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German Pages 328 [336] Year 1877
Die chirurgischen
Krankheiten der Harnorgane. E i n e Reilie klii isclier V o r l e s u n g e n , gehalten im U n i v e r s i t y C o l l e g e
Hospital
von
Sir Henry Thompson, COIB. C h i r i r g e i Sr. Maj. dos K ö n i g s der Belgier, P r o f e s s o r d e r k l i n i s c h e n u. C h i r u r g am U n i v e r s i t y College Hospital i n L o n d o n .
Vim
Verfasser
autorisirte
deutsche
Chirurgie
Ausgabe
von
Dr. Dupuis, (n':i.ct. Arzt in 13;ul ΚriM.i/iiacli.
\acli
Mit
Εθ ή
den
iler
Text
\ ierten
Auflage
gedruckten
B
e
r
l
des
Originals.
Holzschnitten
i
n
und
.
Druck und Verlag von G. R e i m e r . 1877.
2
Tafeln.
Vorrede zur vierten Auflage. Ich habe diese Vorlesungen in jedem Jahre fortgesetzt und so viel daran verändert oder hinzugefügt, als die Fortschritte unserer Wissensehaft verlangten. Die j etzige Ausgabe umfasst die im University College Hospital während des Semesters 1875 76 von mir gehaltenen Vorlesungen und enthält daher die neuesten Veränderungen, sowie einige neu hinzugekommene Vorträge, die in keiner der früheren Ausgaben stehen, so dass es jetzt 24 statt der 12 Vorlesungen der ersten Ausgabe sind. Hinzugefügt habe ich e i n e nicht in der Klinik, sondern zu Birmingham gehaltene, weil sie wesentlich klinischer Natur und eine Z u s a m m e n f a s s u n g der unmittelbar vorhergehenden Vorlesungen über Blasensteine ist. Ferner habe ich kurze, aber wie ich denke, vollständige, praktische Regeln zur klinischen Harnuntersuchung angehängt, die ursprünglich zum Gebrauch in meiner Klinik bestimmt und mit von mir selbst angefertigten Zeichnungen von Harnsedi-
IV
V o r r e d e zur vierten
Auflage.
menten ausgestattet sind. E s ist mein Bestreben gewesen, in
möglichster Kürze einen Abriss der
praktischen
Wissenschaft Uber die Natur und Behandlung derjenigen Krankheiten, welche den Gegenstand dieses Werkes bilden, zu geben, und ich möchte glauben, dass meine Absicht in der vorliegenden Ausgabe weit besser als in irgend einer der früheren verwirklicht ist. 35 Wimpole Street, London, Februar 1876.
Uebersicht der Vorlesungen. Seite
Vorlesung 1. VorleSMlg 2.
Einleitung. Diagnose der Krankheiten der Ilarnorgane. Bemerkungen über die Struktur und die Functionen der männlichen Harnrühre
Vorlesung 3. Vorlesung 4.
UeberHarnröhrenstriktur, ihre Beschaft'enheitund Diagnose Die Behandlung der Harnröhrenstriktur durch einfache und continuirliche Dilatation Ucber die Behandlung sehr schwieriger Strukturen . . . Ueber den inneren Strikturschnitt Hypertrophie der P r o s t a t a und ihre Folgen . . . . . Harnverhaltung Urininfiltration und Urinfisteln Ueber Blasensteine Ueber Lithotritie, ihre Geschichte und die bei"der Operation zur A n w e n d u n g kommenden Instrumente . . . . Die einzelnen Momente dieser Operation Ueber einige wichtige Punkte, die bei der Lithotritie zu beachten sind Ueber Lithotomie Ueber den Einfluss, welchen Nierenkrankheitcn auf die W a h l der Operationsmethode bei Blasenstcinen haben . Ueber die A n f ä n g e der Steinkrankheit und die beste Beh a n d l u n g zur Verhinderung derselben
205
Vorlesung 17.
Ueber die Behandlung der Blasensteine durch Solventien, deren Geschichte und A n w e n d u n g
223
Vorlesung 18.
Ueber zwei Fälle, in denen Knochenstücke aus der Blase entfernt wurden
239
Vorlesung Vorlesung Vorlesung Vorlesung Vorlesung Vorlesung Vorlesung
δ. 6.
7. 8.
9. 10. 11.
Vorlesung 12. Vorlesung 13· Vorlesung 14. Vorlesnng 15. Vorlesung 16.
1
18 21 38 51 68 79 99
110 119 135 146 161 169 188
VI
Ucbersicht der Vorlesungen. Seite
V o r l e s u n g 19. Ueber die Zukunft der operativen Chirurgie bei Blasensteinen V o r l e s u n g 20. Operative Mittel zur Erleichterung von Patienten, welche an weit vorgeschrittener Prostataerkrankung leiden . . V o r l e s u n g 21. Ueber Cystitis und Prostatitis V o r l e s u n g 22. Blasenkrankheiten: P a r a l y s i s , continenz und Geschwülste
244 562 271
A t o n i e , jugendliche In-
V o r l e s u n g 23. Ueber Hämaturie und Nierenstein V o r l e s u n g 2 4 . Die Untersuchung des Urins für klinische Zwecke
284 . .
295 305
Uebersiclit der Illustrationen. Seite
Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig.
1. 2. 3. 4. 5. 6.
Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Ffg.
7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.
Fig. Fig. Fig Fig.
14. 15. 16. 17.
Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig.
18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25.
Anatomische Zeichnung der Harnröhre Zeichnung, welche die Dehnbarkeit der Harnröhre zeigt . . Zeichnung der Harnröhre -und ihre anatomische Eintheilung . Bougie mit nach oben gerichteter Spitze Metallene, mit einem Knöpfchen versehene Bougies Biegsame französische Bougies und Katheter mit konischer
1 21 29 30 36
und geknöpfter (olivenförmiger) Spitze Französisches Maass Konische Dilatatoren von Metall Bougie mit Bleidraht Art der Befestigung des Katheters Gewundene Bougies Zeichnung von Strikturen Dilatation und netzförmige Beschaffenheit der H a r n r ö h r e hinter einer engen Striktur Ebenfalls P e r r e v e ' s Instrument zum Dehnen der Striktur Instrument zur gewaltsamen Dehnung der Striktur Kleines Bistourie cachee für Strikturen an der Harnröhrenmündung Striktur nahe der Harnröhrenmündung Urethrotom von M a i s o n n e u v e Dasselbe von C i v i a l e Zeichnung der P r o s t a t a Ebenfalls Ebenfalls Ebenfalls Eröffnete Blase, um die P r o s t a t a zu zeigen
42 44 46 47 49 57 58 62 62 65 66 68 69 71 73 81 81 81 82 83
VIII
Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig.
Uebersicht der Illustrationen.
26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40.
Fig. 41. Fig. 42. Fig. 43. Fig. 44. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig.
45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58.
Fig. 59. Zwei
Ebenfalls Ein unzweckmässig gekrümmter Katheter Prostatakatheter Der französische Katheter coudee Beckendurchschnitt Sonde zur Untersuchung der Blase Sonde zum Messen Lithotriptor nach C i v i a l e und C h a r r i e r e Der Handgriff von T h o m p s o n ' s Lithotriptor Die Branchen des gefensterten Lithotriptors Lithotriptor, dessen männliche Branche etwas keilförmig ist. . Lithotriptor mit flachen Branchen Ebenfalls Stellung der Hände beim Suchen des Steins . . . . · · . . Zeichnung des Beckens und der Blase; die gewöhnliche Lage des Lithotriptors bei Lithotritie Stellung der Hände beim Zertrümmern Zeichnung des Beckens und der Blase, der Lithotriptor mit nach unten gerichtetem Schnabel Zange für kleine Bruchstücke Art und Weise der Aufsuchung des letzten Bruchstücks. Die Branchen des Lithotriptors abwärts gerichtet C l o v e r ' s Aspirator Injectionsspritze zur Entfernung von Steinfragmenten . . . . Stellung des knöchernen Beckens bei Steinschnittlage . . . . Präparirtes Becken zur Demonstration des Bulbns etc. . . . Leitungssonde zur Lithotomie Hand- und Fussringe zur Lithotomie Präparirtes Becken, um den Schnitt in der Tiefe zu zeigen . Messer zum Steinschnitt Zange zum Steinschnitt Haken Unterrock-Tampon Exfoliirtes Knochenstück Ebenfalls Instrument zum Eröffnen der Blase in gewissen Fällen von Prostataerkrankung Eröffnete Blase mit Prostata Tafeln, welche die hauptsächlichsten Harnsedimente zeigen.
Seite
83 91 92 93 108 123 124 138 138 143 144 144 144 147
147 148 149 154 156 158 168 177 178 179 180 182 183 183 185 185 241 242 256 276
Erste Vorlesung.
Einleitung: Diagnose der Harnkrankheiten. D i e s e Vorlesungen
beschäftigen sich
mit den
chirurgischen
Krankheilen der H a r n o r g a n e und sollen eine Unterweisung geben, welche am Krankenbette möglichst nutzbringend ist.
Um das vor-
gesetzte Thema nicht zu weit auszudehnei), werde ich ü b e r Anatomie und Physiologie n u r wenig s a g e n ; ebenso ist es andererseits u n möglich, in einem systematischen Kurse chir. Vorlesungen alle j e n e praktischen
K u n s t g r i f f e , jene nützlichen Kleinigkeiten
mittel der Diagnose oder Behandlung zu g e b e n ,
und
Hülfs-
die man
durch
E r f a h r u n g kennen lernt und welche später in der Praxis von so grossem Nutzen sind. lich am K r a n k e n b e t t
Auch lassen sich diese Dinge nicht s ä m m t hier l e r n e n ,
weil kein Hospital
genügendes
Material f ü r diesen Zweck liefern k a n n ; aber viel davon k a n n aus den Besprechungen, welche hier Statt finden, profitirt w e r d e n .
Ich
w e r d e mich b e m ü h e n , meinen Zuhörern die Resultate meiner vieljährigen E r f a h r u n g e n nutzbringend zu machen zu b i e t e n ,
als es in den wenigen S t u n d e n ,
und so viel davon
die zu diesem Zweck
w ä h r e n d des Semesters zu Gebot stehen, möglich sein wird. Aus zwei G r ü n d e n habe ich diese klinischen Vorlesungen ü b e r die H a r n o r g a n e g e w ä h l t ; erstens, weil meine Klinik i m m e r Gruppen dieser Krankheitsfälle b i e t e t : es ist mehr als ausreichendes Material f ü r die wöchentlichen Vorlesungen
hier zu finden, und zweitens,
weil ich keine Gattung von Krankheiten k e n n e , Thompson,
klinische Vorlesungen.
die einer erfolg1
2
Erste Vorlesung.
reichen Behandlung genau weiss,
so zugänglich sind,
was man zu thun hat,
vorausgesetzt,
dass man
aber auch keine,
bei denen
man gefährlichere Irrthümer begehen kann, wenn man nicht durchaus bekannt damit ist.
Ich kenne ferner keine, in denen man so
viel Erleichterung verschaffen oder in denen eine geschickte Hand so viel für den Kranken thun oder der Arzt endlich so viel Vertrauen für sich gewinnen kann.
Es ist daher von grosser Wichtig-
keit mit diesen Krankheiten bekannt und vertraut zu werden. Dieselben
lassen
sich folgendermaassen
der grössere Theil des ersten Abschnitts I.
Krankheiten
der
eintheilen,
findet hier
aber
nur
Besprechung.
Harndurchgänge.
a) Wesentlich entzündliche Krankheiten Urethritis \ Prostatitis > akut und chronisch. Cystitis b) Wesentlich
' Verstopfungskrankheiten
Striktur der Harnröhre, Hypertrophie der Prostata. c) Steinkrankheiten der Harnröhre, der Prostata, der Blase, des Nierenbeckens. d) Geschwülste —
bösartige und nicht bösartige
der Prostata, der Blase. II.
Krankheiten,
w e l c h e die S e c r e t i o n s o r g a n e
affi-
ci r e n . Alle organischen Veränderungen in veränderte Beschaffenheit Krankheiten h e r r ü h r t ,
des Urins,
den Nieren; ebenso
welche von
wie Bright'sehe Krankheit und
Ich möchte zuerst bitten,
jede
constitutionellen Zuckerruhr.
auf den Titel dieses B u c h e s :
„Die
chirurgischen Krankheiten der Harnorgane," zu achten. Man könnte fragen: Harnorgane und
„ W a s sind chirurgische Krankheiten
was n i c h t ? "
Ersteres ist
nach
der
meiner Meinung
3
Einleitung: Diagnose der Harnkrankheiten.
s e h r leicht zu beantworten, letzteres nicht so leicht.
Man sehe das
Verzeichniss an und bestimme, wo die Grenze zwischen beiden gezogen werden
soll.
Sicherlich
gehören
schnitts I, nämlich alle Affectionen n a h m e der Nieren, wollen, —
alle Krankheiten
des Ab-
der Harndurchgänge mit Aus-
welche wir zu den Secretionsorganen
in das Gebiet des Chirurgen,
rechnen
während der „Medicus"
den Abschnitt II nach altem Herkommen für sich beansprucht.
Da
jedoch ohne ein vollkommenes Verständniss des Ganzen keine einzige dieser Krankheiten zu diagnosticircn ist und der Medicus keine physikalische Untersuchung mit Katheter und Sonde etc. vornimmt, so sehe
ich mich veranlasst, alle Krankheiten
das Gebiet der Chirurgie zu verweisen. überall Anklang finden, tungen
ergeben,
doch
der Harnorgane in
Diese Behauptung mag nicht
wird sich im Laufe dieser Betrach-
dass es absolut unmöglich ist, eine zuverlässige
Diagnose der Harnkrankheiten zu machen, ohne mit der praktischen Handhabung
von Sonde oder Katheter vertraut zu sein.
haupte n i c h t ,
dass der Medicus dazu nicht fähig wäre,
geht ihm
nöthige Uebung
wird
die
man
bei
der
ab.
Behandlung
Ich b e aber
es
Ohne die genannte Fertigkeit
der genannten
Krankheiten
nicht
fertig werden, so wenig wie man ohne Verständniss der Handhabung des Stethoscops und ohne praktische Vertrautheit mit den Zeichen, welche es liefert, die Brustkrankheiten behandeln
kann.
Zuerst wird natürlich die Diagnose eine Besprechung
finden;
über die Pathologie und Behandlung dieser Krankheiten werde ich heute fast nichts sagen.
Ohne Zweifel ist es ja bei allen
Krank-
heiten das Wichtigste, genau zu wissen, was man zu behandeln hat, die Behandlung selbst bietet dann wenig Schwierigkeit mehr. B ü c h e r können die letztere lehren, keines die erste.
Viele
Zu einer rich-
tigen Diagnose gelangt man nur durch Anwendung gewisser Regeln und
durch
die Uebung.
Sie ist von allen Dingen das erste, das
man lernen und üben muss, das letzte, das man sich vollkommen aneignet.
In
der That wird
niemand,
er mag leben so lange er
will, ein vollendeter Diagnostiker werden.
Er mag der Vollendung
nahe k o m m e n ; wenn er aber auch, wie es sein muss, ein
fleissiger
Arbeiter ist., wird er trotz aller Studien seine Kenntnisse in Bezug 1 *
4
Erste V o r l e s u n g .
auf das Diagnosticiren vermehren so lange er lebt.
Das ist auch
der Grund wesshalb Alter oder Erfahrung darin Autorität verleiht. Ein in langer ausgedehnter
und
verständiger Beobachtung
Erfahrung
reicher Praktiker
gewiegter und
vermag
mit
an
grösserer
Sicherheit zu diagnosticiren als ein jüngerer. Was ist Diagnose?
Sic besteht vor allem in der Aufnahme
von Thatsachen und in den richtigen Schlussfolgerungen aus diesen. Die A u f n a h m e von Thatsachen ist ausserordentlich schwierig. einmal zwei P e r s o n e n stimmen in
Nicht
der Beschreibung eines Falles,
von dem sie beide Zeugen gewesen, Uberein, und sollen zehn über denselben Krankheitsfall Bericht erstatten, so werden sie alle, wie ich zu b e h a u p t e n w a g e , wesentlich man
wird
zehn
Berichte
haben,
von
einander abweichen und
die in
wichtigen
Einzelheiten
nicht übereinstimmend sind. Jeder wird der Wahrheit n a h e kommen, keiner jedoch
die absolute Wahrheit
geben können.
Man
muss
also sorgfältig beobachten lernen und das erfordert specielle Fähigkeiten und viel Uebung.
Ist es nicht ein schlagender Beweis für
meine Behauptung, dass, wenn zwei Zeugen über einen Fall genau dasselbe behaupten, immer der Verdacht eines heimlichen Einverständnisses rege
wird
und
kam mir oft in den S i n n ,
ist das nicht ganz n a t u r g e m ä s s ?
Es
dass die Aerzte dieselben Fähigkeiten
nothwendig haben und sich aneignen sollten wie die Juristen, denn im Falle sie etwas Reelles leisten, viel Gemeinsames. ein genaues
hat der Gedankengang
Bei beiden ist eine sorgfältige
beider
Untersuchung,
und subtiles Kreuzverhör der Zeugen,
eine scharf-
sinnige Feststellung des nackten Thatbestands und schliesslich ein ruhiges rechtliches Abwägen der erlangten Thatsachen nothwendig. Bei beiden sind die aufgestellten Schlussfolgerungen gleich wichtig und erfordern die höchste individuelle Befähigung. —
Aber
muss nicht n u r eine sorgfältige und g e n a u e , sondern
auch
rasche Diagnose zu stellen lernen.
In dieser Hinsicht ist
man eine unser
Verfahren von dem der Juristen verschieden.
Denn während m e h -
rere Monate auf die kritische Untersuchung
einer
rechtmässigen
Klage verwendet werden mögen, während meistens eine lange Zeit zum Beweis oder Gegenbeweis
einer Behauptung nothwendig
ist,
E i n l e i t u n g : D i a g n o s e der
werden
unsere Entscheitlungen
die Aerzte überlegen
Harnkrankheiten.
5
unverzüglich gefordert.
erliegt der Kranke.
Daher
Während
ist es nicht ge-
n ü g e n d , n u r diagnosticiren zu können, nein man muss auch r a s c h diagnosticireη von
den ersten
freilich leichter,
Am Krankenbett h ä n g t das Handeln oft
oder vier Minuten des Besuchs ab.
Es ist
nach Hause zu g e h e n , dort ruhig über den Fall
nachzudenken, s a g e n : Ich
lernen. drei
die Autoritäten
glaube,
zu
der Kranke
befragen und
schliesslich
hat das und das.
zu
Das ist nicht
immer gut, w e n n auch freilich besser, als an die Behandlung h e r a n Das-
zugehen, ohne mit der Diagnose bei sich im Reinen zu sein. jenige a b e r ,
was Erfolg verleiht und woran man
vollen Praktiker
erkennt,
bleibt immer ebenso
den
einsichts-
wohl eine rasche
als g e n a u e Diagnose des vorliegenden Falles stellen zu können. Zu diesem Ende, und das passt für alle Zweige u n s e r e r Kunst, empfehle ich immer
planmässig vorzugehen.
Eine gewisse
Ord-
n u n g und Gleichförmigkeit sind zur gehörigen E r f o r s c h u n g wendig,
u n d nach
vielem
Nachdenken
folgendes System angenommen.
und
Versuchen
noth-
habe
Bei den K r a n k h e i t e n ,
ich
von denen
hier die Rede ist, lassen sich die erforderlichen Thatsachen in dreifacher R i c h t u n g aufnehmen.
1) Durch
Fragen
an
den
Kranken,
2) durch physikalische U n t e r s u c h u n g desselben und 3 ) durch chemische u n d anderweitige Untersuchung der Secrete. Fragen.
Ich stelle immer
Erstens durch
und jedestnal in derselben Reihenfolge
vier Hauptfragen, womit sich — mit Einschluss bezüglicher Nebenfragen — sechs Siebentel dieser Krankheiten feststellen lassen.
Sie
beziehen sich auf vier Symptom-Gruppen, die m a n m e h r oder weniger bei K r a n k e n , leiden, trifft.
die an irgend einem
Häufiges und
Theile der
schmerzhaftes H a r n e n ,
in der Beschaffenheit des Urins, Beimischung Erste E r a g e : Müssen
Sie oft und wie
Harnorgane Abnormitäten
von Blut zum Urin. oft u r i n i r e n ?
Oefter
bei Tage o d e r bei Nacht und haben Bewegung oder besondere Umstände Einfluss d a r a u f ? ich später
Wie die Frage zu verwerthen
ist,
werde
auseinandersetzen.
Zweite F r a g e :
Verursacht das Uriniren Schmerz, tritt er vor,
w ä h r e n d o d e r nach demselben
auf?
Bestehen
auch zu
anderer
6
Erste Vorlesung.
Zeit Schmerzen uud werden sie vielleicht durch rasche verursacht oder v e r m e h r t ?
Bewegung
Wo sitzt der S c h m e r z ?
Dritte F r a g e : Ist der Urin in seinem Aussehen v e r ä n d e r t oder der Harnstrahl nicht wie gewöhnlich, ist der Urin t r ü b o d e r k l a r ? Vielleicht gieht der Patient an, er sei t r ü b , aber bei weiterem Ausforschen ergiebt sich, dass er beim Abgehen beim
Erkalten oder Stehen t r ü b
sich die F r a g e : Variirt
geworden
klar war und ist.
Daran
die Quantität des Urins s e h r ?
erst
schliesst (Natürlich
ist die specifische S c h w e r e zu bestimmen.) Menge und specifisches Gewicht des Urins, welche zwar im n o r m a l e n Znstand sehr variiren, sind jedoch bei Nierenkrankheiten, b r a u c h e , von e n o r m e r Bedeutung.
wie ich nicht erst zu sagen Der Harnstrahl selbst kann fein,
gespalten oder gedreht sein, oder auch plötzlich stocken. Vierte F r a g e : Geht Blut mit dem Urin a b ? des Urins hochroth
oder b r a u n , hell oder
1st die F ä r b u n g
dunkel?
1st Blut mit
dem Urin vermischt, oder hauptsächlich vor oder nach dem Uriniren oder auch ganz u n a b h ä n g i g davon
abgegangen?
Dieses sind die vier Fragen und es ist k l a r , dass der Werth der
Antworten
des Patienten
Fragestellung abhängt.
sehr von
der Art und
Weise
der
Der K r a n k e ist nicht immer im Stande zu
a n t w o r t e n oder versteht den Sinn der gestellten F r a g e nicht richtig. Will man desshalb richtige Antworten erhalten, so m u s s man bestimmt u n d präcis fragen. vorliegenden Krankheiten
W e n d e n wir n u n diese Fragen auf die an.
Erste F r a g e : Häufiges Uriniren. Es giebt ausser einer oder zwei,
von denen gleich die Rede
sein wird, keine erhebliche Affection der I l a r n o r g a n e , bei der sich dieses Symptom nicht
m e h r oder weniger f ä n d e .
So ist der fol-
gende Fall eine A u s n a h m e d a v o n : Es kann j e m a n d eine erhebliche Striktur haben und n u r in feinem Strahl h a r n e n können, und doch b r a u c h t er jahrelang nicht Uber häufiges Uriniren zu k l a g e n ,
ob-
gleich dieses Symptom f r ü h e r oder später auftreten wird. Ich stellung Klassen
hebe hier h e r v o r , die K r a n k h e i t e n , eingetheilt
habe.
dass
ich zur Erleichterung der Dar-
welche Was
in
gewisse
zuerst die entzündlichen
uns
beschäftigen,
Krank-
7
Einleitung: Diagnose der Harnkrankheiten.
heilen — Entzündung der Harnröhre,
Prostata und Blase — be-
trifft, so findet sich bei allen diesen häufiges Uriniren.
Bei Urethritis
ist es nicht nothwendig vorhanden, bevor sie sich nicht bis zum hinteren Theil des Canals nahe der Blase erstrcekt und dies ist also die zweite Ausnahme, auf welche ich eben hinwies.
Ich habe nicht vor,
das Kapitel Uber Urethritis hier abzuhandeln, da die poliklinischen Patienten Gelegenheit genug bieten, sie zu studiren.
Ich erwähne
dies Symptom des häufigen Urinirens nur desshalb, weil es mehr oder weniger in irgend einem Stadium
dieser
drei
Krankheiten
vorkommt. — Erstens findet sich nun häutiges Uriniren bei Hypertrophie der Prostata
und,
was
bemerkenswerth
ist,
mehr
des Nachts
als
bei Tage. Bei chronischer Prostatitis zweitens ist es nicht
so häutig,
während es bei Cystitis ein charakteristisches Symptom ist.
Ich
nenne diese beiden zusammen, weil sie so innig zusammenhängen, dass die Blase kaum afficirt sein wird,
ohne dass die Prostata
mehr oder weniger mitergriffen ist. Drittens tritt es bei Steinkrankheiten sehr hervor und steht gewöhnlich im Verhältniss zu der körperlichen Bewegung. Viertens findet es sich bei Geschwülsten, bösartigen und nicht bösartigen. Fünftens bei Pyelitis und bei fast allen organischen Veränderungen der Nieren, bei Bright'scher Krankheit und Diabetes.
Jeder
Urin, dessen Beschaffenheit verändert ist, bevor er die Blase erreicht, erregt Reiz.
Diese Thatsache ist werth,
dass wir einen
Augenblick dabei verweilen, besonders da sie nicht selten Ubersehen wird. Die Ansicht,
dass ein verdünnter oder wässeriger Urin nicht
reizend wirke, ist irrig; im Gegentheil, er wird im Allgemeinen nicht ordentlich von der Blase zurückgehalten.
Die Blase
wird
dann am wenigsten gereizt, wenn sie einen Urin von mittlerem oder noch höherem specifischem Gewicht enthält.
Nervenschwache
und besonders hysterische Kranke lassen einen ganz blassen fast wasserhellen Urin a b ,
durch den die Blase trotzdem mehr oder
8
Erste Vorlesung.
weniger gereizt wird.
Bei Diabetes ist natürlich nicht n u r die Be-
schaffenheit des Urins verändert, sondern
auch die Menge
vermehrt, was nothwendig häufiges Uriniren z u r Folge hat. die B e m e r k u n g ,
sehr Hierzu
dass eine Vermehrung der Urinmenge im Allge-
meinen auf eine Affection der Nieren hinweist, w ä h r e n d eine Verminderung
derselben
immer
f ü r eine tiefere
Nierenerkrankung
spricht. Die n ä c h s t e Frage betrifft den Schmerz und die genaue Kenntniss seiner Natur und seines Sitzes wird einen Schritt weiter zur Diagnose f ü h r e n . Bei Prostatitis sitzt der Schmerz des Penis u n d tritt beim
gewöhnlich
Aufhören des Urinirens
stark, aber ähnlich dem bei Stein,
an
der
Spitze
auf, nicht
so
weil sich die leere Blase um
die empfindliche Prostata zusammenzieht. Bei Cystitis tritt der Schmerz
gewöhnlich
vor
dem Uriniren
auf, weil die entzündete Schleimhaut der Blase keine Ausdehnung erträgt und um so empfindlicher wird, je mehr sie sich a u s d e h n t , wie dies ja alle entzündeten Schleimhäute t h u n (ζ. B. wie bei Halsw e h ) ; daher
drängt sie häufig, sich ihres Inhalts zu
entledigen.
Der gewöhnliche Sitz des Schmerzes ist gerade Uber der Symphyse. Bei akuter Cystitis kann der Schmerz auch im P e r i n ä u m gefühlt werden, bei chronischcr und subakuter aber ist sein Sitz über der Symphyse und er tritt nicht nach sondern vor dem
Uriniren
auf,
ausser wenn die Prostata afficirt ist, in welchem Falle die empfindliche Drüse ein geringes Schmerzgefühl gegen das
Ende des Uri-
nirens verursacht, wie ich eben erwähnte. Bei
Striktur
der
Harnröhre
entsteht
oft
Schmerz
an
der
strikturirten Stelle, wovon man sich durch ein einfaches Experiment überzeugen kann.
Comprimirt man nämlich w ä h r e n d des Urinirens
die H a r n r ö h r e plötzlich mit dem Finger, so dass der Urinstrahl um die Hälfte oder
noch m e h r verjüngt w i r d , so wird
ein heftiger
Schmerz e m p f u n d e n . Ebenso
kann
das
Uriniren
bei
Hypertrophie
der
Prostata
s c h m e r z h a f t sein, insofern als diese häufig mit chronischer Cystitis verbunden
ist;
dabei
tritt
der Schmerz vor
dem
Uriniren
und
Einleitung:
D i a g n o s e der
9
Harnkrankheiten.
nicht nachher auf, ein unterscheidendes Merkmal von Die Blase
drängt sich ihres Inhaltes
zu
entledigen,
Blasenstein. kann dieses
aber wegen der vergrösserten Prostata, die wie eine Schranke im Wege steht, nur allmählig thun. nen,
welche
Schmerz
nur
über
wenig
Urin
Während der ersten Contractioaustreiben,
entsteht
oft
der Symphyse und tief im P e r i n ä u m ,
heftiger
aber
nach
Entleerung des dritten Theils oder der Hälfte fühlt sich der Kranke erleichtert.
Quält den Kranken, bevor es ihm gelingt, zu uriniren,
ein plötzlicher und heftiger Schmerz, was gewöhnlich mit Krampf bezeichnet wird, so deutet das fast immer darauf hin, dass die Blase ausgedehnt ist und sich zu entleeren drängt; dieselbe Erscheinung kann aber auch bei leerer Blase auftreten, wenn ein fremder Körper darin ist, was unwillkürliche Anstrengungen
zur Austreibung ver-
anlasst. Ueber Stein
in der Harnröhre ist hier nichts besonderes
zu
s a g e n , weil er hier nur temporärer Bewohner
ist und oft äusser-
lich mit der Hand gefühlt werden
dass
selten
Schwierigkeiten
sehr selten. hier
macht.
kann,
Steine in
so
die
der Prostata
Diagnose sind
auch
Ich möchte jedoch meine einfache Auseinandersetzung
nicht d u r c h
Besprechung dieser Fälle compliciren,
sondern
lenke die Aufmerksamkeit auf ein gewöhnlicheres Vorkommniss, auf Blasenstein.
Bei Blasenstein ist die Art des Schmerzes sehr
rakteristisch.
cha-
Er tritt zu Ende des Urinirens auf, weil nach Ent-
leerung der Blase
die rauhe Aussenseite
mit der Schleimhaut
des Blasenhalses
sehr empfindliche Partie.
des Steins in Berührung
g«räth,
ohne Zweifel
eine
Sobald wieder genug Urin in die Blase
getropft ist, um die Schleimhaut von dem Stein zu t r e n n e n ,
tritt
Erleichterung
der
ein.
Eichel gefühlt.
Hierbei wird der Schmerz
an
der
Basis
F e r n e r vermehrt Bewegung den Schmerz, was bei
den anderen Krankheiten nicht nothwendig der Fall ist.
Setzt man
einen Steinkranken in einen holperigen Wagen, lässt ihn von einer Leiter springen oder sonst eine rasche Bewegung machen, so wird er sofort einen heftigen Schmerz verspüren, wahrscheinlich in dem Blasenhals, aber vornehmlich in der Eichel. Eichel
findet
sich
auch bei Prostatitis
Dieser Schmerz in der
insofern dabei der
Blasen-
10 hals
Erste Vorlesung.
mit ergriffen ist.
Daher kommt es, dass manchmal chro-
nische Entzündung der Prostata mit Blasenstein verwechselt Ueber Nierenstein ist hier wenig zu sagen.
wird.
Natürlich findet
sich hier ein lokaler Schmerz in der rechten oder linken Nierengegend, selten in beiden zugleich.
Die afficirte Seite ist empfind-
lich und ebenso vermehrt Bewegung
den Schmerz.
Gewöhnlich
tritt er nur an einer Seite auf, vielleicht häufiger links als rechts und strahlt oft nach der Hüfte und weiterhin nach der Leistengegend der afficirten Seite hin aus, obgleich der Stein festsitzt und kein Anzeichen vorliegt, dass er durch den Urether wandert. Affectionen der Niere sitzt Blase und Harnröhre,
der Schmerz
ein Umstand,
manchmal
Bei
lediglich in
der nie zu Ubersehen ist.
Ueber charakteristische Schmerzen als Folge von Geschwülsten lässt sich vielleicht nicht viel sagen.
Die letzteren mögen
in
irgend
einem Theil der Blase sitzen und den Ausfluss des Urins mehr oder weniger hemmen: sie werden je nach dem Verhältniss in dem sie Cystitis oder Störungen im Urinabfluss erregen, Schmerzen veranlassen. Die dritte Frage dreht sich um die Beschaffenheit des Urins selbst.
Der Kranke giebt ζ. B. an, dass er häufigen Urindrang und
Schmerzen in der Eichel und am Blasenhals habe und dass Schmerz und Urindrang durch Bewegung zunehme.
Darnach kann man an
Blasenstein denken und eine Sondirung der Blase nothwendig finden. Nur zwei Fragen haben also diese Wahrscheinlichkeit schon nahe gelegt, und es handelt sich nun um die Beschaffenheit des Urins. Es ist ersichtlich,
wie
eine Aufklärung
darüber
einen
Schritt
weiter führt. Doch bevor wir diese Frage betrachten, will ich eine Bemerkung über das Prüfen des Urins einschieben.
Ich habe nicht vor, eine
systematische Unterweisung dazu zu geben, weil dies meine Sache nicht ist und nur eine Wiederholung der anderswo zu lernenden Materie wäre; ich hoffe jedoch, macht.
dass sich Jeder damit
vertraut
Ich will hier nur auf einen Punkt hinweisen, der zugleich
in Beziehung dazu steht.
Wünscht man den Urin eines Kranken
zu prüfen, so lässt man sich nicht eine Flasche davon, wie er auf
Einleitung: Diagnose der Flarnkrankheiten.
detn gewöhnlichen Wege a b g i n g , b r i n g e n , Mischung
von
oft zweifelhaftem Werth
11
wenn man
erhalten
nicht eine
will.
Was
zu
prüfen ist, das ist die Absonderung der Nieren plus etwas was in der Blase sein mag, aber nicht vermischt mit dem, was etwa aus der H a r n r ö h r e kommt. zwei oder
Desshalb
lässt man
drei Esslöffel voll u r i n i r e n ,
um
den Kranken
zuerst
die H a r n r ö h r e
auszu-
spülen, (dieses Quantum kann auch gesondert aufgefangen werden) und wird d a n n in der darauf gelassenen Menge eine reine P r o b e Urin erhalten, oder doch wenigstens eine von der man weiss, woher sie stammt.
Man wird nämlich die A b s o n d e r u n g der Nieren plus
etwas aus der Blase haben.
Bei Tripper oder chronischer Prostatitis
ζ. B. wird immer eine Menge schleimigen Eiters in der H a r n r ö h r e sein. Schüttet man n u n alles dies mit dem Urin in ein Gefäss zusammen, wie ist es dann möglich die verschiedenen P r o d u k t e mit dem blossen Auge oder mit Hülfe des Mikroskops zu bestimmen und zu entscheiden, was aus der H a r n r ö h r e , der Prostata oder den Nieren s t a m m t ? ist eben unmöglich.
Es
Lässt man a b e r die H a r n r ö h r e zuerst ausspülen
und trennt diese zuerst gelassene Portion von der später gelassenen, so erhält man in letzterer eine P r o b e , worauf man sich bei der Unters u c h u n g verlassen kann.
Wenn ich Geschichtchen erzählen wollte,
könnte ich die gröbsten lrrthiirner berichten, die durch Nichtbeacht u n g dieses einfachen Punktes g e m a c h t w o r d e n sind.
Ich weiss,
dass s c h o n m a n c h e r Kranke auf Pyelitis behandelt worden ist, der nichts als einen Tripper hatte. lich in
Der Urin w u r d e zweimal w ö c h e n t -
einer sorgfältig gereinigten Flasche zur U n t e r s u c h u n g ge-
schickt und da er eine Menge Eiter enthielt, so w u r d e der Patient, etliche a n d e r e Symptome mögen die Ansicht bestärkt h a b e n , nate lang auf Pyelitis b e h a n d e l t ,
bis m a n
endlich
durch
Mo-
die ge-
s o n d e r t e P r ü f u n g h e r a u s f a n d , dass aller Eiter aus der H a r n r ö h r e s t a m m t e und der zurückbleibende Urin klar und gesund war. verschwand dann endlich die „Pyelitis" der H a r n r ö h r e *).
.Ich weiss n i c h t ,
So
unter lokaler Behandlung
ob noch sonst Jemand seinen
*) Siehe Weiteres darüber am Schlüsse der Vorl. über H ä m a t u r i e und Nierensteine.
Krstc Vorlesung-,
12
Schülern diese einfache Methode angiebt; ich v e r t r a u e daher, dass von meinen Schülern keiner in Z u k u n f t einen Irrthum begehl wie ich eben erzählt habe.
Es ist mir w o h l b e k a n n t ,
wie nothwendig
es ist die Aufmerksamkeit darauf hinzulenken u n d wie selten dies geschieht. W a s zuerst Prostatitis a n b e l a n g t , so zeigt bei ihr der immer m e h r oder weniger Beimischungen, statischen Theil der Harnröhre k o m m e n . d e r angegebenen Weise, so wird zuerst gelassenen sein wird.
Urin
welche aus dem
pro-
T r e n n t man den Urin in
die ganze Beimischung in dem
Urin sein, wahrend
Bei Blasenstein dagegen
der darauf gelassene
klar
kann schleimiger Eiter schon
in der ersten P r o b e sein, aber m e h r noch in der zweiten aus der Blase.
Selten ist bei Blasenstein
der Urin ohne schleimige
eitrige Beimischung aus der Blase selbst. auch ganz klaren Urin bei Blasenstein.
Zuweilen
findet
und man
Ich sondire jedoch selten
einen Kranken mit klarem Urin auf Stein, wenn
er nicht
sprochene Symptome davon gezeigt h a t , weil Blasenstein
ausgegewöhn-
lich einen gewissen Grad von Cystitis erregt u n d in Folge dessen Sedimente im Urin sind.
Wenn der zuerst abgesonderte Urin eitrige
Beimischungen enthält, der letzte dagegen klar ist und der Kranke Symptome,
die sonst auf Stein
schliessen
durchgängig chronische Prostatitis bei Blasenstein
vor.
lassen,
liegt
Ueber den Harnstrahl ist
nichts besonderes zu b e m e r k e n ,
manchmal plötzlich stockt,
zeigt, so a u s s e r dass
er
was aber keineswegs ein gewöhnliches
Symptom ist. Die Beschaffenheit des Urins bei e i n e r
Form von chronischer
Cystitis ist wohl b e k a n n t : es sitzt nämlich auf dem Boden des Gelasses ein dicker zähflüssiger Niedcrschlag, welcher nicht in einein Strome ausfliesst, sondern in einem Klumpen herausfällt. anderen sehr gewöhnlichen Form
Bei einer
von chronischer Cystitis ist der
Urin n u r t r ü b , aber ohne diesen dicken Niederschlag. Cystitis ist er t r ü b und hat einen
starken
Bodensatz,
Bei akuter der
aus
Eiter besteht. Bei Striktur der Harnröhre ist der Urin klar, w e n n nicht gleichzeitig chronische Cystitis besteht, doch zeigen sich gewöhnlich ge-
Einleitung: Diagnose (1er H a r n k i a n k h e i t e n .
ringe Beimischungen in der zuerst gelassenen P r o b e . Beschaffenheit des Harnstrahls wichtig. s e h r feinen Strahle,
13 Hier ist die
Fliesst der Urin in einem
sprudelnd oder n u r tropfenweise a u s ,
so ist
ein Hinderniss in der Harnröhre, also höchst wahrscheinlich Striktur vorhanden.
Bei Hypertrophie der P r o s t a t a nämlich k a n n der Harn-
s t r a h l zwar auch sehr fein sein, aber e r wird i m m e r direkt vom Glied abwärts fallen, wogegen er bei Striktur,
mag er auch noch
so fein s e i n , doch durch Kraftanstrengung im Bogen ausgetrieben werden kann.
Dies kommt d a h e r , weil bei H y p e r t r o p h i e , wo der
austreibende Apparat mitergriffen ist, die Muskeln nicht thätig sein k ö n n e n und der Strahl desshalb, mag er nun dick oder fein sein, gewöhnlich mehr oder weniger perpendikulär abfällt. lieber die Natur der in dem Urin g e f u n d e n e n Gewebstrümmer gibt das Mikroskop manchmal Aufschluss. weilen Krebszellen
im Urin zu s e h e n ,
selben zu identificiren.
Ohne Zweifel sind
zu-
aber es ist schwierig die-
Ich habe gesehen, dass solche Zellen von
tüchtigen Beobachtern als vorhanden erklärt w u r d e n in Fällen, in denen gar kein Krebs vorlag.
Junge Pflastcr-Epithelzellen werden
oft fälschlich d a f ü r angesehen. Bei Pyelitis, die hier noch zu betrachten w ä r e und mehr oder weniger chronisch auftritt, ist die Beschaffenheit 'des Urins n u r ein Symptom u n t e r den vielen anderen, welche zu einer vollständigen Diagnose in Betracht zu ziehen sind.
In jedem
Fall wird
man
durch die geeigneten Reagentien genau bestimmen, ob Eiweiss oder Zucker darin ist.
Aber man mache ja nicht den so gewöhnlichen
Fehler aus dem Vorhandensein
von Eiweiss,
das auch von Eiter
oder Blut aus irgend einem Theile der Harnwege h e r r ü h r e n kann, auf ein organisches Nierenleiden zu schliessen.
Dieser Gegenstand
wird später bei der Anleitung zur U n t e r s u c h u n g
des Urins
aus-
führlich besprochen w e r d e n . Die nächste F r a g e ist: Sondern Sie Blut a b ? u n d diese wird in den meisten Fällen sehr nahe, wenn auch nicht ganz, da öfters noch zuerst zu sondiren statitis wie bei Stein geht
ist, zu einem Urlheil f ü h r e n .
Bei Pro-
oft etwas Blut am E n d e des Urinircns
ab; bei Cystitis n u r in akuten
oder weit vorgeschrittenen
Fällen.
14
Erste Vorlesung.
Ferner ist weder mit Striktur der Harnröhre noch mit Hypertrophie der Prostata
nothwendig Blutung
verbunden,
und sie ist oft nur
das Ergebniss der (eingeführten) Instrumente.
Die grösste Bedeu-
tung hat Blutabgang bei Stein.
Gerade wie bei Phthisis ein grosser
Theil der Kranken zu einer oder der anderen Zeit Hämoptysis hat, ebenso oft k o m m t in demselben Verhältniss — Fallen — Ich werden,
in vier unter fünf
einige Blutung im Verlauf eines Blasensteins vor. wünsche
nun,
dass
da ich sie später
Grunde legen werde.
als
Fragen
besonders
bekannt ansehen
und
beachtet vielem
zu
Auf die Beobachtungen mit dem Auge, der
Hand und den Instrumenten hindeuten,
diese
da sie bei jedem
will
ich
vorerst nur im
einzelnen Thema
Allgemeinen
noch zur Sprache
kommen werden. Das Auge prüft hauptsächlich ob die Blase ausgedehnt ist oder nicht,
wobei
es durch Palpation und Percussion unterstützt wird.
Der untere Theil des Unterleibs ist bei Retention oft ausserordentlich
hervorgewölbt.
Ferner
prüft
man,
ob
das
Perinäum
Scrotum nicht urinös infiltrirt sind, ob am Perinäum Fisteln etc. vorhanden sind.
Der Zustand
und
Geschwülste,
der Drüsen
in der ln-
guinalgegend ist zuweilen bezeichnend und wird schon durch das A u g e bemerkt,
ebenso der Zustand
deren Umgebung.
der Harnröhrenmündung
und
Durch Befühlen erkennt der in das Rectum ein-
geführte Finger die Grösse und Gestalt der Prostata,
Geschwülste,
Induration oder Fluktuation in seinem Bereich und schliesslich den Grad
der daselbst vorhandenen Empfindlichkeit,
ferner die
eines eingeführten Instruments, das Vorhandensein falscher oder die
fistelartiger Grösse
und
Oeifnungen in dem Darm. Lage
eines
Steins
auf
Lage Gänge
Manchmal kann auch diese
Weise
constatirt
werden. Nun kommen wir zur A n w e n d u n g von Instrumenten.
Das In-
strument ist als ein langer F i n g e r , als eine Ausdehnung des Gefühlsvermögens um
anzusehen.
Da der Finger
die engen Durchgänge zu erforschen,
durch ein Instrument. vermögen
durch
nicht lang so
genug
verlängern
ist,
wir ihn
Auf ähnliche Weise können wir unser S e h -
das Endoskop
steigern
und
welchen Werth
das
15
Einleitung: Diagnose der Harnkrankheiten.
hat, werden .wir gleich sehen. beim Aufhören desselben
Ζ. B. bei häufigem Uriniren, Schmerz
und
bei jeder starken
Bewegung,
Bei-
mischungen im Urin, gelegentlichen Blutungen, die durch B e w e g u n g zunehmen, liegt es sehr nahe anzunehmen, dass es sich um einen Blasenstein handelt.
Zu einer Gewissheit kann man aber ohne In-
strumente nicht gelangen, denn fast alle diese Bedingungen finden sich auch bei gewissen Veränderungen in den Nieren und bei Nierenstein, und sind erst durch geschickte Sondirung der Blase zu unterscheiden.
So grossen Werth ich aber auch auf die Sonde lege, so
möchte ich doch keineswegs,
lässt
und
Uriniren
Vielleicht mag der Chirurg seine Fertigkeit im Gebrauch bis
leicht
dabei k l a g t , hinlegen
über
häufiges
der Instrumente
Schmerz
der
sondirt. werden
oder
dass man jeden K r a n k e n ,
missbrauchen:
es absolut nothwendig
sie sollten
ist.
nie
angewandt
Ich halte ein Instrument
per se für ein Uebel, ein kleines oder grosses je nachdem es gehandhabt wird, und bin erst dann für den Gebrauch, wenn Grund vorhanden
ist, zu g l a u b e n ,
dass ein
grösseres Uebel damit ver-
mindert oder geheilt werden kann.
Bei genannten Symptomen aber
geschieht
wenn
ebenso
zur
Sonde greift, wie bei Striktur, wo sie nicht nur zum Zwecke
dem Kranken
Unrecht,
man
der
Diagnose, sondern auch zur Behandlung dient.
nicht
Ferner ist die Sonde
nothwendig, um den Zustand der Blase selbst zu prüfen, ob eine Geschwulst oder eine hypertrophirte Prostata hineinragt, ob sie in gewissen Fällen voll oder leer ist etc.
Es kann jemand sehr häufig
und mit aller Anstrengung uriniren und ganz sicher sein, er habe die Blase entleert,
und sich dennoch gewaltig irren.
man darüber ins K l a r e ? Erhöhung, möchte, kann.
welche
wiewohl
Wie kommt
Man findet ζ. B. über der Symphyse eine
man sicher für eine ausgedehnte Blase halten es
aber ebenso
gut eine feste Geschwulst sein
Nur durch Einführung eines Instruments ist zu entscheiden,
ob die Blase leer ist.
Schon mancher machte grosse Augen, dem
gleich nach dem Uriniren eine Quantität Urin aus der Blase gelassen wurde, die er doch nach seiner eigenen Empfindung gänzlich entleert zu haben glaubte.
Doch mehr davon bei Harnretention und Hyper-
trophie der Prostata.
16
Erste Vorlesung.
Diagnostischen Zwecken dient ferner auch das Endoskop, wodurch
das Auge bis zu einem gewissen
Grade
unterstützt wird.
Es ist dies einfach ein Instrument, welches (in a n d e r e r F o r m ) schon lange zur Exploration von Ohr, Scheide u n d Mastdarm
angewandt
wird, um ihre Höhlungen durch reflektirtes Licht zu erhellen.
Das
Endoskop zur Untersuchung der Harnröhre ist eins der jüngsten Spekula u n d es ist 2 5 Jahre h e r , dass ich sah u u d zwar von A v e r y
es zuerst
angewandt
am Charing Gross Hospital.
Da mich
die Sache interessirte, liess er mich einige seiner Kranken besehen, und
zeigte mir ein
neues Instrument: eine lange R ö h r e mit ge-
wissen V o r r i c h t u n g e n ,
um die tiefer gelegenen Theile der Harn-
r ö h r e sehen zu können.
Damit beleuchteten wir strikturirte Harn-
r ö h r e n , aber ich glaube n i c h t , dass er bis in die Blase sah.
Er
v e r w e n d e t e grosse Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand und das I n s t r u m e n t w u r d e bis zu einem gewissen Grade von ihm vervollkommnet.
Unglücklicher Weise
in Vergessenheit gerathen.
licss sein baldiger Tod die Sache
Trotz mancherlei Versuche vorher und
seitdem existirt bis jetzt doch kein E n d o s k o p , welches viel besser w ä r e als das von A v e r y . sortneaux
In den letzten Jahren hat
von Paris viel mit der
sich D e -
Sache beschäftigt und
eines
s e i n e r Instrumente verbessert; es hat die gleiche Röhre, aber einen anderen allein
Beleuchtungsapparat;
der
Unterschied
der
durch letzteren wird ja am
verschiedenen
Instrumente
Ende
bestimmt.
Bei allen ist eine der beschriebenen Röhren in die zu u n t e r s u c h e n d e Höhle einzuführen. Desormeaux
Vor 15 Jahren hatte ich ein Endoskop
von
und zeigte es im Hospital; es ist dasselbe, welches
ich vor mir habe.
Dr. C r u i s e von Dublin vervollkommnete
es
u n d stellte ein besseres Instrument her, als wir je zuvor besassen. Dieses h a b e ich auch hier und habe es bei meinen Kranken sowohl f ü r H a r n r ö h r e
wie f ü r Mastdarm oft a n g e w a n d t .
Aber
ich
glaube dass trotz einer sicheren und ziemlich geübten Hand, trotz eines ziemlichen Verständnisses nicht sehr viel damit zu erreichen ist, und dass es ohne das von gar keinem Nutzen ist. wenigen Fällen ist es mit Vortheil anzuwenden
und
man
Nur
in
muss
von ihm f ü r die Diagnose der chirurgischcn Krankheiten der H a r n -
Einleitung: Diagnose der Harnkvankheiten.
organe keine Wunder erwarten.
17
In 99 Fällen unter
man ohne es zu der nöthigen Kenntniss gelangen. der Gebrauch desselben auch nicht so leicht.
100 kann
Uebrigens ist
Wie schon bemerkt,
sollte niemand unnöthiger Weise dem Schmerz und der Unannehmlichkeit einer Sonde oder eines Katheters ausgesetzt werden,
um
so weniger noch der Untersuchung mit dem Endoskop, welche noch mehr reizt und noch beschwerlicher ist.
In gewissen Fällen
freilich, in denen ohne es zu keiner vollständigen Diagnose zu gelangen ist, mag es mit einigem Vortheil angewandt werden.
Nun,
hier ist ein Kranker, bei dem ich es nie angewandt habe und dessen Fall eine sichere Probe seines Leistungsvermögens wird.
bieten
Dieser Mann hatte eine ausserordentlich schlimme Striktur,
welche ich am Dienstag vor acht Tagen durch den inneren Schnitt operirte.
Jetzt befindet er
sich völlig wohl.
Er konnte vor der
Operation nicht einen Tropfen Urin ausscheiden, aber jetzt urinirt er ganz naturgemäss und man wird zugeben, dass eine grosse Veränderung Statt gefunden haben muss.
Ich durchschnitt
damals
die Strikturen tief, und nun wollen wir sehen, ob die Narben zu finden sind. Ich werde D e s o r m e a u x ' s Endoskop, erleuchtet durch Dr. C r u i s e ' s Lampe anwenden.
—
Nach einer sorgfältigen und
langen Untersuchung ergiebt sich, dass die Harnröhre um die afficirte Stelle herum etwas mehr geröthet ist, aber das ist auch alles was wir sehen können.
Veränderungen in der Farbe und dem
Gewebe der Schleimhaut der Harnröhre werden am leichtesten gesehen, was ja auch manchmal sehr wichtig sein kann.
Manchmal
sieht man auch die Mündung einer Striktur, aber das Resultat ist ohne praktischen Nutzen.
In der Blase kann
man
sehr
wenig
damit sehen, weil immer mehr oder weniger Urin darin vorhanden sein muss und dazu Urin, der gewöhnlich trüb ist oder mit Blut vermischt ist.
Selbst die Spitze des Instruments
wird
oft eine
Blutung erzeugen, die hinreicht, um das geringe Gesichtsfeld, was von Nutzen ist, zu verdunkeln, besonders wenn Geschwülste oder andere lokale Erkrankungen vorhanden sind.
Ein Stein
in
der
Blase kann ohne Zweifel leicht gesehen werden, oder vielmehr der kleine Theil desselben, auf den das Ende der Röhre stösst, aber Thompson,
liliniselie V o r l e s u n g e n .
2
18
Zweite Vorlesung.
ich habe
nie etwas durch das Sehen gewonnen.
selbst noch diren
und
kleiner ist als eine Erbse, das vernehmbare
kann
Ein Stein,
durch
Anstossen der Sonde
zartes noch
als durch die endoskopische Röhre entdeckt w e r d e n .
der Son-
leichter
Noch nicht
Einer ist im S t a n d e gewesen, damit das vera m o n t a n u m zu idenlificiren, u n d w e n n dieses nicht zu sehen ist, so w e r d e n sicherlich auch öfters kleine pathologische Veränderungen
entgehen.
Ein anderes s e h r einfaches Endoskop, das von W a r w i c k
ent-
worfen worden ist u n d zu dessen Beleuchtung gewöhnliches Gas- oder Sonnenlicht dienen kann, darf ich vielleicht nicht u n e r w ä h n t lassen; es scheint sicher fast ebenso viel als das grössere und
complicirte
Instrument zu leisten. Den grossen
und wichtigen Theil der Diagnose,
welcher die
verschiedenen Methoden zur Untersuchung des Urins umfasst, w e r d e ich in einer
besonderen
Vorlesung
am Ende
dieses Curses
be-
sprechen.
Zweite Vorlesung.
Bemerkungen über die Structur und die Functionen der männlichen Harnröhre. Bei der Betrachtung
der wichtigeren
Affektionen der Harn-
r ö h r e w ü n s c h e ich etwas ausführlicher über ein Thema zu sprechen, worauf ich immer n u r kurz anspiele, weil es nicht in m e i n e r Absicht liegt, hier Anatomie und Physiologie zu lehren. Aber ich finde es nothwendig, gegen jene zu „mechanische B e h a n d l u n g s m e t h o d e " , (wie ich sie n e n n e n will), der Harnröhrenkrankheiten welche
seit
kurzem
Amerika herrscht.
in
einigen Theilen
aufzutreten,
des Continents
und
in
W a s ich damit meine wird weiterhin klar w e r d e n .
W e n n ich in diesen Vorlesungen dagegen immer n u r protestire, so scheint mir doch jetzt etwas mehr als das wünschenswerth zu sein. Ich polemisire zwar nicht gern, weder hier noch a n d e r w ä r t s , wenn es sich um so wichtige praktische Dinge h a n d e l t ,
und
ich
Bemerkungen über die Structur u. die Functionen der männl. Harnröhre.
19
würde zu meiner eigenen Beruhigung und Bequemlichkeit unendlich lieber einfach mein Verfahren für verschiedene Fälle aus einander setzen, ohne dabei die von Andern befolgte Methode zu verwerfen und von ihrer Befolgung abzurathen.
Doch ich habe die
Ueberzeugung, dass die moderne Behandlungsweise
vielfach un-
vollkommen und weniger werth ist als man erwarten sollte, da sie sich auf irrige Ansichten Uber die Harnröhre stützt oder vielmehr die Folge einer Oberflächlichkeit ist, die in Betreff der Beschaffenheit und Funktion der Harnröhre jetzt vielfach zu herrschen scheint. Diese Behandlungsmethode der Harnröhrenkrankheiten hat nämlich ihren Ursprung in der Ansicht, dass die Urethra eine dehnbare Röhre sei,
welche dicht
oder
nahe
bei ihrer Vereinigung
mit
der Blase durch eine Art Muskelapparat, den Sphinkter etc. geschlossen
sei und durch welche einerlei nach welcher Richtung
Flüssigkeit passiren könne.
Nichts kann jedoch irriger sein und
eine Behandlung, die sich darauf stützt, muss fehlerhaft sein. Von vornherein muss ich bemerken, dass es absolut nothwendig ist, sich eine ziemlich genaue Kenntniss der Beschaffenheit und der Funktionen dieser sogenannten Röhre anzueignen. Die Figur, durch welche man gewöhnlich die Blase und die männliche Harnröhre darstellt, ist theilweise verantwortlich für die irrigen Ansichten; sie stellt nämlich die Harnröhre als eine mehr oder weniger offene Röhre dar.
Figur 1.
(Figur 1.)
Anatomische Zeichnung der Blase und Harnröhre.
Ich will hier eine schlagende Erläuterung geben.
Ich glaube mit Recht behaupten
meiner
zu können,
Meinung dass fast
jedem Tripperkranken bei der detaillirten Anleitung zum Einspritzen 2 *
20
Zweite Vorlesung.
der Rath gegeben
wird,
mit. einer Spritze
eine
gewisse Menge
Flüssigkeit in die Harnröhre zu injiciren und sie dabei etwa vier Zoll von der Mündung zu comprirairen, damit nicht die Flüssigkeit d a r ü b e r hinaus und vielleicht in die Kanäle, welche sich in den prostatischen Theil öffnen, eindringe und eine Reizung des Blasenhalses oder Anschwellung
eines Hodens bewirke.
Diese
Ansicht
ist durchaus unrichtig und eine solche Vorschrift zeigt n u r ,
dass
d e r , welcher sie giebt, mit der Struktur oder der Funktion des Körpertheils,
den er zu behandeln h a t ,
gar
nicht b e k a n n t
ist.
Dieser Irrthum, der vieles von unserer Behandlung umstösst, ist aus Gedankenlosigkeit entstanden, und der Einfluss der alten Tradition hat ihn imrnerwährend Die Urethra
erhalten.
ist keineswegs eine Röhre,
wenigstens nicht in
dem Sinne, wie wir dieses Wort verstehen, sie ist nicht etwa wie eine Gas- oder Kautschukröhre noch auch wie eine schlaffe Röhre irgend einer Membran.
Sie ist vielmehr eine u n u n t e r b r o c h e n ge-
schlossene Klappe, die flüssige und feste Körper n u r
nach
einer
Richtung durchlassen kann und durchaus nichts nach der anderen, ausser wenn Gewalt angewandt wird.
Die Länge
der männlichen
H a r n r ö h r e lässt sie uns als eine Röhre a n s e h e n , aber sie ist eine rein zufällige Eigenschaft des Geschlechts.
Eine Länge von einem
Zoll oder noch weniger, wie bei der weiblichen, genügt vollständig zu der Funktion des Urinirens; alles was über diese Länge ist als Urethra
ohne Nutzen und setzt sie Krankheiten
fälligkeiten aus, — ein schwerer T r i b u t , u n t e r s c h e i d e n d e Bildung zahlen muss.
und
geht, Zu-
den der Mann f ü r diese
Zur Erklärung dessen b r a u c h e
ich n u r auf die Beschwerden und Gefahren zu verweisen, welche mit Striktur, Retention und Stein verbunden und welche bei dem anderen Geschlechte fast unbekannt sind.
Bei dem Manne ist es einfach
ein langer klappenartiger Spalt-, der weiche und sehr empfindliche Gefäss- und Nervengewebe durchdringt, der immer fest geschlossen u n d n u r offen ist während der wenigen Sekunden, wenn Flüssigkeit a u s dem Körper abzulassen ist.
W ä h r e n d dieser wenigen Se-
k u n d e n wird der Spalt mehr oder weniger ausgedehnt, meinetwegen eine R ö h r e ,
und wird
aber n u r für diese kurze Zeit und viel-
B e m e r k u n g e n ü b e r die Struktur u. ilie Funktionen der rnännl. H a r n r ö h r e .
leicht höchstens drei Minuten in 2 4 Stunden.
21
Die übrige Zeit ist
er fest geschlossen und nicht ein Tropfen Flüssigkeit kann von der Blase h e r durchdringen.
Natürlich mag
die Flüssigkeit,
welche
von den W ä n d e n der Harnröhre abgesondert wird oder durch Canäle eindringt, durchsickern, aber immer und unveränderlich n u r in d e r Richtung nach aussen. W ä h r e n d dieser wenigen Sekunden nun, wo die Klappe (oder der Spalt) meinetwegen die Form einer Röhre haben mag, ist diese doch an den verschiedenen Theilen von ganz verschiedenem Durchm e s s e r ; sie ist an den verschiedenen Stellen ganz verschieden d e h n b a r , da sie von verschiedenartigen Geweben
umgeben
ist.
Diese
Thatsache ist schon lange bekannt und allgemein a n e r k a n n t .
Ich
will hier bezügl. Illustrationen aus den Werken von Sir E. H o m e u n d Mr. G u t h r i e vorzeigen, der Modelle aus Wachs u n d a n d e r e m Material anfertigte. als der vorige.
Dieser Punkt ist von k a u m geringerer Bedeutung
Zur Veranschaulichung kann beigefügte Figur (II.)
dienen, welche aus Sir E. H o m e ' s Werk entlehnt i s t * ) .
Figur 2.
Hanlröhrenzeichnung nach Sir. E. H o m e ihrer Dehnbarkeit.
zur
Veranschaulichung
Nachdem ich nun kurz die Beschaffenheit dieses klappenartigen Ganges erläutert h a b e ,
wollen wir s e h e n , in wie weit diese An-
sichten bezüglich der Harnröhre auf zwei wichtige P u n k t e in der Praxis einwirken.
Betrachten wir erstens das einfache Verfahren,
eine Injection in die Harnröhre zu machen. keit injiciren Wänden
Man will eine Flüssig-
zu dem Zwecke ein therapeutisches Agens mit den
dieses geschlossenen
Ganges in B e r ü h r u n g zu
bringen;
m a n m u s s ihn ausdehnen und dazu ist etwas Gewalt nothwendig. Aber kein einziger Tropfen kann eindringen, viel weniger hinunter-
*) Praktische Mittheil, von Sir E. H o m e .
Band I.
London 1805,
22
Zweite Vorlesung.
laufen, wenn nicht die Flüssigkeil, während man die Harnröhrenmündung fest geschlossen um die Spritze hält, mit Gewalt eingetrieben wird.
Die fest an einander liegenden Wände des Durch-
gangs werden nur durch den Druck der eingetriebenen Flüssigkeit geöffnet und je nach der Menge derselben ausgedehnt.
So kann
man nach meiner Erfahrung sicher darauf rechnen, dass eine Spritze mit einer Drachme Flüssigkeit vollständig genügend ist, um die Harnröhre
in
der
Länge
von
3%
oder
4 Zoll
auszudehnen.
Oft genügt auch eine halbe Drachme, und die kleinen Instrumente können natürlich viel leichter von dem Patienten gehandhabt werden als grössere und längere.
Doch können
die meisten
Kranken,
wenn sie nicht speciell im Gebrauch der Spritze unterwiesen werden, überhaupt nie eine Injection machen. Wenn die Harnröhrenmündung nicht zur rechten Zeit sorgfältig geschlossen wird, so fliesst die Flüssigkeit einfach aus der Spritze an der Ilarnröhrenmündung ab; und in jedem Falle wird nach der Injection in dem Moment, wo die Mündung nicht fest geschlossen ist, die Flüssigkeit sofort durch das Contractionsvermögen der Harnröhre a u s g e g e b e n , und es bleibt nur eine unmerkliche Quantität zurück.
So viel in Be-
treff der Befürchtung, die Flüssigkeit möge bis zum hinabdringen.
Blasenhals
Wenn natürlich eine Injection mit zu grosser Kraft
gemacht wird, was nach meiner Meinung sehr oft vorkommt, so wird der vordere Theil der Harnröhre entzündet und es kann leicht eine Ausdehnung nach hinten stattfinden, doch das beschäftigt uns heute nicht.
Aber
weit davon entfernt,
dass man durch den Druck
der Spritze eine Injection in den prostatischen Theil der Harnröhre machen könnte, ist dies überhaupt nur dann möglich, wenn man zu gleicher Zeit die Muskeln, welche den häutigen Theil der Urethra umgeben, willkürlich zu erschlaffen und dadurch durchzulassen vermag — wohl zu machen ist.
die Flüssigkeit
etwas, was mit geringer Uebung sehr
So kann
man also nur durch Einführen
eines Instrumentes in die Blasenhöhle eine Injection in machen.
Dieser
klappenartige
Durchgang
widersteht
dieselbe standhaft
jedem Eindringen von aussen und lässt keine Flüssigkeit durch, wenn nicht ein Druck angewendet wird, dem die Muskeln
nicht
B e m e r k u n g e n über die Struktur u. ilie Funktionen der miinnl. Harnröhre.
widerstehen k ö n n e n . tung bezüglich
23
Um nun einem Einwurf auf meine Behaup-
der klappenartigen
Thätigkeit der Harnröhre
und
i h r e s Vermögens Körper n u r in der Richtung nach aussen d u r c h zulassen,
vorweg zu begegnen,
muss ich b e m e r k e n ,
dass es all-
b e k a n n t ist, dass gewisse in die Harnröhre gesteckte F r e m d k ö r p e r nach innen einzudringen vermögen. zu sagen typische Fremdkörper,
Ich beziehe mich auf zwei so
welche wie b e k a n n t ,
aus d e r H a r n r ö h r e in die Blase geschlüpft sind.
gelegentlich
Ich meine näm-
lich eine Gersten- oder Kornähre, welche bekanntlich
beide
mit
Widerhaken (Spitzen) versehen sind, und ebenso eine gewöhnliche keilförmige Haarnadel.
W e n n einer von diesen Körpern mit nach
aussen (vorn) gerichteten Spitzen
in die Harnröhre gesteckt wird,
so wird er nach innen weiter wandern.
Das sind j e d o c h ,
man sofort sehen w i r d , keineswegs Ausnahmen gestellten Regel.
wie
der von mir auf-
Es ist ein altes Paradoxon für Schuljungen, dass
eine in den Aermel gesteckte Kornähre durch geringe Bewegungen des Arms, obgleich dieser nach unten gerichtet ist, bald hinauf bis zur Schulter
vordringt.
Würde
der Arm vollständig
ruhig
halten, sie w ü r d e ihre anfängliche Stelle nicht verändern.
ge-
In der
H a r n r ö h r e arbeiten die unfreiwilligen Contraktionen der H a r n r ö h r e n muskeln,
die
dazu
bestimmt sind,
den Eindringling hinaus
zu
treiben, an den spitzen Enden des zackigen Korns oder der Haarnadel u n d treiben sie in der einzig möglichen Richtung,
nämlich
nach hinten, weiter. Ich würde dies nicht a n g e f ü h r t haben, wenn ich nicht
wüsste,
dass die W a n d e r u n g
dieser Körper a n g e f ü h r t
w ü r d e als widersprechend der gleichförmigen Thätigkeit der Harnr ö h r e , w ä h r e n d sie doch lediglich dadurch die H a r n r ö h r e sich passiv verhielte und
bestätigt wird. keine Anstrengung
Wenn zur
Austreibung m a c h t e , so würden
die fremden Körper nicht weiter
wandern.
müssen sie sich
Wie die Sache liegt,
können dies n u r in einer Richtung.
bewegen
und
Natürlich beruht es auf der-
selben T h ä t i g k e i t , dass Gries u n d kleine Steine in grosser Anzahl ausgetrieben werden und dass die krankhaften Excrete bei Tripper etc. i m m e r nach aussen und nie zurück nach der Blase befördert werden.
24
Dritte Vorlesung.
Der zweite wichtige Punkt, wo die Funktion der Harnröhrenstruktur in der Praxis berücksichtigt werden sollte, bezieht sich auf die Behandlung der Striktur, wie ich in einer späteren Vorlesung näher darlhun werde.
Dritte Vorlesung.
lieber Harnröhrenstriktur, ihre Beschaffenheit und Diagnose. Ich werde das uns jetzt beschäftigende Thema mit Besprechung der Striktur beginnen, desshalb weil oft angenommen wird, sie sei die häufigste der hier in Betracht kommenden Krankheiten, faktisch jedoch nicht der Fall ist.
was
Von keiner Plage, wegen deren
man consultirt wird, wird mehr gesprochen als von Harnröhrenstriktur.
Daraus folgt jedoch nicht, dass sie so gewöhnlich ist; im
Gegentheil, sie ist seltener als Viele glauben. Das Wort eine kleine
ist
so populär geworden, dass Jeder,
Störung beim
Striktur, aber
man
Harnen
spürt,
gleich sagt,
der
nur
er
habe
darf sicher annehmen, dass sich die Leute,
welche das sagen, in vier Fällen dreimal täuschen, und dass sich die „Striktur" auf einen vorübergehenden Reiz reducirt.
Zugleich
muss man aber auch eingestehen, dass unter den Aerzten selbst einige Confusion darüber herrscht, wann das Wort „Striktur" am Platz ist.
Man sagt, es giebt drei Arten von Striktur, organische,
entzündliche und spastische, und ich habe früher selbst so gelehrt, weil ich im Anfang die gebräuchliche Eintheilung annahm. Es würde sich nun empfehlen, das Wort nur für e i n e Art zu gebrauchen, nämlich für die organische Striktur.
Diese ist ein Ex-
sudat an irgend einer Stelle rundherum um den Kanal der Harnr ö h r e , welches den Harnstrahl um so viel verengert, als es die Harnröhre verhindert sich auszudehnen. Meist war eine chronische Entzündung, gewöhnlich des bulbösen, zuweilen auch des vorderen Theiles der Harnröhre vorhanden,
die eine Ausschwitzung in die
Ueber Hiirnriihreiistriktur, ihre Beschaffenheit und Diagnose. submucösen zur
25
und gefässreichen Gewebe um die Harnröhre herum
Folge hatte,
und so bilden sich fibröse S t r ä n g e ,
die in
der
Folge induriren und den Kanal mehr oder weniger
umschliessen.
Wir
das ist
reden
von einer Kontraktion des Kanals,
aber
eine
populäre und keine correkte Bezeichnung, wie in der letzten Vorlesung gezeigt
wurde,
obwohl das praktisch genügen mag.
wird gut thun sich zu erinnern,
dass die Harnröhre kein
Man offener
Kanal ist ausser in dein Momente ihrer Ausdehnung durch einen ausfliessenden
Strom.
Sie ist im Gegentheil
durch ihre Muskeln
immer absolut geschlossen und nur dann strikturirt, wenn sie beständig an dem Ausströmen des vollen Stroms behindert ist. Diese organische Striktur ist ein bleibender Zustand, und einmal da,
kann
sie
durch keine bekannte Mittel beseitigt werden.
Sie wird weder auf dem Wege der Resorption, obwohl das oft behauptet worden ist,
noch
durch Dilatation, noch
Operationen zum Verschwinden gebracht werden,
durch
blutige
sie wird immer
da sein, und den, der sie hat, durchs ganze Leben begleiten.
Aus-
nahmen hiervon sind so ausserordentlich selten, dass sie in Wirklichkeit den aufgestellten Grundsatz nicht beeinträchtigen
können.
W e l c h e Behandlung man auch anwenden mag, immer bleibt nachher eine grössere oder geringere Verhärtung in den Wänden
der
Harnröhre 'zurück,
alle
fibrösen
welche
mit
dem Alter zunimmt.
Gewebe sind bekanntlich im Alter in
Denn
der Regel
weniger
ausdehnbar als in der Jugend und dieser Einfluss des Alters trifft auch ohne Zweifel diese kranken Gewebe, welche bei Striktur die Dehnbarkeit der Harnröhre beschränken.
Dies ist ein Grund unter
den anderen, wesshalb die Striklur gewöhnlich desto weniger dehnb a r wird, j e älter der Kranke wird. Ich Striktur.
komme
nun
zur
„entzündlichen" -und
„spastischen"
Unter sogenannter „entzündlicher" Striktur ist nur eine
vorübergehende
lokale Entzündung
eines
Theiles des Kanals zu
verstehen, welche denselben so lange sie dauert verengt und dein Kranken das Harnen unmöglich oder doch sehr beschwerlich macht. Eine solche Entzündung
ergreift nur
den prostatischen Theil
der
Harnröhre, wo bekanntlich die organische Striktur nicht vorkommt.
26
Dritte Vorlesung.
Wer das Striktur n e n n t , kann ebensogut Halsentzündung und geschwollene Mandeln Halsstriktur nennen.
Von Striktiii' d e r Speise-
röhre oder des Kehlkopfs spricht man aber n u r mit Rücksicht auf einen organischen Zustand daselbst, wobei durch irgend welche Abl a g e r u n g der Durchgang fortwährend verengert ist, aber nicht unter a n d e r e n Umständen.
Dasselbe gilt von Krampf, der freilich bis zu
einem gewissen Grade eine Verengerung und das Ausströmen
der Harnröhre bewirken
des Urins aus der Blase v e r h i n d e r n
kann,
weil eine unregelmässige Thätigkeit der umgebenden Muskeln stattfindet.
Dieser Krampf, der nie als Striktur bezeichnet w e r d e n darf,
ist a b e r n u r vorübergehend
und schliesst nicht nothwendig eine
organische Veränderung ein, obgleich hergegangenen
abhängen kann,
spastische Striktur ist.
er zuweilen von einer vor-
ich will hier
erklären
was
oft
Sie ist ein ausgezeichneter Vorwand, wenn
es nicht gelingt, ein Instrument einzuführen, sie ist ein „Refugiuni für lncompetenz".
Wenn ein Operateur den Katheter nicht
führen k a n n , wenn er es äusserst schwierig findet irgend
einetwas
einzuführen und es endlich Zeit ist, von den vergeblichen Versuchen abzustehen,
dann hilft ihm das geflügelte W o r t : Hier ist Krampf.
Mancher überredet sich, glaube ich, oft selber, dass wirklich Krampf vorhanden
ist,
aber wie selten mag
Begründung haben,
dieser Helfer in
wenn er sie je hat.
der Noth
Es ist jetzt Krampf in
den Muskeln, heisst es, und es wird für jetzt gut sein, von weiteren Versuchen zur E i n f ü h r u n g eines Instruments a b z u s e h e n ; u n d wenn das gesagt ist,
dann ist es sicher auch so.
f ü h r u n g des Katheters sollte weil Krampf vorhanden ist. h i n d e r n , aber
keinem Arzte
Ich d e n k e , desshalb
die Ein-
misslingen,
Krampf kann den Urin am Ausströmen
nicht das Instrument am Eindringen, u n d in
meisten Fällen ist die Hand schuld und nicht der Krampf.
den Doch
kann ich nicht leugnen, dass es eine gute, auch in etwa b e g r ü n d e t e Entschuldigung
und desshalb
die beste und beruhigendste Erklä-
r u n g f ü r den Kranken ist, wenn das Instrument nicht hineingeht. Aber wenn hier in Zukunft von Striktur die Rede ist, meine ich n u r die organische Striktur in dem beschriebenen Sinne, und j e d e mechanische B e h a n d l u n g , von der ich weiterhin sprechen w e r d e ,
U e b e r Hainröhrenstriktur, ihre Beschaffenheit und Diagnose.
w i r d sich nur auf diese Arl von Striktur beziehen,
denn
27
bei der
entzündlichen Striktur kommen Instrumente nur im Falle der Urinretention in A n w e n d u n g . Die vorzüglichsten
Symptome
der
Striktur sind nun erstens
V e r e n g e r u n g des Urinstromes, welche von dem verengerten Zustand des
Kanals
steht;
abhängt
und
in
genauem
nicht zu vergessen ist,
Verhältniss
zu
verschiedener Zeit j e nach äusseren Umständen variirt, E r k ä l t u n g , Diätfehlern und dergleichen, dass
der Strahl
demselben
dass der Grad der Verengerung zu ζ. B . nach
und n u r das ist constant,
immer kleiner ist als der
normale.
Dann treten
auch oft B e s c h w e r d e n beim Uriniren auf, j e nachdem der Kanal verstopft ist.
Der Urinstrahl ist platt, gedreht oder getheilt;
w i r d Schmerz
am Sitze der Striktur
ausserdem
und manchmal a u c h ,
Cystitis v o r h a n d e n , über der Symphyse empfunden.
wenn
In Verbindung
hiermit findet sich gewöhnlich ein geringer Ausfluss aus der Harnröhre. Nachtripper ist oft das Einzige, was dem Kranken
zuerst auffällt,
den Arzt a b e r veranlasst ein Bougie einzuführen und sich von dem Vorhandensein irgend einer strikturirten Stelle zu überzeugen.
Häu-
figes Uriniren findet sich nicht immer bei Striktur, fehlt aber nie, wenn der Fall schwer und von langer Dauer ist. Einen
Patienten
allem harnen sehen.
mit all diesen
Symptomen
dass der Urinstrahl gedreht oder getheilt ist, gültiges Z e i c h e n , zu finden ist.
muss
man
vor
E r wird wahrscheinlich Gewicht darauf legen,
da ein gedrehter Strom
Es kann
das
von
ein ziemlich
auch
gleich-
oft ohne Striktur
einem veränderten Zustand der
Harnröhrenmündung herrühren, denn der aus dem K a n a l kommende Strom wird durch die Form oder Steifheit der Harnröhrenmiindung modificirt und
so
können nach wiederholter Entzündung
daselbst
die etwas dicker gewordenen Lefzen das Ausströmen des Urins nur in plattem
und
w e g s selten ist.
folglich
gedrehtem
Strahl
gestatten,
was
keines-
Ist dies die einzige krankhafte Aenderung, so ist,
mag der Strom noch so plattgedrückt sein, keine Striktur vorhanden, falls nur das absolute Volumen Verringerung Für
die
oder der Umfang desselben keine
zeigt. Diagnose
ist nur e i n e
Regel
wichtig:
Zur
Unter-
28
Dritte Vorlesung,
suchung einer Striktur ist immer ein Instrument von artiger Grösse, etwa No. 8 , No. 9 oder No. 10 (engl. Skala) zu nehmen.
Sollte
der Patient sich dagegen sträuben und bemerken: Wie können Sie mir ein so dickes Instrument einführen? so sagt man i h m ,
dass
man dasselbe nicht nothwendig hindurchführen, sondern damit nur den Zustand des Kanals erforschen wolle.
Denn ein kleines In-
strument kann durch die Striktur schlüpfen ohne dieselbe zu entdecken,
das grosse aber gewährt, wenn es leicht in die Blase
dringt, die Befriedigung, dem Kranken sagen zu können, dass er keine bemerkenswerthe Striktur hat, und es ist dann weiter nach der Ursache der Beschwerde zu forschen. Bei
der Einführung des Instrumentes
durch
eine
gesunde
Harnröhre können gewisse Verhältnisse leicht irre führen, und wie der Kranke in dieser Sache irren kann, so kann auch sehr geübter Arzt getäuscht werden.
ein nicht
Welches sind nun die Ur-
sachen der Täuschung der er ausgesetzt ist? Woher kommt es, dass er zuweilen Striktur annimmt, wo keine besteht?
Es giebt
genug Aerzte, die nicht oft Gelegenheit finden, diese Krankheiten zu sehen, und für solche ist es auch keine Schande, wenn sie sich über das Vorhandensein einer Striktur täuschen.
Aber einem
Chirurgen von Fach darf das natürlich nicht passiren, denn ihn brächte es in grossen Misscredit. Hat ein Arzt aber wenig Uebung, so mag er mit dem Instrumente in der Harnröhre auf Schwierigkeiten stossen und irrthümlich
glauben,
sie rührten
von
einer
Striktur her. Ich möchte desshalb davor warnen und es nicht gern erleben, dass irgend Jemand, wiewohl nicht Jeder praktischer Chirurg wird, ohne genaue Kenntniss über die Quellen der Täuschung hier weggeht und später dann Schnitzer wie die obengenannten macht.
Zuerst
ist dicht an der Mündung eine Quelle des Irrthums, ich meine die lacunae (Morgagni), dann fünf oder sechs Zoll weiter (Figur 3), wo sich der häutige Theil an den Bulbus anschliesst und wo der Kanal enger und weniger dehnbar als vorher wird, und zuletzt am Blasenhals.
An diesen drei Stellen irrt sich mancher beim
Einführen des Instrumentes in eine gesunde Harnröhre und bildet
29
Ueber Hnrnrührenstriktur, ihre Beschaffenheit und Diagnose.
c bezeichnen den resp. prostatischen, hantigen und caverntisen Theil *).
sich in Folge dessen falsche Begriffe rücksichtlich des Vorhandenseins
einer Striktur.
Man muss immer daran
H a r n r ö h r e keine R ö h r e , dessen w e i c h e , zarte
d e n k e n , dass
sondern n u r ein g e w u n d e n e r
und
Gang
die ist,
gefassreiche W ä n d e dicht auf einander
liegen, so dass, wenn man in eine falsche Richtung geräth, nichts leichter ist, als ein Hinderniss in den Falten oder Lacunen S c h l e i m h a u t zu finden.
der
So ist es ganz leicht möglich, gleich von
Anfang a n z u r e n n e n , indem man mit der Spitze des Instruments in die lacunae Morg. geräth.
Man muss desshalb
die Spitze
zuerst
an der u n t e r e n Wand zu halten s u c h e n , um dieses Hinderniss zu vermeiden.
Man
wünscht
natürlich
die
Einführung
möglichst
schmerzlos f ü r den Kranken zu machen und sucht, wenn bei demselben schon vorher Instrumente eingeführt worden s i n d , stens e b e n s o zart zu operiren, als der Vorgänger.
minde-
Nichts schätzt
ein K r a n k e r so hoch, als das leichte Einführen eines Instruments. Es ist dies eine unangenehme Operation,
und
wer
sie
leichter
m a c h t als Andere, wird den Kranken behalten so lange dieser eine derartige Hülfe nöthig hat.
Wer dagegen gleich von Anfang an fest-
r e n n t u n d in die lacunae kommt, wird hören müssen, dass er ein Stümper ist, und wahrscheinlich den Kranken nie mehr sehen. Nun betrachte man den Bulbus der Urethra auf dieser schematischen Zeichnung.
Der Kanal ist hier sehr d e h n b a r (vor b),
*) D i e Harnröhre hätte hier als ein geschlossener Kanal gezeichnet werden müssen, was sie in Wirklichkeit ist, der bulböse und prostatische Theil nur ein wenig markirter, um die Lage und Dehnbarkeit anzudeuten; letztere Theile sind ein bischen zu stark gezeichnet.
30
Dritte Vorlesung.
was in der Gegend der tieferen Beckenfascie nicht mehr der Fall ist. Praktisch betrachtet ist daher im bulbösen Theil der Kanal viel weiter als an der Mündung, und wenn das Instrument bis hierher gelangt ist, stösst es leicht auf ein Hinderniss. die meisten falschen Wege gemacht,
Hier werden auch
indem das Instrument aus
dem Kanal hinaus durch die untere Wand der Harnröhre gestossen wird, da besonders hier die Gewebe so dehnbar sind.
In dieser
Gegend ist der Durchschnitt des corpus cavernosum unten breiter als oben, und das Gewebe weich und schwammig.
Die Dehnbar-
keit der Harnröhre entspricht hier der weichen äusseren
Struktur
und so mag das Instrument, obgleich es leicht bis zu dieser Stelle gelangt ist, dringen.
nicht
in den
Hier richte
man
häutigen
seine Spitze
um die untere Wand zu vermeiden. ein gut gebogenes Instrument. poliklinischen Kranken so.
Theil
der Harnröhre
ordentlich
nach
einoben,
Hierzu ist nichts besser als
Gewöhnlich verfahre ich bei den
Ich nehme einen Studenten, der noch
nie ein Instrument eingeführt hat und sage ihm: Führen Sie dieses Bougie (ein gerades oder doch nur leicht gebogenes) in den Kanal. Er führt es ein und sowie er an den häutigen Theil kommt, stockt es. Ich gebe nun der Spitze desselben diese Form (Figur 4) und
Figur 4.
dann
führt
liougie mit nach oben gerichteter Spitze.
er es sofort in die Blase ein.
Dies ist
Franzosen als bougie „coudee" bekannte Form, sehr nützliches Instrument. lesungen
schon
vor
mehr
und
die
bei
es ist ein
Sir B. B r o d i e empfahl in seinen Vorals
30
Jahren,
Bougies bei der Einführung etwas nach bald nämlich das Instrument vordringt,
oben
die
Spitze
zu richten.
gleitet es dicht an
eines Soder
oberen Wand hin anstatt in den dehnbaren Theil des Bulbus zu gerathen.
Ueber Harnriihrenstriktur, ihre Beschaffenheit und D i a g n o s e .
Das letzte Hinderniss
31
ist am Blasenhals und ist so g e w ö h n -
lich, dass man oft von einer „Striktur des Blasenhalses" hört, die doch nie existirt hat.
Es wurde sogar nie eine Striktur in dem
prostatischen Theil gefunden.
„Striktur am Blasenhals"
war vor
einigen Jahren gang und gebe und noch jetzt ist davon zu hören, aber
es
giebt
strikturirt hat,
so
nichts.
Dass
man
den
Blasenhals
eventuell
glaubte, kam nur d a h e r , weil es einige Schwierigkeit
durch
denselben
zu kommen.
Auch in diesem Falle ist ein
g u t gebogenes Instrument das beste Mittel d u r c h z u k o m m e n . drei Schwierigkeiten sind demnach kurz folgende:
Die
1) die lacunae
Morgagni, welche unigangen w e r d e n , indem m a n sich an der u n teren
Wand
des Kanals hält.
2) Der häutige
Theil am
Bulbus
dessen Schwierigkeit dadurch zu vermeiden ist, dass man die Spitze des Instruments gut nach oben hält und
3) der Blasenhals,
wo
ebenfalls der letztere Kunstgriff hilft. So viel über die Handhabung sunden Harnröhre. d e r Striktur.
eines Instruments in
der ge-
Wir kommen jetzt zur physikalischen Diagnose
Dazu sind zwei verschiedene Untersuchungen vorzu-
n e h m e n , da zwei ganz verschiedene Dinge zu ermitteln sind. 1) Eine einfache Untersuchung
der H a r n r ö h r e ,
um
festzu-
stellen, ob die natürliche Dehnbarkeit der H a r n r ö h r e irgendwie verä n d e r t ist oder nicht. 2) Eine
eingehendere und exaktere U n t e r s u c h u n g ,
um
den
genauen Zustand der Harnröhre zu bestimmen, im Falle es schon feststeht oder die Annahme berechtigt ist, dass eine veraltete und vielleicht beträchtliche Verengerung besteht. Natürlich ist die erste Untersuchung auf die meisten Fälle a n w e n d b a r , die zweite aber n u r in wenigen Ausnahmefallen nothwendig. Eine ganz einfache Untersuchung genügt, um die Frage, welche so häufig aufgeworfen wird, zu bestimmen. R ü h r e n gewisse unerhebliche Störungen beim H a r n e n in speciellen Fällen von einem organischen Hinderniss h e r u n d erfordern sie instrumentelle Hülfe oder verdanken sie irgend einem anderen Zustand, für welchen Instrumente nicht n u r ohne Nutzen, s o n d e r n sogar wahrscheinlich schädlich sein würden, ihre E n t s t e h u n g ?
Dritte Vorlesung.
32
Ich muss gestehen, dass man heutzutage gar zu rasch mit den Instrumenten und dazu noch mit solchen, welche leicht die Harnröhre beschädigen können, bei der Hand ist. willigkeit, sofort einzuschreiten,
Diese Ueberbereit-
datirt vom Anfange dieses Jahr-
h u n d e r t s , wo die „mechanische" Schule, wie ich zeichnen will, welche zur Untersuchung,
diejenigen be-
Dilatation, zum Schnitt
und zur Kauterisation der unglücklichen Harnröhre mehr oder weniger
complicirte
Schwünge stand.
Mittel
anrathen
und
freigebig anwenden,
im
Ich könnte meine Zuhörer Stunden lang mit den
chirurgischen Spielereien, auf welche man verfiel, unterhalten.
Aber
die Zeit ist zu kostbar und ich begnüge mich mit einer Anspielung, welche lediglich die Chirurg. Praxis unseres Landes während der genannten Aera betrifft*). Nach dieser Periode mit den ihr folgenden schlechten Resultaten scheint eine gewisse gesunde Reaktion stattgefunden zu haben. Das Verfahren Sir B e n j a m i n B r o d i e ' s , dessen Ansehen während seiner langen Laufbahn so hoch stieg, wurde durch Vorsicht und Klugheit gekennzeichnet und seine Lehrtüchtigkeit sicherte einige Zeit ein dem seinigen ähnliches Verfahren auch anderwärts.
Auch
ich habe meine schwache Stimme gegen den Missbrauch der Instrumente erhoben und zwar von dem ersten Tage an, wo ich es wagte, etwas Uber den Gegenstand zu schreiben, vor ungefähr 2 2 oder 2 3 Jahren.
Jetzt herrscht wieder eine wachsende Neigung
zu jener früheren Methode zurückzukehren, ein verstärktes Streben Strukturen zu entdecken und besonders beträchtliche operative Eingriffe gegen Strikturen der leichtesten Art zu unternehmen, selbst manchmal da wo nach meiner Meinung gar keine existiren. scheint jetzt eine Schule
zu
geben,
nach
der
das
Es
sogenannte
„ U r e t h r a l r o h r " ein erhebliches Normalkaliber besitzt, das je n a c h dem so und so viele und zwar beträchtlich grosse Bruchtheile eines Zolls oder so und so viele Millimeter messe oder messen müsse. *) Der Leser findet einige euriose Fälle in einem Werk Home,
von Sir E.
die den aussergewöhnlichen Missbrauch der Bougies zu dieser Zeit
kennzeichnen. E. H o m e .
Siehe Pract. Observat. on the Treatment of Stricture.
vol. III.
1821. Chapters Χ. XI.
By Sir
Deber Harnröhrenstriktur, ihre Beschaffenheit und D i a g n o s e .
33
Instrumente von schrecklicher Grösse werden construirt, u n d wenn ein solches vom Operateur nicht mit genügender Leichtigkeit durch die ganze H a r n r ö h r e gestossen w e r d e n kann, so wird dem unglücklichen Patienten erklärt, er h a b e eine Striktur, und er wird w a h r scheinlich einer keineswegs gefahrlosen Operation unterworfen. Wenn
ich auch
nicht w e i s s ,
ob diese Methode bisher
hier
adoptirt worden ist, so weiss ich doch, dass sie anderswo existirt, und
ich protestire
ernstlich
dagegen.
Ich
halte
es
für
meine
Pflicht, mich gegen eine Behandlung auszusprechen, Uber deren Unzulässigkeit sicher keiner von uns auch n u r einen Augenblick
im
Zweifel ist, d. h. wenn wir der Empfindlichkeit der H a r n r ö h r e geb ü h r e n d Piechnung tragen, wie Jeder t h u n wird, der genau bekannt damit ist.
Kehren wir einen Augenblick zu der natürlichen F o r m
zurück, welche die durch eine Flüssigkeit ausgedehnte Harnröhre a n nimmt, und sehen, wie wenig sie einer überall gleich dicken Röhre von bekanntem Duichmesser gleicht.
Wir haben schon gesehen, dass
ihre natürliche Dilatationsfähigkeit an verschiedenen P u n k t e n sehr variirt: sie ist sehr beschränkt an
der Grenze zwischen dem ca-
vernösen und häutigen Theil, ebenso, jedoch weniger und ungleichmassiger in dem vorderen und endlich bei oder doch n a h e bei der Mündung.
Ausserdem sind wenige Gebilde empfindlicher als die
männliche Harnröhre, deren auskleidende Membran sehr z a r t , von elastischen und Muskelfasern u m r i n g t ,
allenthalben
feinen Blutgefässen und Nerven durchzogen
von
Kanälen,
und vor der Prostata
von erektilem Gewebe, einem der feinsten von allen, umgeben ist. Dazu
tritt
die
grosse
Reizbarkeit
dieser
innern
Haut,
die
in
dieser Hinsicht der Conjunktiva zu vergleichen ist, wie j e d e r d u r c h E i n f ü h r u n g selbst des weichsten Instruments an sich erfahren k a n n ; ja sie reagirt, was noch wichtiger ist, in ganz a n d e r e r Art u n d viel stärker auf Reize als die letztgenannte Membran, indem ein sogar schwacher mechanischer Insult öfters gefolgt ist von einer E r r e g u n g des ganzen Nervensystems, wie die charakteristischen Schüttelfröste, Fieberbewegungen
u n d Schwächezustände
also diese Darstellung
beweisen.
Man
lasse
der H a r n r ö h r e nie aus den Augen, wenn
m a n ein I n s t r u m e n t einführt, und beide, Arzt und Patient werden Thompson,
klinische Vorlegungen.
3
34
Dritte
Vorlesung.
gut dabei fahren. Wenn es daher nothwendig ist, wegen gewisser Störungen
die Harnröhre
eines jungen Mannes zu
untersuchen,
um zu sehen ob Harnröhrenstriktur die Ursache davon ist oder nicht,
so führe man nicht unnöthigcr Weise ganz grosse Instru-
mente
oder solche mit sehr
starkem Knopf an der Spitze ein.
Man nehme ein biegsames, vorn ordentlich gekrümmtes englisches Kautschukbougie mit stumpfer Spitze, da ein spitz zulaufendes nicht genau die Lage der Striktur angiebt, nicht grösser als No. 10 oder 11 engl. Skala, und führe es leicht und sanft bis in die Blase. Wenn es gut und leicht durchgeht und beim Zurückziehen nicht festgehalten wird und mit völliger Leichtigkeit herausschlüpft, so ist sicher keine Striktur vorhanden und es sind überhaupt keine Instrumente quoad stricturam nothwendig. Man könnte entgegnen, dass, trotzdem zuweilen ein Bougie No. 11 eingeführt werden kann, doch eine Striktur vorhanden ist, die nothwendig behandelt werden muss.
Dass dies ausnahmsweise
vorkommt, leugne ich nicht, doch es ist sehr selten und niemand der nur das geringste Gefühlsvermögen in den Fingern hat, wird darüber unklar bleiben, ob ein Bougie No. 11 leicht durchgleitet oder beim Zurückziehen etwas festgehalten wird.
Der Unterschied
ist in diesen beiden Fällen deutlich und leicht zu bemerken.
An-
genommen No. 11 findet an einem Punkte Widerstand und
man
ist sicher an keinem der oben hinreichend besprochenen
natür-
lichen Hindernisse zu halten, so versucht man kleinere Instrumente derselben Art, bis eines in die Blase durchgeht.
Man kann die
Untersuchung dadurch controliren, dass man ein weiches conisches französisches Bougie (No. 11 oder 12 engl. Skala) einführt, und wenn das stumpfe Bougie an einem n a t ü r l i c h e n Hinderniss aufgehalten wurde,
so wird jenes wahrscheinlich
ohne Mühe
hin-
durchgehen. Was jene elastischen geknöpften Bougies (bougie exploratrice) betrifft, so ist nichts leichter, besonders für einen Ungeübten, als sich mit ihnen in Bezug auf das Vorhandensein
einer Striktur zu
täuschen. Wenn
es nicht genau in der Axe des Kanals herausgezogen
Ueber Harnröbreiistriktur, ihre Beschaffenheit und Diagnose.
wird, so kann man ein Hemmniss spüren
35
und leicht das Vor-
handensein einer Striktur in der gesundesten Harnröhre vermuthen, und davor will ich gerade bewahren. In den Händen von ärztlichen lntriguanten mögen diese Instrumente zu sehr unwürdigen Zwecken angewandt werden und für Leute, die gar nicht in die Reihen unserer Wissenschaft gehören oder doch nur eine zweifelhafte Stellung in den Vorhöfen derselben einnehmen, sind sie gerade das Richtige; ein weiterer Grund vor dem unnöthigen Gebrauch derselben zu warnen.
Ich habe schon
seit 20 Jahren kleine, an der Spitze mit einem Knopf versehene Metallinstrumente zur Diagnose enger und fester Strikturen, welche am besten operirt werden, aber nie bei leichten angewandt.
Ich
habe gegen ihre Anwendung protestirt und zwar aus den zwei schon
genannten Gründen:
Schmerz
verursacht
und
1) weil das Instrument
2) einen jungen
unnöthigen
Praktiker,
der nicht
sehr geschickt oder vertraut in der Anwendung desselben ist, leicht irre führt. Betrifft nun die Sache keinen jungen Mann, sondern einen Kranken mit einer alten Striktur, so muss die Diagnose bezüglich der
Details
werden.
wahrscheinlich
mit mehr
Aufmerksamkeit
Ich verfahre folgendermassen, indem ich eine Revision
(wie man es nennen kann) der Harnröhre vornehme. ich
gemacht
Zuerst führe
ein weiches, am Ende stumpfes englisches Kautschukbougie
so weit es geht ein, und wenn es stockt, ζ. B. ein Zoll oder noch weniger hinter der Mündung, merke ich mir die Entfernung und versuche
n u n , welches Instrument leicht genug
engerte Stelle geht.
Wahrscheinlich
wird
derselben Art thun und dieses kann dann
durch
die
dies No. 4
ver-
oder
weiter vorwärts
5 ge-
schoben werden, um ein anderes Hinderniss zu suchen, welches häufig ungefähr fünf Zoll von der Mündung entfernt getroffen wird.
Durch
dieses kann nach ein oder zwei Versuchen wahrscheinlich ein ganz enger Gummikatheter — etwa No. 1 oder 2 — in die Blase geführt werden und die Entleerung einiger Tropfen Urin durch den Katheter zeigt an, dass er wirklich in der Blase liegt. Ich weiss dann auf alle Fälle, dass der Kranke eine Verenge3*
Dritte Vorlesung.
36
r u n g an der H a r n r ö h r e n m ü n d u n g und eine andere in der genannten E n t f e r n u n g hat.
Ich k a n n
das zugleich durch ein geknöpftes In-
s t r u m e n t controliren, w e n n
ich das vorziehe, aber so lange
die
vordere Verengerung b e s t e h t , ist es g u t , eine g e n a u e r e Untersuc h u n g zu verschieben trächtliche
bis diese durchschnitten
ist, wie eine b e -
Verengerung an dieser Stelle es ja erfordert.
Durch
Dilatation wird nämlich eine solche nie vortheilhaft behandelt. dies also geschehen, Spitze
eingeführt
so wird das Bougie No. 11
und
dem Räume zwischen Stelle ist.
man
erfährt,
ob
eine
mit
Contraction
dieser u n d der fünf Zoll weiter
Ist eine v o r h a n d e n , so wird
Ist
stumpfer in
gelegenen
das Stocken des Bougies
ihre Lage bezeichnen, geht es aber bis zu dem genannten P u n k t e leicht hindurch, so ist der Kanal hinreichend offen (weit) u n d wir sind zu der in 9 9 Striktur gelangt.
unter
100 Fällen
einzig
noch
vorhandenen
Denn wenn eine enge Striktur in dieser Entfer-
n u n g von der Mündung existirt, so wird wirklich n u r selten noch eine andere dahinter getroffen.
Diese haben wir also dann zu be-
handeln und da hier eben von veralteten und wenig nachgiebigen Fällen die Rede ist, so ist wohl kaum zu bezweifeln, dass innere Urethrotomie die beste Behandlung ist.
Ihre A u s f ü h r u n g wird in
der Vorlesung über diesen Gegenstand besprochen w e r d e n . Noch ein Wort Exploration dient.
ü b e r das geknöpfte I n s t r u m e n t , welches Der Knopf desselben, der
auf einem
zur
dünnen
Metallstab oder Schaft steckt, sollte nach meiner Meinung von polirtem Metall sein.
Figur 5.
Kein Harnröhre,
(Fig. 5.)
Ein gerades und ein gekrümmtes geknöpftes Explorationsbougie von Metall.
anderes Material
gleitet so leicht und sanft d u r c h
und jedenfalls w ü r d e man
durch dieses I n s t r u m e n t ,
die
den Aufschluss, der sich
das genau besehen
ganz überflüssig ist,
Uebei' Hararöln-cnstriktur. ihre Beschaffenheit und D i a g n o s e .
37
gewinnen lässt, zu theuer bezahlen, wenn man obendrein noch eins benützte, welches viel Reiz h e r v o r r u f t , nicht glatt durchgeht oder unnöthig stark dilatirt.
Obgleich ich die mit einem Knopf versehenen
Metallinstrumente früher anwandte, so kann ich jetzt bei grösserer Erf a h r u n g zu allem Nöthigen ohne sie gelangen.
Es wird gesagt, dass
man durch sie die Länge der Striktur bestimmen könnte.
Hierzu will
ich n u r bemerken, dass sich eine b e d e u t e n d e Verengerung fast niemals über eine grosse Ausdehnung erstreckt.
Der Kanal ist oft einen
halben Zoll vor und hinter dem Maximum der Verengerung theilweise mitergriffen, ein praktisch sehr wichtiger Umstand Operation,
aber die ganz enge Stelle,
Knopf anzeigt, ist fast immer k u r z , Zoll.
welche der
f ü r die
erforschende
nicht länger als ein viertel
Ferner muss man auch in E r w ä g u n g ziehen, dass die Ver-
schiebbarkeit der Harnröhrenschleimhaut leicht täuscht, wenn m a n nicht darauf merkt.
Ein ganz geringer Druck von vorn beim Ein-
dringen in die Striktur oder ein Zug von hinten beim Zurückziehen des untersuchenden knapp durchgeht,
Knopfes
verändert,
wenn
die Lage der verengerten
letzterer
ziemlich
Stelle bedeutend
in
Bezug auf ihre Entfernung von der äusseren Mündung. Ich wiederhole, dass bei einer frischen Striktur, die man natürlich
durch
Dilatation
behandeln
grossen Explorationsbougies n u r
wird,
unnöthigen
die
Einführung
Schmerz
eines
verursacht,
leicht E n t z ü n d u n g erregt und ü b e r h a u p t ganz u n n ü t z ist. F ü r den inneren Schnitt bei einer festen oder Striktur
ist
es
nur
von Wichtigkeit,
den Sitz
der
hartnäckigen verengerten
Stellen der H a r n r ö h r e genau zu kennen, dann ist es nicht schwierig, das Urethrotom richtig zu appliciren. Die nächste Vorlesung handelt Dilatation.
Uber die Behandlung
durch
Vierte Vorlesung.
38
Vierte Vorlesung.
Die Behandlung der Ilarnröhrenstriitur durch einfache und continuirliche Dilatation. Nach Erledigung der Diagnose kommen wir nun zur Behandlung. — Angenommen Jemand hat nur eine Striktur im bulbösen Theil oder er hat zwei, aber die vordere ist nicht sehr eng oder resistent.
Welches ist nun die Behandlung?
Zuerst und vor allem
Dilatation, immer und ohne Ausnahme Dilatation, mag sie gelingen oder nicht.
Sie muss immer zuerst versucht werden, da sie die
einfachste und leichteste Methode ist.
Sei die Striktur noch so
eng und unnachgiebig, man darf nicht eher an's Operiren denken, bis man versucht hat, ob Dilatation gelingen wird. Dilatation?
Was ist nun
Es ist ein mechanischer Process, jenes um den Kanal
an der strikturirten Stelle gesetzte Exsudat auszudehnen.
Es wird
oft behauptet, es lasse sich die Resorption dieses Exsudates ermöglichen, was ich nicht leugnen will, aber zu beweisen ist es nicht.
Hat man nun ζ. B. auf die Exploration der Harnröhre hin
ein Bougie oder einen Katheter No. 3 sicher wenn auch ziemlich knapp durch die Striktur und in die Blase gebracht, so sagt man dem Kranken: Es ist genug für heute, kommen Sie in zwei oder drei Tagen wieder, ich werde dann ein grösseres Instrument einführen.
Nun rathe ich, in der zweiten Sitzung nicht
mit
dem
stärksten Instrument anzufangen, welches in der ersten zuletzt gebraucht wurde.
Wurden in der ersten Sitzung No. 2 und 3 ein-
geführt, so nimmt man jetzt No. 2, 3 und 4, und in der dritten Sitzung No. 3, 4 und 5 und so weiter; aber immer ist unter der zuletzt erreichten Nummer anzufangen, indem man das engere Instrument zum Vorläufer des weiteren macht.
Man darf auch nie
das Instrument in der Harnröhre stecken lassen, sondern muss es sofort zurückziehen, weil es sonst wohl den Reiz aber nicht im entferntesten die Dehnbarkeit des Gewebes vermehrt.
Je länger
man es drin lässt, um so fester wird es gehalten und das Heraus-
D i e Behandlung tier Harnröhrcnstriktur.
ziehen um so
schwieriger
und schmerzhafter.
39
Die Striktur be-
ginnt erst nachdem das Instrument 1 oder 2 Stunden lang gesteckt hat nachzugeben, wie bald bei Betrachtung der continuirlichen Dilatation besprochen wird. Betrachten wir jetzt einmal die hier zur Verwendung kommenden Instrumente.
Für jede mechanische Behandlung der Harn-
organe, für Striktur,
Hypertrophie der Prostata,
Harnverhaltung
oder Stein gilt hierbei das eine grosse Princip, das entscheidend sein muss bezüglich der Art des zu gebrauchenden Instruments: „Alle Instrumente sind mehr oder weniger und
man
darf nur
dann seine Uebel
Zuflucht
vorhanden
vom
dazu
w,enn e i n
grösseres
seitigung
d u r c h sie w a h r s c h e i n l i c h i s t . "
ist,
Uebel, nehmen,
dessen
Be-
Das Eindringen
irgend eines Instruments in die gesunde Harnröhre muss per sc einen Reiz verursachen.
Man mag es nur an sich selbst probiren,
und ich rathe jedem, der ein Instrument gut einführen will, das zu Ihun, denn ich bin der Meinung, dass Niemand ein Instrument bei einem andern einführen sollte, ehe er es bei sich selbst gethan.
Unstreitig wird die Grösse
der Einführung
und
des Reizes
Beschaffenheit
hauptsächlich
des Instruments
von
abhängen.
Um ein Gleichniss aus dem Handel zu gebrauchen, so hat jede Behandlung ihre Debet- und Creditseite.
Zweifellos strebt
man
darnach, etwas wirklich gutes zu bewirken, das kommt auf die Creditseite, aber ohne einigen Reiz geht ist ein Posten
für die Debetseite.
es nicht
Man bemühe
besonders dieses Debet so viel als möglich zu
ab und das sich desshalb,
verringern.
Ein
Instrument soll nur dann angewandt werden, wenn guter Grund dazu vorliegt, nur dann, wenn ein Uebel da ist, zu dessen Heilung es wohl
werth ist, sich
einigem Reiz auszusetzen.
Nach
diesem Grundsatz wird man ein solches Instrument wählen, von dem
aus Erfahrung oder
auf
andere Weise feststeht,
möglichst wenig Reiz hervorbringt.
dass
es
Dies bringt mich zur Frage
Uber den Unterschied zwischen Metallinstrumenten uud elastischen. Ich fühle mich hier auf delikatem Boden uud will auch erklären wesshalb.
Zuerst gab es keinen wärmeren Vertheidiger der Metall-
Vierte Vorlesung.
40
Instrumente und G e g n e r der elastischen, als ich vor einigen J a h r e n w a r , beeinflusst durch die Traditionen dieses Ortes, welche durchaus zu Gunsten der erstcren sprechen.
Der grosse Mann, welcher
schon etwa 2 0 J a h r e oder noch länger todt ist, der Mann,
welcher
hier h e r r s c h t e
Liston
und
last alle
älteren
Leute h e r a n b i l d e t e ,
erklärte sich in s e h r starken W o r t e n für das Metallinstrument. ist j e t z t ( 1 8 6 7 ) gerade 2 1 J a h r e h e r , dass ich in diesem sass
und
eine Vorlesung über
seine machtvolle
Es
Zimmer
diesen Gegenstand von ihm h ö r t e :
Verteidigung
des Metallinstrumentes
Verachtung für a n d e r e w a r e n b e k a n n t .
S o kam es,
und
seine
dass ich
er-
füllt von seinen Ansichten von hier wegging und ihn, wie das ein j e d e r L e r n e n d e in gewissem Grade seinem tüchtigen L e h r e r über t h u t ,
eine Zeit lang als Orakel b e t r a c h t e t e ,
Gunsten
des Metallinstrument's
nommen
wurde.
und
gegen
das
und
gegen-
folglich zu
elastische
einge-
Aber eine lange p e r s ö n l i c h e Erfahrung, die doch h ö h e r a n z u schlagen ist, als j e d e s Orakel und sei es auch das höchste,
brachte
mich dahin, dass in den geeigneten Fällen doch das clastische I n strument, wenn man es n u r zu gebrauchen versteht, ohne Zweifel das b e s t e ist, sowohl zur B e h a n d l u n g der Striktur, als auch haupt aller Krankheiten der Harnröhre.
über-
Ich bin dessen so sicher,
dass ich ohne B e d e n k e n behaupte, dass ein grosser Theil des folges eines j e d e n ,
der
viel
mit
Er-
diesen Krankheiten zu thun
hat,
davon abhängt, dass er das elastische und nicht das Metallinstrument
anwendet.
Kein
Patient,
dem
vorher
ein
elastisches
In-
s t r u m e n t so leicht wie es .geschehen muss, eingeführt wurde, wird je
einem
sich
Chirurgen
erlauben.
Schmerz.
Es
Um
die
Einführung
verursacht
ihm
dies
aus
dem Handel
mein Gleichniss
bringt ein elastisches Instrument m a n erzielt viel
eines Metallinstrumentes viel
viel weniger
grösseren Gewinn
weniger
bei
Beiz
und
fortzusetzen,
so
auf die Debetseite,
und hat viel
weniger
Verlust.
Ich gestehe, dass sich m e i n e Ansicht s e i t ' d e r Veröffentlichung m e i n e s ersten und
Werks über
ich
gestehe
Widerwillen.
Ich
diesen
das
ohne
glaube,
Gegenstand
bedeutend
die geringste S c h a m , dass
das L e b e n
in
verändert den
hat,
geringsten
dieser W e l t
nicht
Die Behandlung der Ilarnröhrenstriktur.
ohne Meinungsveränderung vollendet wird.
41
Haben wir, sei es in
Politik, Religion oder Medicin, mit 40 Jahren noch dieselben Ansichten wie mit 20, und ich möchte weitergehen und hinzufügen: und mit 60 Jahren noch dieselben wie mit 4 0 , so haben wir so zu sagen für nichts gelebt.
Es ist falsch, ein
immerwährendes
Beharren auf einer und derselben Meinung von Männern, welche selbstständig denken, zu erwarten, in welchem Fach sie auch immer lehren mögen.
Man muss erwarten, dass sie Fortschritte machen,
gerade wie man das von seinen Schülern verlangt, oder sie werden schlechte Lehrer sein.
Ich habe das desshalb gesagt, weil
ich
wohl weiss, dass man so vieles von dem, was ich vor 15 Jahren behauptete,
anführen
jetzt lehre.
Erklärte ich dieses nicht, so könnte man mich fragen,
könnte als widersprechend dem,
was ich
wesshalb ich denn jetzt für das elastische Instrument eintrete, da ich doch früher für das Metallinstrument gesprochen.
Mein Grund
dafür ist einfach der, dass ich mehr gelernt habe. Es gibt zwei Sorten elastischer Instrumente, die sogenannten englischen und französischen. Insofern das französische Instrument mehr Biegsamkeit besitzt, als das englische, ziehe ich es oft vor. Vielleicht ist es gut, noch einige Worte zu dem oben gesagten hinzuzufügen. Ich denke, die elastischen Instrumente sind jetzt besser als sie zur Zeit L i s t o n ' s
waren, und ich glaube, (ohne mich
damit einer scharfsinnigen Vermuthung rühmen zu wollen),
dass
wenn wir so glücklich gewesen wären, ihn bis jetzt bei uns zu behalten, er auch seine Meinung geändert hätte.
Zu seiner Zeit wurde
ein elastisches Instrument viel benutzt, welches man Bougie nannte und zwar mit Recht, da es einfach eine Art Wachskerze ist, nach meiner Meinung ist es ein sehr unvollkommenes Instrument. Es kann freilich durch Erwärmen in jede Form gebogen werden, doch es ist viel schlechter als das jetzt gebräuchliche.
Das englische Instrument ist
besonders wegen einer Eigenschaft, die das französische nicht besitzt, sehr schätzenswerth. Es behält, wenn es erkaltet ist, jede Biegung bei, welche ihm unter dem Einfluss der Wärme gegeben wurde.
Wünscht
man demselben ζ. B. eine kleine Biegung zu geben, so legt man es in warmes Wasser, biegt es, taucht es darauf in kaltes, und es
42
Vierte Vorlesung.
wird die gegebene Form beibehalten. Das französische Instrument ist ausserordentlich biegsam und lässt sich ohne Schwierigkeit um den ;Finger wickeln.
Ausserdem
hat es noch eine andere sehr
schätzbare Eigenschaft, das ist seine eigentümliche konische Spitze. Nun ist eine konische Spitze per se bei der Harnröhre oft nicht erwünscht, weil sie leicht in eine Lacune gerathen kann, und es würde vortheilhaft sein, wenn man sich dagegen sichern könnte. Man hat sich denn auch sehr geistreich dagegen vorgesehen und zwar dadurch, dass man den Instrumenten eine olivenförmige Spitze gab.
Figur 6.
Elast, französ. Bougie und Katheter mit oiivenfömiger Spitze.
Das lange konische Ende, geleitet durch den Knopf, dringt sicher und leicht durch eine gesunde oder nicht allzusehr zusammengezogene Harnröhre.
Ein solches Instrument kann ohne Schwierigkeit durch
den Kranken selbst eingeführt werden.
Man kann in der That
beinahe sagen, die Chirurgie sei dadurch zu leicht gemacht.
Der
erste Anfänger kann es in 9 unter 10 Fällen einführen, wenn er es auch im zehnten nicht kann.
Es ist einer der stärksten Be-
weise von englischem Conservatismus, dass diese Instrumente bei so Wenigen gefunden werden.
Sie wurden endlich aber auch bei
uns angefertigt. Jahre lang musste man darum nach Paris schreiben, doch ist nunmehr Nachfrage darnach entstanden und endlich werden sie auch bei uns fabricirt.
Wer den Versuch damit an
sieh selbst macht, wird finden, dass sie fast unmcrklich durch die Harnröhre gehen,
und der richtige Gebrauch derselben erfordert
keine anatomische Kenntniss des Kanals.
Es mag sehr heterodox
erscheinen, aber ich rathe überhaupt bei Anwendung strumentes die ganze Anatomie zu vergessen *).
eines
In-
Man muss
sie
*) Es wundert mich nicht, dass von einigen Schriftstellern Einwand gegen diese Stelle erhoben worden ist. Trotzdem fühlte ich die Wahrheit derselben
43
D i e Behandlung der Harnröhrenstriktur.
freilich studiren,
denn ihre Kenntniss
ist von der grössten Wich-
tigkeit, aber beim Einführen eines Instruments
darf man die ver-
schiedenen Regionen, um die es sich hier handelt, vergessen. vergesse die tiefe Beckenfascie, compressor
urethrae.
die pars membranacea
Ein Metallinstrument
Man
oder
den
ist besonders in
den
Händen eines Anatomen gefährlich; er wird es den W e g schieben, den er für den richtigen hält, als ob alle Harnröhren genau von derselben
Gestalt und
nicht ebenso
Nasen oder andere Bildungen. das Metallinstrument
verschieden
wären
vorgezogen
dem ein Metallinstrument von
Anatomie Bewanderten in
die
und gesagt: Nur tüchtige anato-
mische Kenntnisse befähigen einen Katheter einzuführen. daure den K r a n k e n ,
wie
Aus diesem Vorwand wurde auch
den Körper
Ich be-
einem in der
getrieben wird.
Dasjenige
Instrument verdient vielmehr den Vorzug, mit dem man in möglichst zarter Weise zu operiren vermag, und das man leicht zwischen dem Finger und Daumen halten und zurückziehen oder in eine andere Richtung bringen kann, sobald ein Hinderniss zu bemerken ist.
Die
Hand muss dahin gebildet werden, dass sie den Zustand der Harnröhre durch das eingeführte Instrument auf möglichst zarte Art zu erforschen vermag.
Selten, wenn es j e v o r k o m m t , kann man ein
Metallinstrument in einer gegebenen Richtung, die schon vorher als die richtige erkannt ist, vorschieben.
Wenn man die
grösstmög-
lichste Dilatation mit geringstem Reiz vereinigen will, ist das biegsame Instrument allein zu gebrauchen. Noch etwas anderes ist in Bezug auf französische und englische Instrumente zu bemerken, nämlich das Maass. Unsere Nummern
nie mehr als heute.
Niemand darf daraus schliessen, dass ich die Anatomie
unterschätze, das wünsche ich am allerwenigsten.
A b e r das ordentliche Ein-
führen eines Instruments ist in keiner Weise eine anatomische Ucbung. ist
kein
aprioristisches Verfahren,
das
durch
die
Kenntniss
Es
anatomischer
Thatsachen bestimmt wird, sondern es stützt sich auf Schlüsse, die aus langer praktischer Erfahrung gewonnen sind.
Selbst gesunde Harnrühren unterscheiden
sich sehr von einander, aber bei Untersuchung des K a n a l s , m a g sund oder krank
er nun ge-
sein, muss man ein Verständniss der Empfindungen haben,
welche der Hand durch die Spitze des Instruments und nicht durch anatomische Kenntnisse mitgetheilt werden.
Vierte Vorlesung.
44
gehen von 1 bis 12, obgleich zuweilen auch zwei oder drei höhere Nummern gebraucht werden, und die Dilatation ist mit Erreichung der letzten Nummer gewöhnlich vollendet.
Man kann von uns in
England nicht s a g e n , dass wir eine gleichmässige alle unsere Messungen sind sehr willkürlich. S k a l a , der andere d i e ,
Skala
hätten,
Der eine macht d i e
und die schottische differirt um 1 ' / , von
der englischen, so dass der Kranke, der schottisch No. 12, englisch nur 10V 2 nimmt.
Unsere exakteren Nachbarn über dem Kanal ge-
brauchen dazu das Millimeter,
und die Nummer zeigt genau
der Grösse zugleich das Kaliber der Harnröhre an.
mit
Statt von 1
bis 12 geht die französische Skala von 1 bis 30 (Figur 7).
Sie
OG Ο % m
7
Ο ΟΟ VV %Ο aΟ * *·ο »ο *ο*ο Ο οΟ 18
β /Ο
9
a
Figur 7.
*/3 β
1
S
% ζ, o q
η £ Ö* · 2 ω to η
3 ce 3 Ο I 3 3' Λ » s κ ~ & ce
Richtung hin drehen k a n n ; denn eine mit einer grossen — der bei Katheter üblichen —
Biegung
lässt sich in der Blase nicht nach allen Seiten hin drehen
und macht eine genügende E r f o r -
schung derselben
unmöglich.
Als ich in den Saal trat, man bemerkt haben w i r d ,
frug ich ,
wie
nach den Hospital-
sonden, und nicht ohne Grund, denn viele der » e tu |> s π Ii, UiiiiftiiH' YiirlesuiiLion.
gezeichnete
u n d Bünde·· d e s B e e k e n s in d e r
Steinschnittlage. 12
Vierzehnte Vorlesung.
178
Steinschnittlage darstellt, kann bei der Lösung des aufgestellten P r o blems unterstützen.
Der untere Ausgang, welcher uns z u g e k e h r t ist,
ist bei dem Patienten
mit weichen Theilen ausgefüllt,
und
hier
ist die Oeffnung zu machen, durch welche man den Stein entfernen muss.
In allem jedoch muss man sich hier nach den a n g r e n z e n d e n
Knochen richten. Operation schreite.
Ich habe das immer vor Augen, wenn ich zur Hier sind f e r n e r Zeichnungen, die zwei stufen-
weise Präparationen des Beckens zeigen (Fig. 48). Ich setze die anatomische Kenntniss der bei der Operation in's Spiel kommenden Theile voraus und will diese hier n u r nennen.
Erstens die Arteria p u d e n d a
communis, welche sicher geschützt hinter dem Schambeinast liegt. Diese gibt einen Ast nach dem Bulbus hin ab, ein Gefäss, welches im vorderen und oberen Theile d.es Operationsfeldes zu vermeiden ist.
Dann ist etwa in derselben Gegend eine Verletzung des Bulbus
der Harnröhre nicht zu leicht zu nehmen, denn sie hat in der That m a n c h e Gefahren im Gefolge.
Der Bulbus ist eine vielzweigige Ver-
\ \
Figur 48.
Piäparirtcs Becken zur Demonstration des Bulbus.
Lithotomie. ä s t e l u n g d e s eben genannten G e f ä s s e s , ihn hinein,
179 und schneidet m a n tief in
so ist d a s e b e n s o schlimm, als wenn m a n d a s G e f ä s s
selbst durchschnitten hätte, wenn nicht schlimmer. in
dem
mittleren
und
Schliesslich ist
unteren Theile das R e k t u m zu vermeiden.
Die a n d e r e Zeichnung zeigt die L a g e der P r o s t a t a ,
welche
den in der Tiefe geführten Schnitt getrennt werden
muss.
Nun g a n z kurz die H a u p t m o m c n t c der Operation.
durch
Der Darm
d e s K r a n k e n ist einige S t u n d e n vorher durch ein Klystir gänzlich zu entleeren. Gewicht
Auf die Q u a n t i t ä t
zu legen.
d e s Urins in der B l a s e ist kein
Während Einige
es für sehr
wichtig
d a s s die B l a s e voll sei, halte sie C h c s c l d o n lieber leer. d a s s in diesem Zustande
der Stein
halten,
Er s a g t e ,
gern dicht am Binsenhals ge-
Figur 4!). Die Leitungssomle 12*
180
Vierzehnte Vorlesung.
funden würde. jektionen
Ich h a b e g e s e h e n ,
dass
der chloroformirte Kranke gewöhnlich des Penis u n d ähnlicher Zuerst (Fig.
49)
auf.
Man
wenn mit
m a n sich m i t d i e s e n
vor der Operation sehr abquälte — und dennoch
in
die
Blase sich
d i e Blase t r o t z U m w i c k e l u n g
Vorsichtsmassregeln.
der Operateur
lasse
man dem
führt
eine
und- sucht
nie
dicke, damit
einfallen
an
die
tief
gerinnte
sorgfältig
den
Operation
zu
n i c h t v o l l s t ä n d i g s i c h e r ist, d a s s die S o n d e in Stein
ist.
In-
entleerte
Durch Nichtbeachtung
grässliche Fehlgriffe gemacht worden.
dieser
Sonde Stein gehen, Contakt
Regel
sind
oft
A n g e n o m m e n z. ß . d i e S o n d e
ist in e i n e m f a l s c h e n G a n g u n d g a r n i c h t in d e r B l a s e — m a n s c h a u dert bei d e m G e d a n k e n an eine Operation unter solchen Der Arzt o d e r Z u s c h a u e r sie w a h r s c h e i n l i c h Operateur
vergisst sie yie und
tödtlich.
selbst
und
Das A n s l o s s e n
einem
Zeugen
der
unbedingt
aus keinem
den
Anordnungen
anderen,
wer
ist d a n n
fest zu b i n d e n ,
dernen
Fuss-
und
Handringe,
funden
sind.
Sie
bewahrheiten welches
nicht thaten (Figur
Figur ÜO.
am
die
von lieben
und
folgen
Ρ rich a rd
in „Fest
ist dem
sein, wird, durch-
muss.
vermittelst
das Sprichwort:
unsere
gegeben
Operateurs
besten
muss
vernehmbar
Assistenten
des
es a u c h sein m ö g e ,
Kranke
sicher g e f u n d e n " ,
der Sonde
deutlich
w o r a u f sie in d i e H ä n d e d e s s i c h e r s t e n
Umständen.
für den K r a n k e n
Der
jener
le-
Bristol
er-
gebunden
alten S t r u m p f b ä n d e r oft
50).
Fuss- und TIandbäniler zur Litliutoniii:
Lithotomie.
181
Welches sind nun die Instruktionen die S o n d e h ä l t ?
für den A s s i s t e n t e n ,
der
Sic soll fest am Platze gehalten werden und vor
allen Dingen nicht a u s der B l a s e g e r a t h e n .
Ich g l a u b e nicht, d a s s
m a n durch irgend eine L i e b h a b e r e i , sie nach rechts oder links zu halten oder sie in's Perinäuin S i e m u s s lediglich
viel gewinnen
wird.
fest an einem Platze gehalten und dazu
vorzudrängen,
gegen
einen festen Stützpunkt a n g e d r ü c k t n u r der S c h a m b o g e n ,
werden.
Einen solchen bietet
und der Assistent soll
demnach
die S o n d e
an diesen andrücken und zwar so, d a s s der Griff beinahe senkrecht steht.
Man untersucht nun noch einmal mit den F i n g e r n das Opera-
tionsfeld und die R ä n d e r der S c h a m b e i n ä s t e und prüft e b e n s o den Z u s t a n d d e s Darms, ob er leer und z u s a m m e n g e z o g e n ist oder nicht. Ohne auf eine B e s p r e c h u n g der von Verschiedenen ganz vers c h i e d e n a n g e g e b e n e n Einstichsstelle einzugehen, sollte man in der R e g e l bei E r w a c h s e n e n einen u n g e f ä h r V 4 Zoll vom After und etwas C / j Zoll) links von der R a p h e gelegenen Punkt wählen.
Nachdem
m a n die linke Hand auf die o b e r e rechte Seite des P e r i n ä u m s
ge-
legt hat, um die Haut zu fixiren, führt man d a s Messer mit leicht n a c h o b e n gerichteter Spitze und z w a r nahe bei oder auf der S o n d e dreist ein und macht allmälig den Schnitt seichter bis man ungefähr drei Zoll tiefer unten an der inneren Seite des T u b e r ischii h e r a u s kommt.
E s ist sehr a n g e n e h m zu fühlen, d a s s man die S o n d e bei
diesem ersten Einschnitt berührt, und es beweist, d a s s m a n , w a s j a a u c h i m m e r geschehen m u s s , dicht an ihr v o r g e g a n g e n ist.
Nie soll
der Schnitt ängstlich und
nur die
Haut durchtrennt. in die W u n d e
oberflächlich
eingeführt w i r d ,
G e w e b e durchfühlen können. fingers
sein,
so
dass
er
Die Spitze des linken Zeigefingers, welche sofort muss
die S o n d e
leicht durch
die
Darauf setzt man den Nagel d e s Zeige-
in die Rinne derselben und zwar ziemlich weit nach hinten,
um s o viel a l s möglich den B u l b u s zu vermeiden, und schützt mit dem K ö r p e r desselben F i n g e r s gleichzeitig das R e k t u m . man
die Spitze
gleiten dass
und
stösst
d a s Messer
takt mit
der
des Messers l ä n g s es fest ein
des Fingernagels
(Figur),
die Gewebe zertrennt
S o n d e ist.
Und in
wobei
man
Nun lässt
in die Rinne fühlen
und in b e s t ä n d i g e m
festem
Contakt
mit
muss, Con-
derselben
182
Vierzehnte Vorlesung.
Figur 51.
treibt man
Der Schnitt durch die Prostata,
die Spitze des Messers fest und sicher weiter vor zur
T r e n n u n g der Prostata.
Mit nach oben gerichteter Spitze geht m a n
sicher, mit nach unten gerichteter kann man leicht ausglciten in das Rektum
oder Gott
einlach v o r , indem man
weiss
wohin
gelangen.
das Messer allmälig
in
Man mehr
und
dringt horizon-
tale Richtung bringt und die Spitze desselben immer in der S o n d e n furche hält, bis man in die Rlase kommt.
Die Tiefe des Schnitts
hängt natürlich von dem Winkel ab, den das Messer mit der Sonde beim Eindringen in die Blase macht.
Hält man das Messer (seiner
Länge nach) dicht an der Sonde, so wird man natürlich n u r eine
Lithotomic.
183
W u n d e von der Breite des Messers machen, wird aber der Winkel zwischen ihm und der Sonde grösser, so wird auch der Einschnitt tiefer.
Schliesslich
zieht man das Messer, ohne die W u n d e dabei
grösser zu machen , wenn kein Grund dazu vorliegt, z u r ü c k ; anderenfalls lässt sich, wenn man die Schneide nach aussen und a b w ä r t s gegen die weichen Theile gerichtet hält und das Messer recht machen.
Es
ist besser, eine tüchtige Oeffnung anzulegen als eine kleine,
'eicht f ü h r t ,
eine ergiebigere und
reinere W u n d e
(bei
der A n n a h m e , dass der Stein gross ist),
aber allzugross darf sie
auch nicht ausfallen. Man
hat
wegen
Rathschläge g e g e b e n , deren
durch
meint.
Im
der Tiefe des Einschnitts schon sehr aber es ist offenbar unmöglich,
Reden verständlich zu m a c h e n , allgemeinen
aber
machen
fljgtv ,5-i. M m m m
zu
gross,
Stein
und
und
in Folge
der Zange
beleidigt,
Messer auszustehen gehabt hätte.
einem AnTiefe
man
wir sie eher zu klein als
i/ithefemi«.
dessen wird
mehr
welche
viel
der Blasenhals als
von
dem
er anderenfalls vom
Ich meine das natürlich n u r in
Bezug auf Erwachsene, denn bei Kindern kann man kaum die P r o stata
finden;
sie wiegt n u r wenige Gran und erfordert keine Be-
rücksichtigung.
Das Messer geht weit an ihren
Grenzen
und trotzdem sind Kinder
am sichersten
ist
die Vulnerabilität ganz ungleich,
in
den
beiden Altern
zu operiren.
vorbei,
Natürlich was
184
Vierzehnte V o r l e s u n g .
den von weit v e r s c h i e d e n e n
Z u s t ü n d e n d e r P u b e r t ä t und
Kindheit
herrührt. Doch k e h r e n wir z u r ü c k .
1st der E i n s c h n i t t b e e n d i g t , so f o l g t
d e r linke Zeigefinger s o f o r t dicht an d e r S o n d e in die Blase n a c h , und
man
wird
wahrscheinlich
sofort den
Stein b e r ü h r e n .
k a n n d e r Assistent die S o n d e h e r a u s z i e h e n .
Jetzt
Der F i n g e r d r i n g t fest
u n d tief ein, v e r h i n d e r t vielleicht ziemlich das Ausfliesscn d e s U r i n s und bewirkt
dadurch
die e r s t e D e h n u n g
der Thcile.
Dann führt
m a n die Z a n g e d i c h t längs d e r i n n e r e n Seite des F i n g e r s s a n f t in die Blase ein, w a s eine zweite D e h n u n g b e w i r k t . Branche
flach
auf
dem Boden
der Blase,
die
Die Z a n g e , andere
eine
nach
oben
g e r i c h t e t , w i r d n u n vorsichtig, j e d o c h weit g e ö f f n e t u n d w i e d e r g e s c h l o s s e n , u n d der Stein w i r d w a h r s c h e i n l i c h d a z w i s c h e n sein. der Richtung lich
mit dem
zwischen eine
die
dritte
durchaus
nach
unten
linken
ganz allmälig h e r a u s u n d hilft w o m ö g -
Zeigefinger n a c h ,
Zangenbranchen
und
letzte
nothwendig,
Glaubt
so zieht m a n die Z a n g e in
m a n d e n S t e i n fest g e f a s s t zu h a b e n ,
Dehnung in
um
ihn
zu b e k o m m e n .
der Länge Dabei
der umgebenden
der Richtung
nach
nach
macht
Thcile.
abwärts
man
Es
nach
ist dem
w e i t e s t e n T h c i l e d e r u n t e r n B e c k e n a p e r t u r hin zu ziehen u n d n i c h t e t w a in h o r i z o n t a l e r R i c h t u n g , u m die w e i c h e n Theile, w e l c h e d e n Schanibogen
u m g e b e n , nicht zu q u e t s c h e n .
wegen irgend Jemandes
Mau soll sich n i e m a l s
beeilen, n u r um r e c h t rasch zu
operiren.
In s o l c h e n M o m e n t e n m u s s d e r O p e r a t e u r g a n z allein f ü r d e n P a t i e n t e n da sein u n d darf k e i n e n Augenblick die V e r a n t w o r t l i c h k e i t g e g e n ihn etwa a u s R ü c k s i c h t auf u m s t e h e n d e Z u s c h a u e r a u s s e r Acht l a s s e n . Ich m u s s noch h i n z u l u g e n , d a s s m a n auf einen zweiten S t e i n untersuchen
und
spritzende
Gelasse
unterbinden
Nachblutung sehr unangenehm werden kann. Blutung
beträchtlich
Mühe erfordern. Wunde Haken zogen Ich
sein
aus.
benutze
das
Gelingt es n i c h t ,
zu u n t e r b i n d e n , und
und
Das
damit
unterbunden, einen
mit
so
muss,
da
Anlegen der Ligaturen eine s p r i t z e n d e Arterie
hilft oft ein g u t g e k r ü m m t e r
gefasste worauf
Gewebe der
wird
sanft
H a k e n liegen
abzuschraubendem
eine
Manchmal kann
Griff,
in
der
spitzer
hervorge-
bleiben der
die
grosse
kann.
eigens
zu
185
Lithotomie.
dem
Zweck
gemacht
ist
und
mir
sehr gute Dienste geleistet hat.
bei 2 oder
3
Gelegenheiten
Darauf injicirt man eine oder zwei
Spritzen voll kaltes Wasser vermittelst einei· langen, an der Spitze knopfförmigen starker
r> 1
·- - --
i 1
—
" -··*
Blutui
versehene Röl fest mit Charp
F i g u r 55.
Der
„Untcrrock"-Tsimpon.
comprimirt wird (Figur 55).
Ich wende diese T a m p o n a d e aber n u r
dann an, wenn die Blutung beträchtlich ist und nicht stehen will, wenn sie dagegen nur gering ist, so habe ich lieber keinen fremden Körper in der Wunde.
Nach ungefähr 48 Stunden k a n n der Tampon
entfernt werden, indem man zuerst nach und nach die Charpie und zuletzt die Röhre selbst herausnimmt.
Darauf wird der Kranke in's
Bett gebracht und in der Rückenlage gehalten, es werden ein oder zwei Kissen unter jeden Hinterbacken geschoben und so die verwundeten Theile d e r Luft u n d dem Licht ausgesetzt, um den Urinabfluss b e o b achten
zu können.
Je weniger
man sich
fasst, um so besser ist es gewöhnlich.
nachher
mit ihm be-
Der einige S t u n d e n nachher
gewöhnlich heftig auftretende Schmerz wird durch volle Dosen Mor-
186
Vierzehnte
phiurn lasse
oder Opium gelindert. ich
gleich nach
Vorlesung.
Bei
einem
erwachsenen
der Operation gewöhnlich
Patienten
einen
Gran
des
ersteren in Gestalt eines Stuhlzäpfchens in den Darm bringen. Ich will noch einige Worte über den Median- und Medio-bilateralSchnitt hinzufügen.
Bei dem ersteren wird ein Einschnitt in der
Raphe gemacht, ungefähr 2 ' / 4 Zoll vor dem After nach bis möglichst gewinnen.
nahe an seinen R a n d ,
um den
unten
zu
nöthigen Raum zu
Man schneidet bis auf die Sonde e i n ,
während
ein
Finger in's Rektum eingeführt ist, um dieses ebenso wie den Bulbus des Corpus spongiosum möglichst zu vermeiden, öffnet die Harnröhre in der Gegend
der Pars membranacea
diese Oeffnung einen Führer in die Blase. erweitert und dann kommt die Zange. lich so ausgeführt,
dass man
und
bringt
durch
Der Finger rückt nach,
Die Operation wurde gewöhn-
ein gerades Bistouri,
den
Rücken
des Messers nach unten gerichtet, vor dem Mastdarm in die Furche der Sonde stiess und mit einem Zug nach oben herausschnitt.
Ich
ziehe die andere Methode
bei
grossen
Steinen
vor,
da
diese Operation
nicht gelingen wird,
offenbar
und um diese
sich doch hier, da wir die kleinen zertrümmern.
handelt
es
Um die Opera-
tion in allen Fällen anwenden zu können, entstand daher aus dem Medianschnitt
der
inedio-bilaterale.
schrieben die Medianoperalion röhre geöffnet ist. und
Sonde
aussen,
nach
Man
macht
wie
eben
be-
zu dem Punkte, wo die Harn-
Jetzt führt man aber
zweiklingige Lilhotom vorspringen
bis
statt
geschlossen in die Blase,
des Führers
das
lässt die Klingen
zieht das geöffnete Instrument in der Rinne der wodurch
zwei massige Einschnitte
werden, der eine rechts, der andere links.
gemacht
Auf diese Weise wird
natürlich eine grössere Oeffnung angelegt, als durch den einfachen Längsschnitt in die Harnröhre. Ich
habe diese
zwei Operationen
nun
ungefähr 3 0 mal
ge-
macht und Alles in Allem weiss ich nicht, ob es richtig ist, sie dem alten Lateralschnitt vorzuziehen.
Um genau
darüber urtheilen zu
können, müsste ein Chirurg wenigstens 1 0 0 Fälle nach jeder Methode operirt haben.
Dennoch will ich zum Schluss ein Wort über das
Princip sagen, welches diese Operationen wesentlich
unterscheidet.
187
Litholoimo.
S i e sind das E r g e b n i s « e n t g e g e n g e s e t z t e r U e b e r z e u g u n g e n in Betreff d e r Gefahren des Messers.
Es gibt eine K l a s s e L e u t e ,
A n a t o m i e einen heillosen S c h r e c k
einflösst
und
denen
die sich v o r dem
S c h n e i d e n , s e l b s t wenn es a b s o l u t n o t h w e n d i g ist, f ü r c h t e n . dagegen
sind
sichtig — für
weniger
und
besser
halten
als
eine
furchtsam eine
—
dreiste
ängstliche
Andere
ich s a g e nicht w e n i g e r und a u s g i e b i g e
und
sparsame.
Alle
Chirurgen
um gewisse B l u t g e f ä s s e zu v e r m e i d e n
a b e r sie opfern a u f diese W e i s e R a u m . werden gar
oder
sollten
keine
operation,
doch
jetzt
blutige Operation
welche
die r e c t o v e s i c a l e ,
den ist
die
urtheilte
Medianmethoden Blutung
dies
in
der
gekommen,
Praxis dass
dem
Lateralschnitt,
zu.
Ich b e t r a c h t e
Arterie.
sei
und
s c h i e h t zwar n i c h t
zwar
den B u l b u s in
immer,
bei
und
Blutung
Schneidet man
da
als
anders
die
genannten
und s e l t e n e r
hinneigte,
geringer
gewährt,
Alle
dem
wäre,
Medianschnitt
schnitten
werden.
Aber
schliesslich eben
schreibe
ich
so
stark
ist
der
Bulbus
mehr
w u n d e n ; und ich
dass, wenn
oder
glaube,
angelegt
werden
und
grosse
(das
kann.
ge-
so findet eine
zu
stillen.
weniger
Bei ange-
eine g r o s s e muss,
ge-
das R e k t u m zu verWunde
wegen
dies in j e d e m
e i n e gut ausgeführte L a t e r a l o p e r a t i o n
andere geschehen
Bulbus
E s k o m m t a b e r d a r a u f an, in die B l a s e zu
grossen Steins
bei
die Arterie des B u l b u s selbst
und es ist s c h w i e r i g e r , sie
muss
wie
eine
Gewebe
a b e r doch hie und da)
iinde
Ansicht
dem
als
zu
diesen
ich
der
dieses
schwammige
bei
zu
in j e d e r Hinsicht
sind
früher,
als j e t z t ,
dass
seine Arterie
b e s s e r durch
lithotritirte
ich
andern.
l a n g e n , o h n e den B u l b u s , eines
dass
glaubte,
hierbei
dieses
ausgenommen
ich
bin
es
Perinäal-
anderen
den
e b e n s o s t a r k e B l u t u n g statt, als wenn durchschnitten
sagen,
diese
und
Diejenige
Raum
Ich m u s s
aber
werden,
dazu nöthig.
laterale.
wesentlich Medianoperationen. als ich theoretisch
zertrümmert
meisten
die
etc.,
E s g e n ü g e n i h r e Methoden
freilich r e c h t w o h l für kleine und m i t t e l g r o s s e S t e i n e ,
den
anderen
Die s o g e n a n n t e n a n a t o m i s c h e n Chirurgen h a b e n die Median-
o p e r a t i o n e n modificirt,
ist
vor-
Messerführung
n e i g e n natürlich m e h r oder w e n i g e r n a c h d e r einen o d e r Seite.
die
als durch
Falle jede
188
ich
Fünfzehnte Vorlesung.
Welche von
deji beiden
nicht
vielleicht die laterale.
sagen,
Operationen die leichtere ist, k a n n Wir
müssen
aber
hier
wieder die wichtige Thatsache berücksichtigen, die erst anlangt, sich u n t e r den Fachgenossen einzubürgern, nämlich dass die Lithotomie n u r bei ausnahmsweise grossen Steinen bei Erwachsenen erforderlich ist, und
dass alle anderen
die Lithotritie entfernt werden.
Steine viel sicherer
durch
Und diese Thatsache, deren
Er-
h ä r t u n g verhältnissmässig neu ist, unterwirft heute die verschiedenen Methoden der Lithotomie der vollen und ernsten Erwägung der Chirurgen, von einem neuen und ganz verschiedenen Gesichtspunkte aus.
Fünfzehnte Vorlesung.
Heber den Einfluss, welchen Nierenkrankheiten auf die Wahl der Operationsmethode bei Blasenstein haben. In den letzten 10 Wochen von Blasenstein
trafen , die meistens Patienten Der
achte
wurden Fall
des Jahres 1872 kamen 8 Fälle
in meine Klinik, von denen 7 Erwachsene einem vorgerückten Alter lithotritirt
und
sämmtlich
betraf einen Knaben
von
er ging geheilt weg.
1873
fand
ich
Wiederaufnehmen
einen
eben
zugegangenen
liches Interesse bot.
Kranken,
geheilt Gegen
meiner
dessen
den
ich
Ende J a n u a r
Thätigkeit
Zustand
beAlle
entlassen.
10 J a h r e n ,
lithotornirte und auch beim
angehörten.
ein
hier
erheb-
Ich werde desshalb diesen Fall zum Gegen-
stande dieser Vorlesung machen. Der Mann war 6 0 Jahre alt und verspürte vor etwa 3 Jahren die ersten Steinbeschwerden.
Vergangenen
Sommer
w u r d e er in
einem Hospital aufgenommen, woselbst man ihn wegen eines ziemlich
grossen Phosphatsteins lithotritirte.
Er ging gebessert
nach
Hause, schied a b e r gelegentlich Phosphattrümmer aus, was ihn zuweilen nöthigte,
einen Katheter zu ihrer Entfernung anzuwenden.
lieber Kierenkranklieitcn.
189
Seine Blase w a r in einein Z u s t a n d , bei dem
sich Phosphatsteine
rasch bilden. Status praesens (24. J a n u a r ) : Tag wie Nacht
halbstündlicher
Urinabgang mit grosser Anstrengung und grossen Schmerzen; P a tient ist genöthigt, dazu immer das Bett zu verlassen. t r ü b , alkalisch; spezifisches Gewicht
Urin blass,
1 0 0 9 ; bei der ersten Unter-
s u c h u n g zeigten sich granulirte Cylinder in demselben;
allgemeines
Befinden äusserst schwach. Man wird sich e r i n n e r n , dass ich in der Klinik ausführlich d a r ü b e r sprach und feststellte, dass der Patient an einer chronischen Nierenkrankheit litt.
Dann verbreitete ich mich über den Einfluss
dieses Zustandes auf die einzuschlagende Behandlung, im Falle ein Stein in der Blase wäre, und sagte, dass ich einen sorgfältigen Versuch machen würde, irgend ein Stück von einem Stein oder phosphatische Sedimente, welche die Ursache seiner Leiden sein könnten, zu entfernen.
Das that ich n u n und
davon ohne Schwierigkeil.
entfernte eine kleine Menge
Am 26. Januar ging eine geringe Menge
Detritus ab und der Urin w u r d e in längeren Zwischenräumen gesondert.
ab-
Am 28. entfernte ich ein ganz kleines Stückchen und
bei einer kurzen Untersuchung am 31. entdeckte ich nichts mehr. Nun passirtc e s , dass der Kranke
noch an demselben Nachmittag
gegen die Verordnung und in Abwesenheit des Wärters das Zimmer verliess und
in den Hof in die kalte Luft ging.
Am 2. Fe-
b r u a r bekam er einen Frostanfall und die Temperatur stieg auf 103 Grade.
Am 3. abermaliger
Frostanfall.
Am 4. war der
schläfrig und sprach unzusammenhängend. mit
Senfmehl bestreute
sie häufig wechseln. Fahr.),
Urinmenge
Breiumschläge auf
ein
wenig
Kreuz und
vermindert.
wusstsein
zurückkehrte,
der Patient wieder ordentlich
Dieser Zustand
die belegte Zunge sich
bekanntlich
hielt
zu
reinigen
be-
Nahrung zu sich naTmrT
am 4. ganz aufgegeben und
n u n die Hoft'nung, dass er sich wieder für eine Zeit lang würde.
liess
die Schläfrigkeit nachliess,