Die Erforschung der indogermanischen Sprachen: Band 5, Lfg. 4 Etruskisch [Reprint 2020 ed.] 9783111446820, 9783111080000


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German Pages 81 [88] Year 1931

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Die Erforschung der indogermanischen Sprachen: Band 5, Lfg. 4 Etruskisch [Reprint 2020 ed.]
 9783111446820, 9783111080000

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Grundriss dei'

indogermanischen Sprach- und Altertumskunde begründet, von

Karl Brugmann und Albert Thumb herausgegeben von

Albert Debrunner und Ferdinand Sommer

1931

W a l t e r de G r u y t e r & Co. vormals G. J. Göschen'sohe Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp. B e r l i n und

Leipzig

Geschichte der indogermanischen Sprachwissenschaft seit ihrer Begründung durch F r a n z begründet von Wilhelm Streitberg

Bopp

II

Die Erforschung der indogermanischen Sprachen

B a n d 5, L i e f e r u n g 4

Etruskisch von Eva

Fiesel

1931

W a l t e r de G r u y t e r & Co. vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung —• J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp. B e r l i n und L e i p z i g

I.

Etruskisch, Von Eva Fiesel. Inhaltsverzeichnis.

Seite

Teil

I : G e s c h i c h t e d e r F o r s c h u n g (Humanismus bis Nachromantik) (§ 1—4) Teil I I : Die E t r u s k o l o g i e s e i t E n d e des 19. J a h r h u n d e r t s

1—26

27—68 69—79

Vorwort. Die Erforschung der etruskischen Sprache beginnt im 16. Jahrhundert in den humanistischen Kreisen von Toscana. Ihnen danken wir die erste Sammlung und Bewahrung der inschriftlichen Denkmäler. Von diesen Anfängen bis in die Zeit der deutschen Nachromantik, wo der Zusammenhang der Linguistik mit der philologisch-historischen Altertumswissenschaftsich löst, führt der erste geschichtliche Abschnitt dieser Darstellung. Daß er ausführlicher geworden ist, als in diesem Rahmen sonst üblich zu sein pflegt, rechtfertigt sich aus den besonderen Bedingungen der Etruskologie. Sie ist nicht aus entscheidenden Klärungen und Erkenntnissen erwachsen; sie hebt nicht als ein Ordnungssystem gleichsam von vorn an, wie die indogermanische Sprachwissenschaft. Als sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Sonderdisziplin ausgestaltet wird, sind und bleiben die Grundfragen nach dem Charakter der Sprache und der inhaltlichen Deutung ihrer Denkmäler ungelöst wie in den Tagen der Florentiner Akademiker. Dies hat dem Gang der Forschung eine eigentümliche Kontinuität verliehen: in der Frage des Ursprungs der Etrusker stehen durch die Jahrhunderte bis heute zwei Lösungsversuche im Zentrum, die in immer erneuter Antinomie wiederkehren, beruhend auf den widerstreitenden Zeugnissen des Altertums: Herodot, dem der Hauptstrom der anGeschichte der idg. Sprachwissenschaft

II in-

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E v a F i e s e 1 , Etruskisch. tiken Überlieferung folgt, berichtet von lydischen Tyrsenern, die nach der Apenninhalbinsel auswanderten; für Dionys von Halikarnass sind die an Sprache und Kultur von allen Völkern unterschiedenen Etrusker autochthon auf italischem Boden. Erkenntnis und Irrtum sind in den wechselnden Begründungen der neuzeitlichen Ursprungserklärungen immer gleichzeitig beschlossen gewesen, denn die ideellen Ergänzungen des fragmentarischen und zufallshaften Überlieferungsgutes wurden jeweils bestimmt durch die geistige Grundhaltung der Zeit und die Bedingungen ihrer Forschung. Dies rückschauend sich zu vergegenwärtigen, bedeutet zugleich die Freiheit kritischer Distanz gegenüber den heutigen Problemstellungen und Methoden, die im zweiten Abschnitt dargelegt werden. Auch hier ist nach Möglichkeit die zeitliche Entwicklung berücksichtigt, und die Zusammenfassung am Schluß wurde unter dem Gesichtspunkt der historischen Relationenforschung gestellt, zu der wir heute in einem erneuten und vertieften Sinn zurückkehren.

Für schriftliche und mündliche Anregungen ist die Untersuchung verpflichtet den Herren Prof. Dr. E. Benveniste (Paris), Ed. Fraenkel (Freiburg), Friedr. Matz (Berlin), R. Pfeiffer und Geh.-Rat Prof. Dr. F. Sommer (München), Dr. M. Weinberger und Dr. W. Wüst (München). Die Arbeit an der Bibliographie ist sehr wesentlich gefördert worden durch die Universitätsbibliothek in München. Der Direktion und den Herren Beamten, insbesondere Herrn Bibliothekar Dr. E. Gehr, der die Ergänzung schwer identifizierbarer Zitate unterstützte, spreche ich für ihr Entgegenkommen aufrichtigen Dank aus.

Geschichte der Forschung: Anfänge.

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T e i l 1. Geschichte der Forschung (Humanismus — Nachromantik). § 1. A n f ä n g e d e r F o r s c h u n g . L i t e r a t u r speziell Nr. 2, (XIII, 136 a) und Nr. 7 1 ). Zu Ende des Quattrocento wird in der italienischen geschichtlichen Forschung das Volk der Etrusker aus langer Vergessenheit wachgerufen. Der Wunsch nach Zurückgewinnung der nationalen Vergangenheit hat daran entscheidenden Anteil. Bildnerische und literarische Denkmäler zeugen von dem vorrömischen Herrschervolk, von der Bedeutung seiner Kultur für Italien. 1493 werden auf dem Cipollarahügel nordwestlich von Viterbo etruskische Sarkophage ans Licht gefördert; zwei der figürlich geschmückten Deckel weisen Inschriften auf, wohl die ältesten Funde, von denen wir wissen. Welches Aufsehen sie erregten, lassen die Schilderungen der Zeitgenossen erkennen: Sigismondo Tizio (1458—1528) hat in seinen Historiae Senenses, Santi Marmocchini (f ca. 1545) in der Defensione della lingua Toscana davon berichtet (Nr. 17 u. 19). Wenige Jahre später •— 1498, vielleicht schon 1494 — erscheint in Rom erstmalig eine Sammlung von Bruchstücken angeblich antiker Autoren im Druck: des Cato, des Fabius Pictor, des Myrsilos und des Berosus. Es sind dies die „Antiquitates" des gelehrten Dominikanermönches Giovanni Nanni oder Annius von Viterbo (1432—1502, Nr. 16), der selbst Verfasser und Commentator dieser Pseudoschriften ist. Ihm ist es zu tun um eine Glorifizierung seiner weiteren und engeren Heimat. So wird denn in diesen Fragmenten berichtet von den italischen Urvölkern der Etrusker, Umbrer und Gallier, die von Noah abstammen. Viterbo bildet die älteste Gründung der Etrusker und den Ausgangspunkt ihrer Macht. Ihre Sprache war der Sermo Aramaeus (L. VI, Fo. LVI). Die Nummern im Text beziehen sich auf die Bibliographie am Schluß. Diese verzeichnet zu Teil I die genannten Werke vollständig; für Teil II sind die Angaben nach Möglichkeit in den einzelnen Paragraphen gegeben. 1*

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Eva Fiesel,

Etruskisch.

Wiewohl die Annianischen Schriften bald nach ihrem Erscheinen von italienischen Gelehrten als Fälschungen erkannt wurden, sind sie doch von stärkster Wirkung auf die antiquarische Forschung des 16. Jahrhunderts gewesen, die sich nun in Florenz konzentriert und von dort auf den außeritalischen Humanismus hinüberwirkt. Den Erweckern der Lingua Volgare, der Lingua Fiorentina gehören die Männer an, welche in der 1540 gegründeten Accademia degli Umidi (der späteren Accademia Fiorentina) die Aramäertheorie des Annius speziell für das Etruskerproblem auszugestalten und zu begründen suchen. Ihr bedeutendster Vertreter ist P. Fr. Giambullari (1495—1564) — einer der Begründer der Akademie — in seinem Werke „II Gello" (1546, Nr. 20), das unter seinen Zeitgenossen zu viel umstrittener Berühmtheit gelangte. Gleichzeitig mit Giambullari und in seinen Spuren vertreten Forscher wie S. Marmocchini, wie der Pariser Orientalist Guillaume Postel (Guilelmus Postellus (1510—1581, Nr. 21), wie Teseo Ambrosio (1469—1539, Nr. 18) die Annianischen Thesen, und auch der erste Erklärer der Iguvinischen Tafeln, Bernardino Baldi (1553—1617), beruft sich in seiner 1613 in Augsburg erscheinenden „Divinatio" auf den Berosus des Annius (Nr. 26, S. 9). Diese Anfänge der etruskologischen Forschung stehen im Zeichen d e r M y t h o g r a p h i e . Chronographische Schilderungen entwickeln die Geschichte der Völker, ihrer Wanderungen und Siedlungen auf der Apenninhalbinsel. Antike Sagen, Legenden und historische Quellen werden verknüpft und sollen nach antikem Vorbild Stammbäume gewährleisten; die Bevölkerung von Stadt oder Landschaft sucht man als ein Urvolk zu erweisen und sie zurückzuführen bis an die Schwelle der zum geschichtlichen Dasein erwachenden menschlichen Welt. Durch solchen Deutungswillen nun ist die erste moderne Beantwortung des U r s p r u n g s p r o b l e m s d e r E t r u s k e r bestimmt worden: im Sinne eben der Herleitung aus dem s e m i t i s c h e n O s t e n . (Sie bleibt für die folgenden Jahrhunderte in Geltung, wenn auch nicht aus der gleichen inneren Begründung.) Die Etrusker gehören jenem ältesten Menschengeschlecht an, das nach dem Zeugnis der heiligen Schrift auf dem Berge Ararat die Sintflut überdauerte. Sie sind jene Uritaliker, von denen bereits die

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mittelalterliche Graphia aureae urbis Romae zu berichten weiß (vgl. Arturo Graf, Roma nella memoria e nelle indaginazioni del Medio Evo. Turin, 1882/83, I. S. 86—89, II. S. 577; der Text jetzt bei P. E. Schramm, Kaiser, Rom und Renovatio [LeipzigBerlin 1929, II, 75]). Ihre Sprache ist die Schwestersprache des Chaldäischen und Hebräischen und geht mit diesen auf die Sprache des mesopotamischen Landes Aram zurück. Das wissenschaftliche Beweismittel dieser mythographischen Forschung ist die E t y m o l o g i e , die ja immer in Zeiten, welche der Mythisierung zuneigen, ihre Herrschaft nahezu uneingeschränkt ausübt. Janus, Noah und Oinotros — so lehrt man — sind identisch; denn hebräisch „jain" bedeutet Wein; die Gallier sind die „inundati", wie hebräisch „gal" „Woge" zeigt; mit lateinisch imbres sind die Umbrer, die griechischen Ombroi zu verbinden (Annius, Fo. LVI, LVII, Giambullari, S. 648ff.). Ein Zeugnis der alten Zusammenhänge findet Giambullari noch in der Sprache von Toscana, deren Wortschatz semitisches Sprachgut, deren Grammatik Übereinstimmung mit der semitischen aufweise, beides durch Vermittlung des Altetruskischen; sie ist in ihrer Wurzel aramäisch (S. 674). Einen wesentlichen Stützpunkt ferner — und dies bleibt bis weit ins 18. Jahrhundert hinein verbindlich — findet man in der S c h r i f t , die wie die semitische von rechts nach links verläuft und deren Zeichen hochaltertümlichen Charakters erscheinen. Sie ist, wie es schon bei Annius heißt, altüberkommener Besitz der biblischen Menschen (Fo. XXVI). Zu den Griechen gelangte sie erst durch Vermittlung der Gallier (Fo. XXVI, CXXII). Die Etrusker aber haben die Schrift direkt von ihren Vorfahren erhalten, deren ehrwürdige Überlieferungen sie in der reinen orientalischen Form bewahrten; erst in der griechischen Fabeldichtung wurde diese verdunkelt und entstellt (Fo. CXVIf., Giambullari S. 666f.). Diese Abneigung gegen alles Griechische ist stark mitbestimmend für die Ursprungserklärung im 16. Jahrhundert gewesen; sie bleibt von Annius bis auf Baldi konstant. Daß die etymologischen Deutungen in ihrer Gesamtheit völlig fehlgehen mußten, erhellt schon daraus, daß die Deutung der Alphabetzeichen noch höchst mangelhaft war. Schon früh begann man mit der Zusammenstellung etruskischer Alphabete. Als Hauptquelle gelten die 1444 aufge-

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fundenen Erztafeln von Gubbio, die bis ins 18. Jahrh. zu den etr. Denkmälern gerechnet werden. Die inschriftlichen Monumente waren ja im übrigen auch noch spärlich genug (vgl. Nr. 7, S. 15f. u. 56ff.). Im Druck veröffentlicht sind einige durch das Corpus von Smetius-Lipsius, 1588. Vgl. Nr. 23.

Schon unter den Zeitgenossen der ersten Akademiker bricht sich eine kritische Haltung gegenüber Giambullari und seinen Anhängern Bahn, und man verspottet jene als „Aramäer"; so tut es der unter dem Beinamen „Lasca" bekannte Antonio Francesco Grazzini (1503—1584), und der Streit, der auf Grund seiner Spottverse einsetzte, führte zu seinem Austritt aus der Akademie und ward so der eigentliche Anlaß zur Gründung der Academia della Crusca (vgl. Bibl. Univ. 23, S. 292f.). Benedetto Varchi (1503—1565) hebt in seinem sprachphilosophisch bedeutenden Werk „l'Ercolano" (1570, Nr. 25) hervor, daß Giambullari völlig heterogene Worte als aramäisch erkläre: die hebräischen Worte der Bibelsprache sind zu trennen von echt lateinisch scheinenden, wie mezzo, nodo, carbone. Viel zu früh und viel zu gründlich ist die etruskische Sprache durch das römische Imperium vernichtet worden, als daß mehr denn eine Anzahl von Worten und Namen sich erhalten haben könnte. Den Nerv der Lingua Fiorentina kann es deshalb nicht gebildet haben (II, S. 51 ff., S. 78ff.). Die Unhaltbarkeit des Etymologisierens nach Art von Giambullari erweist scharfsinnig und geistvoll spottend der um Florenz hochverdiente Benediktinermönch Vincenzo Borghini (1515—1580) in seinen „Discorsi" (Nr. 24, S. 2ff., 24ff.). Auch er betont die Spärlichkeit und Trümmerhaftigkeit der altetruskischen Sprachdenkmäler und warnt vor Rekonstruktionen mangelhafter Basierung, warnt auch vor den durch Rafael Maffei Volaterranus aufgedeckten Fälschungen des Annius. § 2. D e r k r i t i s c h e H u m a n i s m u s im 17. J a h r h u n d e r t . Jene Schriften stehen schon zu Ende des 16. Jahrhunderts und deuten gleichsam auf die resignierende Haltung vor, die sich in der kritischen Forschung der Folgezeit gegenüber der Sprachfrage als herrschend erweist. Man beginnt zu erkennen, daß die sprachliche Deutung der etruskischen Denkmäler noch völlig im Dunkeln liege, wie es in einem resignierten Brief des Salmasius (Claude Saumaise, 1588—1653) an Nicolas Claude Fabri de Peiresc (Peyresc) heißt (Nr. 37, Epist. XLIX, S. 110). „Ita autem

Geschichte der Forschung: 17. Jahrhundert.

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se lingua habet, ut ne syllaba intellegi possit", bekennt Thomas Dempster (De Etruria regali, Nr. 29, I, S. 87). — Es ist die Zeit, da die Etruskerfrage über Italien hinaus den Humanismus zu beschäftigen beginnt; sie wird dadurch gleichsam neutralisiert: das nationalgeschichtliche Bestreben, ein Uretruskertum zu erweisen, tritt zurück. Der gelehrte antiquarische Humanismus ist vorwiegend den L i t e r a r d e n k m ä l e r n , ihrer Überlieferung, Sammlung, Interpretation zugewandt; man könnte ihn in diesem Verstände als ein b i b l i o t h e k a r i s c h e s Z e i t a l t e r bezeichnen. Die Etruskologie dankt ihm die Sammlungen der antiken Glossen und wichtigsten Quellenzitate, sowie die ersten Ansätze von Zusammenstellungen etruskischer Inschriften, von denen nunmehr eine Reihe in gedruckte Publikationen aufgenommen werden. Der Humanist und bedeutende Geograph Philipp Klüwer (Cluverius, 1580—1622), „der weit größer war als sein Ruhm ist" (Wilamowitz, Gesch. d. Philol. 18, Nr. 11), stellt in seiner „Italia Antiqua" 1624 erstmalig die antiken Zeugnisse für die Verwendung der Namen Tyrsener, Etrusker und Tusker zusammen, in Rücksicht auf ihre ursprünglichen Lokalisierungsbereiche (Nr. 30, S. 419f.). Die früheste Sammlung von Worten, die das Altertum als etruskisch überliefert, stammt von dem schottischen Edelmann Thomas Dempster (1579—1625), dem Verfasser des ersten universellen, gegen 1620 entstandenen Werkes über die Etrusker. Wie der „ G e l l o " des G i a m b u l l a r i als Repräsentant für die geistige Haltung des 16. Jahrhunderts zu nennen ist, so D e m p s t e r s E t r u r i a r e g a l i s (Nr. 29) für die des 17., wiewohl das Buch erst weit später seine Wirkung ausübte, weil es erst 1723—1726 im Druck erschien. Es entstand zur Verherrlichung der Geschichte Toscanas und seines Fürstengeschlechts im Auftrag Cosimo II. von Medici, an dessen Hof Dempster während seines unstäten und abenteuerreichen Lebens eine Zeit lang weilte (über seine Schicksale liegt eine Autobiographie vor, vgl. Nat. Biogr. XIV, S. 335ff.). Dempster entwickelt in einer auf gründlichen Sammlungen direkter und indirekter Überlieferung beruhenden Schilderung alles, was man über Kultur, Mythologie und Volkstum der Etrusker damals wissen konnte. Bezeichnend ist die vorbildlich große Zurückhaltung, mit der er sich über das S p r a c h p r o b l e m äußert.

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Er habe angenommen, heißt es (I, 86f.), daß Alphabet und Sprache der Etrusker von Auswanderern aus Asien herrühre. Nach dem Zeugnis des Thukydides, des Sophokles und Dionys v. Halikarnass sollen ja auch Pelasger und Tyrrhener gleichen Stammes sein. Da aber der lydische Historiker Xanthos nichts von einer lydischen Kolonie in Italien sage, so könne auch die Sprache nicht von dort stammen. Sie sei, wie Dionysios bezeuge, nicht pelasgisch, aber auch nicht lateinisch, und eine Verschiedenheit vom Lateinischen bestätigen ja auch die Iguvinischen Tafeln. — Dempster hat übrigens den z. T. lateinischen, z. T. etruskischen Charakter der Buchstaben auf diesen Denkmälern schon erkannt (I, 87).

Man sieht bei ihm klar jene A n t i t h e s e in den U r s p r u n g s e r k l ä r u n g e n zutage treten, welche durch die Berufung auf die antiken Zeugnisse sich ergeben mußte, und auch die bis in die moderne Forschung hinein verbindlich gebliebenen Grundzüge der Überlieferungskritik sind schon vorgebildet: dem Bericht des Herodot und der antiken Gleichsetzung von Tyrrhenern und Pelasgern wird das auffällige Fehlen einer Nachricht über Auswanderungen aus Lydien bei Xanthos entgegengestellt. Gegen die Autochthonentheorie aber wird die Fremdartigkeit der etruskischen Sprache und Kultur eingewendet, die auch Dionysios vermerkt: sie trennt das Etruskische vom Römischen. Dempster also hat die Ursprungsfrage offen gelassen. Aber die schon erwähnte Verankerung dieses Jahrhunderts in d e r l i t e r a r i s c h e n Ü b e r l i e f e r u n g und der Glaube an deren Autorität nötigen nun die Forschung dazu, die widerstreitenden Nachrichten in Einklang zu bringen. Dies bestimmt die Beantwortungen der etruskischen Ursprungsfrage und führt zu der hier zuerst in modernem Sinne sich konstituierenden K o m p r o m i ß t h e o r i e , der charakteristischen Theorie dieses Humanismus. Drei ihrer bedeutendsten Vertreter seien hier genannt: der italienische Gelehrte und Erzbischof von Amasia, Giovanni Battista Agocchi (1570—1632, Nr. 33), Cluverius (Nr. 30) und Samuel Bochartus (1599—1667, Nr. 35), Professor der orientalischen Sprachen in Rouen und in hohem Ansehen stehend: noch im beginnenden 19. Jahrhundert beruft man sich auf die Autorität seiner Gelehrsamkeit. Der Grundstock des etruskischen Volkes — dies ist der den drei Forschern gemeinsame Ausgangspunkt — war in Italien indigen. Daß der Tyrrhenername erst sekundär von Einwanderern aus dem Osten auf die Bevölkerung Etruriens

Geschichte der Forschung: 17. Jahrhundert.

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übertragen wurde, ist gleichfalls gemeinsame Annahme. Aber während Cluverius und Agocchi zwischen griechischen Pelasgern und Tyrrhenern aus Lydien scheiden und zwei Einwanderungsströme annehmen, hat Bochartus wie Dempster die Pelasger mit den Tyrrhenern auf Lemnos und Imbros identifiziert. Sie gaben, so sagt er, jenem einheimisch-italischen Volke ihren Namen, das von den Römern Etrusker oder Tusker genannt wurde, sich selbst aber Rasena nannte (col. 585). Cluverius sieht bereits wie die späteren Vertreter der Nordeinwanderungstheorie als die ursprünglichen Wohnsitze der Etrusker das Pogebiet an, aus dem erst sekundär Wanderungen sie nach Süden in das spätere Etrurien geführt hätten (S. 429f.). C l u v e r i u s unterscheidet vier Einwanderungsschichten: Eine Urbevölkerung, ferner Umbrer, Tyrrhener und Pelasger. Der Schichtung nach würden vom heutigen Standpunkt aus entsprechen: Ligurer, Italiker, Tyrrhener-Etrusker, Griechen. Wichtig ist, daß B o c h a r t u s , der, wie jene Zeit überhaupt, die Phöniker in ihrer historischen Bedeutung und kolonisatorischen Tätigkeit in das Zentrum stellt, ihren Einfluß gerade für Italien ablehnt und zwar vor allem auf Grund sprachlicher Kriterien: italische und phönikische Götternamen sowie die entscheidenden Appellativa seien etymologisch grundverschieden, gleichfalls zeigten die Religionen ein völlig verschiedenes Gepräge. Die Kunst sei den Etruskern aus Griechenland zugekommen, wie die Erzählung von Demaratos zeige (Tacitus, Ann. XI, 14). •—• Bei Agocchi ist seine ausführliche Besprechung der Annianischen Fälschungen hervorzuheben (S. IX). Vgl. über ihn Scritt. d'It. I, S. 204; Nr. 2, XXIX, S. 46f.

Neben der Kompromißtheorie hält sich auch die der Einwanderung von Osten, die dann im 18. Jahrhundert noch einmal zur Blüte gelangt. Jos. J. Scaliger (1540—1609) erklärt in seinen Coniectanea 1565 die etruskische Sprache für aramäisch oder syrisch (Nr. 22, S. 29 u. 116), Paul Merula (1558—1604), Historiker in Leyden, in seiner Cosmographie Nr. 28, S. 612ff. ebenfalls, und unter Berufung auf beide Reinesius (1587—1667) in seiner Abhandlung De lingua Punica (Nr. 34, Kap. II, § XVI) Der englische Theologe und Philologe Nicolaus Füller ( j 1623) leitet die Etrusker speziell aus Tyrus ab (Nr. 36, L. I, Kap. VI. S. 76ff.). Alle diese arbeiten vorwiegend mit Etymologien. Stärker auf kulturelle Parallelen stützt sich die abweichende Theorie von Theodor Rycckius (Josse de Rycke v. Arnheim, 1640—1690, Nr. 39, Kap. VI und VII, S. 422ff.): Die Etrusker

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sind nicht direkt aus Aram oder von Tyrus in Italien eingewandert; sie kamen aus Lydien unter ihrem König Tyrrhenos. Das Fehlen dieses Berichts bei Xanthos beweist nichts dagegen, zumal er jünger ist als Herodot und nur bei Athenaios überliefert. Ähnlichkeiten bestehen zwischen Völkern und Kulturen: Lyder und Tyrrhener sind Seevölker, beide haben die orientalischen Haruspizien und den Gebrauch der Flöte. Der Unterschied von Religion, Sprache und Sitten, der zur Zeit des Dionys von Halikarnass bestand, erklärt sich aus der langen Zeit der Trennung. Die von den Phönikern stammende Schrift aber kam den Etruskern über Griechenland zu. Rycchius ist nicht der einzige, der nun das etruskische Alphabet auf eine griechische Quelle zurückführt. Parallel zu der Ursprungsforschung gehen die weit historischer als früher gerichteten Erklärungen hinsichtlich der Herkunft der Schrift in Italien. Man setzt sie zur griechischen in Beziehung, noch bevor in Frankreich durch Montfaucon die griechische Palaeographie ihre Grundlage erhält (Palaeographia Greca 1708): Janus Gruter (1560—1627) umschreibt sein an Merula sich anschließendes etruskisches Alphabet mit griechischen Lettern und nennt es ein umgestelltes griechisches, die Sprache der Tafeln aeolisch (Nr. 27, CLV, 4). Salmasius, in dem schon erwähnten Brief, hält die Schrift gleichfalls für griechisch: sei es, daß sie aus Lydien mitgeführt, sei es, daß sie durch Aeoler oder Arkader nach Italien gebracht wurde. Im einzelnen ist die Identifikation der Schriftzeichen freilich noch immer mangelhaft; das Inschriftenmaterial ist zwar im Wachsen, aber dürftig dennoch, und das erste etruskische Alphabet kommt erst 1690 bei Siena ans Licht (CIE, 176b). An Inschriftensammlungen seien noch genannt: die in Florenz 1623 entstandene des Io. Baptista Doni, die aber erst 1731 von Gori herausgegeben wurde (Nr. 44; vgl. über ihn Nr. 1, III, 546). Sie enthält eine etruskisch-lateinische Bilingue. Etwas reicher ist das Material in dem Corpus Rafael Fabrettis (1618—1700, Nr. 40), enthaltend die Fulguriatorinschrift aus Pisaurum S. 696, nr. 171 A, zwei Spiegel, Münzinschriften. S. 528, 538, 542. Weiteres geschieht durch die an den bildnerischen Monumenten orientierten Werke: Felix Ciattus (Feliciani) hat eine ganze Anzahl von inschriftlichen Monumenten in seinen Memorie di Perugia veröffentlicht (Nr. 32) und im 18. Jahrhundert beziehen sich auf ihn Fontanini (Nr. 41) und Bonarota (Nr. 42). Pietro Santi Bartoli (1635—1700), Maler und Veröffentlicher antiker Monumente (Nr. 38),

Geschichte der Forschung: 18. Jahrhundert.

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wirkt anregend auf Caylus und Mariette (Nr. 55). Er hat auch zuerst jenes Alphabet von Siena veröffentlicht (Nr. 38, Tiraboschi X X I X , 12). Die Numismatik erlebt wichtige Veröffentlichungen durch Spanheim und Relandus. Übrigens hat auch das 17. Jahrhundert wieder seinen Fälscher etruskischer Altertümer in Curzio Inghirami (Nr. 31). Aber der Betrug war so plump, daß er bald aufgedeckt wurde. Vgl. Tiraboschi VIII, S. 375 und XXIX, S. 21, sowie Bibl. Univ. 20, S. 335. Über die Fälschungen Piranesi vgl. Nr. 10. Über die älteren Alphabete vgl. ferner oben, Amaduzzi, Nr. 62, S. 33; Gori, Nr. 49a, S. XVI—XVIII, Bourguet, Nr. 47a, S. 1.

§ 3 . D i e F o r s c h u n g d e s 18. J a h r h u n d e r t s . Der Periode der literarischen und auf Literarquellen gerichteten Kritik, in welcher das etruskische Sprachproblem im Hintergrund blieb, folgt eine Zeit des neuen Aufschwungs. Man hat das leidenschaftliche Interesse, das die etruskischen Denkmäler in dem Italien des 18. Jahrhunderts fanden, Justi folgend, als E t r u s c h e r i a gekennzeichnet (Skutsch, R E VI, 1, Sp. 770; Michaelis, Die archäolog. Entdeckungen des 19. Jahrhunderts [1906], S. 55): wiederum bildet sich ihr Zentrum in Toscana, dem Bereich des alten Etrurien. 1723 ff. erscheint Dempsters Werk, von Thomas Coke herausgegeben; der gelehrte Philipp Buonarrotti (f 1733) hat es mit reichen Kupfern und einem wertvolle Anregungen bietenden Textanhang ausgestattet (Nr. 29 u. 42). Es findet begeisterten Anklang, und zwei Jahre später tritt in Cortona eine gelehrte Gesellschaft zur Akademie zusammen und schafft in ihren „Saggi" (Nr. 46) einen Sammelpunkt für die Etruskerforschung. Auch namhafte Ausländer zählen zu ihren Mitgliedern, unter ihnen Winckelmann, der in Florenz die Gemmensammlung von Stosch bearbeitete. Im ersten Band der Saggi erscheint in italienischer Übersetzung Louis Bourguets (1678—1742) wichtige Abhandlung über das etruskische Alphabet (Nr. 47 a), welche über die Doppelausfertigung von Stücken der Iguvinischen Tafeln in lateinischer und „etruskischer" Schrift aufklärt. Ein verwandelter Geist beherrscht diese Forschung des 18. Jahrhunderts und gibt auch den etruskischen Studien entscheidend die Richtung. Entdeckungsreisen und ihre Beschreibungen, wie sie in Frankreich schon im verflossenen Jahrhundert neue Impulse gebracht hatten (Nr. 13, S. 90f.), bewirken eine Umgestaltung und Erweiterung des geographischen und ethnologischen Wissens. Für den universellen Aufklärungstrieb wird

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das Bereich des zu Erforschenden gleichsam eine Stoffmasse in extenso; im Sinne jenes Helmholtz-Wortes: „Erklären heißt die Dinge ordnen". Und als Erkenntnis gilt nun die Systematisierung und Einteilung des Stoffes durch das Mittel der b e n e n n e n d e n K l a s s i f i z i e r u n g . Für die linguistischen Studien sind repräsentativ die Theorien über eine zu konstruierende Universalsprache sowie die lexikalischen Sammlungen, die möglichst alle Sprachen, oder doch die Europas umfassen sollen. Zu Anfang des Jahrhunderts entstehen die Schriften von Leibniz. (De variis linguis, 1715, Collectanea Etymologica illustrationi linguarum, 1717). Einen „Catalogo delle lingue" enthält das große Werk „Idea del universo" des Abt Hervas bzw. B. Laurent (Nr. 63, XVII, 4, S. 200f). Der Petersburger Akademieleiter Peter Simon Pallas gibt „Linguarum totius orbis vocabularia comparativa" heraus (Petropoli, 1786—89); auch Adelungs „Mithridates oder allgemeine Sprachkund" gehört dem Geiste nach hierher, wiewohl es erst zu Beginn des neuen Jahrhunderts erscheint (I, 1806, II, 1809, hrgb. v. Vater; s. II, S. 455). Dieser Wille zur Endgültigkeit der Klassifizierung wirkt sich nun auch nach anderer Richtung aus: Erklären bedeutet hier zugleich auf den A n f a n g z u r ü c k g e h e n , und die Sprachentstehung ist ja gerade in diesem Jahrhundert Gegenstand der Forschung, vor allem in Frankreich und England (De Brosses [Nr. 58, vgl. I, 413], Adam Smith usw.). Aber auch diese Entwicklung von Anfang an wird in einem ganz spezifischen Sinne gesehen: nicht als eine geschichtliche Einmaligkeit, welche man deskriptiv wiederzugeben sucht, sondern gleichsam als ein schematischer Aufriß: d u r c h D e r i v a t i o n u n d K o m b i n a t i o n o r d n e n sich Völk e r u n d S p r a c h e n im N a c h e i n a n d e r d e r Zeit. Diese Prinzipien nun haben sich in den etruskischen Studien bezeichnend ausgewirkt. Der Ordnungs- und Klassifizierungswille führt zu systematischen Sammlungen der Altertümer. Sie werden in Museen zusammengefaßt, in Sammelwerken in Druck reproduziert. Diese letzteren sind entweder t y p o l o g i s c h angeordnet — Gemmen, Münzen, Spiegel usw. — oder sie umspannen r e g i o n a l e D e n k m ä l e r , wie das bekannte Werk des Justus Fontanini (1666—1736) „De antiquitatibus Hortae" (Nr. 41), wie Goris „Museum Etruscum" (Nr. 49b) und Maffeis

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,,Museum Veronense" (45d). Auf der Grundlage einer neuen G e g e n s t a n d s b e z i e h u n g wird nun Sprach- und Alphabetforschung neu orientiert; das Studium der Originalwerke führt zu exakteren Wiedergaben und Datierungsversuchen der Inschriften. Zugleich ruft der Wille zur Erklärung von Anfang her ein gesteigertes Interesse an dem U r s p r u n g s p r o b l e m wach, und es ist bezeichnend, daß so viele Schriften in dieser Zeit den Titel „De origine" tragen. Mario Guarnacci (1701—1785) schreibt drei Bände „Origini Italiche" (1757—1772) (Nr. 56), Etienne Fourmont Réflexions sur l'origine l ' h i s t o i r e et la succession des anciens peuples, usw. (Nr. 53); Nicolas Fréret seine ,,Recherches sur l'origine et l'ancienne histoire des différents peuples de l'Italie" (Nr. 54); Scipione Maffei ein „Ragionamento . . . in cui si scuopre l'origine degli Etrusci e dei Latini" (Nr. 45a); Alesio Mazzocchi (1684—1771) „Sopra l'origine dei Tirreni" 1741 {Nr. 51 a) u. a. m. — Das charakteristische Werk des Jahrhunderts im Sinne der hier angedeuteten Grundlinien ist der 1787—89 erscheinende „Saggio della lingua Etrusca" des gelehrten Luigi Lanzi (1732—1810, Nr. 65 a), das erste systematisch zusammenfassende Werk über die etruskische Sprache, das in seiner Zeit zu großer Berühmtheit gelangte und noch auf A. W. Schlegel bestimmend einwirkte. Es ist seiner geistesgeschichtlichen Stellung nach zu vergleichen dem „Recueil d'antiquités" des Grafen Caylus (1692—1765, Nr. 55). Der Saggio bietet das gesamte Inschriftenmaterial in einer Einteilung nach Fundgebieten (die der modernen der Corpora sehr nahe kommt) und ist mit Recht ,von seinem vorzüglichen Biographen Luigi Segré (Nr. 9) als das erste Corpus inscriptionum Etruscarum bezeichnet worden. Neben den italischen Inschriften sind die griechischen weitgehend herangezogen. Bei Lanzis Schichtung der Bevölkerungen des alten Italien nach vier Sprachepochen spielen die mechanistisch verwendeten Begriffe der Sprachmischung und Sprachtrennung eine entscheidende Rolle. Die Eigennamen aber, die Lanzi mit Recht in das Zentrum seiner Untersuchung stellt, werden in einem bezeichnenden Sinne von ihm gerühmt: sie sind, sagt er, ärmliche Privatnamen zwar, unbekannt und dunkel für die Geschichte. Aber sie bedeuten nicht nur für die Nation ein großartiges Archiv, die Erinnerungen ergänzend und bestätigend,

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Etruskisch.

sondern darüber hinaus sind sie eine gewaltige Stütze für die Bildung eines universellen Systems der Sprachen, für die Geschichte Italiens und Europas, für den Ursprung unseres Volkes und anderer Völker (II, S. 3ff.). Es verwundert nicht, daß in diesem Jahrhundert alle nur denkbaren U r s p r u n g s e r k l ä r u n g e n bei der Behandlung des Etruskerproblems auftauchen. Die Breite der in die Forschung einbezogenen Volks- und Sprachkreise verleitet ebenso dazu, wie der Trieb zur Erklärung ab origine. Zwei große Thesen treten nun gegen einander: Neben die Annahme d e r E i n w a n d e r u n g aus dem Orient tritt die einer Herkunft von Norden, auf dem Alpenwege: die Gleichsetzung der Etrusker bzw. Rasena mit den Raetern. Man erklärt diese Theorie, die bei Niebuhr wieder aufgenommen wird, als eine spezifische Theorie der Romantik, als die „deutsche Theorie" (Montelius, vgl. Modestow, La questione Etrusca, Roma 1903, S. 3f.); das ist nur bedingt richtig (s. u.). Sie stammt in ihrer wissenschaftlichen Begründung von dem französischen Gelehrten Nicolas Fréret (1688—1749) und ist, wie auch später bei Niebuhr, im wesentlichen mit ganz rationalen Argumenten gestützt, vor allem entspringt sie aus dem Protest gegen die völlig hypothetischen Sprachdeutungen, gegen die willkürliche Auslegung der Überlieferung, gegen die chronologisch unsicheren Denkmalsdatierungen. Nach Fréret kamen die Rasena gegen 1000 v. Chr., wie die Säkularrechnung ergibt, aus dem Trentino und einem Teil Tirols, südlich vordringend nach Toscana. Mit dem Synonym des Pelasgernamens, Tyrrhener, wurden sie erst sekundär von den Griechen genannt. Fré-» rets Abhandlung (Nr. 54, S. 226ff.) fand zunächst keine große Verbreitung, aber es bekennt sich zu ihr noch im gleichen Jahrhundert Christian Gottlob Heyne in seinen umfassenden Untersuchungen über Kunst und Mythologie der Etrusker, die im wesentlichen in den Göttinger Commentarii niedergelegt sind (Nr. 61). (Heyne übrigens hat die Namen Tyrsener als (Tu)Rasena gedeutet, wobei Tu Artikel oder Pronomen sein könne.) Im Vordergrund der Herkunftsforschung in Italien und Frankreich steht die Herleitung aus d e m O s t e n . Alle Völker, das ist ja die Grundthese auch noch für die Romantik, sind vom

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Orient her in die Westländer eingeströmt. Es gilt nun, die richtigen Ableitungen und Zuordnungen darzulegen. So führt Philipp Buonarrotti die Völker des Altertums, Graf Caylus die Kunst dieser Völker auf die Ägypter zurück, Buonarrotti, § XLII unter Berufung auf Moses, und ihm folgt Gori (Nr. 49 a, II, S. XXXVIIff.); ihre Nachkommen sind die Phöniker, von diesen stammen Pelasger, Etrusker und Griechen ab. Die semitischetruskische Herkunft vertritt Mazzochi, vor allem auf Grund von Namenvergleichungen (S. 5ff.), für Guarnacci, der das Etruskische zur Muttersprache aller abendländischen Sprachen einschließlich der griechischen macht (II, lff.), ist die Ähnlichkeit der samaritanischen und etruskischen Schriftzeichen entscheidend, s. u. Ebenso für J. J. Barthélémy (1716—1795), der sich in einer Reihe von Abhandlungen mit den semitischen Schriftsystemen beschäftigt (Nr. 57). Auch Scipione Maffei (1675 bis 1755), der bedeutendste Vorgänger Lanzis in der etruskischen Sprachforschung, entschließt sich in der Spätzeit seiner Studien zu der semitisch-etruskischen Verwandtschaftshypothese (Nr. 45c, II, l f L ; V, 327ff. ; VI, 41), während I. B. Passeri sie nur in seinen frühen „Lettere Roncagliesi" vertritt (Nr. 50 a passim). Von diesem Boden aus, daß die Einwanderung aus dem Orient am Anfang der Völkergeschichte stehe, zweigt sich nun jene Theorie in der italienischen Forschung ab, die in der Statuierung einer i t a l o - g r i e c h i s c h e n Sprachfamilre mit Einschluß des Etruskischen gipfelt. Die italischen Sprachen und Kulturen werden nicht mehr direkt von den s e m i t i s c h e n , sondern von der g r i e c h i s c h e n hergeleitet, unter dem Einfluß der Altertumsforscher, welche jetzt die griechische Welt in das Zentrum rücken: Montfaucons, des Grafen Caylus und (entscheidender als alle) Winckelmanns (Nr. 59). Das Bindeglied zwischen Italien und Griechenland ist von Gori, Bourguet, Passeri bis auf A. W. Schlegel das sagenhafte Volk der P e l a s g e r , das schon in ältester Zeit auf der Apenninhalbinsel siedelte, Agylla-Caere und Cortona gründete und die Schrift nach Latium gebracht haben soll. Zu dieser Überlieferung der Sage tritt das Zeugnis der etruskischen K u n s t , die nach Winckelmanns Lehre ihr Bestes der griechischen zu danken habe (vgl. Nr. 59 c. = Kunst der Zeichnung, Kap. 3, § 2). Endlich ist entscheidend

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das A l p h a b e t . Daß ein altgriechisches Vorbild den italischen Alphabeten zugrundeliege, wird seit Edmund Chisull (1680 bis 1733) zunehmend anerkannt. Einen Lieblingsgedanken Varros aufnehmend nennt er in seinen „Antiquitates Asiaticae" d a s a l t a e o l i s c h e A l p h a b e t , das aus dem samaritanischen stamme, das Grundalphabet, das durch Wanderungen verpflanzt und auch nach Italien gelangt sei (Nr. 43, S. 5ff., 25ff.). Sprachliche Nachweise für die Zusammenhänge des Etruskischen mit dem Lateinischen sucht zuerst Giovanni Lami (Guiseppe demente Bini) (1697—1770) zu erweisen in seinen „Lettere Gualfondiane" (Nr. 52 a, S. 30, 57 u. passim). Von seinen grammatischen Beobachtungen ist hinsichtlich der Verwandtschaftsbestimmung die Gleichsetzung einer etruskischen A b s t a m m u n g s e n d u n g -al mit lateinisch -alis noch im 19. Jahrhundert vertreten worden (Nr. 131, Corssen, Die Sprache der Etrusker, II, V; s. u.). Gori in seinem „Museum Etruscum", Passeri in den „Paralipomena" (Nr. 50 b) haben die Rückbeziehung auf die griechische Sprache zu erweisen versucht mit heute nicht mehr irgendwie verbindlichen E t y m o l o g i e n . Für Lanzi wird neben der Grammatik —• er versucht Kasus und Flexionssystem im Etruskikischen nachzuweisen — vor allem das N a m e n s m a t e r i a l verbindlich: die lateinisch-etruskischen Eigennamen, die etruskisierten griechischen Namen (vgl. die ausführlichen Darstellungen bei Pietro Risi, Nr. 6 und Luigi Segre, Nr. 9). E r g e b n i s s e : Auf methodischem Gebiet ist hier vor Lanzi an erster Stelle der Marchese M a f f e i zu nennen (vgl. vor allem den Trattato sopra la nazione etr. e sopra gli Italiani primitivi, Oss. VI, 107). Er erhebt Protest gegen den Sammelnamen „etruskisch" für heterogene Sprachdenkmäler. Durch diesen seien zum großen Teil die Vertreter der graeco-italischen Sprachverwandtschaft zu ihren Etymologien gelangt. Maffei selbst hat die echt etruskischen Denkmäler auf etwa 300 eingeschränkt und die Iguvinischen Tafeln ausgeschlossen. Er stellt fest, daß es sich vorzüglich um Grabinschriften mit Eigennamen handelt, dies schon erweise die Hinfälligkeit der meisten Etymologien. Auszugehen sei es in erster Linie von den lateinisch-etruskischen Bilinguen, sodann von der etruskisch-lateinischen Namensvergleichung. Er selbst hat deshalb eine Sammlung der Grabinschriften, eine „Etruria illustrata" geplant, die aber nicht zustande gekommen ist (Lanzi zählt dann bereits 450 Grabinschriften). L a n z i hat innerhalb seiner geographischen Einteilung (Altetrurien, Campanien, Nordetrurien) nach Sachgruppen geordnet (Gemmen, Münzen,

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Grabinschriften, „Instrumentum"). E r hat die Notwendigkeit einer exakten paläographischen Grundlage betont und im Prinzip die analytische Methode angewandt wissen wollen. D i e A l p h a b e t f r a g e wird durchgehend in engem Zusammenhang mit der ethnischen Ursprungsfrage behandelt, und sowohl von den Vertretern der semitischen wie der graeco-italischen These als Argument verwendet. Das in Colle bei Siena entdeckte etruskische Alphabet einer Wandinschrift (s. o.) bot der Ostherleitung dadurch eine wichtige Stütze, daß es, hinter dem Omikron abbrechend, die griechischen Komplementärzeichen nicht bietet, anderseits aber die altertümlichen Formen des Heta und des Samech. Die Alphabetkontroverse im 18. Jahrhundert ist fast unübersehbar: Man streitet sich über Alter und Vorbild, über die ursprüngliche Zahl der Zeichen und ihre Bedeutung. Einen entscheidenden Schritt bedeutet Bourguets Entdeckung: indem er die Doppelausfertigung von zwei Stücken der Iguvinischen Tafeln in lateinischen und umbrischen Lettern nachweist, vermag er durch systematische Vergleichung der einzelnen Worte eine weit exaktere Identifikation der umbrischen Buchstaben zu treffen. E r scheidet bereits auf seiner Alphabettafel eine griechische, lateinische, umbrische Alphabetform. Das etruskische Alphabet rekonstruiert er aus den bestüberlieferten Inschriften. Die Erklärung der einzelnen Zeichen schreitet von nun an beständig fort: Das Fehlen des o wird von Maffei erkannt, von Lanzi bestätigt; ebenso wird das Fehlen der Medien im Prinzip von beiden festgestellt. Annäherungsweise geben Maffei und Lanzi die Bedeutung von § ( = f ; s. u.), Gori Passeri und Lanzi die des Zeichens für Digamma. Auch das Chi wird von Gori und Maffei identifiziert, dagegen noch nicht das Zeta, und es gelingt auch noch nicht die Auseinanderhaltung von Theta, Heta und Phi. Am wichtigsten ist Lanzis Entdeckung von M gleich Ssade s, die er durch Identifizierung der Namensformen: musu, musu zweier Grabschriften gewinnt (CII, 2323, 2326). Die wichtigsten Ergebnisse auf g r a m m a t i s c h e m Gebiet knüpfen sich an die Namenforschung. Maffei unterscheidet, abgesehen von den Vornamen, zwischen Gentilnamen und Beinamen und gelangt von Beispielen wie Caecina, Porsenna aus zu der Folgerung, daß die lateinischen Nomina auf -a etruskischen Ursprungs sind (VI llOff.). Gori stellt (anscheinend als erster) in seinen „Inscriptiones Etruscae" (1734) fest, daß die etruskischen Grabinschriften gegensätzlich zu den lateinischen den mütterlichen Familiennamen mit angeben. Lami und Passeri haben vor Lanzi die morphologische Analyse der Eigennamen gefördert. Lami hat in den Formen auf ,,al" zuerst Abstammungsnamen erkannt (1744, vgl. oben). Passeri in seinen „Paralipomena" S. 227ff. (und von ihm beeinflußt Lanzi I, 12) hat die latino-etruskische Verwandtschaftshypothese auf diese -al-Formen gestützt, -al ist nach ihm Nominativendung eines Adjektivs, und zwar des Mutternamens, der auch im Genitiv und Ablativ stehen könne. Lanzi hat dann, im übrigen ihm beistimmend, die Endungen „al" und ,,sa" irrtümlich als patronymisch bezeichnet. Lanzi erkennt auch Geschichte der idg. Sprachwissenschaft

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bereits die Eigennamenendungen -a, -e, -u. Nur daß er sie in dem Bestreben, lateinisch-etruskische Analogien zu finden, drei Deklinationsklassen zuweist. Bei der Namensbildung unterscheidet er zwischen Grundform und Ableitung. Die Feminina auf -nei erklärt er als aus der Endung -naia hervorgegangen. Auch die grundsätzliche Bedeutung von Deminutivbildungen im Etruskischen wird von ihm hervorgehoben. Vor allem aber hat er die Zusammenhänge lateinischer und etruskischer Gentilicien, auf die Maffei hingewiesen hatte, scharf betont. W o r t f o r s c h u n g : Die Inschriftentypen ergeben nun auch die ersten verbindlichen Wortdeutungen. An Hand der Grabinschriften wird in den Worten „ril" und „avils" der zeit-begriffliche Charakter richtig erkannt. Schon Passeri hat dem etruskischen „clan" die Bedeutung „ n a t u s " gegeben („clens" zwar fälschlich als „ v o t u m " erklärt). Lanzi bestimmt „puia" richtig als Verwandtschaftsnamen, irrtümlich freilich als Tochter. Aus den Weihinschriften entnimmt Lanzi die Bedeutung und verbale Funktion von „turce", „donavit". „cana" und „fleres" werden der Bedeutungsrichtung nach als die zu weihenden Objekte „sacrum", „donum" erkannt (Passeri, Gori, Lanzi), endlich hat Lanzi Pronomina in den Weihinschriften festgestellt. Gemmen und Spiegel führen zur ersten Feststellung griechischer mythologischer Namen im Etruskischen und Lanzi (1,164) erkennt in der Form tperse einer Gemme den Namen Perseus und stützt damit seine Deutung des M = ä. Die richtigen und fehlerhaften Argumentationen dieser Wortforschung kann man sich sehr deutlich veranschaulichen an einer knappen Schrift von Passeri ,,De pueri Etrusco aheneo simulacro" (Nr. 50c). Man erkennt an den dort gegebenen Worterklärungen, wie ein methodisch an sich gangbarer Weg, den auch die spätere kombinatorische Schule der etruskischen Linguistik eingeschlagen hat, in die Irre führen mußte, weil auf Grund einer falschen Prämisse hinsichtlich der Sprachverwandtschaft willkürlich etymologisiert wurde, wozu noch verstärkend die z. T. mangelnde Kenntnis der Inschriftenlesungen trat.

Die hier angedeuteten Züge faßt Luigi Lanzis „Saggio" zusammen. Er steht am Ausgang einer Epoche als ihre bedeutendste Leistung auf dem Gebiet des Etruskischen und wird mit Recht auch heute noch gerühmt. Aber diese Leistung repräsentiert mit den Vorzügen auch die Schwächen jener Forschung des 18. Jahrhunderts. Ihr kritischer Geist ist es, aus dem Lanzi sich gegen die etymologische Methode wendet und die analytische fordert. Aber es ist auch der axiomatisch-spekulative Erklärungstrieb der Zeit, der ihn, wie Gori und Passeri, zu höchst gewagten Etymologien auf Grund willkürlicher Analysen führt, die sich z. T. wenig von denen der „Aramäer" unterscheiden. Der nach Systematik und Vollständigkeit stre-

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bende Ordnungswille drückt sich in Lanzis umfassender Sammlung und Einteilung der Denkmäler aus. Die Gegenstandsbeziehung und die Beherrschung von Archäologie und Epigraphik erzeugen wertvolle Beobachtungen, Scharfsinn und Kombinationsgabe wichtige Einzelergebnisse auf grammatikalischem Gebiet. Das reiche Namenmaterial wird in seiner Bedeutung erkannt und aus dem Geiste des Jahrhunderts heraus als ein großartiger Stammbaum gedeutet. Trotz allem aber ist eine grundsätzliche Überwindung der bisherigen Forschungsmethoden nicht eingetreten, denn allzufest wurzelt diese Zeit in dem Dogma der schematischen Ableitung und Kombination. Das geschichtliche Sehen und die Bescheidung, die es mit sich führt, gelangen erst in dem neuen Jahrhundert zum Durchbruch. § 4. R o m a n t i k u n d N a c h r o m a n t i k . Der entscheidende für die etruskologische Forschung bis heute verbindlich gebliebene Wandel in Problemstellung und Methoden vollzieht sich durch die n e u e n G r u n d l a g e n , welche von der R o m a n t i k geschaffen, von der h i s t o r i s c h e n Nachromantik gesichert werden. An Stelle der schematischen Zuordnung und Derivation tritt der Glaube an die in den individuellen Entwicklungen der Geschichte sich offenbarende schöpferische Kraft. Die Entwicklung wird sinnhafte Deutung in Friedrich Schlegels Lehre von dem organischen Ursprung und Zusammenhang der flektierenden Sprachen (Sprache und Weisheit der Inder, 1808). — Am Beginn der geschichtlichen Phase, die mit der jüngeren Romantik einsetzt, steht Barthold Georg Niebuhrs Römische Geschichte (Bd. 1, 1811). Sie gibt der Behandlung der italischen Vorgeschichte und damit der Etruskerfrage eine entscheidende Wendung: Die willkürlich von der Spekulation ausgewerteten Überlieferungen werden hinfort grundsätzlich auf ihren Quellenwert hin geprüft. Die Aufgabe, Sage und Geschichte zu scheiden, tritt in das Bewußtsein. Die neue Sehweise erweist sich deutlich in A. W. Schlegels Rezension des Niebuhrschen Werks (Heidelb. Jahrb. d. Lit. 9, 2, 1816, S. 813ff.). Mit der ihm eigenen kritischen Begabung nimmt Schlegel gegen Unklarheiten bei Niebuhr Stellung; vor allem aber wendet er sich gegen den schematisch gebrauchten Begriff der Mischsprache in Anwendung auf das Latein (S. 852f.) und faßt als erster die italischen 2*

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Etruskisch.

Sprachen ausschließlich des Etruskischen als eine im Ursprung eng verwandte Einheit zusammen. Wie man trachtet, die entleerten Begriffe an den geschichtlichen Erscheinungen zu messen und neu zu orientieren, zeigt gerade das Bemühen um den Begriff der Sprachmischung. Man vergleiche Friedrich August Potts Darstellung bei Ersch und Gruber, Indog. Sprachst. S. 17ff. (1840).

Der h i s t o r i s c h e n N a c h r o m a n t i k gehört das Hauptwerk und die Frucht der romantischen Forschungen an: es ist Karl Otfried Müllers 1826 vollendete Preisschrift „Die Etrusker" (1. Aufl. 1828, vgl. unten Nr. 79), seit der „Etruria Regalis" die erste zusammenfassende universelle Darstellung. Auf der breiten Grundlage von Sach- und Sprachquellen aufbauend schreitet sie fort von Geschichte, Kultur und Verfassung der Etrusker zu Religion und Kult, Kunst, Mythologie und Wissenschaft. Bis heute unerreicht ist sie in der Darbietung des antiken Quellenmaterials und in der überschauenden und verknüpfenden Beherrschung der antiken Völkergeschichte und ihrer Kulturen, die K. 0 . Müller in seinen Werken auszeichnet. Für die etruskischen Sprachstudien ist das entscheidende Ergebnis der geschichtlichen Forschung die A b k e h r v o n den t r a d i t i o n e l l e n U r s p r u n g s h y p o t h e s e n und von der etymologischen Methode der voraufgegangenen J a h r h u n d e r t e . Ihre Anwendung bei Luigi Lanzi wird von Niebuhr verworfen (I, S. 65), von K. 0 . Müller gekennzeichnet als „ein Verfahren, welches, weil es Willkür anwenden will, auch überall Willkür voraussetzen muß" (Einl. I, 16, 17). Die F r e m d s p r a c h l i c h k e i t des Etruskischen wird in der Zeitspanne von Niebuhr bis auf Müller in der Wissenschaft anerkannte Tatsache. Diese Erkenntnis nimmt ihren Ausgangspunkt zunächst von der isolierten Stellung des Etruskischen innerhalb der italischen Sprachen. Die grundsätzliche S c h e i d u n g z w i s c h e n S c h r i f t und S p r a c h e d e r u m b r i s c h e n u n d e t r u s k i s c h e n D e n k m ä l e r ist seit Lepsius und K. 0 . Müller gesichert (Einl. I, 14). Aus Schlegels Erkenntnis der i t a l i s c h e n S p r a c h e i n h e i t , die bei Müller noch nicht zum Durchbruch gelangt, werden die methodischen Folgerungen durch Schlegels Schüler Lassen und durch Richard Lepsius in zwei grundlegenden Abhandlungen des Rheinischen Museums gezogen, zur gleichen

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Zeit, da Bopps „Vergleichende Grammatik" erscheint. Schärfer noch als Schlegel hebt Lassen die Fremdsprachlichkeit des Etruskischen hervor und protestiert gegen den Begriff der Mischsprache für das Lateinische. Er fordert vor allem die Vergleichung der altitalischen Dialekte mit dem Latein und der italischen Sprachen insgesamt mit den außeritalischen (Beiträge zur Deutung der Eugubinischen Tafeln. Rh. M. I [1833] 360ff.). Lepsius will zunächst die geschichtliche Sprachdarstellung der italischen Sprachen vollzogen wissen, von der Grundlage umfassender Materialsammlungen aus in einem Corpus Inscriptionum Italicarum. Er entwickelt die Aufgaben des zukünftigen Forschungsganges dahin, daß von einer eingehenden Behandlung der Paläographie zur Lautlehre und dann zur Formenlehre fortzuschreiten sei: nur durch solche sprachlichen Untersuchungen können Archäologie und Geschichte ein Regulativ gewinnen für die Beurteilung der etruskischen Probleme (Die Eugub. Tafeln, Rh. M. II [1834], 191 ff.). — Den Weg, welchen Lepsius hier vorzeichnet, hat die Indogermanistik dann in den einzelnen Disziplinen eingeschlagen. Für das Italische wird die Basis geschaffen durch Aufrecht und Kirchhoffs Werk: Die Umbrischen Sprachdenkmäler (1849), sowie durch Theodor Mommsens Unteritalische Dialekte (1850). Durch diese Untersuchung und die „Nordetruskischen Alphabete" ( = Mittig. der antiquar. Ges. Zürich VII, 1853) begründet Mommsen die moderne etruskische Alphabetforschung. K. O. Müller kannte nur das Alphabet von Colle. Mommsen aber verfügt bereits über das gleichfalls altertümliche Alphabetfläschchen von Caere und das der Bucchero-Vase von Bomarzo, das die jüngere Form des inschriftlichen Gebrauchs gegenüber dem Musteralphabet darstellt (s. u.). Hinsichtlich der Z e i c h e n d e u t u n g werden durch Mommsen die letzten Punkte klargestellt. Die Identifizierung des Zeta war schon Lepsius gelungen, auf Grund des Bucchero-Alphabets vollzieht nun Mommsen die Scheidung zwischen „8" = f und „" = Phi und sondert das Theta von ihm und dem umbrischen h. Es ergeben sich ferner die vier Sibilanten (Sigma, Ssade, Zeta, Samech). Mommsen nahm als gemeinsame E n t l e h n u n g s q u e l l e für das etruskische und lateinische ein dorisches Alphabet an, jedoch verschiedene Entlehnungswege und Zeiten. Nur für das lateinische folgert er chalkidischcumanischen Ursprung: für die Ableitung des etruskischen reiche unsere Kenntnis der historischen Zusammenhänge nicht weit genug zurück. Es sei

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Etniskisch.

vielleicht nahe an die Formation des dorischen Alphabets hinaufzudatieren. Es ist hier hervorzuheben, daß A. K i r c h h o f f diese Mommsensche These in einem entscheidenden Punkt verändert h a t ; erst er nimmt für beide Alphabete einen gemeinsamen Ausgangspunkt in dem chalkidischen Alphabet an, das die cumanischen Griechen, freilich zu verschiedenen Zeitpunkten, übermittelt hätten (Studien z. Gesch. des griech. Alphabets = Abh. d. Berl. Ak. 1863, 117ff. 4. Aufl. Gütersloh 1887. S. 128, 134). Die Abhängigkeit der u m b r i s c h e n und o s k i s c h e n Schrift von der etruskischen hat schon K. O. Müller erwiesen. Für das lateinische Alphabet vermutet er Vermittlung durch die kampanischen Griechen. Etruskischer Einfluß sei nur für die Bedeutung von Gamma = k anzunehmen. Die Veränderungen, die sich im Lauf der Zeit in der etruskischen Schrift vollzogen, hat Müller sehr einleuchtend auf griechischen Einfluß geschoben; sie seien ein Reflex der Entwicklungen in Griechenland. In den „Nordetruskischen Alphabeten", für die nur spärliche Publikationen italienischer Gelehrter vorlagen, stellt Mommsen sämtliche Inschriften nördlich des Apennin zusammen, die in einem dem etruskischen verwandten Alphabet geschrieben sind. Diese Verwandtschaft hatte schon Lanzi konstatiert, Mommsen findet in den transapenninen Alphabeten unterscheidende Archaismen (die schlangenförmige Richtung, die Interpunktion, das o neben u, das Fehlen des f-Zeichens). Jedoch vermöchten diese nicht zu erweisen, daß der Ausgangspunkt der etruskischen Schrift transapenninisch sei: Und selbst wenn die Etrusker die Schrift in das Alpenland brachten, so folge daraus keine etruskische Abkunft der Alpenvölker. Der Beweis sei aus der S p r a c h e , nicht aus der S c h r i f t zu führen (S. 115).

Weniger entschieden als die prinzipielle Trennung des Etruskischen von der italischen Sprachgruppe wird zunächst die vom G r i e c h i s c h e n vollzogen. A. W. Schlegel geht noch von dem Ansatz einer gemeinsamen Muttersprache für das Griechische, Etruskische und Italische aus, deren Ursitz in Asien war. Schon dort sei die sprachliche Differenzierung und Entfremdung des Etruskischen aus unbekanntem Grunde erfolgt. Bindeglied sind nach Schlegel die Pelasger, denn auf dem Verhältnis, so heißt es, „zwischen Pelasgern und Hellenen beruht unser Begriff von dem Wesen der Verwandtschaft der lateinischen und etruskischen Sprache mit der griechischen" (Heidelb. Jahrb. S. 845ff.). K. 0 . Müller hält es für möglich, daß die etruskische Nation und Sprache nicht ganz von der griechischen Völkerfamilie zu trennen sei, da bei den Völkern, welche sich an die Natur und Stammesart der Griechen anschlössen, von Anfang an eine sehr starke Trennung und Verschiedenheit sich herausgebildet habe und die Mannigfaltigkeit innerhalb der griechischen Welt selbst nur

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eine Fortsetzung dieser allgemeinen Erscheinung sei. — Die Pelasger nehmen in der damaligen Forschung die Stelle von „ V o r g r i e c h e n " ein. Für Niebuhr ist das den Griechen stammverwandte Volk der Pelasger, zu dem auch die Tyrrhener gehören, eine in vorhistorischer Zeit an der kleinasiatischen Küste, über Griechenland und Italien verbreitete Substratbevölkerung (Vorträge über Römische Geschichte [1826] Bd. I, [1846] 97f., 143ff.) für K . 0 . Müller sind die Tyrrhener-Pelasger Anwohner der lydischen Küste, den Griechen stammverwandt (Einleitung 2, 3ff.). Daß man daher das Etruskische trotz seiner Sprachfremdheit zu dem Griechischen in Beziehung setzte, erhellt aus dem Forschungsstand der Zeit; denn noch lag nicht die Erkenntnis vor, daß im Bereich der Ägäis einst eine vorgriechische Bevölkerung sui generis verbreitet war; und die Lyder werden bei Lassen und noch bei Curtius den Semiten zugerechnet. Die semitischetruskische Ursprungshypothese aber fällt mit der Romantik (der spätere Versuch des Orientalisten Stickel 1 ), den Erweis einer Sprachverwandtschaft zu erbringen, bleibt völlig isoliert); so sah sich der Vertreter der Osteinwanderung, A. W. Schlegel, notwendig auf das Urgriechische zurückgewiesen. Es konnte indes nicht ausbleiben, daß die Ableitung von den urgriechischen Pelasgern hinfällig wurde, als die Erkenntnis von der Koordiniertheit der indogermanischen Sprachen in Hinsicht auf eine gemeinsame Grundsprache in der Forschung zum Durchbruch gelangte. Neuordnungsversuche, wie der von Frederic Gustave Eichhoff (1799—1875) in seiner „Parallèle de langue de l'Europe et de l'Inde" usw. Paris 1836), zeigen das Bemühen um die Neugestaltung der Grundlagen. Die Klärung sieht man vollzogen in Schweglers Kritik der etruskischen Ursprungstheorien (Rom. Gesch. I, S. 253 ff.). Das Sprachproblem ist bei ihm nun präzis formuliert: Einem italo-pelasgischen Stamme kann das Etruskische nicht angehört haben, denn die italischen Sprachen sind nicht aus der griechischen abgeleitet, sondern ihr koordiniert; die Frage ist also, ob das Etruskische zu den i n d o g e r m a n i s c h e n Sprachen zu rechnen ist. J ) Das Etruskische durch Erklärung von Inschriften und Namen als semitische Sprache erwiesen. Leipzig 1858.

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Etruskisch.

Dieser Annahme scheint übrigens K. O. Müller geneigt gewesen zu sein (Bull, eil'Inst. 1840, l l f f . ) ; ebenfalls Cl. Aug. Klenze, Philolog. Abhandlungen (1839) 62ff. Micali nimmt zwei altitalische Hauptdialekte — Oskisch und Etruskisch — an (L'Italia avanti il dominio dei Romani I—IV, Pirenze 1810; vgl. II 224ff.)

Die Herkunftserklärung der Etrusker aus dem Osten ist von dem Romantiker A. W. Schlegel vertreten worden, aber er ist damals ziemlich isoliert. Richard Lepsius und K. 0 . Müller entschließen sich zu einer Kompromißtheorie; ersterer sieht in den Etruskern ein Mischvolk aus einwandernden Pelasgern und unterworfenen Umbrern (Über die Tyrrhenischen Pelasger usw. 1842); letzterer aus Pelasgern und dem von Norden her eindringenden italischen Urvolk der Rasena (Einl. II, 3—12; III, 10). Müller tritt damit im Kern Niebuhrs räto-etruskischer Hypothese bei, die nun von dem breiten Strom der Forschung aufgenommen wird. Dennoch ist sie keineswegs in der deutschen Wissenschaft richtunggebend geworden, ihre Wirkung wird überschätzt. Sie hat sich in erster Linie ausgewirkt bei den Erforschern der Alpengebiete. So versucht Steub auf Grund der Namen zu erweisen, daß das Etruskische die Ursprache der Räter gebildet habe (Über die Urbewohner Rhätiens und ihren Zusammenhang mit den Etruskern 1843); er hat aber selbst später einen großen Teil seiner Gleichungen wieder zurückgenommen und es als Fehlerquelle bezeichnet, daß er seinerzeit die romanischen Elemente nicht genügend erkannt habe (Zur rhätischen Ethnologie 1854, vgl. auch die Kritik bei Stolz: Die Urbevölkerung Tirols, 18922). Andererseits werden von dieser Basis aus Verbindungen mit der damals noch ziemlich unerforschten keltischen Sprache versucht, so von William Betham in seiner völlig mißglückten Etruria Celtica, Dublin 1842; auch noch Kirchhoff hält die etruskisch-keltische Sprachverwandtschaft für möglich (Nr. 105, S. 581). Mommsen aber hat in der „Römischen Geschichte" die Nordeinwanderung keineswegs für sicher, sondern nur für nicht unwahrscheinlich erklärt (Rom. Gesch. I 7, S. 120ff.), und Schweg)er — etwa gleichzeitig — nimmt zwar eine Einwanderung aus dem Norden auf dem Landwege an, aber mit asiatischer Heimat der Etrusker (I, 268) und schließt sich darin im wesentlichen an Schlegel an. Erst durch die prähistorische Forschung Gustav

Geschichte der Forschung: Romantik.

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Helbigs zu Ende des Jahrhunderts tritt die Annahme der Alpeneinwanderung neu in den Vordergrund; aber auch dann bleibt sie keineswegs beherrschend; ihren eigentlichen Gipfel erlebt sie in Italien in neuester Zeit (s. u.). Daß in der Geschichte der Etruskologie des 19. Jahrhunderts der rätoetruskischen Hypothese ein solcher Anspruch eingeräumt wird, liegt z. T. daran, daß das Etruskerproblem und speziell die Ursprungsfrage mehr und mehr zurücktreten. Es folgen die Jahre der h i s t o r i s c h e n D u r c h d r i n g u n g der in den Problemkreis getretenen Fragen und der Sicherung des Materials. Den archäologischen Entdeckungen der Kammergräber in Tarquinii, den Funden in Chiusi, Cervetri, Veji, Vulci und Orvieto schließen sich die umfassenden Untersuchungen Eduard Gerhards, Otto Jahns u. a. an (Michaelis 1. c., S. 55ff.). Gerhard beginnt 1840 mit den Veröffentlichungen der etruskischen Spiegel (Nr. 124) und wendet sich insbesondere der Erforschung der etruskischen Mythologie zu (Über die Gottheiten der Etrusker 1847. Ges. Schriften I [1866], S. 285ff.). Durch ihn wird das Material der etruskisierten Namen des griechischen Mythos für die Sprachforschung in vollem Umfange erschlossen. George Dennis veröffentlicht in der für England charakteristischen Form einer Reisebeschreibung 1848 sein auch heute noch unentbehrliches Werk: The Cities and Cemeteries of Etruria, das umfassende Schilderungen der etruskischen Fundstätten vorlegt (Nr. 74, vgl. 67 u. 71). Den gleichen auf den Stoff gerichteten Forschungswillen der Zeit lassen die Inschriftensammlungen von Vermiglioli, Inghiranni, Conestabile erkennen (Nr. 66, 69 u. 75). Als Mommsen in seiner Römischen Geschichte 1854 das Etruskerproblem behandelte, war die romantische Hinwendung zur Vorgeschichte dem historischen Rationalismus gewichen. Immer wieder findet man als nahezu einzige Charakteristik von Mommsens Stellung gegenüber der etruskischen Frage jene Worte angeführt, daß es weder wißbar noch wissenswert sei, von wo aus die Etrusker nach Italien einwanderten. Aber diese Anschauung ist begründet in dem Ziel, das Mommsens Geschichtswerk sich stellt: es will eine Geschichte der römischen Kultur sein; von den Etruskern aber gilt, daß ihre Einwanderung „auf jeden Fall der Kinderzeit des Volkes angehört, dessen Geschichte

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Etruskisch.

in Italien beginnt und endet" (Rom. Gesch. 1. c.). Wenn Mommsen den Einfluß Etruriens auf Rom unterschätzt, so ist dies mitbegründet in dem legendären Charakter, den damals die Nachrichten über solchen Einfluß zu tragen schienen. Schweglers Römische Geschichte räumt dem Etruskerproblem einen weit breiteren Raum ein; seine Darstellung gibt vorzügliche Überblicke über die altitalische und etruskische Forschungsgeschichte; sie hält sich aber im wesentlichen in den Grenzen des kritischen Referats. Den Forschungsstand und die vorherrschend resignierte Haltung kann man aus Adolf Kirchhoffs Bericht über „die neuesten Forschungen auf dem Gebiet der italischen Sprachen" 1852 (Nr. 105) ersehen. Für die Linguistik enthält er als Wesentlichstes die Konstatierung von der Fremdsprachlichkeit des Etruskischen und die Forderung nach einem Corpus Inscriptionum Etruscarum. Beide Punkte stehen im Zentrum für die etruskische Sprachforschung, die sich zwei Jahrzehnte später als Sonderdisziplin ablöst.

Die Forschung seit 1900: Die kombinatorische Schule.

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T e i l 2. Die Etruskologie seit Ende des 19. Jahrhunderts. {Zu diesem Paragraphen sind vor allem die Nummern 131—143, sowie 98ff. der Bibliographie [S. 76ff.] zu vergleichen).

§ 5. D i e k o m b i n a t o r i s c h e S c h u l e . Die e t r u s k i s c h e L i n g u i s t i k spezialisiert sich gleichzeitig etwa mit den entscheidenden Schriften der Junggrammatiker und im Geiste ihrer Systematik. Mit dem Erscheinen von Fabrettis Corpus 1867 (Nr. 119 u. 120) war die erste umfassende Sammlung etruskischer Inschriften vollzogen, und einige Jahre später legt Wilhelm Corssen seine auf einem lebenslangen Studium beruhenden Untersuchungen in einem großen Werk „Die Sprache der Etrusker" nieder (1874, Bd. I, Nr. 131). Er hat selbst in Italien an den Originalen Inschriften geprüft und Denkmäler aufgenommen; leider ist dies ungeheuere Material kaum verwendbar, weil die Lesungen nicht immer zuverlässig sind und sie, sowie die Anordnungen der Inschriften, durch eine Voreingenommenheit hinsichtlich der Interpretation beeinträchtigt werden. Der historische Anteil des Werkes aber und alles, was über die Fundgeschichte der Inschriften gesagt wird, bleibt als wichtige Quelle von Bestand. Corssens Lebenswerk gipfelt in dem Versuch eines Beweises der indogermanisch-etruskischen Sprachverwandtschaft. Es wird bereits vor dem Erscheinen des zweiten Bandes (1875) in einer knappen Abhandlung des Philologen Wilhelm Deecke widerlegt (Corssen und die Sprache der Etrusker. Eine Kritik). Diese Schrift begründet die Methode der kombinatorischen Schule, welche für die Etruskologie der folgenden Jahrzehnte entscheidend wird und der etymologischen, auf die sich Corssen stützte, entgegentritt. Ihr Schwerpunkt ist darin zu erblicken, daß versucht wird, lediglich aus den Anhaltspunkten, welche die Inschriften selbst bieten, und ohne Stützpunkte etymologisch verwandt scheinender Wörter anderer Sprachen, Bedeutung und grammatische Funktion etruskischer Wortformen zu erschließen.

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Ein Beispiel möge den Gegensatz der methodischen Wege veranschaulichen: Die im Jahre 1848 aufgefundenen Knochenwürfel von Toscanella enthalten sechs etruskische Worte, in denen schon der erste Veröffentlicher, Campanari, Zahlworte vermutete. Corssen ordnet sie: majr, {tu, zal, hufr, ci, sa und zieht sie zu vier Worten zusammen: may, öuzal, hufr, cisa. E r interpretiert dieselben als eine Weihinschrift: Magus donarium hoc cisorio facit (ma^ zu Magus, {luzal zu *dotiale, cisa zu einem erschlossenen Verb *cisat „schnitzt") (I, 803f.). So gelangt er zu etruskischen Worten indogermanischen Ursprungs. Deecke nun widerlegt diese Deutungen und erbringt zugleich den unzweifelhaften Beweis für den Zahlwortcharakter der Würfelworte auf folgende Weise: die auf den Würfeln bezeugten Worte kommen auch auf einer Anzahl Grabinschriften vor. Stellt man diese mit analog gebauten anderen zusammen, so ergibt sich, daß an Stelle jener Worte und Wortstämme bei einem Teil der Inschriften römische Ziffern stehen und daß es sich in der ganzen Gruppe um die Bezeichnimg des Lebensalters handelt. In dieser Vergleichung gelingt es Deecke auch, f ü r die Bildungen von gleichem Wortstamm auf -(a)]yl, -(a)lyls die Punktion der Zehnerzahlen zu sichern. Reihenfolge und Einzelbedeutung der Würfelzahlen sind noch heute strittig (vgl. die Lit. und Controverse bei Cortsen B. T. S. 136tf.). In entsprechender Weise werden auch Corssens weitere indogermanischetruskische Gleichungen widerlegt. Für die Verwandtschaftsnamen clan, se^, puia werden die Bedeutungen „Sohn", „Tochter", „ G a t t i n " erschlossen (clan bezieht sich stets auf männliche Namen, sex weibliche, f ü r puia ergibt sich aus dem Sach- und Sprachcharakter der Inschriften einwandfrei die obengenannte Bedeutung). Deecke zeigt ferner die Ungegründetheit des Corssenschen Vergleiches lateinischer und etruskischer Endungen im Sinne einer gemeinsamen indogermanischen Flexion und Konjugation. Bei den Corssenschen Beispielen, von denen noch die irrtümlich herangezogenen oskischen Wortformen in Wegfall kommen, bleibt nur der prinzipielle Ansatz von Verbalformen auf -ce bestehen. Gegen die indogermanisch-etruskische Verwandtschaft f ü h r t Deecke auch die Fremdartigkeit der etruskisch-indigenen Götternamen ins Feld.

Nach den Prinzipien dieser Methode werden nun in dem folgenden Jahrzehnt, vor allem von Deecke und Pauli, die linguistischen Probleme gestellt bzw. beantwortet. Überblickt man die Titel der Schriften dieser beiden Forscher — sie sind in den Reihen unten Nr. 139 bis 141 enthalten — so kann man sich den Arbeitsweg gut veranschaulischen. Nach der Funktion der Inschrift hat Pauli die etruskischen Weihinschriften, Deecke die Bronzeleber von Piacenza behandelt. Deecke stellt die etruskischen Münzen zusammen. Eine etruskische Lautlehre entwirft er an Hand der etruskisierten griechischen Namen (s. u. S. 38). Auf grammatikalischem Gebiet wird von den Vornamenformen

Die Forschung seit 1900: Die kombinatorische Schule.

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lar&ial und arniKal aus das Problem der etruskischen Genetivbildungen mehrfach erörtert. Über die Frage eines etruskischen Nominativs handelt Schäfer in den von Pauli herausgegebenen altitalischen Studien 1,1 (1853), Sayce an gleicher Stelle 2. Eine Partikel -c erschließt Deecke in der Bedeutung „und". Anknüpfend an die etruskischen Zahlwörter (Fo.u. Stu. III), würdigt Pauli in einer scharfsinnigen Abhandlung Probleme der etruskischen Wortbildungslehre. Die Wortdeutungen wenden sich den Ausdrücken lautni „libertus" und etera zu (Deecke, Pauli, Bugge, Schäfer). Deecke handelt über die Beamtennamen. Ferner sichert er den Hauptbestand der etruskischen Pränomina, eine Untersuchung, die heute nach einer Neubearbeitung verlangt. Die Wortforschung wird zum Teil beeinflußt durch die Präoccupation hinsichtlich einer indogermanisch-etruskischen Sprachverwandtschaft. Ihre Vertreter hat man mit einem nicht sehr glücklichen Ausdruck als „NeuCorssenianer" (Herbig Nr. 110) bezeichnet: Es sind vor allem Deecke (seit Beginn der 80er Jahre), S. Bugge und Elia Lattes, der am stärksten die Zusammenhänge mit der philologisch-historischen Altertumswissenschaft wahrt (s. Ceci, Nr. 103). Zur Kritik, auch der neusten Versuche von Goldmann, ist noch immer verbindlich Skutsch, RE, VI 1, 803ff., s. auch unten S. 51.

An die Forschungen Deeckes und Paulis schließen sich die von O. A. Danielsson, Alf Torp, Gustav Herbig und neuerdings von Cortsen an, des heute ausgesprochensten Vertreters der kombinatorischen Schule. Während Danielsson vorwiegend der Sicherung der epigraphisch-lautlichen Grundlagen zugewendet ist, liegen Herbigs wichtigste Untersuchungen auf dem Gebiet der etruskischen Wortbildungslehre, deren Methoden er verfeinert und festigt. Torp bemüht sich vor allem um die Interpretation der Inschriften auf Grund grammatisch-syntaktischer Untersuchungen. Wenn auch manches von seinen Ergebnissen fraglich bleibt, so sind doch seine scharfsinnigen Analysen arbeitshypothetisch höchst wertvoll. Cortsen sucht in seinen neuesten Schriften etruskische Wortbedeutungen zu erschließen (zuletzt Glotta 18 [1930], S. 155—158, 171—199). Die grundlegenden Ergebnisse und Richtlinien dieser Sprachforschung liegen auf i n n e r e t r u s k i s c h e m Gebiet. Ihr charakteristisches Werk ist die Schaffung eines in den Lesungen gesicherten Quellenmaterials durch das Corpus Inscriptionum

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Etruscarum (Nr. 118), mit dessen Veröffentlichungen Karl Pauli 1893 beginnt. Den ersten Band, die mitteletruskischen Inschriften umfassend, hat er größtenteils noch selbst vollendet; an seine Stelle traten sodann 0 . A. Danielsson und Gustav Herbig; heute zeichnen als Herausgeber neben Danielsson Ernst Sittig und B. Nogara. Über den nach Fundgebieten orientierten Plan des Ganzen ist die eingehende Darlegung von Herbig Reallex. d. Vorg. s. v. Etrusker zu vergleichen, ferner Nogara, Rassegna 54 (1926), 66ff. Danielsson und Sittig, Atti, Nr. 145, 2, 246—253. Während grammatische Untersuchungen in das Zentrum treten und die Methode der „ E i n k r e i s u n g " Wortbedeutungen zu sichern sucht, bleibt das Ursprungsproblem auf Grund bewußter Zurückhaltung zunächst mehr im Hintergrund. Auch in der Frage der Alphabetentlehnung wird im wesentlichen die Herleitung Kirchhoffs aus dem chalkidischen Cumae beibehalten (s. unten S. 60ff.). Die S p r a c h c h a r a k t e r i s t i k , die sich in der kombinatorischen Schule vollzieht, konstatiert vor allem die Abweichungen von dem indogermanischen Sprachsystem. Über die inneretruskische Sprachforschung hinaus aber wird bereits nach zwei Seiten der Weg zu den heutigen zentralen Fragestellungen eingeschlagen: 1. Wilhelm Schulzes Werk „Zur Geschichte der lateinischen Eigennamen" (1904, Nr. 129) schafft durch den Nachweis der engen Verflechtung lateinischen und etruskischen Namensgutes eine neue Grundlage für die Erforschung der italisch-etruskischen Sprachrelationen. Ihnen gelten anschließend Herbigs Abhandlungen über den Akzent, über etruskische Einflüsse im lateinischen Lexikon, über Mythen- und Götternamen. 2. Karl Pauli sucht die Zugehörigkeit der Etrusker zu den „vorgriechischen" Völkern Kleinasiens auf Grund sprachlicher Zusammenhänge zu erweisen (s. u.). Das U r s p r u n g s p r o b l e m gliedert sich zu Ende des Jahrhunderts dank der seit der Romantik sich zunehmend vollziehenden Klärung in drei Fragen: Nach der ethnischen Abstammung der Etrusker, nach ihrer Beheimatung in jenem Zeitraum, der vor den von uns in Mittelitalien feststellbaren Siedlungen liegt, und nach der Provenienz ihrer uns durch die Inschriften bezeugten Sprache. Die entscheidenden Impulse für die Problemstellung der heutigen Forschung gehen damals von der

Die Forschung seit 1900: Die kombinatorische Schule.

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Prähistorie und der Archäologie aus. Wolfgang Heibig *) gewinnt aus der Erforschung der vorgeschichtlichen Siedlungs- und Grabanlagen die Überzeugung von der Alpeneinwanderung der Etrusker, die Nissen in seiner italischen Landeskunde I (1883, S. 493ff.) aufnimmt und ausbaut; auch Eduard Meyer neigt ihr anfänglich zu (Gesch. d. Altert. II, 1893, S. 320f.). In der Folge wird sie von De Sanctis (Storia dei Romani, I, 1907, S. 117ff.), heute von Beloch und Pareti (Nr. 84) vertreten (s. u.). Die Widerlegung der Argumente Helbigs wurde schon von Brizio, dann von G. Körte, A. v. Duhn, neuerdings von Randall Mac Iver vollzogen : Die Bestattungsgräber, neben den italischen Brandgräbern, der Nekropole von Bologna, gehören nicht einem Rest von in der Poebene zurückgebliebenen Etruskern an, sondern sie stellen eine völlig getrennte jüngere Anlage jener Etrusker dar, die im 6. Jahrhundert über den Po nach Norden vordrangen. Für die genaue Darlegung der Kontroverse vgl. Körte, RE VI, 1, 735ff.; auch unten S. 66.

In der Linguistik hat sich Helbigs Untersuchung nur bedingt ausgewirkt (über das Argument, das die Archaismen der transapenninen Alphabete zu bieten scheinen, vgl. unten S. 57f.). Mit der Annahme von dem ursprünglich indogermanischen Charakter des Etruskischen fällt die der Alpenheimat nicht notwendig zusammen. Die Herkunftsfrage findet ja hier ihre Beantwortung, je nachdem man das Etruskische in die indogermanischen Sprachen einordnet und die ehemaligen Sitze der indogermanischen Völker lokalisiert. So nimmt S. Bugge anfangs eine Sonderstellung des Etruskischen innerhalb der indogermanischen Sprachen und eine Landeinwanderung aus Nordosten an, wie schon Schlegel; später faßt er das Etruskische mit dem Armenischen und den kleinasiatischen Sprachen zu einer altindogermanischen „anatolischen" Gruppe zusammen und tritt damit den Verfechtern der vorgriechischen etruskischen Sprachverwandtschaft nahe, nur gleichsam mit einem umgekehrten Vorzeichen (Etruskisch und Armenisch. Univ. Progr. Christiania 1890 u. sonst; vgl. auch Olsen [Nr. 100, 160f.]). Die Herleitung der Etrusker aus Vorderasien tritt in eine neue Beleuchtung durch Kieperts Feststellung, daß auf kleinasiatischem Boden ein Volkstum sui generis bestanden habe von ») W. Heibig, Die Italiker in der Poebene (1879), vor allem S. 99ff.

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weder semitischer noch indogermanischer Provenienz (Lehrb. d. alten Geogr. 1878, S. 73 u. 90). Wenige Jahre später setzt Milchhöfer auf Grund archäologischer Kriterien die Etrusker und ihre Sprache zu diesen Völkern in Beziehung und bezeichnet sie als ein auf griechisch-asiatischem Grenzgebiet erwachsenes, in vorhellenischer Zeit losgelöstes Mischvolk (Die Anfänge der Kunst in Griechenland, 1883, S. 220ff., 242ff.). Der Nachweis der s p r a c h l i c h e n Relationen ist zuerst von Karl Pauli erbracht (vor allem in: Eine vorgriech. Inschr. v. Lemnos, Altital. Fo. 2 [Nr. 142], 41 ff.; 142ff.). Er folgert aus ihnen die Verwandtschaft des Etruskischen mit den Sprachen Kleinasiens: zu dem „dritten Urvolk" der Lyder, Lyker und Karer, zu den „Pelasgern" oder „Vorgriechen" gehören auch die Tyrsener-Etrusker. Paulis Beweismittel sind schon diejenigen, die auch heute die einzig gesicherten scheinen: die Inschrift der Stele von Lemnos (wo nach Thukydides im 6. Jahrhundert noch Tyrsener-Pelasger saßen), die Identität der Tyrsener mit den Turscha der ägyptischen Seevölkerquellen und die Übereinstimmungen der kleinasiatischen und etruskischen Namen, vor allem des Suffixes -änos. Nur allmählich gewann diese Hypothese in der Sprachwissenschaft an Boden, zum Teil vielleicht, weil schon Pauli selbst — und im Anschluß an ihn andere — spekulative Versuche unternahmen, unter Einbeziehung von Vorgriechen und Etruskern große Sprach- und Völkerfamilien, einst vom Kaukasus bis nach Spanien reichend, zu erschließen (vgl. darüber die Lit. bei Herbig, Reallex. d.Vorg. III, S. 145). Als Paul Kretschmer von der sprachlichen Seite her die Zusammenhänge der vorgriechischen Völker sicherte, stand er der Verknüpfung mit den Etruskern noch skeptisch gegenüber (Einl. in die Gesch. d. Griech. Sprache, 1896, S. 291 ff.). Heute gehört er zu ihren entschiedensten Vertretern (s. unten S. 66f.). Es kann kein Zweifel sein, daß Paulis Argumente sich bewährt haben. Sie wurden verstärkt durch Herbigs wichtige Schrift „Kleinasiatische und Etruskische Namengleichungen" [19141)]. Ob die Herkunftserklärung, die man auf die Tatsache der sprachlichen Beziehungen gründete, gesichert ist, wird weiter unten zu prüfen sein. 1

) Sitzungsber. d. bayr. Ak. d. Wissensch., Philos.-philol. u. hist. Kl., 2. Abhdlg., 1914.

Die Forschung seit 1910: Aufgaben.

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§ 6. A u f g a b e n d e r E t r u s k o l o g i e . Es kann kein Zweifel sein, daß in der kombinatorischen Forschung im letzten Jahrzehnt ein Stocken zu verspüren ist, und auch so scharfsinnige Untersuchungen wie diejenige Cortsens über die etruskischen Beamtentitel (1925, s. unten S. 48) lassen nur erkennen, daß auch die exakteste Arbeit hier im Bereich des Hypothetischen bleibt, sowohl nach Seiten der Wortdeutungen wie nach Seiten der grammatischen Funktionslehre. Bevor der Abschluß des CIE mit einem Gesamtindex des etruskischen Sprachmaterials vorliegt, wird kaum eine Erneuerung zu erwarten sein. Aber auch ein anderer Mangel als das Fehlen etruskischer Indices macht sich schwerer und schwerer fühlbar: es fehlt bisher an dem, was man eine historische Grammatik des Etruskischen nennen könnte, oder mit anderen Worten: es fehlt an einer relativen Chronologie der etruskischen Denkmäler und ihrer Inschriften, welche die Grundlage solch historisch-deskriptiver Darstellung zu bilden hätte. Sie kann nicht durch linguistische Untersuchungen allein geschaffen werden; es bedarf archäologischer, stilgeschichtlicher Datierungen und einer Verfolgung der epigraphischen Entwicklung, wie sie neuerdings Hammarström in seinen alphabetgeschichtlichen Abhandlungen, Devoto in seinen Akzent- und Lehnwortuntersuchungen, in Angriff genommen haben. Die chronologisch-historische Deskription ist bei den indogermanischen Sprachen der Vergleichung vorausgegangen; für das Etruskische dagegen begann man mit der Vergleichung, ehe jene nur versucht wurde. Dies liegt gewiß in der besonderen Situation des etruskischen Sprachproblems und seiner Geschichte. Heute aber bildet sie die dringendste Aufgabe der inneretruskischen Sprachforschung, ja ihre Voraussetzung (vgl. Verf. Nr. 146, 2, 187f.). Daß sie trotz der Lückenhaftigkeit des Materials weitgehend verwirklicht werden kann, erscheint kaum fraglich: die etruskischen Inschriften reichen von spätestens um 700 v. Chr. bis in das letzte vorchristliche Jahrhundert hinab, vielleicht weiter, denn die untere Grenze für etruskische Sprachdenkmäler, die sich in der Spätzeit nur noch als Grabinschriften von lokaler Bedeutung feststellen lassen, ist heute nicht zu bestimmen. Innerhalb dieses Zeitraumes können wir zwei Phasen scheiden: eine ältere Inschriftenschicht, einsetzend mit den Denkmälern von Vetulonia Geschichte der idg. Sprachwissenschaft

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und den Inschriften der südetruskischen K a m m e r g r ä b e r , sowie eine jüngere Gruppe nach 400 (Hammarström, Nr. 146, 2, 2 5 3 f . ) , welcher die Hauptmasse unseres Sprachmaterials angehört. Diese späteren Inschriften sind gekennzeichnet gegenüber den älteren durch epigraphische Merkmale, durch Veränderungen im Vokalismus, durch Häufungen von Konsonantenschreibungen, ferner durch eine zunehmende Vereinfachung der Formelbildung in den Grabinschriften. Die Hauptfundgebiete liegen im Gegensatz zur älteren Schicht in Mitteletrurien (Volaterra, Clusium, Perusia). An Stelle der südetruskischen Sarkophage und Grabstelen treten Urnen, Cippen, Grabziegel. Außerhalb dieser Scheidung bleiben die „nordetruskischen" Inschriften, die etruskisierenden Inschriften der Rand- und Kolonialgebiete sowie eine Anzahl altertümlicher Instrumentuminschriften, die man heute nur höchst vage in die Forschung einbeziehen kann, weil zum Teil nicht einmal Worttrennungen und Lesungen sicher stehen (s. unten S. 37). Wieweit wir innerhalb ihrer mit rein etruskischen Denkmälern im Sinne der uns geläufigen Sprachbestimmung und der bisher erreichten Sprachcharakteristik zu rechnen haben, ist eine Frage für die künftige Forschung. Zu erinnern ist beispielsweise an die etruskisch anmutenden Inschriften der altfaliskischen Buccheroväschen von Poggio-Sommavilla (Not. 1896, S. 480ff.), wie j a überhaupt die Inschriften des Ager Faliscus in ihrer starken Durchsetzung m i t etruskischen Sprachelementen die Möglichkeiten von Sprachbeeinflussung im etruskischen Gebiet instruktiv zeigen. D a ß starke Unterschiede zwischen den älteren und den jüngeren Sprachdenkmälern bestehen, ist schon bei einer oberflächlichen Vergleichung der dem 5. J a h r h u n d e r t angehörigen Tontafel von Capua mit der in die Spätzeit fallenden Agramer Leinwandrolle (s. Nr. 121/122, unten S. 35 f.) ersichtlich. D a s chronologische F u n dament ist aber heute noch so fragwürdig, daß ein so wichtiges D e n k m a l wie das im Florentiner Museum befindliche Blei von Magliano von den verschiedenen Forschern Datierungen erfahren hat, die um J a h r h u n d e r t e differieren (vgl. Danielsson ad C I E I I , I , 2; S. 134). Neben die F r a g e der zeitlichen t r i t t die der lokalen Verschiedenheiten, die für die geschichtliche Darstellung von größter

Die Forschung .seit 1910: Quellen.

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Bedeutung sind, wie neuerdings Hammarströms epigraphische Untersuchungen gezeigt haben (s. unten S. 53 f.). Das hier Angedeutete wird in den folgenden Abschnitten im einzelnen klarer hervortreten. Diese Vorbemerkungen möchten zugleich eine Rechtfertigung sein dafür, daß anschließend so häufig die Bedingtheit der bisherigen Ergebnisse hervorgehoben wird und die Problematik der Forschungslage im Vordergrund bleibt. § 7. D i e Quellen. In Eberts Reallexikon III S. 139—144 hat Herbig eingehend das inschriftliche Quellenmaterial behandelt, sich anschließend an die Anordnung des CIE. Es seien daher hier nur die wichtigsten Inschriftentypen und Einzeldenkmäler kurz hervorgehoben. Für die Publikationen der Inschriften ist Nr. 118—130 der Bibliographie zu vergleichen. Über die Chronologie der Funde und die Museen orientieren vorzüglich die Indices von Ducati, Etruria Antica 1 , S. 144—160. Die indirekten Zeugnisse und Glossen sind kritisch gewürdigt von Skutsch RE VI, 1, 775—78 und Ducati 1. c. S. 72ff.

Das gegen Ende des 19. Jahrhunderts reich anwachsende Inschriftenmaterial umfaßt heute gegen 9000 Sprachdenkmäler. Neben den Grabinschriften, welche die Hauptmasse darstellen, stehen Votivinschriften auf Bronzestatuetten und Geräten, Eigentümerinschriften vor allem auf Tongefäßen. Münzlegenden überliefern einige Städtenamen. Beischriften auf bildnerischen Darstellungen (Spiegel, Gemmen, Wandbilder, Statuetten, Vasen) enthalten indigene und etruskisierte Götter- und Heldennamen. Für die Alphabetforschung bilden eine wichtige Quelle die ABCdarien und Syllabare, deren Zweck wir nicht kennen. Die Kenntnis der Zahlworte von 1—6 danken wir den Knochenwürfeln von Toscanella. Defixionsinschriften sind uns auf Bleiplatten überliefert (vgl. CIE 52 und 5211). Von diesen Gruppen heben sich drei umfangreichere Sprachdenkmäler ab: die dem 5. Jahrhundert angehörende Inschrift der Tontafel von Capua, der weit jüngere Cippus Perusmus CIE 4538 und die Leinwandrolle von Agram (1. Jahrh.), der weitaus längste Text, auf einer in Streifen zerrissenen Binde, welche als Umwicklung einer weiblichen Mumie diente. Alle drei Texte gehören anscheinend der sakralen Sphäre an; der Cippus und der Liber linteus stehen offenbar in Zusammenhang mit bestimmten Verstorbenen. 3*

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Handelt es sich bei diesen beiden Denkmälern vermutlich um Privatpersonen, so vermögen wir einen offiziellen Charakter festzustellen bei der Bronzeleber von Piacenza (3. Jahrh.), die für den deutenden Haruspex bestimmt gewesen sein muß. Sie bildet ein wichtiges Gegenstück zu den babylonischen Tonlebern. Die auf dem in Regionen eingeteilten Templum verzeichneten Götternamen hat Thulin mit denen bei Martian Capella in Beziehung gesetzt (Die Götternamen des Martianus Capella und die Bronzeleber von Piacenza; Religionsgesch. Vers. u. Vorarb. III, 1, 1906). öffentlich-rechtliche Urkunden und große profane Texte fehlen. Ob aber alle Inschriften der privaten Sphäre angehören, wie meist gesagt wird, ist unsicher. Zu erinnern ist an die Inschrift des berühmten Arringatore in Florenz (CIE 4196), in der man eine Art Ehreninschrift zu erblicken meint. Überhaupt ist nachdrücklich zu betonen, daß zwischen den kurzen formelhaften und den drei großen Texten eine Schicht etwas längerer Inschriften liegt, deren Sinn uns ganz oder teilweise verschlossen ist. Dies gilt schon für das Blei von Magliano, eins unserer wichtigsten Denkmäler, ferner für den altertümlichen Krug von Tragliatella (Bull, dell' Inst. 1881, S. 65), den Spiegel Etr. Sp. V, 60 mit der Säugung des Herakles, für das oft behandelte Vasenbild mit Admet und Alkestis (Lit. Fiesel, Myth. Namen 69, 261); ebenso liegt es für Inschriften sepulkralen Charakters wie die Pulenarolle (vgl. Herbig, Lwdr. S. 20) für CIE 4116 oder für die Inschrift CII 2340, deren meiste Worte bekannt, deren grammat. Relationen aber strittig sind. Insbesondere gehören in diesen Kreis archaische Vaseninschriften, unter ihnen sei die Schale von Narce genannt, die trotz Vetter (Kretschmerfestschr. [1926], S. 279ff.: Etruskisch ikam und das Verhältnis des Etruskischen zu den indogerman. Sprachen) keineswegs sicher gedeutet ist. Was die Zeugnisse aus dem Altertum über die etruskische Sprache betrifft, so sind sie sehr spärlich. Dankenswert wäre eine moderne Sammlung und Gesamtwürdigung der antiken und spätantiken Bemerkungen über Wörter und grammatische Erscheinungen, die man von den Etruskern herleitete. Über die antiken Glossen und die etruskisierenden Inschriften ist in den ferneren Paragraphen zu sprechen.

Die Forschung eeit 1910: Schrift, Laute, Akzent.

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§ 8. S c h r i f t , L a u t e , A k z e n t . In der etruskischen Schrift unterscheiden wir die zwei Alphabettypen des Musteralphabets und des Gebrauchsalphabets. Für das letztere wird im allgemeinen der Ausdruck gemeinetruskisches Alphabet gebraucht; er ist hier vermieden, weil, wie Hammarström mit Recht betont, er nur für die Zeit des Einheitsalphabetes in Anspruch genommen werden darf, diese aber setzt erst nach 400 ein, während vorher die Alphabete lokale Unterscheidungen aufweisen (Die etr. Lokalalphabete, Nr. 146, 2, 253f.). Das Musteralphabet ist durch fünf archaische Denkmäler bezeugt, deren ältestes das Elfenbeintäfelchen von Marsiiiana (um 700), deren jüngstes das neuaufgefundene Buccheroväschen von Viterbo ist (6. Jahrhundert). Vgl. die Zusammenstellung bei Herbig, Reallex. d.Vorg. (Altit. Alph.) I, S. 124, dazu das neue Alphabet von Viterbo Neppi Modona, Rendic. Line. sc. Mor. e Fil. serie VI, vol. I I (1926), 504f.; RIGI XI (1927), 55f. Das Musteralphabet enthält die Zeichen des westgriechischen Alphabets, dazu noch die phönikischen Sibilanten Ssade und Samech, letzteres in der „italischen" Form. Es stellt somit die älteste Form des etruskischen Alphabets dar, die wir kennen; zeitlich aber — was häufig übersehen wird — sind ebenso früh, zum Teil sogar etwas früher, Inschriften anzusetzen, die schon im Gebrauchsalphabet abgefaßt sind, z. B. die Stele aus Vetulonia, CIE 5213, die beiden Silberschalen aus Caere (CII 2405, 2406) u. a. m. Ob auf archaischen Instrumentuminschriften wirklich nur die Zeichen des Gebrauchsalphabets vorkommen, scheint nicht geklärt. Wer vor den Originalen alter Keramik mit etr. oder eventuell etr. Inschriften steht, wird manchmal zweifeln, ob Tau oder Chi, Omikron oder Theta, 1 oder u zu lesen ist. Das Fehlen der Interpunktionen erschwert oft die Vollziehung der Worttrennungen. Zu erinnern ist an die Trinkschale aus der Tomba del duce (Flor. Mus.) (Not. 1887, 494f.) und an die seltsame Inschrift des Tongefäßes CII 2596 (Vatic. Mus.).

Das Gebrauchsalphab et, von dem gleichfalls Alphabetarien vorliegen (Herbig, 1. c.), hat die Bezeichnung des o und der Medien aufgegeben; das Koppa ist im Schwinden. Neu hinzugekommen ist die Bezeichnung von f; es wird in alten Inschriften mit Fh, in jüngeren mit dem auch lydisch bezeugten 8 geschrieben, dessen viel umstrittener Ursprung unaufgeklärt ist. Vgl. die Literatur und Controverse jetzt bei Sommer, Das 1yd.

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Etruskisch.

u. etr. F-Zeichen, Sitzungsber. d. bayr. Akad. d. W., philol. hist. Abt., 1930, S. 1—23 (Sommer leitet dies Zeichen von einem mittelgriechischen Vorbild her, für das ihm eine in Elis belegte Form g = y> als Beweis dient). Weitere Lit. zum Alphabet s. unten S. 55 ff. Die Identifizierung der etruskischen Alphabetzeichen schuf die Grundlage für eine etruskische L a u t l e h r e : das auf 21 Lettern reduzierte Gebrauchsalphabet zeigt, auf welche Weise die Etrusker das entlehnte Schriftsystem dem Lautstand ihrer Sprache adaptiert hatten. Für die Bestimmung der phonetischen Werte traten als wichtige Quelle hinzu die in lateinischer und etruskischer Form überlieferten Eigennamen (cai: Gaius, pumpu: Pomponius usw.), sowie die etruskisierten griechischen Wörter, deren Hauptbestand mythologische Namen bilden. Auf sie stützt sich die Lautlehre von Wilhelm Deecke (B. B. II, 1878, S. 161ff.). Eine Zusammenfassung etruskischer Lautregeln hat er auch seiner Neuauflage von Müllers Etruskerwerk angefügt (II, S. 328ff.). Die Registrierung der etruskischen Lautbezeichnungen unter dem Gesichtspunkt möglichst exakter Bestimmungen ihrer Bedeutung vollzog sich in den folgenden Jahrzehnten. Cortsens Untersuchung Lyd og skrift i Etruskisk; I Konsonanter 1908, auf die hier verwiesen sei1), ist ein dankenswertes Ergebnis dieser Forschungen. Die Konstatierung von Lautregeln ist trotz wertvoller Einzelbeobachtungen vorläufig noch sehr fragmentarischen Charakters, weil systematische Lautgeschichten fehlen 1 ). Regel ist ein Wandel von ai: ei: e. Den Wechsel zwischen a, au, u, zwischen aia, ia, a, zwischen i, iu usw. können wir vorläufig ni. r feststellen, ohne die Bedingungen zu kennen. Im Gebiet des Konsonantismus ergibt sich eine Reduktion von auslautendem Nasal und das Vorhandensein von Nasalvokalen. Herbig hat diese Nasalierung zu lykisch-kleinasiatischen Erscheinungen in Beziehung gesetzt (Namengl. S. 36ff.). Eine Entwicklung kt : h t : t scheint leidlich gesichert. In der Aussprache ist vieles problematisch 1 ), so der Wert der durch Tenuis und Aspirata bezeichneten Laute; beide l

) Vergleiche auch die unten zum Alphabet genannten Untersuchungen, insbesondere die von Hammarström.

Die Forschung seit 1910: Schrift, Laute, Akzent.

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Zeichen wechseln scheinbar willkürlich miteinander. Nach Kretschmer sind diese beiden Reihen Resultat einer ägäischen Lautverschiebung, durch welche Medien zu Tenues und Tenues zu schwach aspirierten Lauten wurden (zuletzt Glotta 14, 1922, S. 317). Die Unterscheidung in der Aussprache von s und s läßt sich nicht bestimmen; in der Verwendung gehen Süd- und Mitteletrurien auseinander (vgl. Danielsson, Glotta X V I [1927] 87, 3); auch der Wert von z ( = s?) ist nicht sicher bestimmt; über X, %s (i) vgl. Hammarström, Beitr. z. Gesch. des griech., lat. u. etr. Alphabets 1922, 41 (mit Literatur). Akzent. K. O. Müller, Etrusker I 1 59ff.; Mommsen, Unterital. Dial. 18; Deecke, B . B . II (1878) 176ff.; Skutsch Glotta IV (1913) 190ff.; Kretschmer, Einl. i. d. Altertumsw. I (1923) 113; Enrico Cocchia, Introductione storica allo studio della letteratura latina. Bari 1915, S. 285—302 (hält Konsonantenschreibungen für Tachygraphie); Herbig, Anzeige v. Sommer Hdb. d. Lautu. Formenl., Idg. Forsch., Anz. 37 (1917) S. 22ff. usw.; Devoto, Tendenze fonetiche etrusche attraverso gli imprestiti dal Greco = Studi Etruschi I (1927) 252ff.; Fiesel, Namen des griech. Mythos S. 88f.; Ribezzo, RIGI 12 III/IV (1928) Le origine mediterranee dell' accento iniziale italo-etr. 51 ff.; Gesamtdarstellung des Problems und weitere Lit. Leumann-Stolz-Schmalz, Lat. Gramm. I 5 (1926), S. 183f.

Der Mangel chronologischer Untersuchungen macht sich vor allem geltend gegenüber dem Problem des Akzents. Das wichtigste Ergebnis in Deeckes Lautlehre war die Feststellung von der im Etruskischen herrschenden Schwächung bzw. Synkopierung der Mittelsilbenvokale; der etruskische Akzent wird seither als ein Intensitätsakzent mit Betonung der Anfangssilbe angesehen. Skutsch und Herbig haben den lateinischen Initialton auf Einfluß dieser etruskischen Betonung zurückgeführt. Ribezzo nimmt an, daß der Initialakzent den prärömischen Substratsprachen, zu denen er das Etruskische rechnet, geeignet habe. Indessen ist hervorzuheben, daß wir über den ursprünglichen Charakter des etruskischen Akzents keinerlei Klarheit besitzen: von Lanzi bis auf Mommsen betonte man, daß sich im Etruskischen eine ältere Sprachperiode mit reicher Vokalisierung, auch der Mittelsilben, und eine jüngere unterscheiden lasse, in der Konsonantenhäufungen vorherrschen. Diese aus den inschriftlichen Zeugnissen gewonnene Einteilung ist in der

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Etruskisch.

Folgezeit zu Unrecht vernachlässigt worden: soweit wir das Material überblicken, zeigen in der Tat die archaischen Inschriften keine Zerstörung der Mittelsilben, sondern eher eine Übervokalisierung. Zu erinnern ist z. B. an altertümliche Formen: muluveneke, turuke: turce (verbalfunktional), an die Pränomina M. avile > aule, F. ramu&a > ram&a, an die altertümliche Genitivendung -aia, usw. Vgl. auch Hammarström, Beitr. S. 16. Auch bei den etruskisierten griechischen Namen läßt sich anscheinend eine Entwicklung aufzeigen, dergestalt, daß bei den als jünger bezeugten Formen die Schwächung und Synkopierung sich durchgesetzt hat (vgl. Devoto, 1. c. mit wertvollen Untersuchungen über das im Etruskischen vorherrschende Prinzip der vokalharmonischen Anpassung, durch welche die Schwächungsund Synkopierungsregeln zum Teil durchkreuzt werden). Auch ist auffällig, daß sich die aus den griechischen Lehnnamen ergebenden Reduktionsregeln nicht mit den lateinischen decken; die Neigung zu vokalharmonischer Assimilation und Vokalanaptyxe tritt zudem weit stärker hervor als im Lateinischen (Fiesel, S. 88f.). Aber noch von einer anderen Seite her wird die bisherige Beurteilung in Frage gestellt: Hammarström hat wahrscheinlich gemacht, daß es sich bei den etwa seit Mitte des 5. Jahrhunderts einsetzenden Konsonantenhäufungen großenteils um eine graphische Erscheinung handelt: die Sonorlaute 1, r, m, n, und die Spiranten s, s, z und f stehen zur Bezeichnung einer Silbe (für Konsonant mit inhärierendem Vokal) (Beitr. S. 16f., 31 ff.). Unter diesem Gesichtspunkt ist die Frage der Schwächungen und Synkopierungen im Etruskischen aufs neue zu prüfen, und die Scheidung zwischen graphischer und lautlicher Bezeichnung muß die Akzentforschung in Zukunft stärker beschäftigen als bisher. Eine orientierende Untersuchung der Mittelsilbenvokale, deren Entwicklung sich vor allem an Hand der Eigennamen feststellen läßt, wäre dringend erforderlich. § 9.

G r a m m a t i s c h e s (vgl. vor allem Nr. 141-—145).

Die Darstellung beschränkt sich hier auf einige Hauptpunkte, auch die literar. Angaben sind unter dem Gesichtspunkt einer vorläufigen Orientierung gewählt, da ihre Zusammenfassung in diesem Rahmen unmöglich ist.

Die Ergebnisse, die bisher auf g r a m m a t i s c h e m G e b i e t für das Etruskische erreicht worden sind, stammen im wesent-

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liehen aus der N a m e n f o r s c h u n g und aus Analogieschlüssen zu den aus den Eigennamen sich ergebenden Bildungsweisen. Die Methode der Untersuchungen ist die a n a l y t i s c h e Morp h o l o g i e , die eine Trennung der etruskischen Worte nach Stamm und Suffixen anstrebt. Ihr bedeutendster Vertreter Herbig hat in einer Abhandlung einmal das dringende Postulat eines etruskischen Wortindex a tergo dahin begründet, daß die Analyse der sehr häufig wiederkehrenden Suffixe vorläufig weiterführe als eine Vergleichung und Etymologisierung der Stämme und Wurzeln. Eine Darstellung grammatischer Art muß denn auch heute exakterweise eine Lehre von den S u f f i x e n sein: von ihrer Bedeutung, soweit sie sich erschließen läßt; von den Regeln der Wortbildungsweise, die sie anzeigen. Etwas Bestimmtes über die grammatisch-syntaktische Struktur des Etruskischen grundsätzlich auszusagen ist heute deshalb nicht möglich, weil wir nicht wissen, wieweit sich die aus den indogermanischen Sprachen geläufigen Formkategorien, die unseren Maßstab bilden, mit den etruskischen Prinzipien zur Deckung bringen lassen bzw. in wieweit grammatische Relationen analog zu den indogermanischen Sprachen ausgedrückt werden. Wir können höchstens die F u n k t i o n g e w i s s e r B i l d u n g s t y p e n im Etruskischen im Sinne dieser Formkategorien uns veranschaulichen; nicht aber ist eine grammatische Gleichsetzung möglich. In vielen Fällen aber, wie man sich immer wieder vergegenwärtigen muß, ist auch die Funktion nicht, ja nicht einmal eine Funktionalität der Suffixe ermittelt; sie können nur als funktionstragend angenommen oder auch nur morphologisch konstatiert werden. Man hat also prinzipiell zu unterscheiden zwischen d e r F u n k t i o n n a c h b e k a n n t e n S u f f i x e n (z. B. das Deminutivsuffix -9-a, das zur Femininbildung verwendet wird (Herbig, I F 37, S. 183f.), zwischen der Funktion nach zwar nicht bekannten aber als F u n k t i o n s t r ä g e r e v i d e n t e n S u f f i x e n (z. B. -% bei Genien- und Amtsnamen: malavis [%] zil-^; hierher gehört auch eine große Zahl der als kasusfunktional oder verbalfunktional angesehenen Suffixe, s. unten), zwischen m o r p h o l o g i s c h n u r k o n s t a t i e r t e n S u f f i x e n . (Die Grenze zwischen der zweiten und der dritten Gruppe ist fließend, je nach dem Sicherheitsgrad, den die Forscher den einzelnen An-

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Sätzen zuschreiben.) Wo man sich der Termini indogermanischer Kategorien bedient, kann es nur im Sinne der F u n k t i o n s e n t s p r e c h u n g geschehen. Eine wichtige Grundregel hat sich aus der Bildung der E i g e n n a m e n ergeben, die für die etruskische Wortbildungslehre charakteristisch erscheint: Aus den ursprünglichen Individualnamen werden, wie Wilhelm Schulze gezeigt hat, die Gentilnamen vermittelst bestimmter Suffixe abgeleitet, ohne daß wir einen Unterschied des Funktionswertes dieser Suffixe zu erkennen vermögen, d. h. die vier Grundtypen maskuliner Gentilicien auf -na, -u, -(i)e, -a können vom gleichen Namensstamm anscheinend gleichwertig gebildet werden. Neben dieser S u f f i x v a r i a t i o n ist eine Regel der S u f f i x e r w e i t e r u n g durch ein oder mehrere Suffixe (Suffixkumulation) festzustellen, gleichfalls, ohne daß eine Modifizierung der Bedeutung dadurch für uns wahrnehmbar wäre (vgl. z. B . pumpu und pumpu-n-i, lateinisch Pompo-n-ius). Fo. u. Stu. I I I , 79ff„ ZGLE 399ff., 410ff., Herbig I F 26, 360ff.; Rh. M., N. F. 64 [1908], 136; I F 37, 1. c.). Diese Variationen sind bei den Eigennamen vielleicht aus dem Bedürfnis nach individueller Unterscheidung der einzelnen Personen entstanden (Rosenberg, Glotta IV, S. 61 f.). Sie finden aber auch bei Nichtnamen statt, worüber Rosenberg, 1. c., Herbig, I F 37, S. 166ff. zu vergleichen sind. Auch das echt etruskische Prinzip der F e m i n i n b i l d u n g bei Eigennamen, die unechte Motion, stellt eine Suffixerweiterung dar: die Endung wird an den fertigen männlichen Namen gefügt. Ein grammatisches Geschlecht ist nur für die Bildung der Gentilnamen nachweisbar (Fiesel, Forsch, z. griech. u. lat. Gramm. 7 [1922]). Man erkennt schon aus diesen kurzen Bemerkungen, welche Schwierigkeiten sich für die grammatisch-syntaktische Forschung ergeben. Das Wort ril bedeutet „aetatis" bzw. „natus": in welche Wortklasse es zu rechnen wäre, wissen wir nicht. Zahlreiche Nomina treten sowohl als einfacher Stamm als auch mit Suffixen versehen auf. Ob in dem letzteren Fall der Nominalcharakter erhalten bleibt oder ob sie in andere grammatische Kategorien übergehen, ist kaum festzustellen. Genannt sei der Beamtentitel Stamm * z i l , davon zilaft, zila%, zil%, zil(a)%nu; verbalfunktional: zila^ce neben zila^nuce (das Material bei

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Cortsen B. T. 95ff.). Erschwerend ist, daß wir in vielen Fällen die Trennung von Stamm und Suffix nicht mit Sicherheit vollziehen können und die Gefahr besteht, infolge falscher Analogieschlüsse zu irrtümlichen Analysen zu gelangen. Ein Beispiel bildet die Gruppe von Formen auf -ne: Torp (Beitr. I) hat sie als Verbalpräterita erklärt im Anschluß an das auf Grabinschriften überlieferte verbfunktionale leine („Sterben", zugehörig zum Namen der Todes- und Schicksalsgottheit lein&-), vgl. RE, VI, 1, 799). Zweifellos aber bilden diese Formen auf -ne keine Einheit. Wie Rosenberg, Glotta IV, S. 58f gezeigt hat, gehört bei einer Anzahl von ihnen das -n- zum Stamm: 9-esane: &esan, cepene: cepen u. a. m.; nur einzelne sind mit Bestimmtheit in verbaler Funktion verwendet worden. Somit ist der Ansatz eines Suffixes -ne zur Bezeichnung verbaler Präterita in Frage gestellt. Es ist zweifelhaft, wie weit man für das Etruskische ein V e r b a l s y s t e m voraussetzen kann. Aus Weih- und Grabinschriften wurde schon früh die verbale Funktion von Worten auf -ce ermittelt (turce, amce). Bereits Lanzi verband sie mit den griechischen Perfekta auf -xe, wie es später Bugge, Lattes und neuerdings Trombetti (s. unten) zur Stütze einer indogermanischen Verwandtschaft getan haben. Beeinflußt durch die griechischen Formen und in Analogie zu der uns geläufigen Bezeichnung der Zeitstufe bestimmt man -ce im allgemeinen als Präteritalendung (Torp, 1. c. I, 12). Mit Recht ist von Pauli Fo. u. Stu. I I I , 60 ff. dieser Ansatz in Frage gestellt worden: da wir keine Personalendungen, die in den indogermanischen Sprachen das Verbum kennzeichnen, im Etruskischen feststellen können, so ist erst zu untersuchen, ob das Etruskische überhaupt zu den Sprachen gehört, die Nomina und Verba grammatisch unterscheiden (vgl. Herbig, Rez. zu Torp, Berl. philol. Wochenschr. 23 [1903], S. 147ff.). Bei dieser Sachlage ist es nicht möglich die verbalbegrifflichen Formen als Ausdruck einer bestimmten Zeitstufe in Anspruch zu nehmen. Die Bezeichnung der Tempora ist ja überhaupt nicht notwendiger Bestandteil des Verbums. Wenn aber die uns der Funktion und Bedeutung nach noch am besten bekannten -ce-Bildungen nicht mit Sicherheit als Präterita anzusehen sind, so müssen alle Versuche über sie hinaus

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verbale Endungen zu identifizieren, vorläufig als hypothetisch gelten, so etwa, wenn Trombetti einen Aorist auf -s, ein MedioPassivum auf -r aus den etruskischen Endungen -sa und -eri erschließen will (La Lingua etrusca [1928], S. 27ff.). Wieweit im Etruskischen das System einer N o m i n a l f l e x i o n vorliegt, läßt sich heute nicht bestimmen. Seit Lanzi ist immer wieder die Vergleichung etruskischer Bildungen mit denen des indogermanischen Kasussystems versucht worden (Bugge, Lattes, Trombetti). Die Endung -s bei Eigennamen und ein -m bzw. -n bei Götternamen setzte man mit idg. Nom. -s, Akk. -m gleich. Doch hat schon Schäfer in den altitalischen Studien I I , 1 (1883), S. l f f . die Mehrzahl der etruskischen Namensformen auf -s als genitivisch erwiesen, und auch daß -n den Akkusativ ausdrückt, ist unwahrscheinlich: das Etruskische gehört nach Schäfer zu den Sprachen, welche den Wortstamm ohne besonderes Kennzeichen sowohl als Subjekt wie als Objekt gebrauchen. Vgl. unter der Lit. zum Casus rectus: Fo. u. Stu. I I I , 78ff., Torp, Beitr. I, 186ff.; Trombetti, 1. c. 13f. Wiederum zeigt sich die Aporie, in der wir mit der Anwendung der indogermanischen Kasusbegriffe stehen, an einem charakteristischen Beispiel: wir kennen etruskische Endungen, die nach Ausweis der Grabinschriften zweifellos eine genitivische Funktion bezeichnen: -al matronymisch bei Gentilnamen, -sa vom Namen des Gatten bei Ehefrauen. Beide Endungen sind sowohl als genitivisch (Pauli, Herbig) wie als adjektivisch gedeutet worden (Lattes). Die Entscheidung zugunsten einer bestimmten Formkategorie ist nicht sicher zu treffen; zweifellos sind zwar, wie Schulze hervorgehoben hat, die Formen auf -al und -sa kasusartige Gebilde. Doch ist nicht zu entscheiden, ob sie „richtige Singulargenitive oder allgemeine, auch gegen den Numerus indifferente Possessivausdrücke sind". Besonders bezeichnend sind für die Situation die Formen auf -sa, aus denen sich der Gebrauch des nominativischen Cognomen entwickelt (Hanossa: hanusa „Frau des hanu"), so daß hier formal eine Zuweisung kaum möglich erscheint (vgl. ZGLE, 326ff.; Herbig, Glotta IV, S. 184ff.). Über die weiteren Formen mit genitivischer Funktion, die sich z. T. auch durch Suffixkumulation zu erklären scheinen, vergleiche man die Zusammenfassung und

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Literatur Fiesel, Forsch, z. griech. u. lat. Gramm. 7, Excurs., S. 117ff. Hervorzuheben sind die anscheinend genitivischen Formen archaischer Inschriften auf -aia, -eia; genitivisches -s, -1, das mit dem 1yd. -1-Kasus verglichen worden ist, s. unten S. 64; ferner besitzt das Etruskische den sog. Genitivus genitivi auf -isla und -sla; Herbig nimmt an, es handle sich um Erweiterungen der -al-Formen, deren genitivischen Charakter man nicht mehr deutlich empfunden habe. Hrozny, Z. f. Ass. IV (1930), S. 171 ff., erinnert an Endungsübertragungen auf einen Genitiv in einigen kaukasischen Sprachen und im Churrisch-Mitannischen; ein syntaktisch kaum vergleichbarer Fall! Eine Pluralbildung scheint durch Formen auf -(a)r bezeugt, so bei clenar : clan „Sohn", vermutlich bei aisar „Götter" zum Stamm ais, vielleicht auch bei tivr „Monate?" zu tiv „Mond" (Skutsch, RE, 6, 1, 798; Torp. Beitr. I, 86f.). Gerade dieser letztere Fall aber ist wegen des Nebeneinander von tiv, tivr, tivrs wiederum ein Gegenstand der Debatte und erweist die Problematik der grammatischen Deutungen. Jedenfalls haben die Formen auf -r anscheinend nicht ausschließlich Pluralbedeutung; es scheint sich vielmehr um ein Suffix zu handeln, das pluralisch auftreten kann (event. von der Kollektivbedeutung aus?), worüber Rosenberg, 1. c. 53f. zu vergleichen ist. Die etruskischen P r o n o m i n a l b i l d u n g e n und die Frage ihrer Deklinabilität erfordern dringend eine systematische Untersuchung. Durch die Inschriften sind wir über eine Reihe von Demonstrativpronomina orientiert (vgl. Cortsen, Voc. 170f.). Am verbreitetsten und bekanntesten ist in Weih-Eigentümer- und Besitzinschriften das Wort mi (Pauli, Etr. Stu. I I I ; Torp, Beitr. 2. R., I, 20ff.), das schon Lanzi in hinweisender Bedeutung erschloß und es als s'ip deutete. So auch später Lattes, während Corssen es als Akkusativ: lateinisch me auffaßte (I, S. 755f.). Es bildete gleichfalls ein Beweismittel der indogermanischen Verwandtschaftshypothese. Überwiegend wird heute für mi die Bedeutung hoc angesetzt, vgl. Herbig, Rh. M. 64, 131); nach anderen ist die Bedeutung ego vorzuziehen (Deecke, Etr. Fo. I, 54ff.). Demonstrativpronomina sind ferner: eca, ecn (enklitisch: ca, cn, tn), cn, ca, an, anc, ei, ein eim. Sie treten auch als Doppelpronomina auf: mima, mi ei, ananc. &ui ist adverbial, „hic". Ein Relativ-

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pronomen wollen Torp und Vetter in ipa erblicken (vgl. Kretschmer-Festschr. 279f.). cutnan wird von Vetter als idem, etnam als item gedeutet (Glotta 13, 139f.). ist Relativ- und Frageadverb nach Torp, Vetter und Cortsen, enas Possessivuni „unser" nach Torp. Die letzten angeführten Fälle, und die sonstigen Identifizierungen etruskischer Pronomina sind als nicht gesichert anzusehen. Eine Untersuchung der Pronomina scheint aussichtsreicher als die der A d j e k t i v b i l d u n g e n . Denn wiewohl sich aus den Eigennamen der adjektivische Charakter von Suffixen ergibt, vor allem für das „Leitsuffix" -na, so ist doch, wie schon angedeutet wurde, die formale Bestimmung kaum zu treffen; vor allem aber lassen sich bei dem heutigen Stand der Forschung in vielen Fällen die Adjektivbedeutungen nicht sicher konstatieren sondern nur wahrscheinlich machen. Adjektivisch ist -na z. B. in aisna „göttlich" : ais, su-iHna : su&i (su&i) „Grab", spur-ana : spur; (maris) husrna-na usw. Als Adjektiva zu übersetzen sind Worte verschiedener Endungen. ruma% „aus Rom", truials „Troianus", ril „natus?", lautn-i „familiaris", cil&c-va u. a. m. Vgl. Cortsen Voc. 168, und die zu den Suffixen angegebene Literatur. Über die oben S. 28 erwähnten etr. Zahlwortbildungen vgl. jetzt Cortsen, B. T. 130ff. mit Literatur. Zuletzt: Trombetti 1. c. 30ff. Über die Konjunktionen -(u)m, -(e)m (Subtraktionswort ?) neben -c „und" jetzt Cortsen 1. c. 137f., Vetter, Glotta 13, 144. § 10. D i e e t r u s k i s c h e Wortforschung hat mit der Schwierigkeit zu kämpfen, daß meist keine Kontrollmöglichkeiten für die vermittels der kombinatorischen und etymologischen Methode erschlossenen Bedeutungen bestehen. Im Prinzip bilden eine solche Kontrollmöglichkeit die antiken Glossen (vgl. oben S. 35); aber die überlieferten Worte lassen sich nur zum geringen Teil in den etruskischen Sprachdenkmälern nachweisen, was mit der Einseitigkeit unseres Quellenmaterials zusammenhängt. Die Hesychglosse odaoi freoi 6ro Tuppy]vwv sichert für den etruskischen Stamm ais die Bedeutung „Gott" (Skutsch, RE VI, 1, 776.) Anderes bleibt fraglich, so z. B. ob etr. acale der Agr. Lwdr. mit dem in der Überlieferung als etruskisch bezeich-

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neten Monat Aclus gleichzusetzen ist. Eine Stütze für die Wortdeutungen bieten ferner die Darstellungen, wo Bildszene und Beischrift in Beziehung stehen: auf dem Wandbild aus Tarquinii Fa. I, 407 (T. dell'Orco) ergibt sich für hin&ial teriasals die Übersetzung eiSwIov (^U/YJ) Tstpsaiao (Herbig, R E 8, 2, 1649f.). Durch das Wandgemälde derTomba. degli Auguri in Tarquinii (Not. 1878, S. 129ff.) wurde Skutsch in seiner Gleichsetzung von etr. yersu = lat. persona bestärkt (Arch. f. lat. Lex. 15 [1908], 145f.); ein Bild des Golinigrabes in Orvieto (CIE 5084) lieferte Bugge für parliu die ansprechende Bedeutung „Koch" (BB XI, 1886, 8), die durch Danielssons Verknüpfung von etr. parla mit ital. patella gestützt wird (Etruskische Inschriften aus Comacchio, Glotta XVI, 1928, S. 86ff.). Weiterhin vermögen wir unter Heranziehung der uns bekannten etr. Lautregeln Lehnwörter festzustellen, so die aus dem Griechischen überkommenen Gefäßbezeichnungen qutun, culi^na, pru^um (xufkov, xuXfyvY], xpo'/ouv; vgl. Herbig, Rh. M. 64, 132 ff.; Danielsson, sertum philologicum Carolo Ferdinando Johansson oblatum, Göteborg 1910, 100f.). Über etr. Vermittlung griech. Worte vgl. W. Schulze, Sitzungsber. d. Berl. Ak. 1905, 709, Merlo, Cl., Voci greche in veste etrusca, Studi Etr. I (1927) 299f. Devoto, L'Etrusco come intermediario di parole greche in latino, ebenda II (1928) 307ff. — Die Literatur über einzelne Wortbedeutungen ist in den letzten Jahren ungeheuer angeschwollen; es sei hier zur weiteren Orientierung verwiesen auf die Referate von Vetter, Glotta 18 und 19, in den Studi Etr. und die früheren Deutungen bei Cortsen, Vocabulorum Etruscorum interpretatio (Nordisk Tidskr. for filol. 4. Reihe [1917], 165ff.). Vieles davon ist unsicher.

Die etr. Worte der inschriftlichen Denkmäler, deren Bedeutung wir mit Sicherheit g e n a u i d e n t i f i z i e r e n können, sind nicht zahlreich. Bilinguen und Grabschriften ergaben die S. 18 u. 28 erwähnten Verwandtschaftsnamen; nicht fest steht die Bezeichnung für „Vater", trotz Cortsen B. T. 118, der neuerdings s(i)ans dafür in Anspruch nimmt; als „Bruder" ist wahrscheinlich mit Schäfer &ura (-yw|Tos) zu deuten (vgl. dazu und zum folgenden Skutsch RE VI, 1, 796ff.). Ferner ließen sich zeitbegriffliche Wörter aus den Ausdrücken für Lebensalter und Amtsführung ermitteln: avil „ J a h r " ; avils (der Funktion nach) „annorum"; tiv(r) „Monat", tivrs „mensium": tiv „Mond"; tin „Tag", ril „aetatis". Aber schon dieses letztgenannte Wort

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ist in seiner grammatischen Zuordnung und exakten Bedeutung umstritten und gehört streng genommen einer zweiten großen Gruppe von Worten an, bei denen wir nur eine approximative Bedeutung aufstellen können, bzw. nur die B e d e u t u n g s p s h ä r e o d e r B e d e u t u n g s r i c h t u n g kennen. Hier sind die Annäherungen sehr verschiedenen Grades, sehr stark z. B. bei lautni „libertus", etera „jrcv&mr)s", wenn auch die juristische Bedeutung und somit die Übersetzung dieser Ausdrücke strittig ist. Vgl. zuletzt Cortsen, Die etr. Standes- und Beamtentitel (K. Danske Vidensk. Selsk. Histor. filol. Meddel. XI, 1 [1925], 62ff. mit Lit.). Begrifflich relativ nahe kommen wir auch den Worten verbaler Funktion in Votiv- und Sepulkralinschriften: turke, mulvenice „schenken, spenden"; zinace, zi%u#e „schreiben", „zeichnen", „formen" oder dgl.; amce „existere" (in der Bedeutung „fuit", „vixit"), ebenso svalce „vixit"; lupuce „decessit?"; leine „sterben", cesu, cese&ce „quiescit", „situs est". An Nomina seien genannt tinscvil, etwa: „Weihgeschenk" (zum Götternamen tin(i)a; fleres etwa: „statua", möglicherweise Bronzebild (Herbig, Hermes 51 (1916), 465ff.), cana etwa: „Werk, Kunstwerk"; zama&iman „Goldfibel" ? (Danielsson, Sertum, 103). Über aisar, hin&ial su&i s. o. Für tular ist jetzt die Bedeutung „fines" wahrscheinlich gemacht durch Ribezzo RIGI XII, 1, 1928, 78ff., 296f. In Fällen wie diesen steht die Bedeutungssphäre insoweit fest, daß wir die Worte als Stützpunkte für die Interpretation verwenden können. Wir kennen ferner eine Anzahl von Worten, die Amtsbezeichnungen oder Titel darstellen. So entsprechen in der bekannten Bilingue CIL XI 6363 = Fa 69 etr. netävis trutnvt frontac den lat. haruspe(x) fulguriator; doch lassen sich die etr. Worte nicht exakt identifizieren (vgl. unten S. 61 f.); maru ist ein priesterlicher Beamter; zilaft ein Magistratsbeamter. Vgl. Weiteres bei Cortsen B. T. Die Bedeutungsrichtung scheint sich zu ergeben für einige Worte, die man mit „Öffentlichkeit", „Bürgerschaft", „Stadt" in Zusammenhang gebracht hat: spur „ S t a d t ? " ; me%l populus?; cil& „Reich?" (Vgl. auch Rosenberg, Der Staat der alten Italiker 1913, S. 93ff.; Torp, Beitr. I, 49f.). Die voraufgehend angeführten Bestimmungen sind gefunden vermittels der Einkreisungsmethode der k o m b i n a t o r i -

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s e h e n Schule. Sehr häufig sind dabei die Schlüsse mitbestimmt durch die Analogien, die Inschriften anderer Sprachen verwandten Inhalts für die zu erwartenden Bedeutungen nahelegen. In diesen Fällen muß man sich bewußt halten, daß die etruskischen Wortdeutungen eben nur eine Möglichkeit und bestenfalls eine Wahrscheinlichkeit darstellen, dies letztere nämlich dann, wenn sich die grammatisch-syntaktische Funktion für ein Wort klar ergibt und man es beispielsweise wie „fleres" als das (zu weihende) Objekt bestimmen kann. Hier erhellt ohne weiteres, wie leicht verschiebbar die Grenze des Sicheren und Hypothetischen wird, sobald man sich auf nicht völlig feststehende syntaktische Argumente beruft und einem Wort bestimmter Endung die Funktion eines Casus, eines Verbums usw. beilegt, weil die gleiche Endung in dieser Funktion sonst bezeugt ist. Ein Beispiel dafür sind die oben genannten Bildungen auf -ne. Es erklären sich daher die abweichenden Bedeutungsbestimmungen für eine große Anzahl etruskischer Worte aus den Voraussetzungen des einzelnen Forschers, und je nachdem er die grammatische Relation des betreffenden Wortes bzw. Funktion und Sinn der Nachbarworte beurteilt. Die Gefahr dieser kombinatorischen Erschließung liegt darin, daß Deutungen, die an sich arbeitshypothetisch fruchtbar sind, als sichere Ergebnisse eingesetzt und analogisch verallgemeinert werden. Zur Veranschaulichung seien einige Fälle genannt: das Wort e t n a n der Agr. Lwdr. wird von Krall, Torp, Beitr. I, 82 und Cortsen B. T. 128 als „Opfergabe" wegen des nachfolgenden „vinum" übersetzt, dagegen von Torp späterhinwegen seines anscheinend indeklinabeln Charakters als „deinde, post" KZ 41 (1907), 185ff., von Vetter aus gleichem Grunde mit „item" Glotta 13 [1921], S. 140. Trombetti kommt infolge seiner etymologischen Methode zu einer Verknüpfung mit ital. etero-, und zur Bedeutung „ferner" 1. c. 209ff. und Goldmann sogar zu etn-am „Idustag", Beitr. S. 61. n a c n ( v ) a (naenvaiasi) F a I, 436 a u. 336b wird als Appellativbildung auf -va angesehen von Pauli Etr. Stu. I I I , 123 und als „Gruft" gedeutet, ebenso von Cortsen in seinem Vocabularium; in den B. T. 82 aber bestimmt Cortsen naenva als Adjektiv „geliebt" und kommt zu der Konsequenz, daß dann vielleicht in naeva „Grab" ( I I 2292) ein ganz anderer Wortstamm vorliege (Glotta 18,172,1). Geschichte der idg. Sprachwissenschaft

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Eva Fiesel,

Etruskisch.

Trombetti trennt denn auch in der Tat die Worte und findet für beide etymologische Anknüpfungen im Indogermanischen (vgl. 1. c. 223). Wie k o m b i n a t o r i s c h e und e t y m o l o g i s c h e Methode bei ungesicherten Wortdeutungen ineinandergreifen, möge noch ein charakteristischer Fall veranschaulichen. Es handelt sich um den Anfang der bekannten Schaleninschrift ausNarce: ipasikam (Mon. Ant. IV., 327, 332ff., CIE 8412, vgl. Vetter, Kretschmerfestschr. 279ff.). Vetter deutet mit Torp „ipa" als Relativ- und Fragepronomen, ,,ikam" als Personalpronomen und verknüpft es mit idg. ego. So kommt er zu der Übersetzung ,, ,cuius ego' fragt die Schale" Glotta 13,144, 2, während Cortsen mit BuggeB.T. 73 „Weihung (ikam) der Schale (ipas)" übersetzt. Beide berufen sich für ikam auf ihre Deutungen von etnam. Die Gefahren der etymologischen Methode sind also hinsichtlich der Textinterpretation zum Teil die gleichen, wie die der kombinatorischen. Wer wie Bugge etr. husr-n- zu lat. haurio stellt (BB XI [1886] 14), erhält in dem hermu huzr-natre derLwdr. einen „Hermes *haustrinator" (Herbig, Lwdr. 26), wer in vinum der Lwdr. das lat. Wort für Wein erblickt (Lattes, Torp), gelangt hinsichtlich der benachbarten Worte zu völlig anderen Resultaten, als derjenige, der diese Gleichung bestreitet, vgl. hierzu Herbig, Lwdr. 26 und 39. Wenn man mit Kretschmer lat. amare für ein Lehnwort aus dem Etruskischen ansieht (Glotta XIII, 114), kommt man konsequent von einem etr. Stamm am- aus zum Anschluß an etr. amce (Vetter, Kretschmerfestschr. S. 286, 1). Die wesentlichsten Ergebnisse der e t y m o l o g i s c h e n Methode, die in dem letzten Jahrzehnt erneut in den Vordergrund getreten ist, liegen auf dem Gebiet der italo-etruskischen Wortverbindungen. Neben den schon erwähnten Deutungen von 9?ersu und parla seien noch hervorgehoben suplu: subulo, vgl. Danielsson ad CIE 5097 und macstr(na), macstrev(c), das Cortsen B. T. 131 f. ansprechend zu lat. magister stellt. Vor allem aber gehören hierher etruskische Götternamen italischen Ursprungs: usil: sabin. *ausel, lat. aurora. Kretschmer Glotta 13,111; 14, 310. Etr. tecvm hat Pauli als Decuma einleuchtend erklärt. Fiesel, Forsch. 30. Italo-Etruskisches vgl. auch bei Herbig, SatreSaturnus, Philologus 74 N. F. (1917), 446ff. Pasquali, Acheruuns,

Die Forschung seit 1910: Wortforschung.

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Acheruntis Stu. E t r . I, 291 ff. Herbig-Schnetz, E t r . Raubvogelnamen in Orts- und Flußnamen Z O N F 2 (1926), 13ff. Zum Namen E t r u s c u s einleuchtend Skok, Atti 181 ff. Anderes bleibt vollkommen hypothetisch, so Herbigs und K r e t s c h m e r s Anknüpfung von Libitina, L u b e n t i n a an etr. lupuce „ s t e r b e n " , I . F . 37, 180, 1 ; G l o t t a 14, 307, 1, oder Cortsens Herleitung des etr. cepen vom sabin. cupencus B . T . 128, vgl. Danielsson, Glotta 1 6 , 9 9 , 2 . D a ß sich gerade die italo-etruskischen Gleichungen mit zunehmender Aufhellung der Sprachgeschichte mehren und sichern lassen, ist zu erwarten. Etruskische Elemente und Wortstämme im lateinischen Lexikon festzustellen hat Herbig versucht an Hand der Bildungen auf -na, -str-na (Etr. Latein, I. F. 37, 1. c.); vgl. auch Ernout, Les éléments étrusques du vocabulaire latin (Atti 227f.); Nehring Glotta 17, 1928, S. 117ff. (Parerga z. lat. Wortforschung) und Atti 222f. (Lexikal. Beziehungen zw. dem Etr. u. Griech.).

Die italo-etruskischen Wortverknüpfungen sind scharf zu scheiden von denen, die eine indogermanisch-etruskische Verwandtschaft beweisen sollen. U n t e r ihnen finden sich viele, die völlig unzureichend und auf bloße Gleichklangsetymologien gegründet sind; und wenn heute niemand mehr etr. pecse, wie Cortsen, mit griech. E7cv]£e(v) verbindet, so deshalb, weil für pecse die Bedeutung Pegasus durch die Bilddarstellung evident geworden ist. I m Prinzip aber unterscheiden sich Etymologien wie etr. nac, na# zu idg. „ N a c h t " nicht von dieser Gleichsetzung ( E . Goldmann, Beiträge zur Lehre vom idg. Charakter der etr. Sprache, 1929, passim), ebensowenig T r o m b e t t i s Deutung von etr. &aca und Verw. der Lwdr. mit nord. 9-ak, lat. tego, griech. TÉ-p) (1. c. § 186). Die Annahme einer kleinasiatischen H e i m a t der E t r u s k e r und einer Verwandtschaft des Etruskischen mit den vorgriechischen Sprachen h a t eine große Zahl von etymologischen Gleichungen hervorgerufen. K a u m eine ist gesichert. I c h nenne diejenigen, welche dadurch einleuchtend erscheinen, daß sich die Bedeutungen der etruskischen mit den verglichenen griechisch-vorgriechischen Worten in Einklang bringen lassen, turan : vjpxvvoç, latva (Aï]£a) : lyk. lada (Kretschmer, zuletzt Glotta X I V , 3 0 7 f . ) , netévis : VY]?>IJÇ, T À vïjXuia (Hammarström, Griech.-etr. Wortgleichungen), 4*

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E v a F i e s e l , Efcruskisch.

Glotta XI, 212f), t r u t n v t : •zp'jxdvr,, lat. trutina netsvis trutnvt „examinateur d'entrailles". Benveniste Atti 218: pur&, e-pr&ni: itpuTavi? (Hammarström 214f.), p u i a : oxtnw (212). f a l a :