutung gehabt haben, doch ist auch diese Regelung im Wesentlichen nur eine Wiederholung der in CTh XV 2, 8 an den praefectus praetorio erlassenen Bestimmung, vgl. dazu unten § 6 III 2 und 3 (S. 213 ff.). 73
74
CIL VI. 1783.
75 CTh XV 2, 8: ' ... Si quis autem meatum aquae ausus fuerit avertere, quinque libras auri aerario nostro inferre cogatur'. 76
Dazu die Lex Quinctia de aquaeductu von 9 v. Chr., oben § 6 I 6 (S. 193-196).
Zur Abwertung der Goldmünzen, die dazu führte, daß der aureus, unter Sulla noch mit einem Gewicht von 10,90 g geprägt (1/30 röm. Pfund), während der Regierungszeit Diocle!ians nur noch zu einem Gewicht von 4,68 g (1/70 röm. Pfund) ausgegeben wurde und der durch Constantin eingeführte solidus sogar nur 4,55 g (1/72 röm. Pfund) 77
I. Schutz vor heimlichem Anbohren der Leitungen
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die Goldwährung ordneten die Kaiser wiederholt an, daß das nicht gemünzte Gold ebenso wie der solidus nach dem Gewicht an Zahlungs Statt angenommen werden müsse7!. Der Staat bezifferte seine Ausgaben häufig nur gewichtsmäßig, nicht nach den Münmominalen79 • Die alte Strafe von 100.000 Sesterzen entspräche nach dem Gewicht 25 Pfund Gold, also dem Fünffachen der von CTh XV 2, 8 angedrohten Summe. Offen ist bisher, warum Honorius nicht die von seinem Vater im Osten angedrohte Strafe der Konfiskation des Grundstücks übernahm. Vielleicht war im Westen der Wert von Grundbesitz gesunken. Doch die hier in Betracht kommenden Grundstücke lagen in der Campania, d.h. in der Nähe von Rom, wo trotz der unsicheren Zeiten Grundbesitz noch begehrt war. Allerdings konzentrierte er sich in der Hand weniger einflußreicher Familien, die man besser mit hohen Geldstrafen als dem Verlust eines Grundstücks bedrohte. Im Fall einer Konfiskation wäre die Verwertung des eingezogenen Grundstücks außerdem unnötig umständlich gewesen, die Staatskasse brauchte jedoch vor allem Geld. Und bei dieser Strafdrohung stand, im Unterschied zum ungewissen Erlös einer Grundstücksversteigerung, genau fest, wieviel Gold die Staatskasse zu erhalten hatte.
10. CJ XI 43, 6, 2 f. Nur ansatzweise mit dieser Thematik beschäftigt sich Theodosius 11. in einer zwischen 439 und 441 n. Chr. an den praefectus praetorio Orientis Cyrus gerichteten Konstitution80 • Die Blei röhren , die Cyrus zur Versorgung der wog, E. Nau, Epochen der Geldgeschichte, Stuttgart 1972, S. 24 ff., und Mommsen, Münzwesen, S. 832 ff. 78 CTh XII 7, 1 vom 19. Juli 325 n. Chr. und dazu Mommsell, Münzwesen, S. 835 f., S. 838 dazu, daß später die Berechnung nach Goldpfunden gebräuchlich wurde.
79 So werden in CI I 27, 1, 21 ff. (534 n. Chr.) die Gehälter der Behördenleiter der neugegründeten Präfektur Africa in Goldpfunden angegeben, während die geringeren Bezüge der untergeordneten Beamten in solidi aufgelistet sind. Vgl. als Beispiel für die Angabe in libra statt in den Münznominalen auch CTh VI 4, 13 pr. und VI 4, 30, beide aus dem Bereich der Finanzierung der Wasserversorgungsanlagen. 80 Cyrus ist in der Zeit zwischen dem 6. Dezember 439 und 18. August 441 n. Chr. als praefectus praetorio Orientis bezeugt; in dieser Zeit war er außerdem zum zweiten Mal Stadtpräfekt von Konstantinopel, vgl. Seeck, Regesten, S. 130, Z. 30-33, und Martindale, PLRE 11, v. "Cyrus 7", S. 336-339.
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§ 6 Wasserdiebstahl
sogenannten achillisehen Thermen hatte verlegen lassen, sollten unangetastet bleiben, damit das ganze Wasser den Thermen und Nymphäen zugute kam. Eine ausdrückliche Strafdrohung für den Fall der Beschädigung oder Anzapfung der Röhren fehlt; vermutlich waren die älteren Strafvorschriften über unberechtigte Wasserableitung anzuwenden. Aber der Kaiser schuf eine gesetzliche Grundlage, die dem Personal der Wasserversorgungsbehörde die "Möglichkeit gewährt, die Häuser, vorstädtischen Besitzungen und Bäder furchtlos zur Untersuchung zu betreten, damit nicht von irgendeinem dieser Betrug oder diese Unterschlagung oder Hinterlist dem öffentlichen Nutzen gegenüber versucht wird "81. Die Regelung wirft Licht auf das spätantike Verfahren. Das verbreitete Bild des willkürlich handelnden spätantiken Zwangsstaates ist viel zu grob, wenn ein Eindringen der staatlichen Organe in die häusliche Sphäre nicht selbstverständlich war, sondern derartige Durchsuchungen eine Rechtsgrundlage erforderten, die durch das vorliegende Gesetz geschaffen wurde.
11. Cl XI 43, 10 pr. 1. 3 Schließlich setzt sich eine undatierte Konstitution Kaiser Zenos ausführlich mit der Frage der unberechtigten Wasserableitung auseinander82 • Er ordnete an, "daß nichts von irgendeiner Person welchen Ranges auch immer gegen die engen Wasserleitungen oder die öffentlichen Quellen, die zu den Wasserleitungen fließen, versucht werden soll "83. "Wenn aber irgend jemand heimlich
81 CJ XI 43, 6, 3: ' ... facultate praebenda tuae sublimitatis apparitoribus circumeundi sine formidine domus suburbana balnea ad requirendum, ne qua deceptio vel suppressio vel insidiae contra publicam utilitatem a quoquam penitus attemptetur. '
82 Sie kann danach aus 474/5, vor allem aber aus der Zeit zwischen 476 und 491 n. ehr. stammen. Die spätere Herrschaftsperiode ist auch angesichts der politischen Wirren in der ersten Regierungsphase, die die Aufmerksamkeit des Kaisers voll in Anspruch genommen haben werden, wahrscheinlicher. Zu Zeno A. Lippold, Art. "Zenon" (Zenon Nr. 17), RE X A, Sp. 149-213, bes. zu den Wirren Sp. 157-162, zur Tätigkeit des Kaisers auf dem Gebiet der Wasserversorgung Sp. 197. 83 CJ XI 43, 10 pr.: 'Decernimus, ne quid a quacumque persona qualibet dignitate praedita contra munuscularios aquaeductus vel fontes publicos qui ad aquaeductus confluunt pertemptetur'.
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oder unverhohlen im Vertrauen auf seine Autorität von eben diesen Wasserleitungen oder Quellen das Wasser abgeleitet oder etwa durch heimliche Kunstgriffe entzogen hat, soll er gezwungen werden, den öffentlichen Wasserleitungen dieses zurückzuerstatten "84. Die Konstitution faßte noch einmal alle denkbaren Möglichkeiten unberechtigter Wasserableitung zusammen. Neben dem Tatbestand der heimlichen Wasserableitung, wie er sich bereits in den älteren Gesetzen findet, kommt eine neue Art der Tatausführung zur Sprache: Es war wohl wiederholt vorgekommen, daß einflußreiche Persönlichkeiten sich nicht einmal die Mühe machten, die unberechtigte Wasserableitung aus öffentlichen Leitungen auf ihre Grundstücke zu verheimlichen, sondern offen im Vertrauen auf ihre gesellschaftliche Stellung und ihre daher rührende "Unantastbarkeit" handelten. Auch dieser Fall wurde durch die Konstitution Zenos nun geregelt, so daß die Täter gleichmäßig und unabhängig von ihrem sozialen Stand bestraft werden konnten. Wer unberechtigt Wasser ableitete, wurde gezwungen, 'publicis aquaeductibus eam restituere'. 'Eam' bezieht sich nach der grammatikalischen Struktur der Konstitution auf das aqua, das widerrechtlich abgeleitet wurdess . Dieses selbst konnte allerdings nur dann "den öffentlichen Wasserleitungen zurückgegeben werden", wenn es in Zisternen gelangt war. Zum größten Teil dürfte es aber bereits verbraucht worden sein. Vielleicht war aber auch nur die volle Verfügbarkeit über das in den öffentlichen Wasserversorgungsanlagen geleitete Wasser "der Öffentlichkeit zurückzugeben", und denkbar ist auch, daß ebensoviel Wasser erstattet werden sollte, wie abgeleitet worden war. Neben die Wiedergutmachung trat die schon früher angeordnete Konfiskation des Grundstücks, für das das Wasser abgeleitet worden war86 • Diese
84 CJ XI 43, 10, 1: 'Sed et si quis dam vel palam auctoritate confisus de isdem paragogiis vel fontibus aquam transduxerit vel clandestinis insidiis forte subripuerit, publicis aquaeductibus eam restituere compellatur'. 8S CJ XI 43, 10, 1: ' ... si quis ... aquam transduxerit ... , publicis aquaeductibus eam restituere compellatur'. 86 CJ XI 43, 10, 3. - Die Annahme, daß die in § 3 angedrohte Konfiskation des Grundstücks auch bei CJ XI 43, 10, 1 angewandt wurde, wird von Robinson, Water supply, SDHI XLVI (1980), 85, nicht geteilt, nach ihr war lediglich die entzogene Wassermenge zurückzuerstatten. Für die hier vertretene Übernahme der Sanktion aus § 3 spricht jedoch der Wortlaut, wenn es heißt: ' ... quod in posterum super huiusmodi
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§ 6 Wasserdiebstahl
Strafe traf jeden unabhängig von seinem Stand und ohne die Möglichkeit, einen kaiserlichen Gnadenerlaß zu erwirken 87 •
Ergebnis Die Strafe für unberechtigte Wasserableitung durch heimliches Anbohren der öffentlichen Wasserleitungen wurde im Vergleich zur Geldstrafe der Lex Quillctia de aqllaeductu von 9 v. Chr. auf ein Fünftel verringert. In Konstantinopel dagegen wurde sie von Theodosius I. durch die Einziehung des begünstigten Grundstücks ersetzt. Eine regelrechte Entwicklung ist jedoch kaum festzustellen, da beide Strafen, die Einziehung und die neue Geldstrafe, etwa 400 Jahre nach der Lex Quinctia eingeführt wurden; die Zwischenzeit mit ihren Währungsturbulenzen liegt im Dunkeln. In der Spätzeit muß betont werden, daß durch einflußreiche Persönlichkeiten begangener Wasserdiebstahl unabhängig von ihrem Rang zu ahnden ist. Verschärft wird die Strafe aber nicht mehr.
11. Wasserdiebstahl durch falsch geeichte calix und zu große fistula Auch Inhaber von Wasserleitungsrechten konnten Wasserdiebstahl begehen, wenn sie nämlich mehr als die erlaubte Wassermenge ableiteten. Das setzt jedenfalls Unachtsamkeit oder sogar Mitwirkung des Wasserleitungspersonals 88 voraus.
1. Front;n 103, 2 Frontin beginnt die Darstellung darüber, was der curator aquarum zu beachten hat, mit den Worten: "Was das Recht, Wasser auf Privatgrundstücke
commissis suburballum vel praedium ... , ad cuius usum aqua publica fuerit derivata, ... , proscriptionis titulo subiacebit et fisci viribus villdicabitur: ... '. 87 Vgl. im übrigen oben § 4 I 7 b) (S. 120 f.). Die Konstitution und die Strafdrohung in CJ XI 43, 10, 3 betrifft auch die Mißachtung des Schutzstreifens um die Wasserversorgungsanlagen herum. 88 Zur Strafbarkeit der beteiligten procuratores aquarum, der Rohrnetzmeister und des untergeordneten Personals unten § 8 I und 11 1 (S. 257 ff.).
11. Wasserdiebstahl durch falsch geeichte calix oder zu große fistula
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zu leiten, betrifft, ist zu beachten, daß niemand ... mehr (Wasser) ableitet, als ihm bewi1Jigt wurde"s9. Die Bewilligung erteilte der prineeps, sie mußte das Grundstück, auf das der Berechtigte das Wasser ableiten durfte, und die bewilligte Wassermenge angeben. Danach eichten die proeuratores aquarum die vorgeschriebenen Rohre auf das bewilligte Maß und schlossen sie an 90 • Ein offizieIl gelegter Anschluß konnte nur mit Hilfe der Rohrnetzmeister und des procurator aquarum zuviel Wasser einbringen, und diese wurden vom eurator aquarum überwacht. Eine Sanktion für übermäßige Wasserableitung nennt Frontin nicht. An der genannten SteIle geht es aber auch nicht um die Rechtsfolgen solcher Wasserdiebstähle, wie sie in einem senatuseotlsultum, einer lex oder einer kaiserlichen Anordnung niedergelegt sein mochten, sondern um die Amtspflichten des eurator aquarum, zu denen die Überwachung der Subalternbeamten der Wasserversorgungsbehörde gehörte.
2. Senatusconsultum von 11 v. ehr. 91 Um zu gewährleisten, daß jeder Ableitungsberechtigte tatsächlich nur die bewilligte Wassermenge in Anspruch nehmen konnte, setzte das 3. setlatuseOIlsultum de aquaeduetibus aus dem Jahr 11 v. ehr. fest, daß "keiner von den Personen, denen öffentliches Wasser zugebilligt wird, das Recht gegeben wird, innerhalb von 50 Fuß von dem castellum, aus dem sie das Wasser ableiten, eine breitere fistula anzuschließen als (in quillaria) bewilligt ist"92. Diese Vorschrift hat technische Gründe. An der AbzapfsteIle im Wasserverteilerbauwerk mußte die calix installiert werden, d.h. das Meßrohr, das entsprechend der zugebiIIigten Wassermenge geeicht war. Die Eichung der ealix gewährleistete jedoch noch nicht, daß nur die bewilligte Wassermenge aus den öffentlichen Wasserversorgungsanlagen entnommen wurde. Wurde nämlich
89 Frontin 103, 2: 'circa ius ducendae aquae in privatis observanda sunt, ... ne quis amplius quam impetravit ducat' . 90
Vgl. dazu oben § 5 11 2 b) (S. 169).
91
Frontin 106, 2.
92 Frontin 106, 2: 'ne qui eorum quibus aqua daretur publica ius esset, intra quinquaginta pedes eius castelli, ex quo aquam ducerent, laxiorem fistulam subicere quam t quinariam'.
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§ 6 Wasserdiebstahl
direkt hinter der calix eine fistula angeschlossen, die einen wesentlich größeren Durchmesser als die calix hatte, konnte es aufgrund des Wasserdrucks und der breiteren Abflußmöglichkeit nach der ca/ix zu einer kurzfristigen Komprimierung des Wassers beim Durchfließen der ca/ix kommen93 • Trotz ordnungsgemäß geeichtem Meßrohr würde mehr als die erlaubte Wassermenge den öffentlichen VersorgungsanIagen entzogen. Diese Komprimierung wurde vermieden, wenn auch die Leitung, die sich direkt an die ca/ix anschloß, über eine bestimmte Länge nur den bewilligten Durchmesser hatte94 • Bereits das Edictum Venafranum enthielt eine entsprechende Vorschrift. Es normierte zwar nicht die Leitungsdüsen, ordnete aber ebenfalls an, daß das einem Privatmann zugesprochene Wasser "in eine Entfernung von wenigstens fünfzig Fuß vom Kanal nur in Bleiröhren geleitet werden"9~ darf. Schon hier sollte also die ordnungsgemäße Ableitung gesichert werden.
3. Cfh XV 2,2 380 Jahren später, wohl 370 n. Chr. 96 , geht Kaiser Valens wieder auf unberechtigte Wasserableitung durch zu große Leitungsröhren ein. Das Gesetz ist an Fortunatianus gerichtet, seinen comes rerum privatarum, der den kaiserlichen Grundbesitz instandzuhalten hatte 97 • Es ging darum zu verhindern, daß "die Wasserleitung, die den Wassergebrauch im Palast von Daphne gewährleistet, durch das gierige Verlangen gewisser Leute gemindert wird, die größere Wasserleitungsröhren anbringen, als sie durch kaiserliche Vergünstigung
93 Dieses Phänomen wird in der Hydraulik unter dem Namen des Venturirohres oder der Venturidüse behandelt. Der Anschluß eines größeren Rohres unmittelbar hinter einer Meßdüse kann zu einer Steigerung der Wasserentnahme um bis zu 30 % führen, vgl. auch Hodge, S. 296 mit Anm. 5l. 94 Der Text in Frontin 106, 2 ist verderbt; der genaue Inhalt ergibt sich jedoch aus Frontin 105, 5: 'sed nec statim ab hoc liberum subiciendi qualemcumque plumbeam fistulam permittatur arbitrium, verum eiusdem luminis quo calix signatus est per pedes quinquaginta, sieut senatus eonsulto quod subieetum est eavetur'. 95 Ed. Venaf. Z. 43 f.: ' ... dum ne ea aqua, quae ita distributa diseripta deve qua ita decretum erit aliter quam fistulis plumbeis deteab rivoepeLe ducatur'. 96
Zur genauen Datierung der Konstitution oben § 5 III 4 mit Anm. 183 (S. 180).
Vgl. dazu O. Seeck, Art. "Comes re rum privatarum" (comites Nr. 79), RE IV 1, Sp. 664-670, Sp. 668. 97
11. Wasserdiebstahl durch falsch geeichte calix oder zu große fistula
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erlangt haben "98. Es sollte also die Wasserversorgung des Kaiserpalastes in Daphne, einem Vorort Antiochias, gesichert werden99 • Bei den "größeren Wasserleitungsröhren", durch die widerrechtlich mehr als die zugestandene Wassermenge abgeleitet wurde, muß es sich um das 50 Fuß lange Verbindungsstück zwischen der calix und der eigentlichen privaten Anschlußleitung gehandelt haben. Denn die weitere Fortsetzung seiner Leitung stand dem Benutzer immer frei. Auch dieses Vergehen war ohne die Rohmetzmeister unausführbar. Sie waren für die technische Einrichtung des Anschlusses verantwortlich, sie mußten das Meßrohr eichen und eine gleichkalibrige Anschlußleitung anbringen 100. "Wenn sich herausstellt, daß sich jemand mehr als das Erlaubte anmaßt, wird er durch eine Strafe von einem Pfund Gold für jede einzelne Obole beschwert werden"I01, fährt die Konstitution fort. Diese Strafdrohung verwirrt durch die Maßeinheit. Denn der dem Griechischen entnommene Begriff 'obolus' bezeichnete grundsätzlich nur ein kleines Gewicht und dementsprechend auch eine kleine, geringwertige Münze 102 • Diese Bedeutung als Gewichtsmaß hatte die Obole noch zu Beginn der byzantinischen Zeit l03 ; auch in der lateinischen Literatur wurde er stets nur in diesem Sinn verwandt lO4 . Das ist mit dem Strafmaß aber schwer vereinbar. Das Gesetz drohte eine Strafe von "einem Pfund Gold für jede einzelne Obole" an, das heißt für jedes
98 CTh XV 2, 2: 'Aquaeductus, qui Dafnensi palatio usum aquae praestat, quorundam aviditate tenuatur adpositis maioribus fistulis, quam ex imperiali largitate meruerunt' . 99 Nach Costa, Acque, S. 41, ist die Reservierung des Wassers bestimmter öffentlicher Wasserleitungen für kaiserliche Zwecke inspiriert vom "nuovo carattere orientale dei monarcato".
100
Vgl. dazu oben § 5 II 2 b) (S. 169) und Frontin 105, 5.
101 CTh XV 2, 2: ' ... et si ultra licitum aliquem usurpasse constiterit, per singulos obolos librae unius auri dispendiis ingravetur'. 102 Vgl. F. Hultsch, Griechische und römische Metrologie, Berlin 21882, S. 133, sowie W. Schwabacher, Art. "obolos", RE XVII 2, Sp. 1738 f.
103 Dazu Hultsch, S. 149 ff., und E. Schilbach, Byzantinische Metrologie, München 1970, S. 161 f. 104 Zur Verwendung des Begriffes vgl. F. Quadlbauer, "obolus", Thes.Ling.Lat. IX 2, Leipzig 1981, Sp. 141-143, mit den Nachweisen der alten Autoren. Insbesondere bei Plin. Hist. nat. wird der Begriff regelmäßig als Apothekergewicht gebraucht.
14 Geißler
§ 6 Wasserdiebstahl
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knappe (0,728) Gramm 103. Unvorstellbar ist, daß damit das entnommene Wasser gemeint war, daß also pro 0,728 g. Wasser ein Pfund Gold gefordert wurde. Aber schon die gen aue Feststellung, wie groß die abgeleitete Wassermenge war, d.h., wie lange und mit welcher Intensität der Ableitende den widerrechtlich vergrößerten Anschluß genutzt hatte, war beim römischen Durchlaufsystem nur schwer zu treffen, da den Römern die Berechnung der Abflußmenge aufgrund des Leitungsdurchmessers und der Fließgeschwindigkeit Schwierigkeiten bereitete 106 • Die Anknüpfung von obolus an die Wassermenge ist also wenig wahrscheinlich. Sinnvoller wäre es deshalb, obolus auf den Leitungsdurchmesser zu beziehen, der sich einfach feststellen ließ. Zwar ist eine Verwendung des Begriffs obolus als Maßeinheit für den Durchmesser eines Leitungsrohres sonst nirgends überliefert, aber hierfür gibt es eine Parallele, die uncia. Sie war in den Städten Apuliens das gewöhnliche Maß für den Rohrdurchmesser 107 , obwohl auch sie an sich ein Gewichtsmaß war108 • Vermutlich wurde hier der Leitungsdurchmesser durch das Gewicht des Anschlusses bestimmt, also danach normiert, wieviel Blei für die Herstellung der fistula erforderlich war. Auch Frontin beurteilte die widerrechtlich abgeleitete Wassermenge danach, wieviel Blei nach der Entfernung der Ableitungsrohre aus diesen gewonnen werden konnte 109 • Auch in Daphne konnten, um auf CIb XV 2,2 zurückzukommen, die angebrachte calix und die fistula auf ihr Gewicht überprüft werden. Wogen sie mehr, als sie nach der erlaubten Normierung wiegen sollten, wurde für jedes zusätzliche 0,728 g. ein Pfund Gold erhoben. Da die Rohre aus Blei waren, kam bereits bei kleinen Abweichungen des tatsächlichen vom erlaubten Durchmesser eine deutliche Überschreitung des erlaubten Gewichtes zustande und demnach auch eine hohe Strafe, die aber nicht so unverhältnismäßig ist wie bei einer Anknüpfung an die Wassermenge.
lOS
Vgl. Hultsch, S. 135.
106 Zu diesem Bereich vgl. Garbrecht, Wasserversorgungstechnik, S. 39-42, und Fahlbusch, Abflußmessung, S. 139-144.
107
Vgl. Frontin 24, 2. 26, 3 und 38, sowie § 5 11 1 d) (S. 164 f.) mit Anm. 103.
Das Gewicht der uncia entsprach 1/12 des römischen Pfundes und damit 27,18 g., vgl. dazu Hultsch, S. 144 ff. 149 ff., Schilbach, S. 160 ff. 1~
109 Frontin 115, 4 'quantum ex hoc modo aquae ser < i > vatum sit, aestimo ex eo quod aliqantum plumbi sublati < s > eiusmodi ramis redactum est'.
III. Erschlichene Bewilligungen
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Möglich erscheint schließlich auch, daß nur die calix und nicht auch die Anschlußleitung gewogen wurde, da geringfügige Gewichtsschwankungen bei der 50 Fuß langen fistula leicht auch ohne böse Absicht vorgekommen sein werden. Dann bliebe jedoch die Möglichkeit, daß zwar die calix ordnungsgemäß geeicht, aber die Anschlußleitung überdimensioniert wurde.
III. Erschlichene Bewilligungen Der riesige bürokratische Apparat in der Spätantike brachte es mit sich, daß sogar kaiserliche Begünstigungen durch Korruption oder Täuschung der Behörden erschlichen werden konnten, so auch Wasserleitungskonzessionen. So wurden falsche Tatsachen vorgespiegelt llO oder das kaiserliche Konzessionsschreiben einem unzuständigen Beamten vorgelegtll1. In beiden Fällen war die Wasserableitung rechtswidrig. Allerdings konnte das Wasserleitungsrecht ersessen werden, wenn aufgrund der Konzession lange genug Wasser aus den öffentlichen Wasserversorgungsanlagen abgeleitet worden war 112 •
1. CTh XV 2,3 Theodosius I. richtete die erste Vorschrift, die auf die Erschleichung eines Wasserrechts eingeht, am 22. Juni 382 n. Chr. an den praefectus urbis Constantinopolitanae Clearchus l13 • Sie betraf die Wasserversorgung Konstantino-
110 Angesichts der Richtlinien aus CTh XV 2, 3 etwa die Täuschung über die tatsächliche Größe des häuslichen Bades. 111 Nach CTh XV 2, 2 dem rector provinciae, nach CJ XI 43, 5 und CJ XI 43, 11 dem praefectus praetorio, vgl. dazu oben § 5 11 2 c) (S. 169 ff., insbes. S. 170 f.). 112 Vgl. dazu CTh XV 2, 7 und - eine Ersitzung ausschließend - CJ XI 43, 9. Zur Ersitzung sogleich unten § 6 III 6 (S. 217 f.). 113 Die erste Amtszeit des Clearchus als praefectus urbis Constantillopolitallae ergibt sich aus den Konstitutionen CTh VI 4, 20. XIV 9, 2 und 17, 7 und 13, wonach er jedenfalls vom 8. Mai 372 bis zum 4. August 373 n. Chr. praefectus urbis war. Hinsichtlich seiner zweiten Amtszeit sind die Angaben im CTh widersprüchlich: CTh XV 2, 3 vom 22. Juni 383 n. Chr., VI 5, 1 (29. Dezember 383) und CTh VI 2, 14 (nach der Überlieferung zwischen dem 14. August und 13. September 384, nach Seeck, Regesten, S. 103, Z. 22 ff. vom Januar 384) bezeichnen Clearchus als praefectus urbis, während er in CTh IV 17, 2 (23. August 382), CTh XII 1,93 (25. November 382) und
212
§ 6 Wasserdiebstahl
pels und legte Maßstäbe für die Wassermenge fest, die privaten Wasserableitungberechtigten zugestanden werden konnte 114 • Danach fährt die Konstitution fort: "Wir ordnen an, ... daß die Erschleichung keinem freisteht, ... Derjenige, der betrogen hat, verliert das Erlangte"m. Offen ist zunächst, ob es sich bei der "Erschleichung" um diejenige von mehr Wasser handelte, als nach den aufgeführten Kriterien beansprucht werden durfte, oder um die Erschleichung eines Wasserleitungsrechts überhaupt. Da die Konstitution zunächst auf die zu bewilligende Wassermenge eingeht und danach nur kurz die Erschleichung berührt, legt der innere Zusammenhang nahe, daß es sich um die Inanspruchnahme einer größeren als der erlaubten und bewilligten Wassermenge handelte. Auch die Rechtsfolge für den Ableitenden ist unklar116 • Jedenfalls wurde keine Vermögensstrafe verhängt, sondern nur der Verlust des "Erlangten" angeordnet. Was aber das "Erlangte" ist, bleibt offen. Mehrere Möglichkeiten kommen in Betracht: Es kann sich um das Wasser handeln, das der Täter zuviel erhalten hatte. Das bis zur Entdeckung abgeleitete Wasser war jedoch verbraucht oder bereits in die Abwassergräben gelangt. Das wird also kaum gemeint sein, allenfalls hatte der Täter eine gleiche Wassermenge zu erstatten. Vielleicht sollte der Täter aber auch das verlieren, was er aus der Nutzung des Wassers erlangt hat. Hatte er beispielsweise das Wasser zur Bewässerung seines Feldes verwandt, könnte darunter der Ertrag der Feldes zu verstehen sein. Schließlich kann sich das "Erlangte" auch auf die behördliche Erlaubnis beziehen, wenn nämlich auf betrügerische Weise eine Konzession erlangt worden war, die den durch die Konstitution gezogenen Rahmen überschritt oder gar nicht hätte erteilt werden dürfen. Wahrscheinlich wurde die erschlichene Genehmigung eingezogen, wenn der Sachverhalt bekannt wurde. Hierbei wird der Täter, der mehr als das ihm zugestandene Wassermaß ableitete, nicht
CTh IV 17, 3 (17. Dezember 382 n. Chr.) als praefectus praetorio aufgeführt wird. Da sich diese Konstitutionen aber auf die Stadtverwaltung Konstantinopels beziehen, wird Clearchuspraefectus urbis Constantinopolitanae gewesen sein, vgl. auch Seeck, Regesten, S. 114, Z. 1-6, und ders., Die Briefe des Libanius, Leipzig 1906, S. 108 C., wo er auf eine etwaige PrätorianerpräCektur des Clearchus gar nicht eingeht. 114
Zu diesem Gesichtspunkt der Konstitution ausführlich oben § 5 11 1 d) (S. 164 C.).
us CTh XV 2, 3: ' ... praecipimus neque obreptionem cuiquam patere, ... et is qui fefellit careat impetrato' . 116
Zu der Folge für das officium unten § 8 13 und § 8 11 (S. 159 L und S. 262 CL).
III. Erschlichene Bewilligungen
213
nur die überschießende Menge verloren haben, sondern das ganze Leitungsrecht. Für diese Lösung spricht auch, daß bei einem Mißbrauch einer Vergünstigung regelmäßig der Verlust des ganzen Rechts eintrat117 •
2. Cfh XV 2,8 Am 28, Dezember 399 n, Chr, erließ Honorius ein Gesetz zum Schutz der Aqua Augusta, der Zuleitung der Aqua Marcia l18 , Nach Wiederholung des allgemeinen Verbotes der rechtswidrigen Wasserableitung und der Anordnung, daß an der Aqua Augusta keine neuen Wasserkonzessionen erteilt werden dürfen, fährt die Konstitution fort: "Was aber infolge einer betrügerischen Handlung durch ein Reskript zugestanden oder durch eine beliebige List zu gewinnen versucht worden ist, soll alles für ungültig gehalten werden"119, Der Kaiser war sich also darüber im klaren, daß auch in seiner eigenen Kanzlei, die die Wasserkonzessionen in seinem Namen erteilte, keine Gewähr dafür gegeben war, daß die Rechtsvorschriften eingehalten wurden, Bereits durch die kaum noch überschaubare Anzahl von Konstitutionen, Edikten und sonstigen Erlassen konnte es geschehen, daß ein Reskript, das grundsätzlich Gesetzeskraft haUe120 , mit der Rechtslage nicht in Einklang stand. Häufiger wird jedoch ein privilegierendes Reskript durch Bestechung, also das Versprechen von Geld oder Gunst, erlangt worden sein121 , Constantin erließ in diesem Zusammenhang ein Edikt, nach dem ein gegen das Recht verstoßendes Reskript ungültig war 122 , Schon aus diesem Grund war eine Wasserkonzes-
117 Vgl. aus dem wasserrechtlichen Bereich CTh XV 2, 6 (= CJ XI 43, 3), dazu oben § 5 III 5 d) (S. 185).
118 Ausführlich zur Identifizierung der Leitung und zum Adressaten des Gesetzes oben § 6 I 9 (S. 199-203, insbes. S. 200-202). 119 CTh XV 2, 8: ' ... Quidquid etiam ob eam fraudem ex rescribto fuerit elicitum vel qualibet arte temptatum, inritum habeatur'. 120 Vgl. hierzu J. Gaudemet, La formation du droit seculier et du droit de I'Eglise aux IV· et V· siec1es, Paris 21979, S. 35-38, allgemein zur kaiserlichen Gesetzgebung in der Spätantike S. 30-42. 121 Dazu D. Liebs, OM 13, 1 und das Reskriptwesen in der Historia Augusta, BHAC 1982/83, hrsg. v. J. Straub, Bonn 1985, S. 221-237, insbes. S. 228-233.
122 CTh 12, 2: 'Contra ius rescribta non valeant, quocumque modo fuerillt illpetrata. Quod enim publica iura perseribunt, magis sequi iudices debent' .
214
§ 6 Wasserdiebstahl
sion, die trotz kaiserlichen Verbots die Wasserab1eitung aus der Aqua Augusta genehmigte, wegen Verstoßes gegen die Konstitution unwirksam. Da das bereits galt, wenn die Genehmigung durch ein Versehen der kaiserlichen Kanzlei erteilt wurde, mußte die Unwirksamkeit erst recht dann eintreten, wenn die Konzession durch Täuschung oder eine List des Begünstigten erlangt worden war. Abgesehen vom Verlust der erschlichenen Bewilligung ist keine Strafe genannt. Es ist jedoch anzunehmen, daß hier dieselben Strafe drohte, wie wenn der Täter das Wasser ganz ohne Genehmigung abgeleitet hätte; die erschlichene Genehmigung konnte kein Recht am abgeleiteten Wasser vermitteln.
3. Cfh XV 2,9 Eine weitere Konstitution von Honorius nennt die den Täter treffende Strafe. Das am 8. November 400 n. Chr. an denpraefectus urbis Romae Nicomachus Flavianus l23 gerichtete Gesetz verbot, "aufgrund einer betrügerisch erlangten Erlaubnis die Aqua Claudia durch Unterbrechen oder Durchlöchern der Seiten der Leitung in Anspruch zu nehmen. Wenn aber jemand zuwiderhandelt, sol1 er sofort mit dem Verlust der Häuser und Grundstücke bestraft werden"124, für die abgeleitet worden ist. Mit dieser Regelung wurde nach der Aqua Marcia / Augusta nun auch der LeitungskanaI der Aqua Claudia vor Wasserableitung aufgrund erschlichener Bewilligungen geschützt. Ob dieses Gesetz für die Aqua Claudia ein grundsätzliches Verbot der Privatnutzung aussprach wie für die Aqua Augusta, ist nicht sicher. Der besondere Schutz dieser beiden Leitungen kann damit erklärt werden, daß sie für die Gewährleistung der öffentlichen Versorgung Roms erforderlich waren. Die Strafe war wieder die seit Theodosius I. bekannte Konfiskation des Grundstücks, für welches das Wasser abgeleitet worden war. Daß es sich nur um den Verlust des widerrechtlich bewässerten Grundstücks handelt, wird nicht
123 Zu Nicomachus Flavianus oben § 6 I 9 (S. 201 f.). 124 CTh XV 2, 9: 'Ne quis Claudiam interruptis formae lateribus adque perfossis sibi fraude elicita existimet vindicandam. Si quis contra fecerit, earum protinus aedium et locorum amissione multetur'.
111. Erschlichene Bewilligungen
215
explizit gesagt. Der Kaiser durfte das aber als selbstverständlich voraussetzen l 2.'5.
4. CJ XI 43,S und CJ XI 43, 11 Zwischen 439 und 441 n. Chr. ordnete Theodosius 11. gegenüber dempraefectus praetorio Cyrus an, daß "gegen den, der seine Bittschrift bei den rectores einzureichen versucht < statt bei dem Büro des praefectus praetorio > , und gegen alle administratores, die sich anschicken, ein durch Erschleichung erlangtes Reskript anzunehmen, eine richterliche Strafe von 50 Pfund Gold zu verhängen ist ... "126 • Im Unterschied zu den bisherigen Fällen liegt hier eine kaiserliche Bewil-
ligung für die Wasserableitung vor; der Berechtigte wendet sich nur an die seit dieser Konstitution nicht mehr zuständigen Beamten, um die Anweisung des Wasserverteilers zu erhalten, aus dem er das zugestandene Wasser ableiten darP27. Als erschlichen kann daher nur die Zuweisung des castellums angesehen werden, nicht das Wasserrecht selbst. Trotzdem drohte dem Täter die Strafe von 50 Pfund Gold. Diese Strafe ist nur dadurch zu erklären, daß der praefectus praetorio den Wasserverteiler zuweisen sollte, weil er einen besseren Überblick über die verteilbare Wassermenge und besseres Fachpersonal besaß als die moderatores provinciae. Diese neue Zuständigkeit des Prätorianerpräfekten für die Zuweisung des konkreten Wasserverteilers sollte sicherstellen, daß private Wasserleitungsrechte die Versorgung der Allgemeinheit nicht beeinträchtigten. Auch diese Konstitution normiert keine Strafe für die Wasserableitung selbst, sondern nur für die Erschleichung. Eine Übertragung derjenigen Vorschriften, die sich auf die unberechtigte Wasserableitung insgesamt bezogen, bietet sich hier jedoch nicht an. Denn hier war die Wasserableitung nur formell
125
Vgl. CTh XV 2, 4. 7.
126
CJ XI 43, 5: ' ... condemnatione contra illum qui preces moderatoribus insinuare
conatur quinquaginta librarum auri et contra universos administratores qui rescriptum per subreptionem elicitum suscipere moliuntur propollenda, ... '. 127 Dazu, daß für die Wirksamkeit des Wasserrechts die Benennung eines bestimmten castellum erforderlich war, CTh XV 2, 2 und kurz oben § 5 111 4 (S. 180).
216
§ 6 Wasserdiebstahl
rechtswidrig, die angedrohte Strafe von 50 Pfund Gold ist hoch genug, um abschließend zu sein. Die Regelung wurde zwischen 491 und 518 n. Chr. in einem Erlaß des Kaisers Anastasius I. an den praefectus praetorio Sergius wieder aufgenommen. Er ordnete an, daß die "kaiserliche Disposition, die vomprinceps glorreichen Andenkens Theodosius betreffs derer erlassen worden ist, die wünschen, daß ihnen Wasser aus den öffentlichen Wasserleitungen oder Quellen gegeben wird, auch durch dieses Gesetz in seinem Bestand bewahrt wird, insofern daß niemandem gestattet sein soll, weder in dieser heiligen Stadt noch in den Provinzen ohne kaiserliches, von dem heiligen scrinium epistularum nach gebräuchlicher Sitte auszufertigendes und deiner hohen Amtsstelle oder den übrigen beteiligten Behörden vorgelegtes oder vorzulegendes Schreiben das Wasser aus einer öffentlichen Wasserleitung oder Quelle abzuleiten: denen, die unserem Befehl zuwidergehandelt haben oder gestattet haben, daß ihm entgegengehandelt wird, soll eine Strafe von 10 Pfund Gold und andere, sehr schwere Ungnade auferlegt werden" 128 • Diese Vorschrift entspricht ihrem Vorbild CI XI 43, 5 ziemlich genau. Jedoch erwähnt sie erstmaIs 129 , daß die kaiserliche Bewilligung nicht vom Kaiser persönlich, sondern vom scrinium epistularum ausgestellt wurde. Diese Stelle wird seit Beginn der Kaiserzeit für die Vergabe der Privatkonzessionen zuständig gewesen sein, wobei die Frage, wieweit die Kaiser die hier ausgefertigten Schreiben gegenzeichneten und kontrollierten, vom jeweiligen Herrschaftsstil abhängig war. Gegenüber CI XI 43, 5 wurde die angedrohte Vermögensstrafe von 50 auf 10 Pfund Gold reduziert.
128 CJ XI 43, 11: 'Divinam dispositionem ab inclitae recordationis principe Theodosio super his, qui aquam sibi de publicis aquaeductibus seu fontibus praeberi desiderant, promulgatam hac etiam lege in sua firmitate durare sancimus, quatenus nemo vel in hac sacratissima civitate vel in provinciis sine divinis apicibus de sacro epistularum scrinio more solito edendis et iudicio tuae celsitudinis vel aliis quorum interest intimatis vel intimandis aquam de publico aquaeductu seu fonte trahere permittatur: his, quicumque nostra iussa violaverint seu violari concesserint, denarum librarum auri condemnatione aliaque gravissima indignatione feriendis' .
129 Außerdem wird hier erstmals auch für die Ableitung aus öffentlichen Quellen eine Genehmigung gefordert, was hier aber nicht weiter untersucht werden soll.
111. Erschlichene Bewilligungen
217
S. CJ XI 43,6 Eine weitere, wiederum an Cyrus gerichtete Konstitution Theodosius 11. bezog sich auf die sogenannte Hadrianische Wasserleitung und reservierte das Wasser dieser Leitung für den kaiserlichen Palast, die öffentlichen Thermen und die Nymphäen. Hier heißt es: "Und wir ordnen an, daß ... niemandem die Erlaubnis zu erteilen ist, durch Überreichen von Bittschriften von derselben Wasserleitung den Gebrauch des Wassers zu erbitten ... : die, die aus irgendeinem Grund geglaubt haben sollten, an eine derartige Anstrengung heranzutreten, ... , sollen wissen, daß ihnen 100 Pfund Gold als Buße an den Fiskus auferlegt werden "130. Im Unterschied zum soeben behandelten Gesetz betrifft diese Konstitution denjenigen, der kein Wasserrecht hatte, und der deshalb versuchte, es nicht vom Kaiser, sondern - unter der Hand - vom officium des praefectus praetorio zu erlangen. Hier war die angedrohte Strafe doppelt so hoch wie in CJ XI 43, 5 und 11, bei denen immerhin eine vom Kaiser genehmigte, materiellrechtlich rechtmäßige Wasserableitung gegeben war. Zugleich bekräftigt die Strafdrohung auch die obige Annahme, daß es, wenn die Bewilligung nur in formeller Hinsicht erschlichen worden war, mit einer Strafe von 50 Pfund Gold sein Bewenden hatte.
6. CJ XI 43,9 Schließlich beschäftigt sich mit diesem Problem noch eine nicht näher datierbare Konstitution Zenos (474/5 und 476-491 n. Chr.). Sie schritt gegen Privatpersonen ein, die öffentliche Quellen der öffentlichen Nutzung entzogen, und ordnete an, daß den Privatpersonen, die das Recht der Ableitung öffentlichen (Quell-)Wassers vom Kaiser erschlichen hatten, dieses Recht entzogen wurde: "Wir ordnen an, daß sorgfältig ausgekundschaftet wird, weIche Quellen von Anfang an öffentlich sind oder, wenn sie ursprünglich Privatquellen waren, nachher dem öffentlichen Gebrauch gedient hatten, aber dann erneut zum Nutzen von Privatleuten verwandt worden sind, sei es infolge von kaiser130 CJ XI 43, 6 pr.: ' ... et decernimus . .. nemini licentia tribuellda ab eodem aquaeductu precibus oblatis usum aquae petere ... : scielltibus his, qui qualibet ratiolle putaverillt ad huiusmodi molimen accedere, ... , centella pondo auri multae nomine fiscalibus rationibus se esse illaturos'.
218
§ 6 Wasserdiebstahl
lichen Reskripten, die durch Erschleichung erlangt worden waren, oder umso mehr, wenn erkannt wird, daß etwas eigenmächtig und nicht einmal unter dem Anschein eines derartigen kaiserlichen Reskripts versucht worden ist, damit das Recht dieser kaiserlichen Residenzstadt wiederhergestellt wird und, was einmal öffentliches Gut war, keineswegs Privatgut werde, sondern an den öffentlichen Nutzen zurückfällt; ... "131 • Die Konstitution beschränkt sich zunächst auf die Feststellung, daß das öffentliche Wasser "an den öffentlichen Nutzen zurückfällt", greift also den Verlust des erschlichenen Wasserleitungsrechts wieder auf. Der Schwerpunkt der Regelung liegt aber darin, die Ersitzung des erschlichenen Leitungsrechts zu verhindern. Eine derartige Ersitzung war durch langjährige Ausübung des Rechts, longi temporis praescriptio, grundsätzlich möglich 132 • Für die Ersitzung waren nicht einmal guter Glaube an die Berechtigung und Ersitzungstitel erforderlich 133 , so daß auch derjenige, der Wasser ohne oder aufgrund erschlichener Genehmigung ableitete, das Wasserleitungsrecht ersitzen mochte, wenn er nur lange genug den Wasserbezug ungehindert genossen hatte134 • Der Gefahr, daß nicht rechtzeitig entdeckte und verfolgte Wasserableitungen zu Wasserrechten erstarkten, sollte vorgebeugt werden.
13l CI XI 43, 9: 'Diligenter investigari deeernimus, qui publici ab initio fontes vel, eum eum essent ab initio privati, postquam publice usum praebuerunt, ad privatorum usum eonversi sunt, sive saeris apicibus per subreptionem impetratis, ae multo amplius si auetoritate illicita nee appetito eolore saeri oraeuli huiusmodi aliquid pertemptatum fuisse dignoscitur, ut ius suum regiae eivitati restituatur et, quod publieum fuerit aliquando, minime sit privatum, sed ad eommunes usus recurrat: ... '. 132 Nach Karade-Iskrow, S. 98, war zwar bei öffentlichen Sachen keine Ersitzung möglich, so daß auch das Wasserleitungs recht nicht ersessen werden konnte. Trotzdem konnte eine seit "unvordenklicher Zeit" privat genutzte Quelle nicht ohne weiteres entzogen werden. Hierauf bezieht sich wohl auch CTh XV 2, 7, wenn gesagt wird: 'Usum aquae veterem longoque dominio eonstitutum ... '.
133 Dieser wurde erst wieder durch Iustinian eingeführt, vgl. Kaser, Privatrecht 11, S. 285 f. So auch Elvers, S. 740 ff. 134 Für die Ersitzung eines derartigen Rechts galt vermutlich zunächst die Frist von 40 Iahren, die durch das allgemeine Verjährungsgesetz Theodosius' 11. im Iahr 424 n. Chr. offiziell auf 30 Iahre verkürzt wurde, Vgl. CTh IV 14, 1.
IV. Weiternutzung eines ursprünglich konzessionierten Anschlusses
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IV. Weiternutzung eines ursprünglich konzessionierten Anschlusses Eingeschritten wurde auch gegen die Weiternutzung eines Anschlusses, der früher aufgrund einer Bewilligung eingerichtet worden war. Das Wasserbezugsrecht konnte erlöschen, weil Bedingungen in der Person des Berechtigten wegfielen. Außerdem untersagten vor allem in der Spätantike die Kaiser häufig jede private Wasserableitung aus bestimmten Leitungen, was mitunter auch bestehende Konzessionen erfaßte m .
1. Bindung der Konzession an die Person des Grundstückseigentümers oder an das Grundstück selbst Frontill berichtet, daß in einer privaten Wasserkonzession geregelt sein mußte, wieviel Wasser von welchem castellum abgeleitet werden durfte, wer ableitungsberechtigt war und auf welches Grundstück das Wasser geleitet werden durfte136 • Das Wasserleitungsrecht hatte also einen Grundstücksbezug; es war verboten, das Wasser auf ein anderes als auf das in der Bewilligung genannte Grundstück zu leiten 137 • Gleichzeitig war die Konzession an die Person des Begünstigten gebunden: Sie ging weder auf den Erben noch den Käufer noch sonst einen neuen Eigentümer des Grundstücks über 138 • Diese
135 Nur ein Verbot der Neubewilligung enthalten CTh XV 2, 8 und 9, eine vollständige Aufhebung auch bestehender Konzessionen CJ XI 43, 6 pr. 136
Frontin 103, 2. 105, 1 und 3. 109, 6.
137
Frontin 109, 6.
138 Frontin 107, 1. Probleme wirft jedoch das sog. 4. sellatusconsultum de aquaeductibus aus dem Jahr 11 v. Chr. auf. Dort heißt es: "Weil die cOllsules ... berichtet haben, daß es notwendig ist zu bestimmen, mit welchem Recht diejenigen, denen (bereits) Wasser zugeteilt ist, außerhalb und innerhalb der Stadt das Wasser leiten und was dem Senat diesbezüglich zu unternehmen gefällt, wurde in dieser Angelegenheit beschlossen, daß die Zuteilung des Wassers, ausgenommen der Wasserleitungsrechte, die zum Gebrauch der Bäder aut haustus / aut Augusti lIomille gegeben worden sind, solange bestehen bleibt, wie dieselben Eigentümer das Grundstück besitzen, für das sie das Wasser erhalten haben". Die Überlieferung Frontills ist zweifelhaft. Folgt man Benllett, der an dieser Stelle 'aut Augusti lIomine' liest, dann ergibt sich das Problem, daß den Bewilligungen des Kaisers unabhängig von dem Eigentümer des Grundstücks Bestandskraft zukommen sollte. Da aber alle Bewilligungen "im Namen des Kaisers"
220
§ 6 Wasserdiebstahl
Bindung tritt deutlich bei Eigentümergemeinschaften hervor. Hier blieb die Konzession bis zum Tod des zuletzt versterbenden Miteigentümers wirksam; erst dann fiel das Wasserbezugsrecht weg139 • Das Wasserleitungsrecht erlosch also entweder mit dem Tod des Berechtigten oder mit dem Verlust seines Eigentums am begünstigten Grundstück, etwa durch Veräußerung1 Folge leistet, mit einer Geldbuße von sechs Pfund Gold bestraft wird, wenn es nicht die Leute zur Anzeige bringt, die sich unerlaubt (mehr) Wasser anmaßen"27. Damit statuierte der Kaiser für das gesamte Personal der Wasserbehörde eine Meldepflicht, wenn bekannt wurde, daß Privatleute die öffentliche Wasserversorgung beeinträchtigten. Nicht ausdrücklich erwähnt ist zwar die Pflicht des Personals, die widerrechtlich angelegten oder erweiterten Wasserableitungen zu unterbinden. Das wird aber so selbstverständlich gewesen sein, daß sich eine ausdrückliche Nennung erübrigte. Die Konstitution setzt nicht ausdrücklich voraus, daß wenigstens einer der Beamten Kenntnis von der unberechtigten Wasserableitung hatte und es vorsätzlich unterließ, den Privatmann anzuzeigen. Das war jedoch erforderlich, da nur dann eine Meldung möglich war und
24 Frontin 129, 4: 'quicumque ... is populo Romano centum milia dare damnas esto'. 25
Zu ihm oben § 6 III 1 Anm. 113 (S. 211).
26
Dazu oben § 5 11 1 d) (oben S. 164-166).
27 CTh XV 2, 3: ' ... ita ut quod tibi paret officium sex librarum auri multa Jeriatur, nisi prodiderit usurpantes ... '.
260
§ 8 Pflichtverletzungen im officium des curator aquarum
außerdem das römische Strafrecht im alIgemeinen dolus malus voraussetzte28 , was nur bei Kenntnis von der Tat und ihrer Rechtswidrigkeit vorlag. Die Position des Bediensteten innerhalb der Behörde war offenbar gleichgültig. Die Strafdrohung galt bereits, wenn irgendwer aus dem officium des Stadtpräfekten von einer illegalen Ableitung erfuhr. Da in dieser Behörde aber nicht nur Fachleute beschäftigt waren, sondern auch Subaltern- und Hilfsbeamte29 , war es nicht erforderlich, daß ein sachkundiger Bediensteter den Betrug bemerkte. Es genügte, daß irgendein im officium Angestellter von der Ableitung Kenntnis haUe und niemand dagegen vorging.
4. CTh XV 2,9 Am 8. November 400 n. ehr. folgte ein entsprechendes Gesetz für Rom. Es drohte Strafen bei rechtswidriger Ableitung aus der Aqua Claudia an30 und fuhr fort: "Schließlich weisen wir das officium, zu dessen Obliegenheiten die wachsame Aufsicht über dieses Bauwerk gehört, durch diese Strafe in seine Schranken, daß es mit der Abgabe von soviel Pfund Gold bestraft wird, wie sich herausstellt, daß Unzen aus unserer Claudia durch die Nachsicht des officium widerrechtlich in Anspruch genommen worden sind"3!.
Die an denpraefectus urbis Romae Nicomachus Flavianus32 gerichtete Konstitution entspricht im wesentlichen CTh XV 2, 3; auch hier ist für die Strafbarkeit des officium erforderlich, daß wenigstens ein Bediensteter Kenntnis von der unberechtigten Wasserableitung haUe. Denn die Strafbestimmung griff nur
28 Rein, S. 150-157; Mommsen, StrafR, S. 86-88. Fahrlässige Gesetzesverletzungen (dazu Mommsen, StrafR, S. 88-90) waren, wenn überhaupt, grundsätzlich nur Injurie mit der Privatklage verfoJgbar; der öffentlichen Bestrafung unterlagen nur bestimmte fahrlässig begangene Delikte, etwa schuldhafte Tötung, vgl. Mommsen, StrafR, S. 839 f.
29 Subalternpersonal der Wasserbehörde nennt bereits Frontin 100, 1. 2. 30 Erst 398/9 n. Chr. war der Oberlauf der Aquae Marcia et Claudia wiederhergestellt
worden, was den besonderen Schutz der Leitung erklärt.
3! CTh XV 2, 9: ' ... Officium praeterea, cuius ad sollicitudinem operis huius custodia pertinebit, hac poena constringimus, et tot librarum auri inlatione multetur, quot uncias Claudiae lIostrae coniventia eius usurpatas ftlisse constiterit'. 32 Zu Nicomachus Flavianus bereits oben § 6 I 9 (S. 199 ff., insbes. S. 200-202).
I. Überblick
261
ein, wenn die widerrechtliche Inanspruchnahme des Wassers durch "Nachsicht" ermöglicht worden war.
S. CJ XI 43, S Zwischen 439 und 441 n. Chr. regelte Theodosius 11. die Zuständigkeit bei der Erlangung eines Wasserleitungsrechts in den Provinzen neu 33 . Bis dahin waren derartige Konzessionen an den jeweiligen Provinzstatthalter zu überbringen 34 , nun legte der Kaiser gegenüber dem praefectus praetorio Orientis Cyrus 3S fest, daß "das kaiserliche Schreiben nicht den hochachtbaren rectores der Provinzen, sondern deinem sehr vorzüglichen Gericht vorzulegen"36 war. Durch diese Neuregelung wurden die wasserrechtlichen Konzessionsverfahren bei den Prätorianerpräfekturen konzentriert, was schon wegen der räumlichen Ausdehnung der Präfekturen eine einheitlichere Überwachung der privaten Wasserbezugsberechtigten und Bestrafung der Missetäter ermöglichte. Daran schloß sich die Strafdrohung: "Gegen den, der seine Bittschriften bei den moderatores einzureichen versucht, und gegen alle administratores, die es unternehmen, ein durch Erschleichung erlangtes Reskript anzunehmen, ist eine richterliche Strafe von 50 Pfund Gold zu verhängen; die apparitores der hochachtbaren Herren moderatores provinciae sollen der Bestrafung vermöge der Macht deiner Würde unterworfen werden 0037.
33
Zu dieser Konstitution bereits kurz oben § 5 11 2 c) (S. 169 ff.. insbes. S. 170).
34 Die Zuständigkeit der rectores folgt aus CTh XV 2, 2 (Antiochia, 370 n. ChL). wonach der rector für die Anweisung des Wasserreservoirs zuständig war, aus dem der Berechtigte das Wasser ableiten durfte, dazu § 5 11 2 c) (S. 170).
3S
ZU Cyrus oben § 4 I 6 Anm. 84 (S. 117).
36 CJ XI 43. 5: .... non viris clarissimis rectoribus provinciarum, sed tuae praecellentissimae sedi caelestes apices intimare debebit: ...•. 37 CJ XI 43. 5: •... condemnatione contra illum qui preces moderatoribus insinuare conatur quinquagi1lta librarum auri et contra universos administratores qui rescriptum per subreptionem elicitum suscipere moliuntur proponenda. apparitoribus nihilo minus eorulldem virorum clarissimorum provinciae moderatorum animadversionibus pro vigore tui culminis subiugandis: ...•.
262
§ 8 Pflichtverletzungen im officium des curator aquarum
6. CJ XI 43, 6 pr. Kurz danach hob Theodosius 11. sämtliche Wasserkonzessionen an der sog. hadrianischen Wasserleitung in Konstantinopel auf und verbot, neue zu erteilen. Die Konstitution fährt fort: "Und wir ordnen an, ... daß niemandem die Erlaubnis zu erteilen ist, durch Überreichen von Bittschriften von derselben Wasserleitung den Gebrauch des Wassers zu erbitten oder zu wagen, sie anzubohren: die, die aus irgendeinem Grund geglaubt haben sollten, an eine derartige Anstrengung heranzutreten, und das officium, wenn es gewagt haben sollte, anzuordnen oder weniger den Anweisungen als den Bitten zu gehorchen, sollen wissen, daß ihnen 100 Pfund Gold als Buße an den fiscus auferlegt werden "3A •
7. CJ XI 43, 11 Anastasius I. wiederholte 517 n. ehr. gegenüber dem praefectus praetorio Sergius 39 das Verbot, ohne entsprechende Bewilligung der kaiserlichen Kanzlei Wasser aus den öffentlichen Leitungen (und den öffentlichen Quellen) abzuleiten. Wurde ohne derartige Bewilligung Wasser abgeleitet, wurden nicht nur die Täter, sondern auch diejenigen, die die Zuwiderhandlung gestattet hatten, mit einer Strafe von 10 Pfund Gold und anderer schwerer Ungnade bestraft40 •
11. Die Regelungen im einzelnen Den vielen verschiedenen Möglichkeiten, an Manipulationen an den Wasserversorgungsanlagen mitzuwirken, die schon Fronti" beklagte41 , stehen nur
38 CJ XI 43, 6 pr.: '... et decernimus ... , nemini licentia tribuenda ab eodem aquaeductu precibus oblatis usu aquae petere vel eum audere perforare: scientibus his, qui qualibet ratione putaverint ad huiusmodi molimen accedere, vel officio, si ausum fuerit instruere vel minus instructis precibus parere, centum pondo auri multae nomine fiscaUbus rationibus se esse illaturos' . 39
Zur Amtszeit des Sergius vgl. Martindale, PLRE 11, v. "Sergius 7", S. 994 f.
CJ XI 43, 11: ' ... his, quicumque nostra iussa violaverint seu violari cOllcesserint, denarum librarum auri condemnatione aliaque gravissima indigllatione feriendis' . 40
41 Dazu die Auflistung zu Beginn dieses Abschnitts, oben S. 255 ff. Zu den Aufgaben der aquarii allg. P. Habel, Art. "aquarii", RE 11 1, Sp. 311 f., Sp. 311.
11. Die Regelungen im einzelnen
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wenige unscharf formulierte Rechtsvorschriften gegenüber, die dem Personal Nachteile androhen. Auch wenn die literarischen Quellen keine Hinweise auf einen Haftungsfall liefern, zeigt doch die Regelungsdichte in der Spätantike, daß die Kaiser einen Regelungsbedarf sahen.
1. Verschuldensunabhängige Baftung des officium?
Während bei der von Frontin überlieferten Regelung die Strafbarkeit an die täterschaftliehe Begehung geknüpft ist, enthalten die spätantiken Bestimmungen nahezu durchgehend die Besonderheit, daß die Strafe nicht nur dem Beamten drohte, der trotz Kenntnis den eigenmächtig handelnden Privatmann nicht anzeigte, sondern regelmäßig dem ganzen officium. Diese Anordnung mußte dazu führen, daß sich die Beamten gegenseitig bespitzelten und überwachten, um pflichtwidriges Verhalten ihrer Kollegen zu verhindern und die sonst auch sie treffende Strafe abzuwenden. Selbst wenn ein Bediensteter infolge hoher Bestechungssummen geneigt war, rechtswidrige Ableitungen zu verschweigen, wurde ihm das durch seine Kollegen erschwert. Bereits nach erb XV 2, 3 reichte es aus, daß irgendein Mitarbeiter des praefectus urbis Constantinopolitanae eine unberechtigte Wasserableitung verschwieg, um nicht nur seine eigene Haftung auszulösen, sondern die des ganzen officium. erb XV 2, 9 ordnete für den Westen dieselbe Kollektivhaftung an wie CTh XV 2, 3. Voraussetzung war nur die "Nachsicht" eines der Mitarbeiter des praefectus urbis Romae, d.h. die Untätigkeit trotz erkannter widerrechtlicher Beeinträchtigungen der Wasserversorgungsanlagen 42 • Zweifelhaft ist die Haftung jedoch in CJ XI 43, 5. Dort heißt es 'condemnalione '" contra universos administratores qui rescriptum ... suscipere mo/iunlur proponenda, apparitoribus ... eorundem virorum clarissimorum provinciae moderatorem animadversionibus ... subiugandis: ... '. Ob danach nur jeder administrator für sein eigenes Verhalten zur Verantwortung gezogen wurde, wie im "alle administratores, die wagen ... " anklingt, oder ob sich auch hier die ganze Behörde strafbar machte, wie der zweite Teil der Regelung nahelegt,
42 Zutreffend ordnet K.L. Noethlichs, Beamtentum und Dienstvergehen, Wiesbaden 1981, S. 193 f., die Konstitution in den Bereich der Bestechlichkeit der Beamten ein. Denn die Beamten, die gegen unberechtigte Wasserableitung nicht einschritten, werden für ihre Untätigkeit eine (lohnende) Gegenleistung erhalten haben.
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§ 8 Pflichtverletzungen im officium des curator aquarum
wonach den apparitores pauschal eine Bestrafung durch den praefectus praetorio angedroht wird, ist unklar. CJ XI 43, 6 pr. bezieht sich auf Verfehlungen von Beamten der Prätorianerpräfektur und ordnet für diese die kollektive Haftung des ganzen officium an. Da auch diese, der vorigen sehr ähnliche Konstitution zwischen 439 und 441 n. Chr. erlassen wurde, ist zu vermuten, daß auch schon CJ XI 43, 5 die Bestrafung des ganzen Personals der Provinzialverwaltung angedroht hatte. Davon weicht nur CJ XI 43, 11 ab, wonach nur derjenige haftete, der die Zuwiderhandlung gestattet hatte. Diese Gestattung konnte entweder darin liegen, daß eine bereits existierende unberechtigte Ableitung nicht angezeigt wurde, oder in schlichter Untätigkeit bei Bekanntwerden erst geplanter Ableitungen. Jedenfalls wurde hier das Verschulden des einen Beamten nicht dem ganzen officium zugerechnet. Durch die kollektive Bestrafung wurde einem gleichgültigen Verhalten der übrigen Behördenbediensteten gegen Rechtsverstöße oder auch nur schlichte Untätigkeit eines Kollegen entgegengesteuert und ohne dauernde Inspektionen eine gegenseitige Kontrolle erzielt 43 • Offen bleibt, wie die Strafe aufgebracht wurde 44 • Hierzu fehlen Rechtsvorschriften und Hinweise bei den Annalisten. Vielleicht wurde die gegen das officillm verhängte Strafsumme auf die einzelnen Beamten umgelegt, vielleicht gab es einen Fonds, der auch zur Tilgung von Strafsummen diente. Schließlich bleibt ungeklärt, ob die Beamten, die aufgrund der Verfehlung ihres Kollegen zur Erbringung der Strafsumme herangezogen worden waren, gegen diesen einen Ausgleichsanspruch hatten. Unklar ist auch, ob tatsächlich, wie die Konstitutionen ergeben, stets das ganze officium des Stadt- oder Prätorianerpräfekten bestraft wurde. Näher liegen würde eine Beschränkung auf die Mitglieder der für die Wasserversorgung zuständigen Unterabteilung in der Präfektur, also auf diejenigen Beamten, die dem comes formarum unterstanden 4s • Es ist jedenfalls kaum verständlich,
43 Nach Karlowa, Rechtsgeschichte I, S. 876, trafen die Strafen deshalb so oft das officium, weil die - häufig wechselnden - Behördenleiter darauf angewiesen waren, daß ihre Untergebenen pflichtgemäß handelten. Das erklärt aber noch nicht die Haftung des ganzen officium; ebenso denkbar wäre auch eine drastische Bestrafung des jeweiligen Bediensteten gewesen. 44 Auch Noethlichs, S. 225, hat diese Frage offen gelassen; ihre Klärung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
11. Die Regelungen im einzelnen
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daß über die Mitglieder der Wasserbehörde hinaus auch andere Beamte zur Rechenschaft gezogen werden sollten, die mit der Wasserversorgung nichts zu tun hatten 46 •
2. Entwicklung der Strafe Die wohl beträchtlichen Bestechungssummen scheinen immer wieder Anreiz für die Beamten gewesen zu sein, illegale Ableitungen zu tolerieren oder zu ermöglichen. Auch die gegenseitige Überwachung, zu der die kollektive Haftung des ganzen officium führen mußte47 , scheint das nicht verhindert zu haben, denn die Kaiser verschärften außerdem die Sanktionen. Die der Behörde drohende Strafe wurde in knapp 60 Jahren von den in CTh XV 2, 3 von 382 n. Chr. angedrohten sechs Pfund Gold auf 100 Pfund Gold angehoben48 • Erst CI XI 43, 11 von 517 n. Chr. milderte auf den ersten Blick die Strafe wieder, doch trafen die hier angedrohten 10 Pfund Gold nicht das ganze officium, sondern wohl nur den pflichtwidrig handelnden Beamten49 • In Konstantinopel drohte 382 n. Chr. dem officium des Stadtpräfekten eine Buße von sechs Pfund Gold (CTh XV 2, 3). Die in Rom geltende Parallelvorschrift CTh XV 2,9 von 400 n. Chr. bemaß die Strafe danach, wieviele Unzen Wasser aus der Aqua Claudia abgeleitet worden waren~o: Hatte der Ableitende 45 Die Bezeichnung bezieht sich auf die praefectura urbis Romae; die Terminologie in der Prätorianerpräfektur ist nicht bekannt. Vgl. oben § 211 1 b) a) (S. 60-63, insbes. S. 62 f.). 46 Die Notitia Dignitatum occ. IV nennt eine lange Liste von Unterbeamten: den praefectus anllonae, der für die Versorgung der Stadt mit Getreide und Schweinefleisch verantwortlich war, den magister census, der die Steuerlisten führte, den die Weinversorgung organisierendenrationalis vino, schließlich den die Lagerhallen verwaltenden curator horreorum Galballorum. Jeder dieser Beamten hatte seinerseits Fach- und Hilfspersonal, wobei sich die Anzahl seiner Untergebenen nach der Bedeutung seines Sachgebietes gerichtet haben wird. Vgl. auch Demandt, S. 383.
47 In diesem Zusammenhang scheidet ein Vergleich mit der von Frolltin überlieferten Regelung aus, bei der weder die genaue Geltungszeit noch die exakte Höhe der multa bekannt ist und bei des nur vermutet werden kann, dazu oben § 8 I 1 (S. 257 f.).
48
CI XI 43, 6 pr. von 439-441 n. Chr.
49
S. oben § 8 11 1 (S. 263-265, insbes. S. 264).
50 Die uncia war ein gebräuchliches Maß für die Berechnung des Leitungsdurchmessers, nach dem sich die Wassermenge richtete; dazu oben § 5 11 1 d) (S. 164 f. mit Anm. 103).
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§ 8 Pflichtverletzungen im afficium des euratar aquarum
überhaupt keine kaiserliche Konzession, war der ganze Leitungsrohrdurchmesser der Multiplikator für die gegen das officium zu verhängende Strafe; hatte er eine Konzession für eine geringere als die tatsächlich bezogene Wassermenge, war nur für den überschießenden Teil die Strafe zu berechnen. Um 440 n. ehr. ging 0" XI 43, 5 auf nur formell rechtswidrige Wasserleitungsrechte ein. Wurde die Konzession unter Umgehung des officium des Prätorianerpräfekten beim Büro des Provinzstatthalters eingereicht, dann drohte diesem~l, wenn es die für die Wasservergabe erforderlichen Maßnahmen einleitete, eine Strafe von 50 Pfund Gold. Die Einhaltung der Zuständigkeit sollte offenbar sichern, daß das Reskript fachkundig auf seine Vereinbarkeit mit dem geltenden Recht geprüft wurde~2; nur solche Wasserableitungen sollten toleriert werden, die vom Kaiser konzessioniert und vom Prätorianerpräfekten geprüft worden waren.
er XI 43,6 pr. erhöhte kurz danach die Strafe nochmals. Trafen Beamte der Prätorianerpräfektur Anordnungen auf dem Gebiet der Wasserversorgung, ohne daß eine kaiserliche Bewilligung vorlag, drohte ihnen eine gegenüber 0" XI 43, 5 doppelt so hohe Strafe. Eine gleich hohe Strafe wie gegen das Büro des Provinzstatthalters hätte das officium des praefectus praetorio nicht ebenso hart getroffen, da beim Prätorianerpräfekten beschäftigtes Personal höher besoldet wurde als bei der Provinzverwaltung. Außerdem bestand das officium des Prätorianerpräfekten aus wesentlich mehr Beamten als das der rectores provinciarum, die Strafe war also auf mehr Personen umzulegen. 0" XI 43, 5 und 6 pr. unterscheiden sich aber auch im Unrechtsgehalt: Die bei den rectores tätigen Beamten wurden bestraft, weil sie eine Amtshandlung vornahmen, für die sie nicht zuständig waren, während die Handlung selbst materiell rechtmäßig sein konnte, wenn nämlich die Konzession wirksam war. Dagegen handelten die Beamten der Prätorianerpräfektur, die grundsätzlich für das wasserrechtliche Genehmigungsverfahren zuständig waren, im von 0" XI 43, 6 pr. geregelten Fall stets materiell rechtswidrig, weil Theodosius 11. die Ableitung aus dem aquaeductus Hadriani generell verboten hatte.
51 Wohl nicht nur den handelnden Beamten, vgl. oben § 8 11 1 (S. 263-265, insbes. S. 264 f.)
52 Jedenfalls bei den Prätorianerpräfekturen waren Juristen beschäftigt, dazu insbes. H.F. Hitzig, Die Assessoren der römischen Magistrate und Richter, München 1893, S. 162-166 und S. 171-174.
11. Die Regelungen im einzelnen
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Die Konstitution von Anastasius I. schließlich, die dem einzelnen Beamten eine Strafe von 10 Pfund Gold und andere schwere Ungnade androhte, geht neue Wege: die Geldstrafe trifft nicht mehr das ganze officium, sondern nur den einzelnen, weniger leistungsfähigen Beamten. Die Regelungsdichte spiegelt das Ausmaß der Korruption im spätantiken Staat wider. Insbesondere die nur gering besoldetenS3 Unterbeamten scheinen der Versuchung ausgesetzt gewesen zu sein, unberechtigte Wasserentnahmen nicht anzuzeigen, sondern gegen ein Schweigegeld zu verheimlichen. Dem suchten die Kaiser durch hohe Strafen, die potentielle Bestechungssummen übersteigen mußten, zu begegnen. Doch zeigen die vielen Regelungen mit ihren ständigen Strafschärfungen, daß die gewünschte Abschreckung nicht oder nur zum Teil eintrat.
53 Für die Unterbeamten der Wasserbehörde existiert keine Gehaltstabelle. Als Vergleich können jedoch die Bezugslisten herangezogen werden, die Justinian 534 n. Chr. festsetzte, als er nach der WiedereroberungAfricas die Verwaltung derpraefectura Africa neu einrichtete, CI I 27. Zur Besoldung auch A.H.M. Iones, The later Roman empire 284-602, vol. 1, Oxford 1964, S. 396-401.
Zusammenfassung
1. Die öffentliche Wasserversorgung beginnt nicht erst mit dem Bau der großen Fernwasserleitungen. Die Ableitung aus öffentlichen Flüssen war stets erlaubt, wenn dadurch der Zustand des Flusses nicht wesentlich verändert und die andren Anrainer nicht geschädigt wurden. Die öffentlichen Tiefbrunnen, die vor dem Leitungsbau den Wasserbedarf deckten, waren durch Brunnensatzungen geschützt. Eine Gesetzgebung auf dem Gebiet des Wasserrechts, die nicht nur EinzelfäIle regelte, sondern aIlgemeinverbindliche Grundsätze aufsteIlte, begann jedoch erst mit dem Bau der Fernwasserleitungen.
2. Vom Regelungsinhalt her unterscheiden sich viele Vorschriften nicht von wasserrechtlichen Vorschriften anderer mediterraner Rechtskreise. Regelungen über die Instandhaltung, Wartung und Säuberung der Wasserversorgungsanlagen existierten bereits im mesopotamischen und griechischen Rechtsraum. Jedenfalls aus dem griechischen Recht sind auch Vorschriften über die Folgen von Wasserverunreinigungen bekannt. 3. Es fäIlt auf, daß Vorschriften zur Ermöglichung von Bau- oder Reparaturarbeiten an den Wasserversorgungsanlagen nur aus der Zeit des frühen Prinzipats überliefert sind. Das Eigentum der an die Wasserversorgungsanlagen grenzenden Grundbesitzer wurde seit der frühen Kaiserzeit zum Schutz der Leitungen beschränkt; grundsätzlich neue Regelungen gab es später nicht. 4. Ganz anders sieht die Gesetzesdichte aber bei den Sanktionen aus. Beschädigung der WasserversorgungsanIagen oder auch nur ihre Gefährdung durch Nichtbeachtung des längs der Anlagen festgelegten Schutzstreifens wurde jedenfalls seit augusteischer Zeit mit Strafe bedroht. Dem Schutz der Anlagen dienten auch die Vorschriften, die während der Kaiserzeit zur Frage ergingen, woher ein Privatbezugsberechtigter sein Wasser zu beziehen hatte. Die private Wasserableitung aus öffentlichen Wasserversorgungsanlagen wurde zwar einem immer größeren Personenkreis gestattet. Illegaler Wasserbezug wurde jedoch besonders oft bekämpft; sein Verbot wurde in der Kaiserzeit dauernd ausgearbeitet und die Strafe verschärft.
Zusammenfassung
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5. Erst in der Spätantike wurde die aus heutiger Sicht unvorstellbare Haftung des ganzen officium für pflichtwidriges Verhalten eines Behördenmitarbeiters eingeführt. Vorgängerbestimmungen sind nicht bekannt. Die Regelung paßt vielmehr gut zum Bestreben des spätantiken Staates, alle Verwaltungsund staatswichtigen Lebensbereiche durch staatliche agentes in rebus oder interne Spitzel zu kontrollieren. 6. Abgesehen von dieser allgemeinen Strafschärfung ist ein Rückgang der Differenzierungen und damit der römischen Rechtssicherheit festzustellen. Während die alten Gesetze wie die Lex Quinctia de aquaeductu aus dem Jahr 9 v. ehr. sämtliche Möglichkeiten der Tatbegehung und der Folgen der Tat aufführten, wurden in den spätantiken Kaiserkonstitutionen die Sachverhalte pauschalisiert und vergröbert. In der Spätantike verfielen die Wasserversorgunganlagen. Doch nicht die Anbohrung und Anzapfung der Leitungen durch Privatpersonen war hierfür ursächlich, sondern die finanzielle Misere der Städte in der Völkerwanderungszeit. Der Leitungskanal des Pont du Gard ist heute trocken. Vom Quellheiligtum von Zaghouan rinnt kein Wasser mehr über die 130 km lange Leitung nach Karthago, um die Thermen zu speisen. Der Yerebatan saraYI steht nur noch deshalb unter Wasser, weil Grund- und Regenwasser durch die inzwischen rissigen Zementwände dringt. Doch ihre Ruinen haben überdauert. Sie legen Zeugnis von der Größe und Schaffenskraft des Reiches ab. Insofern ist Frontins Stolz verständlich, der nach Beschreibung der bis zu seiner Zeit errichteten stadtrömischen Fernwasserleitungen fortfährt, die eingangs zitierte Wertung des Pliflius aufnehmend:
"Mit diesen so vielen und lIotwendigen Wasserbauten vergleiche man die überflüssigen Pyramiden oder die übrigen nutzlosen, weithin gerühmten Werke der Griechen"! Frontin 16.
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PubIius Papinius Statius: Silvae, hrsg. mit engl. Übersetzung von John Henry Mozley, 2 Bde, Bd 1, London, Cambridge (Mass.) 41967 (Loeb). Strabon: ITPABQNOI rEQrPA