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German Pages 116 [132] Year 1911
Die Endter Eine Nürnberger Buchhändlerfamilie (1590-1740)
Monographische Studie von
FRIEDRICH OLDENBOURG
Mit 8 Porträtbildern
München und Berlin Druck und Verlag von R. Oldenbou 1911
Meinen lieben Eltern!
Inhalt. Seite
Literatur
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Einleitung
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I. B i o g r a p h i s c h e r T e i l 1. 2. 3. 4. 5.
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Georg Endter der Ältere Georg der Jüngere und seine Linie Wolf gang der Ältere Die Söhne und Enkel Wolfgangs Die Zersplitterung der Familie und ihre Folgen
II. D i e
Endterschen
Geschäftszweige
1. Die Endter als Drucker 2. Die Endter als Buchbinder, Papierfabrikanten händler 3. Die Endter als Verleger a) b) c) d)
11 14 21 23 28 30 30 und Papier35 38
Bedeutung und Verlagsinhalt Nachdruck Zensur Die Endter und das Zeitungswesen
38 52 58 62
4. Sortiment und andere Geschäfte der Endter
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III. D i e E n d t e r u n d d e r B u c h h a n d e l d e s 17. J a h r h . . . .
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Anlage
I.
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Anlage
II.
Stammbaum A.
Die Linie Georgs d. J
Stammbaum B.
Die Linie Wolfgangs
A n l a g e III.
Brief der Endter an den Kaiser
A n l a g e IV.
Nochmaliger Bericht der Endter an den Kaiser
Anlage
Zeitungsprivileg
V.
A n l a g e VI.
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Die Endter in den Meßkatalogen
Vertrag Balthasar Joachims mit Johann Daniel
96 99 . .
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. .
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Literatur. Allgemeine deutsche Biographie. Leipzig 1887. Archiv für die Geschichte des Buchhandels Band I—XX. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1886. B ü c h e r , Die Entstehung der Volkswirtschaft. Tübingen 1908. E r n e s t i , Die wohleingerichtete Buchdruckerei Nürnberg 1721 u. 1733. G e ß n e r , Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst. 4 Bde. Leipzig 1740, 1741, 1745. G o l d f r i e d r i c h , Geschichte des deutschen Buchhandels II vom Westfälischen Frieden bis zum Beginn der klassischen Literaturperiode (1648 bis 1740). Leipzig 1908. H a m p e , Zur Zeitungsausstellung im Germanischen Museum. Fränkischer Kurier 1896. K a p p , Geschichte des deutschen Buchhandels I bis in das 17. Jahrh. Leipzig 1886. K i r c h h o f f , Beiträge zur Geschichte des deutschen Buchhandels 11. Versuch einer Geschichte des deutschen Buchhandels im 17. und 18. Jahrh. Kirchhoff, Kollektaneen zur Geschichte des Buchhandels. (Handschriftlich.) K i r c h h o f f , Regesten des Leipziger Buchhandels aus den Akten des Leipziger Stadtarchivs. (Handschriftlich.) K i r c h h o f f , Zur Geschichte des deutschen Buchhandels im 17. Jahrh. Organ des deutschen Buchhandels. Jahrg. XVI. 1849. Korrespondent von und für Deutschland. Nürnberg 1868. M a r a b i n i , Die Papiermühlen der weiland freien Reichsstadt Nürnberg. Nürnberg 1894. Die illustre Negotianten oder u. s. f. Von einem Mitglied des Pegnes. Blumenordens. Frankfurt und Leipzig 1735. Neuer Nekrolog der Deutschen. Weimar 1858. N e u m a n n , Beschreibung der bekanntesten Kupfermünzen. Prag 1858 bis 1872. Norischer Christen Freydhöfe Gedächtnis. Nürnberg 1682. Numismatische Zeitung. Weißensee 1847.
Nürnbergischen Johannisfriedhofs erneutes Gedächtnis. Frankfurt und Leipzig 1735. O s t e r h a u s e n , Widerlegung der Darstellung des Kunst- und Buchhandels zu Nürnberg in Nemnich's Reise. Nürnberg 1811. P r u t z , Geschichte des deutschen Journalismus. Hannover 1845. R o t h , Geschichte des Nürnberger Handels. Leipzig 1800—1802. R o t h , Verzeichnis aller Genannten des größern Raths. Nürnberg 1802. S a l o r a o n , Geschichte des deutschen Zeitungswesens. Oldenburg und Leipzig 1900, 1902, 1906. S c h u l z , Adreßbücher des deutschen Buchhandels. S c h u l z , Nürnberger Bürgerhäuser und ihre Ausstattung. Wien und Leipzig. S c h w e t s c h k e , Codex nundinarius Germ. lit. bisecularis. (Meßkatalog.) Halle 1850 u. 1877. W i l l , Nürnbergisches Gelehrtenlexikon. Archivalien des Archives und der Bibliothek des Börsenvereins deutscher Buchhändler einschl. der Abschriften aus dem Frankfurter Stadtarchiv, des Germanischen Museums zu Nürnberg, des Stadtarchives zu Nürnberg, des Kreisarchives zu Nürnberg, des Kaiserlichen Hof- und Staatsarchives zu Wien (Aktenfaszikel »Endter« der Impressoriaakten).
Einleitung. »Monographische Studie.« Mit diesem Untertitel soll gesagt sein, daß es mir nicht möglich war, eine erschöpfende Monographie zu geben. Wie sich nämlich im folgenden zeigen wird, sind die Geschäftsgebiete der Endter so ausgedehnt, daß es jahrelanger archivalischer Studien bedürfte, um nur einigermaßen das erreichbare Material zu sammeln. Diese archivalischen Studien müßten sich noch weit über Deutschland hinaus erstrecken. Besonders die österreichischen Erblande, welche von den Endtern häufig im Handel besucht wurden, müßten durchforscht werden, um das Bild des Endterschen Handels zu vervollständigen. Dazu kämen noch weitere Fragen, die nicht unberücksichtigt bleiben dürften, wenn man eine erschöpfende Monographie schaffen wollte: z . B . die Beziehung der Endter zu den thüringischen Bergwerken, zum ausländischen Buchhandel u. a. m. Da nun nachfolgende Arbeit als Dissertation angefertigt wurde, so wäre ich auf zu breite Basis gekommen. Vor allem aber wäre es notwendig gewesen, lange Zeit auf archivalische Materialsammlung außerhalb der deutschen Universitätsstädte zu verwenden, was sich mit meinen sonstigen Studien schwer hätte vereinbaren lassen. So kam es, daß ich bei meiner Materialsammlung in der Weise verfuhr, daß ich neben dem literarischen Material mich beim archivalischen im ganzen an das hielt, was die Archive von Nürnberg, Leipzig. Frankfurt und Wien boten. Allein auch hier mußte ich einiges zurückstellen, nämlich die Prozeßprotokolle Frankf u r t s , die wegen ihrer schlechten Register nach Angaben des
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Direktors Jung vom Frankfurter Stadtarchiv schwer zu bearbeiten sind und bei dem großen Zeitraum, den meine Arbeit umspannt — es sind 150 Jahre —, nur unter großem Zeitaufwande zu exzerpieren wären. Aus diesen Umständen entsprang eine Schwierigkeit der Einteilung meiner Arbeit. Dem unvollständigen Material zu einer Monographie steht nämlich die Fülle der den Nürnberger Archiven entstammenden biographischen Notizen gegenüber. Ich suchte dieses Mißverhältnis in der Weise auszugleichen, daß ich dem biographischen Teile nur so weit Raum schenkte, als es die zum Verständnis des übrigen und für eine gewisse Geschlossenheit des Bildes notwendigen Angaben erfordern; alle weiteren Angaben, etwa die vollständige Wiedergabe des Stammbaumes und ähnliches, vermied ich, um dem im Vordergrunde stehenden Interesse ökonomischer und handelsgeschichtlicher Natur gerecht zu werden. Zu besonderem Danke bin ich verpflichtet den Vorständen der von mir benutzten Institute, außerdem möchte ich Herrn Geheimrat v. H A S E in Leipzig und dem Numismatiker Herrn G E B E R T in Nürnberg für die Förderung meiner Arbeit danken. In erster Linie aber muß sich meine Dankbarkeit meinem hochverehrten Lehrer Herrn Geheimrat Prof. Dr. ST I E D A zuwenden, von welchem die Anregung zu meiner Arbeit ausging. Wenn es mir auch nicht möglich war, die leider noch immer spärliche Anzahl von Monographien deutscher Buchhändler durch eine erschöpfende Darstellung der Endterschen Geschäfte zu vermehren, so glaube ich dennoch, mit meiner Studie einen kleinen, nicht uninteressanten Beitrag in dieser Richtung gegeben zu haben, von dem ich hoffe, daß er auf die Ausgestaltung der deutschen Buchhandelsgeschichte nicht ohne Anregung sein wird. M ü n c h e n , November 1911.
Der Verfasser.
I. Biographischer Teil. 1. Georg Endter der Ältere. Nachdem zu Anfang des 16. Jahrhunderts die Koberger in Nürnberg die große Welle der theologischen Literatur der Reformationszeit sich zunutze zu machen versäumt hatten, hatte Nürnberg buchhändlerisch an Bedeutung gewaltig verloren 1 ). Andere Städte liefen ihm den Rang ab, Wittenberg entwickelte den Bibeldruck, Leipzig sorgte für die Befriedigung des starken Bedarfes an protestantischer Erbauungsliteratur 2 ). Allein der Ruhm eines beachtenswerten Buchhandelsplatzes sollte Nürnberg im 17. Jahrhundert zurückerobert werden, und dies von der Familie der Endter. Der Buchhandel dieser Familie entwickelte sich aus kleinen Anfängen. Georg Endter der Ältere, geboren 1562s), war seines Zeichens eigentlich Buchbinder, und erst 1590, also mit 28 Jahren, begründete er sein Verlagsgeschäft 4 ). Es war in der damaligen Zeit bei den Buchbindern fast allgemein der Brauch, wenigstens im kleinen Maße Buchhandel zu i) Kapp, S. 140 u. 143. ») Arch I., S. 82. ') Unsere Angaben Uber Jahreszahlen sind meist dem Stammbaume der Endter im Stadtarchiv zu Nürnberg entnommen und nur an zweifelhaften Stellen mit den Taufbüchern von St. Sebaldus verglichen. *) An verschiedenen Stellen findet sich als Griindungsjahr 1604, so im Manuskripte »Über die Buchhändlermesse« in der Nürnberger Stadtbibliothek und auf der Firmentafel der Steinschen Buchhandlung (dem letzten Ausläufer der Firma). Doch beweisen schon die Daten aus Ratsverlässen, daß 1590 die richtige Zahl ist, die sich auch in der Widerlegung der Darstellung usw. S. 22 findet. Auch Roth III, S. 35, setzt seiner Aufzählung der nürnbergischen Buchhändler neben Georg Endter die Zahl 1590.
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treiben, um ihrem Geschäfte einen stabileren Charakter zu verleihen 1 ). War doch der Buchbinder in seiner ursprünglichen Bedeutung reiner Kundenarbeiter, der auf gegebene Bestellung seine Einbände herstellte. War nun gerade kein großer Bedarf für seine Arbeit vorhanden, so mußte er in ein anderes Gebiet übergreifen, das ihm über die schlechten Zeiten hinweghalf. Es scheint nur natürlich, daß er in schlechten Zeiten zum Papierhandel und ähnlichem, vor allem aber zum Handel mit vielbegehrten kleineren Artikeln des Buchgewerbes, hingetrieben wurde. Derartige Artikel waren Kalender, Katechismen, Gesang-, Bet- und Andachtsbücher, aber auch medizinische und unterhaltende Volksbücher 8 ). Zu einer Angliederung eines kleinen Verlages derartiger Artikel war nur mehr ein kleiner Schritt. Besonders was die Kalender anlangte, die mit ihren notwendigen Angaben keine riskanten Artikel darstellten, »war doch kein Bauer so arm, der nicht jedes Jahr seinen Kalender kaufte« 8 ). Auf diese Weise mag auch Georg Endter zu seinem Verlage gekommen sein. Wenigstens erzählen die Ratsprotokolle von Nürnberg 1593, daß bei Jörg Endter 200 Kalender als Nachdrucke konfisziert worden seien. 1595 berichtet die gleiche Quelle: Jörg Endter 4 ), Buchbinder, habe ein »Christlich Handtbüchlein«, also auch einen derartigen Artikel, wie wir sie oben beschrieben, in Amberg drucken lassen. Dieses Umgehen des örtlichen Druckereigewerbes brachte ihm Gefängnis ein und die Verpflichtung, das Buch theologischer Zensur zur Prüfung vorzulegen. Dieser Eintrag ist aber in doppelter Hinsicht bemerkenswert. Einmal, daß Georg in Amberg drucken ließ, läßt stark vermuten, daß er selbst noch nicht über eine eigene Presse verfügte. Zweitens aber ist es charakteristisch, daß sich Jörg noch Buchbinder nannte, obwohl er zur höheren Stufe des Verlegers fortgeschritten war. Damals aber dachte man anders. Buchdrucker und Buchbinder waren zunftmäßige Gewerbe, ein reines Verlegertum kannte man noch nicht, und so führten nicht nur Georg Endter, sondern auch die ») Ooldfricdrlch II, S. 105.. ') Goldfriedrich a. a. O. ') Goldfriedrich II, S. 29. *) Der Name schwankt das ganze 17. Jahrh., Endter, Gndtner, Enter, Entner, Endner, sogar Inter sind Spielarten, die sich in fast allen Quellen verfolgen lassen.
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meisten seiner Nachkommen den Titel Buchbinder weiter, auch wenn sie niemals das Binden erlernt hatten 1 ). Aus seinen kleinen Anfängen entwickelte sich das Geschäft in den folgenden Jahren rüstig weiter und 1604 schon finden wir den Namen Georg des Älteren in den Meßkatalogen2). War somit der Anfang zu größeren Unternehmungen gemacht, so bekam nach nicht allzu langer Zeit das Geschäft einen Kräftezuwachs in den beiden Söhnen Georgs. Der ältere dieser Söhne war Georg der Jüngere; der zweite, bedeutendere, Wolfgang. Letzterer ist 1593 geboren, während für Georg das genaue Geburtsdatum nicht zu ermitteln ist. Jedenfalls kann er, da Georg der Ältere 1562 geboren ist, nicht allzuviel älter gewesen sein als sein Bruder 8 ). Diese beiden Söhne waren nicht nur, wie schon bemerkt, in ihrer Begabung verschieden, auch ihre Ausbildung war eine verschiedene. Georg der Jüngere, der die Buchbinderei erlernt hatte, war, was den Verlag anlangte, natürlich nicht von der Bedeutung für das Geschäft seines Vaters wie Wolfgang, der den Buchhandel und die Buchdruckerei erlernt hatte. So kommt es, daß wir Georg den Jüngeren im Zusammenhange mit dem väterlichen Geschäft nicht weiter genannt finden. Anders bei Wolfgang. Dieser übernimmt schon 1612, mit 19 Jahren, Teile des väterlichen Geschäftes, um 1630 beim Tode seines Vaters auch noch die weiteren zu erben4). *) Roth, Handelsgeschichte v. N. III, S. 65, spricht bei den Druckern von einer Kunstgenossenschaft, außerdem Goldfriedrich II, S. 95 und II, S. 119. — Laut Ratsverlässen nennt sich 1669 noch Johann Andreas Buchbinder. ') Der Codex nundinarius nennt Johann Endter statt Georg, was aber nach dem Meßkatalog selbst falsch ist. ') Am wahrscheinlichsten scheint mir als Geburtsjahr 1592. Ich konnte Georg den Jttngeren im Taufbuche nicht auffinden und schließe die Zahl aus den Daten des Endterschen Stammbaumes der allerdings, aus dem Ende des 18. Jahrh. stammend, gerade hier die Zahlenangaben in der unmöglichsten Weise durcheinander wirft. *) Roth, Handelsgeschichte III, 37 (Arch. X I I , 309), will das ganze Geschäft 1612 schon Wolfgang übernehmen lassen. Geßner II, S. 97, dagegen spricht davon, daß Wolfgang 1630 seines Vaters Geschäft erbte. Er scheint die richtige Nachricht zu haben. Die Nennung des G. d. Ä. in den Meßkatalogen von 1621 spricht an sich nicht gegen Roth, da die alte Firmenbezeichnung oft noch jahrelang beibehalten wird. (So bei den meisten Nachkommen Georgs.) S. Anl. II. Es scheint bei Wolfgangs Geschäftsttbernahme ebenso gewesen zu sein wie bei der seiner Söhne. Wolfgang nämlich verhalf seinen Söhnen
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Obwohl Georg der Ältere seinem Sohne Wolfgang einen großen Teil der Geschäfte 1612 überließ, so behielt er dennoch die Leitung. 1621 nennt ihn noch der Meßkatalog und 1624 erwirkte er einen Geleitsbrief für sich und seine Nachkommen von Kaiser Ferdinand II. 1 ). Wenn auch erst sein Sohn Wolfgang das Geschäft weit in die Lande berühmt machte, so scheint Georg der Ältere außer dem Verdienste der Gründung doch auch das zu haben, daß er seine gedeihliche Weiterentwicklung anbahnte. Auch verrät sein Porträt 2 ), daß er es zu ziemlichem Wohlstande gebracht haben muß, wozu freilich auch der Umstand beigetragen haben mag, daß seine Gattin aus vermögendem Hause stammte 3 ). Er wurde wie die meisten seiner Nachkommen auf dem Johannisfriedhofe bestattet 1 ). 2. Georg der Jüngere und seine Linie. Wir erwähnten schon, daß Georg der Jüngere von seinem Vater zum Buchbinder bestimmt war. Er machte seinen Lehrgang in Frankfurt und Leipzig durch 5 ). Es ist nicht ausgeschlossen, daß ein Innungsmeister Melchior Wagner Georgs Meister in Leipzig war; wenigstens bürgt derselbe 1607 für ihn, auch hatte Wagner Geschäftsbeziehungen nach Nürnberg. Die Bürgschaft mußte für Georg in einem Prozeß geleistet werden, der diesen Endter in wenig günstigem Licht erscheinen läßt. Er war auf rätselhafte Weise noch bei seinen Lebzeiten dazu, selbständig einem Geschäfte vorzustehen. Auch das rasche Hinaufschnellen der Verlagstätigkeit Wolfgangs (s. Anl. II) spricht ftir Oeßners Angaben. Kreisarchiv. ') Sammlung Roth-Scholz. ') Sattler, der Schwiegervater Georgs, schenkte Wolfgang einen prächtigen, goldenen Patentaler (Sammlung Imhoff). *) Erneutes Gedächtnis des Nürnberger Johannisfriedhofes. — Norischer Freydhöfe Gedächtnis. Die Gräber sind zum Teile noch erhalten, und findet sich unter den Grabsteinen noch mancher mit schöner Rotschmiedekunst verziert. s ) Kirchhoff verwechselt in seinem Aufsatze, Arch. XII, 306 u. ff., Georg den Älteren und den Jüngeren. Wenn in den früheren Jahren die beiden auch noch nicht durch Beinamen unterschieden wurden, so ist es doch ausgeschlossen, daß der Buchbindergeselle Georg Endter, der 1607 vorkommt, Georg der Ältere ist; hatte dieser doch schon 1590 seinen Verlag in Nürnberg gegründet. Die folgenden Leipziger Notizen sind dem Aufsatze Kirchhoffs entnommen.
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in den Besitz jüdischer Pergamente gekommen, die bei dem Fettmilchschen Aufstande wohl dem rechtmäßigen Besitzer entwendet worden waren. Man konnte zwar Georg Endter kein offenbares Unrecht nachweisen, da er unter Angabe des Kaufpreises behauptete, rechtmäßig in den Besitz der Pergamente gekommen zu sein, allein ganz war man von seiner Unschuld nicht überzeugt, wenigstens gab man ihm die Pergamente nicht zurück. Georg Endter läßt sich auch in den späteren Jahren noch verschiedene Male in Leipzig nachweisen, auch als Buchhändler, wie in anderem Zusammenhange später noch gezeigt werden wird. Im übrigen aber sind die Nachrichten über ihn spärlich gesät. Interessant ist nur noch der Eintrag, der in das Totenbuch des Rates 1629 bei seinem Ableben gemacht wurde. Er wurde nämlich als »Deckenmacher« eingetragen 1 ). Da es fraglos ist, daß es sich um Georg den Jüngeren handelt, da auch andere Quellen2) 1629 als sein Todesjahr angeben, so muß dieses »Deckenmacher« soviel wie Buchdeckenmacher bedeuten und dies deshalb, weil die Herstellung von Stoffdecken in den Handwerkerordnungen und Bürgerbüchern Nürnbergs immer mit Deckweberei bezeichnet wird. Georg des Jüngeren Spezialität scheint also die Herstellung von Einbänden gewesen zu sein, worauf ja auch oben erwähnter Pergamenthandel hinweist. Schon über Georg den Jüngeren sind die Nachrichten sehr spärlich, nicht viel auch läßt sich von seinen Söhnen Michael (1613 bis 1682) und Johann Friedrich (fraglich) sagen3). Roth 4 ) erzählt in seiner Handelsgeschichte Nürnbergs nur, daß beide ein Geschäft zusammen hatten, daß aber die Druckerei nur von Michael geführt wurde. Beide übernahmen das Geschäft von ihrer Mutter Kunigunde, die es nach dem Tode Georgs des Jüngeren weitergeführt hatte, mit nicht geringen Schwierigkeiten wegen der vielen katholischen Verlagsartikel, die in dem protestantischen Nürnberg mit der ganzen Unduldsamkeit der damaligen Zeit verfolgt wurden 6 ). Michael und Johann Friedrich kommen in den Meßkatalogen erst 1661 vor, doch dann mit immerhin nennenswerter Anzahl verschiedener Bücher, in genanntem Jahre mit 19 Artikeln. In x
) ) 3 ) ') ') J
Es sei bemerkt, daß es auch besondere Klausurenmacher gab. Stammbaum und Ratsverlässe. Das Todesjahr ist 1682 bei Johann Friedrich. III, 65. Ratsverlässe 1630—1635.
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der Zeit vorher müssen wir wohl eine Periode des Aufschwungs erblicken, wofür die Stellung Michaels und Johann Friedrichs im Streit um die Büchertaxe in Frankfurt in den Jahren 1668 und ihre Bedeutung hierbei ein Beweis sind. Auch war Michael Endter von 1646, Johann Friedrich von 1654 an Genannter des größeren Rats 1 ). Doch schon in den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts zeigen sich Anzeichen, die man als solche einer Abwärtsbewegung auffassen muß. Jährlich liefern die Brüder die Kalender an den R a t von Nürnberg und immer deutlicher zeigen sie sich als Vertreter des Typus der angestellten Druckerverleger oder Kanzleidrucker, deren Ziele nicht gerade sehr hoch gesteckt waren 2 ). Wenn auch mit dieser Stellung ein gewisses, in der Art begründetes Auskommen garantiert war 3 ), so verlor doch der Verlag an Bedeutung insofern, daß dieselbe immer mehr lokaler N a t u r wurde. Als äußeres Zeichen mag die immer geringer werdende Anzahl von angezeigten Artikeln in den Meßkatalogen gelten 4 ). Von den drei überlebenden Söhnen Michaels wandten sich zwei dem Buchhandel zu, Balthasar Joachim (1649—1719) und Martin (1653—1741). Johann Michael dagegen promovierte zum Dr. jur. und wurde Advokat in seiner Vaterstadt. Balthasar Joachim genoß eine gute Ausbildung: mit neun Jahren kam er auf das Gymnasium Egydianum. Nach Absolvierung dieser Zeit lernte er in den Jahren 1666 bis 1668 den Buchhandel und machte dann Reisen, die ihn bis nach Genf und Paris führten. 1672 tritt er in das Geschäft seines Vaters ein, dessen Leitung er nach dem Tode Michaels übernahm 5 ). Trotz der breiten Grundlage dieser seiner Bildung trieb unter seiner Leitung das Geschäft im gleichen Fahrwasser weiter. Zuerst scheint er mit seinem Bruder und vielleicht auch mit seinem Vetter zusammen gearbeitet zu haben 6 ). !) S. Abschnitt III und Roth, Verzeichnis d. Q. ») Goldfriedrich II, S. 100. *) Die Privilegien für die Kanzleidrucker schlössen die Konkurrenz aus. Goldfriedrich II, S. 107. ) S. 11, Anm. 4
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entschieden höhere Leistungsfähigkeit verlangte als der Druck der ursprünglichen Artikel Katechismen, Kalender und ähnliches. Daher errichtete Wolfgang 1618 eine neue Druckerei, Georg der Jüngere aber kaufte 1623 eine solche in Amberg und gründete in Fürth eine weitere. 1628 versuchte Georg vergeblich, letztere nach Nürnberg zu bringen, wie überhaupt die Konkurrenten jede Geschäftsausdehnung mit Hilfe des Rates zu verhindern suchten, was ihnen allerdings 1618 bei Wolfgang nicht gelungen war, da der Rat die Partei seines verdienstvollen Bürgers nahm 1 ). Die weitere Entwicklung der »technischen Betriebe« der Endter läßt sich nicht immer genau verfolgen, da der Zeitpunkt des Neuerwerbs oder des Verkaufs sich nicht in allen Fällen feststellen läßt. So kann man von Wolfgang nur noch sagen, daß er schließlich drei Druckereien besaß. Von den Druckereien Georgs lassen sich ebenfalls die Geschicke nicht näher bestimmen, doch ist aus den Ratsverlässen zu ersehen, daß 1630, also ein Jahr nach dem Tode Georgs, Kunigunde, seine Witwe, nicht mehr im Besitz jener Fürther Druckerei war, deren Verpflanzung nach Nürnberg durch die Herren des Rats dadurch verhindert worden war, daß sie mit der Erlaubnis der Übersiedlung die Verpflichtung verbanden, Georg solle keine katholischen Bücher mehr drucken. Als die Söhne Georgs des Jüngeren das Geschäft ihres Vaters übernahmen, leitete Michael die Druckerei, der laut Ratsprotokollen von 1661 auch Schriftgießerei und Formschneiderei angegliedert waren. Wir sahen oben schon, daß die Linie Georgs des Jüngeren sich immer mehr dem angestellten Druckerverlegertum zuwandte, wodurch dem Geschäfte der frische Wind der Konkurrenz entzogen wurde und die bequeme und sichere Tätigkeit um so erschlaffender wirkte, als auch die Energielosigkeit Balthasar Joachims sich dazu gesellte. Am meisten zeigte sich der so hervorgehobene Schaden in der geringen Sorgfalt des Druckes, was dann auch den Rat, wie wir später zeigen werden, veranlaßte, verschiedentlich gegen diesen Mißstand anzukämpfen. Die Anfänge des Kanzleidruckertums bei den Söhnen Georgs des Jüngeren reichen weit zurück; schon in den vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts beginnen sie fast regelmäßig, die Wappenkalender an den Rat zu liefern 1 ). Die Ratsprotokolle von 1675 berichten *) Ratsv. 1618, 1623, 1628. *) Die Übergabe der Kalender wird jeweils in den Ratsverl, verzeichnet
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aber das erstemal von einer Beschwerde Michaels, daß der R a t gegen sein Versprechen einen Erlaß bei einem andern habe drucken lassen 1 ). Bei der Übernahme der Druckerei nach dem Tode Michaels und Johann Friedrichs durch Balthasar Joachim fand dieser die übrigen Erben, also seinen Vetter und seinen Bruder, für die Druckerei mit 1500 Gulden ab, ein nicht gerade sehr hoher Preis, der die geringe Größe des Betriebes erkennen läßt. E r verstand es aber in keiner Weise, den Bedürfnissen entsprechend Neuerungen zu machen. 1703 rügt der R a t den kleinen Druck der Zeitungen, 1707 muß er sogar einen Auftrag anderweitig vergeben, um Balthasar Joachim wenigstens zum Versprechen zu bringen, sich bessere Schriften anzuschaffen. Doch vergebens. Nachdem der Rat 1714 sich noch einmal begnügt hatte, die schlechte Ausführung der Wappenkalender zu rügen, reißt 1717 seine Geduld und er gibt dem lässigen Balthasar Joachim den ganzen Posten Kalender wieder zurück. Bezeichnend ist auch der Umstand, daß 1720 noch Schulden Balthasars zu zahlen sind, die dieser für den Druck seiner Zeitung bei einem anderen Drucker gemacht hatte, also nicht einmal für seine eigenen Unternehmungen nahm er eine Verbesserung und Vergrößerung der Druckerei vor 2 ). Als Johann Daniel 1717 so ziemlich zum selben Preise wie sein Vater die Druckerei übernahm 3 ) und dies dem Rat anzeigte mit der Bitte, daß auch fernerhin die amtlichen Drucksachen seiner Druckerei zur Herstellung übergeben werden möchten, war die Antwort vom Rate nicht eben freundlich: Johann Daniel solle für bessere Arbeit sorgen und seine alten Typen durch neue ersetzen, dann wolle man sehen, ob man in Zukunft sich an ihn mit Aufträgen wenden werde. 1719 dann sprach der R a t nochmals seine Unzufriedenheit aus, doch hatte Johann Daniel wohl schon Schritte getan, die nur in ihrer Wirkung durch die Schwierigkeiten des Erbschaftsstreites mit seinem Bruder etwas verlangsamt worden waren. In der Linie Wolfgangs des Älteren war die Entwicklung des Druckereiwesens eine ganz andere. Nicht nur die Ziele waren hier höher gesteckt durch den hohen Geschäftssinn Wolfgangs des Älteren, *) Das Repertorium der Akten des Losungsamtes im Nürnberger Kreisarchiv verzeichnet einen Akt, betr. den Druckerlohn des Kanzleidruckers Endter, leider aber befindet sich derselbe nicht unter den bisher geordneten Beständen des Archivs. ») Ratsv. 1703, 1707, 1714, 1716, 1720. *) Er zahlt 1225 fl., muß aber Teile des Gewinnes abtreten. (S. Anl.)
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sondern es war auch ein überaus glücklicher Gedanke Wolfgangs, noch bei Lebzeiten seinen erwachsenen Söhnen zur Selbständigkeit zu verhelfen und seine eigenen Geschäftsteile den jüngeren Söhnen als Erbe zu hinterlassen. Einer Stagnation des Geschäftsbetriebes war auf diese Weise wirksam vorgebeugt. Wolfgang der Jüngere und Johann Andreas sahen sich nämlich bei der Übernahme des Sortimentsgeschäftes 1650 veranlaßt, wie oben erwähnt, auch einen Verlag und eine Druckerei diesem Teile anzugliedern, weshalb sie das Dümlersche Geschäft erwarben. Wie wir ebenfalls schon bemerkten, übernahm Wolfgang Moritz bei der Teilung 1684 diese Druckerei, verkaufte sie jedoch 1699 an Adelbulner, da er seine ganze Kraft dem Buchhandel widmen wollte. Sein Vetter Georg Andreas aber führte die in seinen Besitz übergegangene Druckerei seines Großvaters mit sieben bis acht Pressen weiter. 1 ) Ernesti, sein Faktor, preist in seiner »Wohleingerichteten Buchdruckerey« die Leistungsfähigkeit und Güte dieser Druckerei. Es sei aber hier erwähnt, daß dieses Loblied nur mit Einschränkung Geltung haben kann. Einmal nämlich ist das Buch Ernestis sicher eine Reklameschrift, zweitens aber kann das gespendete Lob auch sonst höchstens ein relatives sein in Beziehung auf die elenden Erzeugnisse des Buchdrucks der damaligen Zeit; technisch nämlich hatte auch der Endtersche Betrieb keine Verbesserungen aufzuweisen, ist doch die von Ernesti abgebildete Presse die gleiche, die 1568 Aman abbildet 2 ). Es ist bedauerlich, daß man über den inneren Betrieb in den Druckereien nur sehr wenig sagen kann, da nur spärliche Nachrichten in dieser Richtung vorhanden sind. 1646 nämlich berichten die Ratsprotokolle, daß fünf Gesellen der Druckerei Wolfgang Endters die Arbeit niedergelegt hätten; der Rat suchte durch Sachverständigenurteile die Lösung dieser aufregenden Schwierigkeit anzubahnen. Schwierigkeiten mit dem Personal können wir dann noch den Ratsverlässen von 1651 entnehmen, in welchem Jahre der Rat Wolfgang Unannehmlichkeiten bereitet, weil derselbe einen katholischen Gesellen beschäftigte. Außerdem ist noch zu erwähnen, daß Will in seinem Gelehrtenlexikon einen Theologen und Philologen, Joh. Chr. Beer, als Korrektor in der Endterschen Druckerei nennt, ein Zeichen, daß man auf Korrektheit des Druckes hielt und keine Kosten scheute, zu einer solchen zu gelangen. *) Roth, Handelsgesch. III. *) Goldfriedrich, Bd. II, S. 21.
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2. Die Endter als Buchbinder, Papierfabrikanten und -händler. Obwohl Georg Endter der Ältere und einer seiner Söhne Buchbinder waren und auch die anderen Endter den Titel weiterführten, so läßt sich doch in dieser Richtung nichts berichten, was einen Einblick in ihre Tätigkeit als Buchbinder gewährte. Außer dem oben erwähnten Pergamenthandel Georgs des Jüngeren ist überhaupt nur noch ein Bericht von Belang 1 ). Es handelt sich bei diesem um die Vorlegung eines Prüfungsprotokolles eines Königsberger Buchbinders und Buchhändlers in Leipzig. Aus dem vorgelegten Zeugnis, das aus dem Jahre 1673 stammt, geht nämlich hervor, daß sein Inhaber bei den Endtern in Nürnberg Buchbinderei und auch den Buchhandel erlernt hatte, ein Beweis, daß also auch in späterer Zeit die Endter wirklich eine Buchbinderei besaßen, obwohl sie den Ratsprotokollen nach in den fünfziger Jahren des 17. Jahrhunderts nicht gerade gut mit ihren Zunftgenossen standen. Interessant wäre es, allein es ist nicht möglich, festzustellen, ob die prächtigen Einbände, welche zwei von den Endterschen Bibeln der Klemmschen Sammlung zieren, aus der Endterschen Werkstätte hervorgingen 2 ). Im Gegensatz zu der Spärlichkeit der Nachrichten über die Endter als Buchbinder sind wir über sie als Papierfabrikanten im ganzen gut unterrichtet. Schon früh muß Georg Endter der Ältere Inhaber der Papiermühle zu Wendelstein gewesen sein, die 1595 vielleicht sogar auf seine Veranlassung hin gegründet wurde 3 ). Da wir nämlich nachweisen können, daß dieselbe noch bei seinen Lebzeiten in den Besitz Wolfgangs übergegangen ist 4 ), anderseits aber Papier mit dem Wasserzeichen Georgs des Älteren nicht zu den Seltenheiten gehört, so muß doch wohl schon frühzeitig, wenn nicht schon von der Gründung an, Georg Besitzer von Wendelstein gewesen sein. Es sei erwähnt, daß Georg Endters Wasserzeichen auch an anderer Stelle wiederkehrt. So an der früheren Endterschen Behausung am »Wöhrderthürlein« in einer Inschrift 5 ), vielleicht bildete es auch sein Verlagszeichen. Wolfgang der Ältere *) Nr. 795 ») *) *)
Archiv XIX, 272. Bibliothek des Buchgewerbehauses, Katalog der Klemm-Sammlung II, und 798. Marabini I, S. 65. Ratsv. 1627. Marabini I, S. 69.
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betrieb das Papierwerk mit Eifer und gar bald wurde ihm der Betrieb zu klein 1 ). Allein der R a t durchkreuzte seinen 1632 gefaßten Plan einer Vergrößerung 2 ). Trotz solch kleiner Schikanen konnte aber Wolfgang auch hier nicht gehindert werden, seiner Unternehmungslust Genüge zu leisten. So scheint er 1642 wenigstens Unterhandlungen wegen des Ankaufs einer weiteren Mühle zu Ebach gepflogen zu haben 3 ). Läßt sich hier nicht feststellen, ob dieser Kauf zustande kam, so geht doch aus den Ratsverlässen von 1654 deutlich hervor, daß Wolfgang zu dieser Zeit Besitzer einer Mühle zu Hagenhausen war und mit dieser der Amberger Umgegend scharfe Konkurrenz machte. Wie lange diese Mühle im Besitze der Endter war, läßt sich nicht sagen. Anders bei der Mühle von Wendelstein. Diese wurde nämlich nebst den dazugehörigen Gütern 1679 zum Verkauf ausgeboten von den Erben Annemarias, ging aber schließlich in den Besitz von Wolfgang Moritz über, der darüber klagt, daß er von diesem Geschäftsteile so sehr in Anspruch Wasserzeichen von genommen werde 4 ). Erst 1740 wurde das Georg Endter. Wendelsteiner Papierwerk durch die Erben von Wolfgang Moritz verkauft 6 ). Auch Georg Andreas wollte aber seine eigene Papierfabrik haben, als er sich 1684 von seinem Vetter Wolfgang Moritz trennte. So erwarb er denn 1685 die Mühle zu Mühlhoff um 3 9 0 0 fl., die im 17. Jahrhundert aus einer Schleifmühle in ein Papierwerk verwandelt worden war 6 ). 1691 dann vergrößerte er dieses Werk durch angekaufte Teile einer Mühle zu Doos 7 ), obwohl er 1690 eine weitere Mühle gekauft hatte, die sog. Weidenmühle 8 ). Diese war schon 1540 gegründet und schon lange rege betrieben worden; 1690 hatte sie die Sebalderkirche von dem letzten Besitzer geerbt. Von ihr erwarb sie Georg Andreas 9 ). Als Georg Andreas starb, l)
») a) «) «) *) *) *) *)
Ratsv. 1631 u. 1632. Ratsv. 1632. Ratsv. 1642. Ratsv. 1679 u. 1680. Marabinl I, S. 70. Marabinl I, S. 74 und Ratsv. 1688. Ratsv. 1691. Marabinl I, S. 99. Marabini I, S. 82 u. S. 99.
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übernahm ein Verwandter von ihm, der Jurist Finkler, die Werke zu Mühlhoff, seine Witwe dagegen blieb im Besitze der Weidenmühle, die sie 1741 an eben jenen Verwandten vererbte 1 ). Die Schwierigkeiten, mit denen die Endter auch in diesem Geschäftszweige zu kämpfen hatten, waren keine geringen. 1654 bis 1656 versuchten die Amberger, die unbequeme Konkurrenz Wolfgangs des Älteren mit Hilfe des Rates von Nürnberg einzudämmen 2 ). Den Betrieb der Mühle zu Mühlhoff schädigte das Vorgehen der brandenburgischen Beamten 1688, die den Lumpenankauf verhinderten, so daß Georg Andreas den Rat seiner Vaterstadt um Hilfe anrufen mußte 3 ). Doch auch dieser bereitete manche Schwierigkeit. Wir erwähnten schon den Fall von 1632, wo er Wolfgang die Vergrößerung der Mühle zu Wendelstein verbot. 1696 traf er auch für Georg Andreas unangenehme Bestimmungen. Er verbot diesem den Ankauf von Lumpen in der Gegend von Wörth, obwohl er ihm 1688 Gerechtsame darauf gegeben hatte 4 ). Freilich war der Rat den Nürnberger Papierfabrikanten in diesen Jahren insofern entgegengekommen, als er ein Verbot auf Lumpenausfuhr erlassen hatte 5 ). Die Papiermühlen der Endter, die von besonderen Papierern in einer Art Pacht betrieben wurden 8 ), arbeiteten aber nicht nur für den Bedarf der Endterschen Druckereien, sondern weithin war das Papier berühmt, besonders das in den Wendelsteiner Betrieben hergestellte. Dieses wurde unter viererlei Wasserzeichen fabriziert. Das erste dieser Zeichen ist das schon erwähnte von Wolfgang dem Älteren. Ein zweites veranschaulichte das Wort Wendelstein durch ein Männlein, das einen Stein wendet. Das unter dem dritten Zeichen, dem Endterschen Wappen mit seiner schwimmenden Ente, fabrizierte Entenpapier erfreute sich besonderer Beliebtheit weit und breit. Es wurde in besonderen Emballagebogen verschickt, auf welchen eine wappenartige Verzierung mit dem Vermerk »Gut Entten Papir« aufgedruckt war. Das vierte Papier der Wendelsteiner Werke, das auch weit verbreitet war, hieß wegen seines ») ») ») «) ') «)
Marabini I, S. 75 u. S. 100. Ratsv. 1654—1656. Ratsv. 1688. Ratsv. 1696. Marabini I, S. 100. Marabini 1, S. 68—70.
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Zeichens Narren- oder Schellenkappenpapier 1 ). Aber auch die Mühlen von Georg Andreas scheinen gute Ware geliefert zu haben, denn 1708 wird von Leipziger Buchbindern dem Leipziger Rat gegenüber in einem Gutachten ganz allgemein behauptet, daß die Endter in Nürnberg besonders gutes und preiswertes Papier lieferten 2 ). Allerdings wäre es möglich, daß die Endter, wie die Verleger anderer großer Städte, auch mit fremdem Papier handelten, blühte doch gerade in Nürnberg der Papierhandel in ganz besonderem Maße 8 ). Hier sei auch erwähnt, daß schon 1634 Wolfgang der Ältere für »verkaufft Papier« Bezahlung von einem Leipziger zu fordern hatte 4 ). Trotz der anscheinend weiten Verbreitung des Endterschen Papiers darf man sich seine Qualität höchstens relativ als eine besonders gute denken, wozu in den damaligen Zeiten nicht so sehr viel gehörte 5 ). War doch das im Buchgewerbe verwendete Papier schlecht, dünn und oft beinahe braun. Nimmt man an, daß das bei Christoph Endter 1661 gedruckte Exemplar einer Kurfürstenbibel der Klemmschen Sammlung auf Endtersches Papier gedruckt ist, so haben wir den Beweis, daß auch das Endtersche Papier auf nicht gerade hohem Niveau stand. Ist doch dieses Werk gerade deshalb kein Prachtwerk, weil es bei sonst tadelloser Ausstattung in der Papierqualität stark zu wünschen übrig läßt 6 ). 3. Die Endter als Verleger. a) B e d e u t u n g
und
Verlagsinhalt.
»Der Verlagshandel fängt wieder an, eine energische Tätigkeit zu entfalten«, schreibt Kapp 7 ) über den Buchhandel in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Er zählt an der gleichen Stelle auch die Namen der Handlungen auf, die besonders das Verdienst haben, diesen Umschwung herbeigeführt zu haben, und nennt dabei auch Marabini I, S. 69 u. 70. ») Arch. X I , 352. ' ) Arch. X I , 313. Roth, Handelsgesch. III, S. 162. *) Arch. X I , 313. «) Goldfriedrich, Bd. II, S. 20, und Kirchhoff, Beiträge zur Geschichte d. d. B. •) Sammlung Klemm, Katalog Nr. 795. Börsenblatt d. B. 1886, »Bibelausstellung«, Nr. 231. ' ) Kapp I, S. 502.
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die Endter in Nürnberg. Wenn man auch in gewisser Beziehung diese Bemerkung gelten lassen kann, so muß man doch dieselbe nicht in dem Sinne auffassen, daß erst mit dem Ausgange des 17. Jahrhunderts die Verlegertätigkeit der Endter eine rege geworden wäre. Es ist zweifellos, die Meßkataloge beweisen es 1 ), schon im vierten Jahrzehnt dieses Säkulums zeigt sich die Verlagstätigkeit speziell Wolfgangs des Älteren auf beachtenswerter Höhe. Freilich läßt sich nicht leugnen, daß Nürnberg 1618 im Buchhandel noch an zwölfter, 1730 aber an zweiter Stelle im deutschen Buchhandel stand 2 ), was bei der überragenden Bedeutung der Endter in Nürnbergs Buchhandel Einwände gegen die Kappsche Bemerkung insofern entkräften würde, als ja eine solche Verschiebung nicht nur in wenigen Jahrzehnten vor sich gehen kann. Demgegenüber darf man aber die Gesamtentwicklung nicht aus dem Auge lassen, die überhaupt, auch abgesehen von dem achtunggebietenden Emporkommen der Endter, Nürnberg zum Hauptbuchhandelsplatz in Süddeutschland machte, so daß man schließlich 1807 an die Einrichtung einer besonderen Messe, die sich an die Leipziger anschließen sollte, dachte®). Die Privilegiengesuche der Endterschen Handlung weisen im 18. Jahrhundert aber nicht gerade auf eine ganz besonders rege Verlagstätigkeit hin. Soweit die Akten darüber erhalten sind 4 ), handelt es sich nur zu oft um Privilegienerneuerung älterer gangbarer Werke, auch die Endtersche Bibel der Klemmschen Sammlung, welche als Jahrzahl 1755 aufweist, ist nur eine minderwertige Nachahmung der Kurfürstenbibel 5 ). Ebenso wird die Anzahl, mit der die Geschäfte an Artikeln in den Meßkatalogen vertreten sind, eine immer geringere®). Ferner darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß, trotz der Verschiebung der Bücherproduktion zuungunsten der Theologie7), die Gesuche um Privilegienverlängerung auf Bücher gerade dieser Gattung einen großen Teil der Eingaben der Endterschen Handlungen nach Wien im 18. Jahrhundert ausmachten, was beweist, S. Anlage. *) Goldfriedrich II, S. 82 u. 83. 3 ) Akt Nor. H. 487 des Nürnberger Stadtarchivs. *) Impressoriaakten des Wiener Hof- und Staatsarchivs. *) Sammlung Klemm, Katalog II, Nr. 799, und Börsenblatt, Jahrg. 1886, Nr. 231. *) Codex nundinarius. ') Goldfriedrich II, S. 17.
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daß die Handlungen nicht in jeder Beziehung mit den Forderungen der neuen Zeit Schritt hielten 1 ). Als Ergebnis aller dieser Punkte müssen wir also unser Urteil über die Bedeutung der Endterschen Verlagstätigkeit gegenüber der Kappschen Behauptung modifizieren. Wir möchten es so formulieren: Der Anteil der Endterschen Verlagstätigkeit an der Wiederaufrichtung des deutschen Verlagshandels beruht vor allem darin, daß die Endter es verstanden haben, trotz des Dreißigjährigen Krieges in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ihre Verlagstätigkeit in aufsteigender Linie sich bewegen zu lassen, ein Zeichen großer Energie und gewandter Ausnutzung auch schlechter Konjunktur. Die Endter haben also gewissermaßen durch ihre rege Tätigkeit dafür gesorgt, daß die ausländische Konkurrenz in den schweren Kriegszeiten den deutschen Buchhandel trotz aller Schädigungen nicht ganz niederdrücken konnte. Es sei besonders betont, daß es gerade die Bekämpfung der übermächtigen ausländischen, vor allem holländischen Konkurrenz und nicht die Endtersche Verlagstätigkeit, so bedeutend sie an sich war, gewesen ist, welche so ebnend und vorbereitend für eine günstige Allgemeinentwicklung im deutschen Buchhandel wirkte. Wie wir nämlich sehen werden, haben die Endter es verstanden, in ihrer Hand eine Menge von Verlagsunternehmungen anderer deutscher Buchhändler zu vereinigen, und dies in nicht immer ganz einwandfreier Weise. Trotzdem hatte dies den Vorteil, daß an die Stelle vieler für die damaligen traurigen Zeiten nicht gerade genügend widerstandsfähiger Leute eine Firma trat, die gegen die ausländische Konkurrenz ein bedeutend besseres Bollwerk bildete. Will man nun zahlenmäßig feststellen, in welcher Zeit und mit welcher Intensität die einzelnen Handlungen der Endter für die literarische Produktion in Betracht kommen, so ist es schwer, einen einigermaßen geeigneten Maßstab zu finden. In keiner Weise läßt sich nämlich die Gesamtproduktion der einzelnen Handlungen messen. Die Gründe hierfür sind folgende: Die Meßkataloge, in welchen ja die Verleger mit den von ihnen auf die Messe gebrachten Artikeln verzeichnet sind, welche also das statistische Material liefern könnten, enthalten nur einen Bruchteil der wirklich in einem Verlage jeweils neu erschienenen Bücher. Ließ man doch Nachdrucke sicher nur ganz selten in den Katalog aufnehmen, l
) Impressoriaakten des Wiener Hof- u. Staatsarchivs.
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und gewisse buchgewerbliche Erzeugnisse, welche wie Kalender Dinge für das breite Publikum waren, werden wohl nicht alle verzeichnet worden sein. Gerade aber Nachdruck und Kalenderdruck bilden ein Charakteristikum der Endterschen Handlungen, wie unten noch gezeigt werden wird. Dazu gesellt sich aber noch ein weiterer Umstand. Die Meßkataloge beginnen erst 1661, Angaben zu enthalten über die Verlagstätigkeit der Handlung der Linie Georgs des Jüngeren. Und doch muß die Tätigkeit in diesem Geschäfte eine ziemlich rege gewesen sein in den Jahren, die diesem Zeitpunkt vorangingen. Die Nürnberger Ratsverlässe der dreißiger und vierziger Jahre des 17. Jahrhunderts sowie die Impressoriaakten des Wiener Archivs legen davon Zeugnis ab. Dieser Umstand mag seinen Grund darin haben, daß dieses Geschäft besonders katholisch-theologische Literatur verlegte, die wohl direkt nach dem katholischen Süden verhandelt wurde und daher nur geringe Bedeutung auf den Messen zu Frankfurt und Leipzig hatte. So können wir hier die Anzahl der in den Meßkatalogen verzeichneten Neuerscheinungen in den verschiedenen Jahren nur als einen gewissen Ausdruck der Tätigkeit der Handlungen ansehen, in keiner Weise sie aber als fehlerloses Gesamtbild dieser Tätigkeit auffassen. Immerhin läßt sich mancher charakteristische Zug aus der den Meßkatalogen entnommenen Statistik verfolgen, so z. B. für die Handlungen der Linie Wolfgangs des Älteren. Faßt man nämlich für diese Verlage die Zahlen der Neuerscheinungen von je fünf Jahren zusammen, und zwar von 1630 ab, dem Jahre, in welchem Wolfgang das väterliche Erbe übernahm, bis 1660, dem Jahre nach seinem Tode, so ergibt sich: 1630 bis 1635 Neuerscheinungen 49 1635 » 1640 » 100 1640 » 1645 » 150 1645 » 1650 » 140 1650 » 1655 » 142 1655 » 1660 » 85 Es sei hierzu begründend bemerkt: In den Jahren vor 1630 ist das Auftreten der Endter auf den Messen mit den in den Katalogen genannten Artikeln nicht bedeutend, außerdem läßt sich nicht feststellen, was auf das Konto Georgs des Älteren oder was auf das Georgs des Jüngeren zu rechnen ist. Wir wählten deshalb als Anfangsjahr der Betrachtung 1630, in welchem ja Wolfgang
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die väterlichen Geschäftsteile mit den seinigen vereinte. Die Zusammenziehung von je fünf Jahren aber entstand aus der Absicht, die aufwärts steigende Tendenz der Zahlen mehr hervortreten zu lassen und nicht durch die mehr schwankenden Zahlen der Einzeljahre verwischen zu lassen. 1660 wählten wir aber als Endjahr der Betrachtung, weil nach demselben die Zahlen für die Regsamkeit in den Geschäften der Linie Wolfgangs des Älteren nicht besonders charakteristisch sind, was wohl in der mehr komplizierten inneren Verfassung der Geschäfte einerseits — man bedenke nur, daß zu dieser Zeit Johann Andreas, Christoph und Paul buchhändlerisch tätig waren —, anderseits aber auch darin seinen Grund haben mag, daß gewisse besonders beliebte Verlagswerke, z. B. gerade die Kurfürstenbibel, zu einem festen Stamme der Verlage wurden und natürlich das Bedürfnis nach neuen Werken etwas mehr zurücktreten ließen. Denken wir uns nun die obigen Zahlenreihen graphisch dargestellt, so erhalten wir eine Linie, die von 1443 bis 1445 auffallend stark steigt und bis 1655 in nicht großem Abstände von der erreichten Höhe sich erhält. Wenn auch für die Zeit von 1590 bis 1630 das Zahlenmaterial fehlt, so muß man bei einer solchen graphischen Darstellung sich natürlich denken, daß auch vor 1630 die Tendenz eine aufsteigende gewesen sein muß, denn es ist nicht anzunehmen, daß Wolfgang auf einmal mit so beachtenswerter Verlagstätigkeit hervortrat. Vergleichen wir nun den Verlauf der so gewonnenen Linie mit der graphischen Darstellung der Gesamtentwicklung des deutschen Buchhandels, wie sie Kapp 1 ) gibt, so erhalten wir einen Beweis für die oben aufgestellte These, die von der Bedeutung der Endter für den deutschen Buchhandel spricht. Während nämlich die Linie des Gesamtbuchhandels in den Jahren 1620 bis 1635 steil abfällt und nach kurzem Aufstiege dann nur unter großen Schwankungen sich hebt, hat die Endtersche Linie in dieser Zeit immer steigende Tendenz. Freilich kann man auch in gewisser Weise zwischen dem Gesamtbuchhandel und dem Buchhandel der Endter parallele Momente hinsichtlich der Entwicklung konstatieren. So ist eine Aufwärtsbewegung der Verlagstätigkeit Wolfgangs 2 ) innerhalb der Jahre 1630 bis 1635 nicht zu konstatieren, und in dieser Zeit gerade ist das Sinken des Gesamtbuchhandels noch ein erschreckendes, *) Geschichte d. d. B. I, S. 491 und Beilagen zu diesem Band. ») S. AnL IL
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auch erreicht dieses Sinken 1635 den tiefsten Punkt. Ebenso setzt mit der Steigerung der Endterschen Produktivität vom J a h r e 1635 an auch ein Aufschwung der Gesamtproduktion ein. Immerhin aber ist das Aufwärtsstreben der Endter in den folgenden Quinquennien ein derartiges — ich erinnere an die Zahlen 49, 100, 150 für die Periode von 1630 bis 1645 — , daß man mit Recht sagen kann, ein nicht unbeträchtlicher Teil eben dieses Gesamtaufschwunges muß den Endtern zu Verdienst gerechnet werden. Nicht minder sprechen die statistischen Angaben, die man den Meßkatalogen entnehmen kann, für die Entwicklung der Geschäftsteile, die auf Georg den Jüngeren zurückgehen, von dem Momente ab, an dem überhaupt diese Teile in den Meßkatalogen auftreten. Von der Zahl 19 im ersten J a h r e 1661 sinken in den weiteren Jahren die Zahlen immer mehr herab, wie schon erwähnt, ein Beweis, wie das Kanzleidruckertum immer mehr dem Geschäfte die Bedeutung für weitere Kreise benahm 1 ). Ein charakteristisches Bild geben auch die Meßkataloge von der Verlagstätigkeit von Wolfgang Moritz. Trotz ziemlicher Schwankungen in den einzelnen Jahren hält seine Verlagstätigkeit ziemlich die gleiche Höhe während seines ganzen Wirkens im Buchhandel ein, wodurch deutlich wird, daß er seine Kraft dem Verlage nicht besonders stark zuwandte. Daß Martin Endter in den Meßkatalogen nur eine geringe Rolle spielt, mag wohl damit zusammenhängen, daß er nur die Messen zu Linz und Wien regelmäßig besuchte 2 ). Schließlich muß noch darauf hingewiesen werden, daß für die ganze Zeitspanne, in der der Name der Endter in den Meßkatalogen auftritt, die Anzahl von Artikeln, mit denen die Endter in den Katalogen hervortreten, ein deutliches Bild von der Abwärtsbewegung der Verlagstätigkeit dann geben, wenn man wie Goldfriedrich größere Perioden zusammenfaßt 3 ). Es verzeichnen die Kataloge nämlich: für die Periode 1649 bis 1680 738 Artikel, von 1680 bis 1722 deren 500, von 1723 ab aber nur mehr 146. Einige Worte verdient auch die Tätigkeit der Endter in bezug auf die Ausstattung und Drucklegung ihrer Verlagswerke. Es ist nicht möglich, ein wirklich geschlossenes und erschöpfendes Ge>) S. Abschn. I, 2. *) Roth, Handelsgesch. IV, S. 400. 3 ) Goldfriedrich II, S. 365.
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samtbild in dieser Richtung zu bieten. Immerhin kann man aus verschiedenen Einzelzügen, die manche Nachrichten über die Endter vermitteln, eine Vorstellung gewinnen, welche Faktoren die Ausstattung Endterscher Verlagswerke beeinflußten. Vor allen Dingen muß in diesem Zusammenhange darauf hingewiesen werden, daß die Endter durchaus nicht alle von ihnen verlegten Bücher selbst druckten. Erwähnten wir im anderen Zusammenhange schon, daß Balthasar Joachim seine Zeitung zeitweise anderen zum Druck übergab, oder daß Georg der Ältere in Amberg drucken ließ, so sind dies nur einzelne Beispiele unter vielen. Man bedenke nur die mannigfachen Gründe, die in damaliger Zeit zur Drucklegung in auswärtigen Druckereien anregten. Wir zeigten oben schon, wie Georg der Ältere auf diese Weise seinen Verlagshandel beginnen mußte, weil in Nürnberg selbst die Konkurrenz der Buchdrucker eine Erweiterung der Geschäfte hartnäckig bekämpfte. Aber auch sonst war es manchmal geboten, den Druck nicht selbst zu besorgen. Wollte man die heimatliche Zensur umgehen oder einen Nachdruck möglichst unbemerkt in den Handel bringen, so mag man sich das wohl durch die Vergebung des Druckes nach auswärts erleichtert haben oder man druckte eine solche Schrift selbst, gab aber dann wenigstens einen fingierten Druckort an 1 ). Aber auch manche andere Gründe mögen mitgewirkt haben. So kann auch manchmal die rege Verlagstätigkeit über die Kräfte der eigenen technischen Betriebe hinaus neue Verlagsunternehmen begründet haben. Es seien hier folgende Beispiele erwähnt: Schon 1616 gab Georg Endter einem Drucker in Gera einen Auftrag auf den Druck von 2500 Exemplaren von Avenarius' Gebetbüchlein, das eigentlich nicht rechtmäßig in seinen Verlag gehörte 2 ). Wolfgang der Ältere ließ ein juristisches Buch bei Humm in Frankfurt drucken 8 ), für Johann Andreas Endters Erben und Wolfgang Moritz arbeitete ein Sulzbacher Drucker 4 ). Johann Georg aber ließ in Passau ein Buch drucken. Besonders zahlreich sind die Namen der verschiedenen Druckorte, in denen Wolfgang Moritz drucken ließ, der, wie schon hervorgehoben, so wenig Interesse an der eigentlichen Druckerei hatte, daß er dieselbe schließlich l
) *) 3 ) ')
Kapp I, S. 498. Archiv XII, S. 310. Kapp I, S. 649. Ratsv. 1679.
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') s.
Anl. II. ) S. Abschn. III. s ) Katalogsammlung Klemm Nr. 7 9 5 und Nr. 798. «) Roth, Handelsgesch. IV, S. 35. 2
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Besonders deutlich tritt dies in einem Artikel hervor, den Kalendern. Diese nämlich bilden als »kleine Ware« 1 ) sozusagen die Brücke, welche die Verbindung herstellt zwischen der eigentlichen, oben beschriebenen 2 ) buchhändlerischen Tätigkeit eines Buchbinders der damaligen Zeit zum Verlage. Es ist charakteristisch, daß die verschiedensten Stellen 3 ) die Bezeichnung »Kalendermacher« immer noch neben die des Buchbinders setzen. Der Kalendermacher steht sozusagen zwischen dem eigentlichen Buchdrucker und dem Buchbinder. Weil die Kalender verhältnismäßig unbedeutende Druckerzeugnisse darstellen, bieten sie dem Buchbinder, der ja heute noch den Kalender hauptsächlich in den Handel bringt, Gelegenheit, gewissermaßen einen Übergriff in das Gebiet der Buchdrucker zu machen, indem er selbst diese geringe Druckarbeit besorgt, es ist der Anfang zur eigenen Druckerei und damit, den Ansichten der damaligen Zeit entsprechend, auch der Anfang zum Verlage und Buchhandel, den ja die Drucker für ihr besonderes Privileg hielten, gemacht. So erklärte sich denn auch, daß die Endter eine ausgedehnte Kalenderfabrikation betrieben. Unsere obige Behauptung, daß die alte Verlagsrichtung die ganze Folgezeit hindurch dem Verlage der Endter das charakteristische Gepräge gab, bestätigt auch die Endtersche Sammlung von Kalendern vom Ende des 18. Jahrhunderts. Wenn natürlich der Katalog dieser Sammlung 4 ) unmöglich die ganze Menge der von den Endtern herausgegebenen Kalender enthalten kann, so gibt er doch ein, wenn auch nicht genaues, Bild von der Endterschen Tätigkeit in dieser Richtung. Von den Kalendern dieser Sammlung sind verlegt: Jahr bei Georg Endter sen » Wolfgang Endter sen do. do. do. do. » Christoph und Paul Endter . . . . . do.
1623 1624—1637 1638 1649 1654 1660 1661 1664
Zahl 1 je 1 6 10 14 14 15 11
Goldfriedrich II, S. 118. ) S. Abschn. I, 1. 8 ) Wolfgang wird in den Ratsverl, von 1623 Kalendermacher genannt, auch die Nürnberger Handwerkerordnungen kennen den Ausdruck. 4 ) Die Sammlung stammt aus der Joh. Andr. Endterschen (Mannischen) Buchhandlung; es sind nur Kalender der Wolfgangschen Linie darin genannt. a
Jahr bei Christoph Endter do. do. do. do. » Christoph Endters Erben
1664 1665 1674 1677 1679 1681—1683
Zahl 3 17 18 21 22 je 21
Von 1684 an sind die Kalender im Verlage von J . A. Endter sei. Söhnen. Der Katalog der Sammlung reicht bis zum J a h r e 1784, wobei die Zahl der verzeichneten Kalender für die einzelnen Jahre im Durchschnitt zwischen 10 und 15 schwankt. Zur weiteren Erläuterung sei noch bemerkt, daß der 1623 bei Georg dem Älteren verlegte Kalender 1624 von Wolfgang dem Älteren herausgegeben wird, was beweist, daß Wolfgang Endter nach und nach Geschäftsteile seines Vaters den seinigen einverleibte. Ferner sind die Kalender Christophs zum Teile die von seinem Vater verlegten. Daß bis 1637 nur immer ein Kalender in der Sammlung sich befindet, mag wohl seinen Grund weniger darin haben, daß so wenig Kalender in den Handel gebracht wurden, als darin, daß aus dieser Zeit sich nur wenige Kalender erhalten haben mögen bis zu dem Punkte, wo die Johann Andreas Endtersche Handlung den Katalog ihrer Sammlung aufstellte. Zeigt sich so, daß der Kalenderverlag in diesem Geschäft sich fast immer auf der gleichen Höhe hielt, so ist es wohl auch gerechtfertigt, von der Leistungsfähigkeit dieser Handlung, wie sie Roth 1 ) im J a h r e 1801 schildert, einen Rückschluß auf die vorausgehenden Zeiten zu machen. In diesem Sinne seien hier Roths Bemerkungen wiedergegeben. Er sagt: Die Mannische Buchhandlung verlegt jährlich 15 Kalender in 4° nebst anderen in 12°, 16°, 32°; die Auflagenzahl schwankt zwischen 300 und 6000 Exemplaren, doch ist der Absatz geringer geworden, weil in manchen Ländern früher noch keine besonderen Landeskalender herausgegeben wurden und die Einfuhr fremder nicht verboten war. Machten auch die Kalender einen günstigen Verlagsartikel aus, vor allem für den Übergang vom Buchbinder zum Buchhändler und Buchdrucker, so ist es doch unzweifelhaft, daß mit ihnen die Endter nicht zu der Bedeutung für den Buchhandel kommen konnten, die Veranlassung gäbe, von ihnen als einer Buchhändler») Roth, Handelsgesch. III, S. 47.
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dynastie zu sprechen 1 ). Sich zu solcher Größe aufzuschwingen, hatten die Endter ein anderes Gebiet, das auch deutlich an den Buchhandel der Buchbinder anknüpft, die Erbauungsliteratur. Diese verband mit der Eigenschaft, die j a auch die Kalender hatten, ein Artikel des breiten Publikums zu sein, noch den, daß sie dem eigentlichen Buchhandel angehörte und nicht nur kleine Ware darstellte, j a daß sie einen erheblichen Bruchteil der gesamten buchgewerblichen Produktion damaliger Zeit ausmachte. Dazu kam noch, daß gerade die Erbauungsliteratur allein in den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges verhältnismäßig hohen Absatz finden konnte 2 ). So sehen wir denn Georg Endter den Älteren mit einem Gesangbuch 8 ) 1604 das erstemal im Meßkatalog verzeichnet, nachdem wir ihn aus den Ratsverlassen von 1595 schon als Drucker eines »Christlich Handtbüchleins« kennen gelernt haben. War somit der erste Schritt in die breitere Öffentlichkeit auf dem Gebiete der Erbauungsliteratur gemacht, so vollzogen sich auch die weiteren Fortschritte meist in diesem Gebiete. Die Gebet- und Andachtsliteratur konzentriert sich immer mehr in den Händen der Endter. Die bekanntesten unter den Schriften dieser Art, wie z. B . Spangenbergs Postille, Arnds wahres Christentum und Paradiesgärtlein u. a. m., sehen wir schließlich in ihren Verlagen, j a schließlich klagen die Buchhändler Sachsens, daß die »teuzschen« Gebetbücher, früher Artikel der Leipziger Buchhändler, von den Endtern und ihren norddeutschen Kollegen, den Sternen in Lüneburg, vom ursprünglichen Verlagsorte fortgezogen worden seien 4 ). Auch das ältere Nürnberger Gesangbuch erschien bei den Endtern 6 ). Besonders berühmt aber waren beide Linien der Endter wegen ihrer vielen Bibelausgaben. Welchen Umfang der Druck der lutherischen, welche hauptsächlich aus dem Geschäftszweige Wolfgangs des Älteren hervorgingen, angenommen hatte, zeigt wieder jene Klage der Buchhändler von 1667, die es unverhohlen aussprach, daß auch der Bibeldruck von Wittenberg, seinem einstigen Hauptorte, durch die Endter und Sterne weggezogen worden sei 4 ). Es ) Archiv XV, 47, Anm. 1, X I I , 306, X V , 190. ») Kapp I, 492. s ) S. Abschn. I, S. 13, Anm. 2. *) Arch. I, S. 82. Vgl. Leonhard »Samuel Seifisch«, Leipzig 1902, und Zeltner »Kurzgefaßte Historie der gedruckten Bibelversion usf.«, Nürnberg und Altdorf 1727. Beide Schriften gehen auf den Wittenberger Bibeldruck ein. 5 ) Korrespondent von und für Deutschland a. a. 0 . l
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ist unzweifelhaft, daß diesen großen Erfolg Wolfgang erstritten hatte durch die Ausgabe der weithin berühmten Kurfürstenbibel. Man muß wohl sagen erstritten hat, denn mitten im Dreißigjährigen Kriege, im Jahre 1638, verhandelt er 1 ) mit Herzog Ernst von Sachsen wegen der Ausgabe des großen Werkes und erst 1641 erscheint es, um dann rasch eine der populärsten, wenn nicht die beliebteste der protestantischen Bibelausgaben zu werden und in einer großen Zahl von Neuauflagen immer wieder zum Ruhme der Endter in ganz Deutschland Verbreitung zu finden. Ja, als schon andere Namen im 18. Jahrhundert in den Buchhandlungen der Endter die herrschenden waren, gab man noch eine Bibel heraus, die, wenn auch von schlechter Ausstattung, dennoch deutlich auf jene Bibel Wolfgangs zurückgeht 2 ). Die Weimarer Bibel oder Kurfürstenbibel war zwar das berühmteste Werk der Endter, allein dieser einen Ausgabe mit Kupferillustrationen gliederte sich eine ganze Menge anderer, auch solcher mit Holzschnitten, an. Besonders von Johann Andreas rühmt Roth 3 ), daß er eine erstaunliche Menge Bibeln habe drucken lassen. Zu den Endterschen Bibelausgaben gesellte sich noch eine ganze Reihe von Ausgaben des Neuen Testamentes, wovon die Klagen der Felseckerschen Konkurrenz deutliche Zeichen geben4). Ein besonderes Wort muß hier noch über die Stellung der Linie Georgs des Jüngeren gesagt werden. War nämlich die Linie Wolfgangs besonders für die protestantische Erbauungsliteratur von Bedeutung, so betrieb diese vor allem die Ausgabe katholischer Werke. Wir erwähnten schon, wie man Georg dem Jüngeren den Druck katholischer Bücher verbieten wollte, als er 1627 seine Fürther Druckerei nach Nürnberg zu verlegen die Absicht hatte. Nach seinem Tode aber begann man erst recht damit, dem von ihm hinterlassenen Geschäfte wegen der katholischen Bücher Schwierigkeiten zu bereiten 5 ). Es ist eine merkwürdige Erscheinung, wie in dem streng lutherischen Nürnberg eine Buchhandlung es nicht nur fertig bringen konnte, in der erregten Zeit des Dreißigjährigen Krieges trotz der Strenge des Rates seinen katholischen Verlag durchzusetzen, sondern sogar schließlich als Kanzleidruckerei !) ») 3 ) 4 ) »)
Akt des Kreisarchivs zu Nürnberg u. Korrespondent a. a. O. Börsenblatt 1886 a. a. O. Roth, Handelsgesetz III, S. 40. Ratsv. 1700 und 1701; Kirchhoff, Regesten, pag. 2225 u. 26. Ratsv. 1630 ff.
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in engster Geschäftsverbindung mit dem Rate zu stehen? obwohl man auch geschäftlich mit den Jesuiten in Ingolstadt verhandelte 1 ). Ein weiterer Zweig der literarischen Produktion, der große Bedeutung f ü r die Endterschen Geschäfte, vorzugsweise der Wolfgangschen Linie, besaß, war das Schulbücherwesen. Freilich sind die Nachrichten über die Tätigkeit der Endter in dieser Richtung nur geringe. Die Ratsverlässe erwähnen nur 1643, daß Wolfgang die Confessio Augustana f ü r den Schulgebrauch drucken dürfe. Außer dieser einen Stelle geben uns nur noch zwei andere Aufschluß über die Endtersche Verlagstätigkeit im Schulbücherwesen 2 ). Diese allerdings zeigen den Endterschen Schulbücherverlag als einen bemerkenswerten Teil der Endterschen Verlagstätigkeit überhaupt. 1655 beschwert sich nämlich ein Buchdrucker Freiburgs beim Kurfürsten Johann Georg von Sachsen, weil Wolfgang Endter ein Privileg auf sämtliche Schulbücher in Sachsen bekommen habe, obwohl er, der Freiburger, schon seit langer Zeit solche drucke und daher erheblichen Schaden durch diese Privilegierung erleide. Man sieht daraus deutlich, daß Wolfgang, der somit über das ganze Gebiet des Schulbücherdruckes für Sachsen sich zum Alleinherrscher gemacht hatte, sich eifrig im Schulbücherverlage betätigte. Die lebhafte Tätigkeit in dieser Richtung setzten die Nachfolger Wolfgangs fort. So sehen wir Georg Andreas 1702 in heftigem Konkurrenzkampfe mit den Felseckers und zwei Frankfurter Buchhändlern, die gegen Schulbücherprivilegien, die das Endtersche Geschäft »subreptitie« erhalten habe, protestierten. Das vierte Gebiet, welches auch deutlich auf die Buchbindervergangenheit der Endter zurückweist, ist der Verlag von Volksbüchern, der dem Unterhaltungsbedürfnisse breiterer Volksschichten entgegenkam. Einige Titel seien hier aufgezählt: Eulenspiegel, Genoveva, De vita Fausti, Harsdörfers Gesprächbüchlein 3 ). Als eine Schrift ebenfalls populären Charakters sei noch ein Werk über das Haus Österreich genannt, das sich auch beim Nürnberger Rate großer Beliebtheit erfreute. Wenn auch die bisher genannten Gebiete bei weitem das Übergewicht in den Endterschen Verlagen hatten, so muß doch betont ») Ratsv. 1680. l ) Goldfriedrich II, S. 430. Kirchhoff, Zur Geschichte d. d. Buchhandels im 17. Jahrh. 3 ) Widerlegung der Darstellung usw., S. 22. Emesti a. a. O. »Wohleingerichtete Buchdruckerey«. Archiv VI, S. 175.
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werden, daß andere gangbare Werke verschiedensten Inhalts von ihnen in den Handel gebracht wurden. Selbst Schmähschriften wurden 1645 bei Wolfgang Endter beschlagnahmt 1 ). Leider kann man aus den Gesuchen um kaiserliche Privilegien sich in keiner Weise einen Begriff machen von der Größe der Endterschen Verlagstätigkeit in den einzelnen Gebieten, da diese Akten, unvollständig erhalten, nur Bruchteile von der Gesamtheit der Eingaben darstellen 2 ). Es sei deshalb noch auf einzelne Werke hingewiesen, die den bisher genannten Gebieten nicht angehören, sich aber als gut gangbare Werke zeigen, da die Privilegien auf sie häufig erneuert werden. So verlegte Wolfgang Moritz Endter seit 1682 ein lateinisches Lexikon, seit 1701 eine italienische Grammatik. Besonders hervorgehoben muß dann ein »Orbis pictus« werden, der von Martin Endter und Johann Georg eine Zeit zusammen verlegt wurde und anscheinend ein besonders gut gangbares, noch aus der Zeit Michaels und Johann Friedrichs stammendes Buch war, das eben deshalb ein Streitobjekt der Vettern wurde 3 ). Zu nennen wäre auch dann noch eine deutsche Übersetzung eines französischen Physikbuches, welches sich Martin Endter privilegieren ließ, dessen Privilegiengesuche überhaupt einen nicht geringen Teil der von den Endtern erhaltenen ausmacht. Als Beweis, daß auch in der Linie Georgs des Jüngeren hin und wieder großzügige Unternehmungen gemacht wurden, sei erwähnt, daß 1691 Martin und Balthasar Joachim zusammen ein Buch in deutscher, französischer, italienischer und lateinischer Ausgabe herausgaben. Die Aufgaben, die einem Kanzleidrucker, zu welchem Typ ja doch Michael und seine Nachkommen gehörten, zufielen, waren nicht bedeutender Natur. Neben den schon oben erwähnten Wappenkalendern, die jährlich an den Rat geliefert wurden, finden wir in den Ratsprotokollen keine regelmäßig wiederkehrenden Aufträge. Von besonderen Aufträgen seien hier noch einige genannt: Michael Endter druckte 1680 das Augsburger Münzedikt, Balthasar Joachim 1693 eine Münztabelle mit Illustrationen in Holzschnitt. !) Ratsv. 1645. ) Impressoriaakten Wien; zum Beweis für die Unvollständigkeit dieser Akten sei auch darauf hingewiesen, daß ein zu diesen Akten gehöriges Schreiben, das den Streit zwischen Johann Daniel und Wolfgang Andreas wegen der Zeitung betrifft, im Besitz der Bibliothek des Börsenvereins d. d. B. ist. 2
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) Ratsv. 1707 u. ff.
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Neben derartigen Aufträgen sind noch mehrere kleinere Artikel, wie Frachtzettel und ähnliches, zu erwähnen 1 ). Das interessanteste Verlagsobjekt der Handlung Balthasar Joachims war aber entschieden eine Wochenzeitung, der noch ein besonderer Abschnitt gewidmet sein soll. Über die Verlagstätigkeit von Martin Endter sei noch besonders bemerkt, daß sie den, wie schon erwähnt, zahlreichen Privilegiengesuchen nach Wien nach allen Arten von Verlagsartikeln zugewandt war, vor allen Dingen aber dem Bibeldruck. b) N a c h d r u c k . Wenn man allein nach den Aussagen der zeitgenössischen Buchhändler ginge, wie sie sich in den zahlreichen Prozeßprotokollen und Eingaben an das Oberkonsistorium in Dresden sowie an den Kaiser — und dies sind ja die Hauptquellen, die einen Einblick in das Endtersche Geschäftsleben gewähren — finden, so müßte man zu dem Resultat kommen, daß Nachdruck und Privilegienerschleichung allein den Endtern zu ihrer mächtigen Stellung verholten haben. Diesen Nachrichten gegenüber, die, meist von der Konkurrenz ausgehend, alles in zu einseitiger Beleuchtung zeigen, muß man an die rege Verlagstätigkeit, an die Bemühung, durch Illustration Werke beliebt zu machen, erinnern. Die Kurfürstenbibel, doch sicher das bekannteste Werk, das von den Endtern herausgegeben wurde, hat mit Nachdruck nichts zu tun. Außerdem darf auch nicht außer acht gelassen werden, daß, wir erwähnten es schon in den Abschnitten über den Buchdruck und die Papierfabrikation der Endter und werden es in späteren Abschnitten noch weiter zu betonen haben, die Endter sich einen guten Teil ihrer Größe durch die Selbständigkeit hinsichtlich aller Zweige der Buchproduktion und des Handels erwarben. Es ist ja nicht zu leugnen, daß die Endter sehr häufig wegen Nachdrucks verklagt waren, jedoch, abgesehen davon, daß sie häufig das Recht auf ihrer Seite hatten, zeigen ihre eigenen Beschwerdeschriften gegen den Nachdruck, daß sie selbst mit dem damaligen Rechtsschutz buchhändlerischer Erzeugnisse in keiner Weise zufrieden waren. Mit solchen Klagen hätten sie sich aber selbst die Quelle ihres Reichtums abgegraben, wenn wirklich der Nachdruck eine so wichtige Rolle in ihren Geschäften gespielt hätte. Zu einer gerechten Beurteilung der Endterschen Geschäftsmanipulationen !) Ratsv. 1680, 1693 und 1694.
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muß noch ein weiteres Moment berücksichtigt werden. Man könnte sagen: Wenn die Endter die Unmoralität des Nachdrucks und seine schlechten Folgen erkannt haben, ist es nicht um so verdammenswerter, wenn sie ihn dennoch ü b t e n ? Zu anderer Ansicht kommt man aber, wenn man das zeitliche Milieu in Betracht zieht. Kapp 1 ) charakterisiert die Gründe, die im Dreißigjährigen Kriege zur Verbreitung des Nachdrucks führten, treffend, wenn er sagt: »Der Erwerbstrieb und der Eigennutz einerseits, der Kampf um das geschäftliche Dasein anderseits hieß nach allen Mitteln greifen, welche unter den obwaltenden trostlosen Erwerbsverhältnissen eine Verbesserung dieser letzteren zu verheißen schienen, und dies um so mehr, als ja der Nachdruck an sich noch keineswegs allgemein als Unrecht anerkannt, er als solches vielmehr nur von denen betrachtet wurde, welche er gerade traf.« Ist somit das Verhalten der Endter — in Betracht kommt hier wieder hauptsächlich Wolfgang der Ältere und seine Söhne — frei vom Vorwurf der Ruchlosigkeit, so muß man doch zugeben, daß sie besonders kräftige Ellenbogen besaßen und es mit ihrem stark entwickelten Geschäftssinn dazu brachten, sich in den traurigen Kriegszeiten, in welchen gar mancher Buchhändler zum Bettler herabgesunken sein mag, zu Herren der Situation zu machen, um gerade am Ende dieser Zeit des Niedergangs auf glanzvoller Höhe zu stehen. Ihr Weg ging, wenn es erlaubt ist so zu sagen, über Leichen, um nicht durch den Verlust der eigenen Existenz anderen den Weg zu ebnen. Wenn auch erst im Dreißigjährigen Kriege die Endter ihre Geschäfte mit großer Rücksichtslosigkeit gegen die Rechte anderer betrieben, so gehen die Anfänge moralisch nicht ganz einwandfreier Geschäftspraxis doch weiter zurück. Berichtet doch die erste Stelle, welche einen Endter als Buchhändler nennt, die Ratsverlässe Nürnbergs von 1593, daß bei Georg Endter 200 Kalender beschlagnahmt wurden, weil dieselben Nachdrucke waren. Diese Stelle ist allerdings mit einer einzigen Ausnahme 2 ) die einzige, die vom Nachdruck eines Endter vor dem großen Kriege handelt, und ist auch insofern nicht ganz maßgebend, als der Kalender rechtlich ein sehr strittiges Gebiet war, das man schließlich in 1 2
) Geschichte d. d. B. I, 494.
) 1616 ist Georg der Jüngere in eine Nachdrucksaffäre eines Goslaer Druckers verwickelt. Arch. XII, S. 309.
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Sachsen als frei für jedermann erklärte 1 ). Auch während des Krieges kam es nicht zu besonders bemerkenswerten Klagen. Erst als man nach dem Friedensschlüsse langsam anfing, sich mit den eingerissenen Schäden zu beschäftigen, da verdichtete sich der ganze Groll gegen die Endter in Eingaben an die Behörden. So schreiben am 14. Oktober 1652 die Erben von Thomas Schürer an den Kurfürsten von Sachsen und beschweren sich über die starke Verbreitung des Nachdrucks, den vor allem auch Wolfgang Endter übe 2 ). Am deutlichsten aber spricht das Gutachten Leipziger Buchhändler vom 30. März 1667 3 ): »Thut der schädliche Nachtrukk dergleichen Schaden, welcher weder zur gnüge kan ausgesprochen noch beschrieben werden, Maßen denn nur die Endter in Nürnberg und Stern zu Lüneburg, die wichtigsten Buchhandlungen in Churfürstl. Durchl. Landen, sonderlichen zu Leipzig und Wittenberg, zu Grunde ruinieret, Und hingegen sich derselben Landen stattlichen bereichert, wozu sie auch leichtlichen haben können gelangen, In dem sie diejenigen Beschwehrungen, so andere Buchhändler in diesen Landen, so wohl nebenst anderen Einwohnern, als vor sich selbsten haben ausstehen müssen, Im geringsten nicht gefühlet, Alle Nuzungen hingegen an sich gezogen, und das Geld hauffenweise aus dem Lande geführet, Massen den zu Wittenberg, do vor diesen die Teuzschen Bibeln mit großen Nuzen selbiger Stadt, j a dieses ganzen Landes, seynd getrukket worden, in vielen Jahren keine getrukket.« Die Leipziger aber hätten sie um den Verlag der deutschen Gebetbücher, auf welche jene meistenteils privilegiert waren, gebracht. Welches waren nun die Mittel, welche die Endter zu solchen Erfolgen führten? Es war weniger die Übung des eigentlichen Nachdrucks, als die geschickte Art, sich in den Besitz günstiger Privilegien anderer Geschäfte zu setzen. Sehr oft nämlich schreckten die rechtmäßigen, häufig verarmten Verleger vor den Kosten zurück, welche die Erneuerung eines Privilegiums mit sich brachte. Dazu kam, daß die Bücherkommission in Leipzig den Schlaf des Gerechten schlief. In Dresden aber war man nur auf möglichst reiche Einnahmen bedacht, um dem Fiskus über die schweren 1703, Regesten pag. 2262 und 2267. ) Arch. X I , S. 199. Es ist bezeichnend, daß es sich um Erbauungsliteratur handelt. ») Arch. I, S. 82 (Abs. 5), und Kapp I, S. 494. 2
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Kriegszeiten hinwegzuhelfen, und so kümmerte man sich in keiner Weise um die tatsächliche Berechtigung des Bittstellers; wenn dieser nur zahlte, so war das Privileg zum Schaden des rechtmäßigen Besitzers sein 1 ). Diese Zustände verstanden sich die Endter nutzbar zu machen, und so finden wir sie am Ende des Krieges mit den Stern in Lüneburg in dieser ihrer Monopolstellung auf dem Gebiete der Erbauungsliteratur 2 ). Hier muß auch ein Beispiel genannt werden, das deutlich zeigt, daß es mit den kaiserlichen Privilegien nicht anders ging wie mit den kursächsischen. Michael Endter erhielt nämlich 1644 ein kaiserliches Privileg über ein Buch, das bis dahin in einem Dillinger Verlage erschienen war und dessen Privileg vom eigentlichen Besitzer nicht erneuert worden war 3 ). Verstanden es so die Endter, sich in den Besitz von Privilegien anderer zu bringen, so waren sie anderseits eifrig im Kampfe gegen die Schäden des Nachdrucks, soweit sie selbst davon betroffen wurden. Noch während der Dauer des Krieges, 1647, machten sie eine Eingabe an den schwedischen Kommandanten, Bürgermeister und R a t von Erfurt, in der sie um Schutz gegen Nachdruck von Kalendern bitten, den ein Erfurter Buchdrucker betrieb 4 ). Ferner wenden sie sich 1652 an den Kaiser und ersuchen um Hilfe gegen die holländischen Nachdrucker, die sich zu jener Zeit bemerkbar machten. Eine Eingabe im gleichen Sinne lassen sie 1659 durch ihren Vertreter abermals dem Kaiser überreichen 6 ). Aber auch an den Kurfürsten von Sachsen wandte sich Wolfgang Endter 1653 in ausführlicher Klage wegen Nachdrucks, vor allem auf die nichtigen Entschuldigungen der Nachdrucker hinweisend 6 ). Obwohl also Wolfgang der Ältere selbst zugeben mußte, daß es eine leere Ausrede sei, wenn man z. B. vorschützt, die Rechte eines anderen nicht gekannt zu haben, so hatte er sich doch nicht gescheut, 1641 diese Entschuldigung anzugeben, als Bartel Voigt in Leipzig ihn verklagte, weil er gegen Voigts Privilegium von 1632 !) Arch. X V I I , S. 93. 2
) Arch. X I I I , S. 165.
s
) Impressoriaakten, Wien.
*) Akt des Kreisarch. Nürnberg u. Ratsverl, von 1647. ' ) Impressoriaakten, Wien, und Kapp I, S. 497. Arch. V I I I , S. 67, 69 und 73. •) Arch. IX, S. 92, 98 u. 99 und Kirchhoff, Regesten pag. 1651.
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Melisanders Bet- und Beichtbüchlein gedruckt habe 1 ). Unter all den Fällen von Privilegienstreitigkeiten ist nur ein Fall nachzuweisen, der einen Endter als Nachdrucker in der Weise zeigt, daß er, ohne erst einen Vorwand zu schaffen, das unsaubere Geschäft unternahm. Es war Wolfgang der Jüngere, der es sich gefallen lassen mußte, daß man auf Anklage der Sterne hin 1645 bei ihm 238 Exemplare nachgedruckter Lüneburger Handbüchlein konfiszierte 2 ). Ist dies auch der einzige Fall, der uns mit einer Bestrafung der Endter wegen reinen Nachdrucks bekannt macht, so scheint es doch, daß sie den weitverbreiteten territorialen Nachdruck 3 ) getrieben haben. 1696 nämlich verklagte ein gewisser Boetius die Endterschen Söhne wegen Nachdrucks in Leipzig 4 ). Diese geben ruhig zu, daß ihr Geschäft schon seit 50 Jahren das Gebetbuch — um ein solches handelte es sich — gedruckt habe, sie hätten es aber nie mit auf die Messen gebracht. Da man nun den Verkauf des Gebetbuches in Sachsen nicht nachweisen konnte, konnte gegen die Endtersche Handlung nicht weiter vorgegangen werden. Interessant wegen des typischen Verhaltens des Dresdener Oberkonsistoriums ist ein Nachdrucksprozeß Wolfgangs von 1649 6 ). Dieser hatte Diderici Katechismus mit Privileg nachgedruckt; man hatte in Dresden wieder wie so oft das Privileg ohne Prüfung seiner Berechtigung verliehen 8 ). Als nun der rechtmäßige Verleger des Katechismus unter Berufung auf sein Privileg Klage erhob, empfahl das Oberkonsistorium dem Stadtgerichte zu Leipzig, einen Vergleich herbeizuführen. Allein der Kläger bestand auf die Bestrafung Wolfgangs, der das Recht zum Drucke von Diderichs Erben erhalten haben wollte. Da er trotz wiederholter Ermahnung nicht zum Termine erschien, wurde Wolfgang das Privilegium entzogen. ' ) Regesten pag. 1590. Wolfgang war vom Leipziger Stadtgerichte zu einer Geldstrafe verurteilt worden und wandte sich nun an den Kurfürsten Johann Georg, wobei er nach obiger Entschuldigung geschickt darauf hinwies, daß man mit der Bestrafung dem Oberkonsistorium in Dresden vorgegriffen habe. Wirklich erreichte er, daß eine neue Untersuchung angeordnet wurde, von deren Resultat aber nicht berichtet wird. *) ') 4) 5) •)
Regesten pag. 1605. Goldfriedrich II, 428. Regesten pag. 2138. Regesten pag. 1605. Goldfriedrich II, S. 232.
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Wie im gesamten Buchhandel, so brachte der Friedensschluß von 1648 auch bei den Endtern keine Wandlung. Freilich, sich Privilegien anderer anzueignen, war nun schwerer, und man hielt sich nunmehr an ein zweites Mittel, daß man sich nämlich über gangbare Artikel anderer Geschäfte Privilegien dadurch verschaffte, daß man solche Bücher mit gewissen Veränderungen zur Privilegierung anmeldete. So kommt es, daß 1655 die Stern in Lüneburg und die Endter in Nürnberg über ein und dasselbe Gebetbuch privilegiert sind, erstere nur über den Druck mit gespaltenen Kolumnen 1 ). Ein anderer Fall ist der, daß Christoph Endter ein Buch vom Verfasser etwas umarbeiten ließ und mit einer Vorrede sowie Illustrationen versah und so auf den Markt brachte 2 ). Ein besonders heftiger Kampf mußte von den »Endterschen Söhnen«, also von Georg Andreas, ausgefochten werden wegen eines Kalenders. Es handelte sich um folgendes: Fritsch, ein Leipziger Buchhändler, hatte sich ein kursächsisches Privilegium auf den »verbesserten« Kalender erworben. Die Endter hingegen hatten ein kaiserliches Privileg auf den gregorianischen Kalender. Diesen hatten sie neu aufgelegt und »zum Vergleich« den verbesserten beigedruckt. Als nun Fritsch die Endtersche Firma deshalb verklagte, führte diese aus, daß sie nur in Ländern den Kalender verkauft habe, die, da römisch-katholisch, nur den gregorianischen Kalender gebrauchten, außerdem sei es unmöglich, daß Fritsch den ganzen Bedarf an verbesserten Kalendern allein decke. Trotzdem erkannte das Gericht auf eine hohe Geldstrafe. In den folgenden Jahren nun druckte die Firma Endter trotzdem ruhig den Kalender weiter, weshalb sich Fritsch 1703 erneut zur Wehr setzte. Allein, obwohl man zuerst die Konfiskation der Endterschen Kalender zu seinen Gunsten angeordnet hatte, entschied man schließlich doch gegen Fritsch. Sein Privileg wurde aufgehoben und der Kalenderdruck freigegeben 3 ). Aber auch an Kämpfen mit der Nürnberger Konkurrenz fehlte es nicht, ja selbst innerhalb der eigenen Familie treten Klagen wegen Nachdrucks auf. So war ein heftiger Streit zwischen Georg Andreas und den Felseckern wegen des Druckes eines Testamentes entbrannt. Letztere hatten nämlich einen solchen in der Weise Arch. VII, S. 147. ») Regesten pag. 1746. ') Regesten pag. 2213 u. ff., 2262, 2267 und Ratsverl. 1701.
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hergestellt, daß sie sich in Illustration und anderen Punkten deutlich an eine Endtersche Ausgabe anlehnten. Obwohl der Rat in Leipzig lange mit der Konfiskation zögerte, wie man überhaupt aus den meisten Prozessen den Eindruck gewinnt, daß die Endter mit den Leipziger Behörden nicht eben gut standen, gewann Georg Andreas doch schließlich den Prozeß 1 ). Von zwei Fällen, die Streitigkeiten wegen Nachdrucks in der Familie darstellten, berichten die Nürnberger Ratsverlasse. 1644 beklagt sich Michael Endter über Wolfgang Endter den Älteren wegen Nachdrucks, söhnt sich aber mit ihm dann wieder aus. Die andere Stelle berichtet, daß Georg Andreas 1687 befürchtete, daß Wolfgang Moritz ihm eine Bibel nachdrucke. Unter den häufigen Nachdrucksklagen der Endter und gegen die Endter sind ihrem Inhalte nach nicht alle erwähnenswert. Es sei darum auf die bisher nicht erwähnten nur hingewiesen 2 ). Alles in allem, der Gesamteindruck geht dahin, daß die Endter viel unter den mangelhaften rechtlichen Verhältnissen im Buchhandel zu leiden hatten, und daß es verkehrt wäre, gerade den Nachdruck als Hauptquelle ihres Reichtums zu bezeichnen, wo derselbe doch auch von der Konkurrenz in ausgedehntem Maße benutzt wurde, um die Endter zu schädigen. J a man hat in einem Falle, dem schon erwähnten Fritschschen Kalenderstreit, ganz den Eindruck, daß es Fritsch hauptsächlich darum zu tun war, durch die Nachdrucksklage eine Konfiskation der Endterschen Kalender während der Messe zu erreichen, um die unangenehme Konkurrenz zu schädigen, wenigstens verweigerten die »Endterschen Söhne«, als man ihnen nach Schluß der Messe ihre konfiszierten Bestände zur Verfügung stellte, die Annahme derselben und verlangten statt dessen Bezahlung. c) Z e n s u r . Ist der Nachdruck mit den ihm folgenden Schwierigkeiten gerichtlicher Art ein besonderes Merkmal des Geschäftsbetriebes Wolfgangs des Älteren und seiner Linie, so sind die Fälle von Schwierigkeiten mit der Zensurbehörde besonders charakteristisch für die Linie Georgs des Jüngeren. Solange die theologische Zensur die 1 ) Rcgesten pag. 2225 ff. und pag. 1711, sowie Arch. IX, S. 164 (Anm. 52), und Goldfriedrich II, S. 431. 2 ) Regesten pag. 1651, 1653, 2475. Arch. IX, 162 (Anm. 44). Kapp I, S. 649. Ratsverl. 1631, 1637, 1641, 1642, 1643, 1654, 1658.
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Hauptrolle spielte, war es der Verlag der katholischen Bücher, später, als die politische Zensur sich besonders stark entwickelte, war es die Herausgabe einer Zeitung, die den Stoff zu Reibungen mit dem Zensor bot. Wie schon erwähnt, hatte der Rat von Nürnberg im Jahre 1628 die Erlaubnis, daß Georg der Jüngere seine Druckerei von Fürth nach Nürnberg verlegen dürfe, mit dem Verbot verknüpft, weiterhin katholische Literatur zu verlegen. Zeigt hierin schon der Rat, wenn auch noch in harmloser Weise, seine Unduldsamkeit, in den folgenden Jahren sollte er sich in wenig günstigem Lichte zeigen. Georg der Jüngere, der 1629 starb, hinterließ sein Geschäft seiner Witwe Kunigunde, die es wegen der Minderjährigkeit der Söhne Michael und Johann Friedrich weiterführte, in den schweren Zeiten für eine Frau kein leichtes Geschäft. Diesen Umstand benutzte der Rat, um mit allem Nachdruck und aller Strenge gegen die Verlagsart dieses Endterschen Geschäftes vorzugehen, dabei wohl unterstützt von den Buchdruckern Nürnbergs, die ebenfalls den günstigen Moment wahrnahmen, um gegen ihre Konkurrenz anzukämpfen. Diese hatten gleich im Jahre 1630 den Rat gegen Kunigunde aufzuhetzen versucht. Kunigunde aber gab eine kräftige Antwort: Sie besitze jene Druckerei nicht mehr; man solle sie, die Witwe, in Ruhe lassen. Wirklich ließ man sie einige Jahre ungeschoren. Allein durch eigene Unvorsichtigkeit wurde dem Rate Veranlassung gegeben, den Kampf von neuem zu beginnen. Kunigunde hatte Predigten, ohne sie der Zensur vorher vorzulegen, wiederholt gedruckt. Die Folge war, daß man 1637 eine Untersuchung in ihrem Geschäfte vornahm, wobei man katholische Bücher fand, die außerdem zum Teil Nachdrucke waren. Kunigunde wurde in den Turm gesperrt. Nun machten ihre Söhne eine Eingabe an den Kaiser, worin sie sich bitter über den Rat beschweren, daß derselbe ihnen die Führung des Geschäftes so schwer machte wegen des Verlages katholischer Schriften, die sie doch mit kaiserlichem Privileg herausgäben und derentwegen man doch ihrem Vater keine Unannehmlichkeiten bereitet habe. Natürlich kam rasch der kaiserliche Befehl, Kunigunde freizulassen. Murrend gab der Rat diesem Machtworte nach, wobei er die Sache nun so hinzustellen versuchte, als handle es sich in diesem Falle hauptsächlich um die Achtung der Zensur, gegen welche auch kaiserliche Privilegien nichts zu sagen hätten. War auf diese Weise der Angriff des Rates abgeschlagen worden, so hörte dieser doch nicht auf, von Zeit 4
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zu Zeit seinen Unwillen über Michael und Johann Friedrich, die nun die Führung des Geschäftes übernommen hatten, wegen des Druckes katholischer Werke Luft zu machen. So in den Jahren 1643 und 1653 1 ). Man kann sagen, daß der Wechsel des Übergewichtes der theologischen Zensur zu dem der politischen sich in der Zeit kurz nach dem Dreißigjährigen Kriege, soweit es wenigstens Nürnberg betrifft, vollzogen haben muß. Wenigstens ist der Fall theologischer Zensur von 1653 der letzte, soweit es die Endter angeht. Mit dem Aufkommen der periodischen Presse in den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts mag sich der Umschwung vollständig vollzogen haben. Es sei uns aber gestattet, das Verhältnis der Endter zur politischen Zensur im folgenden Abschnitte darzulegen, der über die so eng damit im Zusammenhang stehende Zeitung der Endter handeln soll. Das Verhältnis der Endter Wolfgangscher Linie zum Zensurwesen ist von ganz anderer Art. Als Verleger protestantischer Literatur boten sie der heimischen Zensur nur wenig Gelegenheit zum Eingreifen. Es waren mehr persönliche Momente, die zu einem solchen führen konnten. So wird Wolfgang 1613 bestraft wegen eines Traktätleins, das einen Pfarrer in recht ungünstiges Licht zu setzen berufen war; ferner werden 1645 eine Anzahl Schmähschriften bei ihm konfisziert. Interessant ist die Rolle, welche die Leipziger Zensur bei den Endtern spielte. Die eine Nachricht, die von einer Tätigkeit derselben wegen eines Endterschen Buches berichtet, zeigt sie uns als eine Behörde, deren Entscheidungen man als Gutachten bei Prozessen gut brauchen konnte. Es handelte sich um einen Streitfall, den Wolfgang Endter mit den Stern in Lüneburg hatte 2 ). Als diese Wolfgang, der über ein gleiches Buch wie sie privilegiert war, verklagten, bewies dieser die Nützlichkeit seines Buches durch das Gutachten der theologischen Fakultät in Leipzig, die damals die theologische Zensur übte. Bemerkenswert ist ein anderer Fall, der in diesem Zusammenhange auch erwähnt werden muß. Der Rat von Leipzig glaubte in einem bei Wolfgang Endter gedruckten Kalender eine Stelle l ) Ratsv. 1628, 1630, 1635, 1637, 1638, 1643, 1652 und akten, Wien.
") Arch. I X , S. 175.
Impressoria-
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gefunden zu haben, die gegen das Haus Sachsen gerichtet sein sollte. Der Rat, der die Endter wahrscheinlich wegen ihrer auf Kosten Leipziger Buchhändler erworbenen Bedeutung nicht gerade besonders geschätzt haben mag, benutzte diese Gelegenheit, um auch in Dresden gegen sie Stimmung zu machen. Allein vergebens, das Oberkonsistorium, verärgert dadurch, daß der Rat in seinem Übereifer schon Konfiskation angeordnet hatte, stellte die Stelle als gänzlich harmlos hin und verbat sich beim Rate so eigenmächtiges Vorgehen 1 ). Daß die jesuitische Zensur in den Osterreichischen Erblanden bei ihrer ausgedehnten Ausübung auch Bücher der Endterschen Verlage betraf, zeigt sich 1720. In diesem Jahre waren die Jesuiten auf mehrere Bücher gestoßen, deren ketzerischer Inhalt sie zum Verbot derselben veranlaßte. Unter diesen Büchern befand sich auch eines von Wolfgang Moritz und seinen Vettern seit 1764 verlegtes, mit dem Titel: »De vita Fausti« 2 ). Wie hinderlich die Zensur für den Buchhandel war, das zeigen verschiedene Ratsprotokolle Nürnbergs. So hatte z. B. der Buchhändler Lochner Michael Endter wegen Nachdrucks verklagt. Gleich benutzte der Rat die Gelegenheit, um nachzuforschen, ob die strittige Schrift auch die Zensur passiert hatte, ein Zeichen, daß er sich bewußt war, wie gerne diese Behörde umgangen wurde. Tatsächlich stellte sich heraus, daß beide, Kläger und Beklagter, versäumt hatten, dem Zensor ihr Druckerzeugnis vorzulegen. Eine ernste Vermahnung war die Folge. Daß das Umgehen der Zensur in gewisser Beziehung wirklich gerechtfertigt war, geht aus einem anderen Protokoll hervor. 1682 hatte ein Endter, es ist nicht zu ersehen welcher, Kalender herausgegeben über Angaben von Nürnberg, die nicht in allen Punkten richtig waren. Statt nun nur diese Ausgabe zu konfiszieren, ging der Rat noch weiter und bedeutete dem Drucker, in seinem Kalender hinfort überhaupt Angaben über Nürnberg wegzulassen. Zu dieser Empfindlichkeit in Zensurangelegenheiten gesellte sich noch die Möglichkeit, mit Hilfe dieser Behörde seiner Konkurrenz Schaden anzutun. So hatten die Felsecker 1701 herausbekommen, daß •Georg Andreas den unverbesserten Kalender weiter drucke, ohne ihn dem Zensor vorzulegen. Sofort benutzten sie diese Gelegen») Arch. IX, S. 164 (Anm. 52), und Regesten pag. 1711. 2 ) Arch. VI, S. 175. 4»
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heit, ihren verhaßten Konkurrenten mißliebig zu machen, und zeigten den Fall dem Rate an 1 ). d) D i e E n d t e r
und
das
Zeitungswesen.
Wenn wir im folgenden Abschnitte von der bisherigen Gliederung abweichen und die Zeitungsunternehmungen der Endter als Verlagsteil und ihr Verhältnis zur Zensur in einem Abschnitte zusammenfassen, so hat das einmal seinen Grund darin, daß die beiden Teile so eng aneinander gekettet sind, daß eine Trennung nicht praktisch erscheint, außerdem aber sind die Zeitungsunternehmungen der einzige Teil Endterscher Verlagstätigkeit, den wir in seiner Entwicklung genau übersehen können, weshalb eine besondere Darstellung dieses Zweiges tunlich erscheint. Dazu kommt, daß wir ein Stück Zeitungsgeschichte auf diese Weise geben können, dessen Zerreißung in einzelne Teile nur auf Kosten der Anschaulichkeit möglich wäre. Wenn auch Nürnberg schon im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts ähnlich wie andere deutsche Städte angefangen hatte, die geschriebenen Zeitungen durch gedruckte zu ersetzen, die wöchentlich erschienen, so verschwinden diese periodisch erscheinenden Blätter doch rasch wieder. Hieran mag der Dreißigjährige Krieg weniger mit seinen Schrecknissen als insofern Schuld gewesen sein, daß er durch die vielen bemerkenswerten Ereignisse während seiner Dauer in Nürnberg, das an sich schon ein Hauptsammelpunkt aller wichtigen Nachrichten war, den Flugblättern und unregelmäßig herausgegebenen Einblattdrucken besonders Vorschub leistete 2 ). Gerade dieser Einblattdruck ist es, mit dem uns die Endter als Zeitungsdrucker das erstemal entgegentreten. 1656 beklagen sich nämlich die Zeitungsschreiber Nürnbergs, daß Wolfgang und Michael Endter sie durch den Druck von Zeitungen zugrunde richteten 3 ). Die weitere Entwicklung des Zeitungswesens war in den beiden Endterschen Linien eine vollständig verschiedene. Die Wolfgangsche Linie wandte sich nie der Ausgabe eines periodisch erscheinenden Blattes zu. Sie begnügte sich mit der »Kalenderzeitung«, ») 2 ) Bücher >)
Ratsv. 1701. Goldfriedrich II, S. 41; Prutz S. 220; Salomon I, S. 14 und S. 66. S. 231. Ratsv. 1656.
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d. h. mit der damals schon häufigen Anfügung einer Tabelle wichtiger Daten in ihren Kalendern 1 ). Die Linie Georgs des Jüngeren dagegen strebte mit aller Macht danach, ein Privileg auf eine gedruckte Wochenzeitung zu erlangen. Die Anfänge periodischen Zeitungsdruckes durch diese Endter fallen in den ersten Türkenkrieg (1662—1664). In dieser Zeit druckte Michael Endter eine »Wöchentliche ordinari Zeitung«. Allein 1675 mußte er dieses Unternehmen einstellen, weil Wolf Eberhardt aus der in dieser Zeit stark emporstrebenden Buchhändlerfamilie der Felsecker sich vom Kaiser ein Privileg auf die Wochenzeitung in Nürnberg geben ließ und so Michael, der bisher entweder ohne Privileg die Zeitung gedruckt hatte oder es versäumt hatte, dasselbe zu erneuern, vom Zeitungsdruck abgedrängt wurde. Pünktlich erneuerte der oben genannte Felsecker und nach seinem Tode sein Sohn Johann Jonathan in der Folgezeit das Privileg 2 ). Balthasar Joachim, der nach seines Vaters Tod die Druckerei übernahm, verpaßte außerdem noch den günstigen Moment, neben dem Felseckerschen Privileg sich seinerseits eines zu erwerben, sondern überließ es seinem Konkurrenten Lochner, der wie die Felsecker während des Türkenkrieges schon der Endterschen Zeitung unliebsame Konkurrenz gemacht hatte, die Gunst des Augenblickes auszunutzen. Der Zusammenhang war folgender: Der Rat von Nürnberg war sehr wenig mit den gedruckten Zeitungen zufrieden. 1663 dachte er daran, sie ganz zu verbieten, weil man mit ihnen »sonderbares odium auf sich ladet« 3 ). Dazu kam noch, daß die Zeitungsschreiber ihm angenehmer waren, weil sie leichter zu beaufsichtigen waren, da sie nicht in so kurzer Zeit große Mengen von Nachrichten verbreiten konnten. 1687 dachte er sogar daran, zugunsten der Zeitungsschreiber die bestehenden gedruckten Zeitungen durch den Kaiser kassieren zu lassen4). Obwohl nun der Rat, wie ein Protokoll von 1663 beweist, seinen Kanzleidrucker bevorzugte und die Endtersche Zeitung gegen die Übergriffe der Felsecker und Lochner verteidigte, also deutlich gezeigt hatte, daß er für das Endtersche Unternehmen mehr Sympathie hege Ratsver!. 1700 u. Goldfriedrich II, S. 40. ) S. Anl. Es sei hier darauf hingewiesen, daß auf die Felseckersche Zeitung der Fränkische Kurier zurückgeht (Hampe, Fränkischer Kurier 1896, Nr. 298.). ») Ratsv. 1663. 4 ) Ratsv. 1687 u. Goldfriedrich 11, S. 45. J
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— er hatte ja auch den Kanzleidrucker mehr in der Hand —, gelang es Lochner doch 1684, ein zweites kaiserliches Zeitungsprivileg für Nürnberg zu erreichen 1 ). Wenn zwar Balthasar Joachim auf diese Weise noch mehr vom Zeitungsdruck abgedrängt worden war, so dachte er dennoch nicht an ein vollständiges Verzichten; er lauerte vielmehr auf einen günstigen Moment, um seine beiden Gegner aus ihrer privilegierten Stellung zu werfen. Anfang der neunziger Jahre des 17. Jahrhunderts bot sich ihm eine solche Gelegenheit. Johann Jonathan Felsecker war gestorben und seine Kinder hatten versäumt, das 1690 abgelaufene Zeitungsprivileg zu erneuern, außerdem hatte Lochner, der es nie zu bedeutender Geschäftstätigkeit brachte, schon seit einigen Jahren von seinem bis 1694 laufenden Privileg keinen Gebrauch gemacht. Diese Gunst der Verhältnisse vermochte nun auch Balthasar Joachim aus seiner Saumseligkeit zu wecken, wobei freilich auch mitgesprochen haben mag, daß der Zeitungsdruck in dem Geschäftsbereiche der Kanzleidrucker ein beliebter Artikel war 2 ). Eine Eingabe um ein Privileg an den Kaiser hatte den gewünschten Erfolg. Man gab ihm das Privileg über eine Zeitung mit dem Titel: »Teutscher ordinari und extraordinari Friedens-und Kriegskurier« 3 ). Allein nicht lange konnte sich Balthasar Joachim dieses Erfolges ungestört freuen. Die Vormünder der Felseckerschen Kinder nannten das Privileg erschlichen und wandten sich um Hilfe an den Rat. Dieser nahm sich auch tatsächlich der schutzflehenden Felsecker an, indem er dem Endter die Benutzung des Privilegs verbot, bis eine Entscheidung aus Wien käme. Allein inständiges Bitten Balthasar Joachims vermochte ihn doch dazu zu bewegen, das Erscheinen der Endterschen Zeitung zu erlauben, wenn nur die Zensur entsprechend beachtet werde 4 ). Die Ratsprotokolle der folgenden Jahre erzählen nun von einem langen Hin und Her, das sehr charakteristisch für die Privilegienstreitigkeiten der damaligen Zeit ist. In Wien hatte man eingesehen, daß man unmündige Erben in Nachteil gebracht hatte, anderseits aber konnte man an dem rechtlich korrekt erworbenen Endterschen Privileg nicht rütteln; l
) *) ») *)
S. Anl. V. Goldfriedrich II, S. 100. S. Anl. V. Ratsv. 1693.
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man versuchte daher, den Rat zu bewegen, einen Vergleich der streitenden Parteien herbeizuführen. Dieser aber zeigte wenig Lust, sich in die Sache weiter einzumischen und die von Wien gemachten Fehler zu verbessern. So kam es, daß erst 1696 der Streit sein Ende fand, indem der Kaiser dahin entschied, daß das Endtersche Privileg erst mit dem neuen Jahrhundert, und zwar neben dem Felseckerschen, Gültigkeit erlangen sollte 1 ). Damit waren wenigstens für die folgenden J a h r e Zwistigkeiten unmöglich, allein gleich zu Anfang des Jahres 1700 entbrannte der Kampf von neuem, weil die Felsecker der nun auftretenden Konkurrenz Balthasar Joachims dadurch begegneten, daß sie die Zeitung täglich erscheinen ließen 2 ). Die deshalb eingereichte Klage Balthasar Joachims fand beim Rate um so günstigere Aufnahme, als dieser, ängstlich bedacht auf genaue Zensur, auf die Felseckersche Zeitung schlecht zu sprechen war 3 ). Deutlich spricht der Rat es 1701 aus, daß der Zeitungsdruck vor Extension bewahrt werden solle, weil die Felsecker verschiedene Male, unbekümmert um die vom Zensor gemachten Korrekturen, Nachrichten so veröffentlicht hatten, wie es ihnen gutdünkte 4 ). Kaum h a t t e Balthasar Joachim mit Hilfe des Rats seinem Blatte die Existenz gesichert, mußte er wie die Felsecker in den Kampf gegen die Kleinlichkeit des Nürnberger Rats eintreten. 1701 gleich erhält er eine Rüge wegen einer von ihm gebrachten Notiz, die der Stadt »zu unglimpff« ausschlagen könne. Die ungefährlichsten Nachrichten erzürnten den Rat, kein Zensor konnte es ihm recht machen 5 ). Fast kein Verweis wird dem Zeitungsverleger erteilt, ohne auch dem mit Arbeit überladenen Zensor unwillige Ermahnungen zu geben. 1702 bittet sogar laut Protokoll ein Zensor um Amtsenthebung, weil man ihm bei den harmlosesten Zeitungsnotizen schlechte Handhabung seiner Zensur vorwerfe. Wie sich der R a t die Zensur dachte, zeigt ein Protokoll von 1708: der Zensor solle nur Indifferentes aufnehmen. Was in Regensburg, Frankfurt und Wien schon genehmigt worden sei, dürfe aus dortigen Blättern herübergenommen werden, falls es nicht etwa f ü r Nürnberg Unangenehmes enthielte. Die Drucker aber und »Kompilatoren« 2
) 3 ) 4 ) 6 )
Ratsv. 1694—1696. Es ist dies ein interessantes Motiv für das öftere Erscheinen der Zeitung. Ratsv. 1700. Ratsv. 1701. Ratsv. 1701 und Hampe a. a. 0 .
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sollten sich »mit mehrer circumspektion, Vernunft und Bescheidenheit aufführen«. Einige besonders hervorstechende Fälle, die von der peinlichen Vorsicht des Rates zeugen, mögen unter den vielen herausgegriffen sein 1 ). 1705 mußte bei der Nachricht über den Sieg gegen die bayerischen Bauern, in der sog. Mordweihnacht, alles, was das »Massaker« betraf, weggelassen werden. 1709 darf ein Traktat über die sächsischen Zölle nur nach eingehender Zensur gedruckt werden. 1711 drohte man Balthasar Joachim sogar mit Turmstrafe, weil er eine Nachricht vom Übertritt eines Geistlichen mit seinen vier Kindern zum katholischen Glauben gebracht hatte. Über die Kriegszüge Karls XII. von Schweden durfte überhaupt nichts in die Blätter kommen. Als 1714 die Endtersche Zeitung dennoch einen Artikel darüber brachte, drohte man Balthasar Joachim mit Suspension; den Verfasser, einen Gymnasialrektor, zitierte man vor Gericht, den Zensor aber sperrte man kurzerhand zwei Tage ein. 1715 wagte Balthasar Joachim dennoch noch einmal einen Artikel über die »Comoedie vom König von Schweden« in die Zeitung aufzunehmen mit dem Erfolge, daß er nur auf inständiges Bitten hin von einer dreitägigen Gefängnisstrafe nur kurze Zeit abbüßen mußte. Als 1712 der Endtersche »Postillon«, das war der gewöhnliche Titel der Endterschen Zeitung, vom Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz mit dem Zusätze »höchstseligen Angedenkens« gesprochen hatte, obwohl dieser noch lebte, erklärte charakteristisch der Rat, es sei »von beysetzung der sentimenten über ein oder ander Begebenheit zu abstrahieren« 2 ). Es war dies eine der Zeit entsprechende Ansicht, sagt doch 1697 Stieler: Ein Urteil in Zeitungen zu fällen ist ungebührlich 3 ). Diese Strenge der Ansicht ging aber noch weiter. 1716 hatte die Endtersche Zeitung einen Artikel über die Krönung des Prätendenten und die Niederlage des Grafen von Sunderland gebracht, »worüber sich«, nach Ansicht des Rates, »übelgesinnte erfreuen mögten«. Man ließ dem Zensor bedeuten: »Sachen, worüber hiesig löbliche Stadt sich bey andern jalousie erwecken, oder verdrüßlichkeit über den Halß ziehen könnte nicht stehen zu lassen, sondern in der gleichen Dingen alle Behutsamkeit zu gebrauchen« 4 ). Noch weniger ») ') 3 ) 4 )
Ratsv. 1701—1703, 1705, 1709—1714. Ratsv. 1712 und Hampe a. a. O. Goldfriedrich II, S. 53. Ratsv. 1716 und Hampe a. a. O.
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begreiflich erscheint das Vorgehen des Rates in einem Falle von 1717. Im Postillon war auch eine Beschreibung des Görlitzer Brandes erschienen, worin erwähnt war, daß das Reichenberger Tor wegen seiner Stärke von den Schweden den Namen Trotzkaiser erhalten habe. Diese schreckliche Stelle empörte den Rat so, daß er obige Mahnung an den Zensor in strengerer Form noch einmal ergehen ließ1). Solche Zensurverhältnisse hatten natürlich nur zur Folge, daß die Zeitungsdrucker immer wieder versuchten, diese Behörde zu übergehen, was aber nicht immer, wie bei den bisher erwähnten Fällen, mit Ermahnungen abging; wurde doch Balthasar Joachim 1716 wegen zu geringer Beachtung der Zensur zwei Tage in den Turm gesperrt. Man darf sich aber nicht vorstellen, daß der Nürnberger Rat immer nur aus eigener Initiative so streng verfuhr. Er wurde auch manchmal von denjenigen, die sich durch die meist harmlosen Artikel »verletzt« fühlten, dazu veranlaßt, so z. B. 1709 in einem Falle von Hamburg, 1713 vom Herzog von SachsenEisenach, der sich über eine Darstellung über das Duellieren in Jena in der Endterschen Zeitung beschwerte 2 ). Daß natürlich der Rat bei seiner Ängstlichkeit auch sorgsam darüber wachte, daß die Zeitungen nicht an Umfang zunehmen, war klar. Wir erwähnten schon, wie er 1701 weitere Extension derselben verbot. 1702 wurde zwar das Erscheinen der Zeitungen auf dreimal die Woche festgesetzt, allein die Drucker halfen sich damit, daß sie eine größere Seitenzahl einführten. Das veranlaßte den Rat 1707 zu weiteren Maßregeln, deren Durchführung aber nicht nachweisbar ist. Es wurde vorgeschlagen: die Zeitungen auf ein Blatt zu beschränken und jeden halben oder ganzen Bogen mehr mit 1 fl. Strafe zu belegen. Auch 1708 beschäftigte man sich noch mit solchen Angriffen gegen die Zeitungen 3 ). Aber auch in diesem Falle läßt sich nicht ersehen, ob man zu einer gesetzlichen Regelung des Nürnberger Preßwesens kam. Auch bei der äußeren Ausstattung der Zeitungen verlangte der Rat ein Wort mitzusprechen. So greift er, wie die Ratsverlasse von 1703 und 1707 z. B. beweisen, ein, indem er größeren Druck verlangte. Interessant ist, daß, obwohl Anfang des 18. Jahrhunderts der Nürnberger Rat im ganzen noch in einer den Zeitungen feindlichen Ratsv. 1717 und Hampe a. a. O. ) Ratsv. 1709 und 1713 sowie Hampe a. a. O. 3 ) Ratsv. 1707 und 1708. 2
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Stellung verharrt, er dieselben dennoch in wenigen Fällen als sein offizielles Organ benutzt, so 1708, in welchem Jahre er eine Veröffentlichung der Bestrafung von Landstreichern mit dem Zwecke der Verwarnung in den Zeitungen machen läßt, und 1713, wo er die Nürnberger Presse veranlaßte, das Nachlassen der Seuche in Regensburg zu berichten 1 ). Ein in verschiedener Hinsicht interessanter Streit ist der, welcher zwischen den Felseckern und jenem Wolfgang Andreas Endter, den wir schon aus seinem Prozeß mit seinem Bruder Johann Daniel kennen, ausgefochten wurde 2 ). Es waren nämlich die Titel der Zeitungen bis dahin ziemlich wechselnde gewesen. Wir lernten oben schon den Titel der Endterschen Zeitung, wie er privilegiert war, kennen; wir sahen auch schon, daß in späteren Jahren die Endtersche Zeitung unter dem Namen »Postillon« zitiert wird. 1713 nun hatte der Kaiser den Titel »Teutscher ordinari Friedensu. Kriegskurier« den Felseckern privilegiert und dabei Balthasar Joachim anbefohlen, als Haupttitel seiner Zeitung vorzusetzen: »Staffetta und schneller Postillon«, den einst privilegierten Titel aber als Untertitel zu führen, da derselbe dem Titel der Felseckerschen Zeitung zu ähnlich war und daher Verwechslungen nicht ausgeschlossen gewesen wären. Als nun Wolfgang Andreas seinem Bruder gegenüber sich das Recht des Zeitungsdruckes anmaßte und tatsächlich mit der Herausgabe einer bei Sigmund Froberg gedruckten Zeitung begonnen hatte, zeigte sich nur zu bald, daß der buchhändlerisch unerfahrene Mann es in keiner Weise verstand, es mit der Felseckerschen Konkurrenz aufzunehmen. Um nun doch sein Blatt durchzusetzen, nannte er sein Blatt nur »Teutscher ordinari und extra ordinari Friedens- u. Kriegskurier«, setzte also den konzessionierten Nebentitel als Haupttitel auf die Zeitung, um so Verwirrung beim Publikum anzurichten. Die Felsecker beschwerten sich deshalb beim Kaiser und benutzten die Gelegenheit, um auch einen Vorstoß gegen das Endtersche Unternehmen überhaupt zu machen. Zwei Zeitungen seien zu viel an einem Ort, außerdem sei Wolfgang Andreas gar kein gelernter Buchdrucker, könne wegen seiner Heirat auch keiner werden und ließe deshalb bei einem andern drucken. Sie verfehlten auch nicht, auf den schlechten Lebenswandel dieses Endters hinzuweisen. Allein dieser ») Ratsv. 1708 und 1713. ä ) Vgl. 1, 2.
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Angriff gelang nur teilweise. Wolfgang Andreas wurde vom Kaiser Karl VI. nur gemahnt, den Titel zu ändern, den Felseckern gegenüber aber betonte die kaiserliche Entscheidung ausdrücklich, daß an den Endterschen Rechten auf den Zeitungsdruck nicht zu rütteln sei. Bemerkenswert ist diese Entscheidung deshalb, weil der Kaiser damit deutlich zeigte, daß er die Benutzung eines Privilegs durch einen Unzünftigen durchaus nicht als Grund zur Aufhebung der verbrieften Rechte ansah, dann aber auch deshalb, weil mit dieser kaiserlichen Entscheidung die unklaren Verhältnisse, die in Nürnberg in bezug auf die Überschriften der Zeitungen herrschten, wenigstens insofern beseitigt wurden, als der Titel »Teutscher ordinari usw.«, der früher allgemeiner Titel war und von Felsecker, Endter und Lochner gebraucht worden war, nun der Felseckerschen Zeitung allein zugeschrieben wurde und auch geringe Variationen desselben von anderen nicht gebraucht werden durften 1 ). Johann Daniel, der ja schließlich durch den Vergleich mit seinem Bruder wieder in den Besitz der Zeitung kam, wählte, wie das einzige erhaltene Blatt vom 14. September 1725 zeigt, nur den Titel »Der schnelle Postillon«2). Dieses vierseitige Blatt in Quartformat ist auch deshalb interessant, weil es zeigt, wie und über was eine damalige Zeitung in Nürnberg unterrichtet war. Lokale Nachrichten und Anzeigen fehlten vollständig. Die Zeitung ist nur eine Sammlung von Neuigkeiten, die aus anderen großen Städten des In- und Auslandes eintrafen. So bringt das Endtersche Blatt Nachrichten: Aus Wien vom 8. September, aus London vom 31. August, aus Köln vom 9., aus Breslau vom 1. September und eine Nachricht vom Weichselstrande vom 30. August. Leider können wir aus keiner der erhaltenen Nachrichten über das Endtersche Zeitungsunternehmen ersehen, ob die in den Ratsverlassen von 1708 genannten Kompilatoren schon seit längerer Zeit in Nürnberg die Zusammenstellung solcher Nachrichten besorgten oder ob in früherer Zeit Michael Endter Redakteur und Verleger in einer Person war, wie es bei den ersten Zeitungen die Regel war 3 ). Dies ist wohl anzunehmen, denn die Redaktion entwickelte sich im allgemeinen erst allmählich und die ersten Zeitungen kamen meist in der Weise zustande, daß der ZeitungsImpressoriaakt, Wien. ) Germ. Mus. Nürnberg. 3 ) Hampe a. a. 0 . 2
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Verleger die Ordinari-Avisen der Post einfach abdruckte, wie er sonst das Manuskript eines Gelehrten oder Schriftstellers abdruckte 1 ). 4. Sortiment und andere Geschäfte der Endter. Wie für den ganzen Handel die Messen von durchschlagender Bedeutung waren und ihm vom Mittelalter bis weit hinein in die Neuzeit das Gepräge gaben, so galt dies auch für den Buchhandel. Die Buchdruckerkunst hatte aus den literarischen Erzeugnissen eine Ware gemacht, die nun ganz wie jede andere verkauft werden konnte und mußte. So gliederte sich ganz von selbst der Buchhandel in den übrigen Handel ein und benutzte wie dieser die Messen als seine Hauptstützpunkte. So enthält denn die Beschreibung des Meßbesuchs einer Firma des 16. und 17. Jahrhunderts in gewisser Weise den Hauptteil der Beschreibung der buch h ä n d l e r i s c h e n Tätigkeit — buchhändlerisch im engeren Sinne aufgefaßt — überhaupt. Gilt dies allgemein, so gilt es ebenso im besonderen für den Buchhandel der Endter, obwohl dieser in vieler Hinsicht von der allgemeinen Norm abweicht. Die Endter begnügten sich nämlich zur Zeit ihres Glanzes nicht damit, auf die Messen von Frankfurt und Leipzig zu ziehen, um dort ihre eigenen Verlagsartikel in weiteren Kreisen bekannt zu machen und die Bücher anderer Verlage für ihr Sortiment in Nürnberg einzukaufen, sondern sie besuchten auch eine Unzahl Messen größerer und kleinerer Städte und trieben dort Handel mit eigenen und fremden Verlagswerken, ja noch mehr, es machte die Hauptbedeutung der Endter im Sortimentshandel aus, daß sie in abgelegenen Orten die auf den großen Messen eingekauften Bücher vertrieben 2 ). ») Bücher S. 246. *) Eingabe des Frankfurter Rates an den Kaiser vom 13. I. 1671 (Abschriften aus dem Frankfurter Stadtarchiv, Bibl. d. Börsenvereins d. d. B.). Vgl. Abschn. I, 3, Anm. 8 u. 9. Für den Verkehr zwischen den Messen, von Adrian Beyer »Landhandel« genannt (Goldfriedrich II, S. 287), mag wohi die Endtersche Geschäftspraxis typisch sein. Man muß bei ihr scheiden zwischen dem Besuch der großen Messen zu Frankfurt und Leipzig und dem Besuch der Jahrmärkte verschiedener Orte, welch letzterer eben den Landhandei darstellt. Vgl. die im folgenden (Anm. 17) genannten Kataloge zu den Dulten in München und Ingolstadt. Vgl. auch den Buchhandel der Buchbinder und die Handelstätigkeit Feyerabends. Arch. XVII, S. 231, 170, 171.
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Wenn wir oben zugeben mußten, daß die Endter, soweit es das Verlagsgeschäft betrifft, sich durch ziemlich skrupelloses Vorgehen zu ihrer monopolistischen Stellung in der Erbauungsliteratur emporarbeiteten, so können wir hier, bei der Schilderung der Tätigkeit als Sortimenter, rückhaltlos ihre Energie bewundern, die es trotz der schweren Zeiten verstand, weit durch die Lande und in abgelegene Orte die literarischen Erzeugnisse der damaligen Zeit zu tragen. Und wahrhaftig hatten sie es nicht leicht, aberall traten ihnen Hemmnisse entgegen, deren Überwindung große Opfer an Geld, Tatkraft, ja sogar persönlicher Tapferkeit erforderten. Besonders die Zeiten des Dreißigjährigen Krieges stellten die höchsten Anforderungen an Wolfgang den Älteren und seine Söhne. Erzählt doch M. Tobias Ruprecht in seiner Leichenrede auf den großen Endter: Er »hat sich nicht leichtlich eine Mühe dauren lassen, sonderlich im jüngst verlauffenen 30 jährigen Krieg, die meinste Zeit mit Reißen T a g und Nacht zugebracht, und darüber von Soldaten vielmahlen angefallen, ausgeplündert, und einsmals gar gefänglich weggeführet worden, da er denn etliche Woche in nicht geringer Leib und Lebensgefahr gesteckt, so ihme manche tieffe Seuffzer und heiße Andacht zu Gott erweckt, zu geschweigen an jetzo des vielmahligen Verlustes so er durch Plünderung auf der Straßen erlitten.« Noch mehr hatte Wolfgang der Jüngere auszustehen, wie der Leichensermon des gleichen Geistlichen anläßlich seines Todes berichtet: Er wurde 1646 auf der Rückreise von der Frankfurter Messe von Straßenräubern angefallen und durch zwei Schüsse verletzt. Nur durch die von einem Soldaten ihm gereichte Erquickung war es ihm möglich, sich noch bis nach Nürnberg zu schleppen, um dort Heilung zu finden. Trotz alledem erlahmte seine Tatkraft nicht. Schon 1647 wieder machte er eine große Reise nach Livland und Schweden. Eine beschwerliche Reise nach Breslau war es schließlich auch, die den Todeskeim in ihn legte. Unsere Bewunderung steigt noch, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß schon von 1637 an, also mit dem 16. Jahre. Wolfgang der Jüngere auf den Frankfurter und Lejpziger Messen seinen Vater vertritt. Zu diesen Schwierigkeiten, die allein schon der Weg nach den Meßplätzen mit sich brachte, kamen aber noch weitere. 1641 z. B. wurde Wolfgangs ganzes Bücherlager in München mit Beschlag belegt, weil der eben anwesende Wolfgang von einem schwedischen Feldmarschall ein Schreiben erhalten hatte, ein Zeichen,
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wie weit man die zwischen Kaiserlichen und Schweden herrschende Feindschaft wirken ließ1). Ein anderer Fall, bei dem Wolfgang direkt von den Unannehmlichkeiten des Krieges betroffen wurde, war folgender: 1642 war sein Geschäftsführer gerade vor der Belagerung Leipzigs durch die Schweden eingetroffen und mußte 175 Taler Kriegskontribution bezahlen, während weitere 45 Taler die für ihn tätigen Fuhrleute auf sich nahmen 2 ). Zeigten sich in diesem Falle letztere noch entgegenkommend, so scheinen sie sonst nicht immer zur Zufriedenheit Wolfgangs sich benommen zu haben. Wenigstens beklagt er sich 1632 beim Rate von Nürnberg über sie8). Aber auch nach dem großen Kriege waren die Verhältnisse noch nicht die sichersten. Z. B. wurden für Johann Andreas bestimmte Bücherballen 1667 auf dem Wege nach Nürnberg sechs Wochen aufgehalten. Als sie dann schließlich eintrafen, machte man Schwierigkeiten, sie zollfrei in die Stadt zu lassen, weil man nicht glauben wollte, daß sie noch zu den Meßgütern gehörten 4 ). Auch unter den Münzverhältnissen hatte man zu leiden, so wurde 1687 Balthasar Joachim in Prag von einem Italiener mit falscher Münze betrogen 6 ). Trotz aller dieser Schwierigkeiten erstreckt sich der Handel der Endter mit Büchern frühzeitig auf weite Gebiete. Einem Schreiben des Lindauer Rates an den von Nürnberg aus dem Jahre 1626 kann man entnehmen, daß Jörg Endter auf seinen Reisen im Süden bis Wien und an den Bodensee kam, im Norden bis Holstein 6 ). Besonders im Süden Deutschlands und in den österreichischen Erblanden sowie Böhmen sorgten die Endter für den Absatz 7 ). Dazu kam noch Schlesien, als ein Gebiet, in dem sie auf den Messen auftraten 8 ). Bei den weiten Reisen, die besonders auch Wolfgang der Ältere in deutschen Landen gemacht haben mag, ist es nicht zu verwundern, daß er während des Dreißigjährigen ») Ratsv. 1641. ») Arch. XI, 202 (Anm. 28). ») Ratsv. 1632. •) Ratsv. 1667. «) Ratsv. 1687. •) Ratsv. 1626. ') Schreiben des Frankfurter Rates an den Kaiser vom 3. I. 1676 (a. a. 0 . ) und Katalog von 1718 von Wolf gang Moritz (Staatsbibl. München). 8 ) VgL Wolfgang des Jüngeren Reise und Regesten pag. 2213—2215.
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Krieges mehrere Male dem Nürnberger Rate über Kriegsneuigkeiten Bericht erstatten muß 1 ). Ob die Endter noch in weiteren Gebieten buchhändlerisch eine bedeutende Rolle spielten, ist nicht ohne weiteres zu entscheiden. Die schon erwähnten Reisen nach Paris, Genf, Schweden, Holland und Livland ließen es eigentlich vermuten, auch zeigt das noch näher zu besprechende Memoriale der Endter an den Kaiser von 1668, daß sie sich bemühten, ihre eigenen Verlagsartikel bis nach England zu bringen 2 ). Die Bemühungen der Endter, durch die Geschäftsverbindung mit anderen tüchtigen Buchhändlern ihrer eigenen Ware den Absatz zu sichern, reichen weit zurück. Verzeichnet doch schon Georg Apel jun. unter seinen »Außenständen« auf den Namen Georgs des Jüngeren einen Posten von über 617 fl. Apel war aber ein Buchhändler, der, wie später die Endter, besonders die Verbreitung der Bücher in die kleinen Städte besorgte 3 ). Es ist natürlich außerordentlich schwer zu bestimmen, wie dieser großzügige Meßbetrieb der Endter im einzelnen organisiert war. Nur wenige verstreute Bemerkungen lassen hie und da einen Einblick in diese Verhältnisse zu. So läßt sich feststellen, daß die Endter an den größeren Plätzen Niederlagen hatten, ja auch besondere Vertreter aufgestellt hatten. In den Leipziger Prozessen wird gar manches Mal ein Vertreter genannt, und aus einem Akt läßt sich ersehen, daß die Endter ihr »Gewölbe« im Fürstenhause daselbst besaßen 4 ). Auch in Wien war ein Mann mit ihrer Vertretung betraut, derselbe übermittelt 1659 die zweite Klage wegen des holländischen Nachdrucks an den Kaiser. Für Wolfgang Moritz können wir auch in München einen Buchladen nachweisen, der nach einem Katalog von 1719 sich in der Rosengasse unter dem Hertelschen Hause befand 6 ). Es ist bedauerlich, daß von den Endterschen Sortimentskatalogen nur wenige erhalten sind. Die Straßburger Bibliothek besitzt einen solchen von Wolfgang Endter aus dem Jahre 1639, allein dieser ist der einzige, der aus der besonders interessanten Zeit des Aufschwungs uns erhalten ist. Der nächste ist schon vom Jahre 1670. Ist somit eine tabellarische Übersicht der Gel ) *) ») 4 ) 6 )
Ratsv. von 1631 und 1638. Vgl. Abschn. III und Anlage. Archiv XIII, 196. Regesten pag. 1653. Münchener Staatsbibliothek.
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schäftsentwicklung an der Hand von Katalogen unmöglich, so ist es dennoch interessant, diese Kataloge näher zu analysieren. Der Katalog von 1639 trägt den Titel: »Newe Bücher Frankfurter Herbst-Meß, anno 1639 bey Wolffgang Endter in Nürnberg zu finden« und verzeichnet, auf die alte Anschlagform zurückgehend 1 ):
Format
Fol.
4"
8°
12°
Libri theologici latini Teutsche theologische Bücher . Libri theol. Theologorum Pontificorum Libri juridid Libri medici Libri philosophici et historici . Teutsche historische Bücher . . Musikalische Bücher Summe
___
5 8
2 3
2
11
5 3 4 11 1 3 40
Lateinische Bücher Deutsche Bücher
10 1
28 12
11
40
Summe
1 6 2 1 1 — —
,
6
Summe 7 15
1
21 5 5 19 5 4
7
2
81
4 3 7
1 1 2
57 24 81
—
—
—
14 7 21
1
3
—
6 3 1 21
24®
— —
1 1 —
— — —
Der Erscheinungsort ist mit zwei Ausnahmen, in denen Antwerpen und Genf angegeben sind, nicht genannt. Zeigt dieser Katalog noch eine bescheidene Geschäftsausdehnung, so beweist der vom Jahre 1670 erhaltene um so deutlicher, wie sich in den drei Jahrzehnten die Sortimentstätigkeit der Endter gehoben hatte. Genannter Katalog wurde für das Münchener Meßlager von Johann Andreas und den Erben seines Bruders hergestellt. In einer Vorrede wird betont, daß er nur einen Teil des Gesamtlagers in Nürnberg verzeichne 2 ). ') Goldfriedrich II, S. 304. Die Tabelle ist einem Manuskript des Herrn Geheimrat v. Hase entnommen. ») Der Titel des Kataloges (Münchener Staatsbibl.) trägt den Titel: Catalogus / Librorum officinae Norimbergensis / Johannis Andreae Endteri, >^ o r« 'S J1 U . (— O o < a> c-r cd J> aorf m 10 O "" £ E s es wO s V a
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