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German Pages 259 Year 1992
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 622
Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost durch Eigengesellschaften
Von Jürgen Plagemann
Duncker & Humblot · Berlin
JÜRGEN PLAGEMANN
Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost durch Eigengesellschaften
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 622
Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost durch Eigengesellschaften
Von
Jürgen Plagemann
Duncker & Humblot * Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Plagemann, Jürgen: Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost durch Eigengesellschaften / von Jürgen Plagemann. Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 622) Zugl.: Frankfurt (Main), Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07498-X NE: GT
Alle Rechte vorbehalten © 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübernahme: Hagedornsatz, Berlin 46 Druck: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin 49 Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-07498-X
Vorwort Nach dem Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes zum 1.7.1989 sind die bisherigen unternehmerischen und hoheitlichen Aufgaben des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation getrennt und die unternehmerischen Aufgaben auf die drei neuen öffentlichen Unternehmen der Deutschen Bundespost — die Deutsche Bundespost T E L E K O M , die Deutsche Bundespost POSTDIENST und die Deutsche Bundespost POSTBANK — übergeleitet worden. Diese haben in den vergangenen Monaten u.a. eine Reihe weiterer, neuer Tochtergesellschaften gegründet. Damit hat die Diskussion um die „richtige" Unternehmensform der Deutschen Bundespost und ihre Tochtergesellschaften allerdings keinesfalls ihren Abschluß gefunden. Die Entwicklung der Telekommunikation hin zu Wettbewerbsmärkten, die zunehmende Internationalisierung der Märkte, aber auch die mannigfaltigen Probleme infolge der Herstellung der Einheit Deutschlands führen derzeit zu einer erneuten Diskussion über die Umwandlung der öffentlichen Unternehmen der Deutschen Bundespost in private Aktiengesellschaften. Die vorliegende Arbeit will diesen aktuellen ordnungspolitischen Fragen vertiefend nachgehen und rechtliche Spielräume der Deutschen Bundespost näher aufzeigen. Die Arbeit ist im Wintersemester 1991/92 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main als Dissertation angenommen worden. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur konnten bis zum Sommer 1990 berücksichtigt werden. Die später erschienene Literatur ist z.T. noch in die Anmerkungen aufgenommen worden. Die Arbeit wurde von Professor Dr. Michael Bothe betreut, dem ich für die intensive Förderung und vielfaltige Unterstützung ganz besonders danke. Professor Dr. Walter Schmidt hat das Zweitgutachten erstattet und mir in kritischen Diskussionen zahlreiche weiterführende Hinweise vermittelt. Ihm danke ich ebenfalls. Bonn, im Januar 1992 Jürgen Plagemann
Inhaltsverzeichnis Einleitung
17 Teil A
Die Reform des „Kommunikationsunternehmens" Deutsche Bundespost durch Gründung von Eigengesellschaften und Beteiligungen I. Gegenwärtige erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen
20
1. Überblick
20
2. Begriffsbestimmung: „Eigengesellschaften" und „Beteiligungen"
21
3. Eigengesellschaften
22
a) Überblick zu den vorhandenen Eigengesellschaften
22
aa) Deutsche Postreklame GmbH
22
bb) Deutsche Fernkabel-Gesellschaft mbH
23
b) Die Rechtsstellung von Eigengesellschaften zur Deutschen Bundespost
24
c) Beispiel: Die Rechtsbeziehungen zwischen der Deutschen Postreklame GmbH und der Deutschen Bundespost
25
4. Beteiligungen
26
5. Gründe zur Bildung von Eigengesellschaften und Beteiligungen
31
II. Zukünftige Möglichkeiten für ein Engagement der Deutschen Bundespost durch Eigengesellschaften und Beteiligungen
33
1. Einfuhrung
33
2. Nationale Reformüberlegungen zur Telekommunikationspolitik
34
a) Ordnungspolitische Überlegungen als Ausgangsbasis
34
b) Der Bericht der „Regierungskommission Fernmeldewesen"
37
c) Die Konzeption der Bundesregierung zur Neuordnung des Telekommunikationsmarktes
42
8
Inhaltsverzeichnis d) Veränderungen durch das Poststrukturgesetz
45
3. Flexibilisierung durch neue Betätigungsfelder
48
a) Endgeräte
48
b) Telekommunikationsdienste
51
aa) Begriffsbestimmung: „Basis-" und „Mehrwertdienste"
51
bb) Basis- und Mehrwertdienste nach bisheriger deutscher Rechtslage
54
cc) Basis- und Mehrwertdienste nach dem PostStruktG
55
dd) 1. Beispiel: EUCOM Gesellschaft fur Telekommunikations-Mehrwertdienste mbH
56
ee) 2. Beispiel: International Information Network (Infonet)
57
Services Inc.
ff) 3. Beispiel: Managed Data Network Services-Gesellschaft (MDNS)
58
gg) 4. Beispiel: Europäisches Testlabor beim Fernmeldeamt Wiesbaden
60
c) Übrige wirtschaftliche Güter und Dienstleistungen
61
III. Europäische Rahmenbedingungen der Telekommunikationspolitik
61
IV. Internationale Rahmenbedingungen der Telekommunikationspolitik - Tochtergesellschaften von dominanten Netzbetreibern im Ausland
66
1. Überblick über die internationale Entwicklung
66
2. Ländervergleich
67
a) Vereinigte Staaten
67
b) Großbritannien
75
c) Japan
79
d) Schweden
83
e) Frankreich
87
f) Schweiz
91
g) Niederlande
93
3. Beurteilung
96
Inhaltsverzeichnis
9
Teil Β Die rechtliche Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen I. Zulässigkeit und Grenzen erwerbswirtschaftlicher Betätigung des Staates in privatrechtlichen Organisationsformen 99 1. Der Begriff „erwerbswirtschaftliche Betätigung"
99
2. Die Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung in privatrechtlichen Organisationsformen 105 3. Schranken erwerbswirtschaftlicher Betätigung in privatrechtlichen Organisationsformen 110 a) Überblick
110
b) Grundrechtsbestimmungen
110
c) Rechtsstaatsprinzip
110
d) Demokratieprinzip
111
e) Staatsorganisationsprinzipien
111
f) Art. 83 ff. GG
112
g) Art. 33 Abs. 4 GG
113
II. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen
112
1. Die „erwerbswirtschaftliche Betätigung" der Bundespost
113
2. Die Bundespost als „bundeseigene Verwaltung" nach Art. 83 ff. GG
117
a) Die Organisationsform „bundeseigene Verwaltung"
117
b) Der Kompetenztitel des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG
118
c) Das Verhältnis zwischen Art. 87 Abs. 1 Satz 1 und Art. 73 Nr. 7 GG (Postund Fernmeldewesen) 120 d) Die Verpflichtung der Bundespost zur Leistungserbringung 3. Aufgabenkompetenzen
122 125
a) Postwesen
125
b) Fernmeldewesen
127
10
Inhaltsverzeichnis aa) Kompetenznorm und einfachgesetzliche Konkretisierung
127
bb) Auslegung des Begriffs „Fernmeldewesen"
128
c) Übrige wirtschaftliche Güter und Dienstleistungen
131
4. Organisationsrechtliche Spielräume: Die Zulässigkeit von Eigengesellschaften und Beteiligungen 136 a) Erwerbswirtschaftliches Handeln der Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen außerhalb der Art. 83 ff. GG? 136 b) Eigengesellschaften und Beteiligungen als „bundeseigene Verwaltung" i. S. des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG
141
aa) Überblick
141
bb) Die Zulässigkeit von Eigengesellschaften und Beteiligungen aus der Sicht der Rechtsprechung
141
α) Überblick
141
ß) Entscheidungen zur Deutschen Postreklame GmbH
142
γ) Entscheidungen zur Organisationsform „Regionalverkehr GmbH" 144 δ) Entscheidung des BVerfG zur Organisationsfreiheit im Rahmen des Art. 87 GG (E 63, 1 ff.) 146 ε) Zusammenfassung
147
cc) Die Zulässigkeit von Eigengesellschaften und Beteiligungen aus der Sicht des Schrifttums 148 dd) Eigene Stellungnahme zur Zulässigkeit von Eigengesellschaften und Beteiligungen nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG 151 α) Wortlaut
151
ß) Entstehungsgeschichte
154
γ) Systematischer Zusammenhang 156 δ) Teleologische Auslegung - funktionelle Eingrenzung der organisationsrechtlichen Spielräume 157 ε) Zusammenfassende Beurteilung
166
III. Verfassungsrechtliche Schranken der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen 169 1. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit privatrechtlicher Rechtsverhältnisse 169 a) Bisherige Rechtsformen des Verwaltungshandelns der Deutschen Bundespost 169 b) Keine verfassungsrechtliche Verpflichtung zu hoheitlichem, öffentlichrechtlichem Handeln 170 c) Das Verwaltungshandeln der Bundespost nach dem PostStruktG
174
Inhaltsverzeichnis 2. Die Grundrechtsgebundenheit der erwerbswirtschaftlichen Betätigung - die „Fiskalgeltung der Grundrechte" 175 3. Grundrechtliche Schranken
178
a) Überblick
178
b) Grundrechte und Verwaltungsmonopol
178
c) Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit)
179
d) Art. 14 GG (Schutz des Eigentums)
184
e) Art. 2 Abs. 1 GG (Wettbewerbsfreiheit)
186
4. Legitimation und Begrenzung durch einen „öffentlichen Zweck"
187
a) Unterschiedliche Begründungen der Notwendigkeit des „öffentlichen Zwecks" 187 b) Das Problem der Konkretisierung des „öffentlichen Zwecks"
189
c) Der „öffentliche Zweck" von Eigengesellschaften und Beteiligungen der Deutschen Bundespost 190 aa) Die Eigenwirtschaftlichkeit der Bundespost
190
bb) Die Bedeutung von Eigengesellschaften und Beteiligungen für den öffentlichen Auftrag der Bundespost 196 cc) Innovationsforderung
200
5. Demokratieprinzip
200
6. Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG
202
7. Gesetzesvorbehalte
204
a) Institutioneller Gesetzesvorbehalt
204
b) Allgemeiner Gesetzesvorbehalt
205
IV. Einfachgesetzliche Schranken der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen 206 1. Vorbemerkung
206
2. Bindungen durch den Status der Deutschen Bundespost als Sondervermögen 207 3. Benutzungsverordnungen nach § 14 PostVerwG
208
12
Inhaltsverzeichnis 4. Schranken durch § 65 BHO und § 65 PostHO
208
5. Die Schranken nach dem PostStruktG
209
a) Der Status der Deutschen Bundespost als öffentlich-rechtliches Sondervermögen 209 b) Die Rechtsformen des Verwaltungshandelns
210
c) Entscheidungskompetenzen bei der Gründung und Führung von Tochtergesellschaften 210 d) Die Anwendbarkeit des Haushaltsrechts
212
V. Völkerrechtliche Aspekte der Betätigung der Deutschen Bundespost im Ausland 213 1. Einführung
213
2. Die Zulässigkeit staatlicher Betätigung im Ausland aus völkerrechtlicher Sicht 214 a) Territorialitätsprinzip
214
b) Abgrenzung zwischen „hoheitlichen" und „nicht-hoheitlichen" Tätigkeiten 215 3. Beurteilung nach dem PostStruktG
218
Teil C Schranken der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost durch das Wettbewerbsrecht I. Die Anwendung des Wettbewerbsrechts 1. Vorbemerkung
221 221
2. Die grundsätzliche Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts auf die Unternehmen der öffentlichen Hand 221 II. Sonderregelungen beim Tätigwerden der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen 224 1. Die Deutsche Bundespost als Nachfrager
224
2. Die Deutsche Bundespost als Anbieter
225
a) Das Alleinbetriebsrecht des § 1 FAG
225
Inhaltsverzeichnis b) Die Bereichsausnahme des § 99 GWB 3. Zusammenfassung
229 231
Ausblick
232
Zusammenfassung
234
Anhang
240
Literaturverzeichnis
243
Abkürzungen Abs. Anm. ArchPF AT&T BGBl. BHO BKartA BMPT BOCs BT Ch. E. COGECOM DBP DETECON DPR Drs. FAG FCC i.V. ISDN KDD MDNS MinBl. m.w.N. NTT OFTEL PostG PostHO PostStruktG PostVerfG PostVerwG PTT Rdnr. RGBl. RHCs RVK
Absatz Anmerkung Archiv für das Post- und Fernmeldewesen American Telephone and Telegraph Corporation Bundesgesetzblatt Bundeshaushaltsordnung Bundeskartellamt Bundesministerium für Post und Telekommunikation Bell Operating Companies British Telecom Entwurf des Verfassungskonvents auf Herrenchiemsee vom 10.23.8.1948 Compagnie Générale des Communications Deutsche Bundespost Deutsche Telepost Consulting GmbH Deutsche Postreklame GmbH Drucksache Gesetz über Fernmeldeanlagen Federal Communications Commission in Verbindung Integrated Services Digital Network (diensteintegriertes digitales Netz) Kokusai Denshin Denwa Co., Ltd. Managed Data Network Services Ministerialblatt mit weiteren Nachweisen Nippon Telegraph and Telephone Public Corporation Office of Telecommunications Gesetz über das Postwesen Posthaushaltsordnung Poststrukturgesetz Postverfassungsgesetz Postverwaltungsgesetz Post-, Telephon- und Telegraphenbetriebe Randnummer Reichsgesetzblatt Regional Holding Companies Regionalverkehr Köln GmbH
Abkürzungen
TKO TKV VANS ZögU ZPF ZPT
15
Telekommunikationsordnung Telekommunikationsverordnung Value Added Network Services Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen Zeitschrift für das Post- und Fernmeldewesen Zeitschrift für Post und Telekommunikation
Einleitung Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Ausarbeitung sind verfassungsrechtliche und ordnungspolitische Fragen zur wirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost. I m Vordergrund des Interesses steht dabei vor allem die weitere Entwicklung der nationalen Telekommunikationspolitik. Es wird die Möglichkeit aufgezeigt und diskutiert, teilweise Aufgaben der Bundespost in 100%ige Tochtergesellschaften (Eigengesellschaften) auszulagern. Die Frage, ob und in welchem Umfang die Bundespost auch Beteiligungen bzw. Jointventures mit anderen privaten Unternehmen eingehen darf, wird in dieser Untersuchung mitbehandelt. Im übrigen ist schon hier anzumerken, daß sich das Interesse an Eigengesellschaften oder Beteiligungen heute besonders auf die Wettbewerbsmärkte der Telekommunikation richtet: den Markt für Endgeräte und für Telekommunikationsdienste. Bei den ordnungspolitischen Überlegungen steht das Verhältnis der Bundespost zu ihren Wettbewerbern im Vordergrund: Die Bundespost ist mit ihren Dienstleistungsangeboten nicht immer nur auf Märkten präsent, auf denen ihr ein Monopol oder ein Alleinbetriebsrecht zusteht, sondern sie erfüllt einen hohen Anteil ihrer gemeinwirtschaftlichen Aufgabenstellung in wettbewerblich strukturierten Märkten. Aus ordnungspolitischer Sicht stößt diese Verbindung bzw. Verquickung von Monopol- und Wettbewerbsbereichen innerhalb ein- und desselben Unternehmens auf grundsätzliche Bedenken. Die Monopolstellung der Bundespost wird gemeinhin damit begründet und zugleich legitimiert, daß entweder aus technischen oder ökonomischen Gründen der Wettbewerb nicht optimal funktioniert oder er aus gemeinwirtschaftlichen Erwägungen zu unerwünschten Ergebnissen führt, mithin „Marktversagen" vorliegt. Die bisher bestehenden Monopolbereiche der Bundespost entwickeln sich heute tendenziell zu Wettbewerbsmärkten, ebenso wie verschiedene neue Dienste der Bundespost bereits im Wettbewerb erbracht werden. Die Kritiker der Betätigung der Bundespost in Wettbewerbsbereichen argumentieren jedoch verschiedentlich, daß die Bundespost als Sondervermögen des Staates nicht dem Konkursrisiko unterliege und daher (unerwünschte) Wettbewerbsverzerrungen gegenüber privaten Unternehmen entstehen würden. Eine Lösung könnte etwa darin liegen, daß man einzelne Wettbewerbsleistungen in weitgehend unabhängige, separate Tochtergesellschaften auslagert. Zum zweiten wird generell öffentlichen Unternehmen und auch der Bundespost vorgeworfen, sie finanziere mit den Erträgen aus den Monopolbereichen ihre Betätigung in Wettbewerbsbereichen. Diese Form der Quersubventionierung ist — sofern sie stattfindet — in einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsstruktur bedenklich. Aus diesem Grund, aber auch zur Sicherung der Wettbe2 Plagemann
18
Einleitung
werbsfahigkeit der Bundespost, hat auch die unabhängige „Regierungskommission Fernmeldewesen" in ihrem Bericht von 1987 empfohlen, daß die Deutsche Bundespost für sog. freie Leistungen, Endgeräte und ergänzende Geschäftsfelder separate Tochtergesellschaften in privater Rechtsform gründet. Im weiteren Zusammenhang geht es daher um Überlegungen, wie ein Ordnungsrahmen geschaffen werden kann, der einen unverfälschten Wettbewerb zwischen der Bundespost und privaten Unternehmen garantiert. Der Frage, welche Wettbewerbsvorteile in welchem Ausmaß für die Bundespost tatsächlich bestehen, kann hier selbstverständlich nicht nachgegangen werden. Die Überlegungen bleiben hier darauf beschränkt, ob und inwieweit ein Engagement der Bundespost in gesellschaftsrechtlichen Rechtsformen, d.h. durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen, möglich ist. Anders gesagt geht es bei dieser Untersuchung um die Frage, ob unternehmerische Aufgaben der Bundespost durch eine rechtlich verselbständigte Organisationseinheit wahrgenommen werden können. Diese Frage ist auch deswegen von großem Interesse, weil besonders aus Unternehmenssicht betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte für eine Auslagerung von Aufgaben in Eigengesellschaften oder Beteiligungen sprechen können. Dies können ζ. B. eine erhöhte Effizienz von selbständigen Organisationen oder die Möglichkeit zur Kooperation mit anderen Unternehmen, z.B. auch mit ausländischen Fernmeldeverwaltungen sein. Sofern man es aus ordnungspolitischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen für wünschenswert hält, daß die Bundespost bestimmte Aufgaben auf Tochtergesellschaften überträgt, so ergeben sich damit eine Reihe von rechtlichen Fragen, die die Zulässigkeit solcher Auslagerungen betreffen. Durch die Rechtsprechung und die überwiegende Meinung im Schrifttum wird zwar nicht prinzipiell die Möglichkeit bestritten, daß die Bundespost über Tochtergesellschaften verschiedenen Aufgaben nachgehen darf, jedoch gehen die Ansichten über den zulässigen Umfang auseinander. So wird teilweise die Auslagerung von Randaufgaben noch als zulässig angesehen, teilweise werden die auslagerungsfahigen Aufgaben gar nicht begrenzt, andererseits werden auch grundsätzliche Bedenken in bezug auf Tochtergesellschaften angemeldet. Diese verschiedenen Meinungen wurden vor allem in jüngster Zeit in der Diskussion um das Poststrukturgesetz erkennbar. Zur Verdeutlichung des Problems kann etwa die (theoretische) Überlegung aufgeworfen werden, ob im Zuge der Reform der Deutschen Bundespost es beispielsweise zulässig wäre, das Unternehmen „Deutsche Bundespost T E L E K O M " zur Gänze (oder teilweise) als juristische Person des Privatrechts im Eigentum des Staates zu organisieren. Die einfachgesetzlichen Regelungen des Postverwaltungsgesetzes, des Poststrukturgesetzes oder des Haushaltsrechts geben hierauf keine befriedigende Antwort, so daß auf die Bestimmungen des Grundgesetzes zurückgegriffen werden muß. Daneben dient die Verfassungsauslegung aber auch zur Beantwortung der Frage, welche wirtschaftlichen Betätigungen die Deutsche Bundespost überhaupt ausüben
Einleitung
darf bzw. welche Betätigungen ihr letztlich versagt sind. Hierbei ist die Frage nach den Aufgabenkompetenzen der Deutschen Bundespost berührt. Neben diesen beiden zentralen Rechtsfragen nach den organisationsrechtlichen Spielräumen und den Aufgabenkompetenzen ist ferner zu prüfen, ob die Deutsche Bundespost über Tochtergesellschaften überhaupt privatrechtlich handeln darf, welche weiteren Beschränkungen vorliegen und ob ihre Tochtergesellschaften an das Wettbewerbsrecht gebunden sind. Im folgenden soll zunächst ein kurzer Überblick über den Gang der Untersuchung gegeben werden: Teil A enthält eine Bestandsaufnahme der heute vorhandenen Eigengesellschaften und Beteiligungen der Bundespost. Es werden die maßgeblichen ordnungspolitischen Fragestellungen im Zusammenhang mit Tochtergesellschaften präzisiert, es wird auf den nationalen Ordnungsrahmen im Telekommunikationssektor hingewiesen, und es werden neue zukünftige Betätigungsfelder für Tochtergesellschaften der Bundespost analysiert. Da das internationale ordnungspolitische Umfeld den nationalen Ordnungsrahmen erheblich beeinflußt, wird auf die internationalen Veränderungen eingegangen. Nur bei dieser länderübergreifenden Betrachtungsweise läßt sich aufzeigen, daß die Gründung von Tochtergesellschaften bei der Deutschen Bundespost zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit dient. Zwei Aspekte sind an der internationalen Entwicklung der Telekommunikationspolitik besonders hervorzuheben: Erstens sind die aktuellen europäischen Entwicklungen aufzuzeigen, die die nationale Telekommunikationspolitik zunehmend gestalten, und zweitens ist auf den hohen Stellenwert von Tochtergesellschaften bei ausländischen Fernmeldeverwaltungen bzw. Betriebsgesellschaften hinzuweisen. Dieser Vergleich bezieht sich auf die Staaten USA, Großbritannien, Japan, Schweden, Frankreich, die Schweiz und die Niederlande. Teil Β ist vorwiegend verfassungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Bundespost gewidmet. Nachdem grundsätzlich die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand bejaht wurde (Abschnitt I.), geht es im Abschnitt II. um die Frage, wie die Bundespost nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG organisiert sein muß und um Aufgabenkompetenzen, die das Handeln der Bundespost bestimmen bzw. einschränken. Der Abschnitt III. befaßt sich mit der Zulässigkeit privatrechtlicher Rechtsverhältnisse, dem „öffentlichen Zweck" von Eigengesellschaften und Beteiligungen und den Beschränkungen durch die Grundrechte. I m IV. Abschnitt sind verschiedene einfachgesetzliche Einschränkungen, denen Eigengesellschaften bzw. Beteiligungen unterliegen, aufgezeigt (Postverwaltungsgesetz, Bundeshaushaltsordnung, Rechtslage nach dem Poststrukturgesetz). Der V. Abschnitt behandelt unter völkerrechtlichem Blickwinkel die Möglichkeiten der Bundespost, sich im Ausland unmittelbar bzw. mittelbar über Tochtergesellschaften zu betätigen. Abschließend wird in Teil C die Anwendung des Wettbewerbsrechts auf die Eigengesellschaften und Beteiligungen erörtert. 2*
Teil
A
Die Reform des „Kommunikationsunternehmens" Deutsche Bundespost durch Gründung von Eigengesellschaften und Beteiligungen I. Gegenwärtige erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen 1. Überblick Die Deutsche Bundespost ( D B P ) ist an ca. 50 privatrechtlichen Unternehmen beteiligt u n d an drei Unternehmen i n Rechtsformen des öffentlichen Rechts 1 . Sie ist darüber hinaus zu 100% Eigentümerin v o n zwei Tochtergesellschaften — der Deutschen Postreklame G m b H ( D P R - G m b H ) u n d seit dem 1.1. 1986 der Deutschen Fernkabel-Gesellschaft m b H . D a m i t ist festzustellen, daß bei der Deutschen Bundespost eine E n t w i c k l u n g zu einem Unternehmenskonzern eingesetzt hat; weiter fallt auf, daß zur Deutschen Bundespost nur zwei Tochtergesellschaften zählen, bei denen sie 100%ige Eigentümerin i s t 2 . 1
Vgl. Deutsche Bundespost, Geschäftsbericht 1987, S. 86 (Anhang, Tabelle 1); umfassender: Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungen des Bundes im Jahre 1987. Bonn 1988, S. 233 ff., 318 ff.; ferner von der Heyden, Beteiligungsunternehmen der DBP, in Delfs (Hrsg.), Das Finanzwesen der Deutschen Bundespost, Teil I., 2. Aufl., Heidelberg 1984, S. 325 ff.; von der Heyden, Die Postbeteiligungsgesellschaft und ihr Unternehmensrecht, ArchPF 1980, S. 218 ff.; ders., Neues aus dem Steuer- und Gesellschaftsrecht und von den Postbeteiligungen, ArchPF 1983, S. 224 (246ff.). Die neuesten Übersichten über den derzeitigen Beteiligungsbestand der Deutschen Bundespost sind enthalten in Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungen des Bundes im Jahre 1990, Bonn 1991, S. 173 ff., 266ff. sowie Deutsche Bundespost Telekom, Bericht über das Geschäftsjahr 1990. Bonn 1991, S.46ff., 102f.; Deutsche Bundespost POSTDIENST, Geschäftsbericht 1990. Bonn 1991, S. 56; Postbank Geschäftsbericht 1990. Bonn 1991, S.31. Aus dem Beteiligungsbericht des Bundes 1990 sowie den drei Geschäftsberichten ergibt sich ferner die Aufteilung der Beteiligungen nach dem Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes zum 1.7. 1989 auf die drei neuen öffentlichen Unternehmen der Deutschen Bundespost. 2 Die Deutsche Bundesbahn (DB) hat in erheblich größerem Umfang Aufgaben ausgegliedert und selbständigen Gesellschaften übertragen bzw. sie beteiligt sich an anderen Unternehmen, z.B. im Personen- und Güterverkehr sowie in den Bereichen Finanzierung, Versorgung, Forschung, Datenverarbeitung. Die DB war Ende 1987 an einem (1) öffentlich-rechtlichen Unternehmen und an 69 privatrechtlichen Unternehmen unmittelbar beteiligt (davon bei 5 Unternehmen als Alleingesellschafter oder Alleinaktionär); dazu kommen noch mittelbare Beteiligungen an 320 Unternehmen, vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungen des Bundes im Jahre 1987, S. 251 ff., 320ff.;
I. Gegenwärtige erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost
21
Die Deutsche Bundespost führt ihre erwerbswirtschaftliche Teilnahme am Markt überwiegend in Form von Beteiligungen an Unternehmen aus. Der bestehende quantitative Unterschied zwischen 100%igen Tochtergesellschaften und Beteiligungen könnte daraufhindeuten, daß möglicherweise unternehmensinterne Vorbehalte gegen die Gründung von 100%igen Tochtergesellschaften bestehen. Das könnte darauf zurückzuführen sein, daß in der Literatur gegen die Ausgliederung von Verwaltungsteilen in Rechtsformen des Privatrechts verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht werden, die von der Unternehmensleitung geteilt werden. Diese Fragen sind mit Bezug auf die Bundespost bisher nicht eingehender untersucht worden 3 . 2. Begriffsbestimmung: „Eigengesellschaften44 und „Beteiligungen44 In dieser Untersuchung soll es bei der Frage der Zulässigkeit um solche Gesellschaften gehen, die in 100%igem Eigentum der Bundespost stehen. Es werden aber auch die Rechtsfragen im Zusammenhang mit Beteiligungen (gemischtwirtschaftliche Unternehmen) angesprochen. Zur Unterscheidung von den Beteiligungen wird im folgenden der Begriff „Eigengesellschaft" für 100% ige Tochtergesellschaften — entgegen postüblicher Terminologie — verwendet 4. Es soll auch darauf hingewiesen werden, daß im allgemeinen Sprachgebrauch die Bezeichnung „Tochtergesellschaft" meist gleichermaßen sowohl für Beteiligungen als auch für Eigengesellschaften verwendet wird. Zur Präzisierung und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes werden hier in Reschke, Überlegungen zur Konzernpolitik der Deutschen Bundesbahn, Die Bundesbahn 1980, S. 381 ff.; Kühler, Die Bundesbahn und ihre Töchter — Verkehrskonzern mit Zukunft, Jahrbuch des Eisenbahnwesens 1986, S. 76 ff. Die Deutsche Bundesbahn hat im Juni 1988 die „Deutsche Bundesbahn Holding GmbH" für ihre Beteiligungen gegründet. Es ist beabsichtigt, unter ihr die ca. 300 Beteiligungen neu zu ordnen. 3 Vgl. inzwischen von der Heyden, Verfassungsrahmen für Eigen- und Tochtergesellschaften der Deutschen Bundespost, ArchPF 1988, S. 232 ff. Vgl. jetzt auch Badura, Zulässigkeit und Grenzen der Gründung von Tochtergesellschaften und des Erwerbs von Beteiligungen durch die Deutsche Bundespost, insbesondere durch die Deutsche Bundespost T E L E K O M , ArchPF 1991, S. 389 (392 ff.); Junker, Das internationale Unternehmensrecht des öffentlichen Unternehmens. Dargestellt am Beispiel der Deutschen Bundespost, ZGR 1990, S. 249 (256 ff.); Lecheler, Grenzen für den Abbau von Staatsleistungen. Eine Untersuchung zu Art. 87 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 4 GG. Bonn 1989, S. 42ff; Mayer, Die Bundespost: Wirtschaftsunternehmen oder Leistungsbehörde. Berlin 1990, S. 146ff.; Fangmann/Scheur le/ Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation. Poststrukturgesetz. Basiskommentar. Köln 1990, S. 108 f. 4 Die DBP bezeichnet auch ihre Eigengesellschaft Deutsche Postreklame GmbH als „Beteiligung", vgl. Deutsche Bundespost, Geschäftsbericht 1987, S. 86. Zum Begriff „Eigengesellschaft" vgl. von Münch, Öffentlicher Dienst, in von Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht. 8. neubearb. Aufl., Berlin/New York 1988, S. 9; Gönnenwein, Gemeinderecht. Tübingen 1963, S. 489.
22
Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
erster Linie Eigengesellschaften behandelt. Die Beteiligungsgesellschaften sollen allerdings nicht vollständig ausgeklammert werden. A u f wichtige Unterschiede zwischen Eigengesellschaften und Beteiligungen bei der rechtlichen Beurteilung muß indessen von Fall zu Fall hingewiesen werden. Solche Unterschiede bei der rechtlichen Beurteilung können etwa vorliegen bei der Frage nach dem zulässigen Tätigkeitsbereich, auf dem sich diese Unternehmen betätigen dürfen, der Ausgestaltung der demokratischen Kontrolle oder der Fiskalgeltung der Grundrechte 5 . Unter „Eigengesellschaften" werden also im folgenden die der Deutschen Bundespost zugehörigen juristischen Personen des Privatrechts verstanden, bei denen die Deutsche Bundespost Alleineigentümerin ist. 3. Eigengesellschaften a) Überblick zu den vorhandenen Eigengesellschaften
aa) Deutsche Postreklame GmbH Die ältere der beiden vorhandenen Eigengesellschaften der Bundespost, die Postreklame GmbH, besteht seit März 1942. Postreklame wurde ursprünglich als Dienstzweig der Reichs-, Post- und Telegraphenverwaltung betrieben. Sie diente seit ihrer Entstehung im Jahre 1920 zur Einnahmenerzielung 6. Da der Betrieb innerhalb des Reichspostministeriums nicht genügend unternehmerische Flexibilität gewährleistete, wurde die Postreklame durch Gründung einer GmbH ausgelagert. Die Deutsche Reichs-Postreklame GmbH, Berlin, die damals zur Deutschen Reichspost gehörte, ist durch ihre Rechtsnachfolgerin, die Deutsche Bundespost, nicht übernommen worden. Nach Kriegsende wurde eine neue Gesellschaft gegründet, die zunächst ihren Sitz in verschiedenen Orten hatte. I m Jahre 1954 wurde der Sitz der Gesellschaft nach Frankfurt am Main verlegt; seit 1966 ist die DBP Alleingesellschafterin 7. In der bisherigen juristischen Diskussion hat die Deutsche Postreklame GmbH die verfassungsrechtliche Frage nach der Zulässigkeit von bundeseigener Verwaltung in Privatrechtsform unbeschadet überstanden 8. 5
Siehe dazu im einzelnen unten, B.H.3.C., B.III.2., B.III.5. Vgl. zu diesem Motiv und weiteren Einzelheiten Riesebrodt, Die Postreklame, Jahrbuch für Post und Télégraphié 1926/27, S. 374ff.; Handwörterbuch des Postwesens, 2. Aufl., Frankfurt (Main) 1953, S. 546f.; H. Schneider, Werbung im Rundfunk. Frankfurt am Main/Berlin 1965, S. 16f. m.w.N. 7 Zu den Entstehungsgründen und der Entwicklung der Postreklame aus neuerer Sicht vgl. Heider, Die Deutsche Postreklame GmbH, Jahrbuch des Postwesens 1967, S. 240 (241 ff.). 8 Bereits das Reichsgericht hat keine Bedenken dagegen gehabt, daß die Post die werbliche Nutzung ihrer Einrichtungen durch Vertrag auf eine Postreklame GmbH als ein privatrechtliches Unternehmen überträgt, Urteil des Reichsgerichts vom 21. 6.1932, RGZ 137,57 (60); vgl. dazu E. Ulmer, Anmerkungen zu RGZ 137,57, JW1933, S. 1948 ff. In der 6
I. Gegenwärtige erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost
bb) Deutsche Fernkabel-Gesellschaft
23
mbH
Die zweite Eigengesellschaft, die Deutsche Fernkabel-Gesellschaft mbH, Berlin und Rastatt, ist zum 1.1. 1986 aus einer früheren Beteiligung der Bundespost hervorgegangen. Ihre verfassungsrechtliche Stellung zur Bundespost ist in der juristischen Literatur bisher nicht erörtert worden. Die Deutsche Fernkabel-Gesellschaft mbH wurde bereits 1921 gegründet 9. Wichtigster Unternehmensgegenstand ist bei einer Beschäftigtenzahl von ca. 200 Personen der Bau von Fernmeldekabelanlagen, d. h. die Bauvorbereitung, Verlegung bzw. Verlegungsaufsicht und Montage sowie die Herstellung von Planunterlagen 10 . Seit 1982 führt die GmbH nicht nur Aufträge der Bundespost aus, sondern übernimmt auch Aufträge Dritter (diese betrugen etwa 1983 ca. 12% des Umsatzes). Die Gesellschaft ist bestrebt, ihr Betätigungsfeld auf das Ausland auszudehnen. Die DBP ist bis zum 31.12. 1985 mit 31% am Stammkapital beteiligt gewesen (entspricht 496000 DM); zum 1.1. 1986 übernahm die DBP die restlichen Gesellschaftsanteile. Die Gründe hierfür sind nicht genauer dargelegt worden. I m Beteiligungsbericht des Bundes heißt es hierzu lediglich, daß die Übernahme von bislang im Besitz von Industrieunternehmen befindlichen Geschäftsanteilen durch die Deutsche Bundespost aus „kartellrechtlichen Gründen geboten" war 1 1 .
Entscheidung über die Erstellung eines Branchen-Fernsprechbuches durch die Deutsche Reichs-Postreklame GmbH heißt es: „Nach Art. 88 RVerf. ist das Fernsprechwesen ausschließlich Sache des Reiches. Betreffs Ausnutzung dieses Monopols zum Besten der Allgemeinheit ist die Reichspost zur Verwertung des ihr auf Grund dieses ausschließlichen Rechts auf dem Gebiete des Fernsprechwesens ständig zufließenden Materials berechtigt und verpflichtet. Kraft ihres Monopols steht ihr das Recht zu, darüber zu entscheiden, in welcher Weise das im Interesse der Allgemeinheit am günstigsten zu geschehen hat" (RGZ 137, 60). In einer Entscheidung aus dem Jahre 1960 hat das O L G München — unter Verweis auf die o.a. Entscheidung des RG — es für zulässig erachtet, daß die DBP ihrer Tochtergesellschaft, der Deutschen Postreklame GmbH, Herausgabe und Vertrieb von Örtlichen Fernsprechbüchern (ÖFeB) übertragen hat, O L G München, Urt. vom 18. 8. 1960, ArchPF 1960, S. 389 (391); ähnlich auch L V G Hamburg, Urt. vom 7.1. 1960, ArchPF 1960, S. 392 ff. 9 Vgl. zu den Hintergründen Hartmann j Griem, Gedanken zum Fernmeldebau der Deutschen Bundespost, Jahrbuch des elektrischen Fernmeldewesens 1953, S. 25 (41 ff.); Burkart, Deutsche Fernkabel-Gesellschaft mbH Berlin, Jahrbuch des elektrischen Fernmeldewesens 1969, S. 169ff. 10 Zu den betriebswirtschaftlichen und technischen Vorteilen dieser Gesellschaft für die Deutsche Bundespost vgl. Penseil von der Heyden, Kabel-Servicegesellschaften, ArchPF 1988, S. 238 (247). 11 So Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungen des Bundes im Jahre 1985. Bonn 1986, S. 300.
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost b) Die Rechtsstellung von Eigengesellschaften zur Deutschen Bundespost
Eigengesellschaften sind juristische Personen des Privatrechts. Ihre Gründung und Verwaltung vollzieht sich nach den entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Vorschriften 12 . Für diese Unternehmen, die im Eigentum des Sondervermögens „Deutsche Bundespost" stehen, gelten genauso wie für die Deutsche Bundespost selbst die Haushaltsgrundsätze des Bundes, insbesondere die §§ 53,54 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG). Gemäß §44 HGrG prüft der Bundesrechnungshof die Tätigkeit dieser Unternehmen unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze. Dafür werden ihm die Protokolle des entsprechenden Aufsichtsgremiums und der jährliche Prüfungsbericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgelegt. Die Rechtsstellung der jeweiligen Eigengesellschaft ergibt sich im einzelnen aus ihrer Gründungsurkunde (Gesellschaftsvertrag). Ihr ist auch die Struktur der Einflußmöglichkeiten zu entnehmen, über die die DBP als Eigentümerin des Unternehmens verfügen wird. Die Rechtsbeziehungen zwischen der DBP und der Eigengesellschaft können vertraglich geregelt und — soweit es weitere Einzelfragen betrifft — ζ. B. in einer Anweisung über die Zusammenarbeit der DBP mit dem jeweiligen Unternehmen fixiert werden 13 . Im übrigen wird im folgenden vorausgesetzt, daß die Bundespost ihre Eigengesellschaften auch beherrscht, d.h. in den entscheidenden Fragen über die entsprechenden Einfluß- und Kontrollrechte verfügt. Im einzelnen hängt die Rechtsstellung von der spezifischen gesellschaftsrechtlichen Ausformung ab. Wie ein derartiges Verhältnis ausgestaltet sein könnte, soll im folgenden exemplarisch anhand der Rechtsbeziehungen der Deutschen Bundespost zur Deutschen Postreklame GmbH skizziert werden. A n späterer Stelle wird sodann auf die Bindungen der Eigengesellschaften durch die Grundrechte und das Wettbewerbsrecht einzugehen sein. Voraussetzung für diesen Teil der Untersuchung ist jedoch, daß die generelle Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung der Deutschen Bundespost durch juristische Personen des privaten Rechts zu bejahen ist.
12 Zur organisationssoziologischen und gesellschaftsrechtlichen Seite der Beteiligungsverwaltung durch die DBP vgl. Gerì ! Lange ! Richter, Beteiligungsverwaltung bei der Deutschen Bundespost, ArchPF 1985, S. 18 fT. 13 Vgl. dazu das nachfolgende Beispiel Deutsche Postreklame GmbH; die Entwicklung der Rechtsbeziehungen zwischen der Deutschen Fernkabel-Gesellschaft mbH und der Deutschen Reichspost bzw. Bundespost ist dargestellt bei Burkart, Jahrbuch des elektrischen Fernmeldewesens 1969, S. 169ff., bes. S. 206ff.
I. Gegenwärtige erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost
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c) Beispiel: Die Rechtsbeziehungen zwischen der Deutschen Postreklame GmbH und der Deutschen Bundespost
Die Deutsche Postreklame ist eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter die Deutsche Bundespost ist. Die Rechtsbeziehungen zwischen der Bundespost und der DPR-GmbH ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag, sodann aus dem DPR-Vertrag von 1982 und der Anweisung für die Zusammenarbeit der DBP mit der DPR-GmbH (Anw. DPR) in der jeweils geltenden Fassung (zuletzt 1983). Nach § 1 des DPR-Vertrages hat die DPR-GmbH die alleinige und ausschließliche Befugnis, Fremdwerbung innerhalb des Tätigkeitsbereiches der DBP zu betreiben 14 . Dafür zahlt die DPR-GmbH an die DBP jährlich eine Leistungsabgeltung (§ 6 des DPR-Vertrages) für die Überlassung der Werbebefugnis. Der Gewinn der Postreklame GmbH fließt ebenfalls der DBP zu. Seit einigen Jahren ist die DPR-GmbH auch mit der besseren Ausnutzung des umfangreichen Grundstücks- und Gebäudeeigentums der DBP beauftragt. Dabei werden, wenn es die betrieblichen Belange zulassen, Erdgeschosse von Dienstgebäuden des Post- und Fernmeldewesens in zentraler Lage durch einen Ausbau mit Läden und Vitrinen besser in die Umgebung eingepaßt. Insofern werden geeignete Liegenschaften für geschäftliche Zwecke genutzt 15 . Die DBP verfügt über eine Reihe wichtiger Einflußnahmemöglichkeiten auf die DPR-GmbH: Gemäß § 6 Abs. 1 der Anweisung besteht eine Entscheidungskompetenz des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen in allen Grundsatzfragen, die die Zusammenarbeit zwischen der DBP und der DPRGmbH betreffen. Durch Verwaltungsentscheidungen wirkt die DBP damit unmittelbar auf die Geschäftstätigkeit ihrer Tochter ein. De jure ergeben sich weitere Bindungen der DPR-GmbH an die Unternehmensziele der Bundespost. Nach § 37 Abs. 1 GmbHG sind die Geschäftsführer in ihrem Handeln nach außen an die Vorgaben des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterversammlung gebunden. Da die DBP alleinige Gesellschafterin ist, stehen ihr die entsprechenden Einflußrechte ungeteilt zu. Eine andere Einflußnahmemöglichkeit erhält die DBP dadurch, daß sie die Mitglieder des Aufsichtsrates der GmbH bestellt. Weitere enge Bindungen liegen im personellen Bereich vor. So handelt es sich bei den Führungskräften der Postreklame durchweg um beurlaubte Beamte der Deutschen Bundespost. In den Stellenausschreibungen der DPR-GmbH, die im Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen veröffentlicht werden, wird auf die Möglichkeit der Beurlaubung von der DBP unter 14 Vgl. auch Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen (Hrsg.), Postbuch 1988. Darmstadt 1988, S. 26ff., 350. 15 Deutsche Bundespost, Geschäftsbericht 1983, S. 86; Frank, Immobiliennutzung mit Hilfe der Deutschen Postreklame, Postpraxis 1988, S. 201 (204 ff.).
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
Wahrung des besoldungsrechtlichen und versorgungsrechtlichen Besitzstandes ausdrücklich hingewiesen. Es heißt dann weiter: „Die Beurlaubung dient öffentlichen Belangen und liegt im dienstlichen Interesse der D B P . " 1 6 Einige Details, die die enge Zusammenarbeit der Dienststellen der DBP mit der DPR-GmbH belegen, sollen kurz beschrieben werden (Auszüge aus der Anw. DPR): — Die der DPR-GmbH freizugebenden Einrichtungen der DBP werden im gegenseitigen Benehmen festgesetzt. Die Betriebssicherheit und die Betriebsabwicklung dürfen nicht gestört, das einheitliche Erscheinungsbild oder gestalterische Belange der Gebäude und Räume dürfen nicht beeinträchtigt werden (§ 4 Abs. 1 Anw. DPR). — Verschiedene Formen der Fremdwerbung sind durch §5 Anw. DPR ausgeschlossen (z.B. von Banken, Sparkassen). — Die Dienststellen der DBP sind verpflichtet, mit der DPR-GmbH eng zusammenzuarbeiten und die DPR-GmbH bei der Durchführung ihrer Aufgaben zu unterstützen (§ 6 Abs. 5 Anw. DPR). — Die Ämter der DBP veranlassen und überwachen das Anbringen, Auswechseln und Entfernen der Werbemittel (§ 6 Abs. 6 Anw. DPR). — Den Ämtern der DBP obliegt die Reinigung der Werbeträger und Anlagen (§ 6 Abs. 8 Anw. DPR). — Das Personal der DBP soll über das Leistungsangebot der DPR-GmbH informiert sein. Im Rahmen bestimmter Vorschriften haben DBPAngehörige die Gelegenheit zu einem Nebenverdienst (§ 6 Abs. 14 Anw. DPR). Diese verschiedenen Bestimmungen verdeutlichen die enge sächliche und personelle Verknüpfung der Bundesverwaltung „Deutsche Bundespost" mit ihrer Tochtergesellschaft. Es besteht ein gesichertes Instrumentarium zur staatlichen Einflußnahme. 4. Beteiligungen Die Beteiligungen der früheren Deutschen Reichspost richteten sich traditionell auf zwei Wirtschaftszweige. Zum einen handelte es sich um Geschäftsanteile an Unternehmen aus technischen Bereichen, zum anderen um wohnungswirtschaftliche Beteiligungen. I m technischen Bereich war die Post zeitweise an der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb elektrischer, optischer und nachrichtentechnischer Geräte beteiligt. Im Jahre 1986 gliederte sich das Beteiligungsvermögen der DBP (einschließlich der beiden 100%igen Tochtergesellschaften) quantitativ wie folgt auf: Ca. 16 So z.B. Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen 1987, S. 697.
I. Gegenwärtige erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost
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64% des Beteiligungsvermögens bestanden aus Anteilen an gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften, 17% entfielen auf verkehrswirtschaftliche Unternehmen, 10% auf die Deutsche Pfandbriefanstalt, sowie insgesamt 8% auf die Deutsche Postreklame GmbH, die Deutsche Telepost Consulting GmbH, die Deutsche Fernkabelgesellschaft mbH und die KABELCOM-Gesellschaften in Braunschweig und Wolfsburg 17 . Verschiedene wichtige Beteiligungsgesellschaften der DBP sollen kurz dargestellt werden: 1. Deutsche Lufthansa AG, Köln: Die DBP ist seit 1958 aus verkehrswirtschaftlichen Gründen zur Sicherung der Postbeförderung an der Deutschen Lufthansa A G beteiligt. Seit der Kapitalerhöhung von 1983 beträgt der Anteil der DBP 1,3% am Grundkapital (entspricht 15,75 Mio. D M ) 1 8 . 2. Vereinigte Bundesverkehrsbetriebe GmbH, Köln: Die Vereinigten Bundesverkehrsbetriebe GmbH, Köln (VBG) sind eine Holding von verschiedenen regionalen Verkehrsunternehmen. Diese Holding ist 1978 aus der Zusammenführung der Busdienste von Bundesbahn und Bundespost entstanden. Es wurden zunächst (ab 1976) verschiedene regionale Verkehrsgesellschaften gegründet, die später in der VBG zusammengefaßt wurden. Unternehmensgegenstand sind der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an Gesellschaften, die öffentlichen und privaten Nahverkehr betreiben 19 . Die DBP ist mit 47,15% am Gesamtkapital von 35,98 Mio. D M beteiligt (entspricht ca. 17 Mio. DM). 3. Deutsche Telepost Consulting GmbH (DETECON), Bonn: Die DETECON besteht seit 1977. Ihre Unternehmensaufgabe ist die herstellerungebundene entgeltliche Beratung ausländischer Organisationen und Verwaltungen im Bereich des internationalen Post- und Fernmeldewesens 20. Später wurde diese Unternehmensaufgabe erweitert auf die Durchführung von Betriebs- und Installationsprojekten sowie auf Tätigkeiten im Inland im Bereich der Deutschen Bundespost. Heute ist die DETECON in erheblichem Umfang für die Deutsche Bundespost im Inland tätig, so z. B. „bei der Datex-P und 17
Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungen des Bundes im Jahre 1985, S. 291; von der Heyden, ArchPF 1980, S. 218 (234f.). 18 Vgl. weiter von der Heyden, ArchPF 1980, S. 218 (229 ff.). 19 Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn in verfassungsrechtlicher Sicht. Berlin 1986, S. 31 f. m.w.N. 20 Ausführlich zu den Unternehmensaufgaben, Aufbau und Organisation Schlolaut, Die Deutsche Telepost Consulting GmbH und ihre Aufgaben, Fernmeldepraxis 1986, S. 817 (822 ff.); Elias, Eine wohlgeratene Tochter der Bundespost. Detecon beging zehnjährigen Geburtstag, ZPF 1987 (8), S. 4 ff.; von der Heyden, Tochtergesellschaften der DBP auf Erfolgskurs, ZPF 1988 (5), S. 12 (14); ders., ArchPF 1980, S. 218 (235f.); ders., ArchPF 1983, S. 224 (246).
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
Telebox-Vermarktung, bei der Planung und dem Aufbau von UKW-Rundfunksendern, beim Marketing für Endgeräte (POET), beim DFS Raumsegment Management, bei internationalen Seekabelanlagen, beim Berliner Kommunikationssystem (BERKOM), bei TV-SAT 2 und bei der Mobilkommunikation" 2 1 . Die DBP hält einen Geschäftsanteil von 30% (entspricht 600000 D M vom Stammkapital). Der übrige Teil ist auf drei Geschäftsbanken gesplittet. Zur Gründung der DETECON durch die DBP wird darauf verwiesen, daß nur durch die Gründung einer Beratungsfirma es möglich war, bei voller Unabhängigkeit der Consulting-Firma von Lieferinteressen, Wettbewerbsnachteile für die deutsche Fernmeldeindustrie zu vermeiden 22 . So verfügen zahlreiche Industriestaaten gleichfalls über eigene Consultingunternehmen, die mit den nationalen Fernmeldeverwaltungen verbunden sind und mittelbar der nationalen Herstellerindustrie zugute kommen 23 . Die DETECON ist mit 49% am Stammkapital der DETECON A L SAUDIA in Riyadh/Saudi Arabien beteiligt, ferner mit 0,5% an der Telepost Kabel-Servicegesellschaft mbH. 4. D A N E T — Gesellschaft für Beratung und Softwareentwicklung mbH, Darmstadt: Unternehmensgegenstand der D A N E T ist die Beratung von Anwendern bei der Nutzung neuer Telekommunikationsmittel (Datex-P, Btx, Teletex usw.), die Entwicklung von Software und die Vermarktung von Softwarepaketen. Die DBP ist seit 1981 mit 225000 D M = 30% am Stammkapital dieser GmbH beteiligt 24 . 5. Deutsche Pfandbriefanstalt, Wiesbaden und Berlin: Die DBP ist mit 8,2% (entspricht 20 Mio. D M ) am Grundkapital der Deutschen Pfandbriefanstalt beteiligt. Die Beteiligung dient einer verbesserten Kreditbeschaffung für die eigene Investitionsfinanzierung und erleichtert kurzfristige finanzielle Dispositionen 25 . 6. Postwohnungsbaugesellschaften: Verschiedene gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften gehören zum Beteiligungsbestand der DBP. Die Beteiligung wird als Teil der Personalfürsorge der DBP verstanden. Als gemeinnützige Wohnungsbauunternehmen sind bei diesen Gesellschaften die Gewinnausschüttungen auf 4% des Nominalwertes begrenzt 26 . 21 von der Heyden / Tiedtke, Neue Beteiligungen der Deutschen Bundespost, ZPT 1989 (7), S. 57 (59). 22 von der Heyden, Gründung der Deutschen Telepost Consulting GmbH (Detecon), ZPF 1977 (7), S. 12(13). 23 von der Heyden, ZPF 1977, S. 12 (13 f.). 24 Vgl. weiter von der Heyden, ArchPF 1983, S. 224 (246f.); von der Heyden/ Tiedtke, ZPT 1989, S. 57 (59). 25 Vgl. weiter von der Heyden, ArchPF 1980, S. 218 (236 ff.). 26 Vgl. weiter von der Heyden, ArchPF 1980, S. 218 (223 ff.).
I. Gegenwärtige erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost
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7. TKS Telepost Kabel-Servicegesellschaft mbH, Bonn: Die TKS Telepost Kabel-Servicegesellschaft mbH, Bonn ist eine der jüngsten Beteiligungen der Deutschen Bundespost. Die Gesellschaft wurde im Sommer 1986 gegründet; am 1. 9.1986 hat sie ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen. Das Stammkapital von 1 Mio. D M teilten sich anfangs die Deutsche Bundespost mit einem Geschäftsanteil von 95% und die DETECON mit einem Anteil von 5%. Es ist mittelfristig beabsichtigt gewesen, andere Gesellschafter aufzunehmen und den Geschäftsanteil der DBP auf 51% zu senken. Inzwischen ist das Stammkapital der Gesellschaft auf 20 Mio. D M erhöht worden. Der Beteiligungsanteil der Bundespost beträgt 10,8 Mio. D M ( = 54%). Die übrigen Stammeinlagen entfallen heute auf folgende, z.T. neue Gesellschafter: Deutsche Vermögensverwaltungs-Gesellschaft mbH, Frankfurt am Main, Industrie-Beteiligungs-Gesellschaft mbH, Frankfurt am Main, Deutsche Telepost Consulting GmbH (DETECON), Bonn, ZVEH Zentralverband der Deutschen Elektrohandwerke, Frankfurt am Main, Zusammen:
7000000 D M 2000000 D M 100000 D M 100 000 D M 20000000 D M
Unternehmensgegenstand der TKS ist die Förderung der Gründung von ca. 30-50 Regionalen Kabel Service-Gesellschaften (RKS). Diese Regionalen Kabelgesellschaften sollen sich auf der Netzebene 4 der Breitband-Hausverkabelung betätigen. Ihre Aufgabe ist es, Kabel-Wohnungsanschlüsse zu errichten, vorzufinanzieren, das Hausnetz bzw. die Wohnungsanschlüsse zu betreiben, über das Programmangebot zu informieren, die entstandenen Gebühren einzuziehen (Inkasso) und mit der Bundespost zu verrechnen. Die Unterstützung der RKS durch die Telepost Kabel-Servicegesellschaft dient der Intensivierung des Vertriebs von Breitbandanschlüssen der DBP. Die TKS initiiert Regionalgesellschaften; sie kann sich an ihnen bis zu einem Unternehmensanteil von 24% beteiligen. Ferner soll die TKS Richtlinien für die Aufgabenerfüllung der RKS erstellen (Werbung, Marketing, Akquisition, Betreuung von Nutzern etc.), und sie kann für die DBP das Inkassogeschäft gegenüber den Regionalgesellschaften übernehmen. Schließlich bietet die TKS den RKS Unterstützung und Dienstleistungen wie z.B. Rentabilitätsrechnungen, DV-gestützte Vertriebssysteme, rechtliche und technische Beratung. Diese Dienstleistungen können im übrigen auch von anderen Unternehmen in Anspruch genommen werden 27 .
27 Vgl. auch Metzger, (K)ein Schritt in die falsche Richtung? Kabel-Servicegesellschaften schließen eine Lücke, ZPF 1987 (4), S. 27 ff.; Pensel/von der Heyden, ArchPF 1988, S. 238 (245); von der Heyden, ZPF 1988, S. 12 (14f.).
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
8. Weitere Beteiligungen der deutschen Bundespost: Es soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß die Deutsche Bundespost seit kurzem auch über Beteiligungen im Mehrwertdienstebereich der Telekommunikation verfügt. Diese neuen Gesellschaften sind z.T. erst kürzlich gegründet worden bzw. bauen ihren Geschäftsbetrieb noch auf. A u f die Aufgaben dieser neuen Gesellschaften im Mehrwertdienstesektor (EUCOM GmbH, Infonet Inc.) wird an späterer Stelle zurückzukommen sein (A.II.3.b.). Darüber hinaus ist abzusehen, daß die Deutsche Bundespost auch in nächster Zeit weitere Tochtergesellschaften gründen wird, so ζ. B. im Ausland (Washington, D.C., London, Paris, Tokio, Brüssel). A n dieser Stelle ist auch die Entscheidung der Deutschen Bundespost T E L E K O M zu erwähnen, sich mit 10% an der britischen „Phonepoint "Gesellschaft zu beteiligen. In dieser Gesellschaft sind ferner vertreten British Telecom (49%), France Télécom (10%), STC (20-25%) und die Bell Operating Company „Nynex International" (10%). „Phonepoint" ist einer von 4 lizensierten Anbietern für Telepoint-Dienste in Großbritannien. Dieser Dienst ermöglicht es, mit einem schnurlosen Telefon über sog. Telepoint-Stationen abgehende Gespräche zu führen. Die Phonepoint-Gesellschaft bietet ihren Dienst in Großbritannien seit September 1989 an. Die Deutsche Bundespost T E L E K O M verspricht sich von der Beteiligung weitere Erkenntnisse über technische Realisierungen und Marktentwicklungen im Mobilfunkbereich 28 . A n einem anderen britischen Konsortium „Unitel Ltd." will sich die Deutsche Bundespost mit 15% beteiligen. Unitel will sich um eine Lizenz für das Personal Communication Network (PCN) bewerben, mit dem ab frühestens 1992 Mobilfunkdienste angeboten werden können. Weitere Mitglieder des Konsortiums sind STC, Thorn-EMI und die Bell Operating Company „US West" 2 9 . Ferner ist auf die Umwandlung des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsdienste der Deutschen Bundespost (WIK), Bad Honnef in eine gemeinnützige GmbH hinzuweisen. Dieses Institut war bislang als eine Dienststelle der Deutschen Bundespost organisiert. Aufgabe des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsdienste GmbH (WIK-GmbH) ist es, „wirtschaftsund sozialwissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Telekommunikation sowie des Post- und Postbankwesens zu betreiben" 30 . Anteilseigner der neuen W I K - G m b H sind je zur Hälfte das Bundesministerium für Post und Telekommunikation und die Deutsche Bundespost.
28 Vgl. insgesamt Dixon , Oftel clears way for BT to run telepoint service, Financial Times vom 4.1. 1989, S. 5; Dodsworth I Dixon, Licence for a phone revolution, Financial Times vom 24. 6.1989, S. 4; ohne Verf., Deutsche Telekom — Beteiligung an Phonepoint und PCN, Funkschau 1989 (25), S. 10. 29 Vgl. ohne Verf., Schnurloses Labyrinth, Funkschau 1989 (25), S. 30 (34). 30 von der Heyden/ Tiedtke, ZPT 1989, S. 57 (59).
I. Gegenwärtige erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost
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Insgesamt wird damit aus der aktuellen Entwicklung deutlich, daß in der Unternehmenspolitik der Deutschen Bundespost die Gründung und Beteiligung an Tochtergesellschaften eine wachsende Bedeutung gewinnt 31 . 5. Gründe zur Bildung von Eigengesellschaften und Beteiligungen Dieser kursorische Überblick über die wichtigsten Eigengesellschaften und Beteiligungen der Deutschen Bundespost zeigt die Vielschichtigkeit der Gründe für ein Engagement in privatrechtlicher Beteiligungsform. Zum einen handelt es sich um traditionelle Beteiligungen, andere finden ihre Motivlage in der Sicherung der postspezifischen Verwaltungsaufgaben, wieder andere wurden aus Gründen einer umfassenden Personalfürsorge initiiert. Die Beteiligungshöhe schwankt ebenfalls zwischen Beträgen, die eine Einflußnahme sichern, oder eher symbolischen Anteilen (Beispiel: die 17 Postspar- und Darlehens vereine mit einer Beteiligung der DBP à 20,— DM). Andererseits hat es die DBP nicht versäumt, auch ihre industriepolitischen Interessen, vornehmlich im Fernmeldewesen, durch jüngere Unternehmensgründungen und Beteiligungen zu sichern und auszubauen. Schließlich wird der vorhandene Beteiligungsbesitz den wirtschaftlichen und unternehmenspolitischen Notwendigkeiten angepaßt. Das kann unter Umständen bedeuten, daß Beteiligungen veräußert werden, oder neue gesellschaftsrechtliche Beteiligungen entstehen, wie z.B. bei der Breitbandverkabelung (KABELCOM Braunschweig, Wolfsburg und die pro Com Osnabrück) 32 . Die Beteiligungsgesellschaften der Deutschen Bundespost werden immer unter dem Ziel der wirtschaftlichen Erfüllung des gesetzlichen Auftrages der DBP gehalten.
31 Die Deutsche Bundespost T E L E K O M hat inzwischen folgende Tochtergesellschaften neu gegründet bzw. weitere Beteiligungen erworben: Deutsche Bundespost TELEK O M Inc. New York, Deutsche Bundespost T E L E K O M Ltd., London, Deutsche Bundespost T E L E K O M K . K . Tokyo, Deutsche Bundespost T E L E K O M S.A.R.L., Paris, Deutsche Bundespost T E L E K O M S.A., Brüssel, TELECASH Kommunikations-Service GmbH, Stuttgart zusammen mit I B M Deutschland GmbH.
Die Deutsche Bundespost POSTDIENST hat 1991 zwei Tochtergesellschaften gegründet, die EMS Kurierpost GmbH, Bonn zur Koordinierung der Kurierdienst-Aktivitäten auf den lokalen, nationalen und internationalen Märkten und die ISP Immobilien Service POSTDIENST GmbH, Bonn zur wirtschaftlichen Nutzung des umfangreichen Immobilienbesitzes der Deutschen Bundespost POSTDIENST. Vgl. eingehend Deutsche Bundespost Telekom, Bericht über das Geschäftsjahr 1990, S. 46 ff., 102 f.; von der Heyden / Vossen, TELECASH Kommunikations-Service GmbH, ZPT 1991 (3), S. 32f.; von der Heyden / Werksnies, Unternehmensbeteiligungen der Deutschen Bundespost T E L E K O M , ArchPF 1991, S. 95ff.; Karpfen, Schnellste Post der Post startet durch. Aufgaben und Geschäftsfelder der EMS Kurierpost GmbH, ZPT 1991 (10), S. 12f. 32 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungen des Bundes im Jahre 1987, S. 238f.; Pensel/von der Heyden, ArchPF 1988, S. 238 (245ff.).
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
Die Vorteile für die Deutsche Bundespost werden von Seiten der Bundespost darin gesehen, daß Beteiligungen „die Flexibilität der Deutschen Bundespost am Markt steigern, ihr Leistungsangebot abrunden und ergänzen, den Umsatz günstig beeinflussen, die Stellung der Verwaltung im post- und fernmeldepolitischen Umfeld stärken, die Kapitalbeschaffung erleichtern, die Entwicklungspolitik unterstützen, die Personenbeförderungsinfrastruktur verbessern und die Personalgewinnung in den Großstädten ermöglichen" 33 .
Letztlich lassen sich die Gründe für die Auslagerung von Aufgaben in privatrechtliche Organisationsformen nur mit Vorsicht verallgemeinern. Sicherlich ist zu berücksichtigen, daß privaten Unternehmen allgemein der Vorteil zugesagt wird, ein größeres Maß an Autonomie als die „typische Verwaltungsbehörde" zu besitzen 34 . Hierbei ist etwa an eine flexiblere Personalpolitik, die Einstellung hochqualifizierter Fachleute durch Zahlung höherer Gehälter, d. h. unabhängig von den Besoldungsvorschriften, Steuervorteile, die Lockerung bestehender öffentlich-rechtlicher Bindungen und die zunehmende Zusammenarbeit mit anderen Fernmeldeverwaltungen sowie anderen Unternehmen zu denken. Dazu treten fallspezifische, unterschiedliche Gründe, die darauf hindeuten, daß die Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform als eine unternehmenspolitische Entscheidung im Einzelfall anzusehen ist. Wenn hier von privatrechtlichen Organisationsformen die Rede ist, so sind damit grundsätzlich alle Rechtsformen des Privatrechts umfaßt. Die jeweilige Eigengesellschaft oder Beteiligung kann also als GmbH, Aktiengesellschaft, GmbH und Co. K G , Stiftung des bürgerlichen Rechts, Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder den Organisationsformen des ausländischen Privatrechts konstituiert sein. Letztere Rechtsformen dürften vor allem dann vermehrt gewählt werden, wenn sich der Trend zur Kooperation mit anderen ausländischen Post- und Fernmeldeverwaltungen oder anderen privaten Unternehmen fortsetzt bzw. die Bundespost Unternehmen im Ausland gründen sollte 35 . Beim heutigen Beteiligungsbesitz der Deutschen Bundespost ist festzustellen, daß vor allem für neuere Beteiligungen die Organisationsform GmbH und nur im Ausnahmefall die der Aktiengesellschaft (z. B. Infonet Inc.) gewählt wird. Dies könnte unter Umständen daraufhindeuten, daß die GmbH und gelegentlich die Aktiengesellschaft auch künftig die bevorzugten Rechtsformen sein werden. Welche Kriterien für die Wahl einer bestimmten Rechtsform sprechen, kann hier nicht behandelt werden. Allgemein können personalwirtschaftliche Erwägungen, Steuer- und haftungsrechtliche Überlegungen, Fragen des Haushalts33
von der Heyden, ArchPF 1983, S. 224 (248). Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform. Berlin 1984, S.292ff; ders., Die Entscheidung der Kommunen für eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Organsation ihrer Einrichtungen und Unternehmen, DÖV 1986, S. 897 (900 ff); Schlolaut, Fernmeldepraxis 1986, S. 817 (819). 35 Vgl. zu einigen neugegründeten Kooperationsgesellschaften unten A.II.3.b. 34
II. Zukünftige Möglichkeiten für Eigengesellschaften
33
und Rechnungswesens, der Entscheidungsstrukturen bei bestimmten Rechtsformen sowie der Flexibilität am Markt mitentscheidend sein. Die unterschiedlichen Kriterien und Effizienzgesichtspunkte sind in der Literatur an anderer Stelle diskutiert worden 36 .
II. Zukünftige Möglichkeiten für ein Engagement der Deutschen Bundespost durch Eigengesellschaften und Beteiligungen 1. Einführung Es ist bereits dargelegt worden, daß der Deutschen Bundespost zwei Eigengesellschaften und ca. 50 Beteiligungen angehören. Diese Feststellung wirft verschiedene Fragen auf, die sich einerseits in wettbewerbspolitische und wettbewerbstheoretische sowie andererseits in rechtswissenschaftliche scheiden lassen. Wenn man den Wettbewerbsaspekt in den Vordergrund stellt, so geht es — wie in der Einleitung angedeutet — vor allem um die Ausschaltung von unerwünschter oder ineffizienter Quersubventionierung zwischen den Monopol- und Wettbewerbsbereichen der Deutschen Bundespost. Diese grundlegende Aufgabe wird nur im Hinblick auf die jeweils einzelnen Märkte zu bewältigen sein. Insofern ist im folgenden auch auf die Entwicklung einzelner Märkte bzw. ihre Struktur näher einzugehen. Daneben stellt sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht im Einzelfall die unternehmenspolitische Überlegung, ob die Deutsche Bundespost zur Steigerung ihrer Effizienz einzelne Aufgaben in Eigengesellschaften oder Beteiligungen auslagern sollte. Von der rechtswissenschaftlichen Betrachtungsweise her ist damit der Frage nachzugehen, ob es der Deutschen Bundespost unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten gestattet ist, Tochterfirmen zu gründen bzw. Anteile zu erwerben 37 . 36 Vgl. Hauser, Die Wahl der Organisationsform kommunaler Einrichtungen. Köln/Stuttgart/Berlin 1987, S. 19ff.; Janson, Die Wahl der Rechtsform bei öffentlichen Unternehmen, ZögU 1987, S. 117ff.; D. Krüger, Zweckmäßige Wahl der Unternehmensform. 4. Aufl., Bonn 1988, S. 30ff. 37 Zur Präzisierung der verfassungsrechtlichen Fragestellung soll betont werden, daß es nicht darum gehen kann, die „Bundespost" zu einem (privatrechtlichen) Unternehmen auszugestalten. Vgl. dazu auch die Diskussion um § 1 PostVerwG, Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen an den Bundestag (zu Drucks. Nr. 4204, abgedr. in ArchPF 1953, S. 457) und aus jüngerer Zeit Rottmann, DBP: Das Unternehmen ist Verwaltung, ZPF 1986 (8), S.40f.; Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 30, 37.
Die Diskussion, ob die Post eine Verwaltung oder ein Unternehmen sei, ist älter als die Deutsche Bundespost selbst. Sie wird wohl auch nicht zu einem endgültigen Ergebnis gebracht werden. Der Sinn der Debatte liegt vielmehr in folgendem: Der gesamtwirtschaftliche Erfolg der Bundespost wird sich nicht in erster Linie nur aus den Fähigkeiten ihres Führungspersonals ergeben. Er resultiert weit mehr aus der Einbindung in einen mehr 3 Plagemann
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
Damit ergibt sich die zentrale Frage, ob die Deutsche Bundespost über Tochtergesellschaften des privaten Rechts überhaupt ihren Aufgaben erwerbswirtschaftlich nachgehen darf bzw. welche Betätigungen zulässig sind. Weiter ist zu klären, welchen Bindungen die Postunternehmen bei ihrer wettbewerblichen Tätigkeit unterliegen (Wettbewerbs- und Kartellrecht), und wie die Einflußnahme der Deutschen Bundespost als Eigentümerin ausgestaltet werden muß bzw. sein darf. Bevor diese rechtlichen Fragestellungen im einzelnen untersucht werden, soll in diesem II. Abschnitt noch näher auf die Intention der Untersuchung eingegangen werden. Das Interesse an Eigengesellschaften und Beteiligungen (Tochtergesellschaften) kann nämlich im Grunde nur im Zusammenhang mit der im In- und Ausland geführten Diskussion um die Reform der Deutschen Bundespost und die übergreifende Liberalisierung der Telekommunikation, vor allem für Endgeräte und Telekommunikationsdienste analysiert werden. Da die nationale ordnungspolitische Diskussion nicht ohne die weltweite Verknüpfung der Telekommunikationspolitik hinreichend beurteilt werden kann, wird im daran anschließenden III. Abschnitt auf die europäischen Rahmenbedingungen eingegangen. Sie werden für die Bundesrepublik Deutschland vor allem durch die Politik der Europäischen Gemeinschaft und die Entwicklung zum Binnenmarkt 1992 geprägt. I m IV. Abschnitt soll sodann auf die erfolgte Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte in verschiedenen größeren Industriestaaten hingewiesen werden (v.a. USA, Japan, Großbritannien, Niederlande). Hierbei soll auch der im Ausland festzustellende Trend zur Gründung von Tochtergesellschaften durch Fernmeldeunternehmen aufgezeigt werden. Nur unter Einbeziehung dieser ausländischen Liberalisierungsbestrebungen und des zunehmenden grenzüberschreitenden Handels- und Dienstleistungsverkehrs sowie der daraus folgenden Zunahme des Wettbewerbs läßt sich in dieser Untersuchung verdeutlichen, daß nach Ansicht des Verfassers die Bildung von Tochtergesellschaften insbesondere der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bundespost dienen wird. 2. Nationale Reformüberlegungen zur Telekommunikationspolitik a) Ordnungspolitische Überlegungen als Ausgangsbasis
Die heutigen nationalen wie internationalen Reformüberlegungen im Telekommunikationssektor beruhen auf der Tatsache, daß das Angebot von Telekommunikationsleistungen in den meisten Ländern durch Unternehmen erfolgt, die teilweise mit einem rechtlichen Monopol ausgestattet sind.
oder weniger engen Rechtsrahmen bzw. aus Hemmnissen wie ζ. B. durchsetzungsfahigen Sonderinteressen bspw. des Personals oder einzelner Interessen verbände. Mit anderen Worten: Erst die rechtlichen Spielräume eröffnen Handlungsalternativen, durch die die jeweiligen Unternehmensziele angemessen realisiert werden können.
. Zukünftige Möglichkeiten für Eigengesellschaften
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M i t dem Eindringen der Computerindustrie in den Telekommunikationsmarkt und der Digitalisierung von Sprache, Daten und Bildern verwischen sich seither die Grenzen zwischen dem klassischen, regulierten Fernmeldewesen als Monopolsektor und der nichtregulierten Datenverarbeitung, einem typischen Wettbewerbsmarkt. Diese Entwicklung führt unmittelbar zu der Frage, in welchem Ausmaß die Telekommunikationsmärkte zukünftig in Wettbewerbsmärkte umgewandelt werden können 38 . Diese ordnungspolitische Diskussion wurde bis vor kurzem auch in der Bundesrepublik Deutschland geführt. Hierbei wurde von verschiedenen Seiten auf die Tatsache verwiesen, daß die Deutsche Bundespost ein weitreichendes Fernmeldemonopol besaß (d. h. bis zum Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes zum 1. 7.1989) und bei zahlreichen Dienstleistungen davon Gebrauch machte, ζ. B. bei der Bereitstellung von Telekommunikationsnetzen, den meisten Telekommunikationsdiensten und Endgeräten (Telefone, verschiedene Zusatzgeräte, Wartung und Instandhaltung einiger Endgeräte (§§ 14,19 Abs. 4, 31 Abs. 4, 174 TKO)). Diese Monopolpraxis der Bundespost wurde in der breiten Öffentlichkeit vermehrt in Frage gestellt. Die Aufforderungen, den bundesdeutschen Regulierungsrahmen zu verändern, wurden dabei nicht nur aus dem Inland, sondern ebenso nachdrücklich aus anderen westlichen Staaten gegenüber der Bundesrepublik Deutschland vorgetragen 39 . Aus der Sicht der ausländischen Herstellerfirmen richtete sich die Kritik zunächst gegen die Form der Regulierung des Telekommunikationssektors und damit indirekt gegen die (vermutete) Begünstigung nationaler Hersteller bei der Beschaffung nachrichtentechnischer Güter 4 0 . Andere ausländische Unterneh38
Vgl. zu diesem Strukturwandel und ihren Gründen Aukes/ Berndt/ Tenzer, Die neue Telekommunikationspolitik in der Bundesrepublik Deutschland — Grundsätze und Perspektiven, Vorabdruck aus dem Jahrbuch der Deutschen Bundespost 1990, Bonn 1990, S. Iff., 21 ff., 28ff.; ferner die Beiträge von Amory/Monville/Queck in Monville) Poulletj van Bastelaer, Vers une nouvelle réglementation des télécommunications. Cahiers du Centre de Recherches Informatique et Droit (C.R.I.D.), Nr. 4, Namur 1990, S. 79ff.; Knieps , Entstaatlichung und Wettbewerb im nationalen Wettbewerbsbereich, in Windisch (Hrsg.), Privatisierung natürlicher Monopole im Bereich von Bahn, Post und Telekommunikation. Tübingen 1987, S. 147ff. 39 Vgl. Schnöring, Wachsende Importkonkurrenz auf dem amerikanischen Telekommunikationsmarkt und die außenhandelspolitischen Reaktionen der USA, in Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste der Deutschen Bundespost (Hrsg.), Heft 20 der Reihe Diskussionsbeiträge zur Telekommunikationsforschung, Bad Honnef 1986, S. 12 ff., 18; ohne Verf., Die abgeschotteten EG-Fernmeldemärkte ärgern die Amerikaner, FAZ vom 1. 2. 1989, S. 13; Dunne, S Korea, EC 'on US telecom trade retaliation list, Financial Times vom 25.1. 1989, S. 3. 40 Vgl. Schnöring, Wachsende Importkonkurrenz auf dem amerikanischen Telekommunikationsmarkt, S. 18 und differenzierend ders., Die deutsche informations- und kommunikationstechnische Industrie und ihre internationale Wettbewerbsposition, in Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste der Deutschen Bundespost (Hrsg.), Heft 34 der Reihe Diskussionsbeiträge zur Telekommunikationsforschung, Bad Honnef 1988, S. 57 ff.
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
men haben heute ein wachsendes Interesse, Dienstleistungen der Telekommunikation oder der Datenverarbeitung unmittelbar in Deutschland anzubieten (z.B. Mobilfunk, Mehrwertdienste). Inländische Anbieter und Anwender von Telekommunikationsdiensten bemängelten teilweise ein reduziertes Leistungsangebot der Bundespost, nicht ausreichenden Service, überhöhte Gebühren sowie technisch überhöhte Standards, jeweils im Vergleich zu den Leistungen in anderen Ländern. Vor allem aber wurde die Forderung zur Lockerung bestehender Monopole mit der technisch bedingten Dynamik des Telekommunikationssektors und dem Interesse an kostengünstigen Tarifen und weltweit freizügig nutzbaren Telekommunikationsdiensten begründet. Diese Nachfrage verlange die Reduzierung bzw. Auflösung bestehender Fernmeldemonopole. Die Teilnahme der Deutschen Bundespost am Wettbewerb ist insofern als Teil einer allgemeinen Öffnung des Marktes für Anbieter von Kommunikationseinrichtungen und Telekommunikationsdiensten zu verstehen. Eine derartige Marktliberalisierung ist mit einer Trennung von hoheitlichen Funktionen und unternehmerischen Aufgaben innerhalb der Bundespost verbunden. Diese Trennung ist schon Anfang der 80er Jahre vorgeschlagen worden 41 . Sie ist vor allem deswegen geboten, weil nicht dieselbe Organisationseinheit alle Hoheitsaufgaben des Fernmeldewesens wahrnehmen kann und gleichzeitig einen gleichberechtigten Wettbewerber auf den Telekommunikationsmärkten darzustellen vermag (Spieler und parteiischer Schiedsrichter in einer Person). Die Trennung der politischen /hoheitlichen Aufgaben von den unternehmerischen 41
Vgl. Wirtschaftsministerkonferenz, Arbeitskreis Deutsche Bundespost und Fernmeldemonopol, Abschlußbericht. Wiesbaden, Februar 1982, S. 12, Anlage 2, Entwurf der Neufassung des FAG, § 5 Abs. 3. Vgl. ferner Mestmäcker, Fernmeldemonopol und Nachfragemacht — Wirtschaftsrechtliche und ordnungspolitische Probleme der hoheitlichen und unternehmerischen Funktionen der DBP, in Mestmäcker (Hrsg.), Kommunikation ohne Monopole. Baden-Baden 1980, S. 196 f.; ferner von Weizsäcker, Wirtschaftspolitische Begründung und Abgrenzung des Fernmeldemonopols, in Mestmäcker (Hrsg.), Kommunikation ohne Monopole, S. 135 ff.; Witte, Die Deutsche Bundespost im Wettbewerb, in Neue Kommunikationsdienste der Bundespost in der Wirtschaftsordnung. Baden-Baden 1980, S. 18ff. (bes. S. 23), vgl. weiter die Diskussionsbeiträge ebd., S. 56f., dazu auch Leetz, Postmonopol und Wettbewerb, GÖWG 1980, S. 9 (15), ferner Knieps / Müller / von Weizsäcker, Die Rolle des Wettbewerbs im Fernmeldebereich. BadenBaden 1981, S. 138 f. Aus jüngerer Zeit vgl. auch Tenzer, Die Endgerätepolitik der Deutschen Bundespost, ZPF 1985 (10), S. 27 (29 ff.); Arnold,, Die künftige Entwicklung der öffentlichen Fernmeldenetze in der Bundesrepublik Deutschland und ihre Auswirkungen auf die Benutzer. Teil 2. Hamburg 1985, S. 180ff.; Rendel, Die Mitanbieterschaft der Deutschen Bundespost bei Endgeräten unter wettbewerbspolitischen und regionalpolitischen Gesichtspunkten. Forschungsinstitut für Weltwirtschaftspolitik. Mainz 1986, S. 207 ff.; Soltwedel et al., Deregulierungspotentiale in der Bundesrepublik Deutschland. Tübingen 1986, S. 156 Tz. 324; Bundesminister für Wirtschaft (Hrsg.), Wettbewerbspolitik. Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesminister für Wirtschaft vom 5./6. Dezember 1986, S. 23 f.
II. Zukünftige Möglichkeiten für Eigengesellschaften
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Aufgaben ist also eine Voraussetzung, um überhaupt einen fairen Wettbewerb zwischen der Deutschen Bundespost und ihren privaten Konkurrenten zu gewährleisten. Letztlich bietet nur diese Trennung die Möglichkeit, daß die Bundespost auf allen Märkten, die mit der Telekommunikation zusammenhängen, bei fairen Wettbewerbsbedingungen tätig sein kann. Nach der Trennung von hoheitlichen und unternehmerischen Aufgaben kann die Deutsche Bundespost verschiedenen unternehmerischen Aufgaben in den Rechtsformen des Zivilrechts durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen nachgehen. Da sich die Deutsche Bundespost mit vielen ihrer Dienstleistungen auch bisher schon in einem Wettbewerb mit privaten Unternehmen befunden hat 4 2 , würde eine derartige Auslagerung unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten eine Klarstellung herbeiführen. So zielt eine Ausgliederung des Endgerätebereichs meines Erachtens vor allem darauf ab, die Eigenwirtschaftlichkeit der Sparte insgesamt bei der Deutschen Bundespost als nachprüfbar zu gestalten43. In diese Richtung zielen auch Vorschläge, die „Gefahr des Verdrängungswettbewerbs" 44 dadurch zu verringern, daß die Deutsche Bundespost den Vertrieb von Endgeräten oder spezifischen Telekommunikationsdiensten eigenständigen Tochterunternehmen überträgt 45 . b) Der Bericht der „Regierungskommission Fernmeldewesen"
A m 13. 3. 1985 ist von der deutschen Bundesregierung die unabhängige „Regierungskommission Fernmeldewesen" eingesetzt worden, um die Aufgabenstellung der Deutschen Bundespost im Fernmeldebereich zu analysieren und für ihre weitere Entwicklung Änderungsvorschläge vorzulegen. Eine wesentliche Vorgabe der Bundesregierung an die Kommission — und damit zugleich eine Einschränkung — lautete allerdings: „Bei der Untersuchung soll von der in Art. 73 und 87 GG vorgegebenen Zuständigkeit des Bundes für das Post- und Fernmeldewesen sowie den im PostVerwG festgelegten Grundlinien der Verfassung der DBP ausgegangen werden." 46
42 Vgl. Plagemann, Die Dienste der Deutschen Bundespost im Wettbewerb zu privaten Unternehmen, in Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste der Deutschen Bundespost (Hrsg.), Heft 27 der Reihe Diskussionsbeiträge zur Telekommunikationsforschung. Bad Honnef 1987, S. 9 ff. 43 So etwa auch Rendel, Die Mitanbieterschaft der Deutschen Bundespost bei Endgeräten, S. 212; kritisch zum internen Kostenausgleich Emmerich, Anmerkungen zu den Postfinanzen, ORDO, Band 35 (1984), S. 43 (62). 44 Soltwedel et al., Deregulierungspotentiale in der Bundesrepublik Deutschland, S. 156 Tz. 324. 45 Vgl. hierzu etwa ohne Verf., Telekom soll Monopol- und Wettbewerbsbereich klar trennen, Funkschau 1991 (25), S. 6. Das OLG Düsseldorf erklärte es für unlauter und mißbräuchlich, daß die Deutsche Bundespost T E L E K O M bei der Werbung für Wettbewerbsleistungen auch auf ihre Monopoldienstleistungen hinwies, OLG Düsseldorf, Urt. vom 28.12. 1990, NJW-RR 1991, S. 1518 ff. (- Alles aus einer Hand -).
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
Etwaige Verfassungsänderungen waren bei diesem Untersuchungsauftrag politisch nahezu ausgeschlossen. Die Kommission legte unter Berücksichtigung ausländischer Erfahrungen und einer Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen ihren Bericht zur Neuordnung der Telekommunikation zusammen mit 47 Empfehlungen im September 1987 vor 4 7 . Die Einsetzung der Regierungskommission Fernmeldewesen ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, die hier nur angesprochen werden können. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist die international zu beobachtende Politik, das Fernmeldewesen bzw. den Telekommunikationsmarkt zu liberalisieren bzw. zu privatisieren (vgl. etwa USA, Großbritannien, Japan). Diese Bestrebungen gehen letztlich zurück auf rapide fortschreitende technische Entwicklungen, vor allem die Konvergenz von Informationstechnologie und Nachrichtentechnik (Telematik) und damit zusammenhängend industrieökonomische und regulierungspolitische Veränderungen, allesamt Faktoren, die hier allenfalls angedeutet werden können 48 . Ebenso wie in anderen Staaten stellt sich in der Bundesrepublik die Aufgabe, für den gesamten Bereich Fernmeldewesen — d.h. nachrichtentechnische Industrie, Anwender von Telekommunikationsdiensten sowie die Deutsche Bundespost und ihre Kunden — die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Im Hinblick auf die Bundespost bedeutet dieses Vorhaben, ihre Unternehmenspolitik auf bestehende Ineffizienzen zu überprüfen. Die Kommission hatte daher — ohne daß dies explizit in ihrem Untersuchungsauftrag vorgegeben war — im weiteren Sinne die Aufgabe zu überprüfen, ob und welche Ineffizienzen bestehen. Sie sollte klären, ob die Zulassung eines konkurrierenden Netzträgers ökonomisch sinnvoll ist, aufweiche Weise Mehrwertdienste (VANS) im Wettbewerb reguliert werden, wie die DBP am Endgerätemarkt vertreten ist und ob ihre Fernmeldekunden weiterhin defizitäre Postdienstleistungen durch interne Umverteilung subventionieren sollen. Ein Teil dieser Fragen mündete in die Entscheidung, ob und ggf. wie die Organisation der DBP umstrukturiert werden sollte. Die Regierungskommission hat zu diesen einzelnen Fragen in ihrem Bericht dezidiert Stellung genommen. Verkürzt läßt sich sagen, daß sie für die Bundesrepublik eine neue Abgrenzung zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereichen in der Telekommunikation empfohlen hat. Sie befürwortete eine 46 Ohne Verf., Regierungskommission Fernmeldewesen nahm ihre Arbeit auf, ZPF 1985 (7), S. 35. Mitglieder der Kommission waren Vertreter aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und der Gewerkschaften. 47 Neuordnung der Telekommunikation. Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen. Heidelberg 1987, S. 3 ff., vgl. darin auch die verschiedenen Sondervoten, ebd., S. 134ff.. Der Bericht wird im folgenden zitiert als „Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen". 48 Sie sind in dem Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen ausführlich behandelt, vgl. Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 21 ff.
II. Zukünftige Möglichkeiten für Eigengesellschaften
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Trennung der hoheitlichen Aufgaben, die durch das Bundesministerium für Post und Telekommunikation wahrgenommen werden, von den unternehmerischen Aufgaben, die dem Unternehmen Bundespost T E L E K O M verbleiben. Die Vorschläge der Regierungskommission beziehen sich im einzelnen auf die Telekommunikationsnetze, -dienste und -endgeräte. Nach ihrer Ansicht sollte der deutsche Telekommunikationsmarkt künftig in der Weise strukturiert sein, daß das Netzmonopol weiter bei der Deutschen Bundespost verbleibt, aber der individuelle Datenverkehr niedriger Bitraten über Satelliten von diesem Netzmonopol ausgenommen ist. Im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen führte die Kommission als neues ordnungspolitisches Modell die Unterscheidung in Monopolleistungen, Pflichtleistungen und freie Leistungen ein. Sie schlug vor, daß die T E L E K O M weiterhin das Monopol am Telefondienst behält. Unter Telefondienst wird dabei nur die reine Sprachübermittlung verstanden 49 , d.h. die Speicherung oder Umformung der Signale (z.B. bei Voice mail) sowie die Integration der Sprache mit der Text-, Bild- oder Datenkommunikation unterliegt nicht dem Monopol. Diese, wie auch andere Dienstleistungen der Telekommunikation sollten im Wettbewerb angeboten werden. Die Kategorie Pflichtleistungen ist dadurch gekennzeichnet, daß es sich um Dienstleistungen handelt, die die T E L E K O M erbringen muß. Diese Leistungen werden im Wettbewerb mit den freien Leistungen privater Unternehmen angeboten, wobei für die privaten Anbieter keine Leistungspflicht besteht. Die Pflichtleistungen sollen entweder durch Gesetz oder Verordnung festgelegt werden. Die Kommission hielt es nicht für sinnvoll, bei den Pflichtleistungen der T E L E K O M eine Genehmigungspflicht für die Tarife vorzusehen. Die TELEK O M müsse in der Lage sein, auf die Preispolitik der privaten Wettbewerber zu antworten und selbst eine aktive Preispolitik zu betreiben. Die Leistungsverpflichtung der T E L E K O M erstrecke sich damit auf die flächendeckende Versorgung, den Kontrahierungszwang, die Gleichbehandlung der Kunden sowie die Tarifeinheit im Raum (Infrastrukturauflagen). Die Kommission hielt es nicht für angebracht, durch eine langfristige Empfehlung vorzuschlagen, welche Leistungen zu Pflichtleistungen erklärt werden sollten. Die Entscheidung darüber sei in Abständen zu prüfen, da ursprünglich freie Leistungen zu Pflichtleistungen werden könnten, wie auch Pflichtleistungen bei einer nachlassenden Bedeutung für das öffentliche Interesse oder bei voller Bedarfsdeckung durch den Markt in den unregulierten Bereich der freien Leistungen überführt werden könnten 50 . Die freien Leistungen werden im Wettbewerb erbracht; sie sind unreguliert und können sowohl von der T E L E K O M als auch von privaten Unternehmen angeboten werden. Eine Leistungspflicht der T E L E K O M besteht dabei nicht. 49 50
Bericht der Regierungskommission Bericht der Regierungskommission
Fernmeldewesen, Fernmeldewesen,
S. 91. S. 93.
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
Schließlich sollen weder die Anbieter freier Leistungen noch die freien Leistungen selbst bzw. ihre Preise einer Anmelde- oder Genehmigungspflicht unterliegen. Im Hinblick auf das oben angeführte Telefondienstmonopol der TELEK O M haben private Unternehmen damit das Recht, alle Telekommunikationsdienste mit Ausnahme des Telefondienstes für reine Sprachübermittlung zu erbringen. Die Regierungskommission Fernmeldewesen gab auch eine Reihe von Empfehlungen zur Gestaltung des Endgerätemarktes. Sie empfahl eine vollständige Liberalisierung bei Endgeräten. Sie sprach sich damit prinzipiell gegen ein Monopol der T E L E K O M beim Angebot oder der Wartung von Endgeräten aus. In diese Liberalisierung bezog sie ausdrücklich den Telefonapparat am einfachen Telefonhauptanschluß mit ein. Sie empfahl weiter, daß die TELEK O M am Endgerätemarkt teilnimmt, und zwar durch Verkauf, Vermietung und Wartung, nicht hingegen durch die Produktion von Endgeräten. Die Kommission hielt es ferner für notwendig, daß die Preise der von der T E L E K O M und von privaten Unternehmen angebotenen Endgeräte nicht einer Genehmigung unterliegen. Die Zulassung der Endgeräte für Telekommunikation solle einer selbständigen Behörde vorbehalten werden, die dem Bundesminister für Post und Telekommunikation direkt untersteht. In einem weiteren Teil gab die Regierungskommission Fernmeldewesen verschiedene strukturelle und organisationsspezifische Empfehlungen zum Status der Bundespost, von denen die folgenden hier hervorgehoben werden sollen: Sie empfahl zunächst die Trennung der Hoheitsaufgaben von den Unternehmensaufgaben (vertikale Trennung), wobei die Hoheitsaufgaben durch ein eigenständiges Ministerium, das Bundesministerium für Post und Telekommunikation wahrgenommen werden sollen. Zu den Hoheitsaufgaben zählen die Vorbereitung der Gesetzgebung, Vertretung der Bundesrepublik in internationalen Gremien, Frequenzverwaltung, Standardisierungsentscheidungen, Gerätezulassung und die Rechtsaufsicht über das Unternehmen sowie verschiedene Regulierungsvorgaben 51. Die Kommission hielt es schließlich für erforderlich, daß der bisher bestehende Verbund zwischen Post- und Fernmeldewesen gelöst wird und beide Bereiche organisatorisch getrennt werden (horizontale Trennung). Der Fernmeldebereich der Bundespost solle weiterhin ein öffentliches Unternehmen und Bestandteil des Sondervermögens des Bundes bleiben 52 . Eine weitere Empfehlung bezieht sich auf die finanziellen Beziehungen zwischen dem Postwesen und der Telekommunikation der Bundespost: Im Interesse der Telekommunikation sei es notwendig, die Subventionen der T E L E K O M an das Postwesen innerhalb von fünf Jahren stufenweise abzubauen.
51 52
Vgl. Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 106 ff. Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 113, 36 f.
II. Zukünftige Möglichkeiten für Eigengesellschaften
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In der Empfehlung E40 befaßt sich die Regierungskommission sodann mit der organisatorischen Verselbständigung einzelner Bereiche der T E L E K O M . Die Empfehlung lautet: „E 40 Für freie Leistungen und ergänzende Geschäftsfelder können Tochtergesellschaften der T E L E K O M in privater Rechtsform gegründet werden, um außerhalb der Bindungen an das öffentliche Haushalts- und Dienstrecht im Wettbewerb aktiv agieren zu können. Auch Gemeinschaftsgründungen der T E L E K O M mit privaten Unternehmen sind zu erwägen." 53
In der Begründung 54 heißt es, daß die Kommission zwar dafür eintrete, alle staatlichen Aufgaben der Telekommunikation (Netz, Dienste, Endgeräte) bei der T E L E K O M unter einem Dach zu vereinen, um die Verbundvorteile voll auszunutzen. Sie könne aber nicht die Argumente übersehen, die für eine Ausgliederung von Teilaufgaben hin zu Tochtergesellschaften in privater Rechtsform führen. In dem Bericht heißt es: „Wenn ζ. B. freie Leistungen oder neue Gattungen von Endgeräten ein managementbetontes Organisationsverhalten und eine besondere Qualifikation von Mitarbeitern verlangen, die unter den Bedingungen des öffentlichen Dienstrechtes nicht gewonnen werden können, oder wenn der Wettbewerb in Spezialbereichen auch finanziell einen Bewegungsspielraum verlangt, der mit dem öffentlichen Haushaltsrecht nicht vereinbar ist, dann bietet sich die Gründung von GmbHs als hundertprozentige Töchter der T E L E K O M oder als Gemeinschaftsgründungen (Joint Ventures) mit anderen Unternehmen an (...). Eine privatrechtliche Ausgliederung etwa der Softwareproduktion oder der Systemberatung im Bereich integrierter Telekommunikations- und Datenverarbeitungsleistungen ist trotz einiger Ungewißheiten im Ergebnis verfassungsrechtlich unbedenklich. Es handelt sich um marktbezogene Aufgaben und nicht um Kerngebiete der klassischen Fernmeldeverwaltung. Dies bleibt auch dann richtig, wenn dieser Randbereich wegen der Einbeziehung der Datenverarbeitung besonders schnell wächst." 55
In einer ersten Einschätzung kann gesagt werden, daß die aufgezeigten Empfehlungen der Regierungskommission Fernmeldewesen die bundesdeutsche Neustrukturierung und Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes durch das Poststrukturgesetz nachhaltig vorgeprägt hat. Die weiteren Vorschläge der Bundesregierung beruhen maßgeblich auf diesen Vorarbeiten. Schließlich bestehen in ordnungspolitischer Sicht bei den Empfehlungen der Regierungskommission Fernmeldewesen weitgehende Parallelen zu der Position der Kommission der Europäischen Gemeinschaften 56 und dem internationalen Weg zur Liberalisierung der Telekommunikation 57 . M i t der Unterteilung der Telekommunikationsleistungen in Monopolleistungen, Pflichtleistungen und freie Leistungen hat die Regierungskommission Fernmeldewesen insofern Neuland 53 54 55 56 57
Bericht der Regierungskommission Bericht der Regierungskommission Bericht der Regierungskommission Vgl. unten (A.III.). Vgl. unten (A.IV.).
Fernmeldewesen, Fernmeldewesen, Fernmeldewesen,
S. 7, vgl. auch S. 117f. S. 117 f. S. 117 f.
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betreten, als in anderen Ländern (ζ. B. den USA) zumeist versucht wurde, nach ordnungspolitischen und fernmeldetechnischen Gesichtspunkten zwischen Grunddiensten und Mehrwertdiensten (basic services /enhanced services) zu unterscheiden. Diese Form der ordnungspolitischen Abgrenzung zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereich hat sich vor allem aus fernmeldetechnischen und ökonomischen Gründen als problematisch erwiesen 58. Daher ist die Einführung von Pflichtleistungen mit besonderen Auflagen zu Lasten der Bundespost (Infrastrukturauflage) als rein ordnungspolitisch bedingte Unterscheidung und damit auch als ein innovatorisches Modell zu sehen. Grundsätzlich ermöglicht nämlich diese Kategorie eine weitestgehende Öffnung des Marktes für Telekommunikationsdienste, wobei gleichzeitig erwünschte gemeinwirtschaftliche Ziele realisiert werden können. In bezug auf die organisatorische Strukturreform der Deutschen Bundespost hat die Kommission — wie es ihrem Auftrag entsprach — dezidiert nur Vorschläge zum Fernmeldebereich vorgetragen, nicht hingegen zum Post- bzw. Postbankbereich der Bundespost. Die Einbeziehung dieser Bereiche ist daher im weiteren der Ausarbeitung bzw. Umsetzung in einem Gesetzentwurf vorbehalten geblieben. c) Die Konzeption der Bundesregierung zur Neuordnung des Telekommunikationsmarktes
Zeitgleich zu dem ersten innerministeriellen Gesetzentwurf für ein Poststrukturgesetz legte die Bundesregierung im Frühjahr 1988 ihre Konzeption 59 zur Neuordnung des Telekommunikationsmarktes vor 6 0 . Diese Konzeption befaßt sich im weiteren Sinne mit der Reform des Post- und Fernmeldewesens in der Bundesrepublik Deutschland. Während der Postbereich von der organisations58
Hierzu ausführlich unten (A.II.3.b.aa.). Reform des Post- und Fernmeldewesens in der Bundesrepublik Deutschland. Konzeption der Bundesregierung zur Neuordnung des Telekommunikationsmarktes. Heidelberg 1988, S. 1 ff., im folgenden zitiert als „Konzeption der Bundesregierung"; auch abgedruckt in Deutscher Bundestag, Drs. 11/2855. 60 Es muß an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß die Reform des Post- und Fernmeldewesens in der Bundesrepublik Deutschland politisch stark umstritten ist. Den einzelnen Argumentationsebenen kann in diesem Zusammenhang nicht nachgegangen werden. Einzelne Positionen werden aber deutlich ζ. B. aus den verschiedenen Sondervoten einiger Mitglieder der Regierungskommission Fernmeldewesen (a. a. O., S. 134 ff.) und bei der Tagung der GÖW am 9. 6. 1988, Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (Hrsg.), Postreform: Marktorientierung und öffentlicher Auftrag. Baden-Baden 1988, S. 13 ff. und der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für das Post- und Fernmeldewesen am 28., 29. und 30. November 1988, vgl. Ausschußfür das Post- und Fernmeldewesen, Stellungnahmen der Verbände und Einzelsachverständigen zu den Fragen 1 bis 81 des Fragenkatalogs. Bonn 1988, S. 18 ff.; vgl. ferner zur Kritik an der Postreform einerseits Roßnagelj Wedde, Die Reform der Deutschen Bundespost im Licht des Demokratieprinzips, DVB1. 1988, S. 562 (563 ff.), andererseits Busch, Mehr Wettbewerb im Telekommunikationsbereich?, Wirtschaftsdienst 1989, S. 36 ff. 59
II. Zukünftige Möglichkeiten für Eigengesellschaften
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rechtlichen Neustrukturierung der Deutschen Bundespost in gleicher Weise wie das Fernmeldewesen berührt ist (Trennung von hoheitlichen und unternehmerischen Aufgaben), zielt der ordnungspolitische Teil der Reform, d.h. die Neuabgrenzung zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereichen, in erster Linie auf das Fernmeldewesen. Die Alleinbetriebsrechte der Bundespost nach dem Gesetz über das Postwesen vom 28. 7.1969 61 (§ 2 PostG) wurden hiervon nicht berührt. Gleichwohl wurde in der Konzeption angedeutet, daß aus wirtschaftlichen Gründen auch der Beförderungsvorbehalt des Postwesens heute zunehmend in Frage gestellt werde 62 und daher auch für das Postwesen verbesserte Organisationsbedingungen erforderlich seien. Zur Begründung für die unterschiedliche ordnungspolitische Dynamik beim Post- und beim Fernmeldewesen wurde daraufhingewiesen, daß das Postwesen schon traditionell stärker dem Wettbewerb geöffnet sei als das Fernmeldewesen. So habe das Postwesen mit ca. 4 M r d . D M im Jahre 1986 ca. 30% seiner Gesamtleistung von ca. 13 Mrd. D M in Wettbewerbsdiensten erbracht (Paketdienst, Päckchendienst, Postzeitungsdienst und teilweise der Briefdienst). I m Fernmeldewesen dagegen hätten 1986 die Wettbewerbsleistungen nur ca. 3 Mrd. D M ( = 9%) des gesamten Fernmeldeumsatzes der Deutschen Bundespost betragen (ca. 33 Mrd. D M ) 6 3 . Auch hierdurch werde deutlich, daß der Wettbewerbsanteil im Fernmeldewesen heute absolut und relativ geringer ausfalle als im Postwesen. Die weitere Argumentation in der Konzeption nahm im wesentlichen nur Bezug auf das Fernmeldewesen und stellte dabei die ordnungspolitischen Hintergründe und die Notwendigkeit einer Neuordnung heraus. Betont wurden insbesondere die technologischen Fortschritte der Mikroelektronik, die in die bisher getrennten Bereiche des Fernmeldewesens, der Datenverarbeitung, der Bürotechnik und der Unterhaltungselektronik vordringe und dabei Diensteangebote zusammenführe und durch neue Geräte oder Software-programme neue Dienstekombinationen entstehen lasse. Es wurde hierbei aufgezeigt, daß die bisher gültigen Ordnungsprinzipien einer detaillierten Regulierung des Fernmeldemarktes obsolet werden und eher in Richtung auf den traditionell unregulierten Datenverarbeitungssektor angeglichen werden müssen. Die Notwendigkeit der Reform wurde also letztlich mit einem Faktorenbündel begründet 64 , in dem — technologische Aspekte (Konvergenz von Informations- und Kommunikationstechnik, technologische Vielfalt), — Marktaspekte (hohe Wachstumsraten bei elektronischen Dienstleistungen/Mehrwertdiensten), 61 62 63 64
BGBl. I S. 1006. Konzeption der Bundesregierung, S. 12. Konzeption der Bundesregierung, S. 12. Siehe Konzeption der Bundesregierung, S. 23 ff.
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
— Aspekte der weltweiten Entwicklung der Telekommunikationspolitik (Öffnung der Telekommunikationsmärkte für den Wettbewerb in den USA, Japan und Großbritannien), — internationale Handelsaspekte (Internationalisierung des Dienste- und Dienstleistungsangebotes, internationale Anwendernetze), — europäische Aspekte (Entwicklung zum Binnenmarkt 1992, Aktivitäten der Kommission der EG, Öffnung nationaler Märkte, Dienstleistungsfreiheit) und — Aspekte der Forschungspolitik (Steigerung der Forschungsaktivitäten der Bundespost, Integration von Informationstechnologie und Telekommunikation innerhalb der postalischen Infrastruktur)
zusammenwirken. Im weiteren Teil der Konzeption wurde das neuartige Regulierungssystem im Telekommunikationsbereich vorgestellt und eingehend begründet. Die Ausführungen bezogen sich bereits auf die geplante Novellierung des Gesetzes über Fernmeldeanlagen in der Fassung von 1928 durch den Entwurf zum Poststrukturgesetz 65. Im einzelnen wurde die künftige ordnungspolitische Abgrenzung zwischen Monopol und Wettbewerb im Netzbereich, bei Telekommunikationsdiensten und auf dem Endgerätemarkt herausgestellt. Es wurde dabei zwar nicht explizit auf etwaige Tochtergesellschaften der Bundespost Bezug genommen, jedoch wurden weitere Ziele der Bundesregierung deutlich, die auch bei der Frage nach der Gründung von Tochtergesellschaften durch die Bundespost Beachtung verdienen. So legte die Bundesregierung Wert auf einen chancengleichen Wettbewerbsrahmen zwischen der Deutschen Bundespost und privaten Anbietern. Hierzu solle ein System von innerbetrieblichen Verrechnungspreisen 66 sowie Regeln für den Finanzausgleich zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereichen dienen. Diese letzteren Regeln seien deswegen erforderlich, weil die Bundespost-TELEKOM nicht verpflichtet werde, getrennte Jahresabschlüsse für den Monopol- und den Wettbewerbsbereich aufzustellen. So sei zur Finanzierung von Anlaufverlusten neuer Dienste und ihrer Flächenerschließung vorgesehen, daß ein Ausgleich vom Monopolzweig in die Wettbewerbsdienste nur erfolgen dürfe, soweit dadurch nicht die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt werden (Art. 1 § 29 Abs. 4 des Entwurfs zum Poststrukturgesetz, der spätere Art. 1 § 37 Abs. 4 PostStruktG) 67 . Auch wenn mit Hilfe dieser letzteren Regulierungsvorschriften das Problem wettbewerbswidriger Quersubventionierungen eingedämmt sein dürfte, bleibt m.E. hier festzuhalten, daß die Möglichkeit der Auslagerung von bestimmten Unternehmensbereichen in Tochtergesellschaften immer noch eine denkbare Option darstellt, um derartigen Vorwürfen von Wettbewerbsverzerrungen zu begegnen. 65 66 67
Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, Art. 3 ( = S. 22ff.). Vgl. Konzeption der Bundesregierung, S. 78 ff. Vgl. Konzeption der Bundesregierung, S. 80 ff.
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Ein Tätigkeitsfeld für Tochtergesellschaften wird in der Konzeption indirekt bei der Planung, Verwaltung, dem Betrieb und Service internationaler Anwendernetze angedeutet. Hierbei bieten bereits heute verschiedene Betriebsgesellschaften internationale Text- und Datenübermittlungsleistungen auf der Basis grenzüberschreitender Mietleitungsnetze aus einer Hand an. In der Konzeption heißt es sodann: „Die Bundesregierung wünscht, daß sich die Deutsche Bundespost mit einer ähnlich zukunftsorientierten Unternehmenspolitik wie ihre ausländischen Konkurrenten an diesem internationalen Markt direkt oder indirekt beteiligt." 68 M i t dieser Stellungnahme deutet sich bereits an, daß die Option „Tochtergesellschaften" nicht mehr allein nur aus nationaler Perspektive, sondern auch im Hinblick auf die Entwicklung in anderen Industriestaaten beurteilt werden muß. Damit ist vor allem gemeint, daß bestimmte Dienste nur dann Zustandekommen bzw. verstärkt genutzt werden, wenn die Deutsche Bundespost bereit ist, sich an internationalen Gesellschaften zu beteiligen oder selbst solche zu gründen. Sofern die Bundespost auf solche innovatorischen Leistungen — aus welchen Gründen auch immer — verzichtet, wird dies m. E. zu Wettbewerbsnachteilen bzw. Marktanteilsverlusten der Bundespost führen. Dies wird die Bundespost vor weitere betriebswirtschaftliche Probleme stellen, die ihre übrige Aufgabenerfüllung gefährden. Wettbewerbsnachteile deutscher Unternehmen, die nicht auf ein Angebot ihrer nationalen Betriebsgesellschaft zurückgreifen können, sind zusätzlich als gesamtwirtschaftliche Nachteile zu berücksichtigen. Das Innovationspotential der Telekommunikation würde möglicherweise nicht vollständig ausgenutzt, und die deutschen Unternehmen würden infolge überhöhter Kosten bei der Telekommunikation Standortnachteile erfahren. So besteht die Gefahr, daß neue Märkte verstärkt an ausländische Anbieter fallen und die Bundesrepublik einen Teil ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit verliert. d) Veränderungen durch das Poststrukturgesetz
Unter Berücksichtigung der Vorarbeiten der Regierungskommission Fernmeldewesen und weiterer intensiver Diskussionen innerhalb des Bundespostministeriums und der Bundesregierung legte die von einer Koalition aus C D U / C S U und FDP geführte Bundesregierung am 1. 9. 1988 dem Bundestag ihren „Entwurf eines Gesetzes zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (Poststrukturgesetz — PostStruktG)" vor 6 9 . Der Entwurf ist als Artikelgesetz konzipiert und enthält das Gesetz über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost (Postverfassungsgesetz-PostVerfG) (Art. 1), Änderungen des Postgesetzes (Art. 2) und des Gesetzes über Fernmeldeanlagen (FAG) (Art. 3) sowie verschiedene weitere Rechtsände68 69
Konzeption der Bundesregierung, S. 33. Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854.
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
rungen. Dieser Gesetzentwurf ist m i t einigen Ä n d e r u n g e n 7 0 v o m Bundestag a m 20. 4. 1989 i n 2. u n d 3. Lesung verabschiedet w o r d e n 7 1 . Das Gesetz konnte daher, nachdem der Bundesrat a m 12. 5.1989 dem Gesetz zugestimmt hat, wie geplant zum 1. 7. 1989 i n K r a f t t r e t e n 7 2 . I n der Einleitung der Begründung z u m PostStruktG n a h m die Bundesregierung Bezug a u f ihre Zielsetzung, der Bundesrepublik zur Sicherung u n d Förderung ihrer Leistungsfähigkeit ein bedarfsgerechtes innovatives u n d preiswertes Angebot an Kommunikationsdiensten zu gewährleisten. Hierzu diene die „ — Neustrukturierung der Deutschen Bundespost durch Trennung der Hoheitsaufgaben, die vom Bundesminister für Post und Telekommunikation wahrzunehmen sind, von den Unternehmensaufgaben, die der Deutschen Bundespost übertragen werden. Die Deutsche Bundespost gliedert sich in drei öffentliche Unternehmen für die Post-, Postbank- und Fernmeldedienste, die unter politischer Aufsicht nach unternehmerischen Grundsätzen von Unternehmensorganen (Vorstand/Aufsichtsrat) geleitet werden. Die Unternehmen erhalten größere Flexibilität im personalen Bereich und im Bereich der Wirtschaftsführung. — Ordnungspolitische Reform durch eine Neuabgrenzung zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereichen im Fernmeldewesen: Fernmeldenetz und Telefondienst bleiben im Monopol. Sonstige Telekommunikationsdienste und der Endgerätemarkt werden dem Wettbewerb geöffnet." 73 A u f die weiteren Einzelheiten des Gesetzentwurfs soll hier nicht eingegangen werden. Hervorzuheben bleibt indessen, daß die unternehmerischen u n d betrieblichen Aufgaben der Deutschen Bundespost zwar a u f drei „öffentliche Unternehmen" aufgeteilt werden (Deutsche Bundespost P O S T D I E N S T , Deutsche Bundespost P O S T B A N K , Deutsche Bundespost T E L E K O M ) , gleichwohl bleiben diese Aufgaben als Staatsaufgaben erhalten. Das Sondervermögen der Deutschen Bundespost, das sich i n die Teilsondervermögen der drei öffentlichen Unternehmen untergliedert, bleibt insgesamt ein einheitliches, teilrechtsfahiges Sondervermögen des Bundes 7 4 . D i e Bildung der drei öffentlichen Bundespost70 Siehe hierzu Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für das Post- und Fernmeldewesen, Deutscher Bundestag, Drs. 11/4316. 71 Gesetzesbeschluß des Deutschen Bundestages, Bundesrat, Drs. 223/89; vgl. auch Handelsblatt vom 21./22.4. 1989, S. 9; FAZ vom 21. 4. 1989, S. 2. 72 Gesetz zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (Poststrukturgesetz — PostStruktG) vom 8. 6. 1989, BGBl. I S. 1026. Das Gesetz über das Postwesen (PostG) in der seit dem 1. 7. 1989 geltenden Fassung ist neu bekannt gemacht worden am 3.7. 1989, BGBl. I S. 1449 und das Gesetz über Fernmeldeanlagen (FAG) in der seit dem 1. 7. 1989 geltenden Fassung am 3. 7. 1989, BGBl. I S. 1455. 73 Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. l f . , vgl. auch S. 26ff.
Die Trennung zwischen hoheitlichen und betrieblichen Aufgaben bezieht sich nur auf die Dienstleistungen im Post- und Fernmeldewesen. Das bedeutet, daß die hoheitlichen Aufgaben im Rahmen des Beamtenrechts weiterhin auch von den Unternehmen der Deutschen Bundespost ausgeübt werden. 74 Vgl. Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 30, 37, 39.
II. Zukünftige Möglichkeiten für Eigengesellschaften
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Unternehmen ist daher eine Rechtsentwicklung, die von der Frage nach der Zulässigkeit privatrechtlicher Tochtergesellschaften rechtsdogmatisch strikt zu trennen ist. Soweit die rechtliche Zulässigkeit von Tochtergesellschaften der Deutschen Bundespost nach dem PostStruktG beurteilt werden kann, ist hierauf erst an späterer Stelle einzugehen75. Im Hinblick auf die künftigen Tätigkeitsbereiche der Bundespost unter dem PostStruktG soll jedoch schon hier auf die diesbezüglichen Positionsbestimmungen der Gesetzesbegründung verwiesen werden. Nach der Trennung der hoheitlichen von den unternehmerischen Aufgaben soll die Bundespost „die Möglichkeit erhalten, auf allen Teilmärkten des Fernmeldewesens als Wettbewerber aufzutreten" 76 . Gegen eine gesetzliche Einschränkung der Aktivitätsmöglichkeiten der Bundespost im Telekommunikationsbereich sei nach Ansicht der Bundesregierung anzuführen, daß es sinnvoll sei, die Verbundvorteile auszuschöpfen. Eine Beschränkung der Aufgabenbereiche der Deutschen Bundespost entspreche nicht der internationalen Entwicklung. Noch deutlicher heißt es an anderer Stelle: „Die Aufgaben der infrastrukturellen Grundversorgung werden auch zukünftig vorwiegend von der Deutschen Bundespost wahrgenommen (...). Es ist jedoch wünschenswert, daß sich die Deutsche Bundespost darüber hinaus als modernes Dienstleistungsunternehmen auch auf den Wettbewerbsmärkten des Post- und Fernmeldewesens aktiv betätigt. Dabei soll das Tätigkeitsfeld der Deutschen Bundespost nicht durch eine enge und statische Auslegung des Begriffs „Post- und Fernmeldewesen" auf die Funktion der Informationsübermittlung eingeschränkt werden. Das Post- und Fernmeldewesen entwickelt sich in einem Umfeld, das technologisch und anwendungsmäßig zunehmend zu neuen integrierten Dienstleistungen führt. Von diesen Märkten soll die Deutsche Bundespost nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist unter Berücksichtigung der Grundsätze hinsichtlich der wirtschaftlichen Betätigung des Staates zu prüfen, inwieweit die Deutsche Bundespost im verfassungsrechtlichen Rahmen auch in anderen, mit dem Post- und Fernmeldewesen zusammenhängenden Bereichen tätig werden soll." 7 7
Auf diese Frage nach den Betätigungsmöglichkeiten der Bundespost in weiteren, zusätzlichen Bereichen, die mit dem Post- und Fernmeldewesen zusammenhängen, ist an späterer Stelle zurückzukommen.
75 76 77
Vgl. unten Teil B, insbesondere IV.5. Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 33. Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 26.
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost 3. Flexibilisierung durch neue Betätigungsfelder a) Endgeräte
Die Deutsche Bundespost bietet — namentlich i m Fernmeldebereich — Dienstleistungen an, für deren N u t z u n g der Postkunde häufig auf die Beschaffung v o n Endgeräten ( K a u f , Miete, Leasing, öffentlich-rechtliche Teilnehmerverhältnisse usw.) angewiesen ist. Diese Endgeräte werden nur zu einem geringen Teil v o n der Post zur Verfügung gestellt 7 8 . Fernmelderechtlich betrachtet werden Endeinrichungen bei der Herstellung einer elektrischen Verbindung z u m Netz der Deutschen Bundespost z u m Bestandteil der Fernmeldeanlage „öffentliches Telekommunikationsnetz". D a die Errichtung u n d der Betrieb v o n Fernmeldeanlagen gemäß § 1 Fernmeldeanlagengesetz ( F A G ) 7 9 i n der bisherigen Fassung, d.h. v o r Inkrafttreten des PostStruktG, ausschließlich dem B u n d zustand, war die Bundespost nach der bisherigen Rechtslage allein berechtigt, Fernmeldeanlagen bzw. die a m öffentlichen Netz anschließbaren Endeinrichtungen zu errichten u n d zu betreiben oder der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Daneben konnte gemäß § 2 F A G für bestimmte private Nutzer die Errichtung u n d der Betrieb privater Fernmeldeanlagen durch den Bundesminister für das Post- u n d Fernmeldewesen oder den
78
Vgl. zu den Marktanteilen im einzelnen Tenzer, ZPF 1985, S. 27 (28 f.). Nennenswerte Marktanteile der Deutschen Bundespost lagen 1984 vor bei Nebenstellenanlagen (18%) und Telefaxgeräten (10%). Die bekannteste Ausnahme vom Wettbewerb mit privaten Endgeräteanbietern ist nach Inkrafttreten des PostStruktG noch bis zum 1.7. 1990 das Endgerät am einfachen Telefonhauptanschluß (Art. 3 Nr. 14 PostStruktG = §25 FAG n.F.). Dabei handelt es sich um eine Fernmeldeeinrichtung, die bis zu diesem Datum ausschließlich nur von der Deutschen Bundespost bezogen werden darf. Bis zum 1.12. 1986 bestand auch noch das umstrittene Angebotsmonopol der Deutschen Bundespost für Zusatzeinrichtungen zur Datenübertragung (Modems): Diese Einrichtungen dienen zur Umwandlung analoger in digitale Signale und umgekehrt. Der Weg zur Liberalisierung dieses Gerätes erwies sich als sehr steinig. A u f Initiative der EGKommission war mit dem Ministerium für das Post- und Fernmeldewesen ein Kompromiß ausgehandelt worden, der letztlich die Aufgabe des Angebotsmonopols der Deutschen Bundespost vorsah. Die entsprechenden § 8 Abs. 4 Satz 2 und 3, § 38 b und § 38 c der Fernmeldeordnung (FO), § 3 Abs. 4 und § 13 der DirektrufVO sollten mit Zustimmung des Postverwaltungsrates durch die 30. ÄndVOFO geändert werden. Einige Mitglieder des Postverwaltungsrates versagten dieser Liberalisierung jedoch am 30. 6. 1986 die Zustimmung, so daß der Minister gemäß § 13 PostVerwG eine Entscheidung der Bundesregierung herbeiführte. Die Bundesregierung überstimmte den Beschluß des Verwaltungsrates am 16. 7.1986. Die 30. ÄndVOFO wurde danach am 16. 7.1986 verkündet; sie trat am 1.12. 1986 in Kraft. 79 Gesetz über Fernmeldeanlagen in der Fassung der Bekanntmachung vom 17.3.1977 (BGBl. I S. 459, 573), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Verhinderung des Mißbrauchs von Sendeanlagen vom 27. 6.1986 (BGBl. I S. 948) und das Poststrukturgesetz (Art. 3) vom 8. 6. 1989, BGBl. I S. 1026, neu bekanntgemacht am 3. 7.1989, BGBl. I S. 1455.
II. Zukünftige Möglichkeiten für Eigengesellschaften
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von ihm hierzu ermächtigten Behörden genehmigt werden 80 . Die Benutzung der Einrichtungen des Fernmeldewesens wurde durch Rechtsverordnungen 81 geregelt, die nach den Vorschriften des Postverwaltungsgesetzes82 (§§12 ff.) vom Bundespostminister erlassen wurden. In ihrer Entstehung gingen diese Verordnungen auf Vorlagen des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen 83 zurück. Die Deutsche Bundespost nahm unter der bisherigen Rechtslage faktisch ihr Monopol im Fernmeldewesen insofern nicht in vollem Umfang in Anspruch, als sie nicht sämtliche Arten von Endgeräten selbst anbot und auch — wie angedeutet — bei verschiedenen Endgeräten nur einen begrenzten Marktanteil besaß. Vielmehr hat sich in der Bundesrepublik der Endgerätesektor zu einem nur bedingt regulierten Markt (vor allem: Zulassung, Standards) entwickelt. Das PostStruktG ändert diese Rechtslage bei Endgeräten insofern, als künftig der gesamte Endgerätemarkt in den Wettbewerb überführt wird. A n diesem liberalisierten Endgerätemarkt darf sich die Deutsche Bundespost in vollem Umfang beteiligen 84 . Die Überlegungen, die die DBP bisher zu einem bestimmten Marktverhalten auf dem Endgerätesektor leiten, sind vielfach dargestellt worden. Auf diese Untersuchungen zur Beteiligungspolitik der DBP am Endgerätemarkt kann verwiesen werden 85 . Stichwortartig und ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen folgende Argumente, die für eine Marktbeteiligung durch die DBP sprechen, angeführt werden (die Argumente sollen dabei nicht im einzelnen bewertet werden): — Kompatibilität, — Dienstgüte, — Dienstleistung aus einer Hand, — Aufrechterhaltung des technischen Standards durch gleichmäßige Störungsbeseitigung,
80
Die weiteren fernmelderechtlichen Einzelheiten sind diskutiert bei Plagemann, Die Dienste der Deutschen Bundespost, S. 41 ff., 47 ff. 81 Vgl. vor allem die Verordnung über die Bedingungen und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Fernmeldewesens (Telekommunikationsordnung — TKO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. 7. 1987 (BGBl. I S. 1761), zuletzt geändert durch Verordnung vom 26. 6. 1989 (5. ÄndVOTKO), (BGBl. I S. 1169). 82 Gesetz über die Verwaltung der Deutschen Bundespost vom 24. 7. 1953, BGBl. I S. 676 (mehrfach geändert). 83 Das Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen wurde mit Inkrafttreten des PostStruktG am 1. 7. 1989 umbenannt in Bundesministerium für Post und Telekommunikation, vgl. Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen 1989, S. 1255. 84 Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 35, Drs. 11/4316, S. 67. 85 Vgl. Kretzschmar, Deutsche Bundespost und Endgerätemarkt, Betriebs-Berater 1981, S. 621 (625 ff.). Aus der Sichtweise des Bundespostministeriums, vgl. Tenzer, Aspekte der Endgerätepolitik, Jahrbuch der DBP 1985, S. 530ff. 4 Plagemann
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
— Aufrechterhaltung des Vertriebsweges für mittelständische Firmen, — Versorgung von Marktlücken, — Versorgung von strukturschwachen Gebieten, — Sicherstellung der Betriebserfahrung, — Innovationsförderung, — gesamtwirtschaftliche Kostenersparnisse durch gleichzeitige Bereitstellung von Netzinfrastrukturen und Endgeräten durch die DBP, — Sicherung der flächendeckenden Versorgung, — Verbundvorteile im Marketingbereich.
Viele Kunden der Bundespost erwarten qualitativ hochwertige Geräte und wünschen zudem ein Angebot an Telekommunikationsleistungen aus einer Hand. Teilweise wird diese Marktbeteiligung auch explizit von Verbänden verlangt 86 . Die Bundespost ist bestrebt, diese Erwartungen zu erfüllen. Gleichzeitig hat sie auch die Aufgabe, die Versorgung mit einer Netzinfrastruktur sicherzustellen. Für diese Aufgabe bedarf die Bundespost einer finanziell gesicherten Ertragslage. Aus diesen verschiedenen Überlegungen heraus ist zu untersuchen, welche Möglichkeiten die Bundespost zur Erschließung bisher nicht bedienter Märkte bzw. zur Neuorganisation vorhandener Märkte besitzt. Einige Beispiele, die für eine Anbieterschaft der Bundespost im Wettbewerb zu anderen Unternehmen durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen denkbar sind, sollen benannt werden: A n Endgeräten könnten Teletexgeräte, Fernkopierer, größere Nebenstellenanlagen, schnurlose Telefone, Multifunktionsterminals, Mailboxsysteme und Komforttelefone, Mobilfunktelefone, Empfangsgeräte für den Funkrufdienst sowie Gemeinschaftsantennen usw. über Tochtergesellschaften der DBP angeboten werden. Ob eine Marktbeteiligung der Bundespost bei diesen Endgeräten wirtschaftlich sinnvoll wäre und ob die Auslagerung dieser Angebote in Tochtergesellschaften Effizienzsteigerungen verspricht, bleibt aus betriebswirtschaftlicher Sicht noch zu untersuchen. Da die Bundespost gesetzlich nicht verpflichtet ist, sich unabhängiger Tochtergesellschaften zu bedienen, würde die Entscheidung für ein Angebot durch Tochtergesellschaften auf unternehmensstrategische Überlegungen zurückgehen.
86 Vgl. etwa Fachverband Informations- und Kommunikationstechnik im ZVEI\ Anforderungen an eine Beteiligung der Deutschen Bundespost am Markt für Telekommunikations-Endgeräte. Frankfurt am Main, Dez. 1985, S. 3 und passim.
II. Zukünftige Möglichkeiten für Eigengesellschaften
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b) Telekommunikationsdienste aa) Begriffsbestimmung:
„Basisund
„Mehrwertdienste"
E i n weiteres M a r k t p o t e n t i a l liegt i n der E n t w i c k l u n g der Mehrwertdienste ( V A N S ) 8 7 . H i e r könnte z.B. die D B P i m Wettbewerb zu anderen privaten Dienstleistungsunternehmen über Eigengesellschaften oder Beteiligungen als Anbieter tätig w e r d e n 8 8 . Schon heute k a n n festgestellt werden, daß das Angebot an Mehrwertdienstleistungen expandiert 8 9 . A u s dem A u s l a n d 9 0 (z.B. U S A , Großbritannien, Japan) sind die Angebote verschiedener V A N - C a r r i e r bekannt geworden 9 1 . A u c h i n Deutschland sind v o n der D B P bzw. anderen privaten Unternehmen i n den vergangenen Jahren eine Reihe v o n Mehrwertdiensten i n die Angebotspalette neu eingeführt worden (z.B. Btx, Service 130, Temex, Sprachspeicherdienst) 9 2 . Wenn heute i n der Telekommunikationsökonomie über V A N S bzw. M e h r wertdienste diskutiert w i r d , so trifft m a n immer a u f das Problem einer sicheren Begriffsbestimmung u n d die notwendige Abgrenzung zu den Basisdiensten. D a andererseits diese Abgrenzung für die Telekommunikationspolitik eine ord-
87
VANS = Value added network services. Vgl. ebenso Kemmler, Mehrwertdienste — Value Added Services — Ihre marktpolitische Bedeutung in Gegenwart und Zukunft. BVB-Seminar am 11.12.1985. Manuskript. 11.12. 1985, Ziff. 3.2. 89 Vgl. statt vieler ohne Verf., Value added Networks. Die Masche mit den Netzen, Funkschau 1988 (21), S. 28 ff. 90 Wettbewerb ist im Ausland (USA, Großbritannien, Japan) nicht nur bei Telekommunikationsdiensten eingeführt worden, sondern — in mehr oder weniger starkem Umfang — auch im Netzbereich. Das Netzmonopol ist dabei in der Regel zu einem Oligopol ausgeweitet worden. 91 Geller, The Impact of Regulation on European Users, in Kienbaum Technology Advisory Programm. 1986 Summer Conference, June 24/25 in Munich, Appendix 7; Heuermann ! Neumann, Die Liberalisierung des britischen Telekommunikationsmarktes. Berlin/Heidelberg/New York 1985, S. 107ff.; Computerwoche vom 2. 8. 1985 (mehrere Beiträge), bes. S. 17 ff. 92 Vgl. zum umfangreichen Angebot an Mehrwertdiensten Heuermann, Der Markt für Mehrwertdienste in der Bundesrepublik Deutschland. Ordnungspolitische Diskussion, ökonomisches Volumen, Perspektiven zur Förderung, in Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste der Deutschen Bundespost (Hrsg.), Heft 25 der Reihe Diskussionsbeiträge zur Telekommunikationsforschung. Bad Honnef 1987, S. 2 und passim; Studie der SCS: KranzI Hartnick, Studie über das Angebot von Mehrwertdiensten (VANS) in der Bundesrepublik Deutschland. Bonn, Dezember 1986, S. 14ff.; Studie der GID: Otremba/Runge/Schwuchow, Online-Datenbankdienste in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Angebotsanalyse, in Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste der Deutschen Bundespost (Hrsg.), Heft 26 der Reihe Diskussionsbeiträge zur Telekommunikationsforschung. Bad Honnef 1987, S. 20 ff.; Böhm / Schön / Tenzer, Mehrwertdienste — ein offener Wettbewerbsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland, Jahrbuch der DBP 1987, S. 207 (227 ff.). 88
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
nungspolitische Bedeutung besitzt, soll auf die Abgrenzungsdebatte kurz eingegangen werden. Die VAN-Diskussion nahm ihren Ausgangspunkt in den USA. Dort standen sich der staatlich regulierte Fernmeldebereich (vor allem hinsichtlich Marktzutritt, Tarife und Dienstleistungsqualität) und der nicht-regulierte Datenverarbeitungsbereich gegenüber. Der Fernmeldecarrier und -monopolist A T & T war in seiner Betätigung auf die „Common-Carrier-Communication-Services" beschränkt, mithin von den datenverarbeitungsgestützten VAN-Diensten (nahezu) ausgeschlossen. Ausgehend von dieser ordnungspolitisch bedingten Regulierung entwickelte die Regulierungsbehörde des Bundes, die Federal Communications Commission (FCC), in der Computer I-Entscheidung 93 von 1971 ihre Abgrenzungspolitik 94 . Sie unterschied im wesentlichen zwischen drei Kategorien von Diensten: 1. regulierte Telekommunikationsdienste (communications services), 2. unregulierte Datenverarbeitungsdienste (data-processing services), 3. Zwischenformen (hybrid services). Die „Zwischenformen" sollten ad hoc dem Sektor zugeordnet werden, dem sie überwiegend angehörten. Damit sollte entschieden werden, ob es sich um einen zu regulierenden oder einen nicht zu regulierenden Fall handelte. Die technische Entwicklung, d. h. das Zusammenwachsen von Telekommunikation und Datenverarbeitung, führte zu einer Vielzahl von „Zwischenformen". Die Marktteilnehmer argumentierten regelmäßig, daß ihr Angebot nicht zur Telekommunikation, sondern zur Datenverarbeitung oder überwiegenden Datenverarbeitung gehöre und nicht reguliert werden dürfe. Aus diesen Streitfallen heraus entwickelte die FCC die Computer Ii-Entscheidung 95 von 1980. M i t ihr wurde die Unterscheidung zwischen Basisdiensten (basic services) und Mehrwertdiensten (enhanced services) eingeführt. Nach Schön / Neumann 96 ist die Unterscheidung der FCC wie folgt zu verstehen: „1. Ein Basisdienst ist der reine Nachrichten transport von einem Ort zum anderen, wobei die Information nicht verändert werden darf. Allerdings berühren dabei Vermittlungsvorgänge, Bandbreitenkompression, Fehlerkontrolle oder interne Zwischenspeicherung im Netz die Einordnung als Basisdienst nicht.
93
Computer Use of Communications Facilities, 28 F.C.C. 2d 267 (1971). Vgl. Wieland , Die Entflechtung des amerikanischen Fernmeldemonopols. Berlin/Heidelberg/New York 1985, S. 15ff.; Wiley , The End of Monopoly: Regulatory Change and the Promotion of Competition, in Shooshan (ed.), Disconnecting Bell. New York/Oxford/Toronto 1984, S.25ff. 95 Second Computer Inquiry, 77 F.C.C. 2d 384 (1980). 96 Schön I Neumann, Mehrwertdienste (Value Added Services) in der ordnungspolitischen Diskussion, Jahrbuch der DBP 1985, S. 478 (480). 94
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2. Ein Mehrwertdienst ist damit automatisch alles, was über den Basisdienst hinausgeht. Das heißt, ein Mehrwertdienst muß zusätzliche Leistungs- oder Dienstmerkmale bieten (z.B. Speicherung, Code- oder Protokollumwandlung). Auch alle Auskunfts- und Abrufdienste, Bildschirmtext, elektronische Bankdienste oder elektronische Mailboxdienste fallen darunter." 97 Mehrwertdienste werden i m M a r k t z u t r i t t u n d der Tarifgestaltung durch die F C C nicht reguliert 9 8 ; die „basic services" werden zwar i m (oligopolistischen) Wettbewerb angeboten, sie unterliegen dabei aber der Regulierung, z.B. hinsichtlich der Tarife. I n der amerikanischen Regulierungspolitik w i r d ferner zwischen „value added services" u n d „enhanced services" unterschieden: — Ein value added service ist die Erweiterung eines von einem Fernmeldeunternehmen bereits angebotenen Dienstes durch zusätzliche Leistungsmerkmale. Er setzt den vorhandenen Basisdienst eines anderen Telekommunikationsunternehmens voraus. Das bedeutet, daß der Anbieter nicht über eigene Leitungen verfügt, sondern sich diese im Bedarfsfall mieten muß. Das (zusätzliche) Angebot wird heute allgemein als V A N ( = value added network) bezeichnet und meint mittlerweile nicht nur das Netz, sondern gleichermaßen den Dienst (service) oder den Dienstanbieter (carrier). — Ein enhanced-service ist gleichfalls die Erweiterung eines vorhandenen Angebotes; dabei ist aber ohne Bedeutung, wer den Basisdienst bereitstellt. Dasselbe Unternehmen kann also basic service und enhanced services gleichermaßen anbieten. Damit kommt diese Umschreibung der Realität näher. Diese Versuche der Grenzziehung 9 9 erwiesen sich für die Wettbewerbspolitik der F C C aus technischen G r ü n d e n als nur begrenzt t a u g l i c h 1 0 0 . Schließlich beurteilte die F C C die „enhanced services" auch als Kommunikationsdienste, beanspruchte dafür auch die Regelungsbefugnis — aber sie verzichtete praxisgerecht a u f die A u s ü b u n g dieses Rechtes. Andererseits unterliegen die Abgrenzungen selbst auch einem Wandel: W ä h r e n d ursprünglich die paketvermittelte Datenübertragung als value added service eingestuft wurde, gehört sie seit 1985 bereits zu den „basic services". 97
Schön I Neumann, Jahrbuch der DBP 1985, S. 478 (480). Eine Ausnahme bestand für den Netzträger AT&T, der seine Dienste bis in die jüngste Zeit nur über ein Tochterunternehmen anbieten durfte, letztlich also in seinem Wettbewerbsverhalten reglementiert wurde. Dieser Vorgang ist Teil der „asymmetrischen Regulierung". 99 Die FCC führte auch noch die Unterscheidung zu einem „information service" oder „electronic publishing service" ein. Diese Abgrenzungen können hier außer Betracht bleiben. 100 „Whilst the regulators need to separate out basic networks from enhanced, value added services, the technology itself and the demands of the customer are driving them together. When telephone exchanges were telephone exchanges, and computers were computers, it was possible to make distinctions between computing services and telecommunications services. But when telephone exchanges became computers, eg System X, the distinctions blur into each other." Hooper, VANS & VANSES: definitions & developments, in Telecoms Liberalisation : Objectives & Realities. Proceedings of Business Telecom '85. London, May 1985, S. 111. 98
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Insgesamt sind damit am Beispiel der USA die Schwierigkeiten einer dauerhaften, tragfahigen Abgrenzung zwischen Basis- und Mehrwertdiensten für wettbewerbspolitische Zwecke der Regulierung deutlich geworden. So wird heute von den meisten Experten wegen des technologischen Trends des Zusammenwachsens der Nachrichtentechnik und der Informationstechnologie eine stabile, auf der Basis technischer Merkmale gezogene Grenzlinie zwischen beiden Dienstarten für unrealistisch gehalten 101 . I m folgenden gilt es daher speziell zu untersuchen, welche Form der Abgrenzung bzw. der Regulierung in der Bundesrepublik Deutschland gewählt wird bzw. welchen Veränderungen im Zeitablauf sie unterliegt. bb) Basis- und Mehrwertdienste nach bisheriger deutscher Rechtslage Das Monopol der Deutschen Bundespost 102 bestand früher, d.h. vor dem Inkrafttreten des PostStruktG, für alle Basis- oder Grunddienste der Telekommunikation 1 0 3 . Als Basisdienste aus damaliger Sicht sind vor allem Telefon, Telex und Datenübertragung zu nennen. Aber auch im Bereich der Mehrwertdienste der Telekommunikation 104 (z.B. bei Bildschirmtext) wurden bestimmte Leistungen vom Monopol der Bundespost erfaßt. Dennoch entwickelte sich in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren bereits ein beachtlicher Markt für Mehrwertdienste 105 , bei dem private Anbieter untereinander oder mit der Deutschen Bundespost konkurrierten. Diese privatwirtschaftlichen Mehrwertdienste wurden aber prinzipiell auf der Basis von Fernmeldediensten der Bundespost erbracht und hatten sich an die geltende Benutzungsverordnung der Deutschen Bundespost zu halten. Ein freies marktwirtschaftliches Angebot von Mehrwertdiensten war dadurch in einigen Fällen erschwert und zum Teil sogar verhindert. Da im Bereich der Mehrwertdienste das eigentliche Innovationspotential der Telekommunikationsdienste gesehen wird, sind diese Restriktionen gesamtwirtschaftlich gesehen nachteilig 1 0 6 . In absehbarer Zeit würde bei unveränderter Rechtslage und zunehmendem Interesse von Anbietern daher auch die Frage unausweichlich, ob diese monopol- bzw. benutzungsrechtlichen Einschränkungen der Berufsausübung privater Anbieter (Art. 12 GG) rechtlich zulässig sind. Dieser Überlegung soll 101 Vgl. Konzeption der Bundesregierung, S. 69; Böhm/Schön/Tenzer, Jahrbuch der DBP 1987, S. 207 (215 ff.). 102 Rechtsgrundlage war § 1 FAG a.F. 103 Als Basis- oder Grunddienste der Telekommunikation werden allgemein Dienste verstanden, die grundlegende Transportfunktionen bieten. 104 Die Mehrwertdienste bauen auf den Basisdiensten auf und fügen den Transportfunktionen weitere, zusätzliche Dienstemerkmale hinzu. 105 Vgl. Heuermann, Der Markt für Mehrwertdienste in der Bundesrepublik Deutschland, S. 8 ff. 106 Ygi Konzeption der Bundesregierung, S. 27.
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hier nicht weiter nachgegangen werden, da durch die Novellierung des FAG im Rahmen des PostStruktG die Monopolrechte der Deutschen Bundespost liberalisiert worden sind. Die privaten Anbieter haben damit eine sichere rechtliche Grundlage für ihr Angebot erhalten. Der bisherigen Rechtslage ist daher im folgenden das ordnungspolitische Regulierungsmodell des PostStruktG gegenüber zu stellen. cc) Basis- und Mehrwertdienste
nach dem PostStruktG
Das PostStruktG verwendet die von der Regierungskommission Fernmeldewesen eingeführte Unterscheidung in Monopolleistungen, Pflichtleistungen und freie Leistungen. Diese Kategorien enthalten sowohl eine Zuordnung zum Monopol- oder Wettbewerbsbereich im Fernmeldewesen als auch eine Zuordnung zum Regulierungsgrad der jeweiligen Leistung (vgl. oben A.II.2.b.). Das PostStruktG verzichtet dagegen auf Abgrenzungen zwischen „Basis-" und „Mehrwert"-diensten. Damit unterscheidet sich das deutsche Modell erheblich von der bis in die jüngste Zeit praktizierten amerikanischen Regulierungstechn i k 1 0 7 . Als Pflichtleistungen 108 der Bundespost (Wettbewerbsdienstleistungen) können sowohl Basis- als auch Mehrwertdienste eingestuft werden. Schließlich können auch Basisdienste der Telekommunikation als freie Leistungen (Wettbewerbsdienstleistungen) behandelt werden. Die Deutsche Bundespost bietet nach Inkrafttreten des PostStruktG im Monopol nur noch den Telefondienst (Vermittlung von Sprache für andere (§ 1 Abs. 4 Satz 2 FAG n.F.)) a n 1 0 9 und sichert die Bereitstellung von Übertragungskapazität auf der Basis des physikalischen Netzes (Netzmonopol (§ 1 Abs. 2 FAG n.F.)) 1 1 0 . Infrastrukturelle Verpflichtungen erhält die Bundespost nicht nur im Telefondienst, sondern auch bei einigen solcher Dienste, bei denen die Bundespost künftig im Wettbewerb steht (Pflichtleistungen) 111 . Die Deutsche Bundespost T E L E K O M bietet jedoch nicht nur regulierte und mit Auflagen versehene Dienste an. Ihr ist es vielmehr erlaubt, „alle Arten von Dienstleistun107
So die Computer I und Ii-Entscheidungen (vgl. oben A.II.3.b.aa.), differenziert aber die Computer III-Entscheidung (dazu unten A.IV.2.a.). 108 Gemäß § 25 Abs. 2 PostVerfG ist die Bundesregierung ermächtigt, „nach Anhörung der Unternehmen durch den Bundesminister für Post und Telekommunikation durch Rechtsverordnung diejenigen Infrastrukturdienstleistungen zu bestimmen, die die Unternehmen im besonderen öffentlichen Interesse, vor allem aus Gründen der Daseinsvorsorge, erbringen müssen (Pflichtleistungen). Sie kann hierbei die wesentlichen Strukturen der Pflichtleistungen und der Entgeltregelungen festlegen." 109 Vgl. zur Begründung Konzeption der Bundesregierung, S. 66 ff. 110 Sogenannter „RandWettbewerb" wird künftig auch für Netzdienstleistungen zulässig sein durch Satellitenkommunikation und durch Lizensierung weiterer Mobilfunkbetreiber, vgl. Konzeption der Bundesregierung, S. 50ff.; vgl. insbesondere zur Lizensierung im Mobilfunk Plagemann, Mobilfunk im Wettbewerb, CuR 1990, S. 317 ff. 111 Die Pflichtleistungen müssen von der Bundesregierung noch durch Rechtsverordnungen gemäß § 25 Abs. 2 PostVerfG benannt werden.
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
gen des Fernmeldewesens" 112 zu erbringen (freie Leistungen). In diesem Bereich steht die Deutsche Bundespost T E L E K O M in einem fernmelderechtlich unregulierten Wettbewerb mit privaten Diensteanbietern. Die Angebote der Bundespost können sich nach dem PostStruktG auf „alle Arten von sonstigen Basis- und Mehrwertdiensten des Fernmeldewesens nach freiem unternehmerischen Ermessen" 113 erstrecken. In diesem Rahmen erscheint künftig—sofern es von den Unternehmen betriebswirtschaftlich für sinnvoll gehalten wird — ein Engagement der Deutschen Bundespost über Tochtergesellschaften denkbar. U m diese Bereiche noch deutlicher zu kennzeichnen, soll im folgenden auf vier Beispiele für innovative Dienstleistungen im Telekommunikationssektor, die sich gerade im Bereich der Deutschen Bundespost zu entwickeln beginnen, hingewiesen werden: die EUCOM-Gesellschaft für Mehrwertdienste, die Infonet-Gesellschaft, die Managed Data Network Services-Gesellschaft (MDNS) und das Europäische Testlabor. Diese Beispiele verdeutlichen zugleich die Konvergenz zwischen Telekommunikation und Datenverarbeitung, die steigende Bedeutung grenzüberschreitender Dienstleistungsangebote und die zunehmende Zusammenarbeit von Fernmelde- und Datenverarbeitungsunternehmen. Es kann schließlich vermutet werden, daß diese Tätigkeitsbereiche von Seiten der Bundespost weiterhin über Tochtergesellschaften betrieben werden bzw. sich zumindest grundsätzlich für eine Auslagerung in privatrechtliche Organisationsformen eignen. dd) /. Beispiel: EU CO M Gesellschaft für Telekommunikations-Mehrwertdienste mbH Die Deutsche Bundespost und France Télécom (COGECOM) 1 1 4 haben am 19.10. 1988 die deutsch-französische Holdinggesellschaft „ E U C O M Gesellschaft für Telekommunikations-Mehrwertdienste mbH" mit Sitz in Saarbrücken gegründet. Die Gesellschaft EUCOM dient zur Erschließung neuer Märkte für Telekommunikations-Mehrwertdienste insbesondere im internationalen Bereich. Aufgabe der EUCOM GmbH ist die Beteiligung an Gesellschaften für Datenkommunikationsdienste, für den Betrieb von Datenbanken und für die Produktion anwendungsspezifischer Mehrwertdienste. Diese Dienste bauen auf den traditionellen Telekommunikationsdiensten auf und umfassen elektronische Mitteilungs- und Datenaustauschdienste sowie anwendungsorientierte Dienste ζ. B. für Spedition und Lagerhaltung, Touristik, Verkehr, Banken und Versicherungen. Zur Erfüllung ihrer Aufgabe kann die EUCOM GmbH in der Bundesrepublik Deutschland, West-Berlin, Frankreich und jedem anderen Land ihre 112
Konzeption der Bundesregierung, S. 66; Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 35. Konzeption der Bundesregierung, S. 65. 114 Die COGECOM (Compagnie Générale des Communications S.A., Paris) ist die Holdinggesellschaft der France Télécom, vgl. unten A.IV.2.e. 113
. Zukünftige Möglichkeiten für Eigengesellschaften
57
Geschäfte vornehmen, zur Markterschließung und zum Angebot von Diensten Tochtergesellschaften gründen oder sich — evt. mit weiteren Partnern — an bestehenden nationalen und internationalen Gesellschaften beteiligen. Sie kann auch Kooperationsverträge mit solchen Partnern abschließen, die über ein spezielles Know-how verfügen. Damit soll die Gesellschaft die Verfügbarkeit leistungsfähiger internationaler Mehrwertdienste, besonders im Hinblick auf den Gemeinsamen Markt 1992 fördern. Die EUCOM ist eine GmbH des deutschen Rechts. Ihr Stammkapital von 80 Mio. D M wird zu gleichen Teilen von der Deutschen Bundespost und von der COGECOM, einem 100%igen Tochterunternehmen der France Télécom gehalten. Die Geschäftsführung obliegt gemeinsam Vertretern der Deutschen Bundespost und der COGECOM. Der Aufsichtsrat der EUCOM GmbH besteht aus 6 Mitgliedern, die je zur Hälfte der Deutschen Bundespost und der France Télécom-Gruppe angehören 115 . ee) 2. Beispiel: International Information Services Inc. (Infonet)
Network
Im Juli 1988 hatte die Deutsche Bundespost mit der Computer Sciences Corporation (CSC), Los Angeles/USA einen Aktienkaufvertrag unterzeichnet. Durch diesen Kaufvertrag konnte die Bundespost einen Anteil von 15% des Marktwertes (für ca. 19 Mio. D M ) an der neu gegründeten CSC-Tochtergesellschaft „International Information Network Services Inc." (Infonet), Los Angeles erwerben 116 . Diese Transaktion fand im September 1988 statt. Mit dieser Beteiligung will die Bundespost ihren Kunden den Zugang zu den internationalen Diensten von Infonet sichern 117 . Infonet bietet weltweit computerunterstützte Kommunikationsdienste auf der Basis eines paketvermittelten Netzes an. Dazu gehört auch die Unterstützung der Kunden vor Ort bei der Einrichtung und dem Betrieb ihrer internationalen Anwenderdatennetze. Die Infonet-Beteiligung ist vor allem auf den Ausbau der Mehrwertdienste gerichtet, denn durch das international agierende Unternehmen besteht für deutsche Mehrwertdiensteanbieter ein Zugang zum amerikanischen und japanischen Markt. An Infonet sind inzwischen weitere Fernmeldegesellschaften aus Europa und Asien beteiligt. Neben der Deutschen Bundespost, die über 15% verfügt, liegen 115
Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen, Pressemitteilung vom 19.10.
1988. 116
Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen, Pressemitteilung vom 25. 7.
1988. 117 Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen, Pressemitteilung vom 25. 7. 1988; ferner von der Heyden/Tiedtke, ZPT 1989, S. 57; Moosmüller, Interpak. Ein attraktives Angebot der Deutschen Bundespost T E L E K O M für international operierende Firmen, ZPT 1990 (2), S. 16 f.
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
derzeit 40% bei der CSC, 15% bei France Télécom (Société Transpac), 5% bei Teleinvest (Schweden), 5% bei Telefonica (Spanien), 5% bei der PTT Nederlandsk Telecom (Niederlande), 5% bei der Belgischen Telefon- und Telegraphenverwaltung (RTT), 5,5% seit Anfang 1990 bei der schweizerischen PTT, 5% bei Singapore Telecom und 5% bei Australien Telecom 118 . Anfang 1990 haben die Infonet Services Corporation und M C I Corporation mitgeteilt, daß M C I 25% der Anteile an der Infonet Services Corporation kaufen wird 1 1 9 . Diese Anteile kauft M C I von dem vorigen Besitzer Computer Sciences Corporation (CSC) und wird damit zum größten Anteilseigner von Infonet. In dieser Mitteilung wird weiter über eine sich ständig erweiternde Produktpalette an Mehrwertdiensten berichtet. Neu bei Infonet werden eingeführt: „ — Errichtung eines internationalen T l / e 1-Netzes (1544 kbit/ s und 2048 kbit /s), — EDN-Dienst (Enterprised defined network), d. h. die Bereitstellung kundenbezogener und hybrider Netze, — weltweite Text- und Telefaxprodukte für international tätige Kunden auf der Basis des CCITT-X.400-Standards, — EDI- (electronic data interchange) Produkte zur Umsetzung und zum Austausch von Dokumenten unterschiedlichen Inhalts für international operierende Nutzer" 1 2 0 .
ff)
3. Beispiel: Managed Data Network Services-Gesellschaft
(MDNS)
Im April 1989 sollte von 22 Fernmeldeunternehmen aus 19 europäischen Ländern ein privatrechtliches Tochterunternehmen, die „Managed Data Network Services-Gesellschaft" (MDNS), gegründet werden. Diese Gründung war zunächst um einige Monate verschoben worden. Das Projekt ist jedoch nicht realisiert worden bzw. wurde inzwischen ganz aufgegeben. Die Gesellschaft sollte ihren zentralen Sitz in den Niederlanden haben und in den Ländern der Anteilseigner über Niederlassungen verfügen. Die Deutsche Bundespost beabsichtigte, sich mit einem Geschäftsanteil von 9% (Höchstsatz) an der Gesellschaft zu beteiligen; die Anteile einiger anderer Fernmeldeunternehmen sollten geringer ausfallen. Das Aufgabengebiet dieser Gesellschaft sollte die Bereitstellung von internationalen Datenkommunikations- und Netzmanagementdiensten sein und von diesbezüglichen Systemen und Einrichtungen für Unternehmen, die international verzweigte Datenverarbeitungsanlagen betreiben. Der Vorteil des Angebots 118
Vgl. von der Heyden/Tiedtke, ZPT 1989, S. 59. Deutsche Bundespost TELEKOM, Generaldirektion Telekom, Pressemitteilung vom 18.1. 1990 (fs 868-939), Bonn 1990. 120 Deutsche Bundespost TELEKOM, Generaldirektion Telekom, Pressemitteilung vom 18.1. 1990 (fs 868-939), Bonn 1990. 119
. Zukünftige Möglichkeiten für Eigengesellschaften
59
bei M D N S hätte darin gelegen, daß das Angebot grenzüberschreitender Leistungen, die Rechnungserteilung und die Entstörung in einer Hand liegen. Die Dienste der MDNS-Gesellschaft sollten vorrangig europaweit angeboten werden. Das geplante Diensteangebot hätte im übrigen mit den Diensten einiger privater Mehrwertdienstegesellschaften konkurriert. Da der Zusammenschluß der Fernmeldeunternehmen auf dem Mehrwertdienstemarkt insgesamt eine starke Stellung eingenommen hätte, sind von der Seite der Europäischen Gemeinschaft Bedenken zu diesem Unternehmen geäußert worden, d. h. die zu erwartende starke Marktposition der MDNS-Gesellschaft wurde seitens der EG-Kommission kritisch beurteilt 121 . Nach einer neueren Mitteilung der EG-Kommission ist diese inzwischen davon unterrichtet worden, daß das Projekt von den Fernmeldeunternehmen „am 13.10. 1989 anläßlich einer Sitzung in Kopenhagen aufgegeben wurde, da die kommerziellen und rechtlichen Bedingungen nicht mehr günstig waren" 1 2 2 . Wenngleich das MDNS-Projekt inzwischen als beendet anzusehen ist und über die näheren Gründe nur spekuliert werden kann, so sind seitens der EGKommission ungeachtet ihrer Einwände die wirtschaftlichen Vorteile des Projekts für die Kunden bestätigt worden 1 2 3 . Da aber die europäischen Fernmeldeunternehmen zumeist Netzbetreiber sind und damit in der Regel über ein Netzmonopol verfügen, hätte sich bei dieser Kooperation der Fernmeldeunternehmen für die EG-Kommission besonders die Aufgabe gestellt, auf die Einhaltung fairen Wettbewerbs zu achten.
121 Vgl. Computerwoche vom 30. 9. 1988; Schenker I Hayes, MDNS: Collision Course for EC, Administrations, Communications Week International vom 20.2. 1989, S. 1; Dixon, Commission delays data transmission service, Financial Times vom 8. 6.1989, S. 3. 122 Pressemitteilung IP (89) 948 der EG-Kommission vom 14.12. 1989, abgedruckt in WuW 1990 (3), S. 224. 123 Hierzu heißt es in der Pressemitteilung: „Die Kommission war (bei ihren Untersuchungen, der Verfasser) der Ansicht, daß das Projekt gewisse Risiken bereite, und zwar nicht allein für die Beteiligten, indem sie deren kommerzielle Autonomie beschränken würde, aber auch vom Standpunkt der privaten Dienste, da die Veranstalter der Telekommunikation ein wirksames Monopol über die Infrastruktur der Vertriebsnetze ausüben. Dennoch hat die Kommission die wirtschaftlichen Vorteile für die Benutzer der Telekommunikation anerkannt, indem der Zugang über ein einziges, ganz Europa abdeckendes Dienstunternehmen geschaffen würde. Die Zusammenarbeit hätte die europäische Normalisierung beschleunigt, die Kosten verringert und die Qualität der Dienste verbessert. U m eine reelle Verwirklichung dieser Vorteile zu sichern, hatte die Kommission auf der Grundlage der Wettbewerbsregeln die Teilnehmer informiert, daß ihre Zustimmung von Garantien abhängig sei, die mißbräuchliche Wettbewerbsbeschränkungen auf den Märkten für Telekommunikationsdienste verhindern. Solche Mißbräuche könnten ζ. B. in einer Diskriminierung der privaten Dienstunternehmen oder in gegenseitigen Subventionen bestehen. Solche Garantien sind wesentliche Bedingungen für die Gewährung einer Freistellung von den Wettbewerbsregeln bei Kooperationsverträgen zwischen Telekommunikationsunternehmen.", Pressemitteilung IP (89) 948 der EGKommission vom 14.12. 1989, abgedruckt in WuW 1990 (3), S. 224.
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
gg) 4. Beispiel: Europäisches Testlabor beim Fernmeldeamt Wiesbaden Seit 1988 besteht beim Fernmeldeamt Wiesbaden die Dienststelle „EUROL A B " , die ihre Dienste im Bereich der Informationstechnik unter der Bezeichnung „ R O L A N D " 1 2 4 anbietet 125 . Obwohl es sich hierbei nicht um eine Tochtergesellschaft handelt, werden hier höherwertige Telekommunikationsleistungen für Dritte erbracht, die zumindest theoretisch auch in einer Tochtergesellschaft organisiert sein könnten. Zwei Dienstbereiche des EUROLAB sind im folgenden zu unterscheiden: 1. Beratungsdienst für Protokolle der Informationstechnik; 2. Normenkonformitätsprüfdienst für Protokolle der Informationstechnik. Der Beratungsdienst des EUROLAB wird Herstellern von Endgeräten und Systemen der Informationstechnik, Anwendern, Verbänden und Forschungsinstitutionen angeboten. Die Bundespost unterstützt dabei die normenkonforme Implementierung von Protokollen der Informationstechnik. Die Beratung erstreckt sich auf die Produktentwurfs- und Entwicklungsphase. Der Beratungsdienst dient so zur Umsetzung europäischer Normen in entsprechende Produkte, zur Einsparung von Entwicklungszeit und Entwicklungskosten. Hierzu werden Seminare, individuelle Beratung, Testmethoden und Testwerkzeuge oder auch komplette Tests angeboten. Der Normenkonformitätsprüfdienst wird gleichfalls vom Europäischen TestLabor (EUROLAB) beim Fernmeldeamt Wiesbaden angeboten. Das EUROL A B der Bundesrepublik Deutschland wird hinsichtlich des Normenkonformitätsprüfdienstes im Auftrag der Europäischen Gemeinschaft von der Deutschen Bundespost errichtet und betrieben. Die Dienstleistungen des Normenkonformitätsprüfdienstes werden Herstellern und Benutzern von Endgeräten der Informationstechnik angeboten. Normenkonformitätsprüfdienste werden ζ. B. in einer Vorstufe des Zulassungsverfahrens für Endgeräte benötigt 126 . Allerdings können sich die Konformitätstests auch auf Endgeräte und Systeme beziehen, die nicht fernmelderechtlich zugelassen werden müssen oder deren Zulassung vom Hersteller überhaupt nicht beabsichtigt ist. Die offene Kommunikation in einem gemeinsamen Markt setzt die Kompatibilität zwischen vergleichbaren Endgeräten verschiedener Hersteller sowie den darin ablaufenden Anwendungsprogrammen voraus. Die Kompatibilität beruht wiederum auf der Schaffung und Einhaltung von Normen. Letztlich stellt 124
R O L A N D — Realisierung offener Kommunikationssysteme auf der Grund/age anerkannter europäischer Normen und der Durchführung harmonisierter Testverfahren. 125 Vgl. Deutsche Bundespost, R O L A N D — Ein Projekt der Deutschen Bundespost zur weltweiten offenen Kommunikation, Februar 1988. 126 Die Zuständigkeit für die Zulassung von Endgeräten am öffentlichen Telekommunikationsnetz der Deutschen Bundespost liegt beim Zentralamt für Zulassungen im Fernmeldewesen in Saarbrücken (ZZF).
III. Europäische Rahmenbedingungen der Telekommunikationspolitik
61
der Normenkonformitätsprüfdienst insofern die Einhaltung der europaweiten standardisierten Normen für die Protokolle der Informationstechnik fest. Die jeweilige Prüfung auf Normenkonformität wird mit einem Prüfbericht abgeschlossen, der z.B. anschließend in einem Zulassungsverfahren verwendet werden kann. c) Übrige wirtschaftliche Güter und Dienstleistungen
Für den Bereich des Postwesens („gelbe Post") sind wirtschaftliche Aktivitäten vorstellbar, die die Bundespost im Wettbewerb durch ihre Eigengesellschaften oder über Beteiligungen erbringen könnte und die über die Schalterstellen der Post angeboten werden. Zu denken wäre hier etwa an Dienstangebote, die über die bisherige Angebotspalette hinausreichen, wie ζ. B. den Verkauf von Verpackungsmaterial oder kompletten Geschenksendungen i.V. mit Pack-Sets etc.. Auch eine Erweiterung der Betätigung im Bereich der Postbankdienste wäre vorstellbar. Für diese Güter und Dienstleistungen sind bereits an früherer Stelle Vorschläge unterbreitet worden 1 2 7 . Allerdings handelte es sich dabei um den „Verkauf von Gegenständen, die mit der Nachfrage nach Postdienst in losem Zusammenhang stehen" 128 . Perspektivisch kann es sich bei den neuen Betätigungsfeldern aber auch um Verkaufsangebote handeln, die keinen postalischen Bezug aufweisen. Das Angebot hängt im einzelnen von noch zu erstellenden Marktanalysen ab und kann daher hier nicht genauer eingegrenzt werden.
I I I . Europäische Rahmenbedingungen der Telekommunikationspolitik Die westeuropäischen Länder stehen derzeit vor umfangreichen wirtschaftspolitischen Veränderungen. Bis Ende 1992 wird in den Staaten der Europäischen Gemeinschaft ein einheitlicher Gemeinsamer Markt (Binnenmarkt) geschaffen. Ab dem 1.1. 1993 soll der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen — wenn der Zeitplan realisiert wird — keinen Beschränkungen mehr unterliegen. Der Gemeinsame Markt umfaßt ca. 320 Mio. Verbraucher und steht von der Höhe des Bruttosozialproduktes an der zweiten Stelle in der Welt. Damit wird Europa zum wirtschaftlich gleichrangigen Partner der USA und Japans. Zur Stärkung des Wettbewerbs werden derzeit in Europa verschiedene wichtige Wirtschaftssektoren liberalisiert, vor allem das Transportwesen, der Kapitalmarkt und das Fernmeldewesen. In dem geplanten einheitlichen europäischen Wirtschaftsraum kann (vereinfacht) jeder Bürger und jedes Unternehmen in jedem EG-Mitgliedstaat wirtschaftlich tätig sein. Zur Schaffung dieses Gemeinsamen Marktes hat die EG127 128
Vgl. von der Heyden, ArchPF 1980, S. 218 (243ff.). von der Heyden, ArchPF 1980, S. 218 (243) (Hervorhebung im Original).
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
Kommission in ihrem 1985 vorgelegten Weißbuch 129 etwa 300 Rechtsakte, v.a. Richtlinien benannt, die zunächst z.T. noch erarbeitet, sodann vom Ministerrat verabschiedet und schließlich von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen. Die Politik der EG-Kommission hat durch zwei Veränderungen größere Chancen für ihre Umsetzung und damit zur rechtzeitigen Realisierung des Gemeinsamen Marktes erhalten: Seit dem Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen A k t e 1 3 0 im Jahre 1987 können in den meisten Bereichen Mehrheitsentscheidungen des Ministerrats getroffen werden, um eine Richtlinie zu verabschieden. Bei den derzeitigen zwölf Mitgliedstaaten reichen dazu 54 von 76 Stimmen aus. Von dem früher gültigen Einstimmigkeitsprinzip ist man damit abgegangen. Zum zweiten ist nach der Intention des Weißbuchs die EG-Politik nicht mehr darauf fixiert, alle Bereiche innerhalb der Gemeinschaft zu vereinheitlichen. Das Schwergewicht liegt künftig auf der Harmonisierung, entsprechend dem Grundsatz: Harmonisierung von Normen und Standards soweit wie nötig, gegenseitige Anerkennung soweit wie möglich. Die Kommission strebt weiterhin die Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen an. Die weitere Ausgestaltung bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, die jedoch ihre unterschiedlichen nationalen Regelungen als gleichwertig anerkennen. Vor diesem Hintergrund ist auch die europäische Entwicklung im Bereich der Telekommunikation zu betrachten. Nachdem die EG-Kommission seit etwa 1984 auf dem Telekommunikationssektor verstärkt Aktivitäten entfaltet hat, legte sie im Juni 1987 ihr Grünbuch 1 3 1 über die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen und Telekommunikationsgeräte vor. In dem Grünbuch betont die EG-Kommission ihre Rechtsposition, daß die europäischen Fernmeldebetriebsgesellschaften den Bestimmungen des EWG-Vertrages unterliegen. Daher werde sie das Marktverhalten der Fernmeldegesellschaften nach dem europäischen Wettbewerbsrecht beurteilen. Letztlich zielt die Politik der EG-Kommission darauf hin, die Regelungen für den freien Handels- und Dienstleistungsverkehr sowie die Wettbewerbsregeln des EWGVertrages auf den Telekommunikationssektor anzuwenden und für die Mitgliedstaaten eine Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu initiieren. Zu diesem Zweck schlägt die EG-Kommission ein ordnungspolitisches Modell vor, das als Leitlinie die Entwicklung des Telekommunikationssektors in allen einzelnen Mitgliedstaaten bestimmen soll.
129
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vollendung des Binnenmarktes, Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat. Luxemburg 1985, Anhang. 130 Abgedruckt in EuR 1986, S. 175. 131 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Auf dem Wege zu einer dynamischen europäischen Volkswirtschaft. Grünbuch über die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen und Telekommunikationsgeräte. K O M (87) 290 endg., Brüssel 1987, S. 2ff.
I .
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Rahmenbedingungen der Telekommunikationspolitik
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Der Rat der für die Telekommunikation zuständigen Minister hat am 30. 6. 1988 die grundsätzlichen Zielsetzungen des Grünbuchs sowie des von der Kommission vorgelegten Maßnahmenkatalogs 132 einstimmig bestätigt 133 . Die Intention des Grünbuchs zur Liberalisierung der Telekommunikation beruht vor allem auf zwei wichtigen Marktaspekten: dem des Dienstleistungsverkehrs und dem der Informations- und Kommunikationsindustrie: Für die Informations- und Kommunikationsindustrie wird der Sektor Telekommunikation weiterhin neben der Datenverarbeitung und Unterhaltungselektronik an Bedeutung zunehmen. Der Telekommunikationsmarkt stellt derzeit ca. 2 % des Bruttosozialproduktes dar. Es wird eine Steigerung auf 7% bis zum Jahr 2000 erwartet 134 . Weiter wird davon ausgegangen, daß die europäische Informations- und Kommunikationsindustrie auf den Weltmärkten nur dann ihre Stellung behaupten wird, wenn die heutigen weitgehend nationalen Bindungen der Industrie und der Fernmeldeverwaltungen durch eine stärkere Orientierung auf internationale Märkte ersetzt werden 135 . Dies ist vor allem auch deswegen erforderlich, um über eine Sicherung bzw. Erhöhung der Marktanteile die hohen Forschungs- und Entwicklungskosten für die künftige Fernmeldetechnik zu finanzieren, ζ. B. für die Digitalisierung des Netzes, die Einführung des diensteintegrierten digitalen Fernmeldenetzes (ISDN) und die breitbandige Glasfasertechnologie. Erst die Schaffung eines gemeinsamen, offenen europäischen Marktes sichert die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrieunternehmen bei der IuK-Technologie. Im Dienstleistungsverkehr stellt das Telekommunikationssystem eine der wichtigsten Infrastrukturen dar. Sie bietet damit zugleich die Voraussetzungen für die Liberalisierung des Warenverkehrs, des Dienstleistungsverkehrs und des Kapitalverkehrs. Die Intensität der künftigen Handelsbeziehungen innerhalb der Gemeinschaft und zu den übrigen Außenhandelsländern hängt entscheidend von der Schaffung eines einheitlichen liberalisierten Marktes für grenzüberschreitende Telekommunikationsdienste ab 1 3 6 . Schließlich ist davon auszugehen,
132
Mitteilung der Kommission vom 9. 2.1988: A u f dem Wege zu einem wettbewerbsfähigen EG-weiten Telekommunikationsmarkt im Jahre 1992. Zur Verwirklichung des Grünbuchs über die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen und Telekommunikationsgeräte. K O M (88) 48 endg., Brüssel 1988, S. 16 ff. 133 Entschließung des Rates vom 30. 6. 1988 über die Entwicklung des gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienste und -geräte bis 1992 (88/C 257/01), ABl. Nr. C 257 vom 4.10. 1988, S. Iff. 134 Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 28. 135 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch, S. 153 ff.; Konzeption der Bundesregierung, S. 34 ff. 136 Konzeption der Bundesregierung, S. 35 f.
64
Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost „daß sich die ortsgebundende Erbringung von Dienstleistungen im Vergleich zu heute weiter verringert, und daß sich damit die Dienstleistung immer stärker zum Handelsobjekt entwickelt. Ein freier und innovativer Markt von Telekommunikationsdiensten wird deshalb ein wichtiges Element der europäischen Integration bilden und als Distributionssystem für Information und elektronische Dienstleistungen eine Grundlage der Wirtschaftstätigkeit in der Gemeinschaft sein. Gerade für die peripheren Regionen Europas können hieraus besondere Entwicklungschancen resultieren." 137
In vielen Fällen werden sich gesamtwirtschaftlich positive Effekte des Binnenmarktes für die Telekommunikation ergeben, so ζ. B. bei der Liberalisierung der Zulassungsbedingungen, d. h. bei der gegenseitigen Anerkennung von Zulassungen. Heute hat ein Hersteller noch zwölf Zulassungsverfahren einschließlich der Testverfahren zu durchlaufen, bevor ein Endgerät in allen Ländern der EG an das öffentliche Netz angeschlossen werden kann. Ein anderer Bereich sind europaweite anwenderspezifische Dienstleistungen der Telekommunikation (Angebot, Management, Abrechnung etc.), die heute teilweise nicht bestehen oder nur unter Schwierigkeiten erbracht werden können. Das ordnungspolitische Modell, das die EG-Kommission in ihrem Grünbuch vorgeschlagen hat, soll hier nicht in seinen Einzelheiten nachgezeichnet werden. Folgende Positionen der EG sind jedoch für die weitere Entwicklung des gesamten Telekommunikationssektors richtungsweisend und haben unmittelbar Auswirkungen auf unseren Untersuchungsgegenstand: — Die vollständige Öffnung des Telekommunikationsendgerätemarktes für den Wettbewerb bis Ende 1990, — die schrittweise Öffnung des Marktes für Telekommunikationsdienste für den Wettbewerb ab 1989, — die schrittweise Angleichung der Tarife an die Kosten.
U m das Ausmaß zu kennzeichnen, in dem künftig bei Telekommunikationsdiensten Wettbewerb möglich sein wird, ist die vorgeschlagene Abgrenzung zwischen Monopol- und Wettbewerbsdiensten besonders hervorzuheben. Hierbei zeigt sich, daß der Wettbewerbsbereich zu Lasten des Monopolbereiches langfristig erweitert wird. Die EG-Kommission unterscheidet Telekommunikationsdienste, die im Wettbewerb angeboten werden, von solchen, die (vorläufig) den Fernmeldeverwaltungen vorbehalten bleiben können (sog. reservierte Dienste). Alle nicht den Fernmeldeverwaltungen vorbehaltenen Dienste (sog. nicht-reservierte Dienste) werden definitionsgemäß im Wettbewerb angeboten, ζ. B. auch Mehrwertdienste. Zur näheren Bestimmung der „reservierten Dienste" (Dienstleistungsmonopol) verweist die Kommission auf die historische Entwicklung. Traditionell seien 137
Konzeption der Bundesregierung,
S. 36.
I .
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65
die reservierten Dienste stets der Fernsprechdienst und der Telexdienst gewesen, die im übrigen als „Grunddienste" / „Universelle Dienste" angesehen worden seien. Im besonderen seien „universelle Dienste" dadurch gekennzeichnet, daß sie „1. flächendeckend und 2. auf Antrag allen Benutzern unabhängig von deren Standort innerhalb des Hoheitsbzw. Franchise-Gebiets des Anbieters und unabhängig von den Kosten der Anschaltung an das Netz zu weitgehend gleichen Bedingungen angeboten werden" 138 .
In dieser Umschreibung der Kommission sind die gemeinwirtschaftlichen Auflagen Tarifeinheit im Raum, Zulassungspflicht und Betriebspflicht als Merkmale eines Dienstleistungsmonopols enthalten. Den Begriff des Dienstleistungsmonopols will die Kommission zukünftig „eng auslegen". Wegen der fortschreitenden Diensteintegration sei eine Überprüfung bestehender Dienstleistungsmonopole in regelmäßigen Abständen erforderlich, um Wettbewerbsbeschränkungen oder -Verzerrungen zu vermeiden. Voraussichtlich werde sich aufgrund der technischen Entwicklung zukünftig ein Telexmonopol nicht mehr aufrecht erhalten lassen; z.B. seien heute bereits Personalcomputer auf dem Markt, die Daten- und Telexdienste über das Fernsprechnetz und das Telexnetz übermitteln könnten. Die Auffassung der EG-Kommission läßt sich daher dahingehend zusammenfassen, daß künftig als universeller Dienst, der im Monopol erbracht wird, nur noch der Telefondienst (Sprachübermittlung) akzeptiert wird. Es kann an dieser Stelle festgestellt werden, daß sich die Vorstellungen der EG-Kommission mit den Prinzipien des PostStruktG weitgehend decken 139 . So gibt es nach dem PostStruktG keine Marktzugangsbeschränkungen für in- oder ausländische Diensteanbieter, keine Lizensierung und keine besondere Kontrolle des Marktverhaltens. Ferner werden alle Arten der Zusammenschaltung von Mietleitungen und Wählnetzen zulässig sein. Eine Unterscheidung zwischen Basis- und Mehrwertdiensten wird bei der EG und im PostStruktG nicht vorgenommen. Das bedeutet letztlich, daß Wettbewerb nicht nur bei Mehrwertdiensten, sondern auch bei Basisdiensten der Telekommunikation ermöglicht wird, wobei allerdings der Telefondienst (Vermittlung von Sprache für andere) weiterhin allein der Deutschen Bundespost vorbehalten bleibt. Insgesamt wird daher der Wettbewerb bei Telekommunikationsdiensten — auch gegenüber der Bundespost — durch in- und ausländische Anbieter in wenigen Jahren erheblich zunehmen. Zu den ausländischen Konkurrenten der Deutschen Bundespost 138
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch, S. 65. 139 y g i plagemann, Die Deutsche Bundespost im Licht des Europäischen Gemeinschaftsrechts, in Peter IRhein (Hrsg.), Wirtschaft und Recht. 29. Tagung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Fachrichtung „Öffentliches Recht" 1989. Osnabrück 1989, S. 213 (231 ff.). 5 Plagemann
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
werden prinzipiell auch ausländische Fernmeldeverwaltungen bzw. Netzbetreiber gehören 140 . Bereits vor einigen Jahren haben in Deutschland international tätige ausländische Carrier (ζ. Β. Bell South, France Télécom, British Telecom, Kokusai Denshin Denwa) Vertretungen eröffnet, die um deutsche Kunden werben und Kooperationen oder Joint-ventures insbesondere auf dem Gebiet der Mehrwertdienste verfolgen. Es kann daher nur eine Frage der Zeit sein, bis die Deutsche Bundespost zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit ebenfalls international agiert und ihren Kunden entsprechende internationale Dienstleistungen anbietet. Aus unternehmenspolitischer Sicht könnte diese Betätigung grundsätzlich über Tochtergesellschaften erfolgen, die ihren Sitz im In- oder Ausland haben.
IV. Internationale Rahmenbedingungen der Telekommunikationspolitik — Tochtergesellschaften von dominanten Netzbetreibern im Ausland 1. Überblick über die internationale Entwicklung In den vergangenen Jahren haben eine Reihe von bedeutenden westlichen Industriestaaten die Strukturen des Fernmeldewesens verändert. Durch eine Politik der Liberalisierung kam es teilweise zu einer Trennung des Fernmeldebereichs vom Postwesen, zu einer Zulassung von konkurrierenden Diensteanbietern, teilweise auch von konkurrierenden Netzbetreibern, d. h. faktisch zu einem Übergang von monopolistischen zu oligopolistischen Strukturen bzw. noch weitergehendem Wettbewerb 141 . Damit verbunden war ein bedeutendes Wachstum des Endgerätemarktes. Die Frage, ob und inwieweit im Ausland der jeweils dominante Netzbetreiber Tochtergesellschaften gründet, ist daher hier aus mehreren Gründen von Interesse. Zum einen kann die Bildung von Tochtergesellschaften als ein Teil des Liberalisierungsprogramms im Fernmeldewesen angesehen werden. In diesen Fällen wird die Bildung von ausgelagerten Unternehmenseinheiten quasi als Auflage dem dominierenden Netzbetreiber vorgeschrieben. Zum anderen erfolgt in der Regel die Neustrukturierung des Fernmeldewesens auch mit Blick auf die Stärkung der nationalen Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Insofern läßt sich die (hier nicht im einzelnen zu beantwortende) Frage aufwerfen, in welcher Weise man sich von einer bestimmten Unternehmensstruktur Wohlfahrtsgewinne erhofft. 140
Die Zusammenarbeit von Fernmeldeunternehmen in gemeinsamen Kooperationsgesellschaften (EUCOM GmbH, Infonet Inc.) ist eher die Ausnahme. 141 Vgl. hierzu Heuermann / Neumann / Schnöringj Wieland, Telekommunikationspolitik im Vergleich — Eine problemorientierte Übersicht über die Länder USA, Großbritannien, Frankreich, Niederlande, Schweden und Japan, Jahrbuch der DBP 1986, S. 165 ff.; Commission of the European Communities , Green Paper on the Development of the Common Market for Telecommunications services and equipment, Appendices, 9th June 1987, Appendix 1, S. Iff.; Scherer, Nachrichtenübertragung und Datenverarbeitung im Telekommunikationsmarkt. Baden-Baden 1987, S. 61 ff.
IV. Internationale Rahmenbedingungen der Telekommunikationspolitik
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Ein drittes Motiv für einen Vergleich ist die Fragestellung, ob und gegebenenfalls warum Fernmeldeverwaltungen — sofern ihnen dies nicht zur Auflage gemacht wurde — heute Tochtergesellschaften betreiben bzw. davon Abstand nehmen. Hierbei ist etwa zu berücksichtigen, daß Fernmeldeunternehmen die Bildung von Tochtergesellschaften in erheblichem Umfang zur Steigerung ihrer innerbetrieblichen Effizienz vornehmen. Viertens soll die Aufmerksamkeit auch auf den internationalen grenzüberschreitenden Aspekt der Telekommunikationsdienste gelenkt werden. Vor allem Dienstleistungen aus dem Konvergenzbereich zwischen Telekommunikation und Datenverarbeitung (Telematik) haben sich in den letzten Jahren zu einem grenzüberschreitenden Handelsobjekt entwickelt 142 . Letztlich dienen daher die weltweiten Liberalisierungsbestrebungen im Telekommunikationsbereich der Intensivierung des Dienstleistungshandels. Private internationale Dienstleistungsanbieter werden dabei zunehmend zu Konkurrenten nationaler Telekommunikationsmonopole. Es soll daher im folgenden Abschnitt auch verdeutlicht werden, ob und inwieweit ausländische Fernmeldegesellschaften die Gründung von Tochtergesellschaften als ein flexibles Instrument zur Teilnahme am wachsenden Telematik-Dienstleistungsmarkt nutzen. Für unseren Untersuchungsabschnitt sind mit den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Japan drei Länder gewählt worden, die ihr Fernmeldewesen entflochten bzw. liberalisiert haben. In den Niederlanden ist die bislang öffentlich-rechtlich organisierte PTT zum 1.1. 1989 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden. M i t dem schwedischen und französischen Netzbetreiber werden schließlich staatliche Fernmeldeverwaltungen behandelt, die schon traditionell in größerem Umfang über Tochtergesellschaften verfügen. Die schweizerische PTT, gleichfalls eine staatliche Verwaltung, macht von der Gründung von Tochtergesellschaften bislang kaum Gebrauch. 2. Ländervergleich a) Vereinigte Staaten
Im Zuge der kartellrechtlich bedingten Entflechtung des Monopolunternehmens A T & T zum 1.1.1984 hat sich die Marktstruktur im Telekommunikationsbereich der Vereinigten Staaten entscheidend verändert 143 . Bekanntlich wurde 142
Vgl. Bothe, Grenzüberschreitende Telekommunikation, in Scherer (Hrsg.), Telekommunikation und Wirtschaftsrecht. Köln 1988, S. 221 ff.; Keppler/Mund, Die Bedeutung neuer Informations- und Kommunikationstechniken für die internationale Produktion und Distribution von Dienstleistungen, in Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste der Deutschen Bundespost (Hrsg.), Heft 31 der Reihe Diskussionsbeiträge zur Telekommunikationsforschung. Bad Honnef 1987, S. 6ff. und 37ff.; Konzeption der Bundesregierung, S. 31 ff.; Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 22 ff. 143 Vgl. zu diesem Prozeß und dem schon 1974 eingeleiteten Antitrust-Verfahren ausführlich Wieland, Die Entflechtung des amerikanischen Fernmeldemonopols, S. 18 ff.;
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das zweite Antitrustverfahren des Justizministeriums gegen die A T & T durch einen Vergleich im Jahre 1982 144 beendet. Im Rahmen dieses Vergleiches mußte sich A T & T zum 1.1. 1984 von seinen Fernsprech-Ortsgesellschaften (Bell Operating Companies = BOCs) trennen. Diese 22 BOCs wurden ihrerseits in sieben Regionale Holding-Gesellschaften (Regional Holding Companies = RHCs) zusammengeschlossen. Auch nach der Entflechtung ist die A T & T auf bundesstaatlicher Ebene der dominante Anbieter einer Anzahl spezifischer Telekommunikationsdienstleistungen geblieben. Deswegen wird im folgenden vor allem auf die Tochtergesellschaften der A T & T eingegangen, obwohl auch andere Netzbetreiber (GTE, MCI-Mail) über Tochtergesellschaften verfügen. In einem zweiten Schritt wird sodann auf die Bedeutung von Tochtergesellschaften für die BOCs eingegangen. Die Entstehung von Tochtergesellschaften („separate subsidiary") im Telekommunikationssektor geht auf die Computer I-Entscheidung der FCC zurück, die in den Jahren 1966-1971 entwickelt bzw. spezifiziert wurde 1 4 5 . Wie bereits dargestellt 140 behandelte die FCC in dieser Entscheidung die Trennung von regulierten Fernmeldediensten und nicht-regulierten Datenverarbeitungsdiensten. Zu dem nicht-regulierten Bereich gehörten diejenigen Dienste, die als Datenverarbeitung oder „überwiegend" Datenverarbeitung einzustufen waren. Durch diese unterschiedliche Regulierungspolitik entstand jedoch das Problem, „daß ein Unternehmen unter Umständen Gewinne aus dem regulierten Telekommunikationsbereich dazu benutzen konnte, Unterkostenpreise in den unregulierten Wettbewerbsbereichen zu finanzieren. Deshalb entschied die FCC, daß Dienste der Datenverarbeitung oder der überwiegenden Datenverarbeitung nur durch eine eigenständige Tochtergesellschaft (separate subsidiary) angeboten werden dürfen, die über ein eigenes Kostenrechnungswesen und über ein eigenes Management verfügen muß." 1 4 7
Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, daß A T & T sich zu dieser Zeit noch nicht in der Datenverarbeitung betätigen durfte 1 4 8 . Dagegen machten andere Johnson, Telecommunications market structure in the USA, Telecommunications Policy 1986 (1), S. 57ff.; Scherer, Nachrichtenübertragung und Datenverarbeitung, S. 86ff.; Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 47 ff. Auf die jeweils unterschiedlich bedingte Beteiligung des Department of Justice, des Department of Commerce, des Kongresses, der FCC und der Gerichte bei der Steuerung der amerikanischen Telekommunikationspolitik kann hier nicht hinreichend eingegangen werden, vgl. dazu Scherer, Nachrichtenübertragung und Datenverarbeitung, S. 64ff. 144 Abgeschlossen und revidiert durch den Distriktrichter Harold H. Greene; der revidierte Vergleich ist bekannt als „Modified Final Judgement" vom 24. August 1982. 145 Der FCC obliegt die Regelung der drahtlosen und drahtgebundenen Telekommunikation im Verkehr zwischen den Gliedstaaten und im internationalen Bereich, d. h. sie regelt die Telekommunikationsnetze und -dienste, sie entscheidet letztlich über den Marktzutritt und reguliert die Benutzungsbedingungen einschließlich der Tarife, vgl. Scher er, Nachrichtenübertragung und Datenverarbeitung, S. 64 ff. 146 Vgl. oben A.II.3.b.aa. 147 Wieland, Die Entflechtung des amerikanischen Fernmeldemonopols, S. 15 f.
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Fernmeldecarrier von dieser neuen Möglichkeit durchaus Gebrauch und gründeten Tochtergesellschaften (so z.B. GTE, MCI-Mail), die sich in dem nicht-regulierten Datenverarbeitungsbereich betätigten. Erst in der Computer Ii-Entscheidung von 1980 erhielt auch A T & T das Recht (bzw. die Auflage, je nach Standpunkt), sich über unabhängige Tochtergesellschaften bei den „enhanced-services" zu engagieren. In der Computer I i Entscheidung 149 entschloß sich die FCC, die bisherige Unterscheidung zwischen Kommunikationsdiensten, Datenverarbeitung und Zwischenformen zu modifizieren. Damit wurde gleichzeitig auch die Basis für die Unterscheidung zwischen dem regulierten Sektor Kommunikationsdienste und dem nicht-regulierten Wirtschaftsbereich Datenverarbeitung verändert. So umfaßt die Computer Ii-Entscheidung im Hinblick auf A T & T vor allem folgende zwei Regelungsbereiche: 1. Die Grundsatzfrage, ob A T & T sich in der Datenverarbeitung (Endgeräte und Datenverarbeitungsdienste) unternehmerisch betätigen darf; 2. die Wettbewerbsbedingungen, unter denen A T & T auf neuen Märkten auftreten darf.
Seit der Computer Ii-Entscheidung unterscheidet die FCC nicht mehr die bisherigen drei Dienstekategorien, sondern vielmehr zwischen „basic services" und „enhanced services": Als „basic services" werden Dienste verstanden, die der einfachen Übertragung von Informationen dienen 150 . Unter „enhanced services" (Mehrwertdienste) werden hinzukommende Zusatzleistungen wie Protokollumwandlung, Speicherung oder andere, zur reinen Übertragung hinzukommende Zusatzleistungen verstanden 151 . Damit erfassen die „enhanced services" weite Teile von Datenverarbeitungsdienstleistungen oder der „überwiegenden Datenverarbeitung". Die „enhanced services" wurden von der FCC weiterhin nicht reguliert 152 . Auch A T & T wurde nicht mehr länger von den „enhanced services" ausgeschlossen. Gleichwohl wurde für A T & T die Auflage eingeführt, regulierte und nicht14e Der Geschäftsbereich der AT&T war gemäß des Consent Decrees von 1956 auf Fernmeldedienstleistungen beschränkt, d.h. den Regelungsbereich des Communications Act von 1934. 149 Vgl. dazu oben (A.II.3.b.aa.) und Simon , After Divestiture: What the A T & T Settlement Means for Business and Residential Telephone Service. New York/London 1985, S.9ff. 150 Wieland,, Die Entflechtung des amerikanischen Fernmeldemonopols, S. 25 f. 151
Wieland, Die Entflechtung des amerikanischen Fernmeldemonopols, S. 25 f. SchönI Neumann, Jahrbuch der DBP 1985, S. 481 differenzieren an dieser Stelle die Politik der FCC dahingehend, „daß sie zwar Enhanced Services als Kommunikationsdienste auffaßte und dafür die Regelungsbefugnis beanspruchte, gleichzeitig aber auf die Ausübung dieses Rechtes verzichtete. Diese Interpretation wurde bald angefochten, zumal die Separate-Subsidiary-Auflage für A T & T und GTE nicht in diese Logik paßte". Vgl. dazu auch Heuermann/Neumann / Schnöring/ Wieland, Jahrbuch der DBP 1986, S. 167; detailliert Scherer, Nachrichtenübertragung und Datenverarbeitung, S. 77, 81. 152
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regulierte Dienste unternehmerisch zu trennen. Letztlich erhielt A T & T also durch die Computer Ii-Entscheidung die Auflage, seine „Datenverarbeitungsdienste" nur über eine ausgelagerte Tochtergesellschaft („fully separated subsidiary") anzubieten. A T & T wurde zu diesem Zeitpunkt auch verpflichtet, Endgeräte (Customer Premises Equipment (CPE) = Fernsprechgeräte, Nebenstellenanlagen, Computer etc.) über eine unabhängige Tochtergesellschaft zu vertreiben 153 . A T & T gründete dann zum 1.1.1983 für diese Dienstleistungen die Tochtergesellschaft „American Bell", die später in „ A T & T Information Systems Inc." umbenannt wurde. Unternehmensgegenstand sind das Angebot von „enhanced services", den dazugehörenden Endgeräten (paketvermittelte Anlagen) sowie Marketing und Forschung 154 . A T & T Information Systems erhielt mit dem Inkrafttreten der kartellrechtlich bedingten Entflechtung der A T & T zum 1.1.1984 die Eigentumsrechte an allen Fernmeldeendgeräten, die nicht im Eigentum der Kunden standen, d.h. die zuvor zu den Bell Operating Companies (BOCs) gehörten. I m übrigen besitzt A T & T einen wichtigen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Marktkonkurrenten bei den Endgeräten, den BOCs: A T & T kann über die „Information Systems" Endgeräte verkaufen, die Western Electric, genauer AT&T-Technologies oder andere Hersteller produziert haben. Dagegen haben die BOCs lediglich das Recht, Endgeräte zu verkaufen, nicht aber zu produzieren 155 . Das Ziel der Auslagerung von bestimmten Unternehmensaufgaben ist die Sicherstellung eines „fairen" Wettbewerbs. So sollen durch die Aufspaltung in verschiedene Unternehmen regulierte und nicht-regulierte Bereiche voneinander getrennt werden. Indirekte Subventionen aus dem jeweiligen regulierten Bereich in den nicht-regulierten Bereich hinein sollen verhindert werden bzw. nachprüfbar und kontrollierbar sein. Die AT&T-Tochtergesellschaft erhielt demzufolge eine von der Muttergesellschaft getrennte Buchhaltung, eigenes Management und Personal sowie Betriebsanlagen 156 . Beim Verkauf von Gütern und Dienstleistungen (z.B. Netzdienstleistungen) mußte A T & T die gleichen Preise und Konditionen ansetzen wie bei anderen Kunden. Alle Transaktionen zwischen A T & T und dem Tochterunternehmen mußten schriftlich festgehalten und der FCC innerhalb von 30 Tagen mitgeteilt werden. Die von der Tochtergesellschaft erbrachten „enhanced services" durfte A T & T weder verkaufen noch dafür werben 157 . Die „American Bell" wurde von Anbeginn an nicht (weiter) reguliert. 153
Vgl. Scherer, Nachrichtenübertragung und Datenverarbeitung, S. 75f., 78 ff. Wieland, Die Entflechtung des amerikanischen Fernmeldemonopols, S. 19. 155 Jackson, Technology: The Anchor of the Bell System, in Shooshan (ed.), Disconnecting Bell, S. 77. 156 vgl. Wieland, Die Entflechtung des amerikanischen Fernmeldemonopols, S. 25. 154
157
Vgl. Scherer, Nachrichtenübertragung und Datenverarbeitung, S. 80.
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„ A T & T Information Systems" bzw. früher „American Bell" gliedert sich in zwei Hauptabteilungen, nämlich die — Consumer Products Division und die — Advanced-Information Systems Division. Erstere bietet Systeme und Anlagen für Privathaushalte und Kleinbetriebe an. Die „Advanced-Information Systems Division" produziert integrierte Kommunikations- und Management-Informationssysteme und -anlagen für Großunternehmen und Behörden 158 . Die bisher geschilderte Regulierungspolitik der FCC änderte sich im September 1985: Zu diesem Zeitpunkt wurde A T & T von der Auflage befreit, seine Endgeräte nur über eine „separate subsidiary" anzubieten 159 . Dennoch wandelte sich nicht das Regulierungsziel der FCC. Die Verhinderung indirekter Subventionierung aus regulierten in nicht-regulierte Bereiche soll durch verschiedene Auflagen erreicht werden, vor allem durch das betriebliche Rechnungswesen und Publizitätspflichten über die Fernmeldenetze 160. A T & T ist der Ansicht, daß das Unternehmen durch die Möglichkeit, seinen Fernverkehr und die Endgeräte in einem Unternehmen (AT&T-Communications) anbieten zu können, hohe Kosten einsparen wird. Dabei handele es sich besonders um zusätzliche Kosten, die durch Aufsichtsgremien und das betriebliche Rechnungswesen entstehen 161 . So ist die neue Regulierungspolitik der FCC in diesem Bereich auch als Eingeständnis zu werten, daß die separate-subsidiary-Auflage bei Endgeräten zu unnötigen Kosten und betrieblicher Ineffizienz geführt hat, da sich dieselben Ziele auch mit kostengünstigeren Mitteln ohne Trennungsauflage erreichen lassen. In ähnlicher Weise änderte sich die Regulierungspolitik der FCC hinsichtlich der „enhanced services" 162 . In der Computer III-Entscheidung vom 15.5. 1986 163 befaßt sich die FCC mit den Bedingungen, die die A T & T und die BOCs einhalten müssen, wenn sie höherwertige Kommunikationsdienste nicht mehr über eine „separate subsidiary", sondern selbst anbieten wollen. In diesem Fall müssen sie sicherstellen, daß die Mehrwertdienst-Komponenten von den Netzkomponenten getrennt sind. Dies soll garantieren, daß sie fremden iss v 159
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Wieland, Die Entflechtung des amerikanischen Fernmeldemonopols, S. 26.
Vestal , Removal of AT&T's Computer I I CPE Restrictions, Telecommunications 1985 (November), S. 26. 160 Vestal , Telecommunications 1985 (November), S. 26. 161 Vestal , Telecommunications 1985 (November), S. 28. 162 Ygi seher er, Nachrichtenübertragung und Datenverarbeitung, S. 83 ff. 163 Third Computer Inquiry, Notice, 50 Fed. Reg., S. 33581; Report and Order, released June 16 1986, FCC 86-252, S. 161.903ff.
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Diensteanbietern, die keine eigenen Vermittlungsrechner besitzen, technisch dieselbe Schnittstelle anbieten können, die sie für ihre eigenen Mehrwertdienste nutzen. Ferner sollen A T & T und die BOCs der FCC eine Kostenrechnung vorlegen, in der die Kosten für die Netzeinrichtungen, für ein gateway für Fremdanbieter und für die speziellen Einrichtungen der vom Netzträger angebotenen Mehrwertdienste unterschieden sind 1 6 4 . Gegenwärtig sind dafür verschiedene Voraussetzungen noch nicht erfüllt: — Die FCC muß noch entscheiden, wie die Protokollumwandlung reguliert werden soll; — die neuen Regeln der FCC können nicht vollständig angewendet werden, solange die BOCs ihre höherwertigen Dienste bzw. Endgeräte nur nach besonderer Genehmigung durch Distriktrichter Greene anbieten können (vgl. dazu sogleich unten); — interessierte Anbieter höherwertiger Dienste sollen die Möglichkeit erhalten, die „basic services" und technischen Einrichtungen von den RHCs und A T & T zu völlig gleichen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Zu diesem Zweck soll eine sog. „Open Network Architecture" (ONA) geschaffen werden. Die betreffenden Gesellschaften haben der FCC inzwischen die entsprechenden Pläne vorlegt. Die ONAKonzeption sieht eine „Comparably Efficient Interconnection" (CEI) vor, die sämtlichen Anbietern von „enhanced services" gleichen Zugang zu Netzen und technischen Einrichtungen sichern soll; — die Fernmeldegesellschaften sollen Buchführungsunterlagen vorlegen, die eine Kostentrennung zwischen reguliertem und nicht-reguliertem Bereich gestatten; — die RHCs und die A T & T werden zur Bekanntgabe bestimmter Informationen über ihre Netze verpflichtet.
Insgesamt wird durch diese Konzeption der Regulierung die bisherige Form der organisatorischen Trennung der Geschäftsbereiche in „basic" und „enhanced services" nach technischen Kriterien zurückgedrängt. Es wird versucht, sie durch Maßnahmen zu ersetzen, die ökonomische Kriterien verwenden und die potentielle Wettbewerbsverzerrungen in gleichem Umfang ausschließen können. Die Auflage, eine künstliche Schnittstelle zu schaffen (die „Comparably Efficient Interconnection" (CEI)), führt schließlich dazu, daß „Verbundleistungen zwischen Vermitteln und anderen höherwertigen Funktionen praktisch nicht möglich sind, obwohl diese Möglichkeiten wesentliche Merkmale sowohl in modernen öffentlichen Vermittlungssystemen (Paketvermittlungsstellen, ISDN) als auch in privaten Teilnehmersystemen (ISDN-NStAnl, LANs) sind" 1 6 5 . 164
Vgl. Kranz ! Hartnick, Studie über das Angebot von Mehrwertdiensten, S. 9; Scher er, Nachrichtenübertragung und Datenverarbeitung, S. 97 ff.; Böhm / Schön / Tenzer, Jahrbuch der DBP 1987, S. 220 ff. 165 So Böhm!Schön!Tenzer, Jahrbuch der DBP 1987, S. 222.
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Neben dieser ordnungspolitisch motivierten G r ü n d u n g v o n Tochtergesellschaften d a r f nicht übersehen werden, daß A T & T heute ein weltweit agierendes Kommunikationsunternehmen m i t einer Vielzahl weiterer Unternehmen bzw. Joint-venture-Abkommen ist. I m folgenden sollen einige dieser vielfaltigen Unternehmensaktivitäten herausgestellt w e r d e n 1 6 6 : — A T & T betreibt verschiedene Herstellerfirmen (AT&T Microelectronics) z.B. in Singapur, Thailand, der Bundesrepublik Deutschland und Irland; — A T & T ist eine Reihe von Joint-ventures im Hersteller- bzw. Diensteanbieterbereich eingegangen, nämlich u. a. mit folgenden Firmen bzw. Zusammenschlüssen: — A T & T und Philips Telecommunications (AT&T Network Systems International, Holland); — Olivetti (Kapitalbeteiligung von A T & T an Olivetti: 22%); — A T & T Micro electronica de Espana; — Gold Star Semiconductor; — Gold Star Fiber Optics; — A T & T Taiwan Telecommunications Inc.; — Japan ENS Corp.; — A T & T Ricoh Co.; — Toshiba; — Italtel; seit Mitte 1989 ist A T & T mit 20% an Italtel beteiligt, dem größten italienischen Produzenten von Fernmeldetechnik; — A T & T Credit Corporation zur Finanzierung von AT&T-Produkten und Dienstleistungen; — A T & T American Transtech Inc. für Finanzdienstleistungen; — Actuarial Sciences Associates, Inc. (Finanzierungsberatung, u. a. für Betriebsangehörige); — A T & T Europe, Inc. (Tochterunternehmen in Europa mit weiteren Zweigniederlassungen, u. a. für Unternehmensberatung). I m folgenden sollen — wie oben angedeutet — die Auswirkungen der „separate subsidiary" Problematik auf die Regionalen- bzw. Ortsgesellschaften ( R H C s bzw. BOCs) noch näher präzisiert werden: Der Entflechtungsprozeß i n den U S A umfaßte eine Neubestimmung der Betätigungsfelder der BOCs i m Bereich Telekommunikation. So wurde den BOCs aufgrund des Vergleichs zwar gestattet, daß sie nach dem 1.1. 1984 Endgeräte (CPE) über eine unabhängige Tochtergesellschaft anbieten dürfen; die eigene Herstellung wurde den BOCs jedoch u n t e r s a g t 1 6 7 .
166
Vgl. weiter AT&T Fact Book. New York 1988, S. 9ff. Jackson , in Shooshan (ed.), Disconnecting Bell, S. 77; Bruce/ Cunard/ Director, From Telecommunications to Electronic Services: A Global Spectrum of Definitions, Boundary Lines, and Structures. Washington, D.C. 1986, S. 180f. 167
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Ferner ist es den BOCs bzw. den RHCs erlaubt, „enhanced services" (nur) über eine unabhängige Tochtergesellschaft anzubieten. Die Regionalgesellschaften betreiben ebenso wie A T & T eine Anzahl von unternehmerischen Aktivitäten, die nur über ausgelagerte Tochtergesellschaften zulässig sind. Zu nennen sind hier 1 6 8 : — Immobiliengeschäfte, — Vermietung von Büroausrüstung und -maschinen, — Vertrieb und Wartung von Computern, — Erstellung von Computersoftware, — internationales Consulting im Bereich Telekommunikation, — Mobilfunkkommunikation.
Schließlich sind die BOCs inzwischen zahlreiche Joint-venture-Abkommen mit ausländischen Firmen eingegangen bzw. haben Beteiligungsanteile erworben 1 6 9 . Die Abwicklung des Vergleichs bzw. der einzelnen Auflagen obliegt dem Distriktrichter H.H. Greene. Dieser hat verfügt, daß der Umsatzanteil der BOCs bzw. RHCs in diesen neuen Geschäftsbereichen nicht mehr als zehn Prozent des Gesamtumsatzes betragen darf. Insgesamt ist schon frühzeitig vermutet worden, daß die BOCs bzw. RHCs bestrebt sein werden, ihren Geschäftsbereich auszudehnen. Daher kann es nicht überraschen, daß die Aufnahme neuer Geschäftszweige ein hart umstrittenes Thema darstellt und ihrerseits eines neu zu schaffenden Regulierungssystems bedarf. So sind tatsächlich Verfahrensregeln entwickelt worden, um das Konzept der Trennung von regulierten und nicht-regulierten Bereichen umzusetzen. Auf diesen Aspekt der Einführung neuer Verfahrensregeln soll näher eingegangen werden. Nachdem die BOCs mehrfach ihr Interesse vorgetragen hatten, neue unternehmerische Aufgaben zu übernehmen, erließ Distriktrichter Greene im Juli 1984 Verfahrensregeln zur Erteilung von Genehmigungen für die Aufnahme neuer Geschäftsbereiche. Dabei folgte er der Überlegung, daß die Erleichterung der Auflagen für die BOCs zu finanziellen Einsparungen führen könnte und diese als solche die Anhebung der Fernsprechortsgebühren reduzieren könnten. Nach den neuen Bestimmungen könne eine Genehmigung dann erteilt werden, wenn die BOCs belegen könnten, daß sie ihre Monopolstellung nicht zu Lasten des Wettbewerbsbereiches mißbrauchen 170 . 168
Nach Wieland, Die Entflechtung des amerikanischen Fernmeldemonopols, S. 57. Ohne Verf., Bell Operating Companies. Beutezug durch die Telekom-Welt, Funkschau 1988 (1), S. 24ff. 169
In Deutschland ist z.B. Pacific Telesis Netherlands B.V., Amsterdam mit 10% an der Mannesmann-Mobilfunk-GmbH beteiligt, dem Lizenznehmer für das digitale D2-Netz im Mobilfunk.
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Die Bestimmungen zur Erteilung einer Genehmigung („waiver") lauten 1 7 1 : — Die BOCs üben ihre Betätigung in Wettbewerbsbereichen nur über eine unabhängige Tochtergesellschaft aus, um Quersubventionierungen etc. zu verhindern; — die Finanzierung der Wettbewerbsaktivitäten darf nicht über den Monopolbereich erfolgen; — der Umsatzanteil des Wettbewerbsbereiches darf nicht mehr als 10% des Gesamtumsatzes betragen; — das Department of Justice überwacht die Einhaltung der Bedingungen, unter denen die Genehmigung erteilt wird.
Im einzelnen ist ein Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zuerst an das Department of Justice zu richten, das es nach einer Prüfung mit einer Empfehlung versehen dem District Court vorlegt. Letztlich sind damit neben der FCC und der bundesstaatlichen Regulierungsbehörde noch zwei weitere Regulierungsinstanzen in die Aufsicht über die Betätigungen der BOCs bzw. ihrer Tochtergesellschaften einbezogen, nämlich das Department of Justice und der District Court. b) Großbritannien
Durch das neue Fernmeldegesetz (Telecommunications Act 1981), das zum 1.10. 1981 in Kraft trat, wurde das britische Fernmeldewesen vollständig vom Postwesen abgetrennt. Gleichzeitig wurde die staatliche Fernmeldegesellschaft „British Telecom" als „öffentliches Unternehmen" geschaffen. Nachdem im April 1984 der Telecommunications Act 1984 verabschiedet worden war, wurde British Telecom (BT) im November in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Das Fernmeldeunternehmen wurde insoweit privatisiert, als 50,2% der Aktien an Private verkauft wurden. Der Wandel von einer staatlichen Verwaltung zu einem Wettbewerbs- und marktorientierten Unternehmen ist in der Literatur bereits ausführlich dargestellt worden 1 7 2 . An dieser Stelle ist vor allem der Unternehmenszweig „British Telecom Enterprises" von näherem Interesse, denn dort sind verschiedene Unternehmensaktivitäten in der Form von Eigengesellschaften zusammengefaßt. Die neue britische Fernmeldepolitik hatte auf den weiterhin dominierenden Netzbetreiber BT sowohl geschäftspolitische als auch organisatorische Auswirkungen. Während bisher neue Dienstleistungen und Endgeräte weitgehend reaktiv auf eine Marktnachfrage eingeführt wurden, sollte seit etwa 1981 eine 170
United States General Accounting Office. Bell Operating Company Entry Into New Lines of Business. Washington, D.C. 1986, S. 7; Bruce/ Cunard/ Director, From Telecommunications to Electronic Services, S. 233 ff. 171 United States General Accounting Office , Bell Operating Company Entry Into New Lines of Business, S. 8. 172 Heuermann j Neumann, Die Liberalisierung des britischen Telekommunikationsmarktes, S. 158 ff.; Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 51 ff.
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aktiv betriebene Marktpolitik weiter wachsende Marktanteile sicherstellen 173. In der Unternehmenspolitik erhielten daher die Dezentralisierung von Handelsund Verantwortungsbereichen sowie kundenorientiertes Verhalten ein stärkeres Gewicht. Auf der organisatorischen Ebene wurden selbständige Unternehmenszweige geschaffen, die über eine eigene Leistungs- und Kostenrechnung und Preiskalkulation verfügen (sog. profit center). Der 1981 gegründete Unternehmenszweig BT-Enterprises erfüllt viele dieser Charakteristiken. BT-Enterprises besteht aus fünf Subunternehmen 174 : 1. Consumer Products, 2. Business Products and Systems, 3. Mobile Systems and Services, 4. Information Services, 5. Spectrum. Die Aufgaben dieser eigenständigen Tochtergesellschaften lassen sich im wesentlichen in eine Lieferanten- und in eine Dienstleistungsfunktion unterscheiden. Die beiden ersten genannten Unternehmen erfüllen die Lieferantenfunktion u.a. für die Fernmeldeämter der BT; die Dienstleistungsangebote werden von den übrigen drei Tochtergesellschaften erbracht. Die Unabhängigkeit der BT-Enterprises kommt beispielsweise darin zum Ausdruck, daß diese ihre Lieferungen an die eigene Muttergesellschaft dieser in Rechnung stellt 1 7 5 . Zu 1.: BT-Consumer Products liefert Telefone, Anrufbeantworter und Zubehör an die Fernmeldeämter. Diese verkaufen die Geräte ζ. B. an Sonderständen in Kaufhäusern. Zu 2.\ BT-Business Systems vertreibt unter der Handelsbezeichnung Merlin Geräte für Geschäftskunden. Angeboten werden größere Nebenstellenanlagen, Telexgeräte, Fernkopierer, Modems, Produkte zur Büroautomatisierung. Zu 3.: BT-Mobile Systems and Services ist im Bereich Zellularfunk tätig. British Telecom betreibt zusammen mit dem Sicherheitsdienst des Unternehmens Securicor den Mobilfunk; die Lizenz wurde dem gemeinsamen Tochterunternehmen Telecom Securicor Cellular Radio Ltd. („Cellnet") erteilt 1 7 6 . Mobile Systems and Services bietet ferner Funkrufdienste und bewegliche Landfunkdienste an.
173
Böcker, Neue Wege im englischen Fernmeldewesen, ZPF 1983 (11), S. 35. Vgl. im einzelnen de Zoete & Bevan, British Telecom. London 1984, S. 186 ff. 175 Vgl. Umsatzzahlen von BT-Enterprises 1983/84 bei Heuermann ! Neumann, Die Liberalisierung des britischen Telekommunikationsmarktes, S. 339. 176 Heuermann I Neumann, Die Liberalisierung des britischen Telekommunikationsmarktes, S. 140. 174
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Zu 4.\ BT-Information Services ist für die Unternehmenszweige Prestel (Bildschirmtext), Yellow Pages (entspricht den Gelben Seiten der Deutschen Postreklame GmbH), Datenverarbeitung für Speditionen sowie ferner für die interaktiven Breitbanddienste zuständig. Zu 5.: BT-Spectrum ist eine Tochtergesellschaft, in der selbst wieder verschiedene Gesellschaften zusammengefaßt sind. I m einzelnen handelt es sich u. a. um Gesellschaften für Sicherheitsdienste, Kreditkartenprüfung, elektronische Post, Telefonkonferenzen, Marktforschung, Auftragsdienste und einen privaten Telefon-Meeting-Point. Der Bestand an Tochtergesellschaften unterliegt laufend Veränderungen bzw. Erweiterungen. Im folgenden soll etwas näher auf die Regulierung der British Telecom eingegangen werden, um Fälle aufzuzeigen, in denen British Telecom die Auslagerung von Aufgaben in Tochtergesellschaften aus ordnungspolitischen Gründen aufgegeben wurde: Ebenso wie andere Anbieter von Telekommunikationsleistungen benötigt BT eine Lizenz für seine Betätigung. Die Rechtsgrundlage dafür ist Section 7 des Telecommunications Act (1984). Die Lizenz 177 der BT sowie verschiedene Nebenbestimmungen traten am 5. August 1984 in Kraft 1 7 8 . Die Lizenz ist mit verschiedenen Bedingungen („conditions") versehen. Gemäß condition 18.1 ist es BT untersagt, das Angebot von Endgeräten, die Produktion von Endgeräten, die mobilen Landfunkdienste und VAN-Dienste intern zu subventionieren („unfairly cross-subsidising"). Bei Verstößen ist das Office of Telecommunications (OFTEL) beauftragt, dagegen einzuschreiten. BT wurde verpflichtet, bis spätestens zum 1. April 1987 seine Kostenrechnung so umzugestalten, daß ein Transfer zwischen den einzelnen Geschäftszweigen deutlich wird (18.2). Damit ist letztlich die interne Subventionierung nicht prinzipiell ausgeschlossen; es soll aber ein Instrumentarium geschaffen werden, mittels dessen die erwünschte Finanzierung unprofitabler Dienste von unlauterem Wettbewerb geschieden werden kann. Die Verhinderung unerwünschten Wettbewerbsverhaltens wird in condition 21 genauer ausgestaltet. Danach werden das Angebot von Telekommunikationsleistungen und die Produktion von Endgeräten voneinander strikt getrennt. So sieht condition 21 vor, daß BT seine gesamte Produktion bis spätestens zum 1. Juli 1986 in eine selbständige Tochtergesellschaft verlagert. Diese Tochtergesellschaft darf sich ihrerseits nicht im Bereich des Anbietens von Diensten betätigen. Damit wird die Möglichkeit von Koppelgeschäften verhindert. 177 Department of Trade and Industry , Licence granted by The Secretary of State for Trade and Industry to British Telecommunications under Section 7 of the Telecommunications Act 1984. London 1984. 178 Heuermann I Neumann, Die Liberalisierung des britischen Telekommunikationsmarktes, S. 212 ff.
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Condition 22 ist auf den Fall gerichtet, daß BT seinen Kunden sowohl die Telekommunikationsdienste als auch die Endgeräte anbietet. Dann ist BT nämlich verpflichtet, konkurrierenden Endgeräteanbietern und deren Kunden die Dienste zu gleichen Konditionen anzubieten. Gemäß condition 23 wird BT verpflichtet, das OFTEL über Änderungen bei denjenigen Diensten zu informieren, bei denen die Änderungen zu Anpassungen der Gerätehersteller führen könnte. Die Struktur der Wettbewerbsauflagen für BT ist von Heuermann und Neumann dahingehend gewürdigt worden, daß BT nicht die Freiheiten im Wettbewerb habe wie andere Wettbewerber. Wie sich das detaillierte Regulierungsinstrumentarium i.e. auswirke, könne erst aufgrund des faktischen Entscheidungsverhaltens der Regulierungsbehörde eingeschätzt werden 179 . Bei der Auslagerung von Unternehmensfunktionen in die BT-Enterprises stellen Heuermann und Neumann eine Tendenz zur vertikalen Integration im Telekommunikations- und Telematikmarkt fest 180 . Der einstige Diensteanbieter BT wandele sich zu einem Anbieter und Produktionsunternehmen im Telefon-, Bürokommunikations- und Datenverarbeitungsmarkt. Als ein weiteres Beispiel für diesen Trend zur vertikalen Integration einerseits und Formen der Wirtschaftssteuerung andererseits kann die Beteiligung an dem kanadischen Unternehmen M I T E L angeführt werden 181 . BT interessierte sich für eine Beteiligung in Höhe von 51% an dem Unternehmen M I T E L , das vornehmlich Nebenstellenanlagen herstellt. M I T E L besitzt bei Nebenstellenanlagen einen Weltmarktanteil von 10% (1984), in Großbritannien beträgt er 18%. BT ist in Großbritannien der größte Anbieter von Nebenstellenanlagen (75%), wovon 17% MITEL-Produkte sind; allerdings bieten dort auch andere Firmen MITEL-Geräte an. Bevor die Übernahme unter Auflagen schließlich im Januar 1986 durch das Handelsministerium genehmigt wurde, hatte die Monopolies and Mergers Commission eine ablehnende Stellungnahme vorgelegt. Die Kommission empfahl in einem Minderheitsvotum, die Übernahme ganz zu versagen bzw. plädierte im Ergebnis für die Auflage, daß BT die Geräte von M I T E L mindestens für 3 Jahre nicht in Großbritannien vertreiben dürfe. Diesen Einwänden lag die Besorgnis zugrunde, daß die Marktkonzentration bzw. -macht von BT zu groß werden würde. Auch die Marktkonkurrenten GEC und Plessey, die ebenfalls an BT liefern, hatten sich gegen die geplante Fusion 179
Heuermann ! Neumann, Die Liberalisierung des britischen Telekommunikationsmarktes, S. 218 f. 180 Heuermann j Neumann, Die Liberalisierung des britischen Telekommunikationsmarktes, S. 340. 181 Vgl. zum folgenden Financial Times vom 28.1.1986 und vom 4. 2.1986; ausführlich auch Gist / Meadowcroft, Regulating for Competition: The Newly Liberalised Market for Private Branch Exchanges, Fiscal Studies 1986, S. 59 ff.
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gewandt. Als Hauptargument trugen sie vor, daß nur durch eine Untersagung ein fairer Wettbewerb auf diesem Markt gesichert sei. Die Befürchtungen richteten sich auf die einseitige Bevorzugung von M I T E L durch BT bei der Beschaffung und eine zu große Konzentration bei Forschung und Entwicklung. Entgegen diesen Empfehlungen hat das Handelsministerium die Übernahme gebilligt und zwar (nur) unter der Bedingung, daß der britische Marktanteil von BT bzw. M I T E L als Obergrenze auf den Stand von 1985 eingefroren werde. Vom OFTEL verlautete, daß man aufmerksam den Markt auf Wettbewerbsverfalschungen hin beobachten wolle. Gegebenenfalls seien weitere Maßnahmen notwendig. Der Generaldirektor des OFTEL, Bryan Carsberg ließ durchblicken, daß langfristig der Wettbewerb auf dem nationalen Markt nur gesichert werden könne, wenn BT den Verkauf von Endgeräten in einer „separate subsidiary" organisiere. Als ein letztes Beispiel 182 für die Unternehmenspolitik von British Telecom soll hier auf den Erwerb eines 22% Anteils an McCaw Cellular Communications durch BT Anfang 1989 hingewiesen werden. Bei diesem nordamerikanischen Unternehmen handelt es sich um einen Netzbetreiber und Lizenzinhaber im Zellularfunk (vor allem Autotelefon). British Telecom erhält hierdurch die Möglichkeit zur technischen Kooperation und zum Austausch von Know-how. Beobachter sprechen auch davon, daß British Telecom hiermit einen ersten Schritt 183 zum Angebot von Telekommunikationsdiensten in den USA getan hat. c) Japan
Die Umgestaltung des japanischen Fernmeldewesens erfolgte zuletzt durch zwei Gesetze, die beide am 20. Dezember 1984 verabschiedet wurden und zum 1. April 1985 in Kraft traten 1 8 4 . Es handelt sich um das „Telecommunications Business Law" und das „Nippon Denshin Denwa Kabushiki Kaisha Law" (im folgenden N T T Law). Durch das N T T Law änderte sich die Rechtsform der N T T 1 8 5 von einem öffentlichen, staatlichen Unternehmen (public corporation) zu einer Aktiengesellschaft („private joint stock company"). Die neue Rechtsform soll dem Management der N T T zu mehr Effizienz in seinem unternehmerischen Handeln 182 Weitere Angaben zum umfangreichen Beteiligungsbesitz und zu den Joint-ventures von British Telecom im In- und Ausland, vgl. im Geschäftsbericht British Telecom. Report and accounts 1988. London 1988, S. 50f. 183 Im August 1989 erwarb British Telecom in einer weiteren Transaktion für 355 Mio. $ von McDonnell Douglas Corp., St. Louis, die Tochtergesellschaft „Tymnet". Diese Gesellschaft verfügt in den USA über das zweitgrößte öffentliche Datennetz mit einem Marktanteil von ca. 30%. 184
Vgl. Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 55 ff. iss N T T = Nippon Telegraph and Telephone Public Corporation.
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verhelfen. Der bisherige hohe Einfluß der Regierung soll auf ein notwendiges Mindestmaß reduziert werden. Der Aufgabenbestand, den die N T T bisher schon übernommen hatte, bleibt beibehalten. Das N T T Law beschreibt die zukünftigen Aufgaben und Ziele der N T T und enthält Bestimmungen über eine spätere Privatisierung (Art. 4 Abs. 2). Das Telecommunications Business Law bestimmt im wesentlichen die Organisation und Struktur des Fernmeldemarktes. Beendet wurde das seit 1952 bestehende Monopol der N T T für den nationalen Fernmeldeverkehr und das Monopol der K D D (Kokusai Denshin Denwa Co., L t d . ) 1 8 6 für den internationalen Telekommunikationsverkehr. Die verschiedensten Telekommunikationsleistungen können im Wettbewerb angeboten werden 187 . Die N T T besitzt die Befugnis, inländische Telekommunikationsdienste anzubieten und die damit verbundenen Aktivitäten auszuüben. Die bisherigen Tätigkeiten der N T T sind jetzt gesetzlich zugelassen, die darüber hinausgehenden Betätigungen unterliegen aber der Genehmigungspflicht durch den Minister of Posts and Telecommunications. Im einzelnen: N T T hat die Aufgabe „domestic telecommunications business" und „business activities incidental thereto ..." anzubieten (Art. 1 Abs. 1, 2 N T T Law). Der Genehmigung durch den Minister of Posts and Telecommunications (MPT) unterliegen „other business activities necessary to achieve the purpose of the Company" (Art. 1 Abs. 2). Diejenigen Aufgaben, die nicht „domestic telecommunications business" darstellen und die vor dem Inkrafttreten der Gesetze durch die N T T wahrgenommen wurden, gelten gemäß Art. 12 Abs. 2 N T T Law, Supplementary Provisions, als durch den MPT genehmigt. Der Begriff „telecommunications business" ist im Telecommunications Business Law näher definiert (Chapter II). Das N T T Law bestimmt den Kreis der noch zulässigen Aufgaben nicht näher. Es ist aber der N T T auch nicht etwa eine gesetzliche Auflage erteilt worden, verschiedene Aufgaben nur durch eine „separate subsidiary" wahrzunehmen; derartige Auslagerungen erfolgen freiwillig. Nach dieser gesetzlichen Neuordnung begann die N T T umgehend mit der Gründung neuer Tochtergesellschaften bzw. Beteiligungen. Zur Zeit gibt es etwa 65 Neugründungen 188 ; ihre Zahl soll sich bis 1995 auf ca. 500 erhöhen 189 . Die 186 Die K D D verfügte im Jahre 1989 über ca. 20 Verbindungsbüros im Ausland und gründete 1989 Tochtergesellschaften in Hongkong, Belgien, London und den USA (New York). Diese Gesellschaften sollen Kontakte zu ausländischen Regierungsbehörden pflegen, mit ihnen verhandeln und Aufgaben des Verkaufs sowie die Kundenbetreuung übernehmen. 187 Bruce / Cunard/ Director, S. 371 ff.
188 Ygi n t t ' S N e w Affiliated June 15, 1987 (No. 42), S.9ff.
From
Telecommunications
to
Electronic
Services,
Companies, New Era of Telecommunications in Japan,
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Betätigungsbereiche sind sehr unterschiedlich und umfassen ζ. B. Beratungsleistungen, Softwaredesign, Verkauf von Personalcomputern, Leasing usw.. Ebenfalls große Unterschiede gibt es in der Höhe der Eigenkapitalausstattung der Unternehmen oder in der Höhe des Beteiligungsanteils der NTT. Dieser schwankt von einem geringen prozentualen Anteil bis zu 100%. Im folgenden wird zunächst auf die Motivlage für diese Ausdehnung in andere Geschäftsbereiche eingegangen, anschließend sollen einige Tochtergesellschaften näher beschrieben werden 190 : Die Ausdehnung der N T T in andere Wirtschaftsbereiche ist nach Neumann auf drei Motive zurückzuführen: 1. Verbesserung der Produktivität, 2. Entwicklung des Unternehmens zu einem Telematikkonzern, 3. Kooperation mit Wettbewerbern. Zu /.: Produktivitätssteigerungen könne die N T T am ehesten dadurch erzielen, daß sie ihre Personalüberhänge abbaue. Da in japanischen Großunternehmen aber das Prinzip einer lebenslangen Beschäftigungsgarantie gelte, sei das Mittel der Entlassung praktisch nicht anwendbar. Die Umschichtung des Personals in neue Geschäftsbereiche komme insofern direkt der Muttergesellschaft N T T zugute. Zu 2.: Es ist festzustellen, daß die N T T ihre neuen Betätigungen nicht auf beliebige Wirtschaftszweige erstreckt. Statt dessen bilden die neuen Gesellschaften eine Ergänzung zu dem vorhandenen Informations- und Kommunikationsbereich. Nach der Einschätzung von Neumann entwickelt sich die N T T zu einem vertikal integrierten Telematikkonzern, der sowohl seine eigene Inputerstellung als auch anwendungsnahe Dienste für geschlossene Benutzergruppen verstärkt anbietet. Hierdurch werde die Möglichkeit des Produktionsverbundes ausgenutzt. Zu 3.\ Als weiteres zentrales Motiv sei die Kooperation der N T T mit verschiedenen japanischen Computerherstellern, I B M und A T & T zu beachten. Diese Unternehmen sind beim Angebot von Endgeräten und Telekommunikationsdiensten bereits jetzt als Konkurrenten der N T T auf dem japanischen Markt tätig. Durch die Tatsache, daß zwischen diesen Unternehmen Kooperationsverträge abgeschlossen worden seien, sei nach Ansicht von Neumann der Wettbewerb zwar nicht ausgeschlossen. Der Wettbewerb gegenüber der N T T werde aber unmittelbar in seiner Intensität beschränkt.
189 Tatsuno, Japan's Information Network System (INS) and V A N Deregulation. San Jose, Cal., January 15, 1986, S. 8, unveröff. Manuskript. 190 Ygi hierzu Neumann, Die Neuorganisation der Telekommunikation in Japan. Berlin/Heidelberg/New York 1987, S. 105ff. Die folgende Darstellung geht im wesentlichen auf die Ausarbeitung von Neumann zurück.
6 Plagemann
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Unter anderem folgende Gesellschaften sind von der N T T neu gegründet worden: N T T ist an NTT-International mit 53% beteiligt. Die übrigen Gesellschaftsanteile liegen bei japanischen Handelshäusern und Ingenieurgesellschaften. Unternehmensgegenstand sind Beratungsdienstleistungen auf dem Weltmarkt. N T T erhält die Möglichkeit, ihren technischen Sachverstand, der aus FuEInvestitionen oder als Netzbetreiber entstanden ist, zu vermarkten. NTT-International bietet im einzelnen an: — Ingenieurleistungen im Bereich Telekommunikation (Design, Beschaffung, Errichtung, Betrieb, Wartung, Management von Systemen); — Errichtung und Betrieb von Datenkommunikations- und Datenverarbeitungssystemen; — Beratung bei der Netzplanung; — Verkauf von kundenspezifischen Telekommunikationssystemen; — Beratung durch Experten, Ausbildung des Personals.
Als Projekte werden ferner der Bau eines Glasfasernetzes in China und der Aufbau eines Datennetzes in Brunei betrieben. N T T Leasing wurde im April 1985 gegründet und verkauft oder vermietet Endgeräte. Neben N T T sind vor allem Banken an diesem Unternehmen beteiligt. Im Dezember 1985 wurde die N T T Rental Engineering Company gegründet. Über dieses Unternehmen bietet N T T neuen Konkurrenten verschiedene Dienstleistungen an. So sollen etwa Testeinrichtungen vermietet und Beratungshilfen angeboten werden. N T T Systems Technologie Co., Ltd. entwickelt Datenkommunikationssysteme und Software. Das Unternehmen vertreibt auch die entsprechenden Endgeräte. M i t 33,5% ist N T T an INS Engineering Co., Ltd. beteiligt. Andere Anteilseigner sind Mitsui, NEC sowie Mitsui Engineering & Shipbuilding. Das neue Unternehmen dient herausragend zur Erweiterung des Produktspektrums, nämlich Entwicklung und Verkauf von CAD-Systemen. Angebote werden erstellt für die gesamte Anwendung von CAD- und CAM-Systemen, vor allem im Maschinenbau und in der Elektronik. N T T PC Communications Inc. bildet eine der größten Neugründungen der N T T (Gesellschaftskapital ca. 16 Mio. D M , Anteil der NTT: 90%). Das Unternehmen entwickelt Kommunikationsdienste für PCs und vertreibt Hardware und Software für die Verbindung von PCs mit Fernmeldenetzen. N T T hat inzwischen auch Tochtergesellschaften im Ausland gegründet. So besteht seit Juni 1986 die N T T Finance (U.K.) und seit Juli 1986 die N T T Finance (Holland). Beide Gesellschaften gehören vollständig der NTT; ihr
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Unternehmensgegenstand sind verschiedene Finanzierungsleistungen. Ferner hat N T T im Jahre 1989 seine bisherige Londoner Vertretung in eine Beteiligungsgesellschaft umgewandelt (NTT Europe Ltd.). Diese Gesellschaft betreibt neben den bisherigen Kontakten und Verbindungsaufgaben Aktivitäten im Bereich der internationalen Beschaffung, der technischen Zusammenarbeit und der Standardisierung. Von besonderer Bedeutung sind ferner die Kooperationen mit Telekommunikationsgeräte- und Computerherstellern. Beispielsweise wird in Kooperation mit IBM-Japan ein größeres Value Added Network errichtet. IBM-Japan und N T T haben im Dezember 1985 Nippon Information and Communication Corporation gegründet. Unternehmensgegenstand sind: — Bereitstellung von Mehrwertdiensten als Netzdienstleistungen; — Schaffung von Kompatibilität zwischen den Datennetzarchitekturen der I B M und der NTT; dadurch sollen die Nutzer unterschiedlicher Mehrwertdienste und Computer miteinander kommunizieren können; — Entwicklung, Verkauf und Wartung von Anwendersoftware; — Dienstleistungen für den internationalen Verbund von Netzsystemen; — Verkauf und Wartung von Arbeitsplatzstationen und anderen Endgeräten.
Obwohl gegen dieses Joint-venture von zwei dominanten Unternehmen wettbewerbsrechtliche Bedenken vorgetragen wurden, haben sich die Kritiker dieser Kooperation gegen die Befürworter in der japanischen Regierung nicht durchsetzen können. Die N T T kooperiert ferner seit kurzem auch mit A T & T in den Bereichen Produktentwicklung, Marketing, Betrieb und Kontrolle von Netzen. Beabsichtigt ist die gemeinsame Entwicklung von neuen digitalen Vermittlungssystemen. d) Schweden
Die staatliche schwedische Fernmeldeverwaltung „Televerket" wurde 1881 gegründet. Im Unterschied zu den meisten westlichen Industriestaaten hat sie nie ein rechtliches Netzmonopol besessen. Dennoch besteht seit Anfang des Jahrhunderts ein faktisches Netzmonopol von Televerket, das sich seinerzeit in einem Wettbewerbsprozeß mit privaten Fernmeldeunternehmen gebildet hat 1 9 1 . Heute errichtet und betreibt Televerket landesweite Fernmeldenetze für die nationale und internationale Fernsprech- und Datenkommunikation zu weitgehend einheitlichen Tarifen 192 .
191
Im Mobilfunkbereich gibt es einen privaten Wettbewerber, Comvik, der über einen Marktanteil von ca. 10-15% verfügt. 192 Vgl. Heuermann I Neumann! Schnöring! Wieland, Jahrbuch der DBP 1986, S. 183, 196, 199, 213 f. 6*
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Für Mehrwertdienste gibt es keine spezielle Zulassung. Auf Wählnetzen können private Unternehmen Dienste für Dritte anbieten (ζ. B. Datenbankdienste, Point-of-Sale-Systeme oder Dienste im Videotex-System von Televerket). Bei der Nutzung von Mietleitungen sind Wiederverkauf und gemeinsame Nutzung nicht erlaubt. Der Endgerätesektor wurde in Schweden im Jahre 1980 weitgehend liberalisiert. Damals wurde ein Parlamentsbeschluß gefaßt, der das Endgerätemonopol von Televerket auf den Bereich der Sprachkommunikation und der Modems mit einer Übertragungsrate von mehr als 50 bit/s beschränkte. Später wurde der Wettbewerb für Modems erweitert auf eine Übertragungsrate bis zu 1200 bit / s. Das Monopol am einfachen Hauptanschluß für Sprachkommunikation (Telefonapparat) wurde 1985 abgeschafft. Das Endgerätemonopol von Televerket erstreckt sich heute nur noch auf öffentliche Fernsprecher, Nebenstellenanlagen und Modems mit hoher Übertragungsrate 193 . Bereits 1891 wurde Televerket ein vertikal integriertes Unternehmen, das über einen eigenen Produktionsbereich „ T E L I " verfügte. Die Produktion von T E L I ist nahezu ausschließlich auf den Bedarf von Televerket gerichtet, deckt ihn allerdings nur zu ca. 30% ab. Das Unternehmen Televerket wird von einem Vorstand geführt, der von der schwedischen Regierung eingesetzt wird. Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung werden vom Vorstand gefallt, während für die Wahrnehmung der laufenden Geschäfte ein Generaldirektor zuständig ist. Televerket untersteht dem Ministerium für Transport und Kommunikation. Die Regulierung von Televerket ist vergleichsweise gering ausgeprägt 194 , so daß Televerket bei der Erfüllung seiner Aufgaben weitgehend unabhängig ist. In den achtziger Jahren wurden bei Televerket umfangreiche organisationsinterne Umstrukturierungen vorgenommen. So wurde das Unternehmen in 20 Regionaleinheiten aufgegliedert, die dezentral geleitet werden. Sie wurden als profit-center eingerichtet. Gleichzeitig wurde eine Anzahl Tochtergesellschaften gegründet, die auf den verschiedensten Gebieten tätig sind. Die meisten sind in der Holdinggesellschaft „Teleinvest A B " zusammengefaßt. In Schweden gibt es „keine festgeschriebene Beschränkung der Aktivitäten des Netzträgers über Tochtergesellschaften, solange deren Tätigkeiten dem allgemeinen Auftrag von Televerket unmittelbar oder mittelbar dienen" 1 9 5 . Da es Televerket untersagt ist, Wettbewerbsbereiche aus Monopolbereichen zu subventionieren und daher eine getrennte Rechnungslegung vorgeschrieben ist, besteht bei Televerket offenbar eine Tendenz, die Wettbewerbsbereiche in Tochtergesellschaften zu organisieren 1 9 6 . 193
Heuermann/Neumann/ Schnöring/ Wieland, Jahrbuch der DBP 1986, S. 172, 217 f., 233 und passim. 194 So Heuermann I Neumann/ Schnöring I Wieland, Jahrbuch der DBP 1986, S. 184, vgl. auch S. 203 ff. 195 Heuermann ! Neumann! Schnöring! Wieland, Jahrbuch der DBP 1986, S. 185.
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„Televerket" besitzt heute eine Vielzahl von Eigengesellschaften und Beteiligungen. Hervorzuheben sind folgende drei Tochtergesellschaften bzw. Beteiligungen: 1. E L L E M T E L Utvecklings AB, 2. NOTELSAT, Nordiska Telesatellit AB, 3. Teleinvest AB. Zu 1.: A n E L L E M T E L Utvecklings A B 1 9 7 sind zu je 50% Televerket und das Fernmeldeunternehmen Ericsson beteiligt. Das Unternehmen wurde 1970 gegründet. Es befaßt sich mit Entwicklungen und Konstruktionen im Telekommunikationsbereich. So hat E L L E M T E L z.B. das speicherprogrammierte Vermittlungssystem A X E entwickelt. Da Televerket aber über eigene Produktionsstätten von Telekommunikationsgeräten verfügt (TELI), ist die Zusammenarbeit mit Ericsson über E L L E M T E L hauptsächlich auf das AXE-System und Nebenstellenanlagen beschränkt. Zu 2.: NOTELSAT, Nordiska Telesatellit A B 1 9 8 wurde 1983 gegründet. Gesellschafter sind zu gleichen Teilen Televerket und die norwegische staatliche Fernmeldeverwaltung. Das Unternehmen betreibt die Erstellung eines skandinavischen Fernmeldesatellitensystems sowie den Betrieb und die Vermarktung von Satellitendiensten. Zu 3.: Teleinvest AB ist die Holdinggesellschaft von verschiedenen Eigengesellschaften und Beteiligungen. Teleinvest AB wurde 1981 gegründet und steht vollständig im Eigentum von Televerket. Ende 1986 bestand die „Gruppe Teleinvest" aus 11 Unternehmen sowie 36 Subunternehmen und Beteiligungen 1 9 9 . Im Jahre 1986 wurde bereits ein Fünftel des Umsatzes von Televerket durch die „Gruppe Teleinvest" erwirtschaftet. Die Gründung von Teleinvest AB ist Folge eines 1980 begonnenen Liberalisierungsprogramms. Zu diesem Zeitpunkt wurden einzelne Telekommunikationsbereiche für den Wettbewerb geöffnet. Das Televerket wurde gesetzlich verpflichtet, für verschiedene Endgeräte und Dienste (z.B. Datavision, Fernüberwachung) eine getrennte Rechnungslegung einzuführen und diese wettbewerbsfähigen Dienste in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung auszulagern 200 . Auf diese Weise sollte eine Quersubventionierung zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereichen weitgehend vermieden werden. 196
Vgl. etwa Heuermann I Neumann I SchnöringI Wieland,
Jahrbuch der DBP 1986,
S. 185. 197
Vgl. Swedish Telecom, Annual Report 85/86, S. 33. Vgl. Swedish Telecom, Annual Report 85/86, S. 35f. 199 Vgl. Swedish Telecom, Annual Report 85/86, S. 53. 200 Logica UK, Ltd., European Communication Services. Towards Integration. London 1986, S. 368 f.; Norberg/ Wahlström, Teleinvest — a fifth of Televerket, Tele. Focus on Swedish telecommunications 1986 (No. 2), S. 6. 198
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Die „ G r u p p e Teleinvest" wurde i n den vergangenen Jahren systematisch aufgebaut u n d u m weitere Unternehmenszweige erweitert. Gegenwärtig lassen sich folgende sieben Unternehmensbereiche unterscheiden: Industrielle Fertigung, spezialisierte Unternehmensberatung, Einzelhandelsverkauf, Softwaredienstleistungen, Alarmierungs- u n d Überwachungsdienste, Unternehmensberatung für ausländische Fernmeldeverwaltungen u n d Kommunikationsdienste. Die wichtigsten Unternehmen der „ G r u p p e Teleinvest" sollen m i t ihrer Aufgabe kurz erwähnt w e r d e n 2 0 1 . Eigengesellschaften: — Swedish Telecoms International AB: Internationale Beratungstätigkeit besonders in Entwicklungsländern. Die Beratung erfolgt in fernmeldetechnischen, finanziellen und organisatorischen Fragen. — Swedish Telecoms Contracting Company AB: Vertrieb von Systemen und Submission im Ausland. — Tele Lärm AB: Erstellung von Systemen zur Raumsicherung und für die interne Kommunikation, Alarmübertragungsdienste, Wartung und Service. — Teleindustrier AB: Dieses Unternehmen besitzt drei Tochtergesellschaften, die Produktionsstätten für fernmeldetechnische Geräte unterhalten. Produziert werden Telekommunikationsendgeräte einschließlich Datenverarbeitungsanlagen. Teleindustrier AB kooperiert eng mit dem Televerket-Produzenten von fernmeldetechnischen Geräten (TELI). Dabei übernimmt Teleindustrier AB für T E L I verschiedene logistische Aufgaben, z. B. Exporte, ausländische Firmengründungen, Joint-ventures. Darüber hinaus betreibt Teleindustrier AB auch eine eigene Produktentwicklung. — Telefinans AB: Das Unternehmen dient der Finanzierung von Televerket oder von Kundenbestellungen im fernmeldetechnischen Bereich, so z. B. Leasing von Nebenstellenanlagen, Telex- oder Telefaxgeräten. — Teleannons AB: Anzeigenakquisition für das Branchenfernsprechbuch; Herausgabe von örtlichen Fernsprechbüchern. — Telelogic AB: Entwicklung von Software. — Industriekommunikation AB: Entwicklung und Verkauf von Funksystemen. Beteiligungsgesellschaften: — SOS Alarmering AB: A n diesem Unternehmen ist Teleinvest mit 50% beteiligt. Die Gesellschaft organisiert zusammen mit Kommunen etc. Notrufdienste oder übernimmt für Industrieunternehmen und Bewachungsgesellschaften Verträge über eine fernmeldetechnische Objektsicherung. — Ericsson Informations Systems AB: Teleinvest ist an diesem Unternehmen mit 9,5% beteiligt, der Ericsson-Konzern mit 90,5%. Die Gesellschaft vertreibt Vermittlungseinrichtungen, Modems, Bürokommunikationssysteme, Bildschirmterminals, Fernsprech- und Teletexapparate.
201
Vgl. ausführlich Norberg/
Wahlström,
Tele 1986, S. 8 ff.
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— AB Teleplan: Der Beteiligungsanteil von Teleinvest beträgt 17%. Das Unternehmen erstellt Studien, Gutachten, Projektierung in den Bereichen Daten-, Fernmelde- und Elektrotechnik. — Telebild AB: Anteile der Teleinvest: 25%; Telebild betreibt die technische Entwicklung und Markteinführung des schwedischen Bildschirmtextsystems „Teledata".
Insgesamt ist die schwedische Fernmeldeverwaltung in vielfaltiger Weise unternehmerisch tätig. Bis vor kurzem verfügte Televerket für die Produktion von fernmeldetechnischen Geräten noch über den eigenen Betriebszweig TELI. Dieser Betriebszweig produzierte Übertragungs- und Vermittlungstechnik, Nebenstellenanlagen und Fernsprechgeräte sowohl für den Eigenbedarf von Televerket als auch für den freien Markt. Im Mai 1986 beschloß das schwedische Parlament die Verselbständigung von T E L I zum 1.1. 1987 202 . Zu diesem Zeitpunkt wurde der Herstellungsbereich T E L I aus der staatlichen Verwaltung ausgelagert und als Tochtergesellschaft in die Holdinggesellschaft „Teleinvest A B " überführt. M i t diesem Liberalisierungsschritt begann T E L I sich auf dem internationalen Gerätemarkt zu orientieren und eröffnete Verkaufsagenturen in London, Boston und Singapur. Es ist festzustellen, daß das Televerket in einer Vielzahl von Dienstleistungsbereichen als Anbieter tätig wird. Seine Rolle beschränkt sich dabei nicht nur auf Fernmeldedienstleistungen, sondern umfaßt auch andere Kommunikationsoder Beratungsdienste. Teilweise verkauft Televerket auch Produkte von schwedischen oder ausländischen Herstellern, die nicht als Fernmeldeendgeräte einzustufen sind, z. B. in einigen Geschäftsstellen Personal-Computer von I B M , Digital und Sperry sowie erweitertes Zubehör. e) Frankreich
Die französische PTT wird vom Postministerium (Ministère des Postes, des Télécommunications et de l'Espace) verwaltet. Sie ist in zwei Generaldirektionen aufgeteilt. Für das Fernmeldewesen ist die „France Télécom" (bis Ende 1987 hieß sie noch die D G T = Direction Générale des Télécommunications) und für das Postwesen ist „ L a Poste" (vorher die DGP = Direction Générale des Postes) zuständig; beide Generaldirektionen sind Teile der Staatsverwaltung. Vor allem das Fernmeldewesen ist seit Beginn der achtziger Jahre erheblichen regulierungspolitischen Veränderungen unterworfen, die einen Strukturwandel bedingen. Diese Umstrukturierung ist unter anderem darauf zurückzuführen, daß das frühere Mediengesetz von 1982 203 im Jahre 1986 durch das neue Kommunikationsgesetz204 ersetzt wurde. Das Kommunikationsgesetz führte zu weitgehen-
202
Vgl. Swedish Telecom, Annual Report 85/86, S. 26. Gesetz über die audiovisuelle Kommunikation vom 29. 7.1982, Loi No. 82-652 du 29 juillet 1982 sur la communication audiovisuelle, Journal Officiel vom 30. Juli 1982, S. 2431. 203
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den Änderungen in der Regulierungspolitik und den organisatorischen Rahmenbedingungen. Als wesentliches Ziel soll der Wettbewerb in der Telekommunikation intensiviert werden. Als weitere bedeutende Neuerung ist die rechtliche und organisatorische Trennung zwischen der Erbringung von Dienstleistungen einerseits und der Ausübung von Regelungs-, Genehmigungs- und Aufsichtsbefugnissen andererseits zu nennen. Hierzu wurde u.a. eine neue Kommission geschaffen (Commission Nationale de la Communication et des Libertés (CNCL)) 2 0 5 . Verschiedene Detailfragen zum Fernmeldebereich sind jedoch bisher nicht geregelt worden; statt dessen sind diese einem späteren Gesetz vorbehalten, das spätestens bis zum 31.12. 1987 unter Respektierung des Rechtsstatus des Personals die Grundsätze des Wettbewerbs im Fernmeldewesen festlegen sollte (Art. 10 Abs. 3). Nach dem Regierungswechsel ist bis Mitte 1989 ein Gesetzentwurf nicht vorgelegt worden. Da hier nicht auf Einzelheiten der geplanten und teilweise bereits durchgeführten Liberalisierung der französischen Telekommunikation eingegangen werden kann, sollen hier nur die Grundlinien des gegenwärtigen französischen Fernmeldewesens im Hinblick auf die Gründung und den Betrieb von Tochtergesellschaften aufgezeigt werden. Im Gesetz über die audiovisuelle Kommunikation vom 29. 7.1982 wurde das Monopolrecht des Staates für die Netzinfrastruktur und die Funkfrequenzverwaltung bestätigt. Die DGT wurde zu einem flächendeckenden Angebot von Telekommunikationsdiensten verpflichtet. Gleichzeitig wurden private Dienste im Telematikbereich gestattet. Mehrwertdienste von Privaten sind zulässig, sofern sie öffentliche Wählnetze benutzen. Mehrwertdienste auf Mietleitungsbasis sind nur dann zulässig, wenn ein Angebot über die Wählnetze nicht möglich ist; Wiederverkauf und gemeinsame Nutzung von Mietleitungen sind unzulässig. Bei Endgeräten bestand bis 1986 ein Monopol für das 1. Telefon und verschiedene Modems. Inzwischen ist der Endgerätemarkt vollständig liberalisiert. Telefonzusatzgeräte werden von der France Télécom und Privaten angeboten; die Versorgung mit den übrigen Endgeräten erfolgt durch den Privatsektor. 204
Gesetz über die Freiheit der Kommunikation vom 30. 9.1986, Loi No. 86-1067 du 30 septembre 1986 relative à la liberté de communication, Journal Officiel vom 1. Oktober 1986, S. 11755. 205 Gesetz über die Freiheit der Kommunikation vom 30. 9.1986, a. a. O., Art. 4ff.; vgl. auch Gebhardt, Telekommunikations- und Medienreform in Frankreich, ArchPF 1987, S. 122ff.; Blaise , Rundfunk- und Fernmeldepolitik in Frankreich. Das neue französische Gesetz über die Telekommunikation, in Scherer (Hrsg.), Nationale und europäische Perspektiven der Telekommunikation. Baden-Baden 1987, S. 69 ff. (bes. S. 79 ff.); Pospischill Ansätze zur Neuorganisation des französischen Fernmeldewesens, in Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste (Hrsg.), Heft 39 der Reihe Diskussionsbeiträge zur Telekommunikationsforschung. Bad Honnef 1988, S. 27 ff.
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Die Beziehungen zwischen Staat und Fernmeldeverwaltung sind seit dem Jahre 1983 durch den Erlaß einer „Charte de Gestion" geregelt worden. Sie wird durch den Ministerrat erlassen. Die „Charte de Gestion" ist eine Art Handlungsdirektive, die Führungsleitlinien für die France Télécom und eine Reihe von Unternehmenszielen enthält. Die Unternehmensziele betreffen das Dienstewachstum, die Dienstleistungsqualität und die Kapitalrentabilität. In den Führungsleitlinien sind verschiedene Vorgaben zur Finanz-, Preis- und Personalpolitik sowie im Hinblick auf das Verhältnis zur Regierung enthalten. Die France Télécom hat seit Beginn der achtziger Jahre eine Reihe neuer Telekommunikationsdienstleistungen eingeführt, die jedoch nicht durch die Generaldirektion selbst, sondern nur durch Tochtergesellschaften der France Télécom angeboten werden. Teilweise dienen die Tochtergesellschaften aber auch zur Vermarktung von Dienstleistungen der France Télécom. Die Tochtergesellschaften der France Télécom sind in der Rechtsform „société nationale d'economie mixte" organisiert. Seit 1984 sind alle Tochtergesellschaften in der Holdinggesellschaft COGECOM („Compagnie Générale des Communications") zusammengefaßt 206. COGECOM ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der France Télécom. Vor dieser Neuorganisation ließen sich vor allem zwei Gruppen von Tochtergesellschaften der France Télécom unterscheiden. Seit 1967 besteht die „Caisse Nationale des Télécommunications" (CNT). Ihr gehören fünf weitere Finanzinstitute an 2 0 7 . Die CNT dient vor allem zur Kapitalbeschaffung für Telekommunikationsinvestitionen. Die zweite Gruppe bestand ursprünglich aus der „France Câbles et Radio" (FCR), einer 100%igen Tochtergesellschaft der France Télécom. Dieser Dachgesellschaft gehörten fünf französische Tochterunternehmen an sowie einige Gesellschaften, die ihren Sitz in ehemaligen französischen Kolonien hatten. Diese einzelnen verschiedenen Gesellschaften sind heute unter der Holding COGECOM zusammengefaßt (die FCR ist also Teil der Holding geworden). Innerhalb der COGECOM besteht die „Entreprise Générale des Télécommunications" (EGT). Die EGT vertreibt Telekommunikationsendgeräte (Peripheriegeräte, Funkrufempfänger, Fernkopierer und Funktelefone). Eine andere Tochtergesellschaft, „Télésystèmes", bietet als Dienstleistungen Aufbau und Betrieb von Informationsnetzen, Dienste für geschlossene Benutzergruppen sowie electronic-mail-Systeme an. „Télésystèmes" besteht selbst aus
206
Vgl. Kommission der EG, K O M (87), 290 endg. vom 30. 6. 1987, Appendix 1 ( X I I I / 217 / 87-EN), 9th June 1987, S. 15; Pospischil, Ansätze zur Neuorganisation des französischen Fernmeldewesens, S. 7 f. 207 Vgl. Ministère des PTT : Organisation des PTT. Description des Structures, 3ème édition, Septembre 1985, S. 38; Bruce / Cunard / Director, From Telecommunications to Electronic Services, S. 511.
90
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verschiedenen Unternehmensteilen; so ist ζ. B. der Zweig „Télésystèmes Eurodial" bei der Entwicklung des Dienstes „Mercure" beteiligt gewesen208. Die „Société Transpac" betreibt und vermarktet das Transpac-Netz, ein öffentliches paketvermitteltes Datennetz. Über das Transpac-Netz wird der erfolgreiche französische Bildschirmtext betrieben. Die Gesellschaftsanteile der „Société Transpac" liegen heute zu 97% bei COGECOM, sodann bei einigen Großanwendern (2,9%) und bei den Beschäftigten (0,1 % ) 2 0 9 . Die „Société Française d'Etudes et de Réalisations d'Equipments de Télécommunication" (Sofrecom) ist eine Consultingfirma für Telekommunikation und erbringt technische Leistungen im Ausland. Ihre Gesellschaftsanteile liegen zu 33% beim Staat (DGT), der übrige Teil bei französischen Banken. Schließlich betreibt „France Câbles et Radio" die Vermarktung von verschiedenen innovativen digitalen Diensten, so ζ. B. Transfix, Transcom und Transdyn. Der Dienst „Transdyn" etwa besteht aus schneller Datenübertragung vermittels des Telecom 1-Satelliten, Transcom bietet vermittelte Datenübertragung im Bereich 48 - 64 kbit / s und Transfix besteht aus digitalen Mietleitungen. Außerdem besitzt die FCR einige Tochtergesellschaften, so vor allem die — Compagnie Française des Câbles Télégraphiques (CFCT) und die — Société Internationale pour la Promotion de la Télématique (Intelmatique).
Schließlich betreibt France Télécom auch verschiedene Auslandsaktivitäten. Aus jüngster Zeit ist die Umwandlung des seit 1984 in Japan bestehenden Verbindungsbüros in eine Tochtergesellschaft, die France Télécom Co., Ltd. zu berichten. Die Gesellschaft vertreibt internationale Dienste (z.B. Telefon, Videokonferenz, Telefax zu besonderen Konditionen für ihre Großkunden). Ferner ist France Télécom über die France Câbles et Radio mit 2% am K D D Konkurrenten für internationale Telekommunikation, der ITJ (International Telecommunication Japan) beteiligt. Als eine weitere Beteiligung hat France Télécom einen 10%-Anteil am britischen Konsortium „Phonepoint" (Telepoint-Dienst) erworben 210 . Soweit die Tochtergesellschaften die Dienste der France Télécom beanspruchen, erhalten sie diese zu besonderen Wiederverkaufsbedingungen. Auf dieser Basis erstellen sie Telekommunikationsdienstleistungen, die durchaus mit bestimmten Diensten der France Télécom in Wettbewerb treten können. Auf der anderen Seite ist die Auslagerung von Aufgaben in selbständige Tochtergesell208 Ygi Bruce I Cunard I Director , From Telecommunications to Electronic Services, S. 511. 209
Logica UK, Ltd., European Communication Services, S. 164. Weitere Partner an diesem internationalen Konsortium sind British Telecom (49%), die Deutsche Bundespost (10%), der britische Hersteller STC (20-25%) und die New Yorker BOC „Nynex International" (10%). 210
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Schäften eher als ein Schritt zu bewerten, eine größere unternehmerische Flexibilität zu erzielen (z.B. bei der Preissetzung). Da vor allem innovative Dienstleistungen durch Tochtergesellschaften angeboten und vermarktet werden, ist die Auslagerung auch als eine gezielte unternehmenspolitische Strategie der France Télécom zu verstehen, die Wettbewerbsintensität zu fördern 211 . Dabei wurde die Auslagerung von Aufgaben in Tochtergesellschaften durch die Ordnungspolitik der französischen Regierung in den vergangenen Jahren eher begünstigt. Dies wirkte sich insofern aus, als die Abgrenzungen zwischen der France Télécom und ihren Tochtergesellschaften bis heute nicht sonderlich deutlich sind und das Wettbewerbsverhalten der Tochtergesellschaften offenbar nicht stärker hinterfragt wird 2 1 2 . Deshalb ist das Marktverhalten der France Télécom allgemein als das eines zentralistischen Staatsunternehmens anzusehen. Die Unternehmenspolitik der France Télécom fungiert als Teil der französischen Industriepolitik 213 ; die wettbewerbspolitische Abgrenzung von staatlichem Monopol und den Wettbewerbsbereichen wird dabei als Entscheidungsproblem zurückgestellt. f) Schweiz
In Art. 36 Abs. 1 der Bundesverfassung ist geregelt, daß das Post- und Telegrafenwesen im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft Sache des Bundes ist. Die Organisation der schweizerischen Post-, Telephon- und Telegraphenbetriebe richtet sich nach dem Bundesgesetz über die Organisation der Post-, Telephon- und Telegraphenbetriebe, dem sog. PTT-Organisationsgesetz vom 6.10. I960 2 1 4 . Die PTT hat die Rechtsform eines selbständigen eidgenössischen 211
So auch Bruce / Cunard/ Director , From Telecommunications to Electronic Services, S. 512, 514, 521. 212 So betreibt etwa die Tochtergesellschaft „Transpac" zu sehr niedrigen entfernungsunabhängigen Tarifen das Paketvermittlungsnetz, das u.a. im Télétel-Dienst (Btx) eingesetzt wird. Die Tochtergesellschaften nehmen die Dienstleistungen der Muttergesellschaft im übrigen bevorzugt, d. h. zu besonderen, günstigen Wiederverkaufsbedingungen in Anspruch. 213
Beispielsweise wird Télétel (Bildschirmtext) in Frankreich als ein spezifisches industriepolitisches Instrument gesehen. Dort wird das Minitel-Endgerät von der Fernmeldeverwaltung an Telefonteilnehmer gratis abgegeben. Dafür wird dem Kunden das gedruckte Telefonbuch durch ein elektronisches Telefonverzeichnis ersetzt (annuaire électronique). Nach Ansicht von V. Schneider wäre in der Bundesrepublik diese hauptsächlich industriepolitisch motivierte Marketingstrategie bzw. Endgerätepolitik auf den Widerstand der auf Liberalisierung drängenden Computerindustrie, des Bundeswirtschaftsministeriums sowie der Telefonbuchverlage gestoßen und daher „niemals durchführbar gewesen", V. Schneider, Technikentwicklung zwischen Politik und Markt: Der Fall Bildschirmtext. Frankfurt/Main, New York 1989, S. 190ff., vgl. auch S. 41 f., 165ff.; ferner ausführlich Pospischill Bildschirmtext in Frankreich und Deutschland. Nürnberg 1987, S. 18 ff., 53ff., 84ff. 214 SR 781.0; AS 1961,1, S. 17, geändert durch das Bundesgesetz vom 19.12.1969, AS 1970, 1, S. 706.
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
Betriebs ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Träger der PTT ist die Schweizerische Eidgenossenschaft; sie ist Eigentümerin des gesamten PTT-Vermögens. Das Angebot von Dienstleistungen im Fernmeldewesen richtet sich nach dem Telegraphen- und Telephonverkehrsgesetz (TVG) vom 14.10.1922 (SR 784.10) sowie verschiedenen Verordnungen. Art. 1 TVG, der der schweizerischen PTT umfassende Rechte verleiht, lautet: „Die Post-, Telephon- und Telegraphenbetriebe haben das ausschließliche Recht, Sende- und Empfangseinrichtungen sowie Anlagen jeder Art, die der elektrischen oder radioelektrischen Zeichen-, Bild- und Lautübertragung dienen, zu erstellen und zu betreiben."
De facto verfügt die PTT über ein Monopol im Netzbereich und bei den entsprechenden Diensten. Aber auch im Endgerätebereich besitzt die PTT noch eine weitestgehende Monopolstellung: Sie bietet ausschließlich Telexgeräte und Nebenstellenanlagen sowie bestimmte Modems selbst a n 2 1 5 . Einfache Telefongeräte wurden zum 1.1. 1988 insofern liberalisiert, als nur noch der erste Fernsprechapparat am Hauptanschluß von der PTT zu beziehen ist. Zweit- und weitere Apparate können seitdem auch von privaten Unternehmen erworben werden. In der Schweiz hat vor einigen Jahren eine Diskussion über die künftige Stellung der PTT eingesetzt, die sich insbesondere auf die Revision des Telegraphen- und Telephonverkehrsgesetzes von 1922 richtet. So wurde im Jahre 1984 eine Studienkommission eingesetzt mit dem Auftrag, Vorschläge für ein neues Fernmeldegesetz vorzulegen. Diese Studienkommission hat im April 1985 den „Vorentwurf Fernmeldegesetz April 1985" zusammen mit einem Bericht 216 vorgelegt. Der Entwurf der Studienkommission ist anschließend vom Verwaltungsrat der PTT-Betriebe und der Konsultativen PTT-Konferenz verabschiedet worden. Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) hat daraufhin das Vernehmlassungsverfahren bei Kantonen, politischen Parteien und anderen Beteiligten durchgeführt. A m 7.12.1987 hat schließlich der Bundesrat dem Parlament die Botschaft und den Entwurf zu einem Fernmeldegesetz vorgelegt 217 . Einzelheiten des Gesetzentwurfs können hier nicht hinreichend diskutiert werden 218 . Allgemein kann jedoch gesagt werden, daß der Entwurf die 215
Vgl. Logica UK, Ltd., European Communication Services, S. 395ff. Bericht der Studienkommission för ein neues Fernmeldegesetz an die PTT-Betriebe, ohne Ortsangabe, 22. April 1985. In der Diskussion wird gelegentlich die Alternative einer einheitlichen, aber voll privatisierten „PTT-Schweiz A G " angesprochen. Der Präsident der PTT-Generaldirektion Hans Werner Binz hat kürzlich diesen Vorschlag mit der Begründung zurückgewiesen, daß auch eine private PTT ein Monopol ohne Konkurrenzdruck hätte und diesem ein öffentliches, ausgedehnten Kontrollen unterliegendes Monopol vorzuziehen sei, vgl. N Z Z vom 24.11. 1986. 216
217 Vgl. Plagemann, Der Entwurf zum neuen Fernmeldegesetz der Schweiz, CuR 1989, S. 59ff., 152ff.
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Aufrechterhaltung des Netzmonopols und die Zulassung von VAN-Diensten im Wettbewerb unter Marktbeteiligung der PTT sowie eine „evolutionäre Liberalisierung" bei Endgeräten vorsieht. Zu der Auslagerung von Aufgaben in rechtlich unabhängige Tochtergesellschaften enthält der Gesetzentwurf und die Begründung keine weiteren Hinweise. In dem PTT-Organisationsgesetz sind bereits 1960 Regelungen für die Beteiligung der PTT an anderen Unternehmen getroffen worden. Gemäß Art. 14 hat der Bundesrat einen Genehmigungsvorbehalt bei Beteiligungen und anderen Unternehmungen. Durch die Gesetzesnovellierung von 1969 ist diese Bestimmung insofern geändert worden, als der Bundesrat dieses Genehmigungsrecht nunmehr abtreten kann. Gemäß der Vollziehungs ver Ordnung zum PTT-Organisationsgesetz 219 liegt diese Kompetenz in Abhängigkeit von der Höhe der Beteiligung beim Bundesrat, dem Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement oder dem Verwaltungsrat. Gegenwärtig besitzt die PTT nur geringe Gesellschaftsanteile bei einigen Immobiliengesellschaften, Verkehrsunternehmungen und Energieversorgungsgesellschaften. Eine Ausnahme in der Beteiligungshöhe bildet gegenwärtig die Radio Schweiz AG, an der die PTT mit 95% beteiligt ist. Aus neuerer Zeit ist zu berichten, daß die schweizerische PTT Anfang 1990 einen Anteil von 5,5% an der International Information Network Services Inc., Los Angeles (Infonet) erworben hat. Damit wird deutlich, daß das Angebot internationaler Mehrwertdienste auch für die PTT eine wachsende Bedeutung gewinnt. Insgesamt ist jedoch festzustellen, daß die PTT eine zurückhaltende Beteiligungspolitik betreibt. Das gilt selbst im Hinblick auf die Radio Schweiz AG, weil die geplante Umstrukturierung dieser A G zu einer Reduzierung des PTTAnteils führen wird 2 2 0 . Da das künftige Unternehmenskonzept für die Radio Schweiz A G und Einzelheiten der beabsichtigten Teilprivatisierung noch nicht im einzelnen feststehen, soll hierauf nicht im einzelnen eingegangen werden. g) Niederlande
In den Niederlanden hat die Diskussion über die Liberalisierung der PTT kürzlich zu einer Umstrukturierung geführt. Danach ist zum 1.1. 1989 das für Post- und Fernmeldewesen zuständige öffentliche Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden; verschiedene Bereiche des Fernmeldewesens wurden dem Wettbewerb geöffnet. Zu dieser Neuorientierung hat zuletzt die vorbereitende Arbeit der sog. Steenbergen-Kommission beigetragen 221 . Die 218
Siehe dazu Plagemann, CuR 1989, S. 64f., 152ff. AS 1970,1, S. 745. 220 Schweizerische PTT, Geschäftsbericht 1986, S. 10. 221 Vorläufer der Steenbergen-Kommission war eine Kommission unter dem Vorsitz von F. Swarttouw. Diese wurde im Juli 1981 von der christlich-demokratischen Regierung 219
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
Steenbergen-Kommission wurde im Juni 1984 eingesetzt; sie legte ein Jahr später ihren Abschlußbericht der Regierung vor. Zentraler Grundgedanke der Empfehlungen ist die organisatorische und rechtliche Trennung von gemeinnützigen und wettbewerblichen Telekommunikationsdiensten. Die niederländische Regierung hat zu dem Bericht der Steenbergen-Kommission Stellungnahmen des PTT-Rates, der PTT und von Verbänden der Postbediensteten eingeholt. Danach hat das Kabinett am 22. November 1985 vorläufige Beschlüsse über die zukünftige Post- und Fernmeldeverwaltung vorgelegt. Die Reformvorstellungen des Regierungskabinetts deckten sich fast vollständig mit den Empfehlungen der Steenbergen-Kommission. Bislang wurde die niederländische PTT als ein öffentliches Unternehmen durch das Ministerium für Verkehr und Wasserwirtschaft geführt. Ihr Jahresbudget war Teil des Staatshaushalts. Die PTT leistete eine jährliche Abgabe an den Staatshaushalt 222 . Die Steenbergen-Kommission hatte vorgeschlagen, die PTT in eine privatrechtliche Holding (Aktiengesellschaft) umzuwandeln. Das Aktienkapital soll vollständig in der Hand des Staates bleiben. Innerhalb der Holding sollen zwei GmbHs des niederländischen Rechts (B.V.) gegründet werden, je eine für Post und Telekommunikation. Nach den Empfehlungen der Kommission soll der Bereich Telekommunikation weiter getrennt werden in eine Gesellschaft für „gemeinnützige lizensierte" Telekommunikation und eine weitere für „unternehmerische nicht-lizensierte" Telekommunikation. Die niederländische PTT steht den Empfehlungen der Kommission überwiegend positiv gegenüber. Sie hat letztlich nur eine einzige Maßnahme kritisiert, nämlich die Verpflichtung, für die Wettbewerbsaktivitäten (unternehmerische nicht-lizensierte Telekommunikation) ein gesondertes Tochterunternehmen gründen zu müssen. Statt dessen will sie gemeinnützige und wettbewerbliche Telekommunikationsdienste weiterhin gemeinsam, innerhalb eines Unternehmens anbieten können 2 2 3 . Die Vorschläge der Steenbergen-Kommission sind von der Regierungskoalition weitestgehend übernommen worden. Auch mit Zustimmung der sozialdemokratischen Opposition, der Gewerkschaften und der PTT ist eine deutliche Einschränkung des PTT-Monopols im Fernmeldebereich vorgesehen. Die Regierung entschied sich für eine Umwandlung des öffentlichen Unternehmens eingesetzt; sie legte ihren Bericht im März 1982 aber einer sozialdemokratisch geführten Regierung vor. Diese stellte die Reformüberlegungen zurück. Im Januar 1984 übernahm eine neue Koalition von Christdemokraten und Liberalen die Regierung. Die früheren Pläne wurden wieder aufgenommen, jedoch wurde gleichzeitig beschlossen, Status und Struktur der zukünftigen PTT noch einmal untersuchen zu lassen. Näheres bei Wieland, Die Neuordnung des Fernmeldewesens in den Niederlanden, ZögU 1986, S. 297 (299ff.). 222 Vgl. Wieland, ZögU 1986, S. 297 (301). 223 Ygi Wieland, ZögU 1986, S. 297 (300); PlagemannI Bachmann, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer privatrechtlichen Organisation der Deutschen Bundespost. Die niederländische Lösung als Vorbild?, DÖV 1987, S. 807 (808ff.).
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PTT in eine Holding-Aktiengesellschaft, die je eine GmbH für das Post- und Fernmeldewesen enthält. Die Post-GmbH soll weiterhin den traditionellen Post- und Telegrafendienst übernehmen. Die Dienstleistungen sollen teilweise in freier Konkurrenz mit Dritten erbracht werden. Die Versorgungs- und Unternehmensfunktionen werden nicht getrennt, da diese Trennung schwer durchführbar sei und im Hinblick auf den bereits bestehenden Wettbewerb auch nicht notwendig 224 . Der Tätigkeitsbereich der PTT im Fernmeldewesen soll in drei Teilbereiche gegliedert werden 225 : 1. Gemeinnützige Aufgaben (d.h. Errichten und Bereitstellen der öffentlichen Netze, Basisdienste, elementare Endgeräte), 2. wettbewerbsfähige Aufgaben (d. h. Errichten und Bereitstellen von Netzen für geschlossene Benutzergruppen, Beratung, Mehrwertdienste, komplexe Endgeräte), 3. Regulierungsfunktion (Erlaß von Vorschriften, Standardisierung, Zulassung). Der Bereich der Regulierungsfunktion wird dann der PTT vollständig entzogen und einer neu zu gründenden Abteilung im Ministerium für Verkehr und Wasserwirtschaft unterstellt. Diese Abteilung erteilt auch die Konzession bzw. Betriebsgenehmigung für Dienste- und Netzbetreiber. Die Konzession enthält eine Umschreibung der gemeinnützigen Aufgaben, Bestimmungen über die Tarifstruktur und Qualitätsnormen etc. 2 2 6 . Die PTT, genauer, die „B.V. Telecommunicatie", erhält eine gesetzliche Konzession. Der Vorschlag der Kommission, für die wettbewerbsfähigen Aufgaben der P T T 2 2 7 die Gründung einer Tochtergesellschaft vorzusehen, wird zunächst nicht umgesetzt 228 . Statt dessen sollen gemeinnützige und unternehmerische Aufgaben in zwei buchhalterisch getrennten Unternehmensteilen ausgeübt werden; zwischen beiden Unternehmensteilen dürfen keine Subventionsströme fließen. Dadurch soll eine Finanzierung von wettbewerbswidrigen Unterkostenpreisen verhindert werden. Die strikte Trennung der Finanzmittel soll auch zu einer effizienten Unternehmensführung beitragen. Im übrigen soll eine Quersubventionierung zwischen dem Post- und Fernmeldebereich unterbleiben. Eventuelle Verluste sollen vorübergehend von anderen Betriebsteilen gedeckt werden. 224
Dek, Verselbständigung der niederländischen Telekommunikation, in W. Kaiser (Hrsg.), telematica, Teil 1, München 1986, S.43. 225 Nach Wieland, ZögU 1986, S. 297 (303). 226 Ausführlich Wieland, ZögU 1986, S. 297 (304f.). 227 Die Abgrenzung von Wettbewerbs- und gemeinnützigen Aufgaben gehört zu den wettbewerbstheoretisch und fernmeldepolitisch aktuellsten Fragen. A u f diesen Aspekt soll hier nicht weiter eingegangen werden, vgl. zu dem niederländischen Lösungsmodell Wieland, ZögU 1986, S. 297 (306f.). 228 Die PTT ist berechtigt, an den oben unter Ziff. 2 genannten Bereichen uneingeschränkt teilzunehmen, einschließlich des Marktes für Endgeräte.
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Die Gründung einer Tochtergesellschaft für die unternehmerische nichtlizensierte Telekommunikation ist von der Regierung vorläufig zurückgestellt worden. Es soll noch einmal überdacht werden, ob diese Trennung von der gemeinnützigen lizensierten Telekommunikation nicht noch zu einem späteren Zeitpunkt durch einen Kabinettsbeschluß herbeigeführt werden soll. Hervorzuheben an der niederländischen Lösung ist das Ziel, einen dynamischen, verbraucherorientierten Informations- und Kommunikationssektor zu schaffen. Dabei wurde gleichzeitig erkannt, daß die künftige PTT zwei Aufgaben zu erfüllen hat: Zum einen erstellt sie als öffentlicher Versorgungsbetrieb die Kommunikationsinfrastruktur, zum anderen soll sie die Funktion eines Unternehmens wahrnehmen, das in Konkurrenz mit Dritten Peripheriegeräte und neue Tele-Informationsdienste anbietet 229 . Beiden Aufgaben kann die niederländische PTT besser gerecht werden, wenn der staatliche Einfluß reduziert wird 2 3 0 . Die Gesetzesvorschläge zur Neuorganisation der PTT und zum neuen Telekommunikationsgesetz sind im Sommer 1988 von der Zweiten Kammer des niederländischen Parlaments verabschiedet worden. Die Neuorganisation wurde daher wie geplant zum 1.1. 1989 umgesetzt. 3. Beurteilung In dem vorstehenden Überblick ist die aktuelle Unternehmenspolitik ausländischer Fernmeldeverwaltungen bzw. dominanter Netzbetreiber in bezug auf die Gründung von Tochtergesellschaften behandelt. Dabei wurden die Staaten USA, Großbritannien, Japan, Schweden, Frankreich, die Schweiz und die Niederlande zum Vergleich hinzugezogen. Summarisch bleibt festzustellen, daß der Überblick sowohl staatliche Verwaltungen, gemischtwirtschaftliche Fernmeldeunternehmen und private Fernmeldegesellschaften erfaßt. Soweit das Fernmeldewesen staatlich organisiert ist, verfügen in Frankreich und in Schweden die Verwaltungen über eine hohe Anzahl von ausgelagerten, privatrechtlich organisierten Betriebsteilen. Teilweise stellen diese auch größere Geschäftsbereiche des jeweiligen Netzbetreibers dar (z.B. in Schweden). In der Schweiz dagegen sind Tochtergesellschaften bzw. Beteiligungen nur eine Randerscheinung. Erst in jüngster Zeit hat sich auch die schweizerische PTT an einem amerikanischen Kooperationsunternehmen für innovative Telekommunikationsdienste beteiligt.
229
Dek, in W. Kaiser (Hrsg.), telematica, S. 42. So der Hauptgeschäftsführer der PTT-Telekommunikation Zentraldirektion Albert Dek: „Die starke Bindung an die Obrigkeit behindert ein flexibles und schlagfertiges Auftreten der PTT. Eine Abnabelung vom Staat erhöht ihre Bewegungsfreiheit" (in W. Kaiser (Hrsg.), telematica, S. 49). 230
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Die niederländische PTT — sie war bis zum 31.12. 1988 ein Teil der Staatsverwaltung—stellt insofern zur Zeit einen Sonderfall dar, als die PTT sich gegenwärtig in einer Phase der Umwandlung in eine privatrechtliche Holdinggesellschaft befindet; es sind weitere organisatorische, regulierungspolitische und personalrechtliche Änderungen zu erwarten. Daß vorläufig die Gründung von Tochtergesellschaften von der niederländischen PTT nicht offensiv verfolgt wird, dürfte auch auf die Umstrukturierung zurückzuführen sein. Es kann aber angenommen werden, daß die neue PTT-AG auch die Chancen einer Konzernstruktur prüfen und gegebenenfalls wahrnehmen wird. Immerhin bleibt die Beobachtung, daß sich die niederländische PTT gegen eine gesetzliche Auslagerung von Telekommunikations-Wettbewerbsdiensten in eine unabhängige Tochtergesellschaft bislang gewehrt hat. Dies kann zumindest so verstanden werden, daß sich die PTT die Möglichkeit offenhalten will, etwaige Verbundvorteile zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereichen zu nutzen. In Japan, Großbritannien und den USA ist das Fernmeldewesen privatrechtlich organisiert, mithin nicht Teil der Staatsverwaltung. Von allen drei Ländern läßt sich die Gründung und der Betrieb von Tochtergesellschaften berichten: In Japan ist eine extensive Gründung von Tochtergesellschaften zu beobachten. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Auslagerung bestimmter Aufgaben besteht jedoch nicht. British Telecom betreibt seit Beginn der 80er Jahre eine größere Anzahl von Tochtergesellschaften. Teilweise wird von dem Unternehmen eine vertikale Integration gezielt verfolgt, teilweise ist die Auslagerung als Regulierungsauflage gesetzlich vorgegeben. In gleicher Weise bestand in den USA für A T & T und die BOCs bis vor kurzem die Auflage, ihre Monopol- von den Wettbewerbsaktivitäten organisatorisch zu trennen. Nach der Computer I i i Entscheidung ist diese organisatorische Trennung nicht mehr zwingend, dagegen wird die ökonomische, buchhalterische Abtrennung erheblich verstärkt. So bewirkt die durch die Computer III-Entscheidung neu eingeführte „Open Network Architecture" (ONA) letztlich, daß Verbundleistungen zwischen Vermitteln und erweiterten Funktionen nunmehr nicht bzw. nur zu erhöhten Kosten erbracht werden können. Insgesamt läßt sich feststellen, daß die Gründung von Tochtergesellschaften bei Netzbetreibern z.T. aus höchst unterschiedlichen Motiven erfolgt. Teilweise dienen sie der Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs, teilweise nutzen Fernmeldegesellschaften gezielt dieses unternehmensorganisatorische Mittel zur Sicherung ihrer Marktposition bzw. zur Effizienzsteigerung. Sie unterliegen dabei in vielen Fällen keinen rechtlichen Restriktionen, d.h. können die Aufnahme ihrer Betätigung von betriebswirtschaftlichen Erwägtingen abhängig machen. In mehreren Ländern werden Tochtergesellschaften besonders mit innovativen, auf einen kleineren, speziellen Anwenderkreis zugeschnittenen Aufgaben betraut. Eine Eingrenzung der Aufgabengebiete auf die klassischen Fernmeldedienstleistungen läßt sich in den betrachteten Ländern kaum noch erkennen. Das Spektrum der Tätigkeitsbereiche der PTT-Tochtergesellschaften reicht von Fernmeldediensten hin zu Datenverarbeitungsdiensten, der Produk7 Plagemann
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Teil A: Reform des Kommunikationsunternehmens Deutsche Bundespost
tion von Endgeräten, Immobiliengeschäften, Beratungs-,Bank- und Versicherungsdienstleistungen. Damit werden eine Vielzahl von Unterstützungsleistungen außerhalb des klassischen Post- und Fernmeldegeschäfts durch Tochtergesellschaften ausgeübt. Insgesamt handelt es sich bei den Tätigkeitsbereichen der ausländischen Post- und Fernmeldeunternehmen zu einem großen Teil um Dienstangebote, die vergleichsweise von der Deutschen Bundespost überhaupt nicht angeboten werden, wie ζ. B. Immobiliengeschäfte, Bank- und Versicherungsdienstleistungen, Produktion von Endgeräten oder Dienstleistungen im Datenverarbeitungsbereich. Es ist auch aus verfassungsrechtlicher Sicht sehr fraglich, ob der Deutschen Bundespost ein genauso weitgefächertes Tätigkeitsfeld für ihre Tochtergesellschaften zur Verfügung steht wie den meisten untersuchten Fernmeldegesellschaften. Diese Frage nach den zulässigen Tätigkeitsbereichen der Bundespost (Aufgabenkompetenzen) wird daher an späterer Stelle aufzunehmen sein (B.II.3.).
Teil Β
Die rechtliche Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen I. Zulässigkeit und Grenzen erwerbswirtschaftlicher Betätigung des Staates in privatrechtlichen Organisationsformen 1. Der Begriff „erwerbswirtschaftliche Betätigung" Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Staates wird in der juristischen Literatur das erwerbswirtschaftliche dem sozialwirtschaftlichen Handeln gegenübergestellt 231. Diese Unterscheidung wird vorwiegend dazu verwendet, um Aussagen über die rechtliche Beurteilung der jeweiligen Betätigung zu treffen 232 . Teilweise dient die Unterscheidung auch für Aussagen über die rechtliche Zulässigkeit 233 . Deshalb sollen zunächst diese beiden Kategorien umschrieben werden und sodann der notwendige Bezug zum verwaltungsprivatrechtlich geprägten Bereich der staatlichen Betätigung hergestellt werden. Anschließend sind einzelne verfassungsrechtliche Schranken näher zu beurteilen. In Anlehnung an Grupp handelt es sich um rein erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand, wenn das Unternehmen lediglich den Zweck verfolgt, Einnahmen für den Staat zu erwirtschaften. Diese „Unternehmen erfüllen keine öffentlichen Aufgaben und dienen keinem öffentlichen 231 Vgl. Grupp, Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand unter dem Grundgesetz, ZHR 140 (1976), S. 367 (369ff.); Stober, Eigenwirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, Betriebs-Berater 1989, S. 716 (717); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 89ff. m.w.N. 232 So betont z.B. Köttgen bei den privatrechtlichen Gesellschaften des Bundes den erwerbswirtschaftlichen Aspekt, „ . . . dort, wo eine handelsrechtliche Gesellschaft erwerbswirtschaftlich engagiert sein sollte, entbehrt sie jedes verfassungsrechtlichen Interesses", und andererseits als Gegenüberstellung: „Verfassungsrechtlich von Interesse sind indessen nur diejenigen Vereine und Gesellschaften, die sich in instrumentaler Abhängigkeit vom Bunde befinden und sich daher als ein privatrechtlicher Annex seiner öffentlichrechtlichen Verwaltungsorganisation verstehen", Köttgen, Der Einfluß des Bundes auf die deutsche Verwaltung und die Organisation der bundeseigenen Verwaltung, JöR N.F. Bd. 11 (1962), S. 173 (291) (Hervorhebung vom Verfasser). 233
BVerwGE 39, 329 (339 f.); Emmerich, Neues zur wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, Die Aktiengesellschaft 1985, S. 293 (294, 296). 7*
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Zweck" 2 3 4 . Zur erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit zählt Grupp noch folgende Kategorie: „Zur erwerbswirtschaftlichen Betätigung gehören auch diejenigen wirtschaftlichen Tätigkeiten, die von Unternehmen, die der öffentlichen Hand gehören oder an denen sie beteiligt ist, zusätzlich zu dem der Verfolgung öffentlicher Zwecke dienenden Geschäftsbetrieb wahrgenommen werden." 235
Dagegen liegt sozialwirtschaftliche Betätigung dann vor, wenn die Gewinnerzielung zum Nebenzweck wird und „das Gemeinwesen gezwungen (ist), auch im wirtschaftlichen Bereich Leistungen vorzuhalten, um die elementaren Lebensbedürfnisse der Bürger zu befriedigen" 236 . Charakteristisch ist, daß diese Unternehmen öffentliche Aufgaben erfüllen und ein „wesentlicher Bestandteil der sozialstaatlichen Verpflichtung der öffentlichen H a n d " 2 3 7 sind. Als Beispiel werden regelmäßig angeführt: Die Beseitigung von Abfallen und Abwasser, Betrieb von Krankenhäusern und Schlachthöfen, Unterhaltung von Verkehrsbetrieben, Energie- und Wasserversorgung etc.. Diese beiden Kategorien prägen die theoretische Auseinandersetzung mit der Thematik. Allerdings entsteht oftmals der Eindruck, daß diese Unterscheidung nicht den Kern der Sache trifft. So wird in der Praxis und bei der Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit die sozialstaatliche Aufgabe tendenziell überbetont, auch wenn der eigentliche Zweck der wirtschaftlichen Betätigung im ökonomischen Bereich der Gewinnerzielung zu suchen sein dürfte. Gerade bei den öffentlichen Unternehmen 238 des Staates ist es heute mehr als fraglich, ob die Gegenüberstellung „erwerbswirtschaftliche" und „sozialwirtschaftliche" Betätigung (d. h. „Gewinnerzielung" versus „Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse der Bürger") noch zeitgemäß ist. Verschiedene staatliche Beteiligungen bei öffentlichen Unternehmen erfüllen heute u.a. Aufgaben, die sich nicht mehr unmittelbar in eine der beiden Kategorien einordnen lassen (ζ. B. bei Forschung und Entwicklung, Industriepolitik, Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie usw.). Die Abgrenzung der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit einerseits von den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in Bereichen der Daseinsvorsorge andererseits kann im Einzelfall schwierig sein. Auch bei den 234
Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (370). Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (371); Grupp nennt hierfür beispielhaft „die Tätigkeit öffentlich-rechtlicher Immobiliarfeuer-Zwangsversicherer auf dem Gebiet des Mobiliarfeuer-Versicherungsschutzes ebenso wie die Durchführung von Werbesendungen durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und die Veranstaltung von Charterflügen durch die der Deutsche Lufthansa A G gehörende Tochtergesellschaft Condor-Flugdienst GmbH" (ZHR 140 (1976), S. 371). 236 Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (373). 237 Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (374). 238 „Öffentliche Unternehmen" werden bei Backhaus umfassend definiert als „solche Einrichtungen und Anlagen, die im Eigentum einer öffentlichen Körperschaft stehen oder von einer solchen faktisch kontrolliert werden", Backhaus, Öffentliche Unternehmen. 2. Aufl., Frankfurt a.M. 1980, S. 121. 235
I. Erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates
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Eigengesellschaften der Deutschen Bundespost oder den Beteiligungen wird es auf die ordnungspolitische Einstellung des Betrachters ankommen, ob man die Gewinnorientierung oder die öffentliche Aufgabe im weitesten Sinne in den Vordergrund stellt. Sicherlich wird man aber Gewinnerzielungsabsicht bzw. Streben nach einer ausgeglichenen Bilanz und sozialwirtschaftliche Betätigung als Ausdruck öffentlicher Verwaltung nicht als einen Gegensatz ansehen können 2 3 9 . Beide Zwecke der wirtschaftlichen Betätigung müssen einander nicht ausschließen240. Auch bei der Deutschen Bundespost zeigt sich, daß die Verwendung dieser beiden Kategorien doch nicht zu der gewünschten Präzisierung der betreffenden staatlichen Betätigung führt. Denn sofern die Eigengesellschaften der Deutschen Bundespost öffentliche Aufgaben erfüllen, wäre im folgenden von „sozialwirtschaftlicher Betätigung" zu sprechen. Da es sich aber bei den wirtschaftlichen Leistungen, nämlich ζ. B. spezielle Endgeräte und Telekommunikationsmehrwertdienste, nicht um die Befriedigung „elementarer Lebensbedürfnisse der Bürger" {Grupp) handelt, liegt nach der oben eingeführten Unterscheidung eher „erwerbswirtschaftliche Tätigkeit" vor. Wenn hier dennoch der Begriff „erwerbswirtschaftliche Betätigung" gewählt werden soll, so deshalb, weil das am Markt zu beobachtende Verhalten der jeweiligen Eigengesellschaft (bzw. Beteiligung) der Bundespost den Marktgesetzen und ihren Regularien (Angebot und Nachfrage, keine sozialen Preise) unterliegen soll. Das Marktverhalten der Eigengesellschaften soll dagegen nicht in gleicher Weise wie die Bundespost selbst den verschiedensten sozialen Zielen verpflichtet sein. Die wirtschaftliche Tätigkeit der Eigengesellschaften soll somit nicht als eine öffentliche Leistung verstanden werden. Unter einer erwerbswirtschaftlichen
Betätigung wird deshalb im folgenden
„das Handeln des Staates im Bereich der grundsätzlich freien Konkurrenz verstanden. Die öffentliche Hand ist bestrebt, im Rahmen betriebswirtschaftlicher Grundsätze und der gesetzlichen Bindungen ein Maximum an Gewinn zu erzielen." 241
239
So soll hier auf das Beispiel der Deutschen Lufthansa A G hingewiesen werden, an der der Bund mit 65,38% (ohne die Beteiligungsanteile der Bundespost und Bundesbahn) beteiligt ist (Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungen des Bundes im Jahre 1987, S. 121). Diese Bundesbeteiligung wird nach h.M. von der Rechtslehre als erwerbswirtschaftliche Tätigkeit eingestuft, vgl. z.B. von Münch, in von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar. Band III, 2. Aufl., München 1983, Art. 87 d Rdnr. 3. Andererseits ist in der Debatte um die teilweise Privatisierung des Bundesanteils an der Lufthansa A G von der bayerischen Landesregierung mit besonderem Nachdruck die Verantwortung des Bundes in diesem Bereich betont worden. Diese sozialstaatliche Verantwortung lasse eine teilweise Privatisierung nicht zu. 240 Dazu Zurhorst, Die Deutsche Bundespost zwischen gemeinwirtschaftlichem Auftrag und erwerbswirtschaftlichen Bestrebungen, ZPF 1975 (12), S. 4 (6); allgemein siehe Schmittat, Rechtsschutz gegen staatliche Wirtschaftskonkurrenz, ZHR 148 (1984), S. 428 (454 f.).
102
Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Dabei ist i n diesem Untersuchungszusammenhang das Verhältnis der „erwerbswirtschaftlichen Betätigung" i m H i n b l i c k auf die Lehre vom Verwaltungsprivatrecht 242, d . h . die verwaltungsprivatrechtlich geprägten Tätigkeiten, v o n näherem Interesse. So w i r d i m S c h r i f t t u m 2 4 3 bei den verschiedenen A r t e n 2 4 4 des fiskalisch ( = i n der F o r m des Zivilrechts) handelnden Staates (fiskalische Verwaltung) zwischen der „erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der öffentlichen H a n d " u n d denjenigen Fällen i m Bereich der Leistungsverwaltung unterschieden, i n denen sich die Verwaltung „ z u r Erfüllung hoheitlicher Aufgaben der Rechtsform des Privatrechts bedient (sog. Verwaltungsprivatrecht)" 2 4 5 . I n diesen F ä l l e n 2 4 0 ergibt sich aus der Lehre v o m Verwaltungsprivatrecht, inwieweit die privatrechtlich handelnde Verwaltung an die Grundsätze des öffentlichen Rechts gebunden bleibt. Als kennzeichnend für den Bereich des Verwaltungsprivatrechts w i r d i n L i t e r a t u r 2 4 7 u n d Rechtsprechung 2 4 8 allgemein das K r i t e r i u m angesehen, daß es
241 Zeidler, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, VVDStRL 19 (1961), S. 208 (232). Die hier verwendete Umschreibung „erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit" verwendet auch Hans Peter Ipsen, vgl. Ipsen, Zum Funktionsbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten außerhalb der unmittelbaren Programmveranstaltungen, DÖV 1974, S. 721 (726). 242 Der Begriff „Verwaltungsprivatrecht" geht letztlich zurück auf Wolfgang Siebert, Privatrecht im Bereich öffentlicher Verwaltung, in Festschrift für Hans Niedermeyer, Göttingen 1953, S. 215 (221, 240) und Hans J. Wolff in Wolff/ Bachof Verwaltungsrecht. Band I, 9. Aufl., München 1974, § 23 I I b, (1. Aufl. von 1956, § 23 I b). 243 Vgl. etwa von Münch, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in Erichsen / Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht. 8. Aufl., Berlin/New York 1988, S. 29ff., 51 ff.; Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in Erichsen I Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 358 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht. 7. Überarb. und erg. Aufl., München 1990, S. 26ff.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland. Band I I I / 1 , München 1988, S. 1396f., 1402ff.; von Zezschwitz, Rechtsstaatliche und prozessuale Probleme des Verwaltungsprivatrechts, NJW 1983, S. 1873 (1874ff.). 244 Die dritte Kategorie bei dieser Unterscheidung, nämlich die Anschaffung der für die Verwaltungstätigkeit notwendigen Sachgüter (sog. Hilfsgeschäfte der Verwaltung), soll in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben. 245 von Münch, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in Erichsen I Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 30. 246 In der Praxis dürfte regelmäßig bei der „Erfüllung hoheitlicher Aufgaben in der Rechtsform des Privatrechts" (von Münch) auch eine „sozialwirtschaftliche Betätigung" im Sinne von Grupp vorliegen, vgl. dazu Grupp, Z H R 140 (1976), S. 367 (377). 247 Ehlers, Rechtsstaatliche und prozessuale Probleme des Verwaltungsprivatrechts, DVB1. 1983, S. 422 (423); ders., Verwaltung in Privatrechtsform, S. 213; Dürig, in Maunz/Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. I, Rdnr. 480; Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in Erichsen ! Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 359; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / 1 , S. 1396, 1402ff. 248 BGHZ 29, 76 (79 ff.); 33,230 (233); 36,91 (95 ff.); 52, 325 (328 ff.); 65, 284 (287); 91, 84 (96f.); BVerwG, Beschluß vom 6. 3. 1990, JZ 1990, S. 446.
I. Erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates
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sich beim Verwaltungshandeln um die „unmittelbare Erfüllung von Verwaltungsaufgaben" in Rechtsformen des Privatrechts handelt. Sofern der Verwaltung bei der Erbringung von Aufgaben der Leistungsverwaltung nicht zwingend die öffentlich-rechtliche Rechtsform vorgeschrieben worden ist, steht ihr eine Wahlfreiheit zu, ob sie ihre Leistungen in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Rechtsform erbringt 249 . Diese Wahlfreiheit erstreckt sich sowohl auf die Organisationsform der jeweiligen Einrichtung als auch auf die Ausgestaltung des Leistungs- oder Benutzungsverhältnisses. Nach herrschender Ansicht gibt die „Wahlfreiheit" der Verwaltung jedoch nicht die Möglichkeit, sich den bestehenden öffentlich-rechtlichen Bindungen zu entziehen 250 , vor allem der Bindung an die Grundrechte, insbesondere den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 251 . Nach der Lehre vom Verwaltungsprivatrecht bleibt die privatrechtlich handelnde Verwaltung vielmehr den öffentlich-rechtlichen Bindungen weitestgehend unterworfen 252 , „weil das materielle Kriterium öffentliche Verwaltung und nicht der formale Gesichtspunkt der Organisations- oder Handlungsform entscheidend i s t " 2 5 3 . Demgegenüber wird in der Literatur für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand — nach einer allerdings stark umstrittenen Auffassung — die Grundrechtsbindung verneint 254 . Auch daher ist es notwendig, die erwerbswirtschaftliche Betätigung von den Fällen systematisch zu unterscheiden, in denen sich die öffentliche Verwaltung zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben der Rechtsformen des Privatrechts (Verwaltungsprivatrecht) bedient 255 . 249 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 27f.; Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in ErichsenIMartens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 356ff.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / 1 , S. 1400ff. 250 Vgl. zu den weiteren, differenzierenden Ansätzen im Schrifttum Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 212 ff. 251 Der Rückgriff auf die Grundrechte ist allerdings „nur dann zulässig und angebracht, wenn im einfachen Gesetzesrecht, sei es im Privatrecht oder im öffentlichen Recht, keine Entscheidungsmaßstäbe enthalten sind oder diese mit den Grundrechten unvereinbar sind. Die Grundrechtsanwendung ist also subsidiär", Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / 1 , S. 1415; vgl. auch Ossenbühl, Daseinsvorsorge und Verwaltungsprivatrecht, DÖV 1971, S. 513 (521). 252 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 28; Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in Erichsen ! Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 358 ff.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / 1 , S. 1396f., 1408 ff., 1415f.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 212ff.; von Zezschwitz, NJW 1983, S. 1873 (1878ff.); R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht. Allgemeiner Teil. Berlin/Heidelberg/New York 1990, S. 492 f. 253 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / 1 , S. 1397. 254 H.H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb. Stuttgart/ Berlin/ Köln 1968, S. 169 ff.; Wolff/ Bachof, Verwaltungsrecht, Band I, § 23 I I a 1. Vgl. weiter zum Diskussionsstand Dürig, in Maunz/ Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. I Rdnr. 475 ff.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 212ff.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / 1 , S. 1407 ff.; diese Rechtsfrage wird an späterer Stelle aufgegriffen und vertieft (B.III.2.).
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Eine trennscharfe allgemeine Unterscheidung zwischen „erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit" des Staates und der „unmittelbaren Erfüllung von Verwaltungsaufgaben" (Verwaltungsprivatrecht) ist hingegen — wie bereits im Zusammenhang mit dem Begriffspaar „erwerbswirtschaftliche" und „sozialwirtschaftliche" Betätigung aufgezeigt wurde — heute in vielen Fällen problematisch 256 . Schwierigkeiten bereitet insbesondere eine stabile Umschreibung der für das Verwaltungsprivatrecht kennzeichnenden Merkmale der „Erfüllung von Verwaltungsaufgaben", „öffentlichen Aufgaben" und dem damit verbundenen Begriff der „Daseinsvorsorge" 257 . Dieses Problem wird insbesondere auch beim hier behandelten Fall der Deutschen Bundespost deutlich. Obwohl es sich z.B. bei einer Eigengesellschaft oder Beteiligung der Deutschen Bundespost, die etwa Endgeräte oder bestimmte höherwertige Telekommunikationsdienste anbietet, nicht um die „unmittelbare Erfüllung von Verwaltungsaufgaben" handelt, kann nicht ausgeschlossen werden, daß diese Gesellschaften im Zusammenhang mit dem Dienstleistungsspektrum der Deutschen Bundespost teilweise öffentliche Aufgaben im weiteren Sinne erfüllen. Gleichwohl bedingt das Poststrukturgesetz im Telekommunikationsbereich und für die Deutsche Bundespost, daß ehemals hoheitliche Aufgaben, die seinerzeit von der Deutschen Bundespost ausschließlich wahrgenommen wurden, nunmehr im Wettbewerb sowohl von privaten Unternehmen als auch von der Deutschen Bundespost nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen, d.h. erwerbswirtschaftlich erbracht werden können. Daher läßt sich eine allgemeine dauerhafte Abgrenzung zwischen erwerbswirtschaftlicher Betätigung einerseits und den verwaltungsprivatrechtlich geprägten Tätigkeiten andererseits mit den Mitteln der verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Dogmatik kaum mit letzter Sicherheit erzielen 258 . Insofern dient der Begriff „erwerbswirtschaftliche Betätigung" an dieser Stelle zunächst der Beschreibung für die Art und Weise des Angebots von Dienstleistungen, wohingegen die Rechtsfrage, welche Dienstleistungen überhaupt „erwerbswirtschaftlich" durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen der Deutschen Bundespost angeboten werden können, an späterer Stelle noch einer eingehenderen Klärung zu unterziehen bleibt 2 5 9 . 255 Ein weiteres verfassungsrechtliches Problem folgt schließlich daraus, daß die „erwerbswirtschaftliche Betätigung" des Staates nach einer weit verbreiteten Ansicht außerhalb der bundesstaatlichen Kompetenzordnung der Art. 30,83 ff. G G gesehen wird; vgl. hierzu eingehend unten B.II.4.a., wo der Frage nachgegangen wird, ob dieser Gedanke auf die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost durch Eigengesellschaften übertragen werden kann. 256 Hierauf weist z.B. hin von Zezschwitz, NJW 1983, S. 1873 (1877f.) m.w.N.; R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 502; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / l , S. 1397ff., 1402ÎT.; Lerche, in Maunz/Dürig/HerzogIScholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 83 Rdnr. 42. 257 Kritisch etwa Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in Erichsen!Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 359f.; Schmittat, ZHR 148 (1984), S. 430; Ossenbühl, DÖV 1971, S. 513 (514ff.). 258 Ähnlich auch Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I /1, S. 1398 f., 1405.
I. Erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates
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2. Die Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung in privatrechtlichen Organisationsformen Die Zulässigkeit der erwerbswirtschaftlichen Teilnahme des Staates a m Wirtschaftsleben ist i n der juristischen Literatur lange kontrovers diskutiert w o r d e n 2 6 0 . Dabei wurde grundsätzlich bestritten, daß der Staat u n d seine Verwaltungsorgane überhaupt a m Wirtschaftsleben teilnehmen dürfen, indem sie sich an privaten Unternehmen beteiligen bzw. juristische Personen des Privatrechts g r ü n d e n 2 6 1 . D i e Kontroverse ist vor allem darauf zurückzuführen, daß der W o r t l a u t des Grundgesetzes 2 6 2 keine A u s k u n f t darüber gibt, ob u n d inwieweit die Bildung v o n verwaltungseigenen juristischen Personen des Privatrechts oder ihre Beteiligung hieran zulässig s i n d 2 6 3 . Bei dieser Frage geht es einmal u m die Entscheidung, ob der Staat dem Bürger gegenüber überhaupt 259
Vgl. zur weiteren Umschreibung der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost B.II.l. sowie zur Frage der Zulässigkeit des Angebots in einer privatrechtlichen Organisationsform insbesondere B.IIAdd.Ô. 260 Das wird auch heute noch deutlich, etwa bei der Fragestellung, ob es sich bei der privatrechtlich organisierten Betätigung des Staates noch um „Verwaltung" handelt. Nach Ansicht von Stober ist „zur Bejahung des begrifflich umstrittenen Merkmals Verwaltung das formale Kriterium der Gründung oder Beteiligung durch öffentlichrechtliche Verwaltungsträger ausreichend", Stober, Die privatrechtlich organisierte öffentliche Verwaltung, NJW 1984, S. 449 (450) (Hervorhebung im Original). Ebenso Zeidler, VVDStRL 19 (1961), S. 212; Forsthoff Lehrbuch des Verwaltungsrechts. 10. Aufl., München 1973, S. 72; Rudolf Verwaltungsorganisation, in Erichsen I Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 56 I I 3 (S. 640 f.); Faber, Verwaltungsrecht. Tübingen 1987, S. 134 ff.; BGHZ 52, 325 (328); abwägend Becker, Eigenschaften der privatrechtlich organisierten Bundesverwaltung, Die Verwaltung 1979, S. 161 (165 f.). 261
Beispielhaft für die umstrittenen Tätigkeitsbereiche können hier Initiativen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten genannt werden, namentlich etwa die Versuche, das Werbefernsehen auszugliedern oder Video-Kassetten zu produzieren. Vgl. etwa Ipsen, der die Zuständigkeit der Sendeanstalten sehr weit faßt und jeden Sendeinhalt zur öffentlichen Aufgabe der Rundfunkanstalten zählt, Ipsen, Rechtsfragen zur „Ausgliederung" des Werbefernsehens, NJW 1963, S. 2102ff.; Seeger, Die Produktion von BildtonKassetten durch Rundfunkanstalten, DÖV 1972, S. 253 ff.; von Münch, in von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band I, 3. Aufl., München 1985, Art. 5 Rdnr. 33; Bethge, Der verfassungsrechtliche Stellenwert der Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Media Perspektiven 1983 (10), S. 690ff. 262 Verschiedene Landesverfassungen enthalten Regelungen über die Ausgestaltung öffentlicher (erwerbswirtschaftlicher) Unternehmen und gehen damit ersichtlich von deren Verfassungsmäßigkeit aus, vgl. die Verfassungen von Berlin (Art. 80), Bremen (Art. 40), Hessen (Art. 145), Nordrhein-Westfalen (Art. 88), Rheinland-Pfalz (Art. 61) und das Saarland (Art. 52). Die Frage nach der Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Unternehmen des Bundes ist damit freilich nicht beantwortet. 263 So auch Badura'. „Dem Verfassungsrecht läßt sich eine allgemeine oder grundsätzliche Entscheidung darüber, ob eine unternehmerische Tätigkeit der öffentlichen Hand zugelassen ist, welches Ausmaß sie annehmen und welche Wirtschaftsbereiche sie erfassen darf, nicht entnehmen.", Badura, Die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand mit besonderer Berücksichtigung der öffentlich-rechtlichen Wettbewerbs-Versicherungsunternehmen, ZHR 146 (1982), S. 448 (459).
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
mittels juristischer Personen des Privatrechts handeln darf. Verfassungsrechtlich umstritten ist die erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates in privatrechtlicher Organisationsform mit dem Ziel der Gewinnerwirtschaftung aber vor allem deswegen, weil in einem Steuerstaat im Prinzip kein öffentliches Interesse an einer unternehmerischen Betätigung des Staates bestehen kann. Letztlich kann diese Kontroverse heute jedoch als beigelegt angesehen werden. Inzwischen wird die Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Tätigkeiten der öffentlichen Hand nicht mehr grundsätzlich bestritten 264 . Der B G H 2 6 5 hat 1958 entschieden, ein generelles Verbot könne weder aus dem Grundgesetz noch aus dem Gesichtspunkt des Schutzes privater Unternehmen vor (staatlicher) Konkurrenz geschlußfolgert werden. Dabei mache es keinen Unterschied, ob die öffentliche Hand nur einen überkommenen Besitzstand weiterverwalte oder ob sie sich an neugegründeten Unternehmen beteilige. Als ein weiteres Gegenargument wird in der Literatur schließlich vertreten, daß der Staat sich nicht ausschließlich erwerbswirtschaftlich am Wirtschaftsleben betätigen dürfe 2 6 6 . Zur Begründung wird angeführt, daß der Staat nur „öffentliche Zwecke", die dem Gemeinwohl dienen, erfüllen dürfe. Der primäre Zweck der Gewinnerzielung könne nicht als zulässiger öffentlicher Zweck anerkannt werden, selbst wenn damit die Absicht verfolgt werde, durch Einnahmenerzielung den Staatshaushalt zu entlasten. Diese Ansicht steht m.E. im Gegensatz zur rechtsgeschichtlichen Entwicklung öffentlicher Unternehmen sowie zur Rechtsüberzeugung, die der Verfassungsgeber vorgefunden hat 2 6 7 . Auch in einem Rechtsstaat sind verschiedene Wirtschaftsformen zulässig. So wird durch die Unternehmensgewinne mittelbar ein öffentlicher Zweck erfüllt. Die erwerbswirtschaftlichen und öffentlichen Interessen lassen sich häufig nicht voneinander trennen 268 . Mittel- und langfristig können auch neue wirtschafts264 Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (378 f.); Püttner, Die öffentlichen Unternehmen. 2. Aufl., Stuttgart/München/Hannover 1985, S. 79ff., 106f.; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private. Hamburg 1975, S. 251 ff.; Dittmann, Die Bundesverwaltung. Tübingen 1983, S. 87f.; Stober, NJW 1984, S. 449 (452f.); Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen. Bad Homburg/Berlin/Zürich 1969, S. 86 ff.; Scholz, in Maunz / Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Rdnr. 401 ff.; BVerfGE 61, 82 (107f.); BVerwGE 39, 329 (336f.). 265 BGH, Urt. vom 21.11. 1958, L M zu § 1 U W G Nr. 75 Bl. 3. 266 Vgl. Ipsen, NJW 1963, S. 2102 (2105 ff.); Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost. Berlin 1980, S. 107; Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (381); Emmerich, Die Aktiengesellschaft 1985, S. 293 (299 f.); Püttner, Öffentliche Unternehmen als Instrument staatlicher Politik, DÖV 1983, S. 697 (699f.); ders., Die öffentlichen Unternehmen, S. 131; Stober, Rein gewerbliche Betätigung der öffentlichen Hand und Verfassung, ZHR 145 (1981), S. 565 (568, 583 ff.) und passim. 267 Ebenso Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb. 2., neubearb. Aufl., Köln/Berlin/Bonn 1987, S.42f. m.w.N. 268 So auch BGHZ 69, 334 (339); von Mutius/ Nesselmüller, Juristische Personen des öffentlichen Rechts als herrschende Unternehmen i.S. des Konzernrechts?, NJW 1976, S. 1878 (1879f.); Badura, ZHR 145 (1981), S. 448 (449f., 452).
I. Erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates
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politische Motive die erwerbswirtschaftliche Zielrichtung öffentlicher Unternehmen erweitern und die Art des öffentlichen Zwecks neu bestimmen 269 , indem ζ. B. die Regional- und Strukturpolitik, Industriepolitik und die Arbeitsmarktpolitik unterstützt werden. Auch ein derartiger erwerbswirtschaftlicher Unternehmenszweck ist daher grundsätzlich geeignet, Gemeinwohlinteressen zu fördern. Die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand ist daher nach Ansicht des Verfassers allgemein durchaus als geeignet zur Erfüllung „öffentlicher Zwecke" anzusehen. Die Bestrebungen in der Rechtswissenschaft gehen heute vielmehr dahin, den Umfang staatlicher erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit unter Berufung auf verschiedene Rechtsprinzipien eng einzugrenzen 270 . So wird etwa versucht, Begrenzungen aus dem Gedanken der Subsidiarität, aus Einzelvorschriften des Kommunalrechts, des Haushaltsrechts sowie aus dem Ordnungsprinzip der Marktwirtschaft abzuleiten: — Das Prinzip der Subsidiarität besagt in unserem Zusammenhang, daß staatliche Tätigkeit, resp. ein staatliches Unternehmen, nur dann gerechtfertigt ist, wenn der dadurch verfolgte öffentliche Zweck nicht genauso wirksam durch die Privatwirtschaft verfolgt und realisiert werden kann 2 7 1 . Es besteht indessen kein Verfassungsrechtssatz, der den Staat verpflichtet, Aufgaben, die er selbst, aber auch ein privater Unternehmer genauso gut erfüllen könnte, dem privaten Unternehmer zu überlassen. Dem Subsidiaritätsgedanken kommt auch nach h.M. kein Verfassungsrang zu, so daß sich aus diesen Erwägungen die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand nicht verbietet 272 . — Teilweise werden auch Grundgedanken der Wirtschaftsordnung — etwa das Prinzip der Marktwirtschaft — angeführt, um staatlichem erwerbswirtschaftlichen Handeln die rechtliche Zulässigkeit zu bestreiten. Zwar besteht in der Bundesrepublik Deutschland de facto die Soziale Marktwirtschaft. Hierbei handelt es sich aber in erster Linie um einen Begriff der Volkswirtschaftslehre. 269 V g l püttner > S. 428 (454f.).
Die öffentlichen Unternehmen, S. 52; Schmittat, ZHR 148 (1984),
270 Vgl. allgemein Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, in von Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 345 ff. m. w. N.; Dürig, in Maunz/Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 2 Rdnr. 52. Eine Extremposition vertritt dabei Schachtschneider, der dem Staat die Wahl privater Handlungsformen gänzlich verwehren will. Die privatwirtschaftliche Tätigkeit des Staates sieht er als einen strikten Gegensatz zum Gemeinwohl. In seiner „Quintessenz" stellt er fest: „Ihr bloßer Gewinnzweck läßt staatliche Unternehmen nicht prinzipiell, aber doch in der Regel als ungerechtfertigt erscheinen." Vgl. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht. Kritik der Fiskustheorie exemplifiziert an § 1 UWG. Berlin/New York 1986, S. 321. 271 Dürig, in Maunz ! Dürig I Herzog ! Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 2 Rdnr. 52. 272 Vgl. etwa V G H Mannheim, NJW 1984, S. 251 ff.; BVerwGE 23, 304 (306); 39, 329 (338); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 98; Badura, ZHR 145 (1981), S.448 (459).
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Dem Grundgesetz ist hingegen ein Verbot erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit des Staates bzw. eine Verpflichtung zur „Entstaatlichung" oder „Privatisierung" nicht zu entnehmen. Auch das BVerfG hat mehrfach festgestellt, daß ein derartiges Prinzip nicht aus dem Grundgesetz gefolgert werden könne. Es urteilt seit dem Investitionshilfeurteil von 1954 in ständiger Rechtsprechung, daß das Grundgesetz in dem Sinne „wirtschaftspolitisch neutral" sei, daß der Gesetzgeber jede ihm sachgemäß erscheinende Wirtschaftspolitik verfolgen darf, sofern er dabei das Grundgesetz, insbesondere die Grundrechte, beachtet 273 . Auch im Mitbestimmungsurteil von 1979 bestätigte das BVerfG erneut, daß das Grundgesetz „keine unmittelbare Festlegung und Gewährleistung einer bestimmten Wirtschaftsordnung" vorsieht 274 . — Das Kommunalrecht (früher § 67 DGO, heute entsprechend rezipierte Bestimmungen, z.B. § 88 Abs. 1 Nr. 1 Nordrh-WestfGemO, § 121 Abs. 1 Nr. 1 HGO) gestattet Wirtschaftsunternehmen der Gemeinde nur dann, wenn der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt bzw. erfordert und der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt werden kann. Die ausschließliche Gewinnung von Haushaltsmitteln wird als ein zulässiger öffentlicher Zweck nicht anerkannt 275 . Diese Bestimmungen des Kommunalrechts sind vor allem aus präventiver Sicht zu verstehen. Letztlich soll nämlich das wirtschaftliche Wagnis der Gemeinden begrenzt werden 276 . Für Rechtsbereiche, die über das Recht der Selbstverwaltungskörperschaften hinausgehen, können diese Vorschriften im übrigen aber keine Geltung entfalten. — Das Haushaltsrecht des Bundes sieht in § 65 Abs. 1 BHO vor, daß sich der Bund an der Gründung eines Unternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts oder an einem bestehenden Unternehmen in einer solchen Rechtsform nur beteiligen soll, wenn ein wichtiges Interesse des Bundes vorliegt und sich der vom Bund angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen läßt. M i t dieser Bestimmung — die im übrigen in § 65 Abs. 1 PostHO 2 7 7 für die Deutsche Bundespost in den wesentlichen Punkten gleich lautet — liegt eine einfachgesetzliche Kompetenznorm zur wirtschaftlichen 273
BVerfGE 4, 7 (17f.); 25, 1 (19); 30, 292 (317); vgl. weiter Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (378 f.); Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 107; Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand, S. 42. 274 BVerfGE 50, 290 (336 f.). 275 Dürig, in Maunz / Dürig / Herzog / Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 48; Grupp, ZHR 140 (1976), S. 381 Fn. 89; Seeger, DÖV 1972, S. 253 (256); BVerfGE 61, 82 (107). 276
Vgl. Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 477. Posthaushaltsordnung, Rechtsverordnung vom 20.8. 1986, BGBl. I S. 1334. Sie wurde gemäß § 35 Abs. 3 PostVerwG vom Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen im Benehmen mit dem Verwaltungsrat und im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Deutschen Bundespost erlassen. Materiell regelt sie das Nähere über die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Deutschen Bundespost. 277
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Tätigkeit des Bundes (resp. der Bundespost) vor. Der Bundesgesetzgeber hat sich damit die Grenzen seiner unternehmerischen Tätigkeit—die die Verfassung nicht vorgibt — selbst gesetzt. Für den Bund stellt § 65 BHO damit die Ermächtigungsgrundlage dar, sich bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen in privatrechtlicher Rechtsform erwerbswirtschaftlich zu betätigen. Die genannten Voraussetzungen („soll", „wichtiges Interesse", „nicht besser und wirtschaftlicher") sind sehr allgemein gehalten und daher auslegungsbedürftig. Eine nähere Eingrenzung erfolgt im allgemeinen durch Verwaltungsvorschriften. Die Verwaltungsvorschrift der Deutschen Bundespost 278 zu §65 PostHO verweist ausdrücklich auf die zu §§ 65 ff. BHO erlassenen „Hinweise für die Verwaltung von Bundesbeteiligungen" vom 14. 7.1987 2 7 9 . Zusätzlich wird im Rahmen der Verwaltungsvorschrift zu § 65 PostHO gesondert das „wichtige Interesse" als Voraussetzung für die Zulässigkeit von Beteiligungen der Deutschen Bundespost erläutert. Diese Vorschrift Ziff. 2.3 lautet: „Ein wichtiges Interesse im Sinne von § 65 Abs. 1 Nr. 1 liegt vor, wenn mit der Kapitalbeteiligung bedeutsame Aufgaben der DBP erfüllt werden. Bevor die DBP eine gesellschaftliche Kapitalbeteiligung eingeht, sollen grundsätzlich die Handlungsalternativen bewertet und eine Wirtschaftlichkeitsstudie zu den geplanten Unternehmen erstellt werden."
Durch diese Bestimmungen werden die Möglichkeiten für privatrechtliche Organisationsformen weiter konkretisiert. In die Entscheidung der zuständigen Organe, ob ein „wichtiges Interesse" usw. vorliegt, fließen sicherlich auch politische Bewertungen mit ein. Die Gerichte können diese politische Abwägung nur begrenzt ersetzen. Sie billigen hierbei der Verwaltung einen politischen Gestaltungsspielraum z u 2 8 0 . Im übrigen lassen sich individuelle Abwehransprüche gegen die wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand nach h.M. aus dem Haushaltsrecht nicht ableiten 281 . Es bleibt insgesamt festzuhalten, daß aus verfassungsrechtlicher Sicht die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Staates in privatrechtlicher Organisationsform als zulässig anzusehen ist. Dieses Ergebnis wird durch die einfachgesetzliche Regelung des § 65 BHO bestätigt, der unter bestimmten Voraussetzungen Beteiligungen des Bundes zuläßt. Gleichlautende Gesetzesregelungen für die Bundespost bestätigen die gesetzliche Zulässigkeit postalischer Eigengesellschaften und Beteiligungen. 278
Verwaltungsvorschriften, Stand 7.12. 1987, abgedruckt in ArchPF 1988, S. 236 ff. MinBIFin 1987, S. 245 ff. 280 Vgl. BVerwGE 39, 329 (333ff.); BVerwG, NJW 1978, S. 1539f. 281 Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, in von Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 347; Soldner, in Heuer/Dommach, Handbuch der Finanzkontrolle. Kommentar zum Bundeshaushaltsrecht. Loseblatt, Stand Sept. 1986, § 65 Rdnr. 16; BVerwGE 17,306 (309 ff.); 39,329 (336 ff.); BayVGH München, JZ 1976, S. 641 f.; V G H Mannheim, NJW 1984, S. 251 (252). 279
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
3. Schranken erwerbswirtschaftlicher Betätigung in privatrechtlichen Organisationsformen a) Überblick
Obgleich die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Staates in privatrechtlicher Rechtsform als zulässig anzusehen ist, bestehen im einzelnen verschiedene verfassungsrechtliche Schranken, die die öffentliche Hand bei der Aufnahme erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit zu beachten hat 2 8 2 . Diese verfassungsrechtlichen Schranken gelten weitgehend auch für die Eigengesellschaften und Beteiligungen der Bundespost. Insofern können die folgenden allgemeinen Ausführungen eine erste Einführung in die Problematik bieten. A u f die bestehenden verfassungsrechtlichen Schranken wird mit Blick speziell auf die Bundespost noch ausführlich einzugehen sein. b) Grundrechtsbestimmungen
Aus den Grundrechten (v.a. Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 GG) läßt sich ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Unterlassung wirtschaftlicher Tätigkeit der öffentlichen Hand nicht ableiten. Allerdings kann die freiheitsschützende Funktion bestimmter Grundrechte (Berufsfreiheit, Eigentumsfreiheit) dazu führen, daß dem Staat der vollständige oder teilweise Ausschluß eines privaten Unternehmers durch Monopolisierung versagt bleibt. c) Rechtsstaatsprinzip
Soweit Grundrechte der Bürger durch den Gesetzgeber im Rahmen des Art. 19 Abs. 1 und 2 GG eingeschränkt werden dürfen, ist die allgemeine verfassungsrechtliche Schranke des Übermaßverbotes (Verhältnismäßigkeitsprinzip) zu beachten 283 . Das Übermaßverbot mit seinen drei Prinzipien Erforderlichkeit, Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG). Bei der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand könnte es zu einer Einschränkung v.a. der Berufsfreiheit eines privaten Wettbewerbers kommen (Art. 12 Abs. 1 GG). Diese Einschränkung könnte darin liegen, daß 282 Verschiedene Autoren haben diese Problematik untersucht und dabei überwiegend ähnliche Prüfungsanforderungen entwickelt — es wird auf folgende Beiträge hingewiesen: Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 96ff.; Lerche/von Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber. Köln 1985, S. 105 ff.; Grupp, Z H R 140 (1976), S. 367 (379 ff.); Stober, NJW 1984, S. 449 (453 ff.); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 109ff.; Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand, S. 27 ff. 283 Ygi Herzog, in Maunz j Dürig j Herzog j Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Rdnr. 9; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 103; Lerche/ von Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 109 f.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. llOf.
I. Erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates
111
die Betätigung der Wettbewerber der öffentlichen Hand faktisch beeinträchtigt wird. Solche faktischen Beeinträchtigungen können über einen Vernichtungswettbewerb bis hin zu einer Monopolstellung des staatlichen Unternehmens führen. Aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit den wirtschaftsbezogenen Grundrechten (v.a. Art. 12 Abs. 1, Art. 14, Art. 2 Abs. 1 GG) wird daher allgemein abgeleitet, daß die öffentliche Hand für ihre Wirtschaftsbetätigung einen „öffentlichen Zweck" nachzuweisen hat. Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt weiter, daß bei einer solchen Einschränkung von Grundrechten das Übermaßverbot zu beachten ist. „Die Wirtschaftsbetätigung muß deshalb zur Erfüllung des nach Art. 12 GG zulässigen öffentlichen Zwecks geeignet und erforderlich sein sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen" 284 . d) Demokratieprinzip
Das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG) besagt, daß alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht. Daher muß auch die Verwaltung in allen ihren Erscheinungsformen der vorgesehenen parlamentarischen Kontrolle zugänglich sein. In der Bundesrepublik Deutschland obliegt die Leitung der Verwaltung den Ministern, die innerhalb der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers ihren Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung leiten. Letztlich sind die Minister dem Parlament gegenüber verantwortlich 285 . Dieses Gewaltenteilungssystem setzt voraus, daß einem Minister zur Leitung der Verwaltung ausreichende Einflußnahmerechte und Kontrollmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Hierbei macht es letztlich keinen Unterschied, ob die Verwaltung in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form tätig wird 2 8 6 . Die Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf Private darf im übrigen nicht dazu führen, daß die Einwirkungsmöglichkeiten und Kontrollpflichten aufgegeben bzw. nicht mehr ausgeübt werden können („Flucht in das Privatrecht") 287 . e) Staatsorganisationsprinzipien
Die erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates durch Privatrechtssubjekte hat sich im Rahmen der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern zu halten 2 8 8 . Die entscheidende Rechtsnorm zur Kompetenzverteilung zwischen 284
Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 103, 222 f. Vgl. allgemein Ehlers, Die Grenzen der Mitbestimmung in öffentlichen Unternehmen, JZ 1987, S. 218 (219 ff.); Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in Isensee ! Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Band I, Heidelberg 1987, S. 902. 286 V g l NW-VerfGH, Urt. vom 15. 9. 1986, JZ 1987, S. 242 (243). 285
287 So der bekannte Ausdruck von Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts. 8. Aufl., Tübingen 1928, S. 326. 288 Der Kompetenzbereich der Kommunen kann hier außer Betracht bleiben, da in diesem Zusammenhang, d.h. zwischen Bund und Kommunen, keine rechtlichen Kontroversen erkennbar sind.
112
Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Bund und Ländern enthält Art. 30 GG. Danach ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz nichts anderweitiges bestimmt oder zuläßt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG darf der Bund die Kompetenzzuweisung an die Länder auch nicht durch privatrechtliche Organisationsformen unterlaufen 289 . Mithin kann er auf diese Weise nicht seinen Tätigkeitsbereich erweitern. Im weiteren besteht im Schrifttum ein Meinungsstreit, ob die erwerbswirtschaftliche Betätigung des Bundes als staatliche /öffentliche Aufgabe zu verstehen ist oder ob sie von der Kompetenzverteilung nach Art. 30 GG freigestellt ist 2 9 0 . Da diese Frage im Zusammenhang mit den Kompetenzen der Deutschen Bundespost noch vertieft w i r d 2 9 1 , soll das allgemeine Rechtsproblem hier zunächst zurückgestellt werden. 0 Art. 83 ff. GG
Der VIII. Abschnitt des Grundgesetzes enthält nähere Rechtsvorschriften über die Verwaltung. In den Art. 83 ff. GG werden nur Behörden, Zentralstellen, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts als die zur Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben vorgesehenen Stellen erwähnt. Es ist jedoch fraglich, ob aus der Tatsache, daß in diesem Abschnitt des Grundgesetzes privatrechtliche Verwaltungsorganisationen überhaupt nicht erwähnt sind, geschlossen werden kann, daß sie auch nicht zulässig sind 2 9 2 . Letztendlich hat sich die ablehnende Auffassung nicht durchsetzen können. Bereits unter der Weimarer Reichsverfassung wurde die prinzipielle Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen der Verwaltung anerkannt 293 . So wurde Art. 14 WRV, der die Ausführung der Reichsgesetze den Landesbehörden übertrug, nicht als eine ausschließliche Festlegung auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen verstanden 294 . Wenn sich der Verfassungsgeber von 1949 von dieser Rechtstradition hätte distanzieren wollen, so müßte dies deutlicher aus der Verfassung bzw. ihrer Entstehungsgeschichte hervorgehen 295 . Dies kann nicht bestätigt werden. Auch der systematische Zusammenhang der Art. 83 ff. GG mit den Art. 30 und Art. 70 ff. GG deutet daraufhin, daß hierbei die Verwaltungskompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern Regelungsgegenstand ist. Eine ausschließliche, abschließende Fixierung bestimmter Verwaltungsorganisationstypen ist 289
BVerfGE 12, 205 (244 ff.). Vgl. zum Meinungsstand Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 113 ff. 291 Vgl. dazu unten B.II.4.a. 292 So etwa Reuss, Verfassungsrechtliche Grundsätze zum Organisationsrecht der Wirtschaft, DVB1. 1953, S. 684 (685 f.). 293 Vgl. z.B. RGZ 137, 57ff. 294r Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht. 2. neubearb. Aufl., Band I, Tübingen 1953, S. 540. 295 Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29 (1971), S. 137 (162f.); Stober, NJW 1984, S. 449 (452). 290
. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen
Bundespost113
hingegen nicht beabsichtigt. Dennoch bleibt im Einzelfall die Frage, ob der Verfassungsgeber einen bestimmten Organisationstyp als verbindlich festgelegt hat bzw. in welchen Fällen von der Regel, daß die Verwaltung öffentlichrechtlich durch Behörden zur organisieren ist, abgewichen werden darf. Dies ist im Hinblick auf die Organisationsform der Deutschen Bundespost die zentrale Frage dieser Untersuchung. Ihr soll in den folgenden Kapiteln nachgegangen werden. g) Art. 33 Abs. 4 GG
Nach Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Mittelbar wirkt sich dieser Funktionsvorbehalt auch auf die Organisationsform der Verwaltung aus. Öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnisse können nur juristische Personen des öffentlichen Rechts begründen, nicht aber juristische Personen des Privatrechts. Da aber die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse in der Regel in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zu erfolgen hat, ergibt sich hieraus eine Einschränkung in der Wahl der Organisationsform. Letztlich ist die Wahl der Organisationsform daher mit der Frage verknüpft, ob und in welchem Ausmaß durch die Organisation hoheitliche Aufgaben erfüllt werden. Die Begriffsbestimmung „hoheitsrechtliche Befugnisse" ist im Schrifttum im übrigen umstritten 296 . Eine Beurteilung dieser verfassungsrechtlichen Schranke mit Blick auf die Eigengesellschaften und Beteiligungen der Deutschen Bundespost soll an späterer Stelle erfolgen.
II. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen 1. Die „erwerbswirtschaftliche Betätigung44 der Bundespost Als „erwerbswirtschaftliche Betätigung" des Staates ist an früherer Stelle ein Handeln im Bereich der grundsätzlich freien Konkurrenz 297 bezeichnet worden. Der Staat ist dabei bestrebt, im Rahmen betriebswirtschaftlicher Grundsätze und der gesetzlichen Bindungen ein Maximum an Gewinn zu erzielen. M i t dieser Umschreibung soll auch die „erwerbswirtschaftliche Betätigung" der Bundespost charakterisiert werden. Danach liegt begrifflich „erwerbswirtschaftliche Tätigkeit" der Bundespost jedenfalls in den Bereichen nicht vor, in denen ihr ein gesetzliches Monopol zugewiesen worden ist. Diese erste 296 297
Vgl. zunächst Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 121 ff. Vgl. Zeidler, VVDStRL 19 (1961), S. 208 (232).
8 Plagemann
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Umschreibung läßt sich weiter eingrenzen, wenn die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen der Bundespost u n d ihre Aufgabe als I n s t i t u t i o n der Daseinsvorsorge berücksichtigt wird. Dies ist i m weiteren durch eine Verfassungsauslegung zu belegen 2 9 8 . Bereits an dieser Stelle k a n n gesagt werden, daß A r t . 87 Abs. 1 Satz 1 G G i n bestimmten Bereichen den Bestand u n d die Funktionsfähigkeit der Bundespost zwingend voraussetzt 2 9 9 . D i e Verfassungsn o r m verlangt damit zugleich, daß bestimmte öffentliche Aufgaben v o n der Bundespost wahrgenommen werden. Dies heißt m i t anderen Worten, daß verschiedene, noch näher zu bezeichnende Dienstleistungen v o n der Bundespost angeboten werden müssen. Diese Leistungspflicht k a n n durchaus i n solchen Dienstleistungsteilen bestehen, die über den Monopolbereich hinausgehen, die also i m Wettbewerb angeboten werden. Entscheidend ist vielmehr, daß die Bundespost i n verschiedenen Sektoren öffentliche Aufgaben wahrzunehmen hat u n d verschiedenen Leistungspflichten unterliegt, die die A r t u n d Weise des Angebots bestimmen. Hierbei handelt es sich i m übrigen u m diejenigen Bereiche, bei denen eine „unmittelbare Erfüllung v o n Verwaltungsaufgaben" erfolgt u n d i n denen die privatrechtlich handelnde Deutsche Bundespost weitestgehend öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliegt (Verwaltungsprivatrecht) 300. 298
Vgl. dazu B.II.2.d. Vgl. Konzeption der Bundesregierung, S. 42 ff. 300 Die verwaltungsprivatrechtlichen Bindungen finden in bezug auf die Leistungsangebote und Leistungsentgelte der Deutschen Bundespost zum Teil eine positivrechtliche Ausgestaltung nach Maßgabe des PostVerfG durch öffentlich-rechtliche, postspezifische Regulierungsauflagen sowie durch Genehmigungs- und Widerspruchsrechte des Bundesministers für Post und Telekommunikation. Dabei kann an dieser Stelle nicht darauf eingegangen werden, inwieweit die verwaltungsprivatrechtlichen Bindungen über die nach dem PostVerfG vorgesehenen speziellen Regelungen hinausgehen. Als postspezifische Regulierungsauflagen sind insbesondere folgende Regelungen anzusehen: 299
Nach dem PostVerfG werden für die Monopolleistungen vor allem die „Rahmenvorschriften für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen" durch die Rechtsverordnungen der Bundesregierung nach § 30 Abs. 1 PostVerfG erlassen. Ferner bestehen Genehmigungsvorbehalte des Bundesministers für Post und Telekommunikation bei der Tariffestsetzung im Briefdienst und im Monopolbereich des Fernmeldewesens gemäß § 28 Abs. 1 i.V. mit § 23 Abs. 3 PostVerfG. Bei den Pflichtleistungen (Wettbewerbsdienstleistungen) erfolgt zunächst die Festsetzung derjenigen Infrastrukturdienstleistungen durch Rechtsverordnungen der Bundesregierung, die die Unternehmen im besonderen öffentlichen Interesse, vor allem aus Gründen der Daseinsvorsorge, erbringen müssen (§ 25 Abs. 2 Satz 1 PostVerfG). Bei diesen Pflichtleistungen kann der Verordnungsgeber die wesentlichen Strukturen der Pflichtleistungen und der Entgeltregelungen festlegen (§ 25 Abs. 2 Satz 2 PostVerfG). Ferner hat der Bundesminister für Post und Telekommunikation bei den Vorlagen über Leistungsentgelte für Pflichtleistungen ein Widerspruchsrecht gemäß § 28 Abs. 2 PostVerfG. Die freien Leistungen (Wettbewerbsdienstleistungen) bleiben dagegen weitgehend unreguliert. Insoweit werden die verwaltungsprivatrechtlichen Bindungen für die Unternehmen der Deutschen Bundespost vor allem bei den Monopol- und Pflichtleistungen
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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Zu den Leistungspflichten der Bundespost wird vor allem die Erfüllung der sog. gemeinwirtschaftlichen Aufgaben (Betriebs- und Beförderungspflicht, Zulassungspflicht, Pflicht zur Tarifeinheit im Raum) gerechnet 301 . Diese Aufgaben werden auch als Infrastrukturleistungen bezeichnet und dienen zum großen Teil der Befriedigung elementarer Bedürfnisse der Bürger (sozialwirtschaftliche Betätigung). Sie sind — über ihren verfassungsrechtlichen Bezug hinaus — zumindest teilweise in einfachgesetzlichen Rechtsnormen festgelegt 3 0 2 . Zusammengenommen gehen diese postspezifischen Auflagen über die gesetzlichen Bindungen, denen allgemein die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Staates unterliegt (ζ. B. bei den Unternehmen Volkswagen AG, Lufthansa AG), weit hinaus. Soweit die Bundespost bei ihren Leistungen diese besonderen Pflichten zu erfüllen hat, wird das Prinzip der Gewinnmaximierung erheblich eingeschränkt. Begrifflich liegt daher in diesen Fällen — nach der oben eingeführten Umschreibung — „erwerbswirtschaftliche Betätigung" nicht vor. Diese Zusammenhänge erschweren einen Versuch, die Bereiche „erwerbswirtschaftlicher Betätigung" der Bundespost genauer zu konkretisieren. Letztlich wird der verfassungsrechtliche Leistungsauftrag der Bundespost im Grundgesetz nicht abschließend bestimmt. Die Verfassung legt die von der Bundespost zu erbringenden Infrastrukturleistungen nicht unveränderbar fest, vielmehr erfolgt deren Konkretisierung in der Regel auf der einfachgesetzlichen Ebene bzw. durch Verwaltungshandeln. Der Umfang dieser Leistungen unterliegt dabei einem zeitlichen Wandel. Daher kann der Freiraum der Bundespost zu erwerbswirtschaftlicher Betätigung nicht dauerhaft eingegrenzt und definiert werden. Immerhin sind nicht alle Leistungen der Bundespost Teil ihres verfassungsrechtlichen Auftrags. Es sind heute zahlreiche Leistungsangebote denkbar, die über diese verfassungsrechtliche Verpflichtung hinausgehen und die von der Bundespost im Wettbewerb zu anderen Unternehmen angeboten werden können. Hier sei vor allem auf die nach dem PostStruktG vorgesehenen freien Wettbewerbsleistungen hingewiesen, zu denen beispielsweise ein großer Teil der Telekommunikationsendgeräte und höherwertigen Telekommunikationsdienste zu zählen sein werden 303 . Diese Angebote der Bundespost sollen dem „erwerbswirtschaftlichen" Handeln zugerechnet werden. Des weiteren kann auf die Dienstleistungen verwiesen werden, die heute bereits durch Eigengesellschaften bzw. Beteiligungen der Bundespost angeboten durch Rechtsverordnungen teilweise näher spezifiziert und engen bei den Leistungsangeboten und Leistungsentgelten den unternehmerischen Entscheidungsspielraum der Unternehmen ein. 301 Vg L Plagemann, Ansätze zu einer Konkretisierung der gemeinwirtschaftlichen Auflagen der Deutschen Bundespost, ZögU 1988, S. 383 (384ff.), 1989, S. 155 ff. 302 Plagemann, ZögU 1988, S. 383 (385 ff.); Fangmann, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Telekommunikation, RDV 1988, S. 53 (57 f.); ders., Verfassungsgarantie der Bundespost. Bestand und Erweiterung der Postdienste unter besonderer Berücksichtigung der Postbankdienste. Bremen 1987, S. 40f. 303 Vgl. oben A.II.2.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
werden: Die Deutsche Postreklame GmbH verkauft u.a. Werbeflächen und Verpackungsmaterial, sie vermietet Liegenschaften und gibt Telefonverzeichnisse heraus, die DETECON GmbH bietet u. a. Unternehmensconsulting im Inund Ausland für Telekommunikationsprojekte, die TKS Telepost KabelServicegesellschaft mbH fungiert u.a. als Holdinggesellschaft für Regionale Kabel-Servicegesellschaften und erbringt Beratungsleistungen. Insgesamt handelt es sich um größtenteils hochkomplexe Leistungsangebote. In vielen Fällen sind sie auf den Geschäftskunden ausgerichtet und weniger auf den Durchschnittsbürger. Perspektivisch läßt sich dieses dynamische Bild abrunden, indem auch das zunehmend differenzierte Leistungsangebot der Tochtergesellschaften ausländischer Fernmeldegesellschaften analog in Betracht gezogen wird. Hier zeigt sich, daß diese Fernmeldegesellschaften nicht nur die Leistungen anbieten, auf die der Bürger im täglichen Leben angewiesen ist, sondern daß vielmehr häufig die Dynamik der technischen Entwicklung und unternehmenspolitische, betriebswirtschaftliche und personalpolitische Überlegungen das Angebot bestimmen. Zusammengefaßt kann meines Erachtens von „erwerbswirtschaftlicher Betätigung" der Bundespost in denjenigen Bereichen nicht gesprochen werden, in denen ihr ein rechtliches Monopol zugewiesen ist und in denen sie aufgrund von Rechtsvorschriften bestimmten öffentlichen Bindungen bei der Bereitstellung von Infrastrukturleistungen unterworfen ist. Schließlich soll daraufhingewiesen werden, daß es sich nur um eine défini torische Eingrenzung handelt 304 . Sie soll annähernd den künftigen Handlungsbereich für „erwerbswirtschaftliche" Betätigung der Bundespost kennzeichnen. Diese Umschreibung darf nicht mit einer Aussage über die rechtliche Zulässigkeit „erwerbswirtschaftlicher Betätigung" der Bundespost durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen gleichgesetzt werden. Denn die Einordnung einer Leistung als „sozialwirtschaftlich" oder „erwerbswirtschaftlich" ist ein viel zu vages 305 und nicht hinreichendes Kriterium, um als Aussage über die Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen der Bundespost Bestand zu haben. Dieser Frage, nämlich ob und in welchen Bereichen die Bundespost nach Maßgabe der Art. 83 ff. GG zulässigerweise in privatrechtlichen Organisationsformen handeln darf, muß in den folgenden Kapiteln nachgegangen werden. 304 Andere Umschreibungen sind möglich: So stellt z.B. Schmelz allgemein die „erwerbswirtschaftliche Betätigung" der Bundespost in den Vordergrund. In seiner Untersuchung weist er darauf hin, daß die Deutsche Bundespost wie auch früher die Deutsche Reichspost Überschüsse gezielt erwirtschaftet und als umsatzbezogene, nicht gewinnorientierte Ablieferung an den Staatshaushalt abführen muß. Weiter heißt es: „Damit war und ist aber unausweichlich die Konsequenz verbunden, für die DRP und die DBP ein erwerbswirtschaftliches Ziel festzustellen, womit nicht behauptet wird, daß dies das einzige Ziel sei", Schmelz, Postmonopol und Ablieferungen (§2 1 PostG und § 21 PostverwG). Zur Verfassungsmäßigkeit des Postmonopols und der Ablieferungen der DBP an die Bundeskasse. Konstanz 1986, S. 199 (Hervorhebung im Original). 305
Vgl. dazu die Ausführungen unter B.I.l.
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
117
2. Die Bundespost als „bundeseigene Verwaltung64 nach Art. 83 ff. GG a) Die OrganisatioDsform „bundeseigene Verwaltung"
Durch Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG wird festgelegt, daß die Bundespost in „bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" geführt wird. Die Bundespost zählt damit zur obligatorischen, mehrstufigen unmittelbaren Bundesverwaltung (bundeseigene Verwaltung = Verwaltung durch bundeseigene Behörden) 306 . Die Behörden, Dienststellen und Einrichtungen der unmittelbaren Bundesverwaltung „Bundespost" sind organisatorisch verselbständigte Organe des Staates Bundesrepublik Deutschland 307 . Die Bundespost ist Dritten gegenüber rechtlich verselbständigt; sie bildet somit ein teilrechtsfahiges Sondervermögen des Bundes mit eigener Haushalts- und Rechnungsführung (§§3,4 PostVerwG bzw. nunmehr §§ 2, 5 PostVerfG). Die Frage nach der Zulässigkeit privatrechtlich organisierter Bundesverwaltung ist in der Verfassung grundsätzlich offengelassen 308. In bezug auf die „bundeseigene Verwaltung" Bundespost besteht immerhin Einigkeit darüber, daß die Bundespost als staatliche Leistungsverwaltung Dienstleistungen des Post- und Fernmeldewesens selbst zu erbringen hat. Eine Übertragung dieser Aufgaben auf andere juristische Personen des öffentlichen Rechts oder auf Private ist nach h.M. mit Art. 87 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren 309 . Die 306 y g i Loeser, Die Bundesverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland. Bestand, Rechtsformen und System der Aufbauorganisation. Speyerer Forschungsberichte Nr. 50, Band I, Speyer, Februar 1986, S. 11; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland. Band II, München 1980, S. 816 f.; von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz. Band III, 2. neubearb. Aufl., München 1974, S. 2075 ff., 2256. 307 Loeser, Die Bundesverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 45. Die Bundespost wurde bis zum Inkrafttreten des PostVerfG am 1.7. 1989 in der Organisationsform „RessortVerwaltung" geführt, d. h. unmittelbar durch einen Minister geleitet. Einen Überblick über den bisherigen Verwaltungsunterbau der Deutschen Bundespost gibt Loeser, Die Bundesverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, Band II, S. 477ff.; Probst, Postorganisation. Hannover 1977, S. 75ff. 308 Ygi L o e s e r t Die Bundesverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 14; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 251 ff.; Dittmann, Die Bundesverwaltung, S. 85 ff.; Bull, in Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Gesamtherausgeber Rudolf Wassermann, Band II, 2. Aufl., Neuwied 1989, vor Art. 83 Rdnr. 64 f. 309 Maunz, in Maunz / Dürig / Herzog / Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 26, 31 f.; von Mangoldt ! Klein, Das Bonner Grundgesetz, Band I I I , Art. 87 Anm. I I 2, 3; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, S. 814ff., bes. S. 817; Bull, in Aiternati v-Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Band II, vor Art. 83 Rdnr. 80, Art. 87 Rdnr. 56, 70, 75, differenzierend zur mittelbaren Bundesverwaltung (zulässig), vgl. ebd. Art. 87 Rdnr. 20; Voges, Zur Verfassungsmäßigkeit der „Spitzenorganisation" nach dem Regierungsentwurf des Gesetzes über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost, DVB1. 1975, S. 972 (974); R. Wiechert, Unternehmensverfassung für die Post?, ZRP 1973, S. 208 f.;
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
materielle Begründung für diese Rechtsform ist vor allem darin zu sehen, daß die Bundespost öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge (Infrastrukturleistungen) erbringt. Diese Leistungserbringung soll nach Maßgabe des Verfassungsgebers im Rahmen des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG nicht durch Rechtssubjekte des öffentlichen oder des privaten Rechts erfolgen. Das bedeutet, daß dem Gesetzgeber eine Organisation der Bundespost insgesamt , ζ. B. als Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung, versagt ist. Hierbei kommt es schließlich nicht darauf an, ob es sich um ein Privatrechtssubjekt im Eigentum des Staates handelt (formelle Privatisierung) oder ob Private Miteigentümer dieses Unternehmens werden (materielle Privatisierung). I m weiteren bleibt jedoch auszuloten, welche verfassungsrechtlichen Spielräume bei diesem Rechtsrahmen gegeben sind, d.h. ob teilweise Aufgaben der bundeseigenen Verwaltung Bundespost in privatrechtlicher Organisationsform wahrgenommen werden können. b) Der Kompetenztitel des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG
Die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Bundespost muß sich wie jedes Handeln der staatlichen Verwaltung nach einem entsprechenden Kompetenztitel richten 310 . Durch das BVerfG ist klargestellt worden 3 1 1 , daß der Bund auch dann eine Verwaltungskompetenz nach Art. 87 GG (oder einer anderen verfassungsrechtlichen Grundlage) benötigt, wenn er sich zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben privatrechtlicher Einrichtungen bedient (z.B. einer A G oder GmbH). Außer der Kompetenznorm für das Verwaltungshandeln sind im Einzelfall die Bestimmungen über die Gesetzgebungskompetenzen zu berücksichtigen. Soweit dem Bund nach Art. 73 Nr. 7 GG die Gesetzgebungskompetenz für die Materie Post- und Fernmeldewesen zugewiesen ist, bleibt davon die Befugnis zur Ausführung der Gesetze und zur Verwaltung zunächst unberührt. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung ergibt sich vielmehr aus den Art. 83ff. G G 3 1 2 .
Wussow, Privatisierung staatlicher Verwaltungsbereiche — aufgezeigt am Beispiel der Deutschen Bundespost, RiA 1981, S. 107 f.; Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 14, 36f.; weitere Nachweise bei Plagemann ! Bachmann, DÖV 1987, S. 807 (810 f.). 310 Vgl. statt vieler Lerche / von Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 106; Köngen, JöR N.F. Bd. 11 (1962), S. 173 (200); Scholz, in Maunz/ Dürig ! Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Rdnr. 402; Stober, NJW 1984, S. 449 (453); Böckenförde, in IsenseeIKirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, S. 894 f. 311 BVerfGE 12, 205 (244, 246), ebenso Maunz, in MaunzIDürigIHerzog! Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 23. 312 In dieser unterschiedlichen Aufteilung der Materien und Funktionen auf Bund und Länder unterscheidet sich das bundesdeutsche Verfassungssystem von der Verfassung der Vereinigten Staaten; diese gliedert sich weitgehend nur nach Materien, vgl. Lerche, in
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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Obwohl im Falle der Bundespost die Gesetzgebungszuständigkeit nicht unmittelbar auf die Verwaltungskompetenz des Bundes verweist, sind beide Zuständigkeiten eng miteinander verknüpft 3 1 3 . Für das Verwaltungshandeln der Deutschen Bundespost ist der zentrale verfassungsrechtliche Kompetenztitel in Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG („die Bundespost") und teilweise auch innerhalb Art. 73 Nr. 7 GG („Post- und Fernmeldewesen") formuliert 314 . Dabei ist zu beachten, daß Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G auch für die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost den entsprechenden Kompetenztitel darstellt 315 . Die Bestimmung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG enthält nach heute weithin vertretener Auffassung eine materiell-rechtliche Zielrichtung 316 . Diese liegt zum einen darin, daß die Aufgaben des Post- und Fernmeldewesens vom Bund, d. h. nicht von den Bundesländern, mit eigenem Verwaltungsunterbau wahrzunehmen sind. Damit ist Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG eine Zuständigkeitsnorm zugunsten des Bundes. Er bildet eine Ausnahme von der Regelzuweisung des Art. 83 GG, wonach die Länder die Bundesgesetze ausführen, und von der föderalistischen Grundnorm des Art. 30 GG, wonach die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder ist, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt. Dieser zuständigkeitsrechtliche Gehalt des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG ist allgemein unstreitig 317 . Die weitere materiell-rechtliche Zielrichtung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG betrifft seine Bedeutung als Aufgabennorm, d.h. die Frage, inwieweit Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG einen Aufgabengehalt besitzt, der den Bund zu einer Bereitstellung von Verwaltungsleistungen verpflichtet. Diese Überlegung setzt MaunzIDürigI HerzogI Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 83 Rdnr. 8 ff. m.w.N.; Redeker, Neue Informations- und Kommunikationstechnologien und bundesstaatliche Kompetenzordnung. München 1988, S. 228 ff. 313 Maunz, in Maunz I Dürig ! Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 73 Rdnr. 117; Redeker, Neue Informations- und Kommunikationstechnologien, S. 230. 314 Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz. 2. erw. Aufl., Kronberg 1977, S. 152ff.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 152ff.; Steiner, Verkehr und Post, in IsenseeI Kirchhof {Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, S. 1112 (Rdnr. 35). 315 Vgl. Lerche/ von Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 105ff.; Ronellenfitsch, Wirtschaftliche Betätigung des Staates, in Isensee I Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I I I , S. 1174. Umstritten ist allerdings, ob für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand überhaupt ein verfassungsrechtlicher Kompetenztitel verlangt werden muß, ablehnend ζ. B. Denninger, Rundfunkaufgaben nach dem WDR-Gesetz, Z U M 1987, S. 479 (484ff.), der die Ansicht vertritt, daß eine einfachgesetzliche Ermächtigung ausreicht. 316 Dittmann, Die Bundesverwaltung, S. 174f.; Lerche, Fernmeldemonopol und gesetzgeberische Bewegungsfreiheit, in Festschrift für Klaus Obermayer, München 1986, S. 75 (78) m.w.N. 317 Statt vieler Schmidt-Aßmann /Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 54ff.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
zunächst voraus, daß der materielle Aufgabenbereich der Bundespost nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 73 Nr. 7 GG näher präzisiert wird (siehe c.). Anschließend wird — auch im Hinblick auf die jüngere staatsrechtliche Literatur — die Verpflichtung der Bundespost zur Leistungserbringung zu erörtern sein (siehe d.). c) Das Verhältnis zwischen Art. 87 Abs. 1 Satz 1 und Art. 73 Nr. 7 GG (Post- und Fernmeldewesen)
Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Art. 73 und Art. 87 GG ist zunächst festzustellen, daß das Grundgesetz einerseits von dem „Post- und Fernmeldewesen" spricht (Art. 73 Nr. 7 GG), bei der Zuweisung der Verwaltungskompetenz in Art. 87 GG diese Terminologie aber begrifflich nicht wieder aufgreift. Statt dessen stellt Art. 87 G G auf den Begriff „Bundespost" ab. Es liegt nahe, diese Tatsache dahingehend zu verstehen, daß eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Post- und Fernmeldewesen nicht unbedingt bedeutet, daß dieselben Sachbereiche auch der Bundespost vollständig und insgesamt zur Verwaltung übertragen werden 318 . Es erscheint verfassungsrechtlich zulässig, daß eine Aufgabe aus dem Post- und Fernmeldewesen, für die dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zusteht, in der Ausübung nicht etwa selbstverständlich der Bundespost, sondern einem anderen Rechtsträger zugewiesen wird. Hier sind offenbar auch andere Lösungen mit der Verfassung zu vereinbaren. Vom BVerfG ist dieser Gesichtspunkt bisher nicht abschließend erörtert worden. Zwar hat das BVerfG in seinem 1. Fernsehurteil 319 zu den Aufgaben der Bundespost geäußert, „der Umfang des Sachbereiches „Bundespost" ergibt sich aus dem, was unter „Post- und Fernmeldewesen" zu verstehen i s t " 3 2 0 . Indessen ist fraglich, ob das Bundesverfassungsgericht hier eine endgültige Aussage über die Reichweite der Verwaltungs- bzw. Aufgabenkompetenz der DBP treffen wollte. Im Fernsehstreit ging es u.a. um die Frage, ob der Bundespost durch die Bundesregierung nicht mehr Kompetenzen zugeteilt worden waren, als es nach der Verfassung zulässig war. Das Bundesverfassungsgericht hatte hier folglich Aussagen über die maximale Ausdehnung der Verwaltungskompetenz „Fernmeldewesen" zu treffen. In diesem Zusammenhang ist die o.a. Aussage immerhin so zu verstehen, daß die Verwaltungskompe-
318 So schon BVerfGE 12, 205 (229), „die Gesetzgebungskompetenz des Bundes (bezeichnet) die äußerste Grenze für seine Verwaltungsbefugnisse" (ebd.), ebenso BVerfGE 78, 374 (386); vgl. auch BVerfGE 15,1 (16), ferner F. Klein, Das Verhältnis von Gesetzgebungszuständigkeit und Verwaltungszuständigkeit nach dem Grundgesetz, AöR 88 (1963), S. 377 ff., bes. 399 f.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, S. 783 f.; Maunz, in Maunz/Dürig/Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 73 Rdnr. 117. 319 BVerfGE 12, 205 ff. 320 BVerfGE 12, 205 (229 f.).
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Bundespost121
tenz „Bundespost" (Art. 87 GG) nicht über das „Post- und Fernmeldewesen" hinausgeht. Zu entscheiden war aber nicht über die Frage, ob die Verwaltungszuständigkeit der Post auch ein „Weniger" als die Gesetzgebungszuständigkeit umfassen darf. Insofern kann diese Entscheidung nicht überzeugend gegen die oben dargestellte Rechtsauslegung angeführt werden 321 . Das Rangverhältnis der beiden Kompetenzen führt dazu, daß derjenige Verwaltungsbereich, der der Bundespost kompetenzrechtlich zusteht, sich im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes zu halten hat — er darf nicht darüber hinausgehen 322 . Infolgedessen sind die Tätigkeitsbereiche der Bundespost verfassungsrechtlich auf die Gebiete des „Post- und Fernmeldewesens" beschränkt. Ossenbühl beschreibt diesen Zusammenhang wie folgt: „Demzufolge wird die der „Bundespost" im Sinne des Art. 87 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich zugewiesene Sachaufgabe durch den Begriff des „Post- und Fernmeldewesens" im Sinne des Art. 73 Nr. 7 GG in seiner äußersten Begrenzung umrissen." 323
Dieselbe Argumentation verfolgt auch Lerche: „Die Verwaltungskompetenz Bundespost kann sehr wohl hinter der Gesetzgebungskompetenz des Bundes zurückbleiben, darf deren Linie nur nicht durchbrechen." 324
Diese Auffassung begründet Lerche ferner mit einer Analogie zu den Kompetenzen bei den Bundeseisenbahnen. Wenn die Bundespost (Art. 87) mit dem Post- und Fernmeldewesen (Art. 73) deckungsgleich wäre, so hätte für den Verfassungsgeber „die Formulierung „Bundespost" an dieser Stelle um so eher näher gelegen, als die unmittelbar vorangehende Ziffer (Art. 73 Nr. 6 GG) von den „Bundeseisenbahnen" spricht" 3 2 5 . Dieser Vergleich scheint gerechtfertigt. „Bundeseisenbahnen" nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG sind nur diejenigen überörtlichen Schienenbahnen, die sich im 321
Ebenso Lerche, Zum (verfassungs-)rechtlichen Rahmen der Posttätigkeit im Bereich des Fernmeldewesens. Vortrag während der 2. Sitzung der Regierungskommission Fernmeldewesen (12. 6. 1985), S. 3 f. und ders., in Festschrift für Klaus Obermayer, S. 76f.. Er warnt im übrigen auch vor der Tendenz, „alle einzelnen Sätze des BVerfG als Bibelworte mißzuverstehen". Dem ist zuzustimmen. 322 Eine Ausnahme wäre es, wenn etwa andere Gesetzgebungskompetenzen diese Zuweisung rechtfertigen würden. Beispielhaft seien hier aus den Postdiensten weitere hoheitliche Aufgaben genannt: Auszahlung von Renten gemäß §§620, 1296 RVO, §73 Angest. VersG, § 89 ReichsknappschaftG, Vertrieb von Wechselsteuermarken gemäß § 7 Abs. 2 WStDV, Auszahlung von Wechselprotesten gemäß Art. 79 WG, Aufbewahrung niedergelegter Schriftstücke gemäß § 182 ZPO, vgl. auch Hempell, Postverfassungsrecht. Heidelberg 1983, S. 12; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 18, 200; Goerlich, Anmerkung zu BVerwG, Urt. vom 23.10. 1981, DVB1. 1982, S. 592 (594). 323 Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 30f.; ebenso auch Broß, in von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band III, Art. 87 Rdnr. 14. 324 Lerche, Zum (verfassungs-)rechtlichen Rahmen der Posttätigkeit, S. 3. 325 Lerche, Zum (verfassungs-)rechtlichen Rahmen der Posttätigkeit, S. 4.
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Eigentum des Bundes befinden 326 . Für die Überwachung der nicht im Bundeseigentum stehenden Eisenbahnen kann lediglich eine Bundesoberbehörde ins Leben gerufen werden (vgl. Art. 87 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Art. 74 Nr. 23) 3 2 7 . Die Bergbahnen und Privatbahnen fallen in die Gesetzgebungskompetenz der Länder 3 2 8 . Insofern besteht bei den Eisenbahnen auf Bundesebene eine Identität von Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz. Für die Tätigkeitsbereiche der Bundespost liegt indessen eine derartige Kongruenz von Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz nicht vor. Damit bleibt festzustellen, daß einerseits der Funktionskreis der DBP nicht über das „Post- und Fernmeldewesen" hinausgehen darf 3 2 9 , er aber andererseits grundsätzlich vom Gesetzgeber beschränkt werden könnte. d) Die Verpflichtung der Bundespost zur Leistungserbringung
Bei der Auslegung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG ist ferner der Frage nachzugehen, wie weit die Aufgaben, die die Bundespost zu ihrem Funktionskreis rechnen darf, in verfassungsrechtlich zulässiger Weise durch den Gesetzgeber beschränkt werden könnten. Als gesichert kann inzwischen angesehen werden, daß den Bestimmungen über die Verwaltungsstruktur in der Bundesrepublik nicht nur eine rein kompetenzielle Wirkung zugunsten des Bundes zukommt, sondern vielmehr auch ein materieller Garantiegehalt zuerkannt wird. In Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG wird ein dreifacher Schutzzweck gesehen: Er schützt den Bund vor Eingriffen der Länder, die Länder werden gleichzeitig entlastet und der Bürger erhält die Möglichkeit, das Angebot für sich zu nutzen; damit verbunden ist eine Pflicht des Bundes, diese Aufgaben wahrzunehmen 330 . 326 Maunz, in Maunz I Dürig ! Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 44. 327 Maunz, in Maunz / Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 44. 328 Schmidt-Bleibtreu I Klein, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. 6. Aufl., Neuwied/Darmstadt 1983, Art. 74 Rdnr. 45; BVerfGE 56, 249 (263). 329 Das Verbot an die Bundespost, ihre Kompetenzen zu überschreiten, folgt aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 und aus Art. 1 Abs. 3 GG), vgl. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 152; Rupp, Verfassungsrechtliche Aspekte der Postgebühr und des Wettbewerbs der Deutschen Bundespost mit den Kreditinstituten. Köln 1971, S. 27f.; von Münch, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in Erichsen j Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 49 ff. 330 Ygi ßr oßt in v o n Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band III, Art. 87 Rdnr. 3; Dittmann, Die Bundesverwaltung, S. 85; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 26ff.; Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 152ff.; Herrmann, Die Deutsche Bundespost: Kommunikationsunternehmen zwischen Staat und Wirtschaft. BadenBaden 1986, S. 98 ff.; Schmidt-Aßmann/Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 56 ff.
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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Diese Auslegung des A r t . 87 Abs. 1 Satz 1 G G ergibt sich u. a. aus der Rechtsprechung des BVerfG zu verschiedenen M o n o p o l e n der öffentlichen H a n d 3 3 1 u n d einer analogen Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Bundespost. Das BVerfG hat sowohl bei einem F i n a n z m o n o p o l (Branntweinm o n o p o l ) 3 3 2 als auch bei verschiedenen Verwaltungsmonopolen (landesrechtliche Gebäudeversicherungsmonopole, A r b e i t s v e r m i t t l u n g s m o n o p o l ) 3 3 3 einen Verstoß gegen die Kompetenzregelungen des Grundgesetzes verneint. Bei allen genannten Entscheidungen handelte es sich u m M o n o p o l e , die z u m Z e i t p u n k t der Verfassungsgebung bereits als langjährige Einrichtungen bestanden hatten. D i e Anerkennung v o n Verwaltungs- bzw. Finanzmonopolen impliziert einen bestimmten umschreibbaren Aufgabenbestand. Daher erfahren diese M o n o p o le als I n s t i t u t i o n eine besondere verfassungsrechtliche Anerkennung, „wenn ausdrückliche, sei es auch nur kompetenzrechtliche Regelungen des Grundgesetzes nur so verstanden werden können. Die bloße kompetenzrechtliche Nennung des berührten Sachbereichs genügt dafür nicht" 3 3 4 . A u f das Verwaltungsmonopol Bundespost 3 3 5 übertragen bedeutet dies, daß A r t . 87 Abs. 1 Satz 1 G G die verfassungsrechtliche Garantie „der effektiven Existenz der Bundespost" beinhaltet u n d „darüber hinausgehend auch die Garantie eines geschichtlich erschließbaren und für die Gegenwart aktualisierbaren Kernbestandes an typischen Aufgaben postalisch — fernmelderechtlicher N a t u r " 3 3 6 . Insofern setzt A r t . 87 Abs. 1 G G den Bestand u n d die Funktionsfahigkeit der Bundespost i n bestimmten Bereichen als zwingend v o r a u s 3 3 7 . Die Bundespost 331 Die Rechtsprechung dazu ist mehrfach ausführlich dargestellt worden; daher kann auf einschlägige Fundstellen verwiesen werden, etwa Badura, Der Paketdienst der Deutschen Bundespost, Jahrbuch der DBP 1977, S. 76 (150); Scherer, Telekommunikationsrecht und Telekommunikationspolitik. Baden-Baden 1985, S. 684ff.; A. Hesse, Die Verfassungsmäßigkeit des Fernmeldemonopols der Deutschen Bundespost. Heidelberg 1984, S. 31 ff. 332 BVerfGE 14, 105 ff. 333 BVerfGE 21, 245 ff.; 41, 205 ff. 334 Badura, Jahrbuch der DBP 1977, S. 76 (150). 335 Die Bundespost ist insofern Verwaltungsmonopol, als ihr verschiedene Monopolrechte zur Aufgabenerledigung im Post- und Fernmeldebereich zugewiesen und Private von denselben Tätigkeitsbereichen ausgeschlossen worden sind. 336 Lerche, Zum (verfassungsrechtlichen Rahmen der Posttätigkeit, S. 5 f.; zutreffend auch Fangmann, Verfassungsgarantie der Bundespost, S. 65 f. 337 „Die Bundespost i.S. von Art. 871 GG, zu der das Post- und Fernmeldewesen gem. Art. 73 Nr. 7 GG gehören (BVerfGE 12, 205 (226)) bildet jedenfalls insoweit eine Einheit, die nicht aufgespalten werden kann.", BVerfG (Vorprüfungsausschuß), Beschluß vom 22. 3.1982-2 BvR 849/82, NJW 1984, S. 1871 (1872). Ferner Schnapp: „Aufgabenzuweisungen an staatliche Funktionseinheiten sind janusköpfig; sie beinhalten eine positive und eine negative Komponente. Die Zuweisung einer Aufgabe bedeutet: Diese Aufgabe muß
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
als Leistungsverwaltung unterliegt damit nicht gänzlich der Disposition des einfachen Gesetzgebers, sondern stellt eine verfassungsrechtlich gewährleistete I n s t i t u t i o n dar. I n dieser A u s f o r m u n g erfüllt sie Aufgaben des Gemeinwohls. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, dieses Ziel zu beachten u n d gegebenenfalls zu konkretisieren 3 3 8 . Diese Bedeutung der Kompetenznormen ist auch i n einer jüngeren Entscheidung durch das BVerfG bestätigt worden. Es hat i n der Entscheidung zur K d V Novelle u. a. aufgrund v o n A r t . 87a G G festgestellt, daß „ E i n r i c h t u n g u n d Funktionsfahigkeit der Bundeswehr verfassungsrechtlichen R a n g h a b e n " 3 3 9 . Allerdings haben zwei Richter i n einem Sondervotum die W i r k u n g v o n Kompetenzvorschriften (Zuständigkeitsnorm u n d Aufgabenzuweisung) grundsätzlich anders beurteilt. D i e hier bedeutsamen Ausführungen der Richter Mahrenholz u n d Böckenförde i n ihrem dissentierenden V o t u m lauten wie folgt: „Bundesstaatliche Kompetenzvorschriften haben den Sinn, die Handlungsbereiche von Bund und Ländern gegeneinander abzugrenzen. Sie legen nicht bestimmte Aufgabenbereiche als notwendige Staatsaufgaben fest, sondern bestimmen, für welche Handlungsbereiche der Bund, sei es ausschließlich, sei es konkurrierend etc. im Verhältnis zu den Ländern zuständig ist. Ihr normativer Gehalt liegt darin, daß in den von ihnen bezeichneten Bereichen das Handeln der Staatsgewalt des Bundes — gegebenenfalls unter näher festgelegten einschränkenden Bedingungen — erlaubt ist. Sie besagen damit auch, daß das Handeln in diesen Bereichen von der innerbundlichen Verfassungsordnung her nicht überhaupt ausgeschlossen ist. Sie erheben Gegenstände möglichen staatlichen Handelns aber nicht zu materiell-rechtlichen Handlungsaufträgen, -geboten oder sonstigen „Wert"-Entscheidungen, die anderweitig in der Verfassung festgelegte Modalitäten oder Begrenzungen staatlichen Handelns wieder aufheben oder einschränken." 340 Es ist fraglich, ob die Bedeutung v o n Kompetenzvorschriften m i t dieser Betrachtungsweise allgemein zutreffend erfaßt wird. Meines Erachtens beinhaltet die Aufnahme der Bundespost i n den Organisationstyp „bundeseigene Verwaltung" nach A r t . 87 Abs. 1 Satz 1 G G die Vorstellung des Verfassungsgebers, daß i n diesen Bereichen Dienstleistungsangebote bereitgestellt u n d dauerhaft erhalten werden m ü s s e n 3 4 1 . I n der Literatur werden bisweilen sogar wahrgenommen werden; es dürfen — gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns — keine anderen Aufgaben wahrgenommen werden", Schnapp, Der Verwaltungsvorbehalt, VVDStRL 43 (1985), S. 172 (186). 338 Badura, Jahrbuch der DBP 1977, S. 76 (149f.); Steiner, in Isensee / Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, S. 1112ff. (Rdnr. 35, 37, 42). 339 BVerfGE 69, 1 (21). 340 BVerfGE 69, 1 (60) (Hervorhebung im Original). 341 Ebenso Stern zu dem Organisationstyp „bundeseigene Verwaltung": „Ohne Verfassungsänderung kann in diesen Bereichen nicht von der Wahrnehmung der Bundesverwaltung abgesehen werden. Sie ist zwingend." Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, S. 816; vgl. auch Schatzschneider, Privatisierung des Fernmeldehoheitsrechts? Zum rechtlichen Handlungsrahmen einer Neuordnung der Deutschen Bundespost. Berlin 1988, S. 37 f.
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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Monopolrechte wie das Fernmeldemonopol (§ 1 FAG) zum Inhalt der Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G erhoben 342 . Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgt 3 4 3 , ist immerhin anerkannt, daß eine Staatsaufgabe, wie sie die Bundespost darstellt, in der Verfassung unterschiedlich postuliert werden kann, nämlich „durch ausdrückliche Staatsaufgabennormen über „bloße" Kompetenzen bis hin zu Grundrechten" 344 . Im Falle der Bundespost hat der Verfassungsgeber die Aufgabenerfüllung innerhalb einer Verwaltungskompetenzvorschrift vorgeschrieben. Damit ist grundsätzlich der staatliche Leistungsauftrag hinreichend festgeschrieben. 3. Aufgabenkompetenzen a) Postwesen
Eine erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost könnte in solchen Bereichen erfolgen, die zum Postwesen gehören. Eine Zuständigkeit der Bundespost für das Postwesen ergibt sich aus Art. 87 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit Art. 73 Nr. 7 GG. Der Begriff des Postwesens wird in der juristischen Literatur häufig im Zusammenhang mit dem Fernmeldewesen bestimmt. So umfaßt etwa nach dem 1. Fernsehurteil 345 der Begriff des Postwesens grundsätzlich die „herkömmlichen" Dienstzweige der Post und der des Fernmeldewesens die „neuen" nachrichtentechnischen Dienste 346 . Zum Postwesen gehören daher als herkömmliche Dienste die Brief- und Postkartenbeförderung, aber auch weitere, nicht mit der Nachrichtenübermittlung zusammenhängende Dienste, die jedoch traditionell von der Bundespost angeboten werden, z.B. die Güterbeförderung im Paketdienst, der Postgiro- und Postsparkassendienst (vgl. § 1 PostG). Bereits vor einigen Jahren ist intensiv über die Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost diskutiert worden. Verfassungsrechtlich zulässig ist im Ergebnis die Einführung neuer Dienstzweige, „wenn sie aufgrund neuer technischer Entwicklungen erforderlich sind und dem historischen Begriff des Postwesens nicht widersprechen" 347 . 342 Vgl. Kirchhof, Private Breitbandkabelanlagen und Postmonopol, DVB1. 1984, S. 657f.; Roßnagel/ Wedde, DVB1. 1988, S. 562 (566) m.w.N.; Fangmann, RDV 1988, S. 58 f. 343 Ablehnend etwa Ossenbühl, Staatliches Fernmeldemonopol als Verfassungsgebot?, in Leßmann/GroßfeldI Vollmer (Hrsg.), Festschrift für Rudolf Lukes zum 65. Geburtstag. Köln/Berlin/Bonn/München 1989, S. 525 (536ff.). 344
Häberle, Verfassungsrechtliche Staatsaufgabenlehre, AöR 111 (1986), S. 595 (605). BVerfGE 12, 205 ff. 346 BVerfGE 12, 205 (226); Maunz, in Maunz/Dürig/Herzog!Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 73 Rdnr. 116 ff.; von Münch, in von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band III, Art. 73 Rdnr. 44; Feigenbutz, Die Bindungen des Post- und Fernmeldewesens an und durch das Rechtsinstitut der Gebühr. Berlin 1977, S. 62ff.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 42ff. 345
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
So kommt auch Ossenbühl 348 zu dem Ergebnis, daß der Begriff „Postwesen" als ein zukunftsoffener historischer Begriff anzusehen ist. Nach seiner Ansicht kann der Aufgabenbestand der DBP erweitert werden, wenn sich die Erweiterungen an dem „traditionellen Grundbestand" orientieren. Damit sind Erweiterungen zulässig, „sofern neue „Beförderungsbedürfnisse" auftauchen, die per se zu einem herkömmlichen Dienstzweig rechnen (oder) sich unter veränderten Umständen als notwendige Ergänzungen herkömmlicher Dienstzweige erweisen" 349 . Nach Ansicht von Ossenbühl ist daher eine Ergänzung des postalischen Angebotes ohne weiteres zulässig durch den — Verkauf von Fahrausweisen einer Stadtwerke A G und den — Verkauf von amexco-Reiseschecks350. Darüber hinaus hat Ossenbühl 351 den Einstieg der Bundespost in bankübliche Aktivgeschäfte (z.B. Kreditgeschäfte, Verkauf von Bundesschatzbriefen, Devisen und Wertpapieren) als eine Überschreitung des bestehenden Kompetenztitels „Postwesen" nach Art. 73 Nr. 7 GG beurteilt. Auch die neuere verfassungsrechtliche Untersuchung durch Lerche I von Pestalozza 352 folgt dieser Auffassung. Insgesamt wird man daher das Angebot von banküblichen Aktivgeschäften, insbesondere die Gewährung von Individualkrediten durch die Deutsche Bundespost nicht unmittelbar zum Kompetenztitel „Postwesen" zählen können. Über die beiden oben genannten Tätigkeitsbereiche hinaus liegen z.Zt. keine Vorschläge zur erwerbswirtschaftlichen Betätigung vor, die sich als eine Erweiterung des Aufgabenbereiches „Postwesen" beurteilen lassen.
347 348 349 350
Ohnheiser, Ossenbühl, Ossenbühl, Ossenbühl,
Postrecht. 4. Aufl., Heidelberg 1984, S. 20. Bestand und Erweiterung, S. 58. Bestand und Erweiterung, S. 58. Bestand und Erweiterung, S. 143 f.
351
Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 65ff., 72, 139; ebenso Rupp, Verfassungsrechtliche Aspekte der Postgebühr, S. 29, 47; Sievers, Die Deutsche Bundespost im Wettbewerb mit der Kreditwirtschaft. Diss., Kiel 1974, S. 67. 352 Vgl. ausführlich Lerche /von Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 74 ff., 126 f.; anderer Ansicht Fangmann, Verfassungsgarantie der Bundespost, S. 52ff., der die Erweiterung der Postbankdienste allerdings nicht verfassungsrechtlich, sondern einfachgesetzlich behandelt; Eidenmüller, der die Aufnahme von Kreditgeschäften durch die Postbank wegen veränderter Marktanforderungen für zulässig hält und dem Kompetenztitel des Art. 73 Nr. 7 GG zuordnet, Eidenmüller, Das Gesetz über das Kreditwesen und die Postbank. Über die rechtlichen und informalen Beziehungen zwischen Kreditgewerbe und Deutscher Bundespost, DÖV 1986, S.408 (415 ff.).
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b) Fernmeldewesen
aa) Kompetenznorm und einfachgesetzliche
Konkretisierung
Die weitestgehende Zuständigkeit der Bundespost für das Fernmeldewesen ergibt sich aus der Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 73 Nr. 7 GG) i.V. mit dem Fernmeldeanlagengesetz (FAG) von 1928 353 . Im Grundgesetz ist der Begriff „Fernmeldewesen" nicht weiter präzisiert. Was das Fernmeldewesen umfaßt, wird in erster Linie durch die gesetzliche Definition in § 1 Abs. 1 FAG bestimmt. Insofern erfolgt hier eine inhaltliche Konkretisierung des Grundgesetzes durch Begriffe, die in einfachen Gesetzen enthalten sind 3 5 4 . Die Ausfüllung von Verfassungsbegriffen durch den einfachen Gesetzgeber kann nicht schrankenlos erfolgen. Schranken werden dem Gesetzgeber vor allem durch die Berücksichtigung historischer Elemente gesetzt. Bei der Auslegung der Verfassung ist die Tradition des im GG verwendeten Begriffs „Fernmeldewesen" zu berücksichtigen. Der im GG verwendete Ausdruck erfaßt eine umschreibbare Tradition, die auf einen unabänderlichen Begriffskern hinweist. Dieser muß erhalten bleiben, „auch wenn sich die Situation und die Periode ändern. Was bei seiner Aufnahme in das Grundgesetz als ein in gewissem Umfang feststehender Begriff verwendet worden ist, kann nicht in seinen Grundlagen durch einfaches Gesetz verändert werden" 3 5 5 .
Einer „dynamischen" Verfassungsinterpretation sind insofern Grenzen gesetzt. Es „muß bei aller Berücksichtigung der Entwicklung doch der ursprüngliche Sinn beachtet werden, mit dem der Begriff in das GG aufgenommen worden ist, und von diesem Begriff muß mindestens der Kern erhalten bleiben; durch einfache Gesetze kann er nicht beseitigt werden" 3 5 6 .
Nur unter Beachtung dieser Überlegungen kann die (Verwaltungs-) Kompetenz für das Fernmeldewesen in verfassungskonformer Auslegung für die Umschreibung des Sachbereichs Bundespost herangezogen werden. 353 Gesetz über Fernmeldeanlagen, in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. 3. 1977, BGBl. IS. 459, ber. S. 573, zuletzt geändert durch das PostStruktG (Art. 3) vom 8. 6. 1989, BGBl. I S. 1026, neu bekannt gemacht am 3. 7. 1989, BGBl. I S. 1455. 354 Vgl. Maunz, in Maunz/ Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 73 Rdnr. 15. Maunz hält die Befugnis des einfachen Gesetzgebers, Begriffe der Verfassung zu bestimmen, für problematisch — auch und gerade bei der Bundespost. „Was etwa Bundespost ist, bestimmt weithin der einfache Gesetzgeber; er könnte theoretisch auch die Fernmeldeforschung in diesen Begriff einbeziehen, ja die Raketenforschung, die Weltraumforschung, und damit dem Art. 73 Nr. 7 GG einen immer weiteren Umfang geben" (ebd.). 355 Maunz, in Maunz / Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 73 Rdnr. 16. 356 Maunz, in Maunz / Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 73 Rdnr. 16.
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bb) Auslegung des Begriffs
„Fernmeldewesen"
Der Begriff „Fernmeldewesen" wird im Grundgesetz selbst nicht näher bestimmt. Statt dessen ist hier zur weiteren Auslegung § 1 des Fernmeldeanlagengesetzes (FAG) von 1928 heranzuziehen, das gemäß Art. 123 und 124 G G unmittelbar als Bundesrecht weiterhin Geltungskraft besitzt 357 . Nach § 1 FAG wird das Fernmeldewesen allgemein bestimmt als Errichtung und Betrieb von Fernmeldeanlagen zur nachrichtentechnischen Übermittlung von Signalen 358 . Der Begriff der „Fernmeldeanlage" ist seinerseits im FAG nur beispielhaft bestimmt worden. Eine weitergehende Festlegung war schon bei den parlamentarischen Verhandlungen zum Telegraphengesetz nicht für notwendig befunden worden, da damals der Begriff der Telegraphenanlage durch das Reichsgericht 3 5 9 hinreichend genau präzisiert worden war. Inzwischen hat sich das BVerfG mehrfach mit Begriffsbestimmungen im Fernmeldewesen befaßt. Danach hat „das Fernmeldewesen (...) es mit Fernmeldeanlagen, also mit technischen Einrichtungen zu tun, mit deren Hilfe Signale „in die Ferne" gemeldet oder übermittelt werden" 3 6 0 . In der Entscheidung zur Direktrufverordnung ist der Begriff „Fernmeldeanlage" erneut definiert worden. Leitsatz 2 der Entscheidung lautet: „Der Begriff der Fernmeldeanlage umfaßt nicht nur die bei der Entstehung des Fernmeldeanlagengesetzes bekannten Arten der Nachrichtenübertragung, sondern auch neuartige Übertragungstechniken, sofern es sich um körperlose Übertragung von Nachrichten in der Weise handelt, daß diese am Empfangsort „wiedergegeben" werden. Demgemäß gehört zum „Fernmeldewesen" auch die digitale Nachrichtenübertragung." 3 6 1
Der entscheidende Vorgang bei Fernmeldeanlagen ist also die körperlose Übertragung von Nachrichten. In dieser Entscheidung hat das BVerfG klargestellt, daß der Gesetzgeber den Begriff „Fernmeldeanlage" bewußt offengelassen hat. Er ist mithin für die neuen Techniken der Übertragungs- und Vermittlungseinrichtungen zukunftsoffen. Die Begriffsbestimmung der „Fern357 BVerfGE 46,120 (140 ff.). Das führt aber nicht daran vorbei, daß Art. 123 auch das gesamte vorkonstitutionelle Recht einer Prüfung anhand des GG unterwirft, vgl. Fiedler, Berufsfreiheit als Schranke der Verwaltungsmonopole, DÖV 1977, S. 390 (394); Lerche, Rundfunkmonopol. Frankfurt a.M. 1970, S. 59f. 358 Vgl. BVerfGE 12, 205 (226); in BVerfGE 46, 120 (139) wird sowohl auf das FAG (§ 1) als auch auf das PostVerwG (§ 14) hingewiesen; vgl. weiter Scher er, Telekommunikationsrecht und Telekommunikationspolitik, S. 601; von Münch, in von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band III, Art. 73 Rdnr. 45 f.; A. Hesse, Die Verfassungsmäßigkeit des Fernmeldemonopols der Deutschen Bundespost, S. 12 f.; Berndt/ Hefekäuser, „Medien" und Telekommunikation — Ein Beitrag zur Begriffsklärung —, Jahrbuch der DBP 1985, S. 578 (597 ff.); Plagemann, Zur verfassungsrechtlichen Lage bei der Einführung neuer Telekommunikationsdienste, Z U M 1986, S. 518 ff. 359 RGSt 19, 55. Auf diesen Zusammenhang weist auch BVerfGE 46, 120 (140) hin. 360 BVerfGE 12, 205 (226). 361 BVerfGE 46, 120, vgl. weiter S. 142ff.
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meldeanlage" ist damit dynamisiert und für technische Neuerungen ausdrücklich erschlossen worden. Nach einem eher technischen Sprachgebrauch handelt es sich dann um öffentliche Fernmeldeanlagen, wenn zwischen dem Gerät bzw. dem Endgerät eine Verbindung mit dem postalisch betriebenen Netz besteht. Anders wiederum dürften technische Anlagen beispielsweise zur Datenverarbeitung zu beurteilen sein, bei denen eine Verbindung zum Netz nicht nur nicht beabsichtigt, sondern auch nicht herstellbar ist (ζ. B. Taschenrechner, Drucker, Kleinstcomputer). Da nicht ersichtlich ist, daß diese Produkte der nachrichtentechnischen Übermittlung von Signalen zu dienen imstande sind, stellen sie keine Fernmeldeanlage dar. Daher kann eine kompetenzielle Befugnis der Bundespost für die Distribution zumindest nicht direkt aus dem Fernmeldewesen (Art. 73 Nr. 7 GG) abgeleitet werden. Umstritten ist ferner der Bereich der elektronischen Geräte, die auch, aber nicht in erster Linie als Fernmeldeanlage zu dienen imstande sind. Zu denken wäre hier an Produkte, die Aufgaben des Fernmeldewesens und der Datenverarbeitung gleichzeitig erfüllen können (sog. kombinierte Endgeräte, beispielsweise Personal Computer). Diese Systeme verbinden Rechner- mit Kommunikationsfunktionen, so daß eine eindeutige Trennlinie zwischen der reinen Endgerätefunktion und der reinen Datenverarbeitungsfunktion nicht mehr gezogen werden kann. Die in der Vergangenheit noch mögliche Abgrenzung zwischen Fernmeldetechnik und Datenverarbeitung wird damit zukünftig obsolet. Diese technische Entwicklung spricht daher ebenso wie die allgemeine Öffnung dieses Marktes für den Wettbewerb dafür, daß die Bundespost gegebenenfalls auch an dem Markt für Datenverarbeitung teilnimmt. Die Frage, ob auch die Mehrwertdienste (VANS) als Bestandteil des Fernmeldewesens durch die Bundespost angeboten werden dürfen, ist bislang kaum problematisiert worden. Joachim Scher er hat in jüngerer Zeit vorgetragen, daß die Verwaltungskompetenz des Bundes beschränkt sei auf die fernmeldetechnische Übermittlung von Informationen für einzelne. Das bedeutet in der Konsequenz, daß Informationsspeicherungen in postalischer Trägerschaft unzulässig seien. Die Bundespost sei also letztlich „verfassungskompetenzrechtlich von der Trägerschaft der sog. Mehrwertdienste (value added services) ausgeschlossen"362. Damit geht es Scher er um den Nachweis, daß Mehrwertdienste nicht zum Fernmeldewesen i.S. des Art. 73 Nr. 7 GG und Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG zu rechnen sind. Der Auffassung von Scherer sind vor allem zwei Gesichtspunkte entgegenzuhalten: — Zunächst gibt es keine eindeutige Definition für Mehrwertdienstleistungen in Abgrenzung von „anderen Fernmeldediensten"; der technische Fortschritt läßt dauerhafte, eindeutige Abgrenzungen nicht zu. Die Entwicklung des 362
Scherer, Einrichtung neuer Telekommunikationsdienste im Zeitalter der Telematik, Z U M 1985, S. 472 (478); ablehnend Fangmann, RDV 1988, S! 53 (56). 9 Plagemann
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Fernmelderechts unter der Federal Communications Commission (FCC) in den USA hat gezeigt, daß die jeweiligen Bemühungen um eine Abgrenzung alsbald überholt worden sind. — Zum zweiten geht Scherer von einem Dualismus zwischen Fernmeldenetzen und Fernmeldediensten aus. Diese Differenzierung, die in der Vergangenheit noch zu brauchbaren Ergebnissen führte, ist unter der ISDN-Systemtechnik 363 nicht mehr aufrechtzuerhalten. Das ISDN bedingt, daß verschiedene technische Leistungen, die bisher durch separate Endgeräte bzw. eigene Netze erbracht wurden (hier wäre die Datenspeicherung zu nennen), zukünftig in den heute noch als Netz bezeichneten Teil hineinverlagert werden. Verwendet werden für das ISDN elektronische speicherprogrammierte Vermittlungssysteme. Dadurch entstehen letztlich einheitliche Netze bzw. Dienste, die sich nur durch den Zustand der Programmierung unterscheiden. Weil die Datenverarbeitung zum tragenden Element des Übermittlungsvorganges der jeweiligen nachrichtentechnischen Information wird, bedingt die technische Entwicklung eine Erweiterung des Tätigkeitsfeldes der Deutschen Bundespost in den Bereich der Datenverarbeitung hinein. Damit steht der Bundespost aber der entsprechende Kompetenztitel zu, den sie zur Übernahme von VAN-Angeboten in Eigenregie oder in ausgelagerte Eigengesellschaften oder Beteiligungen benötigt. Für die Bundespost bedeutet diese absehbare Entwicklung perspektivisch, daß sie von den modernen Formen der Mehrwertdienstleistungen nicht ausgeschlossen werden kann. Die Mehrwertdienste müssen deshalb als Bestandteil des „Fernmeldewesens" angesehen werden. Es ist an früherer Stelle schon angesprochen worden, daß sich ausländische Fernmeldeunternehmen in erheblichem Umfang im Datenverarbeitungsbereich bzw. als Anbieter von Mehrwertdiensten betätigen. Eine Ausweitung des Tätigkeitsfeldes und der Kompetenzen der Deutschen Bundespost würde insofern der weltweiten technischen und wirtschaftlichen Entwicklung Rechnung tragen. Es kommt hierbei darauf an, den Aufgabenwechsel hin zu umfassenderen Wirtschaftsunternehmen, den die Fernmeldeunternehmen bereits heute vollziehen, auch in der Bundesrepublik Deutschland anzuerkennen. Das PostStruktG greift diese weltweiten Veränderungen auf, wenn darin die Deutsche Bundespost zur Erfüllung ihres „öffentlichen Auftrags" verpflichtet wird (§ 1 PostVerfG) und dieser in § 4 PostVerfG näher bestimmt wird. Danach haben die Unternehmen der Deutschen Bundespost die Nachfrage von Bürgern, Wirtschaft und Verwaltung nach Leistungen der Post-, Postbank- und Fernmeldedienste zu decken. Weiter heißt es in dem neu verabschiedeten Gesetz: „Die Dienste sind unter Berücksichtigung der Markterfordernisse entsprechend der 363 Statt vieler Bundesminister fiir das Post- und Fernmeldewesen (Hrsg.), Konzept der Deutschen Bundespost zur Weiterentwicklung der Fernmeldeinfrastruktur. Bonn 1984, S. 8 ff. und passim.
Zu den Diensten im Schmalband-ISDN vgl. Bocker, ISDN. Das diensteintegrierende digitale Nachrichtennetz. Berlin/Heidelberg/New York 1986, S. 16ff., 123ff.
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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wirtschaftlichen und technischen Entwicklung zu gestalten" (§ 4 Abs. 1 PostVerfG). Hiernach wird von der Bundespost eine fortlaufende Weiterentwicklung und Anpassung des Leistungsangebots im Post- und Fernmeldewesen an veränderte Kundenbedürfnisse verlangt. In der Gesetzesbegründung wird ferner darauf hingewiesen, daß sich die Deutsche Bundespost (auch) an den Wettbewerbsmärkten des Post- und Fernmeldewesens aktiv beteiligen soll. Sie solle dabei nicht durch eine enge und statische Auslegung des Begriffs „Post- und Fernmeldewesen" auf die Funktion der Informationsübermittlung eingeschränkt werden. Vielmehr solle die Bundespost an diesen neuen Märkten mit integrierten Dienstleistungen teilhaben 364 . Auch diese Intention des Gesetzgebers spricht für eine erweiterte Auslegung des Verwaltungskompetenzbereichs der Deutschen Bundespost, nämlich dahingehend, daß Endgeräte und Dienste aus dem Konvergenzbereich zwischen Telekommunikation und Datenverarbeitung (Mehrwertdienste) von der Bundespost angeboten werden können. c) Übrige wirtschaftliche Güter und Dienstleistungen
Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, daß die Bundespost für das Postwesen sowie für nachrichtentechnische Geräte und Dienste des Fernmeldewesens (incl. der Netzinfrastruktur) kompetenzrechtlich zuständig ist. Es ist aber weiter zu untersuchen, wie die Aufgabenkompetenzen der Bundespost zu beurteilen sind, wenn es sich um Produkte oder Dienstleistungen handelt, die nicht oder nur mittelbar zum Fernmeldewesen oder zum Postwesen zählen. So wäre es etwa vorstellbar, daß die Bundespost ihre Schalterorganisation für den Verkauf verschiedener Produkte ohne postalischen Bezug verwendet, beispielsweise Bahnfahrkarten, Schreibwaren, Kalender und andere Konsumartikel bzw. Dienstleistungen. Auch an eine Ausdehnung des bisher nur eingeschränkt vorhandenen Angebotes an Postbankdiensten wäre dabei zu denken. Die Deutsche Bundespost verfügt schon heute über eine Reihe kompetenzrechtlich zulässiger Betätigungsmöglichkeiten außerhalb des Angebotes von Leistungen des Post- und Fernmeldewesens. Diese Leistungen werden als sogenannte wirtschaftliche „Randnutzungen" betrachtet. Teilweise werden sie auch als Hilfsgeschäfte der Verwaltung bezeichnet. Die Randnutzungen sind vor allem aus Diskussionen um die Zulässigkeit des Werbefernsehens bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bekannt geworden. Nach einer damals vertretenen Umschreibung handelt es sich bei Randnutzungen um 364 Vgl. oben A.II.2.c.,d.; ferner Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 26, 33; Drs. 11/2855, S. 17; Drs. 11/4316, S. 69.
Der Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen spricht von „kombinierten Telekommunikations- und Datenverarbeitungstechniken (Geräte, Dienstleistungen, Netze)", Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 28 f., ferner S. 25, 69, 90, 94, 117 f.; dort wird auch auf das Problem, diese Leistungen bzw. Systeme heute abschließend zu bestimmen, hingewiesen. Vgl. ebenso Konzeption der Bundesregierung, S. 23 ff., 64ff. 9*
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
„eine als Annexfunktion betriebene Teilfinanzierung des Rundfunks durch eine fiskalisch-wirtschaftliche Ausnutzung der den Rundfunkanstalten zur Verfügung stehenden sächlichen Betriebsmittel" 365 .
Heute sind Randnutzungen, die allgemein als zulässig angesehen werden 366 , in weiteren Wirtschaftsbereichen der öffentlichen Verwaltung anzutreffen, wie ζ. B. der Verkauf von Kraftfahrzeugkennzeichenschildern oder die Verpachtung von Rathauskellern etc.. Deshalb werden darunter im weitesten Sinne Betätigungen verstanden, „die im Rahmen bestehender (Verwaltungs-)Zuständigkeiten erfolgen, deren Rahmen nicht sprengen, vielmehr innerhalb dieser den (legitimen) Wirtschaftlichkeitsinteressen der öffentlichen Verwaltung dienen (ζ. B. Werbung auf Telefonbüchern, Eisenbahnwagen, Bahnhöfen, Flughäfen etc.)" 3 6 7 .
Die Ausschöpfung von Randnutzungen bei der Bundespost 368 ist bisher innerhalb der Deutschen Postreklame GmbH organisiert. Diese ist zur wirtschaftlichen Nutzung personeller Kapazitäten und sächlicher Betriebsmittel gegründet worden. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit erstreckt sich auf wirtschaftliche Hilfsgeschäfte, die nicht mehr direkt dem Funktionskreis Bundespost angehören. Weitere Einzelheiten sind nach Ansicht von Ossenbühl umstritten und unklar 3 6 9 . Diese „Einzelheiten" beziehen sich offenbar auf die nähere Eingrenzung der „gerade noch zulässigen Randnutzungen". Nun trifft es zu, daß es bei einer gegebenenfalls vorzunehmenden Ausweitung der Randnutzungen bei der Bundespost zu Kontroversen um die Zulässigkeit in Einzelfallen kommen könnte. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von weiteren Randnutzungen kommt es vor allem darauf an, den wirtschaftlichen Hintergrund für eine derartige Ausweitung des Betätigungsbereiches näher zu betrachten. Verschiedene wirtschaftliche Überlegungen sprechen für eine solche Erweiterung des bestehenden Leistungsangebotes im Randnutzungsbereich: Die Bun365 Lerche, Rechtsprobleme des Werbefernsehens. Frankfurt am Main/Berlin 1965, S. 19f. 366 Ygi Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, in IsenseeIKirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I I I , S. 79 m.w.N.; Lerche) von Pestalozza. Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 61; H. Schneider, Werbung im Rundfunk, S. 15 ff.; Leisner, Werbefernsehen und Öffentliches Recht. Berlin 1967, S. 70 ff. 367 Scholz, in Maunz I Dürig ! Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Rdnr. 403; vgl. weiter Fuhr, ZDF-Staatsvertrag. 2. völlig neubearb. Aufl., Mainz 1985, S. 73ff.; Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand, S. 76f., 224f.; Stober, Betriebs-Berater 1989, S. 716 (717, 722); OVG Lüneburg, Urt. vom 15. 3. 1988, NJW 1988, S. 1867 (1868); BVerwG, Urt. vom 21.4. 1989, NJW 1989, S. 2410; zurückhaltend Denninger, Z U M 1987, S. 479 (487). 368 Beispielsweise wird der Verkauf von Pack-Sets und Fahrkarten kommunaler Verkehrsbetriebe durch die Bundespost als eine Randnutzung beschrieben, da eine Auslastung der Schalterdienste der DBP erzielt und der Kundendienst der Verkehrsbetriebe erhöht werde, vgl. Hempell, Postverfassungsrecht, S. 13. 369 Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 137.
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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despost verfügt mit ihren Postämtern bzw. Schalterhallen sowie Telefonläden über eine weit verzweigte, umfassende örtliche Versorgungsdichte. Diese vorhandenen Verkaufskapazitäten ließen sich unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten effizienter einsetzen als bisher. Durch die Ausnutzung von Verbund- und Größenvorteilen entstehen gesamtwirtschaftliche Vorteile, die den Konsumenten zugute kommen könnten. Ein wesentlicher Vorteil wäre, daß die Bundespost auf diesem Wege die Kosten für ihre Infrastruktur senken könnte. So verkauft die Bundespost bereits gegenwärtig über die Deutsche Postreklame GmbH ζ. B. an ihren Schaltern sog. Pack-Sets (Faltkartons zur Paketbeförderung) oder vermietet Schaufenstervitrinen in Postämtern. Für dieses zusätzliche Angebot sind in der Regel keine oder nur sehr geringe Investitionen erforderlich. Vielmehr wird das Angebot mit zum weitaus größten Teil vorhandenen Einrichtungen bereitgestellt. Betriebswirtschaftlich gesehen wird aber z.B. die Kostenstelle Schalterdienst bzw. Paketschalterdienst um einen Kostenanteil entlastet; dieser Kostenanteil wird dem Verkauf von PackSets zugerechnet. Auf diese Weise können die verschiedenen anderen Dienstleistungen am Schalter insgesamt kostengünstiger erstellt, kalkuliert und angeboten werden. Für die Bundespost stellt sich die Erweiterung des Produktspektrums im Randnutzungsbereich als eine Erschließung neuer Märkte dar, die ohne nennenswerte Kostensteigerung zu einem erhöhten Umsatz führt. Die verfassungsrechtliche Frage lautet in diesem Zusammenhang, ob der Bundespost die erforderlichen Aufgabenkompetenzen sowohl für Randnutzungen als auch für ein erweitertes Leistungsangebot, das mit dem Post- und Fernmeldewesen mittelbar zusammenhängt, zustehen. In diesen Fällen stehen zwar nicht die Kompetenzen für das Post- und Fernmeldewesen im klassischen Sinne zur Verfügung. Will man jedoch die künftigen Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche der Bundespost definieren, so ist meines Erachtens der Rekurs auf die klassischen Begriffe „Post- und Fernmeldewesen", ihre historische Entwicklung und den allgemeinen Sprachgebrauch eine wenig zweckmäßige Vorgehens weise. Statt dessen kommt es darauf an, der Gesamtfunktion der Bundespost gerecht zu werden. Bereits in den vergangenen Jahren sind eine Reihe von innovativen Diensten entstanden, an denen die Bundespost nicht oder nur am Rande teilhat 3 7 0 . Das Potential an innovativen Dienstleistungen, die nur teilweise dem Post- und Fernmeldewesen direkt zurechenbar sind, wird sich in den nächsten Jahren erheblich erhöhen. Es ist zu vermuten, daß es bei der Aufnahme neuer Dienstleistungen durch die Bundes370 püj. d e n postdienst ist auf den Stadtkurierdienst zu verweisen, den die DBP über lange Jahre nur in wenigen Städten im Rahmen eines Betriebsversuchs angeboten hat. Erst seit dem 1. 9.1989 wird der Postkurierdienst bundesweit angeboten, vgl. Reeg-Muller, Ein Dienst im Wettbewerb: Der POSTKURIER, ZPT 1989 (8), S. 33 f. Im Fernmeldewesen fristen ζ. B. die telefonischen Ansagedienste eine Randexistenz und ein „Kiosque" wie im französischen Télétel-Dienst wird nicht angeboten.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
post zu Auseinandersetzungen um die kompetenzrechtliche Zulässigkeit kommen wird. Dies wäre wohl schon der Fall, wenn die Bundespost sich in Teilbereichen als Hersteller von Endgeräten (Fernmeldeanlagen als Bestandteile des Fernmeldewesens) betätigen wollte, denn bisher hat sie von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht 371 . Aber auch der Einführung weiterer neuer Dienstleistungsangebote könnte entgegen gehalten werden, daß sie nicht mehr unmittelbar zum Post- und Fernmeldewesen zu rechnen sind, wie ζ. B. Leasingund Versicherungsgeschäfte für Endgeräte, Einstieg in den Markt für Informationstechnologie, erweiterte Bankdienstleistungen, Vermietungen von Gebäudeteilen. Demgegenüber kommt es darauf an, zu erkennen, daß Fernmeldebetriebsgesellschaften allgemein heute andere Serviceleistungen bieten als in den vergangenen Jahrzehnten und daß diese Dienste kontinuierlich durch weitere Komponenten ergänzt werden 372 . Hier ist ζ. B. an eine Verbindung zum Markt für Informationstechnologie zu denken, an Versicherungsdienstleistungen für Endgeräte, Endgeräteleasing, An- und Verkauf von Lizenzen, Patenten, Software, die Verstärkung des Anteils an Forschung und Entwicklung und schließlich Kooperationen mit ausländischen Anbietern, einschließlich Fernmeldebetriebsgesellschaften in verschiedenen Sektoren. Verschiedene Beobachtungen sprechen dafür, daß die Marktentwicklung von den durch das PostStruktG geschaffenen öffentlichen Unternehmen der Bundespost ein verändertes Marktverhalten verlangen wird. Nicht zuletzt durch die Aktivitäten ausländischer Fernmeldegesellschaften ist deutlich geworden, daß weltweit Veränderungen des Dienstleistungsspektrums stattfinden. Da die Bundespost mit diesen und weiteren Wettbewerbern (auch national) konkurrieren muß, erscheint es u. a. zur Sicherung ihrer Wettbewerbsposition geboten, ihren Handlungsrahmen neu zu definieren. Diese Neuorientierung kann auch dadurch erfolgen, daß die Bundespost mit einzelnen Unternehmen oder Fernmeldebetriebsgesellschaften Beteiligungen an Stelle von Eigengesellschaften gründet, denn gerade solche Kooperationen dienen heute verstärkt zum Know-how-Transfer und zur Markterschließung. Daher sind dem Kompetenzbereich der Bundespost weitere Tätigkeitsbereiche zuzurechnen, nämlich solche, die mittelbar einen Bezug zum Post- und Fernmeldewesen aufweisen und im übrigen darüber hinausgehen. Diese Zuständigkeitserweiterung der Bundespost entspricht den veränderten Bedürfnissen und Möglichkeiten des Post- und Telekommunikationsverkehrs. Teilweise wird es sich bei diesen Dienstleistungen um Randnutzungen handeln, teilweise werden diese Betätigungen aber auch über den ohnehin nur schwer eingrenzbaren Randnutzungsbereich hinausgehen. In den „postfremden" Bereichen ist die erwerbswirtschaftliche Betätigung 371 Das Grünbuch der EG-Kommission hält unzutreffenderweise die Produktion durch die Deutsche Bundespost für unzulässig, vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch, S. 58. 372 In diesem Sinne auch die Begründung des Entwurfs zum PostStruktG, Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 26.
II. Erwerbs wirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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der Bundespost auch und gerade durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen meines Erachtens dann zulässig, wenn dadurch ein „öffentlicher Zweck" erfüllt wird. Diese Erweiterung des Tätigkeitsbereichs kann allerdings nicht völlig schrankenlos erfolgen. Insbesondere zu den Beteiligungen und Joint-ventures ist anzumerken, daß diese Unternehmensformen voraussichtlich eher zu einer Erweiterung des Tätigkeitsbereichs der Bundespost führen würden als die Eigengesellschaften. Andere private Unternehmen besitzen traditionell ein größeres Tätigkeitsfeld als die Bundespost und sind ζ. B. nicht aus Rechtsgründen auf das Fernmeldewesen beschränkt. Daher ist bei ihnen mit Unternehmensaufgaben zu rechnen, die über das Fernmeldewesen weit hinausgehen können. Diese fachübergreifende Zusammenarbeit ist für die Bundespost in der Regel mit betriebswirtschaftlichen Vorteilen verbunden und daher für die Bundespost von großem unternehmenspolitischen Interesse. Immerhin wird hier das Problem deutlich, daß die Bundespost in Wirtschaftsbereichen aktiv wird, die von der betrieblichen Aufgabenerfüllung im Post- und Fernmeldewesen abgelöst sind. Da die Aufnahme der Betätigung in diesen neuen Wirtschaftsbereichen von unternehmenspolitischen Erwägungen und der technischen Entwicklung abhängt, erscheint eine rechtliche ex ante Festlegung der Tätigkeitsfelder kaum sinnvoll. Vielmehr wird es Aufgabe der Geschäftsführung und der Aufsichts- bzw. Regulierungsorgane sein, einen etwaigen Mißbrauch zu verhindern. Auf der anderen Seite muß gesagt werden, daß die Ausdehnung des Tätigkeitsfeldes der Bundespost mitunter höchst kritisch beurteilt wird und teilweise mit Blick auf die Aufgabenkompetenzen nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit Art. 73 Nr. 7 GG als unzulässig eingestuft wird. Nach meiner Auffassung hängt die Beurteilung der Zulässigkeit vor allem von der jeweiligen Unternehmensaufgabe ab. Zum zweiten läßt sich diese Erweiterung meines Erachtens nur dann rechtfertigen, wenn diese Wirtschaftstätigkeit einen „öffentlichen Zweck" erfüllt, das heißt der Versorgung mit Post- und Fernmeldedienstleistungen zugute kommt; nur dann ist sie zulässig. Diese Einschränkung soll verhindern, daß die wirtschaftliche Betätigung der Bundespost zu einem Selbstzweck wird. Sie ist nach Ansicht des Verfassers sowohl bei Eigengesellschaften als auch bei Beteiligungen zu beachten. Es ist deshalb grundsätzlich im Einzelfall zu prüfen, in welchem Verhältnis diese Betätigung zur „öffentlichen Aufgabe" der Bundespost steht. Diese liegt heute darin, daß die Unternehmen der Deutschen Bundespost die Nachfrage von Bürgern, Wirtschaft und Verwaltung nach Leistungen der Post-, Postbank- und Fernmeldedienste zu decken haben (§ 4 Abs. 1 PostVerfG). Hierbei kommt es entscheidend darauf an, ob die erwerbswirtschaftliche Erweiterung des Leistungsangebotes durch „postfremde" Tätigkeiten der Erfüllung der originären Aufgaben der Bundespost dient. Wie bereits angedeutet, kann etwa durch effizientere Ausnutzung des Schalterbereichs grundsätzlich auch die „öffentliche Aufgabe" der Bundespost gefördert werden. Bei der Frage nach der Zulässigkeit im Einzelfall ist jedoch weiter zu beachten, daß etwaige Rechte Dritter beeinträchtigt sein könnten. Daher wird die
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
allgemeine Frage nach der „öffentlichen Aufgabe" von Eigengesellschaften und Beteiligungen an späterer Stelle erneut aufgegriffen und vertieft (III.4.C.). 4. Organisationsrechtliche Spielräume: Die Zulässigkeit von Eigengesellschaften und Beteiligungen a) Erwerbswirtschaftliches Handeln der Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen außerhalb der Art. 83 ff. GG ?
In den bisherigen Ausführungen (2.a.) ist festgestellt worden, daß die Bundespost als „bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" (Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG) Dienstleistungen des Post- und Fernmeldewesens zu erbringen hat. Eine Übertragung dieser Aufgaben auf andere juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts ist nach h.M. mit Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G nicht zu vereinbaren. Möglicherweise lassen sich für die Bundespost organisationsrechtliche Spielräume dadurch begründen, daß ihre erwerbswirtschaftliche Betätigung durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen außerhalb der Art. 83 ff. GG, genauer, des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G erfolgt. Sie wäre damit nicht an die Organisationsvorgabe dieser Vorschrift gebunden. Voraussetzung wäre allerdings, daß sich in der Rechtspraxis eine genaue Differenzierung zwischen „öffentlichen Aufgaben" und „nicht-öffentlichen Aufgaben" vornehmen läßt. Diese Argumentation ist jüngst von Eberhard Schmidt-Aßmann im Zusammenhang mit der Deutschen Bundesbahn eingeführt worden. Seine Beurteilung geht dahin, daß die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit „nicht unmittelbare Erfüllung öffentlicher Aufgaben" sei und als solche den organisationsrechtlichen Anforderungen des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G überhaupt nicht unterstellt sei 3 7 3 . Da die Deutsche Bundesbahn ebenso wie die Deutsche Bundespost als bundeseigene Verwaltung und als teilrechtsfahiges Sondervermögen des Bundes besteht, verdienen Schmidt-Aßmann' s verfassungsrechtliche Ausführungen ein besonderes Interesse. I n Einzelfragen wird möglicherweise zu erörtern sein, ob die Beurteilung der Rechtslage bei der Deutschen Bundesbahn auf die jeweiligen Gegebenheiten bei der DBP übertragen werden kann. Bevor Schmidt-Aßmann für die Bundesbahn die Möglichkeiten einer Organisationsänderung nach den Anforderungen des Art. 87 Abs. 1 G G diskutiert, geht er zunächst auf den organisationsrechtlichen Umfang des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G (Typenzwang) ein. Dabei lautet seine zentrale Feststellung: „Nicht vom organisationsrechtlichen Gehalt des Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG erfaßt werden allerdings diejenigen Tätigkeiten des Staates, die nicht unmittelbar der Verfolgung öffentlicher Aufgaben dienen." 374 373 Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. lOOf. 374 Schmidt-Aßmann ! Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 100.
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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Weiter heißt es, daß die bedarfsdeckenden u n d rein erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten entsprechend der h . M . den Anforderungen der A r t . 30 u n d 83 ff. G G nicht unterstellt seien 3 7 5 . Der Verwaltungsträger Bundesbahn könne diese Tätigkeiten v o n seinen eigentlichen Verwaltungsaufgaben getrennt halten u n d i n der Formfrage jenes Rechtsgebiet wählen, das „der Erfüllung der bedarfsdeckenden und der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit am ehesten angemessen ist: das Privatrecht. Neben der Schaffung eigener rechtlich selbständiger Unternehmen steht das Grundgesetz insoweit auch der Kooperation mit anderen Wirtschaftssubjekten — sie mögen Zivilpersonen oder andere öffentliche Hände sein — nicht entgegen." 376 D a m i t w i r d die Unterscheidung v o n „öffentlichen Aufgaben" u n d „Tätigkeiten des Staates, die nicht unmittelbar der Verfolgung öffentlicher Aufgaben dienen" (erwerbswirtschaftliche Tätigkeit), z u m A n k n ü p f u n g s p u n k t für weitreichende rechtliche Konsequenzen: D e n n m i t Hilfe dieser Unterscheidung bejaht Schmidt-Aßmann (explizit für die Deutsche Bundesbahn) die organisationsrechtliche M ö g l i c h k e i t der G r ü n dung eigener, rechtlich selbständiger Unternehmen oder aber der K o o p e r a t i o n m i t anderen Wirtschaftssubjekten, unabhängig v o n deren Rechtsform. F ü r die Rechtspraxis benennt Schmidt-Aßmann beispielhaft Betätigungen, die er dem erwerbswirtschaftlichen Tätigkeitsfeld oder der Bedarfsdeckung zuordnet u n d sie damit v o n den organisationsrechtlichen Anforderungen der A r t . 83 ff. G G ausnimmt, u n d zwar i m einzelnen 3 7 7 : „— die Beschaffung, Ausbesserung und Wartung des rollenden Materials; — der Gleis- und Anlagenbau einschließlich der technischen Planungsarbeiten sowie die erforderlichen Ausbesserungsarbeiten; 375 Schmidt-Aßmann I Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 101; ebenso Badura, Art. „Bundesverwaltung", in Evangelisches Staatslexikon. 3. neubegr. u. erw. Aufl., Stuttgart 1987, Sp. 366; Broß, in von Münch (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, Band III, Art. 83 Rdnr. 2; Maunz, in MaunzIDürigI HerzogI Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 23; Schmidt-Bleibtreu ! Klein, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 12; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, S. 831; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 129ff.; Blümel, Verwaltungszuständigkeit, in Isensee I Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Band IV, Heidelberg 1990, S. 863; Redeker, Neue Informationsund Kommunikationstechnologien, S. 228f.. Ähnlich auch Köttgen (JöR N.F. Bd. 11 (1962), S. 200): „Jede Verfassung interessiert sich nur für solche Erscheinungen, die bei Anlegung ihrer spezifischen Maßstäbe als relevant gelten können. Dies gilt auch für den „anspruchsvollen" Art. 30 GG, der deshalb die Unterscheidung von wesentlichen und unwesentlichen Agenden des Bundes voraussetzt. Unwesentlich in diesem Sinne ist die lediglich gewinnorientierte Erwerbswirtschaft, ihr fehlt die verfassungsrechtliche Dignität. Der „Bundesfiskus" bedarf deshalb für seine Geschäfte keines verfassungsrechtlichen Titels." 376 Schmidt-Aßmann I Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 101. 377 Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 102.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen — die Energieversorgung des Bahnbetriebs; — die technologische bahnbezogene Forschung; — Speditionstätigkeiten der Bahn; — Banktätigkeiten der Bahn."
An dieser Stelle kann dahingestellt bleiben, ob die Aufgabenwahrnehmung der Deutschen Bundesbahn in diesen Bereichen tatsächlich so eingestuft werden kann, daß sie „nicht unmittelbar der Verfolgung öffentlicher Aufgaben dient" 3 7 8 . Meines Erachtens läßt sich aber diese Rechtsauslegung nicht auf die organisationsrechtliche Vorgabe des Grundgesetzes für die Bundespost übertragen. Der Tätigkeitsbereich der Bundespost wird durch den aufgabenkompetenziellen Teil des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG eingegrenzt und zugleich beschränkt. Innerhalb dieses Tätigkeitsfeldes nimmt die Bundespost öffentliche Aufgaben wahr. Für ein weiteres Aufgabenfeld zur Wahrnehmung erwerbswirtschaftlicher Aufgaben durch die Bundespost außerhalb der bundesstaatlichen Kompetenzordnung (Art. 30, 83 ff. GG) läßt Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG keinen Raum. Eine solche Kompetenzerweiterung der Bundespost kann nicht dadurch begründet werden, daß es sich um die besondere Kategorie von erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten handelt, die nicht unmittelbar der Verfolgung öffentlicher Aufgaben dienen 379 . Zwar sehen verschiedene Autoren 3 8 0 die privatrechtliche Tätigkeit eines Verwaltungsträgers, die nicht der Erfüllung einer definierten öffentlichen Aufgabe dient (erwerbswirtschaftliche Tätigkeit) allgemein nicht von der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung erfaßt, mit der Folge, „daß der Bund in diesem Bereich einer besonderen verfassungsrechtlichen Kompetenzzuweisung nicht bedarf' 3 8 1 . Diese Auslegung ist jedoch im Schrifttum höchst umstritten 382 , 378 Vgl. hierzu zurückhaltend Lorenz, Buchbesprechung: Schmidt-Aßmann/Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn in verfassungsrechtlicher Sicht, AöR 112 (1987), S. 293 (295 f.). 379 Letztlich läßt es daher Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG beispielsweise nicht zu, daß die Deutsche Bundespost als Holdinggesellschaft des Bundes ausgestaltet würde, in die sämtliche Industriebeteiligungen des Bundes eingebracht werden. 380 Ygi e t w a ßadura, in Evangelisches Staatslexikon, Sp. 366; Broß, in von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band III, Art. 83 Rdnr. 2; Maunz, in Maunz I Dürig ! Herzog ! Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 23; Fangmann, Verfassungsgarantie der Bundespost, S. 68; ähnlich Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 161 ff. 381
Badura, in Evangelisches Staatslexikon, Sp. 366. Die Auffassung wird abgelehnt u. a. von Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 113 ff.; Lerche, in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 83 Rdnr. 42; Bothe, in Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Band I, Art. 30 Rdnr. 17; Ronellenfitsch, in IsenseeIKirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, S. 1173; R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 526ff. 382
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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weil sie die Grundregel der Art. 30 und 83 ff. GG zur Aufteilung der Verwaltungszuständigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern bei unternehmerischem, erwerbswirtschaftlichem Handeln unzulässigerweise außer acht läßt. Wenngleich der Meinungsstreit allgemein hier nicht abschließend geklärt werden kann, ist doch zu beachten, daß sich die einschränkende Auslegung der Art. 30 und 83 ff. GG allenfalls auf den Bund als Bundesfiskus beziehen kann, der mit der unmittelbaren Bundesverwaltung „Bundespost" nicht gleichgesetzt werden darf 3 8 3 . Die Bundespost ist gegenüber Dritten rechtlich verselbständigt (als teilrechtsfahiges Sondervermögen), und ihr ist durch Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG i.V. mit Art. 73 Nr. 7 GG ein spezifischer, abschließender AufgabenKompetenztitel bzw. hoheitlicher Funktionskreis zugewiesen worden. Wenn die Bundespost diese hoheitlichen Aufgaben in privatrechtlicher Form erfüllt (Verwaltungsprivatrecht) oder wenn sie privatrechtlich erwerbswirtschaftlich anbietet, ist sie gleichwohl an die Kompetenzzuweisungen des Grundgesetzes gebunden 384 . Daher ist ein Handeln der Bundespost außerhalb der Art. 83 ff. GG nicht zulässig. Anderenfalls hätte es die Bundespost mit der Wahl der Form zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben in der Hand, Kompetenzen und Zuständigkeiten nach dem Grundgesetz zu umgehen. Schließlich muß auch bezweifelt werden, ob das von Schmidt-Aßmann herangezogene Kriterium der Unterscheidung zwischen der bedarfsdeckenden und erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht unter Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G (Art. 83 ff. GG) fällt, von der unter Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG fallenden unmittelbaren Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf die Bundespost übertragbar ist. Daß diese Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann, spricht er im übrigen selbst an 3 8 5 .
383 So wohl auch Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 163 Fn. 72; Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand, S. 44; deutlich Körner. „Die Tätigkeit der Reichspost ist nicht die des wirtschaftenden Fiskus, sondern liegt auf dem Gebiet öffentlicher Fürsorge und ist damit Ausübung hoheitlicher Befugnisse (...) Die Tätigkeit des Reichs durch seine unmittelbare Verwaltung „Deutsche Reichspost" ist also unmittelbares Wirken der politischen Führung.", Körner, Die Deutsche Reichspost — eine Hoheitsverwaltung, Deutsche Verwaltung 1937, S. 233 (235); anderer Ansicht Fangmann, Verfassungsgarantie der Bundespost, S. 68; Redeker, Neue Informations- und Kommunikationstechnologien, S. 229. 384 Bull, in Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Band II, vor Art. 83 Rdnr. 64, bes. 70; R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 526ff.; ähnlich auch Krebs, Verwaltungsorganisation, in IsenseeIKirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, S. 605; Broß beschränkt diese Bindung auf den verwaltungsprivatrechtlichen Bereich, Broß, in von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band III, Art. 83 Rdnr. 2; Böckenförde betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit demokratischer Legitimation, in Isensee ! Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, S. 895. 385 Schmidt-Aßmann ! Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 101.
140
Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Eigengesellschaften und Beteiligungen der Bundespost würden — verfolgt man den Ansatz von Schmidt-Aßmann — dann nicht vom Kompetenztitel des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG erfaßt, wenn unzweideutig die jeweilige (staatliche) Betätigung „nicht unmittelbar der Verfolgung öffentlicher Aufgaben dient". Hier besteht ein Abgrenzungsproblem zwischen „öffentlichen" und „nichtöffentlichen", übrigen Aufgaben. Im Einzelfall verschwimmt die Grenzziehung, und verschiedene Ziele können ineinander greifen. Eine genaue Abgrenzung läßt sich nicht immer erzielen 386 . Die Eigengesellschaften und Beteiligungen der Deutschen Bundespost lassen sich im Ergebnis dem Bereich der „öffentlichen Aufgaben" zuordnen. Aus heutiger Sicht könnte eine Endgeräte- oder Dienstegesellschaft auch öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Diese könnten ζ. B. darin liegen, daß die Einführung neuer Dienste der Bundespost unterstützt wird, daß die spezifischen Bedürfnisse von Verbrauchern bzw. Anwendern befriedigt werden, daß das Angebot auf einen kleinen Kreis von interessierten Anwendern speziell zugeschnitten ist oder die Angebote ein bestimmtes Qualitätsniveau haben sollen, das mit der Bundespost vorher abgestimmt wurde. Schließlich kann, wenn man unterstellt, daß die DBP nicht auf denselben Märkten auftritt wie die Tochtergesellschaft, nicht ausgeschlossen bleiben, daß die DBP auf die Art und Weise des Angebotes regulatorischen Einfluß nimmt. Dabei können Gemeinwohlziele erfüllt werden. Eine Gemeinwohlbezogenheit dürfte im übrigen auch deswegen anzunehmen sein, weil die zu erwartenden Gewinnabführungen den Gemeinwohlauftrag der Bundespost unterstützen 387 . Letztlich geht es in diesem Zusammenhang wieder um die grundsätzliche Feststellung, daß die erwerbswirtschaftliche Betätigung durch den Staat und die Verfolgung sozialwirtschaftlicher Ziele einander nicht notwendig ausschließen müssen. Insofern kann der These von der generellen Ausgliederung erwerbswirtschaftlicher Betätigung der Bundespost aus der organisationsrechtlichen Vorgabe des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG nicht zugestimmt werden. Eine erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost ist daher — wie erörtert — grundsätzlich an die Aufgabenzuweisung „Post- und Fernmeldewesen" (Art. 73 Nr. 7 GG) gebunden. Die privatrechtliche Ausgliederung von Betätigungen ist weiterhin Bestandteil der unmittelbaren Staatsaufgabe Bundespost und in deren zuständigkeits- und organisationsrechtlichen Gehalt inkorporiert.
386 Das wird auch von Maunz so gesehen, vgl. Maunz, in Maunz/ Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 24. 387 Weitere Ausführungen zur Gemeinwohlbezogenheit bzw. zur Umschreibung der „öffentlichen Aufgaben", die durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen wahrgenommen werden können, vgl. unten B.III.4.C.
II. Erwerbs wirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
141
b) Eigengesellschaften und Beteiligungen als „bundeseigene Verwaltung" i.S. des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG
aa) Überblick Die Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung der Bundespost durch Eigengesellschaften beurteilt sich danach, ob ihre Gründung mit Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG zu vereinbaren ist. Läßt es die Ausgestaltung der Bundespost zu einer „bundeseigenen Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" zu, daß die Bundespost teilweise über ausgegliederte privatrechtliche Organisationseinheiten am Markt teilnimmt? Diese Frage nach den organisationsrechtlichen Möglichkeiten im Bereich unmittelbarer Bundesverwaltung wird in der staatsrechtlichen Diskussion derzeit unterschiedlich beurteilt. Befürworter wie Gegner der Zulässigkeit privater Tochtergesellschaften wählen zur Begründung ihrer Auslegung in der Regel unterschiedliche Ansätze. Auffallend ist, daß bisher überwiegend eine zusammenhängende Verfassungsauslegung nach grammatischen, historischen, systematischen und teleologischen Gesichtspunkten nicht erfolgt ist. Es erscheint daher sinnvoll, den Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung in Umrissen zunächst aufzuarbeiten. Daran anschließend erfolgt eine Verfassungsinterpretation anhand grammatischer, historischer und systematischer Überlegungen. Im weiteren wird versucht, eine teleologische, aufgabenorientierte Betrachtungsweise des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG vorzunehmen, die die aktuelle telekommunikationspolitische Diskussion miteinbezieht. bb) Die Zulässigkeit von Eigengesellschaften und Beteiligungen aus der Sicht der Rechtsprechung α) Überblick Die Rechtsprechung hat in mehreren Entscheidungen die Zulässigkeit der Organisation „bundeseigener Verwaltung" in Privatrechtsform behandelt. Dabei war in drei Entscheidungen jeweils die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit durch die Eigengesellschaft Deutsche Postreklame GmbH zu beurteilen, in zwei weiteren Entscheidungen (BAG, BVerwG) war die privatrechtliche Organisation des ehemaligen Postbus- bzw. Bahnbusdienstes berührt. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch auf den Beschluß des BVerfG vom 12.1. 1983 388 einzugehen, in dem dem Bund, allerdings im Rahmen bestehender Verwaltungszuständigkeiten, weitgehende organisationsrechtliche Gestaltungsspielräume bestätigt wurden.
388
BVerfGE 63, 1 ff.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
ß) Entscheidungen zur Deutschen Postreklame GmbH In der Entscheidung des OLG München 389 vom 25. 8. 1960 ging es um folgenden Sachverhalt: Die Oberpostdirektion München hatte 1959 verschiedene Behörden und Fernsprechteilnehmer ihres Bezirks in „Amtlichen Mitteilungen" darauf hingewiesen, daß nur die von der Deutschen Postreklame GmbH und den mit ihr vertraglich verbundenen Verlegern herausgegebenen „Örtlichen Fernsprechbücher" nach den amtlichen Unterlagen der DBP bearbeitet seien und daher ausschließlich von den Fernsprechteilnehmern benutzt werden dürften. Hiergegen wandte sich ein privater Verleger, der seinerseits private Fernsprechteilnehmerverzeichnisse herausgab, mit der Ansicht, die Bekanntgabe dieser „Amtlichen Mitteilungen" sei ein wettbewerbswidriges Verhalten der DBP; die DBP greife unter Mißbrauch ihrer hoheitlichen Stellung behindernd in das Wettbewerbsverhältnis zwischen privaten Verlegern und der DPR-GmbH ein. Das OLG München erklärte das Verhalten der DBP für rechtmäßig und führte im einzelnen aus: Der Ausschließlichkeitsanspruch der DBP erfolge in Wahrnehmung öffentlicher Belange. Die DBP sei verpflichtet, für einen einwandfreien Fernsprechbetrieb im allgemeinen und eine ordnungsgemäße Gesprächsabwicklung im besonderen zu sorgen; zu diesem Zweck dürfe sie die Fernsprechteilnehmer auch auf die Benutzung solcher Verzeichnisse verweisen, auf deren möglichst nahe Heranführung an den aktuellsten Stand sie selbst maßgeblichen Einfluß nehme. Es könne auch nicht zweifelhaft sein, „daß die hiernach ohne jede Frage zulässige Verfolgung des bezeichneten Ziels zu den öffentlichen Aufgaben der Antragsgegnerin gehört; denn einmal hat sie sich diese Aufgabe selbst als öffentliche gesetzt, wie schon aus ihrer Niederlegung in der Benutzungsordnung hervorgeht, und zum anderen besteht der damit angestrebte Zweck tatsächlich in der Förderung einer ordnungsgemäßen Gesprächsabwicklung, womit er eindeutig dem in den öffentlich-rechtlichen Tätigkeitsbereich der Post fallenden Fernsprechdienst zugeordnet ist. Daß die Antragsgegnerin die ÖFeB nicht selbst herausgibt und vertreibt, sondern das der Postreklame GmbH als einer juristischen Person des privaten Rechts und deren Vertragsverleger überläßt, steht dem nicht notwendig entgegen. Die Verwendung privatrechtlicher Organisationsformen für die Zwecke der Verwaltung ist seit Jahrzehnten gebräuchlich, und daß der Staat, wenn er sich ihrer für die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben bedient, gleichwohl noch öffentlich-rechtlich handelt, wird von niemandem mehr bezweifelt." 390
Damit wurde die privatrechtliche Organisationsform der DPR-GmbH und die Übertragung öffentlicher Aufgaben an diese Gesellschaft vom OLG München als zulässig erachtet. Das OLG München 391 hatte in der Entscheidung vom 18. 8. 1960 in einem Parallelverfahren über einen etwaigen Wettbewerbsverstoß der Deutschen 389
O L G München, Urt. vom 25. 8. 1960, ArchPF 1960, S. 387ff. OLG München, Urt. vom 25. 8. 1960, ArchPF 1960, S. 389 (Hervorhebung im Original). 391 OLG München, Urt. vom 18. 8. 1960, ArchPF 1960, S. 389ff. 390
II. Erwerbs wirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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Postreklame GmbH zu urteilen. Diese gab gemeinsam mit einer Verlagsgesellschaft Örtliche Fernsprechbücher (ÖFeB) heraus. In Zeitungsinseraten hatten beide Unternehmen darauf hingewiesen, daß es nach den Vorschriften der Fernmeldeordnung Pflicht der Fernsprechteilnehmer sei, sich der Amtlichen Fernsprechbücher oder der nach den amtlichen Unterlagen der Deutschen Bundespost bearbeiteten Teilnehmerverzeichnisse zu bedienen und daß nur die von ihnen herausgegebenen ÖFeB den Erfordernissen der Fernmeldeordnung entsprechen. Hierin sah die Antragstellerin, die in demselben Gebiet private Fernsprechteilnehmerverzeichnisse herausgab, eine irreführende Werbung und einen rechtswidrigen störenden Eingriff in ihren Gewerbebetrieb; sie verlangte eine Unterlassung. In seiner Entscheidung bestätigte das O L G München das Recht der Bundespost, den Wettbewerb für Fernsprechteilnehmerverzeichnisse auszuschließen und die Adreßdateien etc. nur bestimmten, von ihr ausgewählten Dritten für die Herausgabe solcher Verzeichnisse zur Verfügung zu stellen. Auch zur Übertragung dieser Aufgabe durch die Deutsche Bundespost an ihre Eigengesellschaft Deutsche Postreklame GmbH (Antragsgegnerin zu 1) äußerte sich das Gericht: „Unerheblich ist, daß sie sich dabei der von ihr für die Veranstaltung von Reklame ins Leben gerufenen und von ihr beherrschten Antragsgegnerin zu 1 und der mit dieser zum Zwecke der gemeinschaftlichen Herausgabe der ÖFeB vertraglich verbundenen Verleger bedient; denn einmal wäre ihr die Beschreitung eines derartigen Weges nicht einmal für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben verwehrt, und zum anderen kann auch die bloß fiskalische Betätigung der öffentlichen Hand auf solche Weise erfolgen. Die Rechtslage ist daher durchaus dieselbe, als wenn die Post die ÖFeB selbst herausgeben und vertreiben würde (.. .)." 3 9 2
Auch diese Entscheidung bestätigte der Bundespost die Zulässigkeit der privatrechtlich organisierten Deutschen Postreklame GmbH. In einer anderen Entscheidung beurteilte das L VG Hamburg 393 die Herausgabe von Fernsprechverzeichnissen und ihre Verknüpfung mit Werbung durch die Deutsche Postreklame GmbH als zulässig. Der Kläger begehrte als Fernsprechteilnehmer von der DBP die Lieferung eines reklamefreien Fernsprechbuches, da er sich von der Wirtschaftswerbung der DBP und Dritter beeinträchtigt fühlte. Die Klage wurde abgewiesen mit der Begründung, es sei der DBP nicht verwehrt, „ihre Einrichtungen in einem Rahmen, der ihren sachgebundenen Verwaltungszweck nicht ernstlich beeinträchtigt, für Werbezwecke ausnutzen zu lassen" 394 . Die DBP bedürfe für diese Form der Einnahmeerzielung auch „keiner ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung" 395 . Im einzelnen heißt es weiter: 392 393 394 395
OLG LVG LVG LVG
München, Hamburg, Hamburg, Hamburg,
Urt. Urt. Urt. Urt.
vom vom vom vom
18. 8. 1960, ArchPF 1960, S. 389 (391). 7.1. 1960, ArchPF 1960, S. 392ff. 7.1. 1960, ArchPF 1960, S. 392. 7.1. 1960, ArchPF 1960, S. 393.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
„Wenn die Deutsche Bundespost Teile ihrer Einrichtungen einem Dritten für Werbung gegen Entgelt zur Verfügung stellt, übt sie eine fiskalische Tätigkeit aus. Diese dient nicht unmittelbar den eigentlichen Verwaltungszwecken der Deutschen Bundespost, sondern wird in erster Reihe zu Erwerbszwecken ausgeübt, mag sie auch letztlich zum Haushaltsausgleich beitragen und so mittelbar dem Verwaltungszweck förderlich sein. Eine solche Tätigkeit ist nicht grundsätzlich unzulässig. Mögen auch in den letzten Jahren gegen die privatwirtschaftliche Betätigung des Staates Bedenken erhoben worden sein und Bestrebungen Boden gewonnen haben, die darauf abzielen, die staatliche Betätigung weitgehend auf eigentliche Verwaltungsaufgaben zu beschränken, so kann doch nicht gesagt werden, daß ein staatliches Handeln auf fiskalischem Gebiet nur dann als zulässig erschiene, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht. Einen ausdrücklichen geschriebenen oder ungeschriebenen allgemeinen Rechtssatz dieser Art kennt das geltende Recht nicht." 3 9 6
Die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der DBP durch die Eigengesellschaft Deutsche Postreklame GmbH wurde somit auch vom L V G Hamburg in einem weiten Umfang als verfassungsrechtlich zulässig erachtet 397 . Damit haben beide Gerichte entschieden, daß Organisationseinheiten der DBP in Privatrechtsform wie die Deutsche Postreklame GmbH unter den Kompetenzbereich des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG fallen, d. h. organisationsrechtlich zulässig sind. γ) Entscheidungen zur Organisationsform „Regionalverkehr GmbH" In diesen beiden Entscheidungen des BAG und BVerwG war die privatrechtliche Organisation des früheren Bahnbusdienstes in Regionalverkehrsgesellschaften mbH angesprochen. Beide Entscheidungen haben insofern Auswirkungen für die Bundespost, als die DBP einerseits an diesen privatrechtlichen Regionalgesellschaften beteiligt ist (vgl. oben) und andererseits die Bundesbahn genauso wie die DBP den Rechtsstatus einer „bundeseigenen Verwaltung" gemäß Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G besitzt. Die privatrechtliche Betätigung der Bundesbahn durch Eigengesellschaften wurde im übrigen schon in einem früheren Urteil des B G H 3 9 8 ausdrücklich als zulässig anerkannt. In der Entscheidung des BAG vom 17.1.1979 399 ging es um die privatrechtliche Neuorganisation der „Regionalverkehr Köln GmbH" (RVK). Die RVK hatte am 1. 6. 1976 im eigenen Namen und auf eigene Rechnung in der Region Köln den Betrieb der Bahn- und Postbuslinien sowie den Gelegenheitsverkehr 396
L V G Hamburg, Urt. vom 7.1. 1960, ArchPF 1960, S. 393. Vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. vom 15. 3.1988, NJW 1988,1867ff. — das Gericht hatte über die Beifügung von Werbeschriften für Kontoauszugsbriefe zu urteilen. Die Vermittlung von Werbeschriften durch die Deutsche Postreklame GmbH sah es als zulässige fiskalisch-wirtschaftliche Tätigkeit an; ebenso auch das BVerwG, Urt. vom 21.4. 1989, NJW 1989, S. 2409 f. 397
398 BGH, Urt. vom 30.11. 1959, ArchPF 1960, S. 100 (102) für die DSG Deutsche Schlafwagen- und Speisewagen-Gesellschaft mbH, Frankfurt/Main. 399 BAGE 31, 218 ff.
II. Erwerbs wirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
145
aufgenommen. Die Deutsche Bundesbahn (DB) und die Deutsche Bundespost hatten diese Organisationsform gemeinsam zu Erprobungszwecken gewählt, ihre Omnibusse in die GmbH eingebracht und hinsichtlich des Fahrpersonals einen Dienstleistungsüberlassungsvertrag mit der RVK geschlossen400. Die RVK verfügte nicht über eigenes Fahrpersonal; vielmehr wurden seit dem 1. 6. 1976 entsprechend des Dienstleistungsüberlassungsvertrages mit der RVK und auf Anweisung der DB Bedienstete der Bundesbahn auf den Omnibussen der RVK eingesetzt. Gegen diese Anweisung wandten sich Teile des Fahrpersonals der Bundesbahn u. a. mit der Begründung, daß der Bahnbusreisedienst als Teil der Bundeseisenbahnen als bundeseigene Verwaltung gemäß Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG zu organisieren sei. Diese Bestimmung „verbiete" es der Bundesbahn, „Teile der Bundeseisenbahnen aus der bundeseigenen Verwaltung auszugliedern und privatrechtlich zu organisieren" 401 . Das BAG wies die Klagen ab. Es stellte u. a. fest, daß durch den Dienstleistungsüberlassungsvertrag das Arbeitsverhältnis zwischen den Klägern und der beklagten Bundesbahn in allen wesentlichen Rechten unverändert geblieben sei. Der jeweilige Einsatz des Kraftfahrpersonals sei von Dienstvorgesetzten der DB verfügt worden. Daß der Omnibusbetrieb auf die RVK übertragen worden sei, sah das BAG als eine unternehmerische Entscheidung der Bundesbahn an, die hinzunehmen sei, solange die Rechte der Kläger aus dem Arbeitsvertrag nicht verletzt seien. Zum Vorbringen der Kläger, es sei unzulässig, Teile der bundeseigenen Verwaltung privatrechtlich zu organisieren, äußerte das BAG: „Ob es einen derartigen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, kann dahingestellt bleiben" 4 0 2 . I m weiteren argumentierte das Gericht, daß Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG der DB nicht versage, einzelne Strecken stillzulegen und Teile ihres Bahnbusbetriebes aufzugeben. Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG enthalte keine Bestandsgarantie für bestehende Strecken. Dann heißt es: „Wenn die Beklagte ihren Eisenbahnbetrieb oder Bahnbusbetrieb aber einschränken kann mit der Folge, daß andere private Verkehrsträger an ihre Stelle treten, kann sie nicht gehindert sein, zeitweise zu Erprobungszwecken auf die Betriebsführung einzelner Bahnbuslinien zu verzichten." 403
Das Urteil des BVerwG vom 7. 6.1984 4 0 4 betraf einen ähnlichen Sachverhalt: Aufgrund einer probeweisen Zusammenführung des Bahnbusverkehrs und des Postreisedienstes in einer handelsrechtlichen Gesellschaft wurde beamtetes Personal der DB im Busverkehr der Region München gemäß eines Dienstleistungsüberlassungsvertrages eingesetzt. Hiergegen klagte ein Obertriebwagenführer der Bundesbahn. 400 401 402 403 404
Vgl. Einzelheiten des Vertrages in BAGE 31, 218 ff. So die Kläger, vgl. BAGE 31, 218 (226). BAGE 31, 218 (226). BAGE 31, 218 (226). BVerwGE 69, 303 ff.
10 Plagemann
146
Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Das BVerwG verneinte eine Rechtsverletzung des dienstrechtlichen Status des Klägers 405 . Im Hinblick auf die organisationsrechtliche Änderung erklärte das BVerwG unter Verweis auf die genannte Entscheidung des BAG nur: „ D a die Rechtsstellung des Klägers — wie dargelegt — durch die angefochtene Maßnahme nicht beeinträchtigt ist und in unveränderter Form fortbesteht, kann er sich schon deshalb nicht auf Art. 87 Abs. 1 GG berufen (vgl. hierzu auch BAGE 31, 218 (226 f.))." 4 0 6
Das BVerwG hat damit letztlich wohl die Frage offengelassen, ob bundeseigene Verwaltung teilweise privatrechtlich organisiert werden kann. Es fallt aber an beiden Entscheidungen auf, daß diese Frage von beiden Gerichten nicht für entscheidungserheblich gehalten wurde. Ob BAG und BVerwG privatrechtsförmige Verwaltung noch zum Schutzbereich des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG zählen, kann daher nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden. δ) Entscheidung des BVerfG zur Organisationsfreiheit im Rahmen des Art. 87 GG (E 63, 1 ff.) Das BVerfG hatte in dem Beschluß vom 12.1.1983 407 zu entscheiden über die Frage, ob und inwieweit ein Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben in einer bestimmten Kooperationsform (sog. Mischverwaltung) zulässig ist. Der Beschluß betraf den Fall der einfachgesetzlichen Betrauung einer Verwaltungskörperschaft eines Bundeslandes mit den Aufgaben eines Organs einer Verwaltungskörperschaft des Bundes. Dabei ging es um die Frage nach der organisationsrechtlichen Zulässigkeit, Aufgaben einer bundesunmittelbaren rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts nach Art. 87 Abs. 2 G G 4 0 8 durch eine Landesbehörde zu verwalten. Damit ist bereits einzuwenden, daß die Entscheidung des BVerfG nicht die organisationsrechtliche Ausgestaltung der unmittelbaren Bundesverwaltung i.S. von Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG zum Gegenstand hatte, sondern eine Frage aus dem Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung, hier einer bundesunmittelbaren rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts. Da aber die Ausführungen des BVerfG, das im übrigen diese Kooperationsform im Ergebnis billigte, sich auch mit dem Verwaltungstyp „bundeseigene Verwaltung" nach Art. 86 ff. GG befassen, sind diese Hinweise hier im weiteren von Interesse. In der Entscheidung heißt es diesbezüglich: 405
Vgl. BVerwGE 69, 303 (305 ff.). BVerwGE 69, 303 (311). 407 BVerfGE 63, 1 ff. 408 Art. 87 Abs. 2 GG benennt zwar nur die bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts, will aber nach verbreiteter Ansicht auch die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts mit umfassen, vgl. eingehend Maunz, in Maunz I DürigI HerzogI Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 64; Blümel, Verwaltungszuständigkeit, in Isensee / Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band IV, S. 926, 909 Fn. 472 jeweils mit weiteren Nachweisen. 406
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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„Art. 83 ff. regeln indes nicht in allen Einzelheiten, wie die Verwaltung organisatorisch auszugestalten ist; dies gilt auch im Blick auf die bundeseigene Verwaltung, derer sich das Grundgesetz in einzelnen Bestimmungen annimmt (vgl. Art. 86 ff. GG). Das Grundgesetz beläßt den zuständigen Organen des Bundes einen Spielraum für die organisatorische Ausgestaltung der in seine Zuständigkeit fallenden Verwaltungseinrichtungen; dem Bund steht insoweit ein weiter organisatorischer Gestaltungsbereich zu. Dies wird nicht zuletzt aus der allgemeinen Regelung des Art. 86 GG deutlich. Eines weiten Spielraums bei der organisatorischen Ausgestaltung der Verwaltung bedarf es, um den — verschiedenartigen und sich ständig wandelnden — organisatorischen Erfordernissen Rechnung tragen und damit eine wirkungsvolle und leistungsfähige Verwaltung gewährleisten zu können. Lediglich soweit das Grundgesetz ausdrückliche Schranken für die Regelung der Verwaltungsorganisation enthält, ist der Gestaltungsspielraum bei der organisatorischen Ausgestaltung der Verwaltung begrenzt. Einschränkungen können sich überdies aus den Regelungen hinsichtlich der Verwaltungskompetenz und im übrigen auch aus anderen (allgemeinen) verfassungsrechtlichen Bestimmungen ergeben." 409
An dieser Entscheidung ist hervorzuheben, daß sich das BVerfG einerseits für einen weiten organisatorischen Gestaltungsspielraum des Bundes ausspricht. Abgelehnt wird die weitgehende Beschränkung verwaltungsorganisatorischer Flexibilität, denn derartige Beschränkungen würden einer „wirkungsvollen und leistungsfähigen Verwaltung" entgegenstehen. Andererseits sieht das BVerfG den „weiten organisatorischen Gestaltungsspielraum" dadurch begrenzt, daß das „Grundgesetz ausdrückliche Schranken für die Regelung der Verwaltungsorganisation enthält" oder sich „Einschränkungen aus den Regelungen hinsichtlich der Verwaltungskompetenz ergeben" sowie aus dem Verweis auf die Art. 87 ff. GG, die „weitere nähere Regelungen für die organisatorische Ausgestaltung der bundeseigenen Verwaltung (treffen)" 410 . Damit läßt sich dem Beschluß des BVerfG insbesondere entnehmen, daß durch die Wahl privatrechtlicher Organisationsformen die bundesstaatliche Kompetenzordnung nach Art. 87 ff. GG nicht umgangen werden darf. Die Entscheidung liefert daher zugunsten einer verfassungsrechtlichen Billigung von Eigengesellschaften oder Beteiligungen im Rahmen des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG keine näheren Anhaltspunkte, sie läßt diese Frage hier vielmehr unberührt. ε) Zusammenfassung Die zusammenfassende Betrachtung der angeführten Gerichtsentscheidungen läßt deutlich werden, daß in der Rechtsprechung eine Tendenz zu einer verfassungsrechtlichen Billigung privatrechtlicher Organisationsformen im Rahmen des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG besteht. So haben das OLG München in zwei Entscheidungen und das L V G Hamburg die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Deutschen Postreklame GmbH für zulässig erachtet. In weiteren Entscheidungen des BAG und des BVerwG wurde die Zulässigkeit, Teile der 409 410
10*
BVerfGE 63, 1 (33 f.), vgl. auch S. 40 f. sowie Leitsatz 3 b der Entscheidung. BVerfGE 63, 1 (34, 40f.).
148
Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
bundeseigenen Verwaltung privatrechtlich zu organisieren, zumindest indirekt bestätigt. Die behandelte Entscheidung des BVerfG kann jedoch im Ergebnis nicht zugunsten — allerdings auch nicht entgegen — einer verfassungsrechtlichen Billigung von Eigengesellschaften oder Beteiligungen im Rahmen des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG angeführt werden. cc) Die Zulässigkeit von Eigengesellschaften und Beteiligungen aus der Sicht des Schrifttums In der verfassungsrechtlichen Literatur werden teilweise erhebliche Zweifel geäußert, „bundeseigene Verwaltung" in Einzelbereichen privatrechtlich zu organisieren 411 : Nach Ansicht von Maunz ergibt sich aus der Formulierung des Art. 87 Abs. 1 GG („in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden geführt"), „daß es vom Grundgesetz nicht in das Ermessen der gesetzgebenden Körperschaften oder der Exekutivorgane des Bundes gestellt ist, ob sie für die in Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG aufgezählten Aufgabenbereiche gerade diese Form der Bundesverwaltung wählen oder sich für eine andere entscheiden wollen. Vielmehr ist in diesen Fällen diese Verwaltungsform mit verfassungsrechtlicher Kraft und bindender Wirkung für alle festgelegt." 412
Bundeseigene Verwaltung nach Art. 87 Abs. 1 GG könne weder durch Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts geführt werden noch durch privatrechtliche Rechtssubjekte 413 . Da es sich in der Regel um solche Angelegenheiten handele, an denen der Bürger ein besonderes Interesse habe und auf die „jeder im täglichen Leben irgendwie angewiesen i s t " 4 1 4 , erhalte Art. 87 Abs. 1 GG insoweit eine Schutzfunktion. Der stärkere Schutz des Bürgers ergebe sich ζ. B. aus der politischen Verantwortlichkeit des Ministers, der sich nicht auf die bloße Rechtsaufsicht zurückziehen könne. Bei einer Übertragung von Aufgaben auf private Rechtsträger stünden zwangsläufig wirtschaftliche Gesichtspunkte mehr im Vordergrund. Zulässig sei aus der Sicht von Maunz im Rahmen des Art. 87 Abs. 1 GG allerdings, daß „einzelne 411
Dies halten ausdrücklich für unzulässig Ohnheiser, Postrecht, S. 97; Wussow, Ri A 1981, S. 107; Zuck, Rechtsgutachten betreffend die verfassungsrechtliche Beurteilung der Regionalgesellschaften von Bahn/Post. Bonn-Bad Godesberg 1979, S. 27; Fangmann, in Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen, S. 640,644, vgl. aber auch S. 79 f. (zulässig bei Nebenfunktionen) sowie mit Einschränkungen die nachfolgend genannten Autoren Maunz und Ehlers. 412 Maunz, Die Privatisierung von Verkehrsbetrieben des Bundes in der Sicht des Grundgesetzes, in Recht und Staat im sozialen Wandel, Festschrift für Hans Ulrich Scupin. Berlin 1983, S. 615 (616); vgl. ferner ders., in MaunzIDürigIHerzog!Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 26. 413
Maunz, in Festschrift für Hans Ulrich Scupin, S. 615 (623) m.w.N. Maunz, in Maunz I DürigI HerzogI Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 31. 414
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
149
Teilaufgaben auf private Rechtsträger als beliehene Unternehmen übertragen werden" 4 1 5 . Bei dieser Auslegung des Art. 87 Abs. 1 GG konkretisiert Maunz jedoch nicht, welche Teilaufgaben etwa für den Bereich der DBP übertragungsfahig sind bzw. welche einzelnen Teilaufgaben sich nach welchen Kriterien abtrennen lassen. Dennoch wird deutlich, daß es nach seiner Ansicht einen umfassenden Aufgabenbestand gibt, der nicht auf private Rechtsträger übertragen werden darf. Der Ansicht von Maunz stimmt auch Dirk Ehlers 416 zu. Dabei modifiziert Ehlers die Auslegung von Maunz insofern geringfügig, als er es für zulässig hält, „periphere und abgrenzbare Teilaufgaben der Bundesbahn und Bundespost auf publizistische oder gemischt publizistische Privatrechtsvereinigungen zu übertragen" 417 . Als Beispiele führt Ehlers die heutige Organisationsform des Schlaf- und Speisewagenbetriebes sowie regionale Verkehrsgesellschaften an. Demgegenüber haben verschiedene Autoren die grundsätzliche Vereinbarkeit von Eigengesellschaften und Beteiligungen mit den organisationsrechtlichen Anforderungen des Art. 87 GG bejaht: Insbesondere zu den privatrechtlichen „Postbeteiligungsgesellschaften" hat Dittmann darauf hingewiesen, daß eine „verfassungsrechtlich bedenkliche Einbuße an Staatlichkeit derzeit nicht festzustellen" 418 ist. Wie auch in anderen Fällen privatrechtlich organisierter Bundesverwaltung werde der für die Geschäftsführung verfassungsrechtlich gebotene notwendige staatliche Einfluß auch bei den sog. „Postbeteiligungsgesellschaften" alternativ oder kumulativ durch entsprechende Kapitalbeteiligungen, vertragliche Bindungen oder sonstige Abhängigkeiten hinreichend sichergestellt 419 . Die Frage nach dem Umfang einer bundeseigenen Verwaltung und die Einbeziehung von Tochtergesellschaften ist von Joseph H. Kaiser am Beispiel der Deutschen Eisenbahn-Reklame GmbH untersucht worden 4 2 0 . Bei dieser 415
Maunz, in Maunz I Dürig I Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 32; eine eng begrenzte Teilaufgabe ist nach Maunz ζ. B. der Betrieb einer ganz bestimmten Bahnstrecke, aber ζ. B. nicht die Übertragung des gesamten Bahnbetriebes (ebd.). 416
Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 118 m.w.N. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 118; ebenso auch ders.: „So ist eine Übertragung der in Art. 87 Abs. 1 GG genannten Materien auf privatrechtlich organisierte Bundesunternehmen nur zulässig, wenn es sich um periphere Teilbereiche handelt und die jederzeitige Durchsetzung der staatlichen Führungsrolle gesichert ist. Dementsprechend müssen sich etwa die Deutsche Bundesbahn oder die Deutsche Bundespost gegenüber ihren Verkehrsgesellschaften Einwirkungs- und Kontrollrechte vorbehalten, die den normalen Standard erheblich überschreiten." Ehlers, JZ 1987, S. 218 (226). 418 Dittmann, Die Bundesverwaltung, S. 180 f. 419 Im Ergebnis ebenso Lerche, Zum (verfassungs-)rechtlichen Rahmen der Posttätigkeit, S. 10 ff. 420 J.H. Kaiser, Verkehrsanlagen als Werbeträger, NJW 1976, S. 87 ff. 417
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
GmbH handelt es sich um eine Beteiligungsgesellschaft der Deutschen Bundesbahn 4 2 1 . Kaiser weist daraufhin, daß der Schutz des Art. 87 Abs. 1 GG sich in vollem Umfang auch auf Teilbereiche erstrecke. Er „gilt nicht nur für den Kernbereich des Eisenbahnbetriebs, sondern auch für alle Teilbereiche, auch dort, wo nicht einmal mehr der Schatten von Hoheitsbefugnissen wahrnehmbar ist und die Verwaltung, wie in der Eisenbahn-Reklame, in der Sache reiner Kommerz i s t " 4 2 2 . Nach Ansicht von Kaiser wird durch Art. 87 Abs. 1 GG die Bundesbahn in ihrem ganzen Umfang als bundeseigene Verwaltung geschützt. Es sei bei der Eisenbahn-Reklame GmbH, die sich in der Hand des Sondervermögens „Bahn" befindet, rechtlich nicht zulässig, „zwischen einer Verwaltung in einem engeren Sinn und spezifischen Unternehmensbereichen zu trennen und diese außerhalb des Geltungsbereiches des Art. 87 I GG anzusiedeln" 423 . Auch Günter Püttner 424 hält einen Ausschluß privatrechtlicher Organisationsformen im Rahmen des Art. 87 Abs. 1 GG für bedenklich. Er sieht das Ziel dieser Bestimmung in der Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche zwischen Bund und Ländern. Es könne durchaus eine privatrechtliche Gesellschaft gebildet werden 425 . Adolf Arndt sieht das Problem insgesamt als eine Frage der Organisationsfreiheit der Bundespost an. Er führt zum verfassungsrechtlichen Begriff „bundeseigene Verwaltung" aus, daß es unzulässig wäre, „die Bundespost als eine gegenüber dem Bund rechtlich selbständige juristische Person des öffentlichen Rechtes zu verwalten. Damit ist jedoch nicht gesagt, daß im Bereich bundeseigener Verwaltung rechtliche Verselbständigungen gegenüber Dritten ebenfalls ausgeschlossen sind" 4 2 6 .
Für Arndt ist die Postverwaltung „ein öffentlicher Dienstleistungsbetrieb, dessen Handlungsformen grundsätzlich frei bestimmt werden können. Für die Postverwaltung ist damit zugleich eine weitgehende Organisationsfreiheit verbunden" 427 .
Im Rahmen dieser Organisationsfreiheit würden sich Bildung und Handlungen der Tochtergesellschaft bewegen. Beides wären Erscheinungsformen derselben „Bundespost" 428 . 421 Gesellschafter der Deutschen Eisenbahn-Reklame GmbH sind zu 60% die Deutsche Bundesbahn und zu 40% die Deutsche Verkehrs-Kredit-Bank AG, vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungen des Bundes im Jahre 1987, S. 298 — dasselbe Beteiligungsverhältnis bestand auch im Jahre 1976. 422 J.H. Kaiser, NJW 1976, S. 87 (89). 423 J.H. Kaiser, NJW 1976, S. 87 (89) zur Rechtslage bei der Deutschen Bundesbahn. 424 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 86f. 425 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 86. 426 Arndt, Die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten der Spitzenorganisation des Postund Fernmeldewesens, ArchPF 1970, S. 3 (5, 10) (Hervorhebungen im Original). 427 Arndt, ArchPF 1970, S. 3 (10).
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß eine Reihe von Autoren mit unterschiedlichen Argumenten die Zulässigkeit privatrechtlicher Organisation bundeseigener Verwaltung bestätigt haben. Andererseits werden hierzu auch Zweifel angemeldet. Daher ist im folgenden eine Verfassungsauslegung vorzunehmen. dd) Eigene Stellungnahme zur Zulässigkeit von Eigengesellschaften und Beteiligungen nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG α) Wortlaut Nach dem Wortlaut des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG ist die Bundespost in „bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" zu führen. Die Organisationsform „bundeseigene Verwaltung" ( = unmittelbare Bundesverwaltung) ist in Art. 86 GG dem Organisationstyp der mittelbaren Bundesverwaltung ( = bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts) gegenübergestellt. Daher wird die Organisationsform „bundeseigene Verwaltung" regelmäßig so verstanden, daß die Aufgaben der Bundespost keiner vom Staat verschiedenen Rechtspersönlichkeit übertragen werden dürfen. Somit wäre eine Organisation der Deutschen Bundespost als einer rechtsfähigen öffentlichen Anstalt unzulässig, da es sich dabei nicht um unmittelbare, sondern um mittelbare Bundesverwaltung handelt 429 . Erst recht ist die vollständige privatrechtliche Verselbständigung der Bundespost zu einer staatlich beherrschten Aktiengesellschaft oder einer GmbH verfassungsrechtlich ausgeschlossen430. 428 y g i z u r Gestaltungsfreiheit des Bundes innerhalb der unmittelbaren Bundesverwaltung das Urteil des BVerwG vom 19. 3.1976, VerwRspr. 1977 (28), S. 214ff. (220f.). Das BVerwG hält bei einem beliehenen Unternehmer eine beschränkte Ausgliederung für zulässig, wenn er „in den Unterbau dieser Verwaltung integriert und durch Unterstellung unter die volle Fachaufsicht zum Bestandteil dieses Unterbaus der bundeseigenen Verwaltung gemacht wird" (ebd.). Es ist kaum einzusehen, daß das Kontrollinstrumentarium bei einem beliehenen Unternehmer wirkungsvoller beschaffen sein könnte als bei einer 100%igen Tochtergesellschaft, die schließlich der Kontrolle durch die Administration unterliegt. 429 Vgl. Maunz, in Maunz I Dürig I Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 86 Rdnr. 2, Art. 87 Rdnr. 30; Dittmann, Bundeseigene Verwaltung durch Private? Zur Problematik privatrechtlicher Mittlerorganisationen am Beispiel der auswärtigen Kulturpolitik, Die Verwaltung 1975, S. 431 (435 f.); ders., Die Bundesverwaltung, S. 82,87; Plagemann / Bachmann, DÖV1987, S. 807 (810f.)m.w.N.; anderer Ansicht Bull, in Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Band II, Art. 87 Rdnr. 20.
Eine Ausnahme von dieser Auslegung stellt eine Bemerkung des BVerfG im 1. Fernsehurteil von 1961 dar: Danach hat der Bund die Befugnis, für den Betrieb der rundfunksendetechnischen Anlagen „durch Gesetz rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts (zu) errichten, denen Bau und sendetechnischer Betrieb bundeseigener Anlagen für den Rundfunk übertragen werden könnte (Art. 87 Abs. 3 GG)", BVerfGE 12, 205 (238). 430 Vgl. oben B.II.2.a.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Es ist aber noch die Frage zu untersuchen, ob die teilweise privatrechtliche Organisation der Bundespost mit dem Wortlaut der Verfassung vereinbar ist. Diese Möglichkeit wird in der Literatur teilweise ausdrücklich abgelehnt 431 - die Ablehnung wird in der Regel jedoch nicht tiefer begründet 432 . In Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG heißt es: „ I n bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden geführt der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung, die Bundeseisenbahnen, die Bundespost und nach Maßgabe des Artikels 89 die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schiffahrt."
Betrachtet man den Wortlaut der Norm, so ist hieraus zu entnehmen, daß privatrechtliche Organisationsformen für die Bundespost nicht ausdrücklich vorgesehen sind. Vielmehr verlangt der Wortlaut des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG, daß die Bundespost für ihre Aufgabenerfüllung über einen eigenen, dem Bund unterstellten Verwaltungsunterbau verfügt, der selbst gegenüber dem Bürger die jeweiligen Leistungen erbringt. In der Verfassung ist nicht im einzelnen bestimmt, was als „eigener Verwaltungsunterbau" anzusehen ist. Als „bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" wird aber für die Bundespost grundsätzlich eine eigene hierarchisch gegliederte, öffentlich-rechtliche Behördenorganisation 433 verlangt 434 . Als bundeseigenen Verwaltungsunterbau benötigt die Bundespost—in Anlehnung an historische Strukturen—neben der obersten Dienstbehörde bzw. Bundesbehörde für ihre Präsenz in der Region zusätzliche Mittel- und Unterbehörden 435 . Die Auslegung nach dem Wortlaut zeigt damit deutlich, daß die Bundespost grundsätzlich aus einer Verwaltungs- bzw. Behördenorganisation zu bestehen hat. Ob innerhalb des „eigenen Verwaltungsunterbaus" auch teilweise privatrechtliche Organisationseinheiten verfassungsrechtlich zulässig sind, hängt 431
Vgl. hierfür etwa Ohnheiser, Postrecht, S. 97; Wussow, RiA 1981, S. 107; Zuck, Rechtsgutachten, S. 27. 432 Vgl. hierfür nur die soeben genannten Autoren. 433 Zum Begriff „Behörde" vgl. Faber, Verwaltungsrecht, S.48ff.; Wolff/ Bachof, Verwaltungsrecht. Band II, 4. Aufl., München 1976, §76 m.w.N. (in der 4. Aufl. noch ausführlich im Gegensatz zur 5. Aufl.). Das BVerfG definiert eine „Behörde" wie folgt (BVerfGE 10, 20 (48)): „Unter einer Behörde versteht man im allgemeinen eine in den Organismus der Staatsverwaltung eingeordnete, organisatorische Einheit von Personen und sächlichen Mitteln, die mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattet dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder von ihm geförderter Zwecke tätig zu sein." 434 Vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, S. 817; Badura, in Evangelisches Staatslexikon, Sp. 371; Maunz, in Maunz ! Dürig ! Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 33 ff.; Plagemann IBachmann, DÖV 1987, S. 807 (811); Fangmann, Verfassungsgarantie der Bundespost, S. 62. 435 Vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, S. 817; Maunz, in Maunz / Dürig / Herzog / Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 35; Dittmann, Die Bundesverwaltung, S. 175 f.
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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davon ab, welcher „Verwaltungsunterbau"-Begriff zugrunde gelegt wird, d.h. ob Verwaltungszwecke nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG im Einzelfall mit privatrechtlichen Mitteln erfüllt werden können. Sofern man versucht, den Rechtsbegriff „mit eigenem Verwaltungsunterbau" über die Begriffe „Verwaltung" bzw. „Behörde" auszulegen, so führt dieser Ansatz nicht zu einem vollkommen eindeutigen organisationsrechtlichen Bild. Die Schwierigkeit liegt darin, daß sich die Begriffe „Verwaltung" und „Behörde" letztlich nicht präzise typisieren lassen 436 . Dies hat sich bei den unterschiedlichen Erklärungsansätzen im Laufe von Jahrzehnten gezeigt. Auch bei der Postverwaltung bzw. ihrem „Unterbau" gab es traditionell Ausnahmen vom klassischen öffentlich-rechtlichen Behördentypus. Wie aufgezeigt verfügte die Deutsche Reichspost bereits in den 20er Jahren — j e nach Unternehmenserfordernissen — über vereinzelte privatrechtliche Organisationseinheiten 437. Sie wurden mit der Gründung der Deutschen Bundespost übernommen bzw. neu gegründet. Dies wurde nicht als ein Widerspruch zum Wortlaut des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G gesehen. Auch die Deutsche Bundesbahn („Bundeseisenbahnen" im Sinne des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG) verfügt als eine Betriebsverwaltung in erheblichem Umfang über privatrechtliche Tochtergesellschaften 438. Meines Erachtens deutet schon diese Tatsache auf eine offene Auslegung des Rechtsbegriffs „mit eigenem Verwaltungsunterbau" hin. Auch die weitere allgemeine Rechtsentwicklung spricht für eine derartige Auslegung. Allgemein hat sich insbesondere in den letzten Jahrzehnten das Erscheinungsbild der „Verwaltung" bzw. der „eigene Verwaltungsunterbau" stark gewandelt. So werden Verwaltungsaufgaben heute nicht mehr ausschließlich durch einen öffentlich-rechtlichen Behördenunterbau erfüllt, sondern z.T. im Wege der Aufgabenteilung durch privatrechtliche Organisationseinheiten des Staates bzw. der Gebietskörperschaften, durch beliehene Unternehmer, ferner durch private Unternehmen und sogar durch Privatpersonen (z.B. Schülerlotsen). Insgesamt ist also der eigene „Unterbau" der Verwaltung wesentlich vielfaltiger strukturiert als nur durch einen Behördentypus 439 . Auch im Hinblick auf die 436
Die Schwierigkeit, „Verwaltung" und „Behörde" präzise zu definieren, zeigt Faber in einem historischen Rückblick auf (Verwaltungsrecht, S. 18 ff., 48 ff.). 437 Die Reichspost-Reklame GmbH und die Deutsche Fernkabel-Gesellschaft mbH. 438 Weitere privatrechtliche Organisatonsformen finden sich innerhalb des Auswärtigen Dienstes im Bereich der auswärtigen Kulturpolitik, vgl. Dittmann, Die Verwaltung 1975, S. 431 (438 ff.). 439 Ähnlich bereits Huber, der sich bei seiner Untersuchung der Art. 83 ff. GG speziell auf den Begriff „bundeseigene Verwaltung" in Art. 86 GG bezieht: "Ebensowenig besagt der Art. 86, daß die Bundesverwaltung nur durch Bundesbehörden oder durch bundesunmittelbare Anstalten und Körperschaften" ausgeübt werden dürfe. Von „Bundesbehörden" ist im Art. 86 überhaupt nicht die Rede. Gesprochen wird allein von „bundeseigener Verwaltung"; daß diese notwendig eine rein behördliche Verwaltung sei, ist weder ausdrücklich gesagt noch aus dem Sinn des Art. 86 zu entnehmen. Der Begriff „bundeseigene Verwaltung" in Art. 86 ist durch den Gegensatz
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Bundespost wird man daher zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß der „eigene Verwaltungsunterbau" nach dem Wortlautverständnis nicht ausschließlich aus öffentlich-rechtlichen Behördenorganisationen bestehen muß. Der Begriff „eigener Verwaltungsunterbau" kann heute nicht mehr restriktiv verstanden werden, d.h. die privatrechtlichen Organisationsformen sind ihm gleichfalls zurechenbar. ß) Entstehungsgeschichte Art. 116 Abs. 1 Ch. E . 4 4 0 - der spätere Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG — lautete: „ I n bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden geführt der auswärtige Dienst, die Bundeseisenbahnen und die Bundespost."
Darüber hinaus stellte Art. 117 Abs. 1 Ch. E. fest: „Die Eisenbahnen des allgemeinen Verkehrs sowie das Post- und Fernmeldewesen werden als einheitliche Verkehrsanstalten des Bundes verwaltet."
Diese beiden Bestimmungen lagen den Beratungen des Parlamentarischen Rates zugrunde 441 . Art. 116 Abs. 1 Ch. E. erfuhr in den Beratungen des Ausschusses für Zuständigkeitsabgrenzung keine Änderung. In den Lesungen des Hauptausschusses wurde die hier interessierende, auf die Bundespost abzielende Norm ebenfalls beibehalten und später als Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG vom Parlamentarischen Rat verabschiedet. Auch Art. 117 Abs. 1 Ch. E. wurde hinsichtlich der Regelung für das Postund Fernmeldewesen im Ausschuß für Zuständigkeitsabgrenzung nicht verändert. In der 1. Lesung des Hauptausschusses wurde Art. 117 Abs. 1 einstimmig angenommen und in den beiden nachfolgenden Lesungen unverändert beibehalten. In der 4. Lesung des Hauptausschusses wurde jedoch der gesamte Art. 117 auf Antrag der Abgeordneten Zinn, Dr. Dehler und Dr. von Mangoldt ohne Aussprache gestrichen 442 . Den Protokollen des Ausschusses für Zuständigkeitsabgrenzung und des Hauptausschusses zu Art. 116 Abs. 1 ist bezüglich der Bundespost zu entnehmen, daß organisatorisch an die vormalige Reichspost angeknüpft werden zur landeseigenen Verwaltung (Art. 83) und zur Landes-Auftragsverwaltung (Art. 85) bestimmt; mit der Unterscheidung von „behördlicher" und „nicht-behördlicher" Verwaltung hat der Begriff „bundeseigene Verwaltung" überhaupt nichts zu tun", Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 541 (Hervorhebungen im Original); ebenso Dittmann, Die Verwaltung 1975, S. 431 (441 ff.). 440 Entwurf des Verfassungskonvents auf Herrenchiemsee vom 10. — 23. 8. 1948. 441 Vgl. hierzu allgemein von Doemmingj Füsslein/ Matz, Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes, JöR N.F. Bd. 1 (1951), S. 1 (644ff.). 442 Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 57. Sitzung (IV. Lesung), 5. 5. 1949, Stenographische Protokolle, S. 756.
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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sollte 443 , d.h. eine bundeseigene Verwaltung gemeint war, deren „Bau hinunter bis zum Staatsbürger reicht" 4 4 4 . Aus den Beratungen zu Art. 117 Abs. 1 geht hervor, daß die „einheitlichen Verkehrsanstalten" nicht mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet werden sollten. Es sollte sich vielmehr um „Einrichtungen des Bundes (...), also ohne eigene Rechtspersönlichkeit", handeln 445 . Die weiteren Erörterungen — die sich weitgehend auf die Eisenbahn richteten — lassen deutlich werden, daß eine Sicherstellung demokratischer, d. h. parlamentarischer Kontrolle beabsichtigt war 4 4 6 . Im weiteren wurde Abs. 1 auch im Zusammenhang mit bestimmten Rechten der Bundesländer unter dem Gesichtspunkt diskutiert, daß die Verkehrsverwaltung die Interessen der Länder zu beachten habe 4 4 7 ; das Nähere sollte gesetzlich geregelt werden. Den Protokollen des Hauptausschusses (IV. Lesung) ist nicht zu entnehmen, warum der gesamte Art. 117 letztendlich gestrichen wurde. Einen Anhaltspunkt hierfür liefert allenfalls ein sog. „Schriftlicher Bericht zum Entwurf des Grundgesetzes", der dem Plenum von den Berichterstattern des Hauptausschusses vorgelegt wurde. In diesem Bericht äußerte der Abgeordnete Dr. Laforet zum „ V I I I . Abschnitt — Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung" zur Streichung des Art. 117 Abs. 1: „Die Bestimmung wurde auf Antrag des Redaktionsausschusses gestrichen, um klarzustellen, daß diese Verkehrsverwaltungen sich in nichts von anderen bundeseigenen Verwaltungen unterscheiden." 448
Die Streichung ging also zurück auf einen Antrag des Redaktionsausschusses, der sich zu diesem Zeitpunkt aus den Abgeordneten Zinn, Dr. Dehler und Dr. von Mangoldt zusammensetzte. Es ist vor allem die Intention hervorzuheben, daß eine redaktionelle Klarstellung zum Inhalt des Art. 116 Abs. 1 beabsichtigt war. M i t anderen Worten, die unterschiedliche Terminologie in Art. 116/117 sollte nicht zum Anknüpfungspunkt für rechtliche Differenzierungen werden 449 . 443 Sechzehnte Sitzung des Ausschusses für Zuständigkeitsabgrenzung, 18. November 1948, Der Parlamentarische Rat 1948-1949. Akten und Protokolle, hrsg. vom Deutschen Bundestag und vom Bundesarchiv unter Leitung von Kurt G. Wernicke und Hans Booms, Band 3, Ausschuß für Zuständigkeitsabgrenzung, bearb. von Wolfram Werner, Boppard am Rhein 1986, S. 630. 444 Der Parlamentarische Rat 1948-1949, Sechste Sitzung, 30. September 1948, S. 269. 445 Der Parlamentarische Rat 1948-1949, Sechste Sitzung, S. 274, vgl. auch S. 276. 446 Der Parlamentarische Rat 1948-1949, Sechste Sitzung, S. 277. 447 Vgl. etwa ebd., S. 280 f. 448 Parlamentarischer Rat, Schriftlicher Bericht zum Entwurf des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Anlage zum stenographischen Bericht der 9. Sitzung des Parlamentarischen Rates am 6. Mai 1949. Bonn 1948/49, S. 41. 449 Insoweit geht Schmidt-Aßmann zu weit, wenn er den Hinweis von Laforet aufnimmt und dazu sagt, dieser Passus (Art. 117 Abs. 1) wurde gestrichen, „um eine Verwaltung in einer nichtrechtsfähigen Rechtsform des öffentlichen Rechts verbindlich zu machen",
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Insgesamt bleibt festzustellen, daß diese Anhaltspunkte zur Entstehungsgeschichte des Art. 87 GG eher spärlich sind. Der Inhalt der Beratungen gibt zu unserer Fragestellung keinen Anhalt für kontroverse Diskussionen. Deutlich wird aus der Beratung bzw. schließlichen Streichung des Art. 117 Abs. 1 Ch. E. vor allem, daß eine Festlegung auf den Organisationstyp bundeseigener Verwaltung beabsichtigt war. M i t anderen Worten: Die Bundespost bzw. auch die übrigen in dieser Norm genannten Einrichtungen (Bundeseisenbahnen und Auswärtiger Dienst) sollten als ministerielle Behördenverwaltung geführt bzw. geleitet werden 450 . Darüber hinaus hat der Verfassungsgeber zu den bereits damals vorhandenen privatrechtlichen Einrichtungen der Postverwaltung bzw. der Bahn jedoch nicht dezidiert Stellung bezogen. Wie bereits ausgeführt, gehörten ζ. B. die Deutsche Postreklame GmbH seit 1924 und die Deutsche Fernkabel-Gesellschaft mbH seit 1921 zum vorkonstitutionellen Erscheinungsbild der damaligen Deutschen Reichspost. Auch die Bahn verfügte schon vor der Entstehung des Grundgesetzes über eine Reihe von privatrechtlichen Wirtschaftsbeteiligungen, so z.B. seit 1918 Anteile am Deutschen Reisebüro (DER); seit 1923 gehörte ihr die Deutsche Verkehrs-Kreditbank A G (DVKB) oder seit 1931 die Speditionsfirma Schenker. Dem Verfassungsgeber ist die privatrechtliche Organisation von Bahn und Post in Teilbereichen also durchaus bekannt gewesen. In den Entwürfen und den Verhandlungen zum Grundgesetz ist sie weder ausgeschlossen noch abgelehnt worden. Daraus ist zu folgern, daß die bisherige Rechtslage übernommen werden sollte und Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG der Zulässigkeit privatrechtlicher Organisation in Teilbereichen jedenfalls nicht entgegensteht. γ) Systematischer Zusammenhang Weitere Anhaltspunkte für eine Verfassungsauslegung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG ergeben sich aus dem systematischen Zusammenhang der Norm. So argumentiert beispielsweise Püttner, daß die Art. 83 ff. GG im wesentlichen die Zuständigkeitsbereiche von Bund und Ländern abgrenzen sollen. Der Schwerpunkt des Art. 87 Abs. 1 GG liege beim Ausschluß der Länder und dem Merkmal „eigener Verwaltungsunterbau", wobei allerdings anders als in Art. 87 Abs. 2 GG jeder Hinweis auf eine bestimmte Organisationsform fehle 451 . Dagegen geht Dittmann von der Unterscheidung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Bundesverwaltung aus. Die Formenwahlfreiheit des Bundes Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 103 (Hervorhebung vom Verfasser). 450 Ähnlich Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 103. 451 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 86 f.
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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werde insofern beschränkt, als es nicht zulässig sei, Aufgaben der unmittelbaren Bundesverwaltung in Rechtsformen der mittelbaren Bundesverwaltung wahrzunehmen 452 . Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG stelle insofern etwa gegenüber Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG eine Sonderregelung dar. Durch Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG werde die Gesamt-Staatlichkeit des Post- und Fernmeldewesens gesichert und die besondere „Staatsnähe" der Post verfassungs- und verwaltungsgeschichtlich fortgeführt. Bundesverwaltung bzw. Bundespost seien vor allem als ein Bereich ausschließlicher Bundeszuständigkeit zu begreifen, der keiner fremden Einflußnahme von Seiten eines anderen Trägers öffentlicher Verwaltung unterliege 453 . Diese beiden Stellungnahmen mögen genügen, um darauf hinzudeuten, daß Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG vor allem den Ausschluß der Länder von der Verwaltung intendiert und im übrigen eine besondere Staatsnähe im Sinne einer Einflußnahme des Bundes sicherstellt. δ) Teleologische Auslegung — funktionelle Eingrenzung der organisationsrechtlichen Spielräume Meines Erachtens läßt Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG für Teilbereiche unterschiedliche organisationsrechtliche Möglichkeiten — wie z.B. Eigengesellschaften oder Beteiligungen — zu. Auch bei einer bundesposteigenen Gesellschaft des privaten Rechts, die mit ihren Kunden kontrahiert, handelt es sich um „Bundespost" i.S. von Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG. Die Organisation der Bundespost als „bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" (Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG) erfaßt private Unternehmungen sowohl hinsichtlich ihrer organisatorischen Eingliederung in die Bundespost als auch in bezug auf ihre Geschäftstätigkeit 454 , die Bestandteil der öffentlichen Aufgabe Bundespost ist. 452 Dittmann, Die Bundesverwaltung, S. 88 ff.; ebenso Fangmann, Verfassungsgarantie der Bundespost, S. 11 f. 453 Dittmann, Die Bundesverwaltung, S. 84 f. 454 Vgl. Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 150 ff.; Backhaus, Öffentliche Unternehmen, S. 223 f., 245ff.
Diese Auffassung wird in der Literatur bestätigt durch die verfassungsrechtliche Einschätzung der Entwicklung des Postreisedienstes. Der Postreisedienst ist seit 1976 zusammen mit dem Bahnreisedienst in den Regionen Kiel, Hannover, Köln und München auf die Regionalen Verkehrsgesellschaften mbH übergegangen. Diese wurden 1978 in der Holding Vereinigte Bundesverkehrsbetriebe GmbH zusammengefaßt. Seit der Überleitung entfallt die Anwendung öffentlich-rechtlicher Benutzungsbestimmungen (PostReiseO usw.), vielmehr werden privatrechtliche Beförderungsverträge zwischen Fahrgast und Verkehrsgesellschaft abgeschlossen, vgl. Altmannsperger, Gesetz über das Postwesen. Kommentar. Heidelberg 1988, §18 Rdnr. Iff. Gleichwohl wird diese privatrechtliche Neuorganisation, an der die Bundespost mit einem Gesellschaftsanteil von 47,15% beteiligt ist, als unmittelbare Bundesverwaltung der Busdienste i.S. des Art. 87 GG angesehen, vgl. Hempell, Postverfassungsrecht, S. 30 mit Anmerkung, ferner Dittmann, Die Bundesverwaltung, S. 162, 170 f.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Insgesamt sprechen eine Reihe von Autoren 4 5 5 Argumente für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit an, „bundeseigene Verwaltung" in Einzelbereichen privatrechtlich zu organisieren. Wie aufgezeigt, deuten im übrigen selbst Maunz und isA/ers Ausnahmen von ihrer engen Auslegung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG a n 4 5 6 , indem sie die Übertragung einzelner Teilaufgaben auf private Unternehmen für zulässig halten. Dennoch kann ihre restriktive Auslegung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG — die überdies keine genauen Abgrenzungskriterien für die auslagerungsfahigen Aufgaben liefert — m. E. nicht vollständig überzeugen. In jedem Fall ist es geboten, nach dem Sinn des Verfassungsrechtssatzes Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G zu fragen (teleologische Auslegung). Daraus ergeben sich meines Erachtens die folgenden Überlegungen: Die Bundespost ist aufgrund von Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG in einem „Kernbestand" an Aufgaben vom Verfassungsgeber geschützt worden. Dieser Schutz enthält nicht nur Kompetenzen für die staatliche Betätigung oder ermöglicht die Errichtung von Verwaltungsmonopolen, sondern beinhaltet in erster Linie die Verpflichtung des Staates, bestimmte Leistungen der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen (Infrastrukturaufgabe) 457 . Wie Maunz zutreffend beschreibt, liegt die ratio der besonderen organisationsrechtlichen Stellung der Bundespost im Staatsgefüge darin, daß der Bürger in der Regel ein besonderes Interesse an ihren Leistungen hat. Auf diese Dienstleistungen ist „jeder im täglichen Leben irgendwie angewiesen" 458 . Sinn und Zweck des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG ist es, die Bundespost bzw. den Staat verfassungsrechtlich zu verpflichten, „wesentliche Dienstleistungen" öffentlich-rechtlich zu organisieren. „Wesentliche Dienstleistungen" sind insoweit gegeben, als schützenswerte Interessen der Allgemeinheit vorliegen. Der Umfang dieses Gemeinwohlauftrags ist zunächst kaum abstrakt bestimmbar, sondern abhängig von wirtschaftlichen, technischen und soziokulturellen Gegebenheiten. Immerhin ist seit 1985 in der Bundesrepublik Deutschland vermehrt über die Rolle des Staates im Be455
Vgl. oben (cc.) sowie Lerche, in Festschrift für Klaus Obermayer, S. 82 f.; E. Wiechert, Das Recht des Fernmeldewesens der Bundesrepublik Deutschland — Staatliche Aufgabe und private Betätigung im Fernmeldewesen nach dem geltenden Recht, Jahrbuch der DBP 1986, S. 123 f., 126, 128; Kirchhof, DVB1. 1984, S. 657 (660); SchmidtAßmannIFromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 115ff.; von der Heyden, ArchPF 1980, S. 218 (239f.); Stober, NJW 1984, S. 449 (452); Lerche/von Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 108; Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 162f., 166; Schatzschneider, Privatisierung des Fernmeldehoheitsrechts?, S. 38 f.; Fangmann, Verfassungsgarantie der Bundespost, S. 62f.; Redeker, Neue Informations- und Kommunikationstechnologien, S. 239. 456 Maunz, in Maunz I DürigI HerzogI Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 26; ders., in Festschrift für Hans Ulrich Scupin, S. 615 (616); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 118. 457
Plagemann ! Bachmann, DÖV 1987, S. 807 (811 f.). Maunz, in Maunz I DürigI HerzogI Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 31; vgl. ferner Wussow, Ri A 1981, S. 107; Roßnagel I Wedde, DVB1. 1988, S. 562 (564); Fangmann, Verfassungsgarantie der Bundespost, S. 62 ff.; Battis, in Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen, S. 611. 458
. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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reich des Telekommunikationsmarktes und die Notwendigkeit eines organisatorischen Verbundes zwischen Post- und Fernmeldewesen diskutiert worden. Die Empfehlungen der Regierungskommission Fernmeldewesen, das Grünbuch „Telekommunikation" der EG-Kommission, die Konzeption der Bundesregierung zur Neuordnung des Telekommunikationsmarktes sowie weitere Stellungnahmen geben signifikante Anhaltspunkte zur ordnungspolitischen Diskussion und zur Bestimmung des staatlichen Gemeinwohlauftrags für die kommenden Jahrzehnte. Einen weiteren Maßstab bieten die Erläuterungen zu dem 1989 verabschiedeten Poststrukturgesetz 459 und die damit verbundene Einführung von sog. Infrastrukturdiensten (§ 4 Abs. 1 Satz 3 PostVerfG — Monopolaufgaben und Pflichtleistungen). Dem Schrifttum sind weitere Anhaltspunkte insofern zu entnehmen, als nach einer im Vordringen begriffenen Auffassung der Schutzzweck des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG in der politischen Bedeutung gesehen wird, die die Telekommunikation für die Grundrechte der Bürger besitzt. So wird vertreten, daß die Grundrechte der Meinungsfreiheit, der Informationsfreiheit, des Fernmeldegeheimnisses und der Schutz der Menschenwürde nur gewährleistet werden könne, wenn eine ständige, ungehinderte und unbeeinflußte Nachrichtenübermittlung gesichert sei 460 . Unter Berücksichtigung dieser Ansichten wird man heute zu dem Kernbestand an „wesentlichen Dienstleistungen" im Bereich Fernmeldewesen 461 die Versorgung der Bürger zu gleichen Bedingungen mit den Grunddiensten der Telekommunikation 462 sowie der notwendigen Netzinfrastruktur rechnen 463 . 459 Gesetz zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (Poststrukturgesetz — PostStruktG) vom 8. 6. 1989, BGBl. I S. 1026. 460 Vgl. Roßnagel/ Wedde, DVB1. 1988, S. 562 (567); Wussow, RiA 1981, S. 107f.; Fangmann, Verfassungsgarantie der Bundespost, S. 13; ders., RDV 1988, S. 53 (58, 61 f.); Scherer, Telekommunikationsrecht und Telekommunikationspolitik, S. 700ff.; früher schon W. Schmidt, Bundespost und Bundesbahn als Aufgaben der Leistungsverwaltung, NJW 1964, S. 2390 (2392); Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 245. 461 Die weiterführenden Überlegungen zum „Kernbestand" bleiben auf den Bereich „Fernmeldewesen" beschränkt. Der Verzicht auf eine nähere Ausleuchtung des Bereichs „Postwesen" erscheint hier vertretbar, da sich das Interesse an Eigengesellschaften — wie oben dargestellt — vornehmlich auf den Telekommunikationsmarkt richtet. 462 Der Telefondienst mit dem einfachen Fernsprechhauptanschluß stellt dabei von der Zahl der Anschlüsse, dem Verkehrsvolumen und vom Gebührenaufkommen den quantitativ bedeutendsten Bereich dar.
Zur Eingrenzung der „Grunddienste der Telekommunikation" hat insbesondere die Regierungskommission Fernmeldewesen nähere Anhaltspunkte geliefert (vgl. a.a.O., S. 82 ff.), ferner Konzeption der Bundesregierung, S. 64ff. 463 Es besteht heute Grund für die Annahme, daß das Verwaltungsmonopol für den einfachen Fernsprechhauptanschluß, insbesondere das Fernsprechnetzmonopol mit einer Schnittstelle zum Teilnehmer auskommt und die Versorgung der Bürger mit Telefonapparaten durch einen Wettbewerbsmarkt gesichert ist. Der Bereich des Monopols ist insofern neu zu definieren. Für die Neubestimmung des Fernmeldemonopols sprechen Beobachtungen ausländischer Märkte (ζ. B. USA, Großbritannien, Niederlande, Japan) und z.T.
160
Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Dieser Aufgabenkreis ergibt sich aus der nahezu hundertjährigen traditionellen Funktion der Postverwaltung für die Gewährleistung des fernmeldetechnischen Nachrichtenverkehrs in Deutschland. So dienten die Fernmeldedienste seit ihrer Einführung zunächst vorrangig der Sicherstellung des staatlichen Kommunikationsbedarfs 404 , sehr bald aber auch in zunehmendem Maße der Kommunikation von Bürgern bzw. von Unternehmen. A u f diese Kreise erstreckt sich heute die staatliche Schutzfunktion. Die grundlegenden Bestandteile der fernmeldetechnischen Nachrichtenübermittlung sind genauer betrachtet zum einen die Netzinfrastruktur und ferner verschiedene etablierte Fernmeldedienste. Beide lassen sich in ihrer Funktionssicherung nicht voneinander trennen. Die zunächst vorhandenen Fernmeldedienste (Telegrammübermittlung, Fernsprechverkehr, Telex) unterlagen der technischen Weiterentwicklung. Es erfolgte in zeitlicher Sicht eine Ergänzung durch Telekommunikationsdienste, die auf spezielle Anwenderbedürfnisse zugeschnitten sind. Ob und inwieweit diese Spezialdienste ebenfalls dem Kernbestand der staatlichen Schutzfunktion zuzurechnen sind, ist aus juristischer Sicht heute nicht ganz eindeutig. Einerseits ist ihre Benutzung nur bei einem kleinen Kreis von Anwendern verbreitet, andererseits untèrliegen diese Dienste aber einer beständigen Entwicklung und Ausbreitung. Dies drückt sich in wachsenden Verkehrszahlen aus. Zu berücksichtigen ist bei einer Abwägung ferner die gesamtwirtschaftliche Bedeutung dieser Anwendungen für die Volkswirtschaft der Bundesrepublik. Diese läßt sich u.a. beurteilen anhand der Stellungnahmen 4 6 5 von Verbänden und denjenigen Unternehmen, die auf diese Telekommunikationsdienste angewiesen sind, sowie anhand internationaler Vergleiche der Informations- und Kommunikationsfunktionen und auch der Gesetzesbegründung zum PostStruktG. Insgesamt sprechen diese Stellungnahmen eher dafür, den Umfang des angesprochenen Kernbereichs (Schutzfunktion) heute nicht zu ausgedehnt festzulegen. Nach diesen vorgenannten Maßstäben wird man heute als Grunddienste der Telekommunikation die allgemein zugänglichen Übermittlungsdienste für Sprache und andere Nachrichten betrachten, die ausschließlich dem Transport von auch empirische Untersuchungen. Vgl. Monopolkommission, Die Rolle der Deutschen Bundespost im Fernmeldewesen. Baden-Baden 1981, Tz. 191, 203-208, 219; von Weizsäcker, Wirtschaftspolitische Begründung und Abgrenzung des Fernmeldemonopols, in Mestmäcker (Hrsg.), Kommunikation ohne Monopole, S. 132; Neumann, Brauchen wir eine neue Fernmeldepolitik?, Wirtschaftsdienst 1985, S. 582ff.; Zietz, Nichttarifare Handelshemmnisse in der EG — Der Bereich der Telekommunikation, Weltwirtschaft 1985, S. 149 (150 ff.); Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 100. 464 So schon Kämmerer, Die Rechtsnatur der Bundespost, DVB1. 1966, S. 357 (399 f.). 465 Vgl. statt vieler DIHT, Wettbewerb im Fernmeldeverkehr. Vorstellungen für eine Neuordnung der Aufgaben von Staat und Wirtschaft in der Telekommunikation. Bonn, den 12.12.1986, S. 1 ff.; ferner Möschel, Deregulierung in Telekommunikationsmärkten, WuW 1986, S. 555 ff.; Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch, S. 43 ff.
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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Benutzernachrichten zwischen Punkten dienen, die vom Benutzer benannt werden. Dazu gehören voraussichtlich etwa die Dienste Telefondienst, Telex, feste Verbindungen (Mietleitungen) und Leitungs- und Paketvermittlung 4456 . Die Grunddienste der Telekommunikation werden im Hinblick auf das PostStruktG voraussichtlich durch die Monopolaufgaben, nämlich den Telefondienst (Vermittlung von Sprache für andere) und die Bereitstellung von Übertragungswegen einschließlich der zugehörigen Abschlußeinrichtungen (Netzinfrastruktur) sowie die Pflichtleistungen (§ 25 Abs. 2 PostVerfG) abgedeckt. Bei den Pflichtleistungen, die von der Bundesregierung noch durch Rechtsverordnungen benannt werden müssen, handelt es sich nach der Gesetzesbegründung um Infrastrukturdienstleistungen, an denen vor allem aus Gründen der Daseinsvorsorge ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Dieses könnte sich etwa aus dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 GG) oder aus dem Grundsatz der Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse über das Gebiet eines Bundeslandes hinaus (Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG) ergeben. Die Pflichtleistungen sollen einen Kommunikationsstandard, den der Staat in gleichmäßiger Weise allen Bürgern des Landes zukommen lassen will, gewährleisten 467 . Soweit es sich um Endgeräte und Mehrwertdienste für spezielle Anwendungen handelt, sind diese z.Zt. kaum im Angebot der Bundespost enthalten. Eine Schutzfunktion zugunsten der Allgemeinheit wird daher heute objektiv nicht wahrgenommen. Sie dürfte sich nach meiner Ansicht auch später kaum als notwendig erweisen, wenn man davon ausgeht, daß bereits heute der Bedarf an informationstechnischen Geräten weitgehend durch private Unternehmen abgedeckt wird. Der Endgerätesektor und die Mehrwertdienste gehören daher eher nicht zu den „wesentlichen Dienstleistungen" der Bundespost 468 . Die oben benannten Grunddienste der Telekommunikation haben zusammen mit der Netzinfrastruktur eine herausragende Bedeutung für die Grundversorgung 4 6 9 der Bevölkerung. Sie sind daher in öffentlich-rechtlich organisierter 466 Das Regelungsmodell des PostStruktG verfolgt einen etwas anderen Ansatz, indem es die Abgrenzung zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereich in den Mittelpunkt stellt. „Infrastrukturdienste der Telekommunikation" sind nach dem PostStruktG der Telefondienst (Vermittlung von Sprache für andere) und die Pflichtleistungen nach § 25 Abs. 2 in Verbindung mit den politischen Zielvorgaben nach § 25 Abs. 1. Die Pflichtleistungen der Bundespost werden erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Inkrafttreten des Gesetzes von der Bundesregierung benannt. 461 Vgl. Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 43. 468 So auch Roßnagel I Wedde, DVB1. 1988, S. 562 (567 Fn. 50). 469 Der Begriff „Grundversorgung" wurde vom BVerfG im Zusammenhang mit der dualen Rundfunkordnung entwickelt (4. Rundfunkurteil und Radio-Stuttgart-Beschluß, BVerfGE 73, 118 ff.; 74, 297ff.). Als Voraussetzung für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des privaten Rundfunks sah das BVerfG die Funktionsfahigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an. In einer gemischten Rundfunkordnung obliege die unerläßliche Grund Versorgung den öffentlich-rechtlichen Anstalten (BVerfGE 73, 118
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
F o r m durch Bundesbehörden bereitzustellen 4 7 0 . Diese öffentlich-rechtliche Bereitstellung durch die staatliche Verwaltung bietet meines Erachtens eine sichere Garantie, daß die konsensfahigen Ziele unbeeinträchtigt realisiert werden können. Hierfür lassen sich eine Reihe v o n Argumenten anführen: Private Rechtsträger, die auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind, können nicht i n gleichem Maße sicherstellen, daß sie ihre Aufgaben auch dann (noch) erfüllen, wenn u n d soweit dies zu dauerndem Verlust führt. Der Staat hingegen, der Entscheidungen nicht nur aus wirtschaftlichen Erwägungen, sondern auch i m H i n b l i c k auf die öffentlichen Belange trifft, k a n n (allein) gewährleisten, daß die Grundversorgung allen Bürgern i n allen Regionen i n gleicher Weise z u k o m m t . D a d u r c h w i r d die K o m m u n i k a t i o n s - bzw. Informationsfreiheit der Bürger u n d Geschäftskunden i m Sinne v o n A r t . 5 Abs. 1 G G sichergestellt. So k a n n der Staat auch Regulierungsauflagen e r f ü l l e n — e t w a entlegene Gebiete hinreichend u n d dauerhaft m i t Leistungen des Post- u n d Fernmeldewesens versorgen — ohne daß dabei eine ständige Diskussion u m die E r h ö h u n g der Tarife geführt werden muß. D e n n unter Umständen erfordert die F u n k t i o n der Bundespost als „daseinsvorsorgende Leistungsverwaltung" auch das Angebot unrentabler
(157 f.)). Solange und soweit die Wahrnehmung dieser Aufgabe jedenfalls durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sichergestellt sei, erscheine es gerechtfertigt, an die Breite des Programmangebots und die Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk nicht gleich hohe Anforderungen zu stellen wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Als Elemente einer Grundversorgung sah das Gericht im Beschluß vom 24. 3. 1987 unter Bezugnahme auf das 4. Rundfunkurteil an. "— eine Übertragungstechnik, bei der ein Empfang der Sendungen für alle sichergestellt ist, bis auf weiteres mithin die herkömmliche terrestrische Technik (BVerfGE 73,118 (123))"; — „den inhaltlichen Standard der Programme im Sinne eines Angebots, das nach seinen Gegenständen und der Art ihrer Darbietungen oder Behandlung dem dargelegten Auftrag des Rundfunks nicht nur zu einem Teil, sondern voll entspricht"; — und „die wirksame Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt in der Darstellung der bestehenden Meinungsrichtungen durch organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen" (BVerfGE 74, 297 (326)). In dieser Zielsetzung, nahezu die gesamte Bevölkerung zu erreichen und zu einem inhaltlich umfassenden Programmangebot in der Lage zu sein, ergeben sich daher gewisse Parallelen zwischen der Rundfunkordnung als öffentlicher Aufgabe und dem Telekommunikationsbereich. Vgl. weiter zum Umfang der „Grundversorgung" im Rundfunk Schneider I Radeck, Verfassungsprobleme der Rundfunkfinanzierung aus Werbeeinnahmen. Neuwied/Frankfurt am Main 1989, S. 26 ff. 470 Anders Herrmann, Die Deutsche Bundespost, S. 102ff.: „Die Gründe (des Gemeinwohls, der Verfasser) schließen allerdings bei entsprechenden Vorkehrungen privatwirtschaftliche Organisationsformen nicht aus", (S. 104). So auch Stober, der es für zulässig hält, „Einrichtungen wie etwa die Deutsche Bundesbahn und deren Hilfsbetriebe ohne Änderung des Grundgesetzes als selbständige Personen des Privatrechts zu organisieren. Sie müssen nur Bundesunternehmen bleiben, weil der Bund die bundesstaatliche Zuständigkeitsordnung nicht durch die Gründung privatrechtlicher Gesellschaften umgehen darf 4 , (Stober, NJW 1984, S.449 (452)).
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
163
Leistungen 471 . Die wesentlichen Aufgaben, so auch die Bundespost, sind als staatliche Aufgaben anzusehen und bundesunmittelbar zu organisieren, d. h. sie sind direkt von einer staatlichen hierarchisch-gegliederten Behördenorganisation zu erbringen. Als ein Vorteil der Organisationsform bundeseigener Verwaltung in Behördenform gegenüber anderen Verwaltungs- oder Unternehmenstypen ist daher die bessere Implementierung der gemeinwohlorientierten Ziele zu betonen. Diese Regulierungsziele (ζ. B. flächendeckende Versorgung bei den Diensten, Gebührenstruktur, Qualitätsnormen, Modernisierungsauflagen, Sozialauflagen, Sicherung des Fernmeldegeheimnisses, Datenschutz u. a. mehr) lassen sich über die staatlichen Organe (Behörde, Ministerium, Parlament) besser ausgestalten und kontrollieren. Gerade diese Ansicht ist in der rechtspolitischen Diskussion allerdings höchst umstritten. So wird von den Befürwortern einer vollständig privatrechtlichen Organisation der Bundespost oft auf ausländische Erfahrungen mit privatrechtlichen regulierten Unternehmen verwiesen 472 . Diesem Vorbringen muß immerhin zugebilligt werden, daß gerade in Deutschland mit seiner staatlichen Postverwaltung bisher keine Erfahrung mit dem Instrument der Regulierung gewonnen werden konnte. Insofern ist es denkbar, daß die Leistungs- und Steuerungsfahigkeit privater Unternehmen und einer Regulierungsbehörde unterschätzt werden 473 . Gleichwohl ist in der Verfassung die besondere Staatsnähe der Bundespost durch eine vorwiegend behördliche Organisation festgelegt worden. Daher liegt letztlich der Sinn der Zuweisung bestimmter Aufgabenbereiche an die bundeseigene Verwaltung „in der Sicherstellung eines eigenverantwortlichen Bestimmungsrechts der politischen Führungsspitze in wichtigen Angelegenheiten" 4 7 4 . Nur bei der Organisationsform „bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" ist die beständige Anbindung der nachgeordneten Verwaltungsbehörden an den zuständigen Minister gewährleistet. Hierdurch kann der Minister bzw. letztlich die Bundesregierung in wichtigen politischen
471 W. Schmidt, NJW 1964, S. 2390 (2393); Plagemann I Bachmann, DÖV 1987, S. 807 (811); Fangmann, Verfassungsgarantie der Bundespost, S. 36ff.; ders., RDV 1988, S. 53 (57f.). 472 Vgl. Möschel, Privatisierung, Deregulierung und Wettbewerbsordnung, JZ 1988, S. 885 (887) und passim; ders., Postreform im Zwielicht, WiSt 1989 (4), S. 173 ff.; Engels I GutowskiI Hamm (Kronberger Kreis), Mehr Markt in der Telekommunikation. Bad Homburg 1987, S. 8ff., 40f. 473 Vgl. auch Schmidt-AßmannIFromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 100. 474 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 119; ferner E. Wiechert, Jahrbuch der DBP 1986, S. 119 (128 f.); Maunz, in Maunz j Dürig ! Herzog! Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 31; Fangmann, RDV 1988, S. 53 (56f.); Steiner, in Isensee j Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, S. 1089 ff.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Angelegenheiten die notwendigen Entscheidungen steuern 475 . Mit dieser Organisationsform nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG wird die jederzeitige Durchsetzung der staatlichen Führungsrolle und der Bundespolitik in wichtigen Angelegenheiten ermöglicht. Über das Instrument der Ministerverantwortlichkeit ist schließlich die notwendige parlamentarische und demokratische Kontrolle sichergestellt 4 7 6 . Der Bereich zulässiger erwerbswirtschaftlicher Betätigung der Bundespost durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen ist also negativ wie folgt bestimmbar: Ausgeschlossen bleiben verschiedene Infrastrukturdienstleistungen, die durch die öffentlich-rechtlich organisierte Bundespost erbracht werden. Konkret handelt es sich um die Netzinfrastruktur und die Grunddienste der Telekommunikation (v.a. Telefondienst, Telex). Im wesentlichen sind dies die Aufgaben staatlicher Daseinsvorsorge, d.h. Leistungen, „die die öffentliche Hand in Erfüllung ihrer Garantiepflicht erbringt" 4 7 7 . Alle übrigen Leistungsangebote können nach dem Normzweck des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG durchaus im Rahmen privatrechtlicher Organisationseinheiten der Bundespost angeboten werden. Nach dem PostStruktG werden die Grunddienste der Telekommunikation voraussichtlich durch den Monopolbereich und die Pflichtleistungen der Bundespost abgedeckt. Daneben gibt es die Kategorie der freien Leistungen. Sie sind ordnungspolitisch dadurch gekennzeichnet, daß eine angemessene Bedürfnisbefriedigung durch die Gesellschaft, d.h. durch private Unternehmen erfolgen kann und nicht durch die Daseinsvorsorge der öffentlichen Hand 4 7 8 . Soweit sich die Bundespost an diesem Markt beteiligt, handelt sie im freien Wettbewerb, d. h. ohne besondere Auflagen. Da es bei diesen freien Leistungen der staatlichen Schutzfunktion ersichtlich nicht im gleichen Umfang bedarf 479 , steht die Intention des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG einer organisationsrechtlichen Verselbständigung in Eigengesellschaften oder Beteiligungen nicht entgegen. Die in der Einleitung aufgeworfene Frage, ob das gesetzlich geschaffene öffentliche Unternehmen „Deutsche Bundespost T E L E K O M " (§ 1 Abs. 2 PostVerfG) insgesamt in eine privatrechtliche Organisationsform (Eigengesell-
475
Vgl. insbesondere zu den Befugnissen des Ministers unter dem PostStruktG, Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S.43 (allgemeine Zielvorgaben, Rechtsaufsicht, Genehmigungs- und Einspruchsrechte). 476 Vgl. dazu Eidenmüller, Post- und Fernmeldewesen. Kommentar. Frankfurt a.M., Stand Sept. 1986, PostVerwG §1 Anm. 3 (bes. S.23f. und 26); Maunz, in Maunz ! Dürig I Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 31; E. Wiechert, Jahrbuch der DBP 1986, S. 119 (128 f.). 477 Ossenbühl, DÖV 1971, S. 513 (517). 478 Ossenbühl, DÖV 1971, S. 513 (517) unter Hinweis auf H.H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 18. 479 Anderenfalls wäre diese Leistung für die Bundespost zu einer Pflichtleistung gemäß § 25 Abs. 2 PostVerfG zu erklären.
II. Erwerbs wirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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schaft) überführt werden könnte, ist nach diesen Überlegungen zur Auslegung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG jedoch eindeutig zu verneinen. Ein weiteres wichtiges Argument für die Zulässigkeit von privatrechtlichen Organisationseinheiten im Rahmen des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG ist die Betätigung der Bundespost im Ausland 4 8 0 . Hier hat sich in letzter Zeit eine verstärkte Notwendigkeit zur Kooperation mit ausländischen Post- und Fernmeldeverwaltungen bzw. weiteren Unternehmen ergeben. Die Bundespost ist heute bereits sowohl im Post- als auch im Fernmeldebereich an ausländischen Gesellschaften beteiligt 481 . Auf der staatlichen und kommunalen Ebene ist die Beteiligung an privaten Unternehmen häufig zu beobachten. In vielen Fällen grenzüberschreitender Zusammenarbeit ist die Wahl privatrechtlicher Organisationsformen zugleich die Voraussetzung, daß diese Kooperation überhaupt stattfindet 4®2. Dies folgt daraus, daß die Staaten in der Regel bei der Ausübung ihrer öffentlichen Gewalt auf das nationale Territorium beschränkt sind. Dagegen können sich privatrechtliche Unternehmen des Staates am internationalen Handelsverkehr beteiligen. Sie eröffnen dem Staatseinfluß Gebiete, „die ihm sonst verschlossen sind" 4 8 3 . In gleicher Weise sind auch für das Diensteangebot der Bundespost im Ausland Fälle denkbar, in denen nur ein privatrechtliches Unternehmen die adäquate Rechtsform darstellt und deren Wahl ausschlaggebend dafür ist, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Betätigung der Bundespost stattfindet oder nicht. Da es nicht Sinn des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG ist, grenzüberschreitende Betätigungen der Bundespost auf dem Gebiet des Post- und Fernmeldewesens und Betätigungen im Ausland zu verhindern, spricht eine sachgerechte
480
Zu diesen Rechtsfragen noch ausführlicher unten B.V. Im Postdienst ist die „International Post Corporation S.A." zu erwähnen. Sie ist eine internationale Tochtergesellschaft mit Sitz in Brüssel, an der die Deutsche Bundespost neben ca. 20 anderen Postverwaltungen beteiligt ist. Die Gesellschaft wurde 1987 gegründet. Ihre Aufgabe ist es, die einzelnen internationalen Postdienstleistungen, insbesondere im Kurierdienst zu koordinieren und zu verbessern, vgl. ausführlich von der Heyden /Tiedtke, ZPT 1989, S. 57 (59). 481
Die zugrundeliegenden wirtschaftlichen Probleme der Postverwaltungen durch den zunehmenden Wettbewerb seitens der internationalen Kurierdienste und Remail-Unternehmen sowie die Schwierigkeiten der Verwaltungen, hierauf passende Antworten zu finden, sind dargestellt bei Wolff gramm, Herausforderung und Chance der Internationalen Post, Postpraxis 1988, S. 173 ff.; Knauthe, Die Europäische Konferenz der Post- und Fernmeldeverwaltungen geht neue Wege. Gründung einer CEPT-Agentur, Postrundschau 1988 (7), S. 22f.; Plagemann, in Peter/Rhein (Hrsg.), Wirtschaft und Recht, S. 238. Im Bereich Telekommunikation ist ζ. B. auf die Beteiligungen der Bundespost an der EUCOM GmbH, Saarbrücken und der Infonet Inc., Los Angeles hinzuweisen (vgl. dazu oben A.II.3.b.). 482 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 346 ff. insbes. Fn. 299; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 203. 483 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 203.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Auslegung der Norm für die Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen der Bundespost. Dabei kann es — insbesondere bei den Kooperationen — keinen Unterschied machen, ob die Bundespost sich über Eigengesellschaften oder Beteiligungen betätigt und ob diese ihren Sitz im Inland oder im Ausland haben. ε) Zusammenfassende Beurteilung Als Ergebnis der Ausführungen dieses Untersuchungsabschnitts (dd.) kann festgestellt werden, daß die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen nicht außerhalb der Art. 30, 83 ff. G G erfolgen kann. Eine Betätigung der Bundespost hat sich vielmehr — sofern keine besondere gesetzliche Zuweisung vorliegt — innerhalb ihrer Verwaltungszuständigkeit nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG zu halten. Zum Kernstück der Untersuchung wird damit Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG. Es ist klärungsbedürftig, welche organisationsspezifische Vorgabe Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG der Bundespost setzt. Der Wortlaut des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG besagt eindeutig, daß eine privatrechtliche Organisationsform für die gesamte Bundespost ausgeschlossen ist. Dies wird durch ihre Bestimmung zur „bundeseigenen Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" zweifelsfrei erklärt. Fraglich ist hingegen, ob dies auch für einzelne Teile ihres „eigenen Verwaltungsunterbaus" gilt. Immerhin wird als „bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" grundsätzlich eine hierarchisch gegliederte öffentlich-rechtliche Behördenorganisation angesehen. Dies ergibt sich aus der Tatsache, daß „Verwaltung" in der Regel durch Behörden erfolgt. Andererseits werden nach dem herkömmlichen Wortlautverständnis die verschiedenen privatrechtlichen Unternehmen der früheren Deutschen Reichspost und der Bundespost als Teile der Postverwaltung angesehen. Sie sind zwar ausgelagert, werden aber immerhin der Verwaltung zugerechnet. Darüber hinaus hat sich heute das Erscheinungsbild der Verwaltung allgemein gewandelt. In vielen Fällen werden Verwaltungsaufgaben durch privatrechtliche Organisationseinheiten des jeweiligen Trägers wahrgenommen und diesem letztlich zugeordnet. Meines Erachtens sind daher nach dem Wortverständnis des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG privatrechtliche Unternehmen der Bundespost auch Bestandteil ihres „eigenen Verwaltungsunterbaus". Die historische Auslegung ergibt, daß der Verfassungsgeber vor allem die Zuordnung der Post zum Bund sichern wollte. Weitere konkrete Aussagen zu unserer Untersuchungsfrage sind der Entstehungsgeschichte nicht zu entnehmen. Auffallend ist aber, daß bereits bei der Entstehung der Norm die späteren bundeseigenen Verwaltungen Post und Bahn über eine Anzahl Tochtergesellschaften verfügten. Daß diese Staatsverwaltungen an verschiedenen Unternehmen beteiligt waren, war dem Verfassungsgeber durchaus bekannt, führte im übrigen aber nicht zu (kontroversen) Verhandlungen bei der Beratung der
II. Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost
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maßgeblichen Normen. Diese teilweise privatrechtliche Organisation wurde offenbar stillschweigend als zulässig hingenommen. Die systematische Auslegung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG bezieht sich auf den Zusammenhang und die Stellung der Rechtsnorm im Verfassungsgefüge. Hierbei ist hervorzuheben, daß die Art. 83 ff. GG im wesentlichen die Regelzuständigkeit der Bundesländer für die Ausübung der Verwaltungsbefugnisse gemäß Art. 30 GG abändern. Abweichend von der Regelzuständigkeit nach Art. 30 GG wird durch Art. 83 ff. GG die Verwaltungsaufgabe dem Bund zugewiesen. Der Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG soll insbesondere die GesamtStaatlichkeit des Post- und Fernmeldewesens sichern. Die Bundesländer werden hierdurch von der Post- und Fernmeldeverwaltung ausgeschlossen. Hinsichtlich der Organisationsstruktur scheidet nur die Rechtsform der mittelbaren Bundesverwaltung für die Bundespost aus. Nur insofern klärt die systematische Auslegung die weitere Zielsetzung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG. Die teleologische Interpretation des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG führt nicht zu dem Ergebnis, daß die teilweise privatrechtliche Organisation der Bundespost unzulässig wäre. Die Organisationsform „bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" soll das eigenverantwortliche Bestimmungsrecht des zuständigen Exekutivorgans sicherstellen. Über die Position des verantwortlichen Ministers innerhalb des Regierungskabinetts ist ein Einwirken der Bundespolitik in die Verwaltung der Bundespost gewährleistet. Schließlich erfolgt durch das Prinzip der Ministerverantwortlichkeit eine parlamentarische Kontrolle des Verwaltungshandelns. Der Grund für diese organisationsrechtliche Entscheidung liegt darin, daß ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit an den Aufgaben der Bundespost besteht. Es wurde bereits ausgeführt, daß das Grundgesetz die Bundespost zur Bereitstellung bestimmter Leistungen verpflichtet. Allgemein strittig ist hingegen, ob sich Regulierungsziele über die Rechtsform der „bundeseigenen Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" besser umsetzen und kontrollieren lassen, als dies bei privaten Unternehmen der Fall wäre. Nach Ansicht des Verfassers liegt es jedenfalls in der Intention des Verfassungsgebers, die Bundespost als unmittelbare Bundesverwaltung in eine besondere Nähe zum Staat zu stellen und dabei einen politischen Einfluß zu sichern. Ob diese Rechts- und Organisationsform heute und zukünftig zweckmäßig ist, wird inzwischen von verschiedenen Autoren angezweifelt. So ist heute rechtspolitisch u.a. umstritten, ob nicht bei einer privatrechtlichen Organisation der Bundespost die Regulierungsziele ebenso verwirklicht werden können und weitere Wohlfahrtsgewinne entstehen würden. Möglicherweise wird von den Gegnern einer solchen privatrechtlichen Organisation der Bundespost allgemein die Leistungs- und Steuerungsfahigkeit von Privatunternehmen und Regulierungsbehörden unterschätzt. Da der Wortlaut eine andere Interpretation nicht zuläßt, bevorzugt die Verfassung offenkundig grundsätzlich die öffentlich-rechtliche Organisationsform. Eine vollständige privatrechtliche Organisation der Bundespost setzt daher eine Verfassungsänderung voraus.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Betrachtet man die Leistungspflichten der Bundespost genauer, so läßt sich heute zwischen einem Kernbestand an Aufgaben und weiteren, speziellen Dienstleistungen außerhalb des Kernbereichs differenzieren. Meines Erachtens erstreckt sich der Zweck der Norm heute nicht mehr auf das gesamte Leistungsangebot der Bundespost. Verschiedene hochdifferenzierte Leistungen — die im übrigen auch im Wettbewerb erbracht werden können — stehen angesichts der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung nicht mehr unmittelbar im Schutzbereich des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG. Ob der Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG insofern seine Schutzfunktion teilweise erfüllt hat, ist allerdings verfassungspolitisch eine höchst umstrittene Frage. Die „wesentlichen Dienstleistungen", die die Bundespost selbst zu erbringen hat, sind meines Erachtens im heutigen technischen, wirtschaftlichen und sozialen Umfeld die Netzinfrastruktur und die Grunddienste der Telekommunikation (Telefondienst, Telex etc.), d.h. die Monopol- und Pflichtleistungen i.S. des PostVerfG. Bei anderen speziellen nachrichten- und informationstechnischen Leistungen, vor allem im Konvergenzbereich von Telekommunikation und Datenverarbeitung sowie beim Angebot der verschiedensten Endgeräte wird man ein gleichgeartetes Interesse an schützenswerten Rechtspositionen der Allgemeinheit meiner Ansicht nach kaum noch erblicken können. Diese Abgrenzung kann nicht gleichgesetzt werden mit der im PostStruktG vorgesehenen Trennung zwischen dem Monopol- und Wettbewerbsbereich. Denkbar sind nämlich verschiedene Infrastrukturdienstleistungen, die die Bundespost im Wettbewerb, aber mit verschiedenen Auflagen erbringt (Pflichtleistungen gemäß § 25 Abs. 2 PostVerfG). In den übrigen Tätigkeitsfeldern der Bundespost ist ein vergleichbares Interesse der Allgemeinheit nach den vorangegangenen Überlegungen nicht mehr zu erkennen. Dies spricht aus meiner Sicht — betrachtet man es vom Normzweck des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG—dafür, daß bei diesen Dienstleistungen eine privatrechtliche Organisation der Bundespost zulässig wäre. Dafür kommt grundsätzlich eine Eigengesellschaft, eine Beteiligung oder eine Kooperation mit anderen Gesellschaften in Betracht. Sieht man weiter den Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG im Zusammenhang zu anderen Verfassungsnormen, wie ζ. B. Art. 5 Abs. 1 GG, und unabhängig von einer formalen Festlegung auf eine bestimmte Organisationsform, so ergeben sich weitere Argumente für die teilweise Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen. Von besonderem Gewicht ist nach meiner Ansicht die Sicherstellung der Aufgabenerfüllung der Bundespost. Betrachtet man die dynamische Entwicklung des Telekommunikationsmarktes, so wird deutlich, daß hier neue Kundenbedürfnisse entstehen. Privatrechtliche Unternehmen können unter Umständen diese spezielle Nachfrage effizienter befriedigen. Da die Bundespost mit erheblichem Wettbewerb in verschiedenen Bereichen rechnen muß, ist meines Erachtens nicht auszuschließen, daß die privatrechtliche Organisationsform unter Umständen in Teilbereichen geeigneter ist als eine hierarchisch
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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gegliederte Behördenorganisation. Beobachtungen bei ausländischen Fernmeldeverwaltungen, die in der Regel über zahlreiche Tochtergesellschaften verfügen, liefern hierfür einige Anhaltspunkte. Schließlich spricht auch die Möglichkeit, über privatrechtliche Unternehmen im Ausland Marktaktivitäten zu entfalten oder Kooperationen mit anderen Unternehmen im Inland und im Ausland einzugehen, dafür, daß die Marktposition und die Aufgabenerfüllung der Bundespost insgesamt erst durch solche Organisationsformen gesichert wird. Gleichwohl können diese Überlegungen zum kompetenzrechtlichen Inhalt des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG nicht darüber hinwegführen, daß eine Reihe von Schranken, insbesondere durch die Grundrechte, für die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost durch Eigengesellschaften und Beteiligungen bestehen. Diesen verfassungsrechtlichen Beschränkungen soll in den folgenden Kapiteln nachgegangen werden.
III. Verfassungsrechtliche Schranken der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen 1. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit privatrechtlicher Rechtsverhältnisse a) Bisherige Rechtsformen des Verwaltungshandelns der Deutschen Bundespost
Selbst wenn die Bundespost erwerbswirtschaftlich durch verselbständigte Organisationseinheiten tätig werden darf, ist noch gesondert zu prüfen, ob sie ihre Leistungen nur durch ein Über- und Unterordnungsverhältnis zum Bürger (d.h. öffentlich-rechtlich, hoheitlich) anbieten darf oder ob privatrechtliche Beziehungen ebenso zulässig sind. Die Dienstleistungen des Post- und Fernmeldewesens, für die die Bundespost kompetenzrechtlich zuständig ist, wurden vor dem Inkraftreten des Poststrukturgesetzes in den Rechtsformen des öffentlichen Rechts erbracht. Diese Rechtslage ergab sich aus der Verfassung (Art. 80 Abs. 2 GG), aus § 14 PostVerwG und dem PostG 4 8 4 . Das Verhältnis der Bundespostverwaltung zu ihren Kunden war über lange Zeit ein öffentlich-rechtliches (hoheitliches) Benutzungsverhältnis 4*5.
484
Im Postwesen ist der öffentlich-rechtliche Charakter des Postbenutzungsverhältnisses in § 7 PostG festgelegt worden. Das Gesetz über das Postwesen vom 28. 7.1969 stellte damit den Wandel der Rechtsprechung erstmalig gesetzlich dar. In das FAG von 1928 ist eine derartige Bestimmung nie aufgenommen worden. 485 BVerfGE 28, 66 (87); BVerwG E 71, 85 (87); BVerwG, Beschluß vom 19. 3. 1984, NJW 1984, S. 2304 (2305).
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Schon unter der bisherigen Rechtslage erzielte die Bundespost außerhalb der Postbenutzungsverhältnisse Einnahmen im Privatrechtssektor. Diese Einnahmen entstanden etwa bei den Eigengesellschaften und Beteiligungen. Hier konnte die Bundespost keine Benutzungsgebühren erheben, da sie in privatrechtlicher Organisationsform keine hoheitliche Tätigkeit ausübte. Weitere privatrechtliche Einnahmen flössen der Bundespost im Postgiro- und Postsparkassendienst zu. Die Zinserträge aus angelegten Kundengeldern betrugen in diesen Dienstzweigen z.B. im Geschäftsjahr 1987 ca. 1,55 Mrd. D M 4 8 6 . Auch hierbei handelte es sich um eine staatliche Betätigung, die im Privatrechtssektor und außerhalb des eigentlichen Postbenutzungsverhältnisses erfolgte. Dagegen wird es sich bei der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der DBP (teilweise) um Dienstleistungen vor allem des Fernmeldewesens handeln (Verkauf von Fernmeldeprodukten und -dienstleistungen). Das legt die Frage nahe, ob die DBP nicht verfassungsrechtlich verpflichtet ist, in ihren Beziehungen zu Postkunden ausschließlich hoheitlich zu handeln. Da hoheitliches Handeln in der Regel nur öffentlich-rechtlich erfolgen kann 4 8 7 , wäre der Gesetzgeber bzw. die Bundespost in diesem Fall zu einer rein öffentlich-rechtlichen Organisation verpflichtet 488 . Die Betätigung durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen wäre ihr dann versagt. Denkbar wäre schließlich auch, daß die Verpflichtung zu hoheitlichem Handeln und damit zur öffentlich-rechtlichen Organisationsform nur für bestimmte Tätigkeitsbereiche besteht. In diesem Fall wären geeignete Kriterien zu benennen, unter welchen Voraussetzungen und in bezug auf welche Tätigkeitsbereiche ein solcher öffentlich-rechtlicher Organisationsvorbehalt besteht. b) Keine verfassungsrechtliche Verpflichtung zu hoheitUchem, öffentlich-rechtlichem Handeln
Wie bereits Adolf Arndt herausgestellt hat, stammt der Terminus „hoheitliche" Verwaltung aus der Zeit, da die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch den Staat generell mit hoheitlicher Verwaltung gleichgesetzt wurde 4 8 9 . Die „öffentli486
Deutsche Bundespost, Geschäftsbericht 1987, S. 80. Martens hat aufgezeigt, daß hoheitliches und öffentlich-rechtliches Handeln in der Verwaltungsgeschichte weitgehend synonym verstanden wird, Martens, Öffentlichkeit als Rechtsbegriff. Bad Homburg v.d.H./Berlin/Zürich 1969, S. 82 ff.; ferner Hill, Das hoheitliche Moment im Verwaltungsrecht der Gegenwart, DVB1. 1989, S. 321 (323). Vgl. zu den Ausnahmen z.B. im Falle der „Beleihung" Faber, Verwaltungsrecht, S. 136. 488 So argumentiert z.B. Schmelz, Postmonopol und Ablieferungen, S. 107. 489 Arndt, ArchPF 1970, S. 3 (9); vgl. weiter zum Begriff „hoheitliches Handeln" Maunz, in Maunz/Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 33 Rdnr. 32-42; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Aufl., München 1986, § 35 Rdnr. 4, 14; Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in Erichsen/Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, §11 I I 3; Redekerl von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung. 8. Aufl., Stuttgart/Berlin/Köln 1985, §42 Rdnr. 58ff.; Wolff /Bachof Verwaltungsrecht, Band I, §23 IV b; Hill, DVB1. 1989, S. 321 (323 ff.). 487
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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chen" Aufgaben bestanden zu dieser Zeit vornehmlich i n der „Polizei-" bzw. Ordnungsverwaltung. I n diesem Jahrhundert ist diese sog. Eingriffsverwaltung u m den Bereich der Leistungsverwaltung erweitert worden. W ä h r e n d die Eingriffsverwaltung Gesetzesvollziehung bedeutete u n d die M i t t e l des Befehls u n d Zwangs verwendete, fehlt der Leistungsverwaltung dieses obrigkeitliche E l e m e n t 4 9 0 . Die Bundespost ist zur ordnungsgemäßen D u r c h f ü h r u n g ihrer Aufgaben m i t obrigkeitlichen Befugnissen ausgestattet, das typische Postbenutzungsverhältnis ist jedoch frei v o n diesen obrigkeitlichen Formen. Die öffentlich-rechtliche Struktur des Benutzungsverhältnisses i m Bereich des Post- u n d Fernmeldewesens folgt nicht unmittelbar aus der Errichtung der Bundespost als „bundeseigene Verwaltung" ( A r t . 87 Abs. 1 Satz 1 G G ) . „ E i n e Verwaltung, insbesondere i m Bereich der Daseinsvorsorge, k a n n die rechtlichen Beziehungen zu ihren Benutzern sowohl nach öffentlich-rechtlichen als auch nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen o r d n e n . " 4 9 1 Das öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis w i r d für die Post auch nicht durch A r t . 80 Abs. 2 G G vorgeschrieben 4 9 2 . D i e Vorschrift spricht zwar v o n „ G e b ü h r e n für die Benutzung der Einrichtungen des Post- u n d Fernmeldewesens" — dennoch w i r d hiermit nicht eine bestimmte Entgeltart für die Bundespost festgeschrieben. Das ergibt sich aus der systematischen Stellung des
490 Vgl. von Münch, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in ErichsenIMartens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, §2 I I 2, 3. 491 Altmannsperger, Gesetz über das Postwesen, § 7 Rdnr. 2; vgl. dazu auch allgemein BVerwGE 13, 47 (54) ; BVerfGE 27, 364 (374); BGHZ 91, 84ff.; BGH, Urt. vom 30.11. 1959, ArchPF 1960, S. 100 (101); Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in Erichsen!Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, §31; Salzwedel, Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, in Erichsen / Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, §44 I; Faber, Verwaltungsrecht, S. 37f., 134ff.; Hill, DVB1. 1989, S. 321 (325).
Als Beispiel für die zivilrechtliche Ausgestaltung von Benutzungsverhältnissen sei auf die Deutsche Bundesbahn verwiesen, die mit ihren Benutzern privatrechtliche Verträge abschließt, vgl. Thomas, in Palandt, BGB. 48. Aufl., München 1989, §839 2 c cc. Die Wahlmöglichkeit der Rechtsform wurde für die Bundespost aktuell, als die DBP 1980 der Überleitung des Postreisedienstes auf den Unternehmensbereich Bahnbus bei der Deutschen Bundesbahn zugestimmt hat. Diese Überleitung erfolgte mit dem Ziel, den Postreisedienst und den Bahnbusverkehr außerhalb der Regionalgesellschaften als einen verselbständigten Unternehmensbereich bei der Bundesbahn zusammenzufassen (öffentlich-rechtliches Modell). Vgl. weitere Einzelheiten bei Bensei, Die Überleitung des Postreisedienstes auf den Unternehmensbereich Bahnbus, Die Bundesbahn 1982, S. 833 ff. Verfassungsrechtlich wird der ehemalige Dienstzweig „Postreisedienst" weiterhin als „bundeseigene Verwaltung" i.S. des Art. 87 Abs. 1 GG geführt. Im Verhältnis zwischen dem Unternehmensbereich Bahnbus und den Kunden werden seitdem in dem übergeleiteten Teil privatrechtliche Beförderungsverträge abgeschlossen. Die verfassungsrechtliche Stellung des ehemaligen Postreisedienstes bleibt davon unberührt. 492 Dieser Absatz lautet: „Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen der Bundeseisenbahn und des Post- und Fernmeldewesens (...)."
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Art. 80 Abs. 2 GG. Die Bestimmung steht im Abschnitt über die „Gesetzgebung des Bundes" und regelt dort die Formen exekutiver Rechtsetzung sowie die dabei verbleibenden Kompetenzen der Legislative. Das Verfassungsrecht regelt damit diejenige Rechtsetzung durch Rechtsverordnungen, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bzw. Art. 80 Abs. 2 GG gestattet eine gesetzliche Ausnahmeregelung vom Zustimmungserfordernis („vorbehaltlich"). Damit ist keine finanzrechtliche Aussage zu den Entgeltformen der DBP getroffen 493 , wie sich auch aus der Erwähnung der Bundeseisenbahnen (hier findet Privatrecht Anwendung) in Art. 80 Abs. 2 GG ergibt 4 9 4 . Die Rechtsverhältnisse der Bundespost zu ihren Benutzern sind nicht immer als öffentlich-rechtliche verstanden worden 4 9 5 . In der juristischen Dogmatik wurden vielmehr zu verschiedenen Zeiten die zivilrechtliche Theorie, die Lehre von der Anstaltsnutzung oder vom öffentlich-rechtlichen Vertrag vertreten 496 . Erst ab 1937 hat das Reichsgericht 497 und haben später dann die bundesdeutschen obersten Gerichte 498 in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß die Post im Verhältnis zum Kunden öffentlich-rechtlich handelt. Tatsächlich bezieht sich die Rechtsprechung 499 bei der Begründung, warum ein öffentlich-rechtliches hoheitliches Verhältnis vorliege, stets auf die Tatsache, daß die Beziehungen zu den Postbenutzern durch Rechtsverordnungen geregelt 493
Im Ergebnis ebenso Feigenbutz, Die Bindungen des Post- und Fernmeldewesens an und durch das Rechtsinstitut der Gebühr, S. 129 f. und Kirchhof \ Gebührenflexibilität der Deutschen Bundespost. Ein Beitrag zu den Entgeltformen und dem finanziellen Spielraum im deutschen Postwesen. Baden-Baden 1988, S. 19 f. 494 Unzutreffend daher Schmelz, Postmonopol und Ablieferungen, S. 106 f. 495 Die Tatsache öffentlich-rechtlichen Handelns kann nicht unter Hinweis auf bestehende Monopolrechte der Bundespost als rechtlich zwingend begründet werden. Monopolrechte im Post- und Fernmeldewesen bestanden auch schon, als diesbezügliche Rechtsverhältnisse noch als bürgerlich-rechtliche angesehen wurden. 496 Vgl. zu dieser umfangreichen Diskussion ausführlich Altmannsperger, Gesetz über das Postwesen, §7 Rdnr. 6ff.; ferner Hempell, Postverfassungsrecht, S. 74ff.; Arndt, ArchPF 1970, S. 3 (8ff.); Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S.414f. Fn. 4; Kämmerer, DVB1. 1966, S. 357 ff.; BGHZ 20, 102 ff.; für das Fernmeldebenutzungsrecht Aubert, Fernmelderecht. I. Teil. 3. Aufl., Hamburg 1974, S. 151 ff.; BGHZ 12, 89ff.; BVerwGE 10, 274 ff. Die Zweifel an der Notwendigkeit der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des (Post-) Benutzungsverhältnisses erleben von Zeit zu Zeit eine Renaissance. So wurde etwa bei der Verabschiedung des PostG von den Spitzenverbänden der gewerblichen Wirtschaft und dem Bankgewerbe die Auffassung vertreten, der Postzeitungs-, Postreise-, Postscheckund Postsparkassendienst sollten zivilrechtlich geregelt werden. Begründet wurde diese Meinung mit der bestehenden Wettbewerbssituation mit der freien Wirtschaft. Der Vorschlag wurde letztendlich zurückgewiesen, vgl. zur Begründung Deutscher Bundestag, Drucks. V/4228, S. 3. 497 RGZ 155, 133 (334ff.); 158, 83; 161, 174; 164, 273. 498 Vor allem BGHZ 20,102, seitdem st. Rspr. des BGH. BVerwGE 52,255 (257); 71,85 (87); BVerfGE 28, 66 (87). 499 Z.B. BGHZ 9, 145; 12, 96; 16, 111; 20, 102; BVerwGE 52, 255 (257).
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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sind und sie aus der Sicht der Rechtsprechung auch zukünftig gemäß § 14 PostVerwG durch Rechtsverordnungen geregelt werden. Außer dieser positivistischen Begründung verweist die Rechtsprechung ferner auf das Bestehen eines Postzwangs, das Postgeheimnis oder auf die Vorteile des Verwaltungsvollstreckungsrechts für die D B P 5 0 0 . In der grundlegenden Entscheidung BGHZ 20, 102 ff. stellt der Senat fest, daß der gesamte Tätigkeitsbereich der DBP grundsätzlich Ausübung öffentlicher Gewalt ist, sofern nicht besondere Umstände belegen, daß eine privatrechtliche Betätigung vorliegt (z.B. Beschaffungswesen, Grundstückskäufe). Auch dem erkennbaren Willen des Verwaltungsträgers, das Unternehmen nicht im privatrechtlichen Bereich zu führen, sondern als öffentliche Aufgabe durchzuführen, komme eine Bedeutung z u 5 0 1 . Diese Auffassung des BGH steht im Ergebnis mit seiner früheren Entscheidung E16,111 (112) im Einklang, in der die Paketbeförderung durch die Post als Ausübung hoheitlicher Tätigkeit beurteilt wurde. In der Entscheidung heißt es: „Für die Entscheidung der Frage, ob die Tätigkeit eines Unternehmens der öffentlichen Hand hoheitsrechtlicher Natur ist, kommt es (...) nicht auf die Zielsetzung des Unternehmens, sondern auf seine organisatorische Gestaltung an."
In der genannten späteren Entscheidung (E 20,102 (104)) verweist der BGH jedoch zusätzlich auf die Zielrichtung des Unternehmens. Er sieht das Ziel der hoheitlichen Betätigung nicht nur in der Anwendung obrigkeitlichen Zwangs durch eine Behörde, sondern verweist auch auf die Gewährleistung öffentlichen Schutzes und öffentlicher Fürsorge 502 . Diese Entscheidung des BGH gibt damit immerhin eine materielle Begründung, warum die Beziehung zwischen Post und Kunden vom Gesetzgeber normativ als hoheitliches Verhältnis verstanden und geregelt wird. Der hoheitliche Rechtscharakter ergibt sich aus der Auffassung, daß der Staat die postalischen Dienste als Aufgabe staatlicher Daseinsvorsorge selbst bereitstellt. Die Rechtsprechung (BGH) verlangt dagegen nicht, daß aus verfassungsrechtlichen Gründen die Bereitstellung der Dienste öffentlich-rechtlich zu erfolgen hat. Dies folgt letztlich nur aus der Gesetzeslage (z. B. PostVerwG). Damit kann es dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verwehrt werden, die Rechtsbeziehungen zwischen der Bundespost und ihren Kunden dem Privatrecht zu unterstellen. Mittelbar könnte daher die Bundespost ihre Dienstleistungen in den Rechtsformen des Privatrechts über Eigengesellschaften oder Beteiligungen anbieten.
500 Als weiterer Vorteil wären noch die Haftungsprivilegien und die Anwendbarkeit des Art. 34 GG hinzuzufügen, vgl. Forsthoff\ Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 318 ff. 501 BGHZ 20,102 (104); in dieser Entscheidung aus dem Jahre 1956 beurteilte der BGH die Personenbeförderung im Postreisedienst als Ausübung öffentlicher Gewalt. 502 BGHZ 20, 102 (104 ff.), der BGH bezieht diese Gewährleistung auf alle Dienstleistungsangebote der Bundespost.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Bis zum Inkrafttreten des PostStruktG verlangten allerdings § 14 PostVerwG und § 7 PostG Rechtsverordnungen zu den Bedingungen und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Post- und Fernmeldewesens. Diese Bestimmungen mußten daher novelliert werden. Die Novellierung hatte darauf abzuzielen, daß die Leistungen der DBP nicht bzw. nur teilweise über Benutzungsverordnungen bereitgestellt werden. Eine dahingehende Gesetzesänderung ist inzwischen mit dem Inkrafttreten des PostStruktG zum 1. 7. 1989 erfolgt. Im übrigen läßt sich aus dem Verfassungsrecht eine Verpflichtung des Gesetzgebers, die Leistungen der Bundespost im Rahmen von Benutzungsverhältnissen, d.h. hoheitlich, öffentlich-rechtlich anzubieten, nicht ableiten. Damit entfallt aber auch eine indirekte Verpflichtung zur öffentlich-rechtlichen Organisationsform. c) Das Verwaltungshandeln der Bundespost nach dem PostStruktG
Nach dem Poststrukturgesetz werden die Entgelte für Leistungen der Bundespost im Post- und Fernmeldewesen von öffentlich-rechtlichen Gebühren auf privatrechtliche Leistungsentgelte umgestellt 503 . Der Gesetzentwurf der Bundesregierung folgte damit dem Vorschlag der Regierungskommission Fernmeldewesen. Sie hatte empfohlen, die Rechtsbeziehungen der Deutschen Bundespost T E L E K O M zum Kunden durch das Privatrecht zu regeln, da sich durch den zunehmenden Wettbewerb eine hoheitliche Beziehung zum Kunden nicht mehr aufrechterhalten lasse und unter Umständen die Wettbewerbsgleichheit beeinträchtigt werde 504 . Das PostStruktG bzw. der Entwurf enthält gleichlautende Begründungen und sieht nach einer entsprechenden Übergangsregelung 505 privatrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen den Kunden und allen drei öffentlichen Unternehmen der Bundespost vor. 503 v g l für das Postwesen PostStruktG, Art. 2 Nr. 6 und 26, für das Fernmeldewesen, PostStruktG, Art. 3 Nr. 7 sowie die Begründung Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 59, 64, ferner PostStruktG, Art. 1 § 65. 504 Bericht der Regierungskommission Fernmeldewesen, S. 118 f., ebenso Konzeption der Bundesregierung, S. 85 f. 505 Gemäß der Übergangsregelung in §65 Abs. 1, 3 PostVerfG treten die nach § 14 PostVerwG erlassenen Rechtsverordnungen zwei Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes außer Kraft, soweit sie nicht vorher aufgehoben worden sind. Der Bundesminister für Post und Telekommunikation ist ermächtigt, diese Rechtsverordnungen vorher ganz oder teilweise durch Rechtsverordnungen aufzuheben (§ 65 Abs. 1 Satz 2 PostVerfG). Damit bleiben die bestehenden Rechtsbeziehungen zwischen der Deutschen Bundespost und ihren Kunden zunächst auch weiterhin öffentlich-rechtlich und wandeln sich erst mit der Aufhebung der entsprechenden verordnungsrechtlichen Regelung kraft Gesetzes unter Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Unternehmen in privatrechtliche Rechtsbeziehungen um (§ 65 Abs. 3 Satz 2 PostVerfG). Die Art. 2 Nr. 6 und 26 sowie Art. 3 Nr. 7 PostStruktG ( = § 9 FAG n.F.) treten daher erst nach Aufhebung bzw. Außerkraftsetzen der entsprechenden Rechtsverordnungen in Kraft (§ 65 Abs. 3 Satz 1 PostVerfG), vgl. weiter Statz, Die Beitreibung privatrechtlicher Entgeltforderungen
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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Spätestens nach Ablauf einer zweijährigen Übergangszeit werden die Unternehmen der Bundespost ebenso wie bereits heute ihre Eigengesellschaften und Beteiligungen in den Rechtsformen des Privatrechts handeln. Diese neue Rechtslage steht im Einklang mit dem vorstehenden Ergebnis, daß eine Verpflichtung der Bundespost zu hoheitlichem, öffentlich-rechtlichem Handeln und damit ein Organisationsvorbehalt zugunsten öffentlich-rechtlicher Behörden nicht verfassungsrechtlich vorgegeben ist. 2. Die Grundrechtsgebundenheit der erwerbswirtschaftlichen Betätigung — die „Fiskalgeltung der Grundrechte" Als eine mögliche verfassungsrechtliche Schranke ist die „Fiskalgeltung der Grundrechte" zu erörtern. Unter dieser Bezeichnung ist die Frage zu verstehen, ob der „Bürger sich gegenüber dem fiskalisch ( = in Form des Zivilrechts) handelnden Staat oder einer seiner Untergliederungen auf Grundrechte berufen kann" 5 0 6 . Hieraus könnten sich unter Umständen Einschränkungen für die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost ergeben. Dem Staat bzw. der Bundespost wären für eine „Flucht in das Privatrecht" Grenzen gezogen. Im Schrifttum und teilweise auch in der Rechtsprechung wird die Geltung der Grundrechte bei der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit des Staates weitgehend abgelehnt 507 . Zur Begründung wird auf Art. 1 Abs. 3 GG verwiesen, in dem Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung nebeneinander gestellt und den Grundrechten als „unmittelbar geltendem Recht" verpflichtet werden. Bei der Ausübung der vollziehenden Gewalt müsse einerseits zwischen öffentlich-rechtlich handelnder Verwaltung und andererseits zwischen privatwirtder Deutschen Bundespost T E L E K O M , DÖV 1990, S. 241 (242 ff.); Aukes/ Berndt/ Tenzer, Vorabdruck aus dem Jahrbuch der Deutschen Bundespost 1990, S. 60 ff. 506 von Münch, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in Erichsen/Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 51. 507 Die unmittelbare Grundrechtsbindung wird abgelehnt ζ. B. von H.H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 169 ff.; Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 132; ders., Die Fiskalgeltung der Grundrechte, namentlich bei erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand — BGHZ 52, 325 und BGH, Betr., 1969, 1791, JuS 1970, S. 332 (334ff); Wolff /Bachof, Verwaltungsrecht, Band I, §23 I I a 1; Dürig, in Maunz / Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 1 Abs. 3 Rdnr. 134; vgl. aus der Rechtsprechung insbesondere BGHZ 36, 91 (95). Dagegen treten für eine Grundrechtsbindung u.a. ein Ehlers, DVB1.1983, S. 422 (425); ders., Verwaltung in Privatrechtsform, S. 212ff.; Schmittat, ZHR 148 (1984), S. 428 (445 ff); Ronellenfitsch, in Isensee / Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, S. 1197 ff., bes. S. 1200 (Rdnr. 49); Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in Erichsen! Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 360f.; Achterberg, Privatrechtsförmige Verwaltung, JA 1985, S. 503 (507); Mallmann, Schranken nichthoheitlicher Verwaltung, VVDStRL 19 (1961), S. 194ff., auch S. 201 ff; Zeidler, VVDStRL 19 (1961), S. 225 ff; Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (377 f.); Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 18 m.w.N.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
schaftlicher, erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit unterschieden werden. Bei der Betätigung durch privatrechtliche Unternehmen unterwerfe sich der Staat der gesellschaftsrechtlichen Ordnung und könne nur über seine Mitgliedschaftsstellung Einfluß nehmen. Daraus lasse sich folgern, daß diese Gesellschaften nur mittelbar zur Verwaltung gehören 508 . Eine Grundrechtsbindung sei daher abzulehnen. Dieser Argumentation ist zuzugestehen, daß die Zielrichtung der Ausgliederung einzelner Aufgaben in privatrechtliche Organisationsformen bzw. das Interesse, verschiedene Leistungen in einer Aktiengesellschaft oder GmbH anzubieten, gerade darin liegt, größere Spielräume, etwa bei der Vergabe von Subventionen oder der Besoldung des Personals, zu gewinnen. Gleichwohl ist der Ausschluß der Grundrechte bei der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit des Staates problematisch 509 . Wollte man dieser Ansicht folgen, so müßte man einen „Fiskus" außerhalb der Staatsperson voraussetzen (Fiskustheorie). Demgegenüber zielen die Verfassung, die Grundrechte und insbesondere Art. 1 Abs. 3 GG darauf hin, den Staat in all seinen Äußerungen an die Verfassung zu binden. Damit ist kaum vereinbar, wichtige Bereiche des staatlichen Handelns, wie die privatrechtliche Betätigung des Staates, aus dem Anwendungsbereich des Art. 1 Abs. 3 GG auszunehmen. Die materielle Begründung für diese Bindung der fiskalischen Tätigkeit liegt in dem „besonderen Status" und dem „außerordentlichen Funktionspotential des Staates" 510 gegenüber Privaten. Insofern erfaßt Art. 1 Abs. 3 GG „im Grundsatz das gesamte Handlungs- und Organisationsverhalten des Staates" 511 . Folglich kann der Grundrechtsschutz der Individuen nicht danach bestimmt werden, in welchem „Gewand" der Staat gerade auftritt. Der Staat ist damit nach Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG umfassend bei seiner Tätigkeit gebunden 512 . Auf diesen engen Ursprungszusammenhang hat bereits Herbert Krüger hingewiesen: „Das
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Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 119. Vgl. zum Diskussionsstand ausführlich Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / 1 , S. 1394ff.; von Münch, in von Münch (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, Band I, Vorb. 34ff., Art. 20 Rdnr. 40; Dürig, in Maunz/ Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. I, Rdnr. 475 ff.; Ehlers, DVB1. 1983, S. 422 (424f.); ders., Verwaltung in Privatrechtsform, S. 213ff.; Rogosch, Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten. Frankfurt am Main /Bonn /New York 1985, S. 165 ff. 509
510 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / 1 , S. 1412 (Hervorhebung im Original). 511 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / 1 , S. 1413. 512 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I /1, S. 1413; ferner K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland. 15. erg. Aufl., Heidelberg 1985, Rdnr. 347 f.; Ehlers, DVB1.1983, S. 422 (425); ders., Verwaltung in Privatrechtsform, S. 216; von Münch, in von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band I, Vorb. 36; von Zezschwitz, NJW 1983, S. 1873 (1878).
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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Staatsunternehmen ist nicht Unternehmen, sondern Staat" 5 1 3 . M i t dieser Zielrichtung der Grundrechte, einen umfassenden Schutz zu gewährleisten, ist es daher nicht vereinbar, einzelne Bereiche staatlicher Tätigkeit von der Bindung an die Grundrechte auszunehmen. Aus diesen Gründen ist nach meiner Auffassung von der Grundrechtsbindung staatlicher privatrechtlicher Unternehmen auszugehen. Eine Grundrechtsbindung kann allerdings nur da eintreten, wo tatsächlich Staatsgewalt ausgeübt wird. Insofern ist bei der Fiskalgeltung der Grundrechte danach zu differenzieren, ob es sich um Eigengesellschaften handelt oder um Beteiligungen (gemischtwirtschaftliche Unternehmen). Während Eigengesellschaften bei ihrem Handeln an die Grundrechte gebunden sind, kann eine derartige Bindung bei den Beteiligungsgesellschaften nur dann angenommen werden, wenn die Beteiligungs- bzw. Stimmverhältnisse zwischen Verwaltungsund übrigen Vertretern Mehrheitsverhältnisse seitens der Vertreter der Deutschen Bundespost aufweisen 514 . Immerhin haben die staatlichen Vertreter von ihren Einwirkungsrechten gegebenenfalls Gebrauch zu machen. Eine andere Frage ist, in welchen Fällen sich das Problem von Grundrechtsverletzungen durch erwerbswirtschaftliche, staatliche Unternehmen und deren Vermeidung stellt. In der Unternehmenspraxis wird möglicherweise eher eine Lösung über das privatrechtliche Wettbewerbsrecht gefunden 515 . Hier wäre an die Schranken und die Auslegung der Generalklauseln des BGB, des A G B G und der Wettbewerbsgesetze U W G und GWB zu denken. Mögliche Grundrechtsverletzungen könnten etwa bei der Auftragsvergabe, konfessioneller Benachteiligung und Gleichbehandlungsfragen auftreten. Dennoch muß der notwendige unternehmerische Handlungsfreiraum ausreichend gewährleistet sein. So lassen sich etwa aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 3 GG) keine Verpflichtungen zu Vertragsabschlüssen mit identischen Konditionen ableiten, d.h. eine sachlich gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung wäre zulässig, und bei der Auftragsvergabe darf ein privates Unternehmen seine Zuliefererbetriebe durchaus nach Wirtschaftlichkeits- und Zuverlässigkeitsgesichtspunkten auswählen 516 .
513 H. Krüger, Das Staatsunternehmen — Ort und Rolle in der Marktwirtschaft — ZBR 1979, S. 157; ebenso Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 118; Mallmann, VVDStRL 19 (1961), S. 165 (202). 514
Die Verwaltungsvertreter in diesen gemischtwirtschaftlichen Unternehmen dürften allerdings auch bei Minderheitsbeteiligungen einer Grundrechtsbindung unterliegen und auf deren Einhaltung verpflichtet sein. Vgl. ebenso Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme. Köln/Berlin/Bonn 1988, S. 59. 515 Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand, S. 30f.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / 1 , S. 1413ff. 516 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I I I / l , S. 1422. 12 Plagemann
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
3. Grundrechtliche Schranken a) Überblick
Der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Bundespost könnten dadurch Grenzen gezogen sein, daß private Wettbewerber durch die Grundrechte vor eben dieser Betätigung geschützt wären. In Literatur und Rechtsprechung wird dazu die Auffassung vertreten, daß die Grundrechte nicht vor Konkurrenz schützen und im übrigen das Grundgesetz „wirtschaftspolitisch neutral" sei. In jedem Fall ist es geboten, die einzelnen Argumentationsebenen zu trennen und zu prüfen, ob und inwiefern sich Grundrechtsschranken für die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen ergeben. b) Grundrechte und Verwaltungsmonopol
Erwerbswirtschaftliches Handeln der Bundespost könnte Beschränkungen durch die Grundrechte unterliegen, wenn sich aus der speziellen Tätigkeit Einschränkungen von Grundrechtspositionen der Bürger ergeben. Denkbar wäre insbesondere ein Eingriff in die Rechte der Art. 12 und 14 G G 5 1 7 . Die Verletzung des Art. 12 GG wäre jedoch dann ausgeschlossen, wenn aufgrund von Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG ein Verwaltungsmonopol „Bundespost" bestehen würde, das gegenüber dem Grundrecht des Art. 12 GG vollständig geschützt ist 5 1 8 . Aus verfassungsrechtlicher Sicht ergibt sich hier ein weiteres Problem: Die verfassungsrechtliche Konkretisierung des Art. 87 Abs. 1 GG erfolgt derzeit in weitem Umfang durch den einfachen Gesetzgeber bzw. den Verordnungsgeber. Es bestehen Zweifel, ob es ausreicht, daß ein gegen Art. 12 GG völlig geschützter Bereich durch diese Organe bestimmt w i r d 5 1 9 . Letztlich 517
Die ursprüngliche Lehre von den Grundrechten als Abwehrrechten Privater gegen den Staat ist unwirksam, private Unternehmen vor staatlicher Erwerbstätigkeit zu schützen, da dabei keine hoheitlichen Eingriffe entstehen. Solche liegen nach h.M. bei der Tätigkeit öffentlicher Unternehmen nicht vor. Dem wird heute die Auffassung von einem strukturellen Grundrechtsschutz entgegengestellt, der den Bürger auch vor faktischen Beeinträchtigungen schützt. Vgl. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 91 ff.; Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (385); Scholz, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, AöR 97 (1972), S. 301 (305 f.). Das Gemeinschaftsrecht berücksichtigt inzwischen den Unterschied zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Tätigkeit im Fernmeldewesen bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts nicht mehr. Das kann hier nur am Rande angesprochen werden. In der Entscheidung „British Telecom" stellte der EuGH auf das Anbieten von Dienstleistungen ab, nicht dagegen auf die Rechtsnatur der beanstandeten Rechtsakte, vgl. Urt. des EuGH vom 20. 3. 1985 — Rs 41/83 — (Italien gegen Kommission), EuGH, Slg. 1985, 873 ff. 518 Nachweise bei A. Hesse, Die Verfassungsmäßigkeit des Fernmeldemonopols der Deutschen Bundespost, S. 3 5 ff. 519 Vgl. A. Hesse, Die Verfassungsmäßigkeit des Fernmeldemonopols der Deutschen Bundespost, S. 46 f. So argumentiert auch Maunz: „Die Monopolisierung von Post und
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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können diese Fragen hier jedoch dahinstehen, da es sich bei der erwerbswirtschaftlichen Betätigung gerade nicht um die Ausübung eines Verwaltungsmonopols handelt. U m ein Verwaltungsmonopol würde es sich nur dann handeln, wenn Ausschließlichkeitsbefugnisse zugunsten der öffentlichen Hand begründet werden und dabei Private von derselben Tätigkeit ausgeschlossen werden 520 . Das ist jedoch nicht der Fall; es handelt sich vielmehr um frei zugängliche Wettbewerbsmärkte, an denen u. a. auch die Bundespost teilnehmen soll. c) Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit)
Grundrechtliche Beschränkungen des erwerbswirtschaftlichen Handelns der Bundespost könnten sich vor allem aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit ergeben. Hierbei geht es in erster Linie um den Schutz der Konkurrenten vor der wirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost 521 . Art. 12 Abs. 1 G G schützt das Recht der freien Berufswahl und der freien Berufsausübung. Beide werden nach dem Apotheken-Urteil des BVerfG als „einheitliches Recht" der Berufsfreiheit verstanden 522 . Die Berufsfreiheit ist einerseits Teil der persönlichen Lebensgestaltung, ohne die eine freie personale Entfaltung nicht möglich wäre. Zum anderen ist die Berufsfreiheit auch ein wesentliches Element der freiheitlichen Wirtschafts- und Sozialordnung. Insofern enthält das Grundrecht die Gewährleistung eines subjektiven Rechts auf freie Berufswahl und -ausübung. Als „ B e r u f wird allgemein jede auf Dauer angelegte, der Schaffung Eisenbahn gegenüber dem Bürger ist hier zu unterscheiden von der Monopolisierung der staatlich betriebenen Teile beim Bund (ausschließliche Verwaltungszuständigkeit des Bundes). Nur letztere kann in der Zuständigkeitsvorschrift des Art. 87 überhaupt geregelt sein (...). Die erstere Frage ist eine Frage des Art. 12 I", Maunz, in Maunz I Dürig I Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 Rdnr. 46 Fn. 2. Ebenso betonen auch Hamann I Lenz, daß Art. 87 als reine Kompetenzvorschrift keinerlei Schlüsse auf die Zulässigkeit von Monopolen gegenüber dem Bürger zuläßt, HamannILenz, Grundgesetz. Kommentar. 3. Aufl., Neuwied, Berlin 1970, Art. 87 Anm. Β 7. 520 Vgl Fiedler, DÖV 1977, S. 390 (391 f.); Badura, Das Verwaltungsmonopol. Berlin 1963, S. 123. 521
Ein Eingriff in Grundrechte der Kunden ist wohl nur in Ausnahmefallen denkbar. Das BVerwG hat in seiner Entscheidung „Werbebeilagen in Postgirobriefen" einen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG), hier in Form des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb „mangels Erheblichkeit" abgelehnt. Ein Rechtsanwalt hatte sich in diesem Fall dagegen gewandt, daß ihm die Bundespost in Zusammenarbeit mit der Deutschen Postreklame GmbH in Abständen zusammen mit den Kontoauszugsbriefen seines Geschäftskontos Werbebeilagen zusandte. Das BVerwG sah es obendrein als fraglich an, ob die Kanzlei des freiberuflich tätigen Rechtsanwalts und Notars unter den Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb fallt; vgl. BVerwG, NJW 1989, S. 2409 (2410), ebenso schon OVG Lüneburg, NJW 1988, S. 1867 (1870). Ein Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V. mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht wurde vom BVerwG nach einer Güter- und Interessenabwägung ebenfalls verneint, vgl. ebd.. 522 BVerfGE 7, 377 (401 ff.). 12*
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und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienende Tätigkeit verstanden. Es kann sich hierbei um eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit handeln 523 . Daneben ist die Gewerbefreiheit als ein Teil der geschützten Berufsfreiheit zu verstehen. Sie hängt eng zusammen mit der gleichfalls durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Unternehmerfreiheit 524 . Darunter ist die freie Gründung und Führung von Unternehmen zu verstehen, sofern die Merkmale des Berufsbegriffs gegeben sind. Der Schutz der Unternehmerfreiheit erstreckt sich nicht nur auf die Gründung und Führung von Klein- und Mittelbetrieben, bei denen die persönliche Tätigkeit besonders stark hervortritt, sondern auch auf die Tätigkeit von Großunternehmen bzw. Konzernen 525 . Der Begriff „Unternehmerfreiheit" ist daher nach Ansicht des BVerfG eher ein Sammelbegriff, dem sehr verschiedene wirtschaftliche Betätigungen unterfallen können. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG bezieht sich insgesamt auf die grundsätzliche Garantie der wirtschaftlichen Betätigung. I m weiteren ist aber noch die individuelle und die soziale Dimension dieses Grundrechts aufzuzeigen. Die individuelle Seite des Grundrechts auf Berufsfreiheit ist zu verstehen als die Garantie zu selbstverantwortlicher Existenzgestaltung, individueller Persönlichkeitsausbildung und sozialer Statusbestimmung des Einzelnen 526 . In diesem Maße bezieht sich der Schutzbereich auf die individuelle Leistungs- und Existenzerhaltung. Neben dieser als vorherrschend zu betrachtenden Inhaltsbestimmung des Grundrechts auf Berufsfreiheit ist in den letzten Jahren vermehrt die soziale 523 BVerfGE 7,377 (397 ff.); K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rdnr. 419 ff. 524 A u f die Gewerbe- und Unternehmerfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG kann sich die Bundespost als Staatsverwaltung nicht berufen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG gelten die Grundrechte grundsätzlich nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts — die Ausnahmen für die Kirchen, Universitäten und Rundfunkanstalten können hier außer Betracht bleiben, vgl. BVerfGE 45, 63 (78 f.); 61, 82 (101) m.w.N.; Scholz, in Maunz ! Dürig I Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Rdnr. 98; Schmittat, ZHR 148 (1984), S.428 (451), dies gilt auch für die öffentlich-rechtlichen Sparkassen, BVerfGE 75, 192 (195 ff.), auch BVerfGE 68, 193 (206 f.). Auf die Grundrechte können sich im übrigen auch juristische Personen des Privatrechts nicht berufen, deren alleiniger Inhaber eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist, BVerfGE 45, 63 (80); anderer Ansicht Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 120; Schneider, Rundfunkanstalten als öffentliche Unternehmen, in Η off mann-Riem (Hrsg.), Rundfunk im Wettbewerbsrecht. Baden-Baden, 1988, S. 182f.. Auch gemischtwirtschaftlichen Unternehmen wird bei Daseinsvorsorgeleistungen die Grundrechtsträgerschaft abgesprochen, vgl. BVerfG (3. Kammer), Beschluß vom 16. 5. 1989, NJW 1990, S. 1783, im Hinblick auf eine Aktiengesellschaft, die sich zu 72% im Eigentum der öffentlichen Hand befindet. 525 BVerfGE 30,292 (312); 50,290 (362 ff.); Gubelt, in von Münch (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, Band I, Art. 12 Rdnr. 18. 526 BVerfGE 7, 377 (397); 50, 290 (362); 54, 301 (313).
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Dimension des Grundrechts in das Bewußtsein gerückt. Hierbei wird vor allem die Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte hervorgehoben, die den Bürgern gegenüber dem Staat gesellschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen sollen. Diese gesellschaftsgestaltende Komponente wird in den verschiedenen Berufen mit unterschiedlichem Grad zum Ausdruck kommen. Bei den unternehmerischen und gewerblichen Berufen dürfen diese Mitgestaltungsmöglichkeiten jedoch nicht unterschätzt werden. Insofern wird die individuelle Existenzsicherung und Lebensgestaltung, die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet wird, durch die mit der Berufsausübung bzw. der Arbeit verbundene Sozialgestaltung ergänzt. Diese Erweiterung des Schutzbereichs von Art. 12 Abs. 1 GG könnte unter Umständen auch so verstanden werden, daß das Grundrecht vor einer Ausweitung staatlicher Aufgaben schützt 527 . Nach diesen Überlegungen wird sich nicht ausschließen lassen, daß im Einzelfall die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost das Grundrecht der Berufsfreiheit der Wettbewerber beeinträchtigen könnte. Eine Monopolstellung der Bundespost — die nur unter besonderen Voraussetzungen rechtlich zulässig wäre, d.h. sofern überragende Interessen des Gemeinwohls vorliegen — ist bei der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Bundespost allerdings nicht zu erwarten. Von Bedeutung ist aber die Frage, unter welchen Umständen eine Verletzung von Grundrechten der wirtschaftlichen Konkurrenten der Bundespost vorliegen könnte bzw. was als eine zulässige Beschränkung des Schutzbereichs von Art. 12 Abs. 1 GG anzusehen ist. Anzusetzen ist hier bei der Überlegung, daß Art. 12 Abs. 1 GG nach h.M. nicht vor jeder Veränderung der Marktposition eines Unternehmens schützt 528 . Die bloße Beeinträchtigung privater Unternehmen ist nicht ausschlaggebend. Solche Veränderungen sind in der Regel auf die überlegene Leistungsfähigkeit der Mitwettbewerber zurückzuführen und hinzunehmen. Denn es ist gerade Inhalt der Berufsfreiheit, am Markt teilzunehmen und sich gegen Wettbewerber durchzusetzen. Folglich können Mitwettbewerber nicht dem Schutz des gleichen Grundrechts vor eben solchen Beeinträchtigungen unterliegen. Soweit Grundrechte nicht vor Leistungswettbewerb schützen, gilt dies auch für den Wettbewerb durch die öffentliche Hand. Es kommt beim Leistungswettbewerb nicht darauf an, von wem er ausgeht. Unmaßgeblich ist auch, ob die öffentliche Hand mit 25%, 51 % oder zu 100% Eigentümerin des konkurrierenden Unternehmens ist. Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG greift dagegen da ein, wo sich die öffentliche Hand ohne die Mittel des Leistungswettbewerbs eine Vorzugsstellung verschafft, die die gleichen Wettbewerbsbedingungen aufhebt 529 oder die sogar zum Ausschluß eines Unternehmens führt.
527
So Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 61. Vgl. etwa BVerfGE 24, 236 (251); BVerwGE 39, 329 (336). 529 Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand, S. 33; Badura, ZHR 145 (1981), S. 448 (461 f.). 528
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Eben solche Anhaltspunkte zur Auslegung des Art. 12 Abs. 1 GG bietet auch die Rechtsprechung. So stellte das BVerfG fest: „Ein subjektives verfassungskräftiges Recht eines Geschäftsmannes auf die Erhaltung des Geschäftsumfanges und die Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten besteht in der freien Wettbewerbswirtschaft nicht" 5 3 0 . Dieselbe Rechtsprechung verfolgt auch das BVerwG in einschlägigen Entscheidungen, ebenso auch die Instanzgerichte. In den meisten gerichtlich entschiedenen Fällen handelt es sich allerdings um Verfahren wegen der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften 531 . Eher selten sind dagegen die Verfahren, in denen die Betätigung konkurrierender staatlicher Unternehmen (vornehmlich) mit der Berufung auf Grundrechte angegriffen wurde. Die wichtigsten Entscheidungen sollen im folgenden kurz betrachtet werden: In der Entscheidung des BVerwG vom 19.12. 1963 532 beurteilte das Gericht die Zulassung einer Gebäude-Feuerversicherungsanstalt mit öffentlich-rechtlichem Zwangscharakter zur Mobiliarfeuerversicherung. Letztere sollte als neuer Geschäftszweig im Wettbewerb zu privaten Anbietern angeboten werden. Die Vermögensmassen beider Geschäftszweige waren dabei getrennt. Das Gericht ordnete die Zulassungsentscheidung als Eingriff in die Berufsfreiheit auf der Stufe der Berufsausübung ein (Drei-Stufen-Theorie) 533 . Im Ergebnis nahm das BVerwG eine Grundrechtseinschränkung auf dieser Ebene an, die im konkreten Fall durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt und somit rechtmäßig war 5 3 4 . Immerhin wurde die Teilnahme der öffentlichen Hand am Wettbewerb als Grundrechtseinschränkung betrachtet. In der zweiten Entscheidung des BVerwG vom 22. 2. 1972 535 ging es um die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen auf dem Gebiet des Bestattungswesens. Private Bestattungsunternehmer wandten sich gegen eine Verbindung von städtischen Bestattungsleistungen mit dem Verkauf von Bestattungsgegenständen. Auch in diesem Urteil hat das BVerwG die Wettbewerbsteilnahme der Kommune als zulässigen Eingriff in der Berufsausübung eingestuft. Es berief sich ausdrücklich auf die bereits erwähnte Entscheidung des BVerfG und führte aus: „Art. 12 Abs. 1 schützt nicht vor Konkurrenz, auch nicht vor dem Wettbewerb der öffentlichen Hand; das Grundgesetz garantiert der Privatwirtschaft nicht die Ausschließlichkeit des wirtschaftlichen Handelns. Ein subjektives verfassungskräftiges Recht eines Geschäftsmannes auf die Erhaltung des Geschäftsumfanges und die 530
BVerfGE 24, 236 (251). Vgl. z.B. BGH, NJW 1987, 60ff. — Kommunales Bestattungsunternehmen — m.w.N. 532 BVerwGE 17, 306 ff. 533 Ygi χ Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rdnr. 422 f. 534 BVerwGE 17, 306 (313). 535 BVerwGE 39, 329; vgl. auch BGH, NJW 1987, S. 60 ff. 531
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Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten besteht in der freien Wettbewerbswirtschaft nicht (BVerfGE 24, 236 (251))." 536
Nach Ansicht des BVerwG entstehen durch die Teilnahme eines weiteren Wettbewerbers am Markt höchstens faktische Nachteile, indem die Marktanteile und die Gewinnaussichten beeinträchtigt werden. Eine andere Entscheidung des BVerwG vom 1.3.1978 5 3 7 befaßte sich mit der Zulässigkeit einer kommunalen Wohnungsvermittlung, die mit Hilfe öffentlicher Zuschüsse die privaten Wohnungsvermittler unterbot. Diesen Verstoß gegen gleiche Wettbewerbsbedingungen sah das Gericht als durch öffentliche Zwecke gerechtfertigt an. Nach Ansicht des BVerwG liegt ein verfassungswidriger Eingriff dann vor, wenn die Freiheit des Handelns in unerträglichem Maße eingeschränkt wird, regelmäßig also dann, wenn ein Verdrängungswettbewerb stattfindet oder es zu einer Auszehrung der Konkurrenz infolge einer marktbeherrschenden Stellung der öffentlichen Hand kommt 5 3 8 . Das Problem des Verdrängungswettbewerbs durch die öffentliche Hand hat der baden-württembergische V G H im Zusammenhang mit der Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft aufgegriffen. Verdrängungswettbewerb liege nicht schon dann vor, wenn „der vorhandene Markt bereits weitgehend „gesättigt" ist und das Hinzutreten eines weiteren Mitbewerbers die konkrete Situation verschärfen würde. Auch der Umstand, daß der Gesellschaft (...) möglicherweise Wettbewerbsvorteile eingeräumt werden, führt nicht zu einer Beeinträchtigung subjektiver verfassungskräftiger Rechte (.. .)." 5 3 9
Die Schwelle für einen Verstoß gegen den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG wird durch diese Auslegung hoch angelegt. Der öffentlichen Hand bleibt damit ein weiter unternehmerischer Spielraum. Auch aus der Entscheidung des B G H 5 4 0 zur Unzulässigkeit von sog. Brillen-Selbstabgabestellen der A O K läßt sich kein Konkurrenzschutz vor der öffentlichen Hand ableiten. Nachdem der BGH feststellte, daß ein Kompetenztitel nicht vorlag, prüfte er weiter die Verletzung des Wettbewerbsrechts (§ 1 UWG). Da die Betätigung der A O K vom Kompetenztitel der Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht gedeckt war, zog der BGH den Schluß, daß jede darüber hinausgehende erwerbswirtschaftliche Betätigung der Krankenkasse ein mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarender Eingriff in die Ausübung selbständiger Berufe darstelle, so daß die Krankenkasse in einem solchen Fall zugleich unlauter handeln würde (§ 1 U W G ) 5 4 1 . 536
BVerwGE 39, 329 (336). BVerwG, NJW 1978, S. 1539. 538 BVerwG, NJW 1978, S. 1539f.; ebenso OVG Münster, NVwZ 1986, S. 1045 (1046). 539 V G H Mannheim, NJW 1984, S. 253. 540 BGHZ 82,375 (397 f.); vgl. weiter Lerche / von Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 114. 541 BGHZ 82, 375 (389 ff., 395 ff.). 537
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Im Ergebnis werden letztlich nur ausgeprägte Verzerrungen des Leistungswettbewerbs zu solchen Marktstörungen führen, daß sich eine Verletzung des durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Grundrechts feststellen läßt. Dies ist bei den „natürlichen" Vorteilen der öffentlichen Hand, wie ζ. B. größerer finanzieller Sicherheit durch das öffentliche Vermögen oder einem Vertrauensvorsprung der Kunden für ein Unternehmen der öffentlichen Hand, allein nicht der Fall 5 4 2 . Schließlich ist die öffentliche Hand nur insoweit verpflichtet, auf die Interessen privater Unternehmen Rücksicht zu nehmen, daß ein Nebeneinander von öffentlichen und privaten Unternehmen möglich ist. Sie darf letztlich in die Freiheit der Berufsausübung und Berufswahl nicht so weit eingreifen, daß sie die Erwerbstätigkeit privater Unternehmen an die Grenze betriebswirtschaftlicher Rentabilität drängt 5 4 3 . d) Art. 14 GG (Schutz des Eigentums)
Eine weitere Begrenzung der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Bundespost folgt möglicherweise aus dem Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG, dem Schutz des Eigentums. Es stellt ein elementares Grundrecht dar, das mit der persönlichen Freiheit in engem Zusammenhang steht. Das Eigentum wird von der Verfassung in seiner Herrschafts- und Verfügungsbefugnis geschützt. Die Funktion des Eigentums ist es, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern. Dadurch soll ihm eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens ermöglicht werden 544 . Die Besonderheit des Art. 14 Abs. 1 GG liegt darin, daß er nicht ein bestimmtes Verhalten schützt, sondern dieser Schutz der abstrakten Größe „Eigentum" gilt. Der Schutz durch die Eigentumsgarantie entsteht erst bei der rechtlichen Zuordnung von Gegenständen, Rechten und Ansprüchen an verfügungsberechtigte Personen. Dem Schutzgut Eigentum unterfallen nicht nur das Eigentum im engeren Sinne, sondern auch bestehende private Vermögenswerte Rechte, Forderungen, Mitgliedschaftsrechte, sowie nach verbreiteter Meinung auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als Sach- und Rechtsgesamtheit 5 4 5 sowie verschiedene weitere Rechte. Der Schutz privater Unternehmer könnte sich aus dem in der Regel Art. 14 Abs. 1 GG zugeordneten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ergeben 546 . Dem Gewerbebetrieb wird dabei die gesamte Erscheinungsform des Unternehmens zugerechnet, wie ζ. B. Einrichtung, Lagerbestand, Tätigkeitskreis, sowie die geschäftlichen Verbindungen und Beziehungen 547 . 542
Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand, S. 36. Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (391). 544 BVerfGE 50, 290 (339); 68, 193 (222). 545 BVerfGE 13, 225 (229); 30, 292 (335); 45, 142 (173), anders aber BVerfGE 51, 193 (221 f.); 58, 300 (353). 546 Vgl. zurh.L. BGHZ 23,157 (163); Papier, in Maunz/ Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14 Rdnr. 96ff. m.w.N. 543
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Für die Frage nach dem eigentumsrechtlichen Schutz vor wirtschaftlicher Konkurrenz läßt sich zunächst feststellen, daß das Eigentum an Gegenständen, Rechten (ζ. B. Patente, Gebrauchs- und Geschmacksmuster, Warenzeichen) und Rechtspositionen aus Verträgen dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterfällt. Darüber hinaus ist zu klären, ob und inwieweit sich diese Eigentumsposition auf die Gewährleistung einer bestimmten unternehmerischen Betätigung erstreckt. Hierzu wird in Literatur 5 4 8 und Rechtsprechung 549 vorherrschend die Auffassung vertreten, daß der Schutz des Art. 14 GG nicht den in der Zukunft liegenden Chancen und Verdienstmöglichkeiten gilt. Bloße Umsatz- und Gewinnchancen und tatsächliche Gegebenheiten sind zwar für das Unternehmen von erheblicher Bedeutung, sie werden vom Grundgesetz eigentumsrechtlich jedoch nicht dem geschützten Bestand des einzelnen Unternehmens zugeordnet 550 . Der Schutz des Art. 14 GG gilt dem Erworbenen, nicht dem Erwerb 5 5 1 . Insofern kann von einer konkreten Eigentumsposition nicht auf den Schutz einer wirtschaftlichen Betätigung durch das Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG geschlossen werden. Die private unternehmerische Betätigung unterliegt von vornherein dem Risiko, daß die Gewinnerwartungen geschmälert werden können 5 5 2 . Daher wird weder eine bestimmte Absatzgröße noch ein fester Kundenstamm garantiert. Nach diesen Überlegungen kann die erwerbswirtschaftliche Teilnahme der Bundespost am Markt regelmäßig keine rechtswidrige Beeinträchtigung von Eigentumspositionen darstellen. So werden sich durch den zusätzlichen Marktanbieter Bundespost über ihre Eigengesellschaften zwar regelmäßig Veränderungen bei den Wettbewerbspositionen der Konkurrenten ergeben. Diese Umsatz- und Gewinnveränderungen sind aber typischerweise das Ergebnis von Leistungswettbewerb. Sie können im Extremfall sogar zur Illiquidität einzelner Unternehmen führen. Gegen derartige Marktveränderungen schützt Art. 14 Abs. 1 GG indessen nicht. Fraglich könnte dagegen sein, wie Fälle zu beurteilen sind, in denen vom Leistungswettbewerb abgewichen wird und ein Unternehmen der öffentlichen Hand bei seiner erwerbswirtschaftlichen Betätigung den Marktmechanismus außer Kraft setzt. Hier kommt es zunächst auf den Einzelfall an. Ein Mißbrauch einer wirtschaftlichen Machtstellung könnte unter Umständen zu einer unzuläs547
BGHZ 23, 157 (163); 45, 83 (87); 55, 261 (263); 69, 128 (139). Vgl. Papier, in Maunz I Dürig ! Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 14 Rdnr. 100 m.w.N.; Scholz, in Maunz/Dürig/ Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Rdnr. 139; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 122ff.; Bryde, in von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band I, Art. 14 Rdnr. 18 ff. 548
549 BVerfGE 17, 232 (248); 28,119 (142); 30, 292 (335); 38, 61 (102); 45,142 (173); 68, 193 (222); BVerwG, NJW 1978, S. 1539; V G H Mannheim, NJW 1984, S. 251 (252f.). 550 BVerfGE 68, 193 (223). 551 BVerfGE 30, 292 (335); 38, 61 (102). 552 Vgl. insbesondere BVerfGE 24, 236 (251).
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
sigen Beeinträchtung des Schutzbereichs von Art. 14 Abs. 1 GG führen. Dazu können allerdings Wettbewerbsvorteile eines großen Unternehmens wie z.B. Investitionsfinanzierung, Kapitalausstattung und andere Verbundvorteile regelmäßig nicht zählen. Als Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung wird man hingegen ansehen, wenn das Unternehmen die selbstregulierenden Kräfte des Wettbewerbs gezielt ausschließt oder verfälscht. e) Art. 2 Abs. 1 GG (Wettbewerbsfreiheit)
Grundsätzlich ist daran zu denken, inwieweit Art. 2 Abs. 1 GG der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Bundespost durch Eigengesellschaften bzw. Beteiligungen Grenzen setzen könnte. I m Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG wird die Wettbewerbsfreiheit als ein freiheitlicher Handlungsraum im Wirtschaftsleben verstanden, der die Möglichkeit zur Entfaltung freier unternehmerischer Initiative gewährleisten soll. Es bestehen unterschiedliche Ansichten darüber, ob der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG über den des Art. 12 Abs. 1 GG hinausreicht. Das BVerfG begründet die Freiheit zur Teilnahme am Wettbewerb im Rahmen der Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 G G 5 5 3 . Ebenso leitet das BVerwG aus dieser Vorschrift die Wettbewerbsfreiheit privater Unternehmer a b 5 5 4 . Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG liegt danach vor, wenn die Wettbewerbsfreiheit in einem „unerträglichen Maß eingeschränkt" und das betreffende Unternehmen in seiner Wettbewerbsposition „unzumutbar geschädigt" wird 5 5 5 . Sofern allerdings die Handlungsfreiheit im Bereich des Berufsrechts betroffen ist, zieht das BVerfG die spezielle Regelung des Art. 12 Abs. 1 GG vor 5 5 6 . Im Schrifttum wird überwiegend Art. 12 Abs. 1 GG als relevanter Prüfungsmaßstab angesehen557. Art. 2 Abs. 1 GG ist im übrigen lex generalis zu Art. 12 Abs. 1 GG und tritt dahinter zurück 5 5 8 , weil der diesbezügliche Lebensbereich bereits durch das besondere Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG geschützt ist. Insgesamt gehen der grundrechtliche Schutz der privaten Wettbewerber nach Art. 2 Abs. 1 GG und die Schranken für eine Betätigung der DBP durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen nicht über die bereits erörterten Schranken des Art. 12 Abs. 1 G G hinaus. 553 554 555
BVerfGE 50, 290 (366) m.w.N. BVerwGE 17, 306 (309); 30, 191 (198); 60, 154 (159). BVerwGE 30,191 (198); BVerwG, NJW 1978, S. 1539; BVerwG, NJW 1982, S. 2513
(2515). 556
Vgl. BVerfGE 68, 193 (223 f.). Dürig, in Maunz I Dürig I Herzog I Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 2 Abs. I Rdnr. 58, 52; Degenhart, Die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 21 GG, JuS 1990, S. 161 (165f.) m.w.N., vgl. aber auch Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, Sr 126 f. 558 Vgl. Gubelt, in von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band I, Art. 12 Rdnr. 88 m.w.N.; Degenhard JuS 1990, S. 161 (165f.). 557
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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4. Legitimation und Begrenzung durch einen „öffentlichen Zweck46 a) Unterschiedliche Begründungen der Notwendigkeit des „öffentlichen Zwecks"
Aus verfassungsrechtlicher Sicht wird für die erwerbswirtschaftliche Betätigung des Staates das Vorliegen eines „öffentlichen Zwecks", dem die Betätigung dient, verlangt. In ähnlicher Zielrichtung wird diese Voraussetzung mitunter auch als „öffentliches Interesse" oder die „Rechtfertigung durch das Gemeinwohl" bezeichnet. Die Begründung, daß ein „öffentlicher Zweck" gegeben sein müsse, nimmt in der Regel auf das Rechtsstaatsprinzip oder die Grundrechte Bezug. Beispielsweise folgert Fikentscher 559 aus dem wirtschaftsverfassungsrechtlichen Leitbild in Verbindung mit dem „Wirtschaftlichen Persönlichkeitsrecht", daß die öffentliche Hand als Unternehmer da zurücktreten müsse, wo Private unternehmerisch tätig werden können. Die öffentliche Hand müsse ein „öffentliches Interesse" darlegen und beweisen. Anders akzentuiert sieht Püttner 560 das Wohl der Allgemeinheit (Gemeinwohl) als äußerste Grenze staatlichen Handelns. Das Prinzip des Rechtsstaats verlange letztlich eine Grenze gegen beständige Aufgabenerweiterungen des Staates. Da die Staatsgewalt im Rechtsstaat prinzipiell begrenzt sei, bedürfe es immer eines Nachweises, daß die Erwägungen des Gemeinwohls ein Tätigwerden rechtfertigen. Das Gemeinwohlgebot verlange daher einen Begründungszwang für staatliches Tätigwerden. Obwohl Püttner eine Begrenzung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Staates anstrebt, setzt er die Hürde dazu relativ niedrig, wenn er zu den „legitimen Erwägungen des Gemeinwohls" auch die Absicht zählt, „ein gewisses Staatsvermögen für allgemeine Staatsaufgaben bereit zu halten (Vorratswirtschaft) und — im Rahmen gegebener öffentlicher Aufgaben — Gewinne zur Bestreitung von Staatsaufgaben zu erzielen" 561 . Nach Ansicht von Grupp ergeben sich Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung des Staates — die grundsätzlich zulässig sei — im Rahmen des Grundgesetzes, vor allem der Grundrechte 562 . Er zieht hierbei insbesondere die Grundrechte Art. 12 und 14 GG heran und folgert, daß der öffentlichen Hand keine umfassende, auf Privatautonomie beruhende Gewerbefreiheit zustehe. Bei einem weiten Übergreifen der öffentlichen Hand in den gesellschaftlichen Bereich durch ihre wirtschaftliche Betätigung werde die Garantie der Grundrechte faktisch wertlos. Wirtschaftliche Unternehmen der öffentlichen Hand 559
Fikentscher, Püttner, Die 561 Püttner, Die 562 Grupp, ZHR S. 565 (579). 560
Wirtschaftsrecht. Band II, München 1983, S. 116. öffentlichen Unternehmen, S. 128 ff. öffentlichen Unternehmen, S. 131. 140 (1976), S. 367 (378 ff.); ähnlich auch Stober, ZHR 145 (1981),
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
hält er nur für gerechtfertigt, sofern sie eine „öffentliche Aufgabe" verfolgen. Erwerbswirtschaftliche Ziele sieht er im übrigen nicht als eine Form von „öffentlichen Aufgaben" an, selbst dann nicht, wenn die Einnahmen „öffentlichen Zwecken" dienen 563 . In den Ausführungen von Ossenbühl 564 wird die Notwendigkeit einer Legitimation durch einen „öffentlichen Zweck" mit einem rechtsstaatlichen Staatsverständnis begründet. Er leitet aus dem Wesen der Grundrechte in Verbindung mit den Staatszielen eine Rechtfertigungspflicht ab. Vor allem aufgrund der grundrechtlichen Freiheiten in den Art. 12 und 14 GG und dem Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG ergebe sich ein „genereller Rechtfertigungszwang" und eine „Zweckordnung", nach der die wirtschaftliche Betätigung in erster Linie den Grundrechtsträgern zugewiesen sei. Dies konkretisiere sich im übrigen im Haushaltsrecht und den Gemeindeordnungen der Länder („wichtiges Interesse/öffentlicher Zweck"). Diese Begründungspflicht schütze die Privatwirtschaft vor willkürlichen Staatsinterventionen im Markt sowie den Staat vor ökonomischen Experimenten. Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß im Schrifttum regelmäßig ein „öffentlicher Zweck" für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Staates gefordert wird. Den Begründungen ist gemeinsam, daß sie auf das Rechtsstaatsprinzip bzw. den Schutz durch die Grundrechte verweisen 565 . Letztlich braucht hier nicht entschieden zu werden, welcher von beiden Auffassungen der Vorrang gebührt. Insofern verfolgen die Ansätze auch nicht direkt konträre Zielrichtungen: Stellt man die Grundrechte in den Vordergrund, so schützt die Voraussetzung, daß ein „öffentlicher Zweck" vorliegen muß, den einzelnen Bürger wie die marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung vor ausgedehnten Staatseingriffen in die Wirtschaftsabläufe. I m Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip stellt sich die Frage nach der Stellung des Staates zur Gesellschaft. Unter einem rechtsstaatlichen Staatsverständnis wird man nicht davon ausgehen können, daß der Staat sich seine Aufgaben und Tätigkeitsfelder frei zu wählen vermag. Hierbei sind vielmehr das Wesen des Staates und seine Ziele ausschlaggebend. Diese sind in einen Ausgleich gegenüber dem gesellschaftlichen Bereich zu bringen. Für das erwerbswirtschaftliche Handeln des Staates ist daher ein „öffentlicher Zweck" zu verlangen 566 . Der „öffentliche Zweck" stellt sich in mehrfacher Hinsicht als rechtliche Schranke erwerbswirtschaftlicher Betätigung des Staates dar: Zunächst ist das Vorliegen eines „öffentlichen Zwecks" bei erwerbswirtschaftlicher Betätigung 563
Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (371, 381). Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 107 ff. 565 Ygi w e i t e r Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 102ff. 564
. 5 6 6 Vgl. Emmerich, Die Aktiengesellschaft 1985, S. 293 (294); Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 105; Ronellenfitsch, in Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, S. 1194 (Rdnr. 39).
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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des Staates eine Art Legitimationsgrundlage, die prinzipiell über die Zulässigkeit der Betätigung bestimmt. Zum anderen dient der „öffentliche Zweck" — sofern er als eine Begründungspflicht der öffentlichen Hand verstanden wird — zur Eingrenzung staatlicher Wirtschaftstätigkeit. Dies kann ζ. B. dann der Fall sein, wenn innerhalb der öffentlichen Verwaltung kein Konsens darüber zu finden ist, daß ein solcher „öffentlicher Zweck" vorliegt bzw. dieser nicht konkretisiert werden kann. Hier kann sowohl der Unternehmenszweck als solcher (d. h. die Tochtergesellschaft) betroffen sein als auch unter Umständen einzelne, spezifische Betätigungen innerhalb dieses Unternehmens. Insofern kann der „öffentliche Zweck" als rechtliche Kategorie eine Schranke für die jeweilige Betätigung darstellen. Da im übrigen durch die konkurrierende Wettbewerbstätigkeit des Staates ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 GG nicht prinzipiell ausgeschlossen werden kann 5 6 7 , hat diese Grundrechtseinschränkung, die aus vernünftigen Gründen des Gemeinwohls zulässig ist 5 6 8 , das Übermaß verbot als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips zu wahren. Hieraus folgt, daß die Wirtschaftsbetätigung zur Erreichung des zulässigen „öffentlichen Zwecks" geeignet und erforderlich zu sein hat sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen muß. Da der Grundgesetzgeber der öffentlichen Hand aber einen weiten wirtschaftspolitischen Gestaltungsspielraum eingeräumt hat, dürfen die Anforderungen aus dem Übermaß verbot nicht zu eng ausgelegt werden. b) Das Problem der Konkretisierung des „öffentlichen Zwecks"
Da für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Bundespost ein „öffentlicher Zweck" vorliegen muß, stellt sich die Frage, was als zulässiger „öffentlicher Zweck" anzusehen ist und wem die Aufgabe zukommt, ihn zu definieren. In der Literatur 5 6 9 ist die Schwierigkeit, einen Katalog zulässiger „öffentlicher Zwecke" zu bestimmen und zur Begrenzung wirtschaftlicher Tätigkeit des Staates zu verwenden, mehrfach behandelt worden. Häufig wird darauf hingewiesen, daß der Öffentlichkeit zur Begründung des „öffentlichen Zwecks" mitunter wenig präzise Umschreibungen angeboten werden, die z.B. auf die Regional- und Strukturpolitik, Arbeitsmarktpolitik und das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht etc. Bezug nehmen. Selbst wenn man diese Begründungen als zu allgemein ablehnt, wird man der Exekutive zugestehen müssen, daß sich die Zielrichtung öffentlicher Unternehmen und damit der öffentliche Zweck in verschiedenen Fällen nur generalisierend umschreiben lassen. Die Auswahl der 567
Stober, ZHR 145 (1981), S. 565 (578 f.). BVerfGE 7, 377 (378). 569 v g l püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 128 ff.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 107 ff.; Schmittat, ZHR 148 (1984), S. 428 (454 ff.); Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand, S. 42f.; Lerche/von Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 107. 568
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Teil Β : Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
gemeinwohlorientierten Zwecke bzw. die Begründung ist im übrigen auch ein A k t des politischen Ermessens. I m folgenden (c.) soll die Frage, was als ein zulässiger „öffentlicher Zweck" für die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost anzusehen ist, weiter vertieft werden. Dabei soll an dieser Stelle klarstellend darauf hingewiesen werden, daß das verfassungsrechtliche Erfordernis des „öffentlichen Zwecks" im Haushaltsrecht der Deutschen Bundespost näher konkretisiert wird (u. a. „wichtiges Interesse" (§ 65 Abs. 1 PostHO)) 5 7 0 . Im PostVerfG und teilweise auch im Haushaltsrecht finden sich Vorschriften zu der Frage, welche Organe an der Entscheidung darüber beteiligt sind, ob ein solcher „öffentlicher Zweck" vorliegt 5 7 1 . c) Der „öffentliche Zweck" von Eigengesellschaften und BeteiUgungen der Deutschen Bundespost
aa) Die Eigenwirtschaftlichkeit
der Bundespost
Die Deutsche Bundespost ist gesetzlich zur Eigenwirtschaftlichkeit verpflichtet. Das Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit besagt, daß die Bundespost ihre Aufwendungen durch selbsterwirtschaftete Beträge zu decken hat (Ausgabendeckungsprinzip). Diese Verpflichtung war bisher in §15 Abs. 1 PostVerwG festgeschrieben, der lautete: „Die Deutsche Bundespost hat ihren Haushalt so aufzustellen und durchzuführen, daß sie die zur Erfüllung ihrer Aufgaben und Verpflichtungen notwendigen Ausgaben aus ihren Einnahmen bestreiten kann. Zuschüsse aus der Bundeskasse werden nicht geleistet."
Unter dem PostStruktG ist das Ausgabendeckungsprinzip differenzierter in § 37 PostVerfG festgelegt. Diese Bestimmung lautet (Abs. 1 und 2): „(1) Die Unternehmen sind so zu leiten, daß die Erträge die Aufwendungen decken. Darüber hinaus soll im Hinblick auf das nach §41 erforderliche Eigenkapital ein angemessener Gewinn erwirtschaftet werden. (2) Die Unternehmen sollen für die einzelnen Dienste in der Regel jeweils die vollen Kosten und einen angemessenen Gewinn erwirtschaften. Ein Ausgleich zwischen den Diensten eines Unternehmens ist zulässig."
Die Möglichkeit, Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt zu erhalten, ist auch nach dem PostStruktG weiterhin gesetzlich nicht vorgesehen. Etwaige Defizite eines Unternehmens sind vielmehr durch einen Finanzausgleich zwischen den Unternehmen abzudecken (§ 37 Abs. 3 PostVerfG). Darüber hinaus bestimmt das PostStruktG im Gegensatz zum PostVerwG grundsätzlich kostendeckende Tarife und einen angemessenen Gewinn. Die Möglichkeit zur internen Subventionierung einzelner Dienste oder Unternehmen untereinander ist zwar nicht ausgeschlossen, jedoch deutlich erschwert. 570 571
Vgl. dazu die Ausführungen oben B.I.2. Vgl. dazu unten B.IV.5.C.
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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Die haushaltsrechtliche Trennung der Post vom allgemeinen Haushalt des Staates geht auf das Reichspostfinanzgesetz vom 18. 3. 1924 572 zurück. Während der Inflationsjahre nach dem ersten Weltkrieg war die Reichspost durch zu niedrige Gebühreneinnahmen auf Zuschüsse des Reiches angewiesen. Da sich das Reich selbst in einer finanziellen Krise befand, wurde im November 1923 die Post (ohne rechtliche Grundlage) vom Reichshaushalt getrennt und gleichzeitig festgelegt, daß die Post sich selbst zu tragen habe. Das Reichspostfinanzgesetz legalisierte schließlich diese Trennung 573 . Bei der Eigenwirtschaftlichkeit der Post ist weiter die Ablieferungspflicht zu berücksichtigen; sie ist eine Sonderabgabe der Bundespost und muß bei der Verwirklichung des Ausgabendeckungsprinzips betriebswirtschaftlich als Kostenfaktor einkalkuliert werden. Die Ablieferungspflicht der Post ist durch eine Änderung des Reichspostfinanzgesetzes vom 7.1 . 1931 574 eingeführt worden. Danach wurde die Reichspost verpflichtet, 6 bis 6 2 / 3 % ihrer Bruttoeinnahmen an das Reich abzuliefern, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ein Reinertrag erzielt wurde oder nicht. Die Ablieferungspflicht wurde für die Bundespost durch § 21 PostVerwG beibehalten. Zur Ablieferung ist die DBP gemäß dieser Vorschrift selbst dann verpflichtet, wenn die Post keinen Gewinn erzielt, sondern im Haushalt Verluste aufweist. In der Literatur 5 7 5 wird die Ablieferungspflicht mit unterschiedlichen Argumenten gerechtfertigt. So wird sie zum einen als Äquivalent für die der DBP eingeräumten Monopolrechte im Post- und Fernmeldebereich (§ 2 PostG, § 1 FAG) gesehen, andererseits mit der weitestgehenden Steuerbefreiung begründet. Schließlich wird auch noch eine dem Bund als Eigentümer zustehende angemessene Kapitalverzinsung erwähnt, um die Ablieferungspflicht zu rechtfertigen 576 . Letztlich ist die wirtschaftliche und rechtliche Begründung der Ablieferung nicht in das konventionelle System der Abgaben an den Staat einzuordnen, sondern sie ist als eine Abgabe „sui generis" zu betrachten 577 . Die Ablieferungspflicht ist in den letzten Jahrzehnten flexibel gehandhabt worden: So hat der Bund zur Verstärkung des Eigenkapitals der DBP in den Jahren ab 572 Reichspostfinanzgesetz vom 18. 3.1924, RGBl. IS. 287, geändert durch Gesetz vom 15. 7. 1926, RGBl. I S. 410, vom 28. 7. 1930, RGBl. I S. 420 und vom 7.1. 1931, RGBl. I S. 3. 57 3 Hempell, Postablieferungen an den Bund, Jahrbuch der DBP 1983, S. 282ff.; Schilly, Nachrichtenwesen, in Jeserich / Pohl/ von Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte. Band 4, Stuttgart 1985, S. 301 f.; W. Schmidt, NJW 1964, S. 2390 (2392). 574 Änderung des Reichspostfinanzgesetzes vom 7.1. 1931, RGBl. I S. 3. 57 5 Gutachten der Sachverständigenkommission für die Deutsche Bundespost vom 6. Nov. 1965, Deutscher Bundestag, Drs. V/203, S. 106; Hempell, Postverfassungsrecht, S. 296 ff.; Schilly, Nachrichtenwesen, in Jeserich I Pohl ! von Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte, S. 302. 57 6 Gutachten der Sachverständigenkommission für die Deutsche Bundespost, S. 107. 577 So auch Hempell, Postverfassungsrecht, S. 205ff.; ders., in Delfs (Hrsg.), Das Finanzwesen der Deutschen Bundespost, S. 321 ff.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
1965 auf einen Teil und für den Zeitraum 1975-1977 auf den gesamten Ablieferungsbetrag der DBP verzichtet. Von 1978 bis Ende 1980 betrug die Ablieferung dann 6 2/3% der Einnahmen; zusätzlich zahlte die DBP 1979 578 eine Sonderablieferung von 1,1 Mrd. D M und 1980 579 in Höhe von 1,5 Mrd. D M . Seit dem 1.1. 1981 580 beträgt die Ablieferungsquote 10% der Einnahmen; 1987 ergab dies einen Betrag in Höhe von 4,99 Mrd. D M . Genaue Angaben über die Ablieferung der DBP an den Bundeshaushalt in den Jahren 1950-1989 sind in Tabelle 2 (Anhang) angeführt. Durch das PostStruktG ist die Ablieferung grundsätzlich beibehalten worden; sie ist jedoch auf eine veränderte Bemessungsgrundlage umgestellt worden. Gemäß §43 Abs. 1 PostVerfG zahlen die Unternehmen dem Bund vom 1.1. 1996 an eine Ablieferung, die sich nach der Belastung berechnet, die anfallen würde, wenn sie steuerlich jeweils wie selbständige Unternehmen behandelt würden 5 8 1 . Auf die vorgesehenen Übergangsregelungen (§63 PostVerfG) soll hier nicht weiter eingegangen werden. Das Ausgabendeckungsprinzip verpflichtet die Bundespost zur Eigenwirtschaftlichkeit. Die Möglichkeit, dabei aus dem Bundeshaushalt Zuschüsse zu erhalten, hat der Gesetzgeber ausgeschlossen bzw. nicht vorgesehen (Zuschußverbot). Im übrigen waren für die DBP „kaufmännische Grundsätze" durch das PostVerwG nicht ausdrücklich als verbindlich erklärt worden 5 8 2 . Auf den insofern zur Verwaltung des Sondervermögens „Deutsche Bundesbahn" bestehenden Unterschied soll hier nachdrücklich hingewiesen werden. Die Deutsche Bundesbahn ist gemäß § 28 Abs. 1 BundesbahnG nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen. Diese eher marktwirtschaftliche Unternehmenspolitik wurde wiederholt auch für die DBP empfohlen 583 . Im PostStruktG ist inzwischen die 578 579 580
§29 Haushaltsgesetz 1979 vom 23. 2. 1979, BGBl. I S. 205. §30 Haushaltsgesetz 1980 vom 21.12. 1980, BGBl. I S. 2308. Art. 17 und Art. 20 Abs. 2 des Subventionsabbaugesetzes vom 26. 6. 1981, BGBl. I
S. 537. 581
Vgl. weiter Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S.49f. Diese Tatsache erklärt Jürgens mit der gesetzlich festgeschriebenen Monopolstellung der Bundespost. Für die Bundesbahn, die eine solche Monopolstellung nicht einnehme, sei auch die Zahlung von Zuschüssen nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden, Jürgens, Verfassungsmäßige Grenzen der Wirtschaftswerbung, Verw. Arch. 1962, S. 105 (136). Dazu ist erneut hervorzuheben, daß die Monopolbereiche der DBP nur einen Teil ihres Dienstangebotes umfassen und gerade auch nicht monopolisierte Zweige stark defizitär sind (z.B. Paketdienst), vgl. dazu Plagemann, Die Dienste der Deutschen Bundespost, S. 12 ff.; Deutsche Bundespost, Geschäftsbericht 1985, S. 83. 583 Gutachten der Sachverständigenkommission für die Deutsche Bundespost, S. 107; Knight Wendling, Strategisches Konzept für das Postwesen. Bericht Mai 1985, S. 20 f., Ziff. 31; differenzierter Sachverständigenrat, Jahresgutachten 1985/86. November 1985, Tz. 348 f. Aus dem parlamentarischen Raum MdB Kohn (FDP) in Deutscher Bundestag. Stenographischer Bericht 15. 5. 1986, S. 16178 f. 582
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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Führung der Unternehmen der Bundespost nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vorgeschrieben (§ 4 Abs. 1 Satz 5 PostVerfG). Die Errichtung von weiteren kaufmännisch-gewinnorientiert betriebenen Eigengesellschaften oder Beteiligungen durch die DBP würde dieser neuen Rechtslage entsprechen und zu einer Stärkung der Eigenwirtschaftlichkeit führen. Im Hinblick auf das Zuschußverbot ist weiter zu berücksichtigen, daß die Deutsche Bundespost auch nach dem PostStruktG im Monopol- und im Wettbewerbsbereich mit einer Fülle politischer Auflagen belastet bleibt. Hierzu zählen nicht nur die gemeinwirtschaftlichen Auflagen (Tarifeinheit im Raum, flächendeckendes Versorgungsnetz, Zulassungspflicht), sondern weitere Verpflichtungen, die aus politischen Erwägungen bestehen. Sie hängen überwiegend nicht mit der Erbringung von Post- und Fernmeldedienstleistungen zusammen und fallen deswegen (theoretisch) in die Bereiche anderer Ressorts bzw. wären von diesen zu finanzieren. Beispielhaft sollen genannt werden die einnahmenmindernden Auflagen aus dem Bereich der Deutschlandpolitik oder z.B. Sozialtarife und nicht kostendeckende Tarife im Postzeitungsdienst sowie kostenerhöhende Auflagen wie ζ. B. die quantitativ überhöhte Lehrlingsausbildung, Verpflichtungen zur Beschaffung im Zonenrandgebiet, Verkehrsbeförderung durch den Schienenverkehr der Bundesbahn anstelle im eigenen Straßengütertransport usw. 5 8 4 . Für alle diese Auflagen, die die Bundespost seit einigen Jahren quantifiziert und die erhebliche Kosten verursachen (1987: ca. 2 Mrd. D M ) 5 8 5 , erhält sie keinen finanziellen Ausgleich aus dem Bundeshaushalt bzw. von den Bundesländern. Ein solcher ist auch durch das PostStruktG nicht eingeführt worden. Auch insofern muß wieder auf einen Unterschied zur Deutschen Bundesbahn hingewiesen werden, als der Gesetzgeber hier einen politischen, finanziellen Ausgleich aus dem Bundeshaushalt gesetzlich vorgesehen hat (§ 28 a BundesbahnG). Die Bundespost ist angesichts der Kostenbelastungen durch politische Auflagen auf weitere Einnahmemöglichkeiten besonders angewiesen. Dies ist ihr auch deswegen zu ermöglichen, weil die Möglichkeiten zur Einnahmenerzielung im Monopolbereich ökonomisch letztlich begrenzt sind. Insofern können Gewinnabführungen der Tochtergesellschaften der Bundespost zu einem ausgeglichenen Haushalt der Unternehmen der Deutschen Bundespost bzw. zur Auflagenfinanzierung beitragen. Aus den o.g. drei Grundsätzen 586 ergeben sich Folgen für die Einschätzung des erwerbswirtschaftlichen Handelns der Deutschen Bundespost. Eine wenn auch nicht primäre Funktion und Folge von Tochtergesellschaften der DBP wird es sein, einen Beitrag zu den haushaltsrechtlichen Vorgaben zu leisten. Mittelfristig wird dies — unter der Prämisse, daß die Eigengesellschaften oder Beteiligungen wirtschaftlich ohne Verluste arbeiten — dazu führen, daß 584 585 586
Vgl. ausführlich Plagemann, ZögU 1988, S. 383 (384 ff.), ZögU 1989, S. 155 ff. Vgl. dazu Plagemann, ZögU 1988, S. 383 (394ff.). Ausgabendeckungsprinzip, Ablieferungspflicht, Zuschußverbot.
13 Plagemann
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
1. der Bund über die Ablieferungsklausel an den absolut erhöhten Betriebseinnahmen der DBP partizipiert und die Bundespost einen weiteren Beitrag zum Bundeshaushalt leistet; 2. die Gewinnabführungen für die DBP eine Absicherung der betriebswirtschaftlichen Liquidität bedeuten. Hierin liegt ein Beitrag, der es der DBP erleichtert, trotz des Zuschußverbotes flexibel im Rahmen der wirtschaftlichen Vorgaben des § 2 Abs. 1 PostVerwG bzw. § 4 Abs. 1, § 37 Abs. 1, 2 PostVerfG zu agieren; 3. die Bundespost über die Gewinnabführungen ihrer Tochtergesellschaften eine Möglichkeit zur teilweisen Finanzierung ihrer zahlreichen politischen Auflagen bekommt, für die sie keine Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt oder von den Bundesländern erhält.
Private Tochtergesellschaften besitzen auch für die Investitionspolitik der DBP eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Zur Zeit nimmt die Deutsche Bundespost die Aufgabe wahr, über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten die Innovation des zukünftigen Fernmeldenetzes zu finanzieren 587. Es liegt in der logischen Weiterentwicklung dieser Aufgabe, daß die Post von diesen Vorleistungen unter Verwendung ihrer betrieblichen Verbundvorteile partizipiert. So können die Angebote von Eigengesellschaften oder Beteiligungen der DBP dazu beitragen, daß die neu angebotenen Dienste besser ausgelastet werden und damit die Refinanzierung der Bundespost fördern. Ebenso könnte ein erweitertes Angebot von Endgeräten i.V. mit einem Marketingkonzept es ermöglichen, daß die Vorteile von neuen Diensten gesamtwirtschaftlich besser erkannt und ausgenutzt werden können. Schließlich ermöglichen Tochtergesellschaften der Bundespost auch Kooperationen mit anderen Unternehmen. Hierdurch lassen sich erhebliche Verbundvorteile realisieren (Know-howTransfer, bessere Vermarktung etc.). In diesem Rahmen ist die Aufgabe von Tochtergesellschaften zu sehen, die sich am Markt bietenden Chancen wahrzunehmen. Für die DBP folgt dieser Unternehmenszweck unmittelbar aus dem Auftrag zur Eigenwirtschaftlichkeit. Eigengesellschaften bzw. Unternehmensbeteiligungen nehmen unmittelbar an der Erfüllung dieses Auftrages teil. Dem widerspricht auch nicht, daß das V G Hannover in einer kürzlich ergangenen Entscheidung 588 zum „Versand von Werbematerial in Postgirobriefen" dem Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit nur eine eingeschränkte Bedeutung 587 Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion D I E G R Ü N E N , Ausbau der fernmeldetechnischen Infrastruktur (I), Deutscher Bundestag, Drs. 10/5144, S. 11 ff.; Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen (Hrsg.), Mittelfristiges Programm für den Ausbau der technischen Kommunikationssysteme. Bonn 1985, S. 20 ff.; ders. (Hrsg.), Chance und Herausforderung der Telekommunikation in den 90er Jahren. Bonn 1986, S. 14ff. 588 V G Hannover, Urt. vom 9.1. 1986, NJW 1986, S. 1630 ff. — die Entscheidung wurde in der Berufung aufgehoben, OVG Lüneburg, Urt. vom 15. 3. 1988, NJW 1988, S. 1867ff., die Revision blieb erfolglos, BVerwG, Urt. vom 21.4. 1989, NJW 1989, S. 2409 f.
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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zuerkannte. Ein Postgiroteilnehmer wandte sich dagegen, daß ihm die Bundespost trotz seines Widerspruchs bis zu dreimal im Monat zusammen mit dem Kontoauszug jeweils eine postfremde Werbebeilage zusandte. Die DBP hatte in dieser Streitsache vorgetragen, daß der Anspruch des Postkunden auf Mitteilung der Veränderung seines Kontostandes von vornherein durch den gesetzlichen Auftrag der Post zur Eigenwirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 2 und § 15 Abs. 1 PostVerwG) mitbelastet sei, so daß er die Werbetätigkeit der Beklagten (DBP) zu tolerieren habe. Dazu hatte das Verwaltungsgericht ausgeführt: „Das in den Vorschriften festgelegte Wirtschaftlichkeitsprinzip statuiert lediglich eine postinterne Verpflichtung, wie sie die öffentliche Verwaltung insgesamt trifft (vgl. § 82 NdsGO), kann aber Rechte gegenüber außenstehenden Bürgern nicht begründen. Außerdem kommen die Einnahmen aus der Werbetätigkeit im Postgiroverkehr nicht diesem gesondert zugute, so daß sie auf die Gebührengestaltung in diesem Bereich direkt Einfluß ausüben könnten, sondern fließen allgemein in die Postkasse." 589
Dem kann nicht zugestimmt werden. Das Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit bestimmt das Verwaltungshandeln der Postbehörden nach innen und außen. Wenn das V G nur eine Innenwirkung unterstellt, übersieht es dabei, daß diesen nach innen gerichteten Entscheidungen auch Auswirkungen nach außen hin zukommen dürfen 590 . Dies können faktische Auswirkungen sein — es braucht sich dabei nicht um Rechtspositionen zu handeln. Jedenfalls geht die Bindungswirkung der Eigenwirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 2, § 15 Abs. 1 PostVerwG) weit über die postinterne Bedeutung hinaus 591 . Sie tritt insofern nach außen hin in Erscheinung, als der Voranschlag der DBP die verschiedenen Dienstzweige und Teildienstzweige zusammenfaßt und auf ein ausgeglichenes Ergebnis der DBP insgesamt hinstrebt. Der Jahresabschluß der DBP enthält eine Gewinn- und Verlustrechnung, die die verschiedenen Zweige ebenfalls zusammenfaßt und dabei einen internen Kostenausgleich beinhaltet. Nur die Zulässigkeit des internen Kostenausgleichs gestattet es der DBP, verschiedene Dienstangebote im Post- und Fernmeldebereich überhaupt zu den gegenwärtigen bundeseinheitlichen Gebühren anzubieten. Damit tritt aber eine Außenwirkung für die Postkunden notwendigerweise ein.
589
V G Hannover, NJW 1986, S. 1630 (1632). M.E. ist es schon verfehlt, die Maßnahme und den Auftrag der DBP zur Eigenwirtschaftlichkeit nur an einfachem Gesetzesrecht (hier: PostVerwG) zu messen. Statt dessen hätte das V G Hannover auch den aus Art. 87 Abs. 1 GG abzuleitenden öffentlichen Auftrag der Bundespost berücksichtigen müssen. 590
591 Die Aussage des V G Hannover zur Mittelverwendung ist ebenfalls fragwürdig: Aus dem Grundsatz der Einheit der Postverwaltung und ihrer Dienste ergibt sich, daß das wirtschaftliche Handeln der Bundespost nur insgesamt zugerechnet werden darf und keineswegs zwischen Diensten oder Teildienstzweigen differenziert werden kann. Deswegen kann nicht verlangt werden, daß die Werbeeinnahmen im Rahmen des Postgiroverkehrs diesem Dienstzweig zugerechnet werden müssen, so auch OVG Lüneburg, NJW 1988, S. 1867 (1870), ähnlich BVerwG, NJW 1989, S. 2409 (2410).
13*
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Im übrigen werden durch erwerbswirtschaftliche Maßnahmen besondere „Rechte gegenüber außenstehenden Bürgern" nicht begründet. Bei den Eigengesellschaften oder Beteiligungen handelt es sich vielmehr um Wirtschaftssubjekte, die den übrigen Wirtschaftsunternehmen in den Rechten und Pflichten gleichgestellt sind. bb) Die Bedeutung von Eigengesellschaften und Beteiligungen für den öffentlichen Auftrag der Bundespost Es ist bereits angesprochen worden, ob die spezifische Tätigkeit der Eigengesellschaften oder Beteiligungen, also etwa auf dem Endgerätesektor und bei Telekommunikationsmehrwertdiensten, gegenüber den privaten Verbrauchern als Teil der Infrastrukturdienste (Monopol- und Pflichtleistungen) i. S. von § 4 Abs. 1 Satz 3 PostVerfG der Bundespost angesehen werden muß. Als solcher wäre dann das erwerbswirtschaftliche Handeln auch ein Teil der Daseinsvorsorge und läge somit im öffentlichen Interesse. Daß es sich bei Endgeräten um umfassende Daseinsvorsorge handelt, erscheint aber zumindest aus heutiger Sicht fraglich. Bestandteile des Vertriebsprogramms werden auch Endgeräte sein, die über den Stand von Grunddiensten erheblich hinausgehen — damit entfallt eine Zuordnung zur Daseinsvorsorge. Ebenso sind auch die höherwertigen Mehrwertdienste — die über die Grunddienste hinaus zur Verfügung gestellt werden — nicht dem Bereich staatlicher Daseinsvorsorge zurechenbar. Andererseits hat Bachof für die Deutsche Postreklame GmbH bestätigt, daß sie u.a. eindeutig öffentliche Aufgaben wahrnehme, indem sie z.B. Telefonbücher herausgebe 592. Hier zeigt sich erneut, daß in der Tätigkeitspalette desselben Unternehmens sowohl erwerbswirtschaftliche als auch sozialwirtschaftliche Aufgaben vorliegen können. Bei der Beurteilung des „öffentlichen Zwecks" von Eigengesellschaften oder Beteiligungen kommt es indessen nicht allein nur auf den Unternehmensgegenstand an. Vielmehr ist deren „öffentlicher Zweck" im Hinblick auf den Infrastrukturauftrag der Bundespost zu beurteilen. Eigengesellschaften und Beteiligungen der DBP werden mit den Erträgen, die sie an die DBP abführen sollen, zu einer besseren finanziellen Haushaltslage der Bundespost beitragen 593 . Da die DBP aber die öffentliche Aufgabe der Versorgung mit Telekommunikationsleistungen (Infrastrukturdienste) wahrnimmt, ist auch der Beitrag zum Finanzhaushalt der DBP als „öffentliche Aufgabe" zu sehen. In der Literatur wird teilweise der Begriff „öffentliche Aufgabe" enger umschrieben. Verschiedene Autoren vertreten die Ansicht, daß „erwerbswirt592
Bachof Diskussionsbeitrag, VVDStRL 19 (1961), S. 252. Zum Vergleich: Allein die Deutsche Postreklame GmbH hat 1985 bei einem Umsatz von 222 Mio. D M einen Gewinn vor Steuern von 10,048 Mio. D M erwirtschaftet. 593
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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schaftliches Gewinnstreben allein oder primär ein Unternehmen der öffentlichen Hand nicht zu legitimieren vermag" 5 9 4 . Eine öffentliche Aufgabe könne nur dann vorliegen, wenn die Staatstätigkeit unmittelbar einem öffentlichen Zweck diene und dieser nicht erst indirekt über die Verbesserung des Haushaltsbudgets erzielt werde 595 . Diese Argumentation enthält eine bedenkliche Trennung in unterschiedliche Unternehmensfunktionen. Auf die Problematik einer unzulässigen Aufspaltung in Verkehrsleistungen und Finanzleistungen ist Joseph H. Kaiser anläßlich der Diskussion um die Eisenbahnreklame-GmbH eingegangen596. Die „Deutsche Eisenbahn-Reklame GmbH" stellt einen besonders ertragreichen Wirtschaftszweig der Deutschen Bundesbahn dar. M i t ihren erwirtschafteten Gewinnen trägt sie dazu bei, die Höhe der benötigten Subventionen aus dem Bundeshaushalt zu vermindern. In der rechtswissenschaftlichen Literatur ist die Eisenbahnreklame im Verhältnis zur Beförderung von Personen und Gütern als ein „Annex in der Durchführung dieser Aufgaben" 597 bezeichnet worden. Demgegenüber hat Kaiser zutreffend das Gesamtbild als öffentliche Aufgabe herausgestellt: „Auch diese im wesentlichen auf einen Beitrag zur Finanzierungsfunktion beschränkten „Teilbereiche" partizipieren unmittelbar an der dem Unternehmen Bundesbahn gestellten öffentlichen Aufgabe. Verkehrsleistung und Finanzleistung sind in dem Unternehmenskonzept der Bundesbahn, wie es in den Zielvorgaben des Bundesverkehrsministers seine geltende Definition erfahren hat, viel zu sehr ineinander verwoben, als daß es zulässig wäre, die Finanzierungsaufgabe von der technischen Verkehrsleistung so sehr zu trennen, daß sie als ein rechtliches aliud der öffentlichen Aufgabe des Schienenverkehrs entgegengesetzt werden könnte." 5 9 8
Diese Überlegungen sind auf die Bundespost übertragbar. Wie angesprochen werden Einnahmeüberschüsse der Tochtergesellschaften es der Bundespost 594
So Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 107 , vgl. weiter gegen die Zulässigkeit der erwerbswirtschaftlichen Betätigung Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (381); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 93; Stober, ZHR 145 (1981), S. 565 (568, 584); ders., Betriebs-Berater 1989, S. 716 (720); andererseits für die Zulässigkeit der erwerbswirtschaftlichen Betätigung Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand, S.42f.; Schmittat, ZHR 148 (1984), S. 428 (455); Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 131; differenzierend Badura, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Unternehmenszwecke bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, in Festschrift für Hans-Jürgen Schlochauer. Berlin/New York 1981, S. 5ff., 20. 595 So z.B. Grupp, ZHR 140 (1976), S. 367 (370f.): „Die erwerbswirtschaftliche Hilfstätigkeit wird durch die Gewinnverwendung nicht zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben." 596 J.H. Kaiser, NJW 1976, S. 87 ff. 597 Forsthoff, zitiert nach J.H. Kaiser, NJW 1976, S. 87 (88 Fn. 11 f.); ähnlich Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 411. 598
J.H. Kaiser, NJW 1976, S. 87 (88) (Hervorhebung im Original).
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
ermöglichen, ihre zahlreichen politischen Auflagen, die sie selbst zu finanzieren hat, zu tragen. Langfristig können dadurch die Tarife im Monopolbereich, mit denen heute vorwiegend die politischen Auflagen finanziert werden, gesenkt werden. Die Gründung von Eigengesellschaften und Beteiligungen durch die Deutsche Bundespost entspricht auch den gesetzlich festgelegten Leitungsgrundsätzen (§ 4 Abs. 1 PostVerfG). In dieser Bestimmung sind die Aufgaben der Bundespost näher umschrieben und besondere Leitlinien festgelegt: Die Bundespost hat danach ihre Dienste unter Berücksichtigung der Markterfordernisse entsprechend der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung zu gestalten. Darüber hinaus sind die Infrastrukturdienste (Monopolaufgaben und Pflichtleistungen) und die notwendige Infrastruktur im Sinne der öffentlichen Aufgabenstellung, insbesondere der Daseinsvorsorge, nach den Grundsätzen der Politik der Bundesrepublik Deutschland zu sichern und der Entwicklung anzupassen. In Wahrnehmung dieser Aufgaben sollen sich die Unternehmen der Bundespost am Wettbewerb beteiligen. Unter Berücksichtigung dieser Leitlinien sind die Unternehmen der Bundespost nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu führen. Diese Unternehmensziele können nur erreicht werden, wenn die Bundespost als eine wirtschaftliche Einheit geführt wird. Damit ist nicht vereinbar, die Bundespost von ertragsstarken Bereichen fernzuhalten und sie zukünftig überwiegend zur Bereitstellung ertragsschwacher Güter zu verpflichten. Die Entstehung von Finanzüberschüssen und deren Verwendung in defizitären Bereichen sind derselben Einheit zurechenbare Vorgänge. Daher ist die Bundespost wie die Bahn zu wirtschaftlich sinnvollem Verhalten verpflichtet. Die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit ist ebenso wie bei der Bundesbahn Bestandteil der öffentlichen Aufgabe Bundespost. So stellt auch Badura darauf ab, „daß jede Tätigkeit der Verwaltung einem öffentlichen Interesse dient, also auch die „erwerbswirtschaftliche" Tätigkeit der öffentlichen H a n d " 5 9 9 . Zugleich einschränkend merkt er an, „daß die ökonomische Zielsetzung der Einnahme- oder Gewinnerzielung für sich allein nicht genügt, um die Teilnahme am Wirtschaftsverkehr zu rechtfertigen. Die hier möglichen und zulässigen öffentlichen Zwecke sind allerdings sehr vielfaltig und von unterschiedlichem Gewicht" 6 0 0 . Konsequent sieht er daher als unzulässige Grenzüberschreitung den Fall an, „daß sich die Zielsetzung der als Unternehmer auftretenden öffentlichen Hand darin erschöpft (...) „rein" erwerbswirtschaftlich, staatskapitalistisch vorzugehen" 601 . Die kontroversen Standpunkte zu der Frage, ob der Staat sich auch „rein erwerbswirtschaftlich" betätigen darf, sind an früherer Stelle (B.I.2.) bereits 599 600 601
Badura, in Festschrift für Hans-Jürgen Schlochauer, S. 5. Badura, in Festschrift für Hans-Jürgen Schlochauer, S. 6. Badura, in Festschrift für Hans-Jürgen Schlochauer, S. 28,
III. Verfassungsrechtliche Schranken
199
angesprochen und diskutiert worden. Im wesentlichen gelten diese Überlegungen meines Erachtens auch für die Bundespost als unmittelbare Bundesverwaltung, es kommen aber weitere zu berücksichtigende Argumente hinzu. Die Bundespost erfüllt letztlich eine Vielzahl von Aufgaben. Gerade wegen dieser interdependenten Zielsetzungen bei der Versorgung mit Post- und Fernmeldeleistungen können auch einzelne gewinnorientierte Wirtschaftseinheiten zur Erfüllung ihrer Gemeinwohlaufgaben beitragen. Die erwerbswirtschaftliche Betätigung kommt damit dem öffentlichen Auftrag der Bundespost unmittelbar zugute. Es ist bereits herausgestellt worden, daß die Betätigungsbereiche, die für Eigengesellschaften und Beteiligungen heute denkbar sind, nicht im Bereich der lebensnotwendigen staatlichen Daseinsvorsorge liegen. Dennoch sind eine Reihe gesamtwirtschaftlich positiver Aspekte abzusehen, wie etwa u.U. flächendeckende Versorgung, Ausnutzung von Verbundvorteilen, Sicherstellung von Betriebserfahrung etc. 6 0 2 , so daß mehrere Gründe dafür sprechen, hier in Verbindung mit der Gewinnerzielungsabsicht eine „öffentliche Aufgabe" anzunehmen. Allgemein gilt der Grundsatz, daß die Deckung des staatlichen Finanzbedarfs die Voraussetzung für die Arbeitsfähigkeit der staatlichen Verwaltung und ihre Leistungserbringung darstellt. Insofern besteht ein bedeutendes Interesse der Bürger an der Finanzierung des Verwaltungsapparates, der Gemeinwohlaufgaben wahrnimmt. Wenn daher durch bestimmte Maßnahmen die staatliche Verwaltung finanziell gestärkt wird, so sind auch diese als öffentliche Aufgaben anzusehen603. Da die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Eigengesellschaften und Beteiligungen der DBP zugute kommt, ist auch dieses Tätigkeitsfeld der DBP als öffentliche Aufgabe zu qualifizieren. Insofern dürfte nachgewiesen sein, daß öffentliche und fiskalische Interessen nicht notwendig einen Gegensatz bilden. Das öffentliche Interesse schließt auch fiskalische Interessen mit ein, wenn diese zur Sicherung der Funktionsfahigkeit der DBP beitragen. Eigengesellschaften und Beteiligungen, die der DBP zugehörig und mit dem Ziel gegründet worden sind, einen Finanzierungsbeitrag an die DBP zu leisten, erfüllen daher eine öffentliche Aufgabe. Dagegen spricht nicht die Tatsache, daß es sich bei den Eigengesellschaften und Beteiligungen um juristische Personen des Privatrechts handelt. Die Verwaltung kann sich — wie oben dargelegt — zur Erfüllung ihres Auftrags auch der Rechtsform des Privatrechts bedienen.
602
Vgl. oben A.II.3.a. H.H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 142 unter Hinweis auf Ipsen (a.a.O.); Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private. Berlin 1971, S. 74; Stober, Betriebs-Berater 1989, S. 716 (717, 722). 603
200
Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
cc) Innovationsförderung Bei der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der DBP handelt es sich teilweise um die Vermarktung von Produkten, die den höherwertigen Kommunikationssystemen zuzurechnen sind. Durch die Unterscheidung von Netzen und Endgeräten ist auch der Bereich deutlich erkennbar, in dem wettbewerbliche Angebote der DBP in Zukunft denkbar sind: Für das Netz bis zur Schnittstelle ist das Fernmeldemonopol der DBP nahezu unbestritten. Die Schnittstelle bildet den technischen Anknüpfungspunkt, hinter dem Marktkräfte gestalterisch wirksam werden können. Da die DBP im Fernmeldebereich verpflichtet ist, das Kommunikationssystem als Ganzes weiterzuentwickeln, umfaßt diese Aufgabe auch den Endgerätebereich. Gegenwärtig ist die DBP auf einigen Märkten im Endgerätebereich, für die sie Erfahrungen sammeln könnte, nicht präsent. Als Märkte, an denen die DBP nicht als Anbieter beteiligt ist, sind u. a. zu nennen die Gerätemärkte für Telex, Teletex und Satellitenempfangsanlagen sowie der gesamte Bereich der Datenverarbeitungsendgeräte. Nur gering beteiligt ist die DBP beim Angebot von Telefax, schnurlosen Telefonen und größeren Nebenstellenanlagen. Die Innovation von Netzinfrastrukturen, besonders auch das ISDN, führt zu der Notwendigkeit, daß die DBP an dem Markt der Endgeräte teilnimmt. Zwischen Netz und Endgeräten bestehen Interdependenzen, deren genaueste Kenntnis und Anwendung auf Produktmärkten für die Bundespost essentiell wichtig ist. Diese Bedeutung wird in Zukunft wachsen, da auch die Netzfunktionen an Komplexität zunehmen. Die DBP kann sich nur durch eigene Angebote einen Einblick in die Probleme ihrer Kunden verschaffen. Diese Kenntnis bildet die Voraussetzung zu einer sinnvollen Weiterentwicklung der Fernmeldeinfrastruktur und hilft der DBP, Innovationserfahrung zu gewinnen 604 . Im Hinblick auf die Gesamtverantwortung der Bundespost für die Kommunikationsinfrastruktur ist daher festzustellen, daß sie bei wettbewerblicher Teilnahme am Endgerätemarkt einen „öffentlichen Zweck" erfüllen würde. 5. Demokratieprinzip Wie oben ausgeführt wurde (B.I.3.d.) verlangen das parlamentarische und das demokratische Prinzip, daß dem Minister bei der Leitung der Verwaltung ausreichende Einflußnahmerechte und Kontrollmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dieser Grundsatz gilt insbesondere bei der Wahl privatrechtlicher Organisationsformen der Verwaltung. I m Schrifttum ist die Frage, ob die Bundespost bei einer teilweisen Verselbständigung in privatrechtliche Unterneh604 Dies ist bereits an früherer Stelle hervorgehoben worden, vgl. Leetz, GÖWG 1980, S. 9 (10).
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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men einer genügenden demokratischen Kontrolle unterliegt, umstritten 605 . Um diese Kontroverse genauer beurteilen zu können, erscheint es sinnvoll, die verschiedenen Steuerungsformen genauer zu betrachten. Die Einflußnahme des zuständigen Ministers bzw. der Verwaltung auf die angegliederten privatrechtlichen Organisationseinheiten erfolgt in der Regel durch die zuständigen gesellschaftsrechtlichen Organe, in denen die Verwaltung über ihren/ihre Vertreter die Unternehmenspolitik bestimmt. Dies gilt ebenso für die Eigengesellschaften wie für die Beteiligungen der Bundespost. Hinzukommen weitere, auf der Ebene des Gesellschaftsrechts festgelegte Möglichkeiten der Einflußnahme (z.B. durch das Haushaltsrecht). Ein weiteres Mittel der Bundespost zur Anbindung der privaten Unternehmen an ihre eigenen unternehmenspolitischen Zielsetzungen ist die vertragliche Bindung und Verpflichtung der jeweiligen Tochtergesellschaft. In diesen Verträgen können weitere Ingerenz- und Kontrollmöglichkeiten festgelegt werden. Dabei sollen die Einwirkungsmöglichkeiten eine aktive Einflußnahme der Verwaltung gewährleisten, während die Kontrollmöglichkeiten zu ex-post Überprüfungen und gegebenenfalls Beanstandungen von einzelnen Maßnahmen führen 6 0 6 . Zwar soll der Eigengesellschaft bzw. der Beteiligung nicht vollständig der unternehmerische Spielraum genommen werden — dann wäre eine Auslagerung der Aufgabe auch nicht zu begründen — andererseits darf die Verwaltung nicht ihre Einflußnahmerechte verlieren. Das Ausmaß dieser Ingerenzbefugnisse beschreibt Ehlers zutreffend dergestalt, daß die Verwaltung „sich in den wichtigen Fragen der Aufgabendurchführung ein Letztentscheidungsrecht vorbehalten muß. Namentlich hat sie die Einhaltung der öffentlichen Zwecksetzung und die Beachtung der subjektiven Rechte der Bürger zu gewährleisten" 607 .
Hiermit dürfte deutlich sein, daß es im Einzelfall zu Interessengegensätzen über den unternehmerischen Freiraum des Privatrechtssubjekts kommen kann. Wie intensiv letztlich die Einwirkungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand beschaffen sein müssen, hängt nach Ansicht des Verfassers auch mit der jeweiligen Aufgabenstellung bzw. der Dienstleistung zusammen. Unterscheidungskriterium könnte hierbei die Wettbewerbsintensität auf dem jeweiligen Markt oder die ergänzende Funktion zu den von der Bundespost angebotenen Leistungen sein. Insgesamt sprechen die Verpflichtungen des Demokratieprinzips nicht gegen die Möglichkeit der Auslagerung von Verwaltungsaufgaben der Bundespost, wenn gleichzeitig entsprechende Steuerungsmöglichkeiten geschaffen werden 608 . 605 Die Möglichkeit ausreichender Einflußsicherung bejahen z. B. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 124ff.; Dittmann, Die Bundesverwaltung, S. 180ff.; ablehnend Wussow, RiA 1981, S. 107f. 606 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 130. 607 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 131. 608 Wie Ehlers nachgewiesen hat, bestehen ausreichende Steuerungsbefugnisse insbesondere für die Rechtsformen GmbH und Aktiengesellschaft, vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 132 ff.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß insbesondere bei den Beteiligungen tendenziell eher die Möglichkeit einer zu weitgehenden Verselbständigung besteht als bei den Eigengesellschaften. So könnte bei Beteiligungen etwa von Seiten der übrigen Anteilseigner eine Einflußnahme auf die Gesellschaft erfolgen, die den Interessen des öffentlichen Unternehmens Deutsche Bundespost nicht entspricht. Auch im Hinblick auf diese nicht auszuschließende Möglichkeit kann jedoch nicht gesagt werden, daß bei derartigen Konfliktlagen die demokratische Kontrolle bei den Beteiligungen grundsätzlich verhindert wird. Vielmehr kommt es bei den Beteiligungsgesellschaften nur in besonderer Weise darauf an, den Einfluß der Deutschen Bundespost abzusichern. Dies kann ζ. B. durch eine entsprechende Gestaltung der Satzung, durch die Stimmrechte, Entscheidungsvorbehalte, die Bestellung von Vorständen oder Geschäftsführern durch die Bundespost sowie weitere Maßnahmen geschehen. Genügend Einflußnahmerechte der Verwaltung sind daher auch bei den Beteiligungen denkbar 609 . Insgesamt kann der notwendige Einfluß der Verwaltung auf Tochtergesellschaften — auch bei den Beteiligungen — durch unterschiedliche Einwirkungsmechanismen herbeigeführt werden. Ein automatischer Verlust an demokratischer Kontrolle läßt sich nicht bestätigen. Soweit diese Befürchtung besteht, muß darauf hingewiesen werden, daß es sich dabei in erster Linie um rechtspolitische Fragen handelt, ob erstens eine derartige Verselbständigung überhaupt erfolgen soll und zweitens, wie detailliert die Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten im Einzelfall gestaltet sein sollen. Aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen meines Erachtens ausreichende rechtliche Instrumente, um die notwendige Staatsnähe und demokratische Kontrolle der Tochtergesellschaften sicherzustellen 610. 6. Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG könnte unter Umständen eine Schranke gegenüber der Auslagerung von Aufgaben der Bundespost in privatrechtliche Organisationsformen darstellen. Nach Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Diese Verfassungsbestimmung könnte so verstanden werden, daß die Erbringung von Leistungen im Post- und Fernmeldewesen vorrangig Beamten im statusrechtlichen Sinne vorbehalten ist und daraus indirekt eine Verpflichtung folgt, die Bundespost ausschließlich 609 Ebenso Ronellenfltsch, in Isensee ! Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, S. 1187 (Rdnr. 28 , vgl. auch Rdnr. 25). 610 So auch Dittmann, Die Bundesverwaltung, S. 180ff.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 132,144; Ronellenfltsch, in Isensee I Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, S. 1186ff.; anderer Ansicht Wussow, RiA 1981, S. 107f.
III. Verfassungsrechtliche Schranken
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öffentlich-rechtlich zu organisieren (vgl. oben B.I.3.g.). Eine derartige Auslegung erscheint mir indessen aus folgenden Gründen fragwürdig: Eigentlicher Sinn des Funktionsvorbehalts des Art. 33 Abs. 4 GG ist es, im sachlichen Interesse eines intakten — auch in Krisenzeiten noch funktionsfähigen — Gemeinwesens die Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben durch eine dem Staat besonders eng verbundene Gruppe von Bediensteten zu sichern 611 . Insofern läßt sich die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben nicht danach bestimmen, ob Aufgaben der Eingriffs- oder der Leistungsverwaltung wahrzunehmen sind. Auch die Unterscheidung nach der Rechtsform des Handelns (öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich) bietet keine überzeugende Unterscheidungsgrundlage 612 . Wie nämlich an anderer Stelle aufgezeigt wurde, läßt sich aus dem Verfassungsrecht nicht zwingend auf eine der beiden Handlungsformen schließen. Vielmehr kann die Bundespost aus verfassungsrechtlicher Sicht ihre Leistungen sowohl öffentlich-rechtlich als auch privatrechtlich anbieten. Im Schrifttum wird der Sinn des Funktionsvorbehalts teilweise darin gesehen, daß die Erfüllung bedeutsamer Verwaltungsaufgaben durch qualifizierte, in einem besonderen Treueverhältnis stehende, nicht zum Streik berechtigte Bedienstete sichergestellt wird 6 1 3 . Nach der Auffassung von Ehlers sei der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG daher sowohl auf die Wahrnehmung von Aufgaben der Eingriff s Verwaltung als auch die „Leistungsaufgaben" zu beziehen 614 . Insofern bevorzugt Ehlers eine extensive Auslegung des Begriffs „hoheitliche Befugnisse" i.S. von Art. 33 Abs. 4 GG. Gleichwohl hält er eine flexible Handhabung der Bestimmung für möglich. Der Funktionsvorbehalt betreffe nur die „ständigen" Leistungsaufgaben und „nur „in der Regel"". Daher werde dem Funktionsvorbehalt genügt, „wenn die Ausübung der hoheitlichen Befugnisse durch Nichtbeamte insgesamt gesehen die Ausnahme bleibt und im konkreten Fall ein sachlicher Grund für die Ausnahme gegeben ist"615. Letztendlich bleibt m.E. diese Auslegung des FunktionsVorbehalts nach Art. 33 Abs. 4 GG aus verfassungsrechtlicher Sicht unbefriedigend. Obwohl die Problematik des Funktionsvorbehalts außerordentlich vielschichtig ist und hier nicht erschöpfend behandelt werden kann, soll doch der Argumentationsansatz 611 Vgl. Matthey, in von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band II, 2. Aufl., München 1983, Art. 33 Rdnr. 29. 612 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 121 f. m.w.N.; SchmidtAßmann /Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 125 f. 613 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 122. Beamte dürfen nach h.M. ausnahmslos nicht streiken. Sie können zur Streikarbeit herangezogen werden, vgl. BVerwG, DVB1. 1984, S. 952ff.; BAG, NJW 1986, S. 210ff. 614 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 122. Gleichwohl ist die Frage heftig umstritten, und im Schrifttum wird die gegenteilige Ansicht vertreten, vgl. etwa SchmidtAßmann /Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 125 f. 615 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 123.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
von Ehlers hier aufgenommen werden. Zutreffenderweise verwendet er eine funktional bestimmte Auslegung der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" und verweist auf die Schutzfunktion der Norm. Diese läßt sich meiner Ansicht nach künftig nicht mehr in sämtlichen Leistungsaufgaben der Bundespost erkennen 6 1 6 . Statt dessen ist eine Schutzfunktion im Telekommunikationsbereich nur bei den „wesentlichen" Dienstleistungen zu bejahen (vgl. oben B.II.4.b.dd.). Vor allem da die übrigen Leistungen mehr und mehr im Wettbewerb angeboten werden, reduziert sich — von den Infrastrukturleistungen abgesehen — der schützenswerte Bereich. Daher ist bei zahlreichen Dienstleistungen zu bezweifeln, ob es noch zeitgemäß ist, sie in Ausübung hoheitlicher Befugnisse zu erbringen 617 . Statt dessen lassen sich diese Dienstleistungen ebenso durch Tarifkräfte erbringen. Letztlich sind daher etliche Dienstleistungsangebote der Bundespost denkbar, die nicht unter den Funktionsvorbehält fallen und daher durch privatrechtliche Organisationseinheiten angeboten werden können. 7. Gesetzesvorbehalte a) Institutioneller Gesetzesvorbehalt
Der institutionelle Gesetzesvorbehalt besagt, daß bestimmte organisatorische Einrichtungen aus politischen oder verfassungsrechtlichen Gründen in ihrer Einrichtung dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Ein institutioneller Gesetzesvorbehalt, der in diesem Zusammenhang Bedeutung gewinnen könnte, ist Art. 87 Abs. 3 GG. Nach dieser Bestimmung können für Angelegenheiten, für die dem Bund die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes durch Bundesgesetz errichtet werden. Obwohl sich die Bestimmung dem Wortlaut nach nur auf Einrichtungen der öffentlich-rechtlichen mittelbaren Bundesverwaltung bezieht, ist gelegentlich behauptet worden, daß Art. 87 Abs. 3 GG auch auf Privateinrichtungen, die staatliche Aufgaben erfüllen, anzuwenden sei 618 . Die weitaus h . M . 6 1 9 des Schrifttums sieht jedoch durch Art. 87 Abs. 3 GG Unternehmensgründungen des Bundes nicht erfaßt. Infolgedessen muß der Gesetzgeber bei der Gründung von Eigengesellschaften nicht tätig werden.
616
So auch allgemein Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 126. 617 Vgl. PlagemannIBachmann, DÖV 1987, S. 807 (813). 618 Nachweise bei Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 133. 619 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 160ff., insbesondere S. 163; Bull, in Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Band II, vor Art. 83 Rdnr. 69; wohl auch Lerche / von Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 102 f.
III. Verfassungsrechtliche Schranken
205
b) Allgemeiner Gesetzesvorbehalt
Die Frage des „allgemeinen Gesetzesvorbehalts" zielt nach der Rechtsprechung des BVerfG zur Wesentlichkeitstheorie darauf ab, daß es dem Parlament vorbehalten ist, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Letztlich ist die Lehre vom allgemeinen Gesetzesvorbehalt daher ein Parlamentsvorbehalt und beruht auf dem Demokratieprinzip bzw. der Verwirklichung der Gewaltenteilung im demokratischen Rechtsstaat. Das BVerfG beschreibt diesen Zusammenhang wie folgt: „Die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, der Vorrang des Gesetzes also, würden ihren Sinn verlieren, wenn nicht schon die Verfassung selbst verlangen würde, daß staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen nur Rechtens ist, wenn es durch das förmliche Gesetz legitimiert wird. Welche Bereiche das im einzelnen sind, läßt sich indessen aus Art. 20 Abs. 3 GG nicht mehr unmittelbar erschließen. Insoweit ist vielmehr auf die jeweils betroffenen Lebensbereiche und Rechtspositionen der Bürger und die Eigenart der Regelungsgegenstände insgesamt abzustellen. Die Grundrechte mit ihren speziellen Gesetzesvorbehalten und mit den in ihnen enthaltenen objektiven Wertentscheidungen geben dabei konkretisierende weiterführende Anhaltspunkte (...) (Es) kommt dem vom Parlament beschlossenen Gesetz gegenüber dem bloßen Verwaltungshandeln die unmittelbare demokratische Legitimation zu, und das parlamentarische Verfahren gewährleistet ein höheres Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche und damit auch größere Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen. A l l das spricht für eine Ausdehnung des allgemeinen Gesetzesvorbehalts über die überkommenen Grenzen hinaus." 620
Wie es in einer anderen Entscheidung weiter heißt, ist „der Gesetzgeber verpflichtet, — losgelöst vom Merkmal des „Eingriffs" — in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, soweit diese staatlicher Regelung zugänglich ist, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen" 621 . Nach dieser Auslegung erstreckt sich der vom Parlament zu regelnde Bereich über das bisherige Merkmal des Eingriffs in „Freiheit und Eigentum" in grundlegende normative Bereiche, insbesondere in den Bereich der Grundrechtsausübung. In der Literatur ist darauf hingewiesen worden, welche Schwierigkeiten bestehen, den Umfang solcher Wesentlichkeitsentscheidungen überzeugend operationalisierbar zu bestimmen. So bestehen gewisse Unsicherheiten bei der Frage, was als „grundlegender Bereich" gilt oder was als eine „wesentliche Entscheidung für die Verwirklichung der Grundrechte" anzusehen ist 6 2 2 . Unabhängig von dieser generellen Schwierigkeit ist fraglich, ob in der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit des Staates bzw. der Bundespost eine solche „wesentliche Entscheidung für die Verwirklichung der Grundrechte" 623 zu sehen ist. 620 621 622 623
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
40, 49, 33, 34,
237 (248 ff.). 89 (126). Iff.; 40, 237 (248ff.); 41, 251 (260); 49, 89 (126); 58, 257 (268ff.). 165 (192); 40, 237 (248 f.); 41, 251 (260 f.); 47, 46 (79 f.).
206
Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Dies muß nach der hier vertretenen Auffassung abgelehnt werden. Wie an früherer Stelle erörtert wurde, schützen die Grundrechte vor zusätzlicher wirtschaftlicher Konkurrenz und der daraus folgenden Intensivierung des Leistungswettbewerbs nicht. Diese Beeinträchtigungen eines privaten Unternehmens durch Mitwettbewerber verletzen regelmäßig nicht den Schutzbereich der Grundrechte. In gleicher Weise gilt dies — von der Bildung faktischer Monopolstellungen abgesehen — auch für die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand. Hieraus dürfte mit Recht zu folgern sein, daß die „Wesentlichkeitstheorie" nicht verlangt, daß für jede einzelne erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand eine Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers herbeizuführen ist 6 2 4 . Der Verwaltung ist in diesem Zusammenhang durchaus ein eigener Entscheidungsspielraum zuzugestehen625. Für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Bundespost ist im übrigen auf die bestehenden gesetzlichen Regelungen hinzuweisen. A n früherer Stelle wurde bereits eingegangen auf die verfassungsrechtliche Garantie der Funktionsfahigkeit der Bundespost und ihren kompetenzrechtlich gesicherten Aufgabenbereich. Zum zweiten hat der Gesetz- bzw. der Verordnungsgeber die einzelnen Voraussetzungen der wirtschaftlichen Betätigung der Bundespost durch Beteiligungsgesellschaften in §65 BHO/PostHO niedergelegt. Da hier die einzelnen Bedingungen, unter denen die Bundespost Unternehmen gründen oder sich an ihnen beteiligen darf, benannt sind, hat der Gesetzgeber den Erfordernissen des allgemeinen Gesetzesvorhalts entsprochen.
IV. Einfachgesetzliche Schranken der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen 1. Vorbemerkung Die folgende Behandlung der einfachgesetzlichen Schranken zur erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Bundespost durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen dient im wesentlichen zur Ergänzung der bisher erörterten verfassungsrechtlichen Schranken. Hierbei sind Parallelen wie Unterschiede zwischen Verfassungs- und Gesetzesrecht von Interesse. Auf die maßgeblichen einfachgesetzlichen Vorschriften muß auch deswegen hier hingewiesen werden, weil 624
So auch Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 135; ähnlich Ronellenfitsch, in Isensee / Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band III, S. 1194 (Rdnr. 38): „Eine gesetzliche Grundlage für die Errichtung und den Betrieb öffentlicher Unternehmen ist, wenn kein Grundrechtseingriff vorliegt, verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Führung wirtschaftlicher Unternehmen fallt prinzipiell in den Aufgabenbereich der Exekutive." 625 Das BVerfG stellte fest, daß aus dem Grundgesetz der parlamentarischen Demokratie nicht ein Vorrang des Parlaments gegenüber den übrigen Gewalten als ein alle Kompetenzzuweisungen überspielender Auslegungsgrundsatz hergeleitet werden darf, BVerfGE 49, 89 (124ff.); 68, 1 (109).
IV. Einfachgesetzliche Schranken
207
teilweise das Gesetzesrecht einzelne Schranken des Verfassungsrechts konkretisiert. In einem weiteren Teil dieses Kapitels soll auf einige Rechtsvorschriften nach dem PostStruktG/PostVerfG hingewiesen werden. Da eine umfassende Erörterung des Reformvorhabens und des Gesetzes hier nicht möglich, aber auch nicht notwendig ist, wird nur auf die wichtigsten einfachgesetzlichen Rahmenbedingungen für Tochtergesellschaften nach dem PostStruktG/PostVerfG eingegangen. 2. Bindungen durch den Status der Deutschen Bundespost als Sondervermögen Gegen die Gründung von Tochtergesellschaften durch die Deutsche Bundespost könnten möglicherweise Einwendungen aufgrund des öffentlich-rechtlichen Rechtsstatus der Deutschen Bundespost erhoben werden. Für den Aufgabenkreis Post- und Fernmeldewesen ist gemäß § 3 Abs. 1 PostVerwG bzw. § 2 PostVerfG ein Sondervermögen der Deutschen Bundespost gebildet worden. Dieses Sondervermögen ist mit einer Aufgabenwidmung verbunden. Ossenbühl hat darauf hingewiesen 626 , daß das Sondervermögen der DBP nur für den Aufgabenbereich eingesetzt werden darf, für den es entsprechend § 3 Abs. 1 PostVerwG bzw. § 2 Abs. 1 PostVerfG gewidmet worden ist. M i t anderen Worten kommt es entscheidend darauf an, ob es sich um Aufgaben handelt, die im weitesten Sinne noch zum Post- und Fernmeldewesen zu rechnen sind. Anderenfalls wäre die erwerbswirtschaftliche Betätigung der DBP unzulässig, es sei denn, innerhalb der Bundeszuständigkeiten würde über eine Kompetenzzuweisung eine Aufgabenerweiterung zugunsten der DBP stattfinden. Für die Gründung von Eigengesellschaften oder Beteiligungen durch die DBP kommt es damit entscheidend auf die Aufgabenzuweisung „Post- und Fernmeldewesen" an. Hinsichtlich der Tätigkeitsbereiche „Vertrieb von Endgeräten" und „Anbieten von Diensten" und ihre Zuordnung zum Fernmeldewesen ist auf die obigen Ausführungen hinzuweisen. Beide Tätigkeitsfelder lassen sich dem Kompetenztitel „Fernmeldewesen" zuordnen. Auch die neuen Dienstleistungsangebote der Deutschen Bundespost, die nicht unmittelbar zum Post- und Fernmeldewesen zählen, werden von der Aufgabenwidmung des Sondervermögens „Deutsche Bundespost" erfaßt. Denn wie bereits ausgeführt (vgl. B.II.3.C.) sind dem Kompetenzbereich der Bundespost weitere Tätigkeitsbereiche zuzurechnen, die mittelbar einen Bezug zum Postund Fernmeldewesen haben und die einen „öffentlichen Zweck" erfüllen. Da die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Deutschen Bundespost durch Eigengesellschaften und Beteiligungen nach den oben dargelegten Zusammenhängen einen solchen „öffentlichen Zweck" erfüllt (vgl. B.III.4.C.), wird sie gleichfalls 626
Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 138 f.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
von ihren Aufgabenkompetenzen und dem Sondervermögenszweck erfaßt. Aus der gesetzlichen Bestimmung des § 3 Abs. 1 PostVerwG bzw. § 2 PostVerfG ergeben sich daher keine über die verfassungsrechtlichen Aufgabenkompetenzen hinausgehenden Schranken. 3. Benutzungsverordnungen nach § 14 PostVerwG Vor dem PostStruktG wurden gemäß § 14 PostVerwG Rechtsverordnungen bzw. Benutzungsverordnungen über die Bedingungen und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Post- und Fernmeldewesens erlassen. Damit erfolgte eine Inanspruchnahme durch den Postbenutzer bzw. -künden aufgrund öffentlich-rechtlicher Rechtsnormen. Insofern bestand seinerzeit eine gesetzliche Verpflichtung, die Benutzung der entsprechenden Einrichtungen nicht privatrechtlich zu regeln. Demgegenüber beruht die erwerbswirtschaftliche Betätigung auf Privatrechtsverhältnissen. Für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit kam es folglich im einzelnen darauf an, ob es sich um eine „Benutzung" der Einrichtungen handelte. Sofern eine Benutzung von Einrichtungen des Postund Fernmeldewesens vorlag, war eine privatrechtliche Betätigung der Bundespost de lege lata ausgeschlosssen. Das neue PostStruktG schafft hier durch den Übergang der öffentlichrechtlichen Teilnehmerverhältnisse zu privatrechtlichen Kundenverhältnissen eine völlig neue Rechtslage. Durch diese Gesetzesänderung wird es erstmals möglich, auch die Benutzung von Einrichtungen des Post- und Fernmeldewesens durch privatrechtliche Tochtergesellschaften anzubieten. 4. Schranken durch § 65 BHO und § 65 PostHO In §65 B H O 6 2 7 wird die Beteiligung des Bundes an Unternehmen in der Rechtsform des Privatrechts näher geregelt. Der Begriff „Beteiligung" ist hier weit zu verstehen und umfaßt Eigengesellschaften und Beteiligungen der öffentlichen Hand 6 2 8 . Für die Deutsche Bundespost sind mit der PostHO von 1986 629 spezielle Haushaltsvorschriften geschaffen worden, die erstmalig auf das Haushaltsjahr 1987 anzuwenden waren. In den wesentlichen Bestimmungen enthalten §65 BHO/PostHO im übrigen gleichlautende Regelungen. Die Voraussetzungen, unter denen sich der Bund unternehmerisch betätigen kann, sind als „Soll-Vorschrift" erlassen und in §65 Abs. 1 Nr. 1-4 BHO im einzelnen ausgeführt. So bestimmt Nr. 1 ein „wichtiges Interesse" des Bundes und kumulativ ein Defizit der Privatwirtschaft als Voraussetzungen, während Nr. 2-4 die näheren Modalitäten 6 3 0 bestimmen. 627 628 629
Vgl. hierzu auch oben B.I.2. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 140. PostHO vom 20. 8. 1986, BGBl. I S. 1334.
IV. Einfachgesetzliche Schranken
209
Ossenbühl geht näher auf die Ausgestaltung des §65 BHO als „SollVorschrift" ein. Er sieht die Rechtsnorm nicht als zwingendes, keine Ausnahme duldendes Recht a n 6 3 1 . Er ist der Ansicht, § 65 Abs. 1 BHO gestatte gegebenenfalls einen Dispens hinsichtlich der Voraussetzungen Nr. 2-4, „hingegen prinzipiell nicht von der Voraussetzung Nr. 1 (öffentlicher Zweck), weil es sich hierbei nur um die einfachgesetzliche Ausprägung eines verfassungsrechtlichen Erfordernisses handelt." 632
Damit ist im Ergebnis festzuhalten, daß die Schranken der §§ 65 BHO/PostHO insgesamt nicht weiter reichen als die bereits erörterten, sich aus dem Verfassungsrecht ergebenden Beschränkungen 633 . 5. Die Schranken nach dem PostStruktG a) Der Status der Deutschen Bundespost als öffentlich-rechtliches Sondervermögen
Das bisherige Postverwaltungsgesetz aus dem Jahre 1953 ist zum 1. 7. 1989 durch das Poststrukturgesetz (PostStruktG/PostVerfG) 634 abgelöst worden. Dieses Gesetz, das ausdrücklich auf die bestehende verfassungsrechtliche Lage Bezug nimmt, sieht für die Deutsche Bundespost eine Unternehmensverfassung vor. Hierbei werden die hoheitlichen Aufgaben dem Bundesminister für Post und Telekommunikation (BMPT) zugewiesen (§ 1 Abs. 1 PostVerfG), während die unternehmerischen Aufgaben aus dem Ministerium ausgegliedert werden. Für sie werden die drei öffentlichen Unternehmen — Deutsche Bundespost POSTDIENST, — Deutsche Bundespost POSTBANK und die — Deutsche Bundespost T E L E K O M eingerichtet (§ 1 Abs. 2 PostVerfG), die jeweils durch einen Vorstand und Aufsichtsrat geleitet werden (§ 3 Abs. 2 PostVerfG). Die Einheit der Bundespost wird u. a. durch ein Direktorium dokumentiert 635 , das aus den Vorsitzenden der Vorstände besteht (§ 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 PostVerfG). 630 Z.B. Begrenzung der EinZahlungsverpflichtung, angemessener Einfluß, Jahresabschluß. Vgl. dazu im einzelnen Gerii Langel Richter, ArchPF 1985, S. 18 (22 ff.). 631 Ebenso von der Heyden, ArchPF 1980, S. 218 (239); Soldner, in HeuerIDommach, Handbuch der Finanzkontrolle, §65 Rdnr. 15. 632 Ossenbühl, Bestand und Erweiterung, S. 140. 633 Ähnlich Loeser, Die Bundesverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 113: „Eine, allerdings kaum spürbare Hürde für privatrechtlich geformte BundesAufbauorganisation stellen die Vorschriften des § 65 BHO dar; diese Bestimmung ist eine bloße Ordnungsvorschrift und bürdet dem Bund keinen Rechtfertigungszwang für die Wahl der Privatrechtsform auf." 634 PostStruktG vom 8. 6. 1989, BGBl. I S. 1026. 635 Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 30, 37.
14 Plagemann
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Das Gesetz sieht gemäß §2 PostVerfG weiterhin ein Sondervermögen „Deutsche Bundespost" vor, das allerdings in drei Teilsondervermögen untergliedert wird, um den drei öffentlichen Unternehmen jeweils selbständige wirtschaftliche Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen 636 . Wie nach § 2 Abs. 1 PostVerfG festgelegt, bleibt das Sondervermögen „Deutsche Bundespost" weiterhin dem Post- und Fernmeldewesen gewidmet. Es ist mit eigener Wirtschafts- und Rechnungsführung von dem sonstigen Vermögen des Bundes, seinen Rechten und Verbindlichkeiten getrennt zu halten. Insofern entspricht der künftige öffentlich-rechtliche Status der Deutschen Bundespost der bisherigen Rechtslage nach § 3 Abs. 1 des Postverwaltungsgesetzes. Eine Verwendung des Sondervermögens über den gewidmeten Aufgabenzweck hinaus bleibt ohne eine Kompetenzzuweisung im Rahmen der Bundeszuständigkeiten unzulässig. b) Die Rechtsformen des Verwaltungshandelns
Wie an früherer Stelle ausgeführt, werden nach dem PostStruktG die Rechtsbeziehungen zwischen den drei öffentlichen Unternehmen der Bundespost und den Kunden privatrechtlich geregelt. Insofern fallt die nach dem bisherigen Recht bestehende einfachgesetzliche Schranke weg, wonach die Bundespost die Leistungen des Post- und Fernmeldewesens öffentlich-rechtlich im Rahmen von Benutzungsverordnungen anzubieten hat. c) Entscheidungskompetenzen bei der Gründung und Führung von Tochtergesellschaften
Nach dem PostStruktG verteilen sich künftig die Entscheidungskompetenzen bei der Gründung von Tochtergesellschaften auf drei Organe, nämlich den Vorstand und den Aufsichtsrat des jeweiligen Unternehmens und den Bundesminister für Post und Telekommunikation. Gemäß § 12 Abs. 1 PostVerfG wird jedes der drei öffentlichen Unternehmen von einem Vorstand geleitet. Die Geschäftsführung des Vorstands wird jeweils durch den Aufsichtsrat überwacht. Der Aufsichtsrat ist insbesondere befugt, nach Vorlage durch den Vorstand über „die Gründung von Tochtergesellschaften, den Erwerb oder die Veräußerung von Beteiligungen oder Grundstücken nach Maßgabe der Bestimmungen über die Wirtschaftsführung des Unternehmens"
zu beschließen (§ 23 Abs. 3 Nr. 6 PostVerfG). Der Vorstand ist insofern an die Beschlüsse des Aufsichtsrats gebunden; er hat keine Alleinentscheidungsbefugnis. Derartige Beschlüsse müssen gemäß § 28 Abs. 1 PostVerfG dem Bundesminister für Post und Telekommunikation zur Genehmigung vorgelegt werden. Zum 636
Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 30, 37f., 39.
IV. Einfachgesetzliche Schranken
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heutigen Zeitpunkt ist noch nicht ersichtlich, ob dieses Genehmigungsrecht zu Einzelfallgenehmigungen führen wird oder ob der BMPT einen Kriterienkatalog entwickeln wird, der die Genehmigungsanforderungen generalisierend enthält. In jedem Fall kann die Genehmigung des BMPT zum einen aus Gründen der Rechtsaufsicht versagt werden (§27 PostVerfG), und zum anderen, wenn ein Beschluß des Aufsichtsrates im Interesse des Bundes nicht verantwortet werden kann (§ 28 Abs. 1 Satz 2 PostVerfG). Da für die Gründung von Tochtergesellschaften Kapital erforderlich ist, finden im übrigen die Rechtsvorschriften zur Feststellung und Änderung des Wirtschaftsplans Anwendung (§ 23 Abs. 3 Nr. 1 und § 28 Abs. 3 PostVerfG). Hieraus folgen in der Regel keine Einschränkungen hinsichtlich der Frage, ob eines der Unternehmen der Bundespost eine Eigengesellschaft bzw. eine Beteiligung erwirbt. Einschränkungen würden sich aber z.B. dann ergeben, wenn die Verwendung der Finanzmittel der Bundespost vom Sondervermögenszweck nicht mehr gedeckt wäre. In der Begründung zum Gesetzentwurf ist darauf hingewiesen, daß die Genehmigungsbefugnis des Bundespostministers nach §28 Abs. 1 PostVerfG zusammen mit der allgemeinen Rechtsaufsicht die parlamentarische Verantwortlichkeit des Ministers sicherstellen soll. Weitere Genehmigungsrechte des Ministers mit Auswirkungen auf die Geschäftsführung der Tochtergesellschaften bestehen hinsichtlich der Beschlüsse des Aufsichtsrates über die Feststellung des Wirtschaftsplans und etwaige wesentliche Änderungen, die Feststellung des Jahresabschlusses, die Entlastung des Vorstands und die Wirtschaftsführungsbestimmungen. Die Aufsichtsbefugnis des BMPT über die Tochtergesellschaften bezieht sich im Rahmen des § 27 PostVerfG auf die allgemeine Rechtsaufsicht. Hierdurch hat der Minister die Möglichkeit, die Bindung der unmittelbaren Staatsverwaltung Bundespost an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) sicherzustellen. Bei etwaigen Rechtsverstößen kann der BMPT die Maßnahmen der betreffenden Organe beanstanden und Abhilfe verlangen. Der Minister hat allerdings im Rahmen der Rechtsaufsicht nicht die Möglichkeit, in der Sache selbst zu entscheiden und seine Entscheidung an die Stelle der Unternehmensentscheidung zu setzen 637 . Ob eine derartige Eingriffsbefugnis des BMPT ausreichend ist, um das Demokratiegebot zu sichern, ist verfassungsrechtlich stark umstritten. So liegt ein Hauptkritikpunkt am PostStruktG darin, daß die parlamentarische Verantwortlichkeit des Ministers nicht ausreichend gesichert sei 638 . 637
Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 44. 638 y gi besonders Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen, darin die Stellungnahmen von Dit tmann, Roßnagel und Fangmann (S. 602, 620ff., 640f.); ferner Roßnagel I Wedde, DVB1. 1988, S. 562 (564 f.); Hoffmann, Zurück zur Monarchie — Bei der Kontrolle der Deutschen Bundespost soll das Parlament entmachtet werden, Die Zeit vom 26. 2. 1988; Lecheler, Der VerpHichtungsgehalt des Art. 87 I 1 GG — Fessel oder 14*
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
In der Literatur werden zu dieser Frage verschiedene Standpunkte vertreten 6 3 9 . Meines Erachtens verlangt der Grundsatz der parlamentarischen Verantwortlichkeit, daß dem Minister genügend Beanstandungs- und Letztentscheidungsrechte verbleiben. Dies kann nicht bedeuten, daß der Minister unmittelbar jede Entscheidung in der Sache selbst trifft oder daß Bundestagsabgeordnete beteiligt sein müssen. Eine Delegationsbefugnis an Organe, die der Aufsicht des Ministers unterliegen, kann in Verbindung mit einem Ermessensspielraum aus verfassungsrechtlicher Sicht durchaus zugestanden werden 640 . Die Möglichkeit des BMPT, Maßnahmen der Unternehmensorgane zu beanstanden und eine Abänderung zu verlangen, bietet durchaus beachtliche Einflußnahmemöglichkeiten. Letztlich muß im Hinblick auf Tochtergesellschaften das Mittel der Rechtsaufsicht auch im Verbund mit den weiteren, vor allem auf die Finanzplanung bezogenen Mitteln zur Einflußnahme des Ministers betrachtet werden. Insofern liegen auch bei den Eigengesellschaften und Beteiligungen hinreichende Steuerungsmöglichkeiten des Ministers vor. d) Die Anwendbarkeit des Haushaltsrechts
Die Rahmenbedingungen für die Wirtschaftsführung der öffentlichen Unternehmen der Bundespost sind in den §§37 ff. PostVerfG geregelt. Die Bestimmungen über die Wirtschaftsführung und die Aufstellung des Jahresabschlusses sind gemäß § 39 Abs. 2 PostVerfG nach handelsrechtlichen Grundsätzen und nach dem Haushaltsgrundsätzegesetz aufzustellen. Der Bundesrechnungshof ist vor einer Vorlage an den Aufsichtsrat zu hören. Soweit die Zulässigkeit von Eigengesellschaften und Beteiligungen der Bundespost heute nach der PostHO (§ 65) zu beurteilen ist, stellt sich nach dem PostVerfG die Rechtslage wie folgt dar: Nach § 65 Abs. 1 PostVerfG werden die gemäß § 35 PostVerwG erlassenen Rechtsverordnungen — zu denen auch die PostHO zählt—zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des PostStruktG außer Kraft treten, soweit sie nicht vorher aufgehoben worden sind. Zu diesem Zeitpunkt ist eine postspezifische verordnungsrechtliche Regelung der Haushaltsbestimmungen nicht mehr vorhanden. Die vergleichbaren Bestimmungen der BHO (§§65 ff.) können auf die Unternehmen der Deutschen Bundespost nicht angewendet werden, da § 39 Richtschnur für die bundesunmittelbare Verwaltung?, NVwZ 1989, S. 834 (836); Schatzschneider, Die Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens, NJW 1989, S. 2371 (2372); Hustädt I Bach, Die „Deregulierung" der Deutschen Bundespost, Demokratie und Recht 1989, S. 294 (299 f.). 639 Vgl. einerseits die soeben genannten Autoren, die die parlamentarische Verantwortlichkeit des Ministers nicht gewahrt sehen; andererseits Battis und Badura, in Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen, S. 61 Off., 629f.; wohl auch Grämlich, Das Unternehmen Deutsche Bundespost POSTBANK. Mißgeburt oder Modell gemeinwirtschaftlicher Betätigung?, W M 1989, S. 973 (977 f., 981). 640 Vgl. weiter Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 43.
V. Betätigung im Ausland
213
Abs. 3 PostVerfG die Anwendung der einschlägigen Normen explizit ausschließt 641 . Einfachgesetzliche Regelungen über die Voraussetzungen der Beteiligung an Unternehmen („wichtiges Interesse" etc.) wären damit entfallen. Es ist meines Erachtens aus rechtspolitschen Gründen zweifelhaft, ob diese „NichtNormierung" wünschenswert ist. Zwar kann aufgrund der früheren Ergebnisse dieser Untersuchung darauf verwiesen werden, daß solche mit den einfachgesetzlichen Regelungen vergleichbaren Beschränkungen schon aus dem Verfassungsrecht folgen. Dennoch sollte der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht darauf verzichten, die wichtigsten Voraussetzungen für die Beteiligung der Bundespost an privaten Unternehmen einfachgesetzlich zu normieren. Dies gilt selbst dann, wenn — wie früher bemerkt — diese Vorschriften in der Praxis eine „kaum spürbare Hürde darstellen" 642 sollten und wenn weitere inhaltliche Vorgaben zu den Tochtergesellschaften in den Bestimmungen über die Wirtschaftsführung der Unternehmen enthalten sind (§§ 23 Abs. 3 Nr. 5, 28 Abs. 1, 28 Abs. 3 Nr. 1 PostVerfG). Ohne eine derartige gesetzliche Festschreibung sind künftige Auseinandersetzungen über die Frage der Zulässigkeit von Tochtergesellschaften nicht auszuschließen. Die diesbezügliche Vorschrift hätte somit einerseits klarstellenden Charakter und würde andererseits dem zuständigen Minister die Rechtsaufsicht erleichtern.
V. Völkerrechtliche Aspekte der Betätigung der Deutschen Bundespost im Ausland 1. Einführung Nach den aufgezeigten verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Zusammenhängen soll hier die völkerrechtliche Frage angesprochen werden, wie die wirtschaftliche Betätigung der Bundespost im Ausland rechtlich zu beurteilen ist. Fraglich ist, ob die Bundespost selbst im Ausland Dienstleistungen des Post- und Fernmeldewesens erbringen darf oder ob ihr dies aus Rechtsgründen untersagt ist bzw. ob dies gegebenenfalls über ihre Eigengesellschaften oder Beteiligungen zulässig wäre. Zwei Gründe sprechen dafür, auch die Auslandsbetätigung der Bundespost über rechtlich verselbständigte Organisationseinheiten in diese Untersuchung miteinzubeziehen: Im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung im Telekommunikationssektor ist vermehrt zu beobachten, daß ausländische Fernmeldebetriebsgesellschaften ihren Tätigkeitsbereich auf andere Staaten ausdehnen und im Ausland — in der Regel über Tochtergesellschaften — Dienstleistungen erbringen (vgl. oben A.IV.2.). So haben u.a. amerikanische, britische, französische und japanische 641 Gemäß § 39 Abs. 3 PostVerfG finden nur die §§88-114 BHO Anwendung auf die Deutsche Bundespost. 642 Loeser, Die Bundesverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 113.
214
Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Fernmeldegesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland bereits Tochtergesellschaften gegründet. Sie erweitern damit sukzessive den bisher durch Vertretungsbüros repräsentierten Tätigkeitsbereich in der Bundesrepublik Deutschland. Der dadurch zunehmende Wettbewerbsdruck wird es auch für die Bundespost ratsam erscheinen lassen, sich über Tochtergesellschaften im Ausland zu betätigen 643 . Zum zweiten ist aus Gründen, die auf den zunehmenden Wettbewerb zurückzuführen sind, bei den nationalen Post- und Fernmeldeverwaltungen eine verstärkte Tendenz zur Kooperation untereinander oder mit anderen Privatunternehmen zu beobachten. Auch hier soll die jeweils nationale Position im Wettbewerb behauptet werden bzw. neue Dienstleistungen sollen angemessen angeboten werden. Beispielsweise haben etwa 20 europäische Postverwaltungen die „International Post Corporation S.A." mit Sitz in Brüssel gegründet, um mit dem Angebot internationaler Kurierdienste Schritt halten zu können. Im Fernmeldebereich sind entsprechende Beispiele etwa die Gründung der EUCOM GmbH durch die Deutsche Bundespost und die France Télécom oder die Beteiligung der Deutschen Bundespost an Infonet Inc. zusammen mit weiteren Fernmeldeunternehmen. Aus ordnungspolitischer Sicht ist die Beteiligung der Bundespost an solchen innovativen Märkten im Ausland erwünscht. Aus völkerrechtlicher Sicht stößt die Betätigung der Bundespost auf ausländischen Märkten auf eine Reihe von schwierigen Rechtsfragen. Einige Überlegungen sollen im folgenden angesprochen werden. 2. Die Zulässigkeit staatlicher Betätigung im Ausland aus völkerrechtlicher Sicht a) Territorialitätsprinzip
Die Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt auf dem Gebiet eines fremden Staates ist völkerrechtlich grundsätzlich untersagt 644 . Dies folgt aus dem Gebot der Achtung der Gebietshoheit (Territorialitätsprinzip) 645 . M i t diesem Gebot wäre es auch nicht vereinbar, „wenn ein Staat scheinbar „neutrale" Handlungen 643 Hierbei wird der Rahmen herkömmlicher internationaler Aktivitäten über Internationale Organisationen (u. a. ITU, OECD, EG, Intelsat, Inmarsat, Eutelsat) überschritten, vgl. hierzu Hausmann, Internationale Fernmelde-Aktivitäten der Deutschen Bundespost, Fernmeldepraxis 1988, S. 598 ff. 644 D ahm I Delbrück I Wolf rum, Völkerrecht. Band 1/1, 2., völlig neu bearb. Aufl., Berlin /New York 1989, S. 318,326,483; Steindorff Verwaltungsrecht, Internationales, in Strupp I Schlochhauer (Hrsg.), Wörterbuch des Völkerrechts. Dritter Band, Berlin 1962, S. 583; VerdrossISimma, Universelles Völkerrecht. 3. völlig neu bearb. Aufl., Berlin 1984, S. 634ff., 655. 645 Dahm / Delbrück / Wolf rum, Völkerrecht, Band I /1, S. 318; Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht. München 1985, S. 248, 322 ff.; Randelzhof er, Staatsgewalt und Souveränität, in IsenseeI Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, S. 702; MenzelI Ipsen, Völkerrecht. 2. völlig neubearb. Aufl., München 1979, S. 146ff.
V. Betätigung im Ausland
215
vornimmt, die aber im betroffenen Staat als hoheitlich gelten" 6 4 6 . Dies wäre ebenfalls eine Mißachtung der ausschließlichen Hoheitsgewalt dieses Staates. Zulässig ist die hoheitliche Betätigung auf fremdem Staatsgebiet jedoch dann, wenn diese Befugnis durch eine völkerrechtliche Rechtsnorm bzw. Vereinbarung oder durch eine Zustimmung des Gebietsstaates im Einzelfall oder allgemein zugestanden w i r d 6 4 7 . Damit stellt sich aber die Frage, nach welchen Merkmalen „hoheitliches Handeln" und „nicht-hoheitliches Handeln" voneinander abgegrenzt werden. b) Abgrenzung zwischen „hoheitlichen" und „nicht-hoheitlichen" Tätigkeiten
Die Qualifikation einer Tätigkeit als „hoheitlich" oder „nicht-hoheitlich" ist grundsätzlich nach dem Recht des Gebietsstaates vorzunehmen 648 . Denn das Völkerrecht hält in der Regel keine Kriterien für die Abgrenzung zwischen hoheitlichen und nicht-hoheitlichen Tätigkeiten bereit 649 . Deshalb steht aus völkerrechtlicher Sicht eine allgemeingültige Definition zur Abgrenzung zwischen „hoheitlichem Handeln" und „nicht-hoheitlichem Handeln" nicht zur Verfügung 650 . Auch für die hier betrachteten Betätigungen in den Bereichen der Telekommunikation und des Postwesens ist eine anerkannte völkerrechtliche Zuordnung als „hoheitlich" bzw. „nicht-hoheitlich" noch nicht erkennbar. Da sich die Zulässigkeit des Angebots von Telekommunikations- und Postdienstleistungen nach dem Recht des Gebietsstaates und seiner eigenen Zuordnung als hoheitliche/nicht-hoheitliche Tätigkeit richtet, entsteht durch diese Lücke eine gewisse Rechtsunsicherheit für den Anbieter von postalischen Dienstleistungen. Sie besteht grundsätzlich auch für etwaige Dienstleistungen, die die Deutsche Bundespost und ihre Eigengesellschaften oder Beteiligungen im Ausland anbieten könnten. 646
Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, S. 324. Hierfür bietet die Völkerrechtspraxis eine Reihe von Beispielen beispielsweise auf dem Gebiet des Eisenbahnverkehrs. Im Rahmen grenzüberschreitender Zusammenarbeit erfolgt die Ausübung (begrenzter) Hoheitsbefugnisse auf dem Territorium des Gebietsstaates, indem vor allem Verkehrsleistungen erbracht werden und das Abgaben- und Polizeirecht des erbringenden Staates gelten. Diese Formen der Zusammenarbeit beruhen in der Regel auf völkerrechtlichen Verträgen. Vgl. hierzu und insbesondere als Beispiel die Rechtslage am Badischen Bahnhof Basel, der von der Deutschen Bundesbahn auf schweizerischem Territorium betrieben wird Schneider, Grenzüberquerungen des öffentlichen Rechts Deutschland-Schweiz, in Müller / Rhinow / Schmid (Hrsg.), Staatsorganisation und Staatsfunktionen im Wandel. Festschrift für Kurt Eichenberger. Basel/Frankfurt am Main 1982, S. 673 ff.; weitere Beispiele bei Dahm / Delbrück / Wolfrum, Völkerrecht, Band 1/1, S. 326 f. 648 DahmIDelbrückI Wolfrum, Völkerrecht, Band 1/1, S.468 m.w.N.; VerdrossI Simma, Universelles Völkerrecht, S. 769 f. 649 So das BVerfGE 64,1 (42); 16, 27 (62); 46, 342 (393); vgl. weiter VerdrossI Simma, Universelles Völkerrecht, S. 767 f. 650 Auf die Rechtslage nach dem europäischen Gemeinschaftsrecht soll hier nicht eingegangen werden; vgl. insbesondere zu den Bereichen Postwesen und Telekommunikation Plagemann, in Peter j Rhein (Hrsg.), Wirtschaft und Recht, S. 222. 647
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
Diese Rechtsunsicherheit bei der Zulässigkeit der Auslandsbetätigung könnte behoben werden, wenn sich für die Zuordnung als hoheitliche bzw. nichthoheitliche Tätigkeit aus einem anderen völkerrechtlichen Zusammenhang, nämlich dem der Staatenimmunität, Kriterien übernehmen ließen. Das Prinzip der Staatenimmunität geht von einem Nebeneinander souveräner und gleichberechtigter Staaten mit mehr oder weniger scharf gegeneinander abgegrenzten Hoheitsbereichen aus. Hieraus folgt zum einen wiederum, daß grundsätzlich kein Staat Hoheitsgewalt in dem Bereich eines anderen Staates ausüben darf. Zum anderen sind aber auch dort, wo er in seinem eigenen Hoheitsbereich mit fremden Staaten und deren Organen in Berührung kommt, der Ausübung seiner Hoheitsgewalt Grenzen gezogen 651 . Daher kann nicht ein Staat über einen anderen Staat zu Gericht sitzen 652 . Hieraus folgt, daß die Staaten und ihre Repräsentanten in Verfahren vor den Behörden bzw. Gerichten des Auslandes Immunität genießen 653 : Sie dürfen nicht gegen ihren Willen in Verfahren eingebunden werden, und es darf kein Zwang gegen sie ausgeübt werden. Wenngleich der Grundsatz der Staatenimmunität völkerrechtlich allgemein anerkannt ist, besteht doch im Einzelfall Unklarheit darüber, wie weit die Befreiung eines fremden Staates von der inländischen Gerichtsbarkeit reicht. Einigkeit besteht weitgehend darüber, daß die hoheitliche Tätigkeit eines Staates, vor allem aufgrund seiner Gesetzgebung, seiner Verwaltungsakte und der Entscheidungen seiner Gerichte, dem ausländischen Zugriff entzogen sind. Sie werden insoweit privilegiert. Daneben werden aber Staaten inzwischen zunehmend privatrechtlich tätig. Sie treten im geschäftlichen Wettbewerb als Konkurrenten auf und bedienen sich im internationalen Geschäftsverkehr derselben Rechtsformen wie private Unternehmen. Für diese Art staatlicher Betätigung stellt sich dann aber die Frage, ob das Prinzip der Immunität als Ausnahmeregelung uneingeschränkt angewendet werden kann. Allgemein werden hierzu die Lehre von der „absoluten" und der „restriktiven Immunität" unterschieden. Nach der Lehre von der „absoluten Immunität" erfahrt der fremde Staat volle und uneingeschränkte Befreiung von der Jurisdiktion anderer Staaten nicht nur im hoheitlichen, sondern auch im privatrechtlichen, geschäftlichen Bereich. Dieser Ansatz wird heute „vor allem noch von den sozialistischen Staaten vertreten, wohingegen sich alle westlichen Industriestaaten der Doktrin von der restriktiven Immunität angeschlossen haben" 6 5 4 . 651
Dahm/Delbrück/ Wolfrum, Völkerrecht, Band 1/1, S. 453. DahmIDelbrück! Wolfrum, Völkerrecht, Band 1/1, S.453; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 762f.; Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, S. 318; MenzelIIpsen, Völkerrecht, S. 203. 653 Im weiteren ist noch die Immunität ratione personae und die Immunität ratione materiae zu unterscheiden. 654 DahmIDelbrück! Wolfrum, Völkerrecht, Band 1/1, S.458; Wolfrum weist darauf hin, daß sich inzwischen auch die Entwicklungsländer der Lehre von der restriktiven Immunität angeschlossen haben, ebd. (Fn. 2). 652
V. Betätigung im Ausland
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Die Lehre von der „restriktiven Immunität" unterscheidet nach der Art der staatlichen Betätigung. Hierbei wird differenziert zwischen „acta iure imperii" und „acta iure gestionis", „d.h. zwischen der öffentlichrechtlichen Betätigung des Staates in Ausübung seiner hoheitlichen Gewalt und seinem Auftreten als gleichberechtigter Partner des Einzelnen auf den Gebieten des bürgerlichen und des Handelsrechts, des privaten Verkehrs. Die Immunität bleibt als eine rein funktionelle Immunität auf die hoheitliche Sphäre beschränkt, die privatwirtschaftlichen Tätigkeiten werden dagegen nicht von der staatlichen Immunität erfaßt." 655
Zunächst kann festgestellt werden, daß sich eine Vielzahl von Staaten der Lehre von der „restriktiven Immunität" inzwischen angeschlossen haben 656 . Es bleibt aber fraglich, ob sich die Zuordnung in hoheitliche Handlungen (acta iure imperii) einerseits und privatwirtschaftliche Tätigkeit (acta iure gestionis) andererseits für die Beurteilung der Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung eines Staates im Ausland überhaupt heranziehen läßt. Es ist nämlich festzustellen, daß staatliche Wirtschaftsunternehmen nicht generell von der staatlichen Immunität ausgegrenzt werden 657 . So wurde in der Rechtspraxis verschiedenen Dienststellen bzw. Unternehmen, deren Handeln einem Staat zuzurechnen ist, die Immunität zuerkannt, z.B. Zivilluftfahrtbehörden, staatlichen Presseorganen, staatlichen Fluggesellschaften und Schiffahrtslinien; unterschiedlich behandelt wurden etwa Staatshandelsgesellschaften, Staatsunternehmen und Zentralbanken 658 . Einen weiteren Hinweis auf diese Rechtslage gibt der Vorlagebeschluß des OLG Frankfurt gemäß Art. 100 Abs. 2 GG vom 4. 5. 1982 659 , in dem das Gericht darlegte, daß auch eine für den Staat auftretende juristische Person grundsätzlich Immunität beanspruchen kann, soweit sie hoheitlich handelt. Das BVerfG ließ diese Frage in seiner Entscheidung allerdings offen 660 und beschränkte sich auf die Feststellung, daß die gepfande655
Dahm/Delbrück/ Wolfrum, Völkerrecht, Band 1/1, S. 458, vgl. auch S. 456. Einen Überblick geben Dahm I Delbrück I Wolf rum, Völkerrecht, Band 1/1, S. 458 ff.; vgl. ferner Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 763. Auch nach Ansicht des BVerfG und anderer deutscher Gerichte entspricht die restriktive Immunität dem Völkergewohnheitsrecht. Das BVerfG verweist dabei in seinem Beschluß vom 30. 4. 1963 im Fall der Iranischen Botschaft (Heizungsfall) auf die Rechtsprechung anderer Staaten (v.a. Italien, Belgien, Schweiz, Frankreich, Griechenland, Ägypten und Jordanien), vgl. BVerfGE 16, 27 (52 ff.). 656
657
Die sozialistischen Staaten vertreten ohnedies den Standpunkt, daß ihre wirtschaftlichen Aktivitäten zum Kernbereich an Aufgaben des Staates zählen und nicht mittels der Unterscheidung zwischen acta iure imperii und acta iure gestionis aus dem von der Staatenimmunität geschützten Bereich ausgeschlossen werden können. Sie machen aber in der Praxis offenbar gewisse Konzessionen, vgl. Dahm I Delbrück ! Wolfrum, Völkerrecht, Band 1/1, S. 461. 658 Vgl. DahmIDelbrückI Wolfrum, Völkerrecht, Band 1/1, S.465f. m.w.N. zur Rechtsprechung; Esser, Zur Immunität rechtlich selbständiger Staatsunternehmen, R I W / A W D 1984, S. 577 ( 580ff.); VerdrossISimma, Universelles Völkerrecht, S. 772. 659 OLG Frankfurt, Beschluß vom 4. 5. 1982, R I W / A W D 1982, S. 439ff. 660 BVerfGE 64, 1 (23 ff.).
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
ten Guthaben noch nicht hoheitlichen Zwecken des iranischen Staates gedient hätten 6 6 1 . Es hielt daher die vom OLG Frankfurt nachzuprüfende Pfändung von Konten der iranischen Erdölgesellschaft „National Iranian Oil Company" im Ergebnis für rechtmäßig. Abgrenzungsmerkmal für die Gewährung der Immunität ist damit vornehmlich die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Dies gilt auch, wenn es sich um ein rechtlich selbständiges Staatsunternehmen handelt. Ob ein ausländisches Staatsunternehmen Immunität beanspruchen kann, „hängt letztlich nicht davon ab, ob dieses Unternehmen in den fremden Staat eingegliedert oder als juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts verselbständigt ist, sondern — ebenso wie beim Staat selbst — von der Natur seines Handelns" 662 . Da nach der neueren Rechtsprechung anerkannt wird, daß auch rechtlich selbständige Unternehmen durchaus hoheitlich handeln können, wird eine vornehmlich organisationsrechtlich orientierte Betrachtungsweise der völkerrechtlichen Problemstellung nicht gerecht. Im Ergebnis kann daher mit einer Unterscheidung zwischen acta iure imperii und acta iure gestionis (wie bei der Staatenimmunität) nicht allgemein die Zuordnung in „hoheitliche" und „nicht-hoheitliche" Tätigkeit und auch nicht die Frage nach der Zulässigkeit einer erwerbswirtschaftlichen Betätigung des Staates, resp. der Deutschen Bundespost im Ausland beantwortet werden. Abschließende Kriterien lassen sich aus dem Bereich der Staatenimmunität nicht gewinnen. Eine solche Betrachtungsweise, die auf die rechtliche Selbständigkeit der handelnden Institution abstellt, nimmt indessen die Gesetzesbegründung zum PostStruktG vor. Wie im folgenden zu zeigen ist, halten die Ausführungen einer näheren Überprüfung jedoch nicht stand. 3. Beurteilung nach dem PoststruktG Das Postverfassungsgesetz 663, das das PostVerwG 664 abgelöst hat, stellt die Zuständigkeit der Deutschen Bundespost auch im internationalen Bereich 661
BVerfGE 64, 1 (42); vgl. hierzu kritisch Esser, R I W / A W D 1984, S. 577 (584ff.). Verdross / Simma, Universelles Völkerrecht, S. 772. 663 Art. 1 des PostStruktG vom 8. 6. 1989, BGBl. I S. 1026. 664 In gewissem Umfang waren der Bundespost bereits unter dem PostVerwG Tätigkeiten mit internationalem Bezug möglich und wurden wahrgenommen. Nach nationalem Recht war der Bundespost die Verwaltung des Post- und Fernmeldewesens der Bundesrepublik Deutschland übertragen (§ 1 Abs. 1 PostVerwG). Diese Verwaltungszuweisung schloß die hierdurch bedingten Angelegenheiten des Post- und Fernmeldeverkehrs über die nationalen Grenzen mit ein (vgl. etwa Altmannsperger, Gesetz über das Postwesen, § 27 PostG, § 2 PostG Rdnr. 10). Insoweit bestand ein enger Sachzusammenhang mit etwaigen grenzüberschreitenden Dienstleistungsangeboten. Man wird hierbei jedoch unterscheiden müssen zwischen der Zusammenarbeit der nationalen Post- und 662
V. Betätigung im Ausland
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deutlich heraus. Die heute einschlägige Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 3 PostVerfG lautet: „Der Deutschen Bundespost obliegen in Wahrnehmung ihres öffentlichen Auftrags im nationalen und im internationalen Bereich unternehmerische und betriebliche Aufgaben des Post- und Fernmeldewesens."
Die Gesetzesbegründung weist daraufhin, daß die Bundespost die Aufgaben des Post- und Fernmeldewesens im internationalen Bereich in erster Linie mit Hilfe internationaler Absprachen, Standardisierungen usw. ermöglichen und gewährleisten muß. Wie es dann weiter heißt, soll die Möglichkeit einer Wahrnehmung von Aufgaben des Post- und Fernmeldewesens außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland — insbesondere angesichts der fortschreitenden europäischeü Integration — nicht für alle Zukunft ausgeschlossen werden. Die Bundesregierung vertritt im weiteren jedoch die Auffassung, „daß die Deutsche Bundespost als unmittelbarer Teil der staatlichen Verwaltung auf den räumlichen Bereich des eigenen Staates beschränkt i s t " 6 6 5 . Das schließe nicht aus, daß z.B. für Zwecke der Marktbeobachtung eigene Verbindungsstellen eingerichtet werden. „Für unmittelbare Dienstleistungstätigkeiten im Ausland müßten ggf. privatrechtliche Tochtergesellschaften nach den dafür geltenden Regeln gegründet werden" 6 6 6 . Es kann im Hinblick auf die obigen Ausführungen darauf verwiesen werden, daß es grundsätzlich dem Gebietsstaat obliegt, über die Einstufung als hoheitliche bzw. nicht-hoheitliche Tätigkeit und damit über die Zulässigkeit der staatlichen Betätigung zu entscheiden. Insofern kann nach dem Recht des Gebietsstaates die spezifische Betätigung einer ausländischen staatlichen Verwaltung, ζ. B. beim Angebot von grenzüberschreitenden Telekommunikationsdiensten, durchaus zulässig sein, wenn er dies als nicht-hoheitliche Tätigkeit einstuft. Da umgekehrt — wie ausgeführt — auch selbständige Staatsunternehmen im Einzelfall hoheitlich handeln können, gewährleistet die Auslagerung von Aufgaben auf privatrechtliche Tochtergesellschaften grundsätzlich nicht, daß ein Konflikt mit dem Recht des Gebietsstaates vermieden wird. Diese Auslegung gilt grundsätzlich auch für die Betätigung der Bundespost im Ausland unter dem PostStruktG. Allerdings ist ein maßgebliches Ziel dieses neuen Gesetzes die Trennung zwischen staatlichen, hoheitlichen Aufgaben, die beim Bundesministerium für Post und Telekommunikation verbleiben, und den unternehmerischen, wirtschaftlichen, nicht-hoheitlichen Aufgaben, die durch die drei öffentlichen Unternehmen ausgeübt werden. Insoweit findet eine Fernmeldeverwaltungen, die bisher schon in weitem Umfang stattgefunden hat, und einer künftigen Wettbewerbslage zwischen den PTTn beim Angebot von Post- und Fernmeldedienstleistungen auf dem Gebiet eines anderen Staates. 665 Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 37. 666 Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S. 37.
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Teil Β: Zulässigkeit privatrechtlicher Organisationsformen
funktionale Trennung statt. Daher könnte man daran denken, daß die unternehmerische Betätigung ζ. B. der Deutschen Bundespost T E L E K O M auch aus ausländischer Sicht als nicht-hoheitliche Tätigkeit beurteilt werden sollte. Hiermit stellt sich wiederum die Frage, welche postalischen Betätigungen aus völkerrechtlicher Sicht als „hoheitliche Tätigkeit" einzustufen sind. Stellt man darauf ab, daß über diese Frage der jeweilige Gebietsstaat nach seiner Rechtsordnung entscheidet, so kann die Frage nur anhand des Einzelfalls beantwortet werden. Folgt man dagegen einer funktionalrechtlichen Betrachtung, so ist bei einer innerstaatlich vollzogenen Trennung von hoheitlichen und unternehmerischen Aufgaben das Erbringen von Dienstleistungen, ζ. B. bei der Telekommunikation, eine wirtschaftliche, nicht-hoheitliche Tätigkeit im völkerrechtlichen Sinne. Nach meiner Auffassung spricht die aufgezeigte internationale Entwicklung hin zu einer Deregulierung und Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte zunehmend dafür, aus völkerrechtlicher Sicht bei den Telekommunikationsdienstleistungen eine nicht-hoheitliche Tätigkeit anzunehmen. In diese Richtung weist auch die Tatsache, daß postalische Dienstleistungen mehr und mehr von privaten Unternehmen erbracht werden, hinter denen nicht der Staat steht. Nicht zuletzt werden im Gemeinsamen Markt der EG die hoheitlichen und nicht-hoheitlichen Funktionen voneinander getrennt 667 . Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des Gemeinsamen Marktes besteht Anlaß zu der Vermutung, daß diese supranationale Rechtsentwicklung in den Bereich des Völkerrechts hineinwirkt. Für die Ausgangsfrage bleibt abschließend festzustellen, daß nach dem Recht des Gebietsstaates die Deutsche Bundespost selbst bzw. durch ihre Eigengesellschaften und Beteiligungen im Ausland Dienstleistungen des Post- und Fernmeldewesens anbieten kann 6 6 8 . Sie muß hierfür nicht notwendigerweise auf privatrechtliche Tochtergesellschaften zurückgreifen. Unter der funktionalrechtlichen Sichtweise handelt es sich ohnehin um eine nicht-hoheitliche Tätigkeit, die nicht gegen die Gebietshoheit des Empfangsstaates verstößt. Gleichwohl bietet für die Deutsche Bundespost die privatrechtliche Organisationsform bei der Kooperation mit ausländischen Fernmeldeunternehmen eine Reihe von Vorteilen gegenüber der öffentlich-rechtlichen Organisationsform. Privatrechtliche Tochtergesellschaften dürften sich in der Betriebsabwicklung und bei der rechtlichen Ausgestaltung des Gemeinschaftsunternehmens als die effizientere Organisationsform erweisen. Schließlich kann auch vermutet werden, daß ein Staat eher die Tätigkeit eines privatwirtschaftlichen Unternehmens hinnehmen wird als die Tätigkeit des ausländischen Staates selbst. 667
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch, S. 74,178,185; vgl. auch Plagemann, in Peter/ Rhein (Hrsg.), Wirtschaft und Recht, S. 220 ff. 668 Einschränkungen können sich allerdings aus dem Recht des Gebietsstaates ergeben, wenn durch Monopolrechte In- und Ausländer vom Markt ausgeschlossen werden, sowie aus dem Abkommen des Weltpostvereins und dem Vertrag der Internationalen Fernmeldeunion. Diese Aspekte können hier nicht vertieft werden.
Teil C
Schranken der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost durch das Wettbewerbsrecht I. Die Anwendung des Wettbewerbsrechts 1. Vorbemerkung Obwohl diese Untersuchung in erster Linie den verfassungsrechtlichen Fragen einer Gründung von Eigengesellschaften durch die Deutsche Bundespost gewidmet ist, soll auf die Bedeutung des Wettbewerbsrechts in diesem Zusammenhang eingegangen werden. Anknüpfungspunkt ist dabei die Tatsache, daß die DBP bisher als Teil der öffentlichen Hand teilweise in der Erfüllung von Hoheitsfunktionen, aber auch bereits unternehmerisch tätig war. Hieraus entwickelt sich die Frage, unter welchen Bedingungen die DBP bzw. ihre Eigengesellschaften und Beteiligungen dem Wettbewerbsrecht unterliegen. Diese Frage ist vor allem deswegen bedeutsam, weil das Wettbewerbsrecht vor Verstößen gegen bestimmte, allgemein anerkannte Prinzipien schützen soll und daher eine wichtige Einschränkung des Wettbewerbsverhaltens der Bundespost bzw. ihrer Tochtergesellschaften darstellen könnte. Diskussionsgegenstand sind im folgenden das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). 2. Die grundsätzliche Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts auf die Unternehmen der öffentlichen Hand Da die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand grundsätzlich zulässig ist, wird es notwendig, den wirtschaftenden Staat an die allgemeinen Schranken des Privat- bzw. Wettbewerbsrechts zu binden. Nur auf diese Weise können in einer Marktwirtschaft die privaten Konkurrenten des Staates in ihrer Existenz vor einer zu weitgehenden staatlichen Konkurrenz geschützt werden. Das Recht der Wettbewerbsbeziehungen ist nach weithin verbreiteter Ansicht Privatrecht 669 . Es wurde in der Rechtswissenschaft eine längere Zeit die Auffassung vertreten, daß das Wettbewerbsrecht auf öffentlich-rechtliche Beziehungen insgesamt keine Anwendung findet. Diese Ansicht wird heute überwiegend abgelehnt. Die ältere Ansicht bedeutete für die Bundespost, daß sie 669
Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht. 15. neubearb. Aufl., München 1983, Allg. Rdnr. 166; Emmerich, in Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. München 1981, §98 Abs. 1 Rdnr. 5.
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Teil C: Schranken durch das Wettbewerbsrecht
als Anbieterin von Post- und Fernmeldediensten qua Rechtsverordnung im Verhältnis zum Postbenutzer vom Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts ausgenommen ist. In den übrigen Rechtsverhältnissen ist die Bundespost danach den Unternehmen der öffentlichen Hand gleichgestellt. Die Entwicklung in Literatur und Rechtsprechung soll für beide Gesetze getrennt skizziert werden. Die Anwendung des UWG sollte nach der früheren Rechtsprechung nur dann erfolgen, wenn die öffentliche Hand ihre Leistungsbeziehungen privatrechtlich ausgestaltet hatte, nicht jedoch, wenn sie öffentlich-rechtlich erbracht wurden. In einem solchen Fall würde nämlich hoheitliches Handeln vorliegen, das nicht dem Wettbewerbsrecht unterworfen sei 670 . Da sich aber die unbefriedigende Rechtslage ergab, daß die öffentliche Hand sich durch die ihr weitgehend freistehende Wahl öffentlich-rechtlicher Rechtsformen der Anwendung des Wettbewerbsrechts entziehen konnte, wurde diese Ansicht aufgegeben. Es hat sich heute die Auffassung durchgesetzt, daß bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand eine Wettbewerbs- von einer Leistungsbeziehung zu unterscheiden ist 6 7 1 . Damit kommt es beim U W G nicht entscheidend darauf an, ob die Beziehungen öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich geregelt sind. Entscheidend ist vielmehr, ob das einzelne Verhältnis zwischen dem Unternehmen der öffentlichen Hand und seinen Abnehmern durch ein öffentlichrechtliches Über- und Unterordnungsverhältnis bestimmt ist oder ob sich beide Marktteilnehmer im Grunde gleichberechtigt gegenüberstehen. So kann selbst bei einer öffentlich-rechtlich gestalteten Leistungsbeziehung auf der Wettbewerbsebene ein privatrechtliches Verhältnis vorliegen, daß nach den Vorschriften des Wettbewerbsrechts zu beurteilen ist 6 7 2 . Das ist dann der Fall, wenn — der Staat Leistungen auf einem Markt anbietet, auf dem die Nachfrager zwischen dem Angebot der öffentlichen Hand und konkurrierenden Angeboten Dritter frei wählen können und — öffentlich-rechtliche Sondervorschriften nicht eingreifen 673 (Beispiele: gesetzliche Monopole, Anschluß- und Benutzungszwang). In diesem Fall ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auf die öffentliche Hand anzuwenden 674 . Damit dient das U W G dem Ziel, die privaten 67 0 Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg. Rdnr. 170; Wilde, in Gloy (Hrsg.), Handbuch des Wettbewerbsrechts. München 1986, § 5 Rdnr. 4. 67 1 Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 277ff.; Baumbach j Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg. Rdnr. 166; Emmerich, in Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 12; kritisch dazu Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 363 ff. 672 BGHZ 37,1 (15 ff.); BGHZ (GS) 67, 81 (84); Baumbach I Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg. Rdnr. 166. 67 3 Baumbach ! Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg. Rdnr. 168; Emmerich, in Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 12.
I. Anwendung des Wettbewerbsrechts
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Anbieter vor den überlegenen wirtschaftlichen Ressourcen staatlicher Unternehmen und einem möglichen Verdrängungswettbewerb zu schützen. In gleicher Weise gilt das U W G auch, wenn die öffentliche Hand als Nachfrager neben anderen Nachfragern auf dem Markt im Wettbewerb auftritt 6 7 5 . Zusammengefaßt bedarf es also für die Anwendung des U W G einer privatrechtlichen Wettbewerbsbeziehung, wobei öffentlich-rechtliche Sonderbestimmungen nicht entgegenstehen dürfen. Dieselben zuletzt genannten Voraussetzungen gelten auch weitgehend für die Anwendung des GWB. Eine weitere Bedingung ist aber, daß eine unternehmerische Tätigkeit der öffentlichen Hand vorliegen muß (§ 98 Abs. 1 G W B ) 6 7 6 . Das setzt voraus, daß der Staat bei seiner wirtschaftlichen Tätigkeit als ein Unternehmen i.S. des GWB eingestuft wird. Diese Rechtslage wird durch § 98 Abs. 1 GWB klarstellend verdeutlicht 677 . Bei der Begriffsbestimmung „Unternehmen" (der Begriff ist im GWB nicht weiter definiert) geht das GWB von einem funktionalen Unternehmensbegriff aus. Dieser stellt auf die Beteiligung am Markt ab, ohne daß es dabei auf die Rechtsnatur der Leistungsbeziehung, die Rechtsform der handelnden Einheit, die Absicht der Gewinnerzielung oder die Gemeinnützigkeit ankommt 6 7 8 . Unter diesen Unternehmensbegriff fällt auch die öffentliche Hand, sofern sie sich wirtschaftlich betätigt 679 . Zusammengefaßt unterliegen Unternehmen der öffentlichen Hand dem Kartellgesetz (GWB), soweit sie am privaten Marktgeschehen teilnehmen und auf dem Markt ein Wettbewerb herrscht und im übrigen öffentlich-rechtliche 674 Vgl. OLG Frankfurt, Urt. vom 26.10. 1978, W u W / E OLG 2042 — unzulässige Monopolisierung der Fremdwerbung durch die Bundespost; O L G Düsseldorf, Urt. vom 15. 8.1985 (2 U 223 / 84 und 2 U 15 / 85) — (vergleichende Werbung bei Nebenstellenanlagen), Wiechert/Schmidt, Fernmelderecht Entscheidungen. Heidelberg 1989, 1.00 Nr. 28. 67 5 Emmerich, in Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 12. 676
So handelte die Bundespost bei der Entscheidung über die Zulassung zum Postzeitungsdienst nicht als Unternehmen, vgl. BKartA, Tätigkeitsbericht 1961, S. 47. 677 § 98 Abs. 1 GWB besitzt nach ganz h.M. eine deklaratorische Funktion, so ζ. B. Autenrieth, in Müller-Henneber g I Schwartz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und Europäisches Kartellrecht. 4. Aufl., Köln/Berlin/Bonn 1985, § 98 Abs. 1 Rdnr. lOff., 22f.; Langen/Niederleithinger/Schmidt, Kommentar zum Kartellgesetz. 6. Aufl., Neuwied/Darmstadt 1982, §98 Abs. 1 Rdnr. Iff. 678 BGHZ 36, 91 (103); Authenrieth, in Müller-Henneberg I Schwartz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 24f.; Emmerich, in Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 42, 44f.; Wilde, in Gloy (Hrsg.), Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 5 Rdnr. 7; Mestmäcker, Fernmeldemonopol und Nachfragemacht — Wirtschaftsrechtliche und ordnungspolitische Probleme der hoheitlichen und unternehmerischen Funktionen der DBP, in Mestmäcker (Hrsg.), Kommunikation ohne Monopole, S. 170. 619 Emmerich, in ImmengaI Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 43f., 50f. m.w.N.
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Teil C: Schranken durch das Wettbewerbsrecht
Sonderregelungen nicht entgegenstehen. Das bedeutet, daß die Anbieter ihre Leistungen an Dritte anbieten oder daß die Nachfrager der Leistungen der öffentlichen Hand diese auch von Dritten beziehen können. Nicht ausschlaggebend ist dagegen, ob die Rechtsbeziehungen zum Kunden öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet sind. Hier findet genauso wie beim U W G der Grundsatz der Trennung zwischen einer Leistungs- und einer Wettbewerbsbeziehung Anwendung 680 , allerdings sind öffentlich-rechtliche Sonderregelungen zu beachten. So ist hier §99 GWB zu berücksichtigen, der für verschiedene Verkehrsunternehmen in bestimmten Fällen eine Freistellung von den Vorschriften des GWB vorsieht. Im Hinblick auf die zum 1.1. 1990 erfolgte Novellierung des § 99 G W B 6 8 1 soll diese Bereichsausnahme aber nicht allgemein, sondern an späterer Stelle ausschließlich mit ihren Wirkungen auf die Bundespost behandelt werden. Im folgenden wird auf das Bestehen und die Auswirkungen öffentlichrechtlicher Sonderregelungen im Bereich des Kartellrechts (GWB), insbesondere die Bereichsausnahme des §99 GWB eingegangen. M i t Blick auf die Bundespost sind dabei eine Anbieter- und eine Nachfragebeziehung zu unterscheiden.
II. Sonderregelungen beim Tätigwerden der Deutschen Bundespost in privatrechtlichen Organisationsformen 1. Die Deutsche Bundespost als Nachfrager Soweit die Bundespost als Nachfrager gegenüber ihren Lieferanten auftritt (Beschaffung), bestehen nach h.M. grundsätzlich keine Bedenken gegen die Anwendung des Wettbewerbsrechts 682. Die Beschaffung dient zwar zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben, sie erfolgt jedoch gegenüber den Lieferanten durch privatrechtliche Kaufverträge. Daher ist die Bundespost zunächst wie jeder andere Vertragspartner der Rechtsordnung des Privatrechts bzw. des Wettbewerbsrechts unterworfen 683 . Allerdings weist die h . L . 6 8 4 in diesem Zusammen680
BGHZ (GS) 66, 229 (237); BGHZ (GS) 67, 81 (86 ff.); BGHZ 36, 91 (101 f.); Emmerich, in Immenga / Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 12, 14 m.w.N.; Authenrieth, in Müller-Henneberg I Schwartz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 20f.; P. Ulmer, Die Anwendung von Wettbewerbs- und Kartellrecht auf die wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand beim Angebot von Waren und Dienstleistungen, ZHR 146 (1982), S. 466 (478). 681 Fünftes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 22.12. 1989, BGBl. I S. 2486; vgl. dazu die Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 20. 2. 1990, BGBl. I S. 235. 682 Emmerich, in ImmengaI Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 19. 683 v g l z u m Meinungsstand etwa Dürig, in Maunz / Dürig / Herzog/ Scholz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. I Rdnr. 494, 501; O L G Düsseldorf, Urt. vom 12. 2.1980, NJW 1981, S. 585ff. (Fernmeldetürme); Emmerich, in Immenga ! Mestmäcker
II. Sonderregelungen beim Tätigwerden der Deutschen Bundespost
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hang auch auf die verschiedenen Rechtsvorschriften hin, die die Beschaffung der Bundespost mitbestimmen (PostVerwG, FAG, Stabilitätsgesetz, Verdingungsordnung für Lieferungen und Leistungen (VOL) etc.) 685 . Für die Eigengesellschaften und Beteiligungen der DBP braucht dieser Rechtslage im übrigen nicht weiter nachgegangen zu werden, da Eigengesellschaften als privatrechtliche Rechtssubjekte errichtet werden sollen und sie privatrechtlich handeln werden. Grundsätzlich sollen öffentlich-rechtliche Sondervorschriften auf die Nachfragetätigkeit keinen Einfluß haben. Eine solche gemeinwohlbezogene Bindung ließe sich mit der vorausgesetzten marktwirtschaftlichen Orientierung nicht vereinbaren. Damit unterliegen Eigengesellschaften und Beteiligungen in ihrer Nachfragetätigkeit insgesamt den Vorschriften des Wettbewerbsrechts. 2. Die Deutsche Bundespost als Anbieter a) Das Alleinbetriebsrecht des § 1 FAG
Im weiteren ist auf die Angebotstätigkeit der Bundespost, resp. ihrer Eigengesellschaften und Beteiligungen einzugehen. Hier könnten sich Rechtsprobleme durch öffentlich-rechtliche Sondervorschriften (insbesondere § 1 FAG) ergeben. Im folgenden wird zum besseren Verständnis erst § 1 FAG alter Fassung diskutiert und anschließend auf die Rechtsänderungen durch das PostStruktG eingegangen: Die Deutsche Bundespost lehnte die Anwendung des Wettbewerbsrechts auf ihre gesamte Angebotstätigkeit im Fernmeldewesen ab. Zur Begründung verwies sie auf die Monopolregelung des § 1 FAG a.F., die verhindere, daß die DBP im Verhältnis zu ihren Anbietern in einem privatrechtlichen Gleichordnungsverhältnis stehen könne. So beschrieb die Bundespost ihre Stellung zum Wettbewerbsrecht wie folgt: „Ihre Leistungsbeziehungen zu den Benutzern sind materiell-gesetzlich geregelt. Das Verhältnis zu Mitanbietern ist nur ein quasi-Wettbewerbsverhältnis; es ist nicht ein Gleichordnungsverhältnis, sondern durch besondere öffentlich-rechtliche Beziehungen auf der Grundlage des Verwaltungsmonopols geprägt. Das Fernmeldewesen unterfallt daher mit der Angebotsseite nicht dem kartellrechtlich relevanten Bereich der unternehmerischen Wirtschaft." 686 ) (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 51, 61, 94f.; Monopolkommission, Die Rolle der Deutschen Bundespost im Fernmeldewesen, S. 30 ff. 684 Vgl. statt aller Authenrieth, in Müller-Henneberg I Schwartz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 98 Abs. 1 Rdnr. 39. 685 Diese Tatsache wird angedeutet in OLG Düsseldorf, Urt. vom 12. 2. 1980, NJW 1981, S. 585 (587). Im übrigen ist in diesem Ausnahmefall — Errichtung von Fernmeldetürmen — bei der Vergabe von Einzelaufträgen über § 26 Abs. 2 GWB eine Verpflichtung der DBP zur öffentlichen Ausschreibung anerkannt worden; vgl. dazu auch Authenrieth, in Müller-Henneberg I Schwartz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 44 m.w.N. 15 Plagemann
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Teil C: Schranken durch das Wettbewerbsrecht
Ebenso argumentierte auch Badura 681, daß die öffentlich-rechtliche Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, die auf gesetzlicher Grundlage erfolge, außerhalb des Anwendungsbereiches des Wettbewerbsrechts (GWB) liege. Dies gelte selbst dann, wenn sie eine Auswirkung auf den wirtschaftlichen Wettbewerb haben sollte. Die Rechtslage ergebe sich dann nicht aus dem Wettbewerbsrecht, sondern heranzuziehen seien die Rechtsvorschriften, die die Aufgabenerfüllung selbst regeln 688 . Infolgedessen stehe die DBP als Anbieter von Fernmeldediensten nicht in einem Verhältnis der Gleichordnung, wie dies der BGH für die Anwendung des Wettbewerbsrechts voraussetze. Im übrigen ging die DBP davon aus, daß vom Umfang des § 1 FAG a.F. sämtliche, auch die neuentwickelten Fernmeldenetze und -dienste (einschließlich der Endgeräte) erfaßt wurden. Demgegenüber wurde in der Literatur zum überwiegenden Teil die Auffassung vertreten, daß das Kartellrecht auch auf die Angebotstätigkeit der DBP grundsätzlich anzuwenden sei. Das Kartellrecht sei dann grundsätzlich anwendbar, wenn die DBP mit anderen Leistungserbringern am Markt konkurriere 689 . Dieser Auffassung war aus folgenden Überlegungen zuzustimmen: Zum einen war die Bundespost gemäß § 99 GWB a.F. gesetzlich in bestimmten Fällen von der Anwendung des GWB befreit gewesen (vgl. dazu unten b.). Das setzte implizit voraus, daß die Bundespost erst auf Grund des Befreiungstatbestandes selbst und nicht prinzipiell auf Grund des § 1 FAG a.F. freigestellt wurde 6 9 0 . Zum zweiten war das Wettbewerbsrecht dann anzuwenden, wenn die DBP (nur) als Mitanbieter auf dem Markt auftrat. Dem stand § 1 FAG a.F. nicht entgegen. Denn § 1 FAG a.F. verbürgte das Recht, Fernmeldeanlagen ausschließlich zu errichten und zu betreiben. Sofern die Bundespost dieses Ausschließlichkeitsrecht nicht ausübte, sondern Mitanbieter hinnahm, verzichtete sie auf ihr ausschließliches Recht, das darin lag, das spezifische Angebot dem Wettbewerb zu entziehen. Das bedeutete, daß die Bundespost sich auf die 686 Stellungnahme der Deutschen Bundespost zur Kurzfassung des Sondergutachtens der Monopolkommission „Die Rolle der Deutschen Bundespost im Fernmeldewesen", abgedruckt bei Arnold (Hrsg.), Endeinrichtungen der öffentlichen Fernmeldenetze. Heidelberg/Hamburg 1981, S. 171 ff. 687 Badura, Die Leistungsaufgabe der Deutschen Bundespost im Fernmeldewesen und das Wettbewerbsrecht, ArchPF 1981, S. 260f., 265. 688 Badura, ArchPF 1981, S. 260f., 265. 689 BGHZ (GS) 66, 229 (233); BGHZ (GS) 67, 81 (86); Authenrieth, in MüllerHenneberg I Schwartz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 48 ff.; Mestmäcker, in Mestmäcker (Hrsg.), Kommunikation ohne Monopole, S. 168 f.; Emmerich, in ImmengaI Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 98 Abs. 1 Rdnr. 19,61; Emmerich nennt als Beispiele Adressen- oder Bankgeschäfte; vgl. ferner allgemein BGHZ 36, 91 (102ff.); P. Ulmer, ZHR 146 (1982), S. 466 (477ff.). 690 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 363; P. Ulmer, Z H R 146 (1982), S. 466 (475 f.); anders dagegen Badura, ArchPF 1981, S. 260 (270), der in § 99 Abs. 1 GWB (a.F.) im wesentlichen eine „ausdrückliche Klarstellung" sieht.
II. Sonderregelungen beim Tätigwerden der Deutschen Bundespost
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Ebene eines privatrechtlichen Wettbewerbsverhältnisses begab, wenn sie Mitanbieter zulaß. Genau in diesen Fällen findet Wettbewerbsrecht Anwendung. Im übrigen können jedoch bei der Anwendung des GWB öffentlich-rechtliche Sonderregelungen eingreifen. Als solche öffentlich-rechtlichen Besonderheiten werden etwa die Bereichsausnahmen der §§99-103 GWB oder verschiedene spezialgesetzliche Regelungen verstanden 691 . Für die Bundespost war dies insbesondere der frühere § 14 PostVerwG. Soweit die Bundespost nach dem PostVerwG ihre Post- und Fernmeldedienste hoheitlich aufgrund von Benutzungsverordnungen anbietet bzw. angeboten hat, ist diese Leistungsbeziehung zwischen der DBP und ihren Kunden (vertikales Leistungsverhältnis) aufgrund zwingenden hoheitlichen Rechts geregelt und daher von einer Kontrolle durch die Kartellbehörde ausgenommen 692 . Insoweit untersteht die Deutsche Bundespost nicht dem G W B 6 9 3 . Diese Rechtslage wurde durch das PostStruktG modifiziert. Nach der ordnungspolitischen Neuordnung der Telekommunikation ergeben sich für die Anwendung des GWB weiterhin eine Reihe von Schranken aufgrund zwingender öffentlich-rechtlicher Sondervorschriften des PostVerfG. Soweit das privatrechtliche 694 Marktverhalten der Deutschen Bundespost durch derartige öffentlich-rechtliche Normen gesetzlich vorgeschrieben wird und fachaufsichtlicher Regulierung unterliegt, besteht kein Handlungsspielraum der Deutschen Bundespost für wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen. Daher scheidet die entsprechende Anwendung des GWB aus. Bei einer genaueren Betrachtung der Rechtslage ist jedoch zwischen den Monopolleistungen, Pflichtleistungen und freien Leistungen zu differenzieren. Rechtlich steht der Bundespost das Fernmeldemonopol bei Dienstleistungen nur noch für den Telefondienst (Vermittlung von Sprache für andere) zu. Die übrigen Dienstleistungen der Telekommunikation werden auf den von der Deutschen Bundespost monopolistisch bereitgestellten Übertragungswegen (Netzmonopol) im Wettbewerb erbracht (§ 1 Abs. 4 Satz 1 FAG n.F.). Die heutigen Monopolleistungen der Deutschen Bundespost, nämlich die Bereitstellung von Übertragungswegen (Fest- und Wählverbindungen) sowie der Telefon691 Vgl. Authenrieth, in Müller-Henneberg j Schwartz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §98 Abs. 1 Rdnr. 29 ff.; Immenga, in ImmengaI Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 99 Rdnr. 4 ff.; Basedow, Wettbewerb auf den Verkehrsmärkten. Heidelberg 1989, S. 8, 11. 692 Deswegen hatte das BKartA die Überprüfung von Gebührenerhöhungen unter Berufung auf § 99 GWB a.F. abgelehnt, nachdem mehrere Beschwerden von Fernsprechteilnehmern beim BKartA eingegangen waren, in denen die Gebührenerhöhungen als Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bezeichnet waren, vgl. BKartA, Tätigkeitsbericht 1964, S. 47; 1974, S. 80. 693 Hootz, in Müller-Henneberg I Schwartz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 99 Rdnr. 7,20; Zurhorst, Die Alleinrechte der Deutschen Bundespost im Lichte der Wettbewerbsordnung der Wirtschaft, Jahrbuch des Postwesens 1969, S. 267 (273). 694 Vgl. zur Übergangsregelung des §65 PostVerfG oben B.III.I.e.
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Teil C: Schranken durch das Wettbewerbsrecht
dienst (Vermittlung von Sprache für andere) können durch verschiedene öffentlich-rechtliche Sondervorschriften des PostVerfG reguliert werden. Hier ist an erster Stelle die noch gemäß § 30 Abs. 1 PostVerfG zu erlassende RahmenRechtsverordnung der Bundesregierung 695 für die Inanspruchnahme der „Dienstleistungen" der Deutschen Bundespost T E L E K O M zu nennen 696 . Nach dieser Bestimmung kann die Bundesregierung „insbesondere Regelungen über den Vertragsabschluß, den Gegenstand und die Beendigung der Verträge treffen und die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie der sonstigen am Postund Fernmeldeverkehr Beteiligten einschließlich der Haftungsregelungen im Bereich des Unternehmens Deutsche Bundespost T E L E K O M sowie die Bedingungen, zu denen Endeinrichtungen anzuschließen sind, festlegen. Hierbei sind die Interessen der Beteiligten ausgewogen zu berücksichtigen". Neben diese Rechtsverordnung treten weitere hoheitliche, fachaufsichtliche Regulierungen des BMPT, etwa in Form von Genehmigungsrechten bei der Festlegung der Leistungsentgelte im Monopolbereich 697 . Im Wettbewerbsbereich können für Pflichtleistungen, die gemäß § 25 Abs. 2 PostVerfG von der Bundesregierung durch eine Rechtsverordnung (noch) bestimmt werden können, weitere öffentlich-rechtliche Sondervorschriften geschaffen werden. Sie richten sich vor allem auf die „wesentlichen Strukturen der Pflichtleistungen und die Entgeltregelungen" 6 9 8 . Auch für die Pflichtleistungen können in der Rahmen-Rechtsverordnung nach § 30 Abs. 1 PostVerfG weitere öffentlich-rechtliche Rahmenvorgaben gemacht werden. Letztlich wird durch die Einführung der Rechtsverordnungen nach §25 Abs. 2 und § 30 Abs. 1 PostVerfG der Anwendungsbereich des Kartellrechts bestimmt bzw. zurückgedrängt. Soweit derartige öffentlich-rechtliche, fachaufsichtliche Sonderregelungen vom Verordnungsgeber geschaffen werden 699 , untersteht die Deutsche Bundespost nicht dem Anwendungsbereich des GWB. Denn aus dem Grundsatz der Einheit des Verwaltungshandelns folgt, daß die 695 Die Rechtsverordnung wird von der Bundesregierung nach Anhörung der Unternehmen durch den Bundesminister für Post und Telekommunikation mit Zustimmung des Infrastrukturrates erlassen (§§ 30 Abs. 1, 34 Abs. 3 PostVerfG); vgl. jetzt die Telekommunikationsverordnung (TKV) vom 24. 6. 1991, BGBl. I S. 1376. 696 Vgl. zur Einführung dieser Bestimmung die Gesetzesbegründung in Deutscher Bundestag, Drs. 11/2854, S.45. 697 Der Ablauf dieses gestuften Verfahrens unter Beteiligung des Vorstands, des Aufsichtsrates, des BMPT, des Infrastrukturrates und unter Umständen der Bundesregierung ist kompliziert, vgl. insbesondere zu den Monopoltarifen die §§ 15 Abs. 1; 23 Abs. 3 Nr. 4,4; 24 Abs. 1,2,3; 28 Abs. 1,3 Nr. 2; 34 Abs. 2 Nr. 1,6; 35 Abs. 1,35 Abs. 1 Satz 2; 35 Abs. 2, 3. 698 Die hoheitliche Festsetzung der Leistungsentgelte im Pflichtleistungsbereich ist geregelt in den §§ 15 Abs. 1; 23 Abs. 5 Nr. 4; 15 Abs. 1, 5 Nr. 1 Buchst, c; 28 Abs. 2; 34 Abs. 2 Nr. 2, 6; 35 Abs. 1; 35 Abs. 1 Satz 2; 35 Abs. 2; 35 Abs. 3. 699 Weitere Bindungen der Deutschen Bundespost können durch bindende politische Zielvorgaben des Bundespostministers nach § 25 Abs. 1 PostVerfG erfolgen.
II. Sonderregelungen beim Tätig werden der Deutschen Bundespost
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Kartellaufsicht nur eingreift, sofern keine wettbewerbliche Fachaufsicht besteht 700 . Da die Verordnungsermächtigung des § 30 Abs. 1 PostVerfG nach ihrem Wortlaut neben Monopolleistungen auch auf Pflichtleistungen und sogar auf die „freien Leistungen" der Bundespost erstreckt werden kann, besteht grundsätzlich eine weitgehende Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers im Hinblick auf den Anwendungsbereich des GWB. Welche inhaltlichen Schranken sich dabei für den Verordnungsgeber aufgrund ordnungspolitischer, verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Bestimmungen sowie gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben ergeben, kann und braucht an dieser Stelle nicht vertieft zu werden. Für Eigengesellschaften oder Beteiligungen bedeuten diese bisherigen Überlegungen folgendes: Sofern sich die Bundespost entschließt, Aufgabenbereiche des Fernmeldewesens (freie Leistungen) auf privatrechtlich organisierte, erwerbswirtschaftlich handelnde Eigengesellschaften oder Beteiligungen zu übertragen, so befindet sie sich in diesen Bereichen auf dem Gebiet der freien Marktkonkurrenz außerhalb öffentlich-rechtlicher Sondervorschriften. Infolgedessen untersteht diese Betätigung in vollem Umfang dem Wettbewerbsrecht. b) Die Bereichsausnahme des § 99 GWB
Bis zum 31.12. 1989 bestand mit § 99 Abs. 1 GWB a.F. 7 0 1 noch eine weitere Sonderregelung zur Anwendung des GWB auf die Verkehrswirtschaft, die insbesondere für die Deutsche Bundespost galt 7 0 2 . Gemäß der Bestimmung des § 99 Abs. 1 GWB a.F. waren solche Vereinbarungen, Beschlüsse oder Empfehlungen der Bundespost vom GWB ausgenommen, die sich auf Entgelte bezogen, die hoheitlich, d.h. durch Gesetz oder Rechtsverordnung festgesetzt oder genehmigt waren. Insofern fand das GWB auf Verträge etc. über Verkehrslei-
700
Immenga, in ImmengaI Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 99 Rdnr. 38; Basedow, Wettbewerb auf den Verkehrsmärkten, S. 8,11 m.w.N. 701 § 99 Abs. 1 GWB a.F. lautete: „Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Verträge der Deutschen Bundespost einschließlich der Landespostdirektion Berlin, der Deutschen Bundesbahn, anderer Schienenbahnen des öffentlichen Verkehrs und von Unternehmen, die sich mit der Beförderung und der Besorgung der Beförderung von Gütern und Personen befassen, sowie auf Beschlüsse und Empfehlungen von Vereinigungen dieser Unternehmen über Verkehrsleistungen und -nebenleistungen, wenn und soweit die auf diesen Verträgen, Beschlüssen und Empfehlungen beruhenden Entgelte oder Bedingungen durch Gesetz oder Rechtsverordnung oder auf Grund eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung festgesetzt oder genehmigt werden; das gleiche gilt, soweit Verträge und Beschlüsse, die einen von diesem Gesetz betroffenen Inhalt haben, nach anderen Rechtsvorschriften einer besonderen Genehmigung bedürfen." 702 Hootz, in Müller-Henneberg I Schwartz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, §99 Rdnr. 3, 7; Immenga, in Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 99 Rdnr. 23; Hempell, Postverfassungsrecht, S. 268; Möschei, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen. Köln/Berlin/Bonn 1983, Rdnr. 956.
230
Teil C: Schranken durch das Wettbewerbsrecht
stungen bzw. -nebenleistungen, die durch behördliche Festsetzungen geregelt w a r e n 7 0 3 , keine A n w e n d u n g 7 0 4 . Die Freistellung verschiedener Unternehmensbereiche i m G W B wurde für erforderlich gehalten, weil es Bereiche der Verkehrswirtschaft gibt, i n denen der freie Wettbewerb nicht z u m gesamtwirtschaftlichen O p t i m u m führt. D a somit zwangsläufig Eingriffe i.S. einer K o o r d i n i e r u n g der Verkehrsleistungen stattfinden, sollten diese hoheitlichen Entscheidungen nicht einer weiteren staatlichen K o n t r o l l e durch die Kartellbehörden unterzogen sein. M i t dem Fünften Gesetz zur Ä n d e r u n g des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen v o m 22.12. 1 9 8 9 7 0 5 , das z u m 1.1. 1990 i n K r a f t trat, wurde der bisherige § 99 Abs. 1 G W B a.F. aufgehoben u n d die Bereichsausnahme für die Deutsche Bundespost abgeschafft. Die Gesetzesbegründung bezieht sich i m wesentlichen darauf, daß der Bestimmung nur eine deklaratorische Bedeutung z u k o m m t , die den Vorrang staatlicher Regulierung gegenüber dem Wettbewerbsrecht z u m Ausdruck b r i n g t 7 0 6 . 703 Die hoheitliche Festsetzung der Entgelte war eine hervorzuhebende Voraussetzung innerhalb des § 99 Abs. 1 GWB a.F., denn ein Verkehrsunternehmen i.S. des Abs. 1 konnte auch ein privater Paketvertrieb sein, vgl. Immenga, in Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 99 Rdnr. 14. Gleichwohl fand das GWB auf ihn Anwendung, da seine Tarife nicht hoheitlich festgesetzt sind. 704 Umstritten ist dabei die Frage, ob das Kartellrecht im Verhältnis DBP / Mitanbieter (horizontales Wettbewerbsverhältnis) Anwendung findet. Das BKartA hatte in einem derartigen Fall — Preisabsprachen zwischen verschiedenen Unternehmen einschließlich der DBP bzgl. Nebenstellenanlagen — die Anwendung des GWB abgelehnt (Tätigkeitsbericht 1963, S. 61 f.). A u f das Verhalten der DBP gegenüber Mitanbietern könne bei der Preissetzung nicht das GWB angewendet werden, weil für die DBP diese festgelegten Preise gegenüber ihren Benutzern durch RechtsVO bestimmt seien. Mestmäcker hält dem entgegen, daß § 99 GWB nur im Verhältnis DBP-Benutzer angewendet werden könne, vgl. Mestmäcker (Hrsg.), Kommunikation ohne Monopole, S. 168. Letztlich kann diese Kontroverse hier dahingestellt bleiben, weil Eigengesellschaften im Verhältnis zu den Kunden nicht hoheitlich i.S. des §99 Abs. 1 GWB tätig werden. 705
BGBl. I S. 2486. Deutscher Bundestag, Drs. 11/4610, S. 12. In der Begründung heißt es dazu im einzelnen: 706
„§ 99 Abs. 1 bisheriger Fassung besitzt grundsätzlich nur deklaratorische Bedeutung. Das GWB ist dort nicht anwendbar, wo der Staat die Einhaltung bestimmter Preise oder Bedingungen vorschreibt, weil insoweit kein Raum für wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen oder Verhaltensweisen besteht. Dies gilt nicht nur für den Verkehrsbereich und das Post- und Fernmeldewesen, sondern auch für andere Wirtschaftssektoren (z.B. Banken, Versicherungen, freie Berufe). Die bisherige Regelung ist insofern überflüssig und irreführend. (...) Ferner unterliegen z.B. Entgelte für Leistungen der Unternehmen der Deutschen Bundespost im Briefdienst und im Monopolbereich des Fernmeldewesens, die gemäß § 24 Abs. 1 des Entwurfs des Postverfassungsgesetzes (PostVerfGE) zu genehmigen sind, aus den gleichen Gründen nicht den Vorschriften des GWB. Wenn bei Pflichtleistungen gemäß § 22 Abs. 2 PostVerfGE das Verhalten der Unternehmen der Deutschen Bundespost durch Festlegungen gemäß § 22 Abs. 2 PostVerfGE bzw. durch die Wahrnehmung des Wider-
II. Sonderregelungen beim Tätigwerden der Deutschen Bundespost
231
Im Hinblick auf den nunmehr novellierten §99 GWB kann in diesem Zusammenhang darauf verzichtet werden, die frühere Rechtslage im einzelnen auszuführen 707 . Festzuhalten ist, daß nach §99 Abs. 1 GWB n.F. für die Deutsche Bundespost eine Ausnahme bei der Anwendung des GWB nicht mehr besteht. Die frühere Bereichsausnahme war im übrigen für die Eigengesellschaften und Beteiligungen der Deutschen Bundespost nicht anwendbar, da diese ihre Dienstleistungen nicht hoheitlich angeboten haben, d. h. aufgrund von Rechtsverordnungen oder Gesetzen, in denen die Entgelte oder Bedingungen festgelegt oder genehmigt waren, sondern das Angebot schon immer privatrechtlich erfolgt ist. 3. Zusammenfassung Die Eigengesellschaften und Beteiligungen der Deutschen Bundespost unterliegen der Anwendung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Dies ergibt sich daraus, daß es sich um privatrechtliche Rechtssubjekte (Unternehmen) handelt, die ihre Leistungen privatrechtlich anbieten und hierbei mit anderen Wettbewerbern konkurrieren. Abweichende Regelungen ergeben sich weder aus dem Fernmeldemonopol nach § 1 FAG noch aus § 99 Abs. 1 GWB n.F.. Insofern bestehen für die Eigengesellschaften und Beteiligungen der Bundespost keine Sonderregelungen im Vergleich zu den übrigen privaten Unternehmen. spruchsrechts gemäß § 24 Abs. 2 PostVerfGE in der Weise vorgeschrieben worden ist, daß die Unternehmen insoweit keinen Handlungsspielraum haben, entfallt ebenfalls eine rechtliche Kontrolle durch das GWB" (ebd., S. 28). 707 Die Freistellung vom GWB erfaßte horizontale wie vertikale Verträge sowie Beschlüsse und Empfehlungen der Unternehmensvereinigungen. Demzufolge waren bei der Deutschen Bundespost, die als Verkehrsunternehmen i.S. des § 99 Abs. 1 GWB galt, u. a. Vereinbarungen im Bereich folgender Dienste von der Freistellung erfaßt: — Briefdienst, — Postanweisungsdienst, — Paketdienst, — Postzeitungsdienst, — Postgiro- und Postsparkassendienst, — Fernsprechdienst, — Telegrafenfernschreibdienst, Telefaxdienst, — Bildschirmtextdienst, — Datapostdienst, — Fernschreib- und Datexdienst. Bei verschiedenen erwerbswirtschaftlichen Betätigungen der Deutschen Bundespost ist das GWB für anwendbar erklärt worden, nämlich auf — die Vermietung von Nebenstellenanlagen, BKartA, Tätigkeitsbericht 1967, S. 53; 1968, S. 47; 1969, S.64; — die Gründung der Deutschen Telepost Consulting GmbH, BKartA, Tätigkeitsbericht 1977, S. 77; — den Weiterverkauf kostenintensiver Forschungsergebnisse an nachrichtentechnische Unternehmen, BKartA, Tätigkeitsbericht 1978, S. 88; — das Angebot von Werbeflächen durch die Deutsche Postreklame GmbH, BKartA, Tätigkeitsbericht 1979/80, S. 100.
Ausblick Eine Einschätzung der künftigen Bedeutung von Tochtergesellschaften der Bundespost unterliegt zur Zeit verschiedenen Unwägbarkeiten. Die Entwicklung im Ausland zeigt zu der nationalen Entwicklung nur teilweise Parallelen. Bei der Einschätzung sollten — wie auch in dieser Ausarbeitung — die verfassungsrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkte gesondert betrachtet werden. Die verfassungsrechtlichen Fragen, die mit den privatrechtlichen Verwaltungseinheiten der Bundespost verbunden sind, dürften zukünftig wohl eher ab- als zunehmen. Wie der vorliegende Beitrag ausweist, lassen sich der Gründung von 100%igen Tochtergesellschaften der Bundespost keine überzeugenden Einwände aus verfassungsrechtlicher Sicht entgegenhalten. Dies gilt auch — allerdings mit Einschränkungen — für Kapitalbeteiligungen. Dennoch muß betont werden, daß erstens die Option zur Gründung von Tochtergesellschaften nicht für den gesamten unternehmerischen Aufgabenteil der Bundespost verfassungsrechtlich zulässig ist und daß zweitens die Bundespost über Tochtergesellschaften nicht in jedem beliebigen Wirtschaftssektor agieren darf. Dieser durch Verfassungsauslegung gezogene Rahmen, der insbesondere die zulässigen Tätigkeitsbereiche kennzeichnet, ist in der Ausarbeitung verdeutlicht und braucht an dieser Stelle nicht im einzelnen wiederholt zu werden. Immerhin soll daraufhingewiesen werden, daß der Handlungsspielraum, den das Grundgesetz der Bundespost bei der Auslagerung von Aufgaben in privatrechtliche Organisationsformen und der Wahl der Tätigkeitsfelder bietet, relativ begrenzt ist im Vergleich zu dem Spielraum, der ausländischen privatrechtlichen Fernmeldeunternehmen zur Verfügung steht. Diese relative Einschränkung ist auf die Entscheidung des Verfassungsgebers bei der Einführung des Grundgesetzes zurückzuführen. Ob diese Entscheidung heute noch zeitgemäß ist, muß in Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung vor allem der Telekommunikation in erster Linie aus politischer und weniger aus verfassungsrechtlicher Sicht beantwortet werden. In rechtspolitischer Sicht hat sich die Bundesregierung bereits 1985 bei der Auftragserteilung an die Regierungskommission Fernmeldewesen für den Kompromiß entschieden, die Verfassungsänderung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG nicht in Betracht zu ziehen und die Bundespost weiterhin als „bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" zu führen. Inwiefern diese Dezision sich für die staatliche Ordnung als politisch und wirtschaftlich richtig herausstellen wird, ist erst in einigen Jahren oder Jahrzehnten zu beurteilen. In ordnungspolitischer Hinsicht hat sich die Bundesregierung und der Gesetzgeber in dem PostStruktG zu der verstärkten Gründung von Tochterge-
Ausblick
233
sellschaften durch die Bundespost bekannt. Insofern ist abzusehen, daß Tochtergesellschaften der Bundespost Teil eines künftigen Gesamtkonzepts für den Postsektor bzw. den Telekommunikationsmarkt sein werden. Die weitere Unternehmenspolitik der Bundespost liegt jedoch nach Inkrafttreten des PostStruktG in den Händen von Vorständen. Diese werden in erster Linie darüber zu befinden haben, welche Tätigkeitsfelder sich für eine Auslagerung in privatrechtliche Organisationsformen besonders eignen bzw. welche neuen Tätigkeitsfelder die Bundespost in ihr Dienstleistungsspektrum im Wege von Tochtergesellschaften einbeziehen sollte. Mit Sicherheit wird die Bundespost verschiedene grenzüberschreitende Dienstleistungsangebote bereitstellen, um auf diesem innovativen Markt gegen die Konkurrenz anderer Post- und Fernmeldeverwaltungen / -unternehmen und privater Anbieter zu bestehen. Aus völkerrechtlicher Sicht können Dienstleistungsangebote im Ausland sowohl durch die Deutsche Bundespost als auch durch privatrechtliche Organisationseinheiten bereitgestellt werden. In der Praxis dürfte sich dabei die privatrechtliche Organisationsform für Betätigungen im Ausland als vorteilhafter erweisen (z.B. über Eigengesellschaften, Beteiligungen oder Joint-ventures mit ausländischen Post- und Fernmeldeunternehmen).
Zusammenfassung Untersuchungsgegenstand dieser Ausarbeitung sind verfassungsrechtliche und ordnungspolitische Fragen zur wirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost. Die zentrale Fragestellung lautet, ob die erwerbswirtschaftliche, unternehmerische Betätigung der Deutschen Bundespost in privatrechtlicher Organisationsform durch Tochtergesellschaften zulässig ist. Eine solche Betätigung käme sowohl durch Eigengesellschaften (100%ige Tochtergesellschaften) als auch durch Beteiligungen (gemischtwirtschaftliche Unternehmen) im In- und Ausland in Betracht. Die Deutsche Bundespost ist gegenwärtig an ca. 50 privatrechtlichen Unternehmen und an drei Unternehmen des öffentlichen Rechts beteiligt (vgl. Teil Ä). Sie ist derzeit Eigentümerin von zwei Eigengesellschaften, nämlich der Deutschen Postreklame GmbH und der Deutschen Fernkabel Gesellschaft mbH. Der Bestand an posteigenen Eigengesellschaften und Beteiligungen wurde bereits in der Vergangenheit — j e nach Erfordernis — erweitert oder reduziert. Dabei ist zu beobachten, daß insbesondere in den letzten Jahren bei der Bundespost zunehmend von der unternehmenspolitischen Option, einzelne Aufgabenbereiche in Tochtergesellschaften auszulagern bzw. Beteiligungen zu erwerben, Gebrauch gemacht wurde. Insgesamt kann vermutet werden, daß künftig privatrechtliche Organisationseinheiten der Deutschen Bundespost eine wachsende Bedeutung gewinnen werden. Als Betätigungsfelder, die für weitere Eigengesellschaften oder Beteiligungen der Deutschen Bundespost in Betracht kommen, sind vor allem die Wettbewerbsmärkte für Telekommunikationsdienste und -endgeräte anzusehen. Aber auch das Angebot von Gütern oder Dienstleistungen ohne postalischen Bezug durch Tochtergesellschaften der Deutschen Bundespost ist denkbar, ebenso wie verschiedene Post- oder Postbankdienste in einer Tochtergesellschaft organisiert werden könnten. Ein wichtiger Grund für die Auslagerung von Unternehmensaufgaben der Deutschen Bundespost auf Eigengesellschaften oder Beteiligungen sind ordnungspolitische Erwägungen. So soll u.a. die Wirtschaftlichkeit der Sparte nachprüfbar sein, eine flexible Angebotspolitik erzielt werden oder ein Verdrängungswettbewerb verhindert werden. Aber auch betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte, wie ζ. B. eine größere Autonomie als eine Verwaltungsbehörde, flexiblere Personalpolitik, Steuervorteile, die Lockerung öffentlich-rechtlicher Bindungen und eine intensivere Kooperation mit anderen Post- und Fernmeldeverwaltungen und privaten Unternehmen im In- und Ausland, können für die Verwendung separater, privatrechtlicher Organisationsformen sprechen.
Zusammenfassung
235
Schließlich wird die Liberalisierung der Telekommunikation in Deutschland, vor allem die Neuabgrenzung zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereichen und die Neuorganisation der Deutschen Bundespost durch das Poststrukturgesetz, zu einem zunehmenden Wettbewerb auf den Märkten des Post- und Fernmeldewesens führen. Diese Entwicklung kann es für die Bundespost möglicherweise ratsam erscheinen lassen, zur Effizienzsteigerung vermehrt über privatrechtliche Organisationen am Markt teilzunehmen. Da die nationale Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes zunehmend durch das internationale ordnungspolitische Umfeld beeinflußt wird, sind dort erfolgende Entwicklungen ebenfalls zu berücksichtigen. Nur bei einer international vergleichenden Betrachtung läßt sich aufzeigen, daß die Gründung von Tochtergesellschaften zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bundespost dienen kann. A n der internationalen Entwicklung der Telekommunikationspolitik sind in dieser Untersuchung vor allem zwei Aspekte besonders hervorgehoben worden: Erstens wird die nationale Telekommunikationspolitik zunehmend von den Organen der Europäischen Gemeinschaft mitgestaltet. Damit wird über die Abgrenzung zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereichen und über das Ausmaß des Wettbewerbs nicht mehr allein in der Bundesrepublik Deutschland entschieden. Zweitens war auf den hohen Stellenwert von Tochtergesellschaften bei ausländischen Fernmeldeunternehmen hinzuweisen. In einem Ländervergleich wurde dieser Aspekt aufgezeigt anhand der Entwicklungen in den USA, Großbritannien, Japan, Schweden, Frankreich, der Schweiz und den Niederlanden. Die Gründung von Tochtergesellschaften erfolgt in diesen Staaten aus unterschiedlichen Motiven. Hervorzuheben ist aber, daß die ausländischen Fernmeldeunternehmen heute zunehmend über eine Vielzahl von Unternehmensaktivitäten verfügen, die über das klassische Fernmeldewesen weit hinausgehen. Die Betätigung dieser Unternehmen umfaßt heute bereits z.B. Datenverarbeitungsdienste, die Produktion von Endgeräten, Immobiliengeschäfte, Bank- und Versicherungsdienstleistungen und weitere artverwandte Geschäfte. Eine Eingrenzung der Betätigungsfelder läßt sich dabei zum Teil kaum noch erkennen. Im Blickfeld von Teil Β stehen rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost durch Tochtergesellschaften. Als erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost wird in diesem Zusammenhang ein Handeln angesehen, bei dem im Rahmen betriebswirtschaftlicher Grundsätze und der gesetzlichen Bindungen ein Maximum an Gewinn erzielt werden soll. Die Eigengesellschaften und Beteiligungen der Deutschen Bundespost unterliegen dabei den Marktgesetzen und ihren Regularien. Sie sind nicht in gleicher Weise wie die Bundespost den verschiedensten sozialen Zielen verpflichtet. Insofern unterscheidet sich diese wirtschaftliche Betätigung von der unmittelbaren Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, die nach der Lehre vom Verwaltungsprivatrecht engeren öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliegt.
236
Zusammenfassung
Die rechtliche Zulässigkeit der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand wird inzwischen nicht mehr grundsätzlich bestritten. Einschränkungen bzw. Verbote ergeben sich jedenfalls nicht aus dem Prinzip der Subsidiarität oder der Marktwirtschaftsordnung; sie können dagegen allgemein aus verfassungsrechtlichen Prinzipien, Kompetenzvorschriften, Grundrechten oder einfachgesetzlichen Regelungen folgen. Diese allgemeinen Überlegungen waren mit Blick auf die Bundespost vertiefend zu diskutieren: Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, daß auch die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Bundespost an die Organisationsvorschriften nach Art. 83 ff. GG gebunden ist. Die Deutsche Bundespost benötigt daher einen Kompetenztitel. Dieser ist mit Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G gegeben. Es ist heute nicht mehr strittig, daß Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG sowohl eine materiell-rechtliche als auch eine organisationsrechtliche Zielrichtung enthält. Die organisationsrechtliche Bedeutung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG liegt darin, daß für die Bundespost „bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" vom Verfassungsgeber vorgegeben worden ist. Die verfassungsrechtliche Frage lautete nun, ob Tochtergesellschaften der Deutschen Bundespost organisationsrechtlich mit Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar sind. Hierüber besteht ein Meinungsstreit. Die wohl herrschende Meinung (z.B. Maunz, Ehlers) verneint die Möglichkeit einer solchen Auslagerung von Aufgaben bis auf „periphere und abgrenzbare Teilaufgaben". Nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG könne bundeseigene Verwaltung weder durch Körperschaften noch Anstalten des öffentlichen Rechts geführt werden, geschweige denn durch privatrechtliche Rechtssubjekte (Ausnahme: die Rechtsform „beliehener Unternehmer"). Nach einer anderen Auffassung im Schrifttum (z.B. Ohnheiser, Wussow) sei es sogar unzulässig, Einzelbereiche der „bundeseigenen Verwaltung" privatrechtlich zu organisieren. Demgegenüber halten eine Reihe von Autoren (z.B. Schmidt-Aßmann, Püttner, Kaiser) privatrechtliche Unternehmen in der Hand der Sondervermögen durchaus für verfassungsrechtlich zulässig. Aus der Sicht der Rechtsprechung sind privatrechtliche Organisationseinheiten mit den Anforderungen des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar. Verschiedene ältere Gerichtsentscheidungen, ζ. B. im Zusammenhang mit der Deutschen Postreklame GmbH, bestätigen die Zulässigkeit dieser Auslagerung aus der Deutschen Bundespost. Im Rahmen der Auslegung des Art. 87 Abs. 1 Satz 1 G G wird die organisationsspezifische Vorgabe dieser Rechtsnorm hinsichtlich Wortlaut, Entstehungsgeschichte, dem systematischen Zusammenhang und nach dem Sinn und Zweck der Norm untersucht. Insbesondere die Auslegung nach dem Wortlaut ergibt, daß zwar eine privatrechtliche Organisationsform für die gesamte Bundespost ausgeschlossen ist, aber einzelne Teile der „bundeseigenen Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau" nach dem heutigen Verständnis von Verwaltungsorganisation durchaus als privatrechtliche Tochtergesellschaften
Zusammenfassung
237
geführt werden können. Die teleologische Auslegung kommt zu dem Ergebnis, daß eine öffentlich-rechtliche Organisation der Bundespost erfolgt, weil ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit an ihren Aufgaben besteht. Deswegen hat der Verfassungsgeber eine enge öffentlich-rechtliche Anbindung an die Bundespolitik vorgesehen. Dieser Schutzzweck erstreckt sich heute aber nicht mehr auf das gesamte Leistungsangebot der Bundespost, sondern auf die „wesentlichen Dienstleistungen". Diese umfassen wegen ihrer Bedeutung für die Versorgung der Allgemeinheit (Grundversorgung) aus heutiger Sicht die Netzinfrastruktur und die Grunddienste der Telekommunikation (dies sind die Monopol- und Pflichtleistungen i.S. des PostStruktG). Sie sind durch die unmittelbare Bundesverwaltung als öffentlich-rechtliche Behördenverwaltung zu erbringen und unterliegen weitestgehend öffentlich-rechtlichen Bindungen (Verwaltungsprivatrecht). Die übrigen Leistungen (freie Leistungen i.S. des PostStruktG) können dagegen als erwerbswirtschaftliche Betätigung in privatrechtlicher Organisationsform erbracht werden. Insgesamt führt die Verfassungsauslegung zu dem Ergebnis, daß die teilweise privatrechtliche Organisation der Bundespost als verfassungsrechtlich zulässig anzusehen ist. In der Untersuchung wird ferner die materiell-rechtliche Aufgabenkompetenz der Bundespost behandelt. Sie ist Voraussetzung für die Zulässigkeit staatlichen Handelns. Es konnte nachgewiesen werden, daß die Bundespost über Tochtergesellschaften Güter des Post- und Fernmeldewesens, einschließlich Mehrwertdienste, anbieten kann. Bei den übrigen wirtschaftlichen Gütern und Dienstleistungen kann eine Marktteilnahme vor allem mit der betriebswirtschaftlich effizienten Ausnutzung von Infrastruktureinrichtungen (Schalterräumen etc.) begründet werden. Denn durch die Ausnutzung von Verbund- und Größenvorteilen entstehen gesamtwirtschaftliche Vorteile, die den Konsumenten nachweisbar zugute kommen können. Dies erfolgt heute bereits in geringem Umfang bei den sog. „Randnutzungen". Die Aufgabenkompetenz der Deutschen Bundespost erstreckt sich daher auch auf solche Tätigkeitsbereiche, die nur mittelbar einen Bezug zum Post- und Fernmeldewesen aufweisen. Für diese erwerbswirtschaftliche Betätigung wird verfassungsrechtlich die Erfüllung eines „öffentlichen Zwecks" verlangt (vgl. auch § 65 BHO und § 65 PostHO). Dieser „öffentliche Zweck" ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer gegebenenfalls hinzunehmenden Beeinträchtigung der Grundrechte der Bürger bei der wirtschaftlichen Betätigung des Staates. In der Untersuchung werden verschiedene verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Schranken der erwerbswirtschaftlichen Betätigung diskutiert: Eine solche könnte sich z.B. daraus ergeben, daß die Rechtsform des Handelns (öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich) für die Bundespost verfassungsrechtlich festgeschrieben ist. Denn wenn die Bundespost verfassungsrechtlich verpflichtet wäre, ihre Dienste aufgrund von Rechtsverordnungen (Benutzungsverordnungen) öffentlich-rechtlich anzubieten, scheidet auch eine privatrechtliche
238
Zusammenfassung
Betätigung durch Eigengesellschaften oder Beteiligungen für die Deutsche Bundespost aus. Im Ergebnis ist festzustellen, daß der Gesetzgeber zum Erlaß von Benutzungsverordnungen weder verfassungsrechtlich noch einfachgesetzlich verpflichtet ist (vgl. PostStruktG). Auch Grundrechte (z.B. Art. 12, 14 GG) können nach der Rechtsprechung nicht zu einer prinzipiellen Untersagung der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Deutschen Bundespost führen. Dagegen folgt teils aus dem Schutz durch die Grundrechte, teils aus dem Rechtsstaatsprinzip, daß die Deutsche Bundespost bei ihrer erwerbswirtschaftlichen Teilnahme am Markt einen „öffentlichen Zweck" zu erfüllen hat. Im weiteren wurde der „öffentliche Zweck" konkretisiert. Als ein solcher sind vor allem — der Beitrag zur Finanzierung der Deutschen Bundespost und — die Innovationsförderung anzusehen. Eigengesellschaften und Beteiligungen der Deutschen Bundespost können zu einer verbesserten Eigenwirtschaftlichkeit der Bundespost beitragen. Dadurch wird die Funktionsfahigkeit der Deutschen Bundespost insgesamt gesichert. Ferner ist auch die Innovationsförderung als ein „öffentlicher Zweck" anzuerkennen. Die Innovation von Netzinfrastrukturen, besonders auch das ISDN, legt es nahe, daß die Deutsche Bundespost an dem Markt für Endgeräte und Dienste teilnimmt. Weitere Vorteile im Sinne der Erfüllung eines „öffentlichen Zwecks" sind in der Gewinnung von Know-how auf dem Wege von Kooperationen zwischen der Bundespost und anderen in- und ausländischen Unternehmen zu sehen. Besonders diese Formen der Kooperation werden häufig in eigenständigen Tochtergesellschaften organisiert. Die Möglichkeit der Deutschen Bundespost, solche Kooperationen einzugehen, ist in der Regel zugleich die Voraussetzung für ihr Zustandekommen. Als eine weitere rechtliche Schranke wird in der Untersuchung auf das Problem der demokratischen Kontrolle von Tochtergesellschaften der Deutschen Bundespost eingegangen. Hierunter ist das Erfordernis zu verstehen, daß dem Minister bei der Leitung der bundeseigenen Verwaltung „Bundespost" ausreichende Einflußnahmerechte und Kontrollmöglichkeiten zur Verfügung stehen müssen. Wie die Untersuchung zeigt, kann diesem Erfordernis bei den Tochtergesellschaften der Deutschen Bundespost dadurch Rechnung getragen werden, daß in der Satzung und den gesellschaftsrechtlichen Gremien genügend Mitentscheidungsbefugnisse festgelegt werden. Dies gilt auch für die Beteiligungen, bei denen aufgrund der Zusammensetzung aus mehreren, auch externen Anteilseignern die Einflußnahmemöglichkeiten der Bundespost besonders abzusichern sind.
Zusammenfassung
239
Im abschließenden Teil C kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, daß die Tochtergesellschaften der Deutschen Bundespost in vollem Umfang der Anwendung des Wettbewerbsrechts unterliegen, insbesondere dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).
Anhang Tabelle 1 Eigengesellschaften und Beteiligungen der Deutschen Bundespost
1 Unternehmen des Post- und Fernmeldewesens Deutsche Postreklame GmbH, Frankfurt/Main Deutsche Fernkabel-Gesellschaft mbH, BerlinCharlottenburg/Rastatt TKS, Telepost Kabel-Servicegesellschaft mbH, Bonn Deutsche Telepost Consulting GmbH (DETECON), Bonn DANET-Gesellschaft für Beratung und Softwareentwicklung mbH, Darmstadt KABELCOM Braunschweig, Gesellschaft für Breitbandkabel-Kommunikation mbH, Braunschweig KABELCOM Wolfsburg, Gesellschaft für Breitbandkabel-Kommunikation mbH, Wolfsburg KABELCOM Osnabrück, Gesellschaft für Breitbandkabel-Kommunikation mbH, Osnabrück GSI-DATEL-Gesellschaft für Datenfernverarbeitung mbH, Darmstadt 2 Wohnungswirtschaftliche Unternehmen Gemeinnützige Postbaugesellschaft mbH, Düsseldorf Gemeinnützige Post-Bau- und Wohnungsgesellschaft Köln mbH, Köln DAHEIM, Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH, Darmstadt Gemeinnützige Wohnungsbau Aktiengesellschaft Rhein-Main, Frankfurt a/M. Gemeinnützige Deutsche Wohnungsbaugesellschaft mbH, Organ der staalichen Wohnungsbaupolitik, Berlin/Düsseldorf Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft BadenWürttemberg AG, Stuttgart Aktiengesellschaft Hellerhof, Frankfurt am Main
Nennbetrag DM
% des Stammbzw. Grundkapitals des Unternehmens
1
2
15000000
100,0
1600000 10800000
100,0 54,0
600000
30,0
600000
30,0
1560000
24,0
600000
24,0
12000
24,0
332000
5,0
27695000
99,9
16545000
99,9
17491000
99,0
33924000
54,4
20830000
41,7
2850000 3927000
33,5 20,6
Anhang
Postbaugenossenschaft Baden-Württemberg eG, Tübingen GEWOBAU, Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH, Bad Kreuznach Landes-Bau-Genossenschaft Württemberg eG, Stuttgart Gemeinnützige Baugenossenschaft Arlinger eG, Pforzheim 3 Verkehrs- und Versorgungsunternehmen Vereinigte Bundesverkehrsbetriebe GmbH, Köln Deutsche Lufthansa AG, Köln Gleisgemeinschaft Süd, Dieselstraße, Nürnberg Bahnbetriebsgesellschaft Borsigwalde GmbH, Berlin Fernkälte, Geschäftsstadt Nord, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Hamburg 4 Elektrizitätsgenossenschaften 4 Wasserversorgungsgenossenschaften Wasserverband Großer Feldberg, Schmitten (Hochtaunuskreis) Wasserbeschaffungsverband Wilhelmsdorf, Weilrod (Hochtaunuskreis) 4 Bankunternehmen Deutsche Pfandbriefanstalt, Wiesbaden/Berlin 17 Post-Spar- und Darlehensvereine mit je 20,- D M Post-Spar- und Darlehnsgenossenschaft Saarbrücken eG Quelle: Deutsche Bundespost, Geschäftsbericht 1987
16 Plagemann
241 Nennbetrag DM
% des Stammbzw. Grundkapitals des Unternehmens
1
2
902400
20,6
130000
7,0
302400
4,0
1200
0,01
16963500 15750000 34204 1890
47,2 1,3 44,0 3,4
707286 24717 505
12,0
324115
31,5
151937
5,2
20000000 340 40
-
8,2 -
—
Anhang
242
Tabelle 2 Ablieferungen der Deutschen Bundespost an den Bundeshaushalt (in Mio. DM)
Jahr
(1) Ablieferungsverpflichtung
1950 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989
150 156 183 197 169 239 258 280 303 327 362 388 422 478 501 590 668 717 775 853 938 1055 1261 1440 1622 1828 1913 2063 2199 2409 2419 3 835 4074 4389 4402 4578 4766 4990 5251 5 681
(2) Verstärkung Eigenkapital3)
(3) Sonderablieferung
(4) Nettoablieferung 1)2)
_
_
—
—
150 156 183 197 169 239 258 280 303 327 362 388 422 478 501 265 265 220 620 701 770 779 430 452 489
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
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—
—
—
—
—
—
325 403 497 155 152 169 276 832 988 1132 1828 1913 2063 — — — —
— — — — — — — — — —
—
—
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— —
1100 1500 —
—
-
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
-
—
—
—
2199 3 509 3919 3 835 4074 4389 4402 4578 4766 4990 5251 5681
1
) Die Nettoablieferung ergibt sich als Summe aus (1)./. (2) + (3).
2
) Seit 1958 hat der Bund zudem Zins- und Schuldentilgungsleistungen für die DBP übernommen, so daß dadurch seine Nettoeinnahmen aus den Überschüssen der DBP faktisch noch geringer waren.
3
) Seit 1965 wurde ein Teil der geschuldeten Ablieferungen zur Verstärkung des Eigenkapitals der Post verwendet. Das Finanzänderungsgesetz von 1967 begrenzte die Ablieferung auf 7 % des Eigenkapitals plus 300 Mio. DM.
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