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German Pages 595 [596] Year 1961
D I E
D E U T S C H E
T H O M A S - A U S G A B E
Vollständige, ungekürzte deutsch-lateinische Ausgabe der S U M M A
T H E O L O G I C A
übersetzt und kommentiert von DOMINIKANERN
UND
DEUTSCHLANDS
BENEDIKTINERN
UND
ÖSTERREICHS
Herausgegeben von der ALBERTUS-MAGNUS-AKADEMIE WALBERBERG
BEI
KÖLN
36. B A N D
1961
G E M E I N S C H A F T SV E R L A G P.H.KERLE HEIDELBERG
VERLAG
STYRIA
GRAZ - W I E N - K ö L N
T
H
O
M
A
S
V O N
A
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DIE LETZTEN D I N G E
Kommentiert von ADOLF HOFFMANN
OP
Supplement 87 — 99
1961
GEMEINSCHAFTSVERLAG F. H. K E R L E HEIDELBERG
VERLAG
STYR1A
GRAZ-WIEN-KÖLN
Sämtliche
Rechte
f ü r die d e u t s c h e
und
lateinische
Sprache
und
Ausgabe vorbehalten C o p y r i g h t 1961 b y V e r l a g S t y r i a , G r a z - W i e n - K ö l n , u n d F . H . K e r l e , Heidelberg D a s I m p r i m a t u r w u r d e e r t e i l t v o m P r o v i n z i a l d e r D e u t s c h e n Domin i k a n e r p r o v i n z T e u t o n i a P . H i l a r i u s M. A l b e r s O P , S. T h e o l . L e c t . , u n d d e m E r z b i s c h ö f l i c h e n O r d i n a r i a t zu S a l z b u r g
SCHRIFTLEITER-KOLLEGIUM P . H e i n r i c h M. C h r i s t m a n n
O P , S. T h e o l . L e c t . — P . D r .
H o f f m a n n O P , R e g e n s der A l b e r t u s - M a g n u s - A k a d e m i e
zu
Adolf
Walber-
b e r g . — P . D r . E b e r h a r d W e l t y O P , S. T h e o l . Mag., W a l b e r b e r g . — P. Dr. A r t h u r Fridolin Utz OP, Univ.-Prof., Freiburg/Schweiz. — P. Dr. P a u l u s E n g e l h a r d t OP, W a l b e r b e r g b. Köln.
MITARBEITER DIESES BANDES Die E i n l e i t u n g s c h r i e b P . D r . P a u l u s E n g e l h a r d t O P . — Die "Übers e t z u n g a r b e i t e t e P . D r . G i s b e r t Sölch O P . — D e n K o m m e n t a r v e r f a ß t e P . D r . Adolf H o f f m a n n O P . — Die A n m e r k u n g e n
arbeiteten
P . D r . A d o l f H o f f m a n n O P , P . D r . P a u l u s E n g e l h a r d t O P , D r . Diet e r H a l c o u r , P . D r . G e r b e r t Meyer OP u n d P . L i c . S. S c r i p t . Diego Arenhoevel
O P . — Die R e d a k t i o n
das A u t o r e n löchter
OP
des l a t e i n i s c h e n
und Schriftverzeichnis besorgten
und
Dr.
Rudolf
Tannhof
Textes
P. Coelestin
sowie Dor-
in G e m e i n s c h a f t s a r b e i t .
Das Sachverzeichnis a r b e i t e t e Elisabeth Nieten.
E i n b a n d e n t w u r f von P r o f . Rudolf Koch, Offenbach Druck: Universitäts-Buchdruckerei „Styria",
Graz
—
EINLEITUNG Der vorliegende Band spricht von den Letzten Dingen, die Gott Seinem heilsgeschichtlichen Plan gemäß wirkt und von denen die Gotteslehre zu reden hat. Die Einleitung zu Band 35 versuchte den Entwurf nachzuzeichnen, den Thomas an verschiedenen Orten für die Lehre von den Letzten Dingen skizziert hatte. 1 E r hatte ihn nicht mehr ausführen können. F ü r den Kompilator des „Supplements" (vgl. Bd. 35, S. [5], 502) war es keine leichte Aufgabe, aus dem Material des ganz anders gearteten Sentenzenkommentars die einschlägigen Artikel herauszusuchen und systematisch zusammenzustellen. I n unserem Band springt die spekulative Untersuchung über „die Schau des göttlichen Wesens seitens der Seligen" (Fr. 92), insbesondere die Frage: „Kann der menschliche Verstand zur Schau des Wesens Gottes gelangen?" (Art. 1) bereits durch ihren Umfang ins Auge. Sie ist auch inhaltlich zentral. Darum versuchen Kommentar und Anmerkungen, die systematischen und historischen Bezüge herauszuarbeiten. Die systematische Kommentierung muß die wesentlichen Elemente der thomistischen Erkenntnislehre heranziehen. Damit scheint sie zu bestätigen, daß die Philosophie hier in einen Bereich einzudringen sucht, der ihr grundsätzlich verschlossen bleibt. Dieses Bedenken ist ernst zu nehmen; denn es stellt an einem augenfälligen Modellfall die Rolle der Philosophie im theologischen Denken des hl. Thomas in Frage. Diese Frage fragt — positiv gewendet — nach der theologischen Funktion, die eine solche Untersuchung der Möglichkeit der Gottesschau des Menschen hat, und nach der Rolle, die innerhalb ihrer philosophischen Überlegungen spielen. Die theologische Funktion wird im Aufbau des Sentenzenkommentars deutlicher als im Supplement. Der „Sentenzenmeister" Petrus Lombardus kennzeichnet 4 d 49 das ewige Leben schriftgemäß als ein „Schauen Gottes in Seiner eigenen Gestalt", „nicht mehr durch einen Spiegel im Rätsel" (vgl. 1 Kor 13,12). E r beruft sich auf J o 17,4: „,Das ist das ewige Leben, zu erkennen, daß Du und Der, Den Du gesandt, Jesus Christus', der eine und .allein wahre Gott' ist." Alle 1 Diese Einleitung wäre heute zu ergänzen durch: Y. C o n g a r OP, Le sens de r„économie" salutaire dans la „Théologie" de S. Thomas d'Aquin: Festgabe J. Lortz II. Baden-Baden 1958, 73—122, bes. 104—109.
(5)
Seligen werden Gott als den Dreieinen schauen. Im Anschluß an den zu kommentierenden Text fragt Thomas zunächst nach der Glückseligkeit und ihrem Wesen (Fr. 1). Schrittweise arbeitet er heraus, daß sie im Kontakt mit Gott durch ewige, geistige Schau nach dem Tode bestehe (Art. 1; Art. 2 ql 3). Dann erst fragt er nach der Möglichkeit dieser Schau für den menschlichen Verstand (4 d 49: 2, 1 = Suppl 92, 1). Der Kompilator des Supplements kann voraussetzen, daß die Frage nach dem Wesen der Glückseligkeit geklärt ist (I-II Fr. 2—4: Bd. 9). So kann er nach den Fragen über das Jüngste Gericht und die mit ihm verbundene Welterneuerung unmittelbar zur ausdrücklichen Frage nach der „Schau" der Seligen „in bezug auf das göttliche Wesen" übergehen, „in der ihre Seligkeit hauptsächlich besteht" (Suppl Fr. 92 Vorw.; vgl. 4 d 49: div. text.). Dabei stellt er die ausführliche Untersuchung über die Möglichkeit dieser Gottesschau an den Anfang (Suppl 92, 1); sie ist reichhaltiger als die entsprechende Abhandlung in der Lehre von Gott dem Einen (I 12, 1: Bd. 1). Mit strengem Methodenbewußtsein begründet Thomas zunächst, warum so ausgedehnte philosophische Überlegungen hier am Platze sind. Ohne etwas von der verheißenen Schau Gottes von Angesicht zu Angesicht zu wissen, hat das philosophische Denken immer schon über sich hinausverwiesen ; denn als liebendes Suchen nach der Wahrheit lebt es von einer möglichen Erfüllung dieses Strebens. Es legt diese Erfüllung als eine Erkenntnis aus, die — nicht mehr an das veränderliche Einzelne und Körperliche gebunden — in einem rein geistigen Akt reine geistige Wirklichkeit erfaßt. Diese allem Philosophieren innewohnende Forderung scheint aber allen Erfahrungen einer Erkenntnis zu widersprechen, die, an den Leib und seine Organe gebunden, in die Tiefendimension irdischer Seiender, d. h. körperhafter Einzeldinge, einzudringen sucht. Indem das Philosophieren diesen Widerspruch gegen sein eigenstes Ziel abzuweisen versucht, bereitet es dem theologischen Denken die Bahn, auf der dieses die Einwände gegen die Möglichkeit der von Gott verheißenen Schau Seines Wesens von Angesicht zu Angesicht abweist. Im Vollzug dieser Abwehr erkennt das theologische Denken radikaler das Göttliche der verheißenen Schau, die alle Möglichkeiten eines innerweltlichen Erkennens übersteigt. Erst auf dem historischen Hintergrund der (6)
Theophanienlehre griechischer Herkunft (vgl. S. 466 ff.) zeigt sich überraschend klar, wie Thomas gerade durch äußerste Konsequenz des Philosophierens die immer wieder in den Bereich des Geheimnisses hinein versuchte Grenzüberschreitung der Philosophie und ihrer Vorstellungen zurückweist. Von diesem Beispiel her läßt sich im Geiste des hl. Thomas der Satz formulieren: Der Zugang des Philosophierenden zum überphilosophischen Geheimnis besteht darin, das philosophische Denken in seine äußersten Möglichkeiten zu bringen und an dieser „Grenze" — nicht zu „scheitern", sondern — sich selbst zu überschreiten und sich dem vom schenkenden Gott eröffneten Geheimnis als einem solchen zu öffnen. Man hat Thomas oft gerade darum einen einseitigen Intellektualisten genannt, weil er die ewige G l ü c k s e l i g k e i t in einen Vollzug des E r k e n n e n s verlegt. Abgesehen davon, daß dieser Vorwurf auch einige wesentliche Aussagen der Heiligen Schrift treffen würde (vgl. S. 452 ff.), zeugt er von einem selbst wieder intellektualistischen Mißverständnis dessen, was Thomas unter „Schauen" versteht. Die Worte visio und videre zeigen gerade, daß hier nicht eine menschliche Denkbemühung zu ihrer eigenen Erfüllung kommt, sondern daß etwas ganz Neues geschieht. So wie dem menschlichen Auge, das sich dem Lichte öffnet, das Sichtbare unmittelbar gegenwärtig ist, so besagt die Gottesschau eine von Gott selbst geschenkte lichtende Eröffnung des menschlichen Geistes (Glorienlicht; vgl. S. 457 ff.), die das Geschenk unmittelbarer Gegenwart des geliebten Gottes (Suppl 93, 3) anzunehmen vermag (vgl. 3 d 24: 2 ql 1). So ist das Ziel des Glaubenden — wie des Philosophen — die W a h r h e i t — aber nicht als das immer gefährdete Ergebnis einer äußersten Anstrengung, sondern als das unverfügbare, als „ewiges Leben" verheißene Sich-Schenken Dessen, Der Sich als „den Weg, die Wahrheit und das Leben" bezeichnet (Jo 14, 6). Jesus Christus „ist zugleich Weg und Ende des Weges; Weg als Mensch, Ende des Weges als G o t t . . . Denn das Ende dieses Weges ist das Ziel des menschlichen Verlangens. Der Mensch aber verlangt vor allem nach zwei Dingen: erstens nach der Erkenntnis der Wahrheit, und das ist ihm [als Menschen] eigen; zweitens nach dem Bleiben seines Seins, und das ist ihm mit allen Dingen ge(7)
meinsam. Christus aber ist der Weg zur Erkenntnis der Wahrheit und zugleich Selbst die W a h r h e i t . . . Christus ist der Weg zum Leben und zugleich Selbst das L e b e n . . . " (In J o 14, 6: lect. 2 nr. 1868). „Christus ist unser Ziel, zum Heile einem jeden, der glaubt (vgl. Rom 10, 4. 9 f.). ,Wir haben also hier keine bleibende Statt' (Hb 13, 14), sondern dort, wo Christus ist. ,So laßt uns zu Ihm hinausgehen' (V. 13)" (In H b 13, 13 f.: lect. 2 nr. 750). Er zeigt uns den Vater. „Keiner kann in jener Herrlichkeit den Vater sehen, wenn der Sohn Ihn nicht offenbart. ,Niemand erkennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will' (Mt 11, 27). Er ist ja das wahre Licht und gibt uns das Licht, in dem wir den Vater s e h e n . . . " (In J o 16, 25: lect. 7 nr. 2150; vgl. S. 473, 481 f.) So gibt uns Christus Anteil an Seiner Herrlichkeit: „Man spricht von der Verherrlichung des menschlichen Verstandes, wenn er vergöttlicht wird, alles Stoffliche übersteigt und zur Erkenntnis Gottes erhoben wird; dadurch wird er teilhaft Seiner Herrlichkeit: ,Wir aber, die wir mit enthülltem Antlitz die Herrlichkeit des Herrn widerspiegeln, werden in dasselbe Bild v e r w a n d e l t . . . ' (2 Kor 3, 18). Wenn also ein jeder, der Gott erkennt, verherrlicht wird und Seiner Herrlichkeit teilhaftig geworden ist, dann ist offenbar Christus, der Gott am vollkommensten erkennt, der der Glanz der ganzen Herrlichkeit Gottes ist (Hb 1, 3) und der das Aufstrahlen der ganzen Herrlichkeit Gottes aufzufangen vermag . . . ; wenn es sich so verhält, sage ich, dann ist Christus am vollkommensten verherrlicht; und auch alle, die Gott erkennen, haben es von Ihm." (In J o 13, 32: lect. 6 nr. 1830; vgl. CG I I I 51; S. 489 f.) Denn „die Seele Christi, die unter den übrigen Geschöpfen die Gottesschau in höchster Vollkommenheit besitzt, schaut alle göttlichen Werke und deren Sinngründe, so viele ihrer sind, sein werden oder gewesen sind, auf vollkommene Weise in Gott Selbst, so daß Er nicht nur die Menschen, sondern selbst die höchsten der Engel erleuchtet. Und deshalb sagt der Apostel Kol 2, 5: ,In Ihm sind alle Schätze der Weisheit und Wissenschaft verborgen.' Und H b 4, 13: ,Alles liegt bloß und offen vor Seinen Augen.' Hingegen kann die Seele Christi nicht zum B e g r e i f e n der Gottheit gelangen. D e n n . . . es wird das im Erkennen b e g r i f f e n , was in dem Maße erkannt wird, als es erkennbar ist. Ein jedes ist nun in (8)
dem Maße erkennbar, als es seiend und wahr ist. Das Sein Gottes ist aber unendlich, desgleichen auch Seine Wahrheit. Also ist Gott in unendlichem Maße erkennbar. Kein Geschöpf kann aber auf unendliche W e i s e erkennen, auch wenn das, w a s es erkennt, unendlich ist. Die Seele Christi ist aber ein Geschöpf, und was immer in Christus nur zur menschlichen N a t u r gehört, ist e r s c h a f f e n . . . Also begreift die Seele Christi Gott nicht; aber Christus begreift Gott durch Seine u n e r s c h a f f e n e Weisheit." (CTh 216.) So gibt uns der Mensch Jesus Christus Anteil an Seiner schauenden I n t i m i t ä t mit dem Vater und damit mit dem Dreifaltigen Gott — aber zugleich an Seiner erschauernden Ehrfurcht und Unterwerfung vor dem Unbegreiflichen (vgl. B T 3, 4 Zu 2). Die intime Nähe und ehrfürchtige Distanz, wie Er sie auf Erden vorlebt, kennzeichnet auch das Sein Seiner verklärten Menschennatur. „Die Seele Christi, getrieben vom Heiligen Geist, erhob sich im Gefühl der Ehrfurcht zu Gott: in allem ,fand Er um Seiner Ehrfurcht willen Erhörung' (Hb 5, 7). Dieses Gefühl der Ehrfurcht vor Gott war [und ist] im Menschen Christus tiefer als bei den anderen Menschen. Deshalb schreibt I h m auch die Heilige Schrift die Fülle der Furcht Gottes zu" (vgl. Is 11, 3). (III 7, 6: Bd. 25.) Auch in der Erfahrung des mysterium tremendum, im Überwältigtwerden von der Größe des unbegreiflichen Gottes, liegt Seligkeit. „Bei Erklärung von J o b 26, 2: ,Die Säulen des Himmels erzittern und beben vor Seinem Wink' sagt Gregor: „Selbst die .Kräfte' der Himmlischen [Engel], die I h n ohne Unterlaß schauen, erzittern in dieser Schau. Aber dieses Erzittern ist, damit es f ü r sie nicht qualvoll sei [was in der Seligkeit unmöglich wäre], kein Erzittern der Furcht, sondern des Staunens; stehen sie doch staunend vor Gott, der über sie erhaben und ihnen unbegreiflich ist" (II-II 19, 11: Bd. 16; vgl. unten S. 461f.). „Auch in der ewigen Heimat bleibt" „der unendliche Abstand" des Geschöpfes „von Gott" (ebd. Zu 3). Und so bleibt auch „die Ehrfurcht, k r a f t deren der Mensch nicht wagt, sich der göttlichen Majestät zu vergleichen, sondern sich ihr unterwirft" (Ver 28, 4 Zu 4). Zwar fürchtet der Mensch nicht mehr, von Gott getrennt zu werden, aber er steht ehrfürchtig bewundernd vor jener übermächtigen Größe Gottes, deren Betrachtung ihn in seine eigene Kleinheit „zurückspringen" läßt (vgl. (9)
3 d 34; 2, 3 ql 4). So steht das Staunen am Ende des Weges zu Gott, wie es am Anfang steht (vgl. I - I I 3, 8: Bd. 9; 41, 4 Zu 5: Bd. 10) und den mystischen Höhepunkt irdischer Gottesnähe kennzeichnet ( I I - I I 180, 3 Zu 3: Bd. 23). Jesus Christus, der uns teilgibt an Seiner ehrfürchtigen Schau, bleibt auch im ewigen Leben der bis in die Leiblichkeit hinein beglückend nahegekommene Gott. Thomas betont gern die m e n s c h l i c h e Seite der ewigen Gemeinschaft mit dem verklärten Gottmenschen: die schon auf Erden in Ihm beginnende „familiäre Freundschaft zwischen Mensch und Gott" (CG I V 53; In Jo 1, 14: lect. 7 nr. 177 f. u. ö.), deren erhöhte Weiterführung Christus für das Wiedersehen verheißt ( I I I 55, 3 Zu 1). Diese Freundschaft ist aber nicht als Idylle mißzuverstehen. Im Gericht wird der Herr Seine Freunde an Seinem Amt teilnehmen lassen, die Ihm besonders Nahestehenden in besonderer Weise (Suppl 89, 1 f.; vgl. I I I 58, 4 Zu 3: Bd. 28; CTh 245). Das Sein mit Christus ist auch ein Miterhöhtsein und Mitherrschen ( I I I 58, 4 Zu 1 f.: Bd. 28; Suppl 77, 1 Zu 4: Bd. 35; In Rom 8, 34: lect. 7 nr. 719). Was bedeutet dieses Herrschen nach dem Jüngsten Gericht ? Das unangefochtene Haben der Macht, nachdem die Macht des Widersachers und der Seinen endgültig gebrochen ist (vgl. In 1 Cor 15, 25: lect. 3 nr. 941ff.). Wenn Thomas der G e m e i n s c h a f t der Seligen untereinander nur einen „akzidentellen" Bezug zur Seligkeit zuschreibt, dann besagt dies, daß der Mensch in seinem Erfülltsein von Gott keines anderen Gutes mehr bedarf und die Seligen keiner gegenseitigen Hilfe bedürfen. Aber die Gottesliebe strömt sich in die Nächstenliebe aus, deren Gestalt vollkommene, freundschaftliche Mitfreude, ein gegenseitiges SichBeglückwünschen ist ( I - I I 4, 8: Bd. 9; 68, 6 Zu 2: Bd. 11). Diese Liebe wird nicht ein unterschiedloses Zerfließen sein, sondern eine geordnete Liebe: eine Stufung der neidlos liebenden Bewunderung gemäß der Nähe des Geliebten zu Gott, aber auch eine Erfüllung aller edlen Beweggründe der Liebe, die es auf Erden gab: jede edle irdische Gemeinschaft findet hier ihre Vollendung (vgl. S. 493 f.). Vor allem findet die Kirche als Gemeinschaft der Glieder mit ihrem gottmenschlichen Haupt endgültige Gestalt.2 So werden Freude und Friede die bleibenden Früchte des Heiligen 2
Zahlreiche Belege bei Y . C o n g a r OP, a. a. 0., 104ff.
(10)
Geistes der Liebe sein (I-II 70, 3: Bd. I I 3 ) . Was in aller irdischen F r e u n d s c h a f t u n d in aller irdischen Bemühung u m Frieden noch a n Meinungsverschiedenheiten blieb — auf Grund der Beschränktheit u n d vielfältigen Bedingtheit unserer irdischen Erkenntnis —, das wird in der Gemeinschaft der die volle Wahrheit schauenden Seligen in eine tiefe Harmonie des gemeinsamen Erkennens ausmünden ( I I - I I 29, 3 Zu 2: Bd. 17A). Selbst der Gedanke an die Verd a m m t e n k a n n diese Harmonie nicht stören (Suppl Fr. 94 m. Anmerkungen u. K o m m . S. 494 f.). W e n n dieses Mitsein der Seligen auch nicht die Struktur der Mitsorge um Zeug u n d Werk, u m Bedürfnis u n d Befriedigung, u m Veränderung u n d Bewältigung innerweltlicher Zustände h a t , so ist es doch nicht welt-los, sondern in einer neuen u n d erfüllten Weise w e l t h a f t . Es findet seine gemeinsame Heimat, sein gemeinsames Interesse, seine gemeinsame Freude in Gott u n d in allem, was die Herrlichkeit Gottes widerspiegelt. Die beiden Fragen, die der Kompilator h a r t aneinanderrückt, die Überlegungen über die Welterneuerung (Fr. 91) mit ihren teilweise fremdartigen kosmologischen Vorstellungen, u n d die Frage nach der — scheinbar völlig weltlosen — Gottesschau des beseligten Menschengeistes (Fr. 92), bezeugen den ganzen Ernst, mit dem der Denker das ewige J a , das Gott zum einzelnen Menschen und zu Seiner ganzen Schöpfung spricht, nachzuvollziehen sucht. Welterneuerung u n d Gottesschau sind die beiden Seiten, nach denen hin das theologische Denken den Glaubensartikel von der Auferstehung des Fleisches u n d dem ewigen Leben entfaltet. Die Auferstehung des Fleisches (Bd. 35) ist Grundlage u n d Verbindung beider Aspekte. Man m u ß die Aussage vom nur „akzidentellen Wachstum der Seligkeit" nach der Auferstehung (vgl. S. 498 ff.) fast notwendig mißverstehen, wenn m a n diesen Zusammenhang nicht sieht. U m ihn in den Blick zu bekommen, m ü ß t e m a n die ganze philosophisch-theologische Anthropologie des hl. Thomas abschreiten. Hier sei nur angedeutet: Die Welt ist um des Menschen willen geschaffen u n d erfährt ihre Vollendung mit dem Menschen (vgl. S. 444 ff.; Rom 8, 19 ff.). Der Mensch bringt als geistbegabtes Sinnenwesen die sinnliche ' Weitere Belege und Aspekte bei Y. C o n g a r Ol', a. a. O., 105ff.
(11)
Fülle der Welt gleichsam zu sich.4 Die Welt ist nicht nur dem erkennenden Menschen inne (vgl. Ver 2, 2); sie strukturiert ihn auch in seinem Sein.5 Diese Welt ist „konzentriert" und mit ihrem schöpferischen Ursprung zutiefst vereinigt im Gottmenschen Jesus Christus.6 Er ist das Haupt und die Mitte des Alls (vgl. Kol 1, 15 ff.). In Ihm als dem W O R T E sieht der Selige das seiner Gotteshebe zugemessene Maß an Welt (vgl. Suppl 92, 3). Der auferstandene Mensch sieht mit seiner „leiblichen Schaukraft eine solche Herrlichkeit Gottes in den Körpern [d. h. in den Dingen der Neuen Welt], vor allem den verklärten [Leibern der Auferstandenen] und im höchsten Maße im Leibe Christi und schaut andererseits mit dem Verstände Gott so klar, daß er in den körperlich gesehenen Dingen Gott wahrnimmt, so wie man im Sprechen das Leben wahrnimmt. Denn obwohl unser Verstand dann Gott nicht aus den Geschöpfen erschaut, so wird er Ihn doch in den körperlich wahrgenommenen Geschöpfen schauen" (92, 2). Bei allen Mängeln der Kompilation bezeugt sich auch in den Fragen des Supplements nach den Letzten Dingen ein gläubiges Denken, das Gott so groß sieht, daß es Ihn nicht auf Kosten der Welt zu verkleinern braucht. Denn „eine Lenkung dürfte um so besser sein, je größere Vollkommenheit der Lenkende den gelenkten Dingen mitteilt" (I 103, 2: Bd. 8).
1 Vgl. Bd. 10, (9)f.; dazu jetzt H. M. Chri st m a n n 0P, Lebendige Einheit. Salzburg 1959°, 133fF.; K. R a h n e r SJ, Geist in Welt. München 19572. 5 Zum Menschen als „Mikrokosmos" vgl. S. 445f.; W. K r a n z , Kosmos. Archiv für Begriffsgeschichte 2/1. Bonn 1955, Register S. 272f. • Vgl. R. H a u b s t , Die Christologie des Nikolaus von Kues. Freiburg 1956,138ff.
(12)
EINRICHTUNG UND BANDEINTEILUNG DEUTSCHEN THOMAS-AUSGABE
DER
N B . : U m auch den Leser einzelner Bände über Einrichtung und Einteilung des Gesamtwerkes zu orientieren, geben wir jedem Bande an dieser Stelle eine Ubersicht bei. I. A U F B A U D E S
ARTIKELS
1. Die Titelfrage zum Artikel stammt nicht von Thomas selbst, sondern ist entnommen dem einleitenden „Videtur quod non" oder „Videtur quod". 2. Auf die Titelfrage folgen mehrere, in der Thomas-Literatur oft als „Objectiones" bezeichnete Argumente, welche die Untersuchung einleiten. In der Ubersetzung sind sie mit 1., 2., 3. usw., bei Verweisen mit E . ( = Einwand) bezeichnet. 3. I m S E D CONTRA sucht Thomas die den vorausgehenden Argumenten entgegengesetzte These zu begründen und erweist sich durch dieses lebendige Für und Wider, das er in seinen Quaestiones disputatae bis zu je 30 Argumenten für These und Anti-These ausweitet, als ein echter Aporetiker. Die Übersetzung leitet dieses S E D CONTRA ein mit A N D E R S E I T S . 4. Mit R E S P O N D E O dicendum (ursprünglich wohl: „Responsio. Dicendum. . in der Ubersetzung: A N T W O R T ) beginnt der Hauptteil des Artikels, der die eigentliche Lehre des hl. Thomas enthält. 5. Auf die Antwort folgt unter A D PRIMUM, A D S E C U N D U M die Lösung der eingangs vorgebrachten Argumente. Sie führt oft den in der A N T W O R T entwickelten Gedanken wesentlich weiter. Die Übersetzung leitet sie ein mit „Zu 1", „Zu 2 " usw. 6. Der unter dem Titel des lateinischen Textes an erster Stelle angeführte „Paralleltext" (von den anderen Paralleltexten durch Gedankenstrich getrennt) ist im Supplement jeweils die Quelle im Sentenzenkommentar, aus dem das Supplement durch einen Kompilator zusammengestellt wurde. 7. Die Angabe der Fundstelle erfolgt in der Übersetzung nur bei Schriftzitaten, und zwar in der heute üblichen Weise. Bei allen anderen Zitaten, in der Regel aus Autoren, die nur dem Wissenschaftler zugänglich sind, gibt die Übersetzung den Namen des Autors, der lateinische Text den Stellennachweis. Aus Platzmangel wurden die Kirchenväter-Fundstellen des Corpus Christianorum Ecclesiasticorum Latinorum (CSEL) und des Corpus Christianorum seu nova Patrum collectio, series Latina (CChrL) auf S. 543 f. zusammengestellt.
(13)
II. E I N T E I L U N G D E R SUMMA
THEOLOGICA
I. BUCH Band Band
1. 2.
Frage Frage
1 -- 13: 1 4 - 26:
Band Band Band Band
3. 4. 5. 6.
Frage Frage Frage Frage
27446575—
Band
7.
Frage
9 0 - -102:
Band
8.
Frage 103— 119:
43: 64: 74: 89:
Gottes Dasein u n d Wesen. Gottes Leben; sein Erkennen u n d Wollen. Gott, der Dreifaltige. Schöpfung u n d Engelwelt. Das Sechstagewerk. Wesen u n d Ausstattung des Menschen. Erschaffung u n d Urzustand des Menschen. Erhaltung u n d Regierung der Welt.
I. T E I L D E S I I . B U C H E S Band 9. Band 10.
Frage Frage
1— 21: 22— 48:
Band 11.
Frage
49— 70:
Band 12. B a n d 13. Band 14.
Frage 71— 89: Frage 90—105: Frage 106—114:
Ziel u n d Handeln des Menschen. Die menschlichen Leidenschaften. Grundlagen der menschlichen Handlung. Die Sünde. Das Gesetz. Der Neue B u n d u n d die Gnade.
II. TEIL DES II. BUCHES Band Band Band Band Band Band Band
15. 16. 17A. 17B. 18. 19. 20.
Frage 1—16 Frage 17— 22 Frage 23— 33 Frage 34— 56 F r a g e 57— 79 Frage 80—100 Frage 101—122
Band 21. Band 22. B a n d 23.
Frage 123—150: Frage 151—170: Frage 171—182:
Band 24.
Frage 183—189:
(14)
Glaube als Tugend. Die Hoffnung. Die Liebe (1. Teil). Die Liebe (2. Teil); Klugheit. Recht u n d Gerechtigkeit. Die Tugend der Gottes Verehrung. Tugenden des Gemeinschaftslebens. S t a r k m u t u n d Mäßigkeit (1. Teil). Mäßigkeit (2. Teil). Besondere Gnadengaben u n d die zwei Wege menschlichen Lebens. Stände u n d Standespflichten.
III. BUCH Band 25. Band 26.
Frage Frage
1— 15: 16— 34:
B a n d 27. B a n d 28. Band 29.
Frage Frage Frage
35— 45: 46— 59 : 60— 72:
B a n d 30. B a n d 31.
Frage Frage
73— 83: 84— 90:
Die Menschwerdung Christi. Des Menschensohnes Sein, Mittleramt u n d Mutter. Christi Leben. Christi Leiden u n d Erhöhung. Die Sakramente, Taufe u n d Firmung. Das Geheimnis der Eucharistie. Das Bußsakrament.
E R G Ä N Z U N G ZUM I I I . B U C H (Supplement) (Band 31.) Frage B a n d 32. Frage
1— 16: 17— 40:
(Das Bußsakrament.) Schlüsselgewalt der Kirche. Letzte Ölung u n d Priesterweihe. B a n d 33. Frage 41— 54: Die E h e (1. Teil). B a n d 34. Frage 55— 68: Die E h e (2. Teil). Band 35. Frage 69— 86: Auferstehung des Fleisches. Band 36. Frage 87— 99: Die Letzten Dinge. Zusatzbände: Gesamtregister (Alphabetisches Namen- und Sachverzeichnis, Autorenverzeichnis, Verzeichnis der Schriftstellen f ü r sämtliche Bände). 1. Ergänzungsband: R o b e r t E d w a r d Brennan, OP, Thomistische Psychologie. 1957. 2. E r g ä n z u n g s b a n d : M. D. Chenu, OP, Das Werk des hl. Thomas von Aquin. 1960. Weitere Ergänzungsbände in zwangsloser Folge.
(15)
DIE LETZTEN
DINGE
87. F R A G E
87
DIE ERKENNTNIS, WELCHE DIE AUFERWECKTEN BEIM GERICHT ÜBER I H R E VERDIENSTE UND MISSVERDIENSTE HABEN W E R D E N Hierauf ist von den Folgen der Auferstehung zu handeln [vgl. Fr. 69 Vorw.: Bd. 35]. Hierbei betrifft die erste Bet r a c h t u n g die Erkenntnis, welche die Auferweckten beim Gericht bezüglich ihrer Verdienste u n d Mißverdienste haben werden; die zweite das allgemeine Gericht selbst, seine Zeit u n d seinen Ort [Fr. 88]; die dritte die Richtenden und die zu Richtenden [Fr. 89]; die vierte die Gestalt, in welcher der Richter zum Gericht kommen wird [Fr. 90]; die f ü n f t e den Zustand der Welt und der Auferstehenden nach dem Gericht [Fr. 91]. Z u m ersten ergeben sich drei Einzelfragen: 1. E r k e n n t jeder Mensch im Gericht alle seine Sünden? 2. K a n n jeder im Gewissen des anderen lesen? 3. K a n n einer mit einem Blick alle Verdienste und Mißverdienste sehen?
QUAESTIO
LXXXVII
D E C O G N I T I O N E QUAM H A B E B U N T R E S U S C I T A T I IN JUDICIO RESPECTU MERITORUM ET DEMERITORUM P o s t hoc agendum est de his quae sequuntur resurrectionem. Quorum prima consideratici est de cognitione quam habebunt resuscitati in judicio respectu meritorum et demeritorum; secundo, de ipso judicio (in) generali, tempore et loco in quo erit; tertio, de judicantibus et judicatis; quarto, de forma in qua judex veniet ad judicandum; quinto, de statu mundi et resurgentium post judicium. Circa primum quaeruntur tria: 1. U t r u m cognoscat quilibet h o m o in judicio omnia peccata sua. — 2. U t r u m possit quilibet legere conscientiam alterius. — 3. U t r u m omnia merita et demerita uno intuitu quis videre possit.
1*
3
1. A R T I K E L Wird jeder Mensch nach der Auferstehung erkennen, die er begangen hat?
alle
Sünden
1. Alles, was wir erkennen, nehmen wir entweder neu durch die Sinneswahrnehmung auf, oder es wird aus dem Schatz des Gedächtnisses hervorgeholt. Nun aber können die Menschen nach der Auferstehung ihre Sünden nicht durch die Sinne wahrnehmen, weil sie [die Sünden] schon vergangen sind und die Sinnes Wahrnehmung nur auf Gegenwärtiges geht [4 d 49: 3, 1 qa 4], Überdies sind viele Sünden dem Gedächtnis des Sünders entfallen und können nicht mehr aus dem Schatz des Gedächtnisses hervorgeholt werden. Also wird der Auferstehende nicht alle Sünden erkennen, die er begangen hat. 2. Wie es im Text 1 heißt, gibt es eine Art von „Büchern des Gewissens", in welchen die Verdienste der einzelnen Menschen zu lesen sind. Man kann aber in Büchern nur das lesen, was in ihnen vermerkt ist. Nun bleiben, wie aus der Glosse zu Rom 2, 15 hervorgeht „gleichsam Vermerke" von Sünden Q U A E S T I O 87, ,
ARTICULUS I U t r u m p o s t r e s u r r e c t i o n e m c o g n i t u r u s sit omnia peccata quae fecit
quilibet
[4 d 43: 5 qa 1]
A D PRIMUM sic proceditur. Videtur quod post resurrectionem non cognoscet quilibet omnia peccata quae fecit. Omne enim quod cognoscimus, vel de novo per sensum aeeipimus, vel de thesauro memoriae educitur. Sed homines post resurrectionem sua peccata non poterunt sensu pereipere; quia jam transierunt; sensus autem est tantum praesentium. Multa etiam peccata a memoria exciderunt peecantis, quae non poterunt de thesauro memoriae educi. Ergo non omnium peccatorum quae fecit resurgens cognitionem habebit. 2. PRAETEREA, sicut in littera 2 dicitur, „libri conscientiae" quidam sunt, in quibus merita singulorum leguntur. Sed in libris non potest aliquid legi nisi ejus nota contineatur in libro. „Notae" autem „quaedam" peccatorum remanent in PL conscientia, ut patet Rom. 2, in Glossa [Lomb.] ;3 quae non 191/1346B
1 Gemeint ist der jeweils kommentierte Text der .Sentenzen' des Petrus I.OTI1bardus. Das Supplement der theologischen Summe ist aus dem Kommentar des hl. Thomas zu diesem Werk zusammengestellt. Vgl. Bd. 35, S. 502. ' Petrus Lomb., Sent. IV 43, 3 (QR 11/996). ' Cf. Origenes, In Rom., lib. 2, ad 2,15 (PG 14/894 A).
4
im Gewissen, die nichts anderes zu sein scheinen als die Straf- 87, 1 verfallenheit oder der Makel. D a nun bei vielen der Makel vieler Sünden und die Strafverfallenheit durch die Gnade hinweggenommen ist, scheint es, daß niemand alle begangenen Sünden in seinem Gewissen lesen kann. U n d so [ergibt sich] dasselbe wie vorher. 3. W ä c h s t die Ursache, so wächst die Wirkung. Nun ist die Ursache, die uns über Sünden, die wir ins Gedächtnis zurückrufen, Schmerz empfinden läßt, die Liebe. D a nun bei den auferstehenden Heiligen die Liebe vollkommen ist, werden sie den größten Schmerz über die Sünden empfinden, wenn sie diese ins Gedächtnis zurückrufen. Das kann nicht sein, denn „Schmerz und Seufzen werden vor ihnen fliehen" (Is 35, 10; vgl. Offb 21, 4). Also werden sie die eigenen Sünden nicht ins Gedächtnis zurückrufen. 4. Wie sich die auferstehenden Verdammten zu dem Guten verhalten werden, das sie irgendeinmal getan haben, so werden sich die auferstehenden Guten zu den Sünden verhalten, die sie irgendeinmal begangen haben. Nun aber werden, wie es scheint, die auferstehenden Verdammten nicht das Gute erkennen, das sie einmal getan h a b e n ; denn dadurch würden ihre Strafen um vieles erleichtert. Also werden auch die Seligen nicht die Sünden erkennen, die sie begangen haben. QUAESTIO 87, , videntur aliud esse quam reatus vel macula. Cum ergo multorum peccatorum macula et reatus a multis sit deletus per gratiam, videtur quod non omnia peccata quae fecit possit aliquis in sua conscientia legere. E t sie idem quod prius. 3. P R A E T E R E A , crescente causa, crescit effectus. Sed causa quae facit nos dolere de peccatis quae ad memoriam revocamus, est Caritas. Cum ergo in sanetis resurgentibus sit perfecta Caritas, maxime de peccatis dolebunt si ea ad memoriam revocabunt. Quod non potest esse: quia „fugiet ab eis dolor et gemitus", Apoc. 21. Ergo propria peccata ad memoriam non revocabunt. 4. P R A E T E R E A , sicut se habebunt resurgentes damnati ad bona quae aliquando fecerunt, ita se habebunt resurgentes beati ad peccata quae aliquando commiserunt. Sed resurgentes damnati, ut videtur, cognitionem de bonis quae aliquando fecerunt non habebunt; quia per hoc eorum poena multum alleviaretur. Ergo nec beati habebunt cognitionem peccatorum quae commiserunt. 5
87,1
A N D E R S E I T S sagt A u g u s t i n u s : „ E s wird eine Art G o t t e s k r a f t wirksam sein, so d a ß alle S ü n d e n ins Gedächtnis zurückgerufen w e r d e n . " 2. Wie sich das menschliche Urteil z u m äußeren Zeugnis verhält, so v e r h ä l t sich das göttliche Urteil z u m Zeugnis des Gewissens: „Die Menschen sehen auf das Äußere, G o t t aber schaut ins H e r z " (1 Sm 16, 7). N u n aber k ö n n t e d a s menschliche Urteil über irgend etwas nicht vollkommen sein, w e n n nicht Zeugen ü b e r alles Zeugnis ablegten, worüber zu urteilen ist. D a n u n das göttliche Urteil das vollkommenste ist, m u ß also das Gewissen alles a u f b e w a h r e n , worüber ein Urteil zu fällen ist. Das Urteil wird aber zu fällen sein über alle g u t e n u n d schlechten W e r k e : „Alle werden wir stehen vor d e m R i c h t e r s t u h l C h r i s t i . . . " (2 K o r 5 , 1 0 ; vgl. R o m 14,10). Also m u ß das Gewissen eines jeden alle seine Werke, g u t e u n d schlechte, a u f b e w a h r e n . A N T W O R T : Wie es R o m 2, 15 f. heißt, „wird, wenn an j e n e m Tage der H e r r richten wird, einem jeden sein eigenes Gewissen Zeugnis ablegen, u n d die G e d a n k e n werden anklagen u n d verteidigen". D a n u n sowohl Zeuge als a u c h Ankläger u n d Verteidiger bei jedem Gericht K e n n t n i s dessen h a b e n müssen, was vor Gericht behandelt wird, bei j e n e m allgemeinen Gericht aber alle W e r k e der Menschen gerichtet Q U A E S T I O 87, ,
SED CONTRA est quod Augustinus dicit, 20 de Civitate PL Dei [c. 14], quod „quaedam divina vis aderit qua fiet ut cuncta 41/680 B peccata ad memoriam revocentur". 2. PRAETEREA, sicut se habet humanuni judicium ad testimonium exterius, ita se habet divinum Judicium ad testimonium conscientiae; ut patet 1 Reg. 16: „Homines vident ea quae parent, Dens autem intuetur cor." Sed non posset perfecte judicium humanum esse de aliquo nisi testes de omnibus de quibus judicandum est, testimonium deponerent. Ergo oportet, cum divinum judicium sit perfecfcissimum, quod conscientia teneat omnia de quibus judicandum est. Sed judicandum erit de omnibus operibus bonis et malis; 2 Cor. 5: „Omnes adstabimus ante tribunal Christi", etc. Ergo oportet quod conscientia uniuscujusque retineat omnia opera quae fecit, sive bona sive mala. RESPONDEO dicendum quod, sicut dicitur Rom. 2, „in illa die cum judicabit Dominus, testimonium unicuique sua conscientia reddet, et cogitationes erunt accusantes et defendentes". Et quia oportet quod testis et accusator et defensor in quolibet judicio habeant eorum notitiam quae in judicio versantur; in illo autem communi judicio omnia opera 6
werden, m u ß d a n n ein jeder K e n n t n i s von allen seinen 87, 1 W e r k e n h a b e n . D a r u m werden die Gewissen der einzelnen gleichsam wie Bücher sein, welche die vollbrachten T a t e n , über die das Urteil gefällt wird, e n t h a l t e n ; so werden a u c h beim menschlichen Gericht Gerichtsakten v e r w a n d t . U n d das sind die Bücher, von d e n e n es O f f b 20, 12 h e i ß t : „Die B ü c h e r w u r d e n aufgeschlagen, u n d ein anderes B u c h w u r d e aufgeschlagen: das B u c h des L e b e n s ; u n d die T o t e n wurden gerichtet n a c h dem, was in den B ü c h e r n s t a n d , n a c h ihren W e r k e n . " Die „Bücher", die n a c h d e m Bericht so .aufgeschlagen w u r d e n ' , „bezeichnen", wie Augustinus d a r t u t , „die Heiligen des N e u e n u n d Alten Bundes, in denen Gott uns zeigt, welche Gebote E r zur Befolgung aufgegeben h a t " . (Aus diesem G r u n d e „werden", wie R i c h a r d von S a n k t Viktor sagt, „ihre H e r z e n gleichsam Gesetzbücher sein".) U n t e r d e m „Buch des L e b e n s " hingegen, das n a c h h e r erw ä h n t wird, werden die Gewissen der einzelnen verstanden, die in der Einzahl ,ein einziges B u c h ' g e n a n n t werden, weil es d u r c h die eine göttliche Macht geschehen wird, d a ß allen ihre T a t e n ins Gedächtnis zurückgerufen w e r d e n ; u n d diese K r a f t h e i ß t „Buch des Lebens", sofern sie d e m Menschen seine T a t e n ins Gedächtnis z u r ü c k r u f t . — Oder m a n k a n n u n t e r den ersten B ü c h e r n die Gewissen verstehen, u n t e r dem
Q U A E S T I O 87, ,
hominum in judicium venient: oportet quod omnium opertim suorum quisque tune notitiam habeat. Unde conscientiae singulorum erunt quasi quidam libri continentes res gestas, ex quibus judicium procedet; sicut etiam in judicio humano registris utuntur. Et isti sunt libri de quibus, Apoc. 20, dicitur: „Libri aperti sunt, et alius liber apertus est qui est vitae; et judicati sunt mortui ex his quae scripta erant in libris, secundum opera ipsorum"; ut per ,libros', qui dicuntur sie ,aperti', ut Augustinus exponit, 20 de Civitate Dei [1. c.], i>¡J „signifieentur saneti novi et veteris Testamenti, in quibus 4 1 / 6 8 0 Deus ostendit quae mandata fieri jussisset" (unde, ut Richardus de Sancto Victore 1 dicit, „erunt corda eorum quasi quaedam canonum statuta"); sed per „librum vitae", de quo subjungitur, intelliguntur conscientiae singulorum, quae dicuntur singulariter ,liber unus', quia una virtute divina fiet ut cunctis ad memoriam sua facta revocentur; et haec vis, inquantum ad memoriam homini reducet sua facta, „liber vitae" dicitur. ii>. — Vel per primos libros conscientiae intelligantur; per 1
De Judiciaria Potestate (PL 196/1182 A).
A
S7, 1 zweiten den Spruch des Richters, der in den P l a n Seiner Vorsehung eingeschrieben ist. Z u 1. Obwohl viele Verdienste u n d Miß Verdienste d e m Gedächtnis entfallen, so wird es doch keines geben, das n i c h t irgendwie in seiner W i r k u n g bliebe. D e n n die n i c h t e r t ö t e t e n Verdienste werden in ihrem L o h n w e i t e r d a u e r n ; die ertötet e n hingegen d a u e r n im Schuldzustand der U n d a n k b a r k e i t weiter, die d a d u r c h vergrößert wird, d a ß der Mensch n a c h empfangener G n a d e sündigte. E b e n s o d a u e r n die Mißververdienste, die nicht d u r c h B u ß e getilgt w u r d e n , weiter in der Verfallenheit a n die ihnen g e b ü h r e n d e Strafe. Die d u r c h B u ß e getilgten Mißverdienste aber d a u e r n weiter in der E r innerung an die Buße, die m i t den a n d e r e n Verdiensten zus a m m e n ihrem E r k e n n e n gegenwärtig sein wird. D a r u m wird in jedem Menschen etwas sein, woraus er seine W e r k e ins Gedächtnis z u r ü c k r u f e n k a n n . — J e d o c h wird, wie Augustinus bemerkt, dazu hauptsächlich die „ G o t t e s k r a f t " wirksam sein. Z u 2. E s geht aus d e m Gesagten (Zu 1) bereits hervor, d a ß im Gewissen der einzelnen gewisse Vermerke der von ihnen verrichteten T a t e n zurückbleiben. Bei diesen V e r m e r k e n b r a u c h t es sich nicht ausschließlich um Strafverfallenheit zu handeln. Z u 3. Obwohl die Liebe in diesem Leben Ursache des Q U A E S T I O 87, j
secundum sententia Judicis in ejus Providentia descripta. AD PRIMUM ergo dicendum quod, quamvis multa merita et demerita a memoria excidant, tarnen nullum eorum erit quod non aliquo modo maneat in suo effectu. Quia merita quae non sunt mortificata, manebunt in praemio quod eis redditur; quae autem mortificata sunt, manent in reatu ingratitudinis, quae augetur ex hoc quod homo post gratiam susceptam peccavit. Similiter etiam demerita quae non sunt per poenitentiam deleta, manent in reatu poenae quae eis debetur: quae autem poenitentia delevit, manent in ipsa poenitentiae memoria, quam simul cum aliis meritis in notitia habebunt. Unde in quolibet homine erit aliquid ex quo possit ad memoriam PL sua opera revocare. — Et tamen, ut Augustinus [1. c.] dicit, 41/680 B principaliter ad hoc „divina vis" operabitur. AD SECUNDUM dicendum quod jam pat et ex dictis quod aliquae notae manent in conscientiis singulorum de operibus a se factis. Nec oportet quod notae istae sint reatus tantum, ut ex dictis patet. AD TERTIUM dicendum quod, quamvis Caritas sit nunc 8
Schmerzes über die Sünden ist, werden doch die Heiligen in 87, 2 der ewigen Heimat so von Freude durchdrungen sein, daß in ihnen Schmerz keinen Raum mehr haben kann. Und darum werden sie keinen Schmerz über Sünden empfinden, sondern sich vielmehr über die göttliche Barmherzigkeit freuen, durch die ihnen ihre Sünden nachgelassen wurden. So freuen sich auch jetzt die Engel über die göttliche Gerechtigkeit, auf Grund deren die von ihnen beschützten Menschen, wenn sie der Gnade verlustig gehen, in Sünde fallen, obwohl sie [die Engel] doch eifrig über deren Heil wachen Zu 4. Die Bösen werden alles Gute erkennen, das sie getan haben; und dadurch wird ihr Schmerz nicht vermindert, sondern noch vergrößert werden; denn der größte Schmerz besteht darin, viele Güter verloren zu haben. Darum sagt Boethius: „Des Unglücks höchster Gipfel ist vergangenes Glück." 2. A R T I K E L Wird jeder alles lesen können, was im Gewissen des anderen steht ? 1. Die Erkenntnis der Auferstehenden wird nicht klarer sein, als es jetzt die der Engel ist, denen gleich zu sein den Auferstehenden verheißen ist (Mt 22, 30; vgl. Lk 20, 36). Nun Q U A E S T I O 87, ,
causa dolendi de peccato, tarnen sancti in patria erunt ita perfusi gaudio quod dolor in eis locum habere non poterit. Et ideo de peccatis non dolebunt; sed potius gaudebunt de divina misericordia, qua eis peccata sunt relaxata; sicut etiam nunc angeli gaudent de divina justitia, qua fit ut, deserti a gratia, in peccato ruant illi quos custodiunt, quorum tarnen saluti sollicite invigilant. A D QUARTUM dicendum quod mali cognoseent omnia bona quae fecerunt; et ex hoc non minuetur eorum dolor, sed magis augebitur; quia maximus dolor est multa bona perdidisse. Propter quod dicit Boetius, in 2 de Consolatione Philosophiae [prosa 4], quod „summum infortunii genus est fuisse I>L felicem". 63/677 Utrum
A R T I C U L U S II q u i l i b e t p o t e n s f u t u r u s Sit l e g e r e quae s u n t in c o n s c i e n t i a a l t e r i u s
omnia
[4 d 43: 5 qa 2]
A D SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod non quilibet possit legere omnia qua« sunt in conscientia alterius. Resurgentium enim non erit limpidior cognitio quam nunc sit 2
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9
A
87. 2 aber können die Engel nicht gegenseitig in ihren Herzen erschauen, was von der freien Selbstbestimmung abhängt. Darum bedürfen sie der Rede, um dies einander wissen zu lassen [vgl. I 107, 1 : B d . 8]. Also werden die Auferstehenden keinen Einblick in das bekommen, was im Gewissen der anderen enthalten ist. 2. Alles E r k a n n t e wird entweder in sich selbst oder in seiner Ursache oder in seiner Wirkung erkannt. Nun kann kein anderer die Verdienste oder Mißverdienste, die im Gewissen eines Menschen enthalten sind, an ihnen selbst erkennen, weil Gott allein ins Herz eindringt [vgl. I I I 8, 8 : B d . 2 5 ; 64, I : B d . 29] und seine Geheimnisse schaut. Ebensowenig [kann sie jemand] in ihrer Ursache [erkennen]; denn nicht alle werden Gott schauen, der allein [unmittelbar] auf den Willen einwirken kann [1], aus dem Verdienste und Mißverdienste hervorgehen. Ebensowenig [kann sie jemand] in ihrer Wirkung [erkennen]; denn es wird viele Mißverdienste geben, von denen keine Wirkung zurückbleibt, da sie durch B u ß e ganz und gar getilgt sind. Also kann nicht alles, was im Gewissen eines Menschen enthalten ist, von jedem anderen erkannt werden. 3. Chrysostomus sagt im T e x t : „Wenn du aber j e t z t deiner Sünden gedenkst und sie häufig vor dem Angesicht GotQ U A E S T I O 87, „
angelorum, quorum aequalitas resurgentibus promittitur, Matth. 22. Sed angeli non possunt invicem in suis cordibus videre ea quae dependent a libero arbitrio; unde indigent locutione ad ea invicem innotescenda. Ergo resurgentes non poterunt inspicere ea quae continentur in conscientiis aliorum. 2. P R A E T E R E A , omne quod cognoscitur, vel cognoscitur in se, vel in sua causa, vel in suo effectu. Sed merita vel demerita quae continentur in conscientia alicujus, non poterit alius cognoscere in seipsis; quia solus Deus cordi illabitur et secreta ejus intuetur. Similiter nec in causa sua; quia non omnes videbunt Deum, qui solus potest imprimere in affectum, ex quo procedunt merita vel demerita. Similiter etiam nec in effectu; quia multa demerita erunt quorum nullus effectus remanebit, eis totaliter per poenitentiam abolitis. Ergo non omnia quae sunt in conscientia alicujus, poterit quilibet alius cognoscere. PG 3. P R A E T E R E A , Chrysostomus [In Heb., hom. 31] dicit, 63/217 B i n littera: 1 „Nunc autem, si recorderis peccatorum tuorum, et 1 Petrus Lomb., Sent. IV 17,5 (QR11/855); cf. Gratian., Decretum P. I I , causa 33, qu. 3 De Poenit., dist. 1, Append. ad can. 87 Quis aliquando (Frdb 1/1184).
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tes bekennst und für sie [um Verzeihung] bittest, wirst du 87, 2 sie schneller tilgen. Vergißt du sie jedoch, so wirst du einst an sie gegen deinen Willen erinnert werden, wenn sie öffentlich bekanntgegeben und angesichts aller Freunde, Feinde und heiligen Engel enthüllt werden." Daraus ist zu entnehmen, daß diese öffentliche Bekanntgabe eine Strafe für die Nachlässigkeit darstellt, mit der ein Mensch das Sündenbekenntnis unterläßt. Also werden die Sünden, die der Mensch bekannt hat, nicht anderen öffentlich bekanntgegeben werden. 4. Es bedeutet für jemand einen Trost, wenn er weiß, daß er in der Sünde viele Gefährten hat, und er schämt sich dann weniger. Wenn also jeder die Sünde des anderen erkennen würde, würde dadurch die Scham jedes Sünders um vieles verringert. Das ist nicht sinnvoll. Also werden nicht alle die Sünden aller erkennen. ANDERSEITS bemerkt die Glosse zu 1 Kor 4, 5 ,Er wird das im Finsteren Verborgene ans Licht bringen': „In jenem Augenblick werden gute und schlechte Taten und Gedanken allen offen und bekannt sein." 2. Die vergangenen Sünden aller Guten werden in gleicher Weise getilgt werden. Nun aber werden wir um die Sünden einiger Heiligen wissen, wie etwa um die der Magdalena [Lk 7, 37 ff.], des Petrus [Mt 26, 69 ff.; Mk 14, 66 ff.; Lk 22, Q U A E S T I O 87,
s
frequenter ea in conspectu Dei pronunties et pro eis depreceris, citius ilia delebis. Si vero oblivisceris, tunc eorum recordaberis nolens quando publicabuntur, et in conspectu omnium amicorum et inimicorum, sanctorumque angelorum, proferentur." E x hoc accipitur quod ilia publicatio poena est negligentiae qua homo confessionem praetermittit. Ergo ilia peccata de quibus homo confessus est, non publicabuntur aliia. 4. P R A E T E R E A , solatium est alicui si scit se habere multos socios in peccato, et minus inde verecundatur. Si ergo quilibet peccatum alterius cognosceret, cujuslibet peccatoris erubescentia multum minueretur. Quod non competit. Ergo non omnes omnium peccata cognoscent. SED CONTRA, super illud 1 Cor. 4, .Illuminabit abscondita tenebrarum', dicit Glossa [interi, et Lomb.]: 1 „Gesta et cogi- PL 191 tata bona et mala tunc aperta et nota erunt omnibus." 2. P R A E T E R E A , omnium honorum peccata praeterita aequaliter erunt abolita. Sed quorundam sanctorum peccata 1 Cf. Haymo, In 1 Cor. 4, 5 (PL 117/532 A); Ambrosias ter, In 1 Cor. 4, 5 (PL 17/203 C) ; Rabanus Maurua, Enarr. in Ep. Pauli, lib. 9 ad 1 Cor. 4, 5 (PL 112/45 A).
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2 55 ff.; J o 18, 17. 25 ff.] und des David [2 Sm 11, 2 ff.; 24, 10 ff.]. Also wird man aus demselben Grunde um die Sünden der anderen Auserwählten wissen. Und erst recht um die Sünden der Verdammten. ANTWORT: Beim letzten und allgemeinen Gericht muß die göttliche Gerechtigkeit, die jetzt zum größten Teil verborgen ist, allen Menschen offenkundig werden. Nun aber kann ein verurteilender oder belohnender Richterspruch nur gerecht sein, wenn er entsprechend dem Verdienst oder Mißverdienst verkündet wird. Und wie darum Richter und Beisitzer des Richters die Tatbestände des Rechtsfalles kennen müssen, damit sie einen gerechten Urteilsspruch verkünden, so müssen allen denen, die den Urteilsspruch erfahren, die Tatbestände bekannt werden, damit der Urteilsspruch sich als gerecht erweise. Wie darum jedem seine Belohnung oder Verdammung bekannt werden wird, so wird sie auch allen anderen bekannt werden; und aus diesem Grunde muß jeder, wie er seine eigenen Verdienste oder Mißverdienste ins Gedächtnis zurückrufen wird, auch fremde [Verdienste oder Mißverdienste] erkennen können. Und das ist die wahrscheinlichere und allgemeinere Auffassung, obwohl der Sentenzenmeister im Text das Gegenteil sagt, daß nämlich „Sünden, die durch Buße getilgt wurden", im Gericht anderen nicht bekannt würden. — Doch Q U A E S T I O 87, .
sciemus; sicut Magdalenae et Petri et David. Ergo pari ratione aliorum electorum peccata seientur. Et multo magis damnatorum. RESPONDEO dicendum quod in ultimo et communi judicio oportet quod divina justitia omnibus evidenter appareat, quae nunc in plerisque latet. Sententia autem condemnans vel praemians justa esse non potest nisi secundum merita vel demerita proferatur. Et ideo, sicut oportet quod judex et assessor judicis merita causae cognoscant ad hoc quod justam sententiam proferant, ita oportet, ad hoc quod justa sententia appareat, quod omnibus sententiam cognoscentibus merita innotescant. Unde quia, sicut cuilibet nota erit sua praemiatio et sua damnatio, ita et omnibus aliis innotescet; oportet quod, sicut quilibet sua merita vel demerita reducet ad memoriam, ita etiam et aliena suae cognitioni subjaceant. Et haec est probabilior et communior opinio, quamvis contrarium Magister in littera 1 dicat, scilicet quod „peccata quae sunt per poenitentiam deleta", in judicio aliis non patefient. — 1
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Petrus Lombardus, Sent. IV 43, 5 (QR 11/998).
würde daraus folgen, daß auch die B u ß e , die für jene Sünden 87, 2 verrichtet wurde, nicht bekannt würde. Dadurch würde der R u h m der Heiligen und das L o b Gottes um vieles geschmälert werden, der auf so barmherzige Weise die Heiligen befreit hat. Z u 1. Alle vorausgegangenen Verdienste und Mißverdienste bewirken ein bestimmtes Maß an Herrlichkeit oder E l e n d des Auferstehenden [vgl. Art. 1 Zu 1], Und darum kann beim Anschauen des Äußeren alles im Gewissen [der anderen] gesehen werden. U n d dies besonders, weil die göttliche K r a f t darauf hinwirkt, daß der Urteilsspruch des Richters sich allen als gerecht erweise. Z u 2. Verdienste oder Miß Verdienste können anderen in ihren Wirkungen gezeigt werden (Zu 1); oder auch an ihnen selbst auf Grund göttlicher K r a f t — reicht doch die K r a f t eines geschaffenen Verstandes dazu nicht aus. Z u 3. Die zur Schande des Sünders erfolgende öffentliche B e k a n n t g a b e der Sünden ist eine Wirkung der Nachlässigkeit, welche durch die Unterlassung des Sündenbekenntnisses begangen wird. W e n n jedoch Sünden der Heiligen enthüllt werden, so wird ihnen das nicht zur Bestürzung oder Beschämung gereichen, wie es auch Maria Magdalena nicht zur Schande gereicht, daß ihre Sünden öffentlich in der Kirche berichtet werden; denn Scham ist die „Furcht vor dem Verlust der E h r e " (Johannes von Damaskus), die bei den QU A E S T 1 0 87, ,
Sed ex hoc sequitur quod nec etiam poenitentia de peccatis illis perfecta cognoscetur. In quo multum detraheretur sanctorum gloriae et laudi divinae, quae tarn misericorditer sanctos liberavit. AD PRIMUM ergo dicendum quod omnia merita praecedentia vel demerita facient aliquam quantitatem in gloria vel miseria hominis resurgentis. E t ideo, exterioribus visis, poterunt cuncta in conscientiis videri. E t praecipue divina virtute ad hoc operante, ut sententia judicis justa appareat omnibus. AD SECUNDUM dicendum quod merita vel demerita poterunt aliis ostendi in suis effectibus, ut ex dictis patet. Vel etiam in seipsis per divinam virtutem, quamvis ad hoc virtus intellectus creati non sufficiat. AD T E R T I U M dicendum quod publicatio peccatorum ad ignominiam peccantis est effectus negligentia« quae committitur in omissione confessionis. Sed quod peccata sanctorum revelantur non poterit eis esse in erubescentiam vel verecundiam, sicut nec Mariae Magdalenae est in confusionem quod peccata sua publice in Ecclesia recitantur; quia verecundia est „timor ingloriationis", ut Damascenus [De Fide pq Orth. 2, 15] 1 dicit, qui in beatis esse non poterit. Sed talis 94/932 c 1
Cf. Aristoteles, Eth. 4, 15 (1128 b 11).
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87, s Seligen unmöglich sein wird. Eine solche Bekanntgabe wird ihnen vielmehr wegen der geleisteten Buße zu großem Ruhme gereichen; so lobt auch der Beichtvater denjenigen, der sich starkmütig großer Verbrechen anklagt. Von den Sünden aber heißt es, sie seien getilgt, weil Gott sie nicht mehr im Hinblick auf die Strafe sieht. Zu 4. Dadurch, daß ein Sünder die Sünden anderer betrachtet, wird seine Schande um nichts verringert, sondern eher gesteigert, da er am Schimpf des anderen seinen eigenen Schimpf erst recht ermißt. Wenn nämlich aus einem solchen Grunde die Schande verringert wird, so kommt das daher, daß man sich in Hinblick auf das Urteil der Menschen schämt, das durch Gewohnheit gemildert wird. Einst wird aber die Schande auf dem Urteil Gottes beruhen, das der Wahrheit gemäß über jede Sünde ergeht, ob es nun die Sünde eines einzigen oder die Sünde vieler ist. 3. A R T I K E L Kann jemand alle eigenen und fremden Verdienste oder Mißverdienste mit einem Blick sehen? 1. Was einzeln betrachtet wird, überschaut man nicht mit einem Blick. Nun aber werden die Verdammten ihre Sünden Q U A E S T I O 87,
3
publicatio erit eis ad magnam gloriam, propter poenitentiam quam fecerunt; sicut et confessor approbat eum qui magna scelera fortiter confitetur. Dicuntur autem peccata esse deleta, quia Deus non videt ea ad puniendum. A D QUARTUM dicendum quod ex hoc quod peccator aliorum peccata inspiciet, in nullo sua confusio minuetur, sed magis augebitur, in alieno vituperio suum vituperium magis perpendens. Quod enim ex tali causa confusio minuatur, contingit ex hoc quod verecundia respicit aestimationem hominum, quae ex consuetudine redditur levior. Sed tunc confusio respiciet aestimationem Dei, quae est secundum veritatem de quolibet peccato, sive sit unius tantum sive multorum. ARTICULUS III U t r u m o m n i a m e r i t a v e l d e m e r i t a p r o p r i a et a l i e n a ab aliquo uno i n t u i t u v i d e n d a sint [4 d 43: 5 qa 3]
A D TERTIUM sie proceditur. Videtur quod non omnia merita vel demerita propria et aliena ab aliquo uno intuitu 14
einzeln betrachten und beklagen. Darum sagen sie: „Was 87, 3 hat uns der Hochmut g e n ü t z t ? . . . " (Wsh 5, 8). Also werden sie nicht alles [an Verdiensten und Mißverdiensten] mit einem Blick sehen. 2. Aristoteles sagt: „Man kann nicht mehreres zugleich verstandesmäßig erkennen." Nun aber werden Verdienste und Miß Verdienste nur durch den Verstand gesehen werden. Also können sie nicht alle zugleich gesehen werden. 3. Der Verstand der verdammten Menschen wird nach der Auferstehung nicht auf einer höheren Stufe stehen als jetzt der Verstand der guten Engel hinsichtlich der natürlichen Erkenntnis, in der sie die Dinge durch eingeborene Bilder schauen. Nun aber sehen die Engel in solcher Erkenntnis nicht mehreres zugleich [2 d 3: 2, 4]. Also werden auch die Verdammten dereinst nicht alle Taten zugleich sehen können. ANDERSEITS bemerkt die Glosse zu Job 8, 22 ,Er [dein Feind] wird mit Schande bedeckt werden': „Beim Anblick des Richters erscheint alles Böse vor den Augen des Geistes." Nun aber wird man den Richter plötzlich sehen, also in gleicher Weise auch das begangene Böse. Und aus demselben Grund alles andere. 2. Augustinus hält es für sinnlos, daß beim Gericht ein Q U A E S T I O 87, ,
videantur. E a enim quae singillatim considerantur, non videntur uno intuitu. Sed damnati singillatim considerabunt sua peccata et ea plangent; unde dicunt, Sap. 5: „Quid nobis profuit superbia", etc. Ergo n o n omnia videbunt uno intuitu. 2. P R A E T E R E A , Philosophus dicit, in 2 Topicorum [c. 10], i u b 3 4 quod „non contingit simul plura intelligere". Sed merita et demerita propria et aliena non videbuntur nisi intellectu. Ergo n o n potuerunt simul omnia videri. 3. P R A E T E R E A , intellectus damnatorum hominum non erit post resurrectionem elevatior quam nunc sit bonorum angelorum quantum ad cognitionem naturalem, qua cognoscunt res per species innatas. Sed tali cognitione angeli non vident plura simul. Ergo nec tunc damnati poterunt omnia facta simul videre. S E D CONTRA, super illud Job. 8, ,Induetur confusione', dicit Glossa: 1 „Viso Judice, mala omnia ante oculos mentis versantur." Sed Judicem subito videbunt. Ergo similiter mala quae commiserunt. E t eadem ratione omnia alia. 2. P R A E T E R E A , Augustinus, 20 de Civitate Dei [c. 14], PL 1
Cf. Gregor. Magnus, Moral. 8, 53 (PL 75/857 B); Rupert., In Job 8, 22 (PL 168/1004 0).
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41/680 A
87, 3 richtiges Buch vorgelesen würde, in dem die Taten der einzelnen aufgeschrieben sind, weil niemand die Größe dieses Buches oder die Zeit, in der es vorgelesen werden könne, abzuschätzen vermöge. Ebenso könnte aber auch die Zeit nicht geschätzt werden, die ein Mensch für die Betrachtung aller eigenen und fremden Verdienste und Mißverdienste aufwenden müßte, wenn man all das Verschiedene nacheinander sehen sollte. Also muß man annehmen, daß jeder einzelne alles zugleich sieht. ANTWORT: Hierzu gibt es zweierlei Meinungen. E i n i g e sagen nämlich, daß man alle eigenen und fremden Verdienste und Mißverdienste in einem Augenblick zugleich sehen wird. — Das kann man bei den Seligen ohne Schwierigkeit annehmen, weil sie alles in Einem sehen werden [vgl. 1 1 2 , 8 : Bd. 1] ; und so ist es nicht unangemessen, wenn sie vieles zugleich sehen werden. Bei den Verdammten jedoch, deren Verstand nicht dazu erhoben wird, Gott und in Ihm alles andere schauen zu können, ist die Schwierigkeit größer. Und darum sagen a n d e r e : Die Bösen werden alle ihre Sünden im allgemeinen zugleich sehen, und das genügt zu jener Anklage, die beim Gericht erforderlich ist, oder zu jenem Freispruch. Sie werden aber nicht alle zugleich sehen, indem sie zu den einzelnen hinabsteigen. — Aber auch das scheint den Worten Augustins nicht zu entsprechen, wenn Q U A E S T I O 87, „
habet pro inconvenienti quod legatur aliquis liber materialis in judicio in quo facta singulorum sunt scripta, eo quod nullus valeat aestimare illius libri magnitudinem, vel quanto tempore legi posset. Sed similiter etiam non posset aestimari tempus quantum oporteret ponere ad considerandum omnia merita et demerita sua et aliena ab aliquo homine, si successive diversa videant. Ergo oportet ponere quod omnia simul videat unusquisque. RESPONDEO dicendum quod circa hoc est duplex opinio. Quidam enim dicunt quod omnia merita et demerita simul aliquis videbit, sua et aliena, in instanti. — Quod quidem de beatis facile credi potest; quia omnia in uno videbunt, et sic non est inconveniens quod simul plura videant. Sed de damnatis, quorum intellectus non est elevatus ut possint Deum videre et in eo omnia alia, est magis difficile. Et ideo alii dicunt quod mali simul omnia videbunt in genere peccata sua, et hoc sufficit ad accusationem illam quae debet esse in judicio, vel ad absolutionem. Non autem videbunt omnia simul descendendo ad singula. — Sed hoc etiam non PL videtur consonum dictis August ini, 20 de Civitate Dei [1. c.], 41/680 B
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er sagt, daß alle Werke mit einem geistigen Blick aufgezählt 87, s würden; was aber nur im allgemeinen erkannt wird, wird nicht aufgezählt. Darum kann der mittlere Weg gewählt werden: Sie werden das Einzelne [an Verdienst und Mißverdienst] betrachten, doch nicht im Nu, sondern — unter Mithilfe der göttlichen K r a f t — in kürzester Zeit. Und das meint Augustinus ebendort, wenn er sagt, sie würden „mit wunderbarer Schnelligkeit" aufgezählt. Das ist durchaus nicht unmöglich; denn in einer beliebig kurzen Zeitspanne sind der Möglichkeit nach unendlich viele Augenblicke enthalten. Daraus ergibt sich die Lösung der EINWÄNDE in beiden Richtungen [2]. Q U A E S T I O 87,
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qui dicit quod omnia mentis intuitu enumerabuntur; quod autem in genere cognoscitur, non enumeratur. TJnde potest eligi media via; quod singula considerabunt, non tarnen in instanti, sed in tempore brevissimo, divina virtute ad hoc adjuvante. Et hoc est quod dicit Augustinus, ibidem, quod „mira celeritate" enumerabuntur. Nec est hoc impossible: quia in quolibet parvo tempore sunt infinit» instantia in potentia. Et per hoc patet responsio A D TJTRAMQUE PARTEM.
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88. F R A G E
88, l
DAS ALLGEMEINE GERICHT, ZEIT UND ORT Hierauf ist über das allgemeine Gericht, seine Zeit und den Ort, an dem es stattfinden wird, nachzudenken. Dazu ergeben sich vier Einzelfragen: 1. Wird ein allgemeines Gericht statthaben? 2. Wird in ihm die Verhandlung mündlich erfolgen? 3. Wird es zu einem unbekannten Zeitpunkt stattfinden? 4. Wird es im Tale Josaphat stattfinden? 1. A R T I K E L Wird ein allgemeines
Gericht stattfinden ?
1. Nah 1, 9 heißt es: „Nicht zweimal wird Gott denselben [3] richten." Nun aber richtet Gott die einzelnen Werke der Menschen, wenn Er nach dem Tode jedem Strafe und Belohnung entsprechend seinen Verdiensten zuteilt, und auch, wenn Er einzelne in diesem Leben für ihre guten oder bösen Werke belohnt oder bestraft. Also scheint kein anderes Gericht mehr bevorzustehen.
Q U A E S T I O LXXXVIII
D E JUDICIO GENERALI, TEMPORE ET LOCO IX QUO FIET Deinde considerandum est de judicio generali, tempore et loco in quo fiet. Circa quod quaernntur quatuor: 1. Utrum generale judicium sit futurum. — 2. Utrum quantum ad disceptationem fiet per vocalem locutionem. — 3. Utrum fiet tempore ignoto. — 4.Utrum fiet in valle Josaphat. ARTICULUS I Utrum generale judicium sit futurum [4 d 47: 1,1 qa 1 — I I I 59,5; CG IV 96; CTh 242; 10 Qlb 1,2; Mt 25,10.19]
A D PRIMUM sie proceditur. Videtur quod generale judicium non sit futurum. Quia, ut dicitur Nah. 1, „non judicabit Deus bis in idipsum". Sed nunc Deus judicat de singulis hominum operibus: cum post mortem unicuique poenas vel praemia pro meritis tribuit; et dum etiam quosdam in hac vita pro bonis vel malis operibus praemiat vel punit. Ergo videtur quod non sit aliud judicium futurum. 18
2. Bei keinem Gericht geht die Vollstreckung des Urteils 88, 1 dem Gerichte voraus. Der Urteilsspruch des göttlichen Gerichtes aber in bezug auf die Menschen ist: Erlangung des Reiches oder Ausschluß vom Reiche, wie aus Mt 25, 31 ff. hervorgeht. Also scheint, da schon jetzt einige das ewige Reich erlangen, andere für immer davon ausgeschlossen werden, kein anderes Gericht mehr bevorzustehen. 3. Deswegen muß etwas vor Gericht gebracht werden, weil es noch zweifelhaft ist, wie darüber zu entscheiden ist. Vor dem Ende der Welt aber ist die Verdammnis eines jeden Verdammten und die Seligkeit eines jeden Heiligen bereits entschieden. Also scheint kein künftiges Gericht mehr notwendig zu sein. A N D E R S E I T S heißt es Mt 12, 41: „Die Männer von Ninive werden am Gerichtstag gegen dieses Geschlecht auftreten und es verurteilen." Also wird es nach der Auferstehung noch ein Gericht geben. 2. Bei Jo 5, 29 steht: „Die Gutes getan haben, werden hervorgehen zur Auferstehung des Lebens, die Böses verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts." Also scheint es nach der Auferstehung noch ein Gericht zu geben. A N T W O R T : W i e das Wirken zum Ursprung der Dinge gehört, durch den sie ins Dasein gerufen werden, so gehört Q U A E S T 1 0 88, !
2. P R A E T E R E A , in nullo judicio executio sententiae praecedit judicium. Sed sententia divini judicii quoad homines est de adeptione Regni vel exclusione a Regno, ut patet Matth. 25. Ergo, cum modo aliqui adipiscantur rognum aeternum et quidam exeludantur ab ipso perpetuo, videtur quod aliud judicium non sit futurum. 3. P R A E T E R E A , propter hoc aliqua in judicium oportet adduci, quia dubium est quid de eis definiendum sit. Sed ante finem mundi determinata est unicuique damnatorum sua damnatio, et cuique sanctorum sua beatitudo. Ergo videtur quod non oporteat aliquod futurum judicium esse. SED CONTRA, Matth. 12 dicitur: „Viri Ninivitae surgent in judicio cum generatione ista, et condemnabunt eam." Ergo post resurrectionem aliquod judicium erit. 2. P R A E T E R E A , Joan. 5 dicitur: „Procedent qui bona egerunt in resurrectionem vitae; qui vero mala, in resurrectionem judicii." Ergo videtur quod post resurrectionem aliquod judicium sit futurum. RESPONDEO dicendum quod, sicut operatio pertinet ad rerum principium, quo producuntur in esse, ita judicium 19
88, l das Gericht zu ihrem Ende, wodurch das Ding seinem Ziele zugeführt wird. Bei Gott aber unterscheiden wir ein doppeltes Wirken. Das eine, durch das Er ursprünglich die Dinge ins Dasein rief, die Natur einrichtete und unterscheidend gestaltete [4], was zu ihrer Vollendung gehört; das ist das Wirken, von dem Gott nach Gn 2, 2 „ausruhte" [5]; das a n d e r e Wirken ist jenes, durch das Er die Geschöpfe lenkt; davon heißt es J o 5, 17: „Mein Vater wirkt bis zur Stunde; so wirke auch Ich." So unterscheidet man auch ein doppeltes Gericht Gottes, doch in umgekehrter Folge. Das e i n e entspricht dem Wirken der Weltlenkung, die ohne Gericht nicht sein kann. Durch dieses Gericht wird jeder einzelne [6] gerichtet nach seinen Werken, nicht nur wie es i h m zukommt, sondern auch, wie es der Lenkung des A l l s entspricht. Deshalb wird die Belohnung des einen aufgeschoben zum Nutzen für andere (Hb 11, 39 f.), und die Strafen des einen gereichen dem anderen zum Vorteile. Darum muß es ein a l l g e m e i n e s Gericht geben, das dem Hervorbringen der Dinge ins Sein entsprechend gegenübersteht, damit, wie damals alles unmittelbar von Gott hervorging, so auch einst der Welt die letzte Vollendung gegeben werde, indem jeder endgültig empfängt, was ihm persönlich gebührt. In jenem Gericht also wird die Gerechtigkeit Gottes offenQ U A E S T 1 O 88, ,
pertinet ad terminum, quo res ad suum ftnem perducitur. Distinguitur autem duplex Dei operatio. Una, qua res primitus in esse perduxit, instituens naturam et distinguens ea quae ad completionem ipsius pertinent: a quo quidem opere Deus dicitur „quievisse", Gen. 2. Alia ejus operatio est qua operatur in gubernatione creaturarum; de qua Joan. 5: „Pater meus usque modo operatur, et ego operor." Ita etiam duplex ejus judicium distinguitur, ordine tarnen converso. Unum quod respondet operationi gubernationis, quae sine judicio esse non potest. Per quod quidem judicium unusquisque singulariter pro suis operibus judicatur, non solum secundum quod sibi competit, sed secundum quod competit gubernationi universi; unde differtur unius praemiatio pro utilitate aliorum, ut patet Heb. 11, et poenae unius ad profectum alterius cedunt. Unde necesse est ut sit aliquod judicium universale eorrespondens ex adverso primae rerum productioni in esse: ut videlicet, sicut tunc omnia processerunt immediate a Deo, ita tunc ultima completio mundo detur, unoquoque accipiente finaliter quod ei debetur secundum seipsum.
Unde in illo judicio apparebit manifeste divina justitia 20
bar in bezug auf alles, was jetzt verborgen bleibt, weil bis- 88, 1 weilen mit dem einen zum Nutzen der anderen anders verfahren wird, als die offenbaren Werke es zu fordern scheinen. Deshalb wird dann auch eine allgemeine Trennung der Guten von den Bösen stattfinden; denn es wird fernerhin keinen Raum mehr dafür geben, daß die Guten den Bösen und die Bösen den Guten von Nutzen sind, während zeitweilig die Guten mit den Bösen wegen dieses Nutzens zusammenleben, solange der Zustand dieses Lebens von der göttlichen Vorsehung gelenkt wird. Zu 1. Jeder Mensch ist sowohl Einzelperson als auch Teil des ganzen Menschengeschlechtes. Daher gebührt ihm ein doppeltes Gericht: Das eine, das Einzelgericht, das über ihn nach dem Tode ergeht, wenn er „empfangen wird gemäß dem, was er im Leibe vollbracht h a t " [2 Kor 5, 10]; wenn auch nicht vollständig, d. h. nicht für den Leib, sondern nur für die Seele. Ein a n d e r e s Gericht muß stattfinden über ihn als Teil des ganzen Menschengeschlechtes. Ähnlich sagt man bei der menschlichen Rechtsprechung, jemand werde gerichtet, wenn das Urteil auch über die Gemeinschaft gefällt wird, deren Teil er ist [7]. Also erstreckt sich das allgemeine Gericht, das durch die allgemeine Trennung der Guten von den Bösen geschieht, in der Folge auch auf jeden einzelnen. Und doch richtet Gott „denselben nicht zweimal", weil Er Q U A K S TIO 88, , quantum ad omnia, quae nunc ex hoc occultantur quod interdum de uno disponitur, ad utilitatem aliorum, aliter quam manifesta opera exigere videantur. Unde etiam et tunc erit universalis separatio bonorum a malis: quia ulterius non erit locus ut mali per bonos vel boni per malos proficiant, propter quem profectum interim commixti inveniuntur boni malis, quoadusque status hujus vitae per divinam providentiam gubernatur. A D PRIMUM ergo dicendum quod quilibet homo et est singularis quaedam persona, et est pars totius generis humani. Unde et duplex ei judicium debetur. Unum singulare, quod de eo fiet post mortem, quando „recipiet. juxta ea quae in corpore gessit"; quamvis non totaliter, quia non quoad corpus, sed quoad animam tantum. Aliud judicium debet esse de eo secundum quod est pars totius humani generis: sicut aliquis judicari dicitur, secundum humanam justitiam, quando etiam judicium datur de communitate cujus ipse est pars. Unde et tunc, quando fiet universale judicium totius humani generis per universalem separationem bonorum a malis, etiam quilibet per consequens judicabitur. Nec tarnen Deus judicat „bis in 21
i nicht zwei Strafen für e i n e Sünde auferlegt; vielmehr wird die Strafe, die vor dem Gericht noch unvollständig war, im Letzten Gericht vervollständigt; denn nach diesem werden die Gottlosen an Leib und Seele zugleich gepeinigt. Zu 2. Der eigentliche Urteilsspruch jenes allgemeinen Gerichtes ist die allgemeine Trennung der Guten von den Bösen, und diese geht jenem Gericht nicht voraus. Aber auch in bezug auf das Einzelurteil über jeden geht die Auswirkung des Gerichtes [dem Gericht] nicht ganz voraus; denn auch die Guten werden nach dem Gericht noch weiter belohnt, sowohl durch die hinzukommende Verherrlichung des Leibes als auch durch die erreichte Vollzahl der Heiligen; und die Bösen werden noch mehr gequält durch die hinzukommende Pein des Leibes und die erreichte Vollzahl der verdammten Leidensgenossen; denn je größer die Zahl derer, mit denen sie brennen, um so mehr werden sie brennen. Zu 3. Das allgemeine Gericht erstreckt sich unmittelbar mehr auf die Gesamtheit der Menschen als auf die einzelnen, die gerichtet werden sollen. Obwohl nun jeder einzelne Mensch bereits vor dem Gericht Kenntnis hat von seiner Verdammnis oder seinem Lohn, so ist doch nicht allen die Verdammnis oder der Lohn aller bekannt. Daher ist ein [allgemeines] Gericht notwendig. QUAESTIO 88, , idipsum"; quia non duas poenas pro iino peccato infert; sed poena quae ante Judicium complete inflicta non fuerat, in ultimo judicio complebitur, post quod impii cruciabuntur quoad corpus et ad animam simul. A D SECTTNDUM dicendum quod propria sententia illius generalis judicii est universalis separatio bonorum a malis, quae illud Judicium non praecedet. Sed nec etiam quoad particularem sententiam uniuscujusque plene praecessit judicii effectus: quia etiam boni amplius post Judicium praemiabuntur, tum ex gloria corporis adjuncta, t u m ex numero sanctorum completo; et mali etiam plus torquebuntur ex adjuncta poena corporis, et impleto in poenis numero darnnatorum; quia quanto cum pluribus ardebunt, tanto plus ardebunt. A D TERTIITM dicendum quod universale judicium magis directe respicit universalitatem hominum quam singulos judicandorum. Quamvis ergo cuilibet homini ante judicium sit certa notitia de sua damnatione vel praemio, non tarnen Omnibus omnium damnatio vel praemium innotescet. TJnde judicium necessarium erit. 22
2. A R T I K E L Wird jenes
Gericht in bezug auf die Verhandlung Urteilsspruch mündlich sein?
88, 2
und den
1. Augustinus sagt: „Über wie viele Tage jenes künftige Gericht sich hinzieht, ist ungewiß." Aber es wäre nicht ungewiß, wenn das, was in jenem Gericht gesagt wird, nur geistig ausgesprochen würde. Also wird jenes Gericht mündlich und nicht bloß geistig sein. 2. Gregor sagt, wie es auch im Text heißt: „Wenigstens jene werden die Worte des Richters hören, die den Glauben an Ihn [wenigstens] mit dem Worte bewahrten." Das aber kann nicht von dem inneren Worte [des Richters] verstanden werden, weil in dieser [inneren] Weise alle [nicht nur die von Gregor Genannten] die Worte des Richters hören werden; denn allen, den Guten wie den Bösen, werden alle Taten der anderen offenbar werden [87, 2], Also scheint jenes Gericht mündlich vollzogen zu werden. 3. Christus wird in Menschengestalt richten [90, 1], in der Er von allen leiblich gesehen werden kann. Aus demselben Grunde scheint es auch, daß Er mit körperlicher Stimme sprechen wird, damit Er von allen gehört wird. Q U A B S T I O 88,
s
ARTICULUS II U t r u m Judicium illud, q u a n t u m ad d i s c e p t a t i o n e m et s e n t e n t i a m , faciendum sit per locutionem vocalem [4 d 47: 1,1 qa 2 —CTh 244; Resp de art 42, art 28; Mt 19,28; 1 Cor 9,2: lect 1]
A D SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod judicium illud, quantum ad disceptationem et sententiam, fiet per locutionem vocalem. Quia, u t Augustinus dicit, 20 de Civitate Dei [c. 1], „per quot dies hoc f u t u r u m judicium tendatur, hoc p l incertum est". Sed non esset incertum si illa quae in judicio 41/659 B dicuntur futura, t a n t u m mentaliter complerentur. Ergo judicium illud vocaliter fiet, et non solum mentaliter. 2. P R A E T E R E A , Gregorius dicit [Moral. 26, 27], et habetur p l in littera: 1 „Uli saltem verba Judicis audient qui ejus fidem 76/379 A verbo tenuerunt." Hoc autem non potest intelligi de verbo interiori: quia sie omnes verba Judicis audient, quia omnibus, bonis et malis, nota erunt omnia facta aliorum. Ergo videtur quod judicium illud vocaliter peragetur. 3. P R A E T E R E A , Christus secundum formam hominis judicabit, in qua corporaliter ab omnibus possit videri. Ergo eadem ratione videtur, quod corporali voce loquatur, ut ab omnibus audiatur. 1
Petrus Lomb., Sent. IV 47, 3 (QR 11/1019).
23
88, 2
A N D E R S E I T S sagt Augustinus, „ d a s B u c h des L e b e n s " , von dem in Offb 20, 12 die R e d e ist, sei „als eine Art Gotteskraft zu verstehen, durch die es geschieht, daß einem jeden seine Werke, die guten wie die bösen, ins Gedächtnis zurückgerufen und mit einem Geistesblick in wunderbarer Schnelligkeit geschaut werden, so daß das Wissen das Gewissen anschuldigt oder entschuldigt und so alle und jeder einzelne gemeinsam gerichtet werden". Wenn aber die Verdienste der einzelnen mündlich untersucht würden, könnten nicht alle und jeder einzelne zugleich gerichtet werden. Also scheint die Untersuchung nicht mündlich zu sein. 2. Der Urteilsspruch muß in einem entsprechenden Verhältnis zur Zeugenaussage stehen. D a s Zeugnis aber und die Anschuldigung wie die Entschuldigung werden geistig sein; so heißt es R o m 2, 15 f.: „Ihr Gewissen bezeugt es ihnen und auch die Gedanken, die einander anklagen und verteidigen, am Tage, d a Gott die verborgenen Absichten der Menschen richten wird." Also scheint jener Urteilsspruch und d a s ganze Gericht sich geistig zu vollziehen. A N T W O R T : Was im Bereich dieser F r a g e das Wahre sei, kann man nicht mit Bestimmtheit sagen. Dennoch spricht die größere Wahrscheinlichkeit dafür, daß das ganze Gericht — die Untersuchung, die Anschuldigung der Bösen und die Empfehlung der Guten wie auch der Urteilsspruch über beide Q U A E S T I O 88,
PL 41/680 B
2
S E D CONTRA, Augustinus dicit, 20 de Civitate Dei [c. 14], „Uber vitae", de quo Apoc. 20, „vis quaedam intelligenda est divina, qua fiet ut cuique opera sua vel bona vel mala ad memoriam revocentur, et mentis intuitu mira celeritate cernantur, ut accuset vel excuset scientia conscientiam, atque ita simul et omnes et singuli judicentur". Sed, si vocaliter discuterentur merita singulorum, non possent omnes et singuli judicari simul. Ergo videtur quod illa discussio non erit vocalis. 2. P R A E T E R E A , sententia proportionaliter debet testimonio respondere. Sed testimonium et accusatio vel excusatio erit mentalis; unde Rom. 2: „Testimonium illis reddente conscientia ipsorum, et inter se invicem cogitationum accusantium aut etiam defendentium, in die cum judicabit Deus occulta hominum." Ergo videtur quod illa sententia et totum Judicium mentaliter compleatur. R E S P O N D E O dicendum quod quid circa hanc quaestionem sit verum, pro certo definiri non potest. Tarnen probabilius aestimatur quod totum illud judicium, et quoad discussionem, et quoad accusationem malorum et commendationem bonorum, et quoad sententiam de utrisque, mentaliter perficietur. Si qUOd
24
— sich geistig vollziehen wird. W e n n nämlich die T a t e n der 88, 2 einzelnen mündlich aufgezählt w ü r d e n , wäre d a z u eine n i c h t zu berechnende Zeitdauer erforderlich. So sagt auch Augus t i n u s : „ W e n n das B u c h " , aus dem n a c h O f f b 20, 12 alle ger i c h t e t werden, „körperlich v e r s t a n d e n würde, wer k ö n n t e seine Größe oder L ä n g e ermessen ? Oder wieviel Zeit b r a u c h t e m a n , u m ein B u c h zu lesen, in d e m die L e b e n aller niedergeschrieben sind ?" N i c h t weniger Zeit aber b r a u c h t e m a n , u m mündlich die T a t e n aller einzelnen aufzuzählen, als sie zu lesen, w e n n sie in einem körperlichen B u c h e niedergeschrieben wären. D a h e r wird sich wahrscheinlich das, was Mt 25, 34 ff. gesagt wird, n i c h t mündlich, sondern geistig vollziehen. Z u 1. Gerade d a r u m sagt Augustinus, es sei „ungewiß, ü b e r wie viele Tage sich das Gericht hinzieht", weil es ungewiß ist, ob es sich geistig oder mündlich vollzieht. W e n n es sich nämlich mündlich vollzöge, d a n n wäre dazu ausgedehnt e Zeit notwendig, w e n n aber geistig, d a n n k ö n n t e es in einem Augenblick geschehen. Z u 2. A u c h w e n n das Gericht sich n u r geistig vollzieht, k a n n das W o r t Gregors b e s t e h e n bleiben. D e n n w e n n auch allen die eigenen u n d f r e m d e n T a t e n offenbar werden d u r c h die W i r k u n g der göttlichen K r a f t , die im E v a n g e l i u m ,Rede' Q U A B S T I O 88,
2
enim vocaliter singulorum facta narrarentur, inaestimabilis magnitudo temporis ad hoc exigeretur. Sicut etiam Augustinus dicit, 20 de Civitate Dei [c. 14]: „Quod si liber", ex cujus scrip- P L tura omnes judicabuntur, ut dicitur Apoc. 20, „carnaliter cogitetur, quis ejus magnitudinem aut longitudinem valeat aestimare ? Aut quanto tempore legi poterit liber in quo scriptae sunt universae vitae universorum?" Non autem minus tempus requiritur ad narrandum ore tenus singulorum facta quam ad legendum, si essent in libro materiali scripta. Unde probabile est quod illa quae dicuntur Matth. 25, non vocaliter, sed mentaliter intelligenda sunt esse perficienda. AD PRIMUM ergo dicendum quod pro tanto dicit Augustinus [1. c., c. 1] quod „incertum est per quot dies judicium tendatur", PL quia non est determinatum utrum mentaliter vel vocaliter 41/659 perficiatur. Si enim vocaliter perficeretur, prolixum tempus ad hoc exigeretur. Si autern mentaliter, in momento fieri poterit. AD SECUNDUM dicendum quod, etiam si judicium fiat mentaliter tantum, verbum Gregorii [1. c.] salvari potest. Quia etsi omnibus innotescent sua et aliorum facta, divina virtute hoc faciente, quae in Evangelio locutio dicitur; tarnen Uli qui 25
B
88, 3 g e n a n n t wird, so werden dennoch diejenigen, die d e n Glauben h a t t e n , d e n sie aus d e n W o r t e n Gottes empfingen, ger a d e aus diesen W o r t e n gerichtet w e r d e n ; heißt es doch R o m 2, 12: „Die u n t e r d e m Gesetze gesündigt h a b e n , werden auch auf G r u n d des Gesetzes gerichtet werden." D a h e r wird auf irgendeine besondere Weise d e n e n etwas gesagt werden, die gläubig waren, was d e n e n nicht gesagt wird, die ungläubig waren. Z u 3. Christus wird im Leibe erscheinen, so d a ß E r von allen als R i c h t e r leiblich e r k a n n t wird. Das k a n n zwar in einem Augenblick geschehen. Eine mündliche R e d e aber, die ein Z e i t m a ß h a t , w ü r d e eine unermeßliche Zeitdauer erfordern, w e n n sich das Gericht in mündlicher R e d e vollzieh e n würde. 3. A R T I K E L Ist der Zeitpunkt
des künftigen Gerichtes unbekannt ?
1. Wie die heiligen Väter die erste A n k u n f t [Christi] erw a r t e t e n , so e r w a r t e n wir die zweite. Die heiligen V ä t e r aber w u ß t e n den Z e i t p u n k t der ersten A n k u n f t , wie aus der Zahl der W o c h e n hervorgeht, die bei D n 9, 24 ff. aufgezeichnet ist [8]. D a r u m werden a u c h die J u d e n getadelt, d a ß sie Q U A E S T I O 88,
3
fidem habuerunt, quam ex verbis Dei conceperunt, ex ipsis verbis judicabuntur; quia, ut dicitur Rom. 2, „qui in lege peccaverunt, per legem judicabuntur". Unde quodam speciali modo dicetur aliquid his qui fuerunt fideles, quod non dicetur his qui fuerunt infideles. A D T E R T I U M dicendum quod Christus corporaliter apparebit ut ab omnibus judex corporaliter cognoscatur: quod quidem subito fieri poterit. Sed locutio, quae tempore mensuratur, requireret immensam temporis prolixitatem, si vocali locutione judicium perageretur. ARTICULUS
III
U t r u m t e m p u s futuri judicii sit
ignotum
[4 d 47: 1,1 qa 3 - I I I 10,2 ad 1; 4 d 43: 3 qa 2; 45: 3,2; CTh242; Pot 5,6; Mt 24,36]
A D T E R T I U M sie proceditur. Videtur quod tempus futuri judicii non sit ignotum. Sicut enim saneti Patres expectabant primum adventum, ita nos expectamus secundum. Sed saneti Patres seiverunt tempus primi adventus; sicut patet per numerum hebdomadarum qui describitur Dan. 9. Unde et
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die Zeit der Ankunft Christi nicht erkannten; so Lk 12, 56: 88, 3 „Ihr Heuchler! Das Aussehen des Himmels und der Erde wißt ihr zu deuten; warum wollt ihr diese Zeit nicht deuten?" Also scheint es, daß auch uns ein bestimmter Zeitpunkt der zweiten Ankunft gegeben sein muß, wann „Gott zum Gerichte kommen wird" [Is 3, 14]. 2. Durch Zeichen gelangen wir zur Kenntnis des Bezeichneten. Zeichen des künftigen Gerichtes aber werden uns viele in der Schrift gegeben, wie Mt 24, 3 ff., Lk 21, 7 ff. und Mk 13, 3 ff. Also können wir zur Kenntnis jenes Zeitpunktes gelangen. 3. Der Apostel sagt 1 Kor 10, 11: „Wir, die wir die Vollendung der Zeiten e r l e b e n . . . " Und 1 J o 2, 18: „Kinder, die letzte Stunde ist d a . . . " Da eine lange Zeit verstrichen ist, seitdem dies gesagt wurde, scheint es, daß wir wenigstens jetzt wissen können, daß das letzte Gericht nahe ist. 4. Der Zeitpunkt des Gerichtes braucht nicht verborgen zu sein, es sei denn, damit ein jeder besorgt sei, sich auf das Gericht vorzubereiten, dessen genauen Zeitpunkt er nicht weiß. Dieselbe [Notwendigkeit der] Sorge aber bliebe, wenn der Zeitpunkt bekannt wäre, denn jedem ist [dann noch] der Zeitpunkt seines Todes unbekannt; und „wie einen sein Q U A E S T X O
88, ,
reprehenduntur Judaei quod tempus adventus Christi non cognoverunt, ut patet Luc. 12: „Hypocritae, faciem caeli et terrae nostis probare; hoc autem tempus quomodo non probatis?" Ergo videtur quod etiam nobis esse debeat. determinat u m tempus secundi adventus, quo „Deus ad judicium veniet". 2. P R A E T E R E A , per signa devenimus in cognitionem signatorum. Sed de futuro judicio multa signa nobis proponuntur in Scriptura; ut patet Matth. 24 et Luc. 21 et Marc. 13. Ergo in cognitionem illius temporis possumus pervenire. 3. P R A E T E R E A , Apostolus dicit, 1 Cor. 10: „Nos s u m u s in quos fines saeculorum devenerunt." E t 1 Joan. 2: „Filioli, novissima hora est", etc. Cum ergo jam longum tempus transierit e x quo haec dicta sunt, videtur quod saltem nunc scire possumus quod ultimum judicium sit propinquum. 4. P R A E T E R E A , tempus judicii non oportet esse occultum nisi propter hoc quod quilibet sollicitus se ad judicium praeparet, d u m determinate tempus ignoret. Sed eadem sollicitudo remaneret etiam si certum esset: quia cuique incertum est t e m p u s suae mortis; et, sicut dicit Augustinus, in Epistola ad H e s v c h i u m [ep. 199], „in quo quemque invenerit suus novissi- PL 33/905 1>
27
88, 3 letzter T a g findet, so ergreift ihn a u c h der letzte Tag d e r W e l t " (Augustinus). Also b r a u c h t der Z e i t p u n k t des Gerichtes nicht verborgen zu sein. A N D E R S E I T S h e i ß t es Mk 13, 32: „ J e n e n T a g oder jene S t u n d e k e n n t n i e m a n d , weder die Engel im H i m m e l noch der Sohn, sondern n u r der V a t e r allein." E s h e i ß t aber, der Sohn k e n n e sie nicht, insofern E r sie u n s n i c h t wissen l ä ß t . 2. 1 Thess 5, 2 [heißt es]: „Der Tag des H e r r n k o m m t wie ein Dieb in der N a c h t . " Das K o m m e n eines Diebes in der N a c h t aber ist d u r c h a u s ungewiß. Also scheint a u c h der T a g des L e t z t e n Gerichts d u r c h a u s ungewiß zu sein. A N T W O R T : G o t t ist d u r c h Sein Wissen die Ursache d e r Dinge [I 14, 8: B d . 2]. Beides aber teilt E r den Geschöpfen mit, i n d e m E r sowohl den Dingen die K r a f t gibt, a n d e r e Dinge zu bewirken, deren Ursache sie sind, als a u c h einigen E r k e n n t n i s der Dinge verleiht. Doch in beidem behält E r Sich etwas vor. E r wirkt nämlich manches, bei d e m kein Geschöpf m i t w i r k t ; ebenso e r k e n n t E r manches, das von kein e m bloßen Geschöpf e r k a n n t wird. D a b e i aber h a n d e l t es sich vor allem u m jene Dinge, die allein der göttlichen M a c h t u n t e r w o r f e n sind u n d bei d e n e n kein Geschöpf m i t w i r k t . U n d dazu gehört das E n d e der Welt, m i t d e m der T a g des Gerichtes z u s a m m e n f ä l l t ; d e n n nicht d u r c h irgendeine geschaffene Ursache geht die W e l t zu E n d e , wie sie a u c h u n QUAESTIO
sa,,
raus dies, in hoc eum comprehendet mundi novissimus dies". Ergo non est necessarium tempus judicii esse occultum. SED CONTRA est quod dicitur Marc. 13: „De die illa vel hora nemo seit, nec angeli in caelo nec Filius, nisi Pater." Dicitur autem Filius nescire, inquantum nos scire non facit. 2. PRAETEREA, 1 Thess. 5: „Dies Domini sicut für in nocte, ita veniet." Ergo videtur, cum adventus furis in nocte sit omnino incertus, quod dies ultimi judicii sit omnino incertus. RESPONDEO dicendum quod Deus per scientiam suam est causa rerum. Utrumque autem creaturis communicat: dum et rebus tribuit virtutem agendi alias res, quarum sunt causae; et quibusdam etiam cognitionem rerum praebet. Sed in utroque aliqua sibi reservat: operatur enini quaedam in quibus nulla creatura ei cooperatur; et similiter cognoscit quaedam quae a nulla pura creatura cognoscuntur. Haec autem nulla alia magis esse debent quam illa quae soli divinae subjacent potestati, in quibus nulla creatura ei cooperatur. Et hujusmodi est finis mundi, in quo erit dies judicii: non enim per aliquam causam creatam mundus finietur; sicut etiam mundus esse 28
mittelbar durch Gott zu sein begonnen hat. Daher ist es 88, 3 geziemend, daß die Kenntnis vom Ende der Welt Gott allein vorbehalten bleibt. Diesen Grund scheint der Herr selbst zu bezeichnen, wenn Er Apg 1, 7 sagt: „Euch kommt es nicht zu, die Zeiten und Fristen zu kennen, die der Vater in Seiner Macht festgesetzt hat", als wenn Er sagen wollte: ,die Seiner Macht allein vorbehalten sind'. Zu 1. Bei der ersten Ankunft kam Christus in der Verborgenheit, nach Is 45, 15: „Wahrlich, Du bist ein verborgener Gott, Du Heiliger Israels, Heiland." Damit Er dennoch von den Gläubigen erkannt werden konnte, war es angebracht, die Zeit vorher genau bekanntzugeben. Bei der zweiten Ankunft kommt Er jedoch in der Offenbarkeit, nach Ps 50 (49), 3: „Gott kommt offenbar . . . " Und daher wird in bezug auf die Erkenntnis Seiner Ankunft kein Irrtum möglich sein. Daher liegt nicht [in beiden Fällen] der gleiche Sachverhalt vor. Zu 2. Wie Augustinus sagt, beziehen sich die Zeichen, die im Evangelium aufgezählt werden, nicht alle auf die zweite Ankunft, die am Ende sein wird; vielmehr beziehen sich einige von ihnen auf die Zeit der Zerstörung Jerusalems, die schon vorüber ist; einige aber, und zwar die Mehrzahl von ihnen, beziehen sich auf die Ankunft, in der Er täglich Q Ü A E S T I O 88,
3
incoepit immediate a Deo. Unde decenter cognitio finis mundi soli Deo reservatur. Et hanc rationem videtur ipse Dominus assignare, Act. 1: „Non est", inquit, „vestrum nosae tempora vel momenta quae Pater posuit in sua potestate"; quasi diceret, ,quae soli potestati ejus reservata sunt'. A D PRIMUM ergo dicendum quod in primo adventu Christus venit occultus; secundum illud Is. 45: „Vere tu es Deus absconditus Sanctus Israel, Salvator." Et ideo, ut a fidelibus cognosci posset, oportuit determinate tempus praedeterminare. Sed in secundo adventu veniet manifeste; ut dicitur in Psalmo, „Deus manifeste veniet", etc. Et ideo circa cognitionem adventus ipsius error esse non poterit. Et propter hoc non est simile. A D SECUNDUM dicendum quod, sicut dicit Augustinus, in Epistola de Die Judicii ad Hesychium [1. c.], signa quae vh in Evangeliis ponuntur, non omnia pertinent ad secundum 33/914 B adventum, qui erit in fine: sed quaedam eorum pertinent ad tempus destructionis Jerusalem, quae jam praeteriit; quaedam vero, et plura eorum, pertinent ad adventum quo quotidie ad 29
88, 3 zu Seiner Kirche k o m m t und sie geistig heimsucht, insofern E r in uns wohnt durch Glauben und Liebe [vgl. I 8, 3 : Bd. 1; 43, 3: Bd. 3]. Auch ist das, was sich in den Evangelien und Briefen [tatsächlich] hinsichtlich der letzten A n k u n f t findet, nicht geeignet, den Zeitpunkt des Gerichtes mit Bestimmtheit erkennen zu lassen; denn jene vorher verkündeten Gefahren, welche die Nähe der A n k u n f t Christi ankündigen sollen, bestanden bereits in der Zeit der Urkirche, bisweilen stärker, bisweilen weniger s t a r k ; daher wurden schon die Tage der Apostel „die letzten Tage" g e n a n n t ; so Apg 2, 16 ff., wo Petrus Joel 2, 28 ff.: „In jenen Tagen wird es g e s c h e h e n . . . " in Hinblick auf jene Zeit auslegt. Und doch ist seit jenem Zeitpunkt sehr viel Zeit verstrichen, u n d es waren bald mehr, bald weniger Bedrängnisse in der Kirche. Daher k a n n nicht bestimmt werden, wieviel Zeit noch bevorsteht, weder in bezug auf den Monat noch aufs J a h r noch auf hundert oder tausend J a h r e (Augustinus), auch wenn m a n annimmt, daß gegen E n d e jene Gefahren sich stärker häufen. Dann läßt sich nämlich immer noch nicht die Menge der Gefahren berechnen, die unmittelbar dem Tage des Gerichtes oder der A n k u n f t des Antichrist vorangehen; denn auch zur Zeit der Urkirche gab es so schwere Verfolgungen u n d eine solche Fülle verderblicher Irrlehren, daß von einigen damals die ( J U A E ä T I O 88,
a
Ecclesiam suam venit, eam visitans spiritualiter, prout nos inhabitat per fidem et amorem. Nec illa quae in Evangeliis vel Epistolis ponuntur ad ultimum a d v e n t u m spectantia, ad hoc possunt. valere ut determinate tempus judicii possit cognosci. Quia illa pericula quae praenuntiantur, nuntiantia vicinum Christi adventum, etiam a tempore primitivae Ecclesiae fuerunt, quandoque intensius, quandoque remissius; unde et ipsi dies Apostolorum dicti sunt „novissimi dies"; ut patet Act. 2, ubi Petrus exponit illud Joel 2, „Erit in novissimis diebus", etc., pro tempore illo. E t tarnen ex illo tempore tempus plurimum transivit: et quandoque plures, et quandoque pauciores tribulat.iones in Ecclesia fuerunt. U n d e non potest determinari tempus quantum sit futurum, nec de mense nec de anno, nec de centum nec de PL mille annis, ut Augustinus in eodem libro [1. c.] dicit; etsi 33/910 D credantur in finem hujusmodi pericula magis abundare. N o n potest tarnen determinari quae sit illa quantitas periculorum quae immediate diem judicii praecedet, vel Antichristi advent u m : cum etiam circa tempora primitivae Ecclesiae fuerint persecutiones aliquae adeo graves, et corruptiones errorum adeo abundarent, quod ab aliquibus tunc vicinus expectaretur
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Ankunft des Antichrist als nahe oder unmittelbar bevorste- 88, a hend angesehen wurde (Eusebius u. Hieronymus). Zu 3. Daraus, daß es heißt: „Die letzte Stunde ist da", oder aus ähnlichen Wendungen, die wir in der Schrift lesen, läßt sich keine genaue Zeitbestimmung entnehmen. Damit soll nämlich nicht eine kurze Zeitspanne bezeichnet werden, sondern der letzte Zustand der Welt, der gleichsam das letzte Zeitalter darstellt; wie lange Zeit es dauert, ist damit nicht festgelegt; denn auch dem Greisenalter, welches das letzte Alter des Menschen ist, ist nicht eine bestimmte Zeitspanne vorbehalten, da es bisweilen so lange dauert wie die vorhergehenden Lebensabschnitte zusammengenommen oder noch länger (Augustinus). Daher weist auch der Apostel 2 Thess 2, 2 die falsche Auffassung zurück, die einige aus seinen Worten gewannen, indem sie glaubten, „der Tag des Herrn stehe bereits bevor" [9]. Zu 4. Auch wenn man die Ungewißheit des Todes voraussetzt, hat die Ungewißheit des Gerichtes einen doppelten Wert für die Wachsamkeit: E r s t e n s in der Richtung, daß unbekannt ist, ob es noch so lange aufgeschoben wird, wie das menschliche Leben währt. Und so bestärkt die Ungewißheit von zwei Seiten [Tod und Gericht] die Sorgfalt [der Vorbereitung]. — Z w e i t e n s in der Hinsicht, daß der Mensch Q U A E S T I O 88, ,
vel imminens Antichrist) adventus: sicut dicit [Eusebius] in Ecclesiastica Historia [üb. 6, 7], et in libro Hieronymi de Viris PG Illustribus [c. 52],
'
20/535 B
AD T E R T I U M dicendum quod ex hoc quod dicitur, „Novis- 23/601 b sima hora est", vel ex similibus locutionibus quae in Scriptura leguntur, non potest aliqua determinata quantitas temporis sciri. Non enim est dictum ad significandum aliquam brevem horam temporis: sed ad significandum novissimum statum mundi, qui est quasi novissima aetas; quae quanto temporis spatio duret, non est definitum, cum etiam nec senio, quod est ultima aetas hominis, sit aliquis certus terminus praefinitus, cum quandoque inveniatur durare quantum omnes praecedentes aetates vel plus; ut dicit Augustinus, in libro oetogintatriumQuaestionum [qu. 58]. Unde etiam Apostolus, 2 Thess. 2, PL excludit falsum intellectum quem quidam ex suis verbis con- 40/43 D ceperant, ut crederent „diem Domini jam instare". AD QUARTUM dicendum quod, etiam supposita mortis incertitudine, dupliciter ad vigilantiam valet incertitudo judicii. Primo, ad hoc quod ignoratur utrum etiam tantum differatur quantum est hominis vita: ut sie ex duabus partibus incertitudo majorem diligentiam faciat. — Secundo, quantum
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4 nicht nur Sorge trägt für seine Person, sondern für Familie, Gemeinwesen, Staat oder die ganze Kirche; deren Dauer ist nicht auf das Maß eines Menschenlebens eingeschränkt; und dennoch muß jede dieser Einrichtungen so verwaltet werden, daß der Tag des Herrn sie nicht unvorbereitet antrifft. 4. A R T I K E L Findet das Gericht im Tale Josaphat [10] bzw. an einem angrenzenden Ort statt ? 1. Zum mindesten müssen alle zu Richtenden auf der Erde stehen [können] und nur die, die zu richten haben, in die Wolken erhoben werden. Das ganze Gelobte Land aber würde die Menge der zu Richtenden nicht fassen. Also kann die Gegend jenes Tales nicht der Platz für das Gericht sein. 2. Christus in Seiner Menschheit ist das Gericht übergeben, damit Er, der ungerecht gerichtet wurde, in Gerechtigkeit richte [vgl. 90, 1 Anderseits 2], Er wurde aber ungerecht gerichtet im Vorhof des Pilatus und erlitt die Ausführung des ungerechten Gerichtsspruches auf Golgotha. Also müßten diese Orte eher für das Gericht bestimmt werden. Q U A E S T I O 88, 4
ad hoc quod homo non gerit solum sollicitudinem de persona sua, sed de familia vel civitate vel regno aut tota Ecclesia, cui non determinatur tempus durationis secundum hominis vitam: et tarnen oportet unumquemque [al.: unumquodque] horum hoc modo disponi ut dies Domini non inveniat imparatos. A R T I C U L U S IV U t r u m j u d i c i u m f a c i e n d u m sit in v a l l e p h a t , aut in loco c i r c u m s t a n t e
Josa-
[4 d 48: 1,2 qa 4 —CTh 244; 10 Qlb 1,2]
A D QUARTUM sic proceditur. Videtur quod judicium non fiet in valle Josaphat, aut in loco circumstante. Quia ad minus oportet omnes judicandos in terra stare; eos autem tantum elevari in nubibus quorum erit judicare. Sed tota terra promissionis capere non posset multitudinem judicandorum. Ergo non potest esse quod circa vallem illam sit judicium. 2. PRAETEREA, Christo in humanitate datum est judicium ut juste judicet qui injuste judicatus est. Sed ipse injuste judicatus est in praetorio Pilati, et sententiam injusti judicii in Golgotha suseepit. Ergo loca illa magis debent ad judicium determinari. 32
3. Die Wolken entstehen aus der Auflösung der Dämpfe. 88, 4 Zu jener Zeit aber wird es keine Verdampfung und Auflösung mehr geben [vgl. 91, 2]. Also ist es unmöglich, daß die Gerechten „in den Wolken Christus entgegen in die Lüfte entrückt werden" [1 Thess 4, 17], Und so werden sowohl die Guten als auch die Bösen auf der Erde sein müssen. Und dafür wird ein viel größerer Raum benötigt, als ihn jenes Tal bietet. ANDERSEITS heißt es Joel 4 (3), 2: „Ich werde alle Völker versammeln und hinabführen in das Tal Josaphat. Dort werde Ich ins Gericht gehen mit ihnen." 2. Apg 1, 11 heißt es: „Wie ihr Ihn in den Himmel habt auffahren sehen, ebenso wird Er wiederkommen." Er fuhr aber in den Himmel auf vom ölberg aus [V. 12], der sich aus dem Tale Josaphat erhebt. Also wird Er auch in jener Gegend zum Gerichte wiederkommen. A N T W O R T : Wie jenes Gericht beschaffen sein wird und wie die Menschen zum Gericht zusammenkommen, darüber läßt sich nicht viel mit Gewißheit ausmachen. Dennoch läßt sich mit Wahrscheinlichkeit aus der Schrift herauslesen, daß Er in der Gegend des ölberges herabsteigen wird, wie Er dort auch aufgestiegen ist, um zu zeigen, daß „Er derselbe ist, der aufstieg und der herabstieg" [Eph 4, 10]. Zu 1. Eine große Menge kann auf geringem Raum zuQ U A E S T 1 0 88, ,
3. P R A E T E R E A , nubes fiunt ex resolutione vaporum. Sed tunc nulla erit evaporatio vel resolutio. Ergo non poterit esse quod justi „in nubibus obviam Christo in aera rapiantur". Et sie oportebit et bonos et malos esse in terra. Et ita locus multo amplior requiretur quam sit vallis illa. SED C O N T R A est quod dicitur Joel 3: „Congregabo omnes gentes, et educam eas in valle Josaphat, et diseeptabo ibi cum eis." 2. P R A E T E R E A , Act. 1 dicitur: „Quemadmodum vidistis eum ascendentem in caelum, ita veniet." Sed ipse ascendit de monte Oliveti, qui praeeminet valli Josaphat. Ergo et circa loca illa ad judicandum veniet. R E S P O N D E O dicendum quod qualiter illud judicium sit futurum, et quomodo homines ad judicium conveniant, non potest multum per certitudinem sciri. Tarnen probabiliter potest colligi ex Scripturis quod circa locum montis Oliveti descendet, sicut et inde ascendit; ut idem esse ostendatur „qui ascendit et qui descendit". A D P R I M U M ergo dicendum quod magna multitudo in 3
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4 sammengedrängt sein. Es genügt aber, einen beliebig großen Raum in jener Gegend zur Aufnahme der Menge der zu Richtenden anzunehmen, wenn sie nur von jenem Raum aus Christus sehen können, der, in der Luft erscheinend, in höchster Lichtherrlichkeit strahlend, von weitem gesehen werden kann. Z u 2. Obwohl Christus dadurch, daß Er ungerecht gerichtet wurde, die richterliche Gewalt verdient hat, so wird Er doch nicht in der Form der Schwachheit richten, in der Er ungerecht gerichtet wurde, sondern in der Form der Herrlichkeit, in der Er zum Vater auffuhr. Deshalb ist der Ort der Himmelfahrt für das Gericht geeigneter als der Ort Seiner Verurteilung. Zu 3. Wie manche sagen, sind hier mit der Bezeichnung .Wolken' Verdichtungen des Lichtes gemeint, das von den Leibern der Heiligen widerstrahlt, nicht aber Dämpfe, die von der Erde oder dem Wasser aufsteigen. Oder man kann sagen, daß jene Wolken durch göttliche Macht erzeugt werden, um die Übereinstimmung der Ankunft zum Gericht mit der Himmelfahrt darzutun, damit der, der in der Wolke aufgefahren ist [Apg 1, 9], in der Wolke auch zum Gericht wiederkomme. — Die Wolke deutet auch wegen der Erfrischung auf die Barmherzigkeit des Richters. Q U A E S T I O 88,
4
parvo spatio comprehendi potest. Sufficit autem ponere quantumcumque spatium circa locum ilium ad capiendum multitudinem judicandorum, dummodo ab illo spatio Christum videre possint, qui in aere eminens, et maxima claritate refulgens, a longinquo inspici poterit. A D SECUNDUM dicendum quod, quamvis Christus per hoc quod injuste judicatus est judiciariam potestatem meruit, non tarnen judicabit in forma infirmitatis, in qua injuste judicatus est: sed in forma gloriosa, in qua ad Patrem ascendit. Unde locus ascensionis magis competit judicio quam locus ubi condemnatus est. A D TERTIUM dicendum quod ,nubes' hic appellantur, ut dicunt quidam, 1 densitates lucis resplendentis a corporibus sanctorum, et non aliquae evaporationes ex terra et aqua. Vel potest dici quod nubes illae generabuntur divina virtute, ad ostendendum conformitatem in adventu ad judicium et ascensionem: ut qui ascendit in nube, etiam in nube ad judicium veniat. — Nubes etiam, propter refrigerium, indicat misericordiam judicantis. 1
34
Cf. Albertus Magnus, In Sent. IV 48, 6 (Borgnet 30/660).
89. F R A G E
89, 1
DIE RICHTER UND DIE ZU RICHTENDEN IM ALLGEMEINEN GERICHT Hierauf ist über die Richter und die zu Richtenden im allgemeinen Gericht nachzudenken [vgl. Fr. 87 Vorw.]. Dazu ergeben sich acht Einzelfragen: 1. Werden mit Christus Menschen als Richter auftreten? 2. Entspricht die richterliche Gewalt der freiwilligen Armut? 3. Werden auch die Engel als Richter auftreten? 4. Werden die Dämonen den Urteilsspruch des Richters ausführen ? 5. Werden alle Menschen zum Gericht erscheinen? 6. Werden Gute zu richten sein? 7. ...Böse? 8. Werden auch die Engel gerichtet werden müssen? 1. A R T I K E L Werden mit Christus Menschen als Richter auftreten ?
1. Jo 5, 22 f. [heißt es]: „Mein Vater hat das ganze Gericht dem Sohne übertragen, damit alle [den Sohn ehren]." Solche Ehrung aber gebührt nur Christus. A l s o . . . Q U A E S X I O LXXXIX
DE JUDICANTIBUS ET JUDICATIS IN GENERALI
JUDICIO
Deinde considerandum est de judicantibus et judicatis in judicio generali. Circa quod q u a e r u n t u r octo: 1. U t r u m aliqui homines judicaturi sint cum Christo. — 2. U t r u m voluntariae paupertati correspondeat judiciaria potestas. — 3. U t r u m angeli sint etiam judicaturi. — 4. U t r u m daemones exequantur sent e n t i a m judicis. — 5. U t r u m omnes homines in judicio comp a r e b u n t . — 6. U t r u m aliqui boni judicandi sint. — 7. U t r u m aliqui mali. — 8. U t r u m etiam angeli sint judicandi. Utrum
aliqui
ARTJCULUS I homines judicaturi Christo
sint
cum
[4 a > A D T E R T I U M dicendum quod angeli boni non sunt causa 0 " 8 principalis praemii electis: quia hoc omnes immediate a D e o percipient. Sed t a m e n quorundam accidentalium praemiorum angeli hominibus sunt causa : inquantum per superiores angelos inferiores et angeli et homines illuminantur de aliquibus secretis divinorum quae ad substantiam beatitudinis non pertinent. E t similiter etiam principalem poenam damnati percipient immediate a Deo, scilicet exclusionem perpetuam a visione D e i : alias a u t e m poenas sensibiles non est inconveniens hominibus per daemones infligi. In hoc t a m e n est differentia, quia meritum exaltat, sed peccatum deprimit. Unde, cum natura angelica sit altior quam humana, quidam propter excellentiam meriti in t a n t u m exaltabuntur quod talis exaltatio excedet altitudinem naturae e t praemii in quibusdam angelis. U n d e quidam angeli per quosdam homines illuminabuntur. Sed nulli homines peccatores, propter aliquem gradum malitiae, pervenient ad illam eminentiam quae debetur naturae daemonum. 51
89,
5. A R T I K E L
5
Werden alle Menschen zum Gericht
erscheinen?
1. Es heißt Mt 19, 28: „Ihr werdet auf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten." Aber nicht alle Menschen gehören zu jenen zwölf Stämmen. Also scheint es, daß nicht alle Menschen [zum Gericht] erscheinen. 2. Dasselbe scheint hervorzugehen aus Ps 1, 5: „Die Gottlosen werden nicht aufstehen [14] zum Gericht." Das sind aber viele. Also werden sie nicht zum Gericht erscheinen. 3. Jemand wird dazu zum Gericht geführt, daß über seine Verdienste verhandelt werde. Es gibt aber einige, die keine Verdienste hatten, wie etwa die Kinder, die vor dem Vollalter starben. Also brauchen diese nicht zum Gericht zu erscheinen. ANDERSEITS heißt es Apg 10, 42, daß „Christus von Gott bestimmt ist als Richter über die Lebenden und Toten". Diese Einteilung aber umfaßt alle Menschen, wie auch immer die Lebenden von den Toten sich unterscheiden [vgl. 78, 1: Bd. 35]. Also werden alle Menschen zum Gericht erscheinen. 2. Offb 1, 7 heißt es: „Siehe, Er kommt auf den Wolken, Q U A E S T I O 89,
s
ARTICULUS V U t r u m o m n e s h o m i n e s in j u d i c i o c o m p a r i t u r i
sint
[4 d 47: 1,3 qa 1 — 43: 1 qa 2 ad 1; CTh 243; Mt 25, 32; 2 Cor 5, 10: lect 2]
A D QUINTUM sie proceditur. Videtur quod non omnes homines in judicio compareant. Quia dicitur Matth. 19: ,,Sedebitis super sedes judicantes duodeeim tribus Israel." Sed non omnes homines pertinent ad illas duodeeim tribus. Ergo videtur quod non omnes homines compareant. 2. PRAETEREA, idem videtur per hoc quod dicitur in Psalmo: „Non resurgent impii in judicio." Sed multi sunt tales. Ergo in judicio non comparebunt. 3. PRAETEREA, ad hoc aliquis ad judicium ducitur ut ejus merita discutiantur. Sed quidam sunt qui nulla merita habuerunt: sicut pueri ante perfectam aetatem decedentes. Ergo illos in judicio comparere non est necesse. SED CONTRA est quod dicitur Act. 10, quod „Christus est constitutus a Deo judex vivorum et mortuorum". Sed sub istis differentiis comprehenduntur omnes homines, qualitercumque vivi a mortuis distinguantur. Ergo omnes homines in judicio comparebunt. 2. PRAETEREA, Apoc. 1 dicitur: „Ecce venit cum nubi52
und schauen wird Ihn jedes Auge." Das wäre aber nicht der 89, 5 Fall, wenn nicht alle Menschen zum Gericht erscheinen würden. A l s o . . . ANTWORT: Die richterliche Gewalt wurde dem Menschen Christus übertragen zum Lohne für die Erniedrigung, die Er im Leiden zeigte [Art. 2 Zu 4]. Er vergoß aber in Seinem Leiden Sein Blut in ausreichendem Maße für [die Erlösung] alle[r], wenn es auch nicht in allen wirksam wurde wegen eines in manchen bestehenden Hindernisses. Und so ist es angemessen, daß alle Menschen zum Gericht versammelt werden, um Seine Erhöhung — der menschlichen Natur nach — zu sehen, in der Er „von Gott als Richter bestimmt wurde über die Lebenden und Toten" [Apg 10, 42]. Z u 1. Augustinus sagt: „Wenn es heißt, ,sie werden die zwölf Stämme Israels richten', ist damit nicht gesagt, der Stamm Levi, der der dreizehnte ist, werde vom Gerichte ausgenommen, noch, daß sie [die Richtenden] nur jenes Volk [Israel], nicht auch die anderen Völker richten werden." So sind mit den zwölf Stämmen alle anderen Völker gemeint, weil durch Christus alle Völker zum Los der zwölf Stämme berufen wurden [15]. Zu 2. Wenn das Wort „die Gottlosen werden nicht aufstehen zum Gericht" auf alle Sünder bezogen wird, dann ist es so zu verstehen, daß sie nicht aufstehen werden, um Q U A E S T I O 8»,
S
bus, et videbit eum omnis oculus." Hoc autem non esset si non omnes homines in judicio comparerent. Ergo, etc. RESPONDEO dicendum quod potestas judiciaria Christo homini collata est in praemium humilitatis quam in passione exhibuit. Ipse autem sua passione sanguinem pro omnibus fudit quantum ad sufficientiam, licet non in omnibus effectum habuit, propter impedimentum in aliquibus inventum. Et ideo congruum est ut omnes homines in judicio congregentur ad videndum ejus exaltationem in humana natura, secundum quam „constitutus est judex a Deo vivorum et mortuorum". A D PRIMUM ergo dicendum quod, sicut dicit Augustinus, 20 de Civitate Dei [o. 5]: „Non, quia dictum est, ,Judicantes PL duodecim tribus Israel', tribus Levi, quae tertiadecima est, 41/863C judicanda non erit; aut solum illum populum, non etiam gentes ceteras judicabunt." Ideo autem per duodecim tribus omnes aliae gentes significatae sunt, quia per Christum in sortem duodecim tribuum omnes gentes sunt vocatae. A D SECUNDUM dicendum quod hoc quod dicitur, „Non resurgent irnpii in judicio", si referatur ad omnes peccatores, sie intelligendum est quod non resurgent ad hoc quod judicent. 53
89, « zu richten; wenn aber die Ungläubigen als Gottlose bezeichnet werden, dann ist es so zu verstehen, daß sie nicht aufstehen werden, um gerichtet zu werden, denn „sie sind schon gerichtet" [Jo 3, 18] [16]. Alle aber werden auferstehen, um zum Gericht zu erscheinen und die Herrlichkeit des Richters zu schauen. Z u 3. Auch die vor dem Vollalter verstorbenen Kinder werden zum Gericht erscheinen, nicht aber um gerichtet zu werden, sondern um die Herrlichkeit des Richters zu schauen. 6. A R T I K E L Werden die Guten im Gericht zu richten
sein?
1. J o 3, 18 heißt es: „Wer an Ihn glaubt, wird nicht gerichtet" [16]. Alle Guten aber haben an Ihn geglaubt [17]. Also werden sie nicht gerichtet werden. 2. Diejenigen sind nicht selig, die ihrer Seligkeit nicht gewiß sind. Daraus beweist Augustinus, daß die Dämonen niemals selig waren. Die heiligen Menschen aber sind jetzt selig. Also sind sie ihrer Seligkeit gewiß. Was aber gewiß ist, wird nicht noch vor Gericht gebracht. Also werden die Guten nicht gerichtet werden. Q U A E S T I O 89. ,
Si autem impii dicantur ,infideles', sie intelligendum est quod non resurgent ad hoc quod judicentur, quia „jam judicati sunt". Sed omnes resurgent ut in judicio compareant ad gloriam judicis intuendam. A D T E R T I U M dicendum quod etiam pueri ante perfectam aetatem decedentes in judicio comparebunt: non autem ut judicentur, sed ut videant gloriam judicis. A R T I C U L U S VI Utrum
boni
in j u d i c i o
judicandi
sint
[ 4 d 4 7 : 1,3 qa 2 — C T h 243: Ps 1,3; Mt 25,32, 2 Cor 5,10: Ject 2; H b 10,30: lect 3]
A D S E X T U M sie proceditur. Videtur quod nulli boni in judicio judicentur. Quia Joan. 3 dicitur: „Qui credit in eum, non judieatur." Sed omnes boni crediderunt in eum. Ergo non judicabuntur. 2. P R A E T E R E A , illi non sunt beati quibus est incerta PL sua beatitudo; ex quo Augustinus [De Gen. ad Litt. 11, 17] 34/438 B probat daemones numquam fuisse beatos. Sed saneti homines nunc sunt beati. Ergo certi sunt de sua beatitudine. Sed quod certum est, non adducitur ad Judicium. Ergo boni non judicabuntur. 54
3. F u r c h t widerstreitet der Seligkeit. Das letzte Gericht 89, 6 aber, das höchst .furchtbar' genannt wird, k a n n die nicht ohne F u r c h t lassen, die gerichtet werden müssen. Deshalb sagt auch Gregor zu J o b 41, 16 ,Wenn er weggenommen sein wird, werden sich die Engel f ü r c h t e n ' : „Bedenken wir, wie einst das Gewissen der Bösen erschüttert wird, wenn selbst das Leben der Gerechten in Verwirrung gerät." Also werden die Seligen nicht gerichtet werden. A N D E R S E I T S scheinen alle Guten gerichtet zu werden, denn es heißt 2 K o r 5, 10 [vgl. R o m 14, 10]: „Wir alle werden vor dem Richterstuhl Christi stehen, damit ein jeder, je nachdem er während seines Lebens im Leibe Gutes oder Böses getan hat, seine Vergeltung empfange." Nichts anderes aber heißt .gerichtet werden'. Also werden alle gerichtet werden. 2. Das .Allgemeine' u m f a ß t alles. Jenes Gericht aber heißt das .allgemeine'. Also werden alle gerichtet werden. A N T W O R T : Zum Gericht gehört zweierlei, nämlich die Untersuchung der Verdienste u n d die Zuteilung des Lohnes. Soweit es n u n u m das E m p f a n g e n des Lohnes geht, werden alle gerichtet werden — auch die Guten —, insofern ein jeder gemäß dem göttlichen Urteilsspruch den seinem Verdienst entsprechenden Lohn empfangen wird. QUAESTIO 89, , 3. P R A E T E R E A , timor beatitudini repugnat. Sed extremum judicium, quod ,tremendum' m a x i m e dicitur, non poterit fieri sine timore eorum qui sunt judicandi. U n d e etiam Gregorius [Moral, 34, 7] dicit, super illud J o b 41, ,Cum sublatus j'L fuerit timebunt angeli': „Consideremus quomodo tunc in- 76/726a iquorum conscientia concutitur, quando etiam justorum vita turbatur." Ergo beati non judicabuntur. S E D CONTRA, videtur quod omnea boni judicentur. Quia dicitur 2 Cor. 5: „Omnes adstabimus ante tribunal Christi, ut referat unusquisque propria corporis, prout gessit sive bonum sive malum." Sed nihil est aliud judicari. Ergo omnes judicabuntur. 2. P R A E T E R E A , ,universale' omnia comprehendit. Sed illud judicium dicitur .universale'. Ergo omnes judicabuntur. R E S P O N D E O dicendum quod ad judicium duo pertinent: scilicet discussio meritorum; et retributio praemiorum. Quant u m ergo ad receptionem praemiorum, omnes judicabuntur, e t i a m boni: in eo quod unusquisque recipiet e x divina sententia praemium merito respondens. 55
89, 6
Aber die Untersuchung der Verdienste findet nur statt, wo gute mit schlechten Verdiensten vermischt sind. Jene aber, „die auf den Grund des Glaubens Gold, Silber und Edelsteine aufbauen" [1 Kor 3, 12], indem sie sich ganz dem Dienste Gottes hingeben und die keine bemerkenswerte Vermischung mit irgendeinem schlechten Verdienst aufweisen, — bei denen wird keine Untersuchung der Verdienste stattfinden; dazu gehören diejenigen, die den Dingen dieser Welt völlig entsagt haben und „einzig besorgt sind um das, was Gottes ist" [1 Kor 7, 32], Und deshalb werden sie gerettet, aber nicht gerichtet werden. — Jene aber, „die auf den Grund des Glaubens Holz, Stroh, Stoppeln aufbauen" [1 Kor 3, 12], die nämlich noch das Weltliche lieben und „in irdische Geschäfte verstrickt sind" [2 Tim 2, 4], so jedoch, daß sie nichts über Christus stellen, sondern „durch Almosen ihre Sünden zu sühnen" [Dn 4, 24] suchen, haben zwar eine Vermischung guter und schlechter Verdienste, und deshalb wird eine Untersuchung ihrer Verdienste stattfinden; und in dieser Hinsicht werden solche also gerichtet werden. Und doch werden sie gerettet werden. Zu 1. Weil die Bestrafung eine Wirkung der Gerechtigkeit ist, die Belohnung aber [eine Wirkung] der Barmherzigkeit, deshalb wird dem Gericht, das der Hauptakt der Gerechtigkeit ist [vgl. I I - I I 60, 1: Bd. 18], mehr die Bestrafung zugeteilt, so daß bisweilen .Gericht' im Sinne von VerdamQ U A E S T I O 89, ,
Sed discussio meritorum non fit nisi ubi est quaedam meritorum c o m m i x t i o bonorum cum malis. Illi autem „qui aedificant supra f u n d a m e n t u m fidei a u r u m et argentum et lapides pretiosos", divinis servitiis totaliter insistentes, qui nullam admixtionem notabilem alicujus mali meriti habent, in eis discussio meritorum locum non h a b e t ; sicut illi qui, rebus mundi p e n i t u s abjectis, „sollicite cogitant solum quae Dei sunt". E t ideo salvabuntur, sed non judicabuntur. — Illi vero qui „aedificant super f u n d a m e n t u m fidei ligna, foenum, stipulam", qui adhuc scilicet a m a n t secularia et „terrenis negotiis implicantur", ita tarnen quod nihil Christo praeponant, sed studeant. „peccata eleemosynis expiare", h a b e n t quidem commixtionem bonorum meritorum cum malis, et ideo discussio meritorum in eis locum habet. U n d e tales, q u a n t u m ad hoc, et judicabuntur, et tarnen salvabuntur. A D P R I M U M ergo dicendum quod, quia punitio est effectus justitiae, praemiatio autem misericordiae, ideo magis judicio, quod est actus justitiae antonomastice, punitio a t t r i b u i t u r : u t i n t e r d u m Judicium pro ipsa condemnatione accipiatur. 56
mung genommen wird. Und so ist die angeführte Stelle zu 89, 6 verstehen, wie aus der Glosse zu ihr hervorgeht. Zu 2. Die Untersuchung der Verdienste wird bei den Auserwählten nicht stattfinden, um die Gewißheit der Seligkeit aus den Herzen der zu Richtenden zu nehmen, sondern um allen den Vorzug der guten Verdienste vor den schlechten offenbar zu machen und so Gottes Gerechtigkeit zu bestätigen. Zu 3. Gregor spricht von den Gerechten, die noch im sterblichen Fleische leben. Daher hatte er vorausgeschickt: „Diejenigen, die etwa noch im Fleische sich befinden, obwohl schon stark und vollkommen, können, weil sie noch im Fleische sind, im Wirbel solchen Schreckens nicht furchtlos unerschüttert bleiben." Daher leuchtet ein, daß jener Schrecken auf die Zeit unmittelbar vor dem Gericht zu beziehen ist, das zwar höchst furchtbar für die Bösen ist, nicht aber für die Guten, in denen keine Vorahnung eines Übels sein wird. Die Gründe aber, die für die gegenteilige Meinung beigebracht werden, beziehen sich auf das Gericht hinsichtlich der Zuteilung des Lohnes. Q U A E S T I O 89, .
E t sie intelligitur auetoritas indueta, ut per Glossam [interl.] 1 ibidem patet. A D S E C U N D U M dicendum quod discussio meritorum in electis non erit ad tollendum certitudinem beatitudinis a cordibus ipsorum judicandorum: sed ut praeeminentia bonorum meritorum ad mala ostendatur omnibus manifeste, et sie Dei justitia comprobetur. A D T E R T I U M dicendum quod Gregorius loquitur de justis in carne mortali existentibus. Unde supra [1. c.J praemi- PL serat: „Hi qui in corporibus reperiri potuerint, quamvis jam 76/725 C fortes atque perfecti, adhuc, quia in carne sunt positi, non possunt in tanti terroris turbine nulla formidine concuti." Unde patet quod terror ille referendus est ad tempus immediate judicium praecedens, tremendum quidem maxime malis, non autem bonis, quibus nulla erit mali suspicio. Rationes autem quae sunt ad oppositum, procedunt de judicio quantum ad retributionem praemiorum. 1
Cf. Augustinus, In Joan., tr. 12 ad 3, 17 (PL 35/1490C).
57
89,
7. A R T I K E L
7
Werden die Bösen zu richten sein?
1. Wie die Verdammnis der Ungläubigen gewiß ist, so auch die derjenigen, die in der Todsünde sterben. Aber -wegen der Gewißheit der Verdammnis heißt es J o 3, 18: „Wer nicht glaubt, ist schon gerichtet" [16]. Also werden aus demselben Grunde auch die anderen Sünder nicht gerichtet werden. 2. Die Stimme des Richters ist furchtbar für die, welche durch das Gericht verdammt werden. Aber nach den im Text angeführten Worten Gregors wird der Richter die Ungläubigen nicht ansprechen. Würde er nun die zu verdammenden Gläubigen ansprechen, dann würden die Ungläubigen aus ihrem Unglauben einen Vorteil davontragen; was widersinnig ist. A N D E R S E I T S scheint es, daß alle Bösen gerichtet werden müssen. Denn allen Bösen wird ihre Strafe nach der Größe ihrer Schuld auferlegt. Das kann aber nicht ohne gerichtliche Festsetzung [des Strafmaßes] geschehen. Also werden alle Bösen gerichtet werden. A N T W O R T : Das Gericht als Zuteilung der Strafe für die Sünden [vgl. Art. 6] gebührt allen Bösen, das Gericht als Q U A E S T I O 89, ,
ARTICULUS VII Utrum mali judicandi
sint
[4 d 47: 1,3 qa 3 — 43: 1 qa 2 ad 1; CTh 243; PS 1,3; Mt 25,32; 1 Cor 5,13: lect 3; 2 Cor 5,10: lect 2; Hb 10,30: lect 3]
AD SEPTIMUM sie proceditur. Videtur quod nulli mali judicabuntur. Sicut enim est certa infidelium damnatio, ita et eorum qui in mortali decedunt. Sed propter damnationis certitudinem dicitur Joan. 3: „Qui non credit, jam judicatus est." Ergo eadem ratione nec alii peccatores judicabuntur. 2. PRAETEREA, vox judicis est valde terribilis eis qui per judicium condemnantur. Sed, sicut in littera 1 ex verbis PL Gregorii [Moral. 26, 27] habetur, ad infideles allocutio judicis 76/379 B n o n fiet. Si ergo fieret ad fideles damnandos, infideles de sua infidelitate commodum reportarent. Quod est absurdum. SED CONTRA, videtur quod omnes mali sint judicandi. Quia omnibus malis infliget.ur poena secundum quantitatem culpae. Sed hoc sine definitione judicii esse non potest. Ergo omnes mali judicabuntur. RESPONDEO dicendum quod judicium quod est poenarum retributio pro peccatis, omnibus malis competit: judicium 1
58
Petrus Lomb., Sent. IV 47, 3 (QR 11/1019).
Untersuchung der Verdienste hingegen nur den Gläubigen, 89, 7 weil in den Ungläubigen der Grund des Glaubens fehlt, ohne den alle folgenden Werke der vollkommenen Rechtheit der Absicht entbehren [18]. Daher gibt es in ihnen keine Vermischung guter und schlechter Verdienste, die eine Untersuchung erfordern würden. Die Gläubigen aber, in denen der Grund des Glaubens bleibt, haben zumindest den Akt des Glaubens als lobenswürdigen Akt, obwohl er nicht verdienstlich ist ohne die heilige Liebe. Doch ist er von sich aus auf das Verdienst hingeordnet. Und deshalb findet bei ihnen die gerichtliche Untersuchung statt. Daher werden die Gläubigen, die wenigstens der Zahl nach [19] Bürger des Gottesstaates waren, als Bürger gerichtet werden, über die ohne Untersuchung kein Todesurteil verhängt wird. Die Ungläubigen hingegen werden als Feinde verurteilt, die ja auch bei den Menschen ohne gerichtliche Prüfung der Verdienste ausgerottet zu werden pflegen [20], Z u 1. Obwohl für diejenigen, die in der Todsünde sterben, die Verdammnis unzweifelhaft feststeht, haben sie doch einiges an sich, das zum Bereich des guten Verdienstes gehört, und so muß zur Offenbarung der göttlichen Gerechtigkeit eine Untersuchung ihrer Verdienste stattfinden, durch die sich zeigt, daß sie gerechterweise aus dem Gemeinwesen der Heiligen ausgeschlossen wurden, zu dem sie äußerlich als Bürger zu gehören schienen. Q U A E S T I O 89, ,
autem quod est discussio meritorum, solura fldelibus. Quia infidelibus non est fidei fundamentum: quo sublato, omnia opera sequentia perfecta rectitudine intentionis carent. Unde non est in eis aliqua permixtio bonorum meritorum ad mala, quae discussionem requirant. Sed fideles, in quibus manet fidei fundamentum, ad minus fidei actum laudabilem habent: quamvis non sit meritorius sine earitate. Tarnen, quantum est de se, est ordinatus ad meritum. Et ideo in eis judicium discussionis locum habet. Unde ipsi fideles, qui fuerunt saltem numero cives Civitatis Dei, judicabuntur ut cives, in quos sine discussione meritorum sententia mortis non fertur. Sed infideles condemnabuntur ut hostes, qui consueverunt apud homines absque meritorum audientia exterminari. AD PRIMUM ergo dicendum quod, quamvis eis qui in mortali decedunt, pro certo constet de eorum damnatione; quia tarnen aliqua quae pertinent ad bene merendum habent annexa, oportet, ad manifestationem divinae justitiae, ut discussio de eorum meritis fiat, per quam ostendatur eos juste a sanctorum civitate excludi, cujus esse cives numero exterius videbantur. 59
8
Z u 2. Wenn man jene Anrede geistig versteht, wird sie den zu verdammenden Gläubigen nicht in der Hinsicht hart sein, daß sie in ihnen etwas I h m Angenehmes offenbaren wird, das sich in den Ungläubigen nicht finden kann, weil „es ohne Glauben unmöglich ist, Gott zu gefallen" [Hb 11,6]. Aber der Urteilsspruch der Verdammung, der über alle gefällt wird, wird für alle furchtbar sein. Der für das Gegenteil angeführte E I N W A N D ging vom Gericht als Zuteilung [der Strafe] aus. 8.
ARTIKEL
Werden die Engel einst zu richten sein [21]?
1. 1 Kor 6 , 3 heißt es: „Wißt ihr nicht, daß wir Engel richten werden?" Das aber kann nicht auf den Stand der gegenwärtigen Zeit bezogen werden. Also muß es sich auf das künftige Gericht beziehen. 2. J o b 40, 28 heißt es von Behemoth, worunter der Teufel zu verstehen ist: „Vor aller Augen wird er hinabgestürzt werden." Und Mk 1, 24 [vgl. Mt 8, 29; Lk 4, 34] ruft der Teufel Christus zu: „Bist Du vor der Zeit gekommen, uns zu verderben?" wozu die Glosse bemerkt, daß „die DämoQ U A E S T I O 89, ,
AD SECUNDUM dioendum quod allocutio illa, spiritualiter intellecta, secundum hoc non erit aspera fidelibus condemnandis, quod in eis aliqua sibi placentia manifestabit, quae in infidelibus inveniri non possunt, quia „sine fide impossibile est Deo placere", Heb. 11. Sed sententia condemnationis, quae in omnes fertur, omnibus terribilis erit. RATIO vero in contrarium adducta procede.bat de judicio retributionis. ARTICULUS VIII U t r u m a n g e l i in f u t u r o j u d i c a n d i s i n t [4 d 47: 1,3 qa 4 — I I I 59,6; 1 Cor 6,3: lect 1]
AD OCTAVUM sie proceditur. Videtur quod angeli in futuro judicentur. Quia dicitur 1 Cor. 6: „Nescitis quoniam angelos judicabimus?" Sed hoc non potest referri ad statum praesentis temporis. Ergo referri debet ad futurum Judicium. 2. PRAETEREA, Job 40 dicitur de Behemoth, per quem diabolus intelligitur: „Cunctis videntibus praeeibitabitur." Et Marc. 1, exclamavit daemon ad Christum: „Venisti ante tempus perdere nos?" Et Glossa1 dicit ibidem quod „daemones, ' Cf. Beda, I n Marc., Jib. 1 ad 1,24 (PL 92/141D).
60
nen, wenn sie den Herrn auf Erden sahen, immerfort glaub- 89, 8 ten, sie sollten gerichtet werden." Also scheint ihrer das Endgericht noch zu harren. 3. 2 P t 2, 4 heißt es: „Gott hat der Engel, die gesündigt haben, nicht geschont, sondern sie in die finsteren Abgründe der Hölle hinabgestoßen, wo sie bis zum Gericht gefangengehalten werden." Also scheint es, daß die Engel noch gerichtet werden. ANDERSEITS „richtet Gott nicht zweimal denselben" (Nah 1, 9) [22]. Aber die schlechten Engel sind schon gerichtet; daher [heißt es] J o 16, 11: „Der Fürst dieser Welt ist schon gerichtet." Also werden die Engel nicht in der Zukunft gerichtet werden. 2. Das Gutsein oder die Bosheit der Engel ist vollkommener als die mancher Menschen im Stande der Pilgerschaft. Einige gute und böse Menschen werden aber nicht gerichtet werden. Also werden auch die guten und bösen Engel nicht gerichtet werden. ANTWORT: Weder für die guten noch für die bösen Engel findet irgendein Gericht der Untersuchung [vgl. Art. 6 u. 7] statt, weil sich weder in den guten etwas Böses noch in den bösen Gutes finden kann, was vor das Gericht gehört [23], Wenn wir aber vom Gericht der Zuteilung [von Lohn und Strafe] sprechen, so ist eine doppelte Zuteilung zu unterscheiden: Die e i n e entspricht den eigenen Verdiensten der QUAESTIO 89, , in terra Dominum cementes, se continuo judicandos esse credebant". Ergo videtur quod eis finale Judicium reservatur. 3. P R A E T E R E A , 2 Pet. 2 dicitur: „Deus angelis peccantibus non pepercit, sed rudentibus inferni detractos in tartarum tradidit cruciandos, in Judicium reservari." Ergo videtur quod angeli judicabuntur. S E D CONTRA, Deus „non judicat bis in idipsum". Sed mali angeli jam judicati sunt; unde Joan. 16: „Princeps mundi jam judieatus est." Ergo in futuro angeli non judicabuntur. 2. P R A E T E R E A , perfectior est bonitas vel malitia angelorum quam aliquorum hominum in statu viae. Sed quidam homines boni et mali non judicabuntur. Ergo nec angeli boni vel mali j udicabuntur. R E S P O N D E O dicendum quod judicium discussionis nullo modo habet locum neque in bonis angelis neque in malis: quia neque in bonis potest aliquid mali inveniri, neque in malis aliquid boni ad judicium pertinens. Sed si loquamur de judicio retributionis, sie est distinguenda duplex retributio. U n a respondens propriis meritis angelorum. 61
89, 8 Engel. Und diese fand für beide zu Anfang statt, insofern die einen zur Seligkeit erhoben, die anderen aber ins Elend gestürzt wurden. — Die a n d e r e Zuteilung entspricht den guten oder schlechten Verdiensten, die durch den Einfluß der Engel geschahen. Und diese Zuteilung wird im künftigen Gericht geschehen; denn die Freude der guten Engel wird durch das Heil derer, die sie zum Verdienst geführt haben, gesteigert werden, wie die Qual der bösen [Engel] durch den vervielfältigten Untergang der Bösen, die durch sie zum Bösen angestachelt wurden, vermehrt wird. Daher geht das Gericht im unmittelbaren Sinne die Engel weder als Richter noch als zu Richtende an, sondern [nur] die Menschen. Mittelbar aber geht es irgendwie die Engel an, insofern sie an den Handlungen der Menschen beteiligt sind. Zu 1. Jenes Wort des Apostels ist vom ,Gericht des Vergleiches' [Art. 1] zu verstehen, weil gewisse Menschen höherstehend befunden werden als gewisse Engel. Z u 2. Die Dämonen „werden vor aller Augen hinabgestürzt werden" [Job 40, 28], weil sie [nun] auf ewig in den Kerker der Hölle hinabgestoßen werden, so daß es ihnen nicht mehr freisteht, ihn zu verlassen. Denn das wurde ihnen nur gewährt, um nach dem Plan der göttlichen Vorsehung das Leben der Menschen zu erproben. Und dasselbe ist Zu 3 zu sagen. Q U A E S T 1 0 89, ,
Et haec a principio fuit utrisque facta, dum quidam ad beatitudinem sublimati sunt, quidam vero in miseriam demersi. — Alia retributio est quae respondet meritis bonis vel malis per angelos procuratis. Et haec retributio in futuro judicio fiet: quia boni angeli amplius gaudium habebunt de salute eorum quos ad meritum induxerunt; et mali amplius torquebuntur multiplicata malorum ruina, qui per eos ad mala sunt incitati. Unde, directe loquendo, Judicium nec ex parte judicantium neque ex parte judicandorum erit angelorum, sed hominum. Sed indirecte quodammodo respiciet angelos, inquantum actibus hominum fuerunt commixti. A D PRIMUM ergo dicendum quod illud verbum Apostoli est intelligendum de judicio comparationis: quia quidam homines quibusdam angelis superiores invenientur. A D SECUNDUM dicendum quod ipsi daemones „cunctis videntibus praecipitabuntur", quia in perpetuum in inferni carcerem detrudentur, ut jam non sit eis liberum egredi extra. Quia hoc eis non concedebatur nisi secundum quod ordinabatur ex divina Providentia ad hominum vitam exercendam. Et similiter dicendum est A D TERTIUM. 62
90. F R A G E
90, 1
DIE GESTALT DES ZUM GERICHT KOMMENDEN RICHTERS Hierauf ist über die Gestalt des zum Gericht kommenden Richters nachzudenken [vgl. Fr. 87 Vorw.]. Dazu ergeben sich drei Einzelfragen: 1. Wird Christus in der Gestalt Seiner menschlichen Natur richten ? 2. Wird Er in der verklärten Gestalt Seiner menschlichen Natur erscheinen? 3. Kann die Gottheit ohne Freude geschaut werden? 1. A R T I K E L Wird Christus in Knechtsgestalt
richten?
1. Zum Richten ist die Vollmacht des Richters erfordert. Die Vollmacht über die Lebenden und Toten ist aber in Christus, insofern Er Gott ist. So nämlich ist Er der Herr und Schöpfer aller. Also wird Er in Gottesgestalt richten. 2. Vom Richter wird unüberwindliche Gewalt gefordert; daher [heißt es] Sir 7, 6: „Erstrebe nicht das Richteramt,
QUAESTIO
xc
D E FORMA JUDICIS VENIENTIS AD JUDICIUM Deinde considerandum est de f o r m a judicis venientis a d judicium. Circa quod quaeruntur t r i a : 1. U t r u m Christus in forma humanitatis sit judicaturus. — 2. U t r u m apparebit in forma humanitatis gloriosa. — 3. U t r u m divinitas possit sine gaudio videri. Utrum
Christus
ARTICULUS I in f o r m a servi
sit
judicaturus
[4 d 48: 1,1 — I I I 59,2; CG IV 96; CTh 241; Symb 7; 10 Qlb 1,2; Mt 25,31; J o 5,23,27: lect 4.5J
A D P R I M U M sic proeeditur. Videtur quod Christus in forma servi non sit judicaturus. Judicium enim auetoritatem requirit in judicante. Sed auetoritas super vivos et mortuos est in Christo secundum quod est Deus: sic enim est Dominus et Creator omnium. Ergo in forma divinitatis judicabit. 2. P R A E T E R E A , in judice requiritur potestas invincibilis; unde Eccli. 7: „Noli quaerere fieri judex, nisi valeas virtute 63
90, l wenn du nicht vermagst, mit K r a f t das Unrecht zu brechen!" Unüberwindliche Kraft aber hat Christus, insofern Er Gott ist. Also wird Er in Gottesgestalt richten. 3. J o 5, 22 f. heißt es: „Der Vater hat das ganze Gericht dem Sohne übertragen, damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren." Aber die gleiche Ehre wie dem Vater gebührt dem Sohne nicht Seiner menschlichen Natur nach. Also wird Er nicht in Menschengestalt richten. 4. Dn 7, 9 heißt es: „Ich schaute, bis Throne errichtet wurden und der ,Alte an Tagen' sich setzte." Die Throne aber bezeichnen die richterliche Gewalt [vgl. 89, 3 E. 2], und das ,Alter' wird von Gott ausgesagt auf Grund Seiner Ewigkeit (Dionysius). Also geziemt es dem Sohne zu richten, insofern Er ewig, nicht also, insofern Er Mensch ist. 5. Im Text findet sich das Augustinuswort: „Durch das WORT G o t t e s geschieht die Auferstehung der Seelen; durch das WORT, das im Fleische der M e n s c h e n s o h n geworden ist, geschieht die Auferstehung der Leiber." Jenes Endgericht erstreckt sich aber mehr auf die Seele als auf den Leib. Also kommt das Richten Christus mehr zu, insofern Er Gott ist, als insofern Er Mensch ist. Q U A E S T I O 90, ,
irrumpere iniquitates." Sed virtus invincibilis convenit Christo secundum quod est. Deus. Ergo in forma divinitatis judicabit. 3. PRAETEREA, Joan. 5 dicitur: „Pater omne judicium dedit Filio, ut omnes honorificent Filium sicut honorificant Patrem." Sed honor aequalis non debetur Patri et Filio secundum humanam naturam. Ergo non judicabit secundum formam humanam. 4. PRAETEREA, Dan. 7 dicitur: „Aspiciebam donec throni positi sunt, et Antiquus Dierum sedit." Throni autem judiciariam potestatem designant; antiquitas autem de Deo dicitur ratione aeternitatis, ut Dionysius dicit, in libro de PG Divinis Nominibus [c. 10]. Ergo judicare convenit Filio prout 3/937 B e s t aeternus. Non ergo secundum quod homo. 1
Sol 1/485
PL
35/1552 D
°
5. PRAETEREA, Augustinus [In Joan., tr. 19 ad 5, 26] dieit, et habetur in littera, 1 quod „per Dei Verbum fit animarum resurrectio, per Verbum factum in carne Filium hominis fit corporum resurrectio". Sed judicium illud finale pertinet magis ad animam quam ad carnem. Ergo magis convenit judicare Christo secundum quod est Deus, quam secundum quod est homo. 1
64
Petrus Lomb., Sent. IV 48, 3 (QR 11/1024).
A N D E R S E I T S h e i ß t es J o 5, 27: „ E r gab I h m Macht, 90, i Gericht zu halten, weil E r der Menschensohn ist." 2. Zu J o b 36, 17 ,Deine Sache w a r d verurteilt wie die eines Gottlosen' sagt die Glosse: „nämlich von P i l a t u s " . ,Deshalb wirst d u Spruch u n d Urteil e r h a l t e n ' : „ u m gerecht zu r i c h t e n " . Christus w u r d e aber Seiner menschlichen N a t u r n a c h v o n P i l a t u s verurteilt. Also wird E r Seiner menschlichen N a t u r n a c h richten. 3. Das R i c h t e n ist Sache des Gesetzgebers. Christus aber erschien in menschlicher N a t u r , als E r uns das Gesetz des Evangeliums [24] gab. Also wird E r a u c h dieser N a t u r n a c h richten. A N T W O R T : Das Gericht setzt eine gewisse H e r r s c h a f t ü b e r den zu R i c h t e n d e n voraus. Deshalb heißt es R o m 14, 4 : „Wer bist d u , der d u einen f r e m d e n K n e c h t r i c h t e s t ? " U n d so k o m m t Christus das R i c h t e n d a r u m zu, weil E r die Herrs c h a f t über die Menschen h a t , u m die es im Endgericht hauptsächlich geht. E r ist aber unser H e r r nicht n u r auf G r u n d der S c h ö p f u n g — „der H e r r ist G o t t Selbst, E r h a t u n s geschaffen, nicht wir selbst" [Ps 100 (99), 3] —, sondern a u c h auf G r u n d der E r l ö s u n g ; dies[e H e r r s c h a f t ] k o m m t I h m Seiner menschlichen N a t u r n a c h z u ; heißt es doch R o m 14, 9 : „Dazu ist Christus gestorben u n d a u f e r s t a n d e n , Q U A E S T I O 90, ,
SED CONTRA, Joan. 5 dicitur: „Potestatem dedit ei judicium facere quia Filius hominis est." 2. PRAETEREA, Job 36 dicitur, ,Causa tua quasi impii judicata est'; Glossa: „a Pilato". ,Ideo judicium causamque recipies'; Glossa: 1 „ut juste judices". Sed Christus secundum humanam naturam est judicatus a Pilato. Ergo secundum humanam naturam judicabit. 3. PRAETEREA, ejus est judicare cujus est legem condere. Sed Christus in humana natura apparens nobis legem Evangelii dedit. Ergo et secundum eandem naturam judicabit. RESPONDEO dicendum quod judicium aliquod dominium in judicando requirit; unde Rom. 14: „Tu quis es, qui judicas alienum servum?" Et ideo secundum hoc Christo competit judicare quod dominium super homines habet, de quibus principaliter erit finale judicium. Ipse autem est noster Dominus non solum ratione creaticnis, quia „Dominus ipse est Deus, ipse fecit nos et non ipsi nos"; sed etiam ratione redemptionis, quod ei competit secundum humanam naturam; unde Rom. 14: „In hoc Christus mortuus est et resurrexit, ut et vivorum et 1 Cf. Bonaventura, In Sent. IV 4 8 , 1 q. 1 sed c. 2 (QR 4/984); Eupertus, In Job36, 17 (PL 168/1138C); Augustinus Serm. ad Populum, serm. 127 (PL 38/711B).
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90, x damit Er herrsche über die Lebenden und Toten." Um aber den Lohn des ewigen Lebens zu erlangen, würden uns die Güter der Schöpfung nicht hinreichen, wenn nicht die Wohltat der Erlösung dazugegeben würde, wegen des Hindernisses, das der geschaffenen Natur aus der Sünde des Stammvaters erwachsen ist [25], Da nun das Endgericht darauf hingeordnet ist, daß einige zum Reiche zugelassen und andere vom Reiche ausgeschlossen werden, ist es angebracht, daß Christus jenem Gericht Seiner menschlichen Natur nach Vorsitze, durch deren Erlösungswohltat wir zum Reiche zugelassen werden. Und das wird ja Apg 10, 42 ausgesprochen: „Er ist der von Gott bestimmte Richter über die Lebenden und Toten." Und weil Er durch die Erlösung des Menschengeschlechtes nicht nur die Menschen heilte, sondern überhaupt die ganze Schöpfung, insofern die ganze Schöpfung durch die Wiederherstellung des Menschen verbessert wird — nach Kol 1, 20: „Er gibt Frieden durch das Blut Seines Kreuzes allem, was auf Erden und was im Himmel ist" —, deshalb hat Christus durch Sein Leiden nicht nur über die Menschen, sondern über die ganze Schöpfung Herrschaft und richterliche Gewalt erworben (Mt 28, 18): „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden." Zu 1. Christus hat Seiner göttlichen Natur nach die Vollmacht der Herrschaft über alles Geschaffene auf Grund der Q U A E S T I O 90, ,
mortuorum dominetur." Ad praemium autem vitae aeternae nobis creationis bona non sufficerent, nisi redemptionis beneficium adderetur, propter impedimentum quod naturae creatae supervenit ex peccato primi parentis. Unde, cum finale judicium ad hoc ordinetur ut aliqui admittantur ad Regnum et aliqui excludantur a Regno, conveniens est ut ipse Christus secundum humanam naturam, cujus redemptionis beneficio ad Regnum admittimur, illi judicio praesideat. E t hoc est quod dicitur Act. 10, quod „ipse constitutus est a Deo judex vivorum et mortuorum". E t quia per redemptionem humani generis non solum homines reparavit, sed universaliter totam creaturam, secundum quod tota creatura reparato homine melioratur, ut habetur Col. 1: „Pacificans per sanguinem crucis ejus sive quae in terris sive quae in caelis sunt"; ideo non solum super homines, sed super universam creaturam Christus per suam passionem dominium promeruit et potestatem judiciariam; Matth, ult.: „Data est mihi omnis potestas in caelo et in terra." AD PRIMUM ergo dicendum quod in Christo secundum divinam naturam est auctoritas dominii respectu universalis 66
Schöpfung. Seiner menschlichen Natur nach aber hat Chri- 90, 1 stus die Vollmacht der Herrschaft, die Er durch Sein Leiden verdient hat, und diese ist gleichsam zweitrangig und erworben. Die erste aber ist [Ihm] von Natur [eigen] und ewig. Zu 2. Obwohl Christus als Mensch keine unüberwindliche Gewalt von sich her, aus der natürlichen K r a f t des Menschseins, besitzt, so hat Er doch auf Grund der Mitteilung der Gottheit auch in der menschlichen Natur unüberwindliche Gewalt, insofern „alles Seinen Füßen unterworfen ist" (1 Kor 15, 26 u. H b 2, 8; vgl. Ps 8, 7 [8]) [26], Und daher wird Er zwar in der menschlichen Natur richten, jedoch aus der Kraft der Gottheit. Z u 3. Christus hätte das Menschengeschlecht nicht erlösen können, wenn Er bloßer Mensch gewesen wäre [27], Daraus, daß Er Seiner menschlichen Natur nach das Menschengeschlecht erlösen konnte und so die richterliche Gewalt erlangte, zeigt sich ganz deutlich, daß Er Gott ist und Ihm so die gleiche Ehre wie dem Vater gebührt — nicht als Mensch, sondern als Gott. Zu 4. In jener Vision Daniels wird die ganze Ordnung der richterlichen Gewalt deutlich ausgedrückt. Diese ist zwar erstursprünglich in Gott Selbst, und besonders im Vater, Q U A E S T I O 90, , creaturae ex jure creationis. Sed in Christo secundum humanam naturam est auctoritas dominii quam promeruit per passionem: et est quasi auctoritas secundaria et acquisita. Sed prima est naturalis et aeterna. A D SECUNDUM dicendum quod, quamvis Christus secundum quod homo non habeat a se invincibilem potestatem ex naturali virtute humanae speciei, tarnen ex dono divinitatis etiam in humana natura invincibilem habet potestatem, secundum quod „omnia sunt subjecta pedibus ejus", ut dicitur 1 Cor. 15 et Heb. 2. Et ideo judicabit quidem in humana natura, sed ex divinitatis virtute. A D TERTIUM dicendum quod Christus non suffecisset ad humani generis redemptionem si purus homo fuisset. Et ideo ex hoc ipso quod secundum humanam naturam genus humanuni redimere potuit, ac per hoc judiciariam potestatem consecutus est, manifeste ostenditur quod ipse est Deus, et ita aequaliter honorandus cum Patre, non inquantum homo, sed inquantum Deus. A D QUARTUM dicendum quod in illa visione Danielis manifeste totus exprimitur ordo judiciariae potestatis. Quae quidem sicut in prima origine est in ipso Deo, et specialius in 5*
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90, l dem Quell der ganzen Gottheit. Und so heißt es zuerst, daß „der ,Alte an Tagen' sich setzte". Aber vom Vater ist die richterliche Gewalt auf den Sohn übergegangen, nicht nur von Ewigkeit Seiner göttlichen Natur nach, sondern auch in der Zeit Seiner menschlichen Natur nach, in der Er sie verdient hat. Deshalb wird in der genannten Vision hinzugefügt (V. 13 f.): „Siehe, auf den Wolken des Himmels kam einer, der aussah wie ein Menschensohn, und gelangte bis zu dem ,Alten an Tagen', und Er gab ihm Gewalt und Ehre und Herrschaft" [28]. Zu 5. Augustinus spricht im Sinne einer Zueignung, indem er z. B. die Wirkungen Christi in unserer menschlichen Natur auf irgendwie entsprechende Ursachen zurückführt. Und weil wir der Seele nach dem „Bild und Gleichnis Gottes" [Gn 1, 26 f.] entsprechen [29], dem Fleische nach aber derselben Art sind wie der Mensch Christus, deshalb schreibt er das, was Christus in unseren Seelen bewirkt hat, der Gottheit, das aber, was Er in unserem Fleische bewirkte oder bewirken wird, Seinem Fleische zu [30]. Allerdings wirkt Sein Fleisch als „Werkzeug der Gottheit" (Johannes von Damaskus) [31] auch in unseren Seelen, nach H b 9, 14: „Sein Blut hat unsere Gewissen gereinigt von toten Werken." Und so auch ist das „fleischgewordene W O R T " [JO 1, 14] QUAESTIO 90,
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Patre, qui est fons totius deitatis. Et ideo primo praemittitur quod „Antiquus Dierum sedit". Sed a Patre judiciaria potestas t.raducta est in Filium, non solum ab aeterno secundum divinam naturam, sed etiam in tempore secundum humanam, in qua earn meruit. Et ideo subjungitur in visione praedicta: „Ecce, cum nubibus caeli quasi Filius hominis veniebat, et usque ad Antiquum Dierum pervenit; et dedit ei potestatem et honorem et regnum." A D Q U I N T U M dicendum quod Augustinus [1. c.] loquitur per appropriationem quandam: ut videlicet reducat effectus quos Christus in humana natura fecit, ad causas aliquo modo consimiles. Et quia secundum animam sumus „ad imaginem et similitudinem Dei", secundum carnem autem sumus ejusdem speciei cum homine Christo, ideo ea quae in animabus nostris Christus fecit, divinitati attribuit; quae vero in carne fecit vel facturus est, attribuit cami ejus. Quamvis caro ejus, inquantum est „divinitatis Organum", ut dicit Damascenus [De PG Fide Orth. 3, 15], habeat etiam effeetum in animabus nostris; 94/1049 A secundum id quod dicitur Heb. 9, quod „sanguis ejus emun1060 A