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German Pages 328 Year 2016
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 287
Die doppelseitige Sanierungstreuhand in der Unternehmenskrise Hintergründe, Gestaltungsmöglichkeiten und Risiken behandelt am Beispiel der Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Von
Sebastian Gerlinger
Duncker & Humblot · Berlin
SEBASTIAN GERLINGER
Die doppelseitige Sanierungstreuhand in der Unternehmenskrise
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 287
Die doppelseitige Sanierungstreuhand in der Unternehmenskrise Hintergründe, Gestaltungsmöglichkeiten und Risiken behandelt am Beispiel der Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Von
Sebastian Gerlinger
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.
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ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-15020-5 (Print) ISBN 978-3-428-55020-3 (E-Book) ISBN 978-3-428-85020-4 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2015/2016 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dissertation angenommen. Ich bedanke mich bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Bruno Rimmelspacher, für die Unterstützung, die Geduld sowie die allzeitige Bereitschaft meine Arbeit mit wertvollen Diskussionen, Anregungen und Gedanken zu bereichern. Ebenfalls bedanke ich mich bei Frau Prof. Dr. Beate Gsell für die Übernahme des Zweitgutachtens und die sehr gute, konstruktive Kritik an meiner Dissertation. Ich möchte diese Arbeit all jenen widmen, die mich über die letzten Jahre auf die ein oder andere Art unterstützt haben, und ferner all jenen, welche mich auf meinem Weg bis hierher geprägt haben und dies hoffentlich auch in der Zukunft werden. München, im Mai 2016
Sebastian A. L. Gerlinger
Inhaltsübersicht § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1. Teil Einführung: Einseitige und doppelseitige Treuhand
33
§ 2 Die einseitige Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 § 3 Die doppelseitige Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
2. Teil Die doppelseitige Sanierungstreuhand
72
1. Kapitel Ausgangssituation und Beteiligte
72
§ 4 Aufbau, Struktur und Funktion der Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 § 5 Die Beteiligten der doppelseitigen Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
2. Kapitel Der Sanierungstreuhandvertrag und die Errichtung der Treuhandkonstruktion
102
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 § 7 Wirksamkeitshindernisse des Treuhandvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 § 8 Die Übertragung der GmbH Gesellschaftsanteile als Treugut . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 § 9 Neustrukturierung der gesellschaftsinternen Führungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 § 10 Graphische Zusammenfassung der Inhaber-, Verwaltungs- und Finanzierungsstruktur des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
8
Inhaltsübersicht 3. Kapitel Haftungs- und Verlustrisiken der Sanierungstreuhand für die beteiligten Parteien
213
§ 11 Risiken für den Doppeltreuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 § 12 Risiken für die Altgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 § 13 Risiken für das finanzierende Kreditinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
3. Teil Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
255
§ 14 Einführung in die Folgen einer Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 § 15 Insolvenz des Treuhänders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 § 16 Insolvenz der Krisengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 § 17 Insolvenz eines Altgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 § 18 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
4. Teil Abschließende Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
299
§ 19 Grundlagen der doppelseitigen Treuhand (allgemein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 § 20 Ausgangssituation und Grundlagen der doppelseitigen Sanierungstreuhand . . . . . . . 300 § 21 Der Treuhandvertrag bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . 302 § 22 Haftungs- und Verlustrisiken der Konstruktion für die einzelnen Parteien . . . . . . . . 304 § 23 Die doppelseitige Sanierungstreuhand in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 A. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 B. Ziel der Arbeit und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
1. Teil Einführung: Einseitige und doppelseitige Treuhand
33
§ 2 Die einseitige Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 A. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 B. Grundlagen auf dem Gebiet der einseitigen Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 I. Begriff und Merkmale einer „Treuhand“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Definitionsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Struktur und wesentliche Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Dingliches Element: Rechtsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 b) Schuldrechtliches Element: Treuhandvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 II. Historische Entwicklung der „modernen“ Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 § 3 Die doppelseitige Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 A. Begriff und Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 I. Aktueller Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 II. Entwicklung des doppelseitigen Treuhandbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 III. Struktur und Merkmale doppelseitiger Treuhandschaften . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. Ablehnung der existierenden Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Keine vertraglich relevanten widerstrebenden Interessen . . . . . . . . . 48 b) Keine Abgrenzung zu „einseitigen“ Treuhandkonstruktionen . . . . . . 49 c) Keine klare Ermittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Eigene Definition doppelseitiger Treuhandschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 50 a) Vertragliche Bindung des Treuhänders an mindestens zwei Parteien
51
b) Nichtidentität von Treuhänder und gesichertem Drittbegünstigten 52 c) Vorschlag einer neuen Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 B. Praktische Anwendungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 I. Contractual Trust Agreements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
10
Inhaltsverzeichnis II. Doppeltreuhand bei Unternehmenstransaktionen: Escrow Accounts und Closing Escrow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 III. Treuhandliquidationsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 IV. Das Restschuldbefreiungsverfahren nach den §§ 286 ff. InsO . . . . . . . . . . . 59 V. Softwarehinterlegungsverträge und Sicherung von sonstigen Immaterialgüterrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 VI. Treuhandlösungen zur Betriebsfortführung im (vorläufigen) Insolvenzverfahren: Besicherung von Neugläubigern und übertragende Sanierung . . . . . 61 VII. Kreditsicherungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 1. Allgemeine Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Spezialfall: Konsortialkredit und Sicherheitenpool . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3. Spezialfall: Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
2. Teil Die doppelseitige Sanierungstreuhand
72
1. Kapitel Ausgangssituation und Beteiligte
72
§ 4 Aufbau, Struktur und Funktion der Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 A. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 B. Hintergrund, Struktur und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 I. Liquiditätsbedarf in der Unternehmenskrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 II. Die Rolle der beteiligten Parteien in der Unternehmenskrise . . . . . . . . . . . . 76 1. Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 a) Keine Finanzierungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Keine Finanzierungsmöglichkeit oder -bereitschaft . . . . . . . . . . . . . . 77 c) Wirtschaftliche Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 2. Finanzinvestoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3. Lieferanten/Warenkreditgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4. Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Keine Finanzierungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Voraussetzungen für die Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 aa) Gesellschaftsanteile als einzig verbleibende Sicherheiten . . . . . . 81 bb) Haftung und Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (1) Sicherungsabtretung und Debt Equity Swap . . . . . . . . . . . . . 82 (2) Verpfändung der Gesellschaftsanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (3) Allgemeine Risiken einer Finanzierung in der Krise . . . . . . . 85 cc) Fehlendes Vertrauen in Gesellschafter und Geschäftsführung sowie Mangel an Prozesssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Inhaltsverzeichnis
11
c) Alternative: Negative Vergabeentscheidung und Eröffnung Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 C. Die Grundlagen der doppelseitigen Sanierungstreuhand in der Übersicht . . . . . . 88 I. Vertraglicher Konsens zwischen Gesellschaftern und finanzierenden Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 II. Aufbau und Errichtung der Treuhandkonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 III. Leistungsmerkmale der Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 IV. Graphische Übersicht der doppelseitigen Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . 92 § 5 Die Beteiligten der doppelseitigen Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 A. Das Unternehmen als Sanierungsobjekt und die Mitgliedschaftsrechte als Treugut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 B. Treugeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 C. Doppeltreuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 I. Stellung im Sanierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 II. Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 III. Profil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 D. Drittbegünstigte Kreditgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
2. Kapitel Der Sanierungstreuhandvertrag und die Errichtung der Treuhandkonstruktion
102
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 A. Der Sanierungstreuhandvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 I. Die am Treuhandvertrag direkt beteiligten Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II. Der Inhalt des Sanierungstreuhandvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 1. Vertragszweck und -gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2. Drittbegünstigende Sicherungszweckabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3. Sicherungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 c) Sonstige Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 4. Verwertungsrecht und -pflicht des Doppeltreuhänders sowie Modalitäten der Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Art und Weise der Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Einwirkungsmöglichkeiten von Altgesellschaftern und Bank auf den Verkaufsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 c) Pflicht zur sofortigen Verwertung nach Eintritt des Sicherungsfalles? 113 5. Erlösverteilungsabrede (Waterfall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
12
Inhaltsverzeichnis 6. Informationsrechte und -pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Exkurs: Die Rechtsstellung des Treuhänders in und gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Informationsrechte von Altgesellschaftern und Kreditinstituten . . . . 117 c) Rechenschaftslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 d) Kollision mit gesellschaftsrechtlichen Vorgaben (Auskunfts- und Verschwiegenheitspflicht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 7. Weisungsrechte und Einflussnahme auf gesellschaftsinterne Vorgänge 121 a) Die Stellung des Doppeltreuhänders in der Gesellschafterversammlung und gegebenenfalls als Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Bindung der gesellschaftsrechtlichen Kompetenzen durch den Treuhandvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Vorgaben: Interessenkollision zwischen Altgesellschaftern und Kreditinstituten sowie Effizienz der Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 d) (Gesellschaftsrechtliche) Zulässigkeit der Einflussnahme auf Organe der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 aa) Stimmbindung des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Bindung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 e) Weisungsrechte im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 aa) Einstufiges Modell: Weisungsfreiheit ab Vertragsschluss . . . . . . 127 bb) Zweistufiges Modell: Weisungsfreiheit mit Eintritt des Sicherungsfalles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 cc) Beiratsmodell: Weisungsbefugnis zugunsten eines Gremiums
129
8. Herausgabepflicht/Rückübertragungsanspruch an dem Treugut . . . . . . . 129 9. Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 10. Haftungsregelungen/Freistellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 a) Vertragliche Haftung gegenüber Altgesellschaftern und Kreditinstituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 b) Gesellschaftsrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 c) Haftungsbeschränkung und Freistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 11. Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 a) Garantien der Altgesellschafter zugunsten des Doppeltreuhänders 139 b) Exkurs: Garantien zugunsten der Erwerber bei Verkauf im Sicherungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 12. Kostentragung und Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Vergütung der treuhänderischen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 b) Ersatz von Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 13. Laufzeit und Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Auflösende Bedingung bei Fortfall des Sicherungszwecks? . . . . . . . 144 b) Einvernehmliche Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 c) Tod des/der Altgesellschafter(s) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Inhaltsverzeichnis
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d) Ordentliche Kündigungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 e) Außerordentliche Kündigungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 f) Kündigung bei quantitativer Spaltung der Altgesellschafterposition (mehrere ehemalige Gesellschafter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 III. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 B. Der Sanierungstreuhandvertrag als doppelseitige Treuhandkonstruktion in der allgemeinen Treuhandsystematik und seine Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 I. Die „Treuhand“ im System des deutschen Schuldrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 153 II. Der einseitige Treuhandvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Untersuchungsgegenstand: Der Treuhandvertrag im engeren Sinn . . . . 155 2. Merkmale des Auftragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 a) Subordinationscharakter von Auftrag und Geschäftsbesorgung . . . . . 156 b) Die Angemessenheit der Rechtsfolgen als negatives Tatbestandsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 c) Zwischenfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 3. Unterscheidung in eigen- und fremdnützige Treuhand . . . . . . . . . . . . . . 160 a) Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 b) Anwendungsformen eigennütziger Treuhandschaften . . . . . . . . . . . . 161 c) Anwendungsformen fremdnütziger Treuhandschaften . . . . . . . . . . . . 162 d) Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 4. Der eigennützige Treuhandvertrag als Vertrag sui generis . . . . . . . . . . . 163 a) Widerspruch zum Subordinationscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 aa) Keine subordinatorische Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 bb) Keine Korrektur durch Schwerpunktbildung . . . . . . . . . . . . . . . . 165 cc) Keine Korrektur durch weitgehende Einschränkung des Subordinationsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 b) Unangemessene Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 c) Zusammenfassung und Qualifikation als Vertrag sui generis . . . . . . 168 5. Der fremdnützige Treuhandvertrag als Auftrag oder Geschäftsbesorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 6. Verknüpfung von Zweck, Interesse und Rechtsnatur bei einseitigen Treuhandschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 III. Der (Sanierungs-)Treuhandvertrag mit doppelseitiger Pflichtenbindung . . . 171 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3. Ergebnis: Der Sanierungstreuhandvertrag in doppelseitigen Treuhandkonstellationen als Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
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Inhaltsverzeichnis V. Zuordnung der doppelseitigen Sanierungstreuhand in die bestehende begriffliche Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 1. Zweck der Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) Beziehung Altgesellschafter und Doppeltreuhänder . . . . . . . . . . . . . 184 b) Beziehung Doppeltreuhänder und gesicherte Kreditinstitute . . . . . . . 184 2. Interesse der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Eigen- und fremdnützige Treuhandschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Die „doppelnützige“ Treuhand? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 3. Offenlegung der Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 4. Anzahl der beteiligten Parteien und Struktur der Treuhand . . . . . . . . . . 187 5. Begründung der treuhänderischen Stellung am Treugut (Güterbewegung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 6. Zusammenfassende Systematik der doppelseitigen Sanierungstreuhand 188
§ 7 Wirksamkeitshindernisse des Treuhandvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 A. Formelle Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 I. Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 II. Satzungsgemäße Vinkulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 III. Sonstige nicht korporative Satzungsinhalte sowie Vorgaben einer Gesellschaftervereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 B. Materielle Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 I. Zivilrechtliche Anfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 II. Gesetzesverstoß und Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 1. Gesetzliches Verbot, § 134 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 2. Schädigungsabsicht, § 138 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 3. Übersicherung, § 138 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 a) Anfängliche Übersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 b) Nachträgliche Übersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 4. Gläubigergefährdung in Folge von Kredittäuschung und/oder Insolvenzverschleppung, § 138 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 § 8 Die Übertragung der GmbH Gesellschaftsanteile als Treugut . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 A. Übertragung durch Abtretungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 B. Zustimmungs- und sonstige Erfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 C. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 D. Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 I. Verfügungsmacht der Altgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 II. Sonstige Wirksamkeitshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 E. Umfang der Übertragung (insbesondere steuerrechtliche Gesichtspunkte) . . . . . 206
Inhaltsverzeichnis
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§ 9 Neustrukturierung der gesellschaftsinternen Führungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 A. Ergänzung oder Auswechslung der Geschäftsführung mit/gegen einen CRO . . . 209 B. Einsetzung eines Sanierungsbeirates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 § 10 Graphische Zusammenfassung der Inhaber-, Verwaltungs- und Finanzierungsstruktur des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
3. Kapitel Haftungs- und Verlustrisiken der Sanierungstreuhand für die beteiligten Parteien
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§ 11 Risiken für den Doppeltreuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 A. Vertragliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 B. Gesellschaftsrechtliche Haftungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 C. Haftungsbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 § 12 Risiken für die Altgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 A. Allgemeine Schadensersatzhaftung aus Vertrag und Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 B. Gefahr treuwidriger Unternehmensleitung und/oder Verfügungen über die Gesellschaftsanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 I. Keine absolute/dingliche Wirkung der Treuhandabrede . . . . . . . . . . . . . . . . 218 1. Die Rechtsmacht des Treuhänders bei der Vollrechtstreuhand im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 2. Exkurs: Der Trust im anglo-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 219 3. Möglichkeit treuwidriger Unternehmensleitung und absprachewidriger Verfügungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 II. Sicherungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 1. Ausgestaltung als Ermächtigungs- oder Vollmachtstreuhand . . . . . . . . . 222 2. Ausgestaltung als deutsch-rechtliche Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 3. Die Kompetenz und Neutralität des Doppeltreuhänders als Gewähr . . . 225 § 13 Risiken für das finanzierende Kreditinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 A. Haftung aufgrund Insolvenzverschleppung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 I. Überbrückungskredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 II. Sanierungskredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 B. Haftung als faktischer Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 I. Grundsätze der Figur des faktischen Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 II. Faktische Geschäftsführung durch Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 III. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
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Inhaltsverzeichnis C. Die doppelseitige Sanierungstreuhand und das neue „Recht der Gesellschafterdarlehen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 I. Eigenkapitalersatzrecht vor MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 II. Nachrangigkeit der Gesellschafterdarlehen nach MoMiG . . . . . . . . . . . . . . 234 1. Änderungen durch das MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 2. Das neue „Recht der Gesellschafterdarlehen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 3. Zeitlicher Anknüpfungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 III. Behandlung von Darlehen Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 1. Vor Einführung des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 a) Pfandgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 b) Einseitige Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 c) Doppelseitige Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 2. Nach Einführung des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 a) Fortgeltung der Finanzierungsfolgenverantwortung . . . . . . . . . . . . . . 240 b) Grundsatz der missbräuchlichen Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . 241 c) Qualifizierte Nähebeziehung zur Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 aa) Vorrangige Befriedigungsmöglichkeit wegen Insiderstellung . . . 242 bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 cc) Weitergehender Ansatz von Kampshoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 dd) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 ee) Weitergehender Ansatz von Nerlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 ff) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 gg) Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 3. Die Bank als „Quasigesellschafter“ bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 a) Typische Ausgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 b) Optionale und atypische Ausgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 aa) Beteiligung der Bank in einem Sanierungsbeirat . . . . . . . . . . . . . 248 bb) Vertragliche Weisungsrechte und faktische Möglichkeiten der Einflussnahme seitens der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 c) Das Sanierungsprivileg nach §§ 39 Abs. 4 S. 2, 135 Abs. 4 InsO . . . 250 aa) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 bb) Bedeutung für die doppelseitige Sanierungstreuhand . . . . . . . . . 252 (1) Begrenzter personeller Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 252 (2) Begrenzter zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . 253 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
Inhaltsverzeichnis
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3. Teil Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
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§ 14 Einführung in die Folgen einer Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 A. Schuldrechtliche Verhältnisse des insolventen Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 B. Rechte am Treugut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 § 15 Insolvenz des Treuhänders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 A. Rechte am Treugut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 I. Begriff der haftenden Insolvenzmasse nach § 35 Abs. 1 InsO . . . . . . . . . . . 259 II. Aussonderungsrecht des Treugebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 1. Grundsatz der Aussonderungsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 2. Aussonderungsberechtigung bei Treuhandschaften (allgemein) . . . . . . . 261 a) Die Treuhandabrede als „persönliches“ Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 b) Voraussetzungen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 III. Aussonderungsrecht des Altgesellschafters als Treugeber bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2. Kein Aussonderungsrecht vor Erfüllung des Sicherungszwecks? . . . . . 266 a) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 3. Konkreter Inhalt des Aussonderungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 IV. Aussonderungsrecht des Kreditinstitutes als gesicherter Gläubiger . . . . . . . 268 1. Kein „originäres“ Aussonderungsrecht nach den Grundsätzen zum treugeberischen Aussonderungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 a) Keine materielle und wirtschaftliche Inhaberschaft . . . . . . . . . . . . . . 269 b) Keine „unmittelbare“ Vermögensübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 2. Geltendmachung des „treugeberischen“ Aussonderungsrechts auf Grundlage der materiellen und wirtschaftlichen Berechtigung des Altgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 a) Befugnis nach der Rechtsprechung zu einseitigen Treuhandschaften 271 b) Bewertung für doppelseitige Treuhandschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 B. Auswirkung auf den Treuhandvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 I. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 II. Kein „Erlöschen“ nach den §§ 115, 116 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 III. Fortbestehen nach § 108 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 IV. Beendigungsmöglichkeiten, insbesondere Wirksamkeit einer insolvenzabhängigen Lösungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 1. Kein Kündigungsrecht nach § 113 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
18
Inhaltsverzeichnis 2. Gesetzliches Kündigungsrecht aus § 626 BGB im Einzelfall . . . . . . . . . 278 3. Vertragliche Kündigungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 a) Wirksamkeit als insolvenzunabhängige Lösungsklausel . . . . . . . . . . 279 b) Wirksamkeit bei Qualifikation als insolvenzabhängige Lösungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 aa) Bewertung in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . 279 bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 c) Hilfsweise: Ordentliche, voraussetzungslose Kündigung unter Zustimmung des gesicherten Kreditinstitutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
§ 16 Insolvenz der Krisengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 A. Auswirkungen auf den Treuhandvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 B. Rechte an den Gesellschaftsanteilen (Treugut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 C. Auswirkungen auf Verträge der Krisengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 § 17 Insolvenz eines Altgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 A. Rechte am Treugut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 I. Grundsatz: treuhänderisches Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO . . . . 288 II. Geltung für doppelseitige Treuhandschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 B. Auswirkungen auf den Treuhandvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 I. Einseitige Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 1. „Erlöschen“ nach den §§ 115, 116 InsO? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 2. Wechselwirkung mit den Rechten des Treuhänders in der Insolvenz . . . 293 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 II. Doppelseitige Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 1. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 3. Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 § 18 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
4. Teil Abschließende Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
299
§ 19 Grundlagen der doppelseitigen Treuhand (allgemein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 § 20 Ausgangssituation und Grundlagen der doppelseitigen Sanierungstreuhand . . . . . . . 300 § 21 Der Treuhandvertrag bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . 302 A. Parteien und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
Inhaltsverzeichnis
19
B. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 § 22 Haftungs- und Verlustrisiken der Konstruktion für die einzelnen Parteien . . . . . . . . 304 A. Doppeltreuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 B. Altgesellschafter als Treugeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 C. Banken als gesicherte Drittbegünstigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 § 23 Die doppelseitige Sanierungstreuhand in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 A. Insolvenz des Doppeltreuhänders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 B. Insolvenz der Krisengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 C. Insolvenz eines Altgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Terminologie bei einseitigen Treuhandkonstellationen . . . . . . . . . . . . .
35
Abbildung 2:
Terminologie bei doppelseitigen Treuhandkonstellationen . . . . . . . . . .
37
Abbildung 3:
Struktur und Parteien einer doppelseitigen Sicherungstreuhand im Vergleich mit einer einseitigen Sicherungstreuhand mit mehreren Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
Abbildung 4:
Übersicht über doppelseitige Treuhandverhältnisse in der Praxis . . . . .
54
Abbildung 5:
Beteiligte und Strukturen der doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand (Grundkonstellation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
Abbildung 6:
Vereinfachte Struktur des Konsortialkredites mit Sicherheitenpool . . .
71
Abbildung 7:
Terminologie bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . .
74
Abbildung 8:
Struktur der doppelseitigen Sanierungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . .
93
Abbildung 9:
Parteien des Sanierungstreuhandvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
105
Abbildung 10: Übersicht eigen- und fremdnützige Treuhandkonstellationen . . . . . . . .
163
Abbildung 11: Inhaber-, Verwaltungs- und Finanzierungsstruktur nach Einrichtung der doppelseitigen Sanierungstreuhand (mit Beirat) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
212
Abkürzungsverzeichnis a. A. a.a.O. Abs. AcP a. E. a. F. AG AktG AnfG Anh. AO Art. BAG BayObLG BB BegrRegE BetrAV BetrAVG BeurkG BFH BGB BGBl. BGH BGHZ BKR BR-Drs. BReg bspw. BStBl. BT-Drs. CR CTA DB DepotG ders./dies. d. h. Diss. DJT DNotZ DStR
anderer Ansicht am angegebenen Ort Absatz Archiv für die civilistische Praxis am Ende alte Fassung Amtsgericht oder Aktiengesellschaft Aktiengesetz Anfechtungsgesetz Anhang Abgabenordnung Artikel Bundesarbeitsgericht Bayrisches Oberstes Landesgericht Betriebsberater (Zeitschrift) Begründung zum Regierungsentwurf Betriebliche Altersversorgung (Zeitschrift) Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Beurkundungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Sammelband) Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesratsdrucksache Bundesregierung beispielsweise Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache Computer und Recht. Zeitschrift für die Praxis des Rechts der Informationstechnologien Contractual Trust Agreement (oder auch Arrangement) Der Betrieb (Zeitschrift) Depotgesetz – Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren derselbe/dieselben das heißt Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Notarzeitschrift Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
22 DZWIR Einf. v. Einl. v. e. K. etc. ErfK ESUG EWiR f./ff. FamRZ Fn. FS GbR GmbH GmbHG GmbHR GrEStG GWR HGB Hrsg. HypothekenbankG IDW i. E. InsO InvG i. Ü. i. V. m. JA Jh. JuS JW JZ K&R KAAG KG KO KTS KWG LG LZ MDR MittRhNotK MoMiG
Abkürzungsverzeichnis Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Einführung von Einleitung von eingetragener Kaufmann et cetera Erfurter Kommentar Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 07. 12. 2012 (in Kraft getreten zum 01. 03. 2012) Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) folgende/fortfolgende Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht, Erbrecht, Verfahrensrecht, Öffentlichem Recht Fußnote Festschrift Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Die GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Grunderwerbssteuergesetz Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Handelsgesetzbuch Herausgeber Hypothekenbankgesetz Institut der deutschen Wirtschaftsprüfer e. V. im Ergebnis Insolvenzordnung Investmentgesetz im Übrigen in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Jahrhundert Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kommunikation und Recht (Zeitschrift) Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kammergericht oder Kommanditgesellschaft Konkursordnung Zeitschrift für Insolvenzrecht. Konkurs, Treuhand, Sanierung Gesetz über das Kreditwesen Landgericht Leipziger Zeitschrift für deutsches Recht (vor 1914 unter dem Titel „Leipziger Zeitschrift für Handels-, Konkurs- und Versicherungsrecht“) Monatsschrift deutschen Rechts (Zeitschrift) Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer (Zeitschrift) Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Mißbräuchen
Abkürzungsverzeichnis MünchKomm m. w. N. NJW NJW-RR Nr. NZG NZI o. ä. OLG OLGR OLGZ PfandBG PGR PSVaG RegE RG RGZ RIW Rn. RVG s. S. st. str. s. u. u. a. Übbl. unstr. Urt. v. v. v. a. VAG vgl. VglO VVG VzD WM WuB z. B. ZGB ZGR ZHR ZInsO ZIP ZKW ZPO ZVG
23
Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport Nummer(n) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung oder ähnlich(e) Oberlandesgericht OLG-Report (Zeitschrift, getrennt für Gruppen von Oberlandesgerichten) Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (Sammelband) Pfandbriefgesetz Personen- und Gesellschaftsrecht (Liechtenstein) Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit Regierungsentwurf Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Sammelband) Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Randnummer Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte siehe Seite ständig(e) strittig siehe unten und andere/unter anderem Überblick unstreitig Urteil vom von/vor vor allem Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen vergleiche Vergleichsordnung (außer Kraft getreten zum 01. 01. 1999, aufgegangen in der InsO) Gesetz über den Versicherungsvertrag Vertrag zugunsten Dritter, § 328 BGB Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Schweizerisches Zivilgesetzbuch Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zivilprozessordnung Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
§ 1 Einleitung A. Hintergrund „Insolvenz: Stunde Null für General Motors“.
So und ähnlich titelte die deutsche Presselandschaft am 1. Juni 2009.1 Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hatte dem größten amerikanischen Autobauer General Motors so stark zugesetzt, dass der Geschäftsführung Anfang Juni keine Alternative blieb, als Gläubigerschutz im Rahmen des sogenannten Chapter 11 Verfahrens zu beantragen, der US-amerikanischen Entsprechung des deutschen Insolvenz(plan)verfahrens (jedenfalls im weitesten Sinn). Schon Wochen vorher beherrschte in diesem Zusammenhang auch in Deutschland ein Thema die Öffentlichkeit: die Auswirkungen der GM Insolvenz auf die deutsche Konzerntochter Opel und potentielle Rettungsszenarien für das Traditionsunternehmen. Ganz nach dem Motto „too big to fail“ sah sich hier insbesondere die deutsche Bundesregierung wieder in der Pflicht, auf privatwirtschaftlicher Ebene zu intervenieren. Eine Insolvenz sei „politisch nicht verantwortbar“, so hieß es von höchster Stelle aus dem Bundeskanzleramt.2 Selbst in Oppositionskreisen war sofort klar, dass „Opel eine staatliche Brückenfinanzierung bekommen werde“.3 Das „too big“ bemaß sich diesmal nicht an der Systemrelevanz des Rettungskandidaten, sondern ganz konkret an Arbeitsplätzen und Steuerausfällen. Von Katastrophenszenarien mit dem Verlust von bis zu 100.000 Arbeitsplätzen war zu lesen,4 was das Thema zum greifbaren und handfesten Diskussionsstoff machte – ganz im Gegensatz zu der vielbemühten aber doch sehr abstrakten Systemrelevanz eines undurchsichtigen globalen Finanzsystems. Die staatliche Unterstützung für Opel technisch umzusetzen, gestaltete sich indes schwierig. Groß waren die Befürchtungen, dass eingesetzte Steuergelder nicht der 1 Vgl. stellvertretend: Manager Magazin Online vom 01. 06. 2009 („Stunde Null für General Motors“), [Stand 06. 12. 2015]. 2 Spiegel Online („Insolvenzexperte leitet Opel-Treuhand“), [Stand 06. 12. 2015]. 3 Tagesschau Online vom 14. 05. 2009 („Regierung setzt auf Treuhandmodell“), [Stand 06. 12. 2015]. 4 Wirtschafts Blatt Online vom 17. 11. 2008 („100.000 Arbeitsplätze bei Opel in Gefahr“), [Stand 07. 12. 2015]; ebenso: RP Online vom 17. 11. 2008 („100.000 Arbeitsplätze bei Opel in Gefahr“), [Stand 06. 12. 2015].
26
§ 1 Einleitung
Rettung von Opel und so letztlich der deutschen Volkswirtschaft zugutekämen, sondern direkt zur Konzernmutter GM abfließen würden. Der damalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, brachte es auf den Punkt: „Wenn deutsches Steuergeld investiert wird, sollte das auch helfen. Man müsse, gerade bei der Internationalität des Problems bei General Motors und Opel, sorgfältig darauf achten, dass eine staatliche Hilfe mit deutschem Steuergeld nicht dazu führt, dass wir etwas in die Konkursmasse überweisen und damit weder den Arbeitern bei Opel noch den europäischen Autokäufern eine Hilfe geben“.5 Daneben war insbesondere die Art und Weise der staatlichen Beteiligung umstritten. Zwar wollte die Regierung federführend an der Rettung beteiligt sein, ein direktes unternehmerisches Engagement des Staates durch Übernahme von Anteilen an der Opel GmbH6 war jedoch ausgeschlossen. Zu groß und unabsehbar schienen die rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken, zu weit war ein direktes Engagement als Anteilsinhaber vom verfassungsrechtlichen Auftrag entfernt und zu gravierend waren dementsprechend die Vorbehalte in der Politik.7 Zur Lösung dieser (Ziel-)Konflikte kam schnell eine Treuhandkonstruktion ins Gespräch. Schlagzeilen wie „Treuhandmodell als letzte Chance für Opel“8, „Regierung setzt auf Treuhandmodell“9 oder „Opel-Treuhand treibt Verkauf voran“10 stimmten allgemein zuversichtlich, dass nun eine Zukunftsperspektive für Opel eröffnet sei. Es war gar von „New Opel“ zu lesen.11 Unter großer medialer Aufmerksamkeit unterzeichnete GM am 31. Mai 2009 die entsprechenden Treuhandund Konsortialverträge – einen Tag vor dem Chapter 11 Antrag in den USA. GM übertrug hierzu eine Mehrheitsbeteiligung in Höhe von 65 % seiner Gesellschaftsanteile an der Adam Opel GmbH auf eine Treuhandgesellschaft und stimmte einem 5 RP Online vom 17. 11. 2008 („100.000 Arbeitsplätze bei Opel in Gefahr“), [Stand 06. 12. 2015]. 6 Opel war seit der Übernahme durch GM für 33,4 Millionen Dollar im Jahre 1929 als AG organisiert, bis 2005 eine Umwandlung in eine GmbH erfolgte. 2011 wurde Opel dann abermals in die Rechtsform der Aktiengesellschaft überführt. 7 Insbesondere verwehrte sich der damalige Bundesfinanzminister gegen eine Direktbeteiligung des Staates, vgl. bspw. Süddeutsche Online vom 15. 05. 2009 („Ein Projekt mit Fragezeichen“), [Stand 06. 12. 2015]. 8 Manager Magazin Online vom 17. 05. 2009 („Treuhandmodell letzte Chance“), [Stand 07. 12. 2015]. 9 Tagesschau Online vom 14. 05. 2009 („Regierung setzt auf Treuhandmodell“), [Stand 06. 12. 2015]. 10 Afhüppe/Stratmann, in: Handelsblatt Online vom 17. 06. 2009 (Opel-Treuhand treibt Verkauf voran“), [Stand 07. 12. 2015]. 11 Beck Online vom 23. 09. 2009, [Registrierung erforderlich, Stand 07. 12. 2015].
§ 1 Einleitung
27
Investoreneinstieg grundsätzlich zu, um im Gegenzug staatlich besicherte Überbrückungskredite für Opel von einem Bankenkonsortium über mehrere Milliarden Euro zu erhalten. Die mediale Öffentlichkeit stellte das im Fall von Opel eingesetzte Treuhandmodell fälschlicherweise als „wirtschaftliches und juristisches Neuland“ vor. Tatsächlich ist die im Rahmen der vorliegenden Arbeit als doppelseitige Sanierungsrespektive als Verkaufstreuhand beschriebene Treuhandkonstruktion schon seit einigen Jahren ein Standardinstrument als atypisches Kreditsicherungsmittel bei Unternehmensfinanzierungen in der Krise.12 Richtig ist nur, dass die Konstruktion mit Opel zum ersten Mal eine wirklich breite öffentliche Aufmerksamkeit erfuhr. Die Ausgangssituation einer doppelseitigen Sanierungstreuhand ist regelmäßig wie folgt: ein Unternehmen befindet sich aufgrund von Umsatzeinbrüchen infolge konjunktureller Depressionsphasen, interner Missstände oder sonstiger Finanzierungsschwierigkeiten in einer akuten Ertrags- und Liquiditätskrise.13 Es benötigt dringend frisches Kapital, um kurzfristig eine Zahlungsunfähigkeit respektive ein Insolvenzverfahren zu vermeiden. Langfristig muss das Unternehmen restrukturiert, saniert und damit wieder wettbewerbsfähig gemacht werden, was ebenfalls nicht ohne den Einsatz von neuem Kapital möglich ist. Scheitern die Sanierungsbemühungen, so ist mit einer Brückenfinanzierung zumindest einem geordneter Unternehmens(teil)verkauf möglich. Wie im einleitenden Beispiel von Opel erfolgt die Sanierung dann auf Erwerberseite oder mit dem frischen Kapital aus dem Einstieg eines neuen Investors als Gesellschafter. Ohne den zeitlichen Druck eines drohenden Insolvenzverfahrens können die bisherigen Inhaber (und deren Gläubiger) so einen möglichst hohen Verkaufserlös erzielen, möglichst ohne Herabstufung der Unternehmenswerte auf ihren Zerschlagungswert. Da die Gesellschafter des Unternehmens bei fortschreitender Schieflage sehr oft selbst nicht mehr in der Lage oder auch nicht mehr Willens sind, das für die Sanierung benötigte Kapital aus eigenen Mitteln zur Verfügung zu stellen, liegt die entscheidende Rolle bei den finanzierenden Kreditinstituten. Die Voraussetzungen für eine positive Kreditvergabeentscheidung sind bei Krisenunternehmen aber in der Regel denkbar schlecht: die materiellen Vermögenswerte des Unternehmens selbst sind typischerweise schon für laufende Finanzierungen hinterlegt und können so nicht mehr als Sicherheit für die neuerliche Finanzierung herangezogen werden. Dasselbe gilt in der Regel für die privaten Vermögenswerte der Gesellschafter, soweit hier Bereitschaft bestünde diese über Drittbesicherungen zugunsten des Unternehmens verfügbar zu machen. Eine direkte Beteiligung als Gesellschafter ist aufgrund des damit verbundenen Haftungsrisikos in der Unternehmenskrise für die Bank ausgeschlossen. Das sogenannte „Sanierungsprivileg“ (§§ 39 Abs. 4 S. 2, 135 12 Lorenz/Sinhart, S. 8 sprechen von „rund zehn Jahren“; Wildberger/Reuter, in: Juve Handbuch, S. 192 gehen von ca. 25 bis 30 Fällen jährlich derzeit aus. Als weiteres prominentes Beispiel nennt Reuter, in: NZI 2013, 166 den Verkauf von Ratiopharm and Teva. 13 Eine ansichtliche Fallstudie zur Ausgangssituation findet sich auch bei Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 219 f.
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§ 1 Einleitung
Abs. 4 InsO) kann dieses Risiko aufgrund diverser Schwächen in der Praxis nicht beheben. Darüber hinaus halten Banken nicht den notwendigen Verwaltungsapparat und das spezifische Know-how für eine direkte Gesellschaftsbeteiligung und deren Verwaltung vor. Als zweiten negativen Vergabefaktor rechtfertigt das bisherige Management der Gesellschaft meist keine positive Prognose seitens der Bank. Vielmehr hat die bestehende Geschäftsführung schon die aktuelle Krise (mit)verschuldet. Selten traut man ihr zu, einen erfolgreichen Turnaround unter den erschwerend hinzutretenden Krisenbedingungen zu verwirklichen, jedenfalls nicht ohne substantielle externe Hilfe. Zuletzt spielt der Gesellschafterkreis des Unternehmens eine entscheidende Rolle im Rahmen der Kriterien einer Kreditvergabe. Die Sanierung eines Unternehmens ist notwendigerweise mit Einschnitten für Gesellschafter, Gesellschaft sowie Arbeitnehmer verbunden. Ist hier von Gesellschafterseite kein konstruktives und insbesondere schnelles Mitwirken zu erwarten, so sind Sanierungsbemühungen oft von vornherein zum Scheitern verurteilt. Jedoch befindet sich auch die Finanziererseite in einem Konflikt, das Unternehmen in die Insolvenz gehen zu lassen. Oft sind die schon laufenden Finanzierungen nur unzureichend mit materiellen Vermögenswerten (Grundstücke, Maschinen etc.) abgesichert, da deren Zerschlagungswert im Rahmen einer (formalisierten) Verwertung innerhalb eines Insolvenzverfahrens in der Regel beträchtlich hinter den angesetzten Besicherungswerten zurückbleiben kann. Zudem können auch vermeintlich „insolvenzfeste“ Sicherheiten in der Unternehmensinsolvenz oft nur mit etlichen Unsicherheiten, Risiken und insbesondere zeitlich sehr langwierigen Prozessen verwirklicht werden. Daneben zieht ein potentielles Insolvenzverfahren zahlreiche spezifische Risiken für die Bank nach sich. Neben Haftungsszenarien fürchten Banken insbesondere, infolge einer Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff. InsO ihre Sicherheiten komplett zu verlieren oder bereits erhaltene Kredittilgungstranchen zurückzahlen zu müssen. Zu katastrophalen Auswirkungen kann hier insbesondere das „neue Recht der Gesellschafterdarlehen“ nach den §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO für die Bank führen, falls sie von vornherein aufgrund ihrer Einflussnahme auf das Unternehmen gleich einem Gesellschafter aufgetreten ist. Um diesen Konflikt für die Finanziererseite zu lösen sowie um bei den Gesellschaftern Vertrauen und Mitwirkungsbereitschaft zu schaffen, dient die doppelseitige Sanierungstreuhand als atypisches Kreditsicherungsinstrument. Hierzu übertragen die Altgesellschafter ihre Gesellschaftsanteile an der Krisengesellschaft auf einen neutralen Treuhänder. Aus (insbesondere) Haftungsgründen nimmt diese Position in der Regel eine Zweckgesellschaft ein, deren Geschäfte von einem externen Sanierungsexperten geführt werden. Gleichzeitig verpflichten sie diesen Treuhänder als neuen Mehrheits- oder Alleingesellschafter, das Unternehmen anhand der Vorgaben des Treuhandvertrages bis zum Eintritt eines bestimmten Sicherungsfalles zu verwalten. Der Sicherungsfall ist auf bestimmte Milestones aus einem Sanierungsgutachten und verpflichtende Finanzkennzahlen (Financial Co-
§ 1 Einleitung
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venants) definiert, welche den Misserfolg der Sanierung frühzeitig ankündigen sollen. Im Erfolgsfall gelingt die Sanierung, dann tritt der Sicherungsfall nicht ein. Die (Alt)Gesellschafter haben dann einen Anspruch auf Rückübertragung der Gesellschaftsanteile gegen den Treuhänder. Misslingt die Sanierung, ist der Treuhänder nach dem Treuhandvertrag gegenüber der oder den Bank(en) verpflichtet, sofort einen Verkauf des Unternehmens einzuleiten. Die kreditgebende Bank sichert sich so für den Ernstfall den schnellen und unkomplizierten Zugriff auf den Unternehmenswert rechtzeitig vor (neuerlichem) Eintritt eines Eröffnungsantragsgrundes. Neben dem sichernden Element über den Zugriff auf den Unternehmenswert dient die doppelseitige Sanierungstreuhand aus Bankensicht in erster Linie dazu, gesellschaftsrechtliche sowie insolvenzspezifische Risiken zu vermeiden, die mit einer direkten Gesellschafterstellung verbunden wären. Darüber hinaus steht die Berechenbarkeit des zukünftigen Sanierungsprozesses im Mittelpunkt: indem die alten Gesellschafter ihre organschaftliche Einwirkungsmacht auf den Treuhänder übertragen, verspricht sich die Bank ein hohes Maß an Planungssicherheit und Vorhersehbarkeit hinsichtlich notwendiger Restrukturierungsmaßnahmen. Die Gesellschafter auf der anderen Seite erhalten die Chance, ohne einen (Teil)Verkauf ihres Unternehmens neues Kapital für die Rettung und Sanierung desselben verfügbar zu machen, obwohl weder sie noch das Unternehmen dem neuerlichen Darlehen materielle Sicherheiten entgegenstellen können. Im Übrigen erhalten sie mit der Sanierung eine letzte Chance, die Inanspruchnahme ihres persönlichen Vermögens zu verhindern, soweit sie mit diesem Gesellschaftsschulden drittbesichert haben. Die Bedeutung der doppelseitigen Sanierungstreuhand in der Finanzierungs- und Sanierungspraxis übersteigt deren literarische Beachtung erheblich. Einschlägige Literatur findet sich schon allgemein zur doppelseitigen Treuhand bislang nur äußerst vereinzelt. Meist wird die Doppeltreuhand nur innerhalb allgemeinerer Aufsätze, Monographien oder Kommentierungen zur einseitigen Treuhand mit einer kurzen Einführung oder oft auch nur schlichten Erwähnung bedacht, welche dann meist auch nur der Vollständigkeit halber gegeben wird.14 Neben kürzeren Beiträgen, die sich meist auf einzelne Anwendungsformen doppelseitiger Treuhandschaften beschränken und eher praktischer Natur sind, befasste sich – soweit ersichtlich – erstmals Hirschberger im Jahre 2005 umfassend monographisch mit der Doppeltreuhand.15 Bis heute hat sich das Interesse der Literatur an doppelseitigen Treuhandschaften weiter fokussiert, liegt aber immer noch in einem äußerst über14
So bspw. und nicht enumerativ bei Armbrüster, S. 43, 47 f., 405; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (91); Brünink, in: Lwowski/Fischer/Langenbucher, Recht der Kreditsicherung, S. 65 Rn. 10; Coing, S. 89; Eden, S. 7, 393; Emmerich, S. 101, 365, 385, 405; Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 386 ff.; Geibel, S. 438 ff.; Häsemeyer, S. 524 Rn. 20.79; Liebich/Mathews, S. 18, 269, 304 (zur Kreditsicherung), 309, 312, 329; Kießner, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 116 Rn. 24; Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 25; Siebert, S. 101 (mehrseitige Treuhand); Singhof/Seiler/Schlitt, S. 219 Rn. 504 f. und S. 289 Rn. 641. 15 Hirschberger, Die Doppeltreuhand in der Insolvenz und Zwangsvollstreckung (2005).
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§ 1 Einleitung
schaubaren Rahmen. In letzter Zeit liegt der Schwerpunkt insbesondere auf der doppelseitigen Treuhand zur Insolvenzsicherung von Arbeitnehmeransprüchen (sog. CTA’s) sowie auf der auch hier gegenständlichen doppelseitigen Sanierungstreuhand.16 Aber auch hier erschöpft sich die Literatur in wenigen und kürzeren Beiträgen, welche inhaltlich hervorragend aber insgesamt eher praktischer Natur sind und das Modell nicht systematisch zu erfassen versuchen.17 Dies ist verwunderlich angesichts der stark zunehmenden Relevanz sowie der oft immensen Kreditbeträge, welche bei Unternehmenssanierungen häufig über doppelseitige Sanierungstreuhandschaften vermittelt und gesichert werden. Dabei gelten schon die Grundlagen doppelseitiger Treuhandschaften im Allgemeinen als noch weitgehend ungeklärt. Beispielsweise besteht kein Konsens darüber, was eigentlich eine „doppelseitige Treuhand“ ist und was diese insbesondere von der einseitigen Treuhand abgrenzt. Ebensowenig besteht Einigkeit über die rechtlichen und vertraglichen Strukturen, welche doppelseitigen Treuhandmodellen zugrunde liegen. Aufgrund der fehlenden Basis findet man auch in anderen Grundsatzfragen weitestgehende Uneinigkeit in der Literatur, wie beispielsweise hinsichtlich des Schicksals der Treuhandverträge in der Insolvenz einer der beteiligten Parteien. Hier geht es nicht um theoretische Diskussionen. Die „Insolvenzfestigkeit“ ist elementar für die Sicherungseignung eines Sanierungstreuhandvertrages sollte es zur Insolvenz des Krisenunternehmens kommen. Dieses Bild verfestigt sich bei speziellen Problemfragen. Nach der Neuregelung des „alten Eigenkapitalersatzrechts“ der §§ 32a, b GmbHG a. F. durch das MoMiG in den §§ 39, 135 InsO stellt sich beispielsweise die Frage, wo genau die Grenze zwischen zulässiger und unzulässiger Einflussnahme der Bank auf das kreditnehmende Unternehmen zu ziehen ist. Für die Bank kann dies im Extremfall die Nachrangigkeit der vergebenen Kredite und die Anfechtbarkeit erfolgter Tilgungsleistungen sowie bestellter Sicherheiten in einer Insolvenz des kreditnehmenden Unternehmens bedeuten. Können hier trotz veränderter Regelungssystematik dieselben Grundsätze wie vor dem MoMiG herangezogen werden, bei denen 16
Vgl. nur die zuletzt erschienenen Dissertationen von v. Rom, Insolvenzsicherung und Jahresabschlussgestaltung durch doppelseitige Treuhandkonstruktionen (2010; zugleich Diss. Tübingen 2008) sowie Rüger, Die Doppeltreuhand zur Insolvenzsicherung von Arbeitnehmeransprüchen (2010; zugleich Diss. Göttingen 2009) oder das Handbuch von Achsnick/ Opp, Die doppelnützige Treuhand in der Sanierung (1. Auflage 2010, 2. Auflage 2013) sowie die Beiträge von Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 ff. (2010); Budde, ZInsO 2011, S. 1369 ff.; Stockhaussen/Jansen, in: FS Görg, S. 491 ff. (2010); Undritz, ZIP 2012, 1153 ff. und Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 219 ff. Allgemein zu insolvenzrechtlichen Fragestellungen doppelseitiger Treuhandschaften jüngst: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 ff. 17 Näher literarisch befasst haben sich mit dem Thema bisher – soweit ersichtlich – nur Achsnick/Opp, in: Die doppelnützige Treuhand in der Sanierung, wobei diese sich selbst eher als Praxisleitfaden denn wissenschaftlich vertiefte Untersuchung verstehen, sowie mit kürzeren Artikeln bzw. Anmerkungen Budde, ZInsO 2011, 1369 ff.; Hettich/Kreide/Crone, in: Crone/ Werner, Modernes Sanierungsmanagement, S. 181; Reuter, NZI 2013, 166 ff.; Undritz, ZIP 2012, 1153 ff. und Wenger, in: Die doppelnützige Treuhand in der notleidenden Akquisitionsfinanzierung.
§ 1 Einleitung
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die (marginale) Rechtsprechung die doppelseitige Treuhand durch einen Vergleich mit dem atypischen Pfandgläubiger bewertete? Oder sind nunmehr völlig andere Maßstäbe anzulegen? Solche und andere Fragestellungen sind von grundlegender Bedeutung für die Praxistauglichkeit eines Kreditsicherungsinstruments.
B. Ziel der Arbeit und Gang der Untersuchung Ziel der Arbeit ist zunächst ganz schlicht, das Konstrukt der doppelseitigen Sanierungstreuhand rein deskriptiv aber dennoch systematisch zu erfassen. Ein Überblick soll hier ermöglichen, die doppelseitige Sanierungstreuhand in das mittlerweile weite Feld von praktischen Anwendungsformen doppelseitiger Treuhandstrukturen einordnen zu können. Daneben und im Anschluss soll die Konstruktion systematisch in ihren rechtlichen sowie tatsächlichen Grundlagen und Strukturen aufgearbeitet werden. Neben Hintergründen und Ausgangssituation liegt ein Schwerpunkt dann insbesondere auf der Vertragsgestaltung des Sanierungstreuhandvertrages und den dabei auftretenden Problemstellungen. Im Fokus steht dort jeweils die Wechselwirkung zwischen den Pflichten des Treuhänders aus dem Treuhandvertrag sowie seiner gesellschafterlichen Stellung in dem Krisenunternehmen und sonstigen rechtlichen Vorgaben. Stimmt der Treuhandvertrag diese nicht sorgfältig aufeinander ab, können sich an der Schnittstelle erhebliche Pflichtenkollisionen und Haftungsszenarien für den Treuhänder ergeben. Anschließend untersucht die Arbeit die doppelseitige Sanierungstreuhand hinsichtlich einzelner, spezieller Fragestellungen. So werden beispielsweise potentielle Wirksamkeitshindernisse der Konstruktion herausgestellt, bewertet und Lösungsempfehlungen versucht. Weiterhin sollen mögliche Haftungs- und Verlustrisiken der doppelseitigen Sanierungstreuhand für beteiligten Parteien aufgezeigt und Vermeidungsstrategien vorgeschlagen werden. Abschließend untersucht die Arbeit Auswirkungen und Risiken der möglichen Insolvenz einer der beteiligten Parteien auf die Treuhandkonstruktion. Neben den Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf den schuldrechtlichen Treuhandvertrag stehen hier im Mittelpunkt zum einen die in der Insolvenz am Treugut bestehenden Rechte sowie zum anderen die Wechselwirkung zwischen Treuhandvertrag und diesen Rechten. Entsprechend stellt sich der Gang der Untersuchung dar: Um die notwendige Basis zu schaffen, behandelt die Arbeit in Teil 1 zunächst die Grundlagen einseitiger und doppelseitiger Treuhandschaften. Insbesondere werden die in der Literatur und Rechtsprechung bestehenden Ansätze hinsichtlich doppelseitiger Treuhandschaften zusammengefasst, die praktischen Verwendungsformen doppelseitiger Treuhandkonstruktionen beschrieben sowie eigene Ansätze beige-
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§ 1 Einleitung
tragen, beispielsweise in Form einer neuen Definition für doppelseitige Treuhandschaften. Kapitel 1/Teil 2 widmet sich der Ausgangssituation der doppelseitigen Sanierungstreuhand. Speziell sollen die einzelnen Parteien sowie die allgemeine Situation und die individuellen Interessen betrachtet werden, die einer doppelseitigen Sanierungstreuhand typischerweise vorausgehen, respektive eine solche sinnvoll machen. In Kapitel 2/Teil 2 konzentriert sich die Arbeit auf die technischen Elemente sowie die Einrichtung einer doppelseitigen Sanierungstreuhand. Hierunter fällt zum einen der schuldrechtliche Treuhandvertrag, insbesondere seine Inhalte, potentielle Wirksamkeitshindernisse etc. Wie schon erwähnt liegt das Augenmerk bei den Vertragsinhalten insbesondere auf einer möglichen Kollision mit gesellschafterlichen Pflichten des Treuhänders. Zum anderen wird die dingliche Übertragung des Treuguts näher betrachtet. Nachdem der Sanierungstreuhandvertrag dann in seinen Einzelheiten ausgearbeitet ist, kann seine Rechtsnatur qualifiziert werden. Dies dient als Basis, um die Auswirkungen einer möglichen Insolvenz auf die Konstruktion untersuchen zu können. Auch erlangt die Rechtsnatur insbesondere Bedeutung bei vertraglichen Regelungslücken und einer ergänzenden Vertragsauslegung. Da in diesem Bereich in der bestehenden Literatur sowie Rechtsprechung weitgefächerte Ansätze sowie teils sehr unterschiedliche Meinungen bestehen, gibt die Arbeit hier einleitend eine Übersicht über die bestehenden Grundlagen und die (sehr unterschiedlichen) Ansichten. Anschließend arbeitet Kapitel 3/Teil 2 die Risiken der Treuhandkonstruktion für die unmittelbar beteiligten Parteien heraus und bewertet diese individuell. Es schließen sich Vorschläge an, um die identifizierten Risiken bestmöglich präventiv auszuschließen. Beispielsweise steht hier im Fokus, wie das von Bankenseite ausgegebene Sanierungsdarlehen im Lichte des (relativ) neuen § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu betrachten ist und wie man bestmöglich damit umgehen kann. Zuletzt behandelt Teil 3 die Auswirkungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer der beteiligten Parteien. Die Untersuchung erfolgt für jede Partei gesondert und gliedert sich jeweils in das Schicksal des schuldrechtlichen Treuhandvertrages sowie die am Treugut in der Insolvenz bestehenden Rechten.
1. Teil
Einführung: Einseitige und doppelseitige Treuhand § 2 Die einseitige Treuhand A. Terminologie Im Zusammenhang mit Treuhandschaften besteht weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur eine einheitliche Terminologie. Je nach Gericht, Verfasser oder Beitrag erhalten die beteiligten Parteien und deren Rechtsverhältnisse unterschiedliche Bezeichnungen, was zu Missverständnissen und erschwerter Vergleichbarkeit führen kann. Daher sollen zunächst kurz die verwendeten Begrifflichkeiten festgelegt werden, um so ein einheitliches Verständnis sicherzustellen.1 In einseitigen Treuhandkonstruktionen stehen sich zwei Parteien gegenüber, nämlich Treugeber und Treuhänder.2 Der Treugeber überträgt dem Treuhänder Vermögensgegenstände oder Rechte, alternativ verschafft er ihm eine Form von Verfügungsmacht daran.3 Gleichzeitig bindet er den Treuhänder im Innenverhältnis durch eine schuldrechtliche Abrede, die übertragene Rechtsmacht nur nach bestimmten Maßgaben auszuüben. Diese schuldrechtliche Abrede wird als Treuhandvertrag4 oder Treuhandabrede5 bezeichnet. Gleichzeitig widmet sie den übertragenen Vermögensgegenstand zum „Treugut“ oder auch „Treuhandvermögen“.6 In der Wahl des Treuguts sind die Parteien grundsätzlich frei, neben Sachen und Forderungen kommen insbesondere auch Mitgliedschaftsrechte in Betracht, wie beispielsweise Gesellschaftsanteile an Unternehmen.7 In den meisten treuhänderischen Gestaltungen ist die Rechtsmacht dinglicher/absoluter Natur, hier spricht man von 1 Grundlegend zu den Begrifflichkeiten mit geschichtlichem Überblick und Vergleich mit ausländischen Rechtsordnungen: Coing, S. 88. 2 Nach Coing, S. 88. 3 Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 33. 4 BGH WM 1969, 935; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 36. 5 Vgl. Beuthien, ZGR 1974, 26 (29); Coing, S. 107; Gernhuber, JuS 1988, 355 (356). 6 BGHZ 55, 307 (308); Liebich/Mathews, S. 17; vgl. zur Widmung des Sicherungsgutes bei der Sicherungsübereignung: Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 – 936 Rn. 1. 7 Zur Treuhand an Gesellschaftsanteilen bspw.: OLG Hamburg WM 1997, 1846; Achsnick/ Opp, S. 64, 66; Armbrüster, S. 12; Beuthien, ZGR 1974, 26 (30); Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 92.
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1. Teil: Einführung
einer (echten) Vollrechtstreuhand. Der Treuhänder wird Eigentümer respektive Inhaber, mithin dinglicher Vollrechtsinhaber an dem Treugut. Gleichzeitig ist er aber durch den Treuhandvertrag in seiner Eigentümer-/Inhaberstellung schuldrechtlich beschränkt und auf die Vorgaben des Treuhandvertrages gegenüber dem Treugeber gebunden. Hinsichtlich des Eigentums beziehungsweise der Inhaberschaft stellt der Treuhandvertrag den Rechtsgrund der dinglichen Übertragung dar, die sogenannte Causa.8 Dient die Treuhand dazu eine Forderung des Treuhänders zu besichern, so kann der Treugeber auch als Sicherungsgeber, der Treuhänder entsprechend als Sicherungsnehmer bezeichnet werden.9 Das Treugut ist dann das Sicherungsgut. Der Treuhandvertrag wird uneinheitlich als Sicherungsvertrag10, Sicherungsabrede11, Zweckabrede/-erklärung12, Sicherungstreuhandvertrag13, Sicherungsvereinbarung14 oder Sicherstellungsvertrag15 betitelt.16 Da in einseitigen Treuhandkonstellationen der Treugeber regelmäßig Schuldner der gesicherten Forderung ist und der Treuhänder Gläubiger eben dieser Forderung,17 wird der Treuhänder teilweise auch als Treugebergläubiger bezeichnet. Falls (wie meist) eine Kreditforderung zu besichern ist, ist der Treuhänder gleichzeitig Kreditgeber und der Treugeber Kreditnehmer. Da der Treuhänder das Treugut als Sicherheit für seine Forderung erhält, verwendet die Rechtsprechung teilweise auch den Terminus Treunehmer für ihn.18 Stehen auf Treugeber und/oder Treuhänderseite dagegen (jeweils) mehrere Personen, so macht das die einseitige Treuhand weder zur doppelseitigen noch ändert sich die Terminologie. Man spricht dann lediglich von einer „einseitigen Treuhand mit mehreren Beteiligten“. Die Treugeberposition ist hier quantitativ aufgespalten.19 Die Existenz dieser einseitigen Treuhandform ist heute einheitlich 8 BGH NJW 1994, 2885; Coing, S. 108; Hirschberger, S. 6; Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 – 936 Rn. 25; Serick, Band I, S. 55 ff. 9 Vgl. bspw. Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 16; Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 – 936 Rn. 1 ff.; bei doppelseitigen Treuhandschaften etwa: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (107). 10 Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 15; Brünink, in: Lwowski/Fischer/Langenbucher, Recht der Kreditsicherung, S. 63 Rn. 5, Rn. 11; Henssler, in: Soergel, BGB, Anh. § 930 Rn. 52; Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 – 936 Rn. 8. 11 Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 15; Wiegand, in: Staudinger, Anh. zu §§ 929 – 931 Rn. 5. 12 Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 15. 13 Hirschberger, S. 14 ff. 14 Wiegand, in: Staudinger, Anh. zu §§ 929 – 931 Rn. 80. 15 Brünink, in: Lwowski/Fischer/Langenbucher, Recht der Kreditsicherung, S. 63 Rn. 6; Wiegand, in: Staudinger, Anh. zu §§ 929 – 931 Rn. 80. 16 Aufzählung nach Hirschberger, S. 14. 17 Hirschberger, S. 9, 34, 70; v. Rom, S. 98. 18 BGH NJW 1993, 1704; BGHZ 127, 229 (237); BGH ZIP 1995, 1860 (1862). 19 Vergleiche auch Löhnig, S. 291 ff.
§ 2 Die einseitige Treuhand
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anerkannt.20 Ein Beispiel für eine solche einseitige Treuhand mit mehreren Beteiligten ist die Erbengemeinschaft (mehrere Treugeber), bezüglich deren Nachlassvermögen Testamentsvollstreckung (Treuhänder) angeordnet ist oder die ihr Nachlassvermögen aufgrund eines autonomen Beschlusses von einem rechtsgeschaftlichen Treuhänder verwalten lässt. Soweit diese Arbeit die einseitige Treuhand behandelt, werden die beteiligten Parteien einheitlich als Treugeber und Treuhänder bezeichnet, wobei letzterer das Treugut hält und/oder verwaltet und ersterem durch einen Treuhandvertrag schuldrechtlich verpflichtet ist.21 Dies gilt auch, sofern die Treuhand dazu dient, eine (Darlehens-)Forderung zu besichern. Treugut
Treugeber (Sicherungsgeber) (Schuldner) (Kreditnehmer)
(Sicherungsgut) (Treuhandvermögen)
Treuhänder (Sicherungsnehmer) (Treugebergläubiger) (Kreditgeber)
Treuhandvertrag (Sicherungsvertrag) Quelle: eigene Darstellung.
Abbildung 1: Terminologie bei einseitigen Treuhandkonstellationen
Bei der doppelseitigen Treuhand erhält die Konstruktion eine weitere Dimension. Neben der schuldrechtlichen Beziehung zu dem Treugeber begründet der Treuhänder hier ein zusätzliches Verhältnis mit treuhänderischem Charakter zu einer dritten Partei.22 Diese zusätzliche Bindung des Treuhänders kann auf dreierlei Wege entstehen: entweder tritt die dritte Partei dem Treuhandvertrag zwischen Treugeber und Treuhänder bei, dann liegt ein mehrseitiger Treuhandvertrag vor. Alternativ können Treuhänder und dritte Partei auch einen gesonderten Treuhandvertrag mit Bezug auf dasselbe Treugut abschließen. Die Praxis geht in der Regel einen dritten Weg und konstruiert die doppelseitige Treuhand über § 328 BGB. Hier kommt zwischen Treuhänder und dritter Partei kein eigenständiges vertragliches Verhältnis zustande. Allerdings enthält der Treuhandvertrag zwischen Treugeber und Treuhänder eine drittbegünstigende Absprache im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter, § 328 BGB, über die der Treuhänder auch einer 20
Siehe Heidner, DStR 1989, 276 (277); Löhnig, S. 291 ff.; zuletzt v. Rom, S. 101 Fn. 333. Selbe Terminologie für einseitige Treuhandschaften bspw. bei Hirschberger, S. 6. 22 Achsnick/Opp, S. 60 (Schaubild) sprechen von einer „Kombination“ zweier Treuhandverhältnisse. 21
36
1. Teil: Einführung
Verpflichtung gegenüber der dritten Partei in Bezug auf das Treugut unterliegt, diese mithin ein eigenes (aber nicht eigenständiges) Forderungsrecht gegenüber dem Treuhänder erhält. Auch hier geht die Terminologie auseinander: da doppelseitige Treuhandschaften in der Regel eine Kreditforderung der dritten Partei gegen den Treugeber als Schuldner besichern,23 wird die dritte Partei häufig als Treugebergläubiger bezeichnet – analog der einseitigen Treuhand. Im Gegensatz zur einseitigen Treuhand wäre hier die Gläubigereigenschaft vom Treuhänder abgespalten. Indes ist dies nicht zwingend: bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand beispielsweise richtet sich die Kreditforderung der dritten Partei (Bank) gerade nicht gegen den Treugeber (Altgesellschafter), dieser drittbesichert die Forderung lediglich. Schuldner ist hier eine selbstständige weitere Partei, nämlich das Unternehmen des Treugebers. Dieses benötigt neue Liquidität, um laufende Verbindlichkeiten erfüllen und auf längere Sicht erforderliche Sanierungsmaßnahmen vollziehen zu können.24 Die Bezeichnung als Treugebergläubiger ist daher im Rahmen dieser Arbeit unpassend und es wird entsprechend darauf verzichtet. Daneben wird die dritte Partei in einschlägigen Beiträgen als Sicherungsnehmer25, (Dritt)Begünstigter26, Gesicherter27, schlicht als Drittbeteiligter28 oder aber ebenso als Treugeber29 bezeichnet. Im Einzelnen: der Begriff des Sicherungsnehmers ist missverständlich. Zum einen kann hierunter der Doppeltreuhänder verstanden werden, da dieser das Treugut und somit die Sicherung formal „an sich nimmt“.30 Genauso gut könnte man aber die dritte Partei unter den Wortsinn subsumieren, da diese Gläubiger der Forderung ist und so wirtschaftlich „die Sicherung nimmt“.31 Die dritte Partei ebenfalls als Treugeber zu bezeichnen, ist zum einen semantisch nicht korrekt, zum anderen fördert diese Terminologie ganz erhebliche Verständnisschwierigkeiten. Die Sanierungstreuhand verfolgt nämlich in erster Linie den Zweck, ein Kreditinstitut als dritte Partei mit seiner Kreditforderung gegen das Unternehmen abzusichern. Die dritte Partei soll daher im Rahmen dieser Arbeit als Gesicherter oder (gesicherter) Drittbegünstigter bezeichnet werden. Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand handelt es sich bei dem gesicherten Drittbegünstigten um eine Bank. Da die doppelseitige Sanierungstreuhand noch in zahlreichen anderen Punkten von der „Nor23
v. Rom, S. 101. Für eine gute Übersicht der Struktur siehe Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (103). 25 So z. B. bei Seibold/Groner, in: update Banking & Finance, S. 6. 26 Bspw. bei Achsnick/Opp, S. 64 Rn. 227; Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (107). 27 So bei Hirschberger, S. 117. 28 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (97). 29 Aus der Rspr.: OLG Hamburg WM 1997, 1846 ff.; aus der Literatur: Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 390. 30 In diesem Sinne: Brünink, in: Lwowski/Fischer/Langenbucher, Recht der Kreditsicherung, S. 65 Rn. 10. 31 So Becker-Eberhard, S. 424. Vgl. zum Ganzen auch Hirschberger, S. 117. 24
§ 2 Die einseitige Treuhand
37
malstruktur“ doppelseitiger Treuhandschaften abweicht, werden hier noch weitere terminologische Besonderheiten erforderlich sein. Insbesondere werden zusätzliche Parteien hinzutreten, die an der Treuhandstruktur zumindest mittelbar beteiligt sind. Da der Treuhänder bei der doppelseitigen Treuhand zwei Parteien verpflichtet ist, wird er als Doppeltreuhänder bezeichnet, was synonym mit der oft verwendeten Bezeichnung als doppelseitiger oder mehrseitiger Treuhänder zu verstehen ist. Als Doppeltreuhänder dient bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand in der Regel eine Treuhand-Zweckgesellschaft. Die Altgesellschafter übertragen ihre Gesellschaftsanteile an dem Krisenunternehmen direkt auf dieses Zweckvehikel. Alleiniger Gesellschafter sowie Geschäftsführer (sog. Eigengeschäftsführer) der Treuhandgesellschaft ist ein externer Sanierungsexperte der als Treuhandgeschäftsführer bezeichnet wird und die vertraglichen Pflichten aus dem Treuhandvertrag als Vertretungsorgan der Zweckgesellschaft wahrnimmt. Treugut
Treuhandverhältnis
Treugeber (Sicherungsgeber)
Doppeltreuhänder (Sicherungsnehmer)
Treuhandverhältnis
Drittbegünstigter (Treugebergläubiger) (Sicherungsnehmer)
§ 328 BGB Treuhandvertrag Quelle: eigene Darstellung.
Abbildung 2: Terminologie bei doppelseitigen Treuhandkonstellationen
B. Grundlagen auf dem Gebiet der einseitigen Treuhand I. Begriff und Merkmale einer „Treuhand“ Trotz zahlreicher Bemühungen und langanhaltender Diskussionen um eine gesetzgeberische Kodifikation32 hat das Konstrukt der „Treuhand“ bis heute keine Regelung als eigenständiger und in sich geschlossener Regelungskomplex im Gesetz 32 Erstmals wurde eine gesetzliche Regelung der Treuhand im Rahmen des 31. DJT 1912, als zentrales Thema dann auf dem 36. DJT vom 09. – 12. September 1931 in Lübeck behandelt, vgl. Beuthien, ZGR 1974, 26 (28). Beide Gutachter, Friedmann (vgl. in: Gutachten, S. 805 ff.) und Haemmerle (vgl. in: Gutachten, S. 662 ff.), bejahten die Notwendigkeit einer Kodifikation. Auch folgende deutsche Juristentage thematisierten die Treuhand und es kamen entsprechende Aufforderungen an den Gesetzgeber zustande, siehe z. B. Beschluss Nr. 6 des 55. DJT in NJW 1984, 2676.
38
1. Teil: Einführung
erfahren.33 In der Praxis erfasst der Begriff „Treuhand“ sehr unterschiedliche Konstruktionen, die Rechtsprechung und Wissenschaft nur mühsam systematisch zu erfassen versuchen.34 Die Treuhand ist dem Gesetz zwar nicht völlig fremd, der Begriff der Treuhand oder des Treuhänders erscheint durchaus in einzelnen Vorschriften.35 Diese können jedoch kein zusammenhängendes und selbstständiges „Treuhandrecht“ bilden, insbesondere da sie keine inhaltlichen Regelungen über die Rechte und Pflichten oder die rechtliche Natur einer rechtsgeschäftlichen Treuhandabrede im Allgemeinen beinhalten. Ebenso existiert keine Legaldefinition, was unter einer rechtsgeschäftlichen „Treuhand“ begrifflich zu verstehen ist.36 Genauso wenig konnte sich auf Grundlage der Literatur oder durch die Rechtsprechung ein allgemein gebilligter Terminus herausbilden, welcher imstande ist, ein aussagekräftiges Bild über das „schillernde“37 Konstrukt der Treuhand zu zeichnen und eine trennscharfe Abgrenzung zu ermöglichen.38 Versucht man einen Einblick zu gewinnen, was einem Rechtsverhältnis zwischen zwei (oder mehr) Parteien treuhänderischen Charakter verleiht, so trifft man auf ein weites Feld an Umschreibungen. Abwechselnd und uneinheitlich werden verschiedene Elemente als maßgebliche Charakteristika hervorgehoben, die sich teils gegenseitig ausschließen. Oft fällt es hier schwer den Überblick zu wahren.39 Diese erhebliche Bandbreite an Begrifflichkeiten ist häufig in der Flexibilität des Konstruktes zu sehen. Die Treuhand lässt sich entsprechend den Bedürfnissen des Einzelfalls anpassen und zeichnet sich daher – je nach Anwendungsbereich – auch durch unterschiedlichste Charakteristika aus.40 Folglich gibt es auch keinen typischen Treuhandvertrag, vielmehr bestimmen die individuellen Anforderungen und der jeweilige Zweck die inhaltliche Vertragsausgestaltung. Insbesondere die Rechte 33
Vgl. Eden, S. 3; Hirschberger, S. 1, 5; Schilken, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 164 ff. Rn. 48; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 28 ff.; Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Auflage, § 164 Rn. 50; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 213 Rz. 493; Tebben, S. 46. 34 Adolphsen, in: Gottwald, InsR, § 40 Rn. 31. 35 Vgl. § 42 I DepotG, § 1 II RVG, § 165 ZVG, §§ 29 – 34 HypothekenbankG [seit 19. 07. 2005 abgelöst durch das PfandBG], §§ 7, 35 PfandBG, §§ 70 ff. VAG, § 70 AktG, §§ 855a, 847a ZPO, §§ 287 ff., 292 f., 298 f., 313 f. InsO, § 178 VVG. Als Ausnahmen sind vor allem gesetzliche Treuhandverhältnisse geregelt, wie beispielsweise die Testamentsvollstreckung in den §§ 2205 ff. BGB. 36 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95; Gernhuber, JuS 1988, 355; Hübner, § 46 Rn. 1189; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 28; Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Auflage, § 164 Rn. 50; Tebben, S. 46. 37 So Armbrüster, S. 11. 38 Vgl. die in Fn. 33 Genannten. 39 Ein detaillierter Überblick über die vertretenen Definitionsansätze findet sich bei Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 21 ff. sowie bei Tebben, S. 46 f.; im Übrigen mit kürzerer Darstellung: Beuthien, ZGR 1974, 26 (29); Eden, S. 3; Ellenberger, in: Palandt, BGB, Übbl. v. § 104 Rn. 25; Gernhuber, JuS 1988, 355; Hirschberger, S. 5; Hübner, § 46 Rn. 1189; Schaub, DStR 1995, 1634; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 28. 40 Gernhuber, JuS 1988, 355; Hirschberger, S. 5.
§ 2 Die einseitige Treuhand
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und Pflichten des Treuhänders werden durch den Zweck und die Ziele der Treuhand determiniert.41 1. Definitionsversuche Beispielhaft zu den zahlreich existierenden Definitionen sei „die Treuhand dadurch geprägt, dass dem Treuhänder im Außenverhältnis ein „Mehr“ an Rechten übertragen ist, als er nach der gleichzeitig mit dem Treugeber getroffenen schuldrechtlichen Abrede ausüben darf“.42 Andernorts kennzeichne die Treuhand „die Wahrung fremder Interessen kraft eigener Macht“43 oder läge vor, wenn „ein Treugeber das Eigentum oder eine anderweitige Rechtsmacht an einem Treugut überträgt, den Treuhänder aber in seiner Ausübung der sich hierdurch im Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt“44. Bitter wiederum definiert die Treuhand schlicht als „Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung“. Maßgeblich geprägt sei der Begriff durch zwei Elemente, nämlich (i) den schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Rechts und (ii) eine Trennung von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung.45 Nach Gernhuber spricht man von einer (fiduziarischen) Treuhand bei einem „Rechtsverhältnis, welches ein Rechtsgut zum Gegenstand hat, das einem Vertragspartner zu vollem Recht übertragen wird; jedoch mit der Verpflichtung dem anderen Vertragspartner gegenüber, von der unbeschränkten Rechtsmacht nur in Grenzen Gebrauch zu machen“.46 Nach Henssler „ist ein Treuhänder eine natürliche oder juristische Person, die von einem anderen Vermögensrechte zu eigenem Recht erworben hat, diese Rechte aber nicht ausschließlich in eigenem Interesse ausüben soll“.47 Medicus/Petersen wiederum gehen von einer Treuhand aus, wenn der Treugeber dem Treuhänder einen Überschuss an Rechtsmacht einräumt, wobei dies zu verschiedenen Zwecken passieren kann.48 Coing macht das Wesen der Treuhand daran fest, „dass jemand durch Rechtsgeschäft verpflichtet ist, bestimmte Rechte, die ihm selbst zustehen, nicht in eigenem, sondern in fremdem Interesse zu halten und auszuüben“.49 Liebich/Mathews unterscheiden zwischen einem juristischen und einem ökonomischen Treuhandbegriff. Rein ökonomisch läge schon eine Treuhand vor, „wenn der Treuhänder Rechte in eigener Rechtszuständigkeit und in eigenem Namen, aber nicht 41
BGH WM 1969, 935; BGH BB 1977, 10; Liebich/Mathews, S. 70, 79. BGH NJW 2004, 1382; Ellenberger, in: Palandt, BGB, Vor § 104 Rn. 25. 43 Emmerich, S. 144. 44 Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 33; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 28. Sinngemäß ebenso Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Auflage, § 164 Rn. 50. 45 Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 115, 298 ff. 46 Gernhuber, JuS 1988, 355 (356). 47 Henssler, AcP 196 (1996), 37 (41). 48 Medicus/Petersen, S. 249 Rn. 488. 49 Coing, S. 85. 42
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1. Teil: Einführung
ausschließlich in eigenem Interesse ausübt“. Für eine Treuhand im Rechtssinne müssten als Kennzeichen noch die (dingliche) Übereignung des Treugutes sowie die Unmittelbarkeit dieser Übereignung von dem Treugeber an den Treuhänder hinzutreten.50 Weiteres, maßgebliches Kriterium soll auch das Handeln des Treuhänders gerade in eigenem und nicht in fremdem Namen wie bei der Stellvertretung, §§ 164 ff. BGB, sein.51 Der BGH ging im Anschluss an das RG von einer Treuhand aus, „wenn dem Treuhänder nach außen die Stellung eines Vollberechtigten eingeräumt wird, während er im Innenverhältnis zum Treugeber gehalten ist, über das Treugut nur in bestimmter Weise zu verfügen“.52 An dieser terminologischen Umschreibung hält die Rechtsprechung bis heute fest und ging in jüngerer Zeit davon aus, dass „Treuhandverhältnisse dadurch gekennzeichnet sind, dass die dem Treuhänder nach außen eingeräumte Rechtsmacht im Innenverhältnis zum Treugeber durch eine schuldrechtliche Treuhandabrede beschränkt ist“.53 2. Struktur und wesentliche Merkmale Anerkennt man, wie die Mehrzahl der begrifflichen Umschreibungen, nur solche Rechtsbeziehungen als Treuhand bzw. treuhänderisch im engeren Sinn, die auf einer dinglichen Rechtsstellung/Vollinhaberschaft des Treuhänders am Treugut beruhen, so bedarf es für eine Treuhand zweierlei Rechtsgeschäften: zum einen der dinglichen Übertragung des Vollrechts am Treugut sowie zum anderen einem schuldrechtlichem Element, nämlich den Treuhandvertrag im engeren Sinn (pactum fiduciae).54 a) Dingliches Element: Rechtsmacht Um eine Treuhand zu begründen, muss der Treuhänder zunächst eine Form von Rechtsmacht an Vermögensgegenständen oder Rechten erhalten, je nachdem aus was das Treugut besteht. In der Regel wird der Treugeber ihm das Vollrecht an diesem Treugut übertragen. Er hat dann eine dingliche Rechtsposition und ist gegenüber Dritten uneingeschränkter Eigentümer bei Sachen respektive Inhaber des Treuguts bei Rechten. Terminologisch spricht man in diesem Fall von einer (echten) Vollrechts- oder auch fiduziarischen Treuhand.55 50
Liebich/Mathews, S. 55. Siebert, S. 312. 52 RGZ 153, 366 (368); BGH DB 1956, 890. 53 BGH NJW 2004, 1382. 54 BGHZ 155, 227 (233 f.); Adolphsen, in: Gottwald, InsR, § 40 Rn. 37; Coing, S. 85 ff., 106; Gernhuber, JuS 1988, 355 (356); Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff. Rn. 46; vgl. zu dem zweiaktigen Aufbau von Treuhandverhältnissen: Geibel, S. 63. Bei rein schuldrechtlichen „Treuhandverhältnissen“ (Ermächtigungs-/Vollmachtstreuhand) fehlt das dingliche Element, vgl. weiter im Text. 55 Siehe bspw. BGH NJW 1954, 190; Armbrüster, S. 13; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 34; Heidner, DStR 1989, 276 (277). 51
§ 2 Die einseitige Treuhand
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Daneben zuerkennen Literatur und Rechtsprechung vielfach aber auch solchen Rechtsverhältnisse einen „treuhänderischen Charakter“, in denen die Berechtigung des Treuhänders am Treugut gerade nicht dinglicher Natur ist.56 Vielmehr soll ausreichen, dass der „Treuhänder“ im Rahmen beziehungsweise auf Basis eines Treuhandvertrages berechtigt ist, über das „Treugut“ zu verfügen. Diese Berechtigung könne aber genauso auf einer Ermächtigung, § 185 Abs. 1 BGB, oder gar nur auf einer Bevollmächtigung beruhen, in fremdem Namen und auf fremde Rechnung Verfügungen über das Treugut zu treffen oder auch nur damit zu wirtschaften, §§ 164 ff. BGB.57 In solchen Fällen liege eine „Ermächtigungs-“, respektive in letzteren Konstellationen eine sogenannte „Vollmachtstreuhand“58 vor, für die (ausnahmslos) die §§ 164 ff. BGB gelten würden.59 Viele Stimmen lehnen es hingegen ab, solche Konstellationen als „Treuhand“ zu bezeichnen respektive anzuerkennen. Es bestehe keinerlei Notwendigkeit dafür und würde den Begriff der Treuhand nur „verwässern“.60 Für die gegenständliche doppelseitige Sanierungstreuhand ist nur die fiduziarische Treuhand mit dem beschriebenen dinglichen Element/Vollrechtselement von Bedeutung. Der Treuhänder wird also Eigentümer von Sachen beziehungsweise Inhaber von Rechten. Im Folgenden versteht sich unter dem Begriff der Treuhand daher auch nur diese Gestaltung. Vollmachts- und Ermächtigungstreuhand werden nur vereinzelt am Rande und der Vollständigkeit halber erwähnt, soweit notwendig.
56
Vgl. statt vieler Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 33 f.; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 31, 36 f.; Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Auflage, § 164 Rn. 51. 57 BGH NJW 1954, 190 (191); Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 34; Coing, S. 96; Grundmann, Treuhandvertrag, S. 83 f.; Schilken, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 164 ff. Rn. 48; ablehnend bzw. Qualifikation als „unechte Treuhand“: Henssler, AcP 196 (1996), 37 (42); Leptien, in: Soergel, BGB, Vor § 164 Rn. 81; Maier-Reimer, in: Erman, BGB, 14. Auflage, Vor § 164 Rn. 17; Reinhardt/Erlinghagen/Schüler, JuS 1962, 42. 58 BGH WM 1964, 318; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 34; Coing, S. 90; Emmerich, S. 152; Huber, in: FS 50 Jahre Institut IPR Heidelberg, S. 399 (401); Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 36 f.; Schubert, in: MünchKomm, 7. Auflage, BGB, § 164 Rn. 54; zweifelnd: Leptien, in: Soergel, BGB, Vor § 164 Rn. 82; Maier-Reimer, in: Erman, BGB, 14. Auflage, Vor § 164 Rn. 17. 59 Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 34; Gernhuber, JuS 1988, 355; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 37; Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Auflage, § 164 Rn. 54. 60 Gernhuber, JuS 1988, 355: „Gewonnen wird mit ihr [Vollmachtstreuhand] jedenfalls nichts: weder der Zugang zu einer Regelung, die sonst verschlossen bliebe, noch ein Verständnishorizont, der uns sonst verdeckte Zusammenhänge erschließt“; Heidner, DStR 1989, 276 (277); Liebich/Mathews, S. 31; Walter, S. 18 ff.; neutral: Hirschberger, S. 23.
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1. Teil: Einführung
b) Schuldrechtliches Element: Treuhandvertrag Um ein Rechtsverhältnis mit treuhänderischem Charakter zu begründen, ist es noch nicht ausreichend nur Rechtsmacht zu übertragen. Ansonsten würde auch jede Verfügung aufgrund beispielsweise eines Kaufes oder einer Schenkung ein Treuhandverhältnis begründen.61 Erst die schuldrechtliche Bindung der Verfügungsmacht des Treuhänders gegenüber dem Treugeber im Innenverhältnis verleiht einer Vermögensübertragung treuhänderischen Charakter. Aufgrund dieser Bindung darf der Treuhänder die übertragene Rechtsposition nur nach bestimmten Maßgaben und Interessen sowie zu einem bestimmten Zweck ausüben. Diese schuldrechtliche Verpflichtung des Treuhänders begründet der Treuhandvertrag,62 gleichzeitig stellt dieser in der Regel den Rechtsgrund der dinglichen Übertragung dar (sog. Causa). Der Treuhandvertrag limitiert die Rechtsmacht des Treuhänders im Innenverhältnis gegenüber der unbeschränkten (dinglichen) Vollrechtsposition im Außenverhältnis und organisiert so das Rechtsverhältnis zwischen Treuhänder und Treugeber.63 Gleichzeitig widmet er die übertragenen Vermögensgegenstände oder Rechte zum Treugut. Demgegenüber beruht die Rechtsmacht des Treuhänders bei Vollmachts- und Ermächtigungstreuhand auf den rein schuldrechtlichen Absprachen zwischen Treugeber und Treuhänder, also der Bevollmächtigung oder der Ermächtigung. Sie wird im Regelfall nur in genau dem Umfang erteilt, der im Rahmen des Treuhandvertrages notwendig ist und damit schon per se keine zweckwidrigen Verfügungen ermöglicht.64 Der Treuhandvertrag limitiert die Rechtsmacht demnach nicht, sondern begründet sie exakt in dem gewollten Umfang. Ein sachenrechtlicher Numerus clausus steht hier nicht entgegen, da beide Treuhandformen kein dingliches Element beinhalten. Eine überschießende Rechtsmacht des Treuhänders im Außenverhältnis entsteht so regelmäßig nicht, anders als bei der fiduziarischen Treuhand oder etwa der (handelsrechtlichen) Prokura, §§ 48 ff. HGB. Anzumerken ist, dass es dennoch theoretisch möglich wäre, da Vollmacht und Ermächtigung im deutschen Recht grundsätzlich abstrakt von dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis (in der Regel: Auftrag) ausgestaltet sind bzw. werden können. Das Charaktermerkmal der „im Außenverhältnis überschießenden Rechtsmacht“ heben nichtsdestotrotz auch Befürworter der Vollmachts- und Ermächtigungstreuhand – insofern etwas missverständlich – als wesenstypisch für alle Treuhandschaften hervor.65 61
So treffend Hirschberger, S. 6. BGH NJW 1954, 190 (191); Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 33; Coing, S. 85, 106; Geibel, S. 63 ff.; Grundmann, S. 83; Hirschberger, S. 6; Schilken, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu § 164 Rn. 48; Siebert, S. 313; Tebben, S. 47; Rüger, S. 217. 63 Gernhuber, JuS 1988, 355 (357). 64 So auch Hirschberger, S. 13. 65 Vgl. bspw. Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164, der in Rn. 28 einerseits als Charakteristikum hervorhebt, dass der Treuhänder im Außenverhältnis mehr kann, als er im Innenverhältnis darf, also über eine „überschießende“ Rechtsmacht verfügt. Andererseits beschreibt Schramm in Rn. 36 und 37 die Ermächtigungs- und insbesondere die Vollmachtstreuhand als „anerkannt“. Auch Schubert geht in der Neuauflage von dem „über62
§ 2 Die einseitige Treuhand
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3. Zusammenfassung Versucht man vor dem Hintergrund dieser Charaktermerkmale einen gemeinsamen Nenner zu finden, so kann von einer Treuhand gesprochen werden, wenn einer natürlichen oder juristischen Person (Treuhänder) aufgrund einer schuldrechtlichen Abrede (Treuhandvertrag) eine Form von (regelmäßig dinglicher) Rechtsmacht an einem Treugut eingeräumt wird, welche dieser nach dem Inhalt des Treuhandvertrages zumindest auch im Interesse des Treugebers und/oder nur nach bestimmten Vorgaben auszuüben hat.66 Bei der Vollmachts- und Ermächtigungstreuhand ist die Rechtsmacht des Treuhänders regelmäßig von Beginn an auf den Zweck der Treuhand limitiert.67 Ein dingliches Element fehlt hier. Vielerorts werden diese Treuhandformen daher nicht als solche anerkannt, respektive nur als „unechte“ Treuhand, als „treuhandähnlich“, als „zum Teil anerkannt“ oder als „Quasitreuhand“ bezeichnet.68 Dieser gemeinsame Nenner kann jedoch nur einen ersten Anhaltspunkt und eine äußerst grobe Abgrenzung für die Treuhand bieten. Er liefert keine genauen Anhaltspunkte hinsichtlich Ausgestaltungsmöglichkeiten oder etwa Rechten und Pflichten der Parteien. II. Historische Entwicklung der „modernen“ Treuhand Das Rechtsinstitut der „modernen“ Treuhand hat keine annähernd so lange und renommierte Vergangenheit wie einige seiner ausländischen Verwandten, allen voran der angelsächsische Trust69. Die oben begrifflich umschriebene Konstruktion nimmt ihren Ausgangspunkt in der wirtschaftlichen Praxis des 19. Jahrhunderts. Eine direkte Verwurzelung in und Kontinuität mit älteren treuhänderischen Rechtsfiguren Kontinentaleuropas aus dem Mittelalter oder der frühen Neuzeit besteht nicht.70 Dennoch haben natürlich ältere Formen der Treuhand eine Rolle bei der Ausarbeitung der modernen Treuhandpraxis und -theorie in Deutschland gespielt.71
schießenden rechtlichen Können“ aus (Rn. 50), beschreibt die Vollmachtstreuhand allerdings nur noch als „teilweise anerkannt“, vgl. Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Auflage, § 164 Rn. 50, 54. 66 Vergleichbar auch: Coing, S. 85; Heidner, DStR 1989, 276; Hirschberger, S. 6; Schilken, in: Staudinger, BGB, Vor § 164 Rn. 48; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 28. 67 So auch Hirschberger, S. 13. 68 Siehe bei Coing, S. 97; Henssler, AcP 196 (1996), 37 (42); Hirschberger, S. 22, 23; Leptien, in: Soergel, BGB, Vor § 164 Rn. 81; Maier-Reimer, in: Erman, BGB, 14. Auflage, Vor § 164 Rn. 17; Reinhardt/Erlinghagen/Schüler, JuS 1962, 42. 69 Zum Trust des englischen Rechts etwa Coing, S. 3 ff. 70 Vgl. Hellwig, AcP 164 (1964), 369; Otten, S. 48; nach Löhnig, S. 13. 71 Coing, S. 15.
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1. Teil: Einführung
Ursprünglich lagen die zentralen Funktionen der Treuhand in der „Umgehung und Verschleierung“.72 Die Treuhand ermöglichte beispielsweise vor Kodifikation der Einpersonen-GmbH durch die GmbH-Novelle 1980 die Gründung einer GmbH durch einen einzelnen „echten“ Gesellschafter, indem ein Treuhänder als Strohmann den zweiten Gesellschafter ersetzte.73 Daneben diente die Treuhand dazu, Erwerbsbeschränkungen des Hintermanns oder sonstige steuer- wie erbrechtliche Konsequenzen zu umgehen, welche ein direktes Handeln des Hintermannes zur Folge gehabt hätte.74 Das heutige Anwendungsgebiet rechtsgeschäftlicher Treuhandschaften ist ungleich breiter, der negative erste Anschein eines Strohmanngeschäfts gehört der Vergangenheit an. Auf vielen Gebieten ist das treuhänderische Verhältnis aus der Alltagspraxis nicht mehr hinweg zu denken, insbesondere im Wirtschaftsverkehr sind Treuhandschaften elementar. Zwar können treuhänderische Konstruktionen auch heute noch zur Umgehung und Verbergung genutzt werden, um beispielsweise die wahren (wirtschaftlichen) Inhaberverhältnisse an Gesellschaften aus Konkurrenz- oder anderen Gründen vor dem allgemeinen Rechtsverkehr geheim zu halten.75 Längst stehen jedoch andere Funktionen im Mittelpunkt. Heute dienen Treuhandschaften insbesondere dazu, das Treugut durch einen Dritten verwalten zu lassen, sei es zur Vereinfachung, zur Schlichtung oder schlicht zur Entlastung des Treugebers. Genauso kann eine Treuhand aufgesetzt werden, damit der Treuhänder das Treugut liquidiert oder um dem Treugeber bestimmte Erträge zuzuwenden. Hauptanwendungsfall der Treuhand ist zudem nach wie vor, einen Anspruch zu besichern oder zu erfüllen.76 Als erste Anwendungsformen der Treuhand bildeten sich im 19. Jahrhundert die Sicherungsübereignung respektive die Sicherungsabtretung sowie das Vollindossament zu Inkassozwecken heraus.77 Zu diesen Gestaltungen gesellten sich im Laufe der Entwicklung unzählige weitere Konstruktionen, die sich mehr oder weniger von den ursprünglichen Konstruktionen entfernten. Die Sicherungsübereignung behielt als sogenanntes „besitzloses Pfandrecht“ bis heute ihre immense Bedeutung bei und ist praktisch die Standardsicherung bei vielen Kredit- oder Warengeschäften. Im Bereich des Factorings beispielsweise gehört eine Sicherungsabtretung aller Forderungen an den Factor zum vertraglichen Marktstandard, auch soweit der Factor die
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Henssler, AcP 196 (1996), 37 (38). Vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 1 Rn. 41; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (247). 74 Vgl. Henssler, AcP 196 (1996), 37 (38). 75 Treuhandverhältnisse sind nicht im Handelsregister zu veröffentlichen, auch nicht die treuhänderische Bindung eines Gesellschafters, siehe Paefgen, in: Ulmer, GmbHG, § 40 Rn. 12; Terlau/Schäfers, in: Michalski, GmbHG, § 40 Rn. 4; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, § 40 Rn. 9. 76 Zu den Funktionen: Armbrüster, S. 49 ff.; Beuthien, ZGR 1974, 26 (31); Blaurock, S. 69 ff.; Eden, S. 7; Liebich/Mathews, S. 76 ff.; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 215 ff. 77 Löhnig, S. 13 ff. 73
§ 3 Die doppelseitige Treuhand
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Forderung nicht ankauft.78 Ebenso findet die Treuhand heute Verwendung als Rechtsanwalts- oder Notaranderkonto, Inkassozession, zur reinen Vermögensverwaltung, als Einziehungsermächtigung (z. B. beim Factoring), zur Wertpapiersammelverwahrung, bei Emissionskonsortien, für den Konsortialkredit mit Sicherheitenpool und eben im Rahmen der Unternehmenssanierung als Sanierungstreuhand, um nur einen Ausschnitt zu nennen.79 Hinzu gesellen sich quasi im Fahrwasser der bekannten und anerkannten Treuhandkonstruktionen zahlreiche weitere Berufszweige, welche versuchen, den positiven Schein des „vertrauenswürdigen Treuhänders“ für sich geltend zu machen. Insbesondere im Bereich der Buch- und Bilanzprüfung, Steuer- und Wirtschaftsberatung sowie Anlageberatung erscheint es verbreitet, den Begriff des Treuhänders als Berufsbezeichnung zu wählen, ohne einer im rechtlichen Sinne zu sein.80 Henssler beschreibt es treffend: „Die Werbewirksamkeit des Sinnbildes der ,treuen Hand‘, die den Laien durch die Irrwege im Dschungel der Vermögensanlagen führt, hat der Treuhand als Firmenbestandteil ganz unterschiedlicher Gesellschaften, von großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bis hin zu zweifelhaften Erscheinungen auf dem grauen Kapitalmarkt, Beliebtheit verschafft.“81
§ 3 Die doppelseitige Treuhand A. Begriff und Struktur I. Aktueller Stand Ebenso wenig wie das Gesetz näheren Aufschluss über die einseitige Treuhand gibt, finden sich dort Anhaltspunkte zur doppelseitigen Treuhand. Im literarischen Tenor zeichnet sich eine doppelseitige Treuhand dadurch aus, dass der Treuhänder „zwei verschiedenen Parteien mit sich widerstrebenden Interessen verpflichtet ist“, oder „das Treugut im Interesse zweier Parteien zu halten hat“.82 Diesen Definitionen lässt sich kein exaktes Bild entnehmen, was eine doppelseitige Treuhand ausmacht. Sicher ist, dass der Treuhänder im Unterschied zur einseitigen Treuhand neben dem Treugeber einer dritten Partei verpflichtet sein muss. Diese dritte Partei wird ih78 Zum Factoring und den Problemen bei einer Kollision zwischen Sicherungsglobalzession und verlängerten Eigentumsvorbehalten vgl. z. B. Roth/Kieninger, in: MünchKomm, BGB, § 398 Rn. 156 ff. 79 Vgl. bspw. die Aufzählungen bei Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 34 ff. oder Heidner, DStR 1989, 276 ff. 80 Vorstehendes nach Beuthien, ZGR 1974, 26 (28). 81 Henssler, AcP 196 (1996), 37 (38). 82 Siehe etwa: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (116); Bork, NZI 1999, 337; Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (91); Coing, S. 89; Geibel, S. 438; Grundmann, S. 265; Heidner, DStR 1989, 276 (277); Hirschberger, S. 1, 109; v. Rom, S. 101; Siebert, S. 101, 365, 385; Singhof/Seiler/ Schlitt, S. 219 Rn. 504; Witte, S. 105; Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685 (711).
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1. Teil: Einführung
rerseits regelmäßig Gläubiger eines Anspruchs gegen den Treugeber sein.83 In aller Regel dienen doppelseitige Treuhandschaften nämlich dazu, einen Anspruch dieser dritten Partei gegen den Treugeber zu besichern.84 Liegen diese Kriterien vor sei von einer doppelseitigen, mehrseitigen oder gar doppelnützigen Treuhand, kurz auch von einer „Doppeltreuhand“ zu sprechen.85 Etwas missverständlich ist auch synonym von einer „doppelstöckigen“ Treuhand zu lesen.86 Andere Autoren begreifen diese Bezeichnung anscheinend auch nicht als Synonym, sondern als Weiterentwicklung der doppelseitigen Treuhand.87 II. Entwicklung des doppelseitigen Treuhandbegriffs Betrachtet man die historische Entwicklung der doppelseitigen Treuhand in der Rechtsprechung, so wird man – soweit ersichtlich – erstmals im Jahre 1913 fündig.88 In dem Urteil vom 2. Januar 1913, Az. I 152/12 hatte das Reichsgericht eine Art der doppelseitigen Pflichtenbindung mit treuhänderischem Charakter zu beurteilen: Ein Assekuranzmakler sollte Gelder einer russischen Rückversicherungsgesellschaft als „Prämienreserve“ verwalten und hierdurch Versicherungsansprüche zugunsten der Versicherungsnehmer absichern. Während der Rückversicherer direkt vertraglich mit dem Makler verbunden war, leiteten sich die Sicherungsansprüche der Versicherungsnehmer gegen den Makler aus einer drittbegünstigenden Absprache zwischen Rückversicherer und Makler ab. Nach dem Reichsgericht hatte das Rechtsverhältnis des Maklers mit einer „doppelseitigen“ Pflichtenbindung gegenüber den beiden Parteien „gewiss etwas von einem Treuhandverhältnis“. Die konkrete Bezeichnung als „Treuhandvertrag“ lehnte das Reichsgericht jedoch ab und verwies vielmehr auf eine Entscheidung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Zugrundelegung des Auftragsrechts. Mittlerweile hat sich jedoch auch in der
83 Vgl. Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 386, 388e oder Liebich/Mathews, S. 81. Anders jedoch bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand: Hier ist die dritte Partei zwar Gläubiger, aber nicht des Treugebers (Gesellschafter), sondern dessen Unternehmens, das den Kredit zur Sanierung benötigt. 84 Vgl. zu die verschiedenen Anwendungsformen der doppelseitigen Treuhand weiter im Text sowie bei Hirschberger, S. 109 ff. Soweit dieser den Treuhandliquidationsvergleich sowie die „Doppeltreuhand zur Restschuldbefreiung“ von der Sicherungstreuhand abgrenzt, ist zu sagen, dass auch diese Formen letztlich der Sicherung eines Anspruchs dienen, wenn auch nicht ausschließlich oder vorrangig. Ähnlich: v. Rom, S. 101. 85 Vgl. u. a. die in Fn. 82 Genannten. Den Terminus „doppelnützig“ verwenden Achsnik/ Opp, S. 60; Kroth, in: Braun, InsO, § 116 Rn. 12; Laier, GWR 2010, S. 184 ff.; Lorenz/Sinhart; v. Pfeil, in: Deutscher AnwaltSpiegel, S. 3 ff.; Riggert, S. 9 ff.; Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 491 ff.; Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 219. 86 Siehe bspw. bei Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (91); als missverständlich bezeichnet auch Armbrüster, S. 47 die „doppelstöckige“ Treuhand. 87 Vgl. v. Rom, S. 105 f. 88 RG LZ 1913, 394 f.
§ 3 Die doppelseitige Treuhand
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Rechtsprechung der Begriff der Doppeltreuhand für den Fall der zweiseitigen Pflichtenbindung mit treuhänderischem Charakter durchgesetzt.89 Der Terminus der „doppelseitigen Treuhand“ nimmt seinen Ausgangspunkt in der Literatur bei Emmerich. Nach ihm lag eine doppelseitige Treuhand vor, wenn der Treuhänder die Rechte der Gläubiger gegenüber dem Schuldner als Treuhänder der Gläubiger wahrnehme und gleichzeitig als Inhaber der Sicherung Treuhänder des Schuldners ist.90 Siebert hat sich diesem Begriff und der Beschreibung von Emmerich drei Jahre später im Wesentlichen angeschlossen: „In dem letzteren Falle [mehrseitige Treuhand] muss der Treuhänder in einer einem Vermittler ähnlichen Stellung nach mehreren Seiten hin fremde Interessen wahrnehmen, so z. B. beim Treuhandvergleich oder bei der Kreditsicherung (…). Die Treuhänderbestellung erfolgt nämlich sowohl im Interesse des Schuldners wie im Interesse der Gläubiger („doppelseitige Treuhand“).“91 Coing hat dann im Jahre 1973 die Umschreibung auf ihren heute vorherrschenden Stand gebracht. Hernach müssten die von dem Treuhänder nach beiden Seiten wahrzunehmenden Interessen zusätzlich „widerstrebende“ sein: „(…) es kann aber auch sein, dass der Treuhänder die widerstrebenden Interessen mehrerer Personen zu berücksichtigen hat, so z. B. diejenigen des Schuldners und seiner Gläubiger. (…) In diesem Fall spricht man von uneigennütziger doppelseitiger oder mehrseitiger, auch von einer Doppeltreuhand.“92 III. Struktur und Merkmale doppelseitiger Treuhandschaften 1. Ablehnung der existierenden Definition Die aktuelle Literatur hebt als zentrales Merkmal einer jeden doppelseitigen Treuhand die Bindung des Treuhänders an die „widerstrebenden Interessen“ zwischen Treugeber und gesichertem Drittbegünstigtem hervor.93 Teilweise sollen „sich widerstrebende Interessen“ sogar negatives Abgrenzungskriterium sein. Hätten Treugeber und gesicherter Drittbegünstigter gleichlaufende Interessen, so läge begrifflich gar keine doppelseitige Treuhand vor94 oder man könne nur von einer „unechten“ doppelseitigen Treuhand sprechen95. Betrachtet man die typische 89
Siehe bspw. BGHZ 11, 37 (41); BGHZ 109, 47; BGH NJW 1966, 1116; BGH NJW 1990, 45 (46); BGH WM 1971, 969 (970). 90 Emmerich, S. 155 f. 91 Siebert, S. 101, 365, 385 und 405. 92 Coing, S. 89. 93 Vgl. die bei Hirschberger, S. 109 in Fn. 544 Genannten, wobei nicht alle der dortigen Quellen das Kriterium „widerstreitend/widerstrebend“ explizit in ihre Definition mit einbeziehen, was Hirschberger auch selbst anmerkt; Heidner, DStR 1989, 276 (277) spricht von „gegenläufigen“ Interessen; zuletzt haben sich Bitter, in: FS Ganter, S. 116 und v. Rom, S. 101, 247 der Definition angeschlossen. 94 So v. Rom, S. 101; wohl auch so zu verstehen: Hirschberger, S. 110. 95 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (96 f.).
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1. Teil: Einführung
Struktur doppelseitiger Treuhandschaften und Treuhandverträge sowie die dahinterstehende Interessenlage der beteiligten Parteien, so zeigt sich, dass die begriffliche Reduzierung doppelseitiger Treuhandschaften auf Parteibeziehungen mit sich widerstrebenden Interessen nicht korrekt ist. Dies hat mehrere Gründe: a) Keine vertraglich relevanten widerstrebenden Interessen Zunächst widerstreben sich die Interessen von Treugeber und gesichertem Drittbegünstigtem keinesfalls in allen Konstellationen, die heute als doppelseitige Treuhand anerkannt sind. Im Gegenteil sind bei der Überzahl doppelseitiger Treuhandschaften die Interessen zwischen Treugebern und gesicherten Drittbegünstigten gleichgerichtet, jedenfalls hinsichtlich der vertraglich für den Treuhänder relevanten Interessen. Insbesondere bei der gegenständlichen doppelseitigen Sanierungstreuhand laufen die Interessen der Altgesellschafter des kriselnden Unternehmens sowie die der finanzierenden Bank in der Hauptsache in dieselbe Richtung: mit der Treuhand sollen die Kreditvergabevoraussetzungen erfüllt werden, um das Unternehmen auf kurze Distanz mithilfe neuer Liquidität vor einer Insolvenz zu bewahren (Überbrückungsfunktion). Auf lange Distanz soll das frische Kapital eine Sanierung/ Restrukturierung ermöglichen, um das Unternehmen am Markt wieder wettbewerbsfähig zu machen. In diesem Rahmen liegt es im Interesse beider Parteien, dass der Doppeltreuhänder die Gesellschaftsanteile mit den darin verkörperten Mitgliedschaftsrechten zum besten wirtschaftlichen Wohl der Gesellschaft verwaltet und die notwendigen Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen möglichst effizient veranlasst. Weiterhin ist zu sehen, dass widerstrebende Interessen im Rahmen der vertraglichen Pflichtenbindung des Doppeltreuhänders gerade keine Relevanz haben. Es entspricht dem Wesen der doppelseitigen Treuhand, dass der Doppeltreuhänder nicht einseitig gegenüber einer Partei interessen- und weisungsgebunden ist. Vielmehr hat der Doppeltreuhänder nur die in dem Treuhandvertrag vereinbarten Ziele und Vorgaben bei seiner Tätigkeit zu berücksichtigen.96 Diese repräsentieren ihrerseits das Verhandlungsergebnis zwischen Altgesellschaftern und finanzierender Bank und stellen so einen Interessenkompromiss beider Parteien dar. Soweit eine beschränkte Weisungsgebundenheit des Treuhänder im Einzelfall doch besteht, ist diese jeweils auf die vertraglichen Ziele limitiert, im Fall das wirtschaftliche Wohl des Unternehmens und damit gleichzeitig der Werterhalt der Sicherheit. Würde der Doppeltreuhänder einseitige, der anderen Partei widerstrebende Interessen beachten oder wäre er solchen gar verpflichtet, so verstieße er gerade gegen seine Funktion als neutrales Ausführungsorgan der im Treuhandvertrag statuierten Interessen, die als Verhandlungsergebnis die Interessen beider Parteien gleichermaßen abbilden. Das Merkmal der sich widerstrebenden Interessen widerspricht der Natur doppelseitiger Treuhandschaften daher geradezu. Der Doppeltreuhänder ist bei seiner treuhände96
So auch Löhnig, S. 306, 318, 319, 321.
§ 3 Die doppelseitige Treuhand
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rischen Tätigkeit einzig an die Vorgaben und Ziele des Treuhandvertrages und eben gerade nicht an „widerstrebende Parteiinteressen“ gebunden.97 Wäre er dies, würde das Konstrukt der doppelseitigen Treuhand seine Grundlage verlieren. Versucht die Bank nämlich „unter dem Deckmantel“ des Sanierungsversprechens den Altgesellschaftern die Gesellschaftsanteile zu entziehen,98 um durch eine möglichst schnelle und reibungslose Verwertung unrentable Kreditengagements zurückzuführen, so widerspricht dieses Interesse sicherlich dem Eigensanierungsinteresse der Altgesellschafter. An solche Interessen und Ziele ist der Doppeltreuhänder aber gerade nicht gebunden. Vielmehr soll die doppelseitige Treuhand einseitige Interessenverfolgung verhindern, indem es dem Doppeltreuhänder untersagt ist, im Interesse einer und damit auf Kosten der anderen Partei zu handeln. Maßgeblich sind für ihn nur die vertraglich vereinbarten, als Kompromiss gleichlaufenden Interessen. b) Keine Abgrenzung zu „einseitigen“ Treuhandkonstruktionen Ginge man trotzdem davon aus, dass der Doppeltreuhänder an „sich widerstrebende Parteiinteressen“ gebunden wäre, so könnte man mit diesem Merkmal genauso wenig das charakterisierende Merkmal doppelseitiger Treuhandschaften gegenüber einseitigen ausmachen. Gerade bei einseitigen Treuhandschaften können und werden sich die Interessen der beiden Parteien nämlich auch widerstreben.99 Bei normalen einseitigen Sicherungstreuhandschaften mit zwei Parteien ist der Interessenkonflikt offenbar: der Treuhänder ist hier gleichzeitig Inhaber einer Forderung gegenüber dem Treugeber. Der Treuhänder bekommt das Treugut, um damit seine Forderung abzusichern. Treugeber und Treuhänder kommen damit von konträren Seiten. Der Treuhänder verfolgt im Zweifel primär eigene Interessen ist aber gleichzeitig durch den Treuhandvertrag auf die widerstrebenden Interessen des Treugebers verpflichtet. Unter einer einseitigen Treuhand sind zudem nicht nur Konstellationen zu verstehen, in denen der Treuhänder nur einer einzigen Partei verpflichtet ist. Vielmehr kann auch bei der einseitigen Treuhand auf Treugeberseite eine Vielzahl an Parteien stehen. In diesem Fall sprich man von einer einseitigen Treuhand mit mehrereren Beteiligten (auf dieser einen Seite), die allseits anerkannt ist.100 Als Beispiel ist die Erbengemeinschaft anzuführen, welche einen Treuhänder zur Verwaltung der Erbmasse einsetzt, untereinander aber höchst widerstreitende Interessen verfolgt. 97
Vgl. im Grundsatz ebenso: Löhnig, S. 119 (unten), 318 f. Dieser formuliert folgendermaßen (S. 319): „Folgte er [der Treuhänder] Weisungen des Schuldners oder der Gläubiger, so wäre der Interessenausgleich und die Unparteilichkeit des Treuhänders nicht mehr gewährleistet. Weisungen können für den Doppeltreuhänder also niemals verbindliche Verhaltensregeln, sondern nur ,Anregungen‘ sein, die er pflichtgemäß zu prüfen hat.“ 98 Vgl. zu diesem Vorwurf etwa Fromm, GmbHR 2003, 1114 ff. 99 So explizit auch Löhnig, S. 289 ff. 100 Siehe nur Coing, S. 91; Heidner, DStR 1989, 276 (277); Löhnig, S. 291 ff.; zuletzt v. Rom, S. 101 Fn. 333.
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1. Teil: Einführung
Gleiches gilt für den Fall einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung gegenüber einer Erbengemeinschaft. In der Regel werden bei gesetzlich verbundenen Treugeber-Gesamthandsgemeinschaften wie der Erbengemeinschaft101 sogar weit häufiger als bei der doppelseitigen Treuhand Interessenkonflikte anzutreffen sein mit denen der Treuhänder umgehen muss. Während die Erbengemeinschaft letztlich per Gesetzes zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ verbunden wird, beruht die doppelseitige Treuhand insbesondere bei der Sanierungstreuhand auf einem ausverhandelten Willenskonsens zwischen den Parteien. c) Keine klare Ermittelbarkeit Weiterhin ist das Merkmal der „widerstrebenden Interessen“ unpräzise und schwierig, eigentlich gar nicht zu ermitteln, da sich die Parteien nie mit vollständig opponierenden oder gleichgerichteten Interessen gegenübertreten. Es müsste quasi individuell gewichtet werden, welche Interessen nun den Schwerpunkt der Treuhand ausmachen und ob beziehungsweise inwieweit diese „widerstrebend“ sind. Innerhalb einer Treuhandkonstruktion hat aber jede Partei ein ganzes Bündel an Haupt- und Nebeninteressen. Das Interessengeflecht ist unübersichtlich, auch ist nach außen hin unklar, welche Bedeutung und welche Gewichtung jedes einzelne Interesse für die jeweilige Partei hat. Eine trennscharfe Abgrenzung gelingt so nicht. 2. Eigene Definition doppelseitiger Treuhandschaften Besser treffen würde es daher die schlichte Formulierung von Ganter, nach dem eine doppelseitige Treuhand vorliegt, „wenn der Treuhänder nach zwei Richtungen treuhänderische Funktionen ausübt.“102 Ähnlich umschreiben auch Bork und Armbrüster die doppelseitige Treuhand, ohne maßgeblich auf die Gegenläufigkeit der Parteiinteressen abzustellen.103 Freilich gibt auch diese Umschreibung wenig konkrete Anhaltspunkte, was genau eine doppelseitige Treuhand ausmacht. Ebenso vermag diese Umschreibung keine trennscharfe Abgrenzung zu einseitigen Treuhandkonstrukten mit mehreren Beteiligten zu leisten. Betrachtet man die vertragliche Struktur und die Situation des Treuhänders bei doppelseitigen Treuhandkonstruktionen, lassen sich insbesondere zwei Merkmale herausarbeiten, welche in einer aussagekräftigen Definition zu reflektieren sind: nämlich zum einen die vertragliche Bindung des Treuhänders an mindestens zwei Parteien sowie zum anderen die Nichtidentität von Treuhänder und gesichertem Drittbegünstigten.
101
Rn. 1. 102 103
Die Erbengemeinschaft entsteht kraft Gesetzes, vgl. Weidlich, in: Palandt, BGB, § 2032 Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 386. Armbrüster, S. 47; Bork, NZI 1999, 337 (339).
§ 3 Die doppelseitige Treuhand
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a) Vertragliche Bindung des Treuhänders an mindestens zwei Parteien Das erste, wenn auch „nicht exklusive“ Merkmal ist die vertragliche Bindung des Treuhänders gegenüber mindestens zwei weiteren Parteien mit treuhänderischem Charakter.104 Wie schon einleitend festgelegt, werden diese Parteien im Folgenden als Treugeber und Gesicherter oder Drittbegünstigter bezeichnet. Die Bindung des Treuhänders an zwei verschiedene Parteien ist zwingend für eine doppelseitige Treuhand. Eine einseitige vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Treugeber kann für eine doppelseitige Treuhandkonstellation gerade nicht ausreichen. Dies gilt selbst wenn diese einseitige Vereinbarung Pflichten des Treuhänders gegenüber einer dritten Partei beinhalten sollte. Die dritte Partei muss gerade einen eigenen Anspruch gegenüber dem Treuhänder auf Erfüllung des Treuhandvertrages haben. Diesem Erfordernis kann auf dreierlei Weise entsprochen werden. Entweder (i) wird der gesicherte Drittbegünstigte selbst Partei eines (dann) mehrseitigen Treuhandvertrages, oder (ii) er schließt einen isolierten Treuhandvertrag mit dem Doppeltreuhänder ab, der inhaltlich auf das Verhältnis zwischen Treugeber und Doppeltreuhänder abgestimmt ist. Als dritte und in der Praxis am häufigsten verwendete Konstruktion lässt sich (iii) der eigene Erfüllungsanspruch des Drittbegünstigten auch über einen Vertrag zugunsten Dritter zwischen Treugeber und Treuhänder begründen.105 Hier ist im Einzelfall zu ermitteln, ob es sich bei der Absprache zwischen Treugeber und Treuhänder um einen echten Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 Abs. 1 BGB handelt, welcher dem gesicherten Drittbegünstigten einen echten eigenen Anspruch gegenüber dem Treuhänder einräumt.106 Soll der Treuhänder zwar auch im Interesse des Drittbegünstigten Pflichten erfüllen, dieser Dritte aber keinen vertraglichen Anspruch aus der Beziehung mit dem Treugeber bekommen, so liegt keine doppelseitige Treuhand vor.
104 Armbrüster, S. 48 (Mitte); Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (103); Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 94 (105 f.); Bork, NZI 1999, 337 (339); Hagebusch/Schiller, in: Bankpraktiker 07 – 08/2008, S. 342 (346); Hirschberger, S. 111, 124 f.; Liebich/Mathews, S. 81 (unten); v. Rom, S. 78 ff.; Rüger, S. 221 f.; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 220 Rn. 505. 105 Achsnick/Opp, S. 465 Rn. 228; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (97); Coing, S. 111; Liebich/Mathews, S. 81; v. Rom, S. 76; a. A.: Bitter, in: FS Ganter, S. 103, der aber dort in Fußnote 14 auch die Möglichkeit erwähnt, die doppelseitige Treuhand über einen Vertrag zugunsten Dritter aufzubauen. Auch Hirschberger, S. 125 geht bei der doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand davon aus, dass Treuhänder und Treugebergläubiger „regelmäßig“ einen Treuhandvertrag abschließen, erwähnt aber gleichermaßen die Möglichkeit über § 328 BGB. 106 Armbrüster, S. 48 (Mitte); Coing, S. 111; Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 386; Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1774 Rn. 31; Hirschberger, S. 111, 125 f.; Singhof/Seiler/ Schlitt, S. 220 Rn. 505.
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1. Teil: Einführung
b) Nichtidentität von Treuhänder und gesichertem Drittbegünstigten Die vertragliche Bindung gegenüber zwei verschiedenen Parteien ist zwar Merkmal der doppelseitigen Treuhand, kann sie indes nicht von der einseitigen Treuhand mit mehreren Beteiligten abgrenzen. Hierzu ist ein weiteres, strukturelles Element notwendig: doppelseitige Treuhandschaften dienen in der Regel dazu, Ansprüche zu besichern. Insofern ist die doppelseitige Treuhand von der einseitigen Sicherungstreuhand abzugrenzen. Für eine „Doppelseitigkeit“ reicht es nicht aus, dass an der Treuhand mehr als zwei Parteien beteiligt sind (Treugeber und Treuhänder). Dies wäre – wie schon beschrieben – auch bei der einseitigen Treuhand mit mehreren Beteiligten der Fall, bei der lediglich die Treugeberposition in personeller Hinsicht quantitativ gespalten ist. Für die doppelseitige Treuhand ist aber das „Auseinanderfallen von Interessenträgerschaft und Interessenwahrnehmung“ maßgeblich, ebenso wie für einseitige fremdnützige Treuhandschaften.107 Konkret auf die doppelseitige Treuhand bezogen bedeutet das, dass der Treuhänder (Interessenwahrnehmender) und der Drittbegünstigte (Interessenträger) nicht personenidentisch sein dürfen.108 Da doppelseitige Treuhandschaften in der Regel der Besicherung eines Anspruchs dienen, darf der Treuhänder demnach nicht selbst Inhaber des zu sichernden Anspruchs und somit Gläubiger des Treugebers sein. Er (dritt)besichert mit dem Treugut nur den Anspruch eines Dritten. Die Elemente des Interesses (Absicherung) und der Wahrnehmung (treuhänderische Tätigkeit) verteilen sich so auf zwei Parteien, neben denen der Treugeber als dritte Partei auf der anderen Seite steht, vgl. Abbildung 3. Bei der einseitigen Sicherungstreuhand wäre ist das genau anders: Interessenträger (Forderungsgläubiger) ist hier identisch mit Interessenwahrnehmendem (Treuhänder). Soweit man die einseitige fremdnützige Treuhand mit der doppelseitigen Treuhand vergleicht, ist der Treuhänder zwar in beiden Konstellationen von Beginn an kein Interessenträger. Allerdings steht hier auf der anderen Seite des Treuhänders keine dritte Partei mit eigenen Interessen, denen der Treuhänder verpflichtet ist (s. Abb. 3). Interessenträgerschaft und Interessenwahrnehmung fallen dementsprechend bei der doppelseitigen (Sicherungs)Treuhand wie bei der einseitigen fremdnützigen Treuhand vollständig auseinander. Dies unterscheidet sie von der einseitigen eigennützigen Treuhand, obwohl beide demselben Zweck dienen. Beide sollen einen Anspruch und/oder ein Recht besichern.
107 108
Siehe hierzu Löhnig, S. 143. So auch Hirschberger, S. 116 (unten).
§ 3 Die doppelseitige Treuhand
Interessenträgerschaft
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Interessenträger und Interessenwahrnehmung
Einseitige Sicherungstreuhand mit mehreren Beteiligten
Treuhänder (= gesicherter Gläubiger)
Treugeber I
Strukturelles Element
Treugeber II
Doppeltreuhänder Treugeber III
Gesicherter Treugebergläubiger
Gläubiger)
Doppelseitige Treuhand Interessenträgerschaft
Interessenwahrnehmung
Interessenträgerschaft
Quelle: eigene Darstellung
Abbildung 3: Struktur und Parteien einer doppelseitigen Sicherungstreuhand im Vergleich mit einer einseitigen Sicherungstreuhand mit mehreren Beteiligten
c) Vorschlag einer neuen Definition Vereinigt man die benannten Merkmale in einer Definition zusammen mit den allgemeinen Kennzeichen treuhänderischer Rechtsverhältnisse, so läge eine doppelseitige Treuhand mit Sicherungscharakter vor, wenn einer Person, die weder mit Treugeber noch mit gesichertem Drittbegünstigtem identisch ist, dingliche Rechtsmacht über ein Treugut eingeräumt wird, welche sie nur nach bestimmten schuldrechtlichen Maßgaben im Innenverhältnis ausüben darf und auf deren Erfüllung beide Parteien einen vertraglichen Anspruch gegen diesen „Doppeltreuhänder“ haben.
B. Praktische Anwendungsformen Der Begriff der „doppelseitigen Treuhand“ sowie deren strukturelle Beschreibung sind bisher als Oberkategorie abstrakt geblieben und vereinigen verschiedenste Vertragskonstruktionen aus der Praxis unter einer gemeinsamen begrifflichen Klammer. Der folgende Überblick über die relevantesten Anwendungsformen dient dazu, Verständnis für das bisher nur abstrakte Konstrukt zu schaffen. Ein im jeweiligen Zusammenhang gegebener Literaturüberblick soll eine nähere Befassung mit einer der Ausgestaltungen erleichtern. Im Speziellen jedoch ermöglicht die
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1. Teil: Einführung
Übersicht, die gegenständliche doppelseitige Sanierungstreuhand unter den facettenreichen Oberbegriff der doppelseitigen Treuhand einzuordnen und gegenüber teils ähnlichen Anwendungsformen abzugrenzen. Doppelseitige Sanierungstreuhand (ggf. mit Verkaufstreuhand)
Doppelseitige Verkaufstreuhand
Doppelseitige Treuhand bei Konsortialfinanzierungen (mit Sicherheitenpool)
Doppelseitige Kreditsicherungstreuhand Escrow Accounts und Closing Escrow bei Unternehmenstransaktionen Treuhandlösungen zur Betriebsfortführung im (vorläufigen) Insolvenzverfahren: Besicherung von Neugläubigern und übertragende Sanierung
Treuhandliquidationsvergleich
Doppelseitige Treuhand in der Praxis
Softwarehinterlegung und Sicherung von sonstigen Immaterialgüterrechten Doppeltreuhänder beim Restschuldbefreiungsverfahren nach §§ 286 ff. InsO
Contractual Trust Agreements Quelle: eigene Darstellung.
Abbildung 4: Übersicht über doppelseitige Treuhandkonstruktionen in der Praxis
I. Contractual Trust Agreements Sehr zahlreich in der Praxis anzutreffen sind sogenannte Contractual Trust Agreements (teils auch: Arrangements), kurz CTA’s. Eine ganze Reihe von großen deutschen Konzernen bedient sich mittlerweile diesem Doppeltreuhandmodell zu den nachfolgend beschriebenen Zwecken. Als Beispiele seien hier die BASF, Continental, die Daimler AG, die Dresdner Bank, E.On oder Heidelberger Druck genannt. Mittlerweile summieren sich die im Rahmen der CTA’s treuhänderisch verwalteten Vermögenswerte auf über 50 Milliarden Euro.109 109
v. Rom, S. 25, Tabelle mit Auflistung auf den S. 273 ff.; Rüger, S. 36.
§ 3 Die doppelseitige Treuhand
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Im Rahmen eines Contractual Trust Agreement dient die doppelseitige Treuhand zur Insolvenzsicherung von Pensions- und sonstigen Arbeitnehmeransprüchen in der betrieblichen Altersversorgung.110 Ebenso können Ansprüche aus Arbeitszeitguthaben oder aus Altersteilzeitguthaben gesichert werden. Ein Unternehmen (Arbeitgeber) leistet seine Pensions- und sonstigen Verpflichtungen gegenüber seinen Arbeitnehmern an eine externe unabhängige Person, meist eine Treuhandzweckgesellschaft oder einen Verein.111 Diese verwaltet die übertragenen Mittel (Geld, Wertpapiere, Gesellschaftsanteile etc.) zu dem ausschließlichen Zweck, die betrieblichen Versorgungs- oder sonstigen Verpflichtungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern zu erfüllen.112 Die entstehende Sondervermögensmasse (das Treugut) ist zweckgebunden auf die Befriedigung und Insolvenzsicherung von Ansprüchen sowie Anwartschaften primär aus betrieblicher Altersversorgung sowie aus Arbeitszeit- oder Altersteilzeitguthaben.113 Die Arbeitnehmer werden so gegen eine Insolvenz des Arbeitgebers gesichert, indem die bei dem Treuhänder verwalteten Vermögenswerte im Insolvenzfall oder der Zwangsvollstreckung nicht den Gläubigern des Arbeitgebers haften. Zudem verschafft sich der Arbeitgeber durch das Treuhandmodell Gestaltungsspielräume bei seiner Jahresabschlussbilanz, die nach internationalen Bilanzierungsstandards wie den International Financial Reporting Standards (IFRS) und hier den International Accounting Standards (IAS) oder den US-General Accepted Accounting Principles (US GAAP) zu erstellen ist. Das Unternehmen erhält so die Möglichkeit, seine Bilanz zu verkürzen, indem es sie von den Pensionsrückstellungen entlastet.114 Die Notwendigkeit und der Wunsch großer Unternehmen, diese Bilanzierungsstandards anzuwenden, prägte die Entwicklung der CTA’s in Deutschland maßgeblich.115 CTA’s schließen die Lücke, welche für Arbeitnehmer in der Insolvenz ihres Arbeitgebers entsteht soweit ihre Ansprüche nicht durch den Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSVaG) ex lege nach dem BetrAVG abgesichert sind und erfasst werden.116 Um die gewünschte Sicherung zu erreichen, überträgt der Arbeitgeber die Vermögenswerte dinglich auf den Treuhänder als neuen Eigentümer respektive Inhaber. Gleichzeitig verpflichtet er ihn durch Abschluss eines Treuhandvertrages, das 110 Vgl. für einen Überblick: Bode/Bergt/Obenberger, DB 2000, 1864 ff.; Hirschberger, S. 110; Küppers/Louven, BB 2004, 337 ff.; oder aktueller: Berenz, DB 2006, 2125 (2127); Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (105); Bitter, DB 2005, 2746 ff.; Passarge, NZI 2006, 20 ff.; Rolfs/ Schmidt, ZIP 2010, 701 ff.; umfassend: v. Rom (2010); Rüger (2010); in weiterem Kontext: Heide (2007); Lohmann (2004); Pechartscheck (2008); Wieze (2003). 111 Vgl. Hirschberger, S. 111; Küppers/Louven, BB 2004, 337 (338 ff.); v. Rom, S. 109 ff., 139 ff. 112 Vgl. Bode/Bergt/Obenberger, DB 2000, 1864. 113 Vgl. Rüger, S. 33. 114 Küppers/Louven, BB 2004, 337; v. Rom, S. 25 f. 115 Rüger, S. 37. 116 Zu den nicht erfassten Ansprüchen: Hirschberger, S. 110 (Überblick); v. Rom, S. 35 ff. und Rüger, S. 79 ff.
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1. Teil: Einführung
Sondervermögen Treugut nur nach bestimmten Maßgaben zu verwalten und im Falle der Insolvenz des Treugebers ausschließlich bestimmte Arbeitnehmeransprüche gegen den Arbeitgeber zu befriedigen. Um die Arbeitnehmer hinreichend abzusichern, ist der Treuhandvertrag inhaltlich als Vertrag zu ihren Gunsten, § 328 BGB, ausgestaltet.117 Die Arbeitnehmer erhalten so ein eigenes Forderungsrecht gegenüber dem Doppeltreuhänder. Überdies muss der Vertrag den Treuhänder verpflichten, das Treugut nicht an den Arbeitgeber zurück zu übertragen – bevor nicht alle gesicherten Anwartschaften und Ansprüche erfüllt sind.118 Die Gestaltung über einen Vertrag zugunsten Dritter hat im Fall der CTA’s den Hintergrund, dass die Anzahl der gesicherten Drittbegünstigten (Arbeitnehmer) teils in die Tausende geht. Hier wäre es höchst unpraktikabel, wenn der Treuhänder mit jedem einzelnen einen gesonderten Treuhandvertrag abschließen müsste. Zudem können zukünftig eintretende Arbeitnehmer ohne weiteren Aufwand in die Treuhandkonstruktion einbezogen werden.119 II. Doppeltreuhand bei Unternehmenstransaktionen: Escrow Accounts und Closing Escrow Regelmäßig werden doppelseitige Treuhandschaften im Rahmen von Unternehmensverkäufen als sogenannte Escrow Accounts (Treuhandkonten) verwendet. Hier sichert die Treuhand Garantie- und Freistellungsansprüche des Käufers gegen den Verkäufer in Zusammenhang mit dem Unternehmensverkauf ab.120 Der Verkäufer erhält hierzu nicht den vollen Kaufpreis für seine Unternehmensanteile unmittelbar nach Signing121. Vielmehr hinterlegen Verkäufer und Käufer einen Teil des Unternehmenskaufpreises auf einem Escrow Account (d. h. Notar-/Rechtsanwaltsanderkonto). Die Verwaltung des Escrow Account übernimmt eine dritte neutrale Person als Kontoinhaber (Doppeltreuhänder), regelmäßig der den Unternehmenskauf beurkundende Notar (ähnlich wie oft bei Immobilientransaktionen). Diesen Teil des Kaufpreises widmet der Anteilskaufvertrag zum Treugut. Er dient dazu, etwaige Garantie- oder Freistellungsansprüche des Käufers gegen den Verkäufer abzusichern, welche im Zeitpunkt des Vertragsschlusses naturgemäß noch nicht abzusehen sind. Der Treuhandvertrag verpflichtet den Doppeltreuhänder, mit dem Treugut etwaige Ansprüche des Käufers abzusichern und es erst nach Ablauf der Garantie oder Freistellungsfristen auf den Verkäufer zu übertragen, soweit nicht beide Parteien einer vorzeitigen Auszahlung zustimmen. Auszahlungen aus dem Escrow Account an den Käufer darf der Doppeltreuhänder regelmäßig nur nach beiderseitiger Weisung durch Verkäufer und Käufer oder im Falle eines vollstreckbaren Titels des Käufers gegen den Verkäufer verfügen. Im Gegensatz zu Contractual Trust Agree117 118 119 120 121
Siehe z. B. Rüger, S. 39. Zum Inhalt der vertraglichen Absprache vgl. v. Rom, S. 78 ff. v. Rom, S. 80. Vgl. auch Singhof/Seiler/Schlitt, S. 219 Rn. 504. Signing bedeutet die Unterzeichnung des Unternehmenskaufvertrages.
§ 3 Die doppelseitige Treuhand
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ments unterzeichnen bei Escrow Accounts regelmäßig alle Parteien auf Käufer- und Verkäuferseite den Treuhandvertrag direkt als Partei. Der Weg über § 328 BGB ist hier meist nicht notwendig, da Escrow Accounts singulär zweckgebunden sind und der Kreis der beteiligten Parteien übersichtlich ist. Auch ist die spätere Aufnahme von weiteren Parteien hier in der Regel weder vorgesehen noch notwendig. Einen weiteren Anwendungsbereich doppelseitiger Treuhandschaften im Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen beschreibt Vossius, den sogenannten „Closing Escrow“, der einen Sonderfall der Sicherungsabtretung darstellt.122 Soweit auf Seiten des Verkäufers ein hohes Insolvenzrisiko besteht, aber gleichzeitig die Finanzierung auf Käuferseite noch nicht gesichert ist, kann es zur Wahrung der beiderseitigen Sicherungsinteressen erforderlich sein, die zu veräußernden Gesellschaftsanteile für den Zeitraum zwischen Signing und vollständiger Kaufpreiszahlung (= Closing) bei einem Doppeltreuhänder zu „parken“. Hierzu tritt der Verkäufer seine Anteile an den Doppeltreuhänder ab und verpflichtet ihn, die Anteile erst nach Eingang des Kaufpreises an den Erwerber weiter zu übertragen. Der Erwerber erhält als dritte Vertragspartei einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Treuhänder, dass die Anteile nach Zahlung auf ihn zu übertragen sind. Die beschriebene Konstruktion ist umständlich und verursacht durch das zweimalige Übertragen der Unternehmensanteile weitere Kosten, insbesondere für die notarielle Beurkundung. In der Regel genügt es den Sicherungsinteressen von Veräußerer und Erwerber, wenn die dingliche Anteilsabtretung im Unternehmenskaufvertrag aufschiebend bedingt auf die vollständige Kaufpreiszahlung vereinbart wird. Daneben wird der beurkundende Notar regelmäßig angewiesen, die neue Gesellschafterliste erst und nur nach Eingang des Kaufpreises beim Handelsregister anzumelden. Für den Fall eines hohen Insolvenzrisikos auf Seiten des Veräußerers mag die Gestaltung allerdings wie von Vossius beschrieben eine adäquate Möglichkeit darstellen, die beiderseitigen Sicherungsinteressen in Einklang zu bringen. III. Treuhandliquidationsvergleich Eine weitere selbstständige Anwendungsform doppelseitiger Treuhandschaften stellte (früher unter Geltung der KO) der außergerichtliche Treuhandliquidationsvergleich dar.123 Hier trifft ein wirtschaftlich angeschlagener Schuldner mit seinen Gläubigern einen Vergleich in der Form, dass Letztere auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, der Schuldner im Gegenzug jedoch sein komplettes Vermögen oder einen Teil daraus auf einen Doppeltreuhänder überträgt. Der Doppeltreuhänder 122 Vossius, BB 1988, Beilage Nr. 5, 1 (13); ebenso jeweils unter Bezugnahme auf Vossius: Armbrüster, S. 47; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 219 Rn. 504. 123 Vgl. auch Geibel, S. 441 f.; Finke, Treuhandliquidationsvergleich der Vergleichsordnung; Grohmann, S. 34 ff.; Hirschberger, S. 113 f.; Liebich/Mathews, S. 315 ff. (mit Beispiel einer Vermögensübersicht); Mühl, NJW 1956, 401 ff.; Schmidt/Brinkmann, in: MünchKomm, ZPO, § 771 Rn. 27; Uhlenbruck, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 4. Auflage, S. 146 Rn. 2.5.
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1. Teil: Einführung
hat das Treugut dann zu liquidieren und die Gläubiger nach einem vorher festgelegten Schlüssel aus dem erzielten Erlös zu befriedigen.124 Der Treuhandvertrag zwischen Schuldner und Doppeltreuhänder wird als Vertrag zugunsten der Gläubiger ausgestaltet, § 328 BGB. So bekommen diese ein eigenes Recht gegen den Treuhänder auf Liquidation des Treuguts und Befriedigung ihrer Ansprüche in der verglichenen Höhe.125 Der Treuhandliquidationsvergleich setzt sich somit einerseits aus einem rechtsgeschäftlichen, außergerichtlichen Vergleich zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern sowie andererseits aus einem Treuhandvertrag zwischen Schuldner und Doppeltreuhänder zugunsten der Gläubiger zusammen.126 Zweck der Doppeltreuhand war die (teilweise) Befriedigung der Gläubiger und die daraus resultierende Entschuldung des Treugebers im Wege eines Vergleichs. Die Gläubiger mussten zwar auf der einen Seite einen gewissen Schuldenschnitt (Haircut) hinnehmen. Sie bekamen auf der anderen Seite jedoch die Sicherheit, dass ihre Ansprüche im Anschluss schnell und sicher befriedigt werden – wenn auch nur teilweise. Die Gläubiger konnten so zum beiderseitigen Wohl die regelmäßig noch unattraktivere Alternative zum Schuldenschnitt vermeiden, nämlich die Insolvenz des Schuldners. Hier wären ihre Forderungen zur Tabelle anzumelden und sie erhielten nur eine regelmäßig noch geringere quotale Befriedigung, vgl. §§ 174 ff., 187 ff. InsO, da der Liquidationserlös in den formalisierten Prozessen des Insolvenzverfahrens in der Regel beträchtlich hinter einem freihändigen Verkauf zurückbleibt. Letztlich diente auch der außergerichtliche Treuhandliquidationsvergleich dazu, Ansprüche von Gläubigern gegen den Schuldner abzusichern. Im Mittelpunkt der Treuhand stand jedoch die Liquidation des Treuguts und die Befriedigung der Gläubiger.127 Neben dem beschriebenen außergerichtlichen Treuhandliquidationsvergleich sah auch die mittlerweile außer Kraft getretene VglO in § 7 Abs. 4 eine Form des Treuhandliquidationsvergleichs vor, welcher den Hauptanwendungsfall der Liquidationstreuhandschaften darstellte. Mit Außerkrafttreten der VglO im Jahre 1999 verlor auch der Treuhandliquidationsvergleich weitestgehend seinen Anwendungsbereich. Heute nimmt diesen der Insolvenzplan nach den §§ 217 ff. InsO ein, erst jüngst (2012) in weiten Teilen reformiert durch das ESUG. Trotzdem steht es den Parteien natürlich auch weiterhin unbenommen, einen rechtsgeschäftlichen Treuhandliquidationsvergleich zu schließen.128 Im Gegensatz zum Treuhandliquidationsvergleich erhält der Schuldner im Rahmen des Insolvenzplans das Verfü-
124
Vgl. etwa Geibel, S. 441 f. BGH NJW 1966, 1116; BGHZ 62, 1 (2 f.); BGH NJW 1978, 1578; Finke, S. 18; Grohmann, S. 47; Hirschberger, S. 114; Liebich/Mathews, S. 186; Mühl, NJW 1956, 401 (402). 126 So auch Hirschberger, S. 114. 127 Vgl. Liebich/Mathews, S. 186. 128 Hirschberger, S. 114 f.; s. auch bzw. ergänzend Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 390b; Schmidt, in: MünchKomm, ZPO, § 771 Rn. 27. 125
§ 3 Die doppelseitige Treuhand
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gungsrecht über sein Vermögen zurück, § 259 Abs. 1 InsO. Die Planerfüllung durch den Schuldner kann allerdings überwacht werden, vgl. § 259 Abs. 2, 260 ff. InsO. IV. Das Restschuldbefreiungsverfahren nach den §§ 286 ff. InsO Auch bei dem Restschuldbefreiungsverfahren nach den §§ 286 ff. InsO kommt eine doppelseitige Treuhand zum Einsatz. Hier dient sie einerseits als Mittel, eine insolvente natürliche Person nach einer sechsjährigen „Wohlverhaltensperiode“ vollständig zu entschulden und ihr so einen „wirtschaftlichen Neuanfang“ zu ermöglichen.129 Andererseits sollen die Rechte und Interessen der Insolvenzgläubiger während dieser Phase gewahrt werden.130 Technisch hat der Schuldner nach § 287 Abs. 2 S. 1 InsO alle pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge an einen gerichtlich bestimmten Treuhänder abzutreten, der diese zur Sicherung und Befriedigung der angemeldeten Gläubigeransprüche zu verwenden hat.131 Somit erhält der Treuhänder das Treugut nicht durch hoheitliche Anordnung von Gerichts wegen, sondern durch rechtsgeschäftliche Verfügung des Schuldners als Treugeber.132 Unabhängig davon, ob man diese Verfügung auf Seiten des Schuldners als (antizipierte) Abtretungserklärung im Sinn von § 398 BGB qualifiziert, als „besonders geartete Erklärung“ oder als eine rein prozessuale Erklärung,133 so entsteht die Treuhand durch den Antrag des Schuldners auf Einleitung des Restschuldbefreiungsverfahrens und der Abtretungserklärung an den Treuhänder im Sinn von § 287 Abs. 2 InsO. Die gerichtliche Bestellung des Treuhänders stellt nur den Vollzug der Abtretungserklärung seitens des Schuldners dar und ist für die Treuhand selbst nicht „konstitutiv“. Die Konstruktion ist daher keine gesetzliche, sondern eine rechtsgeschäftliche Treuhand, in deren Rahmen die Rechte und Pflichten der Parteien positiv in den §§ 287 ff. InsO festgelegt sind.134 Das Gesetz regelt Rechte und Pflichten des Treuhänders allerdings nicht umfassend, insbesondere ist die Rechtsstellung des Treuhänders in § 292 InsO nur unvollständig beschrieben.135 Beispielsweise fehlen Vorschriften über die Haftung des Treuhänders
129
Siehe hierzu Ehricke, in: MünchKomm, InsO, § 292 Rn. 3 ff.; Häsemeyer, S. 712 Rn. 26.01 ff.; Hirschberger, S. 115 f.; Römermann, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 292 Rn. 1, 4 ff. 130 Häsemeyer, S. 727 vor Rn. 26.30. 131 Hirschberger, S. 115. 132 Ehricke, in: MünchKomm, InsO, § 292 Rn. 3. 133 Siehe zu den verschiedenen Ansichten jeweils mit weiteren Nachweisen Ehricke, in: MünchKomm, InsO, § 287 Rn. 34. 134 So auch Hirschberger, S. 115. 135 Häsemeyer, S. 727 Rn. 26.30.
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für schuldhafte Pflichtverletzungen.136 Allerdings sind die Essentialia so hinreichend durch das Gesetz (zwingend) festgelegt, dass für einen parteiindividuellen Treuhandvertrag zwischen Schuldner und Doppeltreuhänder kein Platz ist. Das Schuldverhältnis konstituiert sich inhaltlich aus den gesetzlichen Regelungen. Der Treuhänder ist kraft des Treuhandverhältnisses gegenüber Schuldner und Gläubigern verpflichtet, die abgetretenen Bezüge als Sondervermögen für den Schuldner zu verwalten und an die Gläubiger weiterzuleiten, um deren Ansprüche zu befriedigen, § 292 Abs.1 InsO.137 Auch im Restschuldbefreiungsverfahren ist der Treuhänder also zwei Parteien verpflichtet, hat selbst jedoch weder einen Anspruch noch ein originär treuhandspezifisches Interesse gegenüber dem Schuldner oder seinen Gläubigern. V. Softwarehinterlegungsverträge und Sicherung von sonstigen Immaterialgüterrechten Weiterhin kann ein Doppeltreuhänder eingesetzt werden, um Nutzungs-/Lizenzrechte an Immaterialgütern abzusichern. Hier dient die Treuhand in erster Linie dazu, dem Lizenznehmer im Fall der Insolvenz des Lizenzgebers/Softwareentwicklers die weitere Nutzung des jeweiligen Immaterialgüterrechts zu ermöglichen, ohne dass der Insolvenzverwalter auf Seiten des Lizenzgebers Einfluss hierauf nehmen kann. Typischerweise handelt es sich bei den Immaterialgüterrechten um Lizenzen an Film- oder Tonaufnahmen sowie Software Quellcodes für individuelle Computersoftware.138 Einerseits möchte der Lizenznehmer auch in der Insolvenz des Lizenzgebers (Inhaber des Immaterialgüterrechts) seinen Zugriff auf die lizenzierten Immaterialgüter gesichert wissen, um beispielsweise anhand des Quellcodes die für ihn programmierte Computersoftware warten, aktualisieren oder weiterentwickeln zu können. Der Entwickler andererseits möchte natürlich beispielsweise Quellcodes etc. nicht offenlegen und dem jederzeitigen vollständigen Zugriff des Lizenznehmers ausliefern, da er seine Entwicklung und gegebenenfalls lukrative Wartungsverträge für sich schützen möchte. Um diesen Konflikt zu lösen wird das Immaterialgüterrecht bei einer dritten Stelle hinterlegt, welche es im Auftrag des Inhabers verwahrt und nur für einen bestimmten Sicherungsfall dem Anwender Zugriff darauf gestattet, in der Regel für den Fall der Insolvenz des Lizenzgebers.139 Im Falle der Hinterlegung von Software Quellcodes wird regelmäßig von dem Doppeltreuhänder als „Software 136
Hier kann jedoch § 60 Abs. 1 InsO entsprechend herangezogen werden, da der Treuhänder kraft gerichtlicher Bestellung eingesetzt wird, vgl. Häsemeyer, S. 728 Rn. 26.32. 137 Siehe zu den Pflichten des Treuhänders auch Ehricke, in: MünchKomm, InsO, § 292 Rn. 17 ff. 138 Vgl. Böhmer, NJW 1998, 3321 ff.; Bork, NZI 1999, 337 ff., insbesondere S. 338; Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 387; Hirschberger, S. 112 f.; Grützmacher, CR 2006, 289 (295 f.); Lensdorf, CR 2000, 80 (83); Nordmann/Schumacher, K&R 1999, 363 (364 ff.); Oberscheidt, S. 27 ff., 79; Paulus, CR 1994, 83 ff. 139 Hirschberger, S. 113.
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Escrow“ gesprochen.140 Als weiterer Vorteil für den Lizenznehmer kann eine professionelle Hinterlegungsstelle (Doppeltreuhänder) überprüfen, inwieweit der hinterlegte Quellcode umfassend und vollständig ist.141 Für den Normalanwender wäre das überhaupt nicht ersichtlich. Bei Immaterialgüterrechten an Film- und Tonbandaufnahmen ist das Treuhandverhältnis meist so geregelt, dass der Lizenznehmer als Schadensersatz das umfassende dingliche Lizenzrecht erhält, soweit der Insolvenzverwalter nicht Erfüllung des gegenseitigen Nutzungsvertrages wählt, § 103 InsO. Dieses dingliche Nutzungsrecht liegt dann bei dem doppelseitigen Treuhänder, der es in dem beschriebenen Fall an den Nutzer zu übertragen hat.142 So erhält der Lizenznehmer die gewünschte Sicherheit hinsichtlich seines Nutzungsrechts für den Insolvenzfall des Lizenzgebers. VI. Treuhandlösungen zur Betriebsfortführung im (vorläufigen) Insolvenzverfahren: Besicherung von Neugläubigern und übertragende Sanierung Im Vorfeld einer Insolvenz ergeben sich für jedes Unternehmen zahlreiche Schwierigkeiten, die es zu meistern gilt. Erfahren die Lieferanten und Versorger des angeschlagenen Unternehmens von den Liquiditätsproblemen, so ist oft die größte Herausforderung, die benötigten Ausgangsprodukte weiterhin beschaffen zu können, mit anderen Worten weiterhin beliefert zu werden. Ansonsten steht die Produktion still. Aufgrund des Vertrauensverlustes in die Begleichung ihrer Forderungen angesichts der drohenden Insolvenz sind Lieferanten oft nur noch gegen Vorabzahlung bereit, das Unternehmen zu beliefern. Genau dies ist jedoch angesichts der angespannten Liquiditätslage oft die letzte noch fehlende Stufe für das Unternehmen auf dem Weg in die Insolvenz, da es auf Warenkredite angewiesen ist.143 Misslingt es hier, das Vertrauen der Lieferanten sicherzustellen, um so den Umsatz aufrecht zu erhalten und gleichzeitig die Liquidität nicht weiter einzuschränken, muss das Unternehmen seinen Geschäftsbetrieb einstellen und jede Sanierungsperspektive ist zunächst vereitelt. Wird über das Vermögen eines Schuldners ein sogenannter „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO bestellt, so ergibt sich aber genau diese, in höchstem Maße kritische Situation. Die Warenkreditgeber des Unternehmens erfahren, dass das Unternehmen sich in massiven Schwierigkeiten befindet und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen (unmittelbar) bevorsteht. Alle bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch bestehenden Forderungen 140
(295). 141 142 143
Bspw. bei Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 387; Grützmacher, CR 2006, 289 So Grützmacher, CR 2006, 289 (295). Zum Vorstehenden: Bork, NZI 1999, 337 (338). Bork, NZI 2005, 530.
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des Lieferanten gegen das Unternehmen würden nach § 38 InsO lediglich als „normale“ Insolvenzforderungen gelten,144 die regelmäßig nur mit einer Insolvenzquote befriedigt werden. Dies auch nur, soweit nach Berichtigung der Masseverbindlichkeiten überhaupt noch haftendes Vermögen zur Verfügung steht. Ansonsten gehen die Gläubiger gänzlich leer aus. Angesichts des hohen Ausfallrisikos werden Lieferanten in aller Regel nicht mehr bereit sein, Waren zu liefern, die jedoch für den laufenden Geschäftsbetrieb unabdingbar sind. Zudem werden die bisherigen Warenkreditgeber bestrebt sein, alle schon entstandenen aber noch ausstehenden Forderungen bei dem Unternehmen einzutreiben, was dessen Liquidität noch weiter schwächt. Während das Vertrauen der Lieferanten und analog die Handlungsfähigkeit des Insolvenzverwalters ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit § 53 ff. InsO (hinreichend) sichergestellt ist (Vorabbefriedigung der neuen Forderungen als Masseverbindlichkeit), gilt diese Regelung nach § 55 Abs. 2 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 InsO nur für den sogenannten „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners. Wird lediglich ein „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis eingesetzt, § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO, so greift die Regelung des § 55 Abs. 2 InsO gerade nicht. Die neu begründeten Forderungen sind keine Masseverbindlichkeiten und damit auch nicht nach § 53 InsO privilegiert. Die Gläubiger genießen in diesem Fall keine Vorabbefriedigung vor den Forderungen der Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO. Dies ist lediglich möglich, wenn und soweit das Insolvenzgericht den Verwalter im Einzelfall ermächtigt, Verbindlichkeiten gegen die Masse zu begründen.145 Im Fall einer nachträglichen gerichtlichen Aufwertung des schwachen zum starken vorläufigen Insolvenzverwalter scheidet eine nachträgliche Erhebung zur Masseverbindlichkeit durch nachträgliche Genehmigung allerdings aus.146 Alle Lieferanten müssten folglich mit einem (Teil-)Ausfall ihrer Forderungen in der Insolvenz des Unternehmens rechnen. Hier kann die doppelseitige Treuhand als vertrauensbildende Sicherungsmaßnahme die oben beschriebene Abwärtsspirale lösen, indem sie sicherstellt, dass die neu entstehenden Verbindlichkeiten unabhängig von dem Insolvenzverfahren vollständig erfüllt werden.147 Technisch vereinbart das angeschlagene Unternehmen mit 144 Vgl. zu der Unterscheidung als „starker“ und „schwacher“ Insolvenzverwalter und der Anknüpfung an die dingliche Verfügungsberechtigung des Treuhänders hinsichtlich des § 55 Abs. 1 InsO: Haarmeyer, in: MünchKomm, InsO, § 22 Rn. 64 ff.; Häsemeyer, S. 173 Rn. 7.46. 145 Hierzu: BGHZ 151, 353 (363 ff.); kritisch Häsemeyer, S. 172 Rn. 7.44 m. w. N.; vgl. zu den vorstehenden Überlegungen auch: Hirschberger, S. 171 ff. 146 So Bork, ZIP 2003, 1421 (1422 f.); auch: Undritz, NZI 2003, 136 (139 f.). 147 Vgl. zur Doppeltreuhand zur Besicherung von Neugläubigern im vorläufigen Insolvenzverfahren: BGHZ 109, 47 ff. („Bauunternehmerfall“) anerkennend zur Geltung unter Konkurs- und Vergleichsrechts; kritisch: AG Hamburg ZIP 2003, 43 ff.; aus der Literatur: Bähr, ZIP 1998, 1553 (1557 ff.); Bork, ZIP 2003, 1421 ff., 1423; Bork, NZI 2005, 530 ff.; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (98); Frind, ZInsO 2003, 778 (779); Hirschberger, S. 111, 171 ff.; Marotzke, ZInsO 2004, 178 (183); Treffer, DB 2002, 2091 (2093); Undritz, NZI 2003, 136 (141).
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einem Treuhänder unter Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters, dass es Vermögensgegenstände und/oder (künftige) Forderungen aus Lieferung und Leistung an einen unternehmensexternen Doppeltreuhänder überträgt. Dieser ist im Rahmen des Treuhandvertrages verpflichtet, die eingehenden Geldbeträge an die entsprechenden Lieferanten weiterzugeben, wodurch letztere wiederum ein eigenes Forderungsrecht gegen den Treuhänder bekommen, § 328 BGB.148 Der BGH spricht hier in seiner ersten Entscheidung noch unter Geltung des Konkurs- und Vergleichsrechts von einer „mehrseitigen Treuhand“.149 Gegen das Modell bestehen verschiedenste Bedenken. Als besonders gravierend ist wohl die Tatsache anzusehen, dass durch die Treuhand im Ergebnis solche Gläubiger eine gesonderte Befriedigung vor den übrigen Insolvenzgläubigern erfahren, die an sich nach § 38 InsO bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur normale Insolvenzgläubiger wären. Faktisch stehen diese dann wie Massegläubiger, was das Gesetz so aber genau nicht vorsieht. Hierdurch sei der Gleichbehandlungsgrundsatz der Insolvenzgläubiger (par conditio creditorum) gestört. Der vorläufige schwache Insolvenzverwalter überschreite daher seine Kompetenzen, welche nicht vorsehen, dass er einem normalen Insolvenzgläubiger zum Status eines Massegläubiger verhelfe (wenn auch nur faktisch).150 Hiergegen gibt es jedoch zwei berechtigte Argumente: zum einen fördert das beschriebene Modell die Betriebsfortführung des Unternehmens und so letztlich auch die Werthaltigkeit der Insolvenzmasse. Dies stellt einen maßgeblichen Zweck des Insolvenzverfahrens dar, um eine optimale Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu erreichen.151 Zum anderen wird keine weitergehende Privilegierung neuer Gläubiger erreicht, welche nicht auch durch herkömmliche Sicherheiten zu erzielen wäre, wie beispielsweise durch eine einfache Sicherungsübereignung oder den verlängerten Eigentumsvorbehalt. Letztere aber sind auch in der Insolvenz zweifellos zulässig. Bei allen Gestaltungen geht es im Ergebnis nur darum, den Lieferanten für ihre neu entstehenden Forderungen ein bevorzugtes Befriedigungsrecht an dem Treugut bzw. dessen Substituten (Forderungen) zu verschaffen.152 Auch bei der Sicherungsübereignung übertragt der Schuldner Vermögenswerte auf den Lieferanten. Bei dem Eigentumsvorbehalt behält sich der Lieferant das Eigentumsrecht an Vermögenswerten vor. Faktisch werden diese Sachen/Forderungen damit genauso aus der potentiellen Insolvenzmasse ausgegliedert, im einen Fall durch ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO (Eigentumsvorbehalt) im anderen Fall duch ein Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO (Sicherungsübereignung). Vorliegend 148
Hirschberger, S. 172; Undritz, NZI 2003, 136 (141). BGHZ 109, 47. 150 Vgl. AG Hamburg ZIP 2003, 43 ff.; zusammenfassend: Undritz, NZI 2003, 139 (141); siehe auch BGHZ 151, 353 (365 f.) = NJW 2002, 3326 ff. zur Einzelermächtigung des schwachen Insolvenzverwalters zur Begründung von Masseverbindlichkeiten. 151 Cavailles, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 153. 152 Bork, ZIP 2003, 1421 (1424). 149
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fungiert stattdessen nur ein Doppeltreuhänder anstelle der Lieferanten direkt.153 Letztlich wäre der Insolvenzverwalter auch dazu berechtigt, die Forderungen sofort zu erfüllen, um eine weitere Lieferung zu erreichen, was aber aufgrund der Liquiditätsprobleme nicht praktikabel/nachteilig ist.154 Daher ist nicht einsichtig, warum die sichernde Konstruktion über das Doppeltreuhandmodell zu übermäßigen Nachteilen für die Insolvenzgläubiger führt, wenn auch die sofortige Bezahlung möglich wäre. Im Rahmen des Treuhandvertrages ist der jeweilige Doppeltreuhänder dann gegenüber Schuldner und dem Unternehmen verpflichtet, das ihm übertragene Vermögen nach den Maßgaben des Vertrages zur Erfüllung der Lieferantenforderungen auszuzahlen. Einen weiteren Anwendungsbereich der doppelseitigen Treuhand beschreiben Schmidt und Bitter, diesmal jedoch nicht zur Vermeidung einer Unternehmensinsolvenz, sondern als Mittel des Insolvenzverwalters zur Reorganisation und Sanierung eines Betriebs(-teils) innerhalb eines Insolvenzverfahrens:155 Um gesunde Betriebsteile mit einer wirtschaftlichen Perspektive von dem „erkrankten“ Gesamtunternehmen zu isolieren, überträgt der Insolvenzverwalter die oder einzelne Vermögenswerte aus dem insolventen Unternehmen im Wege eines Asset Deals auf einen selbstständigen Rechtsträger. In der Regel ist dies ein zweckgebundenes Treuhandvehikel, etwa eine GmbH. Schmidt benennt diese Form der Doppeltreuhand als „übertragende Sanierung“, welche nach ihm eine Zwischenstufe zwischen „Zerschlagung“ und „Reorganisation“ des Unternehmens darstellt.156 Soweit das Unternehmen eine wirtschaftliche Perspektive aufgrund Auftragslage und sonstiger Faktoren hätte, soll es reorganisiert werden. Der zurückbleibende Teil soll zerschlagen und liquidiert werden. Durch die rechtliche Abtrennung von dem insolventen Unternehmen ist es möglich, neue liquide Mittel durch Kredite oder auch aus öffentlichen Fördermitteln für den sanierungsfähigen Betriebsteil zu akquirieren, da diese nicht mehr den Gläubigern des insolventen (Gesamt-)Unternehmens haften, sondern nur noch dem „gesunden“ Betriebsteil als dann eigenständiges Unternehmen. Der Doppeltreuhänder hält und verwaltet die Vermögenswerte aufgrund Treuhandvertrages für den Insolvenzverwalter und sichert damit die Forderungen zugunsten der dritten Geldgeber, mit deren Mitteln der Betriebsteil fortgeführt wird. Sobald ein wirtschaftlich akzeptabler Verkaufspreis für das neue Unternehmen erzielt werden kann, hat der Doppeltreuhänder die Veräußerung zu avisieren und mit dem Erlös zunächst die gesicherten Kreditgeber zu befriedigen.157 Bei der Veräu153
Vgl. mit ähnlicher Bewertung und genauerer Analyse: Hirschberger, S. 180 ff., 184. Zu diesem Argument: Bork, ZIP 2003, 1421 (1425); Undritz, NZI 2003, 136 (138). 155 Siehe Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (106 f.); Schmidt, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 5. Auflage, S. 427 Rn. 4.1, S. 699 f. Rn. 7.141 f.; vgl. auch ergänzend Cavailles, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 153 ff. 156 Vgl. Schmidt, ZIP 1980, 328 ff.; Schmidt, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 5. Auflage, S. 427 Rn. 4.1, S. 699 f. Rn. 7.141 f. 157 Ergänzend: Ahrends/Hofert v. Weiss, BB 2006, 1538; Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (106); Hagebusch/Oberle, NZI 2006, 618 (619). 154
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ßerung ist zu beachten, dass diese die Anhörung der Gläubiger des insolventen Unternehmens voraussetzt. Letztlich haben die Insolvenzgläubiger nämlich selbst über den (optimalen) Weg zu entscheiden. Die verbleibenden Überschüsse fließen dann wieder der Masse und so der Verfügungsgewalt des Insolvenzverwalters zu. Nach Bitter sei diese Anwendungsform in erster Linie in der Automobilbranche anzutreffen. Gerät ein Zulieferbetrieb in Schieflage, an dem (bzw. an dessen Produkten) der Automobilhersteller höchstes Interesse hat, wird der Automobilhersteller die Sanierung der benötigten Betriebsteile finanziell begleiten oder unterstützen. Nur so kann er auch letztlich seine eigene Produktion sicherstellen. Jedoch nur soweit, als seine finanziellen Beiträge nicht der Gläubigerbefriedigung des insolventen Unternehmens dienen, sondern die benötigten Betriebsteile am Leben erhält.158 Genauso gibt es die umgekehrte Konstellation in welcher Zulieferer sich an der Sanierung des Endabnehmers im eigenen Interesse engagieren. VII. Kreditsicherungstreuhand 1. Allgemeine Ausgestaltung Die doppelseitige Kreditsicherungstreuhand ist die wohl älteste und häufigste Anwendungsform doppelseitiger Treuhandkonstruktionen. Sie dient analog der einseitigen Kreditsicherungstreuhand dazu, Ansprüche eines Kreditgebers aus einem Darlehensvertrag gegen ein etwaiges Ausfallrisiko abzusichern. Hierzu überträgt der Kreditnehmer als Treugeber bestimmte Vermögenswerte an einen Treuhänder, der diese dann für den Kreditnehmer hält und verwaltet. Gleichzeitig sichert er damit den Zahlungsanspruch des Kreditgebers gegen einen Zahlungsausfall ab. Im Gegenzug erhält der Treugeber den avisierten Kredit, die Ausweitung eines schon bestehenden Kreditrahmens oder dessen zeitliche Prolongation. In der Wahl des Treuguts sind die Parteien grundsätzlich frei. Insbesondere auch Gesellschaftsanteile an einem Unternehmen können als Sicherheit dienen, wie bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand.159 Solange jedoch andere Vermögensgegenstände greifbar sind, werden diese regelmäßig gegenüber den Gesellschaftsanteilen präferiert, in erster Linie wegen dem Bewertungsaufwand, Wertschwankungen und -verfallsrisiken sowie des unter Umständen immensen Verwaltungsaufwandes gegenüber Sachen.160 Kreditsicherungstreuhandschaften sind typischerweise als Vollrechtstreuhandschaften ausgestaltet.161 Nur eine dingliche/absolute Rechtsposition des Treuhänders gewährleistet hinreichende Sicherheit für die Kreditgeber. Der Unterschied zur einseitigen Kreditsicherungstreuhand liegt darin, dass Treuhänder und Inhaber des gesicherten Anspruchs (Kreditgeber) nicht personenidentisch sind. Vielmehr einigen 158 159 160 161
Vgl. Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (106 f.). Achsnick/Opp, S. 64 Rn. 224. Armbrüster, S. 84 f.; Blaurock, S. 67. Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (105 f.).
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sich Treugeber und Gesicherter auf eine neutrale dritte Person, welche für beide Parteien tätig werden soll, den sogenannten Doppeltreuhänder.162 Die „doppelseitige“ Gestaltung hat gegenüber der einseitigen Kreditsicherungstreuhand Vorteile für beide Seiten. Der Treugeber als Kreditnehmer muss seine Vermögenswerte nicht dem oft als überlegen empfundenen Kreditinstitut ausliefern, sondern kann es zu „treuen und neutralen Händen“ geben und so seine Interessen angemessen durch einen unparteiischen Dritten vertreten lassen.163 Das Treugut ist so nicht direkt dem Gläubiger ausgeliefert. Auch Kreditinstitute bevorzugen ihrerseits die Zwischenschaltung eines Doppeltreuhänders, da sie hierdurch vermeiden können, das Treugut selbst verwalten und gegebenenfalls verwerten zu müssen. Je nach Art und Beschaffenheit des Treuguts kann dies nicht selten mit enormem Aufwand und auch erforderlichem Fachwissen verbunden sein. Zudem besitzen Banken meist schlichtweg nicht die Ressourcen, um bestimmte Treugüter sachgerecht und wirtschaftlich zu verwalten.164 Ein Treuhänder entlastet sie und stellt eine permanente Überwachung des Treuguts sicher.165 Neben bilanziellen Aspekten liegt der wichtigste Gesichtspunkt für das Kreditinstitut jedoch darin, dass es etwaige Haftungsrisiken umgehen kann, die aus der Eigentümer- oder Inhaberstellung an dem Treugut folgen könnten. Insbesondere wenn als haftendes Treugut Gesellschaftsanteile der Treugeber dienen sollen, kann hiermit ein erhebliches Risiko für die Bank entstehen. Beispielsweise könnten die Kredite der Bank als Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz nachrangig befriedigt werden, § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, bereits erfolgte Rückzahlungen oder gewährte Sicherheiten könnten nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO anfechtbar sein. Ebenso besteht für die Bank das Risiko, in die Nähe des sogenannten „faktischen Geschäftsführers“ mit den entsprechenden (Haftungs-) Konsequenzen gerückt zu werden,166 oder einer Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft zu unterliegen.167 Allerdings entstehen durch die Treuhand in der Regel zusätzliche Kosten, die sich erst ab einem gewissen Kreditvolumen rechtfertigen. Zudem entstehen zahlreiche neue Fragestellungen, die es bei der Vertragsgestaltung zu beachten gilt, wie beispielsweise das Verhalten der Treuhand in der Insolvenz des Treugebers.
162 Vgl. speziell zur doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand: Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (99); Eden, S. 393; Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1827 f. Rn. 201 ff.; Häsemeyer, S. 524 Rn. 20.79; Hirschberger, S. 109 ff., 116 ff., 118 ff., 130 ff.; Liebich/Mathews, S. 303 ff.; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 289 Rn. 641. 163 Liebich/Mathews, S. 304. 164 Vgl. Liebich/Mathews, S. 303 f. 165 Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1828 Rn. 202. 166 Vgl. hierzu auch Achsnick/Opp, S. 42 ff.; Himmelsbach/Achsnick, NZI 2003, 355 ff.; Fromm, GmbHR 2003, 1114 ff.; Kampshoff, GmbHR 2010, 897 ff.; Laier, GWR 2010, 184 f.; Schönfelder, WM 2009, 1401 ff.; Tillman, GmbHR 2006, 1289 ff.; Weimar, GmbHR 1997, 437 ff.; Weitnauer, BKR 2005, 43 ff. 167 Eingehend: Armbrüster, S. 377 ff.
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Die doppelseitige Kreditsicherungstreuhand ist kein im Rahmen des sachenrechtlichen Numerus clausus gesetzlich beschriebenes Sicherungsmittel, wie beispielsweise die Hypothek oder die Grundschuld. Daher wird es in dieser Arbeit als atypisch-dingliches Kreditsicherungsmittel bezeichnet. Um eine doppelseitige Kreditsicherungstreuhand zu errichten, schließt der Kreditnehmer als künftiger Treugeber einen Treuhandvertrag mit dem ausgewählten Doppeltreuhänder. Inhaltlich verpflichtet der Vertrag den Treuhänder, das Treugut für den Treugeber bis zum Eintritt eines genau definierten Sicherungsfalles zu halten und zu verwalten. Gleichzeitig verspricht und verpflichtet sich der Treuhänder zugunsten des Kreditinstituts, § 328 BGB, das Treugut bei Eintritt des Sicherungsfalles zu verwerten und hierdurch dessen Rückzahlungsanspruch zu befriedigen. Ab diesem Zeitpunkt wird die Treuhand umgangssprachlich „scharf geschaltet“.168 Der Sicherungsfall lautet bei der normalen Kreditsicherungstreuhand regelmäßig auf die Verfehlung bestimmter Rückzahlungsvereinbarungen und/oder die Insolvenz des Treugebers (Antragsstellung, Anordnung von Sicherungsmaßnahmen durch das Insolvenzgericht).169 Tritt dieser Fall ein, so ist der Doppeltreuhänder gegenüber dem Treugeber berechtigt und auf Basis der drittbegünstigenden Absprache gegenüber dem Kreditinstitut verpflichtet, das Treugut zu veräußern und hieraus den Rückzahlungsanspruch des Kreditinstituts zu befriedigen.170 Die genaue Erlösverteilung aus der Verwertung ist typischerweise im Treuhandvertrag geregelt (sog. Waterfall-Schlüssel): nach Abzug eigener Kosten hat der Treuhänder die Ansprüche des gesicherten Drittbegünstigenden zu befriedigen. Verbleibende Überschüsse sind an den oder die Treugeber zu verteilen. Führt der Treugeber das Darlehen hingegen vollständig und ordnungsgemäß zurück, so tritt der Sicherungsfall nicht ein. Damit erledigt sich der Sicherungszweck der Treuhandkonstruktion und der Treugeber hat einen Rückübertragungsanspruch hinsichtlich des Treuguts gegen den Doppeltreuhänder. Wie im Falle der Grundschuld stellt der Treuhandvertrag (auch: Sicherungsvertrag) zwischen Treugeber und Doppeltreuhänder den Rechtsgrund für die Übertragung des Treuguts dar, bei dessen Fehlen oder Unwirksamkeit ein Anspruch auf Herausgabe nach den §§ 812 ff. BGB besteht.171 Ebenfalls gleich der Grundschuld und im Gegensatz zur Hypothek (jeweils von Gesetzes wegen) ist die doppelseitige Kreditsicherungstreuhand als atypisches Kreditsicherungsmittel grundsätzlich nicht-akzessorisch zu dem Rückzahlungsanspruch des Kreditinstituts gegen den 168 Regelmäßig werden doppelseitige Kreditsicherungstreuhandschaften über einen Vertrag zugunsten Dritter errichtet, vgl. bspw. Achsnick/Opp, S. 65 Rn. 228; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (97); Stadler, NZI 2009, 878 f. Ebenso kann die Treuhand über einen dreiseitigen Vertrag oder zwei separate Treuhandverträge errichtet werden, das Kreditinstitut erhielte dann einen direkten vertraglichen Anspruch gegen den Doppeltreuhänder. Hiervon gehen bspw. aus Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (103); Eden, S. 393; Hirschberger, S. 125. 169 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (111). 170 Vgl. auch Singhof/Seiler/Schlitt, S. 289 Rn. 641. 171 Zum Sicherungsvertrag bei der Grundschuld: Bassenge, in: Palandt, BGB, § 1191 Rn. 3, 15.
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Treugeber.172 Die Übertragung des Treuguts ist daher kondiktionsfest, unabhängig von dem (Fort-)Bestand der Forderung aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Auch bei Erlöschen der Forderung fällt das Treugut nicht automatisch an den Treugeber zurück.173 Allerdings verknüpft der Treuhandvertrag Forderung und Treugut analog zu der Sicherungsgrundschuld, vgl. § 1192 Abs. 1a BGB. Hieraus hat der Treugeber mit Erlöschen der gesicherten Forderung einen Anspruch auf Herausgabe des Treuguts.174 Rückzahlungsanspruch, § 488 I 2 BGB
Treugeber (Kreditnehmer)
Darlehensvertrag, § 488 BGB
Gesichertes Kreditinstitut (Treugebergläubiger)
Dingliche Übertragung des Treuguts
Doppeltreuhänder
Befriedigung
Anspruchsgrund
Veräußerung des Treuguts bei Eintritt des Sicherungsfalles
Quelle: eigene Darstellung
Abbildung 5: Beteiligte und Strukturen der doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand (Grundkonstellation)
172 Zur Nichtakzessorietät der Grundschuld: Bassenge, in: Palandt, BGB, Übbl. von § 1113 Rn. 1, § 1191 Rn. 1; Eickmann, in: MünchKomm, BGB, § 1191 Rn. 7 ff. Zur Akzessorietät der Hypothek: Bassenge, in: Palandt, BGB, Übbl. von § 1113 Rn. 1, § 1113 Rn. 1; Eickmann, in: MünchKomm, BGB, § 1113 Rn. 26 ff. 173 Zur einseitigen Sicherungstreuhand (Sicherungseigentum): BGH NJW 2000, 957 f.; BGH NJW 1984, 1184 (1186); Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 – 936 Rn. 10; Schmidt, in: FS Serick, S. 329 ff. 174 Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 – 936 Rn. 47.
§ 3 Die doppelseitige Treuhand
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2. Spezialfall: Konsortialkredit und Sicherheitenpool Der doppelseitige Konsortialkredit ist eine spezielle Ausgestaltung der doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand, bei der die Position des gesicherten Drittbegünstigten quantitativ auf mehrere Banken aufgespalten ist.175 Aufgrund seiner praktischen Relevanz auch für die doppelseitige Sanierungstreuhand soll er jedoch kurz gesondert dargestellt werden: Bei einer Konsortialfinanzierung vergibt nicht eine Bank allein, sondern vergeben mehrere gemeinsam den Kredit als sogenanntes Konsortium. Mehrere Kreditinstitute führen die Kreditvergabe „gemeinschaftlich auf gemeinsame Rechnung“ durch.176 Der Grund des Zusammenschlusses liegt in dem umfangreichen Kreditvolumen oder dem Vergaberisiko, welches ein einziges Bankinstitut möglicherweise nicht allein bereit oder imstande ist zu tragen.177 In der Regel geschieht dies bei der Finanzierung großer Industrieanlagen, Infrastrukturmaßnahmen oder Akquisitions- bzw. Projektfinanzierungen.178 Die Kreditinstitute schließen sich als Konsortium in einer GbR zusammen mit dem gemeinsamen Zweck der Kreditvergabe und Besicherung.179 Hierzu wird ein sogenannter Konsortialvertrag zwischen den Konsorten abgeschlossen.180 Die Konsortialfinanzierung ist regelmäßig verbunden mit einem sogenannten Sicherheitenpool.181 Der Treugeber besichert hier nicht jeden Konsorten einzeln, sondern „poolt“ die Sicherungsinteressen seiner Gläubiger bei einem Doppeltreuhänder, welcher das Treugut dann zur Sicherung des gesamten Konsortiums hält. Als Doppeltreuhänder handelt regelmäßig eine der kreditgebenden Banken aus dem Konsortium, die dann die Stellung der „Poolführerin“ einnimmt.182 In diesem Fall sichert die Poolführerin sich selbst als Treuhänderin im Rahmen einer 175 Speziell zum Konsortialkredit und Sicherheitenpool: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (103 f.); Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (96, 99); Cranshaw, WM 2009, 1682 ff.; Eberding, BB 1974, 1004 ff.; Ehlers, ZKW 1977, 912 ff.; Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 390a; Geibel, S. 439; Heinsius, in: FS Henckel, S. 387 (396 ff.); Hirschberger, S. 109 f.; Liebich/ Mathews, S. 265 ff.; Merkel/Tetzlaff, in: Lwowski/Fischer/Langenbucher, Recht der Kreditsicherung, S. 103 ff., 106 ff.; Obermüller, S. 1058 ff. Rn. 5800 ff., S. 1124 ff. Rn. 6.180 ff.; Obermüller, DB 1973, 1833; Picherer, Sicherungsinstrumente bei Konsortialfinanzierungen; Reuter, NZI 2010, 167 ff.; Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1408 Rn. 11.181. 176 So Obermüller, S. 1058 Rn. 5.801. 177 Heinsius, in: FS Henckel, S. 387 (396); Liebich/Mathews, S. 266; Obermüller, DB 1973, S. 1833; Obermüller, S. 1124 Rn. 6.181. 178 Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1408 Rn. 11.182. 179 Heinsius, in: FS Henckel, S. 387 (396); Merkel/Tetzlaff, in: Lwowski/Fischer/Langenbucher, Recht der Kreditsicherung, S. 107 Rn. 8; Obermüller, S. 1058 Rn. 5.802. 180 Liebich/Mathews, S. 266. 181 Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (103); Ehlers, ZKW 1977, S. 912; Liebich/Mathews, S. 269; Merkel/Tetzlaff, in: Lwowski/Fischer/Langenbucher, Recht der Kreditsicherung, S. 108 Rn. 12. 182 Vgl. Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 390a; Heinsius, in: FS Henckel, S. 387 (396); Liebich/Mathews, S. 268; Merkel/Tetzlaff, in: Lwowski/Fischer/Langenbucher, Recht der Kreditsicherung, S. 108 Rn. 12; Obermüller, S. 1062 Rn. 5.816.
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1. Teil: Einführung
einseitigen eigennützigen Treuhand, für die übrigen Konsorten nimmt sie die Rolle der Doppeltreuhänderin im Rahmen einer doppelseitigen Treuhand ein. Der Treuhandvertrag ist damit zweidimensional. Er vereinigt eine einseitige wie auch eine doppelseitige Treuhandgestaltung in sich.183 Für diesen Fall stellt der Konsortialvertrag auch gleichzeitig den Treuhandvertrag zwischen dem Konsortium und der Konsortialführerin dar. Hier wird dann unter anderem die Verteilung des Liquidationserlöses innerhalb des Konsortiums festgelegt, sollte der Sicherungsfall eintreten.184 Ebenso kann jedoch auch ein externer Doppeltreuhänder beauftragt werden, der selber nicht dem Konsortium angehört und keinen eigenen Anspruch gegen den Treugeber hat.185 Der doppeltreuhänderisch gesicherte Konsortialkredit mit Sicherheitenpool ist somit eine normale doppelseitige Kreditsicherungstreuhand,186 bei der die Position der gesicherten Gläubiger quantitativ auf mehrere Banken aufgespalten ist. Nimmt eine der Gläubigerbanken die Rolle der Doppeltreuhänderin als Poolführerin selbst ein, so erhält der Treuhandvertrag zwei Ebenen. Die Poolführerin wird eigennützig im Rahmen einer einseitigen Treuhand zu ihrer eigenen Absicherung tätig, für die übrigen Konsorten tritt sie fremdnützig im Rahmen einer Doppeltreuhand auf. Auch ohne Konsortialfinanzierung kann ein Sicherheitenpool eingesetzt werden, wenn der Treugeber in gesonderten Vertragsbeziehungen mit verschiedenen Kreditinstituten steht.187 Insbesondere soweit der Treugeber nur eine unteilbare Sicherheit zur Verfügung stellen kann, macht es Sinn, die Sicherungsinteressen der verschiedenen Gläubiger mit einer Doppeltreuhand zu poolen. Natürlich ist hier das konsensuale Zusammenwirken aller beteiligten Parteien nötig, wie in der Regel immer bei der doppelseitigen Treuhand.
183 A. A. hier die wohl herrschende Meinung, vgl. Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (104) m. w. N. in Fn. 18. Hier wird von einem einheitlichen Doppeltreuhandverhältnis ausgegangen, das nur partiell eigennützig sei; etwas verwirrend Liebich/Mathews, S. 269 und Obermüller, DB 1973, 1833 (1834): Treuhandverhältnis zwischen Konsortium und Treugeber? 184 Liebich/Mathews, S. 269; Obermüller, DB 1973, 1833 (1834 ff.). 185 Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (104); Brünink, in: Lwowski/Fischer/Langenbucher, Recht der Kreditsicherung, S. 65 Rn. 10. 186 Vgl. bspw. Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (104 f.); Hirschberger; Doppeltreuhand, S. 109 f.; Liebich/Mathews, S. 269; Obermüller, DB 1973, 1833 (1834). 187 Merkel/Tetzlaff, in: Lwowski/Fischer/Langenbucher, Recht der Kreditsicherung, S. 104 Rn. 2, 4.
§ 3 Die doppelseitige Treuhand
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Übertragung des Treuguts gesichertes Bankenkonsortium
Treugeber (Kreditnehmer)
Doppeltreuhänder / ggf. Poolführer:
Bank A Bank B
Bank A
Bank C ggf. weitere
Darlehensvertrag und Rückzahlungsanspruch, § 488 I 2 BGB Quelle: eigene Darstellung
Abbildung 6: Vereinfachte Struktur des Konsortialkredites mit Sicherheitenpool
3. Spezialfall: Sanierungstreuhand Die doppelseitige Sanierungstreuhand ist ebenfalls ein Spezialfall der doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand. Auch sie dient in erster Linie dazu, einen Kredittilgungsanspruch eines Drittbegünstigten, d. h. der Bank, zu besichern. Wie jeder anderen Kreditsicherungstreuhand auch ist der Sanierungstreuhand eine Verkaufstreuhand nachgeschaltet. Für den Fall, dass die angestrebte Sanierung des Unternehmens nicht erfolgreich ist und bestimmte Bedingungen (Milestones, Financial Covenants) nicht erfüllt werden können (Sicherungsfall), wandelt sich der Zweck der Treuhand von der Eigensanierung zum Verkauf des Treuguts. Der Doppeltreuhänder ist dann gegenüber Treugeber berechtigt und gegenüber der Bank verpflichtet, das Treugut zu liquidieren und die gesicherte Kreditschuld des Treugebers mit dem Verwertungserlös zu befriedigen.
2. Teil
Die doppelseitige Sanierungstreuhand 1. Kapitel
Ausgangssituation und Beteiligte § 4 Aufbau, Struktur und Funktion der Sanierungstreuhand A. Terminologie Nachdem im 1. Teil die allgemeine Terminologie für doppelseitige Treuhandschaften festgelegt wurde,1 sollen an dieser Stelle die Begrifflichkeiten speziell für die doppelseitige Sanierungstreuhand bestimmt werden. Im Wesentlichen ergeben sich hier wenig Unterschiede. Allerdings macht die besondere Struktur einige begriffliche Modifikationen erforderlich, ohne die Missverständnisse entstehen könnten. Zudem sind an der doppelseitigen Sanierungstreuhand typischerweise mehr Parteien beteiligt als an herkömmlichen doppelseitigen Kreditsicherungstreuhandschaften. Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand überträgt der oder übertragen die Gesellschafter eines Unternehmens seine respektive ihre Gesellschaftsanteile auf einen Treuhänder, welcher diese Anteile dann auf Grundlage und im Rahmen eines Treuhandvertrages für den oder die Gesellschafter verwaltet. Die Treuhand bezweckt, den Darlehensrückzahlungsanspruch der Bank zu besichern. Dieser Anspruch folgt aus einem Darlehensvertrag zwischen dem zu sanierenden Unternehmen und der Bank. Treugeber und Schuldner der gesicherten Forderung sind hier also nicht identisch. Jeweils können die Parteipositionen in sich quantitativ auf mehrere Personen aufgespalten sein, beispielsweise wenn auf Gesellschafterseite mehrere Parteien ihre Anteile übertragen oder ein Bankenkonsortium den Kredit an das Unternehmen vergibt. Dann vereint die doppelseitige Sanierungstreuhand Elemente an sich selbstständiger Formen der doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand.
1
Siehe oben unter § 2 A.
§ 4 Aufbau, Struktur und Funktion der Sanierungstreuhand
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Im Einklang mit der allgemeinen treuhandrechtlichen Terminologie werden die übertragenden Gesellschafter im Rahmen dieser Arbeit als Treugeber oder Altgesellschafter bezeichnet. Sie übertragen ihre Gesellschaftsanteile und die darin verkörperte Gesellschafterstellung auf den Treuhänder. Der Treuhandvertrag widmet die Gesellschaftsanteile zum Treugut. Als Doppeltreuhänder tritt bei der Sanierungstreuhand regelmäßig eine Zweckgesellschaft auf. Deren Gesellschafter-Geschäftsführer (Eigengeschäftsführer) wird dann als Treuhandgeschäftsführer bezeichnet. Der zu sichernde Anspruch der dritten Partei richtet sich bei der Sanierungstreuhand nicht gegen den Treugeber, sondern gegen dessen in der Krise befindliches Unternehmen. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu normalen doppelseitigen Kreditsicherungstreuhandschaften, welche in der Regel nicht auf eine Drittbesicherung abzielen. Die Bezeichnung als Treugebergläubiger wäre für den Spezialfall der doppelseitigen Sanierungstreuhand daher noch unpassender als in einseitigen Treuhandkonstellationen. Ebenso missverständlich wäre die verschiedentlich in der Literatur verwandte Bezeichnung als zweiter „Treugeber“ oder „Sicherungstreugeber“, welche die Unterscheidung von dem wirklichen Treugeber (Altgesellschafter) erschwert und Verwirrung stiftet.2 Vielmehr wird hier die Bezeichnung des gesicherten Drittbegünstigten, Kreditgebers oder schlicht Kreditinstituts/Bank gewählt. Im Zentrum der Treuhand steht das kreditnehmende Unternehmen. Es soll hier als Kreditnehmer oder schlicht als (Krisen-)Unternehmen auftreten. Hinsichtlich der Unternehmensform des Krisenunternehmens kommen im Rahmen einer Sanierungstreuhand theoretisch alle Rechtsformen in Betracht. Vor dem Haftungshintergrund für die Inhaber der Gesellschaft sowie der faktischen Verteilung der Unternehmensformen bei mittelständischen und großen Unternehmen in Deutschland liegt der Schwerpunkt aber eindeutig auf der Rechtsform der GmbH. Soweit im Folgenden daher von der doppelseitigen Sanierungstreuhand an Gesellschaftsanteilen die Rede ist, soll hiermit nur die Treuhand an GmbH Gesellschaftsanteilen gemeint sein.
2 So bspw. OLG Hamburg WM 1997, 1846 ff. oder Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 390a.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand Sanierungs- und Restrukturierungsabkommen
Treuhandverhältnis zur Verwaltung der Anteile Treugeber / Altgesellschafter
Treuhandvertrag
Treuhandverhältnis zur Besicherung der Kreditforderung Doppeltreuhänder
Anspruch aus § 328 I BGB
Gesicherte, drittbegünstigte Bank
Gesellschafterstellung
Kreditnehmendes Krisenunternehmen Quelle: eigene Darstellung.
Abbildung 7: Terminologie bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand (Hinweis: der besseren Übersichtlichkeit halber sind in der folgenden Skizze nicht alle Beziehungen der beteiligten Parteien berücksichtigt)
B. Hintergrund, Struktur und Aufbau Die doppelseitige Sanierungstreuhand dient vor dem Hintergrund einer Unternehmenskrise als atypisches Kreditsicherungsinstrument, um (i) die Vergabevoraussetzungen für neue Fremdkapitaldarlehen (fresh money) an das Krisenunternehmen zu erfüllen und gleichzeitig (ii) durch Restrukturierungsmaßnahmen eine effiziente Sanierung des Unternehmens zu ermöglichen. Daneben gilt es, mit der Treuhandkonstruktion ausreichend Vertrauen bei schon involvierten Finanzierern und Lieferanten zu schaffen, um bereits laufende Finanzierungen aller Art (Darlehen, Warenkreditlinien etc.) aufrecht erhalten zu können. Der folgende Teil stellt zunächst Hintergrund und Interessenlage der involvierten Parteien dar, vor dem eine doppelseitige Sanierungstreuhand typischerweise zum Einsatz kommt. Im Anschluss werden die Strukturen im Einzelnen untersucht.
§ 4 Aufbau, Struktur und Funktion der Sanierungstreuhand
75
I. Liquiditätsbedarf in der Unternehmenskrise Den Terminus einer „Unternehmenskrise“ kann man entweder rein juristisch oder auch wirtschaftlich erfassen. Im rechtlichen Sinn ist hierunter „die drohende Handlungsunfähigkeit eines Unternehmens infolge finanzieller Schwierigkeiten, verbunden mit der Gefahr einer Insolvenz“ zu verstehen.3 Weitergehende rechtliche Bedeutung erlangte der Terminus in erster Linie bei den mittlerweile außer Kraft getretenen Regelungen des Eigenkapitalersatzrechts der §§ 32a und 32b GmbHG. Hier grenzte die Rechtsprechung die Unternehmenskrise noch weiter ein und verstand darunter (nur) das unmittelbare Vorstadium einer Insolvenz,4 welches vorliege bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der GmbH oder wenn diese den zur Fortführung des Geschäftsbetriebes notwendigen Kapitalbedarf im gleichen Zeitpunkt nicht durch entsprechende Kredite von dritter Seite zu marktüblichen Konditionen decken konnte.5 Rein ökonomisch erfasst die „Krise“ im Wesentlichen den Zustand eines Schuldners oder eines Unternehmens, dessen wirtschaftliche Existenz bedroht ist.6 Da der Faktor Zeit meist eine entscheidende Rolle in den Vorstadien einer Unternehmensinsolvenz spielt, kann die Krise auch als „multivalente Entscheidungssituation unter Existenzgefährdung des Unternehmens bei begrenzter Entscheidungszeit“ definiert werden.7 Ebenso vielfältig wie die Möglichkeiten einer Umschreibung sind die möglichen Ursachen einer Unternehmenskrise. Allgemein kann sich jede Krise aus unternehmensinternen wie -externen Missständen ergeben und insbesondere aus einer Kumulation beider Faktoren. Die Weltfinanz- und die sich daran anschließende Weltwirtschaftskrise der Jahre 2007 ff. haben gezeigt, dass auch an sich operativ gesunde Unternehmen ohne interne Probleme in eine Unternehmenskrise geraten können. Gründe hierfür sind oft Zahlungsausfälle bei Kunden oder zu enge Fremdkapitalfinanzierungen, die auf Basis einer zu optimistischen Konjunktureinschätzung geschneidert wurden.8 Unabhängig von den genauen Ursachen bedingt ein erfolgreicher „Turnaround“ in der Regel, dass der Gesellschaft liquide Mittel in ausreichender Höhe (Grundfaktor 1) zur Verfügung stehen, um eine jede Krise bewältigen zu können. Neben dem Finanzierungselement ist das operative Element der Gesellschaft in der Regel erfolgsbestimmend. Hierzu gehört eine fähige, im Umgang mit Krisensituationen erfahrene Geschäftsführung (Grundfaktor 2). Diese muss einer3
Nach Wilden, in: Buth/Hermanns, RSI, 4. Auflage, § 2 Rn. 2; vgl. zum rechtlichen Gehalt des Begriffs auch Sinz, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 5. Auflage, S. 3 Rn. 1.10. 4 BGH BB 2004, 1240; BGH ZInsO 2005, 762; nach Sinz, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 5. Auflage, S. 4 Rn. 1.12. 5 BGHZ 76, 326 (330); BGHZ 81, 255; BGHZ 81, 317 f.; BGHZ 81, 366 f.; BGHZ 90, 390; BGHZ 105, 184 f.; BGH NJW 1995, 457 (459); BGH NJW 1999, 3120 f. 6 Wilden, in: Buth/Hermanns, RSI, 4. Auflage, § 2 Rn. 3. 7 So Sinz, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 5. Auflage, S. 2 Rn. 1.3. 8 Zu den Ursachen im Überblick: Sinz, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 5. Auflage, S. 6 Rn. 1.17 ff.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
seits willens und vor allem in der Lage sein, erforderliche Neustrukturierungen umzusetzen und andererseits durch ihr Auftreten das Vertrauen von Lieferanten, Kunden und Banken stärken zu können. Eine fähige Geschäftsführung hiflt aber allein auch nicht weiter, wenn eine zögerliche oder gar obstruktive Gesellschafterversammlung richtige Entscheidungen auf Geschäftsführungsebene hemmt und oder gar konterkariert. Das dritte Element einer erfolgreichen Krisenbewältigung ist ein homogener und entscheidungswilliger Gesellschafterkreis (Grundfaktor 3), der die notwendigen Veränderungen anstößt, unterstützt und mitträgt. Die doppelseitige Sanierungstreuhand setzt gleichzeitig an allen drei Grundfaktoren an. Neben dem Finanzierungselement bündelt die Konstruktion die Gesellschafterversammlung in den Händen eines professionellen und willigen Treuhänders, der schnell und effizient die notwendige Unterstützung der Geschäftsführung leisten kann, welche ihrerseits im Rahmen der Treuhand entweder gänzlich ausgetauscht oder zumindest durch einen krisenerfahrenen Interimsmanager ergänzt wird. II. Die Rolle der beteiligten Parteien in der Unternehmenskrise Nach dieser Einleitung soll die Rolle der Parteien untersucht werden, welche direkt in die Unternehmenskrise involviert oder zumindest unmittelbar von ihr betroffen sind. 1. Gesellschafter a) Keine Finanzierungspflicht Die primäre Finanzierungsverantwortung liegt zunächst bei den Gesellschaftern, also den rechtlichen Inhabern des Krisenunternehmens.9 Hier stehen verschiedene Mittel zur Verfügung, um auf Eigen- oder Fremdkapitalseite die kurzfristige Liquidität der Gesellschaft sicherzustellen und langfristig notwendige Sanierungsmaßnahmen zu finanzieren, beispielsweise durch Kapitalerhöhung oder Forderungsverzicht (jeweils Eigenkapitalmaßnahme) oder etwa Gesellschafterdarlehen (Fremkapitalmaßnahme). Allerdings besteht hierzu keinerlei gesetzliche Pflicht. Zwar unterliegen die Gesellschafter einem umfassenden Geflecht von Regelungen, die den Erhalt des haftenden Kapitals in der GmbH sowie bereits vergebener Gesellschafterdarlehen sicherstellen, insbesondere in der Krise. Gleichzeitig sind die Gesellschafter aber rechtlich nicht dazu verpflichtet, bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten unbegrenzt Kapital in das Unternehmen nachzuschießen, soweit keine Nachschusspflicht gemäß der Satzung besteht, § 26 Abs. 1 GmbHG. Die Gesellschafter haben keine Obliegenheit, dem Unternehmen unter allen Umständen eine Zukunft zu ermöglichen. Vielmehr können sie eine im Grundsatz freie unterneh9
Achsnick/Opp, S. 12 Rn. 39.
§ 4 Aufbau, Struktur und Funktion der Sanierungstreuhand
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merische Entscheidung treffen, inwieweit sie eine Zukunftsperspektive in dem Unternehmensbetrieb sehen und diese durch weiteres Kapital unterstützen möchten. Es gilt allgemein der Grundsatz der Freiheit der Finanzierungsentscheidung.10 b) Keine Finanzierungsmöglichkeit oder -bereitschaft Selbst soweit die Gesellschafter im Einzelfall willens sind, ihrem Unternehmen weiteres (privates) Kapital zur Verfügung zu stellen, liegt dies nicht selten außerhalb der privaten finanziellen Möglichkeiten. Der im Rahmen von Krisen oft äußert eng bemessene Zeitrahmen erschwert die Finanzierung durch die Gesellschafter zusätzlich. Als Privatpersonen werden sie die erforderlichen Mittel in der Regel nicht jederzeit zur freien Verfügung vorhalten. Insbesondere in mittelständischen Familienbetrieben stehen keine finanzstarken Investorengruppen hinter dem Unternehmen, welche in der Lage sind, innerhalb kürzester Zeit über hohe Kapitalmittel frei verfügen zu können. Soweit die Gesellschafter zwar in der Lage wären, neues Kapital in die Gesellschaft nachzuschießen, mangelt es oft an der Bereitschaft, das persönliche wirtschaftliche Schicksal über Drittbesicherungen oder direkte Darlehen in zunehmendem Maße mit dem Wohlergehen des Unternehmens zu verknüpfen, da der negative Ausgang in der Unternehmenskrise hinreichend wahrscheinlich ist. Daneben verhindern oftmals Streitigkeiten innerhalb heterogener Gesellschafterstrukturen eine schnelle Finanzierungsentscheidung und Bereitstellung der Mittel. Selten wird ein Gesellschafter alleine weiterfinanzieren und die anderen aus der Verantwortung entlassen. c) Wirtschaftliche Interessen Auf der anderen Seite vereint die Gesellschafter ein starkes Interesse wirtschaftlicher sowie oft auch ideeller Art daran, ihr Unternehmen sanieren und fortführen zu können. Eine Unternehmensinsolvenz würde für sie einen weitgehenden Kontrollverlust in der Gesellschafterversammlung sowie Wertverlust ihrer Mitgliedschaft bedeuten. Die Gesellschaftsanteile an dem Krisenunternehmen würden zwar formell bei den Gesellschaftern verbleiben, allerdings würde die Verwaltungsund Verfügungsbefugnis über das Unternehmen respektive dessen Gesellschaftsvermögen auf einen gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter übergehen, § 80 Abs. 1 InsO.11 Daneben stünde der Wert ihres Unternehmens und analog der Wert der Gesellschaftsanteile auf dem Spiel. Zum einen hätte die Einleitung eines Insolvenzverfahrens eine massive Abwertung der einzelnen Vermögenswerte des Unternehmens auf deren Zerschlagungswert zur Folge. Zum anderen ginge die wirtschaftliche Perspektive verloren, nach erfolgreicher Sanierung wieder von einem steigenden Unternehmenswert wie auch Gewinnausschüttungen zu profitieren. 10 11
Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (99). Vgl. Laier, GWR 2010, 184; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 561.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Ebenfalls vollständig abzuschreiben wären in der Regel bereits vergebene Gesellschafterdarlehen, für deren Rückzahlung nach Befriedigung der nicht nachrangigen Gesellschaftsgläubiger in der Regel nichts mehr in der Insolvenzmasse vorhanden ist, § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Daneben besteht für die Gesellschafter in der Insolvenz die Gefahr, dass sie aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens aus Bürgschaften oder ähnlichen Gesellschaftersicherheiten für Unternehmenskredite in Anspruch genommen werden, soweit solche im Vorfeld vergeben wurden. So würde die Unternehmensschuld unmittelbar zur Unternehmerschuld und damit zu einem privaten Verlust führen. Durch den Totalausfall von Gesellschafterdarlehen und der Inanspruchnahme von persönlichen Sicherheiten durch die Bank können sich auch die Gesellschafter privat schlagartig mit massiven existenziellen Schwierigkeiten konfrontiert sehen. Nicht selten zieht auch bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung eine Unternehmensinsolvenz die Privatinsolvenz eines dahinter stehenden Gesellschafters nach sich, da diese trotz der Haftungsbeschränkung ihr privates Kapital durch Drittbesicherungen mit dem Schicksal des Unternehmens verflochten haben. Neben dem Verlust des „Lebenswerkes“ steht daher für viele Unternehmer auch die private finanzielle Sicherheit und Altersvorsorge in oft existenziellem Ausmaß auf dem Spiel. Ein weiterer bedeutender Faktor liegt für die Gesellschafter in dem mit einer Unternehmensinsolvenz verbundenen Reputationsverlust gegenüber Banken, Lieferanten, Warenkreditversicherern, sonstigen Stakeholdern sowie im privaten Bereich. In traditionell familiär geführten Betrieben besteht zudem oft eine als persönlich empfundene Verpflichtung gegenüber den Arbeitnehmern und deren Arbeitsplätzen. Vor diesem Hintergrund werden die Gesellschafter unter dem Druck einer drohenden Unternehmensinsolvenz oft zu weitreichenden Zugeständnissen bereit sein, um dritte Fremdkapitalgeber zur (Weiter-)Finanzierung des Unternehmens zu bewegen. 2. Finanzinvestoren Auch die Rekapitalisierung des Unternehmens über den direkten Einstieg eines Investors im Rahmen eines (Teil-)Verkaufs scheidet in der Unternehmenskrise regelmäßig aus. Institutionelle Finanzinvestoren, beispielsweise Investmentfonds, werden sich im unmittelbaren Vorfeld einer Insolvenz meist nicht auf eine (direkte) Beteiligung an dem Unternehmen einlassen.12 Die Risiken eines Einstiegs sind von Investorenseite in der Regel nicht vertretbar, jedenfalls nicht ohne sorgfältige vorherige Prüfung. Für eine umfassende rechtliche und wirtschaftliche Einschätzung des Unternehmens fehlt in der Krise aber regelmäßig die Zeit. Überdies kann das Unternehmen respektive dessen „rentable“ Teile oder Vermögenswerte (Assets) wenig später oft zu einem wesentlich niedrigeren Zerschlagungswert aus der Insolvenz heraus übernommen werden, womit sich gleichzeitig die haftungsträchtige 12
Achsnick/Opp, S. 16 Rn. 57.
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Gesellschafterstellung in der Unternehmenskrise13 sowie zahlreiche andere (beispielsweise arbeitsrechtliche) Probleme vermeiden lassen. Sollte sich doch ein grundsätzlich investitionswilliger Finanzinvestor finden, so verfolgt dieser in der Regel andere Ziele als die Gesellschafter des Unternehmens, was einen Konsens über den Einstieg in dem drängenden Zeitrahmen erschwert. Dem Finanzinvestor wird es in erster Linie um die Rentabilität seines Investments gehen, sozial- sowie beschäftigungspolitische Themen oder die allgemeine Zukunftsfähigkeit stehen hier nur selten im Vordergrund. Diese Differenzen erschweren die Einigung von Unternehmer- und Investorenseite oft massiv. 3. Lieferanten/Warenkreditgeber Nicht selten beteiligen sich Lieferanten/Zulieferer des Krisenunternehmens an einer Sanierung, sei es durch Forderungsverzichte, -stundungen, verbesserte Einkaufspreise, Warenkredite etc. Im Fall von Opel stand sogar eine Übernahme durch den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna im Raum. Wenn es sich bei dem Krisenunternehmen um einen großen oder gar den bedeutendsten Umsatzkunden des Lieferanten handelt, wird die Bereitschaft zur Unterstützung nicht selten bedeutend sein – schon aus Eigeninteressen, um einen eigenen Umsatzeinbruch zu vermeiden.14 Mit Ausnahme von Einzelfällen sind die Möglichkeiten hier aber in aller Regel begrenzt und Lieferanten können nicht die Mittel zur Verfügung stellen, um grundlegende Probleme der Gesellschaft auf operativer Ebene langfristig zu lösen. Eine Kreditvergabe in größerer Höhe wird für die Lieferanten in der Regel nicht möglich sein, da sie keine institutionellen Kreditinstitute mit den entsprechenden Einrichtungen und Reserven sind. Zudem werden auch die Lieferanten im Vorfeld einer Insolvenz zunächst auf Begleichung der Altverbindlichkeiten drängen, um einen Totalausfall zu verhindern. Beim Herantreten an Lieferanten ist daher immer eine gewisse Vorsicht geboten, da sich die erhoffte Unterstützung auch schnell in das Gegenteil verwandeln kann. Wird die mangelnde Liquidität des Unternehmens offengelegt, so wird dies manchen Lieferanten dazu veranlassen, offene Kreditrahmen gänzlich aufzulösen und eine möglichst schnelle Befriedigung der ausstehenden Forderungen einzutreiben.15 4. Kreditinstitute Im Ergebnis hängt die weitere Zukunft des Unternehmens daher regelmäßig von der Frage ab, ob und inwieweit dritte Fremdkapitalgeber dazu bereit sind, die Sanierung und Restrukturierung durch Vergabe weiterer und Prolongation bestehender
13 14 15
Buchalik/Rinker, in: Buth/Hermanns, RSI, 3. Auflage 2009, § 4 Rn. 99. Achsnick/Opp, S. 10 Rn. 32 ff. Stockhausen/Jansen, in: FS Görg, S. 491 (497).
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Kreditlinien zu begleiten. Als dritte Fremdkapitalgeber kommen im Wesentlichen institutionelle Kreditinstitute in Betracht. a) Keine Finanzierungspflicht Grundsätzlich besteht jedoch auch hier keine allgemeine (Weiter-)Finanzierungspflicht, selbst nicht für Fremdkapitalgeber, die bereits in hohem Umfang mit Krediten in dem Unternehmen involviert sind. Letztlich ist die Entscheidung der Bank ob sie weiterfinanzieren möchte eine rein unternehmerische Abwägung von Chancen und Risiken.16 Selbst wenn alle anderen Unternehmensgläubiger zu einer neuerlichen Finanzierung und Sanierung des Unternehmens bereit wären, ist ein einzelnes Bankinstitut nicht verpflichtet sich zu beteiligen.17 b) Voraussetzungen für die Finanzierung Ein finanzielles (Weiter-)Engagement von Bankenseite ist stets an gewisse Kreditvergaberichtlinien gebunden, welche insbesondere im Vorfeld einer Insolvenz in der Regel streng überwacht werden. Hierzu wird das Unternehmen hinsichtlich seiner Kreditwürdigkeit benotet. Unter der Kreditwürdigkeit ist die Wahrscheinlichkeit zu verstehen, dass das Unternehmen seine Zahlungsverpflichtungen aus dem Darlehensvertrag erfüllen kann.18 Zentrale Faktoren des Ratings stellen die Kapitaldienstfähigkeit sowie die Besicherungssituation dar. Kapitaldienstfähigkeit bedeutet die Fähigkeit des Unternehmens, Tilgungs- sowie Zinslast des avisierten Kredites erbringen zu können. Das Rating erfolgt anhand bankinterner Kreditvergaberichtlinien, die typischerweise im Rahmen einer Risiko-Chancen-Analyse die folgenden Bewertungskriterien beinhalten: *
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die für den neuerlichen Kredit zur Verfügung stehenden Sicherheiten (Besicherungssituation), die Sanierungsperspektive des Unternehmens im Rahmen eines Sanierungsgutachtens, die Prozesssicherheit hinsichtlich der effizienten Umsetzung beschlossener Sanierungs- und gegebenenfalls Verwertungskonzepte ohne Blockademöglichkeiten durch Gesellschafter oder von dritter Seite, eine Bewertung der Folgen einer Unternehmensinsolvenz, z. B. Abschreibungen auf schon vergebene Kreditlinien, Abwägung der Risiken und der Dauer der Verwertung von bestehenden Sicherheiten für bereits involvierte Kredite im Insolvenzfall,
16 Wittig, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 4. Auflage, S. 257 Rn. 2.232. 17 BGHZ 116, 319 ff. (Akkordstörerurteil). 18 Merz, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1293 Rn. 10.167.
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die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung des neuerlichen Kredites inklusive der Zinslast („Tilgungsausblick“ oder „Kapitaldienstfähigkeit“), die Beteiligung am Erfolg einer gelungenen Sanierung, nämlich insbesondere die Beteiligung an der Wertsteigerung der Unternehmensanteile (Partizipation am „upside potential“), die rechtlichen Risiken eines Engagements für die Bank in der Unternehmenskrise, insbesondere Haftungsrisiken, die Rentabilität der Sanierung in Gegenüberstellung mit dem Einsatz des Kapitals in anderweitigen Investments.
Diese Voraussetzungen befriedigend erfüllen zu können, stellt sich für ein in der Krise befindliches Unternehmen schwierig bis unmöglich dar: aa) Gesellschaftsanteile als einzig verbleibende Sicherheiten Für die herkömmlichen dinglichen Sicherungsinstrumente19 wie Grundschuld, Hypothek, Sicherungsübereignung oder Pfandrecht fehlt es dem Unternehmen in der Krise regelmäßig an (noch) frei verfügbaren Vermögenswerten (Assets). Typischerweise sind im Endstadium einer Unternehmenskrise alle in Frage kommenden Vermögenswerte bereits für Kredite und Ansprüche anderer Gläubiger hinterlegt und stehen daher für neue Kredite nicht mehr zur Verfügung.20 Die Gesellschafter sind wie beschrieben zumeist auch nicht in der Lage oder nicht willens, ihr privates Vermögen als Sicherheit heranzugeben. Einen letzten „freien“ Vermögenswert allerdings halten die Gesellschafter noch: die Anteile an der Krisengesellschaft und damit den Unternehmenswert an sich (inkl. stiller Reserven, „good will“ etc.).21 Im Vorfeld einer Insolvenz werden die Gesellschaftsanteile aber unter Umständen nicht den notwendigen wirtschaftlichen Gegenwert für den benötigten Kreditrahmen mehr aufweisen. Daneben ist mit den Anteilen auch die Gesellschafterstellung verbunden, was neben Verwaltungsaufwand auch Risiken für die Bank mit sich bringt. bb) Haftung und Risiken Im Rahmen der „klassischen“ (dinglichen) Sicherungsmittel können diese Gesellschaftsanteile der Bank entweder im Rahmen einer Sicherungsübereignung direkt übertragen oder alternativ mit einem Pfandrecht zugunsten der Bank belastet werden. Daneben kommt eine direkte Beteiligung der Bank an der Gesellschaft über einen sogenannten Debt Equity Swap in Betracht, also aus Sicht der Bank einer 19
Zu den für die Sicherung des Fremdkapitals in Frage kommenden Sicherungsinstrumenten: Hettich/Kreide/Crone, in: Crone/Werner, Modernes Sanierungsmanagement, S. 193 ff. 20 Achsnick/Opp, S. 22 Rn. 89; Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 491 (496). 21 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (104).
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Wandlung von Fremd- in Eigenkapital. Alle drei Möglichkeiten sind in der Regel von Bankenseite nicht akzeptabel, insbesondere aufgrund der nachfolgend beschriebenen erhöhten Risiken sowie mangels hinreichender Einflussnahmemöglichkeiten auf den zukünftigen Sanierungs- und Restrukturierungsprozess und unzureichende Verwertungsmöglichkeiten im Sicherungsfall: (1) Sicherungsabtretung und Debt Equity Swap Soweit die Bank die Gesellschaftsanteile als Kreditsicherheit im Rahmen einer Sicherungsabtretung oder direkt Anteile für ihre Forderungen im Rahmen eines Debt Equity Swaps übernimmt, erwirbt sie hiermit auch die unmittelbare Gesellschafterstellung in dem Unternehmen. Dies bringt zunächst eine Chance für die Bank mit sich: nach erfolgreicher Sanierung könnte die Bank als Inhaberin der Gesellschaftsanteile unmittelbar am „upside potential“, also der Wertsteigerung der Gesellschaftsanteile partizipieren. Indem sie die Anteile später veräußert, könnte sie diese diese Wertsteigerung auch realisieren. Dies stellt einen enormen Anreiz für ein weiteres Engagement als Ausgleich für die zusätzlichen Risiken dar.22 Auch aus Sicht des Unternehmens wäre eine direkte Beteiligung der Bank vor allem im Wege eines Debt Equity Swaps wünschenswert. Die Eigenkapitalquote verbessert sich, die Liquidität erhöht sich, Zinsbelastungen fallen weg etc. Allerdings bestünde für die Bank im Insolvenzfall das Problem und Risiko, dass die im Zuge der Sanierung ausgereichten (und nicht in Eigenkapital gewandelten) Darlehen als Gesellschafterdarlehen im Sinne des § 135 InsO qualifiziert werden, soweit nicht das sogenannte „Sanierungsprivileg“ nach § 39 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 135 Abs. 4 InsO zu ihren Gunsten greift.23 Hier bestehen allerdings noch zahlreiche Unsicherheiten hinsichtlich den Voraussetzungen, überdies ist das Privileg zeitlich begrenzt: Fällt das Unternehmen nach erfolgreicher Sanierung abermals in eine Krise und wird insolvent, so ist die finanzielle Beteiligung der Bank nicht mehr privilegiert und es besteht sozusagen „rückwirkend“ die Gefahr der Nachrangigkeit für die während der letzten Krise ausgereichten Kredite.24 Unter dem Aspekt des „Stehenlassens“25 alter Kredite läuft die Bank sogar Gefahr, dass auch alte, schon als „Noch-nicht-Gesellschafterin“ vergebene Kredite vom Anwendungsbereich des 22
Siehe auch Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685 (690 f.). Federlin, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1513 Rn. 12.132; zu den allgemeinen Auswirkungen des Eigenkapitalersatzrechts: Federlin, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1511 ff. Rn. 12.124 ff. 24 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (101). Zu den Unsicherheiten hinsichtlich der Voraussetzungen des Sanierungsprivilegs Hirte/Knof, WM 2009, 1961 (1962 ff.). 25 Die „neuen“ Regelungen der §§ 39, 135 InsO stellen zeitlich anders als die alten §§ 32a, 32b GmbHG nicht mehr auf das Merkmal der „Krise der Gesellschaft“ ab, wo es darauf ankam, ob die außerhalb der Krise vergebenen Darlehen bei Eintritt der Krise „stehen gelassen wurden“. Heute unterfällt auch der Darlehensgeber der Norm, der die Gesellschafterstellung erst nach Kredivergabe erlangt, unabhängig ob der Kredit vor oder innerhalb einer Krise vergeben wurde, vgl. die in Fn. 26 Genannten. 23
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§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfasst werden,26 mit schwerwiegenden nachteiligen Konsequenzen für die Bank: aus der Qualifikation als Gesellschafterdarlehen ergäbe sich jeweils die Nachrangigkeit der Rückzahlungsforderung, § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und somit ein quasi sicheres Totalausfallrisiko des Rückzahlungsanspruchs im Falle einer Insolvenz des Unternehmens.27 Führt das Unternehmen trotzdem Verbindlichkeiten an die Bank als Gesellschafterin zurück, sind diese innert einem Jahr vor oder nach dem Eröffnungsantrag des Insolvenzverfahrens anfechtbar, § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, ebenso wie die Bestellung von Sicherheiten für das Darlehen nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Hier beträgt die Frist gar zehn Jahre.28 Zudem begründen bestellte Sicherheiten kein Recht mehr auf abgesonderte Befriedigung nach den §§ 49 ff. InsO. Für akzessorische Sicherheiten ergäbe sich dies aus der Abhängigkeit der Sicherheit von dem gesicherten Anspruch, bei nicht akzessorischen aus dem Zweck des Kapitalersatzrechts. Eine Anfechtung der Sicherheitenbestellung wäre gar nicht erst notwendig, um die abgesonderte Befriedigung zu verhindern.29 Auch haftet die Bank als Gesellschafterin für die Kapitalaufbringung sowie den Kapitalerhalt der Gesellschaft und würde zudem Gefahr laufen, einer Haftung als faktische Geschäftsführerin zu unterliegen, soweit sie auf die Geschäftsführung hinreichend Einfluss nimmt.30 Sei es durch Wandlung der Forderung im Wege eines Debt Equity Swaps oder durch Annahme der Anteile als Sicherheit, letztlich würde sich das Geldinstitut bei einer direkten Beteiligung als Gesellschafterin einem faktischen Druck aussetzen, bei weiterem Finanzierungsbedarf „mitzuziehen“, auch wenn die Sanierungschancen seit Vergabe des letzten Kredites gesunken wären.31 Um die volle unternehmerische Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Kreditentscheidungen zu behalten, ist die enge Verknüpfung mit dem Unternehmen als Gesellschafterin daher in aller Regel nicht gewollt. Zusätzlich zu den beschriebenen Risiken zieht die Stellung als Gesellschafterin das faktische Problem eines enormen verwaltungstechnischen Aufwandes nach sich, um beispielsweise die gesellschafterlichen Stimm- und Weisungsrechte sinnvoll 26 Vgl. Altmeppen, NJW 2008, 3601 (3603); Dahl/Schmitz, NZG 2009, 326; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 45. 27 Brinkmann, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 5. Auflage, S. 192 ff. Rn. 2.99 ff.; Wittig, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 4. Auflage, S. 277 Rn. 2.272. Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand werden die treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteile grundsätzlich nicht dem Bankinstitut als „Quasigesellschafterin“ zugerechnet, mit der Folge dass deren Darlehen nicht als Gesellschafterdarlehen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig sind, vgl. etwa OLG Hamburg WM 1997, 1846. Allerdings ist auch hier eine sorgfältige Prüfung der Einflussrechte der Bank im Einzelfall erforderlich, Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685 (713). Siehe näher unten ab § 13 C. III. 3. 28 Federlin, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1513 Rn. 12.130. 29 BGHZ 133, 298 (305 ff.). 30 Vgl. für einen Überblick der Haftungsrisiken einer Gesellschafterstellung für die Bank: Laier, GWR 2010, 184 ff.; Achsnick/Opp, S. 42 ff. 31 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (101).
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
wahrzunehmen. Kreditinstituten mangelt es hier regelmäßig an den erforderlichen Ressourcen sowie insbesondere an dem elementaren Fachwissen und der Branchenkenntnis.32 Soweit sich die Bank die Gesellschafterstellung über eine einseitige Treuhandschaft mitteln lassen würde, könnte zwar dieser Verwaltungsaufwand durch einen Verwaltungstreuhänder vermieden werden, gegen entsprechende Mehrkosten. An der Verstrickung des Darlehens unter die Vorschriften des Gesellschafterdarlehens würde sich indes nichts ändern. Unabhängig, ob der Treuhänder die Anteile im Auftrag und für die Bank zu Sicherungs- oder nur zu Verwaltungszwecken hält: in jedem Fall würde die Tilgungsforderung der Bank als „gleichgestellte“ Forderung im Sinne der § 39 Abs. 1 Nr. 5 und 135 InsO gelten und damit nachrangig sein. Im Hinblick auf den Regelungsgehalt der Vorschriften wird die Bank als wirtschaftlicher Eigentümer einer direkten Gesellschafterin gleichgestellt.33 (2) Verpfändung der Gesellschaftsanteile Neben der direkten Übertragung der Gesellschaftsanteile als Sicherheit käme die Bestellung eines Pfandrechts an den Anteilen zugunsten der Bank in Betracht.34 Hiermit lassen sich zwar die beschriebenen Haftungsrisiken zunächst weitgehend vermeiden,35 indes hat auch diese Form der dinglichen Besicherung erhebliche Nachteile für die Bank. Außer bestimmten Informationsrechten, die für die Sicherung des Pfandrechts obligatorisch sind, stünden der Bank als Pfandgläubigerin keinerlei Rechte auf Einfluss- oder Einsichtnahme der Gesellschaft zu. Insbesondere hat sie mangels Gesellschafterstellung kein Stimmrecht in Gesellschafterversammlungen, Informationsrecht über interne Angelegenheiten oder sonstiges Verwaltungsrecht.36 Die Bank hat somit keine Möglichkeit, auf den Sanierungs- und Restrukturierungsprozess Einfluss zu nehmen oder einen bestimmten Ablauf durchzusetzen. Sie macht sich von der Mitwirkung und dem „good will“ der Gesellschafter und der Geschäftsführung abhängig. Die Chancen und Gefahren einer Finanzierung wären in höchstem Maße unabsehbar und von dritten Parteien abhängig, die sich der Kontrolle der Bank entziehen. Die notwendige Prozesssicherheit hinsichtlich der künftigen Sanierungsziele wäre damit nicht gegeben. Sichert sich die Bank zusätzlich eine Einflussnahme auf die Führung der Gesellschaft, so ist mit der Verpfändung der Anteile gegenüber der direkten Gesell32
Vgl. Liebich/Mathews, S. 303 f. BGHZ 105, 168 (176); BGH ZIP 1990, 1593; BGH ZIP 1991, 366; BGH DStR 1993, 553; BGH DStR 1994, 144; BGH DStR 1999, 1409; BGH DStR 2009, 1486; Bäuerle, in: Braun, InsO, § 39 Rn. 15; Gehrlein, in: MünchKomm, InsO, § 135 Rn. 20; Goette/Kleindiek, S. 144 Rn. 56. 34 Zur Zulässigkeit: Armbrüster, S. 25; Buchwald, GmbHR 1960, 5; Mertens, ZIP 1998, 1787; Roth, ZGR 2000, 187 ff. 35 Siehe insbesondere: Armbrüster, GmbHR 2001, 941 (945); Armbrüster, S. 44. 36 Eden, S. 17; Rodewald, GmbHR 1995, 418 (419); Roth, ZGR 2000, 187 (210). 33
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schafterstellung in Hinblick auf die Vorschriften des Gesellschafterdarlehens nichts gewonnen. Nach dem BGH unterliegt auch ein Pfandgläubiger den Vorschriften des Kapitalersatzrechts, dem in atypischer Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zusätzlich Befugnisse eingeräumt werden, die es ihm ermöglichen, die Geschicke der Gesellschaft wie ein Gesellschafter zu lenken.37 Mit dem Pfandrecht hätten die Banken zwar ein insolvenzfestes Absonderungsrecht an den Gesellschaftsanteilen nach § 50 Abs. 1 InsO.38 Sind die Sanierungsbemühungen nicht erfolgreich oder werden sie von Gesellschafterseite blockiert, so verfällt allerdings der Wert der Gesellschaftsanteile Hand in Hand mit dem Wert der Gesellschaft in der Insolvenz. Alleine ein Pfandrecht wird einem dritten Fremdkapitalgeber demnach in aller Regel nicht ausreichen, um seinen Rückzahlungsanspruch besichert zu wissen. (3) Allgemeine Risiken einer Finanzierung in der Krise Unabhängig von einer Gesellschafterstellung oder eines Pfandrechts müssen Banken in der Unternehmenskrise bei der Vergabe von Krediten strikt darauf achten, die richterrechtlichen Grundsätze der außergerichtlichen Sanierung zu beachten.39 Dies gilt gleichermaßen für Kredite, die nur der Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe dienen, wie auch für Kredite, mit denen eine nachhaltige Sanierung der Gesellschaft auf operativer Ebene erfolgen soll. Anderenfalls stünde der Vorwurf der Insolvenzverschleppung im Raum, neben strafrechtlichen Konsequenzen wären die Kredit- und Sicherheitenverträge nach § 138 BGB nichtig.40 Zudem könnten Schadensersatzansprüche dritter Gläubiger nach § 826 BGB gegen die Bank in Betracht kommen wegen sittenwidriger Gläubigerschädigung. Um diesem Vorwurf zu entgehen, muss Grundlage für ein Engagement der Bank in der Krise daher immer ein tragfähiges Sanierungsgutachten sein, welches dem Unternehmen eine positive Prognose bescheinigt.41 cc) Fehlendes Vertrauen in Gesellschafter und Geschäftsführung sowie Mangel an Prozesssicherheit Neben dem Problem fehlender Sicherungsmittel respektive deren Risiken gehört der Tilgungsausblick des Darlehens nebst Zinsen zu der entscheidenden Kreditvergabevoraussetzung. Hierunter ist die Wahrscheinlichkeit zu verstehen, mit der das 37 BGHZ 119, 191 (195); Federlin, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1514 Rn. 2.134 f.; Gehrlein, in: MünchKomm, InsO, § 135 Rn. 20 a. E.; Goette/Kleindiek, S. 145 f. Rn. 259 ff. 38 Häsemeyer, S. 403 f. Rn. 18.15 f. 39 Hierzu: BGH WM 1984, 625; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (100). 40 Siehe BGHZ 75, 96 (110); Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (100); Buchalik/Rinker, in: Buth/Hermanns, RSI, 3. Auflage 2009, § 4 Rn. 71 f. 41 Siehe z. B. BGH ZIP 2006, 279; Buchalik/Rinker, in: Buth/Hermanns, 3. Auflage 2009, RSI, § 4 Rn. 71 f.; Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 220.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Unternehmen den Kredit inklusive aufgelaufener Zinsen zurückzahlen wird, die sogenannte Kapitaldienstfähigkeit. Dieser perspektivische Faktor beeinflusst das Maß und die Anforderungen an die bereitzustellenden Sicherheiten positiv oder negativ. Zwei Bausteine sind hier entscheidend: die Sanierungsperspektive des Unternehmens auf Grundlage eines Sanierungsgutachtens sowie das Maß an Vorhersehbarkeit und Sicherheit, mit dem der Sanierungsplan und dessen Ziele umgesetzt und eingehalten werden (Prozesssicherheit). Der zweite Faktor hängt maßgeblich von Wille und Fähigkeit der Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung ab, auf welche die Bank zunächst keinen Einfluss hat respektive haben darf, um mit ihren Darlehen nicht in den Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO zu kommen. Genau hier liegt allerdings das Problem: in der Regel haben die Fehlentscheidungen der Geschäftsführung und/oder Gesellschafterversammlung die Krise erst hervorgerufen und dann aufgrund Unfähigkeit und Unerfahrenheit im Umgang mit krisenbedingten Extremsituationen noch weiter verfestigt. Von Bankenseite besteht daher in einer Krise regelmäßig wenig bis kein Vertrauen mehr in die bisherigen Führungsstrukturen des Unternehmens.42 Zudem fehlt es gänzlich an der Sicherheit, dass die erforderlichen Restrukturierungsmaßnahmen auch wirklich effizient und stringent umgesetzt werden. Insbesondere bei nicht homogenen und breit aufgestellten Inhaberstrukturen besteht hier die Gefahr, dass die vereinbarten Einschnitte (Entlassungen etc.) nicht oder nur zeitlich verzögert umgesetzt werden, wenn es zum Ernstfall kommt. Eine der elementaren Voraussetzungen eines weiteren Engagements von Bankenseite ist daher regelmäßig die Auswechslung des bestehenden Managements oder zumindest die Ergänzung durch einen erfahrenen Sanierungsexperten mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen. Insbesondere soweit die Gesellschafter – wie regelmäßig –43 selbst die Geschäftsführung wahrnehmen, wird die Bank hier jedoch auf erheblichen Widerstand stoßen. In der Regel werden die Gesellschafter nicht ohne Weiteres dazu bereit sein, sich ihrer Kontrolle und dem direkten unmittelbaren Einfluss auf das operative Geschäft der Gesellschaft zu begeben. Da im Rahmen der herkömmlichen Sicherungsmittel nicht hinreichend sichergestellt ist, dass die vereinbarten Maßnahmen effizient und ohne Blockademöglichkeiten von Gesellschafterseite umgesetzt werden (können), wird die Bank so nur selten zu einem (weiteren) Engagement bereit sein. c) Alternative: Negative Vergabeentscheidung und Eröffnung Insolvenzverfahren Kommt das Kreditinstitut auf Grundlage der oben beschriebenen Situation zu dem Ergebnis, dass das Unternehmen keine hinreichende Sanierungsperspektive besitzt 42
Ähnlich auch Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685 (689). Nach Ulmer, in: Ulmer, GmbHG, Einl. A Rn. A 111 nahmen in einer statistischen Erhebung von Kornblum (s. dort Fn. 75) in bis zu über 80 % der untersuchten GmbHs die Gesellschafter auch selbst die Geschäftsführung wahr. 43
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oder der Prozess mit zu vielen Unwägbarkeiten behaftet ist, wird es keine neuen Kredite zur Verfügung stellen. Vielmehr steht ab diesem Zeitpunkt eine schnelle Rückführung ausstehender Kredite im Mittelpunkt. Für das Unternehmen führt dies im Normalfall zu einer zusätzlichen Verschärfung der Liquiditätslage und – je nach Fortschritt der Krise – oft zu einem unmittelbaren Übergang in die Insolvenz. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann jedoch auch für die Bank mit erheblichen Nachteilen verbunden sein, soweit sie sich schon mit Krediten an das Unternehmen exponiert hat. Neben dem Reputationsverlust durch die Unternehmensinsolvenz besteht vor allem ein (finanzielles) Abschreibungsrisiko auf die noch ausstehenden Kredite. Dies gilt selbst dann, wenn die Kredite mit insolvenzfesten Sicherheiten hinterlegt sind. Erfahrungsgemäß ist auch bei guter (dinglicher) Besicherung nur ein Teil der Forderungen in der Insolvenz realisierbar, da ein Insolvenzverfahren in der Regel mit einer enormen Abwertung der Sicherheiten auf deren Zerschlagungswert verbunden ist. Gegebenenfalls kann die Wirksamkeit der Sicherungsrechte auch mit rechtlichen Unsicherheiten belegt sein oder die bestellten Sicherheiten sind im Vornherein nicht ausreichend zur Deckung der Verbindlichkeiten.44 Oft werden im Fahrwasser einer guten Konjunktur keine so strengen Anforderungen an die Kreditvoraussetzungen gestellt wie in ökonomisch schwierigen Phasen. Das Ausfallrisiko ist ohnehin niedriger und die Banken möchten sich Geschäftschancen nicht durch allzu hohe Anforderungen vergeben. In jedem Fall ist auch die Durchsetzung dinglicher Sicherheiten in der Insolvenz des Schuldners mit einem formalen und unter Umständen langwierigen Verfahren verbunden. Eine kurzfristige Rückführung der Kredite ist nicht zu erwarten, wodurch Kapital der Bank gebunden und so neue, renditestärkere Investments für einen bestimmten Zeitraum verhindert werden. d) Zusammenfassung Auch von Bankenseite besteht demnach ein starkes Interesse daran, den Unternehmensbetrieb fortzuführen und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Krisenunternehmens zu vermeiden. Dieses Interesse ist verbunden mit der Erwartung, die ausstehenden Kredite in vollem Umfang nach einer kurzen Sanierungsphase schnell zurück zu erlangen und gegebenenfalls noch darüberhinaus am Sanierungserfolg („Upside Potential“), also der Wertsteigerung des Unternehmens partizipieren zu können. Gleichzeitig müssen jedoch die beschriebenen Risiken und Probleme vermieden werden. Wittig paraphrasiert die Anforderungen an eine dementsprechende Konstruktion treffend: „Ein aus Sicht der Kreditinstitute ideales Modell für die Übernahme der Gesellschafterstellung in der finanziellen Krise des Kreditnehmers müsste daher die bestehenden Kredite einschließlich der dafür bestellten Sicherheiten in ihrem Bestand und ihrer Durchsetzbarkeit voll erhalten, die Ausreichung neuer Kredite an das Krisenunternehmen ohne Beein44
Laier, GWR 2010, 184 (185).
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
trächtigung erlauben und dürfte keine neuen Haftungsrisiken für die Kreditinstitute begründen.“45 Wie gezeigt kann die unmittelbare Übernahme von Gesellschaftsanteilen ebenso wie ein bloßes Pfandrecht an den Anteilen diese Anforderungen nicht erfüllen. Entweder ist neben rein faktischen Verwaltungsproblemen das Risiko zu hoch, oder die durch das Sicherungsrecht vermittelte Position ist zu schwach, um eine hinreichende Prozesssicherheit gewährleisten zu können.
C. Die Grundlagen der doppelseitigen Sanierungstreuhand in der Übersicht Da sich die zitierten Anforderungen – wie beschrieben – weder durch eine unmittelbare Gesellschafterstellung der Bank noch durch ein Pfandrecht an den Gesellschaftsanteilen verwirklichen lassen, hat sich seit etwa zehn Jahren46 die doppelseitige Sanierungstreuhand als atypisches Kreditsicherungsmittel bei der Unternehmenssanierung in Deutschland etabliert. Mit ihrer Hilfe sollen zum einen die Gesellschaftsanteile der Gesellschafter ohne Haftungsrisiken als Sicherheit für die Bank verfügbar gemacht werden, zum anderen dient die Treuhand dazu, eine neue Geschäftsführungs- und Gesellschafterstruktur und die notwendige Restrukturierung durchzusetzen. Neben der wertmäßigen Absicherung dient die doppelseitige Sanierungstreuhand daher in erster Linie der Prozesssicherheit und Effizienz des künftigen Sanierungsprozesses in der Krisengesellschaft. I. Vertraglicher Konsens zwischen Gesellschaftern und finanzierenden Banken Die doppelseitige Sanierungstreuhand beruht auf einem vertraglichen Konsens zwischen den finanzierenden Banken und den Gesellschaftern des Unternehmens, im beiderseitigen Interesse eine Sanierung des Unternehmens finanziell zu ermöglichen („Sanierungs-/Restrukturierungsabkommen“).47 Eine doppelseitige Sanierungstreuhand kann von Bankenseite niemals erzwungen werden, es bedarf immer der freiwilligen Mitwirkung der Gesellschafter. Da auf Gesellschafterseite in der Regel keine Kenntnis über oder Erfahrung mit dem Institut der doppelseitigen Sanierungstreuhand besteht, liegt es hier bei den Banken, diese Möglichkeit ins Gespräch zu bringen und die Funktionsweise aufzuzeigen, insbesondere den Mehrwert für beide Seiten. Da von Gesellschafterseite naturgemäß Vorbehalte dagegen bestehen, ihre Gesellschaftsanteile an eine externe Person wegzugeben und sich ihrer Ein45 46 47
Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685 (687). Diesen Zeitraum geben z. B. Lorenz/Sinhart, S. 8 an. Vgl. zur Interessenkonstellation auch Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 491 (492).
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flussnahme im Unternehmen zu begeben, entscheidet die richtige Darstellung der doppelseitigen Sanierungstreuhand über die Akzeptanz auf Seite der Gesellschafter. Neben den rein wirtschaftlichen Überlegungen und der Alternative der Unternehmensinsolvenz gibt es eine Reihe von Ansatzpunkten, welche der Argumentation dienen können. Wirtschaftliche Krisenzeiten bringen beispielsweise für den Unternehmer eine massive Arbeits- und oft auch psychische Belastung mit sich. Oft fühlen sich krisenunerfahrene Unternehmer mit der schwierigen Situation in einer Unternehmenskrise schlicht überlastet und stehen den Ereignissen relativ hilflos gegenüber. Die Unterstützung durch einen Treuhänder sowie einen Sanierungsexperten kann somit von Unternehmerseite durchaus willkommen sein. Entscheidend für die Akzeptanz der doppelseitigen Sanierungstreuhand ist, dass diese nicht als enteignende Zwangsmaßnahme kommuniziert wird, sondern von Unternehmerseite als entlastende Unterstützung und Beratung wahrgenommen wird. Auf erster Stufe vereinbaren Altgesellschafter und die finanzierende(n) Bank(en) im Rahmen eines Sanierungs- und Restrukturierungsabkommens rechtsverbindlich die notwendigen Schritte (Step Plan) zur Sanierung des Unternehmens. Der Inhalt beruht regelmäßig auf einem vorher erholten Sanierungsgutachten. Synallagmatisch hierzu erklärt die Bank in dem Sanierungsabkommen verbindlich ihre Bereitschaft zur Vergabe neuer Sanierungs- oder Überbrückungskredite sowie zur Prolongation bestehender Kredite (Stand Still). Ein beziehungsweise das wesentliche Element des Sanierungsabkommens ist die Verpflichtung von Seiten der Altgesellschafter, eine doppelseitige Treuhandstruktur in dem Unternehmen zu implementieren. Durch die doppelseitige Treuhand sollen die notwendigen Sanierungsmaßnahmen und das finanzielle Engagement der Bank aus dem Sanierungsabkommen abgesichert werden. Der eigentliche Treuhandvertrag zwischen Gesellschaftern und Doppeltreuhänder ist somit quasi die praktische Umsetzung eines Punktes des Sanierungsabkommens, durch welchen die übrigen Eckpunkte des Sanierungsabkommens abgesichert werden können (Verkauf der Anteile zur Sicherung der Bank, Prozesssicherheit hinsichtlich Sanierungsmaßnahmen). Gleichzeitig verweist der Treuhandvertrag als Pflichtenquelle des Treuhänders auf das Sanierungsabkommen im Sinne einer Leitlinie. Der Treuhänder hat sein Handeln in der Gesellschaft also nach den konkreten Vorgaben des Sanierungsabkommens zu richten (Entlassung Mitarbeiter, Einstellung bestimmter Produktlinien etc.). Schuldrechtliche Causa für die Übertragung der Gesellschaftsanteile auf die Treuhand Gesellschaft ist aber formal allein der Treuhandvertrag. II. Aufbau und Errichtung der Treuhandkonstruktion Wie jede (echte) Treuhandkonstruktion besteht auch die doppelseitige Sanierungstreuhand aus zwei Elementen: dem schuldrechtlichen Treuhandvertrag einerseits sowie der Rechtsmacht des Treuhänders an einem Treugut andererseits. Um diesen Aufbau technisch umzusetzen, treten die Gesellschafter ihre Gesell-
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
schaftsanteile an eine Zweckgesellschaft ab, die als Doppeltreuhänder fungiert. Ein vorher mit der Bank abgestimmter Treuhandgeschäftsführer hat die Gesellschaftsanteile nur in einer bestimmten Weise nach Maßgabe des Treuhandvertrages zu verwalten.48 Formell erhält die Treuhandzweckgesellschaft als Doppeltreuhänder hiermit die volle Inhaberschaft an den Gesellschaftsanteilen (Treugut) und somit die gesellschaftsrechtlich unbeschränkte Mitgliedschaft in dem Unternehmen. Lediglich das wirtschaftliche „Eigentum“49 an den Gesellschaftsanteilen verbleibt zunächst bis Eintritt eines bestimmten „Sicherungsfalles“ noch bei den Altgesellschaftern.50 Der Treuhandvertrag beinhaltet die Verpflichtung für den Treuhänder, die Anteile für die Altgesellschafter zum besten wirtschaftlichen Wohl der Gesellschaft zu verwalten und nach Eintritt bestimmter Bedingungen (Tilgung Darlehen, Umsetzung Sanierungsschritte) wieder vollständig an diese zurück zu übertragen. Das zentrale Sicherungselement aus Sicht des Kreditinstitutes in dem Treuhandvertrag ist das Verwertungsrecht des Treuhänders. Dieser ist gegenüber den Altgesellschaftern berechtigt und gegenüber der Bank verpflichtet, die Gesellschaftsanteile einem geordneten freihändigen Veräußerungsprozess zuzuführen, soweit das Unternehmen genau definierte Sanierungsziele (Milestones) sowie Tilgungsziele für das Bankdarlehen nicht einhalten kann. Diese definiert der Treuhandvertrag als sogenannter Sicherungsfall.51 Die Bedingungen bestimmen sich auf Grundlage der künftigen Finanzplanung sowie dem vorher erholten Sanierungsgutachten und beinhalten Zielvorgaben für den vom Unternehmen einzuhaltenden Sanierungsfortschritt.52 Soweit der Sicherungsfall eintritt und der Doppeltreuhänder das Unternehmen veräußert, beinhaltet der Treuhandvertrag einen bestimmten Schlüssel (Waterfall), anhand dessen mit dem Erlös zunächst die Verbindlichkeiten des Unternehmens an die finanzierende Bank abzulösen und erst im Anschluss etwaige Überschüsse an die Altgesellschafter auszuschütten sind.53 Vorweg werden in der Regel die Kosten 48
Mit sehr praktischer Darstellung als gute Einführung Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 223 ff. 49 Der Begriff des Eigentums wird hier nicht streng formal verwendet, da Eigentum im Sinne des § 906 BGB nur an Sachen bestehen kann, vgl. Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 2, nicht aber an Rechten, wie den Mitgliedschaftsrechten an und in einer Gesellschaft. Die rechtliche Bedeutung dieser Zuordnung erschließt sich im Fall der Insolvenz der Altgesellschafter oder des Treuhänders. Hier sind die Gesellschaftsanteile trotz der formalen Inhaberstellung des Doppeltreuhänders nicht dessen, sondern der Insolvenzmasse des Altgesellschafters zuzurechnen. 50 Vgl. zum „wirtschaftlichen Eigentum“ § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO. 51 Zur Ausgestaltung des „Sicherungsfalles“ in doppelseitigen Sanierungtreuhandverträgen unten in § 6 A. II. 3. 52 Fleischer, ZIP 1998, 313; Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1393 Rn. 11.112; Wittig, WM 1996, 1381 (1382). 53 Zur technischen Vorgehensweise und den Grundpfeilern des Treuhandvertrages: Achsnick/Opp, S. 1 Rn. 3, S. 63 ff.; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (105 ff.); Buchalik/Rinker, in:
§ 4 Aufbau, Struktur und Funktion der Sanierungstreuhand
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der doppelseitigen Sanierungstreuhand selbst aus der Verwertungsmasse bereinigt (Entgelt Treuhänder, Notarkosten für die Übertragung der Gesellschaftsanteile etc.). Im Gegenzug verpflichtet sich die Bankenseite, das Unternehmen weiter zu finanzieren. Je nach Situation und Fortschritt der Krise beinhaltet dies zunächst ein „Stillhalten“ in Form einer zeitlichen Prolongation bestehender Kredite. Darüber hinaus stellt die Bank dem Unternehmen je nach Bedarf frisches Kapital aus den genannten Gründen bereit. Der Sanierungstreuhandvertrag wird regelmäßig nur zwischen Treugebern (Altgesellschafter) und dem Doppeltreuhänder abgeschlossen. Um mit der Treuhandkonstruktion hinreichende Sicherheit für die Bank zu gewährleisten, ist der aber als echter Vertrag zugunsten der Bank ausgestaltet, § 328 Abs. 1 BGB. So erhält die Bank ein eigenes Forderungsrecht gegen den Treuhänder auf Einhaltung der vertraglichen Vorgaben. III. Leistungsmerkmale der Sanierungstreuhand Das entscheidende Leistungsmerkmal der doppelseitigen Treuhand aus Bankensicht ist zunächst, dass die Befugnisse der Gesellschafterversammlung soweit wie möglich bei dem Doppeltreuhänder gebündelt werden. Hierdurch werden zumindest die internen Faktoren des mit vielen Unsicherheiten belegten Sanierungsprozesses für die Bank berechenbar. Indem sich die Altgesellschafter ihrer Gesellschafterstellung begeben, üben sie zukünftig keinerlei organschaftliche Einwirkungsmacht auf die Führung des Unternehmens mehr aus. Diese liegt zu vollen oder zumindest überwiegenden Anteilen bei dem Doppeltreuhänder, der ausschließlich die im Treuhandvertrag festgelegten Ziele des Sanierungsgutachtens zu verfolgen hat. Somit ist für die Bank sichergestellt, dass beschlossene Sanierungsmaßnahmen schnell und effizient durch die Geschäftsführung vollzogen werden können und werden. Die bisherigen (für die Bank unberechenbaren) Altgesellschafter müssen weder mitwirken noch können sie blockieren. Als zweiten, wesentlichen Aspekt wird im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand die bisherige Geschäftsführung des Unternehmens durch einen krisenerfahrenen Branchenspezialisten ausgetauscht oder zumindest ergänzt, womit die Chancen eines erfolgreichen Sanierungsprozesses wesentlich erhöht werden können.
Buth/Hermanns, RSI, 3. Auflage 2009, § 4 Rn. 112 ff.; Hagebusch/Schiller, in: BankPraktiker 07 – 08/2008, 342 (342, 344, 346); Laier, GWR 2010, 184 ff.; v. Pfeil, in: DeutscherAnwalt Spiegel, S. 4; Seibold/Groner, in: update Banking & Finance, S. 6; Lorenz/Sinhart, S. 8; Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 492 (506 ff.); Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685 (711 f.); Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 223 ff.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Falls die Sanierung trotz dieser Maßnahmen nicht erwartungsgemäß verläuft und der Sicherungsfall eintritt, erlangt die Bank die Sicherheit, dass der Treuhänder das Unternehmen im Fall der Fälle schnell und ohne Diskussion einem freihändigen Unternehmensverkauf zuführt und mit dem Erlös die Bank befriedigt.54 Die Altgesellschafter können den Verkauf in diesem Stadium weder verhindern noch verzögern, da sie rechtlich keine Einflussnahmemöglichkeiten mehr haben. Im Gegensatz zu einem bloßen Pfandrecht fährt die doppelseitige Sanierungstreuhand also die Direktive der Altgesellschafter im Unternehmen zurück und überträgt sie auf einen professionellen Treuhänder. Gleichzeitig vermeidet die doppelseitige Sanierungstreuhand das beschriebene Risiko einer direkten Gesellschafterstellung zu Lasten der Bank weitestgehend, jedenfalls soweit sich die Bank hier hinsichtlich ihrer Einflussnahme an bestimmte Vorgaben hält. Aus Sicht der Gesellschafter vermag die doppelseitige Sanierungstreuhand die Kreditvergabevoraussetzungen herzustellen, um die Liquidität der Gesellschaft sicherzustellen und so kurzfristig eine Insolvenz zu vermeiden. Langfristig erhält „ihr“ Unternehmen eine Sanierungsperspektive, ohne dass sie einen Teil ihres oder das gesamte Unternehmens verkaufen oder direkt an die Bank übertragen müssen. Die Neutralität des Doppeltreuhänders beziehungsweise des Treuhandgeschäftsführers gewährleistet hier auch für die Altgesellschafter ein hohes Maß an Vorhersehbarkeit und Planbarkeit: ihr Unternehmen erhält eine echte Chance zur Sanierung und das weitere Schicksal ist nicht rechtlich unmittelbar der Bank ausgeliefert, wie bei einer direkten Sicherungsübertragung. Sollte die Sanierung nicht gelingen, so liefert die doppelseitige Sanierungstreuhand wenigstens die Möglichkeit, im Rahmen einer freien Veräußerung einen möglichst hohen Erlös zu erzielen, der die Lasten des Unternehmens möglichst weit abdeckt. Eine persönliche Inanspruchnahme der Gesellschafter aus Drittbesicherungen kann damit gegebenenfalls weitgehend vermieden werden, unter Umständen profitieren die Altgesellschafter sogar noch an dem Verkauf, soweit der Erlös die Verbindlichkeiten übersteigt. IV. Graphische Übersicht der doppelseitigen Sanierungstreuhand Zusammenfassend und als Grundlage für den nachfolgenden Teil lässt sich der Aufbau der doppelseitigen Sanierungstreuhand folgendermaßen graphisch darstellen:
54 Siehe z. B. die Fallstudie von Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 223 ff.
§ 5 Die Beteiligten der doppelseitigen Sanierungstreuhand Vollzugsverhältnis
Deckungsverhältnis Doppeltreuhänder
Altgesellschafter
Gesicherte Bank als Drittbegünstigte Eigener Anspruch auf Erfüllung des Treuhandvertrages nach § 328 I BGB
Treuhandvertrag mit drittbegünstigender Absprache zugunsten der Bank
Zustimmung
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Unternehmen
Quelle: eigene Darstellung.
Abbildung 8: Struktur der doppelseitigen Sanierungstreuhand
§ 5 Die Beteiligten der doppelseitigen Sanierungstreuhand Betrachtet man die an der doppelseitigen Sanierungstreuhand beteiligten Parteien, so ist in einem ersten Schritt zu unterscheiden zwischen (i) am Treuhandvertrag direkt beteiligten Parteien sowie (ii) an der Konstruktion insgesamt, also auch indirekt beteiligten Parteien: Parteien des Treuhandvertrages sind in der Regel nur die Altgesellschafter sowie der Doppeltreuhänder.55 Indem die Bank nicht direkt Partei des Treuhandvertrages wird möchte sie vermeiden, im Fall einer Unternehmensinsolvenz nach den Regeln des Gesellschafterdarlehens als nachrangige Gesellschaftsgläubigerin oder auch als faktische Geschäftsführerin qualifiziert zu werden.56 55
Vgl. beispielsweise: Achsnick/Opp, S. 64 Rn. 228; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (105, 107, 110); v. Pfeil, in: Deutscher AnwaltSpiegel, S. 4; Lorenz/Sinhart, S. 8; Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 223; a. A. ist offensichtlich: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (103), der aber dort in Fn. 14 auch die Möglichkeit erwähnt, die doppelseitige Treuhand über einen Vertrag zugunsten Dritter aufzubauen. Auch Hirschberger, S. 125 geht bei der doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand (allgemein) davon aus, dass Treuhänder und Treugebergläubiger „regelmäßig“ einen Treuhandvertrag abschließen, erwähnt aber gleichermaßen die Möglichkeit über § 328 Abs. 1 BGB. 56 Diesem Punkt sowie alle weiteren relevanten Risiken der doppelseitigen Sanierungstreuhand ist in dieser Arbeit ein jeweils eigenes Kapitel gewidmet, vgl. unter § 11 (Doppeltreuhänder), § 12 (Altgesellschafter) und § 13 (Bank). Aus demselben Grund werden der Bank auch keine Weisungsrechte in dem Treuhandvertrag eingeräumt, vgl. Lorenz/Sinhart, S. 8. Siehe auch Achsnick/Opp, S. 45 Rn. 164 ff. zur Qualifikation der Bank als „faktische Geschäftsführerin“ bei umfassenden Weisungsrechten gegenüber dem Treuhänder.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
An der Treuhandkonstruktion insgesamt sind noch zwei weitere Parteien beteiligt. Zum einen das Unternehmen selbst als Treugut und Sanierungsobjekt. Dieses unterzeichnet normalerweise auch den Treuhandvertrag im Sinne der Kenntnisnahme und Zustimmung zu den vertraglichen Regelungen sowie die Übernahme der im Vertrag erklärten Verpflichtungen. Die finanzierenden Banken werden dagegen nur als Drittbegünstigte in dem Treuhandvertrag zwischen Altgesellschaftern und dem Doppeltreuhänder an der Konstruktion beteiligt.
A. Das Unternehmen als Sanierungsobjekt und die Mitgliedschaftsrechte als Treugut Auch bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand übertragen die Treugeber wie bei jeder fiduziarischen (echten) Treuhand Rechtsmacht an/über ein(em) Treugut an den Doppeltreuhänder. Allerdings handelt es sich hier nicht um das Eigentum an einem Sachwert, wie beispielsweise einer Immobilie oder einer Produktionsmaschine des Unternehmens. Treugut sind vielmehr die Gesellschaftsanteile der Altgesellschafter an der Gesellschaft.57 Diese repräsentieren in Form der Mitgliedschaft den Inbegriff aller Rechte und Pflichten des Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis.58 Mit der Gesellschafterstellung des Treuhänders soll Sicherheit hinsichtlich des Sanierungsprozesses sowie ein geordneter Verkaufsprozess bei Eintritt des Sicherungsfalles ermöglicht werden, ohne dass die Altgesellschafter blockieren oder behindern können. Dementsprechend sollten alle Anteile respektive zumindest eine qualifizierte Mehrheit übertragen werden. Hätte der Treuhänder nur eine Anteilsminderheit oder hinge sein Handeln von der Zustimmung der Altgesellschafter etwa über Vetorechte ab, so würde das entscheidende Leistungsmerkmal der Prozesssicherheit entfallen. Die Altgesellschafter könnten den Treuhänder und so die Sanierung oder den Verkauf blockieren. Damit der Treuhänder alle Aufgaben aus dem Treuhandvertrag notfalls auch gegen den Willen weiterer (Alt-)Gesellschafter erfüllen kann, sollte er über eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 75 % der Gesellschaftsanteile verfügen. Im Einzelfall kann auch eine höhere Anteils- und Stimmenmehrheit erforderlich sein, soweit von der Satzung eine solche für bestimmte Gesellschaftsentscheidungen vorgesehen ist. Zudem kann sich auch der Verkaufsprozess zunehmend schwierig gestalten, wenn dem Erwerber nicht alle Anteile an dem Unternehmen angeboten werden können, sondern nur ein Teil. Soweit dem Treuhänder aus einem der genannten Gründe nicht die 100 % Gesellschafterstellung eingeräumt wird, sollte er zumindest vertraglich das Recht erhalten, die Altgesellschafter zu einem Mitverkauf zu zwingen, sogenanntes Drag Along
57
Hierzu auch: Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (109). Für GmbH Anteile: RGZ 82, 167; BGH DB 72, 132; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 5 Rn. 18. Insbesondere handelt es sich hierbei um die Stimm- und Informationsrechte sowie das Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter. 58
§ 5 Die Beteiligten der doppelseitigen Sanierungstreuhand
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Right59, um das Unternehmen im Sicherungsfall als Ganzes veräußern zu können. Steuerliche Erwägungen können jedoch eine Übertragung von weniger als 95 % der Anteile vorteilhaft machen.60 Grundsätzlich kommen alle Formen von Kapital- als auch Personengesellschaften in Betracht, um sie in eine doppelseitige Sanierungstreuhand zu überführen. Statistisch lässt sich so keine belegbare Aussage treffen, welche Rechtsform vermehrt über eine doppelseitige Sanierungstreuhand finanziert und restrukturiert wird. Treuhandschaften sind nicht im Handelsregister zu veröffentlichen.61 In der Praxis stehen Kapitalgesellschaften allerdings klar im Fokus, also Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie Aktiengesellschaften.62 Die Gründe liegen zunächst in der beschränkten Haftung der Kapitalgesellschaften für ihre Mitglieder gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG respektive § 1 Abs. 1 S. 2 AktG. Im Gegensatz hierzu sehen Personengesellschaften wie GbR oder OHG die unbeschränkte, persönliche Haftung ihrer Mitglieder vor, § 128 HGB (analog). Liefe das Zielunternehmen hier trotz der doppelseitigen Sanierungstreuhand in die Insolvenz, so zöge dies praktisch zwingend auch die Insolvenz des Doppeltreuhänders, im Fall also der Treuhand-Zweckgesellschaft nach sich. Die Insolvenz der Treuhand-Zweckgesellschaft würde dann den kompletten Prozess weiter verzögern und mit Unsicherheiten (Insolvenzverwalter) belegen. Zudem ist eine doppelseitige Sanierungstreuhand regelmäßig kostenintensiv. Neben den Berater- und Notarkosten für die Errichtung der Treuhand inklusive Errichtung und Verwaltung der Treuhand-Zweckgesellschaft fallen die regelmäßigen Entgelte für deren Geschäftsführer, Beiratsmitglieder, Sanierungsexperten, sonstige Berater etc. an. Die doppelseitige Sanierungstreuhand rechtfertigt sich daher erst ab einem bestimmten Volumen des Zielunternehmens. Diese Schwelle erreichen OHGs und GbRs in der Regel nicht, typischerweise sind eher kleinere Unternehmungen in dieser Gesellschaftsform organisiert. Ausnahmen wie Herr Schlecker als e. K. bestätigen die Regel. Anders sieht es bei der GmbH & Co. KG aus. Hier ist die Haftung für die Kommanditisten der einer Kapitalgesellschaft angenährt. Die Inhaber der Kommanditanteile haften nur beschränkt auf ihre Einlage, die sogenannte Haftsumme, § 171 Abs. 1 HGB. Sollte die GmbH & Co. KG ein 59 Als Drag Along Right wird das Recht des veräußernden Gesellschafters bezeichnet, die übrigen Gesellschafter zum Mitverkauf derer Anteile zu denselben Konditionen zu zwingen („Mitverkaufspflicht“). 60 So kann insbesondere der Anfall von Grunderwerbssteuer vermieden werden, soweit das Unternehmen Eigentum an Immobilien hat. Vgl. hierzu näher bspw. Buchalik/Rinker, in: Buth/ Hermanns, RSI, 3. Auflage 2009, § 4 Rn. 106 ff.; Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 225. 61 Treuhandschaften sind weder eintragungspflichtig noch -fähig: OLG Hamm NJW 1963, 1554; Schaub, DStR 1995, 1634 (1635); Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 40 Rn. 9. 62 Vgl. mit derselben Einschätzung statt vieler: Eden, S. 391 und Singhof/Seiler/Schlitt, S. 284 Rn. 633.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
entsprechendes Volumen besitzen und damit die Kosten der Treuhand plausibel machen, so wäre eine Errichtung analog der GmbH ebenso denkbar. Grundsätzlich können alle Ausführungen zu Ausgangssituation, Struktur sowie Vertragsgestaltung zur doppelseitigen Sanierungstreuhand gleichermaßen Geltung für die GmbH wie auch für die GmbH & Co. KG beanspruchen, solange und soweit sie nicht spezifisch auf die GmbH ausgerichtet sind. Für die Übertragung der GmbH Anteile an den Treuhänder beispielsweise ist die notarielle Beurkundung gesetzlich vorgesehen, § 15 Abs. 3 GmbHG. Der Wechsel in den Kommanditanteilen ist zwar auch zum Handelsregister anzumelden, § 162 Abs. 1 HGB, eine notarielle Beurkundung der Abtretungs- und Annahmeerklärung ist allerdings nicht erforderlich. Jedoch stellt die GmbH faktisch die ganz überwiegende Rechtsform der werbenden Gesellschaften dar. Sie bildet schon allein deshalb das potentielle Hauptanwendungsfeld der doppelseitigen Sanierungstreuhand.63 Wie einleitend beschrieben, beziehen sich die Ausführungen daher ausschließlich auf die doppelseitige Sanierungstreuhand an einer GmbH, welche die weit überwiegende Rechtsform mittelständischer Unternehmen ausmacht.64 Zusammenfassend handelt sich bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand also um eine Treuhand an Gesellschaftsanteilen. Diese Besonderheit des Treuguts wirkt sich auf alle Bereiche der Treuhand aus. Neben den speziellen Anforderungen an die Übertragung des Treuguts selbst (Form, steuerliche Auswirkungen etc.)65 muss insbesondere die mit der Gesellschafterstellung verbundene Haftung sowie die gesellschafterliche Treuepflicht des Treuhänders eine angemessene Spiegelung im Treuhandvertrag erfahren. Anderenfalls kann sich der „doppelte Nutzen“ schnell zur „doppelseitigen Belastung“ für die beteiligten Parteien auswirken. Insbesondere wenn die Pflichten des Treuhänders gegenüber den Parteien aus dem Treuhandvertrag nicht auf seine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber weiteren Gesellschaftern aus einer Gesellschaftervereinbarung abgestimmt sind, können sich hier schnell unauflösbare Haftungsfallen für den Treuhänder ergeben.66
B. Treugeber Ursprüngliche Inhaber der Gesellschaftsanteile des Unternehmens sind dessen Gesellschafter, welche nach der Abtretung als „Altgesellschafter“ bezeichnet werden. Die Altgesellschafter treten ihre Mitgliedschaftsrechte an der Gesellschaft im Wege der Einzelrechtsnachfolge per Abtretungserklärung nach §§ 413, 398 BGB 63 Sehr ausführlich auch im Vergleich mit anderen Gesellschaftsformen: Ulmer, in: Ulmer, GmbHG, Einl. A Rn. A 102, 113 und 116 ff. 64 Ulmer, in: Ulmer, GmbHG, Einl. A Rn. A 102 und A 116. 65 Z. B. § 15 Abs. 3 GmbHG. 66 Beispiel: Kollision der Pflicht des Treuhänders aus dem Treuhandvertrag, über den Zustand der Gesellschaft Rechenschaft abzulegen und der Verschwiegenheitsverpflichtung des Treuhänders als Gesellschafter gegenüber gesellschaftsexternen Dritten.
§ 5 Die Beteiligten der doppelseitigen Sanierungstreuhand
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direkt an den Treuhänder ab, welcher diese Abtretungserklärung annimmt.67 Für diesen Übertragungsakt sind die gesetzlichen Anforderungen je nach Rechtsform zu beachten. Im Fall einer GmbH ist insbesondere die notarielle Form der Abtretung nach § 15 Abs. 3 GmbHG einzuhalten. Nach Abtretung ihrer Gesellschaftsanteile haben die Altgesellschafter grundsätzlich kein organschaftliches Verhältnis zu der Gesellschaft mehr. Formal rechtlich begeben sie sich der Stellung an ihrem Unternehmen völlig. Demgegenüber wird der Doppeltreuhänder vollberechtigter und vollverpflichteter Gesellschafter.68 Je nach Verhandlungsergebnis mit den finanzierenden Kreditinstituten räumen sich die Altgesellschafter jedoch ein bestimmtes Maß an Einwirkungsrechten sowie Informationsrechten per individueller Absprache im Treuhandvertrag gegenüber dem Treuhänder ein. Insbesondere liegt hier das Augenmerk auf einem Weisungsrecht der Altgesellschafter hinsichtlich der Ausübung der Gesellschaftermacht. Soweit ein solches vereinbart wird, darf es zum einen dem Abspaltungsverbot der Gesellschafterrechte von der formalen Inhaberstellung nicht widersprechen und darf zum anderen den Sicherungszweck der Treuhand nicht verhindern.
C. Doppeltreuhänder I. Stellung im Sanierungsverfahren Die zentrale Rolle bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand kommt dem sogenannten Doppeltreuhänder zu bzw. – verwendet man hier eine Zweckgesellschaft – deren Treuhandgeschäftsführer.69 Sie/er lenkt den weiteren Sanierungs- und/oder Verkaufsprozess auf Gesellschafterebene, hat die Interessen von Altgesellschaftern und Kreditinstituten nach Maßgabe des Treuhandvertrages zu wahren und so Vertrauen auf allen Seiten zu schaffen. Der Erfolg der Treuhandkonstruktion hängt maßgeblich von ihrer/seiner Person und seinen Fähigkeiten ab, beziehungsweise vorliegend von der Person des Geschäftsführers der Treuhand-Zweckgesellschaft als Doppeltreuhänder. Soweit in der Arbeit im weiteren von dem (Doppel)Treuhänder die Rede ist, bezieht sich dies auf die Treuhand-Zweckgesellschaft. Deren Gesellschafter-Geschäftsführer wird als Treuhandgeschäftsführer bezeichnet.
67 Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 52; Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 77. 68 RG JW 1934, 2906; RGZ 123, 378 (381); RGZ 138, 106 (108); RGZ 153, 350 (352); BGHZ 21, 3282; BGHZ 31; 263; BGH GmbHR 1962, 117; BGH WM 1971, 307; BGH WM 1976, 736; BGH WM 1977, 75; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 2 Rn. 11; Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 15 Rn. 216; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 55; Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 92; Singhof/Seiler/ Schlitt, S. 235 Rn. 537 f.; Winter/Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 228; Winter/Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 199. 69 Zu dem Doppeltreuhänder bei der doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand: Hirschberger, S. 117.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Nach Übertragung der Gesellschaftsanteile auf den Doppeltreuhänder wird dieser vollberechtigter und vollverpflichteter Gesellschafter. Ihm stehen alle Rechte aus den Gesellschaftsanteilen zu, gleichzeitig treffen ihn alle Verpflichtungen aus seinem Mitgliedschaftsverhältnis zur Gesellschaft und etwaig verbliebenen Mitgesellschaftern.70 Diese Rechtsstellung kann zu einem Spannungsverhältnis mit den im Treuhandvertrag zu übernehmenden Pflichten gegenüber Altgesellschaftern und Kreditinstituten führen.71 Als Beispiel sei hier die Informations- und Rechnungslegungspflicht gegenüber den Parteien benannt, welche mit der gesellschafterlichen Verschwiegenheitspflicht des Treuhänders kollidieren kann, Gesellschaftsinterna gegenüber externen Dritten geheim zu halten.72 Hier muss besonderes Augenmerk auf die sorgfältige Abstimmung der Pflichten aus dem Treuhandvertrag auf der einen, sowie den Maßgaben der Gesellschaftssatzung und den sonstigen gesellschaftsrechtlichen Pflichten auf der anderen Seite gelegt werden, um dem Treuhänder nicht einer schadensersatzrelevanten Pflichtenkollision auszuliefern. Neben der Stellung des Doppeltreuhänders als Gesellschafter wird der Treuhandgeschäftsführer je nach gewünschter Struktur teils auch in die Geschäftsführung des Unternehmens eingesetzt, da Kreditvoraussetzung von Bankenseite regelmäßig der Austausch des alten Managements ist, insbesondere wenn diese Position vorher die Altgesellschafter bekleiden.73 Alternativ oder zusätzlich wird dem Treuhandgeschäftsführer ein erfahrener Sanierungsexperte zur Seite gestellt. Als sogenannter „Chief Restructuring Officer (CRO)“ übernimmt dieser dann die wirtschaftliche Restrukturierung und Sanierung der Gesellschaft. II. Auswahl Formal steht allein den Altgesellschaftern das Recht zu, die Person des Doppeltreuhänders bzw. dessen Treuhandgeschäftsführers zu bestimmen. Das Kreditinstitut ist regelmäßig nicht Partei des Treuhandvertrages und hat auch keinerlei Anspruch gegen die Altgesellschafter auf Auswahl eines bestimmten Treuhänders. Allerdings kommt der Bank ein faktisches Bestimmungsrecht zu. Sie macht die weitere Begleitung des Sanierungsprozesses maßgeblich davon abhängig, ob sie in der Person des ausgewählten Treuhänders eine hinreichende Gewähr für die Verwirklichung ihrer Interessen sieht, kurz: ob sie mit dem Treuhandgeschäftsführer „zufrieden“ ist. Soweit die Altgesellschafter also einen Treuhänder wählen, der den Vorstellungen des Kreditinstitutes nicht entspricht, so wird das Kreditinstitut das 70
Vgl. die in Fn. 68 Genannten. Vgl. Singhof/Seiler/Schlitt, S. 234 f. Rn. 535 f. 72 Zur Verschwiegenheitspflicht: Blaurock, S. 181. Vgl. auch: OLG Frankfurt GmbHR 1992, 668; Michalski, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 161; Pentz, in: Rowedder/SchmidtLeithoff, GmbHG, § 13 Rn. 65. 73 Den Treuhandgeschäftsführer gleichzeitig auch als Geschäftsführer des Krisenunternehmens einzusetzen wird unter dem Aspekt der „Rollentrennung“ verbreitet auch abgelehnt, siehe etwa Achsnick/Opp, S. 115 f. Rn. 447. 71
§ 5 Die Beteiligten der doppelseitigen Sanierungstreuhand
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Unternehmen als weiterhin kreditunwürdig einstufen und ein weiteres finanzielles Engagement nicht leisten. Für diesen Fall wäre die Errichtung der doppelseitigen Treuhand völlig wirkungslos. Faktisch muss der von den Altgesellschaftern eingesetzte Doppeltreuhänder daher a priori mit dem Kreditinstitut abgestimmt und für beide Seiten akzeptabel sein.74 Meist schlagen die Kreditinstitute den Altgesellschaftern daher einen oder mehrere Personen vor, die von ihrer Seite in Ordnung wären und über eine Zweckgesellschaft die Anteile treuhänderisch halten sollen. Selten verfügen die Altgesellschafter selbst über Kenntnis und Kontakte zu Sanierungstreuhändern, die für die Aufgabe in Betracht kommen könnten. Meist werden die Altgesellschafter ohnehin von Bankenseite das erste Mal mit dem Institut der doppelseitigen Sanierungstreuhand bekannt gemacht.75 Soweit die Altgesellschafter keine der vorgeschlagenen Personen akzeptieren und auch selbst keinen für die Bank akzeptablen Treuhandgeschäftsführer präsentieren können, ist die Situation zunächst festgefahren. Allerdings wird sich der Druck der immer akuter werdenden Unternehmensschieflage mit der Zeit erhöhen. Gleichermaßen schwindet aber auch auf Bankenseite mit fortschreitender Schieflage die Chance auf eine erfolgreiche Sanierung mit vollständiger Rückführung ihrer schon vergebenen Kredite. Früher oder später wird daher in der Praxis meist ein „Konsens“ zwischen den Parteien möglich sein, der je nach Risiko mehr zugunsten der einen oder anderen Partei ausfällt. Allerdings muss das Kreditinstitut bei seiner Einflussnahme auf die Auswahl sensibel operieren. Steht der Treuhänder der Bank zu nahe, so könnte dies in den Augen eines (potentiellen) spätreren Insolvenzverwalters faktisch maßgeblichen Einfluss der Bank auf den Treuhandgeschäftsführer bedeuten. Setzt sie folglich allzu offensichtlich einen von ihr wirtschaftlich abhängigen Treuhandgeschäftsführer durch, so besteht jeweils die Gefahr, dass die Gesellschafterstellung und/oder die Geschäftsführerstellung des Treuhänders dem Kreditinstitut selbst zugerechnet wird. Gerade diese Risiken sollen jedoch durch die Zwischenschaltung einer doppelseitigen Treuhand vermieden werden. III. Profil Der wichtigste Gesichtspunkt bei der Auswahl des Treuhandgeschäftsführers ist, dass ihm sowohl Altgesellschafter- als auch Bankenseite Vertrauen hinsichtlich seiner Neutralität sowie fachlichen Kompetenz entgegenbringen. Ist das notwendige Vertrauen auf einer Seite nicht gegeben, wird schon ein Konsens über die Person und somit die Implementierung der Treuhandkonstruktion meist nicht möglich sein. Um die Effizienz der Treuhand zu gewährleisten, sollte auch keine Vielzahl von Treu74
Zu dem Auswahlprozess und der Person des Treuhänders auch: Achsnick/Opp, S. 64 Rn. 226; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (107 ff.); Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 491 (507 f.); Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 222. 75 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (108).
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
händern eingesetzt werden, wie beispielsweise eine Gesellschaftermehrheit mit Vertretern von jeweils Banken- und Altgesellschafterseite. Je stärker die Gesellschaftermacht gebündelt ist, desto schneller und effizienter vollziehen sich unternehmerische Entscheidungen. Eine angemessene Vertretung der Altgesellschafter sowie der Bank kann über einen sogenannten Sanierungsbeirat erreicht werden. Zudem sollte eine persönliche Haftung des auserwählten Treuhandgeschäftsführers vermieden werden. Die Treuhänderstellung als unmittelbarer Gesellschafter und gegebenenfalls sogar Geschäftsführer des Unternehmens ist mit einem umfangreichen Geflecht von Haftungsrisiken belegt,76 was es zunächst schwierig machen würde, überhaupt einen Treuhänder zu finden. Soweit eine (natürliche) Person bereit wäre, den Posten zu übernehmen, wäre diese in ihrer Entscheidungskraft durch das immer drohende Schadensersatzrisiko soweit „gelähmt“, dass erforderliche Maßnahmen eventuell nicht mit der nötigen Konsequenz und Schnelligkeit vollzogen würden. Insbesondere soweit es nach vermeintlichem Eintritt des Sicherungsfalles darum geht, die Gesellschaftsanteile der Treugeber zu veräußern, werden die Treugeber unter Umständen mit allen Mitteln versuchen, den Treuhänder unter Druck zu setzen. Schon die Androhung von Schadensersatz wäre hier ein probates Mittel, den Verlust des Unternehmens in letzter Sekunde noch zu verhindern oder hinauszuzögern.77 Dies würde gleichzeitig das Interesse der Bank nach einer schnellen Verwertung der Anteile verletzen. In akuten Krisen sinkt der in den Anteilen repräsentierte Unternehmenswert mit Zuspitzung der Liquiditätsprobleme unter Umständen täglich. Um solche Probleme zu vermeiden, wird in der Regel eine TreuhandZweckgesellschaft mit beschränkter Haftung als Treuhänder eingesetzt. Der Sanierungsexperte selbst ist Gesellschafter-Geschäftsführer der Treuhand-Zweckgesellschaft, also deren „Treuhandgeschäftsführer“. Die Altgesellschafter übertragen die Anteile direkt auf die Treuhand-Zweckgesellschaft ohne Durchgangserwerb bei dem Treuhandgeschäftsführer als natürliche Person. Die Haftung ist damit auf das Stammkapital der Zweckgesellschaft beschränkt, § 13 Abs. 2 GmbHG, deren Treuhandgeschäftsführer haftet nur im Innenverhältnis zur Treuhand-Gesellschaft im Rahmen seiner Organhaftung als Geschäftsführer und Gesellschafter. Die direkte Haftung gegenüber gesellschaftsexternen Dritten ist weitgehend ausgeschlossen. Die Haftungsrisiken des Treuhänders sowie vertragliche Gegenmaßnahmen werden im Einzelnen im Rahmen des Treuhandvertrages besprochen. Da Außenstehende möglichst gar nichts von der liquiditätsbedingten Umstrukturierung mitbekommen sollen, wird die Treuhand-Zweckgesellschaft meist unter einem ähnlichen Namen wie die bisherigen Anteilsinhaber oder die Unterneh-
76
Inbesondere das Pflichtengemenge gegenüber Treugebern, dem Unternehmern und Kreditinstituten mit teilweise kollidierenden Interessen kann sich für den Treuhänder schnell zu einer „Haftungsfalle“ entwickeln, vor allem wenn der Treuhandvertrag nicht sorgfältig ausbalanciert ist. Daneben stehen die umfangreichen Haftungsrisiken für den Treuhänder als Gesellschafter und ggf. als Geschäftsführer eines Unternehmens in der Krise. 77 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (109) dort insb. Fn. 61.
§ 5 Die Beteiligten der doppelseitigen Sanierungstreuhand
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mensgruppe firmieren.78 Die Veränderung in der Gesellschafterstruktur ist dann auch bei Einsicht in die im Handelsregister hinterlegte Gesellschafterliste nicht unmittelbar ersichtlich oder stellt sich als normale Umstrukturierung der Konzernverhältnisse ohne Bezug zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten dar. So kann häufig vermieden werden, dass Dritte von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens erfahren und in der Folge versuchen, ausstehende Warenkredite einzutreiben oder Kreditlinien aufzuheben.
D. Drittbegünstigte Kreditgeber Die Rolle des oder der gesicherten Drittbegünstigten nimmt bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand eine oder nehmen mehrere Banken als Konsortium ein. Als Beitrag zur Sanierung des Unternehmens verpflichten sich diese Kreditgeber, das Unternehmen weiter finanziell zu begleiten und den bestehenden Kreditrahmen gegebenenfalls noch zu erhöhen, nachdem die Altgesellschafter die entsprechenden Treuhandverträge unterschrieben und die Gesellschaftsanteile übertragen haben. Das oder die Kreditinstitut(e) werden in aller Regel nicht unmittelbar Partei des Treuhandvertrages. Jedoch vereinbaren Treugeber und Doppeltreuhänder in dem Treuhandvertrag das Recht zugunsten der Kreditinstitute, in eigenem Namen die Erfüllung des Treuhandvertrages von dem Doppeltreuhänder fordern zu können. Hierdurch entsteht kein direktes Vertragsverhältnis des/der Drittbegünstigten zu einer oder beiden anderen Parteien.79 Die Vereinbarung entfaltet aber im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter, § 328 Abs. 1 BGB, rechtliche Wirkung zwischen Doppeltreuhänder und Kreditinstitut. Letzteres erhält ein eigenes Forderungsrecht gegenüber dem Doppeltreuhänder.80 Das Recht ist in seinem Bestand jedoch von dem sogenannten Deckungsverhältnis zwischen Treugebern und Doppeltreuhänder abhängig.81 Konkret bedeutet das: ist das Deckungsverhältnis, also der Treuhandvertrag zwischen Altgesellschafter und Doppeltreuhänder, aus irgendeinem Grund von Beginn an unwirksam, so entstehen auch keinerlei Rechte zugunsten des Kreditinstitutes gegenüber dem Doppeltreuhänder nach § 328 Abs. 1 BGB. Geht das Deckungsverhältnis später unter, so verfallen auch die Ansprüche aus dem Vertrag zugunsten Dritter.
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Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (109); Laier, GWR 2010, 184 (189); v. Pfeil, in: Deutscher AnwaltSpiegel, S. 4. 79 Vgl. BGHZ 54, 147; BGH NJW 2005, 3778; BGH NJW 2006, 1434 (1437); Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 328 Rn. 5, § 328 Rn. 5. 80 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 328 Rn. 5. 81 Gottwald, in: MünchKomm, BGB, § 328 Rn. 28; Jagmann, in: Staudinger, BGB, § 328 Rn. 20. Offenbar anderer Ansicht: Fischer, DB 2000, 1861 (1863) nach dem der drittbegünstigende Anspruch trotz Erlöschen des Vertrages Treugeber/Treuhänder in der Insolvenz Bestand haben soll.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
2. Kapitel
Der Sanierungstreuhandvertrag und die Errichtung der Treuhandkonstruktion § 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur Auch die doppelseitige Sanierungstreuhand errichtet sich wie jede andere (echte) Treuhand aus zwei Elementen, die in ihrer Wirksamkeit aufgrund des Trennungsund Abstraktionsprinzips zunächst einmal unabhängig voneinander sind. Zum einen übertragen die Altgesellschafter ihre Gesellschaftsanteile an dem kreditbedürftigen Unternehmen auf einen Treuhänder. Zum anderen verpflichten sie diesen Treuhänder hinsichtlich der Ausübung der gesellschafterlichen Rechtsmacht auf die Maßgaben eines schuldrechtlichen Treuhandvertrages. Regelmäßig werden die beiden Rechtsgeschäfte trotz ihrer grundsätzlichen Abstraktheit in einer gemeinsamen Urkunde vorgenommen.82 Im Folgenden werden beide Elemente in ihren Einzelheiten und Ausgestaltungsmöglichkeiten untersucht. Daneben steht die Führungsstruktur des Krisenunternehmens im Fokus sowie Möglichkeiten weitere Gesellschaftsgremien mit Repräsentanten vor allem der Altgesellschafter und der Bank einzurichten, beispielsweise als Sanierungsbeirat.
A. Der Sanierungstreuhandvertrag Der Treuhandvertrag stellt das schuldrechtliche Grundgeschäft hinsichtlich der Abtretung der Gesellschaftsanteile an den Treuhänder dar und macht diese kondiktionsfest, sogenannte Causa. Er organisiert die Beziehung zwischen Treugeber und Doppeltreuhänder einerseits sowie die Pflichten des Doppeltreuhänders gegenüber den gesicherten Drittbegünstigten andererseits.83 Einen typischen Treuhandvertrag gibt es auch in dem speziellen Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand nicht. Jeweils bestimmen die Umstände des Einzelfalls sowie das Verhandlungsergebnis zwischen Bank(en) und Gesellschaftern die genauen inhaltlichen Regelungen des Vertrages. Jedoch begrenzt insbesondere das Gesellschaftsrecht die Parteiautonomie mit gewissen zwingenden gesellschaftsrechtlichen Vorgaben. Im Folgenden werden die Grundelemente der Sanierungstreuhandverträge in doppelseitigen Konstellationen besprochen. Ausgangspunkt sind hierbei jeweils solche Inhalte, die typischerweise im Rahmen von Sanierungstreuhandverträgen zwischen Banken und Gesellschaftern vereinbart werden. Insbesondere geht es aber um die Grenzen, welche dem parteiautonomen Gestaltungsrahmen vorgegeben sind, sei es 82 83
Siehe bspw. Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 224. Siehe auch Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 230.
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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durch kollidierende gesellschaftsrechtliche Vorgaben, sonstiges zwingendes Recht oder auch durch rein faktische Erwägungen (Effizienz der Sanierung u. ä.). I. Die am Treuhandvertrag direkt beteiligten Parteien Der Sanierungstreuhandvertrag und somit die Pflichtenbindung des Doppeltreuhänders gegenüber Altgesellschaftern und der Bank kann theoretisch auf dreierlei verschiedene Art und Weise begründet werden. Der Konstruktion über einen Vertrag zugunsten Dritter84 wird hier jedoch ganz regelmäßig der Vorrang gegeben gegenüber einem mehrseitigen Vertrag zwischen Altgesellschaftern, Doppeltreuhändern und der Bank oder zwei getrennten Treuhandverträgen des Doppeltreuhänders mit der jeweils anderen Partei.85 Ein echtes vertragliches Verhältnis entsteht daher nur zwischen Altgesellschaftern und Doppeltreuhänder.86 Das Kreditinstitut erhält allerdings ein eigenes Forderungsrecht über die drittbegünstigende Absprache aus dem Treuhandvertrag zwischen Altgesellschaftern und Doppeltreuhänder, § 328 Abs. 1 BGB.87 Nach der allgemeinen Terminologie des Vertrages zugunsten Dritter spricht man im Verhältnis zwischen Altgesellschaftern und Doppeltreuhänder von dem sogenannten Deckungsverhältnis, zwischen Doppeltreuhänder und gesicherter Bank von dem Vollzugsverhältnis.88
84 Ebenso in der Regel bei Contractual Trust Agreements. Hier muss den Arbeitnehmern zwar jeweils ein eigener Anspruch gegen die Treuhandgesellschaft auf Erfüllung ihrer Pensions- und/oder sonstigen Arbeitnehmeransprüche eingeräumt werden, um ihnen eine hinreichende Sicherheit zu schaffen. Andererseits wäre es unpraktikabel jeden Arbeitnehmer auch Partei des Treuhandvertrages werden zu lassen, da ihre Zahl teils in die Tausende geht und zudem jederzeit neue Arbeitnehmer hinzukommen oder alte ausscheiden. Hier wird daher regelmäßig nur ein Vertrag zwischen dem Unternehmen und der Treuhandgesellschaft abgeschlossen, welcher den Arbeitnehmern im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter, § 328 Abs. 1 BGB, eigene Ansprüche gegen den Treuhänder einräumt (vgl. bspw. Rüger, S. 39). So können auch zukünftig eintretende Arbeitnehmer ohne weiteren Aufwand in die Treuhandkonstruktion einbezogen werden (siehe etwa v. Rom, S. 80). Für Escrow Accounts bei Unternehmenstransaktionen hingegen bestehen wieder andere Erfordernisse. Hier ist der Kreis der beteiligten Parteien eingeschränkt, eine Aufnahme weiterer Parteien im Nachgang in der Regel nicht vorgesehen oder notwendig. In diesem Fall werden daher alle Parteien direkt an dem Treuhandvertrag beteiligt. 85 Achsnick/Opp, S. 65 Rn. 228; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (97); allgemein für doppelseitige Treuhandschaften: Coing, S. 111; Liebich/Mathews, S. 81; für CTA’s: v. Rom, S. 76; a. A.: Bitter, in: FS Ganter, S. 103, der aber in seiner dortigen Fußnote 14 auch die Möglichkeit erwähnt, die doppelseitige Treuhand über einen Vertrag zugunsten Dritter aufzubauen. Auch Hirschberger, S. 118, 120, 125 geht bei der doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand davon aus, dass Treuhänder und Treugebergläubiger „regelmäßig“ einen Treuhandvertrag abschließen, erwähnt aber gleichermaßen die Möglichkeit über § 328 BGB. 86 Vgl. BGHZ 54, 147; BGH NJW 2005, 3778; BGH NJW 2006, 1434 (1437); Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 328 Rn. 5. 87 Statt vieler: Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 328 Rn. 5. 88 Vgl. nur etwa Jagmann, in: Staudinger, BGB, § 328 Rn. 1 ff.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Indem man vermeidet, die Bank zum direkten Vertragspartner des Doppeltreuhänders werden zu lassen, minimiert man das Risiko der Bank, als sogenannte faktische Geschäftsführerin Gläubigern des Unternehmens zu haften oder im Fall der Insolvenz des Unternehmens mit ihren Krediten den Regeln des Gesellschafterdarlehens (§§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO) inklusive der schon umrissenen Konsequenzen zu unterliegen. Beide Konstruktionen beruhen auf dem faktischen Einfluss der Bank auf den Gesellschafterkreis und/oder die Geschäftsführung des Krisenunternehmens, welche es rechtfertigt, die Bank haftungsmäßig gleich einem Geschäftsführer oder Gesellschafter zu stellen. Indem die Bank selbst nicht Vertragspartnerin des Treuhandvertrages wird, versucht sie vertragliche Anknüpfungspunkte für eine Einwirkungsmacht auf den Doppeltreuhänder als Gesellschafter und auf die Geschäftsführung zu vermeiden. Gleichzeitig erlangt die Bank über § 328 BGB dennoch einen eigenen, vollwertigen vertraglichen Anspruch gegenüber dem Doppeltreuhänder auf Erfüllung des Treuhandvertrages. So hat die Bank einen eigenen, einklagbaren Anspruch, dass der Doppeltreuhänder die vereinbarten Sanierungsziele auf Gesellschafterebene fristgemäß umsetzt und die Gesellschaftsanteile bei Eintritt des Sicherungsfalles ohne Blockademöglichkeiten seitens der Altgesellschafter zugunsten der Bank verwertet. Als dritte Partei des Treuhandvertrages unterzeichnet in der Regel noch das Unternehmen die Treuhandurkunde, da es von den Verpflichtungen und Erklärungen in dem Vertrag betroffen ist. So erklärt das Unternehmen seine Zustimmung zu den zwischen Altgesellschaftern und Doppeltreuhänder getroffenen Regelungen, um Kollisionen der vertraglichen Pflichten des Doppeltreuhänders mit beispielsweise der gesellschafterlichen Treuepflicht aufzulösen (s. Abb. 9 auf S. 105).89 II. Der Inhalt des Sanierungstreuhandvertrages Die durch Auftrags- respektive Dienstvertragsrecht bereitgestellten gesetzlichen Regelungen passen nur sehr bedingt auf das Rechtsverhältnis des Doppeltreuhänders zu den Parteien. Der zwischen Altgesellschafter(n) und Doppeltreuhänder abzuschließende Treuhandvertrag bedarf daher inhaltlich einer sehr umfassenden und sorgfältigen Ausgestaltung, welche das individuelle Verhandlungsergebnis zwischen Altgesellschafter(n) und Kreditinstitut(en) widerspiegelt. Die einzelnen Regelungsgegenstände und Gestaltungsmöglichkeiten sollen in diesem Kapitel untersucht werden. Im Anschluss kann anhand der konkreten Inhalte die Rechtsnatur des Sanierungstreuhandvertrages bei typischer Ausgestaltung näher betrachtet werden. Relevanz erlangt dies hinsichtlich subsidiär anwendbarem Gesetzesrecht bei Regelungslücken, wie auch hinsichtlich des Schicksals des Vertrages in der Insolvenz einer der Parteien. 89 Beispiel: Kollision der Verschwiegenheitspflicht der Gesellschafter gegenüber gesellschaftsexternen Dritten über Gesellschaftsinterna mit der Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht des Doppeltreuhänders gegenüber seinen Treuhand-Vertragspartnern.
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur Vollzugsverhältnis
Deckungsverhältnis Doppeltreuhänder
Altgesellschafter
Gesicherte Bank als Drittbegünstigte Eigener Anspruch auf Erfüllung des Treuhandvertrages nach § 328 I BGB
Treuhandvertrag mit drittbegünstigender Absprache zugunsten der Bank
Zustimmung
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Unternehmen
Quelle: eigene Darstellung.
Abbildung 9: Parteien des Sanierungstreuhandvertrages
1. Vertragszweck und -gegenstand Pflichtbestimmender Zweck des Sanierungstreuhandvertrages ist für den Treuhänder zunächst, die Gesellschaftsanteile an dem Krisenunternehmen zu übernehmen, zu verwalten und die an der Mitgliedschaft hängenden Rechte gemäß dem Sanierungsplan und im Übrigen zum besten wirtschaftlichen Wohl der Gesellschaft auszuüben. Hierzu verweist der Treuhandvertrag oft primär auf den zwischen Altgesellschaftern und der Bank konsentierten Sanierungsplan als Maßstab und Ziel des gesellschafterlichen Handelns durch den Treuhänder. Mit seiner Stellung als Mehrheitsgesellschafter des Unternehmens hat der Treuhänder also die im Sanierungsplan enthaltenen Ziele und Restrukturierungsmaßnahmen auf Gesellschafterebene umzusetzen. Hierzu kann auch der Austausch der Geschäftsführung gegen einen Sanierungsgeschäftsführer gehören. Im Weiteren hat der Treuhandgeschäftsführer die (neue) Geschäftsführung des Krisenunternehmens bei deren Sanierungsmaßnahmen sowie im Tagesgeschäft konstruktiv zu unterstützen beziehungsweise bei zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäften per Gesellschafterbeschluss zu legitimieren. Daneben liegt die Hauptpflicht der Treuhand-Zweckgesellschaft, handelnd durch ihren Treuhandgeschäftsführer, in der permanenten Kontrolle der Gesellschaft und der Berichterstattung gegenüber Altgesellschaftern und Bank. Tritt der Sicherungsfall trotz der Sanierungsbemühungen und Restrukturierung ein, ändert sich der vertragliche Zweck und das Pflichtenkonstrukt des Doppeltreuhänders. Ab diesem Zeitpunkt ist er gegenüber Altgesellschaftern berechtigt und gegenüber der Bank verpflichtet, einen Verkaufsprozess über die Gesellschaftsanteile zu initiieren, um mit dem Veräußerungserlös die gesicherten Kredite entsprechend einer im Vertrag vereinbarten Erlösverteilungsabrede zu bedienen. Tritt der
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Sicherungsfall hingegen nicht ein und gelingt die Sanierung soweit, dass bestimmte, im Einzelfall zu verhandelnde Bedingungen erfüllt sind (Tilgung Kredite, Erreichen eines bestimmten EBITDA90 o. ä.), so hat der Treuhänder die Gesellschaftsanteile wieder auf die Altgesellschafter zurückzuübertragen. 2. Drittbegünstigende Sicherungszweckabrede Neben dem allgemeinen Vertragszweck und den konkret zu verwirklichenden Sanierungszielen enthalten Sanierungstreuhandverträge eine sogenannte Sicherungszweckabrede. In der Sicherungszweckabrede regeln die Parteien, welche Darlehensforderungen im Einzelnen durch die Treuhandkonstruktion abgesichert werden sollen, in welcher Rangfolge die Forderungen zueinander stehen und wer Inhaber dieser Forderungen gegen die Gesellschaft ist. Anhand der Rangfolge der Sicherungszweckabrede bestimmt sich im Weiteren die inhaltliche Gestaltung der Erlösverteilungsabrede. Um die gesamte Konstruktion als Sicherungsinstrument rechtlich verbindlich und durchsetzbar zu gestalten, ist die Sichererungszweckabrede explizit als drittbegünstigende Absprache im Wege eines echten Vertrags zugunsten des Kreditinstutes ausgestaltet, § 328 Abs. 1 BGB. Hierdurch wird der zunächst nur einseitig verpflichtende Treuhandvertrag zu einem echten Vertrag zugunsten Dritter, § 328 Abs. 1 BGB, wodurch die Kreditinstitute als gesicherte Drittbegünstigte ein eigenes Forderungsrecht gegen den Doppeltreuhänder auf Erfüllung der Pflichten aus dem Treuhandvertrag erhalten.91 Der Treuhänder ist so gegenüber zwei Seiten verpflichtet und haftet entsprechend auch zu zwei Seiten. Entsprechend Vertragszweck und -gegenstand beinhaltet dies insbesondere die ordnungsgemäße Verwaltung des Treuguts, die Umsetzung der vertraglich statuierten Sanierungsziele als Gesellschafter sowie die Veräußerung der Gesellschaftsanteile und die Erlösverteilung im Sicherungsfall. Daneben begründet das sogenannte Vollzugsverhältnis zwar kein selbstständiges vertragliches Verhältnis zwischen Doppeltreuhänder und Kreditinstitut,92 allerdings folgert sich hieraus ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis.93 Aufgrund dessen bestehen die dem Doppeltreuhänder obliegenden Nebenpflichten auch gegenüber dem Kreditinstitut.94
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„EBITDA“ steht für „Earnings before interest, taxes, depreciation and amortization“, zu deutsch: „Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen (auf Sachanlagen) und Abschreibungen (auf immaterielle Vermögensgegenstände)“. Der EBITDA ist eine wichtige Finanzkennzahl bei der Unternehmensanalyse, welche Angaben zur Rentabilität eines Unternehmens macht, indem die operative Leistungsfähigkeit vor Investitionsaufwand betrachtet wird, vgl. bspw. Büschgen, S. 269. 91 BGH NJW 2005, 3778; BGH NJW 2006, 1434 (1437); Gottwald, in: MünchKomm, BGB, § 328 Rn. 25; Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 328 Rn. 1; § 328 Rn. 5. 92 BGHZ 54, 147. 93 Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 328 Rn. 5. 94 Dasselbe gilt im umgekehrten Verhältnis, vgl. Gottwald, in: MünchKomm, BGB, § 328 Rn. 31.
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Dementsprechend haftet er beiden Parteien bei Nicht- oder Schlechterfüllung sowie Verletzung aller Nebenpflichten, die sich aus dem Treuhandvertrag ergeben. Mit (fristgemäßer) Tilgung der in der Sicherungszweckabrede festgelegten Verbindlichkeiten entfällt der Grund für die Treuhandkonstruktion und die Notwendigkeit der Besicherung.95 Tritt diese Bedingung ein, verliert das oder verlieren die gesicherten Kreditinstitute ihre Rechtsstellung aus der drittbegünstigenden Sicherungszweckabrede. Nachvertragliche Nebenpflichten bleiben nach den allgemeinen Regeln bestehen. Für die Altgesellschafter auf der anderen Seite bedeutet der Wegfall des Sicherungszwecks einen Anspruch gegen den Doppeltreuhänder auf Abwicklung der Treuhand, also insbesondere auf Herausgabe des Treuguts.96 Entgegen einer verbreiteten Ansicht „erlischt“ der Treuhandvertrag gerade nicht mit Wegfall des Sicherungszweckes. Es ändern sich nur die vertraglichen Ziele und die Pflichten des Treuhänders, also der Inhalt des Treuhandvertrages. Dieser zielt nicht mehr auf die Sicherung der Forderung ab, sondern wandelt sich mit Eintritt der Bedingung in ein schuldrechtliches Rückabwicklungsschuldverhältnis und bleibt auch als Rechtsgrund der dinglichen Rückübertragung bestehen.97 Werden die gesicherten Forderungen bei Fälligkeit entsprechend der Sicherungszweckabrede nicht getilgt, so tritt der sogenannte Sicherungsfall ein. Hierzu mehr im Folgenden. 3. Sicherungsfall a) Begriff Unter dem Begriff des Sicherungsfalles ist für die doppelseitige Sanierungstreuhand derjenige Zeitpunkt zu verstehen, ab dem der Doppeltreuhänder gegenüber den Altgesellschaftern berechtigt und gegenüber dem Kreditinstitut verpflichtet ist, einen Verkaufsprozess einzuleiten und das Unternehmen in Form der Gesellschaftsanteile möglichst gewinnbringend zu veräußern, um die in der Sicherungszweckabrede benannten Kreditverbindlichkeiten abzulösen.98 Die Definition des Sicherungsfalls ist insbesondere für Bankenseite die zentrale Regelung des ganzen Treuhandvertrages. Gleichzeitig ist sie am konfliktträchtigsten und zeitigt im Falle des Eintritts schwerwiegende Konsequenzen vor allem für Gesellschafterseite, da sie 95
Vgl. Eden, S. 392. BGH NJW 1994, 726; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 40, § 930 Rn. 17, 28; zu den Herausgabeansprüchen unter § 6 A. II. 8. 97 So nach hier vertretener Ansicht. Vgl. ebenso: BGH DStR 1991, 192 (193); Singhof/ Seiler/Schlitt, S. 279 Rn. 623; nach a. A. „erlischt“ die Sicherungsabrede (Treuhandvertrag) ohne weitere Rechtshandlung mit vollständiger Tilgung der gesicherten Forderung, vgl. bspw. Eden, S. 150, in Fn. 977 m. w. N.; Markwardt, S. 123. 98 Zum Sicherungsfall speziell bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand auch: Achsnick/ Opp, S. 73 ff.; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (109 f.); Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 225 f.; allgemein bei der doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand: Hirschberger, S. 124. 96
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
den endgültigen und grundsätzlich unumkehrbaren Unternehmensverlust für sie bedeutet. b) Voraussetzungen Bei normalen Sicherungsübereignungen im Rahmen von Darlehensverträgen mit einer Gesellschaft wird der Sicherungsfall in der Regel bedingt sein auf den Zahlungsverzug der Gesellschaft hinsichtlich der Darlehenstilgung oder schon die Fälligkeit der Tilgungsschuld analog § 1228 Abs. 2 S. 1 BGB, auf die außerordentliche Kündigung von einem oder mehreren Krediten durch einen anderen Gesellschaftsgläubiger, auf die Stellung eines Eröffnungsantrags oder alternativ auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über die Gesellschaft, sowie auf gravierende Verstöße bei der Verwahrung der wertbestimmenden Gegenstände des jeweiligen Sicherungsguts.99 Die beschriebenen Bedingungen sind für die Zwecke der doppelseitigen Sanierungstreuhand aufgrund der Besonderheit des Treuguts nur bedingt geeignet. Zwar hätte die Gesellschaft gegebenenfalls bis zum spätest möglichen Zeitpunkt (Eröffnungsantrag) die Chance auf einen wirtschaftlichen Turnaround. Allerdings würde für Bankenseite die wertmäßige Absicherung ihres Kreditvolumens wesentlich beschnitten werden oder gänzlich verloren gehen. Ist die Unternehmenskrise soweit vorangeschritten, dass die Geschäftsführung verpflichtet ist, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen, so repräsentiert das Unternehmen in der Regel auch keinen über seine Verbindlichkeiten hinausgehenden Wert mehr, der realisiert werden könnte. Die Gesellschaftsanteile haben schlicht keinen Marktwert mehr, vielen Ortens ist von einer „wertlosen Hülse“ zu lesen. Daher ist der Sicherungsfall im Rahmen einer doppelseitigen Sanierungstreuhand auf einen früheren Zeitpunkt zu definieren. Bei der Verhandlung stehen sich allerdings kontroverse Interessen auf Gesellschafter- und Bankenseite gegenüber: die Gesellschafter als Treugeber werden versuchen, den Sicherungsfall so weit als möglich nach hinten zu verhandeln, optimalerweise auf die Stellung des Eröffnungsantrages, wie oben beschrieben. Je später der Treuhänder einen Verkaufsprozess initiieren darf, umso länger bleibt ihnen die Chance auf Erhalt der Inhaberschaft an „ihrem“ Unternehmen. Das finanzierende Kreditinstitut als Begünstigter der Verwertung wird hingegen darauf bedacht sein, den Sicherungsfall auf einen möglichst frühen Zeitpunkt festzulegen, solange sich der wirtschaftliche Verfall des Unternehmens noch in Grenzen hält, die Anteile einen möglichst hohen Wert repräsentieren und noch genügend zeitlicher Freiraum besteht, einen geordneten Verkauf zu vollziehen. Ab Eintritt des Sicherungsfalles kann dann sofort verwertet oder gegebenenfalls noch mit Brückenkrediten zugewartet werden, sollten günstigere Konditionen zu einem späteren Zeitpunkt absehbar sein. 99 Vgl. Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 Rn. 48 oder etwa den Mustervertrag bei Eden, S. 430 f.
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Für den Sicherungsfall bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand sind daher Bedingungen zu vereinbaren, die als Krisenindikatoren frühzeitig anzeigen, sollte sich die Unternehmenssituation weiter verschlechtern und somit die Sanierung absehbar scheitern, bevor ein geordneter, freihändiger Verkauf nicht mehr möglich oder wirtschaftlich sinnlos ist.100 Für diesen Zweck eignen sich in der Regel zum einen sogenannte „Milestones“ aus dem Sanierungsplan des Unternehmens. Hierbei handelt es sich um bestimmte Sanierungszwischenziele, die nach einer Analyse der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens festgelegt werden und schrittweise jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt verwirklicht werden müssen (Umstrukturierungsmaßnahmen, Personalreduzierung, Markteinführung neuer Produkte, Akquisition weiterer Fremdfinanzierung, Neupositionierung am Markt o. ä.). Um den wirtschaftlichen Erfolg der vollzogenen Sanierungsmaßnahmen sichtbar zu machen, werden zudem sogenannte „Financial Covenants“ als Bedingungen vereinbart, welche sich ihrerseits wiederum an den Milestones des Sanierungsplanes orientieren oder teils selbst einen Meilenstein darstellen. Unter einer Financial Covenant ist die Zusicherung der Gesellschaft zu verstehen, bestimmte betriebswirtschaftliche Finanzkennzahlen einzuhalten, wie beispielsweise einen bestimmten Ertrag, Liquidität, Eigenkapitalausstattung oder eine Höchstgrenze an Verschuldung.101 Die Kennzahlen der Financial Covenants eignen sich gut als Frühwarnsystem im Sinne eines Krisenindikators, der schon in einem frühen Stadium negative Entwicklungen des Unternehmens oder die Tendenz dazu anzeigt.102 Je nach Inhalt des Sanierungsgutachtens und je nach Verhandlungsergebnis zwischen Altgesellschaftern und Kreditinstituten kommen dabei insbesondere folgende Ereignisse in Betracht: *
*
*
*
*
*
Nichterreichen eines bestimmten Mindestumsatzes zu einem festgelegten Zeitpunkt; Unterschreiten eines bestimmten EBITDA pro Quartal; Treuhänder/Altgesellschafter können zu einem bestimmten Zeitpunkt keine Investorenlösung oder anderweitige Finanzierungslösung präsentieren, um laufende Fremdfinanzierungen abzulösen oder weitere Fremdkapitalgeber für das Unternehmen zu gewinnen; Misserfolg bei der Akquise bestimmter Großaufträge; keine oder zeitlich wesentlich verspätete Umsetzung notwendiger Umstrukturierungsmaßnahmen oder sonstiger wesentlicher Ziele aus dem Sanierungsabkommen; außerplanmäßig erhöhter Liquiditätsbedarf um einen bestimmten Prozentsatz. 100
Ebenso: Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (110). Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 79 Rn. 219 ff.; Büschgen, S. 196; Wittig, WM 1996, S. 1381; Wunderlich, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 76 Rn. 42. 102 Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 79 Rn. 222. 101
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Zusätzlich werden in der Regel die oben erwähnten allgemeinen Bedingungen als Sicherungsfall auch bei der Sanierungertreuhand vereinbart, also beispielsweise der Verzug des Unternehmens mit Tilgung der Darlehensschuld oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Unternehmen. Aufgrund des zeitlich späteren Anknüpfungspunktes kommen diese allgemeinen Bedingungen allerdings normalerweise gegenüber den speziellen Bedingungen der Milestones und Financial Covenants nicht zum Zuge. c) Sonstige Anforderungen Unabhängig vom materiellen Inhalt des Sicherungsfalles ist erhöhtes Augenmerk auf die eindeutige und klare Formulierung der Bedingungen zu legen, um Streitigkeiten über den Eintritt des Sicherungsfalles zu vermeiden. Je weniger die jeweilige Bedingung einer Auslegung zugänglich ist, desto mehr Rechtssicherheit entsteht im Sinne aller beteiligten Parteien. Insbesondere gilt dies auch für potentielle Erwerber, was sich wiederum auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Veräußerungsprozesses auswirken wird. Zudem empfehlen sich explizite Regelungen zu der Frage, wer grundsätzlich oder bei Meinungsverschiedenheiten über den Eintritt einer Bedingung rechtsverbindlich für die beiden Parteien entscheiden soll und zwar schnell und möglichst endgültig. Bei Financial Covenants könnte hier beispielsweise eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder ein Institut der Wirtschaftsprüfer benannt und gegebenenfalls sogar direkt beauftragt werden, eine verbindliche Entscheidung zu treffen. Zudem sind die Regelungen des Sicherungsfalles mit den Informationsrechten der Parteien und -pflichten des Treuhänder gegenüber den Parteien abzustimmen, um den Eintritt eines Sicherungsfalles von beiden Seiten angemessen überwachen zu können. 4. Verwertungsrecht und -pflicht des Doppeltreuhänders sowie Modalitäten der Verwertung Mit Eintritt des Sicherungsfalles ändert sich das vertragliche Pflichtenkonstrukt des Treuhänders sowie die damit korrespondierenden Ansprüche von Altgesellschaftern und Kreditinstitut. Ab diesem Zeitpunkt soll der Treuhänder mit seiner Gesellschaftermacht nicht mehr die Sanierung des kriselnden Unternehmens verfolgen und Restrukturierungen vornehmen, sondern die Werthaltigkeit des Treuguts so gut wie möglich konservieren und den Verkauf der Gesellschaftsanteile initiieren. In der Regel ist der Verkauf des Unternehmens als Einheit im Rahmen eines sogenannten Share Deals angestrebt. Hierzu muss das Unternehmen intern vorbereitet und auf den Verkaufsprozess hin optimiert werden, extern begibt sich der Treuhänder auf die Suche nach potentiellen Käufern, verhandelt, unterstützt und bereitet Due Diligence Prüfungen vor. Ist diese Phase abgeschlossen, kann er in die konkreten Veräußerungsverträge mit den Erwerbern einsteigen.
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a) Art und Weise der Verwertung Hinsichtlich der Art und Weise der Verwertung sind die Parteien in ihrer Entscheidung frei.103 Es empfiehlt sich jedoch, eine explizite und detaillierte Regelung im Treuhandvertrag aufzunehmen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Zudem müssen die Bestimmungen zur Verwertung in der Satzung der Gesellschaft gespiegelt werden, um es dem Treuhänder gesellschaftsrechtlich im Innenverhältnis zur Gesellschaft zu ermöglichen, die Vorgaben der Treuhandabrede verwirklichen zu können. In der Gestaltungsfreiheit liegt ein wesentlicher Vorteil der doppelseitigen Sicherungstreuhand gegenüber dem Pfandrecht, §§ 1204 ff. BGB. Während die Verwertung eines verpfändeten Gesellschaftsanteils mit einem komplizierten und publiken Verfahren verbunden ist, welches aufgrund des starren, gesetzlich zwingenden Rahmens (keine zeitliche Flexibilität etc.) oftmals keinen angemessenen Erlös erzielt oder überhaupt nicht zum Erfolg führt,104 existieren für die Sicherungstreuhand keine gesetzlich zwingenden Vorgaben. Auch eine analoge Anwendbarkeit der Bestimmungen zum Pfandrecht ist nicht zwingend.105 Im Fall des Pfandrechts ist zwar grundsätzlich auch ein freihändiger Pfandverkauf möglich, § 1221 BGB, dieser setzt allerdings die Fälligkeit der besicherten Forderung voraus, § 1228 Abs. 2 S. 1 BGB. Im Fall der doppelseitigen Sicherungstreuhand ist dieser Zeitpunkt wegen des fortschreitenden Wertverfalls meist zu spät, um einen angemessenen Erlös aus den Anteilen zu ziehen. Die Treuhandkonstruktion erlaubt hier die nötige Flexibilität, um wirtschaftlich das optimale Ergebnis zu erzielen.106 Die Art und Weise wie der Treuhänder die Unternehmensanteile wirtschaftlich zu verwerten hat, richtet sich im Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand daher ausschließlich nach den im Treuhandvertrag implementierten Vorgaben. Diese beruhen ihrerseits auf den zwischen Altgesellschaftern und Kreditinstitut ausgehandelten Finanzierungsbedingungen. In der Regel werden sich Altgesellschafter und Kreditinstitut hier auf einen freihändigen Verkauf im Rahmen eines geordneten M&A Prozesses einigen, da mit dieser Vorgehensweise in in der Regel wirtschaftlich das beste Ergebnis zu erzielen ist. Hierzu hat der Treuhänder meist eine M&A Beratungsgesellschaft hinzuzuziehen und diese mit dem Verkaufsprozess zu mandatieren. Um eine weitgehende Handlungsfreiheit des Treuhänders bei den Altgesellschaftern durchzusetzen und deren Vertrauen in den Prozess zu stärken, ist zu empfehlen, dass vorab ein unabhängiger Sachverständiger den Wert des Unternehmens (etwa nach IDW Standards S 1) zu ermitteln hat und eine Untergrenze für den 103
BGHZ 10, 228; BGH WM 1967, 397; Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 – 936 Rn. 49, 51. 104 So Singhof/Seiler/Schlitt, S. 287 Rn. 637. Vgl. auch Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (92); Rodewald, GmbHR 1995, 418 (421). 105 BFH WM 1962, 1123; BGH WM 1973, 366; BGH NJW 1980, 226; OLG Hamm OLGR 1999, 317; Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (92); Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 – 936 Rn. 49; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 291 Rn. 646. 106 Ebenso: Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (92); Singhof/Seiler/Schlitt, S. 288 Rn. 638; Vossius, BB 1988, Beilage Nr. 5, 1 (13).
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Veräußerungswert verbindlich bestimmt.107 So werden die Altgesellschafter vor einer „Verschleuderung“ ihres Unternehmens unter Wert geschützt, mit der zwar die Bank ihre Verbindlichkeiten (weitgehend) ablösen könnte, darüberhinaus aber keinerlei Ausschüttung an die Altgesellschafter verbliebe. Neben den vertraglichen Regelungen unterliegt der Treuhänder aufgrund seiner vertraglichen Nebenpflichten nur noch dem Gebot der Wirtschaftlichkeit unter Rücksichtnahme auf die Interessen der beiden Parteien.108 b) Einwirkungsmöglichkeiten von Altgesellschaftern und Bank auf den Verkaufsprozess Inwieweit der Doppeltreuhänder im Rahmen des freihändigen Verkaufs wiederum der Kontrolle einer der oder beider Parteien unterliegt, ergibt sich aus den Vereinbarungen des Treuhandvertrages. Denkbar ist hier die ganze Bandbreite von völliger Handlungsfreiheit bis hin zu umfassenden Weisungs- und sogar Vetorechten zugunsten der Altgesellschafter und/oder der Bank oder eines dritten Gremiums mit Vertretern von beiden Seiten, wie im Fall der Opel Treuhandgesellschaft.109 Allerdings ist zu beachten, dass ohne Weiteres keine der beiden Extrempositionen bei Altgesellschaftern oder Kreditinstitut durchzusetzen sein wird. Die Altgesellschafter werden versuchen, möglichst weitgehende Mitspracherechte für sich zu implementieren, die Banken auf der anderen Seite werden auf keinen Fall strikte Vetorechte zugunsten der Altgesellschafter akzeptieren. Im Ergebnis wird es sich jedoch positiv auf die Schnelligkeit, Effizienz und das wirtschaftliche Ergebnis des Verkaufs auswirken, wenn dem Doppeltreuhänder größtmögliche Handlungsfreiheit eingeräumt wird, was letztlich wieder im Interesse von Altgesellschaftern sowie Kreditinstitut gleichermaßen liegt. Hier kann mit vermittelnden Lösungen ein Konsens gefunden werden, der dem Treuhänder einerseits große Handlungsfreiheit, den Parteien andererseits Sicherheit hinsichtlich der Wahrung ihrer jeweiligen Interessen gewährleistet. Beispielsweise können weitere neutrale Dritte (Sachverständiger etc.) bei dem Verkaufsprozess eingeschaltet werden. Indem diese das Unternehmen bewerten und gewisse (preisliche) Untergrenzen festlegen, kann der Treuhandvertrag einen Mindeststandard für beide Parteien garantieren. Alternativ könnte der Treuhandvertrag vorsehen, dass ein Verkaufsgremium mit Vertretern beider Seiten unter Vorsitz eines externen Dritten oder des Treuhandgeschäftsführers zu gründen ist, welches die letztinstanzliche Entscheidungsbefugnis über die Bedingungen und den Vertragspartner des Verkaufs rechtsverbindlich für die Parteien entscheidet, quasi ein Schlichter oder Schiedsrichter. Zudem ist zu bedenken, dass allein die Person des Doppeltreuhänders re107
Eden, S. 397; Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 227. BGH WM 1966, 756; BGH NJW-RR 1987, 1291 (jeweils zur einseitigen Treuhand); Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 – 936 Rn. 51. 109 Vgl. zur Opel Treuhand in der Einleitung zu dieser Arbeit. 108
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spektive des Treuhandgeschäftsführers schon Neutralität und Unabhängigkeit gewährleistet. Im Gegensatz zur einseitigen Treuhand, bei der die Bank direkt Sicherungsnehmer und gleichzeitig Veräußerer ist, beinhaltet die doppelseitige Treuhand zugunsten der Altgesellschafter schon eine neutralen Instanz in Person des Doppeltreuhänders und damit die fachgerechte und professionelle Verwertung des Treuguts aufgrund dessen Expertise. Während des Verkaufsprozesses hat der Treuhänder entsprechend seiner Stellung regelmäßig Rechnung über den Stand der Aktivitäten zu legen.110 Zudem sollte im Treuhandvertrag vereinbart werden, welche Rolle die Altgesellschafter bei der Suche nach potentiellen Erwerbern und den Verhandlungen spielen sollen. Teilweise kann es durchaus auch für die Seite der Banken von wesentlichem Nutzen sein, wenn sich die Altgesellschafter mit ihrer Branchenkenntnis sowie gegebenenfalls Kontakten in den Verkaufsprozess einschalten. c) Pflicht zur sofortigen Verwertung nach Eintritt des Sicherungsfalles? In der Regel wird insbesondere die Bank bestrebt sein, den Verkaufsprozess sofort nach Eintritt des Sicherungsfalles zu initiieren und möglichst schon vorher Vorbereitungen zu treffen, um den voranschreitenden Prozess eines Wertverfalls der GmbH Anteile schnellstmöglich zu stoppen und dies auch so im Treuhandvertrag festlegen. Im Einzelfall kann es aber sinnvoll sein, die Verhandlungen mit der Erwerberseite noch einige Zeit hinauszuzögern, beispielsweise wenn sich wesentlich bessere Bedingungen in absehbarer Zukunft auf dem Transaktionsmarkt abzeichnen, die einen höheren Veräußerungserlös erwarten lassen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2007 ff. hat eine solche Situation anschaulich vor Augen geführt. Hier war der Sekundärmarkt für GmbH Anteile aufgrund der schwierigen Finanzierungssituation von Bankenseite beinahe völlig zum Erliegen gekommen. Gleichzeitig war aber eine Entspannung der Lage absehbar, sobald sich die Finanzierungssituation etwas erholt hatte und insbesondere Investmentfonds ihre aufgeschobenen Investments nachholen mussten. Soweit der Treuhänder den Konsens beider Parteien zum Aufschub erhält, bestehen hier keine Probleme. Aber auch ohne Konsens wird das Verwertungsrecht aus dem Treuhandvertrag grundsätzlich nicht dadurch verwirkt, dass nicht unmittelbar nach Eintritt des Sicherungsfalles mit der Verwertung begonnen wird.111 Dies kann aber nur gelten, soweit nicht eine Verschlechterung der Veräußerungsbedingungen zu Lasten des Schuldners abzusehen ist.112 Zur einseitigen Kreditsicherungstreuhand 110 OLG Hamm OLGR 1999, 317; Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 – 936 Rn. 52. 111 BGH NJW-RR 2007, 781 (782); BGH NJW 2007, 216 (217); Federlin, in: Kümpel/ Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1626 Rn. 12.506; Oechsler, in: MünchKomm, BGB, Anh. §§ 929 – 936 Rn. 49. 112 BGH WM 1966, 756; BGH NJW-RR 1987, 1291.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
hat der BGH jedoch offen gelassen, inwieweit die Bank als Treuhänderin sofort zu einer Verwertung verpflichtet sein soll, soweit der Schuldner zur unmittelbaren Verwertung auffordert, da ihm ein die Verbindlichkeiten übersteigender Veräußerungserlös zusteht.113 Hier spielte es keine Rolle, ob ein sofortiger Verkauf gegebenenfalls zu schlechteren Bedingungen vollzogen werden muss, als in der Zukunft vielleicht möglich. Für die doppelseitige Sanierungstreuhand wird man wohl davon ausgehen müssen, dass es treuwidrig von Seite der Gesellschafter wäre, den Treuhänder auf Grundlage des Treuhandvertrages zu einer sofortigen Verwertung zu zwingen, soweit die Marktlage extrem schlecht ist und der Erlös absehbar nicht die Verbindlichkeiten des Unternehmens deckt. Insbesondere muss dies gelten, wenn sich bessere Aussichten in absehbarer Zukunft abzeichnen und der Treuhandvertrag keine explizite Regelung zu der aufgeworfenen Fragestellung trifft. Zudem wird es auch für die Altgesellschafter nicht attraktiv sein, zu schlechteren Bedingungen als möglich zu veräußern, steht Ihnen doch in der Regel ein etwaiger Überschuss zu beziehungsweise müssen sie gegebenenfalls eine Unterdeckung wegen laufenden Drittbesicherungen privat (zum Teil) tragen. Um hier jedoch Rechtssicherheit zu bekommen, empfiehlt es sich, wiederum ein Recht des Kreditinstitutes in den Vertrag zu implementieren, den Treuhänder zu einem Aufschub der Verwertung anzuweisen soweit ein sofortiger Verkauf die Verbindlichkeiten des Unternehmens nicht abdeckt. Dieses Recht sollte auf die Entscheidung eines Marktexperten bedingt sein, ob sich in absehbarer Zukunft wesentliche bessere Veräußerungsbedingungen abzeichnen, um die Interessen der Altgesellschafter zu wahren. In diesem Fall wird es dem Kreditinstitut obliegen, das Unternehmen für die Aufschubperiode mit hinreichend Kapital zu unterlegen, um zum einen die Werthaltigkeit konservieren zu können und zum anderen sicherzustellen, dass das Unternehmen die Voraussetzungen zur Stellung eines Eröffnungsantrags nicht erfüllt. 5. Erlösverteilungsabrede (Waterfall) Für den Fall, dass die Transaktion über die GmbH Anteile erfolgreich abgeschlossen wird und die Erlöse an den Treuhänder fließen, enthält der Treuhandvertrag Verteilungsabreden, nach welchen der Doppeltreuhänder diese Erlöse unter den Parteien auszuschütten hat. Man spricht insofern von der sogenannten WaterfallRegelung oder dem Waterfall-Schlüssel.114 Grundlage ist wieder das individuelle Verhandlungsergebnis zwischen Altgesellschaftern und finanzierenden Banken aus den Finanzierungsabkommen. Typischerweise jedoch hat der Treuhänder mit dem Erlös zunächst seine eigenen Kosten gemäß dem Treuhandvertrag sowie weitere Kosten der Treuhandkonstruktion und des Transaktionsprozesses abzuführen, wie beispielsweise die Aufwendungen für hinzugezogene M&A Berater, Gutachter, Notar etc. Hernach hat er die Darlehensforderungen der finanzierenden Banken als 113
BGH NJW-RR 2007, 781 (782). Hierzu auch: Achsnick/Opp, S. 75 Rn. 273 ff.; Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 491 (510 f.); Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 227. 114
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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gesicherte Drittbegünstigte entsprechend der in der Sicherungszweckabrede festgelegten Reihenfolge abzulösen.115 Soweit in der Sicherungszweckabrede mehrere Gläubigerbanken (als Konsortium) gleichrangig mit ihren Forderungen begünstigt sind und der Veräußerungserlös nicht zur vollständigen Befriedigung aller ausreicht, verteilt der Doppeltreuhänder nach einem Quotenschlüssel. Fehlt es hier an einer expliziten Regelung im Treuhandvertrag, hat sich dieser Quotenschlüssel pro ratarisch am gesamten Kreditvolumen zu orientieren. Ist der Erlös ausreichend, um alle gesicherten Forderungen zu befriedigen und verbleibt darüberhinaus ein Überschuss, so steht dieser wirtschaftlich den Altgesellschafter zu. Die Aufteilung hat dann quotal in der Regel anhand deren ursprünglicher Beteiligung am Stammkapital des Unternehmens zu erfolgen, außer es bestanden vor der Doppeltreuhand beispielsweise Vorteilsklassen bei den Anteilen oder sonstige Individualabsprachen welche auch im Rahmen der Doppeltreuhand weitergelten sollten. In diesem Fall empfiehlt sich natürlich, solche auch im Treuhandvertrag fortzuschreiben. Aus praktischer Sicht sollte die Erlösverteilungsabrede explizit in den Treuhandvertrag aufgenommen werden. Ein Verweis auf die Finanzierungsabkommen oder sonstige Verträge zwischen Altgesellschaftern und Kreditinstituten respektive Poolverträgen zwischen den Kreditinstituten untereinander ist hier nicht ausreichend, um dem Treuhänder die oftmals hochkomplexe Erlösverteilung zu ermöglichen, an deren Verhandlung er nicht beteiligt war.116 Zudem sollten sowohl die schon feststehenden Darlehensforderungen als auch deren exakte Höhe explizit benannt werden, welche zugunsten der Kreditinstitute als gesicherte Drittbegünstigte aus dem Treuhandvertrag privilegiert sein sollen. Soweit die genaue Höhe der Forderungen bei Abschluss des Treuhandvertrages noch nicht abschließend feststeht, sollte man versuchen so genau wie möglich zu definieren, unter welchen Bedingungen welche (gegebenenfalls auch künftige) Forderung in die Verteilungsabrede auf welcher Stufe aufzunehmen ist. Zu denken ist dabei insbesondere auch an noch nicht sicher absehbare Forderungen, beispielsweise für künftige Brückenfinanzierungen oder ähnliches.117 Ansonsten können hier schnell Streitigkeiten unter den Parteien bei der Erlösverteilung entstehen.
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Vgl. etwa Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 227. So Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 491 (510 f.). 117 Oft steht die exakte Höhe des benötigten Liquiditätsbedarfs bei Abschluss des Treuhandvertrages noch nicht genau fest und die Parteien vereinbaren nur einen Höchstrahmen, oder das Kreditinstitut erweitert seinen Kreditrahmen nach Abschluss des Treuhandvertrages zusätzlich. Hier sollte für den Fall der Erlösverteilung eine klare Erlösverteilungsabrede im Treuhandvertrag definiert sein. Insbesondere empfehlen sich hier auch für „alte“, bereits bestehende Darlehensforderungen des Kreditinstituts explizite Regelungen, da sonst leicht Streitigkeiten enstehen können. 116
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
6. Informationsrechte und -pflichten a) Exkurs: Die Rechtsstellung des Treuhänders in und gegenüber der Gesellschaft Der Doppeltreuhänder wird mit Übertragung der Gesellschaftsanteile gesellschaftsrechtlich vollwertiger Gesellschafter des Unternehmens, hierzu korrespondierend begeben sich die Altgesellschafter vollständig ihrer Mitgliedschaftsstellung in der Gesellschaft.118 Der Treuhänder übt als solcher alle mit den Gesellschaftsanteilen verbundenen Rechte aus, genauso treffen ihn alle entsprechenden Pflichten persönlich.119 Der Geschäftsanteil bezeichnet und verkörpert die Gesamtheit der Rechte und Pflichten eines Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis in ihrer Zusammenfassung als Mitgliedschaft.120 Die mit dem Geschäftsanteil verbundenen Mitgliedschaftsrechte umfassen insbesondere Vermögensrechte, wie Gewinn- und Liquidationsanteile, sowie Gewinnbezugsrechte, Mitverwaltungsrechte wie das Stimm- und das Anfechtungsrecht und schließlich Kontrollrechte, wie ein Einsichtsrecht in die Angelegenheiten der Gesellschaft und ein Auskunftsrecht gegenüber dieser.121 Die benannten Rechte des Gesellschafters sind Ausfluss der Mitgliedschaft und können grundsätzlich nicht von der formellen Inhaberschaft an den Gesellschaftsanteilen getrennt, das heißt auf zwei Personen aufgeteilt werden, sog. Abspaltungsverbot.122 Dieses Verbot umfasst neben den Mitverwaltungsrechten auch die Vermögensrechte. Eine von der Inhaberschaft an dem Anteil isolierte Abtretung der betreffenden Rechte ist demzufolge nicht möglich.123 Davon zu unterscheiden sind die konkreten Ansprüche gegen die Gesellschaft, welche aus den abstrakten Mitgliedschaftsrechten erwachsen. Hier ist die Abtretung des schuld-
118 RG JW 1934, 2906; RGZ 123, 378 (381); RGZ 138, 106 (108); RGZ 153, 350 (352); BGHZ 21, 3282; BGHZ 31, 263; BGH GmbHR 1962, 117; BGH WM 1971, 307; BGH WM 1976, 736; BGH WM 1977, 75; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 2 Rn. 11; Beuthien, ZGR 1974, 26 (78); Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 15 Rn. 216; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 55; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 199; Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 92; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 194; Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 228; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 235 Rn. 537 f. 119 Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 92. 120 Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 14 Rn. 3; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 14 Rn. 3. 121 Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 14 Rn. 70; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 14 Rn. 13. 122 BGHZ 25, 115 (122) (zum Informationsrecht); BGHZ 43, 267; BGH NJW 1968, 397; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 22; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 14 Rn. 15; Beuthien, ZGR 1974, 26 (81); Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (85); Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 14 Rn. 20; Henssler, AcP196 (1996), 37 (81); Raiser, in: Ulmer, GmbHG, § 14 Rn. 45; Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 16 ff.; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 249 Rn. 562. 123 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 14 Rn. 16; Winter/Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 212.
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rechtlichen Anspruchs möglich, beispielsweise auf den festgestellten Gewinnanteil aus dem abstrakten Gewinnbezugsrecht.124 Mit den bezeichneten Rechten korrespondieren Pflichten des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft selbst sowie gegenüber Mitgesellschaftern, die sich konkret aus dem Gesetz sowie aus der sogenannten gesellschafterlichen Treuepflicht ableiten.125 Die gesellschafterliche Treuepflicht steuert die Ausübung aller Rechte und Pflichten der Gesellschafter gegenüber Gesellschaft und Mitgesellschaftern und beinhaltet abstrakt die Verpflichtung, sich gegenüber der Gesellschaft loyal zu verhalten, ihre Zwecke aktiv zu fördern und sie vor Schaden zu bewahren.126 Welches Verhalten, aktives Tätigwerden oder Unterlassen die gesellschafterliche Treuepflicht von ihren Adressaten genau fordert, muss sich im jeweiligen Einzelfall konkretisieren. In Bezug auf das gesellschafterliche Auskunfts- und Einsichtsrecht nach § 51a GmbHG beispielsweise folgert sich aus der gesellschafterlichen Treuepflicht die Verpflichtung, erlangte Informationen vertraulich zu behandeln und nicht an Dritte weiterzugeben, die sogenannte Verschwiegenheitspflicht.127 b) Informationsrechte von Altgesellschaftern und Kreditinstituten Der Doppeltreuhänder ist als Gesellschafter Inhaber umfassender Informations-, Einsichts- und Kontrollrechte gegenüber der Gesellschaft.128 Insbesondere folgt aus § 51a GmbHG ein Recht auf Auskunft gegenüber der Gesellschaft sowie auf Einsicht in die Bücher und Geschäftsbelege.129 Inhalt des Auskunftsrechts sind die Angelegenheiten der Gesellschaft, also grundsätzlich alle mit der Geschäftsführung der Gesellschaft und ihren wirtschaftlichen Beziehungen zu Dritten verbundene Verhältnisse.130 Ein weitgehend inhaltsgleiches Recht folgt ebenfalls aus der Stellung des Doppeltreuhänders als Geschäftsführer des Unternehmens, soweit ihm diese Organstellung ebenfalls übertragen wird.131 Der Doppeltreuhänder kann und soll sich 124 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 14 Rn. 16; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 14 Rn. 20; Winter/Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 212. 125 Zur Geltung gegenüber der Gesellschaft: Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 14 Rn. 18; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 13 Rn. 20; Merkt, in: MünchKomm, GmbHG, § 13 Rn. 100; Michalski, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 142; Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 52. Zwischen den Gesellschaftern untereinander: BGHZ 65, 15 (18 f.); Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 13 Rn. 20; Merkt, in: MünchKomm, GmbHG, § 13 Rn. 101; Raiser, in: Ulmer, GmbHG, § 14 Rn. 72. 126 Merkt, in: MünchKomm, GmbHG, § 13 Rn. 88; Raiser, in: Ulmer; GmbHG, § 14 Rn. 68. 127 OLG Frankfurt GmbHR 1992, 668; Blaurock, S. 181; Michalski, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 161; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 13 Rn. 65. 128 Das Recht besteht gegenüber der Gesellschaft, die Pflicht ist durch deren Geschäftsführung zu erfüllen, vgl. Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51a Rn. 5 ff. 129 BGHZ 14, 53; Bergjan, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 51a Rn. 1, 2. 130 Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51a Rn. 11; vgl. auch Eden, S. 401. 131 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rn. 62.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
auf diesem Weg jederzeit ein Bild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft und den Erfolg der Sanierungsmaßnahmen verschaffen (können). Dieses Recht gegenüber der Gesellschaft ist Ausfluss seiner mitgliedschaftlichen Stellung und sogleich unerlässliche Voraussetzung, um seine weiteren mitgliedschaftlichen Rechte (Stimmrecht etc.) sowie Pflichten in der Gesellschaft sowie aber auch Pflichten aus dem Treuhandvertrag wahrnehmen zu können.132 Das Recht kann ohne die Mitgliedschaft selbst, also den Geschäftsanteil, nicht übertragen werden.133 Neben dem Doppeltreuhänder haben jedoch ebenso die Altgesellschafter sowie die finanzierenden Kreditinstitute ein berechtigtes Interesse daran, jederzeit über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens im Bilde zu sein. Als (dann) gesellschaftsexterne Dritte stehen ihnen jedoch im Gegensatz zum Treuhänder grundsätzlich keinerlei Rechte auf Einsichtnahme und/oder Auskunftserteilung gegen die Gesellschaft zu, auch nicht in der Position als ausgeschiedene ehemalige Gesellschafter.134 Ebenso ist eine Überlassung der Einsichtsrechte von Doppeltreuhänder auf die Parteien weder sinnvoll noch möglich wegen des Abspaltungsverbotes. Daher muss hier der Informationsfluss zwischen Doppeltreuhänder einerseits und Kreditinstituten sowie Altgesellschaftern andererseits vertraglich begründet und geregelt werden. Hierzu sollte eine Klausel zugunsten der beiden Parteien in den Treuhandvertrag aufgenommen werden, nach welcher der Treuhänder verpflichtet ist, regelmäßig umfassend über die aktuelle wirtschaftliche Situation und die Entwicklung des Sanierungs- beziehungsweise Verkaufsprozesses zu informieren. Daneben hat er noch regelmäßig einen Bericht über seine Tätigkeit als treuhänderisch verpflichteter Gesellschafter selbst zu erstellen, insbesondere über die Ausübung seines Stimmrechts sowie die getroffenen Maßnahmen. Hiermit erhalten beide Parteien einen Anspruch gegen den Treuhänder auf Information über die aktuellen Entwicklungen sowie auf Weiterleitung aller Dokumente, die der Treuhänder in seiner Funktion als Gesellschafter erhält. Altgesellschafter und Bank werden dadurch hinsichtlich des Einblicks in die Gesellschaft faktisch einem Gesellschafter gleichgestellt. Es gestaltet sich äußerst schwierig, den inhaltlichen Umfang des Informationsrechts gegenüber dem Treuhänder als allgemeingültigen Vorschlag für jeden Einzelfall exakt festzulegen.135 Zweckmäßig erscheint es, das Recht inhaltlich auf das
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Eden, S. 401. BGHZ 25, 115 (122); Beuthien, ZGR 1974, 26 (81); Blaurock, S. 180; Henssler, AcP 196 (1996), 37 (81); Singhof/Seiler/Schlitt, S. 249 Rn. 562; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51a Rn. 5. 134 BGH GmbHR 1988, 434; BayObLG GmbHR 1991, 572; Hüffer, in: Ulmer, GmbHG, § 51a Rn. 13; Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 51a Rn. 3; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 51a Rn. 3; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51a Rn. 7. 135 So völlig zu Recht auch: Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 495 (512). 133
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gesellschafterliche Informationsrecht des Treuhänders selbst abzustecken.136 Dieser Rahmen ist per Gesetz geregelt und garantiert somit ein Maximum an Rechtssicherheit und Minimum an Streitpotential. Um den Treuhänder nicht in der Ausübung seiner Aufgaben zu blockieren, sollte er nur in gewissen Zeitabständen zur Informationslegung verpflichtet sein und den Parteien nur im Einzelfall das Recht auf individuelle Auskunftserteilung nach Anfrage in angemessenem Maß eingeräumt werden. Theoretisch wäre es ebenso möglich, den beiden Parteien das Informationsrecht direkt gegenüber der Gesellschaft per individueller Abrede mit dieser einzuräumen.137 Dies ist jedoch in der Regel unüblich. Insbesondere im Hinblick auf die angesprochenen Risiken der Kreditinstitute hinsichtlich faktischer Geschäftsführung sowie den Vorschriften des eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens wird versucht, die Verbindung zwischen Kreditinstitut und Unternehmen nur auf Umwegen und so begrenzt wie möglich auszugestalten. c) Rechenschaftslegung Darüber hinaus wird dem Doppeltreuhänder aufgegeben, turnusgemäß beiden Parteien Rechenschaft über seine Ausgaben, Kosten sowie sämtliche an ihn oder von ihm geleistete Zahlungen abzulegen. Von besonderem Interesse für die Parteien sind dabei die erhaltenen Zahlungen im Rahmen eines erfolgreichen Verkaufsprozesses und die hierauf beabsichtigten oder schon vorgenommenen Ausschüttungen des Erlöses. d) Kollision mit gesellschaftsrechtlichen Vorgaben (Auskunfts- und Verschwiegenheitspflicht) Die beschriebene schuldrechtliche Verpflichtung des Treuhänders auf Information gegenüber Altgesellschaftern und Banken kollidiert mit seinen mitgliedschaftlichen Pflichten als vollwertiger Gesellschafter des Unternehmens: aus der Mitgliedschaft unterliegt der Treuhänder einer gesellschafterlichen Treuepflicht gegenüber Gesellschaft sowie gegebenenfalls weiteren Anteilsinhabern.138 Diese verbietet es ihm, im Rahmen des gesellschafterlichen Informationsrechts erlangtes Wissen an gesellschaftsexterne Dritte weiterzugeben.139 Unabhängig wie sich der 136
Vgl. beispielsweise Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51a Rn. 14 f.; zu den Grenzen: Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51a Rn. 27 f. 137 BGHZ 10, 44 (49 f.); Armbrüster, S. 301; Armbrüster, GmbHR 2001, 1021 (1026); Beuthien, ZGR 1974, 26 (52, 82); Blaurock, S. 180; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (276); Schienemann, in: FS Zöllner, S. 503 (516); Singhof/Seiler/Schlitt, S. 250 Rn. 563; Tebben, S. 272. 138 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 14 Rn. 30. 139 Siehe Beuthien, ZGR 1974, 26 (41); Blaurock, S. 181. Vgl. auch: OLG Frankfurt GmbHR 1992, 668; Michalski, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 161; Pentz, in: Rowedder/
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Doppeltreuhänder demnach verhält, würde er eine der ihm obliegenden Pflichten verletzen, entweder gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber Altgesellschaftern und Kreditinstituten. Es kommt zu einer zwingenden Kollision von Auskunfts- und Verschwiegenheitsverpflichtung. Die Folge wäre eine unvermeidbare Haftungssituation zu Lasten des Treuhänders. Diese Kollision zwischen Handlungspflicht aus dem Treuhandvertrag und Unterlassungspflicht aus dem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis wäre grundsätzlich zugunsten des Gesellschaftsrechts aufzulösen. Die Rechtsform sowie Struktur der Gesellschaft und der hieraus hervorgehende gesetzliche Rahmen sind dem Treuhandverhältnis und dem entsprechenden Treuhandvertrag als äußerste Gestaltungsgrenze per Gesetz vorgegeben.140 Dessen sind sich die Parteien bei Verhandlung der treuhänderischen Rechte und Pflichten bewusst, dementsprechend kann und muss der Vertrag ausgelegt werden.141 Soweit die dem Treuhänder auferlegten Pflichten mit den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben kollidieren, gehen die Verpflichtungen des Treuhänders aus seiner Gesellschafterstellung denjenigen aus seinem Treuhandvertrag vor.142 Nichtsdestotrotz würde der Treuhänder einer Schadensersatzverpflichtung unterliegen, verletzt er doch seine Pflichten aus dem Treuhandvertrag. Aufgrund der aufgezeigten Kollision von treuhänderischer Pflicht und gesellschaftsrechtlichem Rahmen sind die beiden Pflichtenquellen aufeinander abzustimmen. Für den vorliegenden Fall muss dies bedeuten, dass die Gesellschaft sowie etwaig verbleibende Gesellschafter dem Treuhandvertrag und den dadurch begründeten Informationspflichten des Treuhänders durch Unterschrift des Treuhandvertrages ihre explizite Zustimmung unwiderruflich erteilen.143 Die Zustimmung modifiziert die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht des Treuhänders und erlaubt ihm so, seine treuhänderischen Pflichten zu erfüllen.144 Wird diese Zustimmung nicht erteilt oder gar vergessen a priori einzuholen, ergibt sich eine unschöne Situation. Gegebenenfalls verbleibende Gesellschafter könnten von dem Treuhänder jederzeit verlangen, keinerlei Informationen mehr an seine Vertragspartner Altgeselllschafter und Bank weiterzuleiten. Ebenso könnte dies die Geschäftsführung im Namen der Gesellschafter verlangen, was insbesondere dann delikat wird, wenn die Altgesellschafter in der Geschäftsführung verbleiben. Läuft der Sanierungsprozess aus ihrer Sicht nicht wie gewünscht, könnten sie auf diesem Weg den Informationsfluss zwischen Treuhänder und Bank unterbinden. Möglicherweise verstoßen sie Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 13 Rn. 65. Dasselbe gilt grundsätzlich für den Geschäftsführer der Gesellschaft: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rn. 40. 140 BGHZ 3, 354 (360) (zur Personengesellschaft). 141 Blaurock, S. 181. 142 BGHZ 3, 354 ff.; Beuthien, ZGR 1974, 26 (41); Blaurock, S. 134, 181; Markwardt, S. 61; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 235 Rn. 536; kritisch differenzierend: Tebben, S. 272 ff. 143 So auch Blaurock, S. 181 f. 144 Vgl. Beuthien, ZGR 1974, 26 (41).
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damit gegen ihre Pflichten aus Sanierungsverträgen und/oder Treuhandvertrag. Der Treuhänder hätte sich nichtsdestotrotz daran zu halten, Gesellschaftsrecht geht hier wie besprochen vor. 7. Weisungsrechte und Einflussnahme auf gesellschaftsinterne Vorgänge Als weiteren zentralen Regelungsgegenstand hat der Treuhandvertrag die Einwirkungsbefugnisse der Altgesellschafter und/oder Kreditinstitute auf den Doppeltreuhänder festzulegen. Sofern im Treuhandvertrag keine eindeutige Regelung getroffen wird, besteht die Gefahr für die finanzierenden Kreditinstitute, dass der Treuhänder einem umfänglichen Weisungsrecht der Altgesellschafter per Gesetzes unterliegt, § 665 BGB, welches nur durch den Zweck der Treuhand und den Gegenstand der Gesellschaft beschränkt wäre.145 a) Die Stellung des Doppeltreuhänders in der Gesellschafterversammlung und gegebenenfalls als Geschäftsführer Analog den mitgliedschaftlichen Kontrollrechten ist der Doppeltreuhänder auch hinsichtlich der Verwaltungsrechte in der Gesellschaft vollwertiger Anteilsinhaber und grundsätzlich allein zur unabhängigen Ausübung befugt.146 Insbesondere gilt dies hinsichtlich seines Stimmrechts in Gesellschafterversammlungen und dem Anfechtungsrecht.147 Innerhalb der Gesellschafterversammlung obliegt der Gesellschaftergesamtheit als oberstem Willensbildungsorgan die Entscheidungsgewalt über die wesentlichen Geschäfte,148 von denen ein Ausschnitt besonders wichtiger, organisatorischer Zuständigkeiten in § 46 GmbHG gesetzlich festgelegt ist. Die Aufzählung ist jedoch weder zwingend noch abschließend.149 Durch die Satzung können einzelne Beschlussgegenstände der Kompetenz anderer Gesellschaftsorgane übertragen werden, insbesondere der Geschäftsführung oder etwa auch einem Beirat.150 Ebenso kann die Gesellschafterversammlung aufgrund ihrer Allzuständigkeit aber auch jede Angelegenheit jederzeit per Beschluss an sich ziehen und mit verbindlicher Wirkung darüber entscheiden. Gleichfalls hat sie die Kompetenz, Weisungen zu erteilen, zu kontrollieren und Beschlüsse zu fassen, wo nach der Satzung und dem Gesetz grundsätzlich die Geschäftsführung kompetent wäre. 145
Siehe bspw. nur Armbrüster, GmbHR 2001, 1021 (1022). Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 226. 147 RG JW 1934, 2907; BGHZ 104, 66 (74 f.); Beuthien, ZGR 1974, 26 (78 ff.); Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47 Rn. 19; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 212; Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 92. 148 Bergjan, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 45 Rn. 5; Liebscher, in: MünchKomm, GmbHG, § 48 Rn. 6; Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 45 Rn. 5. 149 Liebscher, in: MünchKomm, GmbHG, § 46 Rn. 5; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 46 Rn. 3, 5. 150 Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 46 Rn. 92. 146
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Daneben steht es ihr frei, der Geschäftsführung selbst Weisungen zu erteilen.151 Soweit der Doppeltreuhänder, handelnd durch seinen Treuhandgeschäftsführer – oder letzterer persönlich, auch die Position des Geschäftsführers der GmbH bekleidet, übt er ebenfalls die hieraus folgenden Kompetenzen innerhalb der GmbH aus und zwar grundsätzlich unabhängig von Weisungen gesellschaftsexterner Dritter. Dies umfasst zwingend die uneingeschränkte und nicht einschränkbare Vertretung der GmbH, gerichtlich und außergerichtlich, § 35 Abs. 1 GmbHG.152 Als notwendiges Vertretungsorgan der Gesellschaft153 ist er bei Ausübung dieser Position zunächst nur an die Vorgaben der Satzung (insbesondere den Unternehmensgegenstand)154, einer Geschäftsführerdienstordnung (soweit erlassen), seinem Geschäftsführerdienstvertrag, den Weisungen der Gesellschafterversammlung155, seiner allgemeinen Treuepflicht156 gegenüber der Gesellschaft und zwingenden gesetzlichen Vorgaben157 bei der Ausübung der Geschäftsführung unterworfen. b) Bindung der gesellschaftsrechtlichen Kompetenzen durch den Treuhandvertrag Entsprechend dem Wesen der treuhänderischen Rechtsstellung unterscheidet sich die Position des Doppeltreuhänders jedoch trotzdem von der eines „normalen“ Gesellschafters. Der Doppeltreuhänder ist in der Ausübung seiner Kompetenzen treuhänderisch im Verhältnis zu Altgesellschaftern und Kreditinstituten durch seine Pflichten aus dem Treuhandvertrag schuldrechtlich gebunden. Er unterliegt daher nicht nur den gesellschaftsrechtlichen Pflichtenquellen, sondern gleichzeitig auch den Maßgaben des Treuhandvertrages, insbesondere dessen Zielen und Zweck. Diese zweite Bindung kann jedoch nur relativ wirken und hat daher grundsätzlich keinerlei Auswirkungen auf die gesellschaftsrechtlichen Kompetenzen des Treuhänders im Verhältnis zur Gesellschaft oder externen Dritten.158 Absprachewidrige Handlungen des Treuhänders als Gesellschafter zeitigen daher auch bis auf wenige
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Statt vieler: Liebscher, in: MünchKomm, GmbHG, § 46 Rn. 2, 3. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rn. 3. 153 Die Geschäftsführung stellt das zweite zwingende Organ einer GmbH neben der Gesellschafterversammlung dar, § 6 Abs. 1 GmbHG, vgl. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, vor § 35 Rn. 2, § 35 Rn. 2. 154 Lutter, GmbHR 2000, 301 (303). 155 OLG Düsseldorf ZIP 1984, 1476; Ebert, GmbHR 2003, 444; Mennicke, NZG 2000, 622. 156 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rn. 38 ff. 157 Vgl. hierzu inhaltlich: Fleischer, in: MünchKomm, GmbHG, § 43 Rn. 22 ff.; Haas/ Ziemons, in: Michalski, GmbHG, § 43 Rn. 44; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 43 Rn. 12; Lücke/Simon, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 43 Rn. 19. 158 Vgl. Armbrüster, S. 229 ff.; Henssler, AcP 196 (1996), 37 (79); Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 227, 231; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 213. 152
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Ausnahmen (Kollusion) nur schadensersatzrechtliche Wirkungen im Verhältnis zum Treugeber als Vertragspartner (Relativität der Schuldverhältnisse).159 Im Treuhandvertrag können Maßstab, Zweck und die Ziele treuhänderischen Handelns naturgemäß nur abstrakt beschrieben werden. Eine Bezugnahme auf die Sanierungs- und Restrukturierungabkommen füllt einen gewissen Teil des abstrakten Rahmens aus, dennoch verbleibt ein Freiraum. Eine konkrete Anweisung für jeden Einzelfall, der im Laufe der nächsten Jahre potentiell auftreten könnte, ist nicht möglich (Abschluss eines bestimmten Vertrages, Kauf bestimmter Ware etc.). Aus der abstrakt gehaltenen Weisung an den Doppeltreuhänder ergibt sich damit ein gewisser Handlungsspielraum für diesen, der im Einzelfall ausfüllungsbedürftig ist und einer näheren Konkretisierung bedarf. Hier stellt sich die Frage, ob der Treuhänder selbst diesen Spielraum nach eigenem, sachlichem Ermessen ausfüllen darf oder ob die Altgesellschafter und/oder die Kreditinstitute berechtigt sein sollen, dem Treuhänder im Einzelfall Weisungen zu erteilen, wie er die ihm verliehene Rechtsmacht auszuüben hat, sei es als Gesellschafter und/oder gegebenenfalls auch als Geschäftsführer. Als Vorfrage ist jeweils wieder zu klären, inwiefern es überhaupt gesellschaftsrechtlich zulässig ist, das Handeln von Gesellschaftern oder Geschäftsführern an Weisungen gesellschaftsexterner Dritter zu binden. c) Vorgaben: Interessenkollision zwischen Altgesellschaftern und Kreditinstituten sowie Effizienz der Treuhand Bei den Interessen von Altgesellschaftern und finanzierenden Kreditinstituten hinsichtlich Einfluss auf das Unternehmen treffen oft zwei diametrale Positionen aufeinander. Während die Altgesellschafter möglichst alle gesellschafterliche Macht auch nach Übertragung der Gesellschaftsanteile in ihrer Person erhalten sehen wollen, wird die Finanziererseite regelmäßig bestrebt sein, den Einfluss der Altgesellschafter möglichst weitgehend aufzuheben. Aus Sicht der Finanzierer stellt es gerade ein wesentliches Leistungskriterium der doppelseitigen Sanierungstreuhand dar, eine neue, im Umgang mit Krisen erfahrene Geschäftsführung einsetzen zu können und die Gesellschaftermacht in der Person des Treuhänders zu bündeln, um Entscheidungen und Prozesse zu beschleunigen oder überhaupt zu ermöglichen. Durch eine unabhängige Entscheidungsbefugnis des Treuhänders streben sie nach einem hohen Maß an Sicherheit und Vorhersehbarkeit hinsichtlich des zukünftigen Sanierungsprozesses. Hier ist ein Kompromiss zwischen den Parteien zu finden, welcher den Zweck der Treuhandkonstruktion nicht gefährdet, also die effiziente Sanierung ermöglicht und gleichzeitig das beiderseitige Sicherungsbedürfnis befriedigt. Die Bank befindet sich hier in einer Art Zielkonflikt: je weniger sie bereit ist, 159 Siehe bspw. zur absprachewidrigen Ausübung des Stimmrechts: Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (280); Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 214; guter Überblick über den Meinungsstand hinsichtlich absprachewidriger Stimmabgabe des Treuhänders bei: Mayer, in: MünchKomm, GmbHG, § 2 Rn. 135.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Macht bei den Altgesellschaftern zu belassen, desto geringer wird deren Bereitschaft sein, sich überhaupt auf das Treuhandmodell einzulassen. Je mehr Befugnisse sie bereit ist bei den Altgesellschaftern zu lassen, umso weniger eignet sich die doppelseitige Sanierungstreuhand für ihre eigenen Zwecke. d) (Gesellschaftsrechtliche) Zulässigkeit der Einflussnahme auf Organe der GmbH aa) Stimmbindung des Gesellschafters Zunächst ist zu betrachten, ob und inwieweit es gesellschaftsrechtlich überhaupt möglich ist, die Gesellschafter und eventuell auch die Geschäftsführung eines neuen Sanierungsgeschäftsführers an Weisungen der Altgesellschafter oder der Kreditinstitute als jeweils gesellschaftsexterne Dritte zu binden. Eine isolierte Abtretung des gesellschafterlichen Stimmrechts kommt hier wiederum nicht in Frage. Das Stimmrecht ist wie die Kontrollrechte ein Mitgliedschaftsrecht, welches untrennbar mit dem Geschäftsanteil verbunden ist.160 Es ist nicht möglich, dieses zu übertragen ohne nicht gleichzeitig den gesamten Geschäftsanteil zu übertragen (Abspaltungsverbot).161 Ebenso kann die Satzung kein Stimmrecht zugunsten von Nichtgesellschaftern vorsehen.162 Um trotzdem faktisch die Verlagerung des Stimmrechts auf eine andere Person als den Gesellschafter zu erreichen, gibt es insbesondere die Möglichkeit sogenannter Stimmbindungsverträge. Hierunter versteht man die nichtkörperschaftsrechtliche Abstimmungsverpflichtung eines Gesellschafters, sein Stimmrecht in der Gesellschaft nicht frei, sondern nur in einem bestimmtem Sinn oder nach einer bestimmten Weisung auszuüben.163 Wie der verpflichtete Gesellschafter sein Stimmrecht auszuüben hat, kann entweder direkt in dem Stimmbindungsvertrag geregelt sein, oder nach dem Vertrag in Zukunft in anderer Weise konkretisiert werden, beispielsweise durch individuelle Weisung eines Dritten. Solche Stimmbindungen sind sowohl gegenüber anderen Gesellschaftern als auch gegenüber gesellschaftsexternen Dritten zulässig.164 Vorliegend ist zu beachten, dass der Treuhandvertrag per se schon eine Form des Stimmbindungsvertrages darstellt. Wie beschrieben ist der Treuhänder gebunden, 160
Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 47 Rn. 33. Vgl. aber auch Ulmer, in: FS Odersky, S. 873 (888 ff.), welcher aufgrund quasidinglicher Wirkungen der Treuhandabrede bei der „qualifizierten“ Treuhand auch den Treugeber als Mitberechtigten an den Gesellschafterrechten sehen möchte. 161 BGHZ 43, 267; BGH NJW 1968, 397; BGH WM 1987, 70; Beuthien, ZGR 1974, 26 (82); Hüffer, in: Ulmer, GmbHG, § 47 Rn. 55; Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 47 Rn. 20. 162 Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 47 Rn. 40. 163 Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 47 Rn. 113. 164 BGHZ 48, 163; Römermann, in: Michalski, GmbHG, § 47 Rn. 492; Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 47 Rn. 40, 42; Schaub, DStR 1995, 1634 (1638). Zur Zulässigkeit speziell gegenüber gesellschaftsexternen Dritten: Wicke, in: MünchKomm, GmbHG, § 3 Rn. 133. Siehe bei Armbrüster, S. 233 f. für eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Ansichten.
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die ihm verliehene Rechtsmacht nur anhand des Zwecks und den Zielen des Treuhandvertrages auszuüben. An dieser Stelle kann es daher nur darum gehen, inwieweit im Treuhandvertrag Regelungen für eine Anweisung im konkreten Einzelfall enthalten sein sollen, mit anderen Worten ob die allgemeine Stimmbindung im Treuhandvertrag auf ein individuelles Weisungsrecht konkretisiert werden kann und soll. Als äußerste Grenze der Stimmbindung des Treuhänders ist in jedem Fall dessen Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter vorgegeben.165 Hier hat der Treuhänder sich im Einzelfall nur soweit an die Weisungen zu halten, als er sich damit nicht in Widerspruch mit seiner gesellschafterlichen Treuepflicht setzt.166 Soweit diese dem Wohle oder dem Zweck der Gesellschaft widersprechen, sind Weisungen als nicht verbindlich für den Gesellschafter anzusehen.167 bb) Bindung der Geschäftsführung Darüber hinaus ist zu betrachten, inwieweit die Geschäftsführungs- und/oder Vertretungsbefugnis der GmbH Geschäftsführung an die Weisung/Zustimmung Dritter (im Einzelfall) gebunden werden kann oder Befugnisse im gewünschten Umfang direkt auf andere Organe übertragen werden können. Grundsätzlich steht nur der Gesellschafterversammlung ein umfassendes Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung zu.168 Dieses Weisungsrecht kann jedoch von der Gesellschafterversammlung per Vollmacht auf dritte Hilfspersonen übertragen werden (Weisungsvollmacht). Träger bleibt dann die Gesellschafterversammlung, die Ausübung erfolgt jedoch durch die dritte Person.169 Alternativ kann sowohl die Geschäftsführungs- als auch die Vertretungsbefugnis in Form eines Weisungs- oder Zustimmungsrechts gegenüber der Geschäftsführung auch an die Weisung und/oder Zustimmung dritter Personen gebunden werden.170 Die Geschäftsführung hat dann bezüglich der betreffenden Rechtsgeschäfte eine Weisung oder eine Zustimmung des entsprechenden Organs einzuholen. Ebenso kann die Geschäftsführungskompetenz (teilweise) direkt auf andere Gesellschaftsorgane übertragen werden.171 Beschränkt wird der Entzug der Befugnisse (nur) durch einen
165
Armbrüster, S. 241 ff., 244; Armbrüster, GmbHR 2001, 1021 (1023); Eden, S. 73; Roth/ Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (280); Schaub, DStR 1995, 1634 (1639). 166 Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (280). 167 Eden, S. 73. 168 Lücke/Simon, in: Sänger/Inhester, GmbHG; § 37 Rn. 12 ff.; Stephan/Tieves, in: MünchKomm, GmbHG, § 37 Rn. 69; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 20. 169 Stephan/Tieves, in: MünchKomm, GmbHG, § 37 Rn. 71. 170 Stephan/Tieves, in: MünchKomm, GmbHG, § 37 Rn. 72; Paefgen, in: Ulmer, GmbHG, § 37 Rn. 34 ff.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 17; Sina, GmbHR 1990, 65. 171 Lücke/Simon, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 37 Rn. 23.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
gewissen Kernbereich, welcher der Geschäftsführung verbleiben muss. Es soll nicht möglich sein, die Geschäftsführung zum reinen Ausführungsorgan zu degradieren.172 Meist werden Befugnisse auf gesellschaftsinterne, schon bestehende oder zumindest in der Satzung zugelassene Organe delegiert, wie insbesondere auf einen satzungsgemäßen Beirat. Soweit allerdings an (bisher) gesellschaftsexterne Dritte delegiert wird, werden diese qua Übertragungsakt automatisch selbst Gesellschaftsorgan, da sie fortan eine Organfunktion innerhalb der Gesellschaft inne haben.173 Soweit dieses Organ in der Satzung noch nicht vorgesehen ist, bedarf es hierzu einer entsprechenden Satzungsänderung, um die externen Dritten als Gesellschaftsorgan zuzulassen.174 Ob die Übertragung der Befugnisse selbst einer Satzungsänderung bedarf (Ansicht 1) oder hier ein einfacher Gesellschafterbeschluss ausreichen soll (Ansicht 2) ist umstritten.175 Gemeinsam ist den vertretenen Meinungen, dass die dritte Person in der Satzung vorgesehen sein muss respektive per satzungsänderndem Beschluss vorzusehen ist. Nicht von der Satzung vorgesehenen externen Dritten (Institutionen) kann keine organschaftliche (direkte) Geschäftsführungs- oder (indirekte) Weisungs-/Zustimmungsbefugnis übertragen werden. Nach hier vertretener Ansicht sollten Geschäftsführungsbefugnisse an satzungsgemäße Personen/Institutionen (wie insbesondere einem Beirat) immer per satzungsänderndem Beschluss zugewiesen werden. Mit anderen Worten sollte die neue Kompetenzverteilung aus der Satzung ersichtlich sein. Selbiges gilt für die Bindung von Geschäftsführungsbefugnissen an Weisungen oder Zustimmung dritter Organe. Zwar wäre die Übertragung wohl im gesellschaftlichen Innenverhältnis auch wirksam ohne sie explizit in der Satzung festzusetzen (Ansicht 2), vorausgesetzt (i) die Satzung beinhaltet eine dementsprechende Öffnungsklausel und (ii) weist die betreffenden Kompetenzen nicht explizit einem anderen Organ zu.176 Wird eine doppelseitige Sanierungstreuhand in einer GmbH eingerichtet, bedarf es aber ohnehin einer umfassenden Satzungsneufassung, welche die geänderten Verhältnisse
172
Lücke/Simon, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 37 Rn. 23, m. w. N. dort in Fn. 40; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 37 Rn. 18. 173 Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 37 Rn. 20; Paefgen, in: Ulmer, GmbHG, § 37 Rn. 36 („kann“); Stephan/Tieves, in: MünchKomm, GmbHG, § 37 Rn. 72. Für die „quasi-organschaftliche“ Stellung: Fleck, ZGR 1988, 104 (132). 174 Stephan/Tieves, in: MünchKomm, GmbHG, § 37 Rn. 72. 175 Ansicht 1 (immer Satzungsregelung): Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 37 Rn. 14, 18a; Lücke/Simon, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 37 Rn. 23. Ansicht 2 (Gesellschafterbeschluss ausreichend, soweit Satzung die dritte Person als Organ schon zulässt und Regelungsgegenstände nicht explizit anderen Organen zuweist): Koppensteiner/ Gruber, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 37 Rn. 26; Stephan/Tieves, in: MünchKomm, GmbHG, § 37 Rn. 73. 176 Regelmäßig wird in Satzungen eine dementsprechende Öffnungsklausel vorgesehen, in dem Sinne, dass dem Beirat jederzeit per Gesellschafterbeschluss (Geschäftsführungs-)Kompetenzen oder Zustimmungsrechte zugewiesen oder entzogen werden können.
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abbildet. In diesem Rahmen kann und sollte man die neue Kompetenzverteilung auch explizit in der Satzung vorsehen. Grundsätzlich nicht entziehbar/uneinschränkbar ist die Befugnis der Geschäftsführung, die Gesellschaft im Außenverhältnis zu vertreten, § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Spiegelbildlich hierzu ist es nicht möglich, anderen Personen/Organen als den Geschäftsführern satzungsgemäß Vertretungsbefugnisse einzuräumen.177 Zulässig ist lediglich die Erteilung von Vollmachten an weitere Personen zur Vertretung der Gesellschaft, insbesondere in der Form einer Prokura.178 e) Weisungsrechte im Einzelfall Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand werden hinsichtlich der Einzelweisungsbefugnis gegenüber dem Doppeltreuhänder drei Modelle in der Praxis verwendet: das einstufige, das zweistufige und das sogenannte Beiratsmodell. Ein direktes Weisungsrecht der Kreditinstitute gegenüber dem Treuhänder ist dabei keine Option, bei keinem der Modelle. Zum einen wäre dies gegenüber den Altgesellschaftern nicht durchsetzbar, zum anderen gilt es, eine Quasigesellschafter- und/oder faktische Geschäftsführerstellung der Banken im Hinblick auf die Regelungen des Gesellschafterdarlehen zu vermeiden.179 aa) Einstufiges Modell: Weisungsfreiheit ab Vertragsschluss180 Im Rahmen des einstufigen Modells ist der Doppeltreuhänder ab Beginn der Treuhand weisungsfrei gestellt. Er unterliegt zwar aus dem Treuhandvertrag einer Bindung hinsichtlich der allgemeinen Ziele und Zwecke der Treuhand, auf die er sein Handeln auszurichten hat. Darüberhinaus hat er die vertraglich statuierten Interessen von Altgesellschafter- und Finanziererseite in seine Entscheidungsfindung einfließen zu lassen und die Vorgaben (Milestones) aus dem Sanierungsgutachten bzw. dem Sanierungs- und Restrukturierungsabkommen umzusetzen. Allerdings ist keine Partei berechtigt, dem Doppeltreuhänder mit verbindlicher Wirkung konkrete Handlungsanweisungen für den Einzelfall zu erteilen. Dieses einstufige Modell ist bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand wie auch allgemein bei doppelseitigen Treuhandschaften der Regelfall.181 Das einstufige Modell bietet grundsätzlich die größtmögliche Klarheit und Sicherheit für die Finanzierer. Die Altgesellschafter haben keine Möglichkeit mehr, auf den Treuhänder einzuwirken. Aus Finanzierersicht bedeutet dies insbesondere, dass 177
Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rn. 3, 69a, 78a ff., 108, § 37 Rn. 17. 178 Näher hierzu: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rn. 70. 179 So bspw. auch: Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 223. 180 Terminologie in Anlehnung an Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (112 f.). 181 Allgemein zur doppelseitigen Treuhand: Liebich/Mathews, S. 98 (unter aa 2) („Treuhand zugunsten Dritter“); Löhnig, S. 306, 318, 319, 321.
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Restrukturierungs- und Sparmaßnahmen nicht verzögert oder blockiert werden können und das Unternehmen bei Eintritt des Sicherungsfalles schnell und wirtschaftlich effizient verwertet wird. Allerdings ist eine vollständige Weisungsfreiheit bei den Altgesellschaftern am schwierigsten durchzusetzen, da diese sich von Beginn an jeglichem Einfluss auf das weitere Schicksal ihres Unternehmens begeben. Das einstufige Modell bietet sich vor allem an, wenn die Krise des Unternehmens schon so fortgeschritten ist, dass ein möglicher Verkauf zeitlich unmittelbar bevorsteht oder von Seite der Altgesellschafter im Ernstfall wenig Kooperation zu erwarten ist. Für diesen Fall wird sich die Seite der Kreditinstitute auf keine Einwirkungsmacht der Altgesellschafter einlassen. bb) Zweistufiges Modell: Weisungsfreiheit mit Eintritt des Sicherungsfalles Als Kompromisslösung zwischen dem Interesse der Altgesellschafter nach Einwirkungsmacht und dem Interesse der Kreditinstitute nach Sicherheit und Effizienz bietet sich ein zweistufiges Modell an. Hier erhalten die Altgesellschafter zunächst ein vertragliches Weisungsrecht gegenüber dem Doppeltreuhänder, welches inhaltlich durch die Vorgaben und Ziele des Treuhandvertrages beschränkt ist (Erste Stufe). Über den Verweis im Treuhandvertrag beinhalten diese Ziele insbesondere die Vorgaben aus dem Sanierungs- und Restrukturierungsabkommen. Die Altgesellschafter können den Treuhänder damit im Einzelfall anweisen, wie er seine Gesellschaftermacht in ihrem Unternehmen auszuüben hat. Die Weisungen wären für den Treuhänder nur solange rechtsverbindlich, als sie sich nicht mit den Regelungen und Zielen des Treuhandvertrages sowie der gesellschafterlichen Treuepflicht des Treuhänders im Widerspruch befinden. Beispielsweise könnten die Altgesellschafter Einfluss nehmen, ob Ausgangsware von Lieferant A oder B zu beziehen ist, ob bestimmte Investitionen sinnvoll sind oder auf welche Produktbereiche sich das Unternehmen künftig verstärkt konzentriert. Soweit bei den Altgesellschaftern viel Fachkompetenz, Marktkenntnisse und Kontakte konzentriert sind, kann sich dieses Modell unter Umständen sehr positiv auf die Sanierung auswirken oder sogar unentbehrlich sein. Insbesondere soweit durch die Weisung der Zweck und die Ziele des Treuhandvertrages gefährdet sind oder von dort explizit statuierten Vorgehensweisen abzuweichen ist, darf der Treuhänder die Weisung allerdings nicht befolgen. Um Streitigkeiten und Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, sollte der Treuhandvertrag hier dem Treuhänder die letztverbindliche Entscheidungsbefugnis über die Frage zugestehen, inwieweit eine Weisung dem Treuhandvertrag widerspricht und daher rechtlich unverbindlich für ihn ist. Das beschriebene Weisungsrecht wird auflösend bedingt auf den Eintritt des Sicherungsfalles gestellt. Ab diesem Zeitpunkt sind die Altgesellschafter analog dem ersten Modell nicht mehr berechtigt, den Doppeltreuhänder anzuweisen (Zweite Stufe). Für die Altgesellschafter bringt der Treuhandvertrag bei diesem Modell nicht den sofortigen Verlust jeglicher Gesellschafterrechte mit sich und im besten Fall wird ein solcher Verlust auch gar nicht eintreten. Vielmehr verbleibt ein großer Teil der gesellschafterlichen Rechtsmacht faktisch bei den Altgesellschaftern, allerdings
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nunmehr vermittelt und kontrolliert durch den Doppeltreuhänder, der jegliche Handlung der Gesellschafterversammlung anhand der Vorgaben des Treuhandvertrages filtert. Den Banken wird damit die laufende Kontrolle abgenommen. Sofern sich mehrere Altgesellschafter die Treugeberposition teilen, muss gewährleistet sein, dass diese das Weisungsrecht einheitlich ausüben. Hierzu sollte der Treuhandvertrag die Einschränkung vorsehen, dass das Weisungsrecht nur einheitlich ausgeübt werden darf und hierzu einen Vertreter von Altgesellschafterseite benennen. Anderenfalls besteht das Risiko, dass der Doppeltreuhänder durch die wechselseitige Blockade infolge verschiedener Altgesellschafterinteressen seinerseits blockiert wird. Insbesondere wenn von Seiten der Altgesellschafter enorme Vorbehalte gegen die Sanierungstreuhand bestehen, kann das zweistufige Modell ein wesentliches Verhandlungsargument oder gar Bedingung von Gesellschafterseite darstellen. cc) Beiratsmodell: Weisungsbefugnis zugunsten eines Gremiums Ein Mittelweg zwischen den beiden beschriebenen Lösungen stellt das sogenannte Beiratsmodell dar. Hier erhalten die Altgesellschafter zwar kein direktes Weisungsrecht gegenüber dem Doppeltreuhänder. Allerdings vereinbaren die Parteien, ein organschaftliches Gremium innerhalb der Gesellschaft einzurichten und dieses per Satzungsänderung mit organschaftlicher Rechtsmacht in der Gesellschaft auszustatten (Lenkungsausschuss, Steering- oder Turnaround-Committee, Sanierungsbeirat u. ä.). Innerhalb dieses Gremiums sind die Altgesellschafter mit einem Stimmrecht vertreten und können so indirekt Einfluss auf bestimmte Entscheidungen innerhalb der Gesellschaft nehmen, je nachdem welche Befugnisse auf das Gremium delegiert werden. Die Gewichtung der Altgesellschafterbeteiligung sowie die weitere Besetzung des Gremiums ist Verhandlungssache zwischen Altgesellschaftern und Kreditinstituten. Typischerweise wird das Gremium neben einem Vertreter von Gesellschafterseite noch mit einem unabhängigen Sanierungsexperten sowie einem Vertreter von Bankenseite besetzt. Zusätzlich dient das Gremium als Kommunikationsplattform zwischen den Parteien. Da die Struktur des Beiratsmodells parallel zur der Treuhandkonstruktion selbst eingerichtet wird und dies nicht Aufgabe des Treuhänders ist, finden sich die entsprechenden Regelungen hierzu auch nicht im Treuhandvertrag selbst. Die Einrichtung sowie die Möglichkeiten zur Ausgestaltung eines solchen satzungsgemäßen Gremiums wird daher an späterer Stelle außerhalb der Regelungen des Treuhandvertrages näher betrachtet.182 8. Herausgabepflicht/Rückübertragungsanspruch an dem Treugut Der Treuhandvertrag stellt die schuldrechtliche Causa der dinglichen Abtretung der Gesellschaftsanteile von den Altgesellschaftern auf die Treuhandgesellschaft 182
Hierzu unter § 9 B.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
dar.183 Solange der Treuhandvertrag selbst sowie der darin enthaltene Sicherungszweck wirksam besteht, ist eine Kondiktion des Treuguts durch den oder die Altgesellschafter vom Treuhänder ausgeschlossen. Aus dem Sicherungszweck der Treuhandabrede ergibt sich zudem, dass den Altgesellschaftern kein Herausgabeanspruch an dem Treugut ohne weitere Voraussetzungen zustehen darf. Als (zunächst noch) wirtschaftliche Eigentümer des Treuguts ist ihnen zwar grundsätzlich ein Herausgabeanspruch einzuräumen, dieser ist allerdings auf den Wegfall des Sicherungszwecks, also in aller Regel die Erfüllung der gesicherten Forderungen zu bedingen (Sicherheitenfreigabe). Wie genau, also unter welchen Voraussetzungen der Treuhandvertrag die Freigabe der Sicherheiten regelt, ist letztlich Verhandlungssache zwischen Altgesellschaftern und Kreditinstituten. Regelmäßig werden letztere eine vollständige Befriedigung aller gesicherten Kreditansprüche inklusive Zinsen fordern. Denkbar wäre jedoch genauso das Erreichen bestimmter Sanierungsund/oder Ertragsziele, welche den Erfolg der Konstruktion und einen dauerhaften Schuldendienst absehbar respektive hinreichend sicher machen. Legt man einmal zugrunde, der (doppelseitige) Treuhandvertrag sei rechtsnatürlich als Auftrag oder Geschäftsbesorgung zu qualifizieren,184 bedingt diese vertragliche Ausgestaltung den von Gesetzes wegen bestehenden, grundsätzlich voraussetzungslosen Herausgabeanspruch des Treugebers nach § 667 BGB ab. Da es sich um kein zwingendes Recht handelt, ist diese Gestaltung ohne Weiteres möglich.185 Selbst soweit der treugeberische Herausgabeanspruch im Treuhandvertrag nicht explizit geregelt wird, ergibt sich eine Modifikation der gesetzlichen Regelung aus dem Sicherungszweck im Rahmen einer Vertragsauslegung. Für den Fall, dass die Durchführung des Treuhandvertrages mit der Treuhandgesellschaft unmöglich wird, der Treuhandgeschäftsführer eine schwere Pflichtverletzung begeht oder der Treugeber auf anderer Grundlage zur Kündigung des Treuhandverhältnisses berechtigt ist, folgt aus dem treuhänderischen Charakter ebenfalls ein Herausgabeanspruch gegen den Treuhänder. Wiederum ist aber der 183 BGH NJW 1994, 2885; Armbrüster, S. 102; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 15; Hirschberger, S. 14. 184 Für doppelseitige Treuhandschaften: Achsnick/Opp, S. 65 Rn. 230; Küppers/Louven/ Schröder, BB 2005, 763 (764); v. Rom, S. 94 f.; speziell zur Treuhand an Gesellschaftsanteilen: Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (82); Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 15 Rn. 218; Görner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 15 Rn. 72; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 203, 204, 214 (verweist an diversen Stellen auf die Normen des Auftragsrechts); Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 230; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 255; allgemein: Ehmann, in: Erman, BGB, 12. Auflage, Vor § 662 Rn. 99; Berger, in: Erman, BGB, 14. Auflage, § 675 Rn. 90; Beuthien, ZGR 1974, 40; Bülow, S. 4; Coing, S. 92, 99, 111; Eden, S. 24 (der allerdings für die Sicherungstreuhand auf den S. 390 ff. einen gesetzlich nicht geregelten Vertrag sui generis annimmt); Liebich/Mathews, S. 71 ff., 92; Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff. Rn. 40; Passarge, DB 2005, 2746 (2747); Scholz, in: FS Möhring, S. 419 (421 ff.); a. A. Hirschberger, S. 134 f. Vgl. hierzu auch Ansicht des Verfassers selbst unter § 6 B. III. 3. 185 BGH NJW-RR 1997, 778; Sprau, in: Palandt, BGB, § 667 Rn. 1; vgl. zur Modifikation der Fälligkeit des Herausgabeanspruchs: Sprau, in: Palandt, BGB, § 667 Rn. 8.
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Sicherungszweck zu beachten. Endet das Treuhandverhältnis demnach auf andere Weise als durch Zweckerreichung, d. h. Befriedigung der gesicherten Forderung, so kann der Herausgabeanspruch der Altgesellschafter nur auf Herausgabe an einen neuen Treuhänder gerichtet sein. Dieser Ersatztreuhänder sollte im Interesse der Kreditinstitute nach Möglichkeit schon im Treuhandvertrag benannt sein. Anders als vor Errichtung der Konstruktion haben die Kreditinstitute in diesem Stadium keine faktische Einflussnahmemöglichkeit über die Kreditvergabeentscheidung mehr. 9. Gewinnausschüttung In einer Liquiditätskrise befindliche Gesellschaften erzielen regelmäßig wenig bis keinen (ausschüttbaren) Jahresüberschuss. Gewinne, soweit vorhanden, werden meist in vollem Umfang dazu benötigt, die aufgebürdete Schuldenlast zu tragen. Soweit die Sanierungstreuhand allerdings Erfolge zeitigt und das Unternehmen in die Gewinnzone bringt, wäre der Treuhänder als vollwertiger Gesellschafter Inhaber des mitgliedschaftlichen Gewinnrechts aus § 29 Abs. 1 und 3 GmbHG an einem verwendbaren Jahresüberschuss (S. 1) oder Bilanzgewinn (S. 2), quotal nach der Höhe seiner Beteiligung an der Gesellschaft.186 Vom abstrakten Gewinnbezugsrecht zu unterscheiden ist der konkrete Gewinnanspruch des Gesellschafters gegen die Gesellschaft, welcher sich erst konkretisiert nach Aufstellung des Jahresabschlusses, Ausweis des Jahresergebnisses, Feststellung des Jahresabschlusses sowie maßgeblich dem entsprechend lautenden Gewinnverwendungsbeschluss der Gesellschafterversammlung.187 Das Gesetz weist die Entscheidung über die Verwendung des Jahresergebnisses grundsätzlich der Gesellschafterversammlung zu, welche einen Gewinnverwendungsbeschluss zu treffen hat, soweit die Satzung der Gesellschaft nichts anderweitiges vorsieht.188 Es obliegt hier grundsätzlich der freien Einschätzung der Gesellschafter, ob der erzielte Gewinn quotal ausgeschüttet werden soll oder ob nach § 29 Abs. 2 GmbHG Reserven gebildet werden sollen durch Einstellen in die Gewinnrücklagen der Gesellschaft oder Gewinnvortrag. Im Fall der doppelseitigen Treuhand stehen die Gewinne der Gesellschaft grundsätzlich theoretisch den Altgesellschaftern zu, da diese zunächst noch die wirtschaftlich Berechtigten an den Anteilen sind. Entsprechend hätte der Treuhandvertrag zu regeln, dass der Treuhänder als Gesellschafter einen Gewinnverwendungsbeschluss zu seinen Gunsten zu fassen und daraufhin an ihn erfolgende Gewinnausschüttungen an die Treugeber quotal nach deren ursprünglicher Beteiligung auszuschütten hätte. Erst nach Eintritt des Sicherungsfalles sollen die Anteile 186 Armbrüster, S. 224; Armbrüster, GmbHR 2001, 1021 (1022); Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (275); allgemein zum Gewinnbeteiligungsrecht der GmbH-Gesellschafter: Ekkenga, in: MünchKomm, GmbHG, § 29 Rn. 1. 187 BGH NJW 1998, 1314; BGH NJW 2004, 912; Langheim/Klingsch, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 29 Rn. 8, 12. 188 Ekkenga, in: MünchKomm, GmbHG, § 29 Rn. 131 f., 136 f.; Fastrich, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, § 29 Rn. 1, 3; Langheim/Klingsch, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 29 Rn. 7.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
als konkrete Haftungsmasse für die Kreditinstitute herangezogen werden, was ab diesem Zeitpunkt rechtfertigt die Gewinne zur Tilgung der ausstehenden Kreditverbindlichkeiten heranzuziehen. Dementsprechend würden Sanierungstreuhandverträge in der Verteilungsabrede vorschreiben, dass der Doppeltreuhänder sich die Gewinnanteile ausschütten lassen muss und vor Eintritt des Sicherungsfalles an die Altgesellschafter herauszugeben hat. Nach Eintritt des Sicherungsfalles hätte er die entfallenden Gewinne als Haftungsmasse für die Darlehensschulden zu verwenden und gegebenenfalls an die gesicherten Drittbegünstigten auszuschütten. Alternativ wäre es auch zulässig, dass der Treuhänder die Gewinne nicht an sich selbst auszahlt, sondern den konkretisierten Gewinnanspruch gegen die Gesellschaft auf die jeweilige Partei überträgt.189 Soweit in der Theorie. Aufgrund der äußerst schwierigen Liquiditätssituation eines Unternehmens in der Krise ist es jedoch in der Regel zwingende Bedingung der Banken, die erzielten Gewinne in der Gesellschaft zu belassen, um die Gesellschaft für kostspielige Sanierungsmaßnahmen ausreichend zu kapitalisieren und gegebenenfalls die Haftungsmasse für die ausstehenden Verbindlichkeiten zu erhöhen oder Reserven für etwaige Rückschläge zu haben. Ebenfalls kann gewünscht sein, die anfallenden Gewinne direkt zur Tilgung der ausstehenden Kreditverbindlichkeiten zu nutzen. Hier kommt es ganz auf den Inhalt der zwischen Altgesellschaftern und Kreditinstituten vereinbarten Sanierungs- und Finanzierungsvereinbarungen an. Regelmäßig werden die Finanzierer die Gesellschafter nicht völlig aus ihrer monetären Verantwortung entlassen und Beiträge zur Sanierung des Unternehmens fordern. Ein Beitrag kann hier in dem Verzicht auf Gewinnanteile in der Gesellschaft liegen oder in der Verpflichtung, zumindest die auszuschüttenden Gewinne der Gesellschaft als Darlehen zu belassen, bis das Unternehmen wieder ohne Fremdverwaltung durch den Treuhänder den Altgesellschaftern „gehört“. Daneben kann der auflaufende Gewinn zum Teil auch in einen Haftungsfonds eingezahlt werden, aus dem der Treuhänder etwaige Freistellungs-, Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche gegen die Altgesellschafter, insbesondere aus Garantien nach Verkauf des Unternehmens, bezahlen kann, soweit diese ihrer Pflicht nicht nachkommen.190 Unabhängig von der Richtung und Ausgestaltung im Einzelfall sollte der Treuhandvertrag auf jeden Fall Bestimmungen zu den Rechten an anfallenden Gewinnen der Gesellschaft enthalten, um keine Zweifel hinsichtlich der Anwendbarkeit von § 667 BGB aufkommen zu lassen. Hernach nämlich hätte der Treuhänder den Altgesellschaftern alles herauszugeben, was er zur Ausführung des Auftrags erhalten oder aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat.191 Hiervon erfasst wären die anfallenden Gewinne der Gesellschaft. 189
Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 14 Rn. 16; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 14 Rn. 20; Langheim/Klingsch, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 29 Rn. 63; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 212. 190 Idee nach Singhof/Seiler/Schlitt, S. 290 Rn. 643. 191 So bspw. bei Schaub, DStR 1995, 1634 (1637).
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10. Haftungsregelungen/Freistellungen Die doppelseitige Sanierungstreuhand wirft als Treuhand an Gesellschaftsanteilen komplexe Haftungsfragen für den Treuhänder gegenüber seinen Vertragsparteien, der Gesellschaft sowie gesellschaftsexternen Dritten auf, welche Berücksichtigung im Treuhandvertrag finden müssen. Insbesondere ist nach Möglichkeiten zu suchen, die Haftung des Treuhänders in einem solchen Maße zu beschränken, welche ihm als Gesellschafter unternehmerische Entscheidungen ermöglicht, ohne sich permanent einem existenziellen Haftungsrisiko ausgesetzt zu sehen. Letztlich sollen den Treuhänder als reinen Verwalter der Anteile auch gesellschafterliche Belastungen nicht treffen, die nicht auf einer schuldhaften Pflichtverletzung seiner Person, respektive handelnd durch den Treuhandgeschäftsführer, beruhen. a) Vertragliche Haftung gegenüber Altgesellschaftern und Kreditinstituten Der Doppeltreuhänder haftet den Altgesellschaftern als Gegenpartei des Treuhandvertrages auf Erfüllung der darin enthaltenen Pflichten sowie aufgrund der Verletzung daraus folgender Nebenpflichten nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften, wie bei jedem schuldrechtlichen Vertrag.192 Verletzt der Treuhänder den ihm obliegenden Pflichtenrahmen, so macht er sich unter den gesetzlichen Voraussetzungen schadensersatzpflichtig, §§ 280 ff. BGB. Dies setzt voraus, dass er oder seine Erfüllungsgehilfen dabei vorsätzlich oder fahrlässig handeln, §§ 276 Abs. 1, 278 BGB. Daneben trifft den Doppeltreuhänder derselbe Haftungsrahmen gegenüber der gesicherten Bank.193 Die Bank erhält im Wege eines echten Vertrages zugunsten Dritter, § 328 Abs. 1 BGB, einen Anspruch gegen den Doppeltreuhänder auf Erfüllung der Pflichten des Treuhandvertrages.194 Dies beinhaltet insbesondere die ordnungsgemäße Verwaltung des Treuguts, die Umsetzung der vertraglich statuierten Sanierungsziele als Gesellschafter sowie die Veräußerung der Gesellschaftsanteile und die Erlösverteilung im Sicherungsfall.195 Bei Leistungsstörungen findet mangels spezieller Regelungen im Dienstvertragsrecht allgemeines Leistungsstörungsrecht Anwendung und dem gesicherten Drittbegünstigten stehen Ansprüche aus den §§ 280 Abs. 1, 2, 286 und 311 Abs. 2, 3 BGB zu. Je nach Auslegung des Vertrages kommt auch ein Schadensersatzanspruch neben der Leistung aus § 281 BGB in Betracht.196 Daneben begründet das sogenannte Vollzugsverhältnis zwar kein selbstständiges vertragliches Verhältnis zwischen Doppeltreuhänder und 192
Vgl. bspw Eden, S. 62; Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1773 Rn. 27 f. Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1779 Rn. 51 ff. 194 BGH NJW 2005, 3778; BGH NJW 2006, 1434 (1437); Gottwald, in: MünchKomm, BGB, § 328 Rn. 25; Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 328 Rn. 1, § 328 Rn. 5. 195 Zu Vertragszweck und -gegenstand schon oben unter § 6 A. II. 1. 196 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 328 Rn. 5. 193
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Kreditinstitut,197 allerdings folgert sich hieraus ein „vertragsähnliches Vertrauensverhältnis“.198 Aufgrund dessen bestehen die dem Doppeltreuhänder obliegenden Nebenpflichten auch gegenüber dem Kreditinstitut.199 Bedeutung erlangt die Haftung auf Grundlage des Treuhandvertrages in erster Linie mit (vermeintlichem) Eintritt des Sicherungsfalles. Vor allem wenn dieser nicht exakt definiert ist, entstehen schnell Streitigkeiten zwischen den Parteien über den Eintritt. Soweit die Haftung des Treuhänders hier nicht im Vertrag beschränkt wird, könnte insbesondere die Altgesellschafterseite die Haftung des Treuhänders als Druckmittel verwenden, um eine Veräußerung zu verhindern oder wenigstens zu verzögern. Soweit der Sicherungsfall tatsächlich noch nicht eingetreten wäre und der Doppeltreuhänder damit entgegen dem Treuhandvertrag veräußern würde (treuwidrige Verfügung), käme neben der vertraglichen Schadensersatzpflicht sogar der Straftatbestand der Untreue, § 266 StGB, für den Treuhänder und sogar dessen Treuhandgeschäftsführer persönlich in Betracht. Zivilrechtlich wird dies wieder relevant in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB, daneben könnte bei einer treuwidrigen Veräußerung eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB einschlägige Haftungsgrundlage sein, welche unter Umständen sogar einen Durchgriff auf den Treuhandgeschäftsführer ermöglichen würde, wobei dazu noch erhebliche Umstände hinzutreten müssten.200 b) Gesellschaftsrechtliche Haftung gegenüber der Gesellschaft im Innenverhältnis Neben die vertragliche Haftung des doppelseitigen Sanierungstreuhänders treten gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen, welche Haftungsrelevanz für den Doppeltreuhänder erlangen können. Sieht man von bestimmten engen Fällen einer Durchgriffshaftung oder einer sittenwidrigen Gläubigerschädigung ab,201 ist die Haftung des Treuhänders als Gesellschafter im Außenverhältnis zu dritten Gläubigern der Gesellschaft im Grundsatz zwar auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, § 13 Abs. 2 GmbHG. Der Treuhänder haftet demnach nicht persönlich mit seinem Vermögen für Schulden der Gesellschaft. Allerdings unterliegt er als vollwertiger Gesellschafter den Grundsätzen der realen Kapitalerbringung nach den §§ 19, 24 GmbHG und den Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbHG. Mit Übernahme der Gesellschaftsanteile treffen den Doppeltreuhänder daher die zum Schutz der genannten Grundsätze bestehenden Pflichten und Haftungstatbestände gegenüber der 197
BGHZ 54, 147. Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einl. v. § 328 Rn. 5. 199 Ebenso aber auch andersherum, vgl. Gottwald, in: MünchKomm, BGB, § 328 Rn. 31. 200 Zur Haftung nach § 826 BGB vgl. Eden, S. 63; Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1778 Rn. 49 ff. 201 Vgl. hierzu näher: Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 13 Rn. 43 ff.; überblicksartig: Greitemann, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 13 Rn. 86 ff. 198
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Gesellschaft im Innenverhältnis.202 Seine Eigenschaft als (fremdnütziger oder eigennütziger) Treuhänder befreit ihn nicht von den Pflichten und Haftungstatbeständen gegenüber der Gesellschaft.203 Nach § 16 Abs. 2 GmbHG haftet der Doppeltreuhänder hernach für alle Einlageverpflichtungen, die zu dem Zeitpunkt rückständig sind, in dem er im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Gesellschaftsanteils gilt.204 § 16 Abs. 1 S. 1 legt in Verbindung mit § 40 GmbHG den betreffenden Zeitpunkt auf die Aufnahme der neuen Gesellschafterliste zum Handelsregister fest.205 Unter „Einlageverpflichtungen“ im Sinne des § 16 Abs. 2 GmbHG sind alle Leistungspflichten zu verstehen, die den Inhabern von Gesellschaftsanteilen als solche obliegen.206 Insofern ist dieselbe Auslegung anzuwenden wie für den Begriff der „rückständigen Leistungen“ nach § 16 Abs. 3 GmbHG a. F. (vor MoMiG).207 Für Einlageverpflichtungen, die nach diesem Zeitpunkt entstehen, haftet der Treuhänder nach den im Folgenden genannten Vorschriften wie jeder andere Gesellschafter, § 19 Abs. 1 GmbHG.208 Im Einzelnen fällt hierunter die Pflicht die Stammeinlage bei Bar- und Sachgründungen zu erbringen, § 7 GmbHG, etwaige Nachschusspflichten, § 26 GmbHG, sowie sonstige Nebenleistungspflichten, § 3 Abs. 2 GmbHG.209 Zudem unterliegt er der Differenzhaftung nach § 9 GmbHG sowie einer Verlustdeckungs- und Vorbelastungshaftung, § 11 GmbHG. Auch für noch nicht geleistete, uneinbringliche Einlagen etwaiger weiterer Gesellschafter haftet der Treuhänder nach § 24 GmbHG (sog. Ausfallhaftung).210 Neben den Vorschriften zur Kapitalerbringung trifft den Treuhänder nach den §§ 30 Abs. 1 S. 1, 31 Abs. 1 GmbHG das Verbot der Einlagenrückgewähr verbunden mit einer entsprechenden Rückerstattungspflicht, soweit das Verbot verletzt wird. Da 202 Vgl. Armbrüster, GmbHR 2001, 1021 (1026); Armbrüster, S. 383 ff.; Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (87); Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 212; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 236 Rn. 539. 203 BGHZ 195, 168 (174 f.); Armbrüster, S. 392; Eden, S. 62; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 224; für den eigennützigen Sicherungstreuhänder: RGZ 79, 182 (185); RGZ 138, 106 (108); Armbrüster, GmbHR 2001, 1021 (1028). Für den fremdnützigen Treuhänder: Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 212; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 236 Rn. 539; a. A. Serick, GmbHR 1967, 133 (136). 204 Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 224, die hier allerdings noch von § 16 Abs. 3 GmbHG sprechen, aber wohl § 16 Abs. 2 GmbHG als Haftungsgrundlage meinen. 205 Vgl. Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 16 Rn. 1, 4, 5, 13, 16 f. 206 Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 16 Rn. 137; Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 16 Rn. 23. 207 BegrRegE, in: BR-Drs. 354/07, S. 86 f.; Mayer, DNotZ 2008, 403 (405 f.); kritisch aber i. E. zustimmend: Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 16 Rn. 23, m. w. N. in Fn. 120. 208 Zur Haftung bezüglich den §§ 19, 24 GmbHG: BGH ZIP 1996, 1248 (1249); Armbrüster, GmbHR 2001, 1021 (1026); Armbrüster, S. 383 ff.; Seidl, DStR 1998, 1220 (1221). 209 Vgl. bspw. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 19 Rn. 4; Sänger, in: Sänger/ Inhester, GmbHG, § 19 Rn. 2. 210 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 19 Rn. 4.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
die Rückerstattungspflicht eine persönliche Pflicht ist, die nur den aus der verbotenen Zahlung Begünstigten trifft und nicht mit dem Anteil übergeht, haftet der Treuhänder nicht im Rahmen des § 16 Abs. 2 GmbHG für Zahlungen der Gesellschaft an den Treugeber, die vor seiner Aufnahme in die Gesellschafterliste erfolgt sind.211 Im Rahmen der Kollektivhaftung trifft den Treuhänder diese Rückerstattungspflicht auch anteilig für den Fall, dass von etwaigen weiteren Gesellschaftern die grundsätzlich ihnen obliegende Rückerstattung nicht zu erlangen ist, § 31 Abs. 3 GmbHG. Neben den speziellen Haftungsgrundlagen haftet der Treuhänder als Gesellschafter bei schuldhafter Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft auf Schadensersatz, sofern der Gesellschaft aus dem Verhalten ein Schaden entsteht.212 c) Haftungsbeschränkung und Freistellung Würden den Treuhänder die aufgezeigten Haftungsrisiken persönlich und unbeschränkt treffen, wäre er in seinem gesellschafterlichen Handeln weitestgehend eingeschränkt, oft sogar völlig gelähmt. Selbst für unternehmerische Entscheidungen hätte er gegenüber seinen Vertragsparteien schon für leichte Fahrlässigkeit mit seinem privaten Vermögen einzustehen, § 276 Abs. 1 BGB, obwohl diese naturgemäß mit einem hohen Risiko verbunden sind, insbesondere in einer Unternehmenskrise. Eine „business judgement rule“ wie im AktG sieht das Dienstvertragsrecht nicht vor. Schon die Androhung von Schadensersatzpflichten seitens Altgesellschaftern oder Kreditinstituten könnte bewirken, dass der Treuhänder zögert oder von den notwendigen Maßnahmen ganz absieht, was wieder zu Lasten der anderen Partei gehen würde und so wiederum haftungsrelevant werden könnte.213 Eine unzulässige, indirekte Einflussnahmemöglichkeit der Parteien auf den Treuhänder wäre faktisch die Folge. Soweit Meinungsverschiedenheiten über das weitere Vorgehen bestehen, könnte der Treuhänder zwischen den Fronten „zerrieben“ und die Treuhand damit paralysiert werden. Schwerlich würde sich unter diesen Voraussetzungen überhaupt ein Treuhänder finden lassen, der bereit wäre die Aufgabe zu übernehmen. Zunächst übernimmt die Stellung als Doppeltreuhänder daher keine natürliche Person, sondern eine Treuhand-Zweckgesellschaft, welche die Gesellschafterstellung sowie die Stellung als Partei des Treuhandvertrags innehat.214 Um die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen zu beschränken dient hierzu in der Regel die Rechtsform der GmbH, § 13 Abs. 2 GmbHG. Diese Zweckgesellschaft ist direkter Abtretungsempfänger der Gesellschaftsanteile ohne Durchgangserwerb bei dem 211
So die h. M., vgl. nur etwa Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 31 Rn. 8; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 31 Rn. 15. 212 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 13 Rn. 54. 213 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (109/Fn. 61); so auch Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 495 (512). 214 Vgl. hierzu schon oben unter § 5 C. III.
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Treuhandgeschäftsführer persönlich. Ebenso wird sie als juristische Person Partei des Treuhandvertrages. Durch diese erste Maßnahme ist zunächst einmal das private Vermögen des Treuhandgeschäftsführers (als natürliche Person) weitestgehend von den beschriebenen Haftungsrisiken abgeschirmt. Zwar haftet er der Zweckgesellschaft als Gesellschafter im Innenverhältnis wie oben beschrieben, sowie als Geschäftsführer insbesondere nach § 43 GmbHG. Im Rahmen letzterer ist der Verschuldensmaßstab allerdings gegenüber § 276 Abs. 1, 2 BGB auf die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns reduziert. Hierunter ist die Sorgfalt zu verstehen, die ein ordentlicher Geschäftsmann in verantwortlich leitender Position bei selbstständiger treuhänderischer Wahrung fremder Vermögensinteressen zu beachten hat.215 Faktisch ist die Haftung zur Gesellschaft im Innenverhältnis jedoch ausgeschlossen, da der Treuhandgeschäftsführer Alleingesellschafter der Treuhand-Zweckgesellschaft ist und sich weder selbst in Anspruch nimmt noch Mitgesellschafter/Mitgeschäftsführer bestehen, die das übernehmen würden. Gegenüber Dritten hat er als Geschäftsführer nur in Ausnahmefällen direkt zu haften, hauptsächlich auf die unspezifische deliktische Haftung beschränkt.216 Als weitere Maßnahme wird die Haftung der Treuhand-Zweckgesellschaft im Rahmen des Treuhandvertrages gegenüber den Altgesellschaftern beschränkt. Insbesondere wird der Verschuldensmaßstab soweit gesetzlich zulässig auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit reduziert.217 Darüberhinaus wird die Haftung gänzlich ausgeschlossen für den Fall, dass der Treuhänder Weisungen der Treugeber folgt, soweit diese nach dem Treuhandvertrag zulässig sind und hieraus ein Schaden entsteht. Zu beachten ist, dass die Modifikationen der Haftung im Treuhandvertrag auch gegenüber dem Kreditinstitut als gesicherter Drittbegünstigter Wirksamkeit entfalten. Der Anspruch des gesicherten Drittbegünstigten leitet sich nur aus dem Vertragsverhältnis ab. Das sogenannte Deckungsverhältnis (der Treuhandvertrag) zwischen Altgesellschaftern und Doppeltreuhänder entscheidet über Inhalt und Voraussetzungen des Anspruchs und die Pflichten im Vollzugsverhältnis zwischen Doppeltreuhänder und Kreditinstitut.218 Insbesondere stehen dem Doppeltreuhänder daher auch im Verhältnis zum Kreditinstitut alle Einreden aus dem Deckungsverhältnis zu, § 334 BGB.219
215 OLG Zweibrücken NZG 1999, 508; OLG Celle NZG 2000, 1178; OLG Oldenburg BB 2007, 66; Ockelmann/Pieperjohanns/Hölck, in: Bormann/Kauka/Ockelmann, GmbHRecht, S. 404 Rn. 156. 216 Daneben tritt eine Haftung für die Verletzung der Pflicht zur Einreichung der Gesellschafterliste nach § 40 Abs. 3 GmbHG, eine Haftung wegen Insolvenzverschleppung, eine Haftung für Wettbewerbsverstöße der GmbH sowie eine Haftung nach Steuerrecht, vgl. Ockelmann/Pieperjohanns/Hölck, in: Bormann/Kauka/Ockelmann, GmbH-Recht, S. 401 ff. Rn. 147 ff. Im Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand sind diese Tatbestände allerdings nicht von spezifischer Relevanz. 217 Siehe bspw. Seidl, DStR 1998, 1220 (1224). 218 Vgl. Gottwald, in: MünchKomm, BGB, § 328 Rn. 28, 30, 32. 219 Gottwald, in: MünchKomm, BGB, § 334 Rn. 1; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 334 Rn. 1.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Neben Haftungsbeschränkungen muss die Vermeidung potentieller Haftungssituationen aufgrund inhaltlicher Konflikte zwischen der vertraglichen Pflichtenstellung der Treuhand-Zweckgesellschaft einerseits sowie seinen gesellschafterlichen Pflichten gegenüber der Gesellschaft andererseits bei der Erstellung des Treuhandvertrages im Mittelpunkt stehen. Hierzu sind die vertraglichen Pflichten des Doppeltreuhänders gegenüber Altgesellschaftern und Kreditinstituten sorgfältig auf den gesetzlich vorgegebenen gesellschaftsrechtlichen Rahmen und insbesondere die gesellschafterliche Treuepflicht abzustimmen. Dieser gesetzliche Rahmen ist den Parteien von Beginn an bekannt. Im Zweifel müssen individualvertragliche Absprachen deshalb zurückstehen.220 Um hier Kollisionen zu vermeiden sollte der Treuhandvertrag das wirtschaftliche Wohl der Gesellschaft sowie sonstige, zwingende gesellschaftsrechtliche Vorgaben als höchsten Handlungsmaßstab des Treuhänders explizit anerkennen und ihnen dementsprechende Priorität bei Widersprüchen zu anderen vertraglichen Regelungen einräumen. Sollte es dennoch zu einer Haftung der Treuhandgesellschaft kommen, sollten die Ansprüche durch eine entsprechende Versicherung abgedeckt sein. Flankierend bietet sich eine Begrenzung der Haftungssumme auf die Versicherungshöchstsumme an.221 Im Gegensatz zu dem vertraglichen Haftungsregime sind der parteiautonomen Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Pflichten und Haftungstatbestände enge gesetzliche Grenzen gesetzt.222 Insbesondere ist die Haftung des Erwerbers nach § 16 Abs. 2 GmbHG bei Abtretung nicht abdingbar, da sie rein an die Gesellschafterstellung anknüpft und nicht der Disposition der Parteien unterliegt.223 Ebenso besteht beispielsweise ein Verbot der grundsätzlichen Disposition über den Einlageanspruch und die diesbezügliche Haftung wie oben beschrieben.224 Solche Belastungen sind im Ergebnis von den Altgesellschaftern nach dem Verursacherprinzip als frühere Gesellschafter und weiterhin wirtschaftlich Berechtigte zu tragen. Um die Treuhandgesellschaft hier vor wirtschaftlicher Inanspruchnahme zu schützen, werden ihr Freistellungsansprüche gegen die Altgesellschafter im Treuhandvertrag eingeräumt. Hernach werden die Altgesellschafter verpflichtet, die Treuhandgesellschaft soweit von allen Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft oder Dritten freizustellen, als diese sich im Rahmen des Treuhandvertrag aus der Gesellschafterstellung des Treuhänders für diesen ergeben. Ausgeschlossen ist die Freistellung nur, soweit die Ansprüche gegen die Treuhandgesellschaft auf einer schuldhaften Pflichtverletzung des Doppeltreuhänders (Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit) begründen. Insbesondere 220 BGHZ 3, 354 ff.; Beuthien, ZGR 1974, 26 (41); Blaurock, S. 134, 181; Markwardt, S. 61; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 235 Rn. 536; kritisch differenzierend: Tebben, S. 272 ff. 221 Siehe bspw. Achsnick/Opp, S. 77 Rn. 281 ff. Hierzu auch: Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1775 Rn. 36. 222 Vgl. etwa Eden, S. 392; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 224. 223 Noch zum § 16 Abs. 3 GmbHG a. F. vor MoMiG: RGZ 138, 106 f.; Armbrüster, S. 392 f.; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 212; nach MoMiG: Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 224. 224 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 19 Rn. 16 ff.
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gilt diese Freistellungsklausel für alle Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft oder Dritten, die mittelbar oder unmittelbar in Zusammenhang mit der Übernahme oder dem Halten des Treuguts (Gesellschaftsanteile) anfallen.225 Natürlich sind die schuldrechtlichen Ansprüche kein Garant dafür, dass die Altgesellschafter diese Pflichten im Ernstfall auch erfüllen. Für den Fall des Vertragsbruches können die Freistellungs- und Aufwendungsersatzansprüche allerdings mit einem „Haftungspool“ abgesichert werden, der sich beispielsweise aus den Gewinnen der Gesellschaft generiert. 11. Garantien Um dem Treuhänder die Durchsetzung der Freistellungsansprüche gegenüber den Altgesellschaftern im Streitfall zu erleichtern, geben die Altgesellschafter in der Regel Garantien in Bezug auf das Treugut in einem Umfang ab, wie sie auch im Rahmen eines Unternehmensverkaufes (Share Deal) üblich wären. Insbesondere steht hier die Gesellschafterstellung, die Freiheit der Anteile von Rechten Dritter und Ähnliches im Mittelpunkt. a) Garantien der Altgesellschafter zugunsten des Doppeltreuhänders Unter einer Garantie ist im folgenden ein selbstständiger Garantievertrag sui generis nach § 311 Abs. 1 BGB zu verstehen, auch selbstständiges Garantieversprechen genannt. Im Rahmen eines solchen Garantieversprechens verpflichtet sich der Garant, den Garantienehmer im Garantiefall so zu stellen, als ob der garantierte Erfolg eingetreten und/oder der Schaden nicht entstanden wäre.226 Garantien dienen der Durchsetzung von Schadensersatz- und Freistellungsansprüchen gegen den Garanten und somit im Ergebnis der „Schadloshaltung“ des Garantienehmers, soweit der garantierte Erfolg nicht eintritt.227 Der Inhalt des Garantieanspruchs bestimmt sich nach allgemeinem Schadensrecht anhand der §§ 249 ff. BGB.228 Im Fall einer Garantieverletzung wird damit primär Naturalrestitution geschuldet, ersatzweise Schadensersatz in Geld. Um abzusichern, dass der Treuhänder die beschriebenen Freistellungsansprüche sowie sonstige Schadensersatzansprüche gegen die Altgesellschafter effektiv durchsetzen kann, geben die Altgesellschafter in der Regel bestimmte Garantien gegenüber dem Doppeltreuhänder ab. Diese sollten sowohl die Gesellschaftsanteile per se als auch bestimmte Verhältnisse der Gesellschaft betreffen. Insbesondere soll der Doppeltreuhänder so einen gewissen Schutz im Hin225
Zur Haftung des Treuhänders und Möglichkeiten zur interessengerechten Einschränkung vgl. auch Eden, S. 59 ff. 226 St. Rspr.: BGH NJW 1965, 148 (149); BGH NJW 1981, 2295; BGH NJW 1985, 2941 f.; BGH NJW 1996, 2569 (2570); BGH ZIP 2001, 1496. 227 Habersack, in: MünchKomm, BGB, Vorb. § 765 Rn. 16. 228 Habersack, in: MünchKomm, BGB, Vorb. § 765 Rn. 17.
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blick auf seine volle gesellschafterliche Haftung im Innenverhältnis bekommen.229 Dementsprechend ist es erforderlich, dass die Garantien diejenigen Tatbestände abdecken, welche für die Haftung des Treuhänders am relevantesten sind. Hierfür garantieren die Altgesellschafter in der Regel, dass *
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sie alleinige materiell Berechtigte und Verfügungsbefugte an den betreffenden Gesellschaftsanteilen sind, die Gesellschaftsanteile frei von Belastungen oder sonstigen Rechten Dritter sind (bestehende Pfandrechte etc. sind offenzulegen), alle erforderlichen Zustimmungen zur Übertragung der Anteile vorliegen und keine weiteren als die offengelegten Zustimmungen notwendig sind, keine weiteren Beteiligungen der Altgesellschafter an dem Treugut-Unternehmen bestehen (stille Teilhaberschaften etc.), das Stammkapital auf die Gesellschaftsanteile vollständig eingezahlt worden ist und keine (verbotene) offene oder verdeckte Einlagenrückgewähr, keine verdeckten Gewinnausschüttungen und keine verdeckten Sacheinlagen erfolgt sind, weder (drohende) Überschuldung vorliegt noch ein Insolvenzverfahren über die Gesellschaft eröffnet oder beantragt wurde und nach derzeitigem Stand auch (noch) keine Verpflichtung hierzu besteht, die Jahresabschlüsse der Gesellschaft nach den anwendbaren Bilanzierungsgrundsätzen und -richtlinien mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erstellt worden sind und die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft im Zeitpunkt des Treuhandvertrages korrekt abgebildet wurde.230
b) Exkurs: Garantien zugunsten der Erwerber bei Verkauf im Sicherungsfall Regelmäßig verlangen potentielle Erwerber bei Unternehmenskäufen umfangreiche Garantien der Verkäufer hinsichtlich des Kaufgegenstandes, hier also den Gesellschaftsanteilen und der Gesellschaft an sich.231 Neben marktüblichen Garantien insbesondere hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse (Existenz und Inhaberschaft der/an den Gesellschaftsanteilen etc.) versuchen die Käufer hierdurch solche Risiken abzudecken, welche bei der Due Diligence offengelegt 229
Zur Haftung im Einzelnen unter § 6 A. II. 10. Vgl. zu den Garantien: Achsnick/Opp, S. 67 Rn. 239 ff. (speziell zur doppelseitigen Sanierungstreuhand); Holzapfel/Pöllath, S. 368 f. Rn. 843 ff. (allgemein Verkäufergarantien beim Unternehmensverkauf); Krüger/Pape, NZI 2009, 870 (871 ff.) (allerdings zu Garantien des Managements). 231 Holzapfel/Pöllath, S. 366 f. Rn. 838 f. (hier auch mit Beispielkatalog der typischerweise in Frage kommenden Garantien). 230
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wurden oder ohnehin schon bekannt waren. Soweit die Verkäuferseite nicht dazu bereit ist, entsprechende Garantien abzugeben, führt dies entweder zu einem Scheitern der Verhandlungen oder der Käufer preist die Unsicherheit mit einem Sicherheitsabschlag in das Kaufangebot ein.232 Insbesondere bei Unternehmensverkäufen aus der Krise heraus gewinnen Garantien besondere Bedeutung. Hier stellen sich zahlreiche potentielle Haftungsrisiken und Bewertungsunsicherheiten für die Gesellschaft sowie die Inhaber der Gesellschaftsanteile des kriselnden Unternehmens. Jedoch sind entsprechende Garantien bei einem Unternehmensverkauf aus der Krise oder einer Insolvenz (Distressed M&A) heraus entsprechend schwer zu erlangen. Insbesondere Insolvenzverwalter werden in der Regel gar nicht dazu bereit sein, irgendwelche Garantieversprechen abzugeben, sondern gegenteilig explizit auf ihre ungesicherte Verfügungsmacht und die Unsicherheit der zur Verfügung gestellten Tatsachen hinweisen.233 Meist werden daher aus der Insolvenz heraus nicht die Anteile an dem Unternehmen, sondern nur dessen einzelne Vermögensgegenstände im Wege eines Asset Deals gekauft. Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand werden in der Regel auch nur sehr beschränkt Garantieversprechen zugunsten des Käufers abgegeben. Der als Verkäufer hierfür primär in Frage kommende Doppeltreuhänder ist weder verpflichtet noch bereit, entsprechende umfangreiche Garantien hinsichtlich des Kaufgegenstandes abzugeben.234 Weder sehen der Treuhandvertrag noch das Gesetz entsprechende Verpflichtungen vor noch profitiert er von den Veräußerungserlösen. Der Doppeltreuhänder ist insofern wirtschaftlich nur ausführendes Organ der Altgesellschafter und Kreditinstitute.235 Ohnehin wären die abgegebenen Garantien mangels ausreichendem Haftkapital bei der Treuhand-Zweckgesellschaft rein faktisch nicht werthaltig. Insofern müsste ein Teil des Kaufpreises zur Absicherung der Garantieansprüche auf einem Treuhandkonto deponiert werden, wie im Rahmen von Unternehmensverkäufen üblich. Hierzu werden wiederum die Gläubiger der durch die Sicherungszweckabrede begünstigten Forderungen (die Banken) ihren Konsens nicht erteilen. Berechtigterweise garantieren lässt sich der Erwerber aber in der Regel den Bestand und die Wirksamkeit des Treuhandvertrages und insbesondere die Verfügungsbefugnis des Treuhänders über den „Kaufgegenstand Gesellschaftsanteile“, nebst deren Freiheit von Belastungen durch Rechte Dritter.236 Alternativ könnten die Altgesellschafter Garantien gegenüber einem dritten Erwerber abgeben, wozu aber auch diese in der Regel nicht bereit sein werden. Zum einen fällt es ihnen ohnehin schwer, sich von ihrem Unternehmen zu trennen und wenn, wünschen sie einen „klaren Schnitt“.237 Zum anderen partizipieren sie aufgrund der Erlösvertei232 Himmelsbach/Krüger, NZI 2007, 309 (310) (Anmerkung zu OLG Oldenburg, Urteil vom 22. 06. 2006 – 1 U 34/03). 233 Himmelsbach/Krüger, NZI 2007, 309 (310). 234 Himmelsbach/Krüger, NZI 2007, 309 (310); Krüger/Pape, NZI 2009, 870 (875). 235 Vgl. Krüger/Pape, NZI 2009, 870 (875 f.). 236 Krüger/Pape, NZI 2009, 870 (872, 876). 237 So Himmelsbach/Krüger, NZI 2007, 309 (310).
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lungsabrede nicht oder nur partiell an dem erzielten Verkaufspreis. Sie werden sich daher nicht auch noch einem (mitunter immensem) Haftungsrisiko aussetzen, welches sie weder ganz überblicken noch im Zweifel mit ihrem (begrenzten) privaten Vermögen beherrschen können. Anders mag es liegen, wenn der Verkaufspreis entsprechend hoch ist, so dass ein beträchtlicher Anteil auch nach dem Wasserfall an die Altgesellschafter fließt und (zumindest) das Haftungsrisiko aus den abzugebenden Garantien übersteigt.238 12. Kostentragung und Vergütung Für die Treuhandkonstruktion können (und werden) erhebliche Kosten entstehen, sowohl um diese erst zu errichten als auch für den laufenden Betrieb. Nicht zuletzt deshalb hat die doppelseitige Sanierungstreuhand in der Regel nur in Sanierungsfällen mit größerem Umfang ein attraktives Kosten-Nutzen-Verhältnis. Der Treuhandvertrag hat die Kostenverteilung zu regeln für *
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den Entwurf aller benötigten Urkunden und Verträge (Treuhandvertrag, notarieller Abtretungsvertrag, Beurkundung, Anmeldung und Eintragung ins Handelsregister etc.), die laufenden Kosten für die Treuhand-Zweckgesellschaft und deren Treuhandgeschäftsführer, Kosten für Berufsversicherung u. ä., die Beauftragung dritter Experten durch den Treuhänder (Sanierungsbeirat, M&A Berater, Steuerberater etc.) und die Kosten des Unternehmensverkaufs, soweit der Sicherungsfall eintritt. a) Vergütung der treuhänderischen Tätigkeit
Die treuhänderische Tätigkeit selbst wird in der Regel auf Zeitbasis abgerechnet. Hierfür erhält der Treuhandgeschäftsführer einen festen Stundensatz und hat demgemäß Rechenschaft über die von ihm in Ausübung der treuhänderischen Tätigkeit geleisteten Stunden zu führen. Als Vertragspartner haben die Altgesellschafter die Vergütung der Treuhandgesellschaft beziehungsweise deren Geschäftsführer zu tragen. Soweit der Treuhänder nicht periodisch abrechnet, wird in der Regel vereinbart, dass er nach Verwertung der Gesellschaft seine Ansprüche aus dem Erlös der Unternehmensveräußerung befriedigen soll, soweit der Sicherungsfall eintritt.
238 Gleiche Einschätzung bei Wildberger/Reuter, in: Juve Handbuch, S. 193 und parallel bei Reuter, NZI 2013, 169 f.
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b) Ersatz von Aufwendungen In der Regel kann der Treuhänder die im Rahmen der Verwaltung und gegebenenfalls Verwertung der Gesellschaft anfallenden Aufgaben nicht allein bewältigen. Sei dies aufgrund mangelnder Expertise in den verschiedensten Fachgebieten, oder sei dies schlicht faktisch durch den Umfang der anfallenden Arbeiten bedingt. Aufgrund dessen sollte der Treuhänder berechtigt sein, externen Sachverstand in jedem Stadium der Sanierung und Veräußerung hinzuziehen. Insbesondere im Verkaufsprozess kann die Einschaltung eines professionellen M&A Beraters die Erlöse multiplizieren oder den Verkauf überhaupt erst ermöglichen. Kosten, die durch die Beauftragung Dritter entstehen, werden im Ergebnis entweder die Gesellschaft oder die Altgesellschafter als wirtschaftliche Inhaber der Gesellschaft zu tragen haben. Gegebenenfalls ist auch die Aufteilung der Kosten zwischen Altgesellschaftern und Kreditinstitut denkbar. Soweit die Forderungen erst mit/nach Veräußerung des Treuguts fällig sind/werden, hat der Treuhänder sie in der Regel direkt aus den Erlösen zu befriedigen, vor der Verteilung an die Parteien gemäß der Erlösverteilungsabrede.239 Vorher geleistete Zahlung aufgrund geltend gemachter Aufwendungsersatzansprüche sind dann entsprechend zu verrechnen. In Abgrenzung zu dem oben erläuterten Freistellungsanspruch sollen unter den Aufwendungsersatzanspruch alle freiwilligen Vermögensopfer des Treuhänders fallen, in erster Linie die Verbindlichkeiten aus Beratungs- oder sonstigen Verträgen, welche der Treuhänder im Rahmen seiner Tätigkeit mit Dritten abschließt. Bei dem Freistellungsanspruch dagegen handelt es sich um Vermögenseinbußen, die dem Treuhänder unfreiwillig aber in Folge ordnungsgemäßer Durchführung des Treuhandvertrages entstehen. Schulden aus der Haftung gegenüber der Gesellschaft im Innenverhältnis oder sonstige Verbindlichkeiten des Treuhänders sollen als nicht freiwillige Vermögensopfer daher unter den Freistellungsanspruch fallen, soweit sie unabhängig von der Person des Treuhänders sind und nicht Folge der Verletzung des Treuhandvertrages gegenüber externen Dritten (z. B. Steuern).240 Sofern nicht explizit durch den Treuhandvertrag ausgeschlossen, kann der Treuhänder jedoch statt Aufwendungsersatz ohnehin Freistellung nach § 257 S. 1 BGB fordern. Finden sich explizite Regelungen im Treuhandvertrag, wann der Treuhänder Aufwendungsersatz 239 Vgl. etwa Achsnick/Opp, S. 75 Rn. 273 ff. oder Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 227. Soweit hier die Aufrechnungsbefugnis nicht ohnehin statuiert ist, folgt diese nach § 387 BGB aus dem Gesetz, vgl. Eden, S. 53; Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1778 Rn. 48. 240 Zum Begriff der Aufwendung als freiwilliges Vermögensopfer: BGH NJW 1960, 1568; BGH NJW 1973, 46; BGH NJW 1989, 2816; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 256 Rn. 1. Die Abgrenzung ist äußerst schwierig und verschwimmt teilweise, da der „Schaden“ als theorethisch nicht freiwilliges Vermögensopfer von der Rspr. der Aufwendung faktisch gleichgestellt wird, soweit das Schadensersatzrisiko bei einer gefahrgeneigten Tätigkeit freiwillig übernommen wird, vgl. bspw. Sprau, in: Palandt, BGB, § 670 Rn. 11. Im Ergebnis zeitigt die Unterscheidung aber keine Relevanz, da der Berechtigte alternativ zum Aufwendungsersatz auch Freistellung von der Verbindlichkeit verlangen kann, § 257 S. 1 BGB, soweit dies nicht vertraglich explizit ausgeschlossen ist.
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und wann Freistellung fordern kann, wird man hier jedoch im Zweifel von einem Abbedingen der gesetzlichen Regelung ausgehen können und müssen. Um Unklarheiten über die Kostenübernahme und einen „Kostenexzess“ zu Lasten der Altgesellschafter oder der Gesellschaft zu vermeiden, wird der Aufwendungsersatzanspruch in der Regel auf „angemessene“ Kosten beschränkt, wobei dieser Begriff im Zweifel wenig zur Streitbeilegung beiträgt. Daher sollte schon im Treuhandvertrag möglichst genau definiert werden, welche Berater- und sonstigen Kosten der Treuhänder bis zu welcher Höhe veranlassen darf und welche nur nach Rücksprache übernommen werden müssen. 13. Laufzeit und Beendigung Der Sanierungs- sowie ein potentieller Veräußerungsprozess ist jeweils mit etlichen Unwägbarkeiten belegt, insbesondere in zeitlicher Hinsicht.241 Der Treuhandvertrag wird daher grundsätzlich ohne feste Laufzeit auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. a) Auflösende Bedingung bei Fortfall des Sicherungszwecks? Teilweise wird (auch explizit) für die doppelseitige Sanierungstreuhand vertreten, die ganze Treuhandkonstruktion könnte oder sollte sogar auflösend bedingt (§ 158 Abs. 2 BGB) auf den Wegfall des Sicherungszwecks vereinbart werden.242 Diese Bedingung soll anscheinend sowohl den schuldrechtlichen Treuhandvertrag als auch das dingliche Übertragungsgeschäft umfassen. Mit Erfüllung der gesicherten Forderung(en) sowie aller aufgelaufenen Zinsen würde demnach der ursprüngliche Rechtszustand automatisch wieder eintreten.243 Die Gesellschaftsanteile würden automatisch an die Altgesellschafter mit dinglicher Wirkung zurückfallen, auf schuldrechtlicher Ebene würde sich der Treuhandvertrag im Zeitpunkt des Bedingungseintritts automatisch in ein Abwicklungsschuldverhältnis wandeln oder gar „erlöschen“.244 241
Ziegenhagen spricht von einer Dauer zwischen drei und fünf Jahren, vgl. in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 227. 242 Speziell zur Sanierungstreuhand: Achsnick/Opp, S. 78 Rn. 289; allgemein als Möglichkeit bei der Kreditsicherungstreuhand: Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 38; Eden, S. 392; Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1780 Rn. 56; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 290 Rn. 644 nennen diese Möglichkeit zwar, stufen sie aber auch als „in der Praxis selten verwendet“ ein. 243 Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 158 Rn. 2. 244 Oft ist zu lesen der Treuhandvertrag würde mit Bedingungseintritt „vollständig erlöschen“, auch die §§ 115 f. InsO sprechen von einem „erlöschen“ (hierzu an späterer Stelle). Dies sollte man nicht in dem Sinn verstehen, dass das komplette Schuldverhältnis ersatzlos wegfallen würde. Ansprüche „erlöschen“, etwa durch Erfüllung, § 362 Abs. 1 BGB; hernach zeitigen sie keine Wirkung mehr. (Synallagmatische) Verträge als Bündel von Rechten und Pflichten „erlöschen“ nicht vollständig in dem Sinn, dass sie hernach vollständig „wegfallen“ und keine Wirkung mehr entfalten. Es „erlöschen“ aus dem vertraglichen Bündel an Rechten
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Nach hier vertretener Ansicht ist von einer solchen Gestaltung abzuraten, auch wenn gegen die grundsätzliche Möglichkeit keine rechtlichen Bedenken bestehen.245 Dies hat zwei Gründe: auf jeder (zeitlichen) Stufe einer doppelseitigen Sanierungstreuhand sollte ein höchstes Maß an Klarheit und Sicherheit hinsichtlich der rechtlichen Inhaberschaft und den daraus folgenden Rechten und Pflichten an den Gesellschaftsanteilen bestehen. Mit anderen Worten muss zu jedem Zeitpunkt ohne Zweifel feststehen oder zumindest klar feststellbar sein, wer formal Inhaber der Gesellschaftsanteile und damit entscheidungsbefugter Gesellschafter ist. Alles andere würde den Sanierungs- und insbesondere einen Veräußerungsprozess negativ beeinflussen und das Vertrauen dritter Parteien beeinträchtigen, insbesondere das der finanzierenden Banken. Über den Eintritt einer Bedingung können stets Unklarheiten und gegebenenfalls Streitigkeiten entstehen, insbesondere wenn die Definition der Bedingung auslegungsfähig ist und der Inhalt der Bedingung extrem komplex wie bei den wirtschaftlichen Milestones des Sicherungsfalles. Insofern könnten Unklarheiten darüber entstehen, ob die Gesellschaftsanteile dinglich (schon) an die Altgesellschafter zurückgefallen sind oder (noch) nicht. Die Problematik wird durch die Wirkung der Gesellschafterliste im Innenverhältnis zur Gesellschaft zwar wesentlich entschärft, § 16 Abs. 1 i. V. m. § 40 GmbHG. Hernach gilt im Verhältnis zur Gesellschaft nur der Inhalt der im Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste. Etwaige Gesellschafterbeschlüsse des Treuhänders wären daher wirksam, auch wenn die Anteile schon an die Altgesellschafter zurückgefallen wären.246 Allerdings könnten (auch) die Altgesellschafter über die Anteile verfügen, da die Aufnahme in die Gesellschafterliste keine materielle Wirksamkeitsvoraussetzung für Verfügungen ist.247 Zudem gilt § 16 GmbHG nur im Innenverhältnis zur Gesellschaft, was den Doppeltreuhänder damit im Außenverhältnis zum Nichtberechtigten machen würde. Er könnte als nunmehr Nichtberechtigter (nur) noch unter den Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs nach dem neuen § 16 Abs. 3 GmbHG veräußern, die dortigen Voraussetzungen unterstellt. Dies funktioniert natürlich im Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand und einem Unternehmen nicht. Darüber hinaus bestünde Unklarheit über die Verpflichtung des Geschäftsführers, eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen, und Pflichten die darin beinhalteten Hauptleistungsrechte/-pflichten durch bspw. Erfüllung, etwa das Recht aus § 433 Abs. 1 BGB von dem Vertragspartner Übergabe und Übereignung der gekauften Sache verlangen zu können. Der Vertrag wandelt sich in ein nachvertragliches Schuldverhältnis fort, das insbesondere den „Rechtsgrund zum Behalten dürfen“ der ausgetauschten Leistungen begründet. Deshalb wird der Begriff des Erlöschens im Rahmen dieser Arbeit häufig in Klammern verwendet unter Verweis auf diese Fußnote. Vgl. hinsichtlich des „Erlöschens“ nach den §§ 115 f. InsO auch § 14 unter Fn. 5 245 Allgemein zur auflösend bedingten Übertragung und deren Zulässigkeit: Armbrüster, S. 159. 246 Vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 16 Rn. 9 ff. 247 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 16 Rn. 2; Kort, GmbHR 2008, 169 (173); BegrRegE, in: BR-Drucks. 354/07, 85; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 50.
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welche wieder die Altgesellschafter als Gesellschafter ausweist. Trotz der materiellen Wirksamkeit von Handlungen des Treuhänders im Innenverhältnis würde dieser sich gegenüber den Altgesellschaftern als wahrer materiell Berechtigter schadensersatzpflichtig machen, soweit die Anteile schon zurückgefallen sind und er trotzdem noch Gesellschafterrechte auf Grundlage der Gesellschafterliste ausübt. Zweitens würde durch eine solche auflösende Bedingung das im Treuhandvertrag sorgfältig ausgearbeitete und austarierte Rückabwicklungsregime außer Kraft gesetzt werden (Herausgabeansprüche, Regelungen zur Kostenübernahme, Sicherheitsleistungen etc.). Aufgrund der dargelegten Unsicherheiten sollte der Treuhandvertrag weder hinsichtlich seines schuldrechtlichen Teils noch hinsichtlich des zumeist in derselben Urkunde enthaltenen dinglichen Abtretungsgeschäfts eine automatisch auflösende Bedingung enthalten. Korrekterweise ist der Wegfall des Sicherungszwecks die auslösende Bedingung für das Inkrafttreten des vertraglichen vereinbarten Rückabwicklungsregimes, also insbesondere Herausgabeansprüche des/der Altgesellschafter(s) gegen den Treuhänder bedingt auf vollständige Kostenerstattung etc.248 Zusammengefasst „erlischt“ entgegen einer verbreiteten Ansicht der Treuhandvertrag gerade nicht, sondern wandelt sich mit Eintritt der Bedingung in ein schuldrechtliches Rückabwicklungsschuldverhältnis und bleibt auch als Rechtsgrund der dinglichen Rückübertragung bestehen.249 Das Treugut fällt nicht automatisch an die Treugeber zurück, diesen steht nur ein schuldrechtlicher Anspruch auf (dingliche) Rückabwicklung zu. b) Einvernehmliche Beendigung Stimmen die Interessenträger, also Altgesellschafter und gesicherte Drittbegünstigte, einer einvernehmlichen Beendigung zu, muss eine Kündigung gegenüber dem Doppeltreuhänder möglich sein. Insoweit bestimmt der Treuhandvertrag regelmäßig das Recht zur ordentlichen Kündigung seitens des Treugebers gegenüber dem Doppeltreuhänder, bedingt auf die Zustimmung der Kreditinstitute als gesicherte Dritte. Die Rechtsfolgen einer solchen – zwischen Treugebern und gesicherten Kreditinstituten – einvernehmlichen Beendigung korrelieren mit dem Wegfall des Sicherungszwecks, soweit die Parteien nicht etwas anderes vereinbaren. Der Treuhänder ist – die Zustimmung der Kreditinstitute unterstellt – nach Zugang des Widerrufs verpflichtet, die Treuhand aufzulösen und das Treugut entweder auf die Altgesellschafter zurück oder auf einen neu benannten Treuhänder weiter zu übertragen. 248
Siehe BGH NJW 1994, 726; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 40. Zu den Herausgabeansprüchen oben unter § 6 A. II. 8. 249 So nach hier vertretener Ansicht. Vgl. ebenso: BGH DStR 1991, 192 (193); Singhof/ Seiler/Schlitt, S. 279 Rn. 623; nach a. A. „erlischt“ die Sicherungsabrede (Treuhandvertrag) ohne weitere Rechtshandlung mit vollständiger Tilgung der gesicherten Forderung, vgl. bspw. Eden, S. 150 m. w. N.
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c) Tod des/der Altgesellschafter(s) Der Tod eines Treugebers als natürliche Person hingegen soll kein Beendigungsgrund sein und auch keine ordentliche Kündigung rechtfertigen. Das Treuhandverhältnis setzt sich mit den Rechtsnachfolgern des (betroffenen) Altgesellschafters kraft Universalsukzession fort, § 1922 BGB. Auch gesetzlich besteht nach § 672 S. 1 BGB keine Vermutungswirkung, dass das Treuhandverhältnis durch den Tod beendet werden soll, soweit man die doppelseitige Sanierungstreuhand als Auftrag einstuft – entgegen der hier vertretenen Ansicht. d) Ordentliche Kündigungsrechte Wie gezeigt, soll den Altgesellschaftern ein ordentliches Recht zur Kündigung gegenüber dem Doppeltreuhänder zustehen, bedingt auf die Zustimmung der Kreditinstitute (einvernehmliche Beendigung). Im Übrigen gilt: da es sich bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand um ein Mittel zur Kreditsicherung handelt, dürfen dem Treugeber grundsätzlich keine ordentlichen Kündigungsrechte vertraglich eingeräumt werden. Etwaige ordentliche Kündigungsrechte, die bei Vertragslücken subsidiär von Gesetzes wegen existieren, sollten explizit ausgeschlossen werden, um hier Missverständnissen keinen Raum zu lassen. Dies ist nach herrschender Auffassung zulässig, unabhängig davon, ob man den Treuhandvertrag als Auftrag (§ 671 BGB), als reines Dienstverhältnis (§ 620 Abs. 2, 621 BGB) oder als Vertrag sui generis qualifiziert.250 Insbesondere steht dem nicht entgegen, dass der Verzicht auf ein Widerrufsrecht unwirksam sein soll, soweit der Auftrag nur den Interessen des Auftraggebers dient, da sich dieser sonst ganz dem Beauftragten ausliefern würde.251 Die doppelseitige Treuhandkonstruktion dient nicht ausschließlich den Interessen der Altgesellschafter, sondern insbesondere auch den Kreditinstituten. Diese Interessen werden über die drittbegünstigende Sicherungszweckabrede auch Bestandteil des Vertrages. Nach anderer Ansicht folgt ohnehin schon aus dem Vertragszweck der Sicherung die konkludente Abbedingung ordentlicher Kündigungsrechte zugunsten des Treugebers, ohne dass es hier einer expliziten Regelung bedürfe.252 Aus dem Sicherungscharakter der Begünstigung sei abzuleiten, dass dem Doppeltreuhänder seine Rechtsposition nicht entziehbar sein soll.253 250
Zur Zulässigkeit bezüglich Abweichungen von § 671 BGB: Armbrüster, S. 152; Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 671 Rn. 7 (guter Überblick mit weiteren Nachweisen); zur Abdingbarkeit von § 621 BGB: BGH NJW 1964, 350; Hesse, in: MünchKomm, BGB, § 621 Rn. 29; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, Vorb. v. § 620 Rn. 38, 44, § 621 Rn. 2. 251 Vgl. RG JZ 1927, 1139 (1140); BGH WM 1971, 956; Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 671 Rn. 7; Sprau, in: Palandt, BGB, § 671 Rn. 2. 252 Eden, S. 151; Liebich/Mathews, S. 121; Markwardt, S. 123; vgl. auch bzgl. Herausgabeansprüche: Hirschberger, S. 127. 253 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (117).
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Nicht dem Sicherungszweck widersprechen würde dagegen die Möglichkeit, dem Doppeltreuhänder ein ordentliches Kündigungsrecht einzuräumen. Dies sollte allerdings unter dem Vorbehalt einer angemessen langen Kündigungsfrist stehen, sowie die treuhänderische Stellung (Vertrag und Treugut) auf einen neuen Treuhänder zu übertragen. Der nachfolgende Treuhänder ist in diesem Fall wieder durch die Treugeber unter Zustimmung der Kreditinstitute zu benennen. Die Kündigungsfrist ermöglicht den Altgesellschaftern und Kreditinstituten nach einem neuen Doppeltreuhänder zu suchen, welcher die Rechte und Pflichten aus dem Treuhandvertrag sowie die Gesellschafterstellung unverändert übernehmen kann. Das ordentliche Kündigungsrecht des Treuhänders an eine Bedingung zu knüpfen ist ohne Weiteres möglich.254 Auf schuldrechtlicher Seite wird der neue Treuhänder dann im Wege der Vertragsübernahme in den bestehenden Treuhandvertrag eintreten, § 398 BGB.255 Technisch handelt es sich um ein einheitliches Abtretungsgeschäft und nicht um eine Kombination aus Abtretung und Schuldübernahme.256 Hierzu bedarf es neben der Zustimmung aller direkt am Treuhandvertrag Beteiligten257 auch der Zustimmung der gesicherten Kreditinstitute, da die doppelseitige Sanierungstreuhand ein Vertrag zugunsten Dritter ist.258 Neben dem Eintritt in den Treuhandvertrag bedarf es der Übertragung der Gesellschaftsanteile auf den neuen Treuhänder respektive auf die neue Treuhandgesellschaft. Soweit die alte Treuhand-Zweckgesellschaft nur für den speziellen Sanierungsfall gegründet wurde und daher ausschließlich die Anteile des zu sanierenden Unternehmens hält, können auch einfach die Gesellschaftsanteile an der Treuhand-Zweckgesellschaft auf einen neuen Treuhandgeschäftsführer übertragen werden. Die Inhaberschaft an dem Treugut selbst bleibt dann unverändert bei der Treuhand-Zweckgesellschaft, nur deren Gesellschafter-Geschäftsführer ändert sich. Bestehen neben dem Treuhänder noch weitere Minderheitsgesellschafter in dem Unternehmen und ist die Übertragung des Treuguts per Satzung an deren Zustimmung geknüpft, so sollten die Minderheitsgesellschafter per Gesellschaftervereinbarung die Pflicht haben, bei einer Auswechslung des Treuhänders der Übertragung zuzustimmen. Im günstigsten Fall wurde die beschriebene Möglichkeit schon anfangs berücksichtigt und die Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Rahmen eines Austausches des Treuhänder in der Satzung zustimmungsfrei gestellt. Soweit nur die Anteile an der Treuhand-Zweckgesellschaft übertragen werden, ist die Zustimmung der Mitgesellschafter in dem kriselnden Unternehmen ohnehin nicht notwendig, soweit die Satzung der Krisengesellschaft keine sogenannte „Change of Control“ Klausel beinhaltet. 254 Zu § 671 BGB: Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 671 Rn. 4; hinsichtlich § 621 BGB: OLG Celle NJW 1981, 2762; OLG Köln NJW 1983, 1002; Hesse, in: MünchKomm, BGB, § 621 Rn. 29. 255 Vgl. Armbrüster, S. 135 f.; Eden, S. 144; allgemein zur Zulässigkeit einer Vertragsübernahme: BGH NJW 1985, 2528; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 398 Rn. 41. 256 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 398 Rn. 42 m. w. N.; a. A.: Armbrüster, S. 135. 257 Eden, S. 151; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 398 Rn. 42. 258 Vgl. die drittbegünstigende Sicherungszweckabrede schon oben unter § 6 A. II. 2.
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e) Außerordentliche Kündigungsrechte Anders als im Fall der ordentlichen Kündigungsrechte lassen sich die gesetzlichen Kündigungsrechte aus wichtigem Grund nicht per vertraglicher Absprache abbedingen und nur in äußerst geringem Umfang einschränken.259 Dies gilt gleichermaßen für Treuhänder als auch Altgesellschafter. Ebenfalls ist die Unabdingbarkeit unabhängig von der Qualifikation des Treuhandverhältnisses als Auftrag (dann § 671 Abs. 3 BGB)260, als Geschäftsbesorgung bei Entgeltlichkeit (dann §§ 626, 627 BGB)261, als reines Dienstverhältnis (ebenfalls §§ 626, 627)262 oder als Dauerschuldverhältnis sui generis (dann § 314 BGB)263. Insbesondere sind auch vertragliche Absprachen unzulässig, was ein „wichtiger Grund“ im Rahmen des außerordentlichen Kündigungsrechts sein soll.264 Zulässig ist unter engen Voraussetzungen nur, den Parteien per Absprache einzelne Risiken der Vertragsdurchführung einseitig zuzuweisen. Dies kann dann wiederum Auswirkung auf die richterliche Interessenabwägung haben, was das weitere Festhalten an dem Vertrag unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen unzumutbar machen soll und somit einen „wichtigen Grund“ im Sinne der jeweiligen Kündigungsvorschrift darstellt.265 Abstrakt ist ein solcher „wichtiger Grund“ gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages für den Kündigenden unzumutbar machen.266 Die außerordentliche Kündigung durch Altgesellschafter oder auch Treuhänder sollte in jedem Fall die Pflicht des Treuhänders bedingen, das Treugut auf einen neuen Treuhänder zu übertragen, der einen identischen Treuhandvertrag mit den Treugebern abschließt respektive in den bestehenden Vertrag – wie zuvor beschrieben – eintritt. Infolge löst die außerordentliche Kündigung gerade nicht das vertragliche Rückabwicklungsschuldverhältnis aus, wie der Wegfall des Sicherungszwecks. Das macht schon der Sicherungszweck unabdingbar. Das Wahlrecht hinsichtlich des neuen Doppeltreuhänders und Treuhandgeschäftsführers steht als 259
Allgemein zur Unabdingbarkeit: BGH NJW 1951, 836; BGHZ 73, 294 (299); Eden, S. 150 f.; Tebben, S. 328. 260 Zur Anwendbarkeit auf beide Parteien: Armbrüster, S. 152; Eden, S. 150; Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 671 Rn. 7, 14; Tebben, S. 329; zur Unabdingbarkeit vgl. Wortlaut der Vorschrift sowie bspw. Martinek, in: Staudinger, BGB, § 671 Rn. 10 oder Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 671 Rn. 7. 261 Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 675 Rn. 25; Sprau, in: Palandt, BGB, § 675 Rn. 8; Tebben, S. 329; zur Unabdingbarkeit: Henssler, in: MünchKomm, BGB, § 626 Rn. 48; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 626 Rn. 2. 262 Zur Unabdingbarkeit siehe die in Fn. 261 Genannten. 263 Zur Unabdingbarkeit: Gaier, in: MünchKomm, BGB, § 314 Rn. 4; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 314 Rn. 3. 264 Henssler, in: MünchKomm, BGB, § 626 Rn. 53. 265 Gaier, in: MünchKomm, BGB, § 314 Rn. 4; Henssler, in: MünchKomm, BGB, § 626 Rn. 54. 266 BGH NJW-RR 2009, 1189.
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Vertragspartner wieder nur den Altgesellschaftern zu. Die Kreditinstitute sollten sich hier abermals zurückhalten, unzulässigen Druck oder Einfluss auszuüben, um etwaigen Haftungsgefahren zu entgehen. Optimalerweise sind hier personelle Ersatzlösungen schon im Sanierungsabkommen zwischen Altgesellschaftern und Kreditinstitut vereinbart, so dass hier keine Verzögerungen oder Meinungsverschiedenheiten entstehen können. Zu diesem Zeitpunkt haben die Kreditinstitute noch das zulässige, faktische Druckmittel der Kreditvergabeentscheidung. Dieses ist später bei Wechsel des Treuhänders zumindest nicht mehr in der Form gegeben wie Unterzeichnung der neuen Kreditverträge. Bestellen die Altgesellschafter einen Treuhänder, der bei den Kreditinstituten keine Vertrauensstellung genießt, so stellt diese Auswechslung des Treuhänders regelmäßig einen Kündigungsgrund innerhalb der besicherten Kreditverträge dar. Das außerordentliche Kündigungsrecht bei Vertrauensstellung nach § 627 BGB sollte explizit abbedungen werden, was ohne Weiteres zulässig ist. Es handelt sich nicht um zwingendes Gesetzesrecht.267 f) Kündigung bei quantitativer Spaltung der Altgesellschafterposition (mehrere ehemalige Gesellschafter) Soweit mehrere Altgesellschafter ihre Gesellschaftsanteile auf den Treuhänder übertragen haben und die Treugeberposition demnach in der hier verwendeten Terminologie „quantitativ gespalten“ ist,268 muss der Treuhandvertrag eine Regelung enthalten, nach der ein etwaiges Kündigungsrecht aus wichtigem Grund nur einheitlich von allen und für alle Altgesellschafter ausgeübt werden darf. Diese Einschränkung des grundsätzlich nicht abdingbaren Kündigungsrechts ist zulässig.269 Hierzu ist ein Vertreter auf Altgesellschafterseite zu benennen, welcher das Recht nach vorheriger Willensbildung unter den Altgesellschaftern im Innenverhältnis ausüben darf. III. Form Treuhandverträge allgemein unterliegen zunächst keinen besonderen Formerfordernissen. Ein formloser Vertragsschluss wäre demnach theoretisch möglich, auch wenn aus den allgemeinen Gründen (Beweiszwecke etc.) zumindest die einfache Schriftform, § 126 Abs. 1 BGB, als dringend empfehlenswert scheint.270 Da im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand allerdings GmbH Gesellschaftsanteile zu übertragen sind, haben die Parteien spezifische gesellschafts267
Zur Zulässigkeit der Abbedingung: Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 627 Rn. 5. Vgl. auch oben unter § 3 A. III. 1. b). 269 Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 671 Rn. 10. 270 Eden, S. 35; Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1773 Rn. 30; Schaub, DStR 1995, 1634 (1635); Singhof/Seiler/Schlitt, S. 228 Rn. 522. 268
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rechtliche Erfordernisse zu beachten:271 der notariellen Beurkundung (§§ 8 ff. BeurkG) bedarf nämlich jedenfalls das dingliche Übertragungsgeschäft, also die Abtretung der GmbH Anteile auf den Doppeltreuhänder nach § 15 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG.272 Da im Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand die Abtretung der Gesellschaftsanteile in der Regel in einer einheitlichen Urkunde mit dem Treuhandvertrag (schuldrechtliche Causa der Übertragung) vorgenommen wird, ist für die gesamte Urkunde nach § 15 Abs. 3 GmbHG die notarielle Beurkundung obligatorisches Formerfordernis.273 Selbst soweit die beiden Rechtgeschäfte (schuldrechtlicher Treuhandvertrag und Abtretungsvertrag) gesondert vorgenommen werden, würde der schuldrechtliche Treuhandvertrag nach § 15 Abs. 4 GmbHG der notariellen Form bedürfen. Als Form der Übertragungstreuhand enthält er nämlich regelmäßig die Verpflichtung der Altgesellschafter, die Gesellschaftsanteile auf den Doppeltreuhänder zu übertragen.274 Folge eines Formmangels der beiden Rechtsgeschäfte wäre die Nichtigkeit sowohl der Abtretung als auch des schuldrechtlichen Treuhandvertrages, § 125 S. 1 BGB. In Betracht käme nur die nachträgliche Heilung des (nicht beurkundeten) Treuhandvertrages durch den Vollzug des (formwirksam beurkundeten) dinglichen Abtretungsgeschäfts, § 15 Abs. 4 S. 2 GmbHG.275
271
Im Einzelnen ist bei der Form des treuhänderischen Verpflichtungsgeschäfts vieles umstritten, insbesondere hinsichtlich der Formbedürftigkeit der Rückübertragungspflicht des Treuhänders nach Wegfall des Sicherungszwecks sowie bei der Erwerbs- und Vereinbarungstreuhand, vgl. als Übersicht: Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 203 ff. oder Armbrüster, S. 100 ff.; an dieser Stelle wird auf eine eingehende Erörterung des Streitstandes verzichtet, da im Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand als Übertragungstreuhand in jedem Fall die notarielle Form der Übertragung und des Treuhandvertrages notwendig ist. 272 Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (83 f.); Eden, S. 38; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 55, 57; Holzapfel/Pöllath, S. 516 Rn. 1306; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 203 ff.; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 211; Ulmer, in: FS Odersky, S. 872 (882). 273 BayObLG GmbHR 1991, 572 (574); Armbrüster, S. 102; Beuthien, ZGR 1974, 26 (77); Eden, S. 38; Holzapfel/Pöllath, S. 516 Rn. 1306, S. 518 Rn. 1308; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 228 Rn. 523. 274 Eden, S. 38; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 30, 32, 56; Holzapfel/ Pöllath, S. 516 Rn. 1306; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 211; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 203 ff., 206; Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 230; Werner, GmbHR 2006, 1248 (1250); a. A.: Armbrüster, GmbHR 2001, 941 (946). 275 BGHZ 127, 129 (135); BGHZ 138, 195 (203); Eden, S. 39; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 231 Rn. 529.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
B. Der Sanierungstreuhandvertrag als doppelseitige Treuhandkonstruktion in der allgemeinen Treuhandsystematik und seine Rechtsnatur Nachdem die einzelnen Inhalte des Sanierungstreuhandvertrages in der vorliegenden doppelseitigen Konstellationen untersucht wurden, kann die vertragliche Rechtsnatur anhand des materiellen Vertragsgehalts typologisiert werden. Die Rechtsnatur erlangt Relevanz im Fall von (unbeabsichtigten) Vertragslücken oder einer Teilunwirksamkeit hinsichtlich des subsidiär anwendbaren Gesetzesrechts, ebenso für die ergänzende Vertragsauslegung bei Unklarheiten. Zudem werden an das Vorliegen bestimmter Vertragsarten in speziellen Situationen weitergehende Rechtsfolgen geknüpft. Als Beispiel seien hier die §§ 115, 116 InsO genannt. Diese ordnen in der Insolvenz des Treuhänders das „Erlöschen“ des Treuhandvertrages an, soweit es sich um einen Auftrag respektive eine Geschäftsbesorgung handelt und man die Vorschriften auf alle Arten von Treuhandschaften für anwendbar erklärt.276 Läge hingegen kein Auftrag, sondern ein gegenseitiges Schuldverhältnis im Sinne der §§ 320 ff. BGB vor,277 so hätte der Insolvenzverwalter nach § 103 InsO ein Wahlrecht, ob er den Treuhandvertrag für die Masse erfüllen möchte, oder nach Abs. 2 die Erfüllung ablehnen und stattdessen Schadensersatz aus der Masse leisten möchte. Daneben existiert vor allem in der Literatur eine differenzierte Systematik innerhalb der verschiedenen Ausprägungen von Treuhandschaften. Regelmäßig findet man diverse Kategorien der Treuhand nach deren Zweck, dem Interesse der Parteien, der Güterbewegung des Treuguts oder auch der Offenlegung der Treuhand. Verbreitet werden an bestimmte systematische Fallgruppen pauschal rechtliche Folgen geknüpft insbesondere hinsichtlich der Rechtsnatur des Treuhandvertrags und dem Verhalten der Konstruktion in der Insolvenz. Dies hat aktuell zu einem nur schwer überschaubaren, teils verwirrenden Geflecht zwischen reinen Begrifflichkeiten auf der einen, sowie Rechtsnatur des Treuhandvertrages und insolvenzrechtlichen Auswirkungen auf der anderen Seite geführt. Die Problematik wird verstärkt, indem Erkenntnisse zur einseitigen Treuhand weitgehend pauschal auch auf doppelseitige Treuhandkonstruktionen übertragen werden, was an vielen Stellen unbefriedigende Ergebnisse zur Folge hat. Deshalb soll die bestehende Systematik im Zusammenhang mit der Rechtsnatur der doppelseitigen Treuhand dargestellt werden, auch wenn sie nach hier vertretener Ansicht für die doppelseitige Sanierungstreuhand rein systematischen beziehungsweise begrifflichen Nutzen beanspruchen kann. Weitere rechtliche Schlüsse können hieran nicht geknüpft werden, wie insbesondere nicht auf die Rechtsnatur des 276 Zur Anwendbarkeit auf doppelseitige Sicherungstreuhandschaften vgl. Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (108 ff.); Hirschberger, S. 134 ff.; v. Rom, S. 209 ff. Zum Begriff des „Erlöschens“ vgl. § 6 unter Fn. 244 und § 14 unter Fn. 5. 277 Zum Begriff des „gegenseitigen Vertrages“: Huber, in: MünchKomm, InsO, § 103 Rn. 55.
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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Treuhandvertrags. Ein Schwerpunkt liegt hier auf der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die (begrifflichen) Grundlagen der einseitigen Treuhand sowie deren angebliche Auswirkungen auch auf doppelseitige Konstruktionen übertragen werden können. Hierzu gilt es wiederum zunächst die bestehenden Grundlagen zu einseitigen Treuhandschaften in den Blick zu nehmen. Insbesondere bestehen schon hier weitgefächerte Meinungsverschiedenheiten in Rechtsprechung und Literatur, die es zu klären gilt, bevor auf dieser Basis der Spezialfall der doppelseitigen Sanierungstreuhand untersucht und eingeordnet werden kann. I. Die „Treuhand“ im System des deutschen Schuldrechts Anders als in einigen ausländischen Gesetzeswerken278 hat die rechtsgeschäftliche Treuhand im deutschen Schuldrecht wie schon erwähnt bis heute keine spezielle gesetzliche Regelung erfahren.279 Primäre Rechtsquelle für das Verhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder ist daher inhaltlich der zwischen den Parteien geschlossene Treuhandvertrag und die dort festgelegten Rechte, Pflichten sowie sonstigen Regelungen.280 Trotz der großen Bedeutung des Treuhandvertrages ist der aus dem angelsächsischen Rechtskreis bekannte Grundsatz „what’s not in the contract is not in the law“ für Treuhandverhältnisse in Deutschland allerdings nicht zutreffend; ebenso wenig wie die weit verbreitete Aussage, dass die Treuhand in Deutschland überhaupt keine Regelung erfahren habe. Vielmehr stellt das allgemeine wie besondere Schuldrecht für den Fall von Vertragslücken subsidiär durchaus gesetzliche Regelungen bereit. Mangels der erwähnten speziellen Regelung muss hierzu die Rechtsnatur des treuhänderischen Rechtsverhältnisses im jeweiligen Einzelfall näher hinsichtlich der Frage betrachtet werden, inwieweit sich dieser einem kodifizierten schuldrechtlichen Vertragstypus zuordnen lässt. 278 Auch keine kodifizierte Treuhand existiert z. B. in Österreich (s. Coing, S. 217 f.) und der Schweiz (s. Coing, S. 223). Demgegenüber hat Liechtenstein eine Regelung in den Art. 897 ff. (Treuhandschaft im Allgemeinen) und Art. 932a ff. (Treuunternehmen) PGR [Gesetz über das Personen- und Gesellschaftsrecht] in Anlehnung an den angelsächsischen Trust geschaffen (s. Coing, S. 237 ff., der abwechselnd von „PGR“ und „PRG“ spricht, aber wohl einheitlich „PGR“ meint). Auch in Frankreich, wo bis vor kurzem das Institut der Sicherungstreuhand von der Rechtsprechung nicht einmal anerkannt wurde [vgl. Fülbier, RIW 1990, 445 (446)], wurde kürzlich eine gesetzliche Regelung der Treuhand in den Artt. 2011 ff. Code Civil geschaffen, eingeführt durch das Loi nombre 2007 – 211 vom 19. Februar 2007. Treuhandgestaltungen, auch in Form der Doppeltreuhand, waren in Frankreich aber auch schon vor der Kodifikation ein gängiges Instrument der Praxis, vgl. Fülbier, RIW 1990, 445 (446). 279 Asmus, S. 281 ff.; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95; Eden, S. 3; Geibel, S. 85; Gernhuber, JuS 1988, 355; Hirschberger, S. 1, 5; Hübner, § 46 Rn. 1189; Schilken, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 164 ff. Rn. 48; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 28 ff.; Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Auflage, § 164 Rn. 50; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 213 Rn. 493; Tebben, S. 46. 280 Vgl. etwa zur Vorgehensweise bei Vertragslücken im Sicherungstreuhandvertrag: LG Hamburg MDR 1978, 51.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Einen typischen Treuhandvertrag gibt es jedoch nicht.281 Viele treuhänderische Gestaltungen unterscheiden sich in ihrem Zweck und ihren Bedürfnissen so grundlegend, dass jeder Treuhandvertrag einer spezifischen Ausgestaltung bedarf. Daher ist es außerordentlich schwierig, den Treuhandvertrag einheitlich einem schuldrechtlichen Vertragstypus zuzuordnen. Vielleicht auch deswegen hat sich in der Literatur und Rechtsprechung ein weitgefächertes, mittlerweile nurmehr schwer zu überblickendes Meinungsspektrum zu diesem Thema entwickelt. Jedoch haben sich bestimmte typische Interessen- und Zweckkonstellationen in treuhänderischen Verhältnissen herausgebildet, die sich bei ihrem Vertragsinhalt hinsichtlich der relevanten Merkmale jeweils sehr ähnlich gestalten und so fallgruppenweise verallgemeinerungsfähige Aussagen im Hinblick auf den Treuhandvertrag und dessen Rechtsnatur zulassen. Hieran orientiert sich die Darstellung im Folgenden. II. Der einseitige Treuhandvertrag Vielfach wird hinsichtlich der Rechtsnatur des Treuhandvertrages vertreten, dass jeder Treuhand unabhängig von ihrer Ausgestaltung oder ihrem Zweck ein Auftragsverhältnis zugrunde läge. Inhaltlich wären demnach die §§ 662 ff. BGB auf das Rechtsverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder anwendbar, soweit der Treuhandvertrag keine expliziten Regelungen trifft. Soweit der Treuhänder entgeltlich tätig wäre, fände gleichfalls Auftragsrecht über den Verweis in § 675 Abs. 1 BGB auf den Treuhandvertrag Anwendung.282 Diese Aussage pauschalisiert zu stark und berücksichtigt nicht die Vielzahl und Verschiedenheit der existierenden Treuhandformen, die zugrundeliegenden Zweck- und Interessenkonstellationen und die dementsprechend vielgestaltigen Treuhandverträge. An dieser Stelle liegt aber 281
BGH WM 1969, 935; BGH BB 1977, 10; Liebich/Mathews, S. 70, 79. Für doppelseitige Treuhandschaften: Achsnick/Opp, S. 124 Rn. 483; Küppers/Louven/ Schröder, BB 2005, 763 (764); v. Rom, S. 94 f.; Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 491 (506); speziell zur Treuhand an Gesellschaftsanteilen: Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (82); Görner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 15 Rn. 72; Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 15 Rn. 218; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 230; Sänger, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 14 Rn. 16; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 214; allgemein zur Treuhand: BGH WM 1995, 2065 [Gründe 2a), b)]; BGH NJW 2002, 2459; LG Hamburg MDR 1978, 51 (Auftragsregeln subsidiär anwendbar); Achsnick/Opp, S. 76 Rn. 279 (§ 666 BGB), S. 124 Rn. 483; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 17 a. E. im Fall der Sicherungstreuhand; Berger, in: Erman, BGB, 14. Auflage, § 662, Rn. 17, 675 Rn. 90; Beuthien, ZGR 1974, 40; Buchalik/Rinker, in: Buth/Hermanns, RSI, 3. Auflage 2009, § 4 Rn. 96; Bülow, S. 4; Coing, S. 92, 99, 111; Eden, S. 24 (der allerdings für die Sicherungstreuhand auf den S. 390 ff. einen Vertrag sui generis annimmt); Ehmann, in: Erman, BGB, 12. Auflage, Vor § 662 Rn. 99; Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 355; Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1773 Rn. 28, 29 (zur Sicherungsübereignung allerdings wieder anders auf S. 1815 Rn. 156 f.); Liebich/Mathews, S. 71 ff., 92; Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff. Rn. 40; Passarge, DB 2005, 2746 (2747); Scholz, in: FS Möhring, S. 419 (421 ff.); a. A. bspw. Hirschberger, S. 134 f. 282
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
155
genau die Schwierigkeit einer rechtstypologischen Klassifizierung „des“ Treuhandvertrages. „Den“ stereotypen Treuhandvertrag gibt es nämlich nicht.283 Wie sich im Folgenden zeigen wird, kann gerade nicht jedem Treuhandvertrag ein Auftragsverhältnis unterstellt werden. Vielmehr ist genauer zu unterscheiden. 1. Untersuchungsgegenstand: Der Treuhandvertrag im engeren Sinn Um die Rechtsnatur einer Treuhandkonstruktion betrachten zu können, ist zunächst der Untersuchungsgegenstand festzulegen, anhand dessen die rechtstypologischen Merkmale der Treuhandgestaltung herausgearbeitet werden können. Wie schon die Grundstrukturen einseitiger Treuhandschaften gezeigt haben, konstituiert sich jede rechtsgeschäftliche fiduziarische Treuhand aus zwei Bausteinen:284 einem schuldrechtlichen und einem dinglichen Element.285 Letzteres erschöpft sich in einem dinglichen Rechtsgeschäft, anhand dessen dem Treuhänder Rechtsmacht über das Treugut verschafft wird und ihn somit in seine treuhänderische Position einsetzt. Es hat keine schuldrechtlichen Züge, sondern stellt ein rein dingliches Verfügungsgeschäft dar, welches geprägt ist durch den sachenrechtlichen Typenzwang (Numerus clausus)286 (respektive das Abspaltungsverbot bei Gesellschaftsanteilen), das Publizitätsprinzip sowie insbesondere durch die Ablehnung von absoluten Verfügungsbeschränkungen hinsichtlich des Treuguts, § 137 BGB.287 Hinsichtlich des zweiten, rein schuldrechtlichen Elementes kann von dem Treuhandvertrag im engeren Sinn gesprochen werden.288 Hierin werden die Rechte und Pflichten zwischen Treugeber und Treuhänder sowie alle sonstigen Gesichtspunkte des Rechtsverhältnisses geregelt wie die Laufzeit etc. Das „Treuhandrecht“ selbst, also das Recht, dem das Treuhandverhältnis unterstellt ist und anhand dessen etwaige Vertragslücken zu füllen sind, muss sich aus diesem zweiten Element erschließen.289 Nur hier handelt es sich um eine schuldrechtliche Parteiabrede, die in das System der bestehenden Vertragstypen eingeordnet beziehungsweise davon abgegrenzt werden kann.
283
Vgl. bspw. BGH WM 1969, 935; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 213 Rn. 493. Als Ausnahme besteht die Ermächtigungs- sowie die Vollmachtstreuhand aus einer eindimensionalen Struktur, da dem Treuhänder hier keine dingliche Rechtsmacht am Treugut vermittelt oder übertragen wird. Hier beinhaltet der schuldrechtliche Treuhandvertrag gleichzeitig die Berechtigung, über das Treugut zu verfügen – in Form einer dementsprechenden Vollmacht oder als Ermächtigung. 285 Geibel, S. 63. 286 Siehe zum sachenrechtlichen Typenzwang: Bassenge, in: Palandt, BGB, Einl. v. § 854 Rn. 2 f.; Gaier, in: MünchKomm, BGB, Einl. v. § 854 Rn. 11; Vieweg/Werner, S. 4. 287 Henssler, AcP 196 (1996), 37 (47 f.). 288 Geibel, S. 63. 289 Vgl. auch Löhnig, S. 115. 284
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
2. Merkmale des Auftragsrechts Möchte man den Treuhandvertrag im engeren Sinn nun, wie die wohl zahlenmäßig vorherrschende Meinung290, pauschal als Auftrag oder Geschäftsbesorgung qualifizieren, so würde dies Folgendes bedingen: alle Treuhandverträge müssten einheitlich die charakterprägenden Merkmale des Auftrags und/oder der Geschäftsbesorgung erfüllen. Dies müsste unabhängig von dem oft sehr unterschiedlichen vertraglichen Zweck sowie der inhaltlichen Ausgestaltung des Vertrages im Einzelfall gelten. Im Folgenden werden daher zunächst die wesentlichen Charakteristika der betreffenden Vertragstypen Auftrag/Geschäftsbesorgung herausgearbeitet. a) Subordinationscharakter von Auftrag und Geschäftsbesorgung Das Gesetz beschreibt den Beauftragten als jemanden, der sich verpflichtet hat, ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen, § 662 BGB. Gekennzeichnet werden Auftrag und Geschäftsbesorgung dadurch, dass die Interessen des Beauftragten gegenüber denen des Auftraggebers untergeordnet sind und der Beauftragte weisungsgebunden gegenüber dem Auftraggeber ist.291 Hieraus entsteht der Charakter der beiden Vertragsarten als sogenannter Subordinationsvertrag, bei denen nur die Interessen des Auftraggebers als Geschäftsherrn ein zu beachtendes Motiv für den Abschluss des Vertrages sind und zum rechtlichen Inhalt des Vertrages werden. Die Interessen des Beauftragten sind dagegen, soweit vorhanden, untergeordnet und finden keine vertragliche Berücksichtigung.292 Sie bilden allenfalls einseitiges Motiv zum Abschluss des Vertrages, welches aber gerade keinen Eingang in den Vertrag selber findet und auch nicht zu dessen Auslegung heranzuziehen ist. Typisch für das Auftragsverhältnis ist weiterhin das Element der Interessenwahrung, das nach der von Würdinger geprägten Grundformentrias dem Interessengegensatz und der Interessengleichheit gegenübersteht.293 Ziel und Zweck des Auftrages ist es, dass der Beauftragte ein Geschäft des Auftraggebers nach dessen Interessen und Weisungen erledigt und eigene Belange außen vor lässt respektive hinten anstellt. Im Ergebnis sind sowohl Auftrag als auch Geschäftsbesorgung daher auf eine fremdnützige Tätigkeit des Beauftragten für den Auftraggeber und in dessen 290
Vgl. die in Fn. 282 Genannten. Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu § 662 Rn. 26; § 675 Rn. A 23, A 26; vgl auch die Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuches, in: Begründung zum zweiten Entwurf (sogenannte Protokolle), Band II = Protokolle II, S. 352, abrufbar unter: [Stand 24. 12. 2015]. 292 Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu § 662 Rn. 28; § 675 Rn. A 23. 293 Vgl. zu der Grundformentrias: Würdinger, S. 9 ff. 291
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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Interesse gerichtet.294 Das ausgeführte Geschäft muss aus dem Rechtskreis des Auftraggebers stammen, also grundsätzlich „dessen“ Angelegenheit sein, die nur aus altruistischen Motiven vom Beauftragten übernommen werden.295 Der Auftrag stellt kein gegenseitiges Rechtsgeschäft dar, welches aus der Interessenlage beider Parteien heraus entstanden ist. Es geht daher nicht nur darum, dass der Treuhänder die Interessen des Treugebers zu wahren hat. Dies müsste er bei jedem Vertrag, § 241 Abs. 2 BGB.296 Vielmehr kommt es maßgeblich auch darauf an, in wessen Interesse das (auftragsrechtliche) Rechtsverhältnisse errichtet wurde. Ein Auftrag liegt demnach vor, wenn eine Angelegenheit, die eigentlich dem Geschäftsherrn oblag, einem Beauftragten übertragen wird. Der Beauftragte kontrahiert mit dem Geschäftsherrn nicht, um seinen eigenen Vorteil zu fördern oder seine eigenen Angelegenheiten zu erledigen, sondern um ein Geschäft des Auftraggebers in dessen Interesse zu erledigen. Zusammenfassend dienen Auftrag wie entgeltliche Geschäftsbesorgung also der weisungsgebundenen Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen in fremdnütziger Weise.297 Es wird von einem unvollkommenen zweiseitigen Vertrag gesprochen, bei dem das typische Synallagma der Koordinationsverträge fehlt.298 Diese Auslegung kommt auch im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck, nach dem der Beauftragte, ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen hat, § 662 BGB. Die fremdnützige Interessenwahrung des Beauftragten ist als das wichtigste charakterprägende Merkmal von Auftrag und Geschäftsbesorgung gleichermaßen anzusehen.299 Löhnig bezeichnet diese Situation als Auseinanderfallen von Interessenträgerschaft und Interessenwahrnehmung.300 Dass der Geschäftsbesorgende für seine Tätigkeit ein Entgelt erhält, steht dem Fremdinteresse und der Fremdnützigkeit nicht entgegen, es steht vielmehr auf einer anderen Ebene.301
294
BGHZ 45, 223 (229); Martinek, in: Staudinger, BGB, § 675 Rn. A 19. So die ganz herrschende Meinung, vgl. nur: Martinek, in: Staudinger, BGB, § 662 Rn. 2, 25 ff.; § 675 Rn. A 19, A 22, A 26, A 34; Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 662 Rn. 22; Sprau, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 662 Rn. 1, 2. 296 Hirschberger, S. 6. 297 Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu § 662 Rn. 18. 298 Vgl. etwa Martinek, in: Staudinger, BGB, § 662 Rn. 3 oder Sprau, in: Palandt, BGB, Einf. von § 662 Rn. 1. 299 Löhnig, S. 143; Martinek, in: Staudinger, BGB, § 675 Rn. A 22. 300 Löhnig, S. 143. 301 So Berger, in: Erman, BGB, 14. Auflage, § 675 Rn. 12 f.; Ehmann, in: Erman, BGB, 12. Auflage, Vor § 662 Rn. 51 ff.; Martinek, in: Staudinger, BGB, § 662 Rn. 3. 295
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
b) Die Angemessenheit der Rechtsfolgen als negatives Tatbestandsmerkmal Ein zweites, quasi negatives Tatbestandsmerkmal des Auftragsrechts ergibt sich anders als der Subordinationscharakter nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut. Vielmehr folgt diese weitere Voraussetzung aus allgemeinen Grundsätzen typologischer Rechtsfindung, welche speziell im Fall des Auftragsrechts durch die Gesetzesmaterialien bestätigt und im Weiteren auch von der höchstinstanzlichen Rechtsprechung so angewandt werden. Das kodifizierte Vertragsrecht im zweiten Buch des BGB stellt neben wenigen zwingenden Vorschriften grundsätzlich dispositive Regelungen bereit, die bei Lücken im Regelungsgefüge des parteiautonomen Vertrages eine interessengerechte „Ersatzlösung“ bereitstellen sollen. Sie sind nur sekundäre Rechtsquelle, sobald und soweit die Parteien keine Regelung im Vertrag getroffen haben und auch eine erweiterte Vertragsauslegung keine Klarheit bringt, welche sich wiederum an dem gesetzlichen Leitbild orientieren kann und soll.302 Insbesondere sollte mit den kodifizierten Vertragstypen kein „schuldrechtlicher Numerus clausus“ geschaffen werden.303 Möchte man ein vertragliches Rechtsverhältnis unter eine der gesetzlich definierten Vertragsarten einordnen, so vollzieht sich diese Qualifikation daher nicht nur durch Subsumtion der Merkmale des individuellen Vertrages unter die kodifizierten Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Vertragsart. Gleichermaßen muss man quasi von der anderen Richtung kommend auf Rechtsfolgenseite berücksichtigen, inwiefern die gesetzlichen Regelungen der jeweiligen Vertragsart dem Willen der Parteien und den konkreten Bedürfnissen des vereinbarten Schuldverhältnisses entsprechen. Widersprechen die gesetzlich angeordneten Rechtsfolgen des in Frage kommenden Vertragstypus dem Zweck und der Intention der individuellen Parteiabsprachen, so wird man im Zweifel davon ausgehen müssen, dass die Parteien einen solchen Vertrag nicht abschließen möchten. Die betreffenden dispositiven Vorschriften können dann nicht angewandt werden und je nach Gesamtbild kann der ganze Vertrag nicht diesem Vertragstypus zugeordnet werden. Die Angemessenheit der Rechtsfolgen darf zwar nicht das alleinige Kriterium bei der typologischen Rechtsfindung sein, stellt jedoch auch mehr als nur ein letztes Korrektiv dar.304 Nach Seiler muss bei der Zuordnung eines Rechtsverhältnisses zu einem kodifizierten Vertragsinstitut (typologische Rechtsfindung) neben der Subsumtion der vertraglichen Situation unter den Tatbestand insbesondere „im Rahmen einer typologischen Gesamtwürdigung der Angemessenheit der Rechtsfolgen entscheidende Bedeutung zukommen.“ Der Geltungsbereich des Auftragsrechts sei demnach „in stärkerem Maße als bei anderen Tätigkeiten von den Rechtsfolgen her zu bestim-
302 303 304
Vgl. Leenen, S. 127 f.; v. Thur, S. 180 f. Leenen, S. 126. Leenen, S. 151.
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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men“.305 Das Auftragsrecht sollte nach Seiler daher für solche Rechtsverhältnisse Anwendung finden, „wo die Interessenlage dies verlangt“, da es „die beim Auftrag geltenden Rechtsfolgen notwendig macht, weil sie nach dem Sinn und Zweck des betreffenden Rechtsverhältnisses zu einem sachgerechten Ergebnis führen“.306 Insbesondere wird diese Herangehensweise bei der Abgrenzung zwischen Dienstvertrag auf der einen und Auftragsverhältnis auf der anderen Seite herangezogen, die zwar nach Einsicht des Gesetzgebers „sich der Erledigung durch das Gesetz entziehe“ und „ohne Besorgnis der Wissenschaft überlassen werden könne“,307 die aber in der Realität bei weitem nicht abschließend und befriedigend geklärt ist.308 Seiler weist weiter völlig richtig darauf hin, dass dieser Grundsatz (Typologisierung anhand der Rechtsfolgen) nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere für das Auftragsrecht gilt, was die Motive zu dem Entwurfe des Bürgerlichen Gesetzbuches bestätigen. Hierin vertritt die 1. Kommission den Standpunkt, dass „im einzelnen Falle festzustellen [sei], welche der in Ansehung verschiedener Vertragsverhältnisse geltenden, voneinander abweichenden Vorschriften dem Willen der Vertragsschließenden entspricht. Die Umstände des einzelnen Falles können auch so liegen, dass ein aus Elementen verschiedener Vertragsverhältnisse gemischter Vertrag anzunehmen ist“.309 Seiler schlussfolgert hieraus, dass das fragliche Rechtsverhältnis zunächst Dienst- oder Werkvertragsrecht unterliegt. Darüber hinaus sei Auftragsrecht nur dann anzuwenden, soweit zu einer interessengerechten Beurteilung der parteilichen Beziehungen erforderlich.310 Auch die Rechtsprechung verfolgt diesen ergebnisorientierten Ansatz, demzufolge „Gerichte in der Praxis bei der Rechtsnaturbestimmung letztlich theorielos ergebnisorientiert verfahren, um sich Zugriff auf die problemadäquat erscheinenden Folgevorschriften zu eröffnen“.311 Relativ pragmatisch wendet beispielsweise das BAG die Auftragsvorschriften auf alle Dienst- und Werkverträge immer dann an,
305
Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 662 Rn. 14 a. E., 17. Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 662 Rn. 14 und 17 (Abgrenzung von Dienst-/Werkvertrag zum Auftrag/Geschäftsbesorgung). 307 Vgl. die Kommission zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, in: Begründung zum 1. Entwurf (sogenannte Motive), Band II = Motive II, S. 526, abrufbar unter: [Stand 24. 12. 2015]. 308 Vgl. nur etwa den Überblick bei Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu § 662 Rn. 6 ff., 9 ff. und Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 662 Rn. 9 ff. 309 Vgl. die Kommission zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, in: Begründung zum 1. Entwurf (sogenannte Motive), Band II = Motive II, S. 526, abrufbar unter: [Stand 24. 12. 2015], zu der Frage, wie sich der Auftrag und die Geschäftsbesorgung vom herkömmlichen Dienstverhältnis abgrenzen. 310 Müller-Glöge, in: MünchKomm, BGB, § 611 Rn. 32; Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 662 Rn. 16, 17. 311 So Stoffels, S. 152, der sich dort Esser/Schmidt, S. 217 und Martinek, S. 25 anschließt. 306
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
wenn sie dem Rechtsverhältnis entsprechen und nach seiner Art zu einem angemessenen Ergebnis führen.312 c) Zwischenfeststellung An dieser Stelle ist festzuhalten, dass Treuhandverträge zwei wesentliche Bedingungen erfüllen müssten, um mit der wohl überwiegenden Ansicht einheitlich dem Auftragsrecht unterstellt werden zu können: zum einen müssten alle Treuhandverhältnisse dem Subordinationscharakter des Auftragsrechts entsprechen und zum anderen müssten die Regelungen des Auftragsrechts rechtsfolgenseitig den Bedürfnissen und Interessen der Parteien entsprechen. 3. Unterscheidung in eigen- und fremdnützige Treuhand Betrachtet man vor diesem theoretischen Hintergrund den weiten Gestaltungsrahmen von Treuhandschaften, so lassen sich anhand der ausgearbeiteten Charakteristika des Auftragsrechts zwei Grundrichtungen treuhänderischer Pflichtenbindung und Interessenausübung trennen: Treuhandschaften mit eigennützigem und solche mit fremdnützigem Charakter.313 Beide Formen stehen sich grundsätzlich diametral gegenüber. a) Kriterien Um das Interesse zu beurteilen muss sich der Betrachter in die Position des Treuhänders begeben.314 Dient die Treuhand zumindest auch den Belangen und Interessen des Treuhänders, so spricht man von einer eigennützigen Treuhand. Wird dem Treuhänder im Treuhandvertrag hingegen eine Tätigkeit angedient, welche ein Geschäft des Treugebers selbst zum Inhalt hat, so ist die Treuhand aus Sicht des Treuhänders fremdnützig.315 Der Treuhänder wird hier im Interesse des Treugebers mit dessen Angelegenheiten betraut, die dem Treuhänder grundsätzlich fremd sind. 312
BAG NJW 1962, 411 ff.; BAG NJW 1967, 414. BGHZ 5, 292 f.; Achsnick/Opp, S. 53 ff., 63; Armbrüster, S. 38; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Beuthien, ZGR 1974, 29 f.; Blaurock, S. 67; Coing, S. 54; Gernhuber, JuS 1988, 355 (356); Henssler, AcP 196 (1996), 37 (42); Hirschberger, S. 7 ff.; Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff. Rn. 42; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (251); Siebert, S. 32 f.; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 215; v. Rom, S. 96. 314 Achsnick/Opp, S. 59 Rn. 211 (soweit Achsnick in der 1. Auflage 2010 Hirschberger als a. A. bezeichnete verkennt er, dass bei einseitigen Treuhandschaften der Treuhänder auch gleichzeitig der Treunehmer ist. Dies wurde in der 2. Auflage offensichtlich erkannt und korrigiert); Armbrüster, S. 42; Hirschberger, S. 8; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 215. 315 Vgl. BGH WM 1969, 935 f.; Armbrüster, S. 38 ff.; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Coing, S. 89; Hirschberger, S. 7 ff.; Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff. Rn. 42 f.; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 29; Singhof/Seiler/ Schlitt, S. 215. 313
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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Er verfolgt in diesem Fall keine eigenen Interessen. Zu beachten ist, dass eine etwaige Vergütung des Treuhänders hierbei kein relevantes Interesse darstellt,316 da sie nicht treuhandspezifisch ist. b) Anwendungsformen eigennütziger Treuhandschaften Den überwiegenden Anwendungsfall eigennütziger Treuhandschaften stellt die Sicherungstreuhand dar, in Form der Sicherungsübereignung oder der Sicherungszession.317 Teils wird die Sicherungstreuhand in einseitigen Konstellationen gar als der einzige Anwendungsfall der eigennützigen Treuhand gesehen.318 Die Sicherungstreuhand bezweckt die Sicherung einer Forderung gegen den Treugeber, indem der Treuhänder Vermögenswerte als Treugut übertragen bekommt und nach Eintritt eines definierten Sicherungsfalles verwerten soll.319 Mit dem Erlös ist er berechtigt, seine gesicherte Forderung zu befriedigen. Entsprechend dem Zweck steht die Regelung des Sicherungsfalles und der Rechte von Treuhänder und Treugeber am Treugut im Mittelpunkt der Vertragsgestaltung.320 Da in einseitigen Treuhandverhältnissen die besicherte Forderung regelmäßig auf Seiten des Treuhänders selbst besteht,321 liegt die Besicherung dieser Forderung auch in seinem originären Eigeninteresse. Die Treuhand ist mithin „eigennützig“ für ihn.322 Daneben kann die eigennützige Treuhand noch der Erfüllung einer Forderung oder der Ziehung von Nutzungen aus dem Treugut dienen, begrifflich spricht man von einer Nutzungs- oder einer Erfüllungstreuhand.323 Da diese Zwecke jedoch äußerst selten vorkommen, wird die eigennützige oft mit der Sicherungstreuhand gleichgesetzt oder die Begriffe werden synonym verwendet.324
316 BGH WM 1969, 935 f.; Armbrüster, S. 41; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Coing, S. 89; Gernhuber, JuS 1988, 355 (356); Grundmann, S. 19 f.; Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff. Rn. 28; anders wohl noch: Emmerich, S. 155. 317 Heidner, DStR 1989, 276 f.; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 217 Rn. 501. 318 Becker-Eberhard, S. 93. 319 Zur Sicherungstreuhand: Armbrüster, S. 42 ff.; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35, § 930 Rn. 13 ff.; Eden, S. 6 f., 390 ff.; Hirschberger, S. 8 ff.; v. Rom, S. 97 ff.; Singhof/ Seiler/Schlitt, S. 217 f. Rn. 501. 320 Vgl. Hirschberger, S. 15. 321 Hirschberger, S. 9; v. Rom, S. 98. 322 Siehe statt vieler: Armbrüster, S. 42 oder Coing, S. 72. 323 Vgl. zu diesen Fallgruppen auch Armbrüster, S. 42 ff. 324 Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Gernhuber, JuS 1988, 355 (357); Heidner, DStR 1989, 276 f.; Maier-Reimer, in: Erman, BGB, 14. Auflage, Vor § 164 Rn. 17; Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff., Rn. 42 ff.; Reinhardt/Erlinghagen/Schüler, JuS 1962, 41 f.; v. Rom, S. 98; Siebert, S. 100.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
c) Anwendungsformen fremdnütziger Treuhandschaften Dient die Treuhand dagegen ausschließlich oder zumindest in erster Linie dem Treugeber, so liegt eine aus Sicht des Treuhänders fremdnützige Treuhand vor. Dies ist immer dann der Fall, soweit der Treugeber dem Treuhänder eine Angelegenheit überträgt, die seinem eigenen Geschäftskreis entstammt und daher grundsätzlich ihm selbst obliegen würde. Die fremdnützige Treuhand wird regelmäßig synonym mit dem Begriff der Verwaltungstreuhand verwendet.325 Verwaltungstreuhandschaften bezwecken ihrem Terminus entsprechend die Verwaltung des Treuguts durch den Treuhänder für den Treugeber. In der Regel ist damit beabsichtigt, die Nutzungen aus dem Treugut wirtschaftlich zu optimieren, komplizierte Eigentumsverhältnisse zu vereinfachen (Erbenmehrheit, Gesellschaftervielzahl) oder einfach nur den Treugeber hinsichtlich der Verwaltung des Treugut zu entlasten. Neben der Entlastung kann die Verwaltungstreuhand auch eine Verbergungs-, Umgehungs-, Vereinfachungs- und/oder Sammelfunktion haben.326 Da der Verwaltungstreuhänder die jeweilige Aufgabe in der Regel berufsmäßig ausübt, dient die Verwaltungstreuhand daneben oft der (steuerlichen/wirtschaftlichen) Optimierung des Treuguts. Der rein verwaltende Treuhänder muss nicht zwangsläufig über dingliche Rechtsmacht an dem Treugut verfügen, um seine Aufgaben wahrnehmen zu können. Verwaltungstreuhandschaften werden daher oft als Ermächtigungs- oder Vollmachtstreuhand konstruiert. Beispiele für die Verwaltungstreuhand sind Notar-/Rechtsanwaltsanderkonten, die Inkassozession oder die schlichte Vermögensverwaltung. Der Treuhänder erledigt ein Geschäft, das aus dem Bereich des Treugebers kommt und verfolgt hiermit vertraglich nur dessen Interessen. Eigene Interessen des Treuhänders mögen ein Motiv für die Übernahme der Treuhand sein, bleiben vertraglich jedoch unberücksichtigt. Auch die synonyme Verwendung des Begriffpaares der fremdnützigen und der Verwaltungstreuhand ist in einseitigen Konstellationen ungenau, da es eine zweite Form fremdnütziger Treuhandschaften gibt: die Liquidationstreuhand, welche keinen Unterfall der Verwaltungstreuhand darstellt.327 d) Übersicht Zur besseren Übersicht lassen sich die Fallgruppen einseitiger Treuhandschaften zusammenfassend wie folgt darstellen:
325
Vgl. Armbrüster, S. 38. Zu den Funktionen auch: Armbrüster, S. 49 ff.; Beuthien, ZGR 1974, 26 (31); Liebich/ Mathews, S. 95 ff.; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 215 ff. Rn. 497 ff.; allgemein zur Verwaltungstreuhand: Armbrüster, S. 38 ff.; Hirschberger, S. 11 ff.; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 215 f. Rn. 497 ff.; v. Rom, S. 97. 327 Armbrüster, S. 41 f. 326
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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Einseitige Treuhand
Eigennützige Treuhandverträge
Fremdnützige Treuhandverträge
Erfüllungstreuhand
Sicherungstreuhand
Liquidationstreuhand
Nutzungstreuhand
Verwaltungstreuhand
Quelle: eigene Darstellung.
Abbildung 10: Übersicht eigen- und fremdnützige Treuhandschaften
4. Der eigennützige Treuhandvertrag als Vertrag sui generis Wendet man nun die oben herausgearbeiteten Merkmale und Abgrenzungskriterien des Auftragsrechts auf den eigennützigen Treuhandvertrag an, so zeigt sich, dass dieser weder dem gesetzlichen Leitbild der §§ 662 ff. BGB entspricht, noch, dass das Auftragsrecht rechtsfolgenseitig passende Regelungen für das Rechtsverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder bereit hält. Der in Rechtsprechung und Literatur verbreiteten, pauschalen Qualifikation des Treuhandvertrages als Auftrag kann daher nicht zugestimmt werden. a) Widerspruch zum Subordinationscharakter Das grundlegende Wesensmerkmal des Auftrags wie der Geschäftsbesorgung ist der Subordinationscharakter des Rechtsverhältnisses. Der Beauftragte übernimmt eine fremdnützige Tätigkeit, die ursprünglich aus dem Kreis der Angelegenheiten des Geschäftsherrn stammt und erledigt diese fremdnützig im Interesse des Geschäftsherrn, nämlich für diesen.328 Dies gibt nicht zuletzt auch der explizite Gesetzeswortlaut zu erkennen. Die Interessen des Geschäftsherrn sind Grund für die Errichtung und stehen im Mittelpunkt des Vertragsverhältnisses.329 Soweit die Be328 329
Vgl. nur Martinek, in: Staudinger, BGB, § 675 A 20 nach BGHZ 45, 223 (229). Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff. Rn. 28.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
lange des Beauftragten diesen Interessen widersprechen, hat er sie zurückzustellen.330 Der Beauftragte hat sein Handeln jederzeit an den (auch mutmaßlichen) Belangen des Geschäftsherrn auszurichten und soll umfänglich dessen Weisungen unterliegen, § 667 BGB. Bei der Sicherungstreuhand als dem Hauptanwendungsfall eigennütziger Treuhandschaften stellen sich die Ausgangssituation sowie die Interessen des Treuhänders aber umgekehrt dar: aa) Keine subordinatorische Tätigkeit Treugeber und Treuhänder errichten eine Sicherungstreuhand, um dem Treuhänder zur Absicherung seiner (Kredit-)Forderungen ein adäquates Sicherungsmittel an die Hand zu geben. Hierzu überträgt der Treugeber einen Vermögensgegenstand als Haftungssubstrat (das Treugut). Im Geschäftsverkehr geschieht dies bei Sachen regelmäßig unter Vereinbarung eines Besitzkonstituts. Die Sicherungsübereignung wird daher oft als „besitzloses“ Pfandrecht bezeichnet. Das Treugut steht fortan im Eigentum des Treuhänders und wird von diesem verwaltet. Tritt ein bestimmter Sicherungsfall ein, so ist der Treuhänder nach dem Treuhandvertrag berechtigt, das Treugut zu verwerten und seine Forderung aus dem Erlös zu befriedigen.331 Sowohl vor Eintritt des Sicherungsfalles als auch nach Eintritt verfolgt der Treuhänder daher mit der Treuhand eigene Interessen. Soweit der Treuhänder bei Ausführung seiner Tätigkeit auch die Interessen des Treugebers zu wahren hat, ist dies keine Besonderheit und kein Indiz eines Auftrages, sondern gilt als grundsätzliches Prinzip für alle Arten von Rechtsverhältnissen, § 241 Abs. 2 BGB. Zu keinem Zeitpunkt handelt der Treuhänder objektiv oder aus seiner subjektiven Sicht „für“ den Treugeber. Zwar mag der Treuhänder bestimmten vertraglichen Maßgaben und Beschränkungen unterliegen. Allerdings kann dies noch keine Tätigkeit „für“ den Treugeber begründen. Vielmehr handelt der Treuhänder für sich selbst und wird in seiner Interessenausübung lediglich in bestimmtem Maße beschränkt. Beispielsweise darf er das Treugut erst nach Eintritt des Sicherungsfalles verwerten. Anders als bei der fremdnützigen Treuhand fallen Interessenträgerschaft und Interessenwahrnehmung bei der eigennützigen Treuhand nicht auseinander, der Treuhänder ist Träger eigener, spezifischer Interessen und nimmt genau diese wahr.332 Zudem gründet sich schon die Errichtung der Treuhand allein auf das Interesse des Treuhänders: er möchte seine eigene Forderung besichern. Der Treugeber hingegen hat nur ein mittelbares Interesse an der Errichtung, nämlich die Bereitschaft des Treuhänders zu fördern, ihm einen Kredit zu bewähren.333 Der Treuhänder übernimmt also mit der Treuhand keine fremde Angelegenheit aus dem Aufgabenkreis des Treugebers. Vielmehr war es von 330
Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff. Rn. 28. Zur Sicherungstreuhand allgemein: Armbrüster, S. 42 ff.; Coing, S. 72 ff.; Hirschberger, S. 8. 332 Hierzu Löhnig, S. 143. 333 Vgl. Gernhuber, JuS 1988, 355 (357): nur die unmittelbaren Zwecke sollten bedacht werden. 331
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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Beginn an seine ureigene Angelegenheit die Forderung abzusichern, die Treuhand wird auf sein Betreiben hin von den Parteien installiert. Die eigennützige Treuhand entbehrt also den Subordinationscharakter des Auftragsrechts. Die eigennützige Treuhand entspricht daher nicht dem Bild des Beauftragten als uneigennützigem altruistischen „Diener“ des Geschäftsherrn und kann daher auch nicht unter den gesetzlichen Tatbestand des § 662 BGB subsumiert werden.334 bb) Keine Korrektur durch Schwerpunktbildung Teilweise wird vertreten, dass eine gewisse Eigennützigkeit des Rechtsverhältnisses aus Sicht des Beauftragten (eigene Interessen) nichts an dem fremdnützigen Charakter der Konstruktion verändern würde. Diene die Treuhand also „auch“ den Interessen des Treuhänders, so sei dies bis zu einem bestimmten Punkt unbeachtlich für den fremdnützigen Charakter seiner Tätigkeit. Vielmehr sei eine Art Abwägung vorzunehmen und auf den Schwerpunkt abzustellen, ob das Interesse an dem Auftrag und der Tätigkeit des Beauftragten vorrangig bei dem Auftraggeber liege. Bestehe „auch“ ein Eigeninteresse des Treuhänders, so ändere dies nichts, sofern nur der Schwerpunkt auf dem Fremdinteresse liege.335 Diesen Standpunkt scheint wohl auch die 1. Kommission in den Entwürfen zum BGB zu vertreten, auch wenn sie sich einer konkreten Entscheidung enthält.336 Selbst nach dieser Ansicht käme man für den Fall der eigennützigen Sicherungstreuhand allerdings nicht zu einem subordinationsrechtlichen Charakter des Rechtsverhältnisses. Die Treuhand dient an sich ausschließlich dazu, das Sicherungsbedürfnis des Treuhänders zu erfüllen. Die Interessen des Treuhänders stehen als Motiv bei der Treuhand klar im Vordergrund. Vielmehr liegt die Sicherungstreuhand nur teilweise „auch“ im Interesse des Treugebers, soweit der Treuhänder das Treugut wirtschaftlich verwaltet und gegebenenfalls einen Teil des Erlöses an den Treugeber herauszugeben hat. Der Schwerpunkt der Konstellation liegt also 334 Gleicher Ansicht sind: Armbrüster, S. 39 Fn. 182; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 36 (Sicherungsvertrag, kein Auftrag); Becker-Eberhard, S. 93; Eden, S. 391; Häsemeyer, Rn. 20.79 (Sicherungsvertrag); Heidner, DStR 1989, 276 (277) (im Gegensatz zur fremdnützigen Treuhand Sicherungsvertrag statt Auftrag); Hirschberger, S. 18 f. (mit eingehender Begründung); Kießner, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 116 Rn. 21 (konkludent durch Bezugnahme auf fremdnützige Treuhand); Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff. Rn. 44 (regelmäßig atypischer Sicherungsvertrag, im Einzelfall aber auch Auftrag); Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 24 (konkludent durch Ablehnung der §§ 115, 116 InsO); Sprau, in: Palandt, BGB, § 671 Rn. 2 (kein Auftrag, sondern anderes Kausalverhältnis, wenn Interessen des Beauftragten gleichwertig mit denen des Auftraggebers sind). 335 Vgl. Martinek, in: Staudinger, BGB, § 675 Rn. A 19, § 662 Rn. 27; so wohl auch Coing, S. 89, der darauf abstellt, welche Interessen „im Vordergrund“ stehen. 336 Vgl. die Kommission zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, in: Begründung zum 1. Entwurf (sogenannte Motive), Band II = Motive II, S. 527, abrufbar unter: [Stand 24. 12. 2015].
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
eindeutig auf den Eigeninteressen des Treuhänders, sowohl objektiv als auch subjektiv. Die Interessen des Treugebers sind in der Regel kein ausschlaggebendes Motiv für diese Form der Treuhand. cc) Keine Korrektur durch weitgehende Einschränkung des Subordinationsgrundsatzes Nach einer noch weitergehenden Ansicht muss das Fremdinteresse nicht einmal den Schwerpunkt des treuhänderischen Handelns bilden, es dürfe nur nicht völlig fehlen.337 Ein Minimum an Fremdnützigkeit würde hier ausreichen. Sofern die Treuhand hernach auch nur in geringster Weise im Interesse des Treugebers läge, sei von einer fremdnützigen Konstellation auszugehen. Dass der „Auftrag“ vorrangig auf die Interessen des „Beauftragten“ ausgerichtet sei, schade nicht. Diese Ansicht verkehrt den Subordinationscharakter von Auftrag und Geschäftsbesorgung in die Bedeutungslosigkeit. Ein Rechtsverhältnis hat kein subordinatorisches Element mehr, wenn die Treuhand sowie die Tätigkeit des Treuhänders auf sein eigenes Wohl und seine Interessen bedacht sind, er nur seine eigenen Angelegenheiten erledigt und nur als „Beiwerk“ einige Beschränkungen im Interesse des Treugebers zu beachten hat. Die Interessen des Treugebers sind hier untergeordnet und finden lediglich im Rahmen der Vertragsdurchführung Beachtung. Sie sind aber kein Motiv bei der Begründung der Treuhand oder deren Zweck. Wenn Seiler338 auch noch den allerletzten Schritt geht und vertritt, dass selbst Tätigkeiten, die völlig [so wörtlich] ausschließlich im Interesse des Beauftragten lägen, nicht vom Begriff des „fremdnützigen, subordinatorischen Auftrags“ ausgeschlossen seien, so scheint dies eine Verkehrung der Grundsätze des Auftragsrechts. Von einer Interessenwahrung und -wahrnehmung zugunsten des „Geschäftsherrn“ kann hier nicht mehr gesprochen werden. Seiler geht jedoch selbst davon aus, dass der Auftraggeber die Angelegenheit zunächst als seine eigene betrachtet wissen will.339 Bei der Sicherungstreuhand ist es jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Angelegenheit des Treugebers, die Forderung des Treuhänders abzusichern. Vielmehr obliegt es von Beginn an dem Treuhänder selbst sicherzustellen, dass seine Forderung materiell hinterlegt ist. b) Unangemessene Rechtsfolgen Folgt man der Rechtsprechung, dem Gesetzgeber sowie Teilen der Literatur und versucht, den Anwendungsbereich der auftragsrechtlichen Vorschriften von der 337 Vgl. Ehmann, in: Erman, BGB, 12. Auflage, Vor § 662 Rn. 51, 84; so auch Berger, in: Erman, BGB, 14. Auflage, § 662 Rn. 17 („oder wenigstens nicht ausschließlich“); Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 662 Rn. 23; a. A. Martinek, in: Staudinger, BGB, § 675 Rn. A 19, § 662 Rn. 28. 338 Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 662 Rn. 23. 339 Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 662 Rn. 23.
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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Rechtsfolgenseite her zu bestimmen,340 so wird das bisher gefundene Ergebnis unterlegt. Insbesondere wird deutlich, dass sich der Regelungsgehalt der §§ 662 ff. BGB an dem Subordinationscharakter des Auftragsrechts orientiert. Aus § 671 Abs. 1 Fall 1 BGB ergibt sich ein jederzeitiges Widerrufsrecht des Auftraggebers.341 Die Fortsetzung des Treuhandverhältnisses wäre damit faktisch in das Belieben des Treugebers gestellt, was für eine Sicherungstreuhand keinen Sinn macht. Nach Widerruf könnte der Treugeber das Treugut heraus verlangen und dem Treuhänder hierdurch sein (dingliches) Sicherungssubstrat entziehen. Ebenso könnte er dies aber sogar vor Widerruf. Der sogenannte „Geschäftsherrenanspruch“ aus § 667 BGB gesteht dem Treugeber ein jederzeitiges Recht auf Herausgabe ohne spezifische Voraussetzungen zu.342 Hierdurch würde sich die Sicherungseignung der Treuhand erledigen. Kein Kreditgeber würde die Sicherungstreuhand als Mittel zur Besicherung seiner Forderungen akzeptieren, wenn der Treugeber ihm das Haftungssubstrat jederzeit und ohne spezifische Voraussetzungen wieder entziehen könnte.343 Die dargelegten Regelungen sind Ausdruck des oben beschriebenen Subordinationscharakters des Auftrags. Da der Auftrag grundsätzlich nicht den Interessen des Beauftragten dient und nicht zu dessen Wohl eingerichtet wurde, widerspricht eine jederzeitige Auflösung auch nicht dessen (schutzwürdigen) Interessen. Ebenso kontraproduktiv wäre ein Erlöschen des Auftrages bei Tod des Treuhänders, § 673 BGB, mit der entsprechenden Pflicht zur Herausgabe des Treuguts. Das Interesse an der Forderungsbesicherung geht mit dem Tod des Treuhänders gerade nicht unter, sondern zusammen mit der Forderung selbst per Universalsukzession auf dessen Rechtsnachfolger über. Auch dem Sicherungszweck widersprechen würde das umfassende Weisungsrecht des Auftraggebers aus § 665 BGB.344 Hiermit könnte der Treugeber den Treuhänder daran hindern, das Treugut bei Eintritt des Sicherungsfalles zu verwerten. Genau hierzu hat der Treuhänder allerdings das Haftungssubstrat erhalten: für den Sicherungsfall soll er das Treugut ohne weitere Zustimmung und Vetorechte des Treugebers verwerten können. Etwas schwieriger zu beurteilen ist, ob das Kündigungsrecht des Beauftragten Sinn für den eigennützigen Treuhänder macht, § 671 Abs. 1 Fall 2 BGB.345 Nach hier vertretener Ansicht kann ein Kündigungsrecht zugunsten des eigennützigen Treuhänders durchaus interessengerecht sein. Jedenfalls widerspricht es nicht dem Sicherungszweck der Treuhand und beeinträchtigt die Rechte des gesicherten Treuhänders nicht. Das Treugut kann 340
Vgl. hierzu oben ab § 6 B. II. 2. b). Sprau, in: Palandt, BGB, § 671 Rn. 2. 342 Siehe Martinek, in: Staudinger, BGB, § 675 Rn. A 34; Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 667 Rn. 3 ff. 343 Vgl. Hirschberger, S. 18. Nach Rüger, S. 211 wäre die Treuhand nicht insolvenzsicher, auch wenn Rüger von einer Anwendbarkeit der §§ 662 ff. BGB ausgeht. 344 Soweit ebenso Hirschberger, S. 18. 345 Verneinend: Hirschberger, S. 18. 341
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
beispielsweise mit Lasten und/oder Unterhaltspflichten belegt sein, welche es für den Treuhänder im Einzelfall durchaus sinnvoll machen, den Treuhandvertrag kündigen zu können und sich des Treuguts zu entledigen, auch wenn er dadurch der gewährten Sicherung verlustig ginge. Vorstehende Erwägungen gelten auch für die entgeltliche Treuhand als Geschäftsbesorgung, soweit § 675 Abs. 1 BGB die Regeln des Auftragsrechts für entsprechend anwendbar erklärt. Mit der Unangemessenheit des Auftragsrechts auf Rechtsfolgenseite für die Sicherungstreuhand sieht sich auch die wohl zahlenmäßig vorherrschende Ansicht konfrontiert, welche die eigennützige Treuhand dem Vertragstypus des Auftrags zuordnet. Soweit das Problem allerdings überhaupt aufgeworfen wird, soll die Lösung darin liegen, dass die Auftragsregeln größtenteils dispositiv seien und daher eben per Parteiabsprache abbedungen werden müssten, insoweit „sie dem Sicherungszweck der eigennützigen Treuhand widersprächen“.346 Hier finden sich dann teils Listen, welche Regelungen jeweils abzubedingen bzw. „aus dem Sinn der Sicherung heraus“ nicht anwendbar seien. Beispielsweise soll gleich der Zubereitung eines juristischen Zaubertrankes „das Maß der Beimischung von Eigeninteresse Auswirkungen auf die Rechtsfolgen, insbesondere das Widerrufsrecht, die Herausgabeansprüche, den Umfang des Aufwendungsersatzes und den Verschuldensmaßstab zeitigen“.347 Im Ergebnis wird die Anwendbarkeit des Auftragsrechts demnach weitgehend auf das im Rahmen dieser Arbeit vertretene Ergebnis reduziert. Neben der Fragwürdigkeit der methodischen Rechtsfindung ist zu kritisieren, welchen Sinn es machen soll, einen atypischen Vertrag einem kodifizierten Vertragstypus unter Verwahrung gegen seinen Wortlaut zuzuordnen, um hernach den Parteien aufzuerlegen, die maßgeblichen Regelungen dieses gesetzlichen Vertragstypus per Parteiabsprache wieder abzubedingen, da sie den zugedachten Vertragszweck der Parteien vereiteln würden. Die Bestimmung der Rechtsnatur und des anwendbaren (dispositiven) Gesetzesrechts soll Vertragslücken ausfüllen und explizite Regelungen entbehrlich machen. Der Sinn liegt gerade nicht darin, explizite Regelung im Vertrag erforderlich zu machen, weil anderenfalls der vertragliche Zweck vereitelt werden würde. c) Zusammenfassung und Qualifikation als Vertrag sui generis Im Ergebnis ist festzuhalten, dass sich der eigennützige Treuhandvertrag jedenfalls in seiner typischen Ausgestaltung nicht dem Auftragsrecht unterordnen lässt. Dasselbe gilt für den Verweis in § 675 Abs. 1 BGB. Ebenso wenig kann von einem reinen Dienstvertrag, §§ 611 ff. BGB, ausgegangen werden. So fehlt dem eigennützigen Treuhandvertrag beispielsweise schon das einem Dienstverhältnis zugrunde liegende synallagmatische Verhältnis der beiden Hauptleistungspflichten
346 347
Siehe bspw. bei Ehmann, in: Erman, BGB, 12. Auflage, Vor § 662 Rn. 51 a. E., Rn. 54. So Ehmann, in: Erman, BGB, 12. Auflage, Vor § 662 Rn. 51 a. E., Rn. 54.
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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Dienstleistung und Vergütung.348 In der Regel erhält der Sicherungstreuhänder gar keine Vergütung, entsprechend der Tatsache, dass die Treuhand in seinem eigenen Interesse liegt.349 Überdies passen die §§ 621 (ordentliche Kündigung) und 627 BGB (jederzeitige Kündigung bei Vertrauensstellung) nicht zu dem Sicherungszweck der eigennützigen Sicherungstreuhand, hier kann analog auf die Ausführungen zu den §§ 662 ff. BGB verwiesen werden.350 Da sich der eigennützige Treuhandvertrag auch keinem anderen gesetzlich kodifizierten Vertragstyp zuordnen lässt, ist er als nicht gegenseitiger Vertrag sui generis zu qualifizieren, in der Regel als sogenannter „Sicherungsvertrag“ bezeichnet.351 Sollte dieser eigennützige Sicherungsvertrag Regelungslücken aufweisen, sind diese im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung, §§ 133, 157 BGB, auszufüllen. Die Grundgedanken des Dienstvertragsrechts können bei dieser Auslegung nur eingeschränkt herangezogen werden. Voraussetzung muss jedenfalls sein, dass diese dem Sicherungszweck entsprechend den parteilichen Interessen nicht widersprechen. 5. Der fremdnützige Treuhandvertrag als Auftrag oder Geschäftsbesorgung Liegt die Errichtung der Treuhand hingegen im (vorrangigen) Interesse des Treugebers, so wird der Treuhänder fremdnützig tätig und übernimmt ein Geschäft für den Treugeber. Für diesen Fall entspricht es richtigerweise der ganz herrschenden Auffassung, dass der fremdnützige Treuhandvertrag dem Auftragsrecht zugeordnet werden kann, gegebenenfalls über den Verweis in § 675 Abs. 1 BGB, soweit der Treuhänder ein Entgelt erhält.352 Die Interessenkonstellation lässt sich unter den 348
Vgl. zur synallagmatischen Verknüpfung beim Dienstvertrag: Weidenkaff, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 611, Rn. 1, § 611 Rn. 1 a. E. 349 Zum eigennützigen Sicherungstreuhandvertrag als nicht gegenseitiger Vertrag: Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 15; Hirschberger, S. 19, 37; zum Dienstvertrag als gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB: Müller-Glöge, in: MünchKomm, BGB § 611 Rn. 7; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 611 Rn. 1, 24. 350 Vgl. hierzu oben unter § 6 B. II. 4. b). 351 Gleicher Ansicht sind: Armbrüster, S. 39 Fn. 182; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 36 (Sicherungsvertrag, kein Auftrag); Becker-Eberhard, S. 93; Eden, S. 391; Eickmann, in: MünchKomm, BGB, § 1191 Rn. 14 a. E.; Häsemeyer, Rn. 20.79 (Sicherungsvertrag); Heidner, DStR 1989, 276 (277) (im Gegensatz zur fremdnützigen Treuhand Sicherungsvertrag statt Auftrag); Hirschberger, S. 18 f. (mit eingehender Begründung); Kießner, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 116 Rn. 21 (konkludent, Anwendung § 116 InsO nur auf den fremdnützigen Treuhandvertrag); Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff. Rn. 44 (regelmäßig atypischer Sicherungsvertrag, im Einzelfall aber auch Auftrag); Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 24 (konkludent durch Ablehnung der §§ 115, 116 InsO); Sprau, in: Palandt, BGB, § 671 Rn. 2 (kein Auftrag, sondern „anderes Kausalverhältnis“, wenn Interessen des Beauftragten gleichwertig mit denen des Auftraggebers sind). 352 BGH WM 1969, 935, Armbrüster, S. 38 f.; Breuer, MittRhNotk 1988, 79; Coing, S. 111; Eden, S. 24; Heidner, DStR 1989, 276 (277); Hirschberger, S. 17; Kießner, in: Nerlich/
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Tatbestand des § 662 BGB subsumieren und die Rechtsfolgen des Auftragsrechts entsprechen dem vertraglichen Zweck und den Bedürfnissen der Parteien. 6. Verknüpfung von Zweck, Interesse und Rechtsnatur bei einseitigen Treuhandschaften Analog zu dem beschriebenen Begriffspaar der eigen- und fremdnützigen Treuhand hat sich anhand des Zweckes der treuhänderischen Tätigkeit die Unterscheidung einseitiger Treuhandschaften in die Fallgruppe der Sicherungs- und der Verwaltungstreuhand herausgebildet. Da die Sicherungstreuhand den häufigsten Anwendungsfall der eigennützigen Treuhand darstellt, werden die beiden Begriffspaare mittlerweile verbreitet verknüpft, synonym verwendet oder sollen sich gegenseitig präjudizieren.353 Selbiges gilt für das Begriffspaar der Verwaltungstreuhand und der fremdnützigen Treuhand. Hernach sei jede Treuhand eigennützig, welche der Sicherung einer Forderung diene. In einseitigen Konstellationen läge es nämlich immer im eigenen Interesse des Treuhänders, die Forderung zu besichern, da er regelmäßig selbst der Inhaber der Forderung sei.354 Läge die Treuhand im Interesse des Treuhänders, so diene sie deshalb zwangsläufig der Forderungssicherung. Andersherum wäre der Treuhänder dann fremdnützig tätig, soweit er keine Forderung sichert, sondern das Treugut nur verwaltet. Nimmt der Treuhänder nur Verwaltungsaufgaben hinsichtlich des Treugutes wahr, so würde er daher auch immer fremdnützig für den Treugeber tätig werden. So wird die Interessenkonstellation teils anhand des Zwecks beurteilt oder der Zweck aus den Interessen des Treuhänders gefolgert, gar nicht unterschieden oder beide Fallgruppen gleichermaßen anhand des Zwecks der treuhänderischen Tätigkeit beurteilt. Durch die Verknüpfung von Zweck und Interesse erlangt die zunächst nur rein begriffliche Fallgruppenzuordnung als Sicherungs- oder Verwaltungstreuhand eine weitergehende Dimension. Aus dem Zweck der treuhänderischen Tätigkeit wird auf die Interessen der beteiligten Parteien und somit letztendlich das wesentliche (Abgrenzungs-)Merkmal des/zum Auftragsrecht(s) der §§ 662 ff. BGB gefolgert.355 Als Folge dieser Verknüpfung wird die Rechtsnatur einseitiger Treuhandverträge mittRömermann, InsO, § 116 Rn. 21; Liebich/Mathews, S. 71 ff.; Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff. Rn. 43; Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 21; v. Rom, S. 94 f.; Rüger, S. 211 f. 353 Achsnick/Opp, S. 59 f. Rn. 209 f. (noch deutlicher die synonyme Verwendung in der 1. Auflage 2010, S. 39 Rn. 133); Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Gernhuber, JuS 1988, 355 (357); Heidner, DStR 1989, 276 f. (hält aber auch „eigennützige Verwaltungstreuhandschaft“ für möglich); Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 662 ff., Rn. 42 ff.; Maier-Reimer, in: Erman, BGB, 14. Auflage, Vor § 164 Rn. 17; Reinhardt/Erlinghagen/Schüler, JuS 1962, 41 f.; v. Rom, S. 98; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (251); Siebert, S. 100. 354 Hirschberger, S. 9; v. Rom, S. 98. 355 Zur Bedeutung des parteilichen Interesses im Rahmen des Auftragssrechts unter § 6 B. II. 3.
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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lerweile häufig ausschließlich mit der Zuordnung zu der Fallgruppe der Sicherungstreuhandschaften (dann Vertrag sui generis) respektive der Verwaltungstreuhandschaften (dann Auftrag oder Geschäftsbesorgung) begründet beziehungsweise vorgenommen, soweit nicht ohnehin nur pauschal alle Formen als Auftrag qualifiziert werden. Das wirklich maßgebliche Kriterium der Interessenverteilung aufgrund des Subordinationscharakters im Auftragsrecht wird damit nur mittelbar über den Zweck der Treuhand bestimmt. Diese Vorgehensweise mag in einseitigen Treuhandkonstellationen in der Regel richtige Ergebnisse hervorbringen, da die Struktur eindimensional ist. Wie sich im Weiteren zeigen wird, kann diese Vorgehensweise allerdings in doppelseitigen Konstruktionen nicht verwendet werden und viele Missverständnisse und Probleme bei der Beurteilung der Rechtsnatur doppelseitiger Treuhandverträge hängen mit der pauschalen und unzulässigen Anwendung dieser Methode auch in doppelseitigen Treuhandkonstellationen zusammen. Insbesondere hat diese Vorgehensweise maßgeblich zu einem völlig unübersichtlichen Durcheinander von verschiedensten Ansichten hinsichtlich der Terminologie bei doppelseitigen Treuhandschaften beigetragen, wie im Folgenden beschrieben wird.356 III. Der (Sanierungs-)Treuhandvertrag mit doppelseitiger Pflichtenbindung 1. Überblick Großteils wird die doppelseitige Treuhand ebenso wie die einseitige pauschal als Auftrag oder Geschäftsbesorgung qualifiziert und zwar sowohl das Rechtsverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder als auch das zwischen Treuhänder und gesichertem Drittbegünstigten. Soweit die doppelseitige Treuhand selbstständige Erwähnung neben der einseitigen findet, wird dies explizit so vertreten. Im Übrigen lässt sich von der pauschalen Qualifikation einseitiger Treuhandschaften darauf schließen.357 Wie sich bisher gezeigt hat kann dieser pauschalen Bewertung schon für die einseitige Treuhand nicht gefolgt werden. In der Regel wird (auch von den im Folgenden beschriebenen Ansichten) selten näher darauf eingegangen, ob die doppelseitige Treuhand über zwei Verträge, einen mehrseitigen Treuhandvertrag oder einen Treuhandvertrag zugunsten Dritter errichtet wird.358 Im letzten Fall käme jedoch überhaupt kein eigenständiges ver-
356 Übersicht bei Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (109) („begriffliches Durcheinander“); Hirschberger, S. 8, 119 ff.; v. Rom, S. 96, 98 f.; Rüger, S. 224 Fn. 795. 357 Explizit zur doppelseitigen Treuhand z. B. Achsnick/Opp, S. 76 Rn. 279 (§ 666), S. 124 Rn. 483; Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (127); Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (113 f.); Küppers/Louven/Schröder, BB 2005, 763 (764); v. Rom, S. 94 f.; Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 491 (596) (Treuhandauftrag), (511) („§ 666 BGB“); Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 229. 358 Teilweise wird aber auch genau unterschieden, vgl. bspw. bei Hirschberger, S. 125 ff.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
tragliches Schuldverhältnis zwischen Doppeltreuhänder und Drittbegünstigten zustande, dessen Rechtsnatur betrachtet und als Auftrag qualifiziert werden könnte.359 Eine zweite Ansicht möchte zwar innerhalb der verschiedenen inhaltlichen Ausgestaltungen von doppelseitigen Treuhandverträgen näher unterscheiden.360 Die Unterscheidung erfolgt jedoch nicht anhand der genauen Vertragsinhalte, der Angemessenheit der Rechtsfolgen auf das parteiliche Verhältnis und insbesondere der Interessenlage der Parteien.361 Vielmehr wird die oben beschriebene Verknüpfung von Zweck und Interesse analog für doppelseitige Treuhandschaften angewandt. So erfolgt zunächst eine Unterscheidung der treuhänderischen Tätigkeit anhand des Zwecks der Treuhand in die Fallgruppe der Sicherung oder der reinen Verwaltung. Hieraus wird dann unmittelbar die Rechtsnatur des Treuhandvertrages als Sicherungsvertrag sui generis oder Auftrag gefolgert. Dahinter steht der oben beschriebene Rückschluss vom Zweck der Treuhand auf das Interesse der Parteien. Ist der Doppeltreuhänder zum Zweck der Besicherung eines Anspruchs tätig, so läge ein Vertrag sui generis vor. Soll er gegenüber einem Beteiligten das Treugut nur verwalten, so wird er als Beauftragter tätig, entsprechend sind die §§ 662 ff. BGB auf das Rechtsverhältnis anwendbar. Im Anschluss wird neben (oder aufgrund) der Rechtsnatur auch das Verhalten der Treuhandkonstruktion in der Insolvenz gefolgert sowie der Bestand von Aus- oder Absonderungsrechten und deren Durchsetzbarkeit in der Insolvenz einer der Parteien.362 Bei der genauen Zuordnung der beiden Rechtsverhältnisse des Doppeltreuhänders zu Treugeber und gesichertem Drittbegünstigten nach Sicherungs- und Verwaltungszweck kommt es allerdings zu erheblichen Unstimmigkeiten und Missverständnissen: einig scheint sich die Literatur zunächst, dass bei doppelseitigen Treuhandschaften eine Kombination aus Sicherungs- und Verwaltungstreuhand vorläge.363 Der Doppeltreuhänder wäre zur einen Seite sichernd tätig, zur anderen Seite läge der Zweck der Treuhand nur darin, das Treugut zu verwalten Völlig uneinheitlich und größtenteils ohne nähere Reflektion andersgerichteter Ansichten werden die beiden Rechtsverhältnisse des Doppeltreuhänders dann zu Treugeber einer- und Drittbegünstigtem andererseits in diese Fallgruppen zugeordnet.364 Nach einer Ansicht handele der Doppeltreuhänder gegenüber dem Treugeber als Verwaltungstreuhänder, das Rechtsverhältnis zu dem Drittbegünstigten sei entsprechend eine Sicherungs359
BGHZ 54, 147; Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 328 Rn. 5. So bspw. Hirschberger, S. 120 ff., 127, 129. 361 Zur Bedeutung der Interessenlage bei der Subsumtion des Auftragsrechts schon oben unter § 6 B. II. 4. und § 6 B. II. 5. 362 Ebenso: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (108 f.). Siehe bspw. Hirschberger, S. 120, 129, 133 ff. 363 Vgl. statt vieler: Armbrüster, S. 47 f.; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Hirschberger, S. 120 ff. m. w. N.; Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 25; v. Rom, S. 98 f. 364 Ordnende Übersicht m. w. N. bei: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (109); Hirschberger, S. 120 f.; v. Rom, S. 97 ff.; Rüger, S. 221 ff. 360
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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treuhand.365 Nach anderer Ansicht sei genau das Gegenteil der Fall: eine Sicherungstreuhand läge im Verhältnis zum Treugeber vor, gegenüber dem gesicherten Drittbegünstigtem diene die Treuhand nur der Verwaltung.366 Ebenfalls finden sich Autoren, die nicht genau zwischen den beiden Treuhandverhältnissen unterscheiden möchten,367 zu beiden Seiten jeweils eine Sicherungstreuhand368 oder auch genauso eine Verwaltungstreuhand369 sehen oder eine Mischung aus Sicherungs- und Verwaltungstreuhand370 beiderseits konsentieren. Teils soll eine pauschale Aussage auch gar nicht möglich sein, sondern je nach Anwendungsform der doppelseitigen Treuhand unterschieden werden.371 Größtenteils wird von der jeweiligen Gegenansicht keine Kenntnis genommen, nur ganz vereinzelt erfolgt eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Meinungen. Eine genauere inhaltliche Befassung wird dadurch erschwert, dass die Zuordnung in der Regel ohne eine weitere Begründung getroffen wird. Das Konsternieren eines „begrifflichen Durcheinanders“372 ist insofern nicht übertrieben, sondern scheint durchaus angebracht.
365 OLG Hamburg WM 1997, 1846; Achsnick/Opp, S. 60 (Tabelle), wobei Achsnick/Opp im Vergleich zur Vorauflage nunmehr selbst darauf hinweisen, dass die Einordnung umstritten ist. In Rn. 219 S. 62 befürworten sie dann selbst zwei Verwaltungstreuhandschaften; Armbrüster, S. 47; Bähr, ZIP 1998, 1553 (1558); Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Bode/ Bergt/Obernberger, DB 2000, 1864 (1866); Buchalik/Rinker, in: Buth/Hermanns, RSI, 3. Auflage 2009, § 4 Rn. 113; Canaris, EWiR § 42 VglO 1/89, 1235; Eden, S. 7, 393; Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 388e (außerdem eine Sicherungstreuhand gegenüber dem Dritttbegünstigten); Hessling, in: FS Förster, S. 405 (410); Klemm, DStR 2005, 1291; Klemm, BetrAV 2006, 132 (133); Kreft, in: FS Merz, S. 313 (317); Küppers/Louven, BB 2004, 337 (342 f.); Küppers/Louven/Schröder, BB 2005, 763 (764); Liebich/Mathews, S. 157, 304 (für die Kreditsicherungstreuhand); Mittermaier/Böhme, DB 2006, 203; Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 25 (Geschäftsbesorgung = Verwaltungstreuhand gegenüber dem Schuldner = Treugeber); Passarge, DB 2005, 2746 (2747); Schulte-Körne, S. 6; Sundermann, WuB VI A. § 42 VerglO 1.90; Treffer, DB 2002, 2091 (2093); Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685 (712); Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 221, 223. 366 BGHZ 109, 47 (53); Becker-Eberhard, S. 423 f.; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (105); Bork, NZI 1999, 337; Bülow, S. 3; Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1769 Rn. 13, S. 1827 Rn. 201; Häsemeyer, S. 524 Rn. 20.79; Henckel, in: Jaeger, InsO, § 47 Rn. 85; Hirschberger, S. 111, 123; Obermüller, DB 1973, 1833 (1834); Obermüller, S. 1063 Rn. 5.818; Picherer, S. 63, 65; v. Rom, S. 99; Rüger, S. 226, 228; Stürner, KTS 2004, 269 (260). 367 Serick, Band II, S. 73. Hier ist die Zuordnung relativ unklar, wohl sieht er beide Verhältnisse als eine Art Mischform. Wohl auch deshalb beziehen sich unterschiedliche Ansichten auf den Genannten, vgl. Hirschberger, S. 121 Fn. 605 oder Rüger, S. 224 Fn. 795. 368 Reuter, NZI 2010, 167 (eigennütziger und uneigennütziger Sicherheitentreuhänder). 369 Achsnick/Opp, S. 62 Rn. 219 (im Widerspruch zu Tabelle auf S. 60 Rn. 213 rechte Spalte: hier Kombination aus Sicherungs- und Verwaltungstreuhand); Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 388e (zwei atypische Verwaltungstreuhandverhältnisse, jedoch auch Sicherungstreuhand gegenüber dem Drittbegünstigten). 370 Rüger, S. 211. 371 So Ganter noch in der 2. Auflage von MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 386. In der aktuellen 3. Auflage wird hierzu keine pauschale Aussage mehr getroffen. 372 Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (109).
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Betrachtet man die einzelnen Beiträge näher, gewinnt man vielerorts den Eindruck, dass sie die Treuhand gar nicht anhand der individuellen Merkmale des Rechtsverhältnisses (Interessenkonstellation, Hauptpflichten etc.) in die Fallgruppen einordnen und hieraus die Rechtsnatur determinieren. Vielmehr scheint es so, als ob sich die Zuordnung an Begrifflichkeiten festhält oder gar nur mit Blick auf das insolvenzrechtliche Ergebnis erfolgt:373 nur die Sicherungstreuhand begründe ein insolvenzfestes Absonderungsrecht des Treuhänders in der Insolvenz des Treugebers nach § 51 Nr. 1 InsO.374 Dementsprechend müsse das Verhältnis zwischen Treugeber und Doppeltreuhänder ja immer eine Sicherungstreuhand sein, da der Treuhandvertrag ansonsten kein Absonderungsrecht gewähre und als Auftrag in der Insolvenz des Treugebers erlösche, § 115 InsO.375 Der Doppeltreuhänder hätte das Treugut dann an den Insolvenzverwalter herauszugeben.376 Das Absonderungsrecht würde zwar auf Basis der dinglichen Inhaberschaft noch bestehen, wäre aufgrund des erloschenen Rechtsgrundes aber nicht mehr durchsetzbar, da dem Absonderungsverlangen die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden könnte (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est).377 Die Treuhand hätte dann keinerlei Sicherungswert für den Drittbegünstigten mehr. Soweit der Auffassung gefolgt wird, im Verhältnis zum Treugeber läge eine Verwaltungstreuhand vor, wird entweder (inkonsequent) vertreten, der Auftrag erlösche nicht in der Insolvenz oder aber, er erlösche nach den §§ 115, 116 InsO, der Doppeltreuhänder müsse das Treugut allerdings nicht nach den §§ 812 ff. BGB herausgeben, da er dem Herausgabeverlangen des Insolvenzverwalters seine (Sicherungs-)Pflichten gegenüber dem Drittbegünstigtem entgegenhalten könne. Diese würden als Sicherungstreuhand gerade nicht in der Insolvenz erlöschen.378 Diese Ansicht ist gleichermaßen inkonsequent, soweit die doppelseitige Treuhandschaft, wie regelmäßig, über einen Vertrag zugunsten Dritter errichtet wird. Hier hinge das Vollzugsverhältnis in seinem rechtlichen Bestand von der Existenz und Wirksamkeit
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Mit ähnlicher Kritik: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (109, 116 f.). Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (109 f.); Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 381. 375 Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 21 ff., 24. Zum Begriff des „Erlöschens“ vgl. § 6 unter Fn. 244 und § 14 unter Fn. 5. 376 Siehe zu diesem Problem auch v. Rom, S. 209 ff. und 218 ff. mit folgendem Ansatz: die §§ 115, 116 InsO seien durch den insoweit vorrangigen § 51 Nr. 1 InsO „gesperrt“. Der Treuhandvertrag sei zwar rechtsnatürlich ein Auftrag, insoweit aber durch die Treuhand ein Absonderungsrecht begründet würde, seien die §§ 115, 116 InsO nicht anwendbar. So sei das Absonderungsrecht auch durchsetzbar. 377 v. Rom, S. 214 f., anders noch Bork, NZI 1999, 337 (341) (sieht das Absonderungsrecht aus der dinglichen Stellung unabhängig von dem zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verhältnis); ähnlich wohl auch Hirschberger, S. 135 der an dieser Stelle die Unabhängigkeit des Absonderungsrecht von dem zugrundliegenden Treuhandvertrag betont. 378 So z. B. Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (113 f.); Bork, NZI 1999, 337 (341); Kroth, in: Braun, InsO, § 116 Rn. 12. 374
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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des Deckungsverhältnisses ab und der darin beinhaltete Anspruch würde gleichzeitig mit diesem erlöschen.379 2. Kritik Das beschriebene Meinungsbild zur Rechtsnatur der doppelseitigen Treuhand ist uneinheitlich und teilweise auch in sich unstimmig. Die Rechtsnatur des individuellen Treuhandvertrages wird nicht anhand der im Einzelfall vereinbarten Vertragsinhalte sowie der Angemessenheit der Rechtsfolgen beurteilt. Vielmehr erfolgt die Qualifikation anhand von Begrifflichkeiten und Verknüpfungen, welche nicht von einseitigen Treuhandschaften auf doppelseitige übertragen werden können. Teilweise scheinen die Ausführungen auch gleich rein ergebnisorientiert zu sein. Insbesondere wird häufig ein wesentliches Merkmal jeder doppelseitigen Treuhand übersehen: die Neutralität des Doppeltreuhänders. Bei näherer Betrachtung doppelseitiger Treuhandschaften ist hierzu wie folgt Stellung zu nehmen: Zwar kann man doppelseitige Treuhandschaften ebenso anhand des Zwecks der treuhänderischen Tätigkeit in das Begriffspaar der Sicherungs- und Verwaltungstreuhand einordnen, wenn die Einteilung auch etwas komplizierter sein mag als bei einseitigen Treuhandschaften, was schon die beschriebene, völlig unterschiedliche Zuordnung in verschiedenen Quellen zeigt. Allerdings verbietet es sich aufgrund der strukturellen Besonderheit doppelseitiger Treuhandschaften, aus dieser Zuordnung Schlüsse irgendwelcher Art auf die Rechtsnatur des Treuhandvertrages zu ziehen.380 Anders als bei der einseitigen Treuhand korrelieren Zweck und Interesse (als Tatbestandsmerkmal der Rechtsnatur beim Auftrag) bei der doppelseitigen Treuhand nämlich gerade nicht. Der doppelseitige Treuhänder ist stets zu beiden Seiten fremdnützig tätig, er wird als neutrales Element in das Interessenkonstrukt zwischen Treugeber und gesichertem Drittbegünstigten geschoben.381 Er verfolgt keinerlei treuhandspezifische, eigene Interessen oder Aufgaben mit der Treuhand, sondern beide Parteien setzen ihn als neutralen Dienstleister ein. Der Zweck der treuhänderischen Tätigkeit hat daher nichts mehr mit den zugrundeliegenden Interessen der Parteien zu tun. Die von der einseitigen Treuhand bekannte und dort im Ergebnis oft richtige Verknüpfung ist für doppelseitige unbrauchbar. Ebenso wenig kann der beschriebene Rückschluss in die andere Richtung vom Interesse auf den Zweck gezogen werden: würde man den Zweck der Treuhand (Sicherung/Verwaltung) anhand des Interesses beurteilen, so gäbe es keine Sicherungstreuhandschaften mehr, da der doppelseitige Treuhänder stets fremdnützig, das 379 Gottwald, in: MünchKomm, BGB, § 328 Rn. 28; Jagmann, in: Staudinger, BGB, § 328 Rn. 20. Offenbar anderer Ansicht: Fischer, DB 2000, 1861 (1863), nach dem der Vertrag zugunsten Dritter trotz „Erlöschen“ (vgl. auch § 6 Fn. 244) des Vertrages Treugeber – Treuhänder in der Insolvenz Bestand haben soll. 380 Siehe auch Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (116, 117). 381 Ebenso: Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 388e; Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (116); Coing, S. 89; Hirschberger, S. 124; v. Rom, S. 96.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
heißt nicht in eigenem Interesse tätig ist. Dies würde wiederum dem Wortlaut der Fallgruppe und dem Sinn der doppelseitigen Treuhand widersprechen. In der Regel dienen doppelseitige Treuhandschaften nämlich gerade dazu, einen Anspruch zu besichern. Eine weitergehende Ansicht382 erkennt zwar das „Problem“ der Interessenneutralität des Treuhänders, versucht es dann aber mit einem gleichermaßen inkonsequenten Kunstgriff zu lösen, um die Verknüpfung zwischen Zweck der Treuhand und Interesse des Treuhänders aufrecht erhalten zu können. So soll die Rechtsnatur auch bei doppelseitigen Treuhandschaften auf Basis der Vorgehensweise zur einseitigen Treuhand bewertet werden können: zwar sei es richtig, dass der Doppeltreuhänder per se keine originären Eigeninteressen an der Treuhand hege, gleich zu welcher Seite. Allerdings sei er beiden Seiten durch den Treuhandvertrag jeweils auf deren Interessen verpflichtet und würde sich die parteilichen Interessen so „zu eigen machen“. Insbesondere im Verhältnis Verhältnisses zwischen Treugeber und Doppeltreuhänder müsse der Dritte (der gesicherte Drittbegünstigte, teils auch Treugebergläubiger genannt) mit in den Blick genommen werden. Der Doppeltreuhänder trete hier als dessen Interessenvertreter gegenüber dem Treugeber auf. Dementsprechend läge eine „Treuhand im Interesse eines Dritten“ vor, und man käme wieder zur Qualifikation als (eigennützige) Sicherungstreuhand – mit den beschriebenen Konsequenzen. Hierzu ist folgendermaßen Stellung zu nehmen: zwar ist der Doppeltreuhänder aus dem drittbegünstigenden Treuhandvertrag richtigerweise auch gegenüber dem Dritten auf die vertraglichen Inhalte verpflichtet. Darüber hinaus entsteht ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis mit entsprechenden Nebenpflichten zur Rücksichtnahme auf Grundlage des drittbegünstigenden Treuhandvertrages, § 241 Abs. 2 BGB.383 Nichtsdestotrotz ist der Doppeltreuhänder gerade nicht einseitiger Interessenvertreter – zu keiner Seite. Vielmehr ist es Grundlage sowie entscheidendes Merkmal der doppelseitigen Treuhand, dass der Treuhänder nur an die vertraglichen Inhalte gebunden ist und sich darüber hinaus gerade keine einseitigen Parteiinteressen zu eigen macht. Die für den Doppeltreuhänder maßgeblichen Interessen und Ziele haben die Parteien im Vorlauf zur Treuhand verhandelt. Das Ergebnis fand als Kompromiss Eingang in den Treuhandvertrag. Es ist dem Treuhänder gerade nicht gestattet, das Verhandlungsergebnis wieder teilweise zu revidieren indem er einseitige Parteiinteressen berücksichtigt. Würde der Doppeltreuhänder als einseitiger Interessenvertreter auftreten, so würde er nicht nur (schadensersatzbewehrt) gegen den Treuhandvertrag verstoßen, ebenso wäre das 382 Vgl. Bork, NZI 1999, 337 (im Verhältnis zum Sicherungsgeber läge eine Sicherungstreuhand vor, da der Treuhänder insoweit die Interessen des gesicherten Dritten wahrnimmt); Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 394 (Sicherungstreuhand im Interesse eines Dritten); Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1827 Rn. 201 (eigennützige Sicherungstreuhand gegenüber dem Kreditnehmer); Thomas, NJW 1968, 1705; s. a. Hirschberger, S. 123; auch v. Rom, S. 96 f. geht davon aus, dass sich der Doppeltreuhänder die Interessen des Treugebers „zu eigen macht“, geht im Ergebnis jedoch trotzdem von zwei fremdnützigen Treuhandverhältnissen aus. 383 Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einl. v. § 328 Rn. 5.
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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Vertrauen in seine Person verloren und die Treuhand würde dem Konsens beider Parteien als Basis entbehren. In der Interessenneutralität des doppelseitigen Treuhänders kann auch eine interessante Parallele zum gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter nach § 56 InsO gezogen werden. Schon per Gesetzes hat der Insolvenzverwalter „unabhängig“ zu sein, § 56 Abs. 1 S. 1, 3 InsO. Dieses Tatbestandsmerkmal beinhaltet die völlige Neutralität des Insolvenzverwalters, er darf nicht Interessenvertreter einer Seite sein, gleich welcher.384 Seine Aufgabe ist vielmehr die Verwertung der Insolvenzmasse zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger. Eine Abhängigkeit kann schon dann zu besorgen sein, wenn eine gegenwärtige oder vergangene, wirtschaftliche oder tatsächliche Verflechtung des Insolvenzverwalters mit dem Insolvenzschuldner oder einem der Insolvenzgläubiger vorliegt.385 Doppeltreuhänder und Insolvenzverwalter eint damit die zwangsweise Interessenneutralität bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Diese Aufgaben folgen bei dem Insolvenzverwalter aus dem Gesetz, bei dem doppelseitigen Treuhänder aus dem Treuhandvertrag. Bezüglich beider Personen liegt das Erfordernis der Neutralität darin begründet, dass sie mehreren Parteien gleichzeitig verpflichtet sind. Der Doppeltreuhänder Altgesellschaftern und Banken, der Insolvenzverwaltern den verschiedenen Gläubigern inter se sowie aber auch dem Schuldner bezüglich einer wirtschaftlichen Verwertung der Insolvenzmasse und Abwicklung der Insolvenz. 3. Ergebnis: Der Sanierungstreuhandvertrag in doppelseitigen Treuhandkonstellationen als Dienstvertrag Möchte man den einer doppelseitigen Sanierungstreuhand zugrundeliegenden Treuhandvertrag rechtsnatürlich qualifizieren, ist zunächst klarzustellen, dass hierbei nur das Rechtsverhältnis zwischen Altgesellschaftern als Treugeber und Doppeltreuhänder zu betrachten ist. Nur in dieser Beziehung kommt ein schuldrechtlicher Treuhandvertrag zustande. In der Beziehung des Doppeltreuhänders zu den gesicherten Kreditinstituten mag oder ist rein begrifflich von einem Treuhandverhältnis zu sprechen (sein), ein eigener Vertrag entsteht hier allerdings nicht.386 Das Verhältnis basiert (nur) auf dem drittbegünstigenden Anspruch aus dem Treuhandvertrag zwischen Altgesellschaftern und Doppeltreuhänder. Dieser begründet zwar vertragliche Leistungspflichten des Doppeltreuhänders sowie ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis mit den entsprechenden Nebenpflichten,387 jedoch gerade keinen selbstständigen zweiseitigen Vertrag.
384 385 386 387
Vgl. Ries, in: Schmidt, InsO, § 56 Rn. 23. Schumann, in: FS Geimer, S. 1071. BGHZ 54, 147. Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einl. v. § 328 Rn. 5.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Dieser Treuhandvertrag zwischen Altgesellschaftern und Doppeltreuhänder wurde mit den einzelnen Rechten und Pflichten sowie den Interessen der Parteien in seinen Einzelheiten erarbeitet und erörtert. Hinsichtlich seiner Rechtsnatur kommt eine Qualifikation als reiner Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB), als (entgeltliche) Geschäftsbesorgung (§ 675 Abs. 1 BGB) oder als Vertrag sui generis (wie der einseitige eigennützige Treuhandvertrag) in Betracht, soweit er sich keiner der beiden erstgenannten Vertragstypen zuordnen lässt. Der Zweck der Tätigkeit (Sicherung/Verwaltung) spielt bei der Beurteilung nur im Rahmen der geschuldeten Hauptleistungspflichten eine Rolle. Allein hieraus die Rechtsnatur abzuleiten ist nicht möglich. Betrachtet man das vertragliche Schuldverhältnis zwischen Altgesellschaftern und Doppeltreuhänder, so zeigt sich: anders als in einseitigen Treuhandkonstellationen soll der Doppeltreuhänder zwar auch eine Forderung absichern, allerdings übernimmt er diese Aufgabe nicht in eigenem Interesse. Vielmehr ist er auf Grundlage des Treuhandvertrages innerhalb eines Aufgabenbereichs tätig, der grundsätzlich den Altgesellschaftern sowie Kreditinstituten obliegt. Insofern ergibt sich gegenüber den Altgesellschaftern eine analoge Situation wie bei dem einseitigen fremdnützigen Treuhänder, der an früherer Stelle als Beauftragter respektive Geschäftsbesorgender identifiziert werden konnte.388 In den sachlichen Anwendungsbereich dieser Geschäftsbesorgung fällt grundsätzlich jede selbstständige Wahrnehmung/Tätigkeit wirtschaftlicher Art in fremdem Interesse.389 Unter diesen gesetzlichen Tatbestand lässt sich die im Rahmen des Treuhandvertrages übernommene Tätigkeit des doppelseitigen Sanierungstreuhänders ohne Weiteres subsumieren. Insbesondere trägt das Rechtsverhältnis den prägenden Subordinationscharakter aller Geschäftsbesorgungsverhältnisse, indem der Doppeltreuhänder eine Tätigkeit, die ursprünglich außerhalb seiner Angelegenheiten lag, im Interesse und für einen fremden Dritten übernimmt.390 Hernach läge eine Geschäftsbesorgung vor, was auch verbreitet so vertreten wird.391 Zweifel wirft diese Qualifikation allerdings in zweierlei Hinsicht auf: zum einen passen die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen nicht zu dem von den Parteien intendierten Regelungszweck. Zum anderen ist die methodische Vorgehensweise im Hinblick auf die Abgrenzung der Geschäftsbesorgung zum Dienstvertrag kritisch zu betrachten. Die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Geschäftsbesorgung und reinem Dienstvertrag wurden im Rahmen der einseitigen Treuhand schon beschrieben.392 Hier soll dem Ansatz des Gesetzgebers sowie der Rechtsprechung gefolgt werden, nach dem die Geschäftsbesorgung kein vollständig vom Dienstvertrag zu trennender Vertragstypus ist, deren Rechtsfolgen jedoch primär (vor den 388
Siehe oben unter § 6 B. II. 5. BGHZ 45, 223 (228); BGH NJW-RR 2004, 989; Heermann, in: MünchKomm, BGB, § 675 Rn. 2 ff.; Sprau, BGB, in: Palandt, BGB, § 675 Rn. 2, 3, 4. 390 BGH NJW-RR 1992, 560; Heermann, in: MünchKomm, BGB, § 675 Rn. 8 ff.; Sprau, in: Palandt, BGB, § 675 Rn. 4. 391 Vgl. die entsprechenden Nachweise unter § 6 B. II. 5. 392 Siehe § 6 B. II. 2. 389
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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§§ 611 ff. BGB) dann Anwendung finden, soweit die Regelungen angemessen sind und der Interessenlage innerhalb des parteilichen Schuldverhältnisses entsprechen.393 Über den in § 675 Abs. 1 BGB enthaltenen Verweis sind die Regeln des Auftragsrechts größtenteils anwendbar, im Einzelnen sind das die §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und unter Bedingungen auch § 671 Abs. 2 BGB. Dieser Verweis beinhaltet insbesondere das umfassende Weisungsrecht aus § 665 BGB und das jederzeitige Herausgaberecht des Treugebers aus § 667 BGB. Analog dem Befund zur einseitigen (eigennützigen) Sicherungstreuhand widersprechen beide Regelungen dem Sicherungszweck der doppelseitigen Sanierungstreuhand grundlegend. Müsste der Doppeltreuhänder die Gesellschaftsanteile jederzeit ohne weitere Voraussetzungen auf Weisung herausgeben, so wäre die Sicherungswirkung zugunsten der Kreditinstitute hinfällig. Selbiges gilt hinsichtlich des umfassenden Weisungsrechts der Altgesellschafter aus § 665 BGB. Vielmehr ist es Grundlage des Treuhandvertrages und der Wirkungsweise der doppelseitigen Sanierungstreuhand, dass eben diese Rechte der Altgesellschafter nicht oder nur unter engen zusätzlichen Voraussetzungen bestehen sollen.394 Insofern weicht die Regelungsmaterie der Geschäftsbesorgung in seinen Grundgedanken von der im Treuhandvertrag beabsichtigten Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses und dem Regelungszweck ab, wie er von den Parteien intendiert ist. Die Qualifikation des oben im Einzelnen beschriebenen Treuhandvertrages als Geschäftsbesorgung ist daher abzulehnen. Vielmehr handelt es sich bei dem Sanierungstreuhandvertrag um ein gegenseitiges Dauerschuldverhältnis mit dienstvertraglichem Charakter, §§ 611 ff. BGB. Der Treugeber schuldet dem Treuhänder die vertraglich vereinbarte Vergütung gegen Erbringung der geschuldeten Dienste. Dies können im Rahmen der §§ 611 ff. BGB Dienste jeglicher Art sein, § 611 Abs. 2 BGB, wie vorliegend die Verwaltung der Anteile, die Wahrnehmung der gesellschafterlichen Rechte und Pflichten sowie gegebenenfalls die Verwertung des Treuguts etc. Der Treuhänder als Dienstverpflichteter ist gegenüber den Altgesellschaftern als Dienstberechtigte persönlich, sozial und wirtschaftlich unabhängig. Insbesondere unterliegt er keinem umfassenden Weisungsrecht und kann Dauer, Ort, Einteilung etc. seiner Tätigkeit im Rahmen der faktischen Vorgaben an seine Aufgabe frei gestalten, wie die Analyse des Treuhandvertrages gezeigt hat. Im Gegensatz zum Treuhandvertrag im Fall eigennütziger Sicherungstreuhandschaften ist der Sanierungstreuhandvertrag in doppelseitigen Konstellationen als Dienstverhältnis ein gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB, 103 InsO, bei dem die beiden vertraglich geschuldeten Hauptleistungspflichten im Synallagma stehen.395 Hinsichtlich der Angemessenheit 393 BAG NJW 1962, 411 ff.; BAG NJW 1967, 414; Martinek, in: Staudinger, BGB, Vorb. zu § 662 Rn. 26; § 675 Rn. A 23, A 26; Müller-Glöge, in: MünchKomm, BGB, § 611 Rn. 32; vgl. auch Seiler, in: MünchKomm, BGB, § 662 Rn. 13 a. E.; Sprau, in: Palandt, BGB, § 675 Rn. 5. 394 Zu den Weisungsrechten der Altgesellschafter oben unter § 6 A. II. 7. und zur Herausgabepflicht unter § 6 A. II. 8. 395 Zum eigennützigen Sicherungstreuhandvertrag als nicht gegenseitiger Vertrag: Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 15; Hirschberger, S. 19, 37; zum Dienstvertrag als ge-
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
der bei Regelungslücken anwendbaren Vorschriften des Dienstvertragsrechts bestehen keine Bedenken in Anbetracht der Ziele der Treuhandkonstruktion. Augenmerk sollte lediglich darauf gelegt werden, dass die vertraglichen Regelungen zur ordentlichen Kündigung, wie oben dargelegt,396 nicht vergessen werden in den Treuhandvertrag zu implementieren. Hier passen die §§ 621, 627 BGB nur bedingt zu dem Sicherungszweck der doppelseitigen Sanierungstreuhand. IV. Zusammenfassung Wird die doppelseitige Sanierungstreuhand über einen (Treuhand-)Vertrag zugunsten Dritter errichtet, ist nur der Treuhandvertrag zwischen Altgesellschaftern und Doppeltreuhänder hinsichtlich seiner Rechtsnatur zu qualifizieren. Eine Zuordnung des vereinbarten Regelungskomplexes im Treuhandvertrag, den Zielen sowie den parteilichen Interessen unter die schuldrechtlich kodifizierten Vertragsarten ergibt, dass es sich beim Sanierungstreuhandvertrag in doppelseitigen Konstellationen um einen (gegenseitigen) Dienstvertrag nach den §§ 611 ff. BGB handelt. Dies steht im Widerspruch zu der Qualifikation doppelseitiger Treuhandverträge in der Literatur, wo verbreitet entweder einheitlich als Auftrag qualifiziert oder je nach Zweck und Vergütung der treuhänderischen Tätigkeit von einem Auftrag, einer Geschäftsbesorgung oder einem Sicherungsvertrag sui generis ausgegangen wird. V. Zuordnung der doppelseitigen Sanierungstreuhand in die bestehende begriffliche Systematik Für Treuhandkonstruktionen hat sich angesichts der unterschiedlichen Merkmale in Literatur und Rechtsprechung eine differenzierte Treuhandsystematik und eine dementsprechende Terminologie herausgebildet. Neben den schon im Rahmen der Rechtsnatur beschriebenen Fallgruppen der parteilichen Interessen und dem Zweck der Treuhand kann begrifflich unterschieden werden anhand der Offenlegung respektive Geheimhaltung der Konstruktion, anhand der verschiedenen Ausgestaltungen treuhänderischer Rechtsmacht, anhand der Güterbewegung des Treuguts oder anhand der Anzahl beteiligter Parteien.397 In der Folge können die verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten systematisch dargestellt, die Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt und so dem Kautelarjuristen Entscheidungshilfen bei der Vertragsgenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB: Müller-Glöge, in: MünchKomm, BGB, § 611 Rn. 7; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 611 Rn. 24. 396 Siehe oben unter § 6 A. II. 13. d). 397 Siehe bspw. Achsnick/Opp, S. 53 ff. Rn. 189 ff.; Armbrüster, S. 38 ff.; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 34 ff.; Blaurock, S. 66 ff.; Coing, S. 88 f.; Eden, S. 3 ff.; Gernhuber, JuS 1988, 355 ff.; Heidner, DStR 1989, 276 ff.; Hirschberger, S. 7 ff.; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 195 ff.; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 213 ff., 223 ff.; v. Rom, S. 95 ff.
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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gestaltung gegeben werden.398 Heidner formuliert treffend: „Eine scharfe Begriffsbestimmung können die dargestellten Systematisierungen zwar nicht leisten, aber sie bieten die Möglichkeit, schlagwortartig in groben Zügen die innere Struktur der Treuhandabrede einerseits und der Rechtsbeziehung zwischen Treuhänder und Treugut andererseits zu umschreiben oder sonstige für den Rechtsverkehr als wesentlich erachtete Eigenschaften der jeweiligen Treuhand herauszustellen.“399 Grundsätzlich hat die Zuordnung nur systematisierenden und somit rein begrifflichen Nutzen. Über diese rein systematisierende Umschreibung hinaus wurden einige Fallgruppen aber anhand bestimmter Merkmale gebildet, denen die Rechtsprechung konkrete rechtliche Folgen beimisst. Die Zugehörigkeit zu einer solchen Fallgruppe soll damit aufgrund der zugrundeliegenden Merkmale eine bestimmte rechtliche Behandlung in bestimmten Situationen präjudizieren. Beispielsweise erkannte das Reichsgericht und erkennt der Bundesgerichtshof ein Aussonderungsrecht des Treugebers am Treugut im Fall der Insolvenz/Zwangsvollstreckung über/in das Vermögen des Treuhänders nur in solchen Fällen an, in denen das Treugut unmittelbar vom Vermögen des Treugebers in das des Treuhänders dinglich übertragen wurde (sogenanntes Unmittelbarkeitsprinzip).400 Für diesen Fall spricht man von einer sogenannten (echten) Übertragungstreuhand im Gegensatz zu der Erwerbsoder Vereinbarungstreuhand. Ebenso liegt es mit der zuvor beschriebenen Unterscheidung zwischen eigen- und fremdnütziger Treuhand.401 Weite Teile der Literatur machen an diesem Begriffspaar auch die Rechtsnatur des Treuhandvertrages fest. In dieses bestehende System ist die doppelseitige Sanierungstreuhand im Folgenden einzuordnen. Dabei sei nochmal erwähnt, dass die verwendeten Fallgruppen keinerlei Verankerung im Gesetz haben und daher zunächst nur einen rein begrifflichen Hintergrund darstellen können. Hier gilt es zudem, die Fallgruppen und terminologische Zuordnung jeweils kritisch zu reflektieren, da sie für einseitige Treuhandkonstruktionen entwickelt wurde. Für doppelseitige Treuhandschaften hingegen bringt diese Vorgehensweise an vielen Stellen unpassende oder unbefriedigende Ergebnisse hervor, wie sich im Rahmen der Rechtsnatur der doppelseitigen Sanierungstreuhand schon gezeigt hat. Hier war die aus einseitigen Konstellationen bekannte Verknüpfung von Zweck und Interesse an der Treuhand und der hierauf basierende Rückschluss auf die Rechtsnatur des Treuhandvertrages für doppelseitige Konstruktionen unbrauchbar und hat zu vielgestaltigen Meinungsverschiedenheiten in Literatur und Rechtsprechung geführt.402 Insbesondere soweit an bestimmte 398
Heidner, DStR 1989, 276. Heidner, DStR 1989, 276 (277). 400 RGZ 45, 80 (85); RGZ 84, 214 (217 f.); RGZ 133, 84 (87); BGH NJW 1959, 1223 (1224 f.); BGH WM 1965, 173 (174); BGH WM 1969, 325 (326); BGH WM 1993, 83 (84); BGH WM 1995, 2065 (2067); kritisch zum Unmittelbarkeitsprinzip: Armbrüster, GmbHR 2001, 941; Blaurock, S. 243 ff.; Beuthien, ZGR 1974, 26 (29); Grundmann, S. 92 ff.; Heidner, DStR 1989, 276 (278); Henssler, AcP 196 (1996), 37, 43, 54 f.; Tebben, S. 48 ff. 401 Vgl. oben § 6 B. II. 3. 402 Ebenso zur doppelseitigen Treuhand allgemein, insbesondere CTA’s: v. Rom, S. 95. 399
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Merkmale auch weitergehende rechtliche Folgen angeknüpft werden sollen, ist diese Vorgehensweise für doppelseitige Treuhandschaften eingehend zu prüfen. 1. Zweck der Treuhand Nach dem Zweck der treuhänderischen Tätigkeit haben sich die Fallgruppen der Sicherungs-, der Erfüllungs-, der Nutzungs-, der Verwaltungs- und der Liquidationstreuhand gebildet.403 Verbreitet differenziert die Literatur auch nur näher nach Sicherungs- und Verwaltungstreuhand.404 Verwaltungs- und auch Sicherungstreuhand wurden schon eingehend im Rahmen der Rechtsnatur einseitiger Treuhandschaften beschrieben. Bei der Erfüllungstreuhand überträgt der Treugeber ein Treugut erfüllungshalber, § 364 BGB, an seinen Gläubiger (Treuhänder), welcher sich mit dem Treugut oder dem Erlös aus dessen Verwertung befriedigen soll respektive darf. Anders als bei der Sicherungstreuhand hat der Treuhänder also unmittelbar von Beginn an das Recht, das Treugut zu verwerten und muss nicht auf den Eintritt des Sicherungsfalles warten. Vorrangiger Zweck der Konstruktion ist daher nicht die Sicherung eines Anspruchs, sondern dessen Erfüllung.405 Dagegen wird das Treugut dem Treuhänder bei der Nutzungstreuhand übertragen, damit dieser mit der Sache oder dem Recht wirtschaften und die Nutzungen auf eigene Rechnung ziehen kann.406 Bei der Liquidationstreuhand räumt der Treugeber dem Treuhänder eine Form von Verfügungsmacht (Eigentum, Verkaufsvollmacht, Verkaufsermächtigung, jeweils mit Verfügungsermächtigung) an dem Treugut ein, damit dieser die Gegenstände oder Rechte liquidieren und den Erlös aus der Verwertung nach den Maßgaben des Treuhandvertrages ausschütten kann. In der Regel sollen hierbei Gläubiger des Treugebers im Rahmen eines Vergleichs (teilweise) befriedigt werden. Analog der Erfüllungstreuhand liegt der Zweck also auf der unmittelbaren Verwertung, allerdings soll bei der Liquidationstreuhand der Erlös nicht zur Befriedigung einer Forderung des Treuhänders selbst herangezogen werden. Die Liquidationstreuhand fand in erster Linie Anwendung bei dem außergerichtlichen Treuhandliquidationsvergleich sowie dem mit § 7 Abs. 4 VglO mittlerweile außer Kraft gesetzten Vergleichsvorschlag.407 Bei der doppelseitigen Treuhand sind zwei Beziehungen mit treuhänderischem Charakter in die beschriebenen Fallgruppen einzuordnen, worin sich auch Literatur 403 Vgl. bspw. Armbrüster, S. 38 ff. (Verwaltungstreuhand), S. 41 ff. (Liquidationstreuhand), S. 42 (Erfüllungstreuhand und Sicherungstreuhand), S. 44 ff. (Nutzungstreuhand). 404 Etwa bei Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Hirschberger, S. 7 ff. (kennt auch Erfüllungstreuhand); v. Rom, S. 97 ff.; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vorb. §§ 164 – 181, Rn. 29 f.; Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Auflage, § 164 Rn. 51. 405 Vgl. bspw. Armbrüster, S. 42; Gernhuber, JuS 1988, 355 (356); Hirschberger, S. 10 f. m. w. N. 406 Armbrüster, S. 44; Eden, S. 7 f.; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 218 Rn. 502. 407 Zur Liquidationstreuhand: Armbrüster, S. 41; Liebich/Mathews, S. 186.
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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und Rechtsprechung einig scheinen.408 Sowohl zwischen Treugebern (hier: Altgesellschafter) und Doppeltreuhänder als auch zwischen Doppeltreuhänder und gesicherten Drittbegünstigten (hier: Kreditinstitute) besteht rein begrifflich ein Treuhandverhältnis. Der Doppeltreuhänder ist auch für den Fall, dass die Treuhand über einen Vertrag zugunsten Dritter errichtet wird, treuhänderisch gegenüber den gesicherten Drittbegünstigten in Bezug auf das Treugut gebunden und verpflichtet. Eines eigenen Treuhandvertrages zwischen Doppeltreuhänder und gesicherten Gläubigern bedarf es hierzu gerade nicht.409 Hiervon zu trennen ist die Frage, ob auch insolvenzrechtlich im Hinblick auf Aus- respektive Absonderungsrechte der drei Parteien ein Treuhandverhältnis zu beiden Seiten des Treuhänders vorliegt oder vorliegen muss. Die begriffliche Zuordnung dieser beiden treuhänderischen Beziehungen erfolgt in Literatur und Rechtsprechung in höchstem Maße heterogen, es wird quasi alles vertreten, oft ohne nähere Begründung. Bitter konsterniert treffend ein „begriffliches Durcheinander“.410 Die näheren Einzelheiten wurden schon im Zusammenhang mit der Rechtsnatur des Sanierungstreuhandvertrages ausgearbeitet.411 Die Vielzahl vertretener Meinungen beruht zu einem großen Teil auf der aus einseitigen Treuhandschaften stammenden Verknüpfung des Zwecks der Treuhand und dem Interesse der Parteien.412 Diese ist für doppelseitige Treuhandschaften nicht brauchbar, gar irreführend. Der doppelseitige Treuhänder handelt immer fremdnützig, gleich ob die Treuhand der Verwaltung oder der Sicherung dient. Die doppelseitige Treuhand soll daher rein nach dem Zweck der treuhänderischen Tätigkeit und unter wirklich rein begrifflichen Aspekten in die Fallgruppe der Sicherungs-, Nutzungs-, Erfüllungs-, Verwaltungs- und Liquidationstreuhand eingeordnet werden. Vor diesem Hintergrund darf der im Folgenden präsentierte Vorschlag nicht überbewertet werden. Die Qualifikation hat nach der hier vertretenen Linie keinerlei Auswirkungen auf die Rechtsnatur der (vertraglichen) Parteibeziehung(en), sondern dient rein terminolo408 Vgl. statt vieler: Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Armbrüster, S. 47 f.; Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (91); Hirschberger, S. 120 ff. m. w. N., 128 f.; Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 25; v. Rom, S. 98 f.; als Kombination aus Sicherungs- und Verwaltungstreuhand: Achsnick/Opp, S. 61 Rn. 215 (befürworten aber dann auch in Rn. 219 das Vorliegen zweier Verwaltungstreuhandschaften); Armbrüster, S. 43, 47; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (105); Hirschberger, S. 111; Ganter, in der 2. Auflage von MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 386, in der (aktuellen) 3. Auflage wird die doppelseitige Treuhand als zwei atypische Verwaltungstreuhandschaften qualifiziert neben denen aber auch eine Sicherungstreuhand gegenüber dem Drittbegünstigten zustande kommt, vgl. § 47 Rn. 388e; Kampshoff, GmbHR 2010, 897 (902); Obermüller, S. 1063 Rn. 5.818; wohl auch so zu verstehen: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (116 unten); Bork, NZI 1999, 337 (339); Bork, ZIP 2003, 1421 (1424); Eden, S. 7; v. Rom, S. 97 ff.; Serick, Band II, S. 73; Singhof/ Seiler/Schlitt, S. 219 Rn. 504. 409 Ebenso: v. Rom, S. 208; mit näherer Auseinandersetzung: Hirschberger, S. 128 f.; Übersicht auch in der neuen Auflage von Achsnick/Opp, S. 61 f. Rn. 216 f. 410 Hierzu schon unter § 6 B. III. 1. m. w. N. 411 Siehe oben unter § 6 B. III. 1. 412 Siehe ausführlich oben unter § 6 B. II. 6.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
gisch und systematisch als Hilfsmittel, den Zweck und Charakter der Treuhandkonstruktion für einen ersten Eindruck/Überblick zu umschreiben. a) Beziehung Altgesellschafter und Doppeltreuhänder Die Altgesellschafter übertragen ihre Gesellschaftsanteile auf den Doppeltreuhänder, damit dieser sie als Sicherungsmittel zugunsten der Kreditinstitute hält. Für die Altgesellschafter liegt der Zweck darin, die Kreditvergabevoraussetzungen für das Krisenunternehmen zu erfüllen. Sie erwarten von dem Treuhänder, dass er die Anteile ordentlich verwaltet, also insbesondere die Gesellschafterrechte zum besten wirtschaftlichen Wohl der Gesellschaft ausübt und keine treuwidrigen Verfügungen über die Gesellschaftsanteile trifft. Da weder Altgesellschafter noch Doppeltreuhänder einen Darlehensrückzahlungsanspruch haben, der in dieser Beziehung besichert werden könnte, dient die Treuhand auch nicht der Besicherung, sie könnte es mangels Anspruch eben gar nicht. Der Zweck der Treuhand im Verhältnis Altgesellschafter – Doppeltreuhänder ist einzig die Verwaltung des Treuguts. b) Beziehung Doppeltreuhänder und gesicherte Kreditinstitute Auf der anderen Seite des Doppeltreuhänders stehen die Kreditinstitute. Sie haben als gesicherte Drittbegünstigte eben den zu besichernden Anspruch auf Darlehensrückzahlung. Zu diesem Zweck agiert der Doppeltreuhänder gegenüber den Kreditinstituten: sobald der Sicherungsfall eintritt, verwertet er das Treugut und löst die gesicherten Forderungen der Kreditinstitute ab. In diesem Verhältnis liegt der vorrangige Zweck der Konstruktion daher auf der Sicherung der Forderungen. Was die Treuhand also in einseitigen Konstellationen gegenüber dem Treuhänder als Gläubiger der Forderung bezweckte, bezweckt sie nun (immer noch) gegenüber dem oder den Gläubiger(n). Nur ist beziehungsweise sind diese jetzt nicht mehr personenidentisch mit dem Treuhänder, sondern stehen auf dessen anderer Seite. Hier ist demnach von einer Sicherungstreuhand auszugehen.413
413 Ebenso (allerdings in der Regel ohne weitere Begründung): OLG Hamburg WM 1997, 1846; Achsnick/Opp, S. 60 Rn. 213 (Tabelle ganz rechte Spalte), selbst jedoch auch a. A. auf S. 62 Rn. 219: zwei Verwaltungstreuhandschaften; Armbrüster, S. 47; Bähr, ZIP 1998, 1553 (1558); Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 35; Bode/Bergt/Obernberger, DB 2000, 1864 (1866); Buchalik/Rinker, in: Buth/Hermanns, RSI, 3. Auflage 2009, § 4 Rn. 113; Canaris, EWiR § 42 VglO 1/89, 1235; Eden, S. 7, 393; Hessling, in: FS Förster, S. 405 (410); Kreft, in: FS Merz, S. 313 (317); Liebich/Mathews, S. 157, 304 (für die Kreditsicherungstreuhand); Klemm, DStR 2005, 1291; Klemm, BetrAV 2006, 132 (133); Küppers/Louven, BB 2004, 337 (342 f.); Küppers/Louven/Schröder, BB 2005, 763 (764); Mittermaier/Böhme, DB 2006, 203; Passarge, DB 2005, 2746 (2747); Schulte-Körne, S. 6; Sundermann, WuB VI A. § 42 VerglO 1.90; Treffer, DB 2002, 2091 (2093); Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685 (712); Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 221, 223; a. A. insbesondere: Hirschberger, S. 111, 123; v. Rom, S. 99.
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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2. Interesse der Parteien a) Eigen- und fremdnützige Treuhandschaften Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand agiert ein neutraler Treuhänder als Verwalter der Gesellschaftsanteile zwischen den beiden Parteien. Er verfolgt zu beiden Seiten keine eigenen, treuhandspezifischen Interessen, sondern verwirklicht nur die im Treuhandvertrag festgelegten Interessen von Altgesellschaftern und Bank, welche das Verhandlungsergebnis beider Parteien abbilden. Demnach liegt zu beiden Seiten ein fremdnütziges Treuhandverhältnis vor.414 b) Die „doppelnützige“ Treuhand? Aktuell wird in diesem Zusammenhang versucht, insbesondere die gegenständliche doppelseitige Sanierungstreuhand unter eine neue, dritte Untergruppe einzuordnen: die doppelnützige Treuhand.415 Diese neue begriffliche Schublade ist abzulehnen, da sie nicht den Beurteilungsmaßstäben der beschriebenen Fallgruppe folgt und im Übrigen nur weitere Verwirrung stiftet. Eigen- und fremdnützige Treuhandschaften unterscheiden sich aus Sicht des Treuhänders, nicht nach dem Interesse der Vertragspartner, wie der Begriff „doppelnützige Treuhand“ suggeriert. Aus Sicht des Doppeltreuhänders hingegen ändert es rein gar nichts, ob die Treuhand im Interesse beider oder nur einer Partei liegt. Aus seiner Sicht ist sie jedenfalls fremdnützig. 3. Offenlegung der Treuhand Die (treuhänderische) Bindung des Treuhänders kann entweder offengelegt oder geheim gehalten werden. Für letzteren Fall spricht man terminologisch von einer verdeckten Treuhand, anderenfalls liegt eine offene Treuhand vor.416 Kontrovers wird beurteilt, gegenüber welchem Personenkreis die Geheimhaltung zu bestimmen ist. Für die vorliegende Treuhand an Gesellschaftsanteilen kommen insofern die übrigen Gesellschafter der Gesellschaft einerseits (so wohl die h. M.)417 oder der allgemeine 414 Ebenso zur „normalen“ doppelseitigen Sicherungstreuhand: Coing, S. 89; Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 388b, 388e; für CTA’s: v. Rom, S. 96 f. 415 Vgl. insbesondere Achsnick/Opp, S. 60 Rn. 213; Hettich/Kreide/Crone, in: Crone/ Werner, Modernes Sanierungsmanagement, S. 181; Laier, GWR 2010, 184 ff.; Lorenz/Sinhart, in: Die doppelnützige Treuhand als Sanierungsinstrument; v. Pfeil, in: Deutscher AnwaltSpiegel, S. 3 ff.; Riggert, S. 9 ff.; Stockhausen/Janssen, in: FS Görg, S. 491 ff. 416 Vgl. Beuthien, ZGR 1974, 26 (31); Coing, S. 91; Gernhuber, JuS 1988, 355 (357); Heidner, DStR 1989, 276 (278); Schaub, DStR 1995, 1634; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 217 Rn. 500. 417 BGHZ 10, 44 (49); Armbrüster, S. 19 f.; Beuthien, ZGR 1974, 26 (31); Eden, S. 8; Gernhuber, JuS 1988, 355 (357); Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245, (250); Schaub, DStR 1995, 1634; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 217 Rn. 500.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Rechtsverkehr andererseits in Betracht.418 Folgt man der wohl vorherrschenden Meinung, so handelt es sich bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand um eine offengelegte Treuhand, da alle Gesellschafter des kriselnden Unternehmens an der Sanierungskonstruktion beteiligt sind und sein müssen. Zum einen übertragen ohnehin in der Regel alle Gesellschafter den gesamten oder zumindest einen substantiellen Anteil der Gesellschaftsanteile auf den Doppeltreuhänder. Zum anderen bedarf die Übertragung der Gesellschaftsanteile eines Gesellschafters in der Regel der Zustimmung der Mitgesellschafter und/oder der Gesellschaft selbst, abhängig von den jeweiligen Vinkulierungsklauseln in dem Gesellschaftsvertrag. Letztlich beruht die doppelseitige Sanierungstreuhand auf einem Konsens aller, das Unternehmen tragender Parteien. Ohne diesen Konsens macht die Treuhand keinen Sinn und ist in der Regel auch nicht durchzusetzen. Gegenüber dem allgemeinen Rechtsverkehr hingegen wird es für die Kreditwürdigkeit des Unternehmens nicht selten von Vorteil sein, die Treuhand verborgen zu halten, weist sie doch auf Schwierigkeiten hin. Hier ist allerdings zu beachten, dass nur das schuldrechtliche Element der Treuhand geheim gehalten werden kann. Die treuhänderische Bindung ist nicht in das Handelsregister einzutragen.419 Der dingliche Übergang der Anteile auf den Doppeltreuhänder hingegen wird mit der parallel einzureichenden neuen Gesellschafterliste im Handelsregister öffentlich, deren Einreichung für die Geschäftsführer verpflichtend ist, § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG.420 Diese Pflicht gilt ebenfalls für den Fall, dass der Neugesellschafter treuhänderisch gebunden ist.421 Damit sich die veränderten Inhaberverhältnisse nicht unmittelbar nach außen zeigen, firmiert die Treuhand-Zweckgesellschaft häufig unter einer sehr ähnlichen Bezeichnung wie das Unternehmen selbst.422 Insbesondere für die Treuhand an Gesellschaftsanteilen wird vertreten, dass der oder die Treugeber (Altgesellschafter) sowie der Treuhänder eine Pflicht zur Offenlegung der treuhänderischen Bindung gegenüber Mitgesellschaftern sowie Gesellschaft hätten. Diese folge aus der allgemeinen gesellschafterlichen Treuepflicht immer dann, wenn und soweit für die Gesellschaft durch die Treuhand eine (Schädigungs-)Gefahr bestünde oder die Geheimhaltung „den berechtigten Interessen der Mitgesellschafter widerspreche“.423 Bei einem Verstoß gegen diese Pflicht wären neben der schadensersatzrechtlichen Dimension sogar die entsprechenden Gesellschafterbeschlüsse zur Aufhebung der Vinkulierung von den „getäuschten“ Mitgesellschaftern anfechtbar. Soweit man dieser Verpflichtung zustimmt, wird ihr 418
So wohl Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (80); Heidner, DStR 1989, 276 (278). Herrler, in: MünchKomm, GmbHG, § 8 Rn. 23; Mayer, ZIP 2009, 1039. 420 Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 8 Rn. 6, § 40 Rn. 5 ff. 421 OLG Hamm GmbHR 1985, 22; Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 40 Rn. 8. 422 Siehe zur Person der Treuhand-Zweckgesellschaft auch oben unter § 5 C. 423 OLG Hamburg BB 1993, 1030; Armbrüster, S. 120 (unten), 132 (unten), 371 ff. m. w. N.; Beuthien, ZGR 1974, 26 (46 f.); Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 13 Rn. 47; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 217 Rn. 500 m. w. N. in Fn. 33. 419
§ 6 Der Sanierungstreuhandvertrag und seine Rechtsnatur
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im Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand aufgrund der Beteiligung aller Parteien begegnet. 4. Anzahl der beteiligten Parteien und Struktur der Treuhand Schließlich kann man auch anhand der Anzahl der beteiligten Parteien respektive der Struktur der Treuhand begrifflich nach einseitigen und doppelseitigen Treuhandschaften unterscheiden. Wie bereits im Rahmen der Definition für die doppelseitige Treuhand untersucht,424 ist bei der Unterscheidung allerdings Vorsicht geboten: die reine Anzahl der beteiligten Parteien ist kein hinreichendes Kriterium, um zwischen einseitiger und doppelseitiger Treuhand trennscharf abgrenzen zu können. Es reicht gerade nicht aus, dass mehr als zwei Parteien an der Treuhand beteiligt sind, um von einer doppelseitigen Treuhand sprechen zu können. So sind auch mehr als zwei Parteien in der Konstruktion (vertraglich) eingebunden, wenn auf Treugeberseite eine Mehrzahl an (selbstständigen) Parteien steht.425 In diesem Fall spricht man von einer einseitigen Treuhand mit mehreren Beteiligten, deren Existenz als Sonderfall der einseitigen Treuhand in der Literatur anerkannt ist.426 Dieser Fall liegt beispielsweise vor, wenn eine Gesellschaftermehrheit ihren Anteilspool einheitlich von einem Treuhänder verwalten lässt. Doppelseitige Treuhandschaften dienen dazu, einen Anspruch oder ein Recht einer oder mehrerer dritter Parteien zu besichern, die nicht personenidentisch mit dem Treuhänder selbst sind. Während sich bei der einseitigen (eigennützigen) Sicherungstreuhand Interessenwahrnehmung und Interessenträgerschaft in der Person des Treuhänders vereinen, da dieser selbst Gläubiger des zu besichernden Anspruchs ist, ist der Treuhänder in doppelseitigen Konstellationen stets nur Interessenwahrnehmender. Interessenträger ist hingegen eine dritte Partei, die zusätzlich zu dem Treugeber in die Konstruktion eintritt. Nach der im Rahmen dieser Arbeit vorgeschlagenen Definition liegt demnach eine doppelseitige Treuhand mit Sicherungscharakter vor, wenn einer Person, die weder mit Treugeber noch mit gesichertem Drittbegünstigtem identisch ist, dingliche Rechtsmacht über ein Treugut eingeräumt wird, welche sie nur nach bestimmten schuldrechtlichen Maßgaben im Innenverhältnis ausüben darf und auf deren Erfüllung beide Parteien einen vertraglichen Anspruch gegen diesen „Doppeltreuhänder“ haben.427
424
Vgl. unter § 3 A. III. 1. Siehe unter § 3 A. III. 1. b). 426 Vgl. aus der Literatur: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (116); Coing, S. 91; Heidner, DStR 1989, 276 (277); zuletzt v. Rom, S. 101 Fn. 333. 427 Zur Definition der doppelseitigen Treuhand unter § 3 A. III. 2. und insb. lit. c). 425
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
5. Begründung der treuhänderischen Stellung am Treugut (Güterbewegung) Je nachdem wie die Rechtsmacht des Treuhänders am Treugut zustande kommt, kann zwischen der Übertragungstreuhand, der Erwerbstreuhand sowie der Vereinbarungstreuhand unterschieden werden. Bei der Übertragungstreuhand überträgt der Treugeber das Eigentum/die Inhaberschaft an dem Treugut direkt aus seinem Vermögen auf den Treuhänder.428 Bei der Erwerbstreuhand befindet sich das potentielle Treugut nicht im Vermögen des Treugebers. Vielmehr erwirbt der Treuhänder das Treugut in eigenem Namen von einem Dritten, intern aber im „Auftrag“ und für den „Treugeber“ (der insofern rein semantisch betrachtet keiner ist). Anschließend hält er das Treugut auf Basis des Treuhandvertrages treuhänderisch für den Treugeber.429 Die erforderlichen Mittel zum Erwerb des Treuguts stellt der Treugeber dem Treuhänder entweder schon vor Erwerb zur Verfügung, ersetzt dem Treuhänder die im Zusammenhang mit dem Erwerb des Treuguts angefallenen Aufwendungen oder stellt ihn direkt von der entsprechenden Verbindlichkeit frei. Bei der Vereinbarungstreuhand als dritte Form hat der Treuhänder von Beginn an die dingliche Vollrechtsposition an dem Treugut inne, ist also Eigentümer der Sachen oder Inhaber von Forderungen oder Rechten, insbesondere auch Gesellschaftsanteilen. Das treuhänderische Verhältnis entsteht in diesem Fall durch eine schuldrechtliche Vereinbarung (Treuhandvertrag), in welcher sich der Treuhänder verpflichtet, dass Treugut zukünftig „für den Treugeber“ nach Maßgabe der vertraglichen Vorgaben zu halten und entsprechend damit zu verfahren.430 Schuldrechtlich liegt dem ganzen ein Verkauf oder eine Schenkung des Treuguts vom Treuhänder an den Treugeber zugrunde, formal verbleibt das Treugut aber bei dem Treuhänder. Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand übertragen die Altgesellschafter ihre Gesellschaftsanteile an der kriselnden GmbH direkt per Abtretung auf die Treuhand-Zweckgesellschaft. Es handelt sich daher in diesem Verhältnis um eine (echte) Übertragungstreuhand. 6. Zusammenfassende Systematik der doppelseitigen Sanierungstreuhand Abschließend kann die vorgestellte Konstruktion wie folgt in die allgemeine Treuhandsystematik eingeordnet werden: Bei der Sanierungstreuhand handelt sich um eine doppelseitige und fiduziarische Vollrechtstreuhand an Gesellschaftsanteilen, wobei der Treugeber das Treugut direkt auf den Doppeltreuhänder überträgt (Übertragungstreuhand). Die Treuhand wird gegenüber den Mitgesellschaftern und der Gesellschaft offengelegt, der Doppeltreuhänder agiert in beiden Beziehungen fremdnützig. Im Verhältnis zu den Altgesellschaftern dient die Konstruktion vor428 BGH WM 1960, 325; Achsnick/Opp, S. 54 Rn. 195; Armbrüster, S. 15; Coing, S. 88; Eden, S. 25; Heidner, DStR 1989, 276; Hirschberger, S. 25. 429 Heidner, DStR 1989, 276; speziell bei Gesellschaftsanteilen: Armbrüster, S. 15 f., 111, 114; Greitemann, GmbHR 2005, 577; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 201; Schulz, GmbHR 2001, 282 (283). 430 Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 202.
§ 7 Wirksamkeitshindernisse des Treuhandvertrages
189
nehmlich der Verwaltung der Gesellschaftsanteile (Verwaltungstreuhand), im Verhältnis zu den Kreditinstituten dagegen vornehmlich dazu, deren Rückzahlungsansprüche zu besichern (Sicherungstreuhand).
§ 7 Wirksamkeitshindernisse des Treuhandvertrages Im Folgenden sollen die wichtigsten potentiellen Unwirksamkeitsgründe hinsichtlich des Sanierungstreuhandvertrages näher betrachtet werden, sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht. Die Wirksamkeit des Treuhandvertrages ist elementar für alle Parteien der kompletten Konstruktion, nicht nur für die unmittelbaren Vertragsparteien. Insbesondere liegt es jedoch im Interesse des Doppeltreuhänders die Wirksamkeit des Treuhandvertrages eingehend sicherzustellen. Nicht selten verlangen potentielle Erwerber eine dementsprechende Garantie von ihm.431
A. Formelle Hindernisse I. Formerfordernisse Die Formerfordernisse des Treuhandvertrages wurden schon behandelt. Soweit der Treuhandvertrag der notariellen Beurkundung ermangelt, würde dies seine Nichtigkeit nach § 125 S. 1 BGB nach sich ziehen. Selbst wenn die Treuhandabrede getrennt von der Abtretungsverpflichtung sowie getrennt von den dinglichen Abtretungserklärungen errichtet werden soll (dann ohnehin § 15 Abs. 3, 4 GmbHG), sollte der Treuhandvertrag der Sicherheit halber notariell beurkundet werden.432 II. Satzungsgemäße Vinkulierungen Nach § 15 Abs. 5 GmbHG kann die Abtretung von Gesellschaftsanteilen durch den Gesellschaftsvertrag an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden. Man spricht hier von sogenannten statutarischen Abtretungsbeschränkungen, den Vinkulierungen.433 In der Praxis sind insbesondere Vinkulierungen anzutreffen, nach denen die Abtretung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, eines bestimmten Gesellschafters oder eines Beirats bedarf. So soll sichergestellt werden, dass dem jeweiligen Berechtigten die Entscheidung obliegt, wer in den Gesellschafterkreis hinzutreten darf, 431
Vgl. Krüger/Pape, NZI 2009, 870 (872). Gleiche Empfehlung bei Achsnick/Opp, S. 94 Rn. 356 f. 433 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 37; Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 71. 432
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
um so das Eindringen unerwünschter Personen in die GmbH verhindern zu können.434 Wird ohne Aufhebung der Vinkulierung abgetreten, so ist das dingliche Rechtsgeschäft (schwebend) unwirksam.435 Vinkulierungen gelten auch für Übertragungen im Rahmen einer Treuhand.436 Nach dem originären Regelungsgehalt des § 15 Abs. 5 GmbHG betreffen die Wirkungen der Vinkulierung nur den dinglichen Rechtsübergang des Treuguts. Über den eigentlichen Wortlaut der Vorschrift hinaus („Abtretung“) soll nach Ansicht einiger aber ebenfalls der Treuhandvertrag als schuldrechtliches Geschäft von den Wirkungen einer Vinkulierung erfasst werden, unabhängig von der genauen Formulierung der Vinkulierungsklausel.437 Soweit die Satzung der Gesellschaft also die Übertragung der Anteile vinkuliert, bedarf auch die Treuhandvereinbarung selbst der Zustimmung und ist bis dahin respektive ohne solche schwebend unwirksam. Grund für die extensive Auslegung in der Literatur ist wohl, dass nicht nur die formale Rechtsinhaberschaft der Vinkulierung unterliegen soll, sondern genauso die wirtschaftliche Eigentümerstellung respektive Veränderungen hierin. Sofern man dies unterstellt, wäre wohl eine nähere Differenzierung innerhalb der verschiedenen Treuhandformen und deren Zweck hinsichtlich der Umgehungsgefahr des § 15 Abs. 5 GmbHG angebracht.438 Nach hier vertretener Ansicht geht diese Auslegung jedoch – unabhängig von der Treuhandkonstruktion im Einzelfall – über den klaren Wortlaut der Vorschrift („Abtretung“ = dingliche Übertragung) als äußerste Grenze der Auslegung hinaus und ist daher nicht direkt anzuwenden.439 Unbeschadet bleiben natürlich schadensersatzrechtliche Konsequenzen, wenn die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag vereinbaren, dass Treuhandvereinbarungen und ähnliches über Gesellschaftsanteile der Zustimmung bedürfen, hierzu mehr im folgenden Kapitel. Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand spielt diese Meinungsverschiedenheit ohnehin keine bedeutende Rolle: sie wird allen Parteien gegenüber offengelegt und beruht auf einem allseitigen Konsens, insbesondere aller Gesellschafter. Zudem wird die dingliche Abtretung, für die § 15 Abs. 5 GmbHG in jedem Fall gilt, in einer 434
Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 219. BGHZ 13, 186; OLG Schleswig GmbHR 1999, 35; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 37, 47; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 246; Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 71. 436 RG JW 1931, 2967; BayObLG DB 1991, 1270 (1272); Blaurock, S. 151 f.; differenzierend: Armbrüster, S. 94 ff. 437 Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 94 (benennt dies als „h. M.“); wohl auch: Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 58 (etwas unklar, ob Fastrich hier die dingliche Übertragung innerhalb einer Treuhand meint oder den Treuhandvertrag selbst); Eden, S. 46. 438 So wohl auch: Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 15 Rn. 164, 214 („es sei denn, Treugeber ist Mitgesellschafter“); Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 111, 234, 235; vgl auch OLG Hamm GmbHR 1993, 656 (658). 439 So sind wohl auch Reichert/Weller in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 219 zu verstehen, nach denen die Vinkulierung bei Begründung der Übertragungstreuhand (dingliche Abtretung) gilt, nicht jedoch beim Verpflichtungsgeschäft. 435
§ 7 Wirksamkeitshindernisse des Treuhandvertrages
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Urkunde zusammen mit dem Treuhandvertrag beurkundet. Der Abschluss des Treuhandvertrages ist allen Parteien bewusst und es müssen sich auch alle Gesellschafter daran beteiligen. Regelmäßig übertragen bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand ohnehin alle Gesellschafter ihre Anteile. Der Vorsicht halber empfiehlt es sich, bei Vinkulierungen auch den Treuhandvertrag in die Zustimmung explizit mit aufzunehmen und somit die Vinkulierung in jedem Fall aufzuheben. Ohnehin kann aber wohl in der Zustimmung zur dinglichen Abtretung an den Treuhänder (bei Offenlegung des Treuhandvertrages) auch eine konkludente Zustimmung zum Abschluss des Treuhandvertrages gesehen werden. III. Sonstige nicht korporative Satzungsinhalte sowie Vorgaben einer Gesellschaftervereinbarung Neben korporativen (echten, materiellen) Satzungsinhalten mit Wirkung im Außenverhältnis kann die Satzung auch nicht korporative Zustimmungserfordernisse beinhalten,440 wie insbesondere hinsichtlich des Abschlusses eines Treuhandvertrages. Häufig sind solche Vorgaben auch in einer entsprechenden Gesellschaftervereinbarung enthalten. Ein Verstoß gegen diese Erfordernisse zöge zwar nicht die Unwirksamkeit des Treuhandvertrages nach sich, allerdings würde sich der jeweilige Altgesellschafter als Treugeber schadensersatzpflichtig machen. Insbesondere käme auch ein schadensersatzrechtlicher Rückabwicklungs- beziehungsweise Aufhebungsanspruch gegen ihn in Betracht. Vor Abschluss des Treuhandvertrages sollten daher alle nach Satzung und Gesellschaftervereinbarung (soweit vorhanden) erforderlichen Zustimmungen vorliegen und nach Möglichkeit auch in die Treuhandvereinbarung mit aufgenommen werden.
B. Materielle Hindernisse In materieller Hinsicht muss der Sanierungstreuhandvertrag den allgemeinen Anforderungen des Zivil-, Gesellschafts- und Insolvenzrechts entsprechen. Insbesondere muss sich der Treuhandvertrag an den §§ 116 ff., 134 und 138 BGB messen lassen. I. Zivilrechtliche Anfechtbarkeit Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand handelt es sich um eine echte, fiduziarische Treuhand. Der Doppeltreuhänder soll nicht nur zum Schein Gesellschafter werden. Vielmehr beabsichtigen die Parteien die mit dem Treuhandvertrag ver-
440
Wicke, in: MünchKomm, GmbHG, § 3 Rn. 102 ff.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
bundenen Rechtsfolgen wirklich.441 Der Doppeltreuhänder soll das Treugut zur Sicherung des Kreditinstitutes übernehmen, um als Gesellschafter die Sanierung des Unternehmens schnell und effizient verwirklichen zu können oder notfalls einen Zugriff auf die Gesellschaftsanteile zu gewährleisten. Nicht in Betracht kommt daher eine Anfechtbarkeit des Treuhandvertrages oder gar der Einigungserklärung hinsichtlich des Eigentumsübergangs wegen Scheingeschäfts nach § 117 BGB. Um ein Anfechtungsrisiko des Treuhandvertrages nach § 123 BGB von Altgesellschafterseite zu vermeiden, sollten die Kreditinstitute sich eines unzulässigen Einflusses auf die Gesellschafter bei Abschluss des Treuhandvertrages enthalten. Hier berechtigt die Altgesellschafter nämlich auch eine Drohung von Seiten der Kreditinstitute (als Dritte) zur Anfechtung des Treuhandvertrages gegenüber dem Treuhänder, § 123 BGB.442 Insbesondere sollte die Treuhandstruktur nicht mit Druck auf die Altgesellschafter erzwungen werden. Bedenklich wäre hier beispielsweise, die sofortige Kündigung und Fälligstellung laufender Kredite anzudrohen. Dies würde die Altgesellschafter und ihr Unternehmen in eine wirtschaftliche Zwangslage bringen. Unbenommen steht dem Kreditinstitut aber natürlich das Mittel einer negativen (weiteren) Finanzierungs- und Kreditvergabeentscheidung für die Zukunft, welches faktisch ein starkes Druckmittel ist. Ein Kreditinstitut ist nicht (ohne Weiteres) verpflichtet, den Sanierungsprozess eines Unternehmens aktiv zu begleiten, selbst wenn alle anderen Unternehmensgläubiger einer Finanzierung zustimmen.443 Übertragen nicht alle Gesellschafter ihre Gesellschaftsanteile auf den Treuhänder käme theoretisch eine Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB durch die Mitgesellschafter des Treugebers in Betracht, soweit der Treugeber und der Treuhänder die treuhänderische Bindung den Mitgesellschaftern bei deren Zustimmung zur Anteilsabtretung nicht offenbaren.444 Aufgrund der gesellschafterlichen Treuepflicht obläge es diesen, die Treuhandschaft gegenüber der Gesellschaft zu offenbaren (Aufklärungspflicht bei Täuschung durch Verschweigen).445 Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand hat diese Konstellation wiederum wenig bis keine Bedeutung, da die Konstruktion nur unter Beteiligung aller Altgesellschafter errichtet werden kann.
441 Zum Tatbestand des Scheingeschäfts: Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 117 Rn. 2; allgemein zur echten fiduziarischen Treuhand hinsichtlich § 117 BGB: Armbrüster, S. 124 f.; Eden, S. 45. 442 Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 123 Rn. 18. 443 BGHZ 116, 319 ff.; Wittig, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 4. Auflage, S. 257 Rn. 2.232. 444 Eden, S. 47; für die Übertragungstreuhand einschränkend: Armbrüster, S. 133 (treuhänderische Übertragung als Minus zur Übertragung auf nicht treuhänderisch gebundenen Dritten). 445 Vgl. OLG Hamburg DB 1993, 1081 (1082); Kümmerlein, S. 24 ff., 32 ff.; a. A. für die Übertragungstreuhand: Armbrüster, S. 133.
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Soweit die Altgesellschafter den Treuhandvertrag in dem festen Glauben an den Nichteintritt des Sicherungsfalles abschließen, begründet dies bei Verlust ihres Unternehmens keinen zur Anfechtung berechtigenden Inhaltsirrtum, § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Vielmehr liegt nur ein unbeachtlicher Motivirrtum hinsichtlich der Beweggründe bei Abschluss des Treuhandvertrages vor, der generell nicht zur Anfechtung berechtigt.446 Um von Altgesellschafterseite keine Unklarheiten aufkommen zu lassen, kann in Erwägung gezogen werden, den § 119 BGB im Treuhandvertrag individualvertraglich abzubedingen, was ohne Weiteres zulässig ist.447 II. Gesetzesverstoß und Sittenwidrigkeit Ebenfalls nach den allgemeinen Vorschriften kommt eine Nichtigkeit des Treuhandvertrages aufgrund sittenwidrigen Inhalts nach § 138 BGB oder aufgrund Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nach § 134 BGB in Betracht. 1. Gesetzliches Verbot, § 134 BGB Für doppelseitige Sanierungstreuhandschaften spielt die Nichtigkeit in Folge eines Gesetzesverstoßes regelmäßig eine untergeordnete Rolle. Die bei Treuhandschaften typischerweise in Betracht kommenden Verbotsgesetze der §§ 370 AO, 263 und 266 StGB werden (oder sollten) hier normalerweise nicht berührt (werden). Weder ist der (Haupt-)Zweck der Konstruktion eine Steuerhinterziehung noch verfolgt sie betrügerische Handlungen.448 2. Schädigungsabsicht, § 138 BGB Mehr Beachtung sollte man dem Nichtigkeitsgrund der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB schenken. Hier kommen gleich mehrere Fallgruppen in Betracht, von denen die doppelseitige Sanierungstreuhand bei unglücklicher Gestaltung erfasst werden könnte. Grundsätzlich wird das an sich wertneutrale Verfügungsgeschäft über die Anteile von der Nichtigkeitsfolge des § 138 Abs. 1 BGB nicht umfasst.449 Insbesondere bei Sicherungsabtretungen kommt ein Durchschlagen der Nichtigkeit auf das dingliche Rechtsgeschäft jedoch in Frage, soweit die Unsittlichkeit gerade im Vollzug der Leistung zu sehen ist.450 Soweit die Nichtigkeit nicht auch die dingliche Seite betrifft, könnten die Altgesellschafter die Gesellschaftsanteile jedoch nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung heraus
446 447 448 449 450
Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 119 Rn. 29. Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 119 Rn. 3. Näher zu den Verbotsgesetzen: Armbrüster, S. 125; Eden, S. 45 f. BGH NJW 1990, 384. BGHZ 19, 18; BGHZ 30, 153.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
verlangen.451 Zunächst könnte der Treuhandvertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein, soweit er eine Schädigung oder Benachteiligung der Gesellschaft oder der Altgesellschafter verfolgt, indem die Treuhand die Umgehung von Wettbewerbs-, Beteiligungs- oder Stimmverboten erreichen soll.452 Der Abschluss des Sanierungstreuhandvertrages soll die weitere Finanzierung des Geschäftsbetriebes sicherstellen und das Unternehmen auf lange Sicht hin sanieren. Eine Umgehung von Wettbewerbs-, gesellschaftsrechtlichen Beteiligungs- und Stimmverboten oder Ähnlichem ist nicht beabsichtigt. Soweit Teile der Literatur für eine Nichtigkeit aufgrund der genannten Treuebruchtatbestände das kollusive Zusammenwirken der Beteiligten fordern, so fehlt es in der Regel schon an diesem.453 3. Übersicherung, § 138 BGB Eine Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB könnte sich allerdings aus der Fallgruppe der Übersicherung ergeben. Eine Übersicherung liegt vor, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Wert des gesicherten Risikos und dem realisierbaren Wert der Sicherheit selbst besteht.454 Für das gesicherte Risiko kann die Höhe der Forderung als Anhaltspunkt herangezogen werden, im Übrigen ist das Risiko im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Umstände zu bewerten (Wahrscheinlichkeit der Rückvalutierung etc.). Über den Wert des Sicherungsgutes hinaus wird dem Sicherungsnehmer eine Art Risikoaufschlag zugestanden, um den der Wert der Sicherheit das Risiko übersteigen darf, ohne dass eine (sittenwidrige) Übersicherung vorliegt. Ab dieser Grenze ist die Sicherheit freizugeben („Deckungs- oder Freigabegrenze“).455 Im Weiteren ist zwischen anfänglicher und nachträglicher Übersicherung zu unterscheiden: a) Anfängliche Übersicherung Bei der anfänglichen Übersicherung steht schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses fest, dass der realisierbare Wert des Sicherungsgutes das gesicherte Risiko inklusive des Risikoaufschlages (Deckungsgrenze) (deutlich) übersteigt. Weiter ist anzunehmen, dass dies auch bei Eintritt des Sicherungsfalles so sein wird.456 Eine 451 452
Text).
Ganter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 90 Rn. 345a. So Armbrüster, S. 126 (selbst allerdings kritisch einschränkend, siehe weiter dort im
453 Mit diesem Erfordernis zur Eingrenzung des Tatbestandes von § 138 Abs. 1 BGB: Armbrüster, S. 128; Eden, S. 46 (der allerdings in Fn. 298 Armbrüster als a. A. bezeichnet). 454 BGH WM 1966, 13 (15); Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 23; Ganter, in: MünchKomm, InsO, Vorb. vor §§ 49 – 52 Rn. 82; Ganter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 90 Rn. 349. 455 Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 138 Rn. 97; Ganter, in: MünchKomm, InsO, Vorb. vor §§ 49 – 52 Rn. 82. 456 BGH NJW 1998, 2047; BGH ZInsO 2003, 612 (614); Ganter, WM 1998, 2045 (2047 f.).
§ 7 Wirksamkeitshindernisse des Treuhandvertrages
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anfängliche Übersicherung zieht die Nichtigkeit des sittenwidrigen Rechtsgeschäfts nach § 138 Abs. 1 BGB als Rechtsfolge nach sich.457 Als Anhaltspunkt für die Deckungsgrenze soll nach verbreiteter Ansicht ein Verhältnis 110 % respektive von 150 % (bei Bewertungsunsicherheiten) des gesicherten Risikos ausreichen.458 Nach anderer Ansicht ist eine wesentlich höhere Schwelle wegen der gravierenderen Rechtsfolgen als bei der nachträglichen Übersicherung anzunehmen.459 Neben das objektive Merkmal muss für eine Sittenwidrigkeit ein zusätzliches subjektives Element treten. So muss das Rechtsgeschäft nach seinem Gesamtcharakter nicht mit den guten Sitten vereinbar sein, insbesondere aufgrund seines Inhalts, seiner Beweggründe oder seines Zweckes. Das subjektive Merkmal kann vor allem auf einer verwerflichen Gesinnung des Sicherungsnehmers bei Vertragsabschluss beruhen.460 Ab einem Missverhältnis von 200 % der Deckungsgrenze (= 300 % der gesicherten Forderung) ist positiv von einer Sittenwidrigkeit auszugehen.461 Unternehmen in der Krise haben in der Regel bilanziell einen äußerst geringen Wert in Anbetracht der ihnen obliegenden Passiva. Andererseits ist das Risiko der Kreditbesicherung für die Kreditinstitute in der Unternehmenskrise äußerst hoch. Eine objektive Übersicherung wird daher in der Regel nicht vorliegen. Im Übrigen ist bei dem doppelseitigen Treuhänder keine verwerfliche Gesinnung vorhanden. In Betracht käme nur eine Zurechnung von Seiten der Kreditinstitute, welche selbst nicht Partei des Treuhandvertrages sind. Im Einzelfall ist diese Fallgruppe aber jedenfalls bei Beratung der doppelseitigen Sanierungstreuhand vor allem von Bankenseite im Auge zu behalten. b) Nachträgliche Übersicherung Wahrscheinlicher liegt der Fall einer nachträglichen Übersicherung. Eine solche kann sich alternativ oder kumulativ daraus ergeben, dass der Wert der Sicherheiten beziehungsweise deren Umfang (Globalzession Warenlager) mit der Zeit steigt oder aber das gesicherte Risiko sinkt.462 Eine nachträgliche Übersicherung berührt die Wirksamkeit des Treuhandvertrages nicht.463 Allerdings soll nach dem BGH464 auch 457 BGH NJW 1991, 353 f.; BGH NJW 1994, 1796 (1798); BGH NJW 1998, 2047; BGH WM 2010, 834. 458 Vgl. BGH NJW 1998, 2047; BGHZ 137, 212; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 138 Rn. 97; Terlau, BB 1998, 1498. 459 Ganter, WM 2001, 1 (3 ff.); Ganter, in: MünchKomm, InsO, Vorb. vor §§ 49 – 52 Rn. 84. 460 BGH WM 1966, 13 (15); Ganter, in: MünchKomm, InsO, Vorb. vor §§ 49 – 52 Rn. 84. 461 OLG Hamm WM 2002, 451; Tetzlaff, ZIP 2003, 1826; gegen eine pauschale Bewertung: Ganter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 90 Rn. 352c. 462 Ganter, in: MünchKomm, InsO, Vorb. vor §§ 49 – 52 Rn. 85. 463 BGHZ 137, 212; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 138 Rn. 97. 464 BGHZ 124, 241; BGH DStR 1996, 1491 (1492); BGH WM 1998, 227; BGHZ 137, 212 ff.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
ohne vertragliche Abrede zugunsten des Sicherungsgebers ein ermessensunabhängiger Freigabeanspruch bestehen, soweit der kumulierte Wert der gestellten Sicherheiten die Deckungsgrenze nicht nur vorübergehend überschreitet.465 Soweit die Parteien keine (angemessene) Deckungsgrenze vereinbart haben, soll diese bei der nachträglichen Übersicherung 110 % der gesicherten Forderungen betragen.466 Wenn die Bewertung der Sicherheiten mit Ungewissheiten behaftet ist, wird die Grenze wieder auf 150 % angehoben.467 Dies wird in der Regel immer der Fall oder zumindest argumentierbar sein.468 Die Grundsätze gelten gleichermaßen bei formularbuchmäßigen Sicherungsabreden wie bei individuell verhandelten Sicherungskonstruktionen.469 Bei nicht teilbaren Sicherheiten soll der Freigabeanspruch sich auf die Möglichkeit eines Austausches der alten Sicherheit mit einer neuen Sicherheit beschränken, welche der Besicherungssituation angemessen ist.470 Wenn und soweit die Sanierung erste Erfolge zeitigt und gegebenenfalls die ersten Kreditschulden teilweise abgelöst sind, kann sich die eben beschriebene Situation der nachträglichen Übersicherung im Fall einer doppelseitigen Sanierungstreuhand schnell einstellen, jedenfalls stellt sie sich sicher irgendwann ein. Auf der einen Seite steigt mit dem Unternehmenswert parallel der Wert der Sicherheiten, auf der anderen Seite fallen die gesicherten Verbindlichkeiten. Nach der Kasuistik einseitiger Treuhandschaften (Sicherungsübereignungen) hätten die Altgesellschafter in diesem Fall einen entsprechenden Freigabeanspruch gegen den Doppeltreuhänder auf Herausgabe von Gesellschaftsanteilen, bis der Wert der Sicherheit wieder unter die jeweilige Deckungsgrenze fällt. Dies wird auch genau so vertreten, mit dem Hinweis hier explizite Freigabeklauseln in den Sanierungstreuhandvertrag in doppelseitigen Konstellationen aufzunehmen.471 Für die doppelseitige Sanierungsstreuhand ist jedoch zu beachten, dass mit einer solchen Vorgehensweise unter Umständen sowohl Sanierungs- als auch Sicherungszweck der Treuhand größtenteils vereitelt werden könnte. Der Unternehmenswert kann in einer Krise respektive Sanierung in kurzen Zeitperioden unter Umständen große Sprünge machen, in beide Richtungen. Teils ist das sogar von einzelnen Ereignissen abhängig, wie beispielsweise einem Großauftrag, welcher die Umsatzziele für einen längeren Zeitraum sicherstellt – oder eben dem Verlust eines solchen. Steigt der Unternehmenswert, ist dies primär positiv für alle Beteiligten. Die für die Kredite haftende Sicherheit gewinnt an Wert, zudem wird eine Unternehmensinsolvenz unwahrscheinlicher. Allerdings müsste der Treuhänder je nach Umfang des Freigabeanspruchs gegebenenfalls eine Mehrheit der Gesellschaftsanteile an die 465 466 467 468 469 470 471
Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1826 Rn. 196. Vgl. auch Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 25. Ganter, in: MünchKomm, InsO, Vorb. vor §§ 49 – 52 Rn. 87, 88. Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1826 Rn. 196. Ganter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 90 Rn. 362. Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 25. Achsnick/Opp, S. 98 Rn. 374 f.
§ 7 Wirksamkeitshindernisse des Treuhandvertrages
197
Altgesellschafter zurück übertragen, um eine sittenwidrige nachträgliche Übersicherung zu verhindern. Dies hätte unter Umständen die Folge, dass er nicht mehr die erforderliche Gesellschaftermacht respektive -mehrheit besitzen würde, um notwendige Sanierungsmaßnahmen schnell und effizient umzusetzen, also insbesondere Entscheidungen aus einer Hand zu treffen. Es würde wieder dieselbe Situation eintreten, welche durch die doppelseitige Sanierungstreuhand ursprünglich vermieden werden sollte. Entscheidungen wären in einem heterogenem Kreis zu treffen, was die Entscheidungsfindung verlangsamt oder gänzlich verhindert. Im schlimmsten Fall würde eine erfolgreiche Sanierung aufgrund entstehender Meinungsverschiedenheiten und destruktivem Verhalten von Altgesellschafterseite obstruiert. Zudem wäre es, soweit der Sicherungsfall trotz anfänglicher Erfolge eintritt, erheblich erschwert bis unmöglich gemacht, die Gesellschaftsanteile als Sicherungsgut zu verwerten. Kein Investor übernimmt eine Anteilsminderheit in der Krise mit einem heterogenen, schlimmstenfalls obstruktiven Gesellschafterkreis, der jede Sanierungschance von Beginn an schwierig macht. Neben dem Sanierungs- wäre also auch das Sicherungselement beeinträchtigt, trotz gestiegenem Unternehmenswert. c) Stellungnahme Für die doppelseitige Sanierungstreuhand ist daher nach einer Lösung zu suchen, welche einerseits die beschriebenen negativen Auswirkungen vermeidet, andererseits jedoch keine sittenwidrige Übersicherungssituation entstehen lässt. Diese Anforderungen lassen sich folgendermaßen lösen: soweit und sobald eine nachträgliche Übersicherung eintritt, hat der Doppeltreuhänder die als Treugut übertragenen Gesellschaftsanteile entgegen dem Freigabeanspruch des BGH nicht formaldinglich an die Altgesellschafter herauszugeben, sprich rückabzutreten. Die formale Inhaberschaft verbleibt also bei dem Treuhänder, damit er die Sanierung im Interesse aller Parteien weiterhin effizient und „aus einer Hand“ nach den vertraglichen Maßgaben verfolgen kann. Allerdings sollen die Gesellschaftsanteile zu einem bestimmten Teil nicht mehr im Rahmen der Sicherungskonstruktion für die Forderungen der drittbegünstigten Kreditinstitute haften. Nur hier nämlich läge das sittenwidrige Element. Die Gesellschaftsanteile sind daher soweit aus der drittbegünstigenden Sicherungszweckabrede zugunsten der Kreditinstitute auszugliedern, als deren Wert die jeweilige Deckungsgrenze überschreitet und die Besicherung deshalb sittenwidrig machen würde. Dennoch können die Anteile beim Treuhänder verbleiben, der mit der gesellschafterlichen Macht die Sanierung wie bisher verfolgen kann. Allerdings hält der Treuhänder die Anteile ab diesem Zeitpunkt nicht mehr im Rahmen des Sicherungszwecks als potentielle Haftungsmasse für die Kreditinstitute, sondern rein verwaltend für die Altgesellschafter. Käme es trotz der anfänglichen Erfolge zum Sicherungsfall, so würden die freigegebenen Anteile nicht mehr für die gesicherten Forderungen haften. Die doppelseitige Sanierungstreuhand erhält hiermit zwei Dimensionen:
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Ein Teil der Gesellschaftsanteile, welcher wertmäßig bis zu 150 % der gesicherten Verbindlichkeiten ausmacht,472 verbleibt wie bisher im Rahmen der Sicherungszweckabrede. Den restlichen Teil der Gesellschaftsanteile, welcher sich wertmäßig oberhalb der Deckungsgrenze von 150 % befindet, gliedert der Treuhänder aus und hält ihn nur noch verwaltend für die Altgesellschafter zum Zwecke der Sanierung. Hinsichtlich der auszugliedernden Gesellschaftsanteile empfiehlt sich schon in dem Sanierungstreuhandvertrag eine Regelung: bestehen in dem Unternehmen keine verschiedenen Anteilsklassen, also Vorzugsgesellschaftsanteile, so könnte man beispielsweise regeln, dass im Übersicherungsfall Gesellschaftsanteile beginnend mit der niedrigsten laufenden Nummer freizugeben sind. Wertmäßig müsste ein Zwischengutachten den Unternehmenswert für die Parteien verbindlich festlegen auf dessen Basis sich dann mathematisch der Wert jedes einzelnen Anteils berechnen ließe. Bestehen in dem Unternehmen Vorzugsklassen, beispielsweise mit höheren Stimmberechtigungen oder einer erhöhten Gewinn-/Liquidationsberechtigung, so sollte auch hier schon im Sanierungstreuhandvertrag festgelegt werden, wie sich der Wert der Anteile für die Zwecke der Freigabe im Rahmen einer Übersicherung bestimmt. Beispielsweise könnte der Wert der Vorzugsgesellschaftsanteile fix mit dem Faktor 1.5 gegenüber Stammgesellschaftsanteilen festgelegt und vereinbart werden, dass im Übersicherungsfall zunächst alle Stammgesellschaftsanteile freizugeben sind, wieder beginnnend mit der niedrigsten laufenden Nummer. Erst danach kämen die Vorzugsgesellschaftsanteile zur Freigabe. Auf Basis eines Zwischenwertgutachtens könnte dann so jederzeit eindeutig festgestellt werden, welche Anteile (lfd. Nr.) genau freizugeben sind. An dem formalen Verbleib der Anteile bei dem Sanierungstreuhänder finden sich keine sittenwidrigen Ansatzpunkte mehr. Dass der Treuhänder die Anteile (und zwar komplett) bis zum erfolgreichen Abschluss der Sanierung halten und verwalten sollte, war von Beginn an allen Beteiligten klar und vertraglich so festgelegt. Hierdurch wird keine Partei (sittenwidrig) übervorteilt. Durch die Ausgliederung aus der Sicherungszweckabrede haften die Anteile nicht mehr für die gesicherten Forderungen. Verglichen mit einseitigen Sicherungstreuhandkonstruktionen kommt die Ausgliederung aus der Sicherungszweckabrede einer Rückübertragung im Rahmen des Freigabeanspruchs gleich. Die Gläubiger haben keinen Zugriff mehr auf die Anteile, faktisch sind diese wieder den ursprünglichen Treugebern zugeordnet. Die Neutralität des Doppeltreuhänders verhindert zudem den tatsächlichen Einfluss und Zugriff der Gesicherten auf das Treugut, wie das in einseitigen Treuhandkonstellationen der Fall wäre. Die Altgesellschafter lassen die ausgegliederten Gesellschaftsanteile weiter vom Treuhänder verwalten, das ist nicht sittenwidrig, auch nicht ohne jederzeitigen Herausgabeanspruch. Für Bankenseite bringt diese Gestaltung ebenfalls keine Nachteile, die über das normale Geschäftsrisiko im Rahmen von Kreditbesicherungen hinausgehen. Selbst wenn der Unternehmenswert unerwarteterweise wieder sinken sollte, wären ihre 472
Vgl. zu den prozentualen Grenzen der Deckungsgrenze oben unter § 7 B. II. 3. b).
§ 7 Wirksamkeitshindernisse des Treuhandvertrages
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Forderungen hinreichend abgesichert, trotz Verringerung der Anzahl haftender Gesellschaftsanteile. Der Grund liegt darin, dass der Sicherungsfall in der Regel progressiv festgelegt ist. Überschreitet der Unternehmenswert daher die Deckungsgrenze einmal so substantiell (150 %) und langfristig, dass der Freigabeanspruch effektiviert wird, so löst ein gravierendes abermaliges Unterschreiten (beispielsweise Rückfall 170 % auf 100 %) in einigem Zeitabstand in der Regel den Sicherungsfall aus. In diesem Fall ist der Treuhänder zur sofortigen Verwertung berechtigt. Für die gesicherten Forderungen besteht dann in der Regel immer noch ausreichend Haftungsmasse, auch wenn sich das Treugut beispielsweise nur noch auf 60 % der Gesellschaftsanteile beläuft. Alternativ steht es den Altgesellschaftern natürlich frei, der Bank neue Sicherheiten anzubieten, um mit deren Einverständnis den Unternehmensverkauf zu verhindern. Insbesondere kommt hier in Betracht, die ursprünglich freigegebenen Gesellschaftsanteile wieder in die Haftungsmasse einzugliedern, sprich dem Treugut wieder neu zu widmen und gleichzeitig den Sicherungsfall neu zu definieren. Denkbar wäre auch, im Treuhandvertrag die automatische Wiedereingliederung der Gesellschaftsanteile unter die Haftungsmasse vorzusehen, sollte es zu dem beschriebenen Fall kommen. Hierbei sollte jedoch unter praktischen Gesichtspunkten darauf geachtet werden, dass es zu keinem Streit zwischen Bank und Altgesellschafter über den aktuell in den Gesellschaftsanteilen verkörperten Unternehmenswert kommen kann. Ansonsten wäre unklar, ob und wieviele Gesellschaftsanteile (automatisch) wiedereingegliedert werden müssen. Zu empfehlen ist hier eine Regelung im Treuhandvertrag, nach welcher beispielsweise ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer in bestimmten Zeitabständen den Wert der Gesellschaftsanteile mit verbindlicher Wirkung gegenüber Bank und Altgesellschafter per Zwischengutachten bestimmen soll. 4. Gläubigergefährdung in Folge von Kredittäuschung und/oder Insolvenzverschleppung, § 138 BGB Zuletzt könnte der Sanierungstreuhandvertrag wegen Gläubigergefährdung durch Kredittäuschung oder Insolvenzverschleppung nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein. Allgemein nimmt man bei Sicherungsverträgen eine sittenwidrige Gläubigergefährdung an, wenn die Kreditvergabe nach außen den Schein einer nicht mehr vorhandenen Kreditwürdigkeit bei dem Kreditnehmer erzeugt und hierdurch potentielle neue Gläubiger entsprechend täuscht und zur Kreditvergabe oder -prolongation veranlasst.473 Keinen Unterschied macht es insoweit, ob es sich bei den Krediten um liquide Mittel oder Warenkreditlinien handelt. Zu beachten ist zunächst das Verhältnis der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB und den insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbeständen der §§ 129 ff. InsO. Grundsätzlich seien nach dem BGH die insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände (jetzt §§ 129 ff. InsO) Lex specialis gegenüber der allgemeinen Vorschrift des § 138 473 Vgl. etwa RGZ 136, 247 (254); BGH BB 1951, 569; BGHZ 7, 111; BGHZ 10, 228; BGH NJW 1956, 417; BGH WM 1995, 995; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 138 Rn. 86.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Abs. 1 BGB.474 Eine Gläubigerbenachteiligung berechtige daher zunächst nur zur Anfechtung nach den Vorschriften der InsO sowie des AnfG (§ 3).475 Für eine sittenwidrig bedingte Nichtigkeit müsste neben den einschlägigen Anfechtungstatbestand noch eine Qualifikation hinzutreten, welche die sittenwidrige Nichtigkeit über die bloße Anfechtungsmöglichkeit hinaus im Einzelfall zu rechtfertigen vermag.476 Hierfür müsse auf beiden Seiten die subjektive Voraussetzung der Gläubigergefährdung vorliegen.477 Diese umfasse einen konkreten Schädigungsvorsatz oder eine Täuschungsabsicht. Ausreichend soll sogar das leichtfertige Verschließen vor der Möglichkeit einer Gläubigerschädigung sein.478 Beide Parteien müssten also bei Vertragsschluss die Gefährdung künftiger Kreditgeber erkannt und zumindest billigend in Kauf genommen haben. Bei der Sanierungstreuhand kann sich der Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB insbesondere durch eine Kredittäuschung in einer (Beihilfe zur) Insolvenzverschleppung ergeben. Grundsätzlich sind Sanierungskreditvertrag und die verbundenen Sicherheitenverträge nicht sittenwidrig, da sie der Rettung des Unternehmens dienen, was letztlich auch im Interesse aller Unternehmensgläubiger liegt. Abweichend sind allerdings Situationen zu beurteilen, in denen das Kreditinstitut nicht an einer langfristigen Sanierung interessiert ist und sich mit kurzfristigen Liquiditätsbrücken nur Zeit verschaffen möchte, um das eigene Kreditengagement auf Kosten der anderen Gläubiger zurückzuführen bevor die Einflussmöglichkeiten durch die Einleitung eines Insolvenzverfahrens aufgehoben werden (vgl. § 80 InsO). Ein sittenwidriger und daher nach § 138 BGB nichtiger Kredit- und Sicherungsvertrag liegt nach dem BGH dann vor, *
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wenn das gesicherte Kreditinstitut um eigener Vorteile willen Kredite an das Unternehmen vergibt, um die im Ergebnis unvermeidliche Insolvenz nicht ernsthaft zu verhindern respektive die Sanierung ernsthaft zu ermöglichen, sondern die Insolvenz nur hinauszuschieben und so „den Todeskampf nur zu verlängern“.479
Intention des Kreditinstitutes müsse sein, dass es sich gegenüber und auf Kosten weiterer Gläubiger besserzustellen versucht und diese als Folge getäuscht und geschädigt würden. Als subjektives Element müsse sich das Bankinstitut vor der Möglichkeit der Gläubigerschädigung zumindest besonders leichtfertig verschlie474 BGH WM 1987, 1172; BGH NJW-RR 1988, 1012; BGH WM 1990, 54 (56); BGH NJW-RR 1990, 142; BGH NJW 1993, 1640; BGH ZIP 1994, 40 (42). 475 BGH NJW 1973, 513; BGHZ 138, 291 (298). 476 BGH NJW 1973, 513; BGH WM 1993, 1106; BGHZ 130, 314 (331); BGH WM 1998, 968; BGH WM 2000, 1855 (1856). 477 Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1826 Rn. 196. 478 Vgl. bspw. BGH WM 1995, 995 (996). 479 BGH WM 1995, 995 ff.
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ßen.480 Soweit die Parteien allerdings mit tauglichen Mitteln ernsthaft bemüht sind, das kriselnde Unternehmen (auch zum Vorteil weiterer Gläubiger) zu sanieren, so kommt eine Sittenwidrigkeit zu Lasten weiterer Gläubiger nicht in Betracht. Dies gilt auch, wenn die Sanierung im Ergebnis scheitert.481 Kreditinstitute haben daher die Sanierungstauglichkeit des kriselnden Unternehmens sowie die Tragfähigkeit des Konzepts und der hierzu eingesetzten Mittel (Höhe Kredit, Laufzeit, Sanierungsmaßnahmen etc.) eingehend und insbesondere objektiv durch einen unabhängigen Experten vor Kreditvergabe überprüfen zu lassen.482 So hat der BGH schon 1953 in einem Leitsatz formuliert, dass „eine Bank, die einem konkursreifen Unternehmen zum Zwecke der Sanierung einen Kredit gegen Sicherheitsleistung gewährt und dadurch bewirkt, dass möglicherweise Dritte zu ihrem Schaden über die Kreditwürdigkeit des Unternehmens getäuscht werden, [in der Regel verpflichtet ist], vor der Krediteinräumung durch einen branchekundigen Wirtschaftsfachmann eingehend und objektiv prüfen zu lassen, ob das Sanierungsvorhaben Erfolg verspricht. Unterlässt sie diese Prüfung, ohne stichhaltige Gründe dafür zu besitzen, oder konnte sie auf Grund der Prüfung nicht von den Erfolgsaussichten des Vorhabens überzeugt sein, dann sind die im Zusammenhang mit der Kreditgewährung geschlossenen Sicherungsübereignungsverträge nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.“483
Dieselbe Folge soll in Betracht kommen, soweit das Kreditinstitut ernsthafte Zweifel an der geschäftlichen Zuverlässigkeit des potentiellen Kreditnehmers haben muss, jedoch nichtsdestotrotz einen Kredit vergibt.484 Neben der Nichtigkeit kann sich aus den genannten Pflichtverstößen zudem eine Haftung der Kreditinstitute gegenüber den geschädigten Dritten Gläubigern ergeben, soweit sie die Kredittäuschung vorsätzlich begangen haben.485 Insbesondere muss die Bank hier erkannt haben, dass das Unternehmen zumindest mit dem avisierten Kredit nicht sanierungsfähig war.486 Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand muss hernach darauf geachtet werden, dass die Konstruktion nur auf Basis und nach den Maßgaben eines positiven Sanierungsgutachtens von einem unabhängigen, bestenfalls im Markt bekannten Sanierungsexperten hin errichtet wird.487 Insbesondere muss nach Situation des Unternehmens, Höhe des Kredits, dessen Laufzeit und wirtschaftlichen Aussichten des Geschäftsbetriebs eine erfolgversprechende Sanierung möglich sein. Um dem Un480
BGH WM 1995, 995 ff.; Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 85 Rn. 107 f. 481 OLG München WM 1999, 1113; OLG Hamm WM 2000, 518. 482 Vgl. BGHZ 10, 228; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 138 Rn. 86. 483 BGHZ 10, 228. 484 BGH NJW 1956, 706. 485 Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 85 Rn. 110 ff. 486 Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 85 Rn. 116. 487 Zu den Anforderungen an dieses Sanierungsgutachten sowie an die Person des Erstellers: Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 85 Rn. 119 ff.; Neuenhahn/Wallner, NZI 2006, 553 (556 ff.).
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
ternehmen sowie der Bank etwas Zeit zu verschaffen, das notwendige Sanierungsgutachten zu erstellen, müssen freilich kurzfristige Liquiditätshilfen erlaubt sein, auch wenn diese nur der Überbrückung dienen und für eine langfristige Sanierung nicht geeignet sind. Zeitlich hat der BGH diese Überbrückungsphase kürzlich auf drei Wochen begrenzt,488 was in der Regel ausreichend für die (erste) Erstellung eines Sanierungsgutachtens sein sollte, jedenfalls für eine erste Einschätzung.
§ 8 Die Übertragung der GmbH Gesellschaftsanteile als Treugut Die doppelseitige Sanierungstreuhand besteht als echte, fiduziarische Übertragungstreuhand aus zwei Elementen:489 dem schuldrechtlichen Treuhandvertrag sowie der Abtretung der Gesellschaftsanteile von Altgesellschaftern auf den Doppeltreuhänder. Das schuldrechtliche Element wurde in seinen Einzelheiten und Ausgestaltungsmöglichkeiten untersucht. Im Folgenden steht die Übertragung der Gesellschaftsanteile im Mittelpunkt der Betrachtung. Hier sind einige wenige Besonderheiten zu beachten, da es sich bei dem Treugut um keine Sache, sondern um Gesellschaftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung handelt.
A. Übertragung durch Abtretungsvertrag Die Übertragung der Gesellschaftsanteile an der GmbH vollzieht sich unmittelbar durch Abtretung der Anteile von den Altgesellschaftern auf den Doppeltreuhänder, §§ 398 S. 1, 413 BGB.490 Hierzu erklärt der oder erklären die Altgesellschafter die Abtretung, der Doppeltreuhänder nimmt das entsprechende Angebot an (Abtretungsvertrag). Hierauf gehen die Gesellschaftsanteile auf den Doppeltreuhänder (= Treuhand-Zweckgesellschaft) im Wege der Einzelrechtsnachfolge über.491 Die Abtretung ist das dingliche Erfüllungsgeschäft des zugrundeliegenden schuldrechtlichen Sanierungstreuhandvertrages.492 Durch die Abtretung wird der Doppeltreuhänder Gesellschafter der GmbH mit allen Rechten und Pflichten. Im gesellschaftlichen Innenverhältnis ist allerdings zu beachten, dass der Doppeltreuhänder gegenüber der Gesellschaft erst dann wirksam als Inhaber des Geschäfts-
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BGH WM 2010, 1415 (1417). Siehe schon unter § 2 B. I. 2. sowie bei der Zuordnung der doppelseitigen Sanierungstreuhand in die allgemeinen Treuhandfallgruppen unter § 6 B. V. 490 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 22; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 16, 211. 491 Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 52. 492 Vgl. Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 52. 489
§ 8 Die Übertragung der GmbH Gesellschaftsanteile als Treugut
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anteils gilt, wenn er in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste als solcher ausgewiesen wird, § 16 Abs. 1 S. 1, 40 GmbHG.
B. Zustimmungs- und sonstige Erfordernisse Gesellschaftsanteile an einer GmbH sind grundsätzlich frei übertragbar.493 Zu berücksichtigen sind allerdings eventuelle Vinkulierungen der Gesellschaftsanteile in der Satzung der Gesellschaft. Nach § 15 Abs. 5 GmbHG kann die Satzung der Gesellschaft die Abtretung der Gesellschaftsanteile an weitere Voraussetzungen knüpfen, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft selbst abhängig machen. Wird die Abtretung ohne die Aufhebung der Vinkulierung vorgenommen, so ist das dingliche Rechtsgeschäft (schwebend) unwirksam.494 Vinkulierungen gelten auch für dingliche Übertragungen im Rahmen einer Treuhandschaft.495 Typischerweise sind in der Praxis Vinkulierungen zugunsten der Gesellschafterversammlung, einzelner Gesellschafter, der Gesellschaft selbst oder eines weiteren Organs (Beirat o. ä.) in Satzungen zu finden. Hier müssen die notwendigen Zustimmungen vor Beurkundung der Abtretung eingeholt werden und sollten dem Treuhandvertrag sowie der Abtretungsurkunde beigefügt werden. Soweit die Satzung neben den typischen Vinkulierungen noch weitere Vorkaufs-, Andienungs- und/ oder Mitveräußerungs-/Miterwerbspflichten enthält, sollten diese vor Übertragung der Anteile auch im Hinblick auf eine spätere Veräußerung per Satzungsänderung entfernt werden oder zumindest der Verzicht der anderen Gesellschafter auf diese Rechte erklärt werden. Im Übrigen ist darauf zu achten, dass auch etwaigen sonstigen, nicht korporativen Zustimmungserfordernissen in der Satzung beziehungsweise in einer eventuell bestehenden Gesellschaftervereinbarung entweder begegnet wird oder diese aus Satzung und/oder Gesellschaftervereinbarung entfernt werden. Zwar hätte das Versäumnis keine Auswirkung auf die dingliche Wirksamkeit der Anteilsübertragung, allerdings könnten sich hieraus gegebenenfalls schadensersatzrechtliche (Rückabwicklungs-)Ansprüche zu Lasten des Doppeltreuhänders und der übertragenden Altgesellschafter ergeben.496 Soweit die Satzung der Gesellschaft bestimmte Anforderungen an die Person eines Gesellschafters bestimmt, welche der Doppeltreuhänder im Zweifel nicht erfüllt, muss die Satzung vor Abtretung entsprechend geändert werden, so dass sie der Übertragung nicht mehr entgegensteht. Alternativ müsste die Zustimmung der Gesellschafterversammlung im Einzelfall eingeholt werden. 493
Armbrüster, S. 94. BGHZ 13, 186; OLG Schleswig GmbHR 1999, 35; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 37, 47; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 246; Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 71. 495 RG JW 1931, 2967; BayObLG DB 1991, 1270 (1272); Blaurock, S. 151 f.; differenzierend: Armbrüster, S. 94 ff. 496 Hierzu schon unter § 7 A. II. und III. 494
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
C. Form Die Abtretung von Gesellschaftsanteilen einer GmbH bedarf eines notariell beurkundeten Vertrages, § 15 Abs. 3 GmbHG.497 In der Regel wird der dingliche Abtretungsvertrag in einer notariellen Urkunde zusammen mit dem schuldrechtlichen Treuhandvertrag aufgenommen.
D. Wirksamkeit I. Verfügungsmacht der Altgesellschafter Um wirksam über die Gesellschaftsanteile verfügen zu können, müssen die Altgesellschafter materiell berechtigte Inhaber der Gesellschaftsanteile, also rechtswirksame Gesellschafter sein.498 Diese zunächst als banal erscheinende Erkenntnis führt bei Unternehmensveräußerungen regelmäßig zu Schwierigkeiten. Existiert das Zielunternehmen schon einige Zeit und haben die Gesellschafter in der Vergangenheit zahlreiche Verkäufe, Kapitalerhöhungen und sonstige Veränderungen bei Bestand und Inhaberschaft der Gesellschaftsanteile vorgenommen, so tauchen bei sorgfältigen Due Diligence Prüfungen regelmäßig unwirksame Rechtsgeschäfte in der „Chain of Title“ (zu deutsch etwa „Inhaber-/Rechtekette“) auf. Diese können den weiteren Prozess verkomplizieren oder teilweise gar den ganzen Verkauf scheitern lassen, soweit die Unsicherheiten in der Anteilsinhaberschaft nicht mit hoher Rechtssicherheit geheilt oder wenigstens auf eine andere Art und Weise abgesichert werden können. Etwas entschärft wurde das Problem – wie schon beschrieben – durch die Wirkungen der Gesellschafterliste, neu eingeführt durch das MoMiG, § 16 Abs. 1 i. V. m. § 40 GmbHG. Hernach gilt im Verhältnis zur Gesellschaft nur der in der Gesellschafterliste Eingetragene als wirklicher Gesellschafter. Der Treuhänder wäre demnach auf Grundlage der Gesellschafterliste im Innenverhältnis Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten.499 Etwaige Gesellschafterbeschlüsse etc. des Treuhänders wären daher wirksam, auch wenn die Anteile nicht rechtswirksam auf ihn übergegangen wären. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch das Außenverhältnis des Doppeltreuhänders gegenüber gesellschaftsexternen Dritten im Hinblick auf einen möglichen Unternehmensverkauf. Hier kann auch nach MoMiG nur der materiell Berechtigte wirksam über die Gesellschaftsanteile verfügen.500 Eine Ausnahme bildet nur der 497 Zu den Zwecken der Formvorschrift: Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 16 ff. 498 Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 50. 499 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 16 Rn. 9, 10, 16; Heidinger, in: MünchKomm, GmbHG, § 16 Rn. 167 ff. 500 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 16 Rn. 22; Kort, GmbHR 2009, 169 (173); Mayer, DNotZ 2008, 403 (404).
§ 8 Die Übertragung der GmbH Gesellschaftsanteile als Treugut
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gutgläubige Erwerb, welcher nun auf Grundlage des neu gefassten § 16 Abs. 3 GmbHG möglich ist, aber bei der Sanierungstreuhand natürlich keine Relevanz hat.501 Soweit die Anteile also wegen mangelnder Verfügungsmacht der Altgesellschafter nicht wirksam auf den Doppeltreuhänder übergegangen sind, kann dieser auch nicht auf Dritte wirksam dinglich übertragen. Die Parteien sollten daher vor Einrichtung der Treuhand im Rahmen einer „kleinen“ Due Diligence die rechtlichen Verhältnisse an der Zielgesellschaft klären lassen, um Schwierigkeiten im Nachhinein zu verhindern. Insbesondere betrifft dies Bestand und Inhaberschaft der beziehungsweise an den Gesellschaftsanteilen. Gegebenenfalls sollte hierzu auch professionelle gesellschaftsrechtliche Beratung in Anspruch genommen werden. Insbesondere soweit der Sicherungsfall tatsächlich eintritt und das Unternehmen veräußert werden soll, können sich Ungenauigkeiten in diesem frühen Stadium mitunter fatal auswirken: vor Eintritt des Sicherungsfalls kann bei der Bereinigung etwaiger Probleme in der Regel auf die Mitwirkung der Altgesellschafter gezählt werden. Aus deren Sicht wird der Sicherungsfall im Zweifel gar nicht erst eintreten. Steht jedoch einmal fest, dass das Unternehmen verkauft werden soll und hakt der Verkauf dann an Problemen bei Bestand oder Inhaberschaft an den Anteilen oder damit zusammenhängenden Themen, so wird eine konstruktive Lösung gegebenenfalls an der Verweigerung der Altgesellschafter scheitern, soweit diese eine letzte Möglichkeit darin sehen, „ihr“ Unternehmen nicht zu verlieren beziehungsweise ihnen dazu jedes Mittel recht ist. II. Sonstige Wirksamkeitshindernisse Die Wirksamkeit der Abtretung ist im Übrigen aufgrund des Abstraktionsprinzips getrennt von möglichen Unwirksamkeitsgründen des schuldrechtlichen Treuhandvertrages zu betrachten. Zudem ist sie aufgrund des sogenannten sachenrechtlichen Minimalkonsenses weit weniger anfällig für Sittenwidrigkeits- oder Anfechtungstatbestände.502 Im Einzelfall aber kann die Nichtigkeit des schuldrechtlichen Grundgeschäfts auch den dinglichen Übertragungsakt erfassen. Beispiele hierfür wären der Verstoß gegen ein Gesetz, welches gerade (auch) das Erfüllungsgeschäft verhindern soll503 oder aber soweit die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts gerade in dessen dinglichem Vollzug liegt504. Insofern sei auf die Unwirksamkeitsgründe im Rahmen des schuldrechtlichen Treuhandvertrages verwiesen.505 Daneben wäre insbesondere die Nichtigkeit der Abtretung bei mangelnder notarieller Form nach § 125 S. 1 BGB zu beachten.
501 502 503 504 505
Heidinger, in: MünchKomm, GmbHG, § 16 Rn. 231 ff. Vgl. im Rahmen von § 138 BGB bspw. BGH NJW 1990, 384. BGHZ 116, 277. BGHZ 19, 18; BGHZ 30, 153. Siehe hierzu unter § 7.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
E. Umfang der Übertragung (insbesondere steuerrechtliche Gesichtspunkte) Wie viele Gesellschaftsanteile von Altgesellschafterseite auf den Doppeltreuhänder übertragen werden, obliegt den Verhandlungen der Parteien im Einzelfall, insbesondere abhängig von Kredithöhe und Unternehmenswert. Generelle Aussagen erlauben sich jedoch sowohl aus praktischen Gründen als auch von steuerlicher Seite, das Minimum sowie ein eventuelles Maximum betreffend: Bei der Frage nach dem Umfang der zu übertragenden Gesellschaftsanteile treffen diametrale Interessen aufeinander. Die Altgesellschafter möchten eine möglichst große Anzahl an Anteilen behalten, und damit nur so wenig gesellschafterliche Macht als unbedingt notwendig abgeben, um die Kreditinstitute zu einer weiteren Finanzierung zu bewegen. Für die Kreditinstitute hingegen ist ein Doppeltreuhänder mit zu wenig Befugnissen und zu wenig gesellschafterlicher Macht nutzlos. Zudem steigt mit der Zahl der Anteile natürlich der darin verkörperte materielle Wert, welcher ihre Forderungen besichert. Für einen Kompromiss ist folgender Rahmen vorgegeben: zunächst muss der Doppeltreuhänder gesellschaftsrechtlich in der Lage sein, die Weichen für einen erfolgreichen Turnaround und Sanierungsprozess stellen zu können und zwar allein, unabhängig und schnell. Auch im Übrigen muss er die erforderlichen Kompetenzen besitzen, um allen weiteren Pflichten aus dem Treuhandvertrag gerecht werden zu können. In rechtlichen Formeln bedeutet dies, dass er die erforderliche Gesellschaftermacht haben muss, um notfalls auch gegen den Willen aller (eventuell) verbliebenen Anteilsinhaber Entscheidungen über das Schicksal der Gesellschaft in der Gesellschafterversammlung herbeizuführen. Hierzu sollte der Treuhänder zumindest die absolute Mehrheit der Gesellschaftsanteile (größer 50 %) halten. Da in der Unternehmenssanierung und gegebenenfalls -veräußerung jedoch häufig satzungsändernde Maßnahmen zu beschließen sind, sollte der Doppeltreuhänder die hierzu nach § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG notwendige qualifizierte Mehrheit von über 75 % an der Gesellschaft halten. Soweit die Satzung im Einzelfall noch weitere (Mehrheits-)Erfordernisse aufstellt, § 53 Abs. 1 S. 2 GmbHG, sollte der Treuhänder auch diese erfüllen können. Ansonsten sollte die Satzung entsprechend angepasst werden. Soweit der Sicherungsfall eintritt und der Treuhänder verpflichtet sein soll, die Unternehmensanteile zu veräußern, ist meist sogar die zumindest faktische Verfügungsmacht über 100 % der Gesellschaftsanteile notwendig, um einen Erwerber zu finden. Häufig werden potentielle Investoren nämlich nur Interesse an einer Übernahme haben, soweit das komplette Unternehmen zur Veräußerung angeboten wird und nicht nur ein Teil der Gesellschaftsanteile. Um hier die Möglichkeit zu einem Verkauf als Ganzes zu schaffen, bieten sich sogenannte Mitveräußerungspflichten (Drag Along Rights) der Altgesellschafter zugunsten des Doppeltreuhänders an.506 506 Zu den Drag Along Rights: Weitnauer, in: Weitnauer, Handbuch Venture Capital, S. 370 f.
§ 8 Die Übertragung der GmbH Gesellschaftsanteile als Treugut
207
Hiermit erhält dieser das Recht, die verbliebenen Altgesellschafter mit all ihren Anteilen zu einem Mitverkauf unter denselben Konditionen zu zwingen, zu denen er für seine Anteile einen Erwerber gefunden hat. Solche Drag Along Rights können in der Gesellschaftervereinbarung an bestimmte Voraussetzungen (beispielsweise Mindestbewertung) gebunden werden, um die Altgesellschafter vor einem wirtschaftlich unvorteilhaften Verkauf zu schützen.507 Alternativ können die Altgesellschafter dem Treuhänder eine notarielle, unwiderrufliche Verkaufsvollmacht im Treuhandvertrag über die ihnen verbleibenden Anteile einräumen. Nach dem Bisherigen gilt aus Sicht der gesicherten Kreditinstitute und des Doppeltreuhänders: je mehr Gesellschaftsanteile, desto besser. Diesem Grundsatz können allerdings nach oben Grenzen in steuerrechtlicher Hinsicht gesetzt sein. Soweit die Gesellschaft Eigentum an Immobilien hat, ist die Übertragung der Gesellschaftsanteile an einer GmbH mit 3,5 % (§ 11 Abs. 1 GrEStG) des Verkaufs-/ Grundbesitzwertes nach § 1 Abs. 3 Nr. 1, 3 GrEStG grunderwerbssteuerpflichtig, soweit mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile auf einen neuen Gesellschafter übertragen werden. Der Steuertatbestand umfasst ausweislich seines Wortlauts auch die treuhänderisch gebundene Übertragung von Gesellschaftsanteilen.508 Eine Privilegierung ähnlich oder anhand von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO (wirtschaftliche Zuordnung) für Treuhandschaften existiert in Bezug auf die Grundsteuerpflichtigkeit nicht.509 Um den Anfall von Grunderwerbssteuer zu vermeiden, wird daher in der spärlichen Literatur zur doppelseitigen Sanierungstreuhand verbreitet geraten, nur 94 % der Anteile auf den Doppeltreuhänder zu übertragen.510 Die restlichen 6 % sollten formal bei dem oder den Altgesellschaftern verbleiben. Für die Entscheidungsfindung des Doppeltreuhänders in Gesellschafterversammlungen reicht diese Mehrheit in der Regel aus. Ein Unternehmensverkauf als Ganzes kann über die beschriebenen Drag Along Rights, unwiderrufliche Verkaufsvollmachten oder Ähnliches hinreichend abgesichert werden. Achsnick weist bei dieser Gestaltung – berechtigterweise – auf die Gefahr einer unzulässigen Umgehung eines Steuertatbestandes nach § 42 AO hin.511 Im Ergebnis ist das Ziel dieser Gestaltung nur, den Anfall von Grunderwerbssteuer zu vermeiden. Rein faktisch aber wäre der Treuhänder so gestellt, als ob ihm 100 % der Anteile übertragen worden wären, was wiederum den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1, 3 GrEStG auslösen würde. Ob es an dem Umgehungsvorwurf etwas ändert oder sich die Finanzverwaltung damit zufrieden gäbe, wenn – wie von Braun/Riggert vorgeschlagen –512 nur 90 statt der 507
Weitnauer, in: Weitnauer, Handbuch Venture Capital, S. 371 Rn. F 185. So auch die Rspr.: BFH BStBl. II 1972, 719. 509 BFH BStBl. II 1975, 456. 510 Vgl. Achsnick/Opp, S. 85 Rn. 321, S. 87 Rn. 326; Buchalik/Rinker, in: Buth/Hermanns, RSI, 3. Auflage 2009, § 4 Rn. 106; Hagebusch/Schiller, in: Bankpraktiker 07 – 08/2008, S. 344; Ziegenhagen, in: Schulz, Restrukturierungspraxis, S. 225 (94,9 %). 511 Achsnick/Opp, S. 86 Rn. 323, Achsnick/Opp lehnen § 42 AO im Ergebnis aber ab, dort S. 87 Rn. 326. 512 Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (117). 508
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
94 % übertragen werden, sei in Frage gestellt. Selbiges gilt für das Vorschieben von „wirtschaftlichen Gründen“, wobei offengelassen wird, wie diese konkret aussehen sollen.513 Nach dem Gesetz müssten diese „nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sein“, § 42 Abs. 2 S. 2 AO. Allerdings weisen Braun/Riggert richtigerweise auf eine Möglichkeit hin, soweit die Errichtung der doppelseitigen Sanierungstreuhand doch den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1, 3 GrEStG auslöst:514 wenn nämlich der ursprüngliche Veräußerer (Altgesellschafter) innert einer Frist von zwei Jahren ab Steuerfestsetzung die Gesellschaftsanteile zurückerwirbt, ist nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG die ursprüngliche Steuerfestsetzung aufzuheben. Voraussetzung ist die ordnungsgemäße Anzeige des ursprünglichen Erwerbsvorgangs. Wenn also geplant ist, dass die Sanierung innert dieser zwei Jahre zumindest soweit abgeschlossen sein soll, dass die Anteile auf die Altgesellschafter zurückübertragen werden können, sollte vor diesem Hintergrund von Anfang an „mit offenen Karten gespielt werden“. Soweit die Sanierung auf längere Dauer angelegt ist, sollte aber aufgrund des Umgehungsrisikos ebenfalls von der vorgeschobenen 94 % Konstruktion abgeraten werden, beziehungsweise die Möglichkeit einkalkuliert werden, dass die Vorgehensweise von der Finanzverwaltung nicht anerkannt wird. Im Übrigen unterliegt der Umfang der zu übertragenden Anteile der Verhandlung der Parteien, unter Berücksichtigung des aufgezeigten Rahmens.
§ 9 Neustrukturierung der gesellschaftsinternen Führungsstruktur Die maßgeblichen Leistungsmerkmale der doppelseitigen Sanierungstreuhand erschöpfen sich – wie schon einleitend beschrieben – in zwei Hauptfaktoren: Zunächst soll externer, sanierungsbezogener Sachverstand in die Geschäftsführung der Gesellschaft eingebracht werden, um das mit Krisensituationen meist unerfahrene und daher überforderte Management zu unterstützen oder gleich ganz zu ersetzen. Zugleich soll auf Gesellschafterseite die Einflussnahme der Altgesellschafter zurückgefahren werden, um Entscheidungsmacht bei einem fähigen Sanierungstreuhänder zu zentralisieren. So können die in Sanierungssituationen erforderlichen Maßnahmen und Entscheidungen schnell und effizient aus einer Hand getroffen werden. Dieses Element wurde auch unter dem Stichwort der Prozesssicherheit beschrieben: die sich in Zukunft vollziehenden Sanierungsschritte sind in einem Sanierungsplan festgelegt, werden von einem professionellen und unabhängigen Treuhänder vollzogen und sind so für alle Beteiligten mit einem hohen Maße an Sicherheit vorhersehbar. Die Bündelung der Gesellschafterbefugnisse bei dem Doppeltreuhänder geschieht durch Abtretung der Gesellschaftsanteile, zudem sollte dieser Treuhänder weitgehend keinen Weisungen unterliegen. Er ist nur den Maßgaben des Treuhandvertrages und dem wirtschaftlichen Interesse der Gesellschaft 513 514
Buchalik/Rinker, in: Buth/Hermanns, RSI, 3. Auflage 2009, § 4 Rn. 106 a. E. Braun/Riggert, in: FS Görg, S. 95 (117).
§ 9 Neustrukturierung der gesellschaftsinternen Führungsstruktur
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verpflichtet. Der Doppeltreuhänder beginnt dann unmittelbar nach seiner eigenen Einsetzung damit, die neue Geschäftsführungsstruktur zu verwirklichen. Die Veränderung kann sich hier auf zwei Ebenen vollziehen. Zum einen wird der Doppeltreuhänder die alte Geschäftsführung auswechseln oder zumindest ergänzen. Zum anderen kommt in Betracht, einen Lenkungs-/Sanierungsbeirat als weiteres Organ der Gesellschaft in die Sanierung einzubinden.
A. Ergänzung oder Auswechslung der Geschäftsführung mit/gegen einen CRO In einem ersten Schritt tauscht der Doppeltreuhänder beziehungsweise dessen Treuhandgeschäftsführer das bisherige Management aus oder – je nach Interessenlage – ergänzt er es mit dem in der Sanierung erforderlichen Sachverstand und Willen. Das alte Management zeichnet für die Unternehmensschieflage (mit)verantwortlich und genießt daher oft kein Vertrauen von Finanziererseite mehr. Auch gesellschaftsintern mangelt es aufgrund des Missmanagements oft an Vertrauen. Dies gilt umso mehr, soweit die Altgesellschafter selbst auch die Position der Geschäftsführung innehaben. Beim kompletten Austausch des Managements ersetzt der neue Sanierungsgeschäftsführer die bisherige Geschäftsführung. Letztere verlässt das Unternehmen, weil es an der Sanierung nicht (effektiv) mitarbeiten kann, will oder den neuen Sanierungsgeschäftsführer sogar behindern könnte. Soweit die bisherige Geschäftsführung nur ergänzt und nicht ausgetauscht wird, sollte dies unter Zurücknahme von bisherigen (Einzel-)Vertretungskompetenzen für und gegen die Gesellschaft von statten gehen. Sinnvoll bis unerlässlich wird es in den meisten Fällen sein, den Sachverstand der bisherigen Geschäftsführung aufgrund ihrer Kontakte, der Branchenkenntnis sowie ihrer Erfahrung mit den Abläufen und Prozessen weiterhin in der Gesellschaft zu belassen. Auch wenn diese Kompetenzen für sich genommen vielleicht nicht ausreichend waren, um die Krise zu verhindern oder zu bewältigen, sind sie in der Regel dennoch unerlässlicher Baustein einer erfolgreichen Sanierung. Soweit eine gänzlich neue Geschäftsführung eingesetzt werden soll, bietet es sich an, dies im Rahmen von Beraterstellungen der alten Geschäftsführer zu gewährleisten. Als neuen oder ergänzenden Geschäftsführer setzt der Doppeltreuhänder auf Grundlage seiner Gesellschaftermacht einen krisenerfahrenen Sanierungsexperten in die Geschäftsführung der Gesellschaft ein, einen sogenannten „Chief Restructuring Officer“ kurz „CRO“. Meist haben Altgesellschafter und Kreditinstitute schon schon vorab im Treuhandvertrag oder in den Finanzierungsabkommen festgelegt, wer dieses Amt künftig bekleiden soll. Oder sie haben alternativ vereinbart, dass sich der Doppeltreuhänder zeitnah selbst auf die Suche nach einen passenden CRO mit dem entsprechenden Anforderungsprofil macht. Den oder die entsprechenden Kandidaten schlägt er dann Altgesellschaftern und Kreditinstituten vor, um sich deren Einverständnis zu holen.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
B. Einsetzung eines Sanierungsbeirates Zusätzlich zu der neuen Geschäftsführung kann es sich in bestimmten Konstellationen beziehungsweise zu bestimmten Zwecken anbieten, einen sogenannten Sanierungs-/Lenkungsbeirat (auch Steering Committee)515 in der Gesellschaft einzurichten. Dieser Sanierungsbeirat bedarf einer gesellschaftsvertraglichen Grundlage. Er wird in der Regel per Gesellschafterbeschluss auf Basis der Satzungsbestimmung als unmittelbares Organ der Gesellschaft ins Leben gerufen.516 Alternativ kann er auch direkt durch Satzungsbestimmung als Organ eingerichtet werden. Eine solche (freiwillige) Ergänzung der gesellschaftlichen Organe ist ohne Weiteres zulässig und ergibt sich aus den §§ 52 Abs. 1, 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG.517 Soweit der Beirat nur eine rein beratende Stellung einnehmen soll, kann er auch nur durch eine schuldrechtliche Vereinbarung (Beratungsverträge) eingesetzt werden.518 In diesem Fall entsteht der Beirat nicht als Organ der Gesellschaft,519 und hat keinerlei organschaftsrechtlichen Befugnisse wie Weisungsrechte oder Überwachungskompetenzen.520 Soweit in der Gesellschaft ohnehin schon ein Beirat besteht, ist er entsprechend den folgenden Erwägungen zu besetzen und mit Kompetenzen auszustatten. Die Rechte des Sanierungsbeirates können von der Gesellschafterversammlung grundsätzlich beliebig ausgestaltet werden, zu beachten sind nur rechtlich zwingende organschaftliche Kompetenzzuweisungen sowie die Bestimmungen der Satzung der Gesellschaft.521 So kann der Beirat eine rein beratende Stellung einnehmen, überwachend tätig werden oder auch Weisungsrechte gegenüber der Geschäftsführung besitzen und bestimmte Entscheidungsbefugnisse direkt inne haben.522 Der Sanierungsbeirat dient konkret dazu, die Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen innerhalb der Gesellschaft und deren Erfolg für die dahinter stehenden Parteien besser sichtbar und kontrollierbar zu machen. Zudem erhalten die im Beirat vertretenen Parteien eine Kommunikationsplattform untereinander sowie gegenüber dem Doppeltreuhänder, welcher regelmäßig Bericht gegenüber dem Beirat zu erstatten hat. Hierdurch wird das Vertrauen der Parteien in die Treuhand gestärkt. Insbesondere auf Altgesellschafterseite bewirkt die weitere Beteiligung an dem 515 In der Bezeichung ist die Gesellschafterversammlung frei, vgl. Spindler, in: MünchKomm, GmbHG, § 52 Rn. 715. 516 Lutter, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 52 Rn. 110 f.; Peres, in: Sänger/ Inhester, § 52 Rn. 170; Spindler, in: MünchKomm, GmbHG, § 52 Rn. 723, 725, 729. 517 Heermann, in: Ulmer, GmbHG, § 52 Rn. 326; Müller/Wolff, NZG 2003, 751 (752). 518 Haack, BB 1993, 1607 (1608); Reichert, in: FS Maier-Reimer, S. 543 (545). 519 Eden, S. 92 in Fn. 612 m. w. N.; Peres, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 52 Rn. 170. 520 Spindler, in: MünchKomm, GmbHG, § 52 Rn. 723. 521 Lutter, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 52 Rn. 13; Spindler, in: MünchKomm, GmbHG, § 52 Rn. 741. 522 Peres, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 52 Rn. 172; Spindler, in: MünchKomm, GmbHG, § 52 Rn. 723 ff.
§ 9 Neustrukturierung der gesellschaftsinternen Führungsstruktur
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Schicksal ihres Unternehmens entscheidend die Bereitschaft, eine Sanierungstreuhand einzurichten. Soweit sich die Altgesellschafter daher zunächst verweigern, kann es ein ausschlaggebendes Argument sein, diese in einem Sanierungsbeirat zu beteiligen, um deren Mitwirken doch noch zu erreichen. Entsprechend seinem Zweck wird der Sanierungsausschuss besetzt: typischerweise sind hier die Altgesellschafter, das oder die finanzierende(n) Kreditinstitute und gegebenenfalls sonstige Finanzierer des Unternehmens (Lieferanten etc.) jeweils mit einem Repräsentanten vertreten sowie der Doppeltreuhänder/ Treuhandgeschäftsführer und die Geschäftsführung des Krisenunternehmens selbst. Um innerhalb des Gremiums über weiteren spezifischen Sachverstand von außen zu verfügen, wird zudem meist noch ein externer Sanierungsberater in den Beirat berufen. Neben der speziellen Expertise kann dessen Beteiligung wesentlich zu einer sachlichen (vermittelnden) Kommunikation bei Uneinigkeiten zwischen den Parteien beitragen. Er sollte auch bei Stimmengleichheit die entscheidende Stimme im Beirat haben. Den beschriebenen Leistungsmerkmalen der doppelseitigen Sanierungstreuhand gemäß wird der Beirat in der Regel nur mit einer überwachenden Aufgabe gegenüber der Geschäftsführung der Gesellschaft und dementsprechenden Kompetenzen ausgestattet. Er erhält daher in der Satzung keine Weisungs- oder Entscheidungsbefugnisse innerhalb der Gesellschaft, sondern nur Informations- und Einsichtsrechte in die Gesellschaft sowie in die Tätigkeit des Doppeltreuhänders. Dem Informationsanspruch des Beirates wird in der Regel durch eine korrespondierende Berichtspflicht des Doppeltreuhänders gegenüber dem Beirat entsprochen. Im Einzelfall können dem Sanierungsbeirat allerdings auch konkrete Weisungsrechte gegenüber den Doppeltreuhänder und/oder der Geschäftsführung eingeräumt werden.523 Insbesondere kann die Verfügung des Doppeltreuhänders über die Gesellschaftsanteile im Sicherungsfall von der vorherigen Zustimmung des Beirates abhängig gemacht werden, wie beispielsweise im Fall der einführend beschriebenen Opel-Treuhand. So haben die dort vertretenen Parteien ein Mitspracherecht hinsichtlich der Person des Erwerbers sowie den Konditionen der Veräußerung. Die Amtsdauer des Sanierungsbeirat bestimmt sich durch den konkreten Inhalt der Satzung. Soweit die Satzung keine bestimmte Amtsdauer vorsieht, kann die Amtsperiode in dem bestellenden Gesellschafterbeschluss festgelegt werden.524 Ansonsten gilt der Sanierungsausschuss unbefristet als Organ innerhalb der GmbH berufen. Die Abbestellung erfolgt dann durch widerrufenden Gesellschafterbeschluss.525 Im Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand bietet es sich an, den 523
Vgl. hierzu das „Beiratsmodell“ unter § 6 A II. 7. e) cc). Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 52 Rn. 10; Heermann, in: Ulmer, GmbHG, § 52 Rn. 338; Huber, GmbHR 2004, 772 (777); Lutter, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 52 Rn. 113. 525 OLG Düsseldorf BB 1982, 1574; Spindler, in: MünchKomm, GmbHG, § 52 Rn. 736 f. 524
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Sanierungsausschuss auflösend bedingt auf den Wegfall des Sicherungszwecks zu bestellen, was hinreichend bestimmt und zulässig ist.526
§ 10 Graphische Zusammenfassung der Inhaber-, Verwaltungs- und Finanzierungsstruktur des Unternehmens Die Inhaber-, Verwaltungs- und Finanzierungsstruktur des liquiditätsbedürftigen Unternehmens stellt sich nach Einrichtung der doppelseitigen Sanierungstreuhandstruktur sowie Austausch der Geschäftsführung und Bestellung eines Sanierungsbeirates wie folgt dar:
Verwaltendes Treuhandverhältnis Drittbegünstigender Treuhandvertrag
Sanierungs-/Restrukturierungsabkommen
Altgesellschafter
Doppeltreuhänder
Sicherndes Treuhandverhältnis Anspruch aus VzD, § 328 BGB
Kreditinstitut(e)
100% Geschäftsanteile (ggf. - x%) Sanierungsbeirat (Altgesellschafter / Kreditinstitut(e)/ Doppeltreuhänder / CRO / ggf. weitere Berater und Finanzierer)
CRO
Unternehmen
Überwachung / ggf. einzelne Entscheidungskompetenzen Darlehen, § 488 BGB
Sonstige laufende Finanzierungen
Quelle: eigene Darstellung.
Abbildung 11: Inhaber-, Verwaltungs- und Finanzierungsstruktur nach Einrichtung der doppelseitigen Treuhand (mit Beirat)
526 Zur Zulässigkeit der auflösend bedingten Bestellung: Spindler, in: MünchKomm, GmbHG, § 52 Rn. 736.
§ 11 Risiken für den Doppeltreuhänder
213
3. Kapitel
Haftungs- und Verlustrisiken der Sanierungstreuhand für die beteiligten Parteien Die doppelseitige Sanierungstreuhand kann in der Unternehmenskrise entscheidend dazu beitragen, den Konflikt zwischen Altgesellschaftern und Banken zugunsten des Unternehmens aufzulösen. Trotzdem bestimmen letztlich die potentiellen Haftungs- und/oder Verlustrisiken den Erfolg der Konstruktion als Sanierungsund Kreditsicherungsmittel. Der Inhalt dieser „Risiken“ bestimmt sich danach, aus welchem Blickwinkel man die doppelseitige Sanierungstreuhand bewertet: für den Doppeltreuhänder steht seine gesellschafterliche Haftung im Innenverhältnis zur Gesellschaft sowie seine vertragliche Haftung gegenüber Altgesellschaftern und finanzierenden Kreditinstituten im Mittelpunkt, insbesondere die Kollision aus beiden. Die Altgesellschafterseite dagegen fürchtet in erster Linie den absprachewidrigen Verlust ihres Unternehmens durch treuwidrige Verfügungen des Doppeltreuhänders über die Gesellschaftsanteile. Deren haftungsrechtliche Situation ändert sich dagegen nicht zum Negativen. Für das oder die finanzierenden Kreditinstitute stehen diverse Haftungs- und insolvenzrechtliche Risiken im Vordergrund. Hier ist insbesondere eine Haftung nach dem Modell der faktischen Geschäftsführung näher zu betrachten, sowie mögliche Schadensersatzpflichten unter dem Gesichtspunkt einer Insolvenzverschleppung und die Gefahr einer Verstrickung der gewährten Kredite unter das neue „Recht der Gesellschafterdarlehen“ der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO. Soweit einzelne Haftungs- und/oder Risikothemen schon an früherer Stelle im betreffenden Kontext behandelt wurden, kann sich die Darstellung im Folgenden auf eine kurze Zusammenfassung mit entsprechenden Verweisen beschränken.
§ 11 Risiken für den Doppeltreuhänder Der doppelseitige Sanierungstreuhänder unterliegt einem komplexen Haftungsgeflecht auf vertraglicher sowie gesetzlicher Grundlage. Er sieht sich in drei verschiedenen Beziehungen einer potentiellen Haftung ausgesetzt:
A. Vertragliche Haftung Zunächst haftet er den Altgesellschaftern vertraglich auf Erfüllung seiner Pflichten, die er im Treuhandvertrag übernommen hat. Zudem hat er für eine Verletzung der hieraus folgenden Nebenpflichten einzustehen, § 241 Abs. 2 BGB. Die Voraussetzungen der Haftung bei Nicht- oder Schlechterfüllung bestimmen sich nach den allgemeinen schadensersatzrechtlichen Vorschriften der §§ 280 ff. BGB,
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
da der Treuhandvertrag als Dienstvertrag527 nach den §§ 611 ff. BGB qualifiziert wurde.528 Diese Haftung trifft den Treuhänder gleich zweifach. Auch gegenüber den finanzierenden Kreditinstituten ist der Doppeltreuhänder auf Grundlage der drittbegünstigenden Absprache verpflichtet, die Inhalte des Treuhandvertrages zu erfüllen, § 328 BGB.529 Entsprechende Sorgfalts- und sonstige Nebenpflichten gründen sich aus einem vertragsähnlichen Vertrauensverhältnis, welches der drittbegünstigende Anspruch zwischen Doppeltreuhänder und Kreditinstitut begründet.530 Bei Nicht- oder Schlechterfüllung richtet sich der zu leistende Schadensersatz wieder entsprechend nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 280 ff. BGB,531 seine Höhe bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Besondere Relevanz erlangt die vertragliche Haftung in erster Linie für den Fall, dass der Treuhänder das Treugut verwertet. Veräußert der Treuhänder die Gesellschaftsanteile zu einem zu geringen Preis oder ohne dass der Sicherungsfall tatsächlich eingetreten wäre (treuwidrige Verfügung), so verletzt er seine Treuepflichten gegenüber den Altgesellschaftern. Zudem kann er einen eventuellen späteren Herausgabeanspruch der Altgesellschafter nicht mehr erfüllen. Neben schadensersatzrechtlichen Konsequenzen kann sich hier gegebenenfalls sogar eine strafrechtliche Dimension für den Doppeltreuhänder im Rahmen des § 266 StGB eröffnen, den Nachweis eines zumindest bedingten Vorsatzes (dolus eventualis) jeweils vorausgesetzt.
B. Gesellschaftsrechtliche Haftungsgrundlagen Daneben wird der Doppeltreuhänder vollwertiger Gesellschafter des sanierungsbedürftigen Unternehmens. Nach § 13 Abs. 2 GmbHG haftet er hier zwar nicht mit seinem persönlichen Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft im Außenverhältnis. Als Gesellschafter unterliegt der Treuhänder allerdings wieder einem umfänglichen Haftungsregime, welches schon im Rahmen des Treuhandvertrages näher ausgearbeitet wurde.532 Hier treffen den Treuhänder einerseits spezielle gesellschaftsrechtliche Haftungsgrundlagen, insbesondere nach den Grundsätzen der Kapitalerbringung sowie -erhaltung. Andererseits können sich aus schuldhaften Verletzungen seiner allgemeinen mitgliedschaftlichen Treuepflichten Schäden für die Gesellschaft und hieraus Schadensersatzansprüche gegen ihn er-
527
Vgl. § 6 B. III. 3. Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 16; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 611 Rn. 14 ff. 529 Vgl. etwa Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1779 Rn. 51 ff.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 328 Rn. 5. 530 Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einl. v. § 328 Rn. 5. 531 Vgl. unter § 6 A. II. 10. a). 532 Zu der haftungsrechtlichen Stellung des Doppeltreuhänders im Innenverhältnis zur Gesellschaft unter § 6 A. II. 10. b). 528
§ 11 Risiken für den Doppeltreuhänder
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geben.533 Seine Stellung als Treuhänder ändert an der grundsätzlich vollwertigen Mitgliedschaft hinsichtlich der Haftungstatbestände nichts.534
C. Haftungsbegrenzung Um die vor dem aufgezeigten Hintergrund bestehenden Risiken für den Treuhänder sinnvoll zu begrenzen und so die Effizienz der Treuhandkonstruktion zu ermöglichen, wurde an verschiedenen Stellen ein Bündel an Maßnahmen erarbeitet. Um keine natürliche Person mit ihrem persönlichen Vermögen der Haftung auszusetzen, übernimmt eine Treuhand-Zweckgesellschaft mit beschränkter Haftung die Treuhand und damit die Gesellschaftsbeteiligung, welche damit auch Partei des Treuhandvertrages und somit Doppeltreuhänder wird. Der Treuhandgeschäftsführer selbst tritt (nur) als Gesellschafter und Geschäftsführer der Zweckgesellschaft auf, wobei seine Haftung im Außenverhältnis hierdurch auf wenige, in erster Linie deliktische Durchgriffstatbestände beschränkt wird. Des Weiteren wird die vertragliche Haftung der Treuhandgesellschaft aus dem Treuhandvertrag eingeschränkt. Insbesondere sollte der ihr obliegende Verschuldensmaßstab vertraglich auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit reduziert werden. Für den Fall, dass die Treuhandgesellschaft zulässigen Weisungen der Vertragsparteien folgt, wird die Haftung für hieraus entstehende Schäden gänzlich ausgeschlossen.535 Alle Haftungserleichterungen im Treuhandvertrag gegenüber den Altgesellschaftern wirken sich entsprechend im Verhältnis zu den Kreditinstituten aus. Deren Anspruch ist in Bestand und Voraussetzungen abhängig von den Bedingungen des Deckungsverhältnisses.536 Neben Haftungsbeschränkungen ist im Treuhandvertrag sorgfältig darauf zu achten, potentielle Konfliktsituationen aus verschiedenen Pflichtenquellen zu vermeiden. Hierzu gehört insbesondere, die treuhänderischen Pflichten gegenüber Altgesellschaftern und Kreditinstituten auf der einen mit dem gesetzlich vorgegebenen, gesellschaftsrechtlichem Rahmen auf der anderen Seite genau abzustimmen. Im Zweifel genießen die gesellschafterlichen Verpflichtungen des Treuhänders Vorrang vor den Maßgaben des Treuhandvertrages, da diese den Parteien bei Abstimmung des Vertrages bekannt waren und insofern als zwingender Rahmen vor-
533
Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 13 Rn. 54. BGHZ 195, 168 (174 f.); Armbrüster, S. 392; Eden, S. 62; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 224; für den eigennützigen Sicherungstreuhänder: RGZ 79, 182 (185); RGZ 138, 106 (108); Armbrüster, GmbHR 2001, 1021 (1028); für den fremdnützigen Treuhänder: Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 212; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 236 Rn. 539; a. A.: Serick, GmbHR 1967, 133 (136). 535 Siehe unter § 6 A. II. 10. c). 536 Vgl. Gottwald, in: MünchKomm, BGB, § 328 Rn. 28, 30. 534
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
gegeben sind.537 Demgemäß sollte der Treuhandvertrag das wirtschaftliche Wohl der Gesellschaft sowie sonstige zwingende gesellschaftsrechtliche Vorgaben538 als höchsten Handlungsmaßstab des Treuhänders explizit erwähnen und dementsprechende Priorität einräumen. Für etwaig verbleibende haftungsrelevante Pflichtenkollisionen schließt der Doppeltreuhänder eine Haftpflichtversicherung ab. Daneben bietet sich eine Begrenzung der Haftungssumme (aus vertraglichen Schadensersatzansprüchen) auf die Versicherungshöchstsumme an.
§ 12 Risiken für die Altgesellschafter A. Allgemeine Schadensersatzhaftung aus Vertrag und Gesetz Auch auf Seiten der Altgesellschafter verbleiben diverse haftungsrechtliche Fragen. Hier ist zu trennen zwischen der Haftung gegenüber dem Treuhänder, gegenüber dem Unternehmen sowie gegenüber dritten Parteien als Gläubiger des Unternehmens oder dem Treuhänder als Gesellschafter des Unternehmens. Im Verhältnis zu dem Doppeltreuhänder (also der Treuhand-Zweckgesellschaft) unterliegen die Altgesellschafter der vertraglichen Haftung aus dem TreuhandDienstvertrag nach den §§ 611 ff. i. V. m. 280 ff. BGB. Diese Haftung ist spiegelbildlich zu der vertraglichen Haftung der Treuhandgesellschaft selbst. Da der Treuhandvertrag jedoch in erster Linie Pflichten auf Seiten des Treuhänders enthält, beschränkt sich die vertragliche Schadensersatzhaftung der Altgesellschafter faktisch auf eine Verletzung von Sorgfalts- und sonstigen Nebenpflichten, § 241 BGB, sowie auf die Zahlung der geschuldeten Vergütung. Mehr Relevanz erlangen die vertraglich vereinbarten Haftungsfreistellungs- sowie Aufwendungsersatzansprüche des Treuhänders gegen die Altgesellschafter als Treugeber. Insoweit haben die Altgesellschafter die Treuhandgesellschaft von allen Ansprüchen freizustellen, soweit diese Ansprüche sich nicht auf einer schuldhaften Pflichtverletzung des Treuhandvertrages durch den Doppeltreuhänder selbst gründen. Insbesondere handelt es sich hier um Freistellungen hinsichtlich solcher Haftungsgefahren, welche sich für die Treuhandgesellschaft aus der Übernahme der Gesellschaftsanteile und der daraus folgenden unmittelbaren Gesellschafterstellung ergeben.539 Nach dem Verursacherprinzip sollen hier die Altgesellschafter für Verbindlichkeiten einstehen müssen, die entweder noch auf ihrer Tätigkeit als Gesellschafter beruhen oder un537 BGHZ 3, 354 ff.; Beuthien, ZGR 1974, 26 (41); Blaurock, S. 134, 181; Markwardt, S. 61; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 235 Rn. 536; kritisch differenzierend: Tebben, S. 272 ff. Hierzu mit weiteren Nachweisen unter § 6 A. II. 6. d). 538 Wie beispielsweise die gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflicht, vgl. unter § 6 A. II. 6. d). 539 Die vertraglichen Haftungsfreistellungen sowie Aufwendungsersatzansprüche gegen die Altgesellschafter werden unter § 6 A. II. 10. a) untersucht.
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abhängig von einem schuldhaften Verhalten des Treuhänders bei der Gesellschaft anfallen. Hinsichtlich der gesellschafterlichen Haftung im Innenverhältnis zu der Gesellschaft verlagert sich die mit der Gesellschafterstellung verbundene Verantwortung rein formal auf die Treuhand-Zweckgesellschaft. Allerdings wäre es falsch hieraus den Schluss zu ziehen, dass die Altgesellschafter damit vollständig aus der haftungsrechtlichen Gesellschafterstellung entlassen wären.540 Mittelbar müssen sie ohnehin durch die beschriebenen Freistellungsansprüche der Treuhandgesellschaft haftungstechnisch gleich einem Gesellschafter einstehen.541 Unmittelbar aus dem Gesetz obliegt den Treugebern zudem die Gründerhaftung nach § 9a Abs. 4 GmbHG gegenüber der Gesellschaft, neben dem Treuhänder. Hernach sind zusätzlich zu den Gesellschaftern für Einlagen in gleicher Weise Personen verantwortlich, für deren Rechnung die Gesellschafter Stammeinlagen übernommen haben (Erwerbstreuhand). Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand als Übertragungstreuhand ist dieser Haftungstatbestand allerdings von wenig Relevanz. Zudem haften die Altgesellschafter auch nach Übertragung der Gesellschaftsanteile auf den Treuhänder gleich einem Gesellschafter für die ordnungsgemäße Einlageleistung nach den §§ 19, 24 GmbHG (Kapitalerbringung), sowie nach den Vorschriften zur Kapitalerhaltung, §§ 30, 31 GmbHG.542 Da diese Risiken die Altgesellschafter allerdings auch schon vor Einrichtung der Treuhand als unmittelbare Gesellschafter trafen, ändert sich deren haftungsrechtliche Situation im Innenverhältnis zu der Gesellschaft an sich nicht zum Negativen.
B. Gefahr treuwidriger Unternehmensleitung und/oder Verfügungen über die Gesellschaftsanteile Erhebliche Bedenken gegen die Sanierungstreuhand bestehen von Seiten der Altgesellschafter, da sie mit der Gesellschafterstellung auch die Kontrolle über „ihr“ Unternehmen auf den Treuhänder übertragen. Oft empfinden die Altgesellschafter die doppelseitige Sanierungstreuhand als Zwangsmittel von Seiten der Bank, sei dies aufgrund falscher Kommunikation oder aufgrund Unkenntnis der Konstruktion. Insbesondere die aus Sicht der Altgesellschafter vermeintlich gegebene Nähe des Treuhänders zur Bank begründet die Besorgnis, der Treuhänder könnte entgegen den Absprachen des Treuhandvertrages die Leitung über das Unternehmen ausüben oder gar absprachewidrig über die Anteile und damit das Unternehmen selbst verfügen. In Betracht käme hier beispielsweise, dass der Treuhänder die Gesellschaftsanteile im 540 Näher differenzierend zu der Haftung des Treugebers gegenüber der Gesellschaft: Armbrüster, S. 382 ff.; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 233. 541 Vgl. auch Eden, S. 66. 542 BGHZ 31, 258 (261 ff.) („Lufttaxi“); BGH WM 1977, 73 (75); BGH NJW 1980, 592; BGH NJW 1992, 2023 (2024 ff.); BGHZ 118, 107 (110 ff.); BGH NJW 2004, 1111; OLG Hamburg DB 1984, 1515.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Interesse der Bank schon vor Eintritt des Sicherungsfalles veräußert oder unter einem vereinbarten Mindestverkaufspreis veräußert, der zwar die Forderungen der Bank befriedigt, den Altgesellschaftern darüber hinaus aber keinen Überschuss am Verkaufserlös belässt. Ebenso könnte der Doppeltreuhänder die Unternehmensleitung als Gesellschafter auf einen Verkauf ausrichten, um die Bank zu befriedigen, anstatt eine Sanierung zu verfolgen mit dem Ziel die Gesellschaftsanteile an die Altgesellschafter zurück zu übertragen. Inwiefern solche absprachewidrigen Verfügungen des Treuhänders rechtlich überhaupt möglich sind und welche Sicherungsinstrumente hiergegen implementiert werden können, ist Gegenstand der nachfolgenden Betrachtungen. I. Keine absolute/dingliche Wirkung der Treuhandabrede 1. Die Rechtsmacht des Treuhänders bei der Vollrechtstreuhand im Außenverhältnis Die doppelseitige Sanierungstreuhand ist regelmäßig als Vollrechtstreuhand konstruiert, wie nahezu jede Treuhand, welche (auch) der Besicherung eines Anspruchs dient.543 Bei der Vollrechtstreuhand ist der Treugeber gezwungen, dem Treuhänder zunächst ein „Mehr“ an Rechten einzuräumen als für die Zwecke der Treuhandabrede eigentlich nötig, dinglich in Form des Volleigentums oder gesellschaftsrechtlich in Form der (Voll)Inhaberschaft an den Gesellschaftsanteilen. Dieses dingliche/gesellschaftsrechtliche Mehr reduziert der Treugeber dann schuldrechtlich im Rahmen der Vertragsfreiheit durch den Treuhandvertrag auf das Maß welches notwendig ist, um das Treugut gemäß des Treuhandvertrages zu verwalten und den Anspruch zu sichern. Er bindet die grundsätzlich uneingeschränkte Rechtsmacht des Treuhänders als Eigentümer respektive Inhaber also auf die Inhalte und den Zweck des Treuhandvertrages. Dieses Missverhältnis zwischen dem Umfang an Rechtsmacht, welche dem Treuhänder in Form des Volleigentums/der Vollinhaberschaft tatsächlich zusteht, und dem Umfang, welchen er für die Ausübung der (treuhand-)vertraglichen Aufgaben und Zwecke eigentlich nur benötigen würde, ist Resultat des sachenrechtlichen Typenzwangs („sachenrechtlicher Numerus clausus“), soweit sich das Treugut in Sachen nach § 90 BGB erschöpft. Hier steht den Parteien im Rahmen der gesetzlich normierten dinglichen Rechte keine Rechtsposition zur Verfügung, die individuell auf den Treuhandvertrag in Form eines „Minus“ zum Volleigentum ausgestaltet werden könnte. Mit anderen Worten: da die Treuhand als dingliches Sicherungsmittel dem Gesetz nicht bekannt ist, sieht das Sachenrecht keine Rechtsposition vor, die exakt der im Außenverhältnis jeweils benötigten Rechtsmacht entspricht.544 Ebenso liegt es, wenn Gesellschaftsanteile einer Kapitalgesellschaft als Treugut übertragen werden. Zwar kann hier nicht von einem „sachenrechtlichen“ Numerus clausus gesprochen werden, da es sich bei 543 544
Allgemein zu (fiduziarischen) Sicherungstreuhandschaften: Hirschberger, S. 12, 22. Vgl. Henssler, AcP 196 (1996), 37 (45).
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Gesellschaftsanteilen um Mitgliedschaftsrechte in der Gesellschaft und keine (körperlichen) Sachen im engeren Sinn nach § 90 BGB handelt. Inhaltlich bleibt das Problem indes identisch, nur unter anderem Namen als sogenanntes Abspaltungsverbot: der Geschäftsanteil verkörpert umfassend alle aus der Gesellschafterstellung fließenden Rechte in der Kapitalgesellschaft, wie Stimmrechte, Informationsrechte, Vermögensrechte und insbesondere Verfügungsrechte.545 Diese gebündelte Rechtsstellung ist mit der Inhaberschaft an dem Geschäftsanteil untrennbar verbunden, nicht teilbar und wird mit dem Geschäftsanteil vollständig übertragen. Eine gesonderte Übertragung einzelner Verwaltungs-, Verfügungs- oder Vermögensrechte als Ausschnitt aus dem Vollrecht, eine sogenannte Abspaltung, ist nicht möglich.546 Auch im Fall der Übertragung von Gesellschaftsanteilen als Treugut erhält der Treuhänder mit der Stellung als Gesellschafter daher eine den Zweck der Treuhand überschießende Rechtsposition, welche im Innenverhältnis zu dem Treugeber durch die Treuhandabrede begrenzt werden muss. 2. Exkurs: Der Trust im anglo-amerikanischen Recht Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zum sogenannten „Trust“ des angloamerikanischen Rechtskreises, als dessen deutsches Pendant oder Ersatzinstitut die Treuhand fälschlicherweise in Verkennung der gravierenden Unterschiede oft angesehen wird.547 Beim Trust ist die Rechtsstellung des Trustees (Treuhänder) nach den Regeln der Equity auch nach außen auf die Zwecke und Inhalte des Trust Instrument begrenzt,548 welches man im weitesten Sinn als Entsprechung des Treuhandvertrags ansehen kann. Ausländische Rechtsordnungen kennen jedoch auch das dem deutschen Privatrecht eigene Trennungs- und Abstraktionsprinzip nicht. 3. Möglichkeit treuwidriger Unternehmensleitung und absprachewidriger Verfügungen Aus der rein schuldrechtlichen Beschränkung der dinglichen beziehungsweise gesellschafterlichen Rechtsmacht durch den Treuhandvertrag folgt die vielleicht gravierendste Schwäche der Treuhand: die Bindung des Treuhänders durch den Treuhandvertrag kann nach richtiger Ansicht keine absolute, dingliche Wirkung im Außenverhältnis entfalten. Dies ergibt sich schon aus dem klaren Gesetzeswortlaut des § 137 S. 1 BGB,549 auch wenn sogenannte „quasidingliche Wirkungen“550 der 545 Für GmbH Anteile: RGZ 82, 167; BGH DB 1972, 132; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 5 Rn. 18; Veil, in: Scholz, GmbHG, § 5 Rn. 19. 546 Statt aller: Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 14 Rn. 20, m. w. N. in dortiger Fn. 31. 547 „Ersatzinstitut“, vgl. Riggert, S. 9. 548 Coing, S. 7. 549 BGH NJW 1968, 1471; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 39; Beuthien, ZGR 1974, 26 (59); Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (82); Ellenberger, in: Palandt, BGB, Übbl.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Treuhandabrede seit jeher Anhänger in der Literatur fanden.551 § 137 S. 1 BGB schließt rechtsgeschäftliche Verfügungsverbote (im Treuhandvertrag) mit Wirkung im Außenverhältnis gegenüber Dritten aus. Der Treuhänder „kann“ daher mehr, als er „darf“. Auch die Gesellschafterstellung des Doppeltreuhänders und die hieraus folgenden Rechte und Pflichten können durch rein schuldrechtliche Abreden grundsätzlich nicht mit Wirkung im Außenverhältnis eingeschränkt werden.552 Die (im Innenverhältnis) weisungswidrige Ausübung von Gesellschafterrechten kann daher die Wirksamkeit der entsprechenden Rechtsakte nicht verhindern.553 Bei der Treuhand an Gesellschaftsanteilen hat der Treuhandvertrag daher keine Auswirkung auf die gesellschaftsrechtlichen Kompetenzen des Treuhänders im Verhältnis zur Gesellschaft oder zu externen Dritten.554 Auch treuwidrige Verfügungen des Treuhänders über das Treugut sind grundsätzlich wirksam, da der Treuhänder als Berechtigter verfügt.555 Die Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht finden auf weisungswidrige Handlungen des Doppeltreuhänders im Außenverhältnis keine Anwendung,556 wobei hier in neuerer Zeit eine Anwendung im Schrifttum zunehmend in Betracht gezogen wird.557 Absprachewidrige Handlungen des Treuhänders (als Gesellschafter) zeitigen daher auch grundsätzlich nur schadensersatzrechtliche Wirkungen im Verhältnis des Doppeltreuhänders zu Altgesellschaftern oder Kreditinstituten („Relativität der Schuldverhältnisse“).558 Ausnahmen rechtfertigen sich vor § 104 Rn. 25; Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1179 Rn. 50; Huber, JZ 1968, 791; Liebs, AcP 175 (1975), 1 f.; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (250); Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 34 f.; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 258 Rn. 581 f.; Weitnauer, in: FS Weber, S. 429 f. 550 Als „quasidingliche“ Wirkung wird teilweise auch nur der Umstand bezeichnet, dass der Treugeber in der Insolvenz des Treuhänders ein Aussonderungsrecht an den Gegenständen des Treuguts hat, welches nach dem insolvenzrechtlichen Grundprinzip der dinglichen Vermögenszuordnung sonst nur dem Vollrechtsinhaber des Vermögenswerte zustehen würde. 551 Vgl. mit guter Übersicht: Hennsler, AcP 196 (1996), 37 (48 ff.). 552 Statt vieler: Blaurock, S. 128 ff.; Henssler, AcP 196 (1996), 37 (47 f.); Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 227, 231. 553 Henssler, AcP 196 (1996), 37 (79); Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 212; Reichert/ Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 227; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (250, 280); vgl. auch Armbrüster, S. 237 ff., der allerdings bei der einvernehmlichen Treuhand von einer Unwirksamkeit bei „evidenten“ Pflichtverletzungen ausgeht. 554 Vgl. Armbrüster, S. 232 ff.; Henssler, AcP 196 (1996), 37 (79); Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 227; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 212. 555 Vgl. BGH NJW 1968, 1471; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 39; Beuthien, ZGR 1974, 26 (59); Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (82); Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1779 Rn. 50; Huber, JZ 1968, 791; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (250). 556 BGH NJW 1968, 1471; BGH WM 1977, 525 (527); Henssler, AcP 196 (1996), 37 (67). 557 Vgl. Eden, S. 125 m. w. N. in dortiger Fn. 823; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (250). 558 Vgl. Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 39; Eden, S. 125; Huber, JZ 1968, 791. Siehe bspw. zur absprachewidrigen Ausübung des Stimmrechts: Löbbe, in: Ulmer, GmbHG,
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nur bei einem vorsätzlichen Zusammenwirken zwischen Treuhänder und Erwerber zum Nachteil des Treugebers (Kollusion). Für diesen Fall wäre auch der (dingliche) Übertragungsakt nach den §§ 134 BGB i. V. m. 266 StGB und 138 BGB nichtig.559 Ein potentieller Erwerber müsste hier bei dem Treuhänder „den Entschluss bestärkt haben, den Vertrag zu brechen, oder in anderer Weise den Vertragsbruch zu fördern.“560 Im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand folgert sich hieraus die Gefahr für die Altgesellschafter, dass der Doppeltreuhänder die Leitung über das Unternehmen entgegen den Vorgaben des Treuhandvertrages und dem zugrundeliegenden Sanierungsabkommen ausüben könnte. Ebenso wäre es ihm auf Basis der Gesellschafterstellung möglich, die Unternehmensanteile vor Eintritt des Sicherungsfalls zu veräußern. Das wäre freilich vertragswidrig aber nichtsdestotrotz wirksam. Ebenso könnten die Anteile unter einer bestimmten, im Treuhandvertrag festgelegten Mindestsumme veräußert werden, welche zwar die Ansprüche der Bank befriedigt, den Altgesellschaftern darüber hinaus aber keinen Überschuss am Verkaufserlös belässt. Den Altgesellschaftern stünden für diese Fälle schuldrechtliche Ersatzansprüche gegen die Treuhandgesellschaft und möglicherweise auch gegen den Treuhandgeschäftsführer persönlich zu.561 Dies vermag aber nichts an dem grundsätzlichen Verlust ihres Unternehmens zu ändern, wenn man von der mangelnden Werthaltigkeit solcher Ansprüche einmal absieht. Gegen den Erwerber hat der Treugeber dagegen in der Regel keinerlei Ansprüche.562 4. Zusammenfassung Durch die Übernahme der Gesellschaftsanteile wird die Treuhand-Zweckgesellschaft im Außenverhältnis zu potentiellen Erwerbern allein- und vollberechtigte Gesellschafterin des Unternehmens.563 Insbesondere beinhaltet diese Stellung die jederzeitige und freie Verfügungsmacht über die Gesellschaftsanteile, natürlich unter § 15 Rn. 214; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (280); guter Überblick über den Meinungsstand hinsichtlich absprachewidriger Stimmabgabe des Treuhänders bei: Mayer, in: MünchKomm, GmbHG, § 2 Rn. 135, 138. 559 Vgl. Huber, JZ 1968, 791 oder Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (250). 560 Eden, S. 125. 561 Vgl. etwa Eden, S. 124. 562 Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 39; Breuer, MittRhNotK 1988, 79 (82), der hier berechtigterweise auf die Beweisschwierigkeiten hinweist. 563 RG JW 1934, 2906; RGZ 123, 378 (381); RGZ 138, 106 (108); RGZ 153, 350 (352); BGHZ 21, 3282; BGHZ 31, 263; BGH GmbHR 1962, 117; BGH WM 1971, 307; BGH WM 1976, 736; BGH WM 1977, 75; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, § 2 Rn. 11; Beuthien, ZGR 1974, 26 (78); Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 15 Rn. 216; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 55; Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, § 15 Rn. 212; Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 92; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 194, 223; Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 228; Singhof/Seiler/Schlitt, S. 235 Rn. 537 f.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Beachtung bestehender Vinkulierungen. Zwar ist die hieraus entstehende Rechtsmacht als Gesellschafter durch die inhaltlichen Vorgaben des Treuhandvertrags beschränkt. Diese Bindung hat aber grundsätzlich nur relative Wirkung im Innenverhältnis des Doppeltreuhänders zu Altgesellschaftern und Kreditinstituten.564 Gegenüber der Gesellschaft sowie im Außenverhältnis gegenüber Dritten könnte der Doppeltreuhänder daher auch insoweit wirksam seine Stimmrechte ausüben oder über die Anteile verfügen, als er dadurch seine Pflichten im Innenverhältnis zu den Altgesellschaftern verletzt.565 II. Sicherungsmöglichkeiten Um die beschriebenen Gefahren für die Altgesellschafter abzusichern, kommen technisch mehrere Möglichkeiten in Betracht, welche allerdings im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand aus praktischen Erwägungen in der Regel nicht verwendet werden (können). 1. Ausgestaltung als Ermächtigungs- oder Vollmachtstreuhand Um das beschriebene „Mehr“ im Außenverhältnis erst gar nicht entstehen zu lassen, bestünde zunächst die Möglichkeit, die doppelseitige Sanierungstreuhand als reine „Vollmachts-“ oder „Ermächtigungstreuhand“ auszugestalten. Bei der sogenannten Vollmachts- oder Ermächtigungstreuhand ist die Rechtsmacht des Treuhänders am Treugut rein schuldrechtlicher Natur. Die Inhaberschaft an dem Treugut bleibt hernach beim Treugeber, welcher dinglich bzw. hier gesellschaftsrechtlich weiter darüber verfügen kann.566 Der Treugeber ermächtigt den Treuhänder lediglich, in eigenem Namen über das Treugut zu verfügen, § 185 Abs. 1 BGB,567 oder stattet ihn mit einer dementsprechenden (gegebenenfalls unwiderruflichen) Bevollmächtigung im Sinne der §§ 164 ff. BGB aus.568 Die (schuldrechtliche) 564 Allgemein: BGH NJW 1968, 1471; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 39; Ellenberger, in: Palandt, BGB, Übbl. vor § 104 Rn. 25; Liebs, AcP 175 (1975), 1 f.; Roth/Thöni, in: FS GmbHG, S. 245 (250); Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Auflage, Vor § 164 Rn. 34 f.; Weitnauer, in: FS Weber, S. 429 f.; speziell im Fall von Gesellschaftsanteilen als Treugut: Blaurock, S. 128 ff.; Henssler, AcP 196 (1996), 37 (47 f.); Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 227. 565 BGH NJW 1968, 1471; Ellenberger, in: Palandt, BGB, Übbl. vor § 104 Rn. 25; Emmerich, in: Scholz, GmbHG, § 2 Rn. 58; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 224. 566 Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 34; Eden, S. 5; Hirschberger, S. 22 f.; Liebich/ Mathews, S. 31 ff. 567 BGH NJW 1954, 190; BGHZ 19, 69 (71); Armbrüster, S. 13; Coing, S. 96; Eden, S. 5; Heidner, DStR 1989, 276 (277); Hirschberger, S. 22; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 203. 568 Armbrüster, S. 14; Coing, S. 97; Heidner, DStR 1989, 276 (277); Hirschberger, S. 23; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 203.
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Rechtsmacht wird im Regelfall schon bei Erteilung im Rahmen des Treuhandvertrages inhaltlich so begrenzt, dass sie keine zweckwidrigen Verfügungen beinhaltet.569 Der Treuhandvertrag limitiert die Rechtsmacht demnach nicht, sondern begründet sie gerade in dem benötigten Umfang. Der sachenrechtliche Numerus clausus oder das Abspaltungsverbot stehen hier nicht entgegen, da beide Treuhandformen im Rahmen der schuldrechtlichen Vertragsfreiheit ausgestaltet werden können. Eine überschießende Rechtsmacht des Treuhänders im Außenverhältnis kann so anders als bei der fiduziarischen Treuhand nicht entstehen. Der Treuhänder „kann“ nur genau das, was er gleichzeitig auch „darf“. Bezogen auf GmbH Gesellschaftsanteile als Treugut käme für die doppelseitige Sanierungstreuhand weiterhin eine Stimmrechtsvollmacht kombiniert mit einer bedingten Verkaufsvollmacht in Betracht.570 Aus praktischen Erwägungen ist die rein schuldrechtliche Bevollmächtigung des Treuhänders allerdings nicht geeignet: die Ausgestaltungsformen der Vollmachtsund Ermächtigungstreuhand vermitteln dem Doppeltreuhänder keine hinreichend starke und sichere, d. h. hier gesellschafterliche Rechtsposition, um seine treuhänderischen Pflichten unabhängig von den Altgesellschaftern wahrnehmen zu können. Zwar sind unwiderrufliche Stimmrechtsvollmachten grundsätzlich möglich, allerdings enden sie zum einen mit dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis, zum anderen sind sie stets aus – vermeintlich – wichtigem Grund kündbar. Des Weiteren könnte der Altgesellschafter aufgrund seiner Inhaberstellung am Geschäftsanteil weiterhin selbst abstimmen – seine Stimme wäre bei widersprechender Stimmabgabe maßgebend.571 Zudem gewährt nur die Vollrechtstreuhand nach § 51 Nr. 1 InsO ein Absonderungsrecht des Treuhänders an dem Treugut in der Insolvenz des Treugebers.572 2. Ausgestaltung als deutsch-rechtliche Treuhand Als einzige auch dinglich wirkende Sicherungsmöglichkeit käme die Ausgestaltung der Sanierungstreuhand als sogenannte deutsch-rechtliche Treuhand in Betracht.573 Dieser Konstruktion liegt zunächst eine normale fiduziarische Vollrechtsübertragung zugrunde. Allerdings wird das Eigentum bzw. die Inhaberschaft auflösend auf einen Verstoß des Treuhänders gegen die Maßgaben des Treuhand-
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So auch Hirschberger, S. 13. Allgemein zu Stimmrechtsvollmachten in der GmbH: Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 47 Rn. 44 ff. 571 Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 47 Rn. 50 m. w. N. 572 Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 51 Rn. 4; zur Situation bei der doppelseitigen Sicherungstreuhand: Hirschberger, S. 146 ff. 573 Zu dieser Möglichkeit (allerdings als aufschiebende Bedingung) wohl auch Achsnick/ Opp, S. 68 Rn. 245, wobei hier nicht ganz klar ist, zu was die aufschiebende Bedingung dienen soll oder worin die „rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteile“ liegen sollen. 570
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
vertrages bedingt.574 Soweit der Treuhänder also eine treuwidrige Handlung vornimmt, fällt das Eigentum oder die Inhaberstellung automatisch an den jeweiligen Treugeber zurück.575 Die deutsch-rechtliche Treuhand ist auch an GmbH Gesellschaftsanteilen denkbar, da eine bedingte Abtretung von GmbH Gesellschaftsanteilen grundsätzlich zulässig ist.576 Soweit der Treuhänder dann entgegen den vertraglichen Vorgaben über die Gesellschaftsanteile verfügt, würden diese durch Auslösung der Bedingung automatisch auf die Altgesellschafter zurückfallen. Wie auch der Vollmachtstreuhand stehen der deutsch-rechtlichen Treuhand in der Sanierung praktische Überlegungen entgegen: die Übertragung der Gesellschaftsanteile unter einer auflösenden Bedingung würde erhebliche Rechtsunsicherheit in die doppelseitige Treuhand tragen und zum anderen die Sicherungswirkung für die Kreditinstitute von etwaigen Pflichtverletzungen des Doppeltreuhänders abhängig machen. Auf diesen haben sie allerdings keinerlei verbindlichen Einfluss. Insbesondere der Eintritt des Sicherungsfalles wird im Zweifel Kontroversen zwischen den Parteien auslösen. Hier geht es für die Altgesellschafter um den Verlust ihres Unternehmens, für die Bank um die Befriedigung ihrer Kredite vor dem weiteren Wertverfall der Anteile. Soweit der Eintritt nicht oder nicht schnell genug mit verbindlicher Wirkung gegenüber beiden Parteien geklärt werden kann, wäre aufgrund der unmittelbaren absoluten/dinglichen Wirkung nicht klar, wer Inhaber der Gesellschaftsanteile ist. Ein Verkauf der Anteile wäre dann faktisch blockiert, weil sich kein Erwerber auf die Unsicherheit einlassen würde, gegebenenfalls vom Nichtberechtigten zu erwerben. Da insbesondere in Krisensituation jedoch oft unter erheblichem Zeitdruck an Investorenlösungen gearbeitet werden muss, wäre hiermit die gesamte Sanierung und der Erhalt des Unternehmens gefährdet. Auch die neuen Regelungen zur Gesellschafterliste im Rahmen des MoMiG dürften über dieses Problem nicht hinweghelfen. Zwar begründet die Gesellschafterliste nunmehr gegenüber einem Erwerber einen Rechtsschein zugunsten des Eingetragenen, § 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG. Erstmals ist so ein gutgläubiger Erwerb an Gesellschaftsanteilen vom Nichtberechtigten möglich. Allerdings werden die Altgesellschafter in solchen Fällen der Gesellschafterliste einen Widerspruch zuordnen lassen, welcher den gutgläubigen Erwerb verhindert, § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG. Im Übrigen wird ein potentieller Erwerber die Streitigkeiten immer mitbekommen.
574 Armbrüster, S. 13 insb. unter Fn. 57 a. E.; Coing, S. 90; Geibel, S. 23 ff.; Heidner, DStR 1989, 276 (277); Hirschberger, S. 22; Löhnig, S. 54 ff. Zur Zulässigkeit dieser Konstruktion im Hinblick auf den Umgehungsvorwurf des § 137 BGB: BGHZ 134, 182 (186); BayObLG NJW 1978, 700 f.; Coing, S. 163; Hirschberger, S. 23. 575 Vgl. Beuthien, ZGR 1974, 26 (63). 576 BGH BB 1989, 372; BGHZ 127, 133; Pfisterer, in: Sänger/Inhester, GmbHG, § 15 Rn. 55; Westermann, in: MünchKomm, BGB, 7. Auflage, § 158 Rn. 33.
§ 13 Risiken für das finanzierende Kreditinstitut
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3. Die Kompetenz und Neutralität des Doppeltreuhänders als Gewähr In der Praxis muss das Sicherungsinteresse der Altgesellschafter daher in erster Linie über Kompetenz und Neutralität des Doppeltreuhänders gewährleistet werden. Werden die Gesellschaftsanteile über eine Treuhand-Zweckgesellschaft gehalten, bezieht sich dies auf den Treuhandgeschäftsführer als natürliche Person und Geschäftsführer der Zweckgesellschaft. Ob die Altgesellschafter in der Person des Treuhandgeschäftsführers eine hinreichende Gewähr für die Wahrung ihrer treuhandvertraglich festgelegten Interessen sehen, ist in erster Linie abhängig von dessen Reputation so wie den Umständen seiner Auswahl. Zwar wird der Vorschlag für einen Treuhänder regelmäßig von Seiten der Bank kommen, die Erfahrung mit dem Instrument der doppelseitigen Sanierungstreuhand und damit Branchenkenntnis hinsichtlich geeigneter Treuhandgeschäftsführer hat. Wie schon dargelegt, sollte die Bank hier allerdings sensibel vorgehen, um nicht den Anschein zu erwecken, den Altgesellschaftern einen bestimmten (banknahen) Treuhandgeschäftsführer aufzudrängen. Insbesondere kann es hier vorteilhaft sein, den Altgesellschaftern mehrere geeignete Kandidaten von guter Reputation zur Auswahl zu stellen. Idealerweise wird den Altgesellschaftern die Möglichkeit gegeben, sich neutral von dritter Seite Informationen über einschlägige Treuhandtätigkeiten/Restrukturierungsprojekte der vorgeschlagenen Kandidaten und Erfahrung mit diesen und Empfehlungen zu besorgen. Flankierend sollte auf die möglichst exakte Definition des Sicherungsfalles geachtet sowie eine neutrale Person benannt werden, welche den Eintritt des Sicherungsfalles im Zweifel für alle Parteien rechtsverbindlich festzustellen hat (Wirtschaftsprüfer, Schlichtungsausschuss o. ä.).
§ 13 Risiken für das finanzierende Kreditinstitut Auch das finanzierende Kreditinstitut setzt sich über die vertraglichen Beziehungen mittels der Doppeltreuhand in eine gewisse Nähebeziehung zu der Gesellschaft. Es ist der drittbegünstigte Dritte in der Konstruktion, welcher einen Anspruch auf Erfüllung des Treuhandvertrages gegenüber dem Doppeltreuhänder aus § 328 BGB hat. Inwiefern sich aus der Kreditvergabe an das notleidende Unternehmen allein oder in Verbindung mit dieser faktischen Nähebeziehung Haftungsgefahren oder sonstige Risiken auf Bankenseite ergeben, wird im Folgenden untersucht.
A. Haftung aufgrund Insolvenzverschleppung Kommt es durch die Kreditvergabe im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand zu einer Gläubigergefährdung, können sowohl Kredit- als auch Treuhandvertrag nach § 138 BGB nichtig sein, soweit hieraus andere Gläubiger des
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Unternehmens sittenwidrig geschädigt werden. Voraussetzung ist, dass das Kreditinstitut nicht an einer langfristigen Sanierung des insolvenzreifen Unternehmens interessiert ist, sondern sich mit kurzfristigen Liquiditätsbrücken nur Zeit verschaffen möchte, das eigene Kreditengagement auf Kosten der anderen Gläubiger zurückzufahren oder sich auf andere Weise besser zu stellen, bevor die Einflussmöglichkeiten durch die Einleitung eines Insolvenzverfahrens aufgehoben werden. Die übrigen Gläubiger hingegen engagieren sich aufgrund der so geschaffenen Scheinliquidität weiter im Unternehmen.577 Neben den Auswirkungen auf die Kreditund Sicherungsverträge kann die sittenwidrige Gläubigerschädigung auch eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit des Kreditinstitutes gegenüber den Unternehmensgläubigern nach sich ziehen. Die Voraussetzungen einer Haftung stellen sich ähnlich denen einer Nichtigkeit nach § 138 BGB dar. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen reinen Überbrückungskrediten und längerfristigen Krediten, welche der Sanierung dienen sollen. I. Überbrückungskredite Überbrückungskredite (Bridge Loans) dienen dazu, Liquiditätsengpässe bei dem (an sich insolvenzreifen) Unternehmen kurzfristig zu beseitigen, um die Sanierungsfähigkeit objektiv und (hinreichend) sorgfältig überprüfen zu können.578 Naturgemäß steht bei Kreditvergabe nicht fest, ob das Unternehmen sanierungsfähig ist. Der BGH hat diesen Überbrückungszeitraum auf den Abschluss einer Sanierungsüberprüfung, maximal jedoch auf drei Wochen begrenzt.579 Der Zweck des Kredites muss darin liegen, den für die Überprüfung notwendigen Zeitraum zu überbrücken bis ein Sanierungsgutachen vorliegt. Für diesen Fall ist die Kreditvergabe nicht sittenwidrig und eine Haftung des Kreditinstitutes gegenüber Unternehmensgläubigern kommt nicht in Betracht, zumindest nicht unter diesem Aspekt.580 Dient der „Überbrückungskredit“ dem Kreditinstitut allerdings dazu, unter dem Mantel der Sanierungsprüfung eigenes Engagement auf Kosten anderer Gläubiger zurückzufahren oder sich auf andere Weise besser zu stellen, so kommt neben der Nichtigkeit der entsprechenden Kredit- und Sicherungsverträge auch eine deliktsrechtliche Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern nach und unter den allgemeinen Verschuldensanforderungen des § 826 BGB in Betracht. Hernach muss die Bank die Schädigung anderer Gläubiger des Unternehmens vorsätzlich und in sittenwidriger Weise herbeigeführt haben. Regelmäßig beinhaltet dies eine Täuschung über die
577
Siehe ausführlich unter § 7 B. II. 4. Zu den Anforderungen an das Sanierungsgutachten und die Person des Erstellers: Wallner/Neuenhahn, NZI 2006, 553 (556 f.). 579 BGH WM 2010, 1415 (1417). 580 Vgl. BGHZ 75, 96 (110); Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch, § 85 Rn. 116 f. 578
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Kreditwürdigkeit des Unternehmens, wobei dies zumindest billigend durch das Kreditinstitut in Kauf genommen werden muss.581 II. Sanierungskredite Nach Auslaufen des Überbrückungskredites und mit Vorliegen des Sanierungsgutachtens hat die Bank die Möglichkeit, ein weiteres finanzielles Engagement abzulehnen oder sich an der Sanierung und dem Erhalt des Unternehmens finanziell zu beteiligen. Für diesen Fall spricht man von einem Sanierungskredit, der zum Zweck der nachhaltigen Sanierung des Unternehmens ausgegeben werden muss. Um in dieser Phase nicht dem Vorwurf der sittenwidrigen Gläubigerschädigung zu unterliegen, muss der Kredit nach dem Grundsatzurteil des BGH zu Sanierungskrediten von Bankenseite sowohl dazu bestimmt als auch dazu geeignet sein, eine nachhaltige Sanierung des Unternehmens zu ermöglichen. Hierüber hätte ein „branchenkundiger Wirtschaftsfachmann in einem Sanierungsgutachten zu befinden“, so der BGH.582 Analog zu den Voraussetzungen des Überbrückungskredites kommt demnach eine Haftung der Bank bei Schädigungen dritter Gläubiger nach § 826 BGB nur in Betracht, wenn und soweit der bereitgestellte Sanierungskredit objektiv unzureichend für eine nachhaltige Sanierung ist. Die Bank muss hierüber auch im Bilde sein und durch den künstlichen Erhalt des Unternehmens versuchen, sich gegenüber anderen Gläubigern des Unternehmens besser zu stellen. Gleichzeitig muss sie zumindest billigend in Kauf nehmen diese zu schädigen.583 Die Vergabe eines Sanierungskredites erfolgt daher in der Regel nur auf Grundlage eines externen Sanierungsgutachtens, welches dem Unternehmen eine grundsätzliche Sanierungsfähigkeit einräumt und das vorgestellte Konzept als hinreichend erachtet, insbesondere die avisierten neuen liquiden Mittel und deren Laufzeit. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Anforderungen an die Sanierungschancen nicht übertrieben werden dürfen und dem Bankinstitut insoweit eine gewisse Einschätzungsprärogative für eine kaufmännische Prognoseentscheidung zuzugestehen ist. Wenn der Sanierungskredit also die Sanierung bezweckt und dazu auch objektiv in der Lage ist, kann ein nachträgliches Scheitern eine Sittenwidrigkeit zumindest nicht ohne Weiteres begründen.584 Daher sollte für den Vorwurf einer vorsätzlichen Gläubigerschädigung schon dann kein Raum mehr sein, wenn das Bankinstitut auf Grundlage des Sanierungsgutachtens keine ernsthaften Zweifel an dem grundlegenden Gelingen der Sanierung haben muss.585 581
Vgl. BGH WM 1962, 962, 1222; BGHZ 96, 231 (237); Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1826 Rn. 197; Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 85 Rn. 116. 582 Vgl. BGHZ 10, 228. 583 BGH WM 1992, 1812 (1823); BGH WM 1995, 995 (997). 584 In diesem Sinne auch Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 85 Rn. 117 mit passendem Zitat von Schmidt (vgl. dort Fn. 4). 585 OLG Düsseldorf ZIP 1983, 786.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Soweit hernach die Kreditvergabe im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand auf Basis eines Sanierungsgutachtens von externer Seite586 erfolgt und dessen Anforderungen an Kredithöhe, -laufzeiten etc. beachtet, ist von Bankenseite grundsätzlich keine Haftung wegen vorsätzlicher Gläubigerschädigung zu befürchten. Das nachträgliche Scheitern der Sanierungsbemühungen kann hieran nichts ändern.
B. Haftung als faktischer Geschäftsführer Wenn Banken Sanierungsdarlehen an Unternehmen vergeben haben und den Sanierungserfolg gefährdet sehen, werden sie oftmals versucht sein, auf die Geschäftsführung des Unternehmens Einfluss zunehmen, sei es direkt oder indirekt. Für Schäden, welche durch eine solche Einflussnahme Dritter auf die Geschäftsführung der Gesellschaft entstehen, hat der BGH im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung den Haftungstatbestand des sogenannten „faktischen Geschäftsführers“ geschaffen.587 In der Literatur stößt die Figur des faktischen Geschäftsführers aufgrund der ausufernden Haftung auf Kritik, Zöllner und Noack merken beispielsweise an, dass das Institut durch den BGH „leider mythische Kraft als Quelle freier Rechtsfindung erfährt“.588 I. Grundsätze der Figur des faktischen Geschäftsführers Unter einem faktischen Geschäftsführer ist eine Person zu verstehen, welche Geschäftsführungsaufgaben gleich einem wirklichen Geschäftsführer ausübt, ohne satzungsgemäß zum gesetzlichen Vertretungsorgan der Gesellschaft bestellt zu sein.589 Der faktische Geschäftsführer nimmt also faktisch Geschäftsführungskompetenzen wahr, entbehrt aber der entsprechenden organschaftlichen Stellung. Entgegen dem Wortlaut des § 43 Abs. 2 GmbHG möchte der BGH solche Personen allerdings gleich einem Geschäftsführer haften lassen, was er damit begründet, dass „der Grund der Haftung des tatsächlichen Geschäftsführers darin liege, dass derjenige, der ohne dazu berufen zu sein, wie ein Geschäftsführer handelt, auch die Verantwortung eines Geschäftsführers tragen und wie ein solcher auftreten muss,
586
Der BGH spricht insofern von einem „branchekundigen Wirtschaftsfachmann“, vgl. BGHZ 10, 228. 587 BGH WM 1988, 756. 588 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 3. 589 BGH WM 1988, 756; BGH ZIP 2002, 848; BGH WM 2005, 1606; BGH WM 2005, 1706; BGH WM 2008, 1020; BayObLG NJW 1997, 1936; aus der Literatur: Achsnick/Opp, S. 45 ff. Rn. 164 ff.; Himmelsbach/Achsnick, NZI 2003, 355 ff.; Häuser, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 85 Rn. 124a ff.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 3 ff.
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wenn nicht der Schutzzweck des Gesetzes gefährdet werden soll“.590 Unter den beschriebenen Voraussetzungen möchte der BGH die schadensersatz- und strafbewehrte Eröffnungsantragspflicht betreffender Personen gleich einem wirklichen Geschäftsführer begründen,591 eine Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG rechtfertigen,592 den Untreuetatbestand nach § 266 StGB in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB schadensersatzrechtlich und strafrechtlich bewehren593 und der jeweiligen Person eine Haftung nach § 64 GmbHG594 auferlegen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Haftung nach der Figur des faktischen Geschäftsführers entbehren einer gesetzlichen Grundlage. Der BGH erfasste die Anforderungen in seinem ersten Urteil wie folgt: hernach wäre im Rahmen einer Gesamtschau zu würdigen, ob der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft durch eigenes und nach außen hervortretendes,595 üblicherweise der Geschäftsführung zuzurechnendes Handeln so maßgeblich in die Hand genommen hat, dass ihm die gleiche Verantwortung wie dem satzungsgemäßen Geschäftsführer zufalle.596 Auch in späteren Urteilen stellte der BGH darauf ab, dass die haftende Person die Geschicke der Gesellschaft durch eigenes Handeln im Außenverhältnis maßgeblich in die Hand genommen hat.597 Erstmals näher konkretisiert hat das BayObLG den Haftungstatbestand respektive die haftungsrelevanten Geschäftsführerfunktionen.598 Hernach sei von einer faktischen Geschäftsführung jedenfalls dann auszugehen, wenn zumindest sechs der acht folgenden Merkmale erfüllt sind, welche als Kernbereich der Geschäftsführung angesehen werden: *
Bestimmung der Unternehmenspolitik,
*
Unternehmensorganisation,
*
Einstellung von Mitarbeitern,
*
Gestaltung der Geschäftsbeziehungen,
*
Verhandlung mit Kreditgebern,
*
Entscheidung über Gehaltshöhe,
*
Entscheidungen in Steuerangelegenheiten und
*
Steuerung der Buchhaltung.
590 591 592 593 594 595 596 597 598
BGH WM 1988, 756; ähnlich BGH DStR 2005, 1704. BGH WM 1988, 756 BGH WM 2002, 960. BGH WM 2005, 1606. BGH WM 2005, 1706. Die Außenwirkung des Eingriffs wurde bestätigt in BGH WM 2002, 1960. BGH WM 1988, 756. BGH WM 2005, 1606; BGH WM 2005, 1706. BayObLGSt 97, 38 = BayObLG NJW 1997, 1936.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Allgemein gültige und scharfe Abgrenzungskriterien, wann eine Person als faktischer Geschäftsführer zu haften hat, sind auf der dargestellten Grundlage schwierig zu treffen. Die bankrechtliche Literatur nähert sich dem Thema eher zurückhaltend mit dem Hinweis, es liege ein „unüberschaubares Haftungsrisiko“ vor, aufgrund dessen sich Bankenvertreter bei der Einflussnahme in Unternehmen sicherheitshalber in äußerster Zurückhaltung üben sollten. Dies kann nur bedingt zur Erhellung beitragen.599 II. Faktische Geschäftsführung durch Banken Soweit ersichtlich haben sich mit der Thematik speziell für Banken bei der Kreditvergabe erstmals Himmelsbach/Achsnick näher auseinandergesetzt.600 Hernach seien solche Maßnahmen von Bankenseite problemlos zulässig, die rein überwachende und kontrollierende Funktion ohne weitere Wirkung nach Außen haben („reine Rechtswahrnehmung“). Ebenso wenig haftungsrelevant sei es, Kontostand sowie Zahlungsverkehr zu überwachen, das Unternehmens zu einem regelmäßigen Reporting zu verpflichten oder Gutachten einzuholen. All diese Maßnahmen hätten – richtigerweise – keinen unmittelbaren Einfluss auf das (operative) Tagesgeschäft und könnten zu keiner Schädigung dritter Gläubiger führen.601 Als Begründung wird primär § 18 Abs. 1 KWG herangezogen, welcher Banken verpflichtet, sich bei der Kreditvergabe weitgehende finanzielle Informationen über das Unternehmen zu beschaffen, was dann auf der anderen Seite nicht haftungsrelevant sein kann.602 Darüberhinaus sollen auch begrenzte Modifikationen des Kompetenzgefüges innerhalb der Gesellschaft zulässig sein. Hierunter zu zählen wäre etwa der Vorschlag externe Hilfe in Anspruch zu nehmen, beispielsweise einen bankenseitigen Treuhänder zur Beratung der Krisengesellschaft in Sanierungssituationen einzusetzen, gegebenenfalls sogar als Bedingung für eine Kreditvergabe.603 Die Grenze sei – zusammengefasst – allerdings dort zu ziehen, wo die Bank unmittelbar Einfluss auf konkrete Einzelentscheidungen im Tagesgeschäft des Unternehmens nehme und außenstehende Dritte in der Folge davon ausgehen könnten, die Bank würde maßgeblich die Geschäftsführung beeinflussen.604 Diese allgemeinen Überlegungen konkretisiert Achsnick an anderer Stelle folgendermaßen auf die doppelseitige Sanierungstreuhand:605 Vorsicht sei hernach geboten bei der „Beauftragung und Bezahlung des Sanierers oder des Treuhänders durch die Bank, bei Wei599 Himmelsbach/Achsnick, NZI 2003, 355 (356). Vgl. auch die dortige, sich anschließende eigene Stellungnahme. 600 Himmelsbach/Achsnick, in: NZI 2003, 355 ff. 601 Vgl. Himmelsbach/Achsnick, NZI 2003, 355 (359 f.). 602 Vgl. Himmelsbach/Achsnick, NZI 2003, 355 (356). 603 Vgl. Himmelsbach/Achsnick, NZI 2003, 355 (360). 604 So zustimmend Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 85 Rn. 124c a. E. 605 Vgl. Achsnick/Opp, S. 45 ff. Rn. 164 ff.
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sungsabhängigkeit gegenüber der Bank und einer derart starken Überwachung der Geschäftstätigkeit, dass jede auch noch so kleine Verfügung über Vermögenswerte von der Zustimmung der Bank abhängig ist“.606 Insgesamt müsse der Kern der unternehmerischen und kaufmännischen Tätigkeit sowie die wirtschaftliche Selbstständigkeit bei dem Unternehmen selbst verbleiben.607 Haftungsrelevant wären demnach alle Maßnahme, die eine Täterschaft oder Teilnahme der Bank zu Insolvenzstraftaten darstellen würden sowie alle Eingriffe der Bank in konkrete Tagesgeschäfte des Unternehmens, wenn sie Außenwirkung zeitigen.608 Dies gelte, soweit die Bank unmittelbar nach außen auftrete ebenso, wie wenn sich „die Einflussnahme der Bank nach außen hin geradezu aufdrängt“.609 III. Bewertung Den aufgezeigten Leitlinien ist – in und trotz aller Abstraktheit – zuzustimmen. Das Konstrukt des faktischen Geschäftsführers kann und darf nicht dazu dienen, die Kreditvergabe in Sanierungssituationen aufgrund eines erhöhten Haftungsrisikos erheblich zu beschränken. Dies läge weder im Interesse der Gesellschaft selbst noch im Interesse dritter Gläubiger, welche auch von der Sanierung (erheblich) profitieren können. Eben zu deren Schutz hat der BGH den Haftungstatbestand im Wege der Rechtsfortbildung geschaffen. Solange sich das Kreditinstitut hernach ganz konkreten Einflüssen auf maßgebliche Geschäftsführungsaufgaben und -entscheidungen enthält, welche für einen Außenstehenden so wirken, als sei faktisch „die Bank am Steuer“, ist für eine Haftung nach dem Konstrukt des faktischen Geschäftsführers kein Raum. Insbesondere die im Rahmen der Neustrukturierung der Führungsstruktur vorgeschlagene Beteiligung der Bank an einem Beirat mit Überwachungsaufgaben liefert keinerlei haftungsrelevante Ansatzpunkte. Selbst wenn der Beirat mit konkreten Einzelentscheidungsbefugnissen (z. B. Vetorecht bei Veräußerung) aus dem Kompetenzbereich der Geschäftsführung und/oder Gesellschaftversammlung ausgestattet werden sollte, kann dies aufgrund der Minderheitsbeteiligung der Bank im Beirat nach außen keinesfalls den Eindruck eines so maßgeblichen Einflusses rechtfertigen, um die Bank faktisch als Geschäftsführer qualifizieren zu können.610 Kritisch wird es erst, soweit Treuhänder und/oder insbesondere der neue CRO611 in einer – nach außen hin wahrnehmbaren – Abhängigkeit zu dem Kreditinstitut stehen. Hierbei muss es den Anschein haben, als ob die Entscheidungen in der Gesellschaft nicht mehr unabhängig, sondern fremdgesteuert durch die 606
Achsnick/Opp, S. 47 Rn. 170. So Achsnick in der 1. Auflage von Achsnick/Opp, (dort) S. 33 Rn. 117. 608 Achsnick in der 1. Auflage von Achsnick/Opp, (dort) S. 33 Rn. 118 f. 609 Achsnick/Opp, S. 47 f. Rn. 171. 610 A. A. insoweit wohl Buchalik/Rinker, in: Buth/Hermanns, 3. Auflage 2009, RSI, § 4 Rn. 81, § 4 Rn. 103, die ein Haftungsrisiko insbesondere bei Beteiligung der Bank über einen Lenkungsausschuss/Beirat sehen. 611 Chief Restructuring Officer/Sanierungsgeschäftsführer, hierzu unter § 9 A. 607
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Bank getroffen werden. Dasselbe gilt, wenn sich die Bank über die Treuhandkonstruktion so weitgehende rechtliche Veto-, Entscheidungs- oder sonstige Einflussrechte sichert, dass wesentliche Geschäftsführungsaufgaben faktisch nicht ohne die Bank getroffen werden können. Zusammengefasst liefert die Konstruktion der doppelseitigen Sanierungstreuhand – bei typischer Ausgestaltung – also keinerlei haftungsrelevante Ansatzpunkte, um das Kreditinstitut in die Nähe eines faktischen Geschäftsführers zu rücken. Vorsicht geboten ist allerdings bei einer atypischen, einer abweichenden Ausgestaltung der Treuhand zugunsten der Bank und zu Lasten der Souveränität der Gesellschaft. Abhängig vom Grad der Einflussnahme kann hier der haftungsrelevante Eindruck nach außen entstehen, das Unternehmen sei in wesentlichen Entscheidungen durch Bankenvertreter fremdgesteuert.
C. Die doppelseitige Sanierungstreuhand und das neue „Recht der Gesellschafterdarlehen“ Der „Gau der Sanierungsfinanzierung“612 für das Kreditinstitut wäre es, wenn ausgereichte Sanierungsdarlehen in der Insolvenz des Unternehmens als „wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen entsprechende Forderung“ im Sinne von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO behandeln zu wären. In diesem Fall kann die Bank ihren Rückzahlungsanspruch nur nachrangig hinter allen anderen (normalen) Forderungen gegen das Unternehmen realisieren. Dies würde nicht nur für die als „Quasigesellschafterin“ vergebenen Kredite, sondern ebenfalls bezüglich aller Kredite gelten, die in der Vergangenheit als „Noch nicht Gesellschafterin“ vergeben wurden.613 Faktisch hätte dies in der Regel den Totalausfall aller Forderungen zur Folge. Ließe sich die Bank trotz der Nachrangigkeit vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens befriedigen, so sind alle erfolgten Tilgungszahlungen nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar, rückwirkend für ein Jahr ab Stellung des Eröffnungsantrages. Erfolgte Zahlungen wären an die Insolvenzmasse zurückzugewähren, § 143 Abs. 1 InsO. Selbst wenn die Bank ihre Forderungen an sich „insolvenzfest“ besichert hätte, würde das nichts ändern. Die Bewährung der Sicherheiten wäre bis zehn Jahre vor Stellung des Eröffnungsantrages anfechtbar, § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die doppelseitige Sanierungstreuhand soll eine Insolvenz zwar gerade verhindern, der negative Ausgang der Sanierungsbemühungen kann jedoch im Einzelfall nie ausgeschlossen werden. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine insolvenzrechtliche Nachrangigkeit die doppelseitige Sanierungstreuhand zu einem unkalkulierbaren Risiko für Fremdkapitalgeber macht, ist Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen. Hier sind zunächst die Gesetzesänderungen im Zuge der 612
So Weitnauer, BKR 2005, S. 43. Vgl. Altmeppen, NJW 2008, 3601 (3603); Dahl/Schmitz, NZG 2009, 326 (326); Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 45. 613
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GmbH Reform 2008 durch das MoMiG in den Blick zu nehmen. Vor dem Hintergrund der Gesetzesänderung und einer möglicherweise veränderten Legitimationsgrundlage der eigenkapitalersatzrechtlichen Vorschriften stellt sich die Frage, inwiefern die Grundsätze der Rechtsprechung hinsichtlich der Einbeziehung Dritter im alten Eigenkapitalersatzrecht auch für die „neue“ Rechtslage herangezogen werden können. Erst nachdem geklärt ist, welche Grundsätze nach neuer Rechtslage auf die Verstrickung Dritter/Darlehen von Dritten unter das „Recht der Gesellschafterdarlehen“ anzuwenden sind, kann betrachtet und beurteilt werden, wie sich die Kredite der Banken innerhalb einer (typisch ausgestalteten) doppelseitigen Sanierungstreuhand diesbezüglich verhalten. I. Eigenkapitalersatzrecht vor MoMiG Vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) waren die Regelungen des Eigenkapitalersatzrechts uneinheitlich in den Vorschriften der §§ 32a, 32b GmbHG und 129a, 172a HGB verteilt.614 Die alte Regelung stellte hinsichtlich der Eigenkapitalersatzregeln maßgeblich auf das Vorliegen einer Unternehmenskrise ab, § 32a Abs. 1 GmbHG. Zwar galt sowohl innerhalb als auch außerhalb der Unternehmenskrise der Grundsatz der gesellschafterlichen Finanzierungsfreiheit. Hernach waren die Gesellschafter weder verpflichtet, ihrer GmbH unbegrenzt liquide Mittel zur Erhaltung des Geschäftsbetriebes zuzuführen, noch musste Kapital zwingend in Form von Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden. Vielmehr war auch die Unternehmensfinanzierung über Fremdkapital in Form von Gesellschafterdarlehen als adäquates Mittel anerkannt.615 Geriet die GmbH allerdings in eine Unternehmenskrise, so unterschied das Gesetz bei den liquiden Mitteln zwischen Eigenkapital auf der einen und Fremdkapital auf der anderen Seite, vgl. § 32a Abs. 1 GmbHG a. F. Das „Ob“ der Finanzierung in einer Krisensituation oblag damit zwar weiterhin der gesellschafterlichen Entscheidung, an das „Wie“ der Finanzierung knüpfte das Gesetz jedoch Konsequenzen.616 Stattete der Gesellschafter seine GmbH in der Krise (nur) mit Fremdkapital aus anstatt ihr das benötigte Eigenkapital zur Verfügung zu stellen oder alternativ die Liquidation der Gesellschaft einzuleiten, so hatte er zu dulden, dass das Gesetz dieses Fremdkapital während der Krise wie Eigenkapital der GmbH behandelt.617 Für die Dauer der Krise war das Darlehen – an sich Fremdkapital – somit „eigenkapitalgleich“ verhaftet, das Gesetz qualifizierte das ursprüngliche Fremdkapital zum „eigenkapitalersetzenden Darlehen“ um. In der Folge belegte die Rechtsprechung das insoweit eigenkapitalersetzende Fremdkapital mit 614
Vgl. etwa Schmidt, in: Schmidt/Uhlenbruck, 4. Auflage, GmbH in Krise und Insolvenz, S. 180 Rn. 2.80. 615 BGHZ 75, 334; BGHZ 76, 326 (330); Goette/Kleindiek, S. 5 Rn. 8; Federlin, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1511 Rn. 12.124. 616 Goette/Kleindiek, S. 5 Rn. 9. 617 Vgl. Bork, ZGR 2007, 250 (257).
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
einer Rückzahlungssperre analog § 30 Abs. 1 GmbHG a. F. (sog. Rechtsprechungsregeln).618 Hernach durfte das „verhaftete“ Fremdkapital nicht an die Gesellschafter zurückbezahlt werden, sondern hatte für die Dauer der „Krise“ als Haftungsmasse in der Gesellschaft zu verbleiben. Leistete die Gesellschaft trotz des Rückzahlungsverbotes Zahlungen, so waren diese von dem betreffenden Gesellschafter analog § 31 Abs. 1 GmbHG a. F. zurück zu erstatten. Nach § 32a Abs. 1 GmbHG waren Ansprüche aus Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz nur als nachrangige Forderungen zu befriedigen, soweit die Unternehmenskrise in einer solchen endete. Der BGH begründete die Umqualifizierung von Fremdkapital in Eigenkapitalersatz mit der gesellschafterlichen Finanzierungsfolgenverantwortung.619 Hernach sollten „die Eigenkapitalersatzregeln den Gesellschafter lediglich an den Folgen einer von ihm tatsächlich vollzogenen Finanzierungsentscheidung festhalten.“ Der Gesellschafter sollte die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Unternehmensfinanzierung tragen, welche ihn zwar in der Krise nicht zwingend verpflichtete, fehlendes Kapital in die Gesellschaft zu geben. Der Verantwortung sollte er sich aber auch nicht zum Nachteil der Gläubiger entziehen können, indem er bei einer tatsächlich notwendigen Finanzhilfe anstatt – wie objektiv geboten – haftendes Eigenkapital zu leisten, auf eine andere, ihm weniger riskant scheinende Finanzierungsform auswich.620 Dieser Begründungsansatz brachte den beschriebenen Grundsatz der Finanzierungsfreiheit (Ob) in Einklang mit der Verantwortung der Gesellschafter, die GmbH in der Krise entweder zu liquidieren oder aber bei Weiterfinanzierung (Wie) das zur Verfügung gestellte Kapital während der Dauer der Krise nicht wieder zu entziehen. II. Nachrangigkeit der Gesellschafterdarlehen nach MoMiG 1. Änderungen durch das MoMiG Durch das MoMiG hat der Gesetzgeber den Komplex der „eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen“ nun gebündelt und in der Insolvenzordnung verortet.621 Die §§ 32a, 32b GmbHG und 129a, 172a HGB entfielen damit. Zudem hat sich der Gesetzgeber in § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG explizit gegen die bisherige Rechtsprechung entschieden, aus der analogen Anwendung von § 30 Abs. 1 GmbHG ein Verbot der Rückzahlung von eigenkapitalersetzenden Gesell-
618
Vgl. Goette/Kleindiek, S. 14 ff. Rn. 34 ff. BGHZ 90, 381 ff.; BGHZ 127, 17. 620 BGHZ 90, 381 ff. 621 Für Fälle in denen das Insolvenzverfahren vor Inkrafttreten des MoMiG eröffnet worden ist, findet grundsätzlich das „alte“ Eigenkapitalersatzrecht Anwendung, vgl. zur Überleitungsnorm des Art. 103d EGInsO: Haas, DStR 2009, 976 ff. 619
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schafterdarlehen zu begründen.622 Dasselbe gilt hinsichtlich der analogen Anwendung von § 31 Abs. 1 GmbHG. Den Regelungsinhalt ersetzen nach neuem Recht die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 – 5 (32a GmbHG) und 135 InsO (32b GmbHG, 129a und 179a HGB), welche nun nicht mehr das Tatbestandsmerkmal der „Unternehmenskrise“ im Gesetzestext beinhalten.623 2. Das neue „Recht der Gesellschafterdarlehen“ Hiernach sind alle Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz der Gesellschaft einheitlich nachrangig zu befriedigen, § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage können Gesellschafterdarlehen damit grundsätzlich auch in einer konkreten Krisensituation sowie in einer Insolvenz an die Gesellschafter zurückgezahlt werden.624 Zu beachten ist lediglich § 64 S. 3 GmbHG, welcher den Geschäftsführern verbietet Zahlungen nach Eintritt der Überschuldung an Gesellschafter zu leisten respektive sie für solche gegenüber der Gesellschaft haftbar macht.625 Die Auszahlung setzt allerdings voraus, dass die Gesellschaft in der Insolvenz zunächst alle nicht nachrangigen Gesellschaftsgläubiger befriedigt hat. Soweit dies nicht geschehen ist, sind alle Rückzahlungen bis zu einem Jahr vor Insolvenzreife anfechtbar, § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Erfolgte Rückzahlungen sind an die Insolvenzmasse zurückzugewähren, § 143 Abs. 1 InsO. Hinsichtlich Gesellschaftersicherheiten gilt sogar eine zehnjährige Rückwirkung, § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Dies ist nunmehr einheitlich für alle Gesellschafterdarlehen zu beachten, also auch für solche, die vor einer Krise vergeben und bei Eintritt derselben „stehen gelassen“ wurden.626 Faktisch führt dies zu einem kompletten oder teilweisen Forderungsausfall für den Gesellschafter. In aller Regel steht nicht ausreichend Insolvenzmasse zur Verfügung, um sämtliche Gläubiger des Unternehmens voll zu befriedigen und nachrangig noch die Gesellschafter (vollständig) befriedigen zu können.
622 Federlin, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1511 Rn. 12.125; Schmidt, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 4. Auflage, S. 180 f. Rn. 2.78 ff. 623 Siehe statt vieler: Kampshoff, GmbHR 2010, 897 f. 624 Vgl. Tillmann, GmbHR 2006, 1289 (1290); Schmidt, in: Schmidt/Uhlenbruck, 4. Auflage, GmbH in Krise und Insolvenz, S. 184, Rn. 2.93. 625 Hierzu Poertzgen, NZI 2007, 15 ff.; Römermann, GmbHR 2006, 673 (680). 626 Kampshoff, GmbHR 2010, 897; Federlin, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1511 Rn. 12.125.
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3. Zeitlicher Anknüpfungspunkt Ob die neuen Vorschriften auf das Darlehen beziehungsweise dessen Rückzahlung anzuwenden sind, beurteilt sich zeitlich nach dem Tag der Darlehensvergabe.627 Tritt der Darlehensgeber nach Darlehensvergabe seine Gesellschaftsanteile ab und scheidet so aus der Gesellschaft aus, so unterliegt er bei einer nachfolgenden Gesellschaftsinsolvenz trotzdem den Vorschriften über die Gesellschafterdarlehen, sofern die Voraussetzungen jeweils schon im Zeitpunkt seines Ausscheidens vorlagen.628 Selbiges muss gelten, soweit der Darlehensgeber als sogenannter QuasiGesellschafter in den Anwendungsbereich der Vorschriften einbezogen wird (hierzu sogleich) und hernach diese Stellung innerhalb der Gesellschaft beendet, beispielsweise durch Aufgabe der faktischen Einflussnahmemöglichkeiten. Die insolvenzrechtliche Nachrangigkeit und Anfechtbarkeit kann jedoch nach Beendigung der (Quasi-)Gesellschafterstellung nicht unbegrenzt zeitlich fortwirken. Sie endet vielmehr mit Ablauf der Anfechtungsfristen.629 4. Zusammenfassung Die geltende Rechtslage unterscheidet nicht mehr zwischen Eigenkapital, Fremdkapital und eigenkapitalersetzendem Fremdkapital das wie Eigenkapital zu behandeln ist. Indem der Regelungskomplex nunmehr unabhängig von dem Tatbestandsmerkmal der Unternehmenskrise gilt, hat sich die Rechtsfindung potentiell vereinfacht. Gesellschafterdarlehen in der Krise sind damit nicht mehr eigenkapitalersetzend und mit einem Rückzahlungsverbot verhaftet wie Eigenkapital. Vielmehr besteht ein (durchsetzbarer) Rückzahlungsanspruch wie vor der Krise oder Insolvenz auch. Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO darf der bestehende Anspruch auf Rückzahlung der Gesellschaftdarlehen allerdings nur noch nachrangig befriedigt werden, falls die GmbH insolvent wird. Wurde der Anspruch schon befriedigt, so können alle Zahlungen, die nicht länger als ein Jahr zurückliegen, rückabgewickelt werden. Die Regelungen wirken innerhalb der Anfechtungsfristen nach Aufgabe der (Quasi-)Gesellschaftstellung nach (zum Einbezug Dritter sogleich). Im Zuge der GmbH-Reform hat der Gesetzgeber demnach die Regelungen des Eigenkapitalrechts beseitigt, die Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen blieb jedoch in neuem Gewand auf rein insolvenzrechtlicher Basis vorhanden.
627 So auch BGHZ 81, 252 (258 f.); BGHZ 104, 33 (43); Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 45. 628 Noch zum alten Recht: BGH NJW 1985, 2719 (2720); BGH NJW 1987, 1080; BGH NJW 1990, 578; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325 (326); Philippi, BB 2002, 841 (842). 629 Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 135 Rn. 9; Nerlich, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 135 Rn. 23; Schlößer/Klüber, BB 2009, 1594 (1595).
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III. Behandlung von Darlehen Dritter 1. Vor Einführung des MoMiG Nach § 31a Abs. 3 S. 1 GmbHG a. F. galt das Rückzahlungsverbot sowie die insolvenzrechtliche Nachrangigkeit aus Abs. 1 a. F. auch „sinngemäß für andere Rechtshandlungen eines Dritten, die der Darlehensgewährung nach Abs. 1 oder 2 wirtschaftlich entsprechen“. Eine „wirtschaftliche Entsprechung“ beurteilte die Rechtsprechung nach der Art und Intensität der Beziehung des in Frage stehenden Dritten zu der Krisengesellschaft. So sollten Dritte mit ihren Darlehen auf Grundlage des § 31a Abs. 3 S. 1 GmbHG den Regeln des Eigenkapitalersatzrechts unterworfen werden, wenn sie auf Grund der vertraglichen Ausgestaltung hinsichtlich ihrer vermögensmäßigen Beteiligung und ihres Einflusses auf die Geschicke der Gesellschaft weitgehend einem GmbH Gesellschafter gleichstanden.630 a) Pfandgläubiger Denselben Beurteilungsmaßstab legte der BGH an kreditgewährende Pfandgläubiger einer Krisen-GmbH an.631 Solange das Pfandrecht nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 1204 ff. BGB ausgestaltet war (typischer Pfandgläubiger), kam mangels Einwirkungsbefugnissen auf die Gesellschaft keine Anwendung der Eigenkapitalregeln auf das vergebene Fremdkapital in Betracht. Der „normale“ Pfandgläubiger hat zwar das Recht, sich in der Zwangsvollstreckung aus der Verwertung der verpfändeten Gesellschaftsanteile zu befriedigen, § 1204 Abs. 1 BGB. Weitergehende Einwirkungsmöglichkeiten auf die Geschicke der Gesellschaft, hat der Pfandgläubiger von Gesetzes wegen aber gerade nicht, insbesondere nicht auf die Entscheidungen in Gesellschafterversammlung oder Geschäftsführung. Soweit sich der Pfandgläubiger aber aufgrund vertraglicher Nebenabreden weitergehende Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft verschafft, die über das pfandrechtliche Verwertungsrecht hinausgehen und den Pfandgläubiger in eine gesellschaftergleiche Position versetzen, so sollte der Pfandgläubiger mit seinen Darlehen den Regeln des Eigenkapitalersatzrechts unterliegen. Im konkreten Fall hatte die Hausbank sich nicht auf die Verpfändung der Gesellschaftsanteile beschränkt, sondern eine Vertrauensperson in der Gesellschaft installiert und über diese Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen genommen (dort: Veräußerung von Waren zur Kredittilgung). Für diesen Fall sprach man von einem „atypischen Pfandrechtsgläubiger“.632 Die Literatur ist dieser Rechtsprechung weitestgehend gefolgt.633 630
(10). 631 632
So BGH GmbHR 2006, 531 im Fall einer stillen Beteiligung; vgl. auch BGHZ 106, 7 BGHZ 119, 191 ff. BGHZ 119, 191 (195).
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
b) Einseitige Treuhand Auch im Rahmen einseitiger Treuhandschaften war es nach Ansicht der Rechtsprechung gerechtfertigt, Darlehen des Treugebers als wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung zu qualifizieren. Der Treugeber sei der „wirtschaftliche Inhaber“ des Geschäftsanteils und somit der wahre Träger des Gesellschaftsinteresses. Die finanziellen Auswirkungen der Beteiligung schlügen sich direkt in dessen Vermögen wieder und er sei hernach eigenkapitalersatzrechtlich einem Gesellschafter gleichzustellen.634 c) Doppelseitige Treuhand Einen Fall der Doppeltreuhand zur Kreditsicherung hatte das OLG Hamburg im Jahre 1997 hinsichtlich der aufgeworfenen Fragestellung zu entscheiden.635 Hier hatten mehrere Gesellschafter einer Krisen-GmbH ihre Gesellschaftsanteile zur Sicherung eines Bankkredites an einen der Bank nahe stehenden Treuhänder (Hausanwalt) „sicherungshalber“ abgetreten. Nach den – in zweiter Instanz bestätigten – Feststellungen hielt dieser die Anteile im Rahmen einer Verwaltungstreuhand für die Altgesellschafter und als Sicherungstreuhand für die Bank.636 Der Treuhänder sollte bei ausbleibender Tilgung trotz Fälligkeit befugt sein, die Anteile zugunsten der Bank zu verwerten. Wenig später musste das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet werden. Der eingesetzte Konkursverwalter verklagte daraufhin die Bank auf Abtretung der Rückzahlungsansprüche hinsichtlich aller noch in der Gesellschaft befindlichen Bankdarlehen sowie auf Herausgabe schon geleisteter Tilgungszahlungen und zur Tilgung abgetretener Ansprüche. Als Begründung führte der Konkursverwalter an, die Bank habe sich über ihren Hausanwalt systematisch Einfluss auf die Gesellschaft verschafft und sei so praktisch „zu einer Gesellschafterin geworden“. Daher habe sie die Finanzierungsverantwortung der GmbH übernommen (Ob) und müsse sich nun an dem kapitalersetzenden Charakter festhalten lassen (Finanzierungsfolgenverantwortung). Die Bank verteidigte sich hingegen mit dem Argument, niemals einer Gesellschafterin gleichgestanden zu haben. Vielmehr sei ihre Stellung innerhalb der Treuhand nur mit der eines (typischen) Pfandgläubigers vergleichbar gewesen.
633 Vgl. Fleischer, ZIP 1998, 313 (315); v. Gerkan, EWiR 1992, 999 (1000); Lutter/ Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Auflage 2004, §§ 32a/b Rn. 54; Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Auflage 2006, §§ 32a, 32b Rn. 77 f.; Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685 (718). 634 BGHZ 31, 258 (265 ff.); BGHZ 75, 334 (335 f.); BGHZ 95, 188 (193) = BGH DNotZ 1985, 159 (162); BGH ZIP 1990, 1593; BGH ZIP 1991, 366; BGH DStR 1993, 553; BGH DStR 1994, 144; BGH DStR 1999, 1409; BGH DStR 2009, 1486; OLG Hamburg WM 1997, 1846 ff. 635 OLG Hamburg WM 1997, 1846 ff. 636 OLG Hamburg WM 1997, 1846 (1847 f.).
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Das OLG beurteilte den Sachverhalt analog und unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BGH637 zum Pfandgläubiger. Maßgeblich war demnach, inwieweit die Bank aufgrund vertraglicher Rechte über den Treuhänder in die Gesellschafterstellung als „wirtschaftlicher Inhaber des Gesellschaftsanteils und wahrer Träger des Gesellschaftsinteresses“ eingreifen konnte und so die Geschicke der GmbH zu leiten imstande war. Allgemeine Einflussnahmemöglichkeiten als „Hausbank“ des Unternehmens sollten jedoch nicht ausreichen, vielmehr hätte es sich um „gesellschaftsrechtlich vermittelten Einfluss“ handeln müssen. Zusammenfassend war nach altem Recht also hinsichtlich Darlehen von Dritten und Eigenkapitalersatzrecht maßgeblich, inwiefern sich der jeweilige gesellschaftsexterne Kreditgeber vor dem Hintergrund der Finanzierungsfolgenverantwortung Einflussnahmemöglichkeiten auf die Geschicke der Krisengesellschaft durch vertragliche oder faktische Verbindungen sicherte. 2. Nach Einführung des MoMiG § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ordnet nun nicht mehr explizit an, dass sich die Wirkung der Norm auch auf wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlungen Dritter erstreckt. Vielmehr spricht das Gesetz jetzt von Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen [Gesellschafter]Darlehen wirtschaftlich entsprechen. Hernach erfasst die Norm Darlehen oder sonstige Rechtshandlungen Dritter, wenn und soweit sie einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.638 Dieser Dritte wird im Folgenden als „Quasi“-Gesellschafter, sein Darlehen entsprechend als „Quasi“-Gesellschafterdarlehen bezeichnet. Ebenfalls finden sich in der Literatur die Bezeichnungen des faktischen Gesellschafters oder des gesellschaftergleichen Dritten.639 Vor dem Hintergrund der Gesetzesänderung und einer möglicherweise veränderten Legitimationsgrundlage stellt sich die Frage, ob die „wirtschaftliche Entsprechung“ anhand der Maßstäbe zum alten Eigenkapitalersatzrecht beurteilt werden kann. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen ausweislich der Regierungsbegründung auch nach neuem Recht die zu den §§ 32a, 32b GmbHG a. F. entwickelten Grundsätze in „personeller und sachlicher Hinsicht“ fortgelten.640 Dies legt nahe, auch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze hinsichtlich Eigenkapitalersatzrecht und Verstrickung von gesellschaftsexternen Dritten weiterhin unverändert anzuwenden.641 Die pauschale Anwendbarkeit wirft jedoch Zweifel auf, da die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO im Vergleich zur alten Rechtslage das Tatbestandsmerkmal der Krise nicht mehr aufgreifen, sondern alle Darlehen in der Insolvenz 637 638 639 640 641
BGHZ 119, 191 ff. Siehe Tillmann, GmbHR 2006, 1289 (1291). Vgl. stellvertretend z. B. zum faktischen Gesellschafter: Fromm, GmbHR 2003, 1114 ff. Vgl. RegE MoMiG, in: BT-Drs. 16/6140, S. 56. Vgl. auch Habersack, ZIP 2008, 2385 (2387 f.).
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
gleich behandeln, unabhängig ob diese vor, während oder nach einer Unternehmenskrise vergeben worden sind. Hier stellt sich die Frage, ob die Benachteiligung der Gesellschafterdarlehen nach neuem Recht auf einer veränderten Legitimationsgrundlage beruht und daher auch die alten Maßstäbe zur Verstrickung Dritter vor diesem veränderten Hintergrund angepasst werden müssen. Hernach kann der Sachverhalt innerhalb der doppelseitigen Sanierungstreuhand näher betrachtet und beurteilt werden. a) Fortgeltung der Finanzierungsfolgenverantwortung Bisher begründete die Rechtsprechung die Anwendung des Eigenkapitalrechts mit der Finanzierungsfolgenverantwortung, wobei diese Legitimationsgrundlage sich ausweislich des Wortlauts der §§ 32a/b GmbHG a. F. auf dem Tatbestandsmerkmal der „Unternehmenskrise“ gründete.642 Außerhalb einer Krise stand dem Gesellschafter sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Gesellschaftsfinanzierung frei, ohne dass das Gesetz an die Art des „Wie“ Konsequenzen knüpfte. Entschloss sich der Gesellschafter jedoch in einer Krise seine Gesellschaft fortzuführen (Ob) anstatt zu liquidieren, so hatte er zu dieser Entscheidung zu stehen und der Gesellschaft das bereitgestellte Kapital zu belassen, unabhängig ob er es als Fremdoder Eigenkapital (Wie) zur Verfügung gestellt hatte. Für die Dauer der Krise war das Darlehen des Gesellschafters oder eines entsprechenden Dritten dann nach den Regeln des Eigenkapitalrechts verstrickt.643 Endete die Krise, so endete auch die Verstrickung ohne weiteren konstitutiven Freigabeakt.644 Auch nach MoMiG wird verschiedentlich vertreten, dass auch zum „neuen Recht der Gesellschafterdarlehen“ die Finanzierungsfolgenverantwortung als Legitimationsgrundlage der besonderen Behandlung von Gesellschafterdarlehen weiterhin einschlägig sei.645 Dieser Ansicht ist nicht zuzustimmen. Nach altem Recht war das Merkmal der Unternehmenskrise für die Begründung sowie die Beendigung der Finanzierungsfolgenverantwortung konstitutiv, da sie auf der freien Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters in der Krise beruhte, deren Konsequenzen er verantworten sollte.646 Sowohl der Beginn der Verstrickung als auch derem Ende konstituierten sich auf Basis des Tatbestandsmerkmals „Krise“. Indem die Bezugnahme auf die Unternehmenskrise im Gesetzestext weggefallen ist, kann daher auch an der bisherigen Legitimationsgrundlage der Finanzierungsfolgenverantwortung 642
Siehe unter § 13 C. I. BGHZ 127, 18 (23). 644 Goette/Kleindiek, S. 44 Rn. 92. 645 Altmeppen, NJW 2008, 3601 ff.; Bork, ZGR 2007, 250 (257, 268); Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325 (326); Haas, ZInsO 2007, 617 (621); Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 35 („Dem ist entgegengehalten worden …“); Hölzle, ZIP 2009, 1939 ff.; Hölzle, ZIP 2010, 913 (914); sehr schön zusammenfassend (selbst aber ablehnend): Nerlich, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 135 Rn. 11 ff., 15; Goette/Kleindiek, S. 26 ff. Rn. 62 ff. 646 Goette/Kleindiek, S. 25 ff. Rn. 60 ff., S. 44 Rn. 92. 643
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nicht weiter beziehungsweise nicht ohne Weiteres festgehalten werden.647 Teils soll sich dieser Widerspruch mit dem Argument beheben, das neue Recht beinhalte nunmehr eine unwiderlegliche Vermutung für eine Finanzierung in der Unternehmenskrise und die diesbezügliche Finanzierungsentscheidung.648 Der neuen Gesetzesregelung indes eine dementsprechende Vermutung zu unterstellen, widerspricht dem neuen Wortlaut explizit und ist als unzutreffende Fiktion gesetzgeberischen Willens abzulehnen, die keinen Anhaltspunkt im Gesetz findet.649 b) Grundsatz der missbräuchlichen Haftungsbeschränkung An anderer Stelle wird die Finanzierungsfolgenverantwortung zwar richtigerweise als Legitimationsgrundlage der neuen Regelung abgelehnt. Als neue Begründung für die Sonderbehandlung bestimmter Darlehen soll jedoch die Gefahr des Missbrauchs der gesellschafterlichen Haftungsbeschränkung dienen.650 Auch dieser Begründung ist nicht zuzustimmen. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfasst alle Gesellschafter- und „Quasi“-Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz der Gesellschaft gleichermaßen, unabhängig ob vor, während oder nach einer Krise vergeben. Geht man hernach von der beschriebenen Legitimationsgrundlage aus, so würde dies bedeuten, dass jede Gesellschafterfinanzierung auf Fremdkapital-Basis eine missbräuchliche Ausnutzung der GmbH Haftungsbeschränkung, § 13 Abs. 2 GmbHG, bedeuten würde, welcher über die grundsätzliche Nachrangigkeit solcher Forderungen in der Insolvenz von Gesetzes wegen zu begegnen ist. Dieser Überlegung widerspricht allerdings der Grundsatz der Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter, welcher anerkanntermaßen nicht nur das Ob der Finanzierung, sondern insbesondere auch das Wie umfasst. Sowohl nach altem wie auch nach neuem Recht stellt demnach die Fremdkapitalvergabe eine adäquate und erlaubte Möglichkeit der Gesellschaftsfinanzierung durch die Gesellschafter dar.651 An diesem Zustand wollte der Gesetzgeber ausweislich des Regelungsinhalts des neuen § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sowie ausweislich der Gesetzesbegründung nichts ändern. Vielmehr sollten „die Grundsätze in sachlicher Hinsicht fortgelten“.652 Würde die Fremdkapitalfinanzierung einer GmbH durch die Gesellschafter nach Ansicht des Gesetzgebers pauschal eine missbräuchliche Ausnutzung des Haftungsprivilegs bedeuten, so hätte er diese Art der Gesellschafterfinanzierung 647 Ebenso: Goette/Kleindiek, S. 26 Rn. 62; Habersack, ZIP 2007, 2145 (2147); Gehrlein, BB 2008, 846 (849); Kampshoff, GmbHR 2010, 897 (898). 648 Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 35; Altmeppen, NJW 2008, 3601 (3603); Bork, ZGR 2007, 250 (257, 268). 649 So insbesondere auch Goette/Kleindiek, S. 26 Rn. 62. 650 Gehrlein, BB 2008, 846 (848 f.); Habersack, ZIP 2008, 2385 (2387 ff.); Hirte, WM 2008, 1429 (1431); Huber, in: FS Priester, S. 259 (275 ff.). 651 Vgl. Goette/Kleindiek, S. 5 f. Rn. 8 ff. 652 Vgl. RegE MoMiG, in: BT-Drs. 16/6140, S. 56.
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verbieten können.653 Zudem lassen sich keine missbräuchlichen Anhaltspunkte darin erblicken, wenn ein Gesellschafter seinem Unternehmen vor einer (nicht absehbaren) Krise ein Darlehen vergibt und bei vertraglicher Fälligkeit die Rückzahlung wünscht. Dies muss ebenso gelten, wenn das Unternehmen nach Darlehensvergabe unerwarteterweise in eine Krise und anschließend in die Insolvenz fällt. Insofern steht die Vergabe von Fremdkapital in keinem Zusammenhang mit einer möglichen Unternehmensschieflage, aufgrund deren (vorhersehbarer) Gefahr ein Gesellschafter unter missbräuchlichen Haftungsüberlegungen nur Fremd- statt Eigenkapital zur Verfügung stellt. Für einen pauschalen Missbrauchsvorwurf hätte der Gesetzgeber daher auf das Merkmal der Krise mit einer absehbaren Insolvenz nicht verzichten dürfen, was er aber gerade getan hat.654 c) Qualifizierte Nähebeziehung zur Gesellschaft aa) Vorrangige Befriedigungsmöglichkeit wegen Insiderstellung Eine Legitimationsgrundlage für die Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz der GmbH kann jedoch teilweise aus der qualifizierten Nähebeziehung und den Einflussnahmemöglichkeiten des Gesellschafters zu der und auf die Gesellschaft gezogen werden. Den Gesellschafter unterscheidet von allen anderen, außenstehenden Gläubigern zum einen, dass er einen erheblichen Informationsvorsprung aufgrund seiner Einsicht in die internen Angelegenheiten der Gesellschaft hat. Zum anderen kann er über die gesetzlichen Kompetenzen der Gesellschafterversammlung und seine faktische Nähe zur Geschäftsführung auf Basis dieses Informationsvorsprungs erheblich auf das Handeln und die Entwicklung der Gesellschaft Einfluss nehmen. Dies gilt umso mehr, wenn der Gesellschafter selbst in der Geschäftsführung tätig ist. Auf Grund dieser Insiderstellung ist er gegenüber allen anderen, gesellschaftsexternen Gläubigern privilegiert. Er könnte seine Forderung im Vorfeld einer – zunächst nur für ihn absehbaren – Insolvenz faktisch privilegieren. Dritte Gläubiger hätten insbesondere zu befürchten, dass der Gesellschafter-Gläubiger im Vorfeld einer Insolvenz versucht, seinen Rückzahlungsanspruch von der Gesellschaft noch befriedigen zu lassen, bevor die Verwaltungsbefugnis auf einen gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter übergeht. Alle anderen Gläubiger wären benachteiligt und müssten sich mit einer Quote ihrer ursprünglichen Forderung in einem unter Umständen langwierigen Insolvenzverfahren begnügen, in der Regel gar den Totalausfall hinnehmen.655 653
So auch Kampshoff, GmbHR 2010, 897 (899). Im Ergebnis selber Ansicht sind Bitter, ZIP 2010, 1 (9); Goette/Kleindiek, S. 27 Rn. 63; Kampshoff, GmbHR 2010, 897 (899); Schmidt, GmbHR 2009, 1009 (1013 f.). 655 Vgl. etwa Haas, ZInsO 2007, 617 (619 ff.); Kampshoff, GmbHR 2010, 897 (899); Noack, DB 2007, 1395 (1398). In diese Richtung ist wohl auch der BGH zu verstehen, vgl. Rz. 20 bei BGH – Urteil vom 18. 07. 2013 – IX ZR 219/11 = GmbHR 2013, 980. Nach Schmidt hätte sich der BGH „der Ansicht angeschlossen, nach welcher die Regelung die 654
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bb) Kritik So begründet die Bedenken hinsichtlich der „Insiderstellung“ sind, letztlich verbleiben auch hier Zweifel, inwiefern diese als Legitimationsgrundlage herangezogen werden kann. Wollte man die insolvenzrechtliche Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen allein mit der besonderen Stellung des Gesellschafters in der Gesellschaft begründen, so wäre die Nachrangigkeit der Gesellschafterdarlehen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO eine unnötige Benachteiligung. Diesem Zweck würde die Anfechtbarkeit gewährter Rückzahlungen und Sicherheiten nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO genügen. Möchte man nämlich verhindern, dass sich ein Gesellschafter mithilfe seiner Möglichkeiten zur Einflussnahme und seines Informationsvorsprungs kurz vor Eintritt einer Insolvenz vorrangig vor anderen Fremdkapitalgläubigern befriedigt,656 so wäre es nicht notwendig, die Forderung des Gesellschafters generell als nachrangige Insolvenzforderung zu benachteiligen. Vielmehr wäre ausreichend, die Forderung mit den weiteren Forderungen anderer Gläubiger gleichzustellen und gleichzeitig abzusichern, dass sich der Gesellschafter mithilfe seiner Insiderstellung nicht bevorteilt. Hierfür ist jedoch die insolvenzrechtliche Anfechtungsmöglichkeit erfolgter Rückzahlungen oder Besicherungen nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO ausreichend. Hiermit ist sichergestellt, dass ein Gesellschafter keinen Nutzen daraus hat, sich mithilfe seiner Doppelstellung als Gesellschafter und Gläubiger vorrangig zu befriedigen. Handelt ein Gesellschafter trotzdem entgegen diesem Verbot, sind die erfolgten Zahlungen zurückzuführen, § 143 Abs. 1 InsO. Eine „Sanktionierung“ der Vergabe von Fremdkapital durch die Nachrangigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist insofern nicht nur unnötig, vielmehr bringt sie auch gar nichts: möchte sich ein Gesellschafter vorrangig vor externen Gläubigern mithilfe seiner Insiderstellung befriedigen, so wird er das tun – völlig gleichgültig ob seine Forderung jetzt theoretisch „nachrangig“ ist oder nicht. Der diskutierten Intention ist damit nicht gedient. cc) Weitergehender Ansatz von Kampshoff Kampshoff begründet die Nachrangigkeit zusätzlich zur qualifizierten Nähebeziehung mit dem gesellschafterlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft und somit auch auf die Werterhaltung des Darlehens. Aufgrund seiner Doppelstellung könne der Gesellschafter die Entwicklung der Gesellschaft und somit auch die Liquidität zur Tilgung der Darlehen beeinflussen. Dies rechtfertige die insolvenzrechtliche Benachteiligung der Gesellschafter nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.657
verhaltenssteuernde Funktion des Eigenkapitals schützt“, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 5. Auflage, S. 191 Rn. 2.95 a. E. 656 So auch Kampshoff, GmbHR 2010, 897 (899) m. w. N. in dortiger Fn. 23. 657 Vgl. Kampshoff, GmbHR 2010, 897 (899).
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dd) Kritik Auch dieser Ansatz erscheint unschlüssig. Natürlich hat ein Gesellschafter über die Gesellschafterversammlung wesentliche Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Gesellschaft. Trägt ein Gesellschafter aber durch eine solche Einflussnahme positiv zu der Entwicklung der Gesellschaft und somit zu der Werterhaltung der Darlehen und Forderungen bei, so ist dies im Interesse und zum Vorteil aller Gläubiger gleichermaßen. Nimmt die Entwicklung im Sinne des unternehmerischen Risikos einen negativen Ausgang, so trifft dies den Rückzahlungsanspruch des Gesellschafters ebenso wie den jedes anderen normalen Gläubigers. Das Argument hat keine Überzeugungskraft dahingehend, warum der Gesellschafter durch diese Einflussnahme in der Insolvenz schlechter gestellt werden sollte als andere Gläubiger. Vielmehr würde diese Argumentation die Logik in sich tragen, dass der Gesellschafter sich völlig der Einflussnahme auf die Gesellschaft zu enthalten hätte, um keinen Anlass zu negativen Konsequenzen für seine Darlehen zu geben. Dies kann jedoch nicht Sinn und Zweck der neuen Regelung sein. Zum einen würde eine stagnierende und entscheidungsunfreudige Gesellschafterversammlung in der Krise der Gesellschaft meist unweigerlich in die Insolvenz führen, da notwendige und zeitlich dringende Sanierungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden könnten. Zum anderen stellt die Gesellschafterversammlung nach der gesetzlichen Konzeption das zentrale Organ der Willensbildung in der Gesellschaft dar, woran auch die neue Gesetzeslage nichts ändert. ee) Weitergehender Ansatz von Nerlich Eine weitere Ansicht, namentlich von Nerlich vertreten, kombiniert daher die „Insiderstellung“ des Gesellschafters mit dem fiktiven „Prinzip der Chancen und Risiken“.658 Anders als außenstehende Gläubiger erhielte der Gesellschafter im Rahmen seiner Beteiligung die Chance, an einer Wertsteigerung des Unternehmens zu partizipieren. Diese Chance rechtfertige die Gleichbehandlung von Fremdkapital und haftendem Eigenkapital, also insbesondere die insolvenzrechtliche Nachrangigkeit der Gesellschafterdarlehen. Chancen müssten Risiken entsprechen. Mit seinem Gesellschafterdarlehen ermögliche der Gesellschafter das weitere Wachstum der Gesellschaft und damit seine Gewinnchancen zu erhöhen, welche dritte Gläubiger bei gleichem Risiko nicht hätten. „Deshalb wäre es nicht akzeptabel, wenn der Gesellschafter mit Aussicht auf die Erhöhung der Eigenkapitalrendite durch Gewährung von Fremdkapital im Erfolgsfall übermäßig an den Gewinnen partizipieren und sich im Falle der Insolvenz gleichberechtigt in die Reihe der Gläubiger stellen könnte. […] Die Aussicht der Gesellschafter auf übermäßige Beteiligung an den Gewinnen muss auf der anderen Seite ausgeglichen werden durch eine Verantwortung für die Übernahme zusätzlicher Risiken.“659 658 Vgl. Nerlich, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 135 Rn. 14, 15; ganz ähnlich Tillmann, GmbHR 2006, 1289 (1290 f.). 659 Nerlich, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 135 Rn. 15.
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Insofern konsequent möchte Nerlich außenstehende Dritte nur dann in den Anwendungsbereich der Vorschriften mit einbeziehen, soweit diese nach dem geschilderten Prinzip aufgrund ihrer Beteiligung an einer Wertsteigerung der Gesellschaft partizipiert hätten. Für eine solche qualifizierte Nähebeziehung sei daher insbesondere im Fall des atypischen Pfandgläubigers kein Platz, da er gerade nicht an einer Wertsteigerung partizipiert.660 ff) Kritik Auch diese Begründung lässt Platz für gewisse Zweifel. So kann man als Gegenargument anführen, dass mit der Chance des Gesellschafters auf Wertsteigerung ebenso wie bei allen anderen Gläubigern das Risiko auf einen (Total-)Ausfall seines Darlehens korrespondiert, auch soweit er nicht als nachrangiger Gläubiger in der Insolvenz behandelt wird. Der Chance entspricht daher durchaus ein gewisses Risiko, so dass die Nachrangigkeit nicht zwangsweise in die Waagschale geworfen werden muss, um einen gerechten Ausgleich zu finden. Zudem hat die Chance auf Wertsteigerung an sich nichts mit dem Darlehen zu tun, sondern folgt aus der gesellschafterlichen Mitgliedsstellung des Gesellschafters. Diese gründet aber weder auf dem Darlehen noch ist sie in irgendeiner Art und Weise abhängig davon. Chance (Wertsteigerung der Gesellschaftsanteile) und Risiko (Darlehensausfall) haben schlicht nichts miteinander zu tun. Im Übrigen müsste dann auch jede typische stille Beteiligung die „gesellschafterähnliche“ Position begründen, was nicht so ist. Selbst wenn man aber Chance und Risiko verknüpfen möchte, wären diese im Gleichgewicht zu gesellschaftsexternen Gläubigern: jedem externen, dritten Gläubiger steht es frei, sich seine Darlehen mit „insolvenzfesten“ Rechten absichern zu lassen und hiermit auch Sicherheit für den Insolvenzfall zu erlangen. Sehen diese von der Möglichkeit ab, sich beispielsweise ein Pfandrecht (§ 50 InsO) bestellen zu lassen, so nehmen sie bewusst das Risiko in Kauf, in der Insolvenz des Schuldners als normaler Gläubiger nur eine Quote ihrer Forderung zurückzuerhalten oder – je nach Insolvenzmasse – auch ganz damit auszufallen. Diese Möglichkeit hat der Gesellschafter aber gerade nicht, da die ihm gewährten Sicherheiten bis zehn Jahre vor Eröffnungsantrag anfechtbar und zurückzugewähren sind, § 135 Abs. 1 Nr. 1, 143 Abs. 1 InsO. Die Anwendbarkeit von § 135 InsO lässt sich – wie oben aufgezeigt – im Gegensatz zu § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO wie bisher auf die Insiderstellung des Gesellschafters als Legitimationsgrundlage begründen. Die Chance des Gesellschafters auf Wertsteigerung (welche externe Gläubiger gerade nicht haben) wird mit dem Risiko/Nachteil ausgeglichen, die Darlehensforderung nicht insolvenzfest besichern zu können (was externe Gläubiger gerade wieder können). Konstruiert man daher wie Nerlich ein fiktives Modellprinzip der „Chancen und Risiken“, so wäre dieses auch ohne die Nachrangigkeit des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ausgeglichen. Trotz der aufgezeigten Argumentation kann daher nach hier vertretener Ansicht keine Legitimationsgrundlage für die Rechtsfolge des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gewonnen werden. 660
Nerlich, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 135 Rn. 25 ff., 29.
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gg) Resümee Somit kann die qualifizierte Nähebeziehung des Gesellschafters zur Gesellschaft zwar die insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit erfolgter Zahlungen oder gewährter Sicherheiten begründen, nicht aber die pauschale Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen oder wirtschaftlich entsprechender Handlungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Hernach kann die derzeitige Situation wohl am besten so beschrieben werden, dass sich „der Gesetzgeber des MoMiG um ein wertungsstimmiges Konzept schlechterdings nicht bemüht hat“.661 3. Die Bank als „Quasigesellschafter“ bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand Zieht man die qualifizierte Nähebeziehung als (teilweise) Legitimationsgrundlage der neuen Regelungen heran, dann können die bisherigen Grundsätze zur Verstrickung dritter Parteien unter das Eigenkapitalersatzrecht unverändert auch auf die neue Rechtslage angewandt werden, zumindest bis auf Weiteres. Ausgangspunkt für eine Verstrickung unter das Eigenkapitalrecht war dort, dass die in Frage kommende dritte Partei auf Grundlage ihrer vermögensmäßigen Beteiligung und ihres Einflusses auf die Geschicke der Gesellschaft weitgehend einem GmbH-Gesellschafter gleichstand.662 Diese Wertung galt insbesondere für den Pfandgläubiger663, die (einseitige) Treuhand664 und nach dem OLG Hamburg ebenfalls im Rahmen der doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand665. Der betreffende Dritte muss seine Beziehung zu der Gesellschaft vertraglich oder auch nur rein faktisch so ausgestaltet haben, dass er gegenüber einem beliebigen dritten Gläubiger „näher“ am Unternehmen steht. Diese Sonderstellung gründet sich insbesondere auf einer Gesamtschau von Informations- und Einwirkungsmöglichkeiten auf das Unternehmen. Im Ergebnis muss die Gesamtschau nach Würdigung aller Umstände darauf hinauslaufen, dass der Dritte über eine wirtschaftlich mit dem Gesellschafter vergleichbare Beteiligung am Unternehmen verfügt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass diese qualifizierte Nähebeziehung die Möglichkeit von faktischer Einflussnahme auf die Gesellschaft vermitteln muss. Ein reiner Informationsvorsprung der Bank (Insiderstellung) gegenüber anderen Gläu661 So resümieren treffend Goette/Kleindiek, S. 27 f. Rn. 64, wobei hier die Ablehnung der qualifizierten Nähebeziehung zur Gesellschaft als Legitimationsgrundlage einer näheren Begründung schuldig bleibt. Das Prinzip der „Chancen und Risiken“ wird nicht weiter behandelt. 662 So BGH GmbHR 2006, 531 im Fall einer stillen Beteiligung; vgl. auch BGHZ 106, 7 (10). 663 BGHZ 119, 191 ff. 664 BGHZ 31, 258 (265 ff.); BGHZ 75, 334 (335 f.); BGHZ 95, 188 (193) = BGH DNotZ 1985, 159 (162); BGH ZIP 1990, 1593; BGH ZIP 1991, 366; BGH DStR 1993, 553; BGH DStR 1994, 144; BGH DStR 1999, 1409; BGH DStR 2009, 1486; OLG Hamburg WM 1997, 1846 ff. 665 OLG Hamburg WM 1997, 1846 ff.
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bigern kann nicht genügen, um die Bank als Quasi-Gesellschafterin mit den Wirkungen der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO zu belegen. Sichert sich die Bank ausschließlich Informationsrechte, so nimmt sie nur ihre unternehmerische Pflicht wahr, die Risiken für ihre laufende Geschäftstätigkeit der Kreditvergabe zu überwachen. Dieser Ansicht hat sich auch der Gesetzgeber angeschlossen, indem er Kreditinstituten nach § 18 Abs. 1 S. 3 KWG grundsätzlich eine regelmäßige Überwachungspflicht (laufende Offenlegungspflicht) hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Kreditnehmer auferlegt hat. Nur soweit die Bank tatsächlich auch imstande ist, über Einflussnahmemöglichkeiten eine bevorzugte Befriedigung ihrer Darlehensforderung zu erreichen, ergibt sich die als Legitimationsgrundlage erarbeitete Gefährdung dritter Gläubiger aufgrund der Insiderstellung der Bank. Falls die Bank jedoch keinerlei Einfluss auf die Befriedigung der ausstehenden Kredite hat und ihr nur die vertragsgemäßen Tilgungsraten zurückgezahlt werden, rechtfertigt sich auch die Anfechtbarkeit erfolgter Zahlungen nach § 135 InsO nicht. Vor diesem Hintergrund kann die im Rahmen dieser Arbeit untersuchte Treuhandkonstellation bewertet werden: a) Typische Ausgestaltungen Über die im Treuhandvertrag festgelegte Erlösverteilungsabrede erhält die Bank vorrangig den Erlös aus den Gesellschaftsanteilen bis zu der vereinbarten Höhe.666 Tritt der Sicherungsfall ein, so kann die Bank als wirtschaftlich Berechtigte an den Gesellschaftsanteilen beziehungsweise deren Substitut angesehen werden. Diese Tatsache setzt die Bank allerdings noch nicht in die erforderliche qualifizierte Nähebeziehung zu der Gesellschaft. Vielmehr ist sie auf Grundlage der wirtschaftlichen Beteiligung nur mit einem typischen Pfandgläubiger gleichzusetzen, der bei Pfandreife auch berechtigt ist, sich aus dem Verwertungserlös zu befriedigen, § 1277 BGB. Auf den Pfandgläubiger aber waren schon nach altem Recht die Eigenkapitalersatzregeln nicht anwendbar, was gleichermaßen nach neuer Rechtslage zutrifft.667 Darüberhinaus erhält die Bank abweichend vom typischen Pfandgläubiger umfangreiche Informationsrechte über die Angelegenheiten der Gesellschaft aus dem Treuhandvertrag. Diese werden ihr entweder direkt gegenüber dem Doppeltreuhänder oder im Rahmen ihrer Beteiligung in einem Sanierungsbeirat (hierzu sogleich) eingeräumt.668 Direkte Weisungsrechte gegenüber dem Treuhänder erhält die Bank aber in der Regel gerade nicht. Zudem steht der Doppeltreuhänder zwar gegenüber der Bank in einer Pflichtenstellung aus § 328 BGB, seine Entscheidungen übt er jedoch grundsätzlich frei und unabhängig aus.669 Insbesondere ist der Treu666 667 668 669
Vgl. unter § 6 A. II. 5. BGHZ 119, 191 ff. Zu den Informationsrechten unter § 6 A. II. 6. Zu möglichen Weisungsrechten der Altgesellschafter unter § 6 A. II. 7.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
händer weder wirtschaftlich noch rein faktisch von der Bank abhängig. Gebunden ist er nur an die Vorgaben des Treuhandvertrages, bei dessen Verhandlung sich die Bank daher passiv verhält und nur vom Ergebnis ihre Kreditvergabeentscheidung abhängig macht. Zudem wird die Bank kein Vertragspartner des Treuhandvertrages, so dass eine Einflussnahme der Bank für einen Insolvenzverwalter schwer nachweisbar ist. Somit ist die Bank weder einem (einseitigen) Treugeber gleichzustellen noch besitzt sie qualifizierte Möglichkeiten zur Einflussnahme auf das Unternehmen, um die Anwendung der Vorschriften über Gesellschafterdarlehen, §§ 39, 135 InsO, auf sie rechtfertigen zu können. Bei typischer Ausgestaltung der Rechte- und Pflichtenstellung der Bank unterfallen die vergebenen Sanierungskredite daher nicht den neuen Regeln des Gesellschafterdarlehens. b) Optionale und atypische Ausgestaltungen aa) Beteiligung der Bank in einem Sanierungsbeirat Regelmäßig wird in Sanierungsfällen ein sogenannter Sanierungsbeirat als Gesellschaftsorgan eingesetzt. Dieser dient dazu, die Treuhandkonstruktion und den Sanierungsprozess für alle Parteien transparenter zu machen und erhöht damit die Chancen auf eine freiwillige Beteiligung insbesondere der Altgesellschafter. Durch den zusätzlichen Sachverstand kann der Sanierungsbeirat unter Umständen auch wesentlich zu einer erfolgreichen Sanierung beitragen. Der Sanierungsbeirat kann entweder eine rein überwachende Stellung inne haben, gegenüber der Geschäftsführung in bestimmten Beschlussgegenständen weisungsbefugt sein oder – im Einzelfall – auch deren Kompetenzen direkt übernehmen. In dem Sanierungsbeirat ist neben den Altgesellschaftern, dem Doppeltreuhänder, einem Sanierungsexperten und gegebenenfalls Vertretern dritter Gläubiger insbesondere ein Vertreter von Bankenseite beteiligt.670 Je nach individueller Ausgestaltung und gesetzlicher Zulässigkeit kann die Bank daher über ihre Beteiligung einen gewissen Einfluss auf die Gesellschaft und deren Geschäftsführung vermittelt bekommen. Soweit die Rechte dieses Gremiums allerdings nicht völlig atypisch extensiv ausgestaltet werden und die Bank nur mit einer Minderheitsbeteiligung vertreten ist, reicht dies nicht aus, um die insolvenzrechtlichen Gesellschafterdarlehensvorschriften auf die Bank zu erstrecken.671 Der so vermittelte Einfluss versetzt die Bank nicht in eine Position, sich zum Nachteil anderer Gläubiger vorrangig bei der Gesellschaft „bedienen“ zu können. Insbesondere, da die Mitglieder eines GmbH-Beirates zwar nicht so rigide auf die Interessen der Gesellschaft verpflichtet sind wie bei der AG, eine strikte Weisungsgebundenheit an bestimmte Gesellschafter (oder Dritte) aber zumindest 670
Zu Zweck, Ausgestaltung, Rechten und Besetzung des Sanierungsbeirates unter § 9 B. Die Beteiligung in einem Aufsichtsrat sah auch der BGH im Urteil vom 09. 05. 2005 – II ZR 66/03, NJW 2005, 2061 zur AG als unkritisch an, auch wenn die „zum GmbH-Recht entwickelten Grundsätze über die Behandlung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen oder ihnen gleichstehender Finanzierungshilfen (hier: selbstschuldnerische Bürgschaft) auf eine Aktiengesellschaft sinngemäß anzuwenden seien“. 671
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umstritten ist.672 Zumindest soweit die Weisungen (hier: der Bank) dem Gesellschaftsinteresse widersprechen, wird das Beiratsmitglied hieran nicht gebunden sein, selbst wenn Satzung oder interne Absprachen dies vorsehen. Vielmehr hätte das entsprechende Beiratsmitglied sogar auf seine eigene Haftung gegenüber der Gesellschaft zu achten, soweit es Weisungen folgt, welche offensichtlich dem Gesellschaftsinteresse entgegenlaufen. Wenn auch andere Gläubiger mit Vertretern in dem Beirat repräsentiert sind, scheidet eine Sonderstellung der Bank gegenüber diesen von Vornherein aus. Diese werden eine vorrangige Befriedigung der Bank nicht dulden. Doch auch falls sich die personelle Zusammensetzung anders gestaltet, gewähren die Neutralität des Doppeltreuhänders beziehungsweise dessen Treuhandgeschäftsführers sowie die Beteiligung der Altgesellschafter, dass sich die Bank nicht zu Lasten der Gesellschaft und anderer Gläubiger auf unrechtmäßige Weise bevorzugt befriedigen kann. bb) Vertragliche Weisungsrechte und faktische Möglichkeiten der Einflussnahme seitens der Bank Im Einzelfall abweichend zu beurteilen sind atypische Ausgestaltungen doppelseitiger Sanierungstreuhandschaften. Übt die Bank während der Treuhand tatsächlichen Einfluss auf den Doppeltreuhänder und/oder die Gesellschaft direkt aus, so kommt eine Verstrickung ihrer Darlehen unter das Recht der Gesellschafterdarlehen, §§ 39, 135 InsO durchaus in Betracht. Dies gilt unabhängig davon, ob die Einflussnahme auf vertraglichen Rechten basiert oder rein faktischer Natur ist. Vertraglich können Einflussnahmemöglichkeiten entweder im Treuhandvertrag angelegt sein oder auf einer Individualabsprache zwischen Bank und Doppeltreuhänder oder Gesellschaft direkt beruhen. Aufgrund der Offensichtlichkeit und des hohen Risikos werden Banken von einer solchen vertraglichen Zusicherung von Einflussnahmerechten aber im Regelfall absehen. Wesentlich häufiger dürfte der Fall liegen, dass die Bank zur Werterhaltung und -optimierung ihres Engagements versucht, rein faktisch Einfluss auf den Doppeltreuhänder und/oder die Geschäftsführung des Unternehmens zu nehmen. Eine solche könnte insbesondere über eine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit des Treuhandgeschäftsführers und/oder des neuen Sanierungsgeschäftsführers im Unternehmen von der Bank vermittelt werden. Beispielsweise weil einer der beiden regelmäßig über die Bank, sei es auch noch so mittelbar, an Sanierungsmandate kommt und entsprechend „pro-Bank“ eingestellt ist. Stellt sich die Position der Bank dann in einer Gesamtschau so dar, dass faktisch sie die Gesellschafterrechte in der Gesellschaft ausübt und der Treuhänder nur noch „Ausführender“ der Entscheidungen von Bankenseite ist, so wäre die qualifizierte Nähebeziehung anzunehmen und die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO anwendbar. Dasselbe gilt, soweit die Bank ohne Umweg über den Treuhänder direkt in das Tagesgeschäft des Unternehmens durch Weisungen an die Geschäftsführung eingreift. Falls der Bank als wirtschaftlich 672
Vgl. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 52 Rn. 130 m. w. N.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Berechtigte daher bestimmte Veto- oder einzelne Mitbestimmungsrechte vor allem hinsichtlich des Verwertungsprozesses eingeräumt werden sollen, sollte dies nur über die Beteiligung der Bank im Rahmen des Sanierungsbeirates verwirklicht werden. Hier könnte beispielsweise die Verfügung des Treuhänders über die Gesellschaftsanteile von der vorherigen Zustimmung des Beirates abhängig gemacht werden, wobei der Bank innerhalb des Beirates insoweit ein Vetorecht eingeräumt werden kann. Welche Einflussnahme bzw. (indirekten) Rechte der Bank gerade noch in Ordnung sind und mit welchen sie die Schwelle zum Quasi-Gesellschafter überschreitet kann nicht allgemein gesagt werden. Generell aber gilt natürlich: je weniger und je indirekter desto besser. c) Das Sanierungsprivileg nach §§ 39 Abs. 4 S. 2, 135 Abs. 4 InsO Die bisher aufgezeigten Grundsätze gelten nur unter der Einschränkung des sogenannten „Sanierungsprivilegs“, an dem der Gesetzgeber in § 39 Abs. 4 S. 2 und § 135 Abs. 4 InsO auch nach Einführung des MoMiG weitgehend unverändert festhält.673 Lediglich das Merkmal der „Krise“ wurde durch die „Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit“ der Gesellschaft ersetzt. Der Gesetzgeber hat damit den Anknüpfungszeitpunkt der Vorschrift zeitlich nach hinten verlagert.674 aa) Regelungsinhalt Das Sanierungsprivileg schließt Finanzierungsbeiträge vom Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO aus, soweit Dritte zum Zweck der Überwindung der Krise Anteile an der Gesellschaft übernehmen.675 Hier heißt es: „Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von [§ 39] Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.“ Würde die Bank hernach – die weiteren Voraussetzungen unterstellt – die Gesellschaftsanteile direkt übernehmen, so wäre ihr Darlehen bis zur „nachhaltigen Sanierung“ der Gesellschaft privilegiert, § 39 Abs. 1 Nr. 5 und § 135 InsO wären insoweit nicht anwendbar. Erst recht (a majore ad minus) muss dies gelten, wenn die Forderung der Bank nicht auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens gerichtet ist, sondern nur aus einer 673 Vor MoMiG: § 32a Abs. 3 S. 3 GmbHG a. F.; Brinkmann, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 5. Auflage, S. 195 f. Rn. 2.106 ff.; Fleischer, in: Henssler/ Strohn, Gesellschaftsrecht, Anhang Insolvenzordnung, § 39 Rn. 27; Goette/Kleindiek, S. 96 f. Rn. 176; Schmidt, in: Schmidt/Uhlenbruck, GmbH in Krise und Insolvenz, 4. Auflage, S. 181 Rn. 2.81; Tillmann, GmbHR 2006, 1289; vertiefend: Hirte/Knof, WM 2009, 1961 ff. 674 Vgl. Hirte/Knof, WM 2009, 1961 (1966) m. w. N. in der dortigen Fn. 55. 675 Fleischer, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Anhang Insolvenzordnung, § 39 Rn. 29.
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wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlung stammt, da die Bank die Gesellschaftsanteile nicht direkt übernimmt. Die treuhänderisch vermittelte Quasi-Gesellschafterstellung stellt ein Minus zur direkten Übernahme der Gesellschaftsanteile dar, welche erst recht von der Privilegierung des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO erfasst werden muss.676 Die Anwendung des Sanierungsprivilegs hätte demnach für die Bank die positive Folge, dass ihre Darlehen bei Scheitern der Sanierung nicht nachrangig behandelt würden, selbst soweit die Bank aufgrund ihres Einflusses auf das Unternehmen und der Vermittlung des Doppeltreuhänders als Quasi-Gesellschafterin im oben beschriebenen Sinn zu qualifizieren wäre. Des Weiteren wären erfolgte Zahlungen und gewährte Sicherheiten nicht nach der spezifischen Vorschrift des § 135 InsO (wohl aber nach den allgemeinen Vorschriften) anfechtbar. Dies gilt sowohl für Alt- wie auch für Neukredite.677 Voraussetzung des Sanierungsprivilegs ist ausweislich des Wortlauts die Übernahme der Anteile „zum Zwecke der Sanierung“ bei (alternativ) „Überschuldung, eingetretener oder drohender Zahlungsunfähigkeit“. Die Bank muss die Finanzierung zu dem objektiven Zweck und mit dem subjektiven Willen leisten, die Krise damit zu überwinden oder zumindest dazu beizutragen. Dies setzt insbesondere voraus, dass die Gesellschaft nach der Einschätzung eines objektiven Dritten zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs überhaupt sanierungsfähig ist sowie, dass die avisierten Maßnahmen (Kreditvolumen, Laufzeit etc.) generell geeignet sind, die nachhaltige Sanierung in überschaubarer Zeit zu ermöglichen.678 Um die Privilegierung aus Bankensicht sicherzustellen, sollte ein Krisenengagement daher nur auf Grundlage eines positiven Sanierungsgutachtens eines externen und unabhängigen Gutachters erfolgen.679 Liegen die objektiven Voraussetzungen vor, so ist der subjektive Sanierungswille der Bank regelmäßig zu vermuten.680 Zudem hat ein nachträgliches Scheitern der Sanierungsbemühungen keinen (rückwirkenden) Einfluss auf die Anwendbarkeit des Sanierungsprivilegs.681
676 Selber Ansicht noch zur alten Gesetzeslage: Casper/Ullrich, GmbHR 2000, 472 (479); explizit hinsichtlich der treuhänderisch vermittelten „Quasigesellschafterstellung“: Westermann, DZWiR 2000, 1 (8); Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 713; zum neuen Recht: Fleischer, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Anhang Insolvenzordnung, § 39 Rn. 28 (indirekt da schon beteiligte Dritte von dem Privileg ausgeschlossen sein sollen, also wohl grundsätzlich darunterfallen). 677 Vgl. den Wortlaut des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 77. 678 Statt vieler BGHZ 165, 106 ff. 679 Vgl. BGHZ 165, 106 (112 f.). 680 BGHZ 165, 106 (112); OLG Düsseldorf GmbHR 2004, 564 (566). 681 Fleischer, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Anhang Insolvenzordnung, § 39 Rn. 31.
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
bb) Bedeutung für die doppelseitige Sanierungstreuhand So positiv das Sanierungsprivileg zunächst aus Sicht des finanzierenden Kreditinstitutes scheint, so wenig kann es im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand von dem Risiko entlasten, mit Forderungen in der Insolvenz nachrangig behandelt zu werden. (1) Begrenzter personeller Anwendungsbereich Zunächst gilt das Sanierungsprivileg nur für Gesellschafter oder gesellschaftergleiche dritte Personen (Quasi-Gesellschafter), welche nach Überschuldung oder (drohender) Zahlungsunfähigkeit neu mit einem Sanierungsdarlehen in den Kreis der Gläubiger eintreten. Die Anwendbarkeit ist also gemäß dem Wortlaut auf solche „Neugesellschafter“ beschränkt, welche nach Eintritt der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft Gesellschaftsanteile übernommen haben oder eben aufgrund ihrer Einflussnahmemöglichkeiten als „Quasi-Gesellschafter“ angesehen werden müssen. Altgesellschafter oder schon involvierte „Quasi-Gesellschafter“ genießen daher kein allgemeines Sanierungsprivileg, wenn sie schon vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder (drohenden) Überschuldung die Finanzierungsverantwortung der Gesellschaft inne hatten. Vielmehr betrifft das Sanierungsdarlehen von schon involvierten Gesellschaftern oder gesellschaftergleichen Dritten den originären Regelungsinhalt des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.682 Wenn eine doppelseitige Sanierungstreuhand in einer Krisensituation eingerichtet wird, waren die als gesicherte Drittbegünstigte beteiligten Kreditinstitute in der Regel schon vorher mit Krediten in dem Unternehmen involviert. Es ist eher selten bis ausgeschlossen, dass bisher völlig unbeteiligte, dritte Banken in der Krise erstmals ein finanzielles Engagement übernehmen. Hatte das Kreditinstitut nach den oben untersuchten Kriterien schon in Verbindung mit diesen „alten“ Krediten die Stellung eines Quasi-Gesellschafters inne, so erfüllt es bei Eintritt der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung nicht mehr das Tatbestandsmerkmal des neu hinzutretenden, gesellschaftergleichen Dritten. Das Sanierungsprivileg ist dann weder auf die Altkredite noch auf die neuen, im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand ausgegebenen Kredite anwendbar. Bei Einrichtung einer doppelseitigen Sanierungstreuhand sollte daher unbedingt die Frage geprüft werden, inwiefern die Bank schon aufgrund alter Kredite sowie damit verbundener Sicherheiten und Rechte als Quasi-Gesellschafter den Regeln der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO unterliegt. Ist dies der Fall, kann auch die Konstruktion einer doppelseitigen Sanierungstreuhand nicht mehr die Anwendung der besagten Vorschriften vermeiden, weder für die Altkredite noch für neu avisierte Darlehen. Vielmehr fallen auch alle zeitlich nachfolgenden Kredite unter die insolvenzrechtliche Nachrangigkeit besagter Vorschriften. 682 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 74; Fleischer, in: Henssler/ Strohn, Gesellschaftsrecht, Anhang Insolvenzordnung, § 39 Rn. 28; Goette/Kleindiek, S. 92 Rn. 169.
§ 13 Risiken für das finanzierende Kreditinstitut
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(2) Begrenzter zeitlicher Anwendungsbereich Ein zweites Problem liegt aus Bankensicht in der zeitlichen Beschränkung des Sanierungsprivilegs. Die Regelung gilt ausweislich des Wortlauts nur „bis zur nachhaltigen Sanierung“ der Gesellschaft. Von einer nachhaltigen Sanierung im Sinne von § 39 Abs. 4 S. 2 InsO ist auszugehen, „wenn die ergriffenen Sanierungsmaßnahmen zur Sicherung der Fortführungsfähigkeit im Sinne einer positiven Fortführungsprognose dazu geführt haben, dass die Bestandsgefährdung des Unternehmens, also insbesondere die Gefahr des Eintritts von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, mindestens für das laufende und das gesamte folgende Geschäftsjahr abgewendet worden ist“.683 Die Privilegierung von Darlehen endet damit in dem beschriebenen Zeitpunkt, gleich ob diese vor oder nach Eintritt der (drohenden) Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit vergeben worden sind.684 Werden die Sanierungsdarlehen nach der nachhaltigen Sanierung „stehen gelassen“ und gerät die Gesellschaft dann erneut in eine Krise, so genießt der (Quasi-) Gesellschafter mit seinen (alten) Darlehensforderungen kein Sanierungsprivileg mehr. Vielmehr unterfallen dann sämtliche Forderungen aus Darlehen der insolvenzrechtlichen Nachrangigkeit aus § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Dies gilt auch hinsichtlich solcher Darlehen, welche in der erneuten Krisensituation neu und abermals zum Zwecke der Sanierung vergeben werden. Eine nochmalige Privilegierung in einer zeitlich nachfolgenden Sanierungssituation kommt nicht in Betracht, da das Kreditinstitut aufgrund der schon bestehenden, alten Beteiligung kein neu hinzutretender Gesellschafter oder Quasi-Gesellschafter mehr wäre (vgl. hierzu schon oben).685 Für die doppelseitige Sanierungstreuhand bedeutet dies, dass die Bank nach der nachhaltigen Sanierung der Gesellschaft zwei Optionen hätte: entweder muss die Kreditvergabe im Vornherein auf den Zeitpunkt der nachhaltigen Sanierung begrenzt sein und das Darlehen unmittelbar nach Beendigung der Privilegierung zurückgeführt werden.686 Diese erste Option ist regelmäßig nicht praktikabel, da der schlagartige Entzug von Fremdkapital (in erheblichem Volumen) ein gerade saniertes Unternehmen in der Regel wieder direkt in die Zahlungsunfähigkeit zurückwirft und der ursprüngliche Sanierungszweck damit sozusagen konterkariert wird.687 Oder zweitens, das Kreditinstitut lässt die Darlehen „stehen“ und hat dann zukünftig das Risiko, bei erneuter Unternehmensschieflage als nachrangiger Gesellschaftsgläubiger behandelt zu werden, der darüber hinaus auch noch alle Tilgungszahlungen auf seine Darlehen innerhalb der Fristen des § 135 InsO an die 683
So Hirte/Knof, WM 2009, 1961 (1969). s. a. Goette/Kleindiek, S. 96 f. Rn. 176. 685 Vgl. zum Ganzen Hirte/Knof, WM 2009, 1961 (1969 f.). 686 Selber Ansicht ist Federlin, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1512 Rn. 12.127 m. w. N. 687 So auch Federlin, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1512 Rn. 12.127 a. E. 684
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2. Teil: Die doppelseitige Sanierungstreuhand
Insolvenzmasse zurück zu leisten hat, § 143 Abs. 1 InsO. Diesem Risiko kann nicht damit begegnet werden, dass das Kreditinstitut seine Quasi-Gesellschafterstellung mit Eintritt der nachhaltigen Sanierung und somit Ende des Sanierungsprivilegs „kappt“, beispielsweise indem es seine faktische Einflussnahme auf das Unternehmen beendet. Die Anwendbarkeit der insolvenzrechtlichen Gesellschafterdarlehensvorschriften ist immer im Zeitpunkt der Darlehensvergabe und nicht der Insolvenzeröffnung zu beurteilen.688 d) Zusammenfassung Auch nach dem neuen Recht der Gesellschafterdarlehen, §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 – 5, 135 Abs. 1 InsO, sind die bisherigen Grundsätze zur Einbeziehung Dritter (Quasi-Gesellschafter) weiter anwendbar. Die Tatsache, dass das neue Recht bisher einer stringenten und umfassenden Legitimationsgrundlage entbehrt, hat insofern keine Auswirkung auf die Verstrickung externer dritter Darlehensgeber. Bewegt sich die doppelseitige Sanierungstreuhand innerhalb der hier vorgeschlagenen vertraglichen Ausgestaltungsmöglichkeiten, so besteht für das finanzierende Kreditinstitut kein Risiko als Quasi-Gesellschafter mit seiner Darlehensforderung in einer Insolvenz des Unternehmens als nachrangiger Gläubiger behandelt zu werden. Erfolgte Rückzahlungen sowie gewährte (sonstige) Sicherheiten sind somit nicht an die Insolvenzmasse zurückzuführen. Sichert sich das Kreditinstitut allerdings in atypischer Ausgestaltung Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung direkt oder indirekt über die Gesellschafterversammlung, so kommt eine Anwendung der Gesellschafterdarlehensvorschriften im Einzelfall in Betracht, soweit das Sanierungsprivileg aus § 39 Abs. 4 S. 2 InsO nicht zugunsten des Kreditinstitutes eingreift. Das Sanierungsprivileg kann allerdings aufgrund seiner Defizite in persönlicher und zeitlicher Hinsicht bei weitem keinen umfassenden Schutz bieten und das Kreditinstitut nicht von der Sorgfaltspflicht entbinden, sich von (atypischen) Einflussnahmen auf die Geschicke der Gesellschaft zu enthalten, um so den „Gau der Unternehmensfinanzierung“ zu vermeiden.
688
Zum zeitlichen Anknüpfungspunkt unter § 13 C. II. 3.
3. Teil
Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz Die doppelseitige Sanierungstreuhand soll in Verbindung mit den Sanierungsdarlehen, welche sie besichert, und den Restrukturierungsmaßnahmen, welche sie flankiert und durchsetzt, gerade dazu dienen, eine Insolvenz des Krisenunternehmens zu vermeiden. Der negative Ausgang der Sanierungsbemühungen kann trotzdem niemals mit Sicherheit ausgeschlossen werden, insbesondere aufgrund der zahlreichen externen Faktoren, welche von Unternehmensseite nicht oder nur in geringem Maße beeinflusst werden können (allgemeine Konjunktur, Verhalten Lieferanten/Kunden, Auftragslage etc.). Eine Unternehmensinsolvenz zieht zudem nicht selten auch eine private Insolvenz der Altgesellschafter nach sich, da diese ihr privates Vermögen häufig über Bürgschaften oder andere Formen der Drittbesicherung mit der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft verflochten haben. Im Folgenden soll daher betrachtet werden, wie sich die Treuhand in der Insolvenz des Unternehmens oder einer der anderen Parteien verhält, welche direkt oder indirekt an der Konstruktion beteiligt ist.1 Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der Privatinsolvenz des Altgesellschafters als Treugeber, der Insolvenz der Treuhand-Zweckgesellschaft als Inhaberin der Gesellschaftsanteile, der Insolvenz des finanzierenden Kreditinstitutes sowie der Insolvenz des Unternehmens als Treugut. Differenziert werden muss im Weiteren auf Ebene der Treuhand selbst, zwischen der schuldrechtlichen Seite der Konstruktion (Treuhandvertrag) und der (quasi-)dinglichen Seite, namentlich den Rechten der Parteien am Treugut. Im Mittelpunkt steht dabei jeweils die Frage, welche Auswirkung die Insolvenz auf den (doppelseitigen) Treuhandvertrag hat und welche Rechte welcher Partei nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an dem Treugut zustehen. Die beiden Fragestellungen sind zunächst einmal unabhängig voneinander zu betrachten. Soweit die Insolvenz allerdings Auswirkungen auf den Bestand des schuldrechtlichen Treuhandvertrages haben sollte, stellt sich die – oft übergangene – Frage, inwiefern sich dies auf die Durchsetzbarkeit von Rechten der Parteien am Treugut auswirkt, namentlich etwaigen Ab- und Aussonderungsrechten. Zwar beruht beispielsweise ein hier in Frage kommendes Absonderungsrecht des Treuhänders nach § 51 Nr. 1 InsO grundsätzlich auf der dinglichen/absoluten Stellung des Treuhänders am Treugut. An dieser ändert sich durch die Insolvenz per se – egal welcher Partei – zunächst nichts. Über die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung 1
Zu den beteiligten Parteien unter § 5.
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
(dolo agit qui petit, quod statim redditurus est) kommt eine Verknüpfung der beiden, grundsätzlich abstrakten Geschäfte hinsichtlich der Durchsetzbarkeit des Absonderungsrechts allerdings wieder in Betracht.2 Zudem beruht das Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO auch in seinen Voraussetzungen gemäß dem Wortlaut auf der Übertragung eines Gegenstandes zur Sicherung eines Anspruchs. Diese Zweckbestimmung stellt aber erst der (wirksame) Treuhandvertrag her. Dasselbe gilt für ein etwaiges Aussonderungsrecht des Treugebers in der Insolvenz des Treuhänders. Auch dieses gründet sich auf der wirtschaftlichen Vermögenszuordnung des Treuguts zum Treugeber, welche die Treuhandabrede herstellt, wie sich im Weiteren zeigen wird. Jeweils implizit sind daher die wechselseitigen Auswirkungen der schuldrechtlichen und der (quasi-)dinglichen Seite der Treuhand aufeinander zu betrachten.
§ 14 Einführung in die Folgen einer Insolvenz A. Schuldrechtliche Verhältnisse des insolventen Schuldners Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Schuldner führt zu einer Umgestaltung seiner Rechtsverhältnisse zu Gläubigern und sonstigen Dritten.3 Im Rahmen von (Sicherungs-)Treuhandkonstellation ist regelmäßig der Treugeber auch der Schuldner. Die Treuhand besichert eine ihm obliegende Schuld. Bei doppelseitigen Treuhandschaften kann es genauso liegen, muss es aber nicht. Bei der gegenständlichen doppelseitigen Sanierungstreuhand beispielsweise sind Treugeber die Altgesellschafter, Schuldner jedoch das Krisenunternehmen. Nach § 1 InsO dient das Insolvenzverfahren dazu, alle Gläubiger des Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen. Um diesen Zweck zu verwirklichen, bewirkt die Verfahrenseröffnung den Insolvenzbeschlag über das schuldnerische Vermögen und die Haftungszuordnung der Masse an die Gläubiger des insolventen Schuldners. Hierzu geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse auf einen gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter über, §§ 27 Abs. 1, 80 ff., 148 InsO. Dieser soll das verbliebene Vermögen sichern und vorläufig verwalten, um es letztlich zugunsten der Gläubiger zu verwerten, §§ 148, 159 InsO, soweit kein Insolvenzplan eingerichtet wird, um eine Sanierung innerhalb der Insolvenz zu verfolgen. Aus dem Erlös hat der Insolvenzverwalter zunächst vorrangige Insolvenzgläubiger zu befriedigen, §§ 49 ff., 53 ff. InsO. Die verbleibende Insolvenzmasse ist dann nach dem Prinzip „par conditio creditorum“ an die übrigen, nicht nachrangigen Gläubiger gleichmäßig zu verteilen, §§ 187 ff. InsO. Der Insolvenzbeschlag umfasst hierbei nicht nur körperliche Vermögenswerte des Schuldners, sondern auch diesem 2 Vgl. etwa Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 43; Hirschberger, S. 47 f.; v. Rom, S. 210 ff. 3 Schmahl/Busch, in: MünchKomm, InsO, § 29 Rn. 2.
§ 14 Einführung in die Folgen einer Insolvenz
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zustehende Rechte. Hierzu zählen insbesondere auch vertragliche Schuldverhältnisse mit Dritten. Um die darin verkörperte Gewinnchance für die Insolvenzmasse verwirklichen zu können, wird die nach § 80 Abs. 1 InsO dem Insolvenzverwalter zustehende Verwaltungsbefugnis durch die §§ 103 ff. InsO flankiert.4 Dabei sollen die Verträge des insolventen Schuldners mit Verfahrenseröffnung nicht (automatisch) „erlöschen“.5 Nach der Grundregel in § 103 InsO hat der Insolvenzverwalter vielmehr ein Wahlrecht, ob er den Vertrag mit Wirkung für und gegen die Insolvenzmasse fortführen möchte.6 Abweichend von dieser Grundregel hat der Gesetzgeber einige bestimmte Vertragsarten gesondert in den §§ 104 ff. InsO geregelt. Je nach Art und Inhalt des Vertrages knüpft das Gesetz hier verschiedene Rechtsfolgen an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Da einseitige wie doppelseitige Treuhandverträge – entgegen der hier vertretenen Ansicht – verbreitet als Aufträge oder Geschäftsbesorgungen eingeordnet werden,7 steht die Anwendbarkeit der §§ 115, 116 InsO sowie deren Auswirkungen im Mittelpunkt der literarischen Erörterungen und ist „die am meisten diskutierte rechtliche Frage der Treuhandkonstruktion“.8 Soweit die §§ 103 ff. InsO nicht auf die Treuhandvereinbarung anwendbar sind, hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine weiteren Auswirkungen auf den schuldrechtlichen Vertrag. Vielmehr bestimmt sich dessen Schicksal nach den außerhalb der InsO geltenden, allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Vertrages.
B. Rechte am Treugut Neben dem Treuhandvertrag betrifft die Insolvenz auch die am Treugut bestehenden Rechte der Parteien und deren Geltendmachung. Die bisher an den Gegenständen der Insolvenzmasse bestehenden Rechte existieren mit Verfahrenseröffnung lediglich in der von der Insolvenzordnung vorgeschriebenen Form fort und können ausschließlich in der dort vorgesehenen Verfahrensweise geltend gemacht werden. Ist der Schuldner beispielsweise nicht Eigentümer eines in der Insolvenzmasse befindlichen Gegenstandes, so kann der wahre Eigentümer gegen den formellen Insolvenzbeschlag dieser Sache wegen „Massefremdheit“ im Wege der Aussonderung nach § 47 InsO vorgehen. Inhaber von Sicherungsrechten an Gegenständen aus der Insolvenzmasse sind im Insolvenzverfahren auf Absonderungsrechte beschränkt, deren Inhalt sowie Geltendmachung sich nach den 4
Zum Normzweck: Kreft/Huber, in: MünchKomm, InsO, § 103 Rn. 1 ff. Zum Begriff des „Erlöschens“ schon an früherer Stelle unter Fn. 244. Auch im Rahmen der §§ 115 f. InsO wandeln sich die ursprünglichen Primärpflichten in ein nachvertragliches Schuldverhältnis, der Auftrag entfaltet nur für die Zukunft keine Wirkung mehr, vgl. etwa auch Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 115 Rn. 5. 6 Balthasar, in: Nerlich/Römermann, InsO § 103 Rn. 3. 7 Vgl. unter § 6 B. III. 8 So v. Rom, S. 209. 5
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
Vorschriften der §§ 49 ff., 165 ff. und 190 InsO richtet. Die bisher erarbeiteten Rechtsstellungen der beteiligten Parteien am Treugut sind daher für die verschiedenen Insolvenzkonstellationen neu zu bewerten.
§ 15 Insolvenz des Treuhänders Im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand kann entweder eine natürliche Person selbst als Treuhänder auftreten oder eine Zweckgesellschaft fungiert als Treuhänder und der Treuhandgeschäftsführer hält und verwaltet die Anteile über diese Treuhand-Zweckgesellschaft, deren Alleingeschäftsführer und -gesellschafter er ist. Gesellschafter am Treugut ist dann die Zweckgesellschaft als juristische Person. In der ersten Alternative ist ein Treuhänder als natürliche Person Vertragspartner des Treuhandvertrages mit den Altgesellschaftern, in der zweiten Alternative ist die Treuhand-Zweckgesellschaft als Treuhänder der Vertragspartner. Aus Haftungs- und Publizitätsgründen wird in der Regel die zweite Alternative über die Zweckgesellschaft gewählt.9 Hinsichtlich der Rechte am Treugut sowie dem Schicksal des Treuhandvertrags im Fall der Insolvenz macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob der Treuhänder eine natürliche Person ist welche privat insolvent wird, oder ob als Treuhänder eine Zweckgesellschaft auftritt welche die Anteile hält und diese insolvent wird. Das Gesetz unterscheidet in § 35 Abs. 1 InsO hinsichtlich der haftenden Insolvenzmasse nicht danach, ob der (insolvente) Schuldner eine natürliche oder juristische Person ist. Selbiges gilt hinsichtlich des Treuhandvertrages in den §§ 103 ff. InsO. Die Auswirkungen einer Insolvenz werden daher im Folgenden einheitlich untersucht, ohne nach der im Einzelfall gewählten Konstruktion zu unterscheiden. Wenn daher im Folgenden einheitlich von Treuhänder die Rede ist, ist damit gleichermaßen ein Treuhänder als natürliche Person wie alternativ die TreuhandZweckgesellschaft gemeint, wie sie im Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand regelmäßig eingesetzt wird. Der Unterschied liegt vielmehr im Risikio einer Insolvenz an sich,10 welche ein weiteres Argument dafür ist, die Alternative über die Zweckgesellschaft zu wählen: die Treuhand-Gesellschaft ist eine Zweckgesellschaft mit beschränkter Haftung,11 welche keinen nach außen auf den allgemeinen Rechtsverkehr gerichteten, aktiven Geschäftsbetrieb unterhält. Sie begründet keine Rechtsgeschäfte mit gesellschaftsexternen Dritten (außer den Altgesellschaftern) mit Wirkung für und gegen sich selbst, welche zu Verbindlichkeiten ihrerseits gegenüber externen Gläubigern führen könnten. Ihr einziger Zweck ist das Halten und Verwalten der Gesellschaftsanteile an der Krisengesellschaft. Dementsprechend 9
Siehe unter § 5 C. III. und § 6 A. II. 10. c). In der Regel wird diese Konstellation bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand gar nicht problematisiert, vgl. bspw. Achsnick/Opp, S. 121 Rn. 463. 11 Vgl. hierzu auch unter § 5 C. III. 10
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gering ist das Risiko einer Überschuldung respektive einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit, §§ 17 ff. InsO. Nicht verschwiegen werden soll, dass sich theoretisch natürlich eine solche Situation ergeben kann: die Treuhandgesellschaft unterliegt im Verhältnis zur Krisengesellschaft sowie ihren Treuhand-Vertragspartnern einem umfassenden vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Haftungsgeflecht bei Pflichtverletzungen.12 Hieraus können sich Forderungen gegen die Gesellschaft ergeben, welche deren geringe liquide Mittel schnell übersteigen. In der Regel sind diese Haftungsgefahren zwar durch Haftungsbeschränkungen ausgeschlossen oder durch Aufwendungsersatz- und Freistellungsansprüche gegen die Altgesellschafter abgedeckt. Im Einzelfall kann eine Schadensersatzverpflichtung aber bei schuldhaftem Handeln (durch den Treuhandgeschäftsführer) bei der Treuhand-Gesellschaft verbleiben. Soweit der Anspruch gegen die Gesellschaft dann nicht durch eine entsprechende Haftpflichtversicherung abgedeckt ist, hängt deren weiteres Schicksal von dem Willen der beteiligten Parteien ab und es kann – zumindest theoretisch – zum Eintritt eines Eröffnungsantragsgrundes nach den §§ 17 ff. InsO kommen. Selbiges gilt, wenn die Altgesellschafter die Ersatz-/Freistellungsansprüche der Treuhandgesellschaft nicht bedienen. Übernimmt im Einzelfall doch eine natürliche Person die Rolle des Treuhänders, so ist eine private Insolvenz theoretisch jederzeit möglich, abhängig von der Person und den individuellen Vermögensverhältnissen des Treuhänders. Für die Parteien ist dieses Risiko schwer überschaubar. Hält ein Treuhänder die Anteile dann als natürliche Person und nicht eine Zweckgesellschaft, so erlangt die Abschätzung höchste Relevanz, welche Konsequenzen sich für Treugut und Treuhandvertrag aus der privaten Insolvenz ergeben.
A. Rechte am Treugut Zunächst gilt es, die Auswirkungen der Insolvenz auf Treuhänderebene auf die am Treugut bestehenden Rechte zu betrachten. I. Begriff der haftenden Insolvenzmasse nach § 35 Abs. 1 InsO Nach dem Gesetzeswortlaut haften als Insolvenzmasse alle Gegenstände, welche dem Schuldner im Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens „gehören“, § 35 Abs. 1 InsO. Versteht man den Tatbestand des § 35 InsO rein formal, fällt das Treugut vorliegend ohne Weiteres in die haftende Insolvenzmasse. Die Altgesellschafter treten die Gesellschaftsanteile im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand zu voller (Sicherungs-)Inhaberschaft auf den Treuhänder ab, dieser wird formell vollberechtigter Inhaber der gesellschaftlichen Mitgliedschaft (Vollrechts12 Siehe unter § 6 A. II. 10. Im Einzelfall ist auch eine Haftung gegenüber gesellschaftsexternen Dritten auf deliktischer Basis möglich, vgl. a. a. O.
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
treuhand). Hernach würde das Treugut in der Insolvenz allen Gläubigern des Treuhänders zur Befriedigung dienen, §§ 187 ff. InsO. Altgesellschafter und Kreditinstitut könnten ihre rein schuldrechtlichen Ansprüche aus dem Treuhandvertrag nur als (gleichrangige) Insolvenzforderung geltend machen, obwohl die Treuhand gerade dazu dienen sollte, Sicherheit durch vorrangige Berechtigung an dem Treugut für den Insolvenzfall zu gewähren. Aus § 47 Abs. 1 InsO folgt allerdings, dass nicht zwangsläufig alle im Vermögen oder Besitz des Schuldners befindlichen Gegenstände auch vom Insolvenzbeschlag erfasst und der haftenden Insolvenzmasse zugeordnet werden sollen. Vielmehr ist zwischen der Ist- und einer Soll-Insolvenzmasse zu unterscheiden:13 § 47 InsO geht von der sogenannten Ist-Masse aus. Diese umfasst alle Gegenstände, die sich im tatsächlichen Verwaltungsbesitz des Schuldners und nun des Insolvenzverwalters befinden, § 80 Abs. 1 InsO, und zunächst für die Insolvenzmasse in Anspruch genommen werden.14 Um die haftende Insolvenzmasse im Sinne von § 35 InsO zu erhalten, sogenannte Soll-Masse, sind von dieser Ist-Masse alle Gegenstände „auszusondern“, bezüglich derer Dritte persönliche oder dingliche/absolute Rechte geltend machen können, § 47 Abs. 1 InsO.15 Als haftende Sollmasse im Sinne der Legaldefinition des § 35 InsO verstehen sich daher nur solche Gegenstände oder Rechte, die von Rechts wegen vom Insolvenzbeschlag erfasst werden und den Gläubigern damit haftungsrechtlich zugewiesen sind.16 Sozusagen eine Schnittmenge aller im tatsächlichen Besitz des Schuldners befindlichen Vermögenswerte. II. Aussonderungsrecht des Treugebers 1. Grundsatz der Aussonderungsberechtigung Nach § 47 InsO aussondern können dritte Personen, die ihre materielle Berechtigung an dem insolvenzbeschlagenen Gegenstand auf Grundlage eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen (können).17 Nach dem insolvenzrechtlichen Grundsatz der dinglichen Vermögenszuordnung berechtigen einfache schuldrechtliche Ansprüche grundsätzlich nicht zur Aussonderung nach § 47 InsO.18 Sie können nur als normale Insolvenzforderung in Höhe ihres geldwerten Betrages geltend gemacht werden, § 45 S. 1 InsO. Der Wortlaut in § 35 InsO lässt allerdings erkennen, dass es doch bestimmte Ausnahmen zu diesem Grundsatz geben soll. Hernach können im Einzelfall auch „persönliche“, also schuldrechtliche Ansprüche
13 14 15 16 17 18
Andres, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 35 Rn. 4. Henckel, in: Jaeger, InsO, § 35 Rn. 7; Peters, in: MünchKomm, InsO, § 35 Rn. 20. Siehe Andres, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 35 Rn. 4 ff. Peters, in: MünchKomm, InsO, § 35 Rn. 19. Bäuerle, in: Braun, InsO, § 47 Rn. 3. Leithaus, in: Andres/Leithaus, InsO, § 47 Rn. 9.
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zur Aussonderung berechtigen.19 Welcher Natur diese „persönlichen Rechte“ jedoch genau sein müssen, ist dem Gesetz im Weiteren nicht zu entnehmen. Insbesondere gibt das Gesetz keine Anhaltspunkte, was die durch das persönliche Recht vermittelte Position beinhalten müsse, um dieselben (insolvenzrechtlichen) Wirkungen wie eine dingliche/absolute Rechtsstellung herbeizuführen. Jedenfalls ist unter einem Aussonderungsrecht weder das Recht auf Herausgabe eines Gegenstandes zu verstehen noch begründet ein solcher Herausgabeanspruch zwingend ein Aussonderungsrecht. Ein Aussonderungsrecht im Sinne des § 47 InsO ist lediglich das Recht, eine bestehende Rechtsposition an einem Gegenstand gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend machen zu können.20 2. Aussonderungsberechtigung bei Treuhandschaften (allgemein) Zunächst stellt sich die Frage, ob Treuhandabreden dem Treugeber allgemein ein solches Aussonderungsrecht nach § 47 InsO vermitteln, also eine gegenüber dem reinen Herausgabeanspruch qualifizierte Rechtsposition einräumen. Anschließend stellt sich dieselbe Frage konkret für den Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand. a) Die Treuhandabrede als „persönliches“ Recht Im Rahmen von Vollrechtstreuhandschaften entledigt sich der Treugeber seiner dinglichen/absoluten Position am Treugut, so dass er diese im Rahmen von § 47 InsO nicht mehr geltend machen kann. Allerdings steht dem Treugeber – je nach Ausgestaltung – eine mehr oder weniger weitgehende persönliche Rechtsposition am Treugut zu, vermittelt durch den schuldrechtlichen Treuhandvertrag mit dem Treuhänder als neuem, formalem Eigentümer. Insbesondere beinhaltet diese Rechtsposition einen schuldrechtlichen Herausgabeanspruch gegen den Treuhänder, bedingt auf den Wegfall des Sicherungszwecks.21 Daneben hat der Treugeber bestimmte Informationsrechte gegen den Treuhänder in Bezug auf das Treugut und – je nach Ausgestaltung – sogar mehr oder weniger weitgehende Einflussnahmerechte hinsichtlich der Verwaltung des Treuguts. Weiterhin ist er in der Regel berechtigt, die Nutzungen aus dem Treugut zu ziehen. Alternativ können diese zur Tilgung eines gegen ihn bestehenden Anspruches herangezogen werden, so dass sie ihm wirtschaftlich im Ergebnis wieder zustehen. Abweichend von den Grundsätzen der InsO berechtigt diese auf der Treuhandabrede basierende, rein schuldrechtliche Rechtsposition den Treugeber nach allgemeiner Ansicht zur Aussonderung des Treuguts im Falle der Insolvenz des dinglich berechtigten Treuhänders nach § 47 InsO. Die durch den Treuhandvertrag vermittelte Rechtsposition sei, obwohl rein schuldrechtlich, demnach stark genug, um den Grundsatz der dinglichen Vermögenszuordnung als 19
Leithaus, in: Andres/Leithaus, InsO, § 47 Rn. 3. Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 5. 21 Zu dem bedingten, vertraglichen Herausgabeanspruch der Altgesellschafter unter § 6 A. II. 8. 20
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
„persönliches“ Recht zu durchbrechen. Schon 1899 stellte das Reichsgericht hierzu fest, dass im Fall der einseitigen Treuhand nicht das rein formale Eigentum des Treuhänders für den Begriff des „gehörens“ im damaligen § 35 KO maßgebend sein könne.22 Um das Treugut in der Insolvenz des Treuhänders von der Soll-Masse auszunehmen und so im Ergebnis nicht den Gläubigern des Treuhänders haften zu lassen, anerkannte das Reichsgericht daher unter Durchbrechung der dinglich formalen Vermögenszuordnung ein Aussonderungsrecht des (einseitigen) Treugebers am Treugut auf rein schuldrechtlicher Basis. Es erachtete die durch den Treuhandvertrag vermittelte Rechtsposition des Treugebers als hinreichend, das Treugut wirtschaftlich und haftungsrechtlich dessen Vermögen zuzuweisen.23 Das treugeberische Aussonderungsrecht hat sich in der Folge zur ständigen Rechtsprechung24 gefestigt und wird auch vom BGH25 bis heute anerkannt. Ebenso stimmte und stimmt die Literatur dem Aussonderungsrecht des Treugebers bis heute grundsätzlich zu.26 Vielerorts wird das treugeberische Aussonderungsrecht daher auch als Gewohnheitsrecht bezeichnet.27 b) Voraussetzungen im Einzelnen Umstritten sind jedoch die genauen Voraussetzungen dieses treugeberischen Aussonderungsrechts, also wie das Rechtsverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder konkret ausgestaltet sein müsse. Das Reichsgericht anerkannte das treugeberische Aussonderungsrecht anfangs ohne spezifische, formale Voraussetzungen und verlangte nur, dass das Treugut dem Treugeber „wirtschaftlich und materiell“ zustehe. Die Begründung erschöpfte sich damit weitgehend in der Feststellung, das Treugut stehe zwar im formalen beziehungsweise juristischen Eigentum des Treuhänders, dieser dürfe es aber gleichwohl nicht wie sein Eigentum behandeln, also grundsätzlich nach freiem Belieben damit verfahren, sondern nur für den Treugeber als wirtschaftlichen Eigentümer halten.28 Das Aussonderungsrecht be22
RGZ 45, 80 (85). RGZ 45, 80 (85 f.). 24 RGZ 84, 214 (217 f.); RGZ 91, 12 (16); RGZ 94, 305 (307 f.); RG JW 1927, 669 (670); RG JW 1928, 1653 f.; RG JW 1928, 2446; RGZ 133, 84 (87). 25 BGHZ 11, 14 (17 f.); BGH NJW 1959, 1223 (1224); BGH WM 1962, 180 (181); BGH WM 1969, 325; BGH NJW 1971, 559; BGH DNotZ 1993, 384; BGH ZIP 1993, 213 (214); BGH WM 2005, 1796 (1798). 26 Vgl. statt vieler und jeweils m. w. N. insbesondere auch aus der Rechtsprechung: Andres, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 47 Rn. 37, Rn. 40; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 43, § 930 Rn. 36; Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (111 ff.); Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 369 (Verwaltungstreuhand), Rn. 375 (Sicherungstreuhand); Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1781 Rn. 58 ff.; Gernhuber, JuS 1988, 355 (359); Hirschberger, S. 41, 62; Liebich/Mathews, S. 156; Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47 Rn. 26, 27. 27 Vgl. etwa BGH NJW 1959, 1223 (1224); BGH ZIP 1993, 213 (214); Hirschberger, S. 41; Martinek, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 662 ff., Rn. 47. 28 RGZ 45, 80 (85). 23
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ruhte demnach rein auf einer Auslegung der treuhänderischen Bindung im Treuhandvertrag und einer hierauf basierenden Abwägung, wem das Treugut materiell und wirtschaftlich zustehe. Die schuldrechtliche Vermögenszuordnung im Treuhandhandvertrag begründete damit das insolvenzrechtliche Aussonderungsrecht. In diesem Zusammenhang kann man oft von der sogenannten „quasidinglichen“ Rechtswirkung der Treuhandabrede lesen, da sich die rein schuldrechtliche Position des Treugebers aus der Treuhandabrede in der Insolvenz gleich dem dinglichen Eigentumsrecht am Treugut auswirkt. Der Treugeber wird demnach wie der dingliche Eigentümer beziehungsweise vollwertige Inhaber des Treuguts behandelt, obwohl er in einer rein schuldrechtlichen Beziehung zu diesem steht. Ebenfalls ist von einer „Insolvenzfestigkeit der Treuhand“ zu lesen, soweit diese ein Aussonderungsrecht des Treugebers begründet.29 Da jede Treuhandabrede die bei dem Treugeber am Treugut verbleibende Rechtsposition individuell mehr oder weniger stark ausgestaltet (Weisungs-, Herausgaberechte etc.), befürchtete das Reichsgericht allerdings schon wenig später ein „Zerfließen des Treuhandbegriffes ins Unbestimmte“, anerkannte es ja selbst das Aussonderungsrecht weitgehend ohne spezifische Anforderungen an den Treuhandvertrag. Dadurch würden die „Grenzen der Begriffe des dinglichen und des persönlichen Rechts verwischt“ und so die „Verkehrs- und Kreditsicherheit auf das Schwerste gefährdet“ werden.30 Im selben Urteil stellte das Reichsgericht daher die zusätzliche formelle Voraussetzung auf, dass das Treugut unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers in das Vermögen des Treuhänders übertragen worden sein müsse (Übertragungstreuhand).31 Hierbei unterschied es nicht näher danach, ob die Treuhand der Sicherung eines Anspruchs oder der Verwaltung des Treugutes dient.32 Erwerbs- und Vereinbarungstreuhandschaften schieden somit ebenso hinsichtlich eines treugeberischen Aussonderungsrechts aus, wie alle anderen treuhänderischen Konstruktionen, welche kein dingliches/absolutes Element aufwiesen (d. h. Vollmachts- und Ermächtigungstreuhand).33 Insbesondere sollten hierdurch Formen der mittelbaren Stellvertretung vom Treuhandbegriff und der Aussonderungsberechtigung ausgeschlossen werden.34 In der Folge wurde nur noch im Fall der fiduziarischen Übertragungstreuhand von einem „echten Treuhandverhältnis im Rechtssinne“ gesprochen, da diese nach der Rechtsprechung des RG als einzige Treuhandform ein Aussonderungsrecht des Treugebers in der Insolvenz des Treuhänders begründete. Als Folge dieser Rechtsprechung wurde die Übertragungstreuhand vielfach als
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Siehe etwa bei Leithaus, in: Andres/Leithaus, InsO, § 47 Rn. 12. RGZ 84, 214 (216 f.). RGZ 84, 214 (217). Vgl. auch Hirschberger, S. 64 insbesondere in Fn. 344. Zu Vollmachts- und Ermächtigungstreuhand schon unter § 2 B. I. 2. a) und § 12 B. II. 1. Vgl. Coing, S. 178; Kötz, S. 134.
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echte, Erwerbs- und Vereinbarungstreuhand wie Ermächtigungs- und Vollmachtstreuhand dagegen nur noch als „unechte“ Treuhandschaften bezeichnet.35 Diese zusätzliche, heute als Unmittelbarkeitsprinzip bekannte Voraussetzung verfestigte sich zur ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts.36 Der BGH37 übernahm das Unmittelbarkeitsprinzip ebenfalls und hält im Grunde bis heute daran fest, wenn er auch einige Ausnahmen für beispielsweise Treuhandkonten38 anerkennt und 2003 das erste Mal explizit in Frage stellte, inwiefern das Unmittelbarkeitsprinzip ein allgemein taugliches Abgrenzungsmerkmal darstellt.39 Neben dem Unmittelbarkeitsprinzip hat der BGH uneinheitlich auch auf diverse andere Abgrenzungsmerkmale abgestellt, wie dem Herkunftsprinzip, dem Offenkundigkeitsprinzip, dem Vermögenstrennungsprinzip oder dem Bestimmtheitsprinzip.40 Der Großteil der Literatur sprach dem Unmittelbarkeitsprinzip seit jeher seine Tauglichkeit als Abgrenzungskriterium ab.41 Die Kritik am Unmittelbarkeitsprinzip setzt hierbei auf zahlreichen Ebenen an.42 Zuletzt eingehend damit beschäftigt hat sich – soweit ersichtlich – Bitter, der das Unmittelbarkeitskriterium als leicht zu umgehen43, willkürlich44, stark durchlöchert und als von der Rechtsprechung selbst zahlreich durchbrochen bezeichnet.45
35 Vgl. bspw. Armbrüster, S. 15; Eden, S. 25; Heidner, DStR 1989, 276 (278); Reichert/ Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 199, 203. 36 RGZ 91, 12 (14). 37 BGH NJW 1959, 1223 (1224 f.). 38 Vgl. hierzu BGHZ 155, 227 (231) oder aus der Literatur hierzu: Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 87 ff.; Peters, in: MünchKomm, InsO, § 35 Rn. 118 ff. 39 BGHZ 155, 227 (231). Erstmals offen gelassen, ob am Unmittelbarkeitsprinzip festgehalten werden sollte, hatte der BGH schon im Jahre 1970, vgl. BGH NJW 1971, 559 (560). 40 Gute Übersicht m. w. N.: Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 357a ff. 41 Armbrüster, S. 19 (generell nicht geeignet); Armbrüster, DZWIR 2003, 485 (487); Assfalg, NJW 1960, 1582 (1585); Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (111 ff.); Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 106 ff.; Canaris, NJW 1973, 825 (832); Coing, S. 177 ff.; Cranshaw, WM 2009, 1682 (1685); Einsele, JZ 1990, 1005 (1011 ff.); Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 357; Gelhausen, in: WP Handbuch, S. 1782 Rn. 63; Gernhuber, JuS 1988, 355 (360 ff.); Grundmann, S. 312 ff.; Heinsius, in: FS Henckel, S. 387 ff.; Henssler, AcP 196 (1996), 37 (54 f.); Hirschberger, S. 44 f. (aufzugeben, nicht tauglich); Kötz, S. 132 ff.; Liebich/Mathews, S. 473 ff.; Reinhardt/Erlinghagen/Schüler, JuS 1962, 41 (47 ff.); v. Rom, S. 235 f.; Schaub, DStR 1996, 65 (68); Schmidt, in: FS Wiegand, S. 933 (947); Tebben, S. 299 f.; Thomas, NJW 1968, 1705 (1707). 42 Vgl insb. Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 357; Hirschberger, S. 44 f.; sowie alle in Fn. 41 Genannten. 43 Vgl. zur Umgehung auch Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 357. 44 Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 109. 45 Zusammenfassend vgl.: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (114 f.); ausführlich: Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 75 ff., 106 ff.
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III. Aussonderungsrecht des Altgesellschafters als Treugeber bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand 1. Grundsatz An dieser Stelle muss aufgrund der geringen Relevanz für die doppelseitige Sanierungstreuhand nicht tiefer auf die Unzulänglichkeiten des Unmittelbarkeitsprinzips und die daran geübte Kritik eingegangen werden. Unabhängig davon, ob man das Unmittelbarkeitsprinzip als notwendig erachtet, hätte dies vorliegend keine Auswirkung auf die treugeberischen Rechte im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand. Im Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand nehmen der oder die Altgesellschafter die Rolle des oder der Treugeber(s) ein. Die Gesellschaftsanteile übertragen sie unmittelbar aus ihrem Vermögen auf die Treuhand-Zweckgesellschaft. Lässt man die drittbegünstigenden Absprachen im Treuhandvertrag zunächst außer Betracht, so liegt der lineare Grundfall einer (echten) fiduziarischen Vollrechts-Übertragungstreuhand vor, in deren Rahmen nach allen Ansichten der Treugeber auf Grundlage der Treuhandabrede zur Aussonderung des Treuguts in der Insolvenz des Treuhänders berechtigt ist. Das Unmittelbarkeitsprinzip wäre jedenfalls gewahrt, soweit man es mit der Rechtsprechung als erforderlich erachtet. Zudem vermittelt die Treuhandabrede den Altgesellschaftern eine hinreichend konkrete Rechtsposition am Treugut. Insbesondere haben die Altgesellschafter einen bedingten Herausgabeanspruch gegen die Treuhandgesellschaft in Bezug auf das Treugut, welcher in Zusammenschau mit den sonstigen Rechten (Informations-, Einflussnahme-, Gewinnbezugs- und Nutzungsrechten) die wirtschaftliche Zuordnung zu deren Vermögen begründet. Schon hier ist anzumerken, dass es keine Auswirkungen auf die Entstehung eines Aussonderungsrechts hat, ob diese treuhandvertraglichen Ansprüche unbedingt sind oder auf den Wegfall des Sicherungszweckes aufschiebend bedingt werden. Steuerrechtlich ist der Begriff des „wirtschaftlichen Eigentums“ wieder abweichend auszulegen. Demnach ist der Altgesellschafter also auch in der Insolvenz der Treuhandgesellschaft berechtigt, auf Basis seiner treuhandvertraglichen Rechtsposition und dem hieraus begründeten Aussonderungsrecht die Massefremdheit der Gesellschaftsanteile gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. Das Treugut fällt also nicht in die von Gesetzes wegen vom Insolvenzbeschlag erfasste Vermögensmasse des Treuhänders im Sinne des § 35 InsO und haftet den Gläubigern des Treuhänders nicht.
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2. Kein Aussonderungsrecht vor Erfüllung des Sicherungszwecks? a) Literatur Das treugeberische Aussonderungsrecht beruht demnach auf der vermögensrechtlichen Zuordnung des Treuguts zum Treugeber, vermittelt durch den schuldrechtlichen Treuhandvertrag. Hieran ändert auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts. Dies gilt ferner auch, wenn der Herausgabeanspruch auf die Erfüllung der gesicherten Forderung bedingt ist, wie dies bei jeder Sicherungstreuhand und so auch vorliegend der Fall ist. Während die Treuhandabrede das Aussonderungsrecht des Treugebers also begründet, bindet sie die Parteien gleichzeitig in der Ausübung der ihnen zustehenden (quasi-)dinglichen Rechte an dem Treugut im Rahmen des Sicherungszwecks. Nach der Treuhandabrede steht dem Altgesellschafter kein unmittelbar durchsetzbarer Anspruch auf Herausgabe des Treuguts gegen den Doppeltreuhänder zu, bevor nicht die gesicherte Forderung erfüllt ist.46 Teilweise wird in der Literatur daher vertreten, dass dem Treugeber entweder gar kein Aussonderungsrecht zustehe, bis er die gesicherte Forderung erfüllt hätte,47 oder aber das Aussonderungsrecht zwar bestünde, aber jedenfalls nicht geltend gemacht werden könnte.48 Als Begründung wird jeweils angeführt, dass einer Aussonderung der Sicherungszweck der Treuhand entgegenstehe, soweit die Forderung nicht erfüllt ist und der Treugeber daher keinen (schon durchsetzbaren) Herausgabeanspruch habe. b) Kritik Dem ist so nicht zuzustimmen. Dass der Herausgabeanspruch einer Bedingung unterliegt, hat keine Auswirkung auf den grundsätzlichen Bestand eines Aussonderungsrechts.49 Das Aussonderungsrecht darf gerade nicht gleichgestellt werden mit den Ansprüchen des Treugebers aus dem Treuhandvertrag. Insbesondere ist ein Aussonderungsrecht nicht gleichbedeutend mit einem Herausgabeanspruch des Treugebers (an sich selbst) oder der kompletten Aufhebung des Sicherungszwecks.50 Es beruht auf der wirtschaftlichen Zuordnung zum Vermögen des Treugebers aufgrund eines Bündels an Rechtspositionen (Herausgaberecht, Informationsrecht, Gewinnrecht etc.), an welcher sich nichts ändert weil der Herausgabeanspruch einer Bedingung unterliegt. Aussonderung bedeutet per se lediglich die Befugnis zur Verteidigung eines massefremden Rechts gegen den Zugriff des Insolvenzverwalters.51 Dieses Recht muss weder zwingend auf einem (unbedingten) Herausgabe46
Zu den treugeberischen Herausgabeansprüchen unter § 6 A. II. 8. Andres, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 47 Rn. 40; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 36; Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 24; Gernhuber, JuS 1988, 355 (359). 48 Peters, in: MünchKomm, InsO, § 35 Rn. 120. 49 So auch Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 36. 50 v. Rom, S. 239; selber Ansicht mit etwas verkürzter Begründung ist Hirschberger, S. 66. 51 Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 5. 47
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anspruch beruhen, noch beinhaltet es einen solchen und erst recht keinen Herausgabeanspruch an den Aussonderungsberechtigten selbst. Das Gleiche gilt hinsichtlich der „wirtschaftlichen Inhaberschaft“ des Treugebers am Treugut. Auch diese setzt keineswegs einen unbedingten Herausgabeanspruch an sich selbst voraus. Die wirtschaftliche Zuordnung kann nicht an einem einzigen Merkmal oder Recht festgemacht werden. Vielmehr ergibt sie sich aus einer wertenden Gesamtschau der treugeberischen Rechtsposition am Treugut, also einem Bündel an Rechten und damit der Rechtsposition im Gesamten, wie sie die Treuhandabrede vermittelt. Der Herausgabeanspruch ist nur ein Ausschnitt aus diesem Bündel, wenn natürlich auch ein bedeutender. Zudem beeinträchtigt den Sicherungszweck der Treuhandabrede das grundsätzliche Bestehen eines Aussonderungsrechts zugunsten des Treugebers keineswegs, im Gegenteil: indem der Treugeber das Treugut gegen den Zugriff des Insolvenzverwalters auf Grundlage eines Aussonderungsrechts verteidigen kann, macht das Aussonderungsrecht gerade erst möglich, dass auch der Sicherungszweck weiterhin gewährleistet ist. Nur soweit das Treugut aus der haftenden Insolvenzmasse ausgesondert wird, haftet es nicht den Gläubigern des Treuhänders und steht so weiter für die Sicherung der Forderung zur Verfügung. 3. Konkreter Inhalt des Aussonderungsrechts Das grundsätzliche Bestehen eines Aussonderungsrechts sagt noch nichts über den konkreten Inhalt des Rechts oder die Verfahrensweise der Aussonderung aus.52 Das bestimmt sich gemäß § 47 InsO nach den außerhalb der InsO geltenden Gesetzen.53 Im Rahmen des hier vorliegenden Treuhandvertrages als Dienstvertrag gilt also primär der individuelle Vertragsinhalt, da insofern keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften in den §§ 611 ff. BGB entgegenstehen. Der Inhalt des Aussonderungsrechts ergibt sich demnach aus der Rechtsposition des Altgesellschafters aus dem Sanierungstreuhandvertrag, insbesondere limitiert durch dessen Sicherungszweck. Hernach soll das Treugut für die Forderung des drittbegünstigten Kreditinstituts haften. Bevor die Forderung erfüllt ist und sich der Sicherungszweck erledigt hat, besteht nach den vertraglichen Regelungen daher kein Herausgaberecht des Treugebers an sich selbst.54 Herausgabe kann er nur nach (wirksamer) Kündigung des Treuhandvertrages (hernach Wandlung in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis) und dann auch nur an einen neuen Treuhänder verlangen.55 Entsprechendes muss dann im Rahmen der Aussonderung in der Insolvenz gelten. Auch hier kann der Treugeber nur die Herausgabe an einen neuen Treuhänder verlangen, welcher die 52
Zur terminologischen Unterscheidung zwischen Aussonderungsrecht und Aussonderungsanspruch: Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 5, welcher selbst von einer Unterscheidung abrät. 53 Vgl. zu dem Thema auch Hirschberger, S. 158; v. Rom, S. 239 f. 54 Vgl. auch Bassenge, in: Palandt, BGB, § 930 Rn. 36. 55 So auch Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 390.
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
Konstruktion fortführt und bestenfalls schon als Ersatz im Treuhandvertrag benannt ist. Eine Herausgabe an sich selbst hingegen umfasst das Aussonderungsrecht nicht. Gleiches muss gelten, sofern Teile des Treuguts schon aus dem Sicherungszweck ausgegliedert sind und nur noch rein verwaltend vom Treuhänder gehalten werden. Diese Fallkonstellation ergibt sich, um eine Sittenwidrigkeit wegen nachträglicher Übersicherung zu vermeiden.56 Auch hier kann der Treugeber nicht Herausgabe der Anteile an sich verlangen, auch nicht der schon aus dem Sicherungszweck ausgegliederten. Sinn und Zweck der Treuhand und damit Inhalt des Treuhandvertrages ist nämlich neben der Besicherung auch, dass alle Anteile bis zum Abschluss der erfolgreichen Sanierung beim Treuhänder verbleiben. Anderenfalls würde diesem die notwendige gesellschafterliche Macht fehlen, um die Sanierung/Restrukturierung weiter umzusetzen. Sollte der Treuhänder in die Insolvenz fallen, nachdem die gesicherte Forderung schon vollständig befriedigt und damit der komplett Sicherungszweck erfüllt ist, so ergibt sich aus der doppelseitigen Sanierungstreuhandabrede ein durchsetzbarer Anspruch des Altgesellschafters gegen den Treuhänder auf Herausgabe des Treuguts an sich selbst. In diesem Fall beinhaltet das Aussonderungsrecht einen Anspruch auf Herausgabe an die Altgesellschafter selbst.57 Im Einzelfall kann dieser Herausgabeanspruch bereits vor Erfüllung der gesicherten Forderung bestehen. Hier kommt es jeweils auf die Formulierung des Sicherungszwecks im Treuhandvertrag an, ab wann der Treugeber Herausgabe an sich selbst verlangen kann. In der Regel wird dieser Sicherungszweck aber auf die vollständige Erfüllung der gesicherten Forderung lauten.
IV. Aussonderungsrecht des Kreditinstitutes als gesicherter Gläubiger Die bisherigen Erörterungen behandelten nur die Berechtigung des oder der Altgesellschafter(s), die Massefremdheit des Treuguts gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand erlangt aber ebenfalls das gesicherte Kreditinstitut über den drittbegünstigenden Treuhandvertrag eine Rechtsposition am Treugut und hat offensichtlich ein Interesse daran, dass das Treugut in einer Insolvenz nicht zu der Masse gezogen wird. Hier ist fraglich, ob das Kreditinstitut aus dieser Rechtsposition ebenfalls berechtigt ist, die Massefremdheit des Treuguts gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. Bestünde ein solches Recht nicht, wäre das Kreditinstitut darauf angewiesen, dass der treugebende Altgesellschafter den Zugriff dritter Gläubiger auf das Treugut im Wege der Aussonderung verhindert. Als Begründung für eine solche Befugnis kommt in Betracht (i) ein Aussonderungsrecht, welches originär bei dem Kreditinstitut selbst entsteht (hierzu unter 1.), oder (ii) das Aussonderungsrecht der Alt56 57
Vgl. hierzu eingehend unter § 7 B. II. 3. b) und c). Vgl. etwa auch Hirschberger, S. 62 f. m. w. N.
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gesellschafter, falls das Kreditinstitut berechtigt wäre, dieses gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen (hierzu unter 2.). 1. Kein „originäres“ Aussonderungsrecht nach den Grundsätzen zum treugeberischen Aussonderungsrecht Legt man die Anforderungen der Rechtsprechung58 an ein (treugeberisches) Aussonderungsrecht zugrunde, vermag die Rechtsposition des Kreditinstitutes ein solches Recht in zweierlei Hinsicht nicht in eigener Person des Kreditinstitutes zu begründen: weder ist das Kreditinstitut als „materiell und wirtschaftlicher Inhaber“ des Treuguts anzusehen [unter a)], noch wäre dem Unmittelbarkeitsprinzip Genüge getan, soweit man dieses als erforderlich erachtet [unter b)]. a) Keine materielle und wirtschaftliche Inhaberschaft Zwar ist – wie gezeigt – nicht der Treuhänder als „wirtschaftlicher und materieller Inhaber“ des Treuguts anzusehen, folglich ist das Treugut im Sinne von § 35 InsO auch nicht dessen Insolvenzmasse haftungsrechtlich zugeordnet. Das Kreditinstitut ist es jedoch ebenso wenig. Der Treuhandvertrag beinhaltet für das Kreditinstitut lediglich den Anspruch, dass das Treugut seine Forderung sichert und bei Eintritt des Sicherungsfalles zu deren Befriedigung verwertet werden soll. Der Treuhandvertrag weist ihnen das Treugut daher lediglich als Sicherungsmittel zu. Diese Rechtsposition vermag aber – entgegen einzelner (wohl) anderslautender Stimmen in der Literatur –59 gerade nicht die „wirtschaftliche und materielle“ Inhaberschaft zu begründen, welche nach allen Ansichten für ein treugeberisches Aussonderungsrecht notwendig ist. Dies lässt sich durch einen Vergleich mit der einseitigen Treuhand begründen: hier ist der Treuhänder aufgrund seiner Stellung aus dem Treuhandvertrag gleichzeitig Sicherungsnehmer. Das Treugut wird ihm übertragen, um seine Forderung zu sichern. Diese vertragliche Rechtsposition begründet allerdings nicht die wirtschaftliche Inhaberschaft an dem Treugut wie sie für ein Aussonderungsrecht notwendig wäre. So besagt es explizit § 51 Nr. 1 InsO. Vielmehr soll der Treuhänder in der Insolvenz des Treugebers nur ein Absonderungsrecht haben, der Treugeber in der Insolvenz des Treuhänders hierzu entsprechend ein Aussonderungsrecht, § 47 S. 1 InsO. Die beiden Positionen und Rechte korrelieren miteinander. Der Inhaber eines Absonderungsrechts kann nicht gleichzeitig auch ein Aussonderungsrecht an demselben Gegenstand geltend machen, da die beiden Rechte tatbestandlich alternativ zueinander stehen (bis auf wenige nicht einschlägige Fälle)60. Das Treugut 58
Siehe ausführlich unter § 15 A. II. 2. So wohl Hirschberger, S. 161. 60 Nur im Ausnahmefall können beide Rechte einmal zusammen treffen: Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 13. 59
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
selbst ist der (potentiellen) Insolvenzmasse des Treugebers als wirtschaftlichem und materiellem Inhaber nach § 35 InsO zugeordnet, nicht der des Treuhänders. Dieses Ergebnis folgt aus dem Gesetz und ist in einseitigen Konstellationen auch unumstritten, soweit ersichtlich. In der doppelseitigen Treuhandkonstellation verschiebt sich die vertragliche Rechtsposition des Sicherungsnehmers vom Treuhänder auf das Kreditinstitut. Inhaltlich ändert sich jedoch an der Rechtsposition aus dem Treuhandvertrag nichts, sie ist lediglich dem Kreditinstitut und nicht mehr dem Treuhänder selbst zugewiesen. Genauso wie in einseitigen Konstellationen diese Rechtsposition aus dem Treuhandvertrag keine „wirtschaftliche Inhaberschaft“ und (folglich) kein Aussonderungsrecht zugunsten des Sicherungsnehmers begründen kann, kann sie dies nicht in doppelseitigen Konstellationen. Auch hier ist das Treugut der (potentiellen) Insolvenzmasse des Treugebers nach 35 InsO zugewiesen und nicht der (potentiellen) Haftungsmasse des Sicherungsnehmers, unabhängig ob dieser identisch mit dem Treuhänder ist (einseitige Konstellation) oder nicht identisch (doppelseitige Konstellation).61 Mangels wirtschaftlichem Eigentums kann deshalb in der Person des Kreditinstitutes kein eigenes Aussonderungsrecht entstehen. b) Keine „unmittelbare“ Vermögensübertragung Zum Zweiten wäre das von der Rechtsprechung geforderte Unmittelbarkeitsprinzip62 in der Person des Kreditinstituts nicht erfüllt. Die Gesellschaftsanteile werden direkt vom Altgesellschafter auf das Vermögen der Treuhandgesellschaft übertragen, daher hat dieser auch nach allgemeiner Ansicht ein Aussonderungsrecht.63 c) Ergebnis Ein „eigenes“ Aussonderungsrecht des Kreditinstitutes nach den von den Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu begründen, kommt demnach nicht in Betracht. Dies gilt unabhängig davon, ob man das Unmittelbarkeitsprinzip als erforderlich erachtet, da schon die wirtschaftliche Stellung des Kreditinstitutes am Treugut in einer Zusammenschau des Regelungsinhaltes im Treuhandvertrag nicht 61
Vgl. unter § 15 A. I. Offenbar a. A. ist Hirschberger, S. 161 f., der in diesem Zusammenhang davon ausgeht, dass das Treugut „haftungsrechtlich“ dem Gesicherten zugeordnet ist. Unverständlich ist dann, warum auch der Sicherungsgeber gleichzeitig ein Aussonderungsrecht haben sollte, wo dieses doch auf der wirtschaftlichen und haftungsrechtlichen Zuordnung basiert (S. 158, 159 f.). 62 Zum Unmittelbarkeitsprinzip unter § 15 A. II. 2. b). 63 Interessant auch die Begründung bei v. Rom, S. 241 f. mit demselben Ergebnis. Hier soll es genügen, dem gesicherten Drittbegünstigten (hier: Arbeitgeber bei CTA) die Befugnis zur Geltendmachung der Massefremdheit vertraglich einzuräumen, wobei sich dies dann ohnehin konkludent aus der Treuhandabrede ergebe.
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gegeben ist. Nicht erläutert werden muss daher an dieser Stelle die Frage, ob es für ein Aussonderungsrecht eines eigenen Treuhandvertrages zwischen Doppeltreuhänder und Kreditinstitut bedarf oder ob hier der drittbegünstigende Anspruch ausreichend ist.64 2. Geltendmachung des „treugeberischen“ Aussonderungsrechts auf Grundlage der materiellen und wirtschaftlichen Berechtigung des Altgesellschafters Von dieser Feststellung muss jedoch die Frage getrennt werden, ob das Kreditinstitut berechtigt ist, die Massefremdheit der Gesellschaftsanteile gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen, obwohl es selbst gerade nicht die Position des wirtschaftlichen und materiellen Inhabers inne hat. a) Befugnis nach der Rechtsprechung zu einseitigen Treuhandschaften Aussonderung bedeutet, wie gesehen, weder die Herausgabe noch die Verwertung eines Rechts zugunsten einer Partei. Aussonderung bedeutet lediglich, die Massefremdheit eines Vermögenswertes gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend machen zu können respektive zu dürfen.65 Dieser Einwand ist vorliegend begründet. Das Treugut ist haftungsrechtlich dem Vermögen des Altgesellschafters zuzuordnen und damit „massefremd“. Die erste Voraussetzung eines berechtigten Aussonderungsbegehrens liegt damit vor. Diese Tatsache kann freilich nicht jeden beliebigen Dritten berechtigen, die Massefremdheit geltend zu machen, auch wenn verschiedentliche Kommentierungen dies als nahe liegend sehen.66 So heißt es schon im Gesetz: Wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, (…), § 47 S. 1 InsO. Das kann aber gerade nicht jeder beliebige Dritte, sondern nur der, dem das Recht auch zusteht. Im vorliegenden Fall ist dies eben der Altgesellschafter und nicht (auch) das Kreditinstitut. Demnach entsteht das Recht zur Aussonderung zunächst nur in Händen des „wirtschaftlich und materiell Berechtigten“ am Treugut, hier der oder die Altgesellschafter. Richtigerweise muss derjenige, der Aussonderung begehrt, 64
Vgl. hierzu Hirschberger, S. 162 f. Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 5. 66 Vgl. bspw. Andres, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 47 Rn. 3. Hernach muss der Dritte nicht geltend machen, dass es sich bei dem Recht um ein eigenes handelt. Er muss lediglich die (von ihm unabhängige) Massefremdheit nachweisen können. Auch v. Rom scheint auf S. 240 f. zunächst in diese Richtung zu tendieren. Hier heißt es: „Um den gesicherten Gläubigern des Sicherheitentreuhänders das Recht zur Aussonderung zu gewähren, ist sie [die Abschaffung des Unmittelbarkeitsprinzips] zumindest in der hier untersuchten Konstellation (CTA) nicht nötig“; v. Rom erörtert nur das Problem des entgegenstehenden Unmittelbarkeitsprinzips. Dass selbst bei Außerachtlassung desselben die zweite Voraussetzung des Aussonderungsrechts nicht gegeben wäre, problematisiert er nicht weiter. Ein abgeleitetes Aussonderungsrecht begründet v. Rom aber hernach – überzeugend – auch. 65
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
nachweisen, dass es sich um sein eigenes materielles Recht handelt, welches ihn zur Aussonderung berechtigen soll.67 Alternativ könnte darauf abgestellt werden, dass der begehrende Dritte nachweist, dass gerade er zum Besitz berechtigt ist.68 Das Kreditinstitut verfügt jedoch gerade nicht über die wirtschaftliche und materielle Stellung am Treugut, welche die erforderliche materielle Rechtsposition begründet. Ebenso wenig ist es gegenüber dem Treuhänder zum Besitz der Gesellschaftsanteile berechtigt. Demnach wäre das Kreditinstitut nicht berechtigt, die Massefremdheit des Treuguts gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. An dieser Stelle ist jedoch die Entstehungsgeschichte des „zur Aussonderung berechtigenden materiellen Rechts“ sowie die dahinterstehenden Überlegungen der Rechtsprechung in die Betrachtung mit einzubeziehen: das treugeberische Recht auf Aussonderung entwickelte die Rechtsprechung anhand einseitiger Treuhandschaften, also Konstellationen, in denen gerade keine weitere, dritte Partei Rechte nach § 328 BGB aus dem Treuhandvertrag für sich ableiten konnte. Die Besonderheiten doppelseitiger Treuhandschaften haben daher keinen Eingang in die diesbezüglichen Überlegungen gefunden. Die Erwägungen der Rechtsprechung stehen einer personellen Erweiterung des treugeberischen Aussonderungsrechts in doppelseitigen Konstellationen daher nicht entgegen und sind einer erweiternden Auslegung offen. b) Bewertung für doppelseitige Treuhandschaften Im Gegensatz zu einseitigen Treuhandverhältnissen steht im doppelseitigen Treuhandvertrag nicht nur der Treugeber auf Grundlage der Treuhandabrede in einer konkreten Rechtsposition zu und an dem Treugut. Ebenso vermittelt der Treuhandvertrag nach § 328 BGB dem gesicherten, drittbegünstigten Kreditinstitut eine Rechts- und Interessenposition am Treugut. Diese vermag zwar aufgrund der schwächeren Rechtsstellung (keine Einflussnahme-, Gewinnbezugsrechte etc.) nicht dieselbe „wirtschaftliche und materielle“ Inhaberschaft (und damit kein originäres, eigenes Aussonderungsrecht) begründen wie für die Altgesellschafter. Gänzlich außer Betracht bleiben darf sie freilich auch nicht. Vielmehr hat das Kreditinstitut dasselbe Interesse an der Aussonderung des Treuguts wie der Altgesellschafter selbst. Dieses Interesse ist durch die („quasidinglich“ wirkenden) Absprachen im Treuhandvertrag ebenso legitimiert, wie die Rechte des Altgesellschafters, welche das Aussonderungsrecht am Treugut begründen. Dem Kreditinstitut ist folglich als „Minus“ zur Rechtsposition des Altgesellschafters die Befugnis einzuräumen, das als wirtschaftlicher Inhaber grundsätzlich dem Altgesellschafter zustehende Aussonderungsrecht ebenfalls und ohne dessen Mitwirkung geltend machen zu dürfen. Dies folgt aus der über § 328 BGB aus dem Treuhandvertrag vermittelten Rechtsposition zugunsten des Kreditinstitutes, welcher (gegenüber dem Insolvenzverwal-
67 68
So völlig korrekt: Bäuerle, in: Braun, InsO, § 47 Rn. 3. So der Vorschlag bei Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 3.
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ter) auch nach Verfahrenseröffnung grundsätzlich wirksam bleibt.69 Das Kreditinstitut kann hernach ein fremdes Recht (Aussonderungsrecht) in eigenem Name geltend machen und Herausgabe wie der Altgesellschafter verlangen. Das Unmittelbarkeitsprinzip steht dieser Überlegung nicht entgegen, soweit man es als erforderlich erachtet. Es wurde entwickelt, um der „Ausuferung des Treuhandbegriffs“ entgegenzuwirken und insbesondere Gestaltungen wie der mittelbaren Stellvertretung die Rechtswirkung einer „echten“ Treuhand zu versagen.70 Dieser Gedanke wird keineswegs berührt, wenn man den gesicherten Drittbegünstigten in die Befugnis zur Geltendmachung der Massefremdheit des Treuguts miteinbezieht. Inhaltlich kann das Kreditinstitut nach dem Treuhandvertrag ebensowenig wie der Altgesellschafter die Herausgabe des Treuguts an sich selbst verlangen. Vielmehr beinhaltet das Recht nur das Begehren auf Herausgabe der Gesellschaftsanteile an einen neuen Treuhänder, welcher die Treuhandkonstruktion fortzuführen, respektive die Verwertung der Gesellschaftsanteile zu betreiben hat, sofern der Sicherungsfall schon eingetreten ist. Ebenso kann man eine Analogie zum Institut der gewillkürten Prozessstandschaft ziehen, um zu unterlegen, dass auch das Kreditinstitut die Massefremdheit auf Basis des wirtschaftlichen Eigentums der Altgesellschafter geltend machen kann: von einer gewillkürten Prozessstandschaft spricht man, wenn die Prozessführungsbefugnis durch Rechtsgeschäft vom Rechtsträger auf die Partei des Rechtsstreits übertragen ist.71 Mit anderen Worten ermächtigt Partei 1 eine Partei 2, ein der Partei 1 zustehendes Recht einzuklagen und (je nach Inhalt der Ermächtigung gegebenenfalls) auch einzuziehen. Partei 2 führt den Prozess dann als gewillkürter Prozessstandschafter über ein fremdes Recht in eigenem Namen. Von einer planwidrigen Regelungslücke kann ausgegangen werden. Die Gesetzesbegründung zu § 47 InsO enthält keine Überlegungen des Gesetzgebers dahingehend, ob auch der gesicherte Drittbegünstigte in doppelseitigen Treuhandkonstellationen das Aussonderungsrecht des Treugebers, also ein fremdes Recht in eigenem Namen geltend machen darf. Weiterhin ist die Interessenkonstellation vergleichbar mit der Geltendmachung des Aussonderungsrechts durch das Kreditinstitut: wie bei der gewillkürten Prozessstandschaft steht das Recht formal nicht dem Kreditinstitut zu, dieses hat aber ein berechtigtes Interesse daran, das (grundsätzlich fremde) Recht selbst geltend machen zu können. Voraussetzung für die Zulässigkeit der gewillkürten Prozessstandschaft sind nach der Rechtsprechung des BGH (i) die Ermächtigung zur Prozessführung, (ii) die grundsätzliche Abtretbarkeit des geltend gemachten Rechts, (iii) ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Prozessstandschafters, (iv) keine unbillige Benachteiligung des Prozessgegners sowie (v) die Offenlegung der Prozessstandschaft.72 69
Ebenso im Ergebnis v. Rom, S. 241 f. Zu den Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf den Treuhandvertrag sogleich im Text. 70 Hierzu schon mit grundsätzlich ablehnender Haltung: Hirschberger, S. 44 f. 71 Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 51 Rn. 31. 72 Statt vieler und mit entsprechenden Nachweisen: Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 51 Rn. 31 ff.
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
Die Tatbestandsvoraussetzungen liegen allesamt vor: (i) die Ermächtigung zur Geltendmachung wird (konkludent) im Treuhandvertrag erteilt, (ii) die das wirtschaftliche Eigentum (als Basis des Aussonderungsrechts) begründenden Ansprüche der Altgesellschafter aus dem Treuhandvertrag (Herausgabeanspruch, Dividendenanspruch etc.) sind grundsätzlich abtretbar, (iii) das Kreditinstitut hat aus dem Treuhandvertrag das berechtigte Interesse, dass das Treugut nicht zur Masse gezogen wird, sondern weiter zur Sicherung bereitsteht und (iv) die Geltendmachung des fremden Rechts müsste offengelegt werden. Würde die Rechtsprechung demnach die Geltendmachung der Massefremdheit (fremdes Recht) durch die Bank in eigenem Namen in einem Prozess gegen den Insolvenzverwalter anerkennen, so muss dies auch vorprozessual möglich und wirksam sein. Es gibt keinen Grund, die Bank (als gewillkürter Prozessstandschafter) in einen Prozess mit dem Insolvenzverwalter zu zwingen, hieran kann keine Partei ein Interesse haben. Folgt man der eben aufgezeigten und hier vertretenen Ansicht (Recht zur Geltendmachung im eigenen Namen) nicht oder ist man nicht überzeugt und möchte eine hilfsweise Sicherungsebene einziehen, bleibt die Möglichkeit, dass die Altgesellschafter das Kreditinstitut im Treuhandvertrag zusätzlich (explizit) hilfsweise unwiderruflich bevollmächtigen, ihren „mit Aussonderungskraft versehenen Herausgabeanspruch“ gegenüber dem Insolvenzverwalter selbst und ohne ihre weitere Mitwirkung geltend zu machen.73 Kurz gesagt wird das Kreditinstitut im Treuhandvertrag (hilfsweise) bevollmächtigt, vom Insolvenzverwalter die Aussonderung zu begehren. Eine solche Ermächtigung (egal ob explizit oder konkludent) wird man als unwiderrufliche Vollmacht im Sinne der §§ 164 ff. BGB verstehen können und müssen, die Massefremdheit auf Basis des wirtschaftlichen Eigentums des Alleingesellschafters gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. Da es sich hierbei um kein höchstpersönliches Rechtsgeschäft handelt, ist eine Bevollmächtigung grundsätzlich möglich. Ebenso erlischt die Vollmacht nicht mit Insolvenzeröffnung, da der zugrundeliegende Treuhandvertrag hiervon unbeschadet bleibt, § 168 S. 1 BGB in Verbindung mit § 108 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 InsO.74 Im Gegensatz zu der hier vertretenen Lösung macht die Bank dann ein fremdes Recht in fremdem Namen geltend. V. Zusammenfassung Die Gesellschaftsanteile fallen in der Insolvenz der Treuhand-Zweckgesellschaft nicht in deren haftende Insolvenzmasse nach § 35 InsO. Vielmehr steht sowohl Altgesellschaftern als auch Kreditinstitut die Befugnis zu, die Massefremdheit der Gesellschaftsanteile jeweils in eigenem Namen gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. Die Altgesellschafter können die Massefremdheit auf Basis ihrer 73 Diese Möglichkeit befürwortend auch Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 390 und explizit v. Rom, S. 240 f. 74 Zu den Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf den Treuhandvertrag sogleich im Text.
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wirtschaftlichen Stellung am Treugut nach § 47 S. 1 InsO geltend machen. Dem Kreditinstitut steht diese wirtschaftliche Stellung und mithin ein originäres Aussonderungsrecht in eigener Person nicht zu. Gleichwohl ist auch das Kreditinstitut nach hier vertretener Ansicht aus dem Treuhandvertrag berechtigt, die Aussonderung der Gesellschaftsanteile (also ein fremdes Recht) in eigenem Namen gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. Sowohl Altgesellschafter wie auch Kreditinstitut können allerdings nur Herausgabe des Treugutes an einen neuen Treuhänder verlangen, soweit der Sicherungsfall weder eingetreten, noch der Sicherungszweck weggefallen ist. Nach Wegfall respektive Erfüllung des Sicherungszwecks kann der Altgesellschafter Herausgabe an sich selbst verlangen, da insoweit die treuhandvertraglichen Beschränkungen nicht mehr entgegenstehen.
B. Auswirkung auf den Treuhandvertrag Die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf die schuldrechtlichen Beziehungen des insolventen Schuldners regelt die InsO in den §§ 103 ff. BGB. Zugrunde liegender Gedanke ist primär die Verteilungsgerechtigkeit sowie die Masseanreicherung bei gleichzeitiger Wahrung der Interessen dritter Vertragspartner des Schuldners.75 I. Ausgangssituation Der Treuhänder als natürliche Person beziehungsweise die Treuhand-Zweckgesellschaft (je nach Konstruktion) ist (dienstverpflichtete) Partei des Treuhandvertrages mit dem oder den Altgesellschafter(n). Sollte die Alternative über die Zweckgesellschaft gewählt worden sein und wird diese insolvent. so wird die Gesellschaft mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG aufgelöst. Die Auflösung an sich hat jedoch keine Auswirkung auf das Bestehen der Gesellschaft als juristische Person. Lediglich der Gesellschaftszweck ändert sich und ist zukünftig auf die Liquidation der Gesellschaft gerichtet.76 Ebenso wenig hat die Auflösung Auswirkung auf die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft mit Arbeitnehmern, Kunden oder außenstehenden Dritten (wie den Altgesellschaftern). Diese bestehen zunächst unverändert fort.77 Dasselbe gilt für den Bestand der Krisengesellschaft, in welcher die Treuhandgesellschaft Gesellschafterin ist. Die Insolvenz eines Gesellschafters hat keine Auswirkungen auf die Gesellschaft selbst, soweit nicht gesellschaftsvertraglich etwas Abweichendes bestimmt ist.78 Allerdings könnte
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Kreft, in: MünchKomm, InsO, § 103 Rn. 11 f. Berner, in: MünchKomm, GmbHG, § 60 Rn. 17 f. Berner, in: MünchKomm, GmbHG, § 60 Rn. 19. Berner, in: MünchKomm, GmbHG, § 60 Rn. 214.
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
nach den Vorschriften der InsO eine Auswirkung der Verfahrenseröffnung auf den Treuhandvertrag in Betracht kommen. II. Kein „Erlöschen“ nach den §§ 115, 116 InsO Nach hier vertretener Auffassung ist der (Sanierungs-)Treuhandvertrag als Dienstvertrag nach den §§ 611 ff. BGB zu qualifizieren. Auftragsrecht ist demnach weder direkt noch über den Verweis in § 675 Abs. 1 BGB anwendbar.79 Die §§ 115, 116 InsO haben daher schon mangels tatbestandlicher Einschlägigkeit keine Auswirkungen auf den Treuhandvertrag.80 Im Übrigen wären die §§ 115, 116 InsO aber auch unabhängig von der rechtsnatürlichen Qualifikation des Treuhandvertrages nicht anwendbar, selbst soweit die Gegenauffassung von einem Auftrag oder einer Geschäftsbesorgung ausgeht. Nach diesen Vorschriften erlöschen ausschließlich die vom Schuldner erteilten Aufträge respektive Geschäftsbesorgungen.81 Der Treuhänder in Form der Treuhand-Gesellschaft selbst wäre jedoch nicht Auftraggeber, sondern Auftragnehmer(in). Der Auftrag käme folglich von Altgesellschafterseite als Auftraggeber. So gelangen auch Vertreter dieser Ansicht im Ergebnis dazu, dass die §§ 115, 116 InsO in der Insolvenz des (doppelseitigen) Treuhänders keine Auswirkung auf die Treuhandabrede haben.82 Lediglich ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 BGB käme im Fall der Geschäftsbesorgung in Betracht, da es sich hier aufgrund der Entgeltlichkeit, um einen gegenseitigen Vertrag im Sinne des § 320 BGB handelt.83 III. Fortbestehen nach § 108 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 InsO Qualifiziert man den doppelseitigen (Sanierungs-)Treuhandvertrag demgegenüber wie hier als Dienstvertrag, so hat die Insolvenzeröffnung keine Auswirkungen auf Bestand oder Inhalt des Vertrages. Dementsprechend gewährt die InsO dem Insolvenzverwalter auch kein Wahlrecht. Nach § 108 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 InsO bestehen Dienstverträge mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Auf welcher Seite des Vertrages der insolvente Schuldner hierbei steht (Dienstberechtigter oder Verpflichteter) ist irrelevant, genauso wie die Durchführungsstufe des Dienstvertrages.84 79
Vgl. unter § 6 B. III. 3. I. E. übereinstimmend: Hirschberger, S. 157 f., wobei dieser den doppelseitigen Treuhandvertrag (im Verhältnis zum Treugeber) als Sicherungsvertrag sui generis einstuft. 81 Zum Begriff des „Erlöschens“ vgl. § 6 unter Fn. 244 und § 14 unter Fn. 5. 82 Vgl. stellvertretend v. Rom, S. 242 ff. mit klarer Darstellung und m. w. N.; ebenso: Obermüller, S. 1063 Rn. 5.819. 83 Bork, NZI 1999, 337 (338 f.); Obermüller, S. 1063 Rn. 5.819; v. Rom, S. 244 f. 84 Balthasar, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 108 Rn. 10; Kroth, in: Braun, InsO, § 108 Rn. 13; nach neuerer Rspr. des BGH soll dies allerdings nicht gelten, soweit die Dienstleistung nur durch Begründung erheblicher Masseschulden erbracht werden kann, vgl. BGH NJW-RR 2012, 182; Übersicht hierzu bei Caspers, in: MünchKomm, InsO, § 113 Rn. 4 f. 80
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Anstelle des Wahlrechts tritt hier das gesondert geregelte Kündigungsrecht des § 113 InsO für den Fall dass der insolvente Schuldner der Dienstberechtigte wäre, § 113 S. 1 InsO. Der Treuhandvertrag zwischen Treuhänder und Altgesellschaftern besteht demnach im Fall der Verfahrenseröffnung über das Vermögen des Treuhänders wirksam fort. Ein voraussetzungsloses Wahlrecht des Insolvenzverwalters besteht nicht. Das weitere Schicksal des Vertrages und dessen Durchführung bestimmt sich somit anhand der Gesetze und den vertraglichen Absprachen, welche auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens anwendbar wären. IV. Beendigungsmöglichkeiten, insbesondere Wirksamkeit einer insolvenzabhängigen Lösungsklausel Ein insolventer Treuhänder ist für die weitere Durchführung der doppelseitigen Sanierungstreuhand ungeeignet. Handelt es sich beim Treuhänder wie im Fall der Sanierungstreuhand zudem um eine Zweckgesellschaft, wird diese mit Verfahrenseröffnung aufgelöst, § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG. Das hat zwar keine unmittelbare Auswirkung auf ihr rechtliches Bestehen. Allerdings ist der Geschäftszweck künftig auf Auflösung gerichtet und steht damit einer dauerhaften Erbringung von Verwaltungsdiensten entgegen. Zum anderen geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über ihr Vermögen de lege lata auf den gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter über, § 80 Abs. 1 InsO. Zu dem Vermögen gehören formal auch die Gesellschaftsanteile, somit geht auch die Verwaltungsbefugnis im Hinblick auf die Gesellschaftsanteile über. Das Vermögen selbst, also die Anteile, verbleiben bei der insolventen Treuhand-Gesellschaft. Leicht zu beantworten ist zunächst die Frage, ob der Insolvenzverwalter der Treuhand-Zweckgesellschaft den Treuhandvertrag aufkündigen kann: der Insolvenzverwalter hat diesbezüglich kein Wahlrecht aus § 103 InsO. Jedoch vereinbaren Altgesellschafter und Treuhand-Gesellschaft typischerweise im Rahmen des Treuhandvertrages ein ordentliches Kündigungsrecht der Treuhand-Gesellschaft, mit der einzigen Voraussetzung einer angemessenen Kündigungsfrist.85 Dieses Verwaltungsrecht bleibt durch die Verfahrenseröffnung unbeschadet, da der Normzweck der insolvenzrechtlichen Schutzvorschriften (Masseanreicherung) in Richtung des Insolvenzverwalters nicht einschlägig sind. Damit kann der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung ohne weitere Voraussetzungen den Treuhandvertrag auf Basis des vertraglichen Kündigungsrechts beenden. Schadensersatzrechtlich bestehen keine Bedenken, der Vertrag sieht das Recht ja explizit vor. Schwieriger liegt dies aus Sicht der Altgesellschafter, da ihnen gegenüber der Schutzzweck der insolvenzrechtlichen Vorschriften greift. Hier stellt sich die Frage der Wirksamkeit vertraglich vereinbarter Kündigungsrechte in der Insolvenz. Ob und unter welchen Vorausset-
85 Zu den Vertragsinhalten, inbesondere den Kündigungsrechten ausführlich oben unter § 6 A. II. 13., insbesondere § 6 A. II. 13. d).
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
zungen sich die Altgesellschafter von dem Treuhandvertrag lösen können, ist Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung. 1. Kein Kündigungsrecht nach § 113 InsO Zunächst kommt eine Kündigung des Treuhandvertrages auf der Grundlage des § 113 Abs. 1 InsO in Betracht. Die Regelung gewährt den Parteien in dieser Situation jedoch gerade kein beiderseitiges Kündigungsrecht. Vielmehr erfasst sie nur die Konstellation, dass der Dienstberechtigte (Altgesellschafter) und nicht der Dienstverpflichtete (Treuhandgesellschaft) insolvent wird.86 2. Gesetzliches Kündigungsrecht aus § 626 BGB im Einzelfall Beide Vertragsteile können ein Dienstverhältnis nach dem nicht abdingbaren87 § 626 Abs. 1 S. 1 BGB aus wichtigem Grund kündigen. Dieses außerordentliche Kündigungsrecht wird weder durch § 113 InsO beschränkt noch durch die Verfahrenseröffnung allgemein berührt.88 Allerdings begründen weder die Insolvenzeröffnung und erst recht nicht die Gefahr einer solchen – im Einklang mit § 113 InsO – einen „wichtigen Grund“ im Sinne des § 626 BGB.89 Als „wichtiger Grund“ kommen vielmehr Pflichtverletzungen der Treuhandgesellschaft handelnd durch ihren Geschäftsführer in Betracht, welche das weitere Festhalten an der Vertragsdurchführung für den oder die Altgesellschafter als unzumutbar erscheinen lassen. Handelt der Treuhandgeschäftsführer der Treuhand-Zweckgesellschaft damit in Schadensersatz begründender Weise (insbesondere deliktisch) und ist die Insolvenz letztlich Resultat aus dieser Schadensersatzforderung, so kann und wird oft die den Schadensersatz begründende Pflichtverletzung einen wichtigen Grund im Sinne des Gesetzes darstellen. Insbesondere wenn die Pflichtverletzung im Rahmen des Treuhandvertrages begangen wurde, kann dies für Altgesellschafter und Bank ein weiteres Festhalten an dem Treuhandvertrag unzumutbar machen. Bei Pflichtverletzungen gegenüber Dritten wird dies nur in Ausnahmefällen so liegen, soweit die Beziehung zu dem Dritten auch die Vertrauensstellung gegenüber Altgesellschaftern oder Bank berührt, beispielsweise bei einer Schadensersatzforderung gegen den Treuhänder wegen Betrugs, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB. Hier ist im Einzelfall zu bewerten, inwieweit die den Schadensersatzanspruch begründende Handlung das weitere Festhalten einer Partei an dem Treuhandvertrag nach einer beiderseitigen Interessenabwägung unzumutbar macht. 86
Caspers, in: MünchKomm, InsO, § 113 Rn. 3. Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 626 Rn. 2. 88 Henssler, in: MünchKomm, BGB, § 626 Rn. 21. 89 Henssler, in: MünchKomm, BGB, § 626 Rn. 21, 213; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 626 Rn. 55; als Parallele hinsichtlich Geschäftsführerdienstverträgen: Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 158. 87
§ 15 Insolvenz des Treuhänders
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3. Vertragliche Kündigungsrechte a) Wirksamkeit als insolvenzunabhängige Lösungsklausel Um den Parteien in der Insolvenz des Treuhänders unabhängig von der Einzelfallentscheidung hinsichtlich § 626 BGB und dem (nicht absehbaren) Verhalten des Insolvenzverwalters eine schnelle Auflösung des Treuhandvertrages zu ermöglichen, sollte den Altgesellschaftern daher ein entsprechendes vertragliches Kündigungsrecht eingeräumt werden (wie dem Treuhänder generell, vgl. oben). Naheliegend wäre ein außerordentliches, fristloses Kündigungsrecht, welches hinsichtlich des Kündigungsgrundes an die Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Treuhandgesellschaft respektive deren formelle (§§ 13 ff. InsO) oder materielle (§§ 16 ff. InsO) Voraussetzungen anknüpft. Für diesen Fall spricht man von einer sogenannten insolvenzabhängigen Lösungsklausel.90 Im Gegensatz hierzu knüpfen insolvenzunabhängige Lösungsklauseln nur an allgemeine, nicht insolvenzbezogene Umstände an.91 Insbesondere kann ein solcher insolvenzunabhängiger Grund eine Vertragsverletzung des Vertragspartners sein. Insolvenzunabhängige Lösungsklauseln sind ohne Weiteres wirksam, da sie nicht in den materiellen Regelungsgehalt der §§ 103 ff. InsO eingreifen und somit § 119 InsO nicht berühren.92 b) Wirksamkeit bei Qualifikation als insolvenzabhängige Lösungsklausel aa) Bewertung in Literatur und Rechtsprechung Bis zu einer Grundsatzentscheidung des BGH war die Wirksamkeit insolvenzabhängiger Lösungsklauseln lange Zeit umstritten.93 Nach einer Ansicht waren insolvenzabhängige Lösungsklauseln in Verträgen wegen des Verstoßes gegen § 119 InsO generell unwirksam, da hierdurch das Wahlrecht des Insolvenzverwalters aus § 103 InsO ausgehebelt würde.94 Dem Insolvenzverwalter sei durch solche Lösungsklauseln die Möglichkeit entzogen, im Interesse der Insolvenzmasse und auch einer möglichen Unternehmensfortführung aus der Insolvenz heraus die massegünstigen Verträge zu unveränderten Konditionen fortzuführen.95
90 Vgl. Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 119 Rn. 3; Balthasar, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 119 Rn. 10 ff.; Huber, in: MünchKomm, InsO, § 119 Rn. 18 ff., 22 ff. 91 Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 119 Rn. 3; Huber, in: MünchKomm, InsO, § 119 Rn. 19. 92 Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 119 Rn. 3; Huber, in: MünchKomm, InsO, § 119 Rn. 19. 93 BGH NJW 2013, 1159 ff. 94 Balthasar, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 119 Rn. 15; Gerhardt, AcP 200 (2000), 426 (437 ff.); Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 119 Rn. 15 ff.; Kroth, in: Braun, InsO, § 119 Rn. 12. 95 Vgl. etwa OLG Düsseldorf ZInsO 2007, 152 (154); Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 119 Rn. 3; zu den Zielen der §§ 103 ff. InsO: Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 103 Rn. 1.
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
Die Gegenauffassung erachtete auch insolvenzabhängige Lösungsklauseln grundsätzlich für wirksam und bezog sich in erster Linie auf die Streichung des expliziten Verbotes insolvenzabhängiger Lösungsklauseln in § 137 Abs. 2 RegE96 während des Gesetzgebungsverfahrens.97 Hiermit hätte der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er insolvenzabhängige Lösungsklauseln selbst als zulässig erachte. Daneben wäre der Normzweck des § 119 InsO auch mit insolvenzabhängigen Lösungsklauseln zu verwirklichen, insbesondere in Hinblick auf § 112 InsO. Überdies wäre die Regelung des § 119 InsO nach dieser Ansicht in Einklang mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit zu bringen, welcher es in das Belieben der Parteien stellt, vertragliche Lösungsrechte zu vereinbaren. Die Rechtsprechung positionierte sich lange Zeit nicht eindeutig, lediglich sollte – ganz generell – weder die Insolvenzeröffnung noch die Erfüllungsablehnung durch den Insolvenzverwalter ein vertraglich eingeräumtes Kündigungsrecht beeinflussen.98 Im Urteil vom 15. 11. 2012 lag die Frage der Wirksamkeit insolvenzabhängiger Lösungsklauseln dem BGH erstmals zur Entscheidung vor. Der BGH befand hier insolvenzabhängige Lösungsklauseln im Fall von fortlaufenden Lieferungen von Waren oder Energie wegen Verstoßes gegen § 119 InsO als unwirksam, soweit die Vereinbarung nicht einer gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entspricht. Maßgeblich stützt der BGH sein Urteil auf folgenden Zweck der §§ 103 (Erfüllungswahlrecht) und 119 InsO: hernach müsse die Masse geschützt werden und im Sinne einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung gemehrt werden. Dieser Zweck könnte vereitelt werden, wenn sich der Schuldner allein wegen der Insolvenz von einem massegünstigen Vertrag lösen und damit das Wahlrecht nach § 103 InsO aushebeln könnte. Mit anderen Worten: der Insolvenzverwalter soll massegünstige Verträge weiterhin durchführen können, um die Insolvenzmasse im Sinne der Gläubiger zu mehren. Weiter führt der BGH aus, dass § 119 InsO sogar nicht erst ab/ bei formaler Verfahrenseröffnung greife, sondern schon eine Vorwirkung jedenfalls ab dem Zeitpunkt zeitige, ab dem „wegen eines zulässigen Insolvenzantrags mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu rechnen sei“. Anderenfalls würde § 119 InsO in der Praxis leer laufen.99 bb) Kritik Nach hier vertretener Ansicht ist eine insolvenzabhängige Lösungsklausel im Treuhandvertrag trotz der dargelegten Rechtsprechung wirksam. Der BGH hat die Unwirksamkeit für den Fall der „fortlaufenden Lieferung von Waren und/oder Energie“ festgestellt. Dem liegt die typische Konstellation zugrunde, dass ein 96 97
27 ff. 98
Bericht des Rechtsausschusses zu § 137 RegE, in: BT-Drs. 12/7302. Vgl. statt vieler eingehend und m. w. N.: Huber, in: MünchKomm, InsO § 119 Rn. 18 ff.,
Vgl. BGH ZIP 2004, 176. Zum vorstehenden: BGH NJW 2013, 1159 (1161). Gute Zusammenfassung bei Huber, in: MünchKomm, InsO, § 119 Rn. 28 ff. 99
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Schuldner eine Vielzahl von Gläubigern hat und es dem Insolvenzverwalter ermöglicht werden soll, massegünstige Verträge weiterzuführen, um die Masse zu mehren und damit die Gläubiger möglichst gleichmäßig/vollständig befriedigen zu können. Eben so begründet der BGH auch sein Urteil. Genau diese Grundkonstellation liegt im Fall der doppelseitigen Sanierungstreuhand aber nicht vor. Wird die Struktur, wie hier empfohlen, über eine singulär zweckgebundende TreuhandZweckgesellschaft errichtet, so hat diese Treuhandgesellschaft keine Vielzahl von Gläubigern, die zu befriedigen wären. Einzige vertragliche Gläubiger sind die Altgesellschafter. Hier wäre es widersprüchlich und realitätsfern zu sagen, der Vertrag sei im Sinne der Altgesellschafter nicht kündbar, wo diese Kündigung doch genau im Interesse der Altgesellschafter liegt. Zudem ist § 119 InsO in Zusammenschau mit dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters aus § 103 InsO zu sehen. Grundsätzlich soll das Wahlrecht nicht durch eine Lösungsklausel ausgehebelt werden können. Ein Wahlrecht auf Seiten des Insolvenzverwalters, welches die Lösungsklausel aushebeln könnte, besteht im vorliegenden Fall nach § 108 Abs. 1 InsO aber gerade nicht.100 Der Schutzgedanke zugunsten der Gläubiger hinsichtlich einer Masseanreicherung ist nicht einschlägig. Im Übrigen ist es nicht der Regelungsgedanke des § 108 InsO, die Parteien entgegen ihrem Willen zu zwingen in der Insolvenz an dem Dienstvertrag unter Missachtung rechtsgeschäftlich vereinbarter Kündigungsrechte festzuhalten. Die Insolvenzeröffnung soll nur ipso iure keine Auswirkung auf den Bestand des Vertrages haben. Keine (zwingende) Aussage macht § 108 Abs. 1 InsO daher zu der Frage, welche Konsequenzen die Parteien selbst an die Insolvenz knüpfen möchten, natürlich ohne damit berechtigte Interessen von Gläubigern in der Insolvenz zu verhindern. Eine insolvenzabhängige Lösungsklausel kollidiert daher vorliegend weder mit einem (nichtbestehenden) Wahlrecht, noch beeinträchtigt es den materiellen Gehalt des hier in Betracht kommenden § 108 Abs. 1 InsO. c) Hilfsweise: Ordentliche, voraussetzungslose Kündigung unter Zustimmung des gesicherten Kreditinstitutes Neben der insolvenzabhängigen Lösungsklausel, welche durch die Verfahrenseröffnung oder deren formelle oder materielle Voraussetzungen ausgelöst wird, steht den Altgesellschaftern nach dem Sanierungstreuhandvertrag ein ordentliches Kündigungsrecht ohne weitere Voraussetzungen zu. Lediglich der Zustimmungsvorbehalt des gesicherten Kreditinstitutes ist vorauszusetzen.101 Als insolvenzunabhängige Lösungsklausel hat die Verfahrenseröffnung nach unumstrittener Auffassung keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit dieser vertraglichen Absprache. Auf Basis des beschriebenen Kündigungsrechts kann der Altgesellschafter also den Treuhandvertrag ohne Weiteres auch in der Insolvenz der Treuhandgesellschaft kündigen, 100 101
Vgl. schon oben unter § 15 B. III. Siehe unter § 6 A. II. 13. b).
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
soweit das gesicherte Kreditinstitut der Kündigung zustimmt. Diese Zustimmung hat das Kreditinstitut schon im eigenen Interesse zu erteilen, soweit die Kündigung zusammen mit dem Herausgabeverlangen an den im Treuhandvertrag für solche Fälle benannten, neuen Doppeltreuhänder ausgeübt wird.
C. Zusammenfassung Für den Fall einer Insolvenz des Treuhänders steht sowohl dem Altgesellschafter als auch dem gesicherten, drittbegünstigten Kreditinstitut das Recht zu, die Massefremdheit der Gesellschaftsanteile gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen und das Treugut „auszusondern“. Dies gilt unabhängig davon, ob eine natürliche Person persönlich die Anteile als Treuhänder hält oder eine Zweckgesellschaft als Treuhänder auftritt und diese insolvent wird. Basis ist jeweils das treugeberische Aussonderungsrecht des Altgesellschafters, welches die Treuhandabrede nach den zum „Gewohnheitsrecht verfestigten Grundsätzen“ der Rechtsprechung als persönliches Recht nach § 47 InsO vermittelt. Inhaltlich können beide Parteien vor Erfüllung des Sicherungszwecks aber nur Herausgabe der Gesellschaftsanteile an einen neuen Treuhänder verlangen, welcher sich insoweit an dieselbe doppelseitige Treuhandabrede bindet. Bestenfalls sollte der neue Treuhänder schon in dem „alten“ Treuhandvertrag benannt sein, um in diesem Stadium Streitigkeiten und Verzögerungen zu vermeiden. Auf den schuldrechtlichen Treuhandvertrag selbst hat die Verfahrenseröffnung zunächst keine Auswirkungen. Als Dienstvertrag besteht dieser nach § 108 Abs. 1 InsO fort. Für diesen Fall sollte der Sanierungstreuhandvertrag eine insolvenzbedingte Kündigungsklausel beinhalten, welche vorliegend nach Würdigung der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansichten wirksam ist.
§ 16 Insolvenz der Krisengesellschaft Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand besteht der Sonderfall, dass es sich bei dem Treugut nicht um eine (körperliche) Sache, sondern um Gesellschaftsanteile an einer GmbH handelt. Diese repräsentieren rechtlich die Inhaberschaft an der Kapitalgesellschaft durch die Beteiligung am Stammkapital der GmbH. Anders als bei jeder herkömmlichen Treuhandkonstruktion mit Gegenständen als Treugut kommt hier eine Insolvenz der Krisengesellschaft selbst in Betracht. Die Auswirkung auf die Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft als Treugut sollen im Folgenden betrachtet werden. Vorab zur praktischen Relevanz: Im Rahmen der vorliegenden Treuhandkonstruktion werden oder besser sollten die Parteien in der Regel nicht mit der Insolvenz der Krisengesellschaft in Berührung kommen. Entweder erholt sich die
§ 16 Insolvenz der Krisengesellschaft
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Krisengesellschaft durch die neuerliche und nachhaltige Finanzierung, welche ein tragfähiges Sanierungskonzept und dessen effiziente Umsetzung flankiert. Oder eine sich verschlechternde wirtschaftliche Lage löst frühzeitig vor Eintritt eines Eröffnungsantragsgrundes den Sicherungsfall aus (beispielsweise Unterschreiten bestimmter Finanzkennzahlen). Daraufhin kann das Unternehmen im Rahmen eines freihändigen Verkaufs rechtzeitig vor einer potentiellen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung veräußert werden, solange die Gesellschaftsanteile noch einen Wert repräsentieren. Die weitere Finanzierung und Sanierung findet dann auf Erwerberseite statt. Nur falls sich unmittelbar kein Erwerber findet und das Kreditinstitut nicht zur Vergabe eines weiteren Brückenkredites bereit ist, kommt eine Insolvenz der Krisengesellschaft „in den Händen des Sanierungstreuhänders“ in Betracht. Solange die Veräußerung des Unternehmens als Ganzes oder in Teilen zu einigermaßen akzeptablen Konditionen als realisierbar erscheint, wird das Kreditinstitut eine Brückenfinanzierung nach Eintritt des Sicherungsfalles in der Regel aber bereitstellen. Zum einen ist der Veräußerungserlös im Rahmen des Sicherungszwecks vorrangig dem Kreditinstitut zugeordnet, um dessen ausstehende Darlehen zu befriedigen. Zum anderen vermeidet das Kreditinstitut durch einen Verkauf die hypothetischen (Haftungs-)Risiken (z. B. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) in der Insolvenz des Unternehmens, auch wenn diese im Rahmen der vorliegenden Arbeit bei regulärer Ausgestaltung des Treuhandverhältnisses als weniger relevant bewertet wurden. Fällt das Unternehmen nach einem Verkauf in die Insolvenz, so betrifft dies die Banken hinsichtlich ihrer Darlehen nicht mehr, selbst soweit sie vorher als Quasi-Gesellschafter dem Recht der Gesellschafterdarlehen unterlegen wären, insbesondere § 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO. Hier könnte man zwar auf den Gedanken kommen, dass die Befriedigung der Darlehen mit dem Erlös aus dem Verkauf nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 oder Abs. 2 InsO anfechtbar wären. Dies trifft allerdings nicht zu. Entscheidend ist nämlich, dass die Befriedigung nicht aus dem Vermögen der Gesellschaft (der späteren Insolvenzmasse), sondern mit dem Erlös aus den Gesellschaftsanteilen aus dem privaten Vermögen der Gesellschafter gewährt wurde. Von der Gesellschaft selbst fließen durch die Ausschüttung des Verkaufserlöses an die Bank keinerlei Mittel ab, die spätere Insolvenzmasse wird nicht (zu Lasten der sonstigen Gläubiger des Unternehmens) geschmälert. Aus demselben Grund ist auch kein weiterer Anfechtungsgrund zugunsten sonstiger Insolvenzgläubiger einschlägig. Für die (wenigen) verbleibenden Fälle, in denen die Krisengesellschaft nicht veräußert werden kann und das Kreditinstitut zu keiner weiteren Finanzierung bereit ist, sollen die wichtigsten Auswirkungen der Verfahrenseröffnung kurz betrachtet werden.
A. Auswirkungen auf den Treuhandvertrag Wird über das Vermögen der Krisengesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so hat dies keine direkten Auswirkungen auf den Treuhandvertrag zwischen Alt-
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
gesellschaftern und Treuhandgesellschaft.102 Die Krisengesellschaft ist nicht Vertragspartei, sondern Vertragszweck. Dieser Zweck des „Haltens und Verwaltens“ der Gesellschaftsanteile wird durch die Insolvenz an sich nicht berührt. Allerdings zieht die Insolvenz zwingend die Auflösung der Gesellschaft nach sich, § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG. Als juristische Person und Rechtsträger besteht sie jedoch noch bis zur vollständigen Liquidation des Gesellschaftsvermögens.103 Die Auflösung hat daher zunächst keine Auswirkung auf die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft zu außenstehenden Dritten, wie Arbeitnehmern oder Kunden.104 Lediglich der Gesellschaftszweck ändert sich durch die Insolvenz und ist künftig auf Auflösung gerichtet.105
B. Rechte an den Gesellschaftsanteilen (Treugut) Auch hinsichtlich der Rechtsstellung an den Gesellschaftsanteilen ändert sich durch die Insolvenz zunächst nichts. Der Insolvenzbeschlag erfasst zwar grundsätzlich das gesamte Gesellschaftsvermögen, § 35 InsO. Hierzu gehören aber gerade nicht die Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft selbst.106 Eine Ausnahme hiervon wäre nur zu machen, soweit die Gesellschaft Anteile an sich selbst hält oder über die Gesellschaft ein Insolvenzplan nach den §§ 217 ff. InsO aufgestellt wird. In diesem Fall können seit Änderung der InsO durch das ESUG (März 2012) auch die Gesellschaftsanteile an juristischen Personen in das Insolvenzplanverfahren einbezogen werden, vgl. § 225a InsO. Auch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 80 Abs. 1 InsO umfasst daher nicht die Gesellschaftsanteile. Der Treuhänder bleibt deshalb auch in der Insolvenz der Krisengesellschaft Inhaber der Mitgliedschaftsanteile und könnte theoretisch sogar frei über die Anteile verfügen, also insbesondere an einen Dritten veräußern.107 Allerdings umfasst der Insolvenzbeschlag alle Vermögenswerte der Gesellschaft, an welchen keine Aussonderungsrechte Dritter nach § 47 InsO bestehen, § 35 InsO. Hinsichtlich dieser Insolvenzmasse ist der Insolvenzverwalter auf Grundlage seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO berechtigt (und auch verpflichtet), sie einzeln oder etwa auch im Rahmen einer übertragenden Sanierung zu verwerten, § 159 InsO. Der Erlös hat den Insolvenzgläubigern der Gesellschaft 102
Verkürzt: Achsnick/Opp, S. 121 Rn. 464. BGH ZIP 1996, 842; BGH ZInsO 2006, 260 (261); Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 42. 104 Berner, in: MünchKomm, GmbHG, § 60 Rn. 19. 105 OLG Karlsruhe ZIP 2003, 1510 f.; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 42. 106 Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 561. 107 RGZ 64, 149 (153 f.); Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 15 Rn. 252; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, § 15 Rn. 562. 103
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zur Befriedigung zu dienen, §§ 187 ff. InsO. Das werthaltige Vermögen der Gesellschaft ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirtschaftlich nicht mehr den Gesellschaftern als eigentlichen „Inhabern“ des Unternehmens zugeordnet, sondern haftet als Insolvenzmasse den Gläubigern der Gesellschaft. Oft wird daher von den Gesellschaftsanteilen als „wertlose Hülle“ gesprochen, welche keinen materiellen Unternehmenswert mehr verkörpern.108 Die Rechte am Treugut setzen sich folglich auch in der Insolvenz unverändert fort. Lediglich deren Werthaltigkeit wird durch das Insolvenzverfahren mehr oder weniger aufgehoben. Auch die in den Gesellschaftsanteilen verkörperten Mitgliedschaftsrechte stehen grundsätzlich weiter deren Inhabern zu. Ebenso bleibt die Gesellschafterversammlung als Organ der Krisengesellschaft in der Insolvenz bestehen.109 Allerdings beschränken sich die gesellschafterlichen Rechte künftig auf den sogenannten „insolvenzfreien“ Bereich, welcher durch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 80 Abs. 1 InsO negativ abzugrenzen ist.110
C. Auswirkungen auf Verträge der Krisengesellschaft Das Schicksal der Verträge der Krisengesellschaft mit dritten Parteien oder auch eigenen Arbeitnehmern bestimmt sich in der Insolvenz wieder anhand der §§ 103 ff. InsO. Bezüglich aller gegenseitigen Verträge hat der Insolvenzverwalter demnach ein Wahlrecht, ob er sie beenden oder fortführen möchte, um die Insolvenzmasse anzureichern, § 103 Abs. 1 InsO. Aufträge und Geschäftsbesorgungen hingegen erlöschen automatisch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, §§ 115, 116 InsO.111 Anders zu beurteilen sind reine Dienstverträge, welche nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortbestehen. Dies betrifft insbesondere die Anstellungsverträge der Arbeitnehmer mit der insolventen Krisengesellschaft, ebenso umfasst die Regelung aber auch die Geschäftsführerdienstverträge. Auch diese bestehen mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort.112 Ausnahmen werden hier nur im Fall des Gesellschafter-Geschäftsführers diskutiert, der die Insolvenz verschuldet und im Folgenden nicht noch weiter sein Geschäftsführergehalt zu Lasten der Insolvenzgläubiger als Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 2
108
Vgl. etwa Achsnick/Opp, S. 122 Rn. 470. BGH ZInsO 2006, 260; OLG Karlsruhe ZIP 1993, 133 f.; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 43; Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 146 f. 110 Mit Beispielen: Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 43, 52 f. Ausnahme wiederum innerhalb eines Insolvenzplans, hier können die Anteilsinhaber in den Insolvenzplan einbezogen werden, vgl. bspw. § 238a InsO. 111 Zum Begriff des „Erlöschens“ vgl. § 6 unter Fn. 244 und § 14 unter Fn. 5. 112 Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 49; Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 154 f. 109
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
Alt. 2 InsO) erhalten soll.113 Das Anstellungsverhältnis mit dem eingesetzten Sanierungsgeschäftsführer besteht daher in der Insolvenz der Krisengesellschaft fort. Des Weiteren berührt die Verfahrenseröffnung nicht die gesellschaftsrechtliche Organstellung der Geschäftsführung.114 Die bisherigen Zuständigkeitsbefugnisse werden allerdings analog der Gesellschafterversammlung durch die Verwaltungsbefugnisse des Insolvenzverwalters wesentlich auf den insolvenzfreien Bereich beschränkt.115 Unbeschadet steht sowohl Insolvenzverwalter als auch Geschäftsführern das besondere, insolvenzrechtliche Kündigungsrecht nach § 113 S. 1 InsO zu.116 Ebenfalls keine direkten Auswirkungen hat die Verfahrenseröffnung auf den Darlehensvertrag der Krisengesellschaft mit dem Kreditinstitut, dessen Rückzahlungsverpflichtung die doppelseitige Sanierungstreuhand besichert. § 108 Abs. 2 InsO ist auf diesen Vertrag weder tatbestandlich noch von seinem Normzweck her anwendbar. § 108 Abs. 2 InsO soll verhindern, dass der Insolvenzverwalter Darlehensverträge eines insolventen Darlehensgebers ohne Weiteres beenden und so unter Umständen Darlehensnehmer kurzfristig in Liquiditätsschwierigkeiten bringen kann.117 Vorliegend ist jedoch die insolvente Krisengesellschaft selbst Darlehensnehmerin. Ebenso hat der Insolvenzverwalter kein Wahlrecht nach § 103 Abs. 1 InsO, soweit das Sanierungsdarlehen bei Verfahrenseröffnung schon vollständig valutiert ist. Ist die Darlehensvaluta schon vollständig erfüllt, so liegt ein von einer Seite vollständig erfüllter Vertrag vor, der nicht § 103 InsO unterfällt.118 Regelmäßig kündigen Kreditinstitute ihre Darlehensverträge jedoch ohnehin rechtzeitig auf Basis ihres außerordentlichen Kündigungsrechts nach § 490 Abs. 1 BGB, soweit sich eine wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Darlehensnehmers abzeichnet, welche gemäß § 490 Abs. 1 BGB negative Auswirkung auf die gestellten Sicherheiten hat. Die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf den Darlehensvertrag sind insofern dann bereits irrelevant.
113
Gute Übersicht der hierzu vertretenen Ansätze bei Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 155 f. 114 Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 44; Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 146. 115 Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 146 f. 116 Caspers, in: MünchKomm, InsO, § 113 Rn. 3; Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 155. 117 Zum Normzweck: Eckert, in: MünchKomm, InsO, § 108 Rn. 204; Wegener, in: Uhlenbruck, InsO, § 108 Rn. 59. 118 Vgl. Huber, in: MünchKomm, InsO, § 103 Rn. 69; Wegener, in: Uhlenbruck, InsO, § 103 Rn. 29.
§ 17 Insolvenz eines Altgesellschafters
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D. Zusammenfassung Ist ein rechtzeitiger Verkauf der Krisengesellschaft vor Verfahrenseröffnung nicht möglich und verweigert die Bank eine weitere Brückenfinanzierung, so kann es zu einer Insolvenz der Krisengesellschaft kommen während der Laufzeit des doppelseitigen Treuhandvertrages und während der Sanierungstreuhänders die Anteile an der Krisengesellschaft hält. Auf den Treuhandvertrag selbst hat die Verfahrenseröffnung keine direkten Auswirkungen. Rein tatsächlich allerdings repräsentieren die als Treugut dienenden Gesellschaftsanteile im Insolvenzverfahren aufgrund der Überschuldung keinen (erheblichen) materiellen Wert mehr. Die Aktiva des Unternehmens übersteigen dessen Passiva nicht mehr. Die Krisengesellschaft wird zwar mit Verfahrenseröffnung aufgelöst, § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, was aber keinen Einfluss auf den Bestand des Rechtsträgers an sich hat und insbesondere nicht auf die Rechte an den Gesellschaftsanteilen. Der Treuhänder bleibt demnach weiterhin vollberechtigter Inhaber der Gesellschaftsanteile und könnte sogar wirksam über diese an Dritte verfügen. Ebenso besteht der Geschäftsführerdienstvertrag des Sanierungsgeschäftsführers fort. Dessen Verwaltungsrechte werden allerdings analog allen organschaftlichen Rechten anderer Gesellschaftsorgane (insb. der Gesellschafterversammlung) durch die Verwaltungsund Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters beschnitten. Auch hinsichtlich des besicherten Darlehensvertrages der Krisengesellschaft mit dem Kreditinstitut bestehen keine speziellen insolvenzrechtlichen Vorschriften, welche eine Auswirkung auf dessen Bestand haben. Im Zweifel werden Kreditinstitute ihre Darlehensverträge mit Schuldnern ohnehin rechtzeitig vor Verfahrenseröffnung auf Basis des § 490 Abs. 1 BGB kündigen, soweit die tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen.
§ 17 Insolvenz eines Altgesellschafters Die (Privat-)Insolvenz einer der Altgesellschafter kommt insbesondere als Folge einer Insolvenz der Krisengesellschaft selbst in Betracht. Oft haben die Gesellschafter ihr privates Vermögen über Drittbesicherungen (Bürgschaften etc.) mit der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft verflochten. Kann diese ihren Schuldendienst nicht mehr erbringen, können die Gläubiger auf das als Sicherheit zur Verfügung gestellte Privatvermögen zugreifen.
A. Rechte am Treugut Im Folgenden soll betrachtet werden, welche Rechte dem doppelseitigen Treuhänder am Treugut in der Insolvenz des Altgesellschafters als Treugeber zustehen.
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
I. Grundsatz: treuhänderisches Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO Der Treuhänder wird bei der Vollrechtstreuhand – formal vollwertiger – Eigentümer an den Gegenständen respektive Inhaber an den Rechten des Treugutes. Nach dem insolvenzrechtlichen Grundsatz der dinglichen Vermögenszuordnung würde das Treugut daher in der Insolvenz des Treugebers nicht zu dessen Insolvenzmasse nach § 35 InsO „gehören“.119 Vielmehr wäre es aufgrund der Eigentümerstellung haftungsrechtlich grundsätzlich dem Vermögen des Treuhänders zugewiesen. Soweit der Insolvenzverwalter des Treugebers das Treugut trotzdem für die Insolvenzmasse des Treugebers beanspruchen würde, könnte der Treuhänder die Massefremdheit des Treuguts auf Basis des § 47 InsO gegen Zugriffe des Insolvenzverwalters verteidigen. Soweit sich das Treugut im Besitz des Insolvenzverwalters befände, könnte er die Herausgabe des Treuguts aus der Insolvenzmasse des Treugebers im Wege der Aussonderung begehren. Wie im Zusammenhang mit der Insolvenz der Treuhandgesellschaft bereits festgestellt, wird diese formal dingliche Vermögenszuordnung allerdings bei Treuhandschaften durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise durchbrochen.120 Auf Grundlage der persönlichen Rechtsposition aus der Treuhandabrede ist das Treugut wirtschaftlich dem Treugeber und gerade nicht dem Treuhänder zugeordnet. Dies gilt jedenfalls soweit die gesicherte Forderung noch nicht erfüllt ist. Haftungsrechtlich wird das Treugut daher trotz der formalen Eigentümerstellung des Treuhänders der Insolvenzmasse des Treugebers zugewiesen.121 Spiegelbildlich ergibt sich hieraus, dass dem Treuhänder in der Insolvenz des Treugebers kein Aussonderungsrecht zusteht, da das Treugut gerade nicht massefremd im Sinne des § 47 InsO ist. Dieses Ergebnis war schon unter Geltung der alten KO anerkannt. Hier entsprach es der ganz allgemeinen Auffassung, dass dem Treuhänder anstelle des Aussonderungsrechts ein Absonderungsrecht an dem Treugut zustand, soweit ihm dieses auf Basis einer Treuhandabrede „zur Sicherung eines Anspruchs“ übertragen worden war und die gesicherte Forderung noch besteht.122 Die Treuhandabrede reduziert somit das an sich aussonderungsfähige Vollrecht des Eigentums/der Inhaberschaft zum (bloßen) Absonderungsrecht.123 Der Treuhänder konnte demnach nicht die Massefremdheit des Treugutes geltend machen, sondern nur (vorrangige) abge119
Zum Begriff der haftenden Insolvenzmasse unter § 15 A. I. Ausführlich hierzu oben unter § 15 A. II. 2. 121 Vgl. etwa Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 51 Rn. 2. Hierzu im Einzelnen vorn unter § 15 A. mit weiteren Nachweisen. 122 RGZ 24, 50; RGZ 91, 15 und 279; RGZ 118, 209 f.; RGZ 124, 73 (75); RGZ 145, 188 (193); RGZ 157, 40 (45); BGHZ 31, 337 (339); BGH WM 1965, 84 (85); BGH WM 1968, 242 (243); BGH WM 1977, 1422 f.; BGHZ 72, 141 146 f.); BGH WM 1987, 74 (76); aus der Literatur: Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 51 Rn. 1 m. w. N.; Henckel, in: Jaeger, KO, § 1 Rn. 54. 123 So die Formulierung bei v. Rom, S. 204 (allerdings schon unter Geltung der InsO). 120
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sonderte Befriedigung seiner Forderungen begehren. Technisch begründete die Rechtsprechung124 die Durchbrechung der dinglichen Vermögenszuordnung spiegelbildlich zum Aussonderungsrecht des Treugebers damit, dass das „Treuhandeigentum“ nur formal das absolute Vollrecht ist.125 Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise stehe es aber einem Pfandrecht näher als dem wirklichen Volleigentum. Ein Pfandrecht vermittelte aber – mangels dinglicher Vollberechtigung – gerade auch kein Aussonderungs-, sondern nur ein Absonderungsrecht, § 48 KO. Eine genauere Auseinandersetzung mit den technischen Begründungen hat sich indes mit Einführung der InsO erübrigt. Der Gesetzgeber hat sich hier dieser Wertung explizit angeschlossen und das treuhänderische Absonderungsrecht nun auch in § 51 Nr. 1 InsO kodifiziert.126 Dem Treuhänder steht daher in der Insolvenz des Treugebers ein Absonderungsrecht an dem Treugut nach § 51 Nr. 1 InsO zu, soweit ihm dieses zur Sicherung eines Anspruchs übertragen oder übereignet wurde und dieser Anspruch noch besteht.127 II. Geltung für doppelseitige Treuhandschaften Rechtsprechung und Literatur anerkannten unter Geltung der KO auch im Rahmen doppelseitiger Treuhandschaften das treuhänderische Absonderungsrecht. Hier spaltet sich die dingliche Rechtsträgerschaft des Treuhänders am Treugut naturgemäß von der Inhaberschaft der gesicherten Forderung ab. Inhaber des Treuguts ist der Treuhänder während ein Dritter Inhaber der gesicherten Forderung ist.128 Für das treuhänderische Absonderungsrecht war es demnach nicht von Bedeutung, ob der Treuhänder das Treugut zur Sicherung einer eigenen Forderung gegen den Treugeber oder (nur) zur Drittbesicherung hielt. Unter Geltung der InsO könnten sich nun Zweifel an dem treuhänderischen Absonderungsrecht aufgrund des engen Wortlauts in § 51 Nr. 1 InsO ergeben. Hernach muss dem „Gläubiger“ zur Sicherung eines Anspruch ein Recht übertragen oder eine Sache übereignet worden sein. Legt man den Begriff des „Gläubigers“ dahingehend aus, dass hierunter nur der Gläubiger der gesicherten Forderung gegen 124 Die Entwicklung der Rechtsprechung im Überblick: Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 357 ff. 125 Beispielhaft RGZ 145, 188 (193): „(…) Eine solche, wirtschaftlich die Stelle eines Pfandrechts vertretende Sicherungsübereignung bewirkt nicht das endgültige Ausscheiden der übereigneten Gegenstände aus dem Vermögen des Übereignenden, vielmehr werden sie, (…), materiell und wirtschaftlich als noch zum Vermögen des Übereignenden gehörig angesehen, wie sie denn auch im Fall eines Konkurses dem Erwerber nur ein Absonderungs-, kein Aussonderungsrecht gewähren (…).“ 126 BegrRegE zu § 58 InsO, in: BT-Drs. 12/2443, S. 125. 127 Statt vieler: BGH NJW 1962, 46; Andres, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 51 Rn. 4; Bäuerle, in: Braun, InsO, § 51 Rn. 2 (zur doppelseitigen Treuhand unter Rn. 46); Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 51 Rn. 2; Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 51 Rn. 4 ff.; Hirschberger, S. 72. 128 RGZ 117, 143 (149); BGHZ 109, 47 (53); Canaris, EWiR 1989, 1235 f.
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
den Treugeber verstanden werden kann, so stünde dem doppelseitigen Treuhänder kein Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO in der Insolvenz des Treugebers zu. Der Treuhänder ist gerade nicht selbst Inhaber der gesicherten Forderung. Er übernimmt das Treugut nur, um den Anspruch einer dritten Partei abzusichern. Indes beabsichtigte der Gesetzgeber mit Kodifikation des § 51 Nr. 1 InsO explizit nicht, die bisherigen Grundsätze einzuschränken. Vielmehr wollte er nur die unveränderte Übernahme in kodifiziertes Gesetzesrecht.129 Das treuhänderische Absonderungsrecht gilt demnach auch für den doppelseitigen Treuhänder, der selbst nicht Inhaber der gesicherten Forderung ist.130 Hieran ändert es nichts, ob der Anspruch des gesicherten Dritten auf einem eigenen Vertrag(-sschluss) mit dem Doppeltreuhänder oder auf einer drittbegünstigenden Abrede zwischen Treugeber und Doppeltreuhänder im Wege des § 328 BGB beruht.131
B. Auswirkungen auf den Treuhandvertrag Neben den Rechten am Treugut sind die Auswirkungen auf die Treuhandabrede zu betrachten, wenn über das Vermögen des Altgesellschafters als Treugeber das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Trotz des auch im Rahmen von Treuhandschaften geltenden Trennungs- und Abstraktionsprinzips sind das Absonderungsrecht und die Treuhandabrede letztlich miteinander verbunden. Dies gilt sowohl hinsichtlich Entstehung als auch Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit des Absonderungsrechts: nur aufgrund der treuhänderischen Bindung begründet das Volleigentum des Treuhänders kein Aussonderungsrecht nach 47 InsO in der Insolvenz des Treugebers, sondern ein Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO.132 Zudem stellt die Treuhandvereinbarung den Rechtsgrund der dinglichen Vermögensübertragung von Treugeber auf Treuhänder dar. Würde dieser Rechtsgrund in der Insolvenz untergehen, wäre das Absonderungsrecht unter Umständen nicht mehr durchsetzbar, der Besitz nicht mehr kondiktionsfest und der Insolvenzverwalter könnte Herausgabe des Treugutes verlangen.133 Das treuhänderische Absonderungsrecht kann daher nicht abschließend behandelt werden, ohne nicht auch gleichzeitig den Treuhandvertrag in der Insolvenz des Treugebers und dessen Wechselwirkung mit dem Absonderungsrecht zu untersuchen.
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BegrRegE zu § 58 InsO, in: BT-Drs. 12/2443, S. 125. Ebenso: Bäuerle, in: Braun, InsO, § 51 Rn. 46; Vgl. im Detail Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (126 f.); Hirschberger, S. 138 f.; v. Rom, S. 199, 202 f.; gesamte Darstellung des treuhänderischen Absonderungsrecht nach „neuem Recht“ § 17 A. I.; Übersicht und Analyse der einschlägigen Rechtsprechung bei Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (117 ff.). 131 Hirschberger, S. 146 f.; v. Rom, S. 204 ff. 132 Siehe unter § 17 A. I. 133 Vgl. etwa v. Rom, S. 210. 130
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Die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung richten sich wieder maßgeblich nach der Rechtsnatur der Treuhandabrede. Je nach Vertragsart unterliegt der Treuhandvertrag dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters (§ 103 InsO), „erlischt“ automatisch (§§ 115, 116 InsO), läuft mit Verfahrenseröffnung weiter (§ 108 Abs. 1 S. 1 InsO) oder aber die Verfahrenseröffnung hat mangels Einschlägigkeit der §§ 103 ff. InsO per se keine Auswirkung auf den Vertrag. Bei doppelseitigen Treuhandkonstruktionen werden die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung über das treugeberische Vermögen verbreitet entsprechend der Vorgehensweise bei einseitigen Treuhandschaften beurteilt. Daher sollen zunächst die bei einseitigen Treuhandschaften vertretenen Ansichten überblicksartig dargestellt werden. So kann Stellung bezogen werden, inwieweit die dort geltenden Grundsätze auf doppelseitige Treuhandschaften übertragen werden können.
I. Einseitige Treuhand 1. „Erlöschen“ nach den §§ 115, 116 InsO? Bei einseitigen Treuhandschaften wird verbreitet zwischen der eigennützigen Sicherungs- und der fremdnützigen Verwaltungstreuhand unterschieden, wenn es um die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung über das Vermögen des Treugebers auf den Treuhandvertrag geht.134 Der Treuhandvertrag erlösche durch die Verfahrenseröffnung nach den §§ 115, 116 InsO, soweit er nur die Verwaltung des Treuguts bezweckt (fremdnützige Verwaltungstreuhand).135 Dient er der Sicherung einer Forderung (eigennützige Sicherungstreuhand), hätte die Verfahrenseröffnung hingegen keine Auswirkungen auf den Treuhandvertrag. Vielmehr bestünde der Treuhandvertrag als „insolvenzfester“ Rechtsgrund der Übertragung des Treugutes auf den Treuhänder fort, da die §§ 115, 116 InsO auf Sicherungstreuhandverträge gerade nicht anwendbar seien.136 Diese Unterscheidung mutet zunächst seltsam an, da sich gemäß des Gesetzeswortlauts die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung aufgrund der §§ 103 ff. InsO nach der zugrundeliegenden Vertragsart richten.137 Der Zweck eines Vertrages (Sicherung/Verwaltung) geht hingegen nicht als Tatbestandsmerkmal aus den §§ 103 ff. InsO hervor. Da oftmals keine näheren Erläuterungen in den einschlägigen 134
Zu der Fallgruppe der Sicherungs- und Verwaltungstreuhand unter § 6 B. II. 3. Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 116 Rn. 2, 3; Bäuerle, in: Braun, InsO, § 47 Rn. 67; Häsemeyer, Rn. 20.79; Hirschberger, S. 36; Kießner, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 116 Rn. 21; Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 21; Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, §§ 115, 116 Rn. 30. Zum Begriff des „Erlöschens“ vgl. § 6 unter Fn. 244 und § 14 unter Fn. 5. 136 Häsemeyer, Rn. 20.79; Hirschberger, S. 37; Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 24; Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, §§ 115, 116 Rn. 30; wohl auch: Bäuerle, in: Braun, InsO, § 51 Rn. 46. 137 Grundlegend: Sinz, in: Uhlenbruck, InsO, § 116 Rn. 2 ff. 135
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
Darstellungen gegeben werden, drängt sich der Eindruck auf, allein der Zweck und die begriffliche Bezeichnung entscheide über das Verhalten des Treuhandvertrages bei Verfahrenseröffnung über das Vermögen des Treugebers, was aber für die doppelseitige Treuhand gerade nicht zutrifft. Hinter dieser Unterscheidung in Sicherungs-/Verwaltungstreuhand steht die Tatsache, dass Sicherungstreuhandschaften in einseitigen Konstellationen immer eigennützig für den Treuhänder sind und daher nicht dem gesetzlichen Bild des Auftragsrechts entsprechen. Das Auftragsrecht setzt nach dem gesetzlichen Leitbild gerade eine Tätigkeit des Beauftragten in fremdem Interesse voraus. Ein Auftrag liegt folglich vor, wenn der Treuhänder eine grundsätzlich dem Treugeber obliegende Tätigkeit „für diesen“ übernimmt und ausführt. Der Sicherungstreuhänder erledigt aber eigene Geschäfte aus eigenem Interesse heraus. Der Sicherungstreuhand liegt daher kein Auftrag zugrunde und die §§ 115, 116 InsO sind somit schon tatbestandlich nicht anwendbar.138 Das Gegenteil gilt für Verwaltungstreuhandschaften, welche für den Treuhänder grundsätzlich fremdnützig sind, da er an der Verwaltung fremden Vermögens kein eigenes, treuhandspezifisches Interesse hat. Hier liegt der Konstruktion ein Auftrag respektive eine Geschäftsbesorgung zugrunde, welche(r) von den §§ 115, 116 InsO erfasst wird.139 Vor diesem Hintergrund kommt eine Anwendung der §§ 115, 116 InsO im Vornherein nur auf fremdnützige Verwaltungstreuhandschaften in Frage. Im Übrigen sind die Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 InsO im Rahmen von Treuhandschaften generell erfüllt. Neben der Vertragsart Auftrag/Geschäftsbesorgung fordert § 115 Abs. 1 InsO zwei weitere Tatbestandsmerkmale:140 der Vertrag muss sich auf das zur Insolvenzmasse „gehörende“ Vermögen beziehen und der Auftrag muss vom insolventen Schuldner erteilt worden sein, hier also dem Treugeber. Der Treuhandvertrag bezieht sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen, da die Gesellschaftsanteile haftungsrechtlich der Insolvenzmasse des Altgesellschafters nach § 35 InsO zuzurechnen sind, trotz der dinglichen Stellung des Treuhänders. Die dingliche Vermögenszuordnung wird bei Treuhandschaften ausnahmsweise durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise durchbrochen.141 Zudem wird der Treuhand-Auftrag vom Treugeber als dienstberechtigte Vertragspartei erteilt. Der einer fremdnützigen Verwaltungstreuhand zugrundeliegende Treuhandvertrag erlischt daher mit Verfahrenseröffnung über das Vermögen des Treugebers nach § 115 Abs. 1 InsO, gegebenenfalls in Verbindung mit § 116 S. 1 InsO.
138 139 140 141
Hierzu schon eingehend unter § 6 B. II. 3. ff. So z. B. Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 21. Im Einzelnen: Sinz, in: Uhlenbruck, InsO, § 116 Rn. 2 ff. Siehe unter § 15 A. II. 2.
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2. Wechselwirkung mit den Rechten des Treuhänders in der Insolvenz Ist das Treugut „zur Sicherung eines Anspruchs“ übertragen worden, so reduziert die Treuhandabrede das an sich aussonderungsfähige dingliche Vollrecht des Treuhänders zum Absonderungsrecht, § 51 Nr. 1 InsO.142 Diesen Sicherungszweck vermittelt der Sicherungstreuhandvertrag auch nach Verfahrenseröffnung wirksam. Den Sicherungstreuhandvertrag berührt eine Insolvenz des Treugebers aufgrund seiner Rechtsnatur nicht. Ebenso beinhaltet der Treuhandvertrag den Rechtsgrund der dinglichen Übertragung bzw. Abtretung des Treuguts, so dass der Insolvenzverwalter vom Treuhänder weder die Herausgabe des Treuguts fordern kann, noch dessen Verlangen nach abgesonderter Befriedigung die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten kann. Ist das Treugut hingegen nicht „zur Sicherung eines Anspruchs“ übertragen, so findet § 51 Nr. 1 InsO tatbestandlich keine Anwendung. Nichtsdestotrotz bleibt der Treuhänder in der Insolvenz des Treugebers zunächst dinglicher Vollrechtsinhaber am Treugut, da weder die Verfahrenseröffnung direkte Auswirkungen auf die grundsätzlich bestehende Eigentumslage/Inhaberschaft hat noch das „Erlöschen“ des Verwaltungstreuhandvertrags aufgrund des Trennungs- und Abstraktionsprinzips die formal dinglichen Rechtsverhältnisse ändert.143 Allerdings wird das an sich zur Aussonderung berechtigende Vollrecht des Treuhänders durch die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Rahmen von Treuhandschaften durchbrochen. Hernach gehört das Treugut haftungsrechtlich zur Insolvenzmasse des Treugebers, obwohl es formal dinglich dem Vermögen des Treuhänders zugeordnet ist. Der Treuhänder kann dem Herausgabeverlangen des Insolvenzverwalters kein auf seiner dinglichen Eigentümer-/Inhaberstellung basierendes Aussonderungsrecht entgegenhalten, da das Treugut gerade nicht „massefremd“ ist. Ebensowenig kann der Treuhänder (treuhand-)vertragliche Einwendungen gegen den Insolvenzbeschlag geltend machen, da der Verwaltungstreuhandvertrag mit Verfahrenseröffnung erlischt. Selbst bei wirksamem Fortbestand würde der Verwaltungstreuhandvertrag aber keine Rechte begründen, welche in der Insolvenz beachtlich wären. Ein (in der Insolvenz beachtliches) Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO kann bei rein verwaltender Tätigkeit nämlich gerade nicht entstehen, hierzu müsste das Treugut „zur Sicherung eines Anspruchs“ übertragen werden, so der explizite Wortlaut der Norm.144 3. Zusammenfassung Festzuhalten bleibt, dass der einseitige eigennützige Treuhandvertrag in der Insolvenz des Treugebers aufgrund seiner Rechtsnatur nicht von den §§ 115, 116 InsO 142 143 144
So die Formulierung bei v. Rom, S. 204. Zum Begriff des „Erlöschens“ vgl. § 6 unter Fn. 244 und § 14 unter Fn. 5. Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 43.
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
erfasst wird, sondern wirksam fortbesteht. In aller Regel bezweckt der einseitige eigennützige Treuhandvertrag die Sicherung eines Anspruchs. Der einseitige fremdnützige Treuhandvertrag, welcher nur die Verwaltung des Treuguts bezweckt, fällt hingegen aufgrund seines auftragsrechtlichen Charakters in den Anwendungsbereich der §§ 115, 116 InsO und erlischt damit in der Insolvenz des Treugebers. Hervorgehoben werden soll an dieser Stelle nochmals, dass sich die unterschiedliche Behandlung gerade nicht anhand der rein begrifflichen Zuordnung unter die Fallgruppe der Sicherungs- oder der Verwaltungstreuhand rechtfertigt, auch wenn dieser Eindruck in vielen einschlägigen Kommentierungen und Abhandlungen entstehen mag. Vielmehr ist die dahinterstehende Überlegung entscheidend, dass Sicherungstreuhandschaften aufgrund ihres für den Treuhänder eigennützigen Charakters gerade kein Auftrag sind, die §§ 115, 116 InsO daher nicht anwendbar. II. Doppelseitige Sanierungstreuhand 1. Übersicht Die Literatur beurteilt äußerst unterschiedlich, wie sich die Verfahrenseröffnung auf die Rechtsverhältnisse des Doppeltreuhänders zu den Parteien auswirkt. Das Meinungsbild reicht vom generellen „Erlöschen“ aller doppelseitigen Treuhandverträge nach den §§ 115, 116 InsO bis zur generellen Nichtanwendbarkeit der §§ 115, 116 InsO auf alle Arten von Treuhandschaften, unabhängig von deren Inhalt und Zweck.145 Vielfach wird auch analog der beschriebenen Vorgehensweise in einseitigen Treuhandschaften einfach danach unterschieden, gegenüber welcher Partei der Zweck der Treuhand in der Besicherung liegt und gegenüber welcher Partei der Doppeltreuhänder nur zur Verwaltung tätig werde. Letzteres Rechtsverhältnis erlösche mit Verfahrenseröffnung, ersteres habe in der Insolvenz aufgrund seines Sicherungszwecks Bestand. Da verbreitet das Verhältnis zwischen Treugeber und Doppeltreuhänder als Verwaltungstreuhand qualifiziert wird, „erlösche“ dieses in der Insolvenz des Treugebers.146 An anderer Stelle wird das genaue Gegenteil vertreten, nämlich dass hier eine Sicherungstreuhand vorliege, die gerade nicht
145 Mit hervorragender Übersicht und Würdigung der mannigfaltigen Lösungsansätze: v. Rom, S. 211 ff.; v. Rom vertritt selber eine grundsätzliche Unanwendbarkeit der §§ 115, 116 InsO auf alle Arten von Treuhandverträgen aufgrund der Vorrangigkeit von § 51 Nr. 1 InsO; ebenfalls überaus lesenswert hierzu: Bitter, in: FS Ganter, S. 101 (127 f.). Zum Begriff des „Erlöschens“ vgl. § 6 unter Fn. 244 und § 14 unter Fn. 5. 146 Ganter, in: MünchKomm, InsO, § 47 Rn. 389; Kießner, in: Nerlich/Römermann, § 116 Rn. 21; Kroth, in: Braun, InsO, § 116 Rn. 12 (wobei hier trotz „Erlöschens“ der Treuhänder weiterhin die dem Dritten zustehenden Rechte und Pflichten auszuführen hat. Dies erscheint fraglich nachdem schon an früherer Stelle festgestellt wurde, dass die Ansprüche des Dritten in ihrem Bestand abhängig sind von dem sog. Deckungsverhältnis); Achsnick/Opp, S. 124 Rn. 483; Bork, NZI 1999, 337 (341); Liebich/Mathews, 157; Ott/Vuia, in: MünchKomm, InsO, § 116 Rn. 25. Zum Begriff des „Erlöschens“ vgl. § 6 unter Fn. 244 und § 14 unter Fn. 5.
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„erlösche“.147 Das „begriffliche Durcheinander“ hinsichtlich dieser Ein- und Zuordnung wurde schon an früherer Stelle hinreichend beschrieben.148 2. Kritik Es ist im Rahmen von doppelseitigen Treuhandschaften abzulehnen, die beiden Verhältnisse des Treuhänders rein begrifflich nach dem Zweck der Treuhand einzuordnen und zu bewerten, da die dahinter stehende Überlegung aufgrund der doppelseitigen Struktur nicht zutrifft. Anders als in einseitigen Konstellationen ist der doppelseitige Treuhänder immer fremdnützig tätig, unabhängig davon, ob seine Tätigkeit der Verwaltung oder (auch) der Sicherung eines Anspruchs dient. Aufgrund der Vielfältigkeit und dem oft völlig unterschiedlichen Inhalt doppelseitiger Treuhandverträge sollte man sich von dem bisher sehr verbreiteten Versuch abwenden, pauschale Lösungsansätze zu finden, welche Geltung für alle Formen doppelseitiger Treuhandschaften beanspruchen können. Hierzu sind die Interessenkonstellationen, Vertragsinhalte und Zwecke der existierenden Verwendungsformen in der Praxis zu verschieden.149 Dies zeigt schon das völlig uneinheitliche Meinungsbild innerhalb der Literatur. Wendet man sich also von pauschalen Lösungen und den damit einhergehenden Problemen ab, so gilt es, die vorliegende doppelseitige Treuhandkonstruktion im Einzelfall anhand der maßgeblichen Charakteristika zu würdigen. Für die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung nach den §§ 103 ff. InsO erschöpfen sich die relevanten Merkmale erstens im Aufbau der doppelseitigen Treuhandkonstruktion. Zu unterscheiden ist, ob die Treuhand über separierte Verträge, einen mehrseitigen oder über einen drittbegünstigenden Vertrag aufgebaut ist. Je nachdem zeitigen Auswirkungen im Rechtsverhältnis zwischen Altgesellschafter und Doppeltreuhänder (Deckungsverhältnis) auch Relevanz im Rechtsverhältnis des Doppeltreuhänders zu dem gesicherten Kreditinstitut (Vollzugsverhältnis). Zweitens kommt es hinsichtlich der Anwendbarkeit der §§ 103 ff. InsO maßgeblich auf den Typus des zugrundeliegenden Treuhandvertrages an. Ob der Treuhandvertrag gegenüber dem Altgesellschafter begrifflich der Sicherung oder ausschließlich der Verwaltung dient, ist hierbei hinsichtlich der §§ 103 ff. InsO von untergeordneter Bedeutung. Relevanz erlangt die durch den Treuhandvertrag begründete Zweckbestimmung „nur“ für die Entstehung des treuhänderischen Absonderungsrechts, welche eine Übertragung „zur Sicherung eines Anspruchs“ voraussetzt, § 51 Nr. 1 InsO.
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Hirschberger, S. 134. Vgl. unter § 5 B. III. Zu den Verwendungsformen doppelseitiger Treuhandschaften in der Praxis unter § 3 B.
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
3. Lösung Bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand steht der Doppeltreuhänder sowohl zu dem Treugeber als auch zu dem gesicherten Kreditinstitut in einer Rechtsbeziehung. Allerdings liegt nur in ersterem, dem Deckungsverhältnis eine selbstständige vertragliche Beziehung vor. Die doppelseitige Sanierungstreuhand wird aus den bereits erörterten Überlegungen in aller Regel über einen drittbegünstigenden Treuhandvertrag zwischen Altgesellschafter und Treuhänder zugunsten des gesicherten Kreditinstitutes begründet.150 Dies hat zur Folge, dass das Rechtsverhältnis zwischen Doppeltreuhänder und gesichertem Kreditinstitut, das Vollzugsverhältnis, in Bestand und Wirksamkeit von dem Schicksal des Treuhandvertrages zwischen Altgesellschafter und Doppeltreuhänder abhängt.151 Würde dieser Treuhandvertrag unwirksam sein etc., würde auch der drittbegünstigende Anspruch und somit das Verhältnis zwischen Doppeltreuhänder und gesichertem Kreditinstitut entsprechende Folgen zeitigen. Hinsichtlich der §§ 103 ff. InsO ist der Vertragstypus des zugrundeliegenden Treuhandvertrages zu betrachten: dieser ist bei typischer Ausgestaltung als Dienstvertrag nach den §§ 611 ff. BGB anzusehen.152 Eine Anwendbarkeit des Auftragsrechts kommt nicht in Betracht, auch nicht über den Verweis in § 675 Abs. 1 BGB. Zwar wird der doppelseitige Sanierungstreuhänder generell „fremdnützig“ gegenüber allen Parteien tätig. Er übernimmt eine grundsätzlich nicht ihm obliegende Tätigkeit und entspräche damit dem gesetzlichen Leitbild des Auftragsrechts. Nach Inhalt und Regelungsgehalt der §§ 662 ff. BGB ist das Auftragsrecht aber dennoch nicht auf das treuhänderische Rechtsverhältnis anwendbar, da es den Sicherungszweck der Treuhand verhindern würde und der Interessenlage zwischen den Parteien nicht gerecht wird. Insoweit sei im Weiteren auf die Ausführungen zur Rechtsnatur des doppelseitigen Sanierungstreuhandvertrages verwiesen.153 Auf einen reinen Dienstvertrag jedoch sind die §§ 115, 116 InsO jedoch nicht anwendbar, weder nach dem Gesetzestatbestand noch vom Sinn und Zweck der Vorschrift her. Zudem ist der Normzweck, wie schon bei der Vorgängernorm § 23 KO, darauf gerichtet, dass der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse verwaltet und nicht (massefremde) Dritte.154 Der Insolvenzverwalter soll alleine berechtigt sein, die Verwertung der Masse zur gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung vornehmen zu können. Daher sollen nicht nur alle Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse 150 Insbesondere soll das durch § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sowie dem Modell der Haftung des faktischen Geschäftsführers vermittelte Haftungsrisiko des Kreditinstitutes über die Konstruktion eines Vertrages zugunsten Dritter ausgeschlossen werden, siehe hierzu unter § 13 B. bzw. unter § 13 C. 151 Grüneberg, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 328 Rn. 6. 152 Vgl. unter § 6 B. III. 3. 153 Unter § 6 B. III., Ergebnis dort unter 3. 154 Kießner, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 115 Rn. 2; Kroth, in: Braun, InsO, § 115 Rn. 2.
§ 18 Zusammenfassung
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des insolventen Treugebers selbst nach § 80 Abs. 1 InsO enden, sondern auch alle von diesem abgeleiteten Verwaltungsrechte Dritter, welche diesen Dritten im Rahmen von schuldrechtlichen Aufträgen an den Gegenständen der Insolvenzmasse durch den insolventen Schuldner eingeräumt worden sind. Ein solcher massefremder Dritter ist der doppelseitige Treuhänder aber gerade nicht. Ihm steht auf Grundlage des § 51 Nr. 1 InsO ein Absonderungsrecht an den Vermögenswerten des Treuguts zu. Diese Position vermittelt ihm ein eigenes (wirtschaftliches) Interesse an dem Treugut in Form eines insolvenzrechtlich anerkannten Absonderungsrechts. Genau diese Rechtsstellung unterscheidet ihn von jedem anderen beliebigen Dritten, welchem kein insolvenzrechtlich bedeutsames vorrangiges Recht oder Interesse an dem Treugut zuzuerkennen ist und dessen Verwaltungsrecht an Werten der Insolvenzmasse daher mit Verfahrenseröffnung automatisch erlöschen soll. Das Absonderungsrecht gliedert das Treugut somit insoweit aus der Insolvenzmasse aus, als es im Gegensatz zu den anderen Vermögenswerten nicht zur gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger heranzuziehen ist. Vielmehr soll es dem Doppeltreuhänder im Rahmen des Sicherungszwecks zur vorrangigen Befriedigung der im Treuhandvertrag benannten Forderungen dienen. Der Normzweck der §§ 115, 116 InsO erfasst daher nicht den doppelseitigen Sanierungstreuhandvertrag. Dieselbe Überlegung begründet auch einen Ausschluss des an sich tatbestandlich einschlägigen Kündigungsrechts von Seiten des Insolvenzverwalters nach § 113 S. 1 InsO. Zweck der Vorschrift des § 113 S. 1 InsO ist es nicht, einem per Treuhandvertrag begründeten Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO die Grundlage zu entziehen. § 113 InsO soll lediglich dazu dienen, insolventen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, überschüssigen Personalbestand im Sinne einer raschen Sanierung abzubauen und die Insolvenzmasse nicht mit den Kosten aus weiterbestehenden Dienstverträgen (unnötig) zu belasten.155 Demnach sind die §§ 115, 116 InsO in der Insolvenz des Altgesellschafters nicht auf den doppelseitigen Sanierungstreuhandvertrag anwendbar. Als Dienstvertrag besteht der doppelseitige Treuhandvertrag vielmehr mit Wirkung für die Insolvenzmasse nach § 108 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 InsO fort. Die gesetzliche Modifikation ordentlicher Kündigungsrechte nach § 113 InsO ist demnach ebenso wenig anwendbar.
§ 18 Zusammenfassung Hinsichtlich der Auswirkungen einer Insolvenz auf die doppelseitige Sanierungstreuhand ist zu differenzieren, ob über das Vermögen der Krisengesellschaft selbst, über das Vermögen des Treuhänders oder über das Vermögen des/der Altgesellschafter(s) als Treugeber das Insolvenzverfahren eröffnet wird. 155 Kießner, in: Nerlich/Römermann, § 113 Rn. 1 f.; Müller-Glöge, in: Erfurter Kommentar, § 113 InsO Rn. 1; Beck, in: Braun, InsO, § 113 Rn. 1 f.
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3. Teil: Die Sanierungstreuhand in der Insolvenz
Fällt die Krisengesellschaft selbst in die Insolvenz, so hat dies auf den doppelseitigen Treuhandvertrag keine direkten Auswirkungen. Die Krisengesellschaft ist nicht Partei des Vertrages, sondern sozusagen Vertragsgegenstand und Zweck. Die Insolvenz macht den vertraglichen Zweck nicht unmöglich. Zudem ändert die Verfahrenseröffnung nichts an dem grundsätzlichen Bestand der Rechte an den Gesellschaftsanteilen. Insofern steht weiterhin dem Treuhänder die volle Inhaberschaft an den Mitgliedschaftsrechten zu. Lediglich die Werthaltigkeit der Gesellschaftsanteile ist durch die Insolvenz betroffen. Wird über das Vermögen des Treuhänders das Insolvenzverfahren eröffnet, so werden die Gesellschaftsanteile nicht zu deren Insolvenzmasse gerechnet. Vielmehr steht dem Altgesellschafter ein Aussonderungsrecht an den Gesellschaftsanteilen zu, der insolvenzrechtliche Grundsatz der dinglichen Vermögenszuordnung wird insoweit durchbrochen. Im Rahmen des treuhandvertraglichen Sicherungszwecks kann der Treuhänder allerdings nur die Herausgabe des Treuguts an einen neuen Treuhänder verlangen, nicht an sich selbst. Auf den doppelseitigen Sanierungstreuhandvertrag hat die Insolvenz des Treuhänders per se keine Auswirkungen. Im Fall der Insolvenz des oder der Altgesellschafter(s) als Treugeber steht dem Treuhänder auf Grundlage seiner formalen Inhaberstellung in Verbindung mit der Absprache im Treuhandvertrag ein Absonderungsrecht an den Gesellschaftsanteilen nach § 51 Nr. 1 InsO zu. Der Treuhandvertrag bleibt auch in der Insolvenz des Altgesellschafters als Rechtsgrund des Absonderungsrechts bestehen und bestimmt inhaltlich die weitere Verwertung des Treuguts zugunsten des gesicherten Kreditinstitutes.
4. Teil
Abschließende Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Abschließend erfolgt eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse dieser Arbeit.
§ 19 Grundlagen der doppelseitigen Treuhand (allgemein) Bei einseitigen Treuhandkonstruktionen stehen sich zwei Parteien gegenüber, verbunden durch einen schuldrechtlichen Treuhandvertrag: Treuhänder und Treugeber. Als zweites Element einer einseitigen fiduziarischen Treuhand wird dem Treuhänder von dem Treugeber eine Form der Rechtsmacht an dem jeweiligen Treugut übertragen, nämlich das Eigentum an Sachen respektive die Inhaberschaft an Rechten, insbesondere bei Mitgliedschaftsrechten in Kapitalgesellschaften. Dient die einseitige Treuhand der Sicherung eines Anspruchs, so ist der Treuhänder gleichzeitig Inhaber dieses Anspruchs und somit Gesicherter beziehungsweise Begünstigter aus der Treuhand. Im Gegensatz hierzu bindet die doppelseitige Treuhand eine weitere Partei ein, welcher letztlich das Sicherungselement dient, welches die Treuhandkonstruktion bezwecken soll. Hierzu wird zwischen Treuhänder und der dritten Partei ein (weiteres) schuldrechtliches Verhältnis mit treuhänderischem Charakter begründet. Dies geschieht in der Regel nicht durch einen eigenen Vertrag. Vielmehr gestalten Treuhänder und Treugeber den zweiseitigen Treuhandvertrag als Vertrag zugunsten dieser drittbegünstigen Partei im Sinne des § 328 BGB. Hiermit erhält die dritte Partei einen eigenen Anspruch gegenüber dem Treuhänder, welcher diesen in der Ausübung seiner fiduziarischen Rechtsmacht an dem Treugut auf die vertraglichen Inhalte gegenüber der dritten Partei bindet. Doppelseitige Treuhandkonstruktionen haben zwei wesentliche Merkmale, anhand derer sie als solche definiert werden können: zum einen ist die vertragliche Bindung mit treuhänderischem Charakter des Treuhänders gegenüber mindestens zwei weiteren Parteien hervorzuheben. Zum anderen beinhaltet jede doppelseitige Treuhand ein strukturelles Element: die Nichtidentität von Treuhänder und begünstigter Drittpartei. Anders als bei der einseitigen Treuhand ist der Treuhänder hier
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4. Teil: Abschließende Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
selbst nicht Inhaber des gesicherten Anspruchs, vielmehr dient die Treuhand der Sicherung einer dritten Partei. Der Interessenwahrnehmende (Treuhänder) und der Interessenträger (dritte Partei) fallen also auseinander. Dies unterscheidet die doppelseitige Treuhand von der einseitigen Sicherungstreuhand und grenzt sie insbesondere gegen die einseitige Treuhand mit mehreren Beteiligten ab. Hernach wird im Rahmen der Arbeit vorgeschlagen, eine doppelseitige Treuhand mit Sicherungscharakter begrifflich anzunehmen, wenn „einer Person, die weder mit Treugeber noch mit gesichertem Drittbegünstigten identisch ist, dingliche Rechtsmacht oder Inhaberschaft an einem Treugut eingeräumt wird, welche sie nur nach bestimmten schuldrechtlichen Maßgaben im Innenverhältnis ausüben darf und auf deren Erfüllung beide Parteien einen Anspruch gegen diesen doppelseitigen Treuhänder haben.“ Doppelseitige Treuhandkonstruktionen dienen in der Regel der Sicherung eines Anspruchs und kommen in vielfältigen Konstellationen in der Praxis zum Einsatz. Hervorzuheben sind insbesondere *
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sogenannte „Contractual Trust Agreements“ in deren Rahmen die doppelseitige Treuhand zur Insolvenzsicherung von Pensions- und sonstigen Arbeitnehmeransprüchen dient, Software-/Lizenzhinterlegungsverträge über welche den Lizenznehmern der Zugriff auf die Lizenzen an Bild- oder Tonaufnahmen oder auch auf die Quellcodes an individuell entwickelter Software in der Insolvenz des Lizenzgebers gesichert wird, sowie die doppelseitige Kreditsicherungstreuhand, über welche Ansprüche von Kreditgebern insbesondere gegen die Insolvenz des Kreditnehmers abgesichert werden. Die vorgestellte doppelseitige Sanierungstreuhand ist ein Spezialfall dieser doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand, wie beispielsweise auch der Konsortialkredit mit Sicherheitenpool.
Die Grundstrukturen einer doppelseitigen Kreditsicherungstreuhand können anhand der Abbildung 5 (s. o. Seite 68) veranschaulicht werden.
§ 20 Ausgangssituation und Grundlagen der doppelseitigen Sanierungstreuhand Doppelseitige Sanierungstreuhandschaften werden vor dem Hintergrund einer Unternehmenskrise als atypisches (d. h. nicht gesetzlich geregeltes) Kreditsicherungsinstrument eingesetzt, um die Kreditvergabevoraussetzungen zur Akquise neuen Fremdkapitals zu erfüllen. Die Altgesellschafter übertragen ihre Mitgliedschaftsrechte an der Krisengesellschaft auf einen externen Treuhänder und verpflichten diesen gleichzeitig, das Unternehmen als neuer Mehrheits- oder Allein-
§ 20 Ausgangssituation/Grundlagen der doppelseitigen Sanierungstreuhand
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gesellschafter anhand der Maßgaben des Treuhandvertrages zu steuern und zu verwalten. Im Mittelpunkt stehen hier bestimmte Restrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen, welche Altgesellschafter und finanzierende Kreditinstitute im Rahmen der entsprechenden Finanzierungsverträge vereinbart haben. Um auf Finanziererseite die notwendige Sicherheit hinsichtlich Restrukturierung sowie gegebenenfalls Verwertung der Sicherheit zu erreichen, ist der Treuhandvertrag unwiderruflich als Vertrag zu ihren Gunsten ausgestaltet, § 328 BGB. Im Erfolgsfall gelingt es, das Unternehmen zu sanieren. Die Kreditverbindlichkeiten können dann vom Unternehmen selbst wie vereinbart zurückgeführt werden, es kann seinen Schuldendienst leisten. Dann haben die Altgesellschafter einen Anspruch auf Rückübertragung des Treuguts (also ihrer Gesellschaftsanteile). Mißlingen dagegen die Bemühungen das Unternehmen zu retten, ist der Treuhänder gegenüber den finanzierenden Kreditinstituten verpflichtet, einen Verkaufsprozess einzuleiten, um das Unternehmen wirtschaftlich optimal zu veräußern. Gegebenenfalls hat er es vorher in entsprechende Teile zu spalten, zu „zerschlagen“, wenn so ein höherer Kaufpreis erzielt werden kann. Mit den Erlösen sind vorrangig die Verbindlichkeiten der Kreditinstitute zu bedienen. Die Kreditgeber sichern sich so den schnellen und unkomplizierten Zugriff auf den Unternehmenswert im Sicherungsfall, daneben vermeiden sie eine wirtschaftlich in der Regel nicht sinnvolle Veräußerung aus der Insolvenz heraus zu Zerschlagungswerten. Die doppelseitige Sanierungstreuhand ist für die Kreditinstitute den klassischen Kreditsicherungsinstrumenten überlegen, insbesondere in gesellschaftsrechtlicher und insolvenzrechtlicher Hinsicht. Sie können so zahlreiche Risiken vermeiden oder zumindest besser kontrollieren, welche mit einer direkten Gesellschafter- oder etwa Pfandgläubigerstellung verbunden wären. Zentrales Argument und Erwartung aber ist, dass der zukünftige Sanierungs- und Restrukturierungsprozess für die finanzierende Seite mit einem hohen Maß an Planungssicherheit sowohl inhaltlich wie auch zeitlich absehbar wird. Da sich die Altgesellschafter mit ihren Mitgliedschaftsrechten auch ihrer organschaftlichen Einwirkungsmacht auf das Unternehmen begeben, bestimmt den künftigen Prozess ausschließlich der Sanierungstreuhänder. Dieser kann und wird die notwendigen Schritte aus den Restrukturierungsvereinbarungen schnell, effektiv und zielgerichtet umsetzen. Die Altgesellschafter erhalten über die doppelseitige Sanierungstreuhand die Möglichkeit, ohne einen (Teil-)Verkauf Ihres Unternehmens neues Kapital für Restrukturierung und Sanierung verfügbar machen zu können, obwohl sie der neuerlichen Finanzierung keinerlei Sicherheiten entgegenstellen können oder möchten, weder von Seiten des Unternehmens selbst noch aus dem privaten Vermögen. Sie „erkaufen“ sich damit sozusagen zwei letzte Chancen: zum einen auf Sanierung ihres Unternehmens, von dessen Wertsteigerung am Ende vor allem sie selbst profitieren, zum anderen können sie mit einer Sanierung die Inanspruchnahme ihres persönlichen Vermögens in einer Insolvenz oder Zwangsvollstreckung gegen das Unternehmen verhindern, soweit sie ihr Privatvermögen über Drittbesicherungen mit dem
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4. Teil: Abschließende Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
wirtschaftlichen Schicksal der Gesellschaft verflochten haben. Gelingt die Sanierung, so erhalten sie ihre Gesellschaftsanteile zurück und profitieren als Gesellschafter zu einhundert Prozent von der gelungenen Sanierung. Die Grundstrukturen doppelseitiger Sanierungstreuhandschaften lassen sich überblicksartig in Abbildung 8 (s. o. Seite 93) darstellen.
§ 21 Der Treuhandvertrag bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand Der Sanierungstreuhandvertrag bestimmt das Rechtsverhältnis zwischen Altgesellschaftern, Doppeltreuhänder und dem gesicherten Kreditinstitut. Gleichzeitig ist er schuldrechtliche Causa für die Übertragung der Gesellschaftsanteile an dem Krisenunternehmen durch die Altgesellschafter auf den Doppeltreuhänder.
A. Parteien und Inhalt Den Sanierungstreuhandvertrag schließen in aller Regel nur Altgesellschafter und Treuhänder ab. Das gesicherte Kreditinstitut wird dagegen nicht Partei des Treuhandvertrages. Indem die Parteien den Treuhandvertrag jedoch als Vertrag zugunsten Dritter ausgestalten, erhält es einen eigenen vertraglichen Erfüllungsanspruch gegen den Treuhänder, dieser ist spiegelbildlich zweiseitig verpflichtet. Formularmäßige Sanierungstreuhandverträge im Sinne eines Musters gibt es nicht. Zu vielfältig und individuell sind die Konstellationen und die hieraus resultierenden Bedürfnisse. Prägende Hauptpflicht auf Seiten des Treuhänders ist zunächst die Übernahme der Gesellschaftsanteile als Treugut sowie die Verwaltung der sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten. Als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter hat der Doppeltreuhänder die im Sanierungsplan enthaltenen Ziele und Restrukturierungsmaßnahmen zusammen mit der Geschäftsführung des Unternehmens umzusetzen, die Geschäftsführung zu kontrollieren und gegenüber Altgesellschaftern und Banken regelmäßig Bericht zu erstatten. Daneben definiert der Treuhandvertrag einen bestimmten Sicherungsfall, welcher den zentralen Regelungsgegenstand und damit häufig einen Anlass zu Streitigkeiten darstellt. Der Sicherungsfall stellt auf bestimmte Indikatoren/Kennzahlen ab, welche einen erneuten Eintritt des Unternehmens in eine Krise oder die weitere Verschlechterung einer solchen frühzeitig anzeigen. Wie weit der Sicherungsfall zeitlich und inhaltlich nach vorn verlagert wird, ist Verhandlungsergebnis zwischen Altgesellschaftern und Bank. Einen allzu späten Zeitpunkt werden die Kreditinstitute jedoch nicht akzeptieren, ansonsten wäre der Wertverfall bei dem Unternehmen (und damit ihrer Sicherheit) wie auch der zeitliche Druck bei einer Verwertung der Sicherheit zu groß.
§ 21 Der Treuhandvertrag bei der doppelseitigen Sanierungstreuhand
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Mit Eintritt dieses Sicherungsfalles ändern sich die vertraglichen Pflichten des Treuhänders. Fortan ist er gegenüber den Altgesellschaftern berechtigt und gegenüber den gesicherten Banken verpflichtet, einen freihändigen Verkaufsprozess an dem Unternehmen einzuleiten. Aus dessen Erlös sind über entsprechende Präferenzregelungen zunächst die Verbindlichkeiten des Unternehmens gegenüber den gesicherten Banken zu bedienen, Überschüsse gebühren den Altgesellschaftern. Tritt der Sicherungsfall hingegen nicht ein und können die vergebenen Kredite (in bestimmter Höhe) zurückgeführt werden, so haben die Altgesellschafter einen vertraglichen Herausgabeanspruch gegen den Treuhänder hinsichtlich ihrer Gesellschaftsanteile. Bis dieser endgültige Bedingungsfall eintritt, verbleiben die Gesellschaftsanteile aber komplett bei dem Treuhänder. Wenn und soweit der in den Anteilen verkörperte Wert allerdings eine Besicherungsschwelle von 150 % der gesicherten und nicht zurückgeführten Kreditverbindlichkeiten überschreitet, werden die Anteile im Rahmen des Treuhandvertrages aus dem Sicherungszweck ausgegliedert. Sie haften dann nicht mehr für die Verbindlichkeiten und werden nur noch durch den Treuhänder nach seinen vertraglichen Maßgaben verwaltet. Hiermit vermeidet man eine nachträgliche Übersicherung mit der Folge der Sittenwidrigkeit, § 138 Abs. 1 BGB, und stellt gleichzeitig sicher, dass der Treuhänder als Alleingesellschafter weiterhin konsequent die Sanierung des Unternehmens betreiben kann. Da unter dem Treuhandvertrag Gesellschaftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung übertragen werden, bedarf dieser der notariellen Beurkundung, § 15 Abs. 3 GmbHG.
B. Rechtsnatur Entgegen vielfach anderer Ansicht ist der doppelseitige Treuhandvertrag im Fall der Sanierungstreuhand rechtsnatürlich als gegenseitiges Dauerschuldverhältnis mit rein dienstvertraglichem Charakter unter die §§ 611 ff. BGB einzuordnen. Gegenüber den Altgesellschaftern dient er der Verwaltung des Treuguts, gegenüber den Banken der Sicherung der Kreditverbindlichkeiten. Im Lichte der in Literatur und Rechtsprechung gängigen Treuhandsystematik und -terminologie handelt es sich bei der Sanierungstreuhand um eine doppelseitige und fiduziarische Vollrechtstreuhand wobei das Treugut direkt von dem oder den Treugeber(n) auf den Doppeltreuhänder übertragen wird (Übertragungstreuhand, Unmittelbarkeitsprinzip). Die Konstruktion wird gegenüber allen beteiligten Parteien offengelegt. Der Doppeltreuhänder agiert sowohl gegenüber Altgesellschaftern wie auch gegenüber den gesicherten Banken aus seiner Sicht fremdnützig. Im Verhältnis zu den Altgesellschaftern dient die Konstruktion vornehmlich der Verwaltung der Gesellschaftsanteile (Verwaltungstreuhand), im Verhältnis zu den Kreditinstituten dagegen vornehmlich der Besicherung von deren Ansprüchen (Sicherungstreuhand).
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4. Teil: Abschließende Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
§ 22 Haftungs- und Verlustrisiken der Konstruktion für die einzelnen Parteien A. Doppeltreuhänder Der doppelseitige Treuhänder unterliegt im Rahmen der Sanierungstreuhand einem komplexen Geflecht von Pflichten gegenüber Altgesellschaftern, Banken, dem Unternehmen sowie gegebenenfalls auch weiteren dritten Personen (beispielsweise Arbeitnehmer der Gesellschaft, dritte Gläubiger etc.). Hierbei steht die gesellschafterliche Treuepflicht im Innenverhältnis zu der Gesellschaft sowie seine vertragliche Haftung gegenüber Altgesellschaftern und finanzierenden Kreditinstituten im Mittelpunkt. Bei der Errichtung der doppelseitigen Sanierungstreuhand ist deshalb besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass die Pflichten des Treuhänders aus seinem Treuhandvertrag mit den gesellschafterlichen (Treue-)Pflichten gegenüber der Gesellschaft nicht kollidieren und – falls doch – im Einzelfall eine entsprechende Prioritätsregelung vorgesehen ist, welche die Kollision haftungstechnisch auflöst. Ansonsten kann es unter Umständen schnell passieren, dass der Treuhänder eine seiner Pflichten nur auf Kosten einer anderen erfüllen kann. Dies hätte eine „Haftungsfalle“ zur Folge. Um Restrisiken auszuschließen und die Konstruktion handlungsfähig zu machen, verwendet man als Doppeltreuhänder in der Regel eine Zweckgesellschaft. Diese Zweckgesellschaft ist dann auch Vertragspartner des Treuhandvertrages und somit Haftungssubjekt. Ein Sanierungsexperte übernimmt die Geschäftsführung der Treuhand-Zweckgesellschaft, sein persönliches Vermögen ist damit (weitgehend) von der Außenhaftung der Gesellschaft abgeschirmt.
B. Altgesellschafter als Treugeber Die Altgesellschafter geben mit der Sanierungstreuhand ihre Gesellschafterstellung ab. Aus dem Treuhandvertrag unterliegen die Altgesellschafter zwar der allgemeinen vertraglichen Haftung aus §§ 611, 280 ff. BGB. Da der Schwerpunkt des Treuhandvertrags seinen Schwerpunkt allerdings hauptsächlich auf den Pflichten des Treuhänders hat, beschränkt sich die vertragliche Haftung der Altgesellschafter faktisch auf eine Verletzung von Sorgfalts- und Nebenpflichten aus den §§ 241, 280 ff. BGB, monetäre Pflichten und sonstige Mitwirkungspflichten. Das eigentliche Risiko der Altgesellschafter liegt in der Gefahr von treuwidrigen Verfügungen über die Gesellschaftsanteile oder einer treuwidrigen Verwaltung der Krisengesellschaft durch den Treuhänder über gesellschafterliche Entscheidungen. Inbesondere die aus Sicht der Altgesellschafter vermeintlich gegebene Nähe des Treuhänders zur Bank begründet regelmäßig die größten Bedenken gegen eine Sanierungstreuhand. Indem der Treuhänder formal vollwertiger Inhaber an den Gesellschaftsanteilen wird, erhält er eine im Innenverhältnis über die Vorgaben des Treuhandvertrages hinausgehende, „überschießende“ Rechtsmacht. Die Beschrän-
§ 22 Haftungs- und Verlustrisiken der Konstruktion für einzelne Parteien
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kungen des Treuhandvertrages hingegen zeitigen außerhalb des kollusiven Zusammenwirkens keine obligatorische Wirkung im Außenverhältnis gegenüber der Gesellschaft oder dritten Parteien. Als einzig obligatorische wirkende Sicherungsmöglichkeit hiergegen käme in Betracht, die Sanierungstreuhand als sogenannte deutsch-rechtliche Treuhand auszugestalten. Die Rechtsstellung des Treuhänders an den Gesellschaftsanteilen wäre dann auflösend bedingt auf einen Rechtsmissbrauch. Im Fall der Sanierungstreuhand stehen dieser Konstruktion praktische Überlegungen entgegen, insbesondere die erhebliche Rechtsunsicherheit, welche eine solche Bedingung in die Konstruktion tragen würde. Letztlich kann gegen die Gefahr treuwidriger Verfügungen und treuwidriger Unternehmensleitung nur der Treuhänder selbst sichern, im Fall der Sanierungstreuhand der Geschäftsführer der Treuhand-Zweckgesellschaft. Bei der Auswahl ist daher erhöhtes Augenmerk auf dessen Kompetenz und Neutralität zu legen, insbesondere auf die (wirtschaftliche) Unabhängigkeit von den finanzierenden Kreditinstituten. Dies gilt übrigens ebenso aus Sicht der Kreditinstitute selbst vor dem Hintergrund einer Haftung als faktische Geschäftsführer oder einer Verstrickung ihrer Darlehen als Gesllschafterfinanzierung, hierzu sogleich.
C. Banken als gesicherte Drittbegünstigte Die meisten potentiellen Risiken bestehen bei einem finanziellen Weiterengagement in der Krise für die finanzierenden Kreditinstitute, also die Drittbegünstigten aus der Konstruktion. Hier hat sich die doppelseitige Sanierungstreuhand bei richtiger Ausgestaltung und entsprechender praktischer Handhabung als geeignetes Mittel erwiesen, solchen Risiken einer Unternehmensfinanzierung in der akuten Krise zu begegnen und der Bank ein adäquates Sicherungsmittel an die Hand zu geben. Insofern vereint die doppelseitige Sanierungstreuhand jeweils die Vorteile der klassischen, gesetzlich fixierten Sicherungsinstrumente in sich, weist gleichzeitig aber nicht deren Schwächen respektive Gefahren auf. So kann das Kreditinstitut über die doppelseitige Sanierungstreuhand sowohl hinreichende Prozesssicherheit hinsichtlich der Restrukturierung über den Treuhänder als auch eine insolvenzfeste Sicherheit vermittelt bekommen, ohne aber wie ein atypischer Pfandgläubiger mit ihren Krediten dem „Recht der Gesellschafterdarlehen“ im Rahmen des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu unterliegen. Voraussetzung ist, dass der Treuhandvertrag keine direkten Weisungsrechte auf den Treuhänder beziehungsweise das Krisenunternehmen beinhaltet und auch sonst faktisch kein Einfluss genommen wird. Ähnlich liegt es hinsichtlich einer Haftung der Bank aus dem Institut der sogenannten „faktischen Geschäftsführung“. Vermittelt der Treuhandvertrag der Bank nicht atypische Einflussrechte auf das Unternehmen oder den Treuhänder und übt die Bank auch rein faktisch keine Kontrolle aus, so finden sich keinerlei Ansatzpunkte welche eine Haftung unter dem Institut der faktischen Geschäftsführung begründen könnten. Ebenfalls nicht befürchten muss das Kreditinstitut bei Vergabe seiner Sanierungs-
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4. Teil: Abschließende Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
kredite eine Haftung wegen vermeintlicher Insolvenzverschleppung. Voraussetzung ist, dass die Sanierungskredite dem Unternehmen eine reelle Chance auf einen erfolgreichen Turnaround geben und dies durch ein professionelles, unabhängiges Sanierungsgutachten unterlegt und dokumentiert ist. Um dieses Sanierungsgutachten einzuholen, kann die Bank nach der obergerichtlichen Rechtsprechung Überbrückungskredite für maximal drei Wochen vergeben ohne Gefahr zu laufen wegen Insolvenzverschleppung in Anspruch genommen zu werden.
§ 23 Die doppelseitige Sanierungstreuhand in der Insolvenz Die doppelseitige Sanierungstreuhand dient in der Unternehmenskrise nicht nur als Kreditsicherungsmittel, insbesondere sollen über die Konstruktion notwendige Restrukturierungsmaßnahmen in dem Krisenunternehmen durch- und umgesetzt werden. Fällt das Unternehmen dennoch in die Insolvenz, so hat sich die doppelseitige Sanierungstreuhand als geeignetes Mittel erwiesen, die Rechte der beteiligten Parteien in der Insolvenz zu erhalten. Mithin kann die doppelseitige Sanierungstreuhand als „insolvenzfestes Kreditsicherungsmittel“ bezeichnet werden. Dasselbe gilt, wenn eine direkt an dem Treuhandvertrag beteiligte Partei in die Insolvenz rutscht, namentlich wären dies entweder der Treuhänder oder (einer) der/die Altgesellschafter.
A. Insolvenz des Doppeltreuhänders Wird der Doppeltreuhänder insolvent, fallen die Gesellschaftsanteile an dem Krisenunternehmen, also das Treugut, nicht in dessen haftende Insolvenzmasse nach § 35 InsO. Dies gilt unabhängig ob wie vorliegend eine Zweckgesellschaft als Treuhänder benutzt wird, oder eine natürliche Person unmittelbar die Stellung des Treuhänders übernimmt. Vielmehr vermittelt der Treuhandvertrag bei richtiger Ausgestaltung ein treugeberisches Aussonderungsrecht zugunsten der Altgesellschafter, die Massefremdheit des Treuguts gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend machen zu können. Selbiges gilt für die gesicherten Banken, auch diese sind auf Basis ihrer Ansprüche und Interessen aus dem Treuhandvertrag (§ 328 BGB) berechtigt, die Massefremdheit geltend zu machen. Sie sind nicht auf die Mitwirkung der Altgesellschafter angewiesen und können selbstständig vorgehen. Vor Erfüllung des Sicherungszweckes berechtigt dieses Aussonderungsrecht zur Herausgabe der Gesellschaftsanteile an einen neuen Treuhänder, der bestenfalls schon im Treuhandvertrag benannt ist. Nach Wegfall, respektive vollständiger Erfüllung des Sicherungszwecks, können die Altgesellschafter auch Herausgabe an sich selbst verlangen, da insoweit die treuhandvertraglichen Beschränkungen nicht mehr entgegenstehen.
§ 23 Die doppelseitige Sanierungstreuhand in der Insolvenz
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Auf den schuldrechtlichen Treuhandvertrag selbst hat die Verfahrenseröffnung keine direkten Auswirkungen. Als Dienstvertrag besteht er nach § 108 Abs. 1 InsO unberührt fort. Für diesen Fall sollte der entsprechende Sanierungstreuhandvertrag eine insolvenzbedingte Kündigungsklausel beinhalten, welche in dem vorliegenden Spezialfall auch vor dem Licht der aktuellsten Rechtsprechung und Literatur wirksam ist.
B. Insolvenz der Krisengesellschaft Während der Doppeltreuhänder Gesellschafter ist, wird eine Insolvenz des Krisenunternehmens aus praktischer Sicht eher selten sein. Verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage zunehmend, so löst dies in der Regel den Sicherungsfall gemäß dem Treuhandvertrag aus und der doppelseitige Sanierungstreuhänder hat das Unternehmen zu veräußern, um die Kreditinstitute mit ihren Forderungen zu befriedigen. Während der Dauer einer solchen Veräußerung wird das Unternehmen typischerweise mit Überbrückungskrediten liquide gehalten, um den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhalten und genügend zeitlichen Freiraum für einen freihändigen Verkauf zu schaffen. Ob und wie weiterfinanziert oder gegebenenfalls zerschlagen und/oder eingegliedert wird, entscheidet sich dann auf Seiten des Erwerbers. Eine Insolvenz des Unternehmens nach Veräußerung der Anteile betrifft die Kreditinstitute nicht mehr, selbst soweit sie vorher als Quasi-Gesellschafter im Sinn des § 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO zu qualifizieren gewesen wären: die Kredite werden mit dem Erlös der Gesellschaftsanteilen aus dem privaten Vermögen der Altgesellschafter befriedigt. Aus dem Vermögen des Unternehmens selbst fließen keine Mittel ab, welche die Insolvenzmasse schmälern würden. Ist ein rechtzeitiger Verkauf der Gesellschaft jedoch nicht mehr möglich und kommt es daher während der doppelseitigen Sanierungstreuhand zu einer Insolvenz des Krisenunternehmens, so hat dies per se keine Auswirkungen auf den Treuhandvertrag. Das Unternehmen ist nicht Vertragspartei, sondern Vertragszweck bzw. Vertragsobjekt (mittelbar verkörpert durch die Gesellschaftsanteile). Der Treuhänder behält seine Rechtsstellung an dem Treugut, könnte die Anteile theoretisch sogar frei veräußern. Nur seine gesellschafterlichen Befugnisse werden durch die Verwaltungsund Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters auf den sogenannten „insolvenzfreien“ Bereich beschnitten. Ab Verfahrenseröffnung umfasst der Insolvenzbeschlag jedoch alle Vermögenswerte der Gesellschaft, an denen keine Aussonderungsrechte Dritter nach § 47 InsO bestehen. Das werthaltige Vermögen der Gesellschaft ist damit wirtschaftlich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr den Gesellschaftsanteilen und damit den Gesellschaftern zugeordnet, sondern haftet zuerst als Insolvenzmasse den Gesellschaftsgläubigern. Unabhängig von den normal weiter bestehenden Rechten an den Gesellschaftsanteilen als Treugut, verkörpern diese in der Regel in der Insolvenz des
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4. Teil: Abschließende Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
Unternehmens keinen wirtschaftlichen Wert mehr, da die Passiva die Aktiva übersteigen. Die den Parteien der Treuhandkonstruktion zustehenden Rechte an dem Treugut beziehen sich damit nur noch auf die Gesellschaftsanteile als „wertlose Hülle“.
C. Insolvenz eines Altgesellschafters Zu einer (Privat-)Insolvenz eines Altgesellschafters als Treugeber kommt es insbesondere als Folge der Insolvenz des Krisenunternehmens. Oft sind die Gesellschafter vor allem in traditionellen (Familien-)Unternehmen auch privat über Drittbesicherungen wirtschaftlich mit der Gesellschaft verflochten. Kann die Gesellschaft ihren Schuldendienst nicht mehr leisten, haften die Altgesellschafter dann mit den beliehenen privaten Vermögenswerten oder – im schlechtesten Fall – auch unbeschränkt persönlich. Da die Gesellschaftsanteile als Treugut auf Basis des Treuhandvertrages wirtschaftlich den Altgesellschaftern zugeordnet bleiben, hat der Treuhänder in der Insolvenz der Altgesellschafter trotz seiner formalen Inhaberstellung kein Aussonderungsrecht. Vielmehr steht dem Treuhänder ein Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO zu. Die Treuhandabrede beschränkt das an sich aussonderungsfähige Vollrecht damit zum bloßen Absonderungsrecht.1 Dieses für einseitige Treuhandschaften anerkannte Ergebnis gilt nach dem Normzweck der Regelung ebenso bei doppelseitigen Treuhandkonstruktionen, auch wenn der Treuhänder hier selbst nicht „Gläubiger“ gemäß Wortlaut des § 51 Nr. 1 InsO ist. Ebenso bleibt der Treuhandvertrag als Rechtsgrund des Absonderungsrechts in der Insolvenz des Altgesellschafters wirksam bestehen. Der Treuhandvertrag im Rahmen der doppelseitigen Sanierungstreuhand ist bei typischer Ausgestaltung als Dienstvertrag nach den §§ 611 ff. BGB zu qualifizieren, womit die §§ 115, 116 InsO nicht anwendbar sind. Der Treuhandvertrag besteht nach § 108 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 InsO fort und vermittelt wirksam das Absonderungsrecht des Treuhänders zugunsten der drittbegünstigten Kreditinstitute aus § 51 Nr. 1 InsO.
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Vgl. die Formulierung bei v. Rom, S. 204.
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Stichwortverzeichnis Absonderungsrecht Beiratsmodell
288
129
Chief Restructuring Officer 209 Contractual Trust Agreements 54 CRO 209 CTA’s 54 Debt Equity Swap 82 Deutsch-rechtliche Treuhand 223 Doppelnützige Treuhand 185 Doppelseitige Treuhand – Aktueller Stand 45 – Definition 47, 53 – Entwicklung 46 – Interessenträger 52 – Interessenwahrnehmender 52 – Praktische Anwendungsformen 53 – Rechtsnatur 171, 177 – Struktur 47 – Terminologie 36 Doppeltreuhänder 37, 73, 97, 225 – Auswahl 98 – Profil 99 – Treuhandgeschäftsführer 97, 99 f. Drittbegünstigter 36 Eigennützige Treuhand 160, 170 Einseitige Treuhand – Definition 39 – Entwicklung 43 – Rechtsnatur 154, 163, 168 f. – Struktur 40 – Terminologie 33 – Treuhandvertrag 42 Erfüllungstreuhand 182 Ermächtigungstreuhand 41 f., 222 Erwerbstreuhand 188 Escrow Accounts 56
Fiduziarische Treuhand 40 Financial Covenants 109 Finanzierungsfolgenverantwortung 240 Fremdnützige Treuhand 160, 170 Insolvenz – Altgesellschafter 287 – Doppeltreuhänder 258 – Krisengesellschaft 282 – Kündigungsrechte 277 Insolvenz Altgesellschafter – Absonderungsrecht 288 – Rechte am Treugut 287 – Treuhandvertrag 290 Insolvenz Krisengesellschaft – Rechte am Treugut 284 – Sonstige Verträge 285 – Treuhandvertrag 283 Insolvenz Treuhänder – Aussonderungsrecht 260, 265, 268 – Rechte am Treugut 259 – Treuhandvertrag 275 Insolvenzabhängige Lösungsklausel 277 Konsortialkredit 69 Kreditsicherungstreuhand Liquidationstreuhand Milestones
65
182
109
Nutzungstreuhand Pfandgläubiger
182
237
Restschuldbefreiungsverfahren 59 Risiken der Sanierungstreuhand 213 – Altgesellschafter 216 – Doppeltreuhänder 213 – Faktische Geschäftsführung 228 – Insolvenzverschleppung 225
Stichwortverzeichnis – Kreditinstitut 225 – Nachrangigkeit der Darlehen 232, 247 – Recht der Gesellschafterdarlehen 232, 247 – Treuwidrige Unternehmensleitung 217 – Treuwidrige Verfügungen 217 Sanierungsbeirat 210 Sanierungsgeschäftsführer 209 Sanierungsgutachten 227 Sanierungsprivileg 250 Sanierungstreuhand 71 – Altgesellschafter 96 – Anfechtbarkeit 191 – Begriffliche Systematik 180 – Beteiligte Parteien 92 – Formelle Hindernisse 189 – Gläubigergefährdung 199 – Graphische Übersicht 212 – Grundlagen 88 – Hintergrund 74 – Insolvenz 255 – Insolvenzverschleppung 199 – Materielle Hindernisse 191 – Struktur 92 – Systematik 188 – Terminologie 72 – Treugeber 96 – Treugut 94 – Treuhandgeschäftsführer 73 – Übersicherung 194 – Übertragung des Treuguts 202 Sanierungstreuhandvertrag 102 – Außerordentliche Kündigung 149 – Beendigung 144 – Erlösverteilungsabrede 114 – Form 150 – Garantien 139 – Gewinnausschüttung/Dividenden 131 – Haftung 133
327
– Haftungsbeschränkung 136 – Herausgabepflicht/-anspruch 129 – Informationsrechte und -pflichten 117 – Kosten(tragung) 142 – Laufzeit 144 – Ordentliche Kündigung 147 – Parteien 103 – Rechtsnatur 177 – Sicherungsfall 107 – Sicherungszweckabrede 106 – Vertragszweck 105 – Verwertungsrecht und -pflicht 110 – Waterfall 114 – Weisungsrechte 121, 127, 249 Sicherheitenpool 69 Sicherungsfall siehe Sanierungstreuhandvertrag Sicherungstreuhand 170, 182 Sicherungszweckabrede siehe Sanierungstreuhandvertrag Software Escrow 61 Softwarehinterlegungsverträge 60 Treugeber 35 Treugebergläubiger 36 Treugut 33 Treuhänder 35 Treuhandliquidationsvergleich Trust 219
57
Übertragende Sanierung 64 Übertragungstreuhand 188, 263 Unmittelbarkeitsprinzip 264 Vereinbarungstreuhand 188 Verpfändung 84 Verwaltungstreuhand 170, 182 Vollmachtstreuhand 41 f., 222 Vollrechtstreuhand 40