Die Cambridge Origenists: George Rust's Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions (Adamantiana) (English and German Edition) [Bilingual ed.] 3402137143, 9783402137147

Die Jahre 1658-1662 stellen so etwas wie einen origenistischen Moment innerhalb der englischen Theologie dar, der neben

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English, German Pages 384 [385] Year 2013

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Table of contents :
Title
Vorwort
Inhalt
George Rusts Letter of Resolution
Christian Hengstermann: George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions
Douglas Hedley: Cudworth on Freedom. Theology, Ethical Obligation and the Limits of Mechanism
Josef Lössl: George Rusts Darstellung der Geschichte des ersten Origenismusstreits im Letter of Resolution
Thomas R. Karmann: Güte, Weisheit und Allmacht. Platonismus und Origenismus in der Trinitätstheologie des Letter of Resolution
Alfons Fürst: Emanatianismus und Präexistentianismus. George Rusts origeneische Theodizeestrategie zwischen Determinismus und Freiheit
Birgit Wasmaier-Sailer: Liebe und All-Einheit. Ethischer Realismus und das Universalitätsprinzip in der Religionsphilosophie George Rusts
Christian Hengstermann: Der Niedergang der Hölle. Auferstehung und die Wiederherstellung aller Dinge im Letter of Resolution
Alfons Fürst / Christian Hengstermann: Die Apokalypse und der Naturgeist. Theologische Physik in George Rusts Origenes-Schrift
Zeugnisse des Cambridger Origenismus
William Spencer (1658) - Origenis Contra Celsum
George Rust (1658) - God is Love (1 Jn 4:16)
Henry More (1662) - A Collection of Several Philosophical Writings
Joseph Glanvill (1662) - A letter concerning the pre-existence of souls
Joseph Glanvill (1662) - Licht vom Osten
James Bellamy (1710) - Origenes gegen Kelsos
Aufbau des Letter of Resolution
Editionen von Werken der Cambridger Platoniker
Register
Namen und Sachen
Recommend Papers

Die Cambridge Origenists: George Rust's Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions (Adamantiana) (English and German Edition) [Bilingual ed.]
 3402137143, 9783402137147

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ISBN: 978-3-402-13714-7

DIE CAMBRIDGE ORIGENISTS

Alfons Fürst, Christian Hengstermann (Hg.)

Alfons Fürst, Christian Hengstermann (Hg.)

Die Jahre 1658–1662 stellen so etwas wie einen origenistischen Moment innerhalb der englischen Theologie dar, der neben Übersetzungen und Werkeditionen ganze im Geiste des Origenes entworfene philosophische Systementwürfe hervorbringt. Die 1661 anonym erscheinende Schrift des anglikanischen Bischofs George Rust ist ein Manifest des neuzeitlichen Origenismus: In kritischer Auseinandersetzung mit den neuen Philosophien eines Hobbes oder Descartes einerseits und der calvinistischen Theologie andererseits schreibt der Autor darin auf originelle Weise grundlegende Einsichten des Origenes fort.

DIE CAMBRIDGE ORIGENISTS George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions

ADAMANTIANA 4

Adamantiana Band 4

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Adamantiana Texte und Studien zu Origenes und seinem Erbe Texts and Studies on Origen and His Legacy Herausgegeben von / Edited by Alfons Fürst Wissenschaftlicher Beirat / Advisory Board Sarah Hutton (Aberystwyth), James Michihiko Kuyama (Tokio), Olivier Munnich (Paris), Marco Rizzi (Mailand), Martin Wallraff (Basel) Band 4 Kolloquien zum Nachleben des Origenes I

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DIE CAMBRIDGE ORIGENISTS George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions Zeugnisse des Cambridger Origenismus Herausgegeben von Alfons Fürst und Christian Hengstermann

Münster 2013

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© 2013 Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG, Münster Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Vergütungsansprüche des § 54 Abs. 2 UrhG werden durch die Verwertungsgesellschaft Wort wahrgenommen. Gesamtherstellung: Aschendorff Druckzentrum GmbH & Co. KG, 2013 Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier ∞ ISBN 978-3-402-13714-7

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Vorwort Die Beiträge des vorliegenden Bandes gehen auf eine Tagung über George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions zurück, die am 12. und 13. November 2010 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster stattgefunden hat. Die Tagung eröffnete die „Kolloquien zum Nachleben des Origenes“, die von der „Forschungsstelle Origenes“ veranstaltet werden und deren Beiträge in der Reihe „Adamantiana“ als Unterreihe mit diesem Titel erscheinen. Das Konzept dieser Tagungsreihe beruht darauf, Stationen der Wirkungsgeschichte des Origenes auf der Basis von jeweils einschlägigen Texten zu behandeln. Thema der genannten Tagung waren die Cambridge Platonists, auf deren theologisch-philosophisches Denken Origenes einen so entscheidenden Einfluss ausübte, dass auch von den Cambridge Origenists gesprochen werden könnte – was diesem Band und schon der Tagung den Haupttitel gegeben hat. Da der zentrale Text dieser Origenesrezeption im England des 17. Jahrhunderts, der anonyme Brief zur Aufklärung über Origenes und seine Hauptlehren von 1661, der mit guten Gründen George Rust, einem Mitglied des Kreises der Cambridger Platoniker, zugeschrieben wird, recht umfangreich ist, wird er samt deutscher Übersetzung, Einführung und Kommentierung in einem separaten Band erscheinen; Übersetzungen von Texten aus dem Letter of Resolution in den folgenden Beiträgen sind bereits dieser von Christian Hengstermann vorbereiteten Ausgabe entnommen, wofür alle Beteiligten ihm sehr herzlich danken. In den vorliegenden Band sind zu den Tagungsbeiträgen Zeugnisse des Cambridger Origenismus aufgenommen, die während dieses „origenistischen Moments innerhalb der englischen Theologie“ (Sarah Hutton) entstanden sind und speziell in Zusammenhang mit Rusts Letter of Resolution stehen. Unser Dank gilt in erster Linie den Autoren und der Autorin der Beiträge sowohl für ihre Teilnahme an der damaligen Tagung als auch für die Ausarbeitung der Tagungsvorträge zu Aufsätzen; Josef Lössl und Alfons Fürst haben zusätzliche Beiträge beigesteuert. Aufgrund des Mangels an modernen Ausgaben der Werke der Cambridge Platonists sind den Beiträgen Texte in Auswahl beigegeben, aus denen der Origenismus dieser Platoniker hervorgeht. Den Text von William Spencer und den Brief von Joseph Glanvill übersetzte Alfons Fürst, alle anderen Christian Hengstermann. Aus Gründen der Lesefreundlichkeit sind die lateinischen Texte, vor allem aber die englischen, und zwar wie in vergleichbaren

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6 Editionen von englischen Texten nach den Regeln von Shakespeare-Ausgaben,1 behutsam gegenwärtigen Gepflogenheiten in Orthographie und Interpunktion angepasst. Die Erläuterungen zu den Texten intendieren nicht eine umfassende Kommentierung, sondern geben lediglich die wichtigsten Hinweise, besonders zu Aspekten, die mit dem Inhalt dieses Bandes in Zusammenhang stehen. Für die ausgesprochen mühsame elektronische Erfassung der nicht leicht zugänglichen und oft schwer lesbaren Texte danken wir sehr herzlich den Studentischen Hilfskräften Markus Kreye und Christian Pelz, die es durch ihren hohen Einsatz auch ermöglicht haben, die Register zügig zu erstellen. Nach einer längeren Entstehungszeit fühlen wir uns sehr glücklich, diesen Tagungsband endlich vorlegen zu können. Der Autorin und den Autoren sei herzlich für ihre Geduld gedankt, und den Leserinnen und Lesern wünschen wir fruchtbare Entdeckungen auf einem zumindest in Deutschland weitgehend unbekannten Feld der weit gefächerten Wirkung des origeneischen Erbes. Münster, im Juli 2013

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Alfons Fürst und Christian Hengstermann

Siehe dafür Stanley Wells/Gary Taylor, Modernizing Shakespeare’s Spelling. With Three Studies in the Text of Henry V, Oxford 1979 (Taylor ist der Autor der genannten Studien).

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Inhalt Vorwort  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions

Christian Hengstermann George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions. Manifest eines neuzeitlichen Origenismus  . . . . . . . . . . . . . . 11 Douglas Hedley Cudworth on Freedom. Theology, Ethical Obligation and the Limits of Mechanism  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Josef Lössl George Rusts Darstellung der Geschichte des ersten Origenismusstreits im Letter of Resolution  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Thomas Karmann Güte, Weisheit und Allmacht. Platonismus und Origenismus in der Trinitätstheologie des Letter of Resolution  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Alfons Fürst Emanatianismus und Präexistentianismus. George Rusts origeneische Theodizeestrategie zwischen Determinismus und Freiheit  . . . . . . . . . . . . . 133 Margit Wasmaier-Sailer Liebe und All-Einheit. Ethischer Realismus und das Universalitätsprinzip in der Religionsphilosophie George Rusts  . . . . . . . . 165 Christian Hengstermann Der Niedergang der Hölle. Auferstehung und die Wiederherstellung aller Dinge im Letter of Resolution  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Alfons Fürst/Christian Hengstermann Die Apokalypse und der Naturgeist. Theologische Physik in George Rusts Origenes-Schrift  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

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8 Zeugnisse des Cambridger Origenismus

William Spencer (1658) Origenis Contra Celsum. Lectori – Origenes’ Gegen Kelsos. An den Leser  . 220 George Rust (1658) God is Love (1 Jn 4:16) – „Gott ist Liebe“ (1 Joh. 4,16)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Henry More (1662) A Collection of Several Philosophical Writings. The Preface General (Excerpt) – Sammlung verschiedener philosophischer Werke. Allgemeines Vorwort (Auszug)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 Joseph Glanvill (1662) A letter concerning the pre-existence of souls – Ein Brief über die Präexistenz der Seelen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Joseph Glanvill (1662) Lux Orientalis. The Preface – Licht vom Osten. Das Vorwort  . . . . . . . . . . . 306 James Bellamy (1710?) Origen against Celsus. Translator’s Preface – Origenes gegen Kelsos. Vorwort des Übersetzers  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Aufbau des Letter of Resolution  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 56 Editionen von Werken der Cambridger Platoniker  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Register Bibel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Origenes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antike Autoren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frühneuzeitliche Autoren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namen und Sachen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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George Rusts Letter of Resolution ­C oncerning Origen and the Chief of His Opinions

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George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions Manifest eines neuzeitlichen Origenismus Christian Hengstermann, Münster

1. Die Cambridger Platoniker und das Erbe des Origenes im ­frühneuzeitlichen England Die Origenes-Rezeption im England des 17. Jahrhunderts ist untrennbar mit der Platonikerschule von Cambridge verbunden.1 Bei den Cambridge Origenists bzw. den Cambridge Platonists handelt es sich um eine Gruppe progressiver Theologen im neuzeitlichen England.2 Um dem materialistischen Atheismus und dem 1

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Vgl. zum Folgenden insgesamt Christian Hengstermann, Origen in Early Modern Cambridge. A Conference on the Cambridge Origenists and George Rust’s Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of his Opinions, in: Adamantius 12 (2012) 303–316. Bislang gibt es nur einige wenige, meist kürzere Studien, die ganz der Bedeutung des Origenes innerhalb des Platonismus von Cambridge gewidmet sind. Einen Überblick über zentrale Themen der Origenes-Rezeption der Cambridger Platoniker, namentlich die Theorie der geistigen Sinnlichkeit, den Präexistentianismus und die Trinitätslehre, bietet nun Douglas Hedley, The Cambridge Platonists and the “Miracle of the Christian World”, in: Alfons Fürst/Christian Hengstermann (Hg.), Autonomie und Menschenwürde. Origenes in der Philosophie der Neuzeit (Adamantiana 2), Münster 2012, 185–195. Grundlegend ist noch immer der Sammelband von Marialuisa Baldi (Hg.), “Mind Senior to the World”. Stoicismo e origenismo nella filosofia platonica del Seicento inglese, Mailand 1995. Speziell dem Thema der Rezeption der origeneischen Präexistenzlehre im 17. Jahrhundert widmet sich der hervorragende Aufsatz von Rhodri Lewis, Of “Origenian Platonisme”. Joseph Glanvill on the Pre-existence of Souls, in: The Huntington Library Quarterly 69 (2006) 267–300. Eine kenntnisreiche Darstellung des allgemeinen patristischen Einflusses auf die Genese der verschiedenen anglikanischen Vernunfttheologien der Zeit bietet Daniel W. Dockrill, The Heritage of Patristic Platonism in Seventeenth Century English Philosophical Theology, in: Graham Alan John Rogers/Jean-Michel Vienne/Yves Charles ­Z arka (Hg.), The Cambridge Platonists in Philosophical Context. Politics, Metaphysics and Religion (AIHI 150), Dordrecht 1997, 55–77. Zu den Cambridger Platonikern siehe jetzt die ausführliche Einführung von Christian Hengstermann, Die „Cambridge Platonists“. Freiheitsmetaphysik und All-Einheitsspekulation im neuzeitlichen Christentum, in: ders./Ulrike Weichert (Hg.), Anne Conways Principia Philosophiae. Materialismuskritik und Alleinheits-Spekulation im neuzeitlichen England (Pontes 52), Berlin 2012, 13–39. Ebd. 13 Anm. 1 findet sich ein kommentierter

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sektiererischen Enthusiasmus, in denen sie die beiden Hauptgefahren für das Christentum ihrer Zeit wähnten, zu begegnen, propagierten die anglikanischen Geistlichen der Cambridger Colleges Emmanuel, Christ’s und Clare ein irenisches Christentumsideal in der großen Tradition des christlichen Platonismus. Es nimmt kaum wunder, dass der „große Origenes“,3 der bedeutendste der antiken christlichen Platoniker, dessen undogmatische Theologie widerstreitende Meinungen nicht a priori als Häresien verunglimpfte, sondern, im Gegenteil, um des theologischen Fortschritts willen sogar begrüßte, innerhalb ihres Bemühens, eine erste protestantische Vernunfttheologie zu schaffen, eine Schlüsselrolle gespielt hat. Insbesondere die Jahre zwischen 1658 und 1662, in denen die wichtigsten Werke des Cambridger Origenismus veröffentlicht werden, bilden geradezu so etwas wie einen „origenistischen Moment innerhalb der englischen Theologie“.4 So erschien 1658 die von William Spencer, einem Fellow des Christ’s College, besorgte Ausgabe der von Basilius dem Großen und Gregor von Nazianz zusammengestellten Origenes-Anthologie, der Philokalie, sowie der großen Christentums-Apologie Contra Celsum, die der englischen Leserschaft sowohl den griechischen Text wie auch die lateinische Übersetzung des Sigismund Gelenius zugänglich machte.5 Im Jahre 1660 veröffentlichte Henry More, der Cambridger Platoniker mit den weitestgehenden origenistischen Sympathien, sein nachhaltig vom Denken des Alexandriners beeinflusstes theologisches Hauptwerk An Explanation of the Grand Mystery of Godliness. 1662 folgten die zwei Bände seiner Collection of Several Philosophical Writings, einer Gesamtausgabe seiner in den

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Überblick über die einschlägige englische und deutsche Sekundärliteratur zu der in der deutschsprachigen Philosophiegeschichtsschreibung bislang weithin vernachlässigten Philosophenschule von Cambridge. Constantinos Apostolou Patrides, “The High and Aiery Hills of Platonisme”. An Intro­ duction to the Cambridge Platonists, in: ders. (Hg.), The Cambridge Platonists, Cambridge/New York 1969, 1–42, hier 2, spricht treffend vom „mighty Origen“, der den Cambridger Platonikern als wichtiger Gewährsmann ihres irenischen Platonismus gedient habe. In diesem Zusammenhang trägt Patrides auch eine höchst bedenkenswerte allgemeinere Grundthese über das Verhältnis von Platonismus und Origenismus in der abendländischen Geistesgeschichte vor: „I am inclined to think that the course of Platonism in the West can be read in terms of Origen’s fluctuating fortunes. The road leads from his censure by St Jerome, through many years in the medieval wilderness, to his acceptance by the Florentine Neoplatonists and esp. by Erasmus, Colet and Sir Thomas More.“ Als solchen bezeichnet Sarah Hutton, Henry More and Anne Conway on Preexistence and Universal Salvation, in: Baldi, Mind Senior to the World (wie Anm. 1) 113–125, hier 113, treffend die genannte Hochzeit des frühneuzeitlichen englischen Origenismus. ᾽Ωριγένης κατὰ Κέλσου, ἐν τόμοις η´. Τοῦ αὐτοῦ Φιλοκαλία. Origenis Contra Celsum libri octo. Ejusdem Philocalia. Gulielmus Spencerus, Cantabrigiensis, Collegii Trinitatis Socius, utriusque operis versionem recognovit, & Annotationes adjecit. Cum Indice Rerum et Verborum Locupletissimo, Cantabrigiae 1658 (21677). Siehe das Vorwort dieser für die Cambridger Origenes-Renaissance wichtigen Ausgabe unten S. 220–231.

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Manifest eines neuzeitlichen Origenismus

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50er Jahren publizierten philosophischen Schriften. Nicht von ungefähr enthält das umfangreiche Prolegomenon eine mehrere Seiten umfassende Apologie des Origenes, seines zentralen patristischen Referenzautors.6 Obwohl er in der Zeit unmittelbar nach der Restauration von Krone und anglikanischer Kirche sichtlich um seine Reputation als orthodoxer Theologe bemüht ist, scheut sich More nicht, den Alexandriner, dessen Leben und Werk er in der Vorrede, gestützt auf Eusebius, ausführlich würdigt, ausdrücklich als „Wunder der christlichen Welt“7 zu preisen. Vermutlich vom More-Schüler und späteren Bischof des irischen Dromore George Rust verfasst, markiert der anonyme Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions von 1661, eine ausführliche systematische Gesamtdarstellung der christlichen Heilsmetaphysik des Alexandriners, den Höhepunkt des Cambridger Origenismus. In dem Werk versucht sein Verfasser nichts weniger, als auf der Grundlage der von ihm kenntnisreich wiedergegebenen sechs origeneischen „Hauptlehren“ einen eigenen christlichen Rationalismus zu entwickeln. Er bietet einen umfassenden Gegenentwurf zu den anderen frühneuzeitlichen Systemen, der die ihrerseits vom Gottes-a priori als unzweifelhafte Vernunftwahrheit verbürgte göttliche Güte zum fundamentum inconcussum hat und der die Welt insgesamt zu erklären beansprucht. Die Veröffentlichung des Letter of Resolution führt bald darauf zu einer Reihe weiterer Werke zu origeneischen Themen, allen voran den Traktaten des Oxforder Platonikers Joseph Glanvill. Unmittelbar nach Erscheinen des Letter of Resolution verfasst er einen Brief zur origeneischen Präexistenz-Doktrin.8 Im Jahr darauf publiziert er eine Lux Orientalis betitelte umfassende Abhandlung, bei der es sich, wie er im Vorwort stolz erklärt, um das erste ausschließlich dem Thema gewidmete Werk überhaupt handelt. Der Titel, der einer ersten Zusammenfassung seines Inhalts gleichkommt, erweist den Traktat als Entwurf einer Theodizee aus origeneischem Geiste: Lux Orientalis; or An Enquiry into the Opinion of the Eastern sages Concerning the praeexistence of souls. Being a Key to unlock the Grand Mysteries of Providence. In Relation to Mans Sin and Misery.9 Demnach ist es Origenes, der größte unter den „orientalischen Weisen“, der endlich 6

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Henry More, The Preface General, in: A Collection of Several Philosophical Writings, London 1662, vol. I, iii–xxvii, hier xxi–xxiii. Das in diesem Zusammenhang vielzitierte Origenes-Kapitel der Vorrede ist unten S. 268–285 zusammen mit einer deutschen Übersetzung in seiner ursprünglichen englischen und späteren lateinischen Fassung abgedruckt. Ebd. xxi. Das Lob wiederholt More in der späteren lateinischen Gesamtausgabe seiner Schriften: ders., Opera omnia II/2, London 1679 (ND Hildesheim 1966), Praefatio generalis 12. Zusammen mit einer kurzen Kommentierung ist der Präexistentianismus-Brief abgedruckt bei Lewis, Origenian Platonisme (wie Anm. 1) 292–300. Siehe den Text mitsamt einer deutschen Übersetzung und Kommentierung unten S. 286–305. Joseph Glanvill, Lux Orientialis, London 1662. Der Text der programmatischen Vorrede der Schrift, die wie der Letter of Resolution auf der Grundlage der christlichen Philosophie

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die „Wege Gottes“ zu rechtfertigen vermag. Als einen ersten Abschluss der Debatten um den kontroversen Letter of Resolution, der den Zeitgenossen erstmalig einen umfassenden Einblick in die Freiheitsmetaphysik des Origenes in ihrer Neuformulierung durch Henry More und den Kreis seiner Schüler gegeben hatte, mag man die von einem ansonsten gänzlich unbekannten anglikanischen Theologen namens James Bellamy10 angefertigte englische Übersetzung der ersten beiden Bücher der origeneischen Spätschrift Contra Celsum ansehen. Vermutlich Anfang des 18. Jahrhunderts verfasst,11 bietet das Werk in einem höchst lebendig geschriebenen Translator’s Preface eine eloquente Verteidigung der zu jener Zeit nicht unumstrittenen Praxis einer Übersetzung der wichtigsten patristischen Exegeten in die Landessprache. Zugleich versteht der Übersetzer sein Werk als Beitrag zur „Querelle des Anciens et Modernes“, in der er eine moderate Linie einnimmt und gleichermaßen für den Wert der freilich nicht absolut zu setzenden alten Literatur und der in vielfacher Hinsicht höchst nützlichen modernen eintritt. Unter den Alten, den Schriftauslegern des christlichen Altertums, die es, so das Anliegen des Übersetzers, dem modernen englischen Protestantismus in Übersetzungen zu erschließen gelte, gebühre dem Alexandriner eine Ehrenstellung. Fast enthusiastisch preist er Origenes als unvergleichliches theologisches Genie, das alle anderen Theologen vor und nach ihm in Frömmigkeit wie in Gelehrsamkeit weit übertroffen habe. Das Verständnis, das er für die gegen den Alexandriner gerichtete Polemik im ersten und seine Verurteilung im zweiten Origenismusstreit zu haben vorgibt, ist offenbar bloße Konzession gegenüber einer kirchlichen Orthodoxie, die in dem ersten christlichen Religionsphilosophen von Rang mit den rechtgläubigen Autoritäten der christlichen Spätantike noch immer einen Häretiker sehen wollte:

des Alexandriners eine systematische Heilsmetaphysik zu konstruieren sucht, findet sich zusammen mit einer deutschen Übersetzung unten S. 306–325. 10 Vgl. hierzu Wolfram Kinzig, Polemics reheated? The reception of ancient anti-Christian writings in the Enlightenment, in: ZAC 13 (2009) 316–350, hier 331. 11 Origen against Celsus, Translated from the Original into English by James Bellamy, London o. J. Das Werk wird ohne Nennung von Gründen mal auf das Jahr 1660, mal auf das Jahr 1710 datiert. Aufgrund der Bezugnahmen auf die „Querelle des Anciens et Modernes“ und verschiedene unlängst verstorbene Autoren lässt sich die erste Jahreszahl mit Gewissheit ausschließen. Das Werk ist ein später Beitrag zu der von den Cambridger Platonikern herbeigeführten Origenes-Renaissance. Es bezeugt zudem das besondere Interesse, das sie an dem Spätwerk des Alexandriners hegten: Die Schrift galt ihnen als vorbildliche Widerlegung des antiken wie der neuen Atheismen ihrer Zeit. Bellamys Translator’s Preface to the Reader findet sich samt einer deutschen Übersetzung unten S. 326–355.

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Manifest eines neuzeitlichen Origenismus

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„Nach all dem, was ich gesagt habe (und gemessen an dem, was ich ohne weiteres noch zum Lob des Origenes auszuführen imstande wäre, ist es nur wenig), wage ich nicht zu behaupten, dass der Hl. Hieronymus, jener überaus gelehrte Vater, und das Zeitalter Justinians nach ihm und die vielen, die hernach kamen, nicht irgendwelche Gründe für ihre Vorwürfe wider ihn hatten.“12

Innerhalb des neuzeitlichen Nachlebens des Alexandriners stellt sich der Origenismus englischer Theologen wie Henry More, George Rust und Joseph Glanvill als Fortsetzung der humanistischen Origenes-Renaissance dar, die der Florentiner Pico della Mirandola mit seiner mutigen Verteidigung der unsterblichen Seele des verfemten antiken Theologen initiiert und die der Niederländer Erasmus von Rotterdam in seiner gelehrten philosophia Christi vollendet hatte. Insbesondere der liberale Geist undogmatischer theologischer Forschung, wie sie Erasmus, der bedeutendste unter den humanistischen Origenes-Anhängern, propagiert hatte, hat die Vision der Cambridger Origenisten von einem Christentum von ökumenischer Toleranz und universaler Menschenliebe nachhaltig geprägt.13 Zwar steht das philosophische Projekt der Cambridger Origenisten unverkennbar in der Schuld des christlichen Humanismus eines Pico und eines Erasmus, den sie unter den Bedingungen ihrer Zeit fortführen, und zweifellos hätten sie ohne die editorische und gedankliche Vorarbeit der großen humanistischen Philosophen und Philologen unmöglich ihre eindrucksvolle Synthese von Platonismus und Patristik schaffen können. Allerdings sind die Platoniker um Cudworth und More keineswegs bloße Epigonen der von ihnen bewunderten Humanisten, sondern allesamt höchst eigenständige Denker, deren bahnbrechende Leistung insbesondere im Bereich der Moral- und Religionsphilosophie in der Philosophiegeschichtsschreibung erst unlängst wiederentdeckt wird. Unter philosophischem Gesichtspunkt stellt der vor allem von Ralph Cudworth und Henry More 12 Ebd. 22. Die Übersetzungen aus dem Englischen hier und im Folgenden stammen vom

Autor.

13 Der erasmische Charakter der Cambridger Theologie ist bereits häufig herausgestellt wor-

den. Siehe stellvertretend etwa Douglas Hedley, Radical Orthodoxy and Apocalyptic Difference. Cambridge Platonism, and Milbank’s Romantic Christian Cabbala, in: ders./Wayne J. Hankey (Hg.), Deconstructing Radical Orthodoxy. Postmodern Theology, Rhetoric and Truth, Aldershot/Burlington 2005, 99–115, hier 99, der sie mit Recht als „moderate ‚heirs of Erasmus‘“ bezeichnet. En détail zeichnet Rosalie L. Colie, Light and Enlightenment. A Study of the Cambridge Platonists and the Dutch Arminians, Cambridge 1957, 3. 22 f., das theologische Traditionsfluidum, in dem die Platoniker der Cambridger Universität stehen, nach. Die christliche Tradition, die zwischen dem Humanismus des Erasmus von Rotterdam und dem Platonismus von Ralph Cudworth und Henry More vermittelt, ist demnach der niederländische Arminianismus: Mit ihrem strikten Anti-Calvinismus stellen sich die Cambridge Platonists bewusst in die arminianische Tradition des Christentums, die wiederum den großen europäischen Humanistenfürsten zum Ahnherrn hat.

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Christian Hengstermann

geschaffene erste angelsächsische Idealismus14 ohne Zweifel sogar die Vollendung der humanistischen Origenes-Renaissance dar: In ihrer Auseinandersetzung mit den frühneuzeitlichen Philosophien eines René Descartes, Thomas Hobbes und Baruch de Spinoza entwickeln sie in der Tradition des Origenes wie des von ihm geschaffenen christlichen Platonismus insgesamt ein erstes eindrucksvolles idealistisches Denkgebäude, das von den drei Säulen der menschlichen Freiheit, der objektiven Moralität und der Vorsehung einer gütigen Gottheit getragen wird.15

2. Das Hegemonikon und der Christus in uns. Ralph Cudworth und die Ethik und Psychologie des Origenes Dass die Cambridger Platoniker in der Tat weder, wie es das noch immer nachwirkende Verdikt Ernst Cassirers will, rückwärtsgewandte Späthumanisten noch letztlich unoriginelle und in der weiteren europäischen Geistesgeschichte praktisch unrezipiert gebliebene Philosophen sind, stellt Douglas Hedley (Cambridge) mit Nachdruck heraus. Als erste Platoniker, die das Paradigma der Neuen Wissenschaft nicht nur annehmen, sondern auch einer profunden theologischen Deutung unterziehen, sind sie, im Gegenteil, höchst bedeutsame Vertreter einer neuen Metaphysik unter den Gegebenheiten der zu ihrer Zeit einsetzenden Säkularisierung. Später von bekannteren neuzeitlichen Denkern wie Leibniz, Bayle oder LeClerk intensiv studiert, machen die Cambridger Platoniker, allen voran Ralph Cudworth und Henry More, den naturwissenschaftlichen Mechanismus

14 John H. Muirhead, The Platonic Tradition in Anglo-Saxon Philosophy. Studies in the

History of Idealism in England and America, London/New York 1931, 33–71, lässt seine noch immer maßgebende Würdigung des englischen Idealismus, den die Erfolgsgeschichte des ungleich bekannteren britischen Empirismus weithin aus dem allgemeinen Bewusstsein gebannt hat, mit Recht mit Ralph Cudworth und den Cambridger Platonikern beginnen. 15 Die Lehrentrias, die den Kern der Vernunftreligion der Cambridger Origenisten bildet, fasst Ralph Cudworth in der Vorrede zu seinem True Intellectual System of the Universe, a New Edition by Thomas Birch, London 1820, 4 Bde., hier I, 45, programmatisch zusammen: „Dagegen sind unserer Ansicht nach die folgenden drei Dinge die wesentlichen Grundmerkmale der wahren Religion: erstens, dass in der Welt nicht alles ohne Lenker und Herrscher dahintreibt, sondern es einen Gott gibt, ein allmächtiges, geistiges Wesen, das über alles wacht; zweitens, dass es, da Gott seinem Wesen nach gut und gerecht ist, ein φύσει καλὸν καὶ δίκαιον gibt, etwas, das seiner eigenen Natur nach und nicht allein aufgrund eines arbiträren Willens, Gesetzes oder Gebotes unveränderlich und ewig gerecht und ungerecht ist; und drittens schließlich, dass es etwas ἐφ᾽ ἡμῖν gibt, dass wir also in dem Maße Ursprung und Herr unserer eigenen Handlungen sind, dass wir für sie zur Rechenschaft gezogen werden können und an dem Schlechten, das wir tun, selbst Schuld tragen und dafür Tadel und eine entsprechende Strafe verdienen.“

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nicht wie insbesondere Thomas Hobbes und Baruch de Spinoza16 zur Grundlage einer materialistischen, sondern einer idealistischen Metaphysik. So stehen sie etwa Isaac Newton nahe, dessen Konzept des absoluten Raums samt seiner religionsphilosophischen Deutung sie nachweislich geprägt haben. Mit Newton teilt auch Cudworth die Leitfrage nach den Bedingungen der Gegenwart des Göttlichen in der raumzeitlichen Wirklichkeit, die der Cambridger Religionsphilosoph im Sinne seiner wirkmächtigen Doktrin von der „plastischen Natur“17 beantwortet: Als alles durchwaltender unbewusster Schöpfergeist ist sie es, die für die im mechanistischen Weltbild nicht erklärbare Ordnung in der Welt verantwortlich zeichnet. Die Irreduzibilität des Geistigen, wie sie die Platoniker gegenüber dem handlungstheoretischen Naturalismus ihres philosophischen Widerparts Thomas Hobbes mit größtem Nachdruck betonen, ist auch für Cudworth’ Psychologie der Handlung, in der er bewusst an Origenes anknüpft, leitend. Cudworth’ Aneignung der origeneischen Lehre vom ἡγεμονικόν, dem herrschenden Teil der Seele des Vernunftwesens,18 gehört zu den großen philosophischen Errungenschaften des Cambridger Origenismus: Auf der Grundlage der antiken biblisch-philosophischen Freiheitsanthropologie des Origenes19 entwickelt Cudworth eine umfassende neuzeitliche Theorie des sittlichen Subjekts. Obwohl sein (erst 1838 postum erschienener) Treatise of Freewill20 durchweg den Einfluss von Plotins Enneade VI 8 Über den freien Willen und den Willen des Einen verrät, 16 Obwohl im Ganzen weniger bekannt als ihre Auseinandersetzung mit Descartes und Hob-

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bes, ist die Kritik, die der Kreis an Spinoza übt, für die systematische Würdigung ihres Denkens von mindestens ebensolchem Belang. Eine detaillierte Darstellung der Kritik der Cambridger Platoniker am Spinozismus allgemein und derjenigen Henry Mores speziell bietet Colie, Light and Enlightenment (wie Anm. 13) 66–116. Seine Naturphilosophie legt Cudworth in einem umfangreichen Exkurs seiner Systemschrift dar: True Intellectual System I, 316–388. Eine systematische Darstellung von Cudworth’ origeneischer Doktrin bietet Douglas Hedley, Sacrifice Imagined. Violence, Atonement, and the Sacred, New York/London 2011, 114–119, auch im Zusammenhang seines Entwurfs einer umfassenden antinaturalistischen Anthropologie, für die durchweg das Konzept der Vorstellungskraft leitend ist. Vgl. zum Folgenden allgemein auch Jean-Louis Breteau, Origène était-il pour Cudworth le modèle du philosophe chrétien?, in: Baldi, Mind Senior to the World (wie Anm. 1) 127–147, hier 140–144, sowie Christian Hengstermann, Platonismus und Panentheismus bei Ralph Cudworth, in: Frank Meier-Hamidi/Klaus Müller (Hg.), Persönlich und alles zugleich. Theorien der All-Einheit und christliche Gottrede (ratio fidei 40), Regensburg 2010, 192–211, hier 204–207. Siehe hierzu insbesondere Henri Crouzel, L’anthropologie d’Origène dans la perspective du combat spirituel, in: RAM 31 (1955) 364–385. Eine moderne kritische Edition liegt in der Reihe Cambridge Texts in the History of Philosophy vor: Ralph Cudworth, A Treatise Concerning Eternal and Immutable Morality, with A Treatise of Freewill, ed. by Sarah Hutton, Cambridge 1996. Ebd. x bietet die Her­ ausgeberin einen hilfreichen Überblick über die Editions- und Rezeptionsgeschichte der kurzen, aber zentralen Schrift.

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stellt sich Cudworth’ Theorie sittlicher Zurechnungsfähigkeit im Ganzen als Freiheitsmetaphysik in der Tradition des Origenes dar. In dem genannten Werk verwirft Cudworth eine in sich aporetische scholastische Psychologie verschiedener Seelenvermögen, wie Bischof Thomas Bramhall sie in seiner Auseinandersetzung mit Thomas Hobbes vertreten hatte. 1654 hatte Bramhall ohne Wissen des Autors Hobbes’ Abhandlung Of Liberty and Necessity publiziert, um ihn als gottlosen Materialisten und Deterministen zu entlarven.21 Ralph Cudworth nahm sodann aus vielerlei Gründen Anstoß an Bramhalls scholastischer Fakultätenpsychologie. Zum einen sucht er im Treatise of Freewill aufzuzeigen, dass eine solche Lehre zwangsläufig den Fehler begeht, die verschiedenen Vermögen zu eigenständig handelnden Akteuren zu hypostasieren. Die Rede von einem „Verstand, der versteht“, oder einem „Willen, der will“, so Cudworth, ist ebenso tautologisch wie die von einem „Gehvermögen, das geht, und dem Sprechvermögen, das spricht, oder dem musischen Vermögen, das ein Stück auf der Flöte spielt oder diese oder jene Melodie singt“.22 Zum anderen führt eine philosophische Psychologie wie die Bramhalls zu der Annahme einer aporetischen Beziehung zwischen den beiden Vermögen, auf die in ethischen Diskussionen gemeinhin Bezug genommen wird. In der kritisierten Theorie ist der Wille nämlich ohne jede Vernunft und mithin unfähig, den Verstand des Menschen zu bewegen. Umgekehrt gebricht es der Vernunft an jeder bewegenden Kraft, so dass sie unfähig ist, das menschliche Wollen zu steuern. Cudworth lässt keinen Zweifel daran, dass er Bramhalls klassische ethische Seelenlehre für verfehlt hält: „Entsprechend müsste man annehmen, dass das Willensvermögen mit Verstand oder im Wissen um das, was es tut, bewegt und dass das Verstandesvermögen willentlich oder zumindest nicht ohne Willen bewegt. Allerdings gehört zum Geist als solchem bzw. als Vermögen nichts als bloßes Begreifen oder Wahrnehmen und nichts irgendwie Willent­ liches. Ebenso gehört zum Willen als solchem bzw. als Vermögen nichts als bloßes Wollen und nichts irgendwie Verstandesmäßiges.“23

Der Lehre Bramhalls von den verschiedenen Seelenvermögen stellt Cudworth im Rückgriff auf Origenes’ Apologie Contra Celsum das ἡγεμονικόν und seine Fähigkeit, die innere seelische Vielheit zur Einheit zu bringen, gegenüber. Das ἡγεμονικόν rekapituliert das Gesamt der disparaten Regungen und Gedanken des sittlichen Akteurs und bewegt die Seele als geeintes Ganzes entweder im Sinne 21 Siehe hierzu ausführlich Samuel I. Mintz, The Hunting of Leviathan. Seventeenth-Cen-

tury Reactions to the Materialism and Moral Philosophy of Thomas Hobbes, Cambridge 1962, 110–133. 22 Cudworth, Treatise of Freewill 170. 23 Ebd. 171.

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göttlicher Güte oder tierischer Bosheit. Cudworth’ Auseinandersetzung mit dem origeneischen Terminus ist überaus anspruchsvoll. Das vorsichtige „gleichsam“, das eine uneigentliche Rede anzeigt, der gewundene Stil mit mancher Redundanz und der Gebrauch von Bildern und Metaphern bezeugen sein Bemühen, einen Begriff von dem zu entwickeln, was von Kant später als das irreduzible „Ich denke“ bezeichnet werden wird, die Vorstellung von der Einheit des (moralischen) Bewusstseins des Menschen: „Ich sage daher, dass das τὸ ἡγεμονικόν in jedem Menschen und mithin das, was unser eigentliches Selbst ist – andere Dinge, die ihrer Natur nach notwendig sind, haben wir eher, als dass wir sie sind –, die Seele ist, insofern sie sich selbst mit all ihren Sorgen und Interessen, mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten umfasst und sich sozusagen selbst in der Hand hält und sich selbst über sich verdoppelt und insofern sie, wenn es darum geht, den ihr widerstehenden niederen Impulsen entgegenzutreten, über die Kraft verfügt, Nutzen, Vernunft und Rechtschaffenheit mehr oder weniger entschlossen und angestrengt zu erwägen und zu bedenken.“24

Nur durch die Annahme einer Seele, „die sich selbst über sich verdoppelt“, so Cudworth, lässt sich widerspruchsfrei denken, dass ein Subjekt als Ganzes will und versteht und so auch nicht etwa als unvernünftiger Wille oder unfehlbare Vernunft, sondern als moralischer Akteur, als Person, zur Rechenschaft gezogen wird.25 In Termini seiner Religionsphilosophie identifiziert Cudworth das ἡγεμονικόν mit dem wahren Selbst des Menschen, dem gekreuzigten Christus. Dadurch, dass er das innere Selbst mit dem Christus der christlichen Heilsgeschichte in eins setzt, erweist sich seine ethische Psychologie ungeachtet ihrer Nähe zur Freiheitsschrift Plotins letztlich als mehr origeneisch denn plotinisch. So tritt an die Stelle des plotinischen Konzepts eines höchsten Seelenteils, der auch weiter im geistigen Bereich verharrt, das des origeneischen Logos, der Cudworth als Prinzip des Wesens des Menschen gilt. Die Einführung des inneren Christus ist für Cudworth’ Moralphilosophie von überragender Bedeutung. Sie erlaubt ihm eine philosophische Verteidigung genuin christlicher Tugenden wie derjenigen der Demut und insbesondere der Selbstlosigkeit universaler Liebe, die der eher elitären platonischen Ethik Plotins grundsätzlich fremd sind. Diese Absicht mag auch der Grund dafür sein, dass Origenes in Cudworth’ Denken eine so prominente Rolle 24 Ebd. 178. 25 Die personale Identität des zurechnungsfähigen moralischen Akteurs ist eines der Leit-

themen von Cudworth’ Treatise of Freewill. Da es, so argumentiert er gleich zu Anfang der Abhandlung, stets die Person als ganze ist, die gelobt und getadelt wird, muss eine Theorie des sittlichen Handelns auch dem holistischen Aspekt unseres ethischen Urteils Rechnung tragen: „Indes“, so fasst er den Gedanken ebd. 156 konzis zusammen, „tadeln wir die Laster von Menschen mit einem Missvergnügen gegen die Personen selbst“.

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spielt, obwohl der Autor fürchten musste, hierdurch den Argwohn der Hierarchie der erst unlängst wiederhergestellten anglikanischen Kirche auf sich zu ziehen. Neben der ethischen Psychologie vertritt Cudworth wie Origenes einen teleologischen Freiheitsbegriff, nach dem Freiheit stricto sensu nicht etwa die Möglichkeit unbestimmter Wahl, sondern die unbeirrte Übereinstimmung mit dem göttlichen Leben im Innern der Seele bezeichnet. Zwar ist die Wahlfreiheit offensichtliche conditio sine qua non für Lob und Tadel. Die Freiheit im eigentlichen Sinne fasst Cudworth jedoch konsequent in axiologischen Kategorien: „Dagegen besteht die wahre Freiheit eines Menschen, die reine Vollkommenheit ist, darin, dass er durch den rechten Gebrauch des freien Willens (und mit den Hilfen seitens der göttlichen Gnade) kraft seines Charakters im moralischen Guten gefestigt bzw. in einem Gemütszustand ist, der von solcher Art ist, dass er sich frei, gern und ohne weiteres an das Gesetz des göttlichen Lebens hält und Freude hieran findet und dazu noch eine Abneigung gegenüber dem Gegenteil empfindet. Mit anderen Worten: Das Gesetz des geistigen Lebens hat ihn vom Gesetz der Sünde, das der Tod der Seele ist, befreit.“26

Insgesamt erweist sich Cudworth’ Doktrin des ἡγεμονικόν als eines der eindrucksvollsten Beispiele einer Aneignung origeneischen Denkens durch die Cambridger Platoniker. So lehnt Cudworth einerseits zwar heterodoxe origeneische Theologumena wie die Präexistenz der Seele und die Wiederherstellung aller Dinge ab. Andererseits macht er sich aber die Freiheitsmetaphysik des Alexandriners zu eigen, um das traditionelle Problem der moralischen Verantwortung des Einzelnen zu lösen. Dabei übernimmt er in seiner originellen Interpretation eines der Schlüsselbegriffe des origeneischen Philosophierens nicht nur fundamentale Einsichten des Kirchenvaters wie das Motiv des inwendigen Christus oder die teleologische Dynamik der menschlichen Freiheit. Darüber hinaus entwickelt Cudworth im Rekurs auf den antiken christlichen Philosophen ein modernes Konzept von Subjektivität, das dem cartesischen Cogito ebenso nahe steht wie dem kantischen „Ich denke“. Anders als Cudworth, dessen Origenes-Rezeption sich auf dessen Freiheitsmetaphysik und Religionsphilosophie beschränkt, bietet George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions, eine programmatische Summe des Cambridger Origenismus, einen umfassenden christlichen Rationalismus aus origeneischer Quelle.

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3. George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions a) Henry More, Anne Conway, George Rust und Joseph Glanvill. Das Origenisten-Netzwerk von Ragley Hall und die Autorschaft des Werkes Das Erscheinungsdatum des Hauptwerkes der Cambridge Origenists, des anonymen Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions,27 lässt sich aufgrund einer Reihe von Briefen, die auf das gleich nach seiner Publikation überaus kontrovers diskutierte Werk Bezug nehmen, nicht nur ungewöhnlich präzise bestimmen. Wichtiger noch lässt die erhaltene zeitgenössische Korrespondenz die Umrisse einer für die Origenes-Renaissance im Cambridge des 17. Jahrhunderts insgesamt konstitutiven geistigen Konstellation28 hervortreten, deren beherrschende Figur der eigentliche Origenes Cantabrigiensis, Henry More, und deren Zentren Cambridge und Ragley Hall, das Landgut der Conways, sind. Als Programmschrift, die vermutlich einen Schüler Mores, den späteren anglikanischen Bischof George Rust, zum Verfasser hat, wirbt der Letter of Resolution für die vom Cambridger Origenisten-Netzwerk propagierte unorthodoxe neue christliche Theologie aus origeneischer Quelle.29 Ein erster Brief, in dem der Letter of Resolution Erwähnung findet, stammt von John Worthington, einem gemeinsamen Freund von More und Cudworth, der, obwohl selbst weder Philosoph noch Theologe, dem Kreis der Cambridger Platoniker auch gedanklich nahe stand.30 Hiernach ist die Schrift Mitte Mai 1661 27 Grundlage der Beschäftigung mit dem Werk ist noch immer der Nachdruck der ursprüng-

lichen Veröffentlichung: [George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope Nicolson, New York 1933. Die spätere Veröffentlichung des Letter of Resolution in einem obskuren zweibändigen Sammelwerk rarer Schriften 1707, neu aufgelegt 1721, bietet ebendiesen Text. 28 Zur konstellationsgeschichtlichen Analyse der Schule von Cambridge, die im Folgenden für die historische Rekonstruktion des neuzeitlichen englischen Origenisten-Netzwerkes um Henry More fruchtbar gemacht werden soll, siehe die wichtige Pilotstudie von Sarah Hutton, Eine Cambridge-Konstellation? Perspektiven für eine Konstellationsforschung zu den Platonikern von Cambridge, in: Martin Mulsow/Marcelo Stamm (Hg.), Konstellationsforschung, Frankfurt a. M. 2005, 340–358. 29 Einen kurzen Überblick über die Entstehung des Briefes bietet, ebenfalls gestützt auf die Korrespondenz der Zeitgenossen, Marjorie Hope Nicolson in der bibliographischen Notiz, die sie dem Nachdruck des Letter of Resolution vorausschickt. 30 Die umfangreiche Briefsammlung füllt in der maßgeblichen Edition des 19. Jahrhunderts nicht weniger als zwei Bände in drei Teilbänden: The Diary and Correspondence of Dr. John Worthington, ed. by James Crossley, 2 Bde., Manchester 1847–1855. Zur Bedeutung von Worthingtons Briefen für eine Rekonstruktion der sozialen Bande zwischen

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in den Druck gegangen. In einem auf den 20. Mai des Jahres datierten Brief an Samuel Hartlib schreibt Worthington nämlich, dass es sich bei dem im Erscheinen begriffenen Letter of Resolution nicht, wie er offenbar zunächst vermutet hatte, um ein philosophisches, sondern um ein theologisches Werk handle: „Die kleine Abhandlung, die, wie ich Ihnen schrieb, gerade in den Druck gegangen ist, war kein philosophisches Werk, sondern ihr Gegenstand ist, wie ich inzwischen weiß, ein theologischer. Sie will einige der Ansichten, die man Origenes zur Last legt, verteidigen. Weder kenne ich den Autor noch die Darstellung, aber er hat sich zum Ziel gesetzt, Argumente darzulegen, die nach allgemeiner Ansicht und Meinung als heterodox gelten.“31

Am 24. Juni desselben Jahres kommt Worthington in einem Brief abermals auf das neu erschienene Werk zu sprechen: „Der Brief über Origenes“, so schreibt er Hartlib, „lag in der letzten Woche vor. Allerdings habe ich ihn noch nicht gelesen.“32 Wiederholt spielt der Letter of Resolution sodann in der Korrespondenz zwischen Henry More und seiner adligen Schülerin Anne Conway33 eine Rolle.34 Am 14. September 1661 empfiehlt der größte Origenes-Bewunderer unter den Platonikern seiner „Heldenschülerin“35 zum ersten Mal den Letter of Resolution. In Erden Cambridger Platonikern siehe ausführlich Hutton, Cambridge-Konstellation? (wie Anm. 28) 348–351. 31 Worthington, Correspondence I, 312. Wie im Fall des Alexandriners selbst verfehlt eine Unterscheidung zwischen Philosophie und Theologie, wie Worthington sie in dem zitierten Brief vornimmt, gerade das zentrale Anliegen des Werkes, die Grundlegung eines christlichen Rationalismus, der in der alexandrinischen Tradition des Christentums Vernunft- und Offenbarungswahrheit zur Deckung bringt. Dieses sein Anliegen teilt der anonyme Verfasser mit dem gesamten Origenistenkreis um More. 32 Ebd. 340. 33 Die Briefsammlung liegt in einer monumentalen Ausgabe vor: The Conway Letters. The Correspondence of Anne, Viscountess Conway, Henry More and their Friends (1642– 1684), ed. by Marjorie Hope Nicolson. Revised Edition with an Introduction and New Material, ed. by Sarah Hutton, Oxford 1992, 192. Hilfreich für die geschichtliche Einordnung der einzelnen Stücke sind insbesondere Huttons ausführliche Einleitung zu der Neuausgabe (ebd. vii–xix) sowie Nicolsons auch literarisch überaus anspruchsvolle Einführungen zu den verschiedenen Lebensphasen der Viscountess, denen die in die Sammlung aufgenommenen Briefe entstammen. 34 Einschlägiges zum Origenismus Conways bieten die diesbezüglichen Studien von Sarah Hutton. Siehe insbesondere den entsprechenden Abschnitt in ihrer maßgeblichen Biographie der Philosophin: Anne Conway. A Woman Philosopher, Cambridge 2004, 69–72, sowie jetzt auch dies., Origen and Anne Conway, in: Fürst/Hengstermann, Autonomie und Menschenwürde (wie Anm. 1) 221–234, bes. 221–225 zu der im Folgenden wiedergegebenen Korrespondenz zum Thema. 35 Als solche bezeichnet Richard Ward, The Life of Henry More. Parts I and II, ed. by Sarah Hutton et al. (AIHI 167), Dordrecht/Boston/London 2000, 117, Conway in dem ihr gewidmeten Kapitel seiner More-Biographie.

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mangelung einer passenden Beschreibung charakterisiert er das anonyme Werk, dessen Autor er, wie er eigens hervorhebt, nicht kennen will, kurzerhand als zwar „merkwürdiges“, aber durchaus „sehr bedenkenswerte Dinge“ enthaltendes Werk: „Es gibt da einen Brief über die Lehren des Origenes, von dem ich nicht weiß, ob Sie, meine Dame, bereits Kenntnis davon haben oder nicht. Mir scheint, dass Ihnen seine Lektüre einige Freude bereiten könnte. Ich habe keine Ahnung, wer sein Autor sein könnte. Es ist ein ziemlich merkwürdiges Buch, in dem sich freilich manche sehr bedenkenswerte Dinge finden. Wenn Sie darauf noch nicht gestoßen sind und es lesen wollen, so werde ich Ihnen ein Exemplar zukommen lassen. Sie müssten mir nur Anweisung geben, über wen ich es Ihnen zukommen lassen soll.“36

Auch in einem zehn Tage später, also am 24. September verfassten Brief an Conway erwähnt er ein „unlängst erschienenes Schriftstück mit dem Titel Ein Brief zur Aufklärung über Origenes und seine Lehren“37 und legt seiner Schülerin abermals die Lektüre ans Herz. Bald nach seinem Erscheinen, so berichtet er ihr in dem zweiten Brief zum Thema, ist der Letter of Resolution von Seiten des Vizekanzlers der Cambridger Universität38 für die darin vertretene Präexistenzlehre scharf kritisiert worden: „Wenn ich mich recht erinnere, habe ich Ihnen, meine Dame, vor etwa zehn Tagen  … geschrieben, vorausgesetzt, Sie haben den Brief erhalten, in dem ich ein unlängst erschienenes Schriftstück mit dem Titel Ein Brief zur Aufklärung über Origenes und seine Lehren erwähnt habe. Falls Sie es hier in England nicht gesehen haben, hatte ich überlegt, Ihnen ein Exemplar zukommen zu lassen. Es ist ein durchaus geistreiches und gelehrtes Buch. Allerdings hält unser Vizekanzler es für ein gefährliches Buch, und er hat es deshalb in seinem Konsistorium mit einer Art Zensur belegt. Eine der absurden Lehren des Origenes sei die Präexistenz der Seele, die, wie er meint, der Inkarnation Christi widerspreche. Das ist alles, was, wie ich gehört habe, dagegen vorgebracht wird. Einen solchen Fehler haben die kurzsichtigen Rabbinen, denen die Präexistenz der Seele des Messias ein noch größeres Anliegen gewesen ist als diejenige aller anderen Seelen, nicht gesehen, und trotzdem erwarteten sie, dass er im Fleische kommen werde. Ich für meinen Teil gestehe, dass ich nicht sehe, warum eine präexistente Seele nicht ebenso zu einer Inkarnation fähig sein sollte wie eine neu erschaffene oder warum, wenn alle Seelen präexistieren, die des Messias nicht ebenfalls wie die übrigen in einen Körper eingehen könnte. Sollte es nämlich den 36 Nicolson/Hutton, Conway Letters 192. 37 Ebd. 194. 38 Nicolson/Hutton, ebd. ad loc., identifizieren den Vize-Kanzler mit Theophilus Dilling-

ham, einem beliebten Prediger, der, 1654 zum Master des Clare College gewählt, zwischen 1655 und 1662 wiederholt das genannte Amt bekleidet hat. Allerdings war Dillingham, wie im vorliegenden Band Josef Lössl, S. 62 Anm. 11, darlegt, zu dieser Zeit gar nicht an der Universität. Nach Lössl hatte vielmehr der Royalist und ehemalige Hofkaplan Charles’ I. Henry Ferne das Amt inne.

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Anschein haben, als könnte es eine Unstimmigkeit im Wesen geben, so schiebt doch seine wundersame Geburt allem Zweifel einen Riegel vor.“39

Der Brief dokumentiert die Gefahr, wie sie More und seinem Schülerkreis nicht zuletzt aufgrund ihrer unverhohlenen Bewunderung für den offiziell verketzerten Kirchenvater Origenes drohte. Es liegt nämlich auf der Hand, dass die referierte Invektive des Vizekanzlers gegen den Präexistentianismus, die More in dem zitierten Brief unter Berufung auf die Akzeptanz der Lehre selbst bei den „kurzsichtigen Rabbinen“ als in sich unstimmig zurückweist, zugleich auf ihn, den zu seiner Zeit bekanntesten Verfechter dieser heterodoxen origeneischen Doktrin, zielte. Nicht ohne Grund erzählte More der adligen Schülerin ausführlich von der zweifellos auch ihm geltenden Rüge des Vizekanzlers seiner Universität: Für das origeneische Christentum, das er und sein Schülerkreis propagierten, war die Protektion durch angesehene Adlige wie Lord und Lady Conway unerlässlich.40 Auch in der Korrespondenz der nachfolgenden Monate wird More nicht müde, die Schülerin zur Lektüre des Werkes, an dem er offenbar großen Gefallen gefunden hatte, anzuhalten. In einem Schreiben, das vom 16. November 1661 datiert, kondoliert er Conway, deren Mutter kurz zuvor verstorben war, und rät ihr dazu, den Letter of Resolution gleichsam zum Zwecke der philosophischen consolatio zu lesen: „Wenn Sie sich etwas mit einigen philosophischen Spekulationen befassen wollen, so könnte ich mir vorstellen, dass dies dazu geeignet sein könnte, Ihr Gemüt von unangenehmeren Gedanken zu befreien und etwas zu Ihrer Gesundheit beizutragen. Herr Noel hat den Brief zur Aufklärung über Origenes bei sich, den er Ihnen, werte Dame, überbringen soll. Ich bin davon überzeugt, dass er Ihnen besser gefallen wird als jede Romanze.“41

Allerdings scheint es, wie aus dem nächsten Brief zum Thema vom 4. Januar 1662 hervorgeht,42 Schwierigkeiten mit der Zustellung des Werkes gegeben zu haben. Der Zusteller, Herr Noel, wird nämlich auch in einem Brief, den More Conway am 5. April desselben Jahres schickt, genannt: Er hält sich, wie More dort berichtet, in Irland auf und hat der adligen Philosophin den Origenes-Brief noch immer nicht überbracht. Immerhin kann More einen befreundeten Gelehrten namens Sir John zur Lektüre bewegen, der ihm, so schreibt er Conway am 5. Juli 1662 39 Nicolson/Hutton, ebd. 40 Diesen wichtigen Zweck, dem das von More geschaffene Origenes-Netzwerk ebenfalls

diente, hebt Hutton, Origen and Anne Conway (wie Anm. 34) 223, mit Recht hervor: „More probably had another reason for engaging the interest of a sympathetic reader of A Letter of Resolution to Anne Conway, namely that he wished to secure her support in the controversy brewing about Origen in the university where he held his post, Cambridge.“ 41 Nicolson/Hutton, Conway Letters 195. 42 Vgl. ebd. 197.

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im letzten Brief zum Letter of Resolution, eine, wie er befindet, auch für die Adressatin interessante Rückmeldung hinsichtlich des umstrittenen Schriftstückes gegeben hat: „Ich habe Sir John nach seiner Meinung über den Brief zur Aufklärung gefragt, da ich sah, dass Sie, meine Dame, daran interessiert sind. Er hat mir gesagt, der Autor schreibe überaus lebhaft, doch fehle es an manchem, das sich zu eben diesen Dingen noch sagen lasse. So weit seine Antwort.“43

Es verwundert nicht, dass More seiner Schülerin den Origenes-Brief so oft und mit solchem Nachdruck zur Lektüre empfiehlt. Bereits Jahre zuvor, am Beginn ihrer freundschaftlichen Beziehung, die bis zu Conways frühem Tode im Jahre 1679 Bestand haben sollte, hatte er sich mit seiner begabten Schülerin intensiv über origeneische Themen ausgetauscht. So enthält einer der erhaltenen Briefe Conways eine Reihe kritischer Anfragen an die Frühphilosophie Mores, die dieser in einem in den 40er Jahren verfassten Zyklus anspruchsvoller allegorischer Gedichte, darunter einem über die Prae-Existency of the Soul,44 entwickelt hatte.45 Sämtliche Anfragen, die Conway ihrem Lehrer nach der Lektüre seines nachhaltig vom Alexandriner geprägten Präexistenz-Epos vorlegt, kommen darin überein, dass sie Themen der origenistischen Traditionen, allen voran den Präexistentianismus und das Theologumenon von der Erlösung Satans, aber auch die etwaige Metempsychose der sündigen Seele in einen Tierleib, betreffen. Entsprechend konnte sich More, wie seine Briefe an sie zeigen, des Interesses seiner Schülerin an der im Letter of Resolution gegebenen dichten Gesamtdarstellung der origeneischen Philosophie sicher sein. Ebenso wenig nimmt es wunder, dass offenbar nicht wenige Zeitgenossen Henry More selbst für den wirklichen Autor der anonym publizierten Schrift gehalten haben. Zu offensichtlich schienen die unbestreitbaren Konvergenzen zwischen den „Hauptlehren des Origenes“, die das Werk zu verteidigen unternahm, und seiner eigenen Freiheits- und Geistmetaphysik, die er in seinen philosophischen Hauptschriften des vorhergehenden Jahrzehnts entwickelt hatte. Knapp ein 43 Ebd.  203 f. 44 Die zutiefst origeneischen frühen Gedichtzyklen sind in einer älteren Gesamtausgabe zu-

gänglich: The Complete Poems of Dr. Henry More, ed. by Alexander Balloch Grosart, Edinburgh 1878. 45 Der Text des Briefes, der nicht mit in die Sammlung der Conway Letters aufgenommen worden ist, findet sich mitsamt einer ersten Kommentierung bei Sarah Hutton, On an Early Letter by Anne Conway, in: Pina Totaro (Hg.), Donne, filosofia e cultura nel Seicento, Rom 1999, 109–115. Eine deutsche Übersetzung bietet zusammen mit darauf aufbauenden weiteren Überlegungen zu Conways frühem Origenismus Christian Heng­ stermann, Grundlegung eines Prozessmonismus. Anne Conways Kritik an ihrem Lehrer Henry More, in: ders./Weichert, Principia Philosophiae (wie Anm. 2) 131–150, hier 139–142.

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Jahr nach Erscheinen der umstrittenen Schrift sieht er sich im Vorwort seiner gesammelten Schriften sogar zu einer ausdrücklichen Bestreitung seiner Autorschaft genötigt. So lobt er den Auferstehungstraktat des Letter of Resolution, „wer auch immer sein Autor gewesen sein mag. Ich bekenne nämlich, dass ich weder um seine Identität weiß noch selbst, wie sich einige grundlos eingebildet haben, sein Verfasser bin“.46 Es ist fraglich, ob More tatsächlich, wie er hier und früher im Brief an Conway betont, nicht um den Autor gewusst hat. Nicht auszuschließen ist, dass seine diesbezügliche Beteuerung dem Schutze des Verfassers gedient hat. Unumstritten ist jedenfalls, dass der anonyme Autor dem Origenisten-Netzwerk angehörte, als dessen Zentren die Universität von Cambridge, insbesondere das Christ’s College, und das Anwesen von Ragley Hall in Warwickshire gelten können. Seine Nähe zum Cambridger Platonikerkreis um Henry More verhehlt der Anonymus selbst nicht. Im Gegenteil: Neben „Herrn Hobbes“,47 seinem wie Mores philosophischen Intimfeind, ist der Cambridger Religionsphilosoph der einzige zeitgenössische Autor, der im Letter of Resolution Erwähnung findet.48 Gemeinhin wird der anonyme Autor mit George Rust, dem späteren Bischof des irischen Dromore, identifiziert. Wie Anne Conway gehörte auch George Rust zum Schüler- und Freundeskreis Henry Mores, der am Cambridger Christ’s College sein Tutor gewesen war. Auch zu Conway pflegte Rust enge freundschaftliche Bande. Als sie im Juli 1662, in dem Monat, in dem sie Mores letzten Brief zum Letter of Resolution erhält, zur Erholung von ihrem körperlichen Leiden, den chronischen Kopfschmerzen, wie dem seelischen, dem Verlust ihres Sohnes Heneage, zum Landsitz der Familie im irischen Portmore aufbricht, wird sie von Rust, der kurz zuvor auf eine Empfehlung Mores hin zum Dechanten des irischen Connor ernannt worden war, dorthin begleitet. Während ihres insgesamt zweijährigen Aufenthalts in Irland sucht Rust die adlige Philosophin wiederholt auf und betreibt mit ihr – ein weiteres von Henry More initiiertes Großprojekt – umfangreiche Feldforschungen zu übernatürlichen Phänomenen in der Umgebung.49 Es ist anzunehmen, dass Rust und Conway das Werk – insbesondere wenn Ersterer tatsächlich, wie wahrscheinlich ist, sein Autor ist – bei diesen Gelegenheiten intensiv diskutiert haben.50 Später 46 More, Preface General xxii. Der gesamte relevante Abschnitt der Vorrede findet sich zu47 48 49 50

sammen mit einer ersten deutschen Übersetzung in der ursprünglichen englischen und der späteren lateinischen Fassung in der Textauswahl unten S. 268–285. [Rust], Letter of Resolution 129. Vgl. ebd. 22. Siehe dazu ausführlich Nicolson/Hutton, Conway Letters 174–176. Nicolson, ebd. 173, mutmaßt, dass George Rust, der Verfasser des Werkes, die wiederholte Origenes-Protreptik des gemeinsamen Freundes höchst amüsiert zur Kenntnis genommen haben muss: „More wrote to Lady Conway again and again of an anonymous tract, A Letter of Resolution Concerning Origen, which interested him greatly. If, as is entirely

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wird Rust zum Bischof des irischen Dromore. Sein Œuvre setzt sich aus teils lateinisch, teils englisch geschriebenen anspruchsvollen Predigten und Abhandlungen zu moral- und religionsphilosophischen Themen51 zusammen. Trotz einer weitgehenden Abhängigkeit vom Denken seines Lehrers Henry More, zu der er sich nicht nur im Letter of Resolution – vorausgesetzt, er ist tatsächlich sein Verfasser – freimütig bekennt, ist George Rust ein bislang noch kaum gewürdigter herausragender Repräsentant des Cambridger Platonismus.52 Neben den Beziehungen zum Origenisten-Zirkel um Henry More, die ihn zum möglichen Autor machen, beruht die traditionelle Zuschreibung des Werkes an ihn auf einer diesbezüglichen knappen Notiz im Herausgebervorwort zu der 1712, also rund ein halbes Jahrhundert nach dem Letter of Resolution veröffentlichten Schrift The Restoration of all Things aus der Feder Jeremiah Whites, eines philosophisch und poetisch gleichermaßen begabten Kaplans Oliver Cromwells.53 In die umfangreiche Anthologie kommentierter antiker und zeitgenössischer Texte zur Allerlösung, die der Herausgeber Richard Roach dem Werk als Einleitung beigegeben hat,54 haben auch umfangreiche Exzerpte aus dem anonymen Letter of Resolution Eingang gefunden.55 Der 1661 veröffentlichte „geniale Brief zur Aufklärung über die Lehre des Origenes“ stelle, so empfiehlt Roach die anonyme Schrift in einigen einleitenden Worten, nicht weniger als die „umfassendste und gehaltvollste Darlegung dieser Lehre“ überhaupt dar. Nach Ansicht aller Gelehrten, so fährt probable, Lady Conway ever quoted More’s remarks about that book to their mutual friend George Rust, now Dean of Connor, he must have chuckled; for the book was his.“ 51 Das Gros seiner Schriften findet sich in einer von einem Schüler besorgten Ausgabe: The Remains of that Reverend and learned Prelate, Dr. George Rust, Late Lord Bishop of Dromore, in the Kingdom of Ireland, collected and published by Henry Hallywell, London 1686. 52 Einführend zu George Rust siehe John Tulloch, Rational Theology and Christian Philosophy in England in the Seventeenth Century. Volume 2: The Cambridge Platonists, Edinburgh/London 1874, 433–437. Erste Ansätze zu einer Würdigung seines moral- und religionsphilosophischen Verdienstes innerhalb des Cambridger Platonismus finden sich bei Hengstermann, Cambridge Platonists (wie Anm. 2) 34 f. 53 Jeremiah White, The Restoration of All Things: Or, A Vindication of The Goodness and Grace of God, To be manifested at last, in the Recovery of His Whole Creation out of Their Fall, London 1712 (The Third Edition. With an additional preface; containing quotations from divers other authors, not mentioned in the first preface, who have wrote in confirmation of the above Doctrine, London 1779). Zu der für das Thema des neuzeitlichen englischen Origenismus ebenfalls einschlägigen Schrift siehe die Inhaltsübersicht bei Daniel Pickering Walker, The Decline of Hell. Seventeenth-Century Discussions of Eternal Torment, London 1964, 104–121. 54 Richard Roach, The Preface, in: White, ebd. i–xxx. Zur Identität des Herausgebers, der auf der Titelseite des Werkes selbst keine Erwähnung findet, siehe Walker, ebd. 125. 55 Den Auszügen aus dem Letter of Resolution (ebd. xxi–xxix) behält Roach, ein Beleg für seine Wertschätzung der Schrift, nicht weniger als ein Drittel seiner Vorrede vor. Die folgenden Zitate finden sich allesamt ebd. xxi.

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er fort, habe das Werk einen „Bischof der Kirche von England“ zum Verfasser, der seinen Ruhm, so der Herausgeber weiter, vor allem seinem „hervorragenden Traktat De Veritate“ verdanke. Bei dem Predigttrakt Discourse of Truth,56 auf den die Vorrede mit einem latinisierten Titel Bezug nimmt, handelt es sich um Rusts demnach auch im 18. Jahrhundert noch viel gelesenes philosophisches Hauptwerk, in dem er eine eindringliche Darstellung des für den Cambridger Kreis insgesamt charakteristischen strikten ethischen Realismus gibt. Zwar war Rust sowohl Bischof der anglikanischen Kirche als auch Autor des genannten Traktats. Allerdings scheint sich Roach selbst in der Zuschreibung, für die er lediglich auf das Urteil einiger ungenannt bleibender „Gelehrter“ rekurrieren kann, durchaus unsicher. Vor allem fällt auf, dass er George Rust nicht namentlich nennt. War ihm etwa nicht bekannt, dass es sich bei dem „Bischof der Kirche von England“, dem Autor des Traktats De Veritate, um niemand anderen als eben George Rust handelte? Oder spielte Roach mit dem verfremdenden Hinweis auf die anonyme Autorschaft des Werkes an, mit der sein Verfasser sich seinerzeit vor möglichen Repressalien seitens der kirchlichen Orthodoxie hatte schützen wollen? Für die traditionelle Zuschreibung sprechen neben dem genannten Testimonium indes auch innere Kriterien.57 Aus Rusts erhalten gebliebenen Traktaten und Predigten, die zusammengenommen eine umfassende eigene religionsphilosophische Konzeption ergeben, ragt die anspruchsvolle Auslegung von 1 Joh. 4,16: „Gott ist Liebe“ heraus.58 Ursprünglich 1658 in der Cambridger St. Mary’s Kirche gehalten, bietet die glänzend geschriebene Homilie nicht nur eine der gehaltvoll­ sten Darstellungen der philosophischen Gotteslehre der Cambridger Platoniker überhaupt. Die Theologie, die der Prediger im Ausgang von 1 Joh. 4,16 entwirft, erweist sich bei näherer Betrachtung überdies als programmatische Skizze des origeneischen Rationalismus, wie ihn der wahrscheinlich ebenfalls von ihm verfasste Letter of Resolution drei Jahre darauf breit entfalten wird. Im Zuge einer philosophischen Meditation über das johanneische Gottesprädikat „Liebe“ stellt der Prediger Gott als überfließende Seinsfülle dar, die als solche nicht umhin 56 George Rust, Discourse of Truth, in: ders., Remains 21–46. 57 Erstaunlicherweise ist bislang noch kein Versuch unternommen worden, die traditionelle

Zuschreibung durch einen Vergleich mit den sicher von Rust stammenden Schriften zu untermauern. Wie im Folgenden exemplarisch anhand einer Gegenüberstellung einer Rust-Homilie und des Origenes-Briefes aufgezeigt wird, ist der Vergleich mit den erhaltenen Werken des Philosophenpredigers dazu geeignet, seine Autorschaft des Letter of Resolution zu bestätigen. Ähnliches ließe sich auch für das übrige erhaltene Textcorpus, insbesondere den Nekrolog auf Jeremy Taylor, in dem Rust offenbar auf die von ihm im Origenes-Brief ausführlich dargelegte Auferstehungstheologie zurückgreift, aufzeigen: A funeral sermon preached at the obsequies of the right reverend father in God, Jeremy, Lord Bishop of Down who deceased at Lysburne August 13th, 1667, London 1668. 58 George Rust, I Joh. 4.16: God is Love, in: ders., Remains 1–20. Die Homilie findet sich unten S. 232–267 zusammen mit einer deutschen Übersetzung.

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kann, sich allen ihren Geschöpfen in Güte selbst mitzuteilen und sie an seiner eigenen Glückseligkeit teilhaben zu lassen. Welt und Mensch, so legt Rust weiter dar, verdanken ihr Sein und Wesen der schöpferischen Selbstmitteilung des sich neidlos ad extra verströmenden Absoluten. Als Gott in Menschengestalt gilt dem Prediger Christus als augenfälliges Unterpfand der göttlichen Güte, die auch nach dem Sündenfall das Glück aller ihrer Geschöpfe in der Teilhabe an ihrer Fülle zu erreichen sucht. Von hierher umreißt Rust eine eigene Ethik, deren erster Imperativ eine universale Liebespraxis nach Gottes Ur- und Vorbild ist: Höchste Pflicht der gottebenbildlichen Seele ist es, in Nachahmung der göttlichen Selbstmitteilung nicht das eigene partikulare Glück, sondern, konsequent von sich selbst absehend, das Glück der gesamten Schöpfung zu suchen. Es liegt auf der Hand, dass die Homilie der Feder eines Autors entstammt, der sich vom Argument aus den Attributen Gottes, der maßgeblichen Argumentationsform des Letter of Resolution, „infolge einer gewissen Schwachheit des Charakters stets am meisten und mehr als von allen anderen [hat] überzeugen lassen“.59 Ja, der Verfasser selbst stellt seiner Gemeinde in St. Mary’s ausdrücklich in Aussicht, er „könnte nun aus diesem einzigen Prinzip göttlicher Güte, über die wir bisher gesprochen haben, mit mathematischer Evidenz und Beweiskraft die edelsten Schlüsse, zu denen der menschliche Geist überhaupt fähig ist, herleiten“.60 Der Letter of Resolution, drei Jahre nach der Predigt publiziert, lässt sich als Umsetzung dieses hehren rationalistischen Programms einer Herleitung der gesamten Wirklichkeit, der Welt wie der Seele, aus dem ersten Gottesattribut, der Güte, lesen: Bis hin zur Wiederherstellung aller Dinge durch den Gott untergeordneten Naturgeist ergibt sich das System, das der Origenes-Brief streng more geometrico konstruiert, aus dem ersten Gottesprädikat, der dort mit der ersten trinitarischen Person, dem Vater, in eins gesetzten Güte. Entsprechend dem Programm der Predigt überbrücken die in der späteren Schrift nachgetragenen trinitätstheologischen Reflexionen über Gottes absoluten Geist, die Weisheit seines Sohnes, und seine schöpferische Kraft, die Allmacht seines Geistes, innerhalb des ausführlichen Systementwurfs die ontische Kluft zwischen der unendlichen Güte, dem Anfang aller göttlichen wie menschlichen Dinge, und der endlichen Welt: In der Weisheit bringt die Güte vermittels ihrer schöpferischen Allmacht den Kosmos mitsamt der Vielfalt aller logisch möglichen Geschöpfe hervor. Die umfangreichen anthropologischen und kosmologischen Darlegungen im Letter of Resolution entfalten nicht nur diesen in der Predigt nur knapp umrissenen Hervorgang aller Dinge aus der Fülle der göttlichen Güte, sondern auch die komplementäre Bewegung ihrer Rückkehr zu ihrem Ursprung. Wie die Homilie God is Love stellt der Origenes-Brief die Seele – begrifflich präziser, aber in der Sache übereinstimmend – als „univoke 59 Letter of Resolution 86. 60 God is Love 14.

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Emanation“61 Gottes dar. Und wie dem Prediger in der Homilie die Universa­lität des Glücks als erste Maxime eines guten Lebens gilt, so erhebt auch die anony­ me Schrift über den verketzerten Theologen das „Wohlwollen der ganzen Welt gegenüber“62 im Sinne des Origenes zum höchsten Imperativ der christlichen Vollkommenheit. Hier wie dort ist es die Universalität der Liebe, durch die sich das gefallene Geschöpf an Leib und Seele abermals seinem Urbild, dem Logos, anzugleichen vermag. Schließlich legt die Geist- und Lebenskosmologie, die insbesondere die zwei letzten Hauptkapitel des Letter of Resolution zum Zwecke einer naturphilosophischen Begründung der origeneischen Apokatastasislehre entwerfen, das in der Predigt lediglich umrissene origeneische „Gott alles in allem“ dar: Bei der „unendlichen Ausdehnung“,63 die in Schöpfung und Erlösung von dem über die Ufer tretenden Meer der göttlichen Güte erfüllt wird, handelt es sich um die sichtbare Welt, die, vom Natur- oder Weltgeist durchdrungen, zur Gänze lebendiges Abbild des schöpferischen göttlichen Wesens ist. Neben dem leitenden Anliegen eines christlichen Rationalismus, das die Homilie mit dem späteren Origenes-Brief gemeinsam hat, ist es insbesondere die abschließende Aufzählung möglicher kritischer Anfragen an den dort grundgelegten origeneischen Rationalismus der göttlichen Güte,64 der nahe legt, dass sowohl die God is Love-Predigt von 1658 als auch der Letter of Resolution von 1661 der Feder ein und desselben Autors entstammen. In diesem Katalog möglicher Aporien, die er potentiellen Kritikern in den Mund legt, kommt der Philosophenprediger auch auf die Frage der Präexistenz, die der zweite und dritte Abschnitt im Hauptkapitel des Origenes-Briefes in extenso behandeln werden, zu sprechen: „Und da die menschlichen Seelen ein so lebendiges Empfinden von Wohlsein und Glück haben, warum erhielten sie ihr Dasein nicht vom ersten Augenblick der Ewigkeit an? Oder warum werden sie gleich bei ihrer Schöpfung ihrer ursprünglichen Rechtschaffenheit beraubt und in das Gefängnis dieser Körper geworfen? Warum blieb es ihnen nicht überlassen, stattdessen schrittweise nach und nach in dies widrige Dasein zu gleiten, so wie es den geheimen und verborgenen Ketten der Anziehungen entspricht, wie sie die göttliche Weisheit, wie wir annehmen können, in die Natur der Dinge hineingelegt hat?“65

Detail für Detail deutet Rust eine Antwort auf die möglichen Anfragen an sein spekulatives Konzept aus origeneischer Quelle an, wie sie der Autor des Letter of Resolution in den genannten Unterkapiteln dieses Werkes zu geben sucht: Als Geschöpfe der göttlichen Güte, die als solche, so will es die Logik des Begriffs, 61 62 63 64 65

Letter of Resolution 24. Ebd. 29. God is Love 5. Ebd. 14–16. Ebd. 16.

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nicht umhin kann, schöpferisch zu sein, existieren die Seelen tatsächlich „vom ersten Augenblick der Ewigkeit an“. Ebenso empfinden sie von Anbeginn Genuss an ihrem leibseelischen Dasein. Außerdem, so wird der anonyme Autor in diesem Zusammenhang darlegen, kann ihre ursprüngliche Leiblichkeit nicht anders denn als ätherisch gedacht werden. Nach der umfassenden anthropologischen Axiomatik des Origenes-Briefes widerspräche es der göttlichen Güte nämlich, eine reine Seele bei ihrer Erschaffung mit einem irdischen Leib, durch den sie mit Notwendigkeit moralisch korrumpiert wird, zu bekleiden. Erst später gleiten die ursprünglich ätherischen Geistwesen nach und nach in „dies widrige Dasein“, d. h. auf die niederen Seinsstufen des Luft- und Erdelements hinab. Motiv des Falls der Seelen sind auch im Letter of Resolution die hier genannten „geheimen und verborgenen Ketten der Anziehung“, in die sich die von Gott rein geschaffenen eingekörperten Geister, den Verlockungen ihres ätherischen Leibes erliegend, nur allzu willig schlagen lassen. Zugleich aber sind die Unbilden der einzelnen Seinsstufen auch im späteren Origenes-Bericht nicht nur Strafe, die sich aus dem Fall mit Notwendigkeit ergibt, sondern ebenso göttliches Mittel zum Zweck der Erlösung, das die in der Apostasie vom Urguten begriffenen Geistwesen schmerzhaft an ihre preisgegebene himmlische Heimstatt erinnern soll. Anders als der Präexistentianismus, zu dem sich Rust am Ende seiner Predigt fast ausdrücklich bekennt, kommt er auf die Allerlösung, den zweiten Grundpfeiler des Origenismus (den von den Cambridger Origenisten nur Anne Conway vertrat), lediglich in kurzen Andeutungen zu sprechen. So lässt er keinen Zweifel an der Universalität des göttlichen Heilswerkes: „Gott will“, so fasst er das Motiv, von dem sich Gott in der Heilsgeschichte leiten lässt, zusammen, „dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.“66 Ihren Höhepunkt erreicht die Heilsgeschichte in Jesus Christus, in dem „Gott die Welt mit sich versöhnte“.67 Neben dergleichen Universalitätsaussagen, wie sie sich über den gesamten Predigttext verteilt finden, weisen auch die grundlegenden Bestimmungen des Gottesbegriffs, allen voran sein über die Güte erschlossener allgemeiner Heilswille, in die Richtung einer universalistischen Soteriologie unverkennbar origeneischen Zuschnitts. Zentral ist die Vorstellung von der strengen Universalität der Selbstmitteilung des Guten, aus dem nicht nur der Mensch, sondern alle Dinge bis hin zum „niedersten Gewürm“68 hervorgehen. Insofern die Predigt Heil konsequent als Wiederherstellung dieser durch den Sündenfall gestörten universalen Selbstmitteilung begreift, legt sich die origeneische Wiederherstellung aller Dinge von selbst als logisches eschatologisches Komplement zum protologischen 66 Ebd. 2. 67 Ebd. 3. Vgl. auch ebd. 4, wo Rust ebenfalls das „Wohl der Welt“ als Ziel von Christi Heils-

wirken bezeichnet.

68 Ebd. 6.

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Grundgedanken nahe. Gleiches gilt für die in der Predigt entfaltete Ethik universaler Liebe, die das sittliche Leben als Fortführung der heilbringenden Emanation des Absoluten auffasst. Mit seinem Letter of Resolution, so lässt sich also insgesamt zeigen, legt George Rust, sein wahrscheinlicher Verfasser, eine geschlossene Programmschrift des Cambridger Origenismus vor, die, wie die in der Predigt drei Jahre zuvor gegebene Skizze eines origeneischen Rationalismus zeigt, den geistigen Austausch im Origenisten-Netzwerk um Henry More zur Grundlage hat und die ihrerseits die weitere Entwicklung des Cambridger Origenismus als eigener neuzeitlicher Denkform entscheidend prägt. So lässt Rust weder in der Homilie noch im späteren Origenes-Brief Zweifel daran, dass sein heilsmetaphysischer Entwurf seinem Cambridger Tutor Henry More, der beherrschenden Figur der geistigen Konstellation, dessen frühe Poesie und reife Prosa die Denkform begründet haben, Maßgebliches verdankt. Im Letter of Resolution von 1661 macht er die Philosophie des Alexandriners für den christlichen Rationalismus, den er der Gemeinde in der Cambridger St. Mary’s Kirche in der Predigt von 1658 lediglich in Aussicht stellt, fruchtbar. Die erhaltene Korrespondenz der Akteure des Netzwerkes und die Schriften, die in der Folge erscheinen, dokumentieren das weitere Geschick der origenistischen Denkform im und um das neuzeitliche Cambridge. Noch vor dem Erscheinen des Letter of Resolution empfiehlt John Worthington, ein weiterer Vertreter des Kreises, seinem Briefpartner Samuel Hartlib seine Lektüre. Vor allem ist es aber einmal mehr Henry More selbst, der, wie seine Briefe an Conway zeigen, Freunden und Schülern das Werk empfiehlt. Als Programmschrift des Origenisten-Netzwerkes von Christ’s College und Ragley Hall erfüllt das Werk innerhalb der Entwicklung des Cambridger Platonismus so die Funktion einer patristischen Handreichung für Mores und Conways Geistkosmologien, die beide unverkennbar origeneischen Geist atmen. Darüber hinaus sind es die beiden Grundorigenismen, die, vermittelt über Rusts Letter of Resolution, in der Folge eine umfassende philosophische Formulierung finden: In einem Brief lobt Joseph Glanvill die Schrift zwar, moniert aber zugleich (wie More selbst in einem seiner Briefe zum Thema) die nur unzureichend ausgeführte Systematik. Mit seiner Lux Orientalis betitelten großen Abhandlung zum origeneischen Präexistentianismus behebt er den von ihm diagnostizierten Mangel des Werkes. Anne Conway schließlich, der More nicht nur wiederholt den Letter of Resolution empfiehlt, sondern der er 1663 auch das genannte Werk Glanvills zukommen lässt, legt mit ihren (1690 postum publizierten) Principia Philosophiae einen eindrucksvollen Entwurf eines Idealismus vor, in dem sie mit den Mitteln eines christlichen Rationalismus, der von George Rust so hoch geschätzten Argumentation aus den Attributen Gottes, vor allem die origeneische Apokatastasis-Lehre auf den Begriff

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zu bringen sucht.69 Am Ende ist es wieder More, der nicht nur an der postumen Veröffentlichung von Anne Conways Principia Philosophiae seiner Schülerin maßgeblich beteiligt ist, sondern auch die Schriften seiner beiden anderen Schüler Joseph Glanvill und George Rust in einer mit einem eigenen Kommentar aus seiner Feder versehenen Band neu herausgibt.70 Über einen Zeitraum von rund einem halben Jahrhundert ist es so More, der über die eigene voluminöse theologische Schriftstellerei und sein durch Briefe und persönliche Gespräche gepflegtes Origenisten-Netzwerk die platonische Heilsmetaphysik des Alexandriners im neuzeitlichen England verbreitet: „Die Saat, die More gesät hatte“, so fasst Marjorie Hope Nicolson die überragende Bedeutung, die ihm für den Origenismus im England der Aufklärung zukommt, in einem denkwürdigen Bild zusammen, „war auf fruchtbaren Boden gefallen; die Drachenzähne wurden zu bewaffneten Männern.“71

b) Die Trinität, der Seelenfall und die Wiederherstellung aller Dinge. Die Themen des Werkes Der Origenes-Brief trägt den programmatischen Titel A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions. Er ist sowohl ein patristisches wie auch ein polemisches Werk: Sein Verfasser bietet nicht nur die allererste Apologie des Origenismus als System inkriminierter theologischer Lehrstücke,72 sondern er will auf der Grundlage der „Hauptlehren des Origenes“, die er ausführlich wiedergibt und würdigt, auch eine umfassende neue Hermeneutik der christlichen Theologie erarbeiten: Der überkommenen calvinistischen Theologie mit ihren zahlreichen Aporien im Gottes- und Menschenbild stellt Rust in der Schrift eine 69 Der Nachweis des origenistischen Grundcharakters von Anne Conways Philosophie ist ei-

nes der zentralen Ergebnisse einer vom Herausgeber organisierten Konferenz zum Thema. Siehe dazu den Tagungsband von Hengstermann/Weichert, Principia Philosophiae (wie Anm. 2). 70 Two Choice and Useful Treatises: The one Lux Orientalis; Or An Enquiry into the Opinion of the Eastern Sages Concerning the Praeexistence of Souls. Being a Key to unlock the Grand Mysteries of Providence. In Relation to Mans Sin and Misery. The other, A Discourse of Truth, By the late Reverend Dr. Rust Lord Bishop of Dromore in Ireland. With Annotations on them both, London 1682. 71 Nicolson/Hutton, Conway Letters 173. 72 Dies stellt Walker, Decline of Hell (wie Anm. 53) 15, mit Recht heraus: „It will be noted“, so hebt der Autor die Originalität der Apologie Rusts etwa gegenüber derjenigen Picos heraus, „that none of these arguments attempts to defend Origen’s opinions, but only the man; indeed they all make or imply the admission that his writings are full of errors and heresies. It is not until the Letter of Resolution Concerning Origen of 1661 that one finds a defence of the opinions themselves.“

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neue origeneische, einen christlichen Rationalismus auf der Höhe der Philosophie der neuen Zeit, gegenüber. Nach einer Vorrede, in der Rust die Genese des Bändchens beschreibt, folgt seine Skizze des Origenismus als System einem klaren Plan, der den vorgeblichen Anfragen des vermutlich fiktiven Adressaten entspricht: 1. Welche Meinung hatten die Alten von Wert, Geist und Charakter dieser Person? 2. Was dachten sie über seine Lehre? 3. Was sind seine Lehren? 4. Mit welchen Argumenten trägt er diese vor? 5. Womit haben seine Gegner sie zu widerlegen versucht, und was würde meines Erachtens ein Origenist auf ihre Einwände entgegnen?73

Es sind überdies sechs Hauptmeinungen des Origenes, auf die der anonyme Autor die more geometrico-Herangehensweise seines christlichen Rationalismus anwendet. Entsprechend gliedert sich das umfangreiche vierte Kapitel des Briefes, das den eigentlichen Account of Origen, and his chiefest Opinions74 bietet, noch einmal in sechs Unterkapitel: I. Seine Lehre von der heiligen Trinität, zwischen deren Hypostasen er, so sagt man, eine Ungleichheit annimmt. II. Dass die Seelen der Menschen präexistieren. III. Dass sie infolge eigener Verfehlung und Nachlässigkeit zu Einwohnern dieser Erde hier geworden und mit irdischen Körpern bekleidet worden sind. IV. Dass das Geheimnis der Auferstehung darin besteht, dass wir mit himmlischen oder ätherischen Körpern bekleidet werden. V. Dass nach langen Zeitperioden die Verdammten von ihren Qualen erlöst werden und ihr Glück in solchen Regionen der Welt noch einmal versuchen, zu denen sie kraft ihrer Natur fähig sind. VI. Dass die Erde nach ihrer Verbrennung wieder bewohnbar und den Menschen und übrigen Lebewesen Heimstatt werden wird, und dies in ewigen Wechseln.75

Das fünfte Kapitel, das Historisches und Systematisches verbindet, behandelt noch einmal sämtliche „Hauptlehren“ des Origenes und widerlegt die im ersten Origenismusstreit gegen sie erhobenen Einwände. Die Vorrede, in der Rust seinen vorgeblichen Adressaten sein allgemeines Anliegen, die Schaffung eines kohärenten christlich-rationalistischen Systems, darlegen lässt, ist ein kleines literarisches Meisterwerk. Mit großer Wahrscheinlichkeit 73 [Rust], Letter of Resolution 3. 74 So der alternative Titel des Werkes in den Kopfzeilen der Seiten. 75 [Rust], Letter of Resolution 14. Siehe die Übersicht über den Inhalt des Letter of Resolution

unten S. 356 f.

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handelt es sich bei ihrem angeblichen Verfasser mit den Initialen C. L., den das Titelblatt als niederen Adligen, als „Esquire“, vorstellt, um eine Fiktion des Autors. Die Behauptung, das Werk allein auf das Drängen eines Freundes in Not hin zu Papier gebracht zu haben, hat offensichtlich apologetischen Charakter: Er selbst, so will Rust mögliche Kritiker glauben machen, habe die gefährliche Schrift über einen offiziell verurteilten Ketzer ursprünglich weder schreiben noch veröffentlichen wollen. Allerdings erfüllt die literarische Fiktion eines philosophischen Briefgesprächs, mit dem sein humanistisch gebildeter Urheber auf eine Vielzahl antiker Vorbilder zurückgreifen kann, neben der apologetischen wohl noch zweierlei andere Funktionen: Zum einen bildet der Briefwechsel, dessen Details zum Gutteil sicherlich erfunden sind, teils aber auch auf tatsächliche Umstände und Personen anspielen dürften, auf höchst geistreiche Weise das Netzwerk ab, dem, wie dargelegt, in gewissem Sinne die kollektive Autorschaft des Letter of Resolution zugesprochen werden kann. Nicht von ungefähr erinnert der briefliche Austausch über origeneische Themen am ehesten an die referierten Stücke der Korrespondenz zwischen Henry More und Anne Conway, der er sowohl hinsichtlich der Frage-/Antwort-Form wie auch hinsichtlich des Lehrer-Schüler-Verhältnisses von Autor und Adressat nahe steht. Eine literarische Wahlverwandtschaft verbindet ihn überdies mit Mores Divine Dialogues von 1668,76 in denen der Verfasser die Denker des Origenisten-Netzwerkes, darunter auch George Rust und Joseph Glanvill, unter anderem auch über die beiden „Urorigenismen“, die Präexistenz der Seele und die Wiederherstellung aller Dinge, kontrovers diskutieren lassen wird. Zum anderen bedient sich der Bericht einer Konversion zum Origenismus, als der sich das geistreiche Prolegomenon darstellt, der argumentativen Form der Autobiographie, die den vermutlich noch immer von althergebrachten theologischen Vorurteilen verwirrten Leser zu einer ähnlichen Hinwendung zu dem im Letter of Resolution verteidigten origeneischen Rationalismus bewegen soll. In der Tradition von Descartes’ berühmtem Discours de la Méthode, der stilbildenden neuzeitlichen Philosophenautobiographie, mit der sich die Vorrede in kühner literarischer aemulatio misst, lebt der Ich-Erzähler C. L. paradigmatisch die Abwendung von einer überkommenen theologischen Orthodoxie und die Hinwendung zu einer neuen Vernunfttheologie origeneischen Zuschnitts vor. Sein vorgeblicher Verfasser C. L., ein Edelmann, der den anonymen Autor zur Abfassung des Briefes veranlasst haben will, stellt sich als Mann vor, der sich erst unlängst von einer schmerzvollen Lebenskrise erholt hat. Plötzlich habe er, so berichtet er, „die Lehren jenes frommen Kirchenvaters, des gelehrten Origenes, kennen lernen“ wollen.77 Allerdings habe es ihm an der nötigen Zeit gefehlt, um sein 76 Henry More, Divine dialogues containing sundry disquisitions & instructions concerning

the attributes and providence of God, London 1668.

77 [Rust], Letter of Resolution, To the Reader (o. S.).

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unerwartetes patristisches Interesse ernsthaft weiter verfolgen zu können, und alsbald habe sein Geist über das unerfüllte Verlangen alle Struktur und Ordnung verloren. Auf dem Höhepunkt der inneren Krise, so legt C. L. weiter dar, habe er einen gelehrten Freund, den angeblichen Autor des Letter of Resolution, angefleht, ihm seine Fragen zu Origenes zu beantworten. Nach der Lektüre des Briefes, den ihm der Verfasser bald danach zugeschickt habe, habe er auch endlich den verlorenen inneren Frieden zurückerlangt. Seine bewegende Darstellung seines Gemütszustandes und der Überwindung der geistigen Krise macht die Absicht des Letter of Resolution deutlich. So wendet sich C. L. direkt an den künftigen Leser und vertraut ihm an: „Sie können sich gut vorstellen, dass mich der Erhalt eines so denkwürdigen Geschenkes entsprechend aufgewühlt hat und dass ich die anmutigen Gedanken, die es enthielt, mit außergewöhnlicher geistiger Erregung zur Kenntnis genommen habe. In der Tat nämlich lagen in meiner Seele zuvor einige Dinge so sehr im Argen, dass es mir keine Freude bereitete, einen Blick darauf zu werfen. Im Gegenteil, ich empfand einen eindringlichen, stechenden Schmerz, als ich mir ein Herz nahm und es tat. Bald aber merkte ich, wie sich all diese Spannungen nach und nach lösten und wie sich alles an den rechten Ort und in die rechte Ordnung zu fügen begann: Prinzipien und Schlussfolgerungen passten zusammen, und beständige Ruhe und dauerhafter Frieden – so nämlich wagte ich damals kühn vorherzusagen – bemächtigten sich meiner ganz.“78

Abermals misst sich der Verfasser in geistiger literarischer aemulatio mit seiner cartesischen Vorlage, wenn er sein allgemeines Bestreben, eine neue theologische Hermeneutik zu entwickeln, darlegt, die dem gequälten Geist hilft, „alles an den rechten Ort und in die rechte Ordnung zu fügen“. Endlich fügen sich für ihn „Prinzipien und Schlussfolgerungen“ zu einem in sich schlüssigen Ganzen zusammen. Dadurch also, dass er sich die im Letter of Resolution dargelegten Prinzipien des origeneischen Rationalismus zu eigen macht, so stellt es das Vorwort dem künftigen Leser in Aussicht, wird auch er wie der ursprüngliche Adressat „beständige Ruhe und dauerhaften Frieden“ finden. Um der gesamten theologischen res publica litterarum willen habe er, C. L., alsdann keine Mühen gescheut, den Autor, der sein Werk selbst als bloße Spielerei abgetan habe, dazu zu überreden, seinen Letter of Resolution dem interessierten Leser zugänglich zu machen. Da es unzweifelhaft nämlich noch mehr Menschen gebe, so argumentiert er, die sich in einer ähnlichen Notlage wie er selbst befänden, sei es die Pflicht des Autors, sein Werk zu ihrem Nutzen zu publizieren. Am Ende kann den unwilligen Verfasser allein die wenig angenehme Alternative, sein Werk noch einmal gründlich durchzusehen, dazu bewegen, dem Adressaten die Erlaubnis zur Druck­legung zu geben. 78 Ebd.

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Ein weiteres literarisches Meisterwerk im Kleinen ist die zweiteilige Darstellung des ersten Origenismusstreits im vierten und fünften Jahrhundert,79 in dem der Autor ein großes satirisches Talent offenbart: Schonungslos legt er die Arroganz des rachsüchtigen Bischofs Theophilus von Alexandria, die Beschränktheit des cyprischen Mönchs Epiphanius von Salamis und das fehlende theologische Wissen des lateinischen Philologen Hieronymus von Stridon offen. Die Einleitungskapitel wollen, wie Josef Lössl (Cardiff) in einer ersten umfassenden quellenkritischen Studie zu den Kapiteln 1, 2 und 5 des Letter of Resolution zeigt, den Nachweis erbringen, dass nichts anderes als politische Intrigen, gepaart mit den unbegründeten Vorurteilen der theologisch unbedarften Origenes-Gegner wider das metaphysische Genie des Alexandriners, Grund für dessen Verurteilung gewesen sei. Als vornehmliche Quelle für das Leben des Origenes und den ersten Origenismusstreit – der zweite, der im sechsten Jahrhundert zur offiziellen Verketzerung des Alexandriners führte, findet im Letter of Resolution nicht einmal Erwähnung – dient Rust das berüchtigte 64. Kapitel des Panarion von Epiphanius von Salamis, das er vermutlich in der Ausgabe des Jesuiten Dénis Petau von 1622 gelesen hat. Rust paraphrasiert die biographischen Angaben teils, teils zitiert er sie in Original und Übersetzung. Neben Epiphanius zieht er an späterer Stelle des Berichts, wie die Zitate in der Schrift zeigen, Hieronymus und wohl eine Konkordanz der für das Thema einschlägigen Berichte der Kirchenhistoriker Sokrates, Sozomenos, und Palladius heran. Das Commonitorium des Vinzenz von Lérins findet im Letter of Resolution zwar Erwähnung, wird aber nicht für inhaltliche Aspekte ausgewertet. Zuweilen finden sich in Rusts überaus lebendigem Bericht über die Ränke der Origenes-Kritiker Ungenauigkeiten, zuweilen auch historische Fehler und Versehen. Dass er etwa den Origenes-Feind Theophilus Bischof von Antiochia statt von Alexandria sein lässt, könnte noch auf einen Schreiboder Druckfehler zurückgeführt werden. Schwerer wiegt aus heutiger Perspektive dagegen, dass er die Anfänge des ersten Origenismusstreits kurzerhand in die Lebenszeit des alexandrinischen Theologen verlegt, der, wie er will, bereits Anstoß an den von ihm so genannten ägyptischen Anthrophomorphiten genommen habe. Auch das vernichtende Verdikt, das er über den vermeintlich ungebildeten Mönchstheologen Epiphanius spricht, ist nicht mehr tragbar. Die Grenzen seines Wissens um die historischen Zusammenhänge räumt der Verfasser auch freimütig ein. Gegen Ende seiner Schrift vertraut er dem Leser an, er besitze keinen Überblick über das Gesamtwerk des Hieronymus. Unglücklicherweise sei der Leumund des größten der altkirchlichen Theologen, so beschließt Rust seine geistreiche Satire, in der er die spätantiken Hauptgegner des Origenes mit Hohn und Spott bedenkt, durch deren Ränke bis in seine eigene Gegenwart hinein beschmutzt worden. 79 Ebd. 3–13.

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Zwar findet sich im Letter of Resolution kein eigenes Kapitel zur Ethik des Origenes.80 Dennoch lässt sich sein Autor unbestritten zu der Gruppe der British Moralists zählen, deren Bedeutung für die Geschichte der modernen Ethik erst unlängst wieder entdeckt worden ist. Eine Trias wichtiger Werke hat der Würdigung der lange vergessenen Cambridger Platoniker als herausragender Wegbereiter eines kantischen Typs der Moralphilosophie den Weg bereitet: Jerome B. Schneewinds The Invention of Autonomy,81 Stephen Darwalls The British Moralists and the Internal ‘Ought’: 1640–174082 und Michael B. Gills The British Moralists on Human Nature and the Birth of Secular Ethics83 zeigen auf, dass die Cambridger Platoniker, allen voran Ralph Cudworth, aber auch Benjamin Whichcote und Henry More, eine systematisch höchst belangvolle Ethik entwickelt haben. Im Mittelpunkt ihrer ausgesprochen modern anmutenden aufgeklärten Moralphilosophie steht das „innere Sollen“ moralischer Personen, die „sich selbst Gesetz sind“ (Röm. 2,14).84 Zu dieser Tradition gehört auch George Rusts Discourse of Truth, das Werk, für das er zu Lebzeiten vor allem bekannt war.85 Wie Margit 80 Allerdings kommen einige längere Passagen einem Abriss einer origeneischen Ethik

gleich. Siehe insbesondere den moralphilosophischen Exkurs, den Rust seiner Abhandlung über die Auferstehung vorausschickt (ebd. 57–60). 81 Jerome B. Schneewind, The Invention of Autonomy. A history of modern moral philosophy, Cambridge 1998. Das kurze Kapitel zu den Cambridge Platonists (ebd. 194–214) deutet die Bedeutung ihres Beitrags zur modernen Moralphilosophie allerdings nur an. Das Begleitwerk, eine Textauswahl mit dem Titel Moral Philosophy from Montaigne to Kant, Cambridge 2003, bietet wichtige Passagen aus Cudworth’ Treatise Concerning Eternal and Immutable Morality sowie eine überaus erhellende Einführung in die praktische Philosophie des Autors (ebd. 275–292). 82 Stephen Darwall, The British Moralists and the Internal ‘Ought’: 1640–1740, Cambridge 1995. Das anspruchsvolle Kapitel zu Cudworth’ Ethik (ebd. 109–148), in dem der Verfasser diesen als Vertreter eines proto-kantischen ethischen Internalismus erweist, gehört zu den wichtigsten zeitgenössischen Würdigungen des Denkens der Cambridger Platoniker überhaupt. 83 In hervorragenden Analysen zu Benjamin Whichcote und Ralph Cudworth legt Michael B. Gill, The British Moralists on Human Nature and the Birth of Secular Ethics, Cambridge 2006, 7–74, dar, wie die von den Platonists propagierte anticalvinistische positive Anthropologie einer säkularen Ethik vorgearbeitet hat. Zwar versuchen etwa Whichcote und Cudworth die Unerlässlichkeit des Gnadenwirkens Christi in ihr ethisches Konzept zu integrieren. Die Tugendsoteriologie, nach der gute Werke bereits Teilhabe an Christus sind, führt jedoch, wie Gill zeigen will, eine theologische Aporie herauf, die weder Whichcote noch Cudworth zu lösen imstande sind. 84 In seiner Predigt über 1 Kor. 15,5–7 identifiziert Cudworth moralische Freiheit mit dem Handeln der Seele im Sinne ihrer eigenen inneren Gesetzlichkeit, d. h. als Autonomie: „Moral“, so hebt er hervor, „is the soul’s acting from an inward spring and principle of its own intellectual nature, not by a mere outward impulse, like a boat, that is tugged on by oars, or driven by strong blast of wind“ (True Intellectual System IV, 351–399, hier 377). 85 Im Folgenden wird nach dem Text der von Henry More besorgten Ausgabe zitiert (siehe oben Anm. 70).

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Wasmaier-Sailer (Münster) zeigt, lässt sich der gefeierte Discourse als Antwort auf das berühmte Euthyphron-Dilemma lesen. Das Gute, so betont der Autor, ist nicht kraft eines Wollens, sondern kraft der Natur gut. Nicht einmal Gott, so wendet sich Rust gegen die Calvinisten seiner Zeit, vermag sein Wesen zu verändern. Ja, gesetzt den Fall, Gott selbst vermöchte als schrankenlose Allmacht in Person die Gesetze der Moralität nach Belieben zu verändern und so selbst das ärgste Unrecht willkürlich moralisch sein zu lassen, so „wäre er ein ärgerer Teufel als alle anderen“.86 Als solcher verdiente er die Verehrung des Menschen nicht. Vielmehr ist Gott, wie Rust klarmacht, der Inbegriff der Güte und kann als solcher nicht umhin, in ihrem Sinne zu handeln. Er ist also keineswegs als despotischer Wille, sondern, im Gegenteil, als überfließende Liebe zu denken. Nachdem er der gesamten Seinskette in der Schöpfung Leben und Existenz gegeben hat, lässt Gott niemals von seinem gänzlich uneigennützigen Bestreben ab, die Glückseligkeit und Erfüllung jedes einzelnen Geschöpfs zu erreichen, ganz gleich, wie gering es ist. Umgekehrt ist die Seele, die nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen worden ist, dazu angehalten, Gottes liebende kenosis nachzuahmen. Der vornehmliche ethische Imperativ, wie Rust ihn formuliert, kommt so einer präkantischen Formulierung des Universalitätsprinzips gleich. Der „gute Mensch“, so betont er in einer der eindrucksvollsten Passagen seiner Homilie, wird „von einem freien und universalisierten Geist und einer sich überallhin ausbreitenden und verströmenden Liebe angetrieben“: „Er begehrt das Gut jedes Geschöpfes wie das eigene und freut sich über sein Wohlergehen wie über das eigene. So weit ist er davon entfernt, irgendeinem der Geschöpfe Gottes dessen freie Selbstmitteilung zu neiden oder zu missgönnen, dass er sogar willens ist, dass es anderen besser ergeht als ihm selbst und dass er nichts mehr ersehnt, als dass der Herr den Himmel und die Erde erfüllen und über seine Ufer treten und dass er den Geist der Menschen erquicken und erfrischen möge.“87

Der Zusammenhang zwischen Moral- und Religionsphilosophie ist bei Rust durchweg so eng, dass sich seine Vernunfttheologie insgesamt als Ethiko-Theologie begreifen lässt. Entsprechend wird Gott vor allem in einem Leben erfahren, das der Nachahmung seiner universalen Liebe zu seiner Schöpfung gewidmet ist. Das Gute ist so gleichermaßen eine moralische Einstellung und Gottes erlösende Gegenwart in dem nach seinem Bild und Gleichnis geschaffenen moralischen Subjekt. Beide Aspekte sind untrennbar miteinander verbunden: Allein dadurch, dass sie im Einklang mit der universalen Liebe handelt, erhält die Seele Anteil am göttlichen Leben, das die gesamte Wirklichkeit durchdringt.

86 Rust, Discourse of Truth 175. 87 God is Love 7.

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Die Bestimmung Gottes als universaler Liebe liegt, wie Thomas Karmann (Regensburg) aufzeigt, auch der Skizze einer philosophia Trinitatis zugrunde, wie Rust sie im ersten systematischen Kapitel seines Letter of Resolution, der Darstellung der ersten „Hauptlehre“ des Alexandriners,88 auf der Grundlage von Platonismus und Origenismus bietet.89 Obwohl er bestrebt ist, Origenes gegen den bekannten Vorwurf, er sei der „Vater des Arianismus“,90 zu verteidigen, räumt Rust durchaus ein, dass Origenes, ohne den Begriff zu verwenden, eine Ungleichheit zwischen den drei göttlichen Hypostasen angenommen habe. Allerdings sucht er in seiner neuplatonischen relecture des trinitarischen Dogmas allgemein und des nizänischen ὁμοούσιος speziell – Letzteres gilt ihm als Prüfstein rechtgläubiger christlicher Theologie – aufzuzeigen, dass die Ungleichheit für ein orthodoxes Verständnis der Trinität unerlässlich ist. In seiner Religionsphilosophie stellt Origenes den Vater als transzendente Güte und Seinsfülle dar, die kraft ontologischer Notwendigkeit überfließt. Im Emanationsprozess teilt er sich den weniger universalen Hypostasen der Weisheit, dem Sohn, den er als göttliche Subjektivität und All-Einheit der Ideen auffasst, und derjenigen des Geistes, dem schöpferischen Aspekt der Gottheit, mit. Innerhalb von Rusts Darstellung werden die drei neuplatonischen Hypostasen zum dreieinigen Gott zusammengefasst, dessen Sein durch seine Selbstmitteilung aus Liebe in Schöpfung und Erlösung definiert ist. Neben dem Gesetz der überfließenden Güte hebt Rust hervor, dass die „spätere“ Hypostase mit Notwendigkeit weniger universal als die „frühere“ sein muss, der sie sowohl ihr Sein als auch ihr Wesen verdankt. Ohne die von Origenes postulierte graduell nachlassende Universalität, so Rust, müsste sich die innertrinitarische Emanation ad infinitum fortsetzen. Auf der Grundlage seines Neuplatonismus weist Rust die Kritik, die im ersten Origenismusstreit an der skizzierten Lehre geübt worden ist, als unbegründet zurück. Obwohl sich solche und ähnliche Termi88 [Rust], Letter of Resolution 14–21. 96–100. Die Einzeldarstellungen von Origenes’ „Haupt-

lehren“ sind im Allgemeinen untergliedert in eine systematische Abhandlung und eine spätere Widerlegung der gegen die jeweilige Lehre erhobenen spätantiken Einwände. 89 Eine umfassende Würdigung von Cudworth’ eingehenderer Darstellung der von den Cambridger Platonikern entwickelten Trinitätsdoktrin bietet Douglas Hedley, The Platonick Trinity. Philology and Divinity in Cudworth’s Philosophy of Religion, in: Ralph Häfner (Hg.), Philologie und Erkenntnis. Beiträge zu Begriff und Problem frühneuzeitlicher „Philologie“, Tübingen 2001, 247–263. Die Bedeutung, die ihrer philosophia Trinitatis innerhalb der weiteren Geschichte von englischem und Deutschem Idealismus zukommt, stellt Douglas Hedley, Coleridge, Philosophy and Religion. Aids to Reflection and the Mirror of the Spirit, Cambridge 2000, 33–58, heraus. Innerhalb der Religionsphilosophie erweisen sich George Rust und die Cambridger Platoniker auch hier als bedeutende Mittler, die zentrale origeneische Lehrstücke an die späteren Idealisten weitergegeben haben. Über sie wirkt Origenes so auch auf den Idealismus insgesamt ein, in dessen Systementwürfen, wie Hedley darlegt, die philosophia Trinitatis durchweg eine zentrale Rolle spielt. 90 [Rust], Letter of Resolution 7.

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ni nach Nizäa nicht mehr ohne weiteres verwenden lassen, ist eine Formulierung wie γενητὸς θεός durchaus vereinbar mit dem Konzilsdogma des ὁμοούσιος, da Origenes anders als Arius keinesfalls lehrt, der Sohn sei in der Zeit gezeugt worden. Mehr noch ist entgegen den von Epiphanius und Hieronymus erhobenen Vorwürfen, wie das Emanationsschema deutlich macht, auch die zweite Hypostase „eigentlicher Gott von eigentlichem Gott“.91 Ihre Gottheit bezieht sie nämlich vom Vater. Von daher ist es, wie Rust sich zu sagen nicht scheut, unerlässlich, am Emanatianismus des Origenes festzuhalten, wenn man der Majestät des Vaters als einziger Quelle der göttlichen Natur nicht Gewalt antun will. Obwohl Rust im Ganzen weniger Interesse an der Bibel zeigt als der Alexandriner, gibt seine Darstellung die leitenden Prinzipien des origeneischen Heilstrinitarismus durchaus getreu wieder. Hiernach stehen Gott und Schöpfung in einem wechselseitigen Verweiszusammenhang: Gott ist seinem Wesen nach schöpferische und erlösende Güte, und die Welt ist Ergebnis seiner liebenden Selbstmitteilung, die sie in ihren Teilen wie als ganze widerspiegelt. Ebenso wie Origenes selbst macht auch Rust in seiner philosophia Trinitatis zur Beschreibung des Verhältnisses von Vater und Sohn sowohl gleich- wie auch unterordnende Aussagen. Unter den am meisten verfemten „Hauptlehren“ des Origenes findet sich auch diejenige von der Präexistenz der Seelen. In ihrer Zeit ist der Präexistentianismus das vorrangige Erkennungsmerkmal des origeneischen Platonismus der Cambridger Theologen, von denen insbesondere Henry More, Joseph Glanvill und George Rust mit großem Engagement für diese unorthodoxe Doktrin geworben haben. Nicht nur, dass die Lehre seitdem weithin als platonische Skurrilität oder, schlimmer noch, als offensichtliches Beispiel einer verhängnisvollen Hellenisierung des Christentums abgetan wird, scheint sie auch für eine zeitgenössische Religionsphilosophie irrelevant zu sein. Allerdings erweist sich Rusts eindringliches Plädoyer für den Abfall der präexistenten Seele von der göttlichen Güte, wie Alfons Fürst (Münster) anhand von Rusts Referat der zweiten und dritten „Hauptlehre“ des Origenes92 im Einzelnen aufzeigt, bei näherer Betrachtung als profunde Reflexion über das Theodizeeproblem, das im Mittelpunkt des Letter of Resolution insgesamt steht. Rust knüpft in seiner Rechtfertigung der göttlichen Güte und Gerechtigkeit an Origenes an, wenn er wie er im Faktum der allgegenwärtigen Ungleichheit in der menschlichen Welt die theologische Schicksalsfrage schlechthin sieht und mit ihm die drängende existentielle Frage des unde malum? mit den causae praecedentes der sündhaften Freiheitsentscheidung der von Gott mit einem freien Willen geschaffenen Vernunftwesen beantwortet. Das kürzere erste der beiden Argumente für den origeneischen Präexistentianismus ist ontologischer Natur: Die Menschen sind Geschöpfe der unendlichen Güte, die als 91 Ebd. 97. 92 Ebd. 21–55. 100–108.

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solche nicht umhin kann, sich ihnen von Anbeginn an in Freiheit selbst mitzuteilen. Das ausführlichere zweite Argument ist von ethischer Art und nimmt seinen Ausgang bei zwei streng analog konstruierten Determinismen, nach denen der Mensch, wie die Erfahrung allenthalben und zu allen Zeiten lehrt, sowohl den Zwängen der Gesellschaft mit ihren vielfach fragwürdigen Sitten und Wertvorstellungen wie auch denen des von Affekten und Leidenschaften bestimmten eigenen Körpers ausgeliefert ist. Gegen beide Zwänge, so legt Rust in einer umfassenden Analyse dar, scheint die Freiheit des Menschen geradezu machtlos. Ein gütiger Gott, so argumentiert er, könnte niemals eine reine Seele in eine politische und soziale Umwelt versetzen, die sie beinahe mit Notwendigkeit korrumpieren muss. Gleiches gilt für die körperliche Natur, die sie fast zwangsläufig in allerlei Übel verstrickt. Gäbe es keine frühere Verfehlung, für die der Mensch zu Recht bestraft würde, ließen sich weder körperliches Leid noch moralische Degeneration mit der Güte und Gerechtigkeit Gottes, den Grundaxiomen der theistischen Metaphysik der Cambridge Origenists, in Einklang bringen. Vielmehr hat Gott die Seele zunächst in ihrem bestmöglichen Zustand, das heißt mit einem ätherischen Leib, geschaffen, in dem sie, wie von ihrem Schöpfer vorgesehen, durchaus dauerhaft in den Höhen der Schau des Wahren, Guten und Schönen hätte verharren können. Nun aber, da sie in die Niederungen der irdischen Welt hinabgefallen ist, stellt sich die Situation der Seele in der eindringlichen Analyse sozialer und physiologischer Zwänge, als die sich die ausgesprochen modern anmutenden Präexistenz-Kapitel des Letter of Resolution weithin lesen lassen, überaus düster dar. In den metaphysischen Optimismus, den er als Platoniker mit Origenes teilt, trägt Rust, der calvinistisch erzogene neuzeitliche Theologe, so ein Höchstmaß an Realismus und Pessimismus ein. Allerdings ist es fraglich, ob das Postulat einer ewigen Schöpfung der Vernunftwesen in einem ätherischen Leib die alte theologische quaestio vexata wirklich zu lösen vermag. Gilt die Präexistenz heute allgemein als Überbleibsel eines überholten christlichen Platonismus, so gehört die origeneische Hoffnung auf die Wiederherstellung aller Dinge, wonach das Gesamt der Menschheit in einem von der göttlichen Güte und Gerechtigkeit ins Werk gesetzten Prozess der Erziehung begriffen ist, zu den in der gegenwärtigen Theologie am meisten geschätzten „Hauptlehren“.93 Die Universalität des Heils, so legt Christian Hengstermann (Münster) anhand der Darstellung der fünften Hauptlehre des Alexandriners im Letter of Resolution dar,94 folgt bei George Rust aus dem universalen Heilswillen des guten 93 Siehe dazu den hervorragenden Überblick über die Rezeption der origeneischen Apoka-

tastasislehre in der modernen Theologie bei Eberhard Schockenhoff, Die Wirkungsgeschichte des Origenes, in: Fürst/Hengstermann, Autonomie und Menschenwürde (wie Anm. 1) 47–66, hier 57–65. 94 [Rust], Letter of Resolution 71–81. 130–134.

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Gottes: „Gott will“, so formuliert Rust das Ziel von Christi Heilswerk, „dass alle Menschen gerettet werden und zur Kenntnis der Wahrheit gelangen.“95 Seine Argumentation für die universale Erlösung kommt einer „Soteriologie göttlicher Strafe“96 gleich. Die Vorstellung einer ewigen Hölle widerspricht demnach nicht nur der wesenhaften Güte Gottes, sondern sie stellt streng genommen sogar eine contradictio in adiecto dar, insofern sie mit zwei semantischen Grundaspekten des Begriffs „Strafe“ unvereinbar ist. Zum einen nämlich ist Strafe ihrem Wesen nach teleologisch: Sie sucht das Wohl des Bestraften. Entsprechend kann es keine ewige Strafe geben, da eine solche jede moralische Besserung des Delinquenten ausschließt. Zum anderen richtet sich das Strafmaß nach dem Prinzip distributiver Gerechtigkeit. Abermals steht das Konzept einer ewigen Hölle im Widerspruch zum ethischen Strafkonzept, denn keine endliche Übertretung kann jemals eine unendliche Bestrafung rechtfertigen. Vielmehr handelt es sich bei der Hölle, deren Straffeuer Gott nach Rusts Ansicht mit natürlichen Mitteln über die Welt kommen lässt, um einen Ort, an dem die Seele, unentwegt von unlöschbarem Feuer gequält, entweder Reue empfindet und von der gütigen Gottheit gerettet wird oder stirbt und so ihre Strafe für ihre Übertretungen abbüßt. So oder so aber wird der gute Gott ihr die Möglichkeit, ihr Glück noch einmal zu versuchen, nicht versagen. Im Mittelpunkt von Rusts metaphysischer Deutung der origeneischen Lehre von der Auferstehung, der vierten „Hauptlehre“,97 die auch für philosophische Grundfragen wie die Natur des Menschen und die Frage personaler Identität von Belang ist, steht die Erlösung der gesamten Realität, das heißt des Geistes und der Materie. Da der Mensch per Definition eine eingekörperte Seele ist, erfordert Erlösung, dass sowohl seine Seele als auch sein Körper Teil der vom inneren Christus gewirkten heilbringenden Verwandlung sind: Nur dadurch, dass er mit einem ätherischen Körper bekleidet wird, so Rust, vermag der Mensch die schmerzhafte „incompoßibility“,98 wie sie sein in sich widersprüchliches Wesen auszeichnet, zu überwinden und das geistige und moralische Potential des göttlichen Bildes, das zu verwirklichen ihm sowohl Gott wie auch seine Natur auftragen, zu realisieren. Desgleichen ist auch der gesamte Kosmos wie der menschliche Körper vom göttlichen Leben, das der Vater seinen Geschöpfen mitteilt, durchdrungen. Nach der Ekpyrosis wird der Naturgeist, eine Entität, die Rust, Henry More folgend, 95 God is Love 2. Das „und“ ist epexegetisch aufzufassen: Das Heil des Menschen besteht für

Rust (wie für Origenes) darin, dass der Mensch an der Wahrheit, am Geist Gottes, Anteil erhält. 96 Diese zutreffende Charakterisierung von Rusts soteriologischem Konzept stammt von Morwenna Ludlow, Universal Salvation and a Soteriology of Divine Punishment, in: SJTh 53 (2000) 449–471. 97 [Rust], Letter of Resolution 55–71. 108–130. 98 Ebd. 72. Der Kunstbegriff „incompoßibility“ lässt sich kaum ins Deutsche übersetzen.

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als Mittlerin zwischen geistiger und materieller Welt einführt, die Welt, die sich langsam regeneriert, abermals mit Pflanzen und Tieren erfüllen, die ihrerseits einer achtsam über sie wachenden Menschheit bedürfen. Wenngleich er lediglich „anregende Spekulationen“99 anstellen will, bietet Rusts physikotheologische Eschatologie damit Ansätze zu einer Überwindung der Anthropozentrik, wie sie nicht nur der origeneischen, sondern der gesamten christlichen Heilslehre ihr Gepräge gibt. Die Lehre vom „Naturgeist“, auf die Rust in seiner Theologie und Naturwissenschaft verbindenden origeneischen Lehre von den letzten Dingen im Referat der sechsten „Hauptlehre“100 Bezug nimmt, ist, wie Alfons Fürst (Münster) und Christian Hengstermann (Münster) im Einzelnen aufzeigen, eines derjenigen Konzepte, mit denen die Cambridger Platoniker, allen voran Ralph Cudworth und Henry More, aber auch Anne Conway101 die Kluft zwischen unendlichem Absoluten und endlicher Welt zu überbrücken gesucht haben. Neben der dynamischen Naturphilosophie des Origenes, mit der dieser die Welt insgesamt als großes Sakrament des alle Dinge durchdringenden Gottessohnes auffasst, ist dieser „Naturgeist“ Mores und Cudworth’ zentraler Referenzpunkt der von Rust versuchten Versöhnung zwischen der Natur- und der Glaubenswissenschaft der neuen Zeit. Demnach ist Neuschöpfung der vom gerechten Gott vernichteten Welt Werk einer unbewusst, aber ordnungshaft schaffenden Mittler-Entität zwischen ihm und der Welt: Diese ist es, die das Antlitz der Welt erneuert und den schlafenden Seelen, zunächst denen der Pflanzen und Tiere, dann denen des Menschen, einen neuen Körper schafft. Sobald dieser bereitsteht, kann die Seele, wie Rust darlegt, nicht umhin, dem Gesetz der inneren Übereinstimmung von Geist und Materie zu folgen und in ihn einzugehen. Es beginnt ein neuer Kreislauf, in dem der gütige Gott, wie der Origenist Rust darlegt, die Freiheit des Menschen abermals zu ihrer Vollendung in der Teilhabe an seiner schöpferisch-erlösenden Selbstmitteilung zu führen versucht.

99 Ebd. 86. 100 Ebd. 71–95. 125–135. 101 Zu ihrem spekulativ anspruchsvollen ontologischen Konzept einer natura media siehe

jetzt ausführlich Raimund Litz, „Gott in Allen und Allem“. Skizzen zum Gedanken der Präsenz des Göttlichen und zum Verhältnis von Gott und Mensch bei Anne Conway und Simon Frank, in: Hengstermann/Weichert, Principia Philosophiae (wie Anm. 2) 85– 108, der auch die systematisch-theologische Bedeutung von Conways triadischer Seins­ lehre darlegt.

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4. Kritische Würdigung. Der Letter of Resolution als Manifest eines neuzeitlichen Origenismus Der christliche Rationalismus im Letter of Resolution stellt sich im Kleinen wie im Großen als Reformulierung grundlegender origeneischer Einsichten im Lichte der historischen Debatten der frühen neuzeitlichen Philosophie dar. Wie die gesamte Philosophie des Kreises verdankt auch Rusts Origenismus in systematischer Absicht seine spezifische Eigenart der philosophischen Auseinandersetzung mit René Descartes und Thomas Hobbes. Hierdurch erweisen sich der OrigenesBrief und die große Tradition des Cambridger Origenismus, den er zum kühnen christlich-rationalistischen Programm zusammenfasst, als signifikanter Teil des frühneuzeitlichen Nachlebens des Origenes. Eindrucksvoll belegt das Werk die zentrale Rolle, die dem Alexandriner bei der Entstehung fundamentaler neuzeitlicher Ideen und Begriffe zukommt. Zu den wichtigsten Verdiensten des frühneuzeitlichen Origenes redivivus gehört die Vorstellung vom Menschen als autonomem moralischen Subjekt. Wie Cudworth’ ethische Psychologie des ἡγεμονικόν, so übersetzt auch Rusts moralischer Realismus, nach dem Güte als gänzlich uneigennütziges Streben nach universaler Glückseligkeit zu bestimmen ist, Origenes’ christliches Vollkommenheitsideal in eine höchst schlüssige Ethik universaler Liebe. Seine Religionsphilosophie sucht das sittliche Streben des Menschen innerhalb des größeren providentiellen Schemas göttlicher Güte zu verorten, nach dem ein Gott, der niemals ohne Schöpfung sein kann, die abgefallenen Seelen niemals aufgeben kann. Rust hält sich eng an die Philosophie des Origenes, wenn er den niemals endenden Dialog zwischen der Freiheit des Menschen und der Güte Gottes in den Mittelpunkt seines christlichen Rationalismus stellt. Die übrigen „Hauptlehren“, die der Autor in seinem Origenes-Brief darlegt, entfalten mit großer Konsequenz das System eines praktischen christlichen Rationalismus. So leitet er etwa mit einem quasi-kantischen Postulat die Auferstehung, das Fortleben des Menschen in einem ätherischen Leib, aus dem auf andere Weise unerreichbaren moralisch-spekulativen Potential, über das er als leibseelisches Mischwesen verfügt, her. Desgleichen ist die orige­ neische Hoffnung auf die Wiederherstellung aller Dinge für das dem Menschen von Gott und der Vernunft aufgetragene Streben, dem Gesamt der Schöpfung bei der Erreichung der Glückseligkeit tätig beizustehen, unerlässlich. Die christliche Religion fußt so auf der Wirklichkeit des sittlichen Strebens des Menschen, dem die Religionsphilosophie in Gestalt einer unverzichtbaren rationalen Hoffnungsperspektive die Sinnhaftigkeit bewahrt. Der Origenismus von George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions erweist sich so als Vernunfttheologie, die grundlegende Einsichten der Philosophie der Aufklärung vorwegnimmt.

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Douglas Hedley, Cambrid ge

“In the case of the ‘Cambridge Platonists’, it is eminently true that, with all their faults, philosophy in England never reached a more ideal height – a summit of pure intellectual contemplation – than it did in them.”1

1. The Problem of the Platonists The so-called Cambridge Platonists have been sadly neglected. They have been overlooked for the wrong reasons: misunderstanding, prejudice and poor textual availability have meant that this significant strand of British intellectual history has been gravely overlooked. But now there is the beginning of a serious attempt to review critically the importance of these thinkers. It is striking, and perhaps ironic, that the recent ‘Cambridge School’ of History, spearheaded by Quentin Skinner, which emphasises the importance of argumentative context, has ignored the Platonists. There are also implications when considering the shape of the process for secularisation in the West. It is often asserted that Christianity in the West signally failed to negotiate with the New Science of the 17th century. Galileo, after all, was put on trial by the Church. The thesis that science and religion were fierce foes in early modernity has been vigorously re-asserted by the so-called New Atheists. Contemporary historians such as Peter Harrison in Queensland, formerly Oxford, or Alexandra Walsham in Cambridge have shown that secularisation, however, is a much more complex process than often assumed. 17th century Cambridge presents a very rich instance of the complex relationship between religion and science. The Francis Bacon Project and the Newton Project have respectively transformed our view of both Bacon and Newton. Voltaire’s view of both as radical harbingers of Scientific Enlightenment is no longer tenable. Bacon was clearly

1 John Tulloch, Rational Theology and Christian Philosophy. Vol. 1: Liberal Churchmen,

Edinburgh/London 21874, x.

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a figure of the Renaissance and Newton had strong theological concerns that would have baffled Laplace. While there are numerous studies of the process of secularisation in the 17th and 18th centuries in the area of moral and political thought, there have been fewer works which have concentrated on the evolution of metaphysical assumptions in the same period which have led to secularisation (although Amos Funkenstein has blazed a trail). There is a small but important body of work which has contrib­ uted simultaneously to the history of science and the history of theology and meta­ physics (Funkenstein,2 Marion3), esp. Funkenstein’s identification of ‘secular theology’ as the object common to both disciplines, a mode of discourse specific to the early modern period, which borrows from theology its concepts and objects: Divine omnipresence becomes absolute space; the potentia ordinata becomes the ground of the laws of nature; and the ideae exemplares become the mathematical schemes by which God created the world. It also contributes to the radical redefinition of the general project of English science in the Restoration (defended by Schaffer4 and Henry5), namely, that Newton and also other ‘mechanical philosophers’ such as Boyle, Hooke, Mayow and Power represent a collective attempt at the experimental demonstration of the soul and the activity of spirits in nature. In short, ‘experimental’ and ‘mechanical’ were not co-extensive terms. Some of the leading practitioners of experimental science insisted on the limits of mechanism. The study of the Cambridge Platonists can furnish a more refined account of the relations between the concepts of modern science, religious concepts and philosophical concepts in the crucial period around 1650–1700, in the interest of making a contribution to the account of the complex relation between religion, modern science and secularisation. Although the scholarly perception of Bacon and Newton has been transformed in recent years, there has been little corresponding revision of the Cambridge Platonists. They clearly played a considerable role in the intellectual milieu of 17th century Cambridge. Cudworth refers to Bacon; Henry More is known to have influenced Newton. Both More and Cudworth were deeply interested in the work of Descartes, Boyle or Hooke. The Platonists were broadly sympathetic to the experimentalism of the New Science, 2 Amos Funkenstein, Theology and the Scientific Imagination from the Middle Ages to

the Seventeenth Century, Princeton 1986.

3 Jean-Luc Marion, Cartesian Questions. Method and Metaphysics, Chicago/London 1999. 4 Simon Schaffer, Godly Men and Mechanical Philosophers. Souls and Spirits in Restora-

tion Natural Philosophy, in: Science in Context 1 (1987) 53–85. See also id., Robert Hooke, The Incongruous Mechanist, in: Michael Hunter/Simon Schaffer (eds.), Robert Hooke. New Studies, Woodbridge 1989, 149–180. 5 John Henry, The Matter of Souls. Medical Theory and Theology in Seventeenth-Century England, in: Roger K. French/Andrew Wear (eds.), The Medical Revolution of the Seventeenth Century, Cambridge 1989, 87–113.

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even if they had their philosophical and theological questions about the limits of mechanical explanation. With the Cambridge Platonists we have a group of philosopher theologians who accept the New Science, grosso modo, but who denied some implications drawn by contemporaries like Hobbes or Spinoza, such as materialism or determinism. Indeed the Platonists were determined to “cut the sinews of the Spinozan and Hobbesian cause”.6 Since these men often had leading positions within the University, their influence in facilitating the development of science in Cambridge may have been considerable.7 The great biologist John Ray developed ideas in biology that he derived from More and Cudworth. The Cambridge Platonists are the first Platonists to accept basic tenets of the New Science of the Galileo-Cartesian inheritance. The Cambridge Platonists have been overlooked, I submit, for the wrong reasons. Among these are the view that (1) – the influential thesis of Cassirer – the Cambridge Platonists were fundamentally antiquarian and backward-looking; (2) their influence, such as it was, was narrowly restricted to the national context and short-lived (it was eclipsed by Newton and Locke from the 1690s onwards); (3) their philosophy lacks originality, and they are second- or even third-rate thinkers or mere unworldly mystics. These prejudices have at best only a very partial justification. The Cambridge Platonists certainly make extensive use of ancient philosophical authorities, but they employ them relevantly and critically in the entirely new context of early modern rationalist philosophy, and in this respect it is no more appropriate to say that they were ‘backward-looking’ than to say that contemporary virtue ethicists are backward-looking because they draw on Aristotle. Their direct influence was not limited to the national context. More’s letters to Descartes were debated throughout Europe. Cudworth was discussed by Leibniz, Bayle and LeClerk. Although we still have a very poor idea of the influence (direct and indirect) of these thinkers, there is good evidence that it was far more substantial and pervasive than has hitherto been usually recognised. The writings of the Platonists were read throughout Europe and this continued in the 18th century, where hugely influential figures like Shaftesbury disseminated and discussed their ideas. Further reasons for their neglect are the lack of modern editions of their works and the sheer range of their interests.

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Henry More, Ad V. C. Epistola altera, Quae brevem Tractatus Theologico-Politici Confutationem Complectitur, Paucaque sub finem annexa habet De Libri Francisci Cuperi Scopo, Cui Titulus est, Arcana Atheismi Revelata, & c., in: id., Opera Omnia II/1, London 1679 (Reprint Hildesheim 1966), 630: causae Spinozianae & Hobbianae nervos succidisse. See Charles Raven, Natural Religion and Christian Theology (The Gifford Lectures 1952). Second Series: Experience and Interpretation, Cambridge 1953; id., John Ray Naturalist. His Life and Works, Cambridge 1942, 36. 376. 458–461.

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2. Platonists and Newtonians Cambridge Platonism is a hinge point in intellectual history,8 but the extent and nature of the Cambridge Platonists’ intellectual contribution is neither fully credited nor fully understood, and they have been largely overlooked in modern scholarship. Their exact influence has never been documented in the detail it merits. It is important to re-assess the importance of the Cambridge Platonists in their contemporary context and to examine the nature and extent of their influence, with a view to transforming our understanding of their place in intellectual history. In particular, it is not possible to understand the innovations of Newton (whose importance for the characterization of the identity of modern science is incontestable) and the effects of Newtonianism on the development of empiricism from Locke to Hume (and ultimately Darwin) in the English philosophical context, and the secularisation it implied, without taking into account the renewal of Platonism in the 17th century English context. The Newtonian revolution had deep ties to the Platonists, and this importance has been systematically underestimated in the historiography of modern philosophy. Among Newton’s older contemporaries, the Cambridge Platonists are known to have played a considerable role in the intellectual milieu of 17th century Cambridge,9 and they were responding to the experimentalism of the New Science, even if they had their philosophical and theological reservations about the limits of mechanical explanation. Thus, the Newtonian revolution exploited a conceptual apparatus which was both theological and scientific. The Newtonian era is paradigmatic because of its importance for the shaping of the identity of modern science and because in this period the contradictions start to show between the implications of the empiricist/materialist theories arising from the New Science and the religious ambiance in which they arose. Let us define the Newtonian era as opening with the beginnings of experimental philosophy and the publications of the Cambridge Platonists and closing about 1800. The work of scholars such as James Force, Betty Jo Teeter Dobbs, Lisa Downing, Steve Snobelen, Rob Ilife, Jean-François Baillon has stressed the importance of understanding the profound connection between Newton’s Arian theology, his metaphysics partly inspired by Cambridge Platonism and his natural philosophy which breaks with Cartesian mechanism with its concept of force and absolute space and the omnipresence of a spirit which not

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See Charles Taliaferro, Evidence and Faith, Cambridge 2005, 3–5. See John Gascoigne, Cambridge in the age of the Enlightenment. Science, religion and politics from the Restoration to the French Revolution, Cambridge 1988, 40–51.

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only keeps the created world in existence but periodically recalibrates the forces and makes action at a distance thinkable.10 Simon Schaffer and John Henry have also, in a revisionist way, suggested that not only Newton but other ‘mechanical philosophers’ such as Boyle, Hooke, John Mayow and Power had rather attempted to demonstrate experimentally the existence of the soul and the activity of spirits in nature. They thus reject the more traditional telling of the story of Restoration science, according to which these authors were more strictly mechanist.11 There is also much work remaining to be done concerning which polemical conditions prevailed at the birth of the ‘physico-theology’ genre in the 18th century, especially the question of Cartesian cosmogeneticism in Boyle, More and Newton; what connections physico-theology had with the ontology of absolute space; the Newtonian conceptions of divine omnipresence, and the agonistic encounter between physico-theology and another important dimension of the Newtonian heritage, i. e. naturalism in its Humean form.

3. Cudworth’s Plastic Nature In particular, it is not possible to understand these issues without specifically taking into account the Platonic background to that forgotten part of metaphysics and the ancestor of psychology, namely pneumatology, i. e. the study of spirit/soul (including God), which reached its apotheosis in the modern period in the controversies around the physico-theological conceptions of space in the Cambridge Platonists and Newton. The Newtonian doctrines of physical and mental causality cannot be understood in dissociation from the pneumatological speculations of the Newtonians and the Cambridge Platonists on the modalities of the presence of spirit in space. 10 Stephen David Snobelen, Isaac Newton, heretic. The Strategies of a Nicodemite, in: Bri-

tish Journal for the History of Science 32 (1999) 381–419; id., Isaac Newton, heretic. Alchemy, the Apocalypse and the making of modern science, London (forthcoming); James E. Force/Richard H. Popkin (eds.), The Books of Nature and Scripture. Recent Essays on Natural Philosophy. Theology and Biblical Criticism in the Netherlands of Spinoza’s Time and the British Isles of Newton’s Time (AIHI 139), Dordrecht/Boston/London 1994; Betty Jo Teeter Dobbs, The Janus Face of Genius. The Role of Alchemy in Newton’s Thought, Cambridge 1991; Robert Ilife, “Making a Shrew”. Apocalyptic Hermeneutics and the Sociology of Christian Idolatry in the Work of Isaac Newton and Henry More, in: Force/ Popkin, Books of Nature and Scripture 55–88; Lisa Downing, The Status of Mechanism in Locke’s Essay, in: PhRev 107 (1998) 381–414; Jean-François Baillon, Early eighteenthcentury Newtonianism. The Huguenot contribution, in: Studies in History and Philosophy of Science 35 (2004) 533–548. 11 Cf. George Boas, The Influence of Philosophy on the Sciences, in: PAPS 95 (1951) 528–537.

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Plastic nature is the term that Cudworth uses for the intermediary between the Divine Mind and the world of nature, the unconscious spirit that is responsible for and explains order and purpose in the physical world. Let us bracket the details of this theory, a version of the Platonic anima mundi. Cudworth, like More, admires the theism of Descartes and his emphasis upon the centrality and irreducibility of mind or spirit. But he is worried by the radical dichotomy of mind and world in Descartes. Cudworth, like More (and other contemporaries like Baxter and Casaubon), began to turn metaphysically against Cartesianism and more generally the anti-teleology of the Galilean programme as de facto atheistic and colluding with Epicurean materialism. This constitutes a common intellectual insistence on the limits of mechanism as not being able to explain all material phenomena (especially – eventually – Newtonian attraction). According to these, God did not abandon creation to the blind forces of matter: He directs it constantly and providentially. This polemical context, and the concern to defend the value of science for natural religion, mid-century, in authors like Boyle, leads to a re-evaluation of final causes and their use in physics. This is the intellectual context for the rise of physico-theology – God is brought into physics, and physics is used to provide a quasi-inductive and experimental demonstration of the existence and attributes of God (eventually to receive its classical critique in Hume). Consider Pope’s

“Look round our world; behold the chain of love Combining all below and all above. See plastic nature working to this end, The single atoms each to other tend, Attract, attracted to, the next in place Form’d and impell’d its neighbour to embrace. See matter next, with various life endu’d, Press to one centre still, the gen’ral good. See dying vegetables life sustain, See life dissolving vegetate again: All forms that perish other forms supply, (By turns we catch the vital breath, and die) Like bubbles on the sea of matter born, They rise, they break, and to that sea return.”12

This is not Epicurean but Platonic atomism. It is a teleological vision of the universe that is bound by the chain of love. 12 Alexander Pope, Essay on Man, Epistle 3, ll. 7–20: The Twickenham Edition of the Poems

of Alexander Pope. Vol. III/I: An Essay on Man, ed. by Maynard Mack, London 1950, 92–94.

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4. The Problem of Freedom and the Reception of Origen The interest of More and Cudworth in natural philosophy was closely linked to a concern with the question of freedom and responsibility. Cudworth is a stout defender of the Origenist framework: God’s goodness cannot be impugned and man’s salvation requires genuine and not merely nominal freedom.13 Yet these Origenist principles are worked out within the context of modern science. Cudworth’s Treatise Concerning Eternal and Immutable Morality is as much an attack upon theological voluntarism as upon Hobbesian ‘atheism’. In espousing absolute values that constrain, as it were, the divine will, he is opposed to the voluntarism of a theist like Robert Boyle in his Free Enquiry into the Vulgarly received Notion of Nature. Robert Boyle insisted upon viewing the cosmos philosophically as a quasimachine that expresses the absolute power of the divine. For Boyle one of the attractions of the new mechanistic philosophy was that it banished any bogus intermediaries between God and the cosmos such as plastic nature and indeed reinforced a hyper-supernaturalistic view of Divine sovereignty. Boyle writes: “God is a most free agent, and created the world, not out of necessity, but voluntarily, having framed it as he pleased and thought fit at the beginning of things, when there was no substance but himself and consequently no creature, to which he could be obliged, or by which he could be limited.”14

Cudworth occupies the opposing position. In opposition to the ‘mechanical’ theists who insist upon the priority of divine will, he insists that “[w]e see then that it is far from being true that all moral good and evil, just and unjust … are made by mere will and arbitrary commands … that it is not possible that any command of God or man should oblige otherwise than by virtue of that which is naturally just”.15 Cudworth proceeds to attack Descartes’s voluntarism by insisting that “the wisdom of God is as much God as the will of God”.16 Against the Cartesian view, Cudworth draws upon Scripture: “Though all things in the universe had not been arbitrarily made such as they are, but according to the best art and wisdom, yet were they not therefore less for the will of God;

13 Cf. Ralph Cudworth, A Treatise Concerning Eternal and Immutable Morality, with A

­Treatise of Freewill, ed. by Sarah Hutton, Cambridge 1996, 155.

14 Robert Boyle, A Free Enquiry into the Vulgarly Received Notion of Nature, ed. by Edward

B. Davis/Michael Hunter, Cambridge 1996, 160.

15 Cudworth, Eternal and Immutable Morality 21 f. 16 Ibid. 26.

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it being his will to make them according to his wisdom; or to order all things in number, measure, and weight (Wisd. 11:20).”17

Cudworth also employs an argument drawn from patristics in order to counter Cartesian voluntarism whereby “all divine perfections are swallowed up into will”.18 Since Arius and his followers viewed the creative principle of God, the Logos, as created and not begotten by the Father, the Arian position allowed for a “mutable, lapsable, and peccable” Logos.19 It was the virtue of the Nicene Fathers and Origen, according to Cudworth, to assert the impeccable nature of the Logos as “essentially wise intellect”.20 Cudworth’s characteristically sympathetic view of Origen in pitting him against the theological voluntarism of Descartes is of interest. It is equally striking that Cudworth should place Origen alongside the Nicene Fathers rather than in opposition to them. Let me repeat that Cudworth is not attacking Descartes as a reckless ‘modern’ and radical innovator. On the contrary, Cudworth teasingly refers to the “old philosophy” of Cartesius, which he himself deems to be a version of the true philosophia perennis. The voluntarism (along with the failure to note the limits of mechanical explanation) is critiqued by Cudworth as a blemish within the Cartesian philosophy that contains much important truth. Thus, Cudworth’s critique of Descartes is radically different from the generic hostility of conservative Aristotelians of the period. Cudworth’s problem is as following: If the realm of nature is exclusively a domain of mechanical explanations, how can we account for human behaviour? Where is the axiological dimension of the world? If human beings are merely the products of efficient causation and cannot effect right or wrong actions, wherefore punishment? In the case of “the doctrine of Democritus and Hobbian atheists”21 the issue is clear. The determinism of Hobbes is the consequent outworking of such a mechanistic account of agency,22 the source of a particular mechanistic paradigm in which desire is the blind causal force which can be guided by intellect and action is considered as the relation between desire and intellect. For Hobbes, will is ‘appetite’ and necessitated. Human beings are best considered as mechanical structures and the actions of men as the result of external forces. The scientific understanding of human nature shows that there is no specifically or irreducibly ethical component. 17 Cudworth, Freewill 190. 18 Ibid. 187. 19 Ibid. 186. 20 Ibid. 21 Ibid. 195. 22 Cf. ibid. 199.

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Furthermore, the radical empiricism and materialism of Hobbes was combined with a doctrine of the state that the Platonists found deeply uncongenial. Hence, purely metaphysical and ethical questions assumed enormous political importance during the turbulent civil war period. Henry More, in his An Explanation of the Grand Mystery of Godliness, published in the year of the Restoration, defends liberty of conscience. But equally, it is inadequate, Cudworth avers, to present freedom as an “arbitrary contrivance, or appointment of Deity, merely by will annexed to rational creatures”.23 Many Aristotelian critics of Hobbes, like Bramhall, viewed the intellect as informing the otherwise blind will (as the motivational power) and enabling the will to choose one or another option. Understanding or intellect is without power, will is without insight. Cudworth’s critique rejects such an appeal to faculty psychology, which he refers to as a “vulgar psychology”,24 and replaces it with a much more holistic and subtle view of the relationship between will and intellect. In his positive construction, it is offering a profound appeal to the irreducible nature of human agency, of what he calls “a power over oneself ”.25 Cudworth has a distinctly Platonic view of the self as a hierarchical composite within which there can be considerable discord and the nous furnishing a means of settling conflict by perceiving the good. Within this framework, Cudworth looks for a view of the intelligent will as self-determining agency. In A Treatise of Freewill, he does not present the will as a faculty of the soul, distinct from reason. The will is rather the capacity of the soul capable of driving the soul towards the good. There is a proleptic dimension to the mind’s innate hankering for goodness, since “the soul of man hath in it … a certain vaticination, presage, scent, and odour of one summum bonum”.26 The will is quite properly inspired by the good and this process, the “ever bubbling fountain in the centre of the soul, an elater or spring of motion”.27 This is clearly inspired by the thesis of Plotinus, Ennead VI 8 that contemplation is the source of action. Insofar as the finite will is conformed to, contemplates and participates in, its transcendent source, boniform, as it were, right actions follow. The goal is not so much the co-ordination of the separate faculties of will and intelligence as the integration of will and intellect as “that which is properly we ourselves”.28 The ability to do otherwise is the necessary but not sufficient condition of freedom for Cudworth: “There can be no just blame or dispraise, but only where the objects, being in themselves really unequal, the one better, the other worse, 23 Ibid. 196. 24 Ibid. 167. 25 Ibid. 174. 26 Ibid. 167. 27 Ibid. 173. 28 Ibid. 178.

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a man refuseth the better and chooseth the worse.”29 Cudworth thinks that this is revealed in our spontaneous and unreflective reactive attitudes: our intuitive feelings of praise or resentment towards other human beings, feelings which we do not have towards animals or machines. Hence, whereas the determinist Hobbes saw punishment as grounded in deterrence, Cudworth sees its proper basis in the intuition that we are responsible for faults and deserve punishment. Praise and blame, reward and punishment presuppose axiological freedom. When human beings are praised for “diligence, industriousness … and blamed for the contrary … (t)hese things are imputed to men themselves, as the cause of things, and as not being determined by necessary causes as much as the notions of a watch or clock are.”30 Human responsibility is grounded in the capacity for self-awareness: “Wherefore that which is thus conscious of itself, and reflexive upon itself, may also as well act upon itself either as fortuitously determining its own activity or else as intending and exerting itself more or less in order to the promoting of its own good.”31 Ultimately, it is moral control of one’s self. Yet this is grounded in the law of a rational being: As Cudworth insists, we are properly a law unto ourselves. The decisive fact about ethical obligation is its intrinsic nature. To act ethically is to be true to ourselves and to be properly autonomous. Cudworth is proposing a very significant idea about agency. He claims that if one is a properly human agent, one cannot ignore the ethical dimension. Consider also the other great philosopher of the age alongside Hobbes who inspired the anxiety of Cudworth: Spinoza. It has often been noted that Spinoza is very close to Hobbes in his ethical concerns. Humans are mechanistically driven by the conatus for self-preservation and thus self-interest. Hobbes provided a view of goodness as subjective and based upon convention, and even apparently altruistic acts like pity or charity are in fact self-regarding. Spinoza is more wide-ranging and he proposes an ethics that is a liberation from ephemeral interests and the enjoyment of eternal felicity. Yet, notwithstanding the deeper spiritual dimension of Spinoza, the parallels with Hobbes remain deep. Consider, for example, self-sacrificing altruism in Spinoza. Individual agents, Spinoza claims, necessarily endeavour to maintain or preserve life (conatus) to their own individual advantage. Resources are often restricted and interests may be incompatible. What of an agent who instead of gaining advantage at the cost of others decides to help others at his or her own cost? Spinoza claims that since such self-denial is not evidently good for the individual, it must be the result of domination by passion. This is linked to Spinoza’s rejection of Christian virtues such as humility, pity or 29 Ibid. 166. 30 Ibid. 183. 31 Ibid. 201.

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repentance. These are versions of sadness and deficient power. For Cudworth, ethical endeavour is the test of the soul as a fallible rational agent, a gradual and imperfect transformation of the whole hegemonicon toward the transcendent and perfectly good God. Teleology rather than self-preservation is just as central for Cudworth as it is for the Aristotelians. Cudworth, in rejecting the naturalistic paradigm (Hobbesian or Spinozistic), draws on ancient roots. The will is conceived of in Origenistic tripartite terms as the ascetic struggle by which the hegemonic core self tries to orientate itself to the good: The ruling part of the self is caught trying to steer in the precarious middle state between the brutish and the divine likeness. In the process of the development of godlikeness, there is no absolute but only limited self-determination. The cultivation of certain dispositions is an important part of becoming Christ-like. Cudworth insists that freedom is a necessary quality of an imperfect rational creature but aims at the infallible and perfect freedom of God. 32 The culmination of true freedom is the combination of freely electing the good and yet being constrained by the binding power of that goodness. As John Smith puts it in his Select Discourses, man “finds himself most free … when he is under the most powerful constraints of divine love”.33 The question of ethics and freedom becomes one of metaphysics: What are we? The Plotinian answer lies in the doctrine of the true or core self that exists beyond the flux of becoming. Origen is preferable to Cudworth, because in the term hegemonicon he can insist upon what is right and wrong with the Plotinian view. As with Plotinus, ethics is a matter of the transformation of self. But Cudworth wishes to stress the specifically Christian virtues of humility and modesty, and as with Origen, Christ is the true ‘self ’. One of Origen’s favourite biblical texts is John 1:26 about the dwelling of Christ announced by John the Baptist. For Origen this is Christ as the hegemonicon of the soul: the ruling principle. Cudworth speaks in his Sermon to the House of Commons in 1647 of the “infant newborn Christ”34 and he follows Origen in his emphasis upon freedom as participation in the Divine life: “Whereas the true liberty of a man, as it speaks pure perfection is when by the right use of the faculty of freewill, together with the assistances of Divine grace, he is habitually fixed in moral good, or such a state of mind, as he doth freely, readily, and easily comply with the law of the Divine life, taking pleasure in complacence thereunto; and having aversion 32 Cf. ibid. 165 f. 33 John Smith, Select Discourses, fourth edition corrected and revised by Henry Griffin Wil-

liams, Cambridge 1849, 405.

34 Ralph Cudworth, A Sermon Preached before the Honorable House of Commons at West-

minster, March 31, 1647, in: Charles Taliaferro/Alison J. Teply (Hg.), Cambridge Platonist Spirituality, New York 2004, 55–94, here 73.

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to the contrary; or when the law of the spirit hath made him free from the law of sin, which is the death of the soul.” 35

5. Conclusion The Galilean-Cartesian perception of nature begins to transform European intellectual life from the 1640s onwards. The partial acceptance and partial rejection of the Galilean-Cartesian programme evinced by More and Cudworth reveals the vulnerabilities or weaknesses of this new account. The Cambridge Platonists, let me repeat, were the first great Platonists to accept modern science. They did not reject corpuscularian science like their Aristotelian contemporaries. But they did recognise what they viewed as the dangerous reductive tendencies of the New Science. Henry More’s Enchiridium Metaphysicum shows how Descartes blocks the traditional arguments for God – he emphasizes the rejection of final causes, overreliance on the ontological argument. Similarly, Cudworth’s A Treatise Concerning Eternal and Immutable Morality and his A Treatise of Freewill are attacking the positions of Descartes and Hobbes while remaining sympathetic to the new corpuscularian science. This furnishes Cudworth’s reflections with a highly contemporary flavour. The problems of the Cambridge Platonists are strikingly contemporary, since the Cambridge Platonists accepted the Galilean-Cartesian inheritance. But Cudworth as a Platonist was acutely sensitive to the tension between mind and nature, spirit and matter, subject and object that pre-occupied Idealist and Romantic thought and remains unresolved in contemporary philosophy of mind. Rather than the erratic descendant of Erasmus, as in Cassirer’s well-intentioned but misleading account of the Cambridge School, this is a thinker who, as Stephen Darwall has stressed, realised the significance of the “internal ought” as true autonomy.36 Thus, the appeal to Origen is not the work of an antiquarian, but part of Cudworth’s attempt to develop a critique of his intellectual contemporaries which did not fall back on a simple restatement of Aristotelianism. But nor was it just a jejune Platonising nostalgia, but employs his deep reflection on theological and philosophical problems. Here we find the deep impress of Origen amidst a re­ markable attempt to engage the leading mechanical philosophers of the age over the question of freedom in the context of the scientific revolution.

35 Id., Freewill 196 f. 36 See Stephen Darwall, The British Moralists and the Internal ‘Ought’, Cambridge 1995,

109–148.

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George Rusts Darstellung der Geschichte des ersten ­Origenismusstreits im Letter of Resolution Josef Lössl, Cardiff

Der 16611 anonym veröffentlichte und traditionell dem Cambridge-Platoniker George Rust (1628–1670) zugeschriebene2 Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions hatte, wie bereits aus seinem Titel3 hervorgeht, Origenes und die wichtigsten ihm zugewiesenen Lehrmeinungen zum Thema. 1

Zu den Publikationsdaten im Detail sowie zum Verfasser und weiteren Einleitungsfragen siehe ausführlich den Beitrag von Christian Hengstermann, oben S. 20–31. 2 Zur Möglichkeit der Verfasserschaft Henry Mores vgl. Sarah Hutton, Anne Conway. A Woman Philosopher, Cambridge 2004, 60 Anm. 23. Hutton verweist auf eine unveröffentlichte Arbeit David Dockrills. Diese Möglichkeit legt sich auch aus den Umständen nahe. Auffällig ist etwa der Eifer, mit dem More das Werk Anne Conway empfiehlt (siehe dazu unten). Aufbau und Argumentationsstrategie von Anne Conways, vom Denken Mores stark beeinflusstem Werk Principia Philosophiae ähneln frappant denen des Letter of Resolution: Gott (Trinität), Präexistenz, Leiblichkeit, Apokatastasis, zyklische Natur des Alls. Die lateinische Übersetzung des verlorenen englischen Originals findet sich mitsamt einer englischen Übersetzung in: Anne Conway, The Principles of the Most Ancient and Modern Philosophy, ed. with an Introduction by Peter Loptson (AIHI 101), Den Haag/ Boston/London 1982. Eine neuere englische Übertragung bietet: Anne Conway, The Principles of the Most Ancient and Modern Philosophy, transl. and ed. by Allison P. Coudert/ Taylor Corse, Cambridge 1996. 3 Der Titel scheint neben der Diskussion der Lehren auch eine biographische Beschäftigung mit der Person des Origenes zu suggerieren. Im Text wird jedoch gleich am Anfang klargestellt, dass eine solche schwierig sei, da sich die wenigen biographischen Informationen zumeist in polemischen Werken fänden: [George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope Nicolson, New York 1933, 3: „Diejenigen, die im Bereich der alten Kirchenschriftsteller kompetent und belesen sind, sagen uns, dass sich nur sehr wenige Nachrichten über ihn erhalten haben, ausgenommen die, die man Schriften entnehmen muss, die eigens zur Widerlegung seiner Ansichten verfasst worden sind.“ Wie gleich zu zeigen sein wird, sind mehr oder weniger alle Angaben zur Biographie des Origenes im Letter of Resolution dem 64. Kapitel von Epiphanius’ Panarion entnommen. Darüber hinaus bietet der Letter einen Abriss der Geschichte des ersten Origenismusstreits (376–402) und speziell der Ereignisse von 399/400, der auf den Standarddarstellungen im sechsten Buch der Kirchengeschichte des Sokrates von Konstantinopel bzw. im achten Buch der Kirchengeschichte des Sozomenos sowie in der Historia Lausiaca des Palladius basiert; vgl. Elizabeth Ann Clark, The Origenist Controversy. The Cultural Construction of an Early Christian Debate, Princeton 1992, 44–46.

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Das Werk ist in erster Linie philosophisch, nicht historisch-theologisch oder gar kirchengeschichtlich motiviert. Dies lässt sich u. a. aus Reaktionen interessierter zeitgenössischer Leser erschließen. So empfahl etwa Henry More (1614–1687), ebenfalls ein Cambridge-Platoniker, das Werk in einer Reihe von Briefen der Philosophin Anne Conway (1631–1679), und zwar als eine Art systematischer Abhandlung über die Lehre von der Präexistenz der Seele,4 ein Thema, das More und Conway besonders interessierte5 und das eines von sechs im Letter of Resolution diskutierten Themen war.6 4

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Vgl. etwa den Brief Henry Mores an Anne Conway vom 26. Oktober 1661 in: The Conway Letters. The Correspondence of Anne, Viscountess Conway, Henry More and their Friends (1642–1684), ed. by Marjorie Hope Nicolson. Revised Edition with an Introduction and New Material, ed. by Sarah Hutton, Oxford 1992, 194: „Es ist ein durchaus geistreiches und gelehrtes Buch. Allerdings hält unser Vizekanzler es für ein gefährliches Buch, und er hat es deshalb in seinem Konsistorium mit einer Art Zensur belegt. Eine der absurden Lehren des Origenes sei die Präexistenz der Seele, die, wie er meint, der Inkarnation Christi widerspreche. Das ist alles, was, wie ich gehört habe, dagegen vorgebracht wird.“ Vgl. auch ebd. 173. 192 Anm. 1. 194–197 passim. 200. 203. Vgl. dazu Sarah Hutton, Henry More and Anne Conway on Preexistence and Universal Salvation, in: Marialuisa Baldi (Hg.), “Mind Senior to the World”. Stoicismo e origenismo nella filosofia platonica del Seicento inglese, Mailand 1996, 113–125. Vgl. [Rust], Letter of Resolution 14, zu einer Auflistung der sechs Themen: 1. Origenes werde beschuldigt, eine Ungleichheit („inequality“) der drei göttlichen Personen (Subordinatianismus?) vertreten zu haben; 2. Origenes habe die Präexistenz der menschlichen Seelen gelehrt; 3. Die irdische (materielle, sterbliche) Leiblichkeit des Menschen werde von Origenes als Folge eines positiv schuldhaften bzw. nachlässigen (akrasia) Verhaltens seitens der Seelen interpretiert; 4. Die Auferstehung von den Toten interpretiere Origenes so, dass die Seelen mit einem „himmlischen“ oder „ätherischen“ Leib ausgestattet würden; 5. Nach einer sehr langen Zeitenfolge („after long periods“) würden, so Origenes, alle Verdammten von ihren Leiden erlöst werden; 6. Es würde, so behaupte Origenes, von Zeit zu Zeit ein Weltenbrand („conflagration“) stattfinden, nach dem die Welt erneut von Menschen wie Tieren bewohnt werde, und dies so fort in alle Ewigkeit. – Bei dieser Liste handelt es sich um eine idealtypische Zusammenfassung der im späten 4. Jahrhundert umstrittenen Lehren des Origenes. In den konkreten Streitigkeiten wurden in der Regel nur Teilaspekte behandelt. Zu einer Reihe verschiedener Listen in Quellen des 4. Jahrhunderts vgl. Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 86–151. Eine besondere Ähnlichkeit mit der hier im Letter of Resolution gebotenen Liste weisen die in Hieronymus, c. Rufin. I 2 und II 12 (CChr.SL 79, 6. 46 f.), enthaltenen Listen auf. Dazu, dass Hieronymus die Vorlage für die im Letter auf S. 14 angeführte Liste geliefert haben könnte, würde auch passen, dass sie mit einem lateinischen Hieronymuszitat (epist. 84,7 an Pammachius und Oceanus [CSEL 55, 129]) abgerundet wird: Hieronymus, so der Letter, habe bezüglich der aufgelisteten Irrtümer gesagt: cum haec reieceritis et quasi censoria virgula separaveritis a fide ecclesia, tuto legam caetera. nec venena iam timebo, cum antidotum praebibero. Es ist dies das erste lateinische Väterzitat im Letter und das erste Zitat, das nicht Epiphanius’ Panarion 64 entnommen ist. – Darüber hinaus findet sich im Letter bereits auf S. 6 eine Liste von Lehren des Origenes, die, so der Letter, „von den Alten“ verurteilt worden seien. Jene Liste ist aus in Epiphanius’ Panarion 64 verstreuten Stellen zusammengestellt, mit Ausnahme der Apo-

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Trotz der systematischen Schwerpunktsetzung kam der Verfasser des Letter of Resolution freilich nicht umhin, sich auch mit historischen Problemen zu beschäftigen; denn sein Stoff ist zumindest in wichtigen Teilaspekten historischtheologischer und biographischer Natur. Obgleich nämlich im Vorwort des Letter als erstes Motiv für die Abhandlung „die Neugier“ genannt wird, „die Meinungen jenes frommen Kirchenvaters, des gelehrten Origenes, kennenzulernen“,7 muss der Verfasser diese Meinungen im Hauptteil seines Briefes zunächst einmal historisch kontextualisieren; d. h. er muss etwas zur Person des Origenes sowie zum historischen Hintergrund der Entstehung und Übermittlung seiner Lehren sagen, also auch zu den damit verbundenen Kontroversen. Dies tut er auch in den Kapiteln 1 und 2. Er beginnt mit (1.) Welche Meinung „die Alten“ („the Ancients“; gemeint sind die patristischen Autoren der Spätantike) vom Wert, Geist und der Haltung seiner (d. h. Origenes’) Person hatten und (2.) Was sie von seinen Lehren hielten. Erst dann werden diese Lehren selbst (3.) sowie Argumente dafür (4.) und dagegen (5.) diskutiert,8 ehe der Verfasser eine Art ‚origenistisches‘ Schlussplädoyer hält.

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katastasis, die im Panarion nicht angesprochen wird. Sie enthält folgende Gegenstände: 1) Die spekulative und naturalistisch-rationalistische Natur der Theologie des Origenes leugne den einfachen Glauben. 2) Origenes leugne außerdem die Auferstehung des Leibes und lehre 3) Präexistenz und Fall der Seele. 4) Origenes’ Trinitätslehre habe dem Arianismus den Weg bereitet. 5) Über Origenes’ Lehre von der Allerlösung (insbesondere der Erlösung der Dämonen) hätten die Alten nicht gewusst, ob sie weinen oder lachen sollten. Der Letter bezieht sich übrigens nur auf die Streitigkeiten des 4./5. Jahrhunderts. Den zweiten Origenismusstreit im 6. Jahrhundert sowie die daraus resultierenden kirchlichen Verurteilungen, etwa Justinians auf der Synode von Konstantinopel i. J. 543 veröffentlichten Anathematismen gegen Origenes (DH 403–411) oder die Anathematismen über die drei Kapitel des Konzils von Konstantinopel i. J. 553 (DH 421–438), berücksichtigt er nicht. Und natürlich sind ihm auch nicht die erst im 20. Jahrhundert von Antoine Guillaumont, Les ‚Képhalaia Gnostica‘ d’Évrage le Pontique et l’histoire de l’Origénisme chez les Grecs et chez le Syriens (PatSor 5), Paris 1962, aufgedeckten Hintergründe dieser späteren Kontroverse, etwa die Rolle des Evagrius Ponticus bekannt. Vgl. dazu István Perczel, The Anti-Origenist Anathemas of 553: To What Did They Refer?, in: Joseph Patrich (Hg.), The Sabaite Heritage in the Orthodox Church from the Fifth Century to the Present, Leuven 2001, 261–282; Daniël Hombergen, The Second Origenist Controversy, Rom 2001, 21–35; Lorenzo Perrone, Palestinian Monasticism, the Bible, and Theology in the Wake of the Second Origenist Controversy, in: Patrich, ebd. 245–259. [Rust], Letter of Resolution, To the Reader (o. S.) (Hervorhebung: J. L.). Dass Origenes hier als ein „frommer und gelehrter Kirchenvater“ bezeichnet wird, scheint in Kontrast zur herrschenden Meinung in der anglikanischen Kirche der Restaurationszeit zu stehen, die den Alexandriner vor allem wegen seiner Lehren bezüglich Präexistenz der Seele und Allerlösung als heterodox einschätzte; vgl. Hutton, Henry More (wie Anm. 5) 113–115. Allerdings scheint die Bezeichnung „Kirchenvater“ für Origenes nie in Frage gestellt worden zu sein. Vgl. dazu unten Anm. 15 und 16. [Rust], ebd. 3.

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Die im Folgenden kurz notierten Beobachtungen beziehen sich vor allem auf die Angaben zur Biographie des Origenes in Kapitel 1, auf den kirchengeschichtlichen Abriss zum ersten Origenismusstreit in Kapitel 2 sowie auf Kapitel 5. Zuvor jedoch einige Bemerkungen zum historischen Kontext und zum Vorwort der Ausgabe von 1661.

1. Zum historischen Kontext des Letter und zum Vorwort „an den Leser“ Der Letter of Resolution entstand in einer Zeit der Problematisierung der Orthodoxie des Origenes und seiner Lehren in der anglikanischen Kirche.9 Zwar gilt die Jagd auf Häretiker nicht als eines der Hauptmerkmale jener Epoche. „Charakteristischer war eher die spürbare, wenn auch nur allmähliche Zunahme der Bereitschaft, die Vernunft als maßgeblich für das Lösen theologischer Probleme zu akzeptieren.“10 Dennoch bleibt festzuhalten, dass der Letter of Resolution anonym publiziert wurde und sich nie jemand zur Verfasserschaft bekannte. Vor allem ein Kleriker mit einer Position an der Universität Cambridge, Eigenschaften, die sowohl auf George Rust als wahrscheinlichsten Verfasser wie auch auf Henry More, einen weiteren möglichen Kandidaten, zutreffen, dürfte als Autor eines solchen Pamphlets ein gewisses Risiko (etwa eines Amtsenthebungsverfahrens) eingegangen sein. Andererseits scheint der Letter als anonyme Schrift eine gewisse Verbreitung gefunden zu haben und öffentlich diskutiert, also nicht gewaltsam unterdrückt worden zu sein. Henry More schreibt in einem auf den 26. Oktober 1661 datierten Brief an Anne Conway, der Rektor („Vice Chancellour“)11 der Universität Cambridge halte das Werk für gefährlich und habe es in gewisser Weise im Kirchenrat verurteilt.12 Er habe dabei wohl vor allem auf eine der „unsoliden“ Lehrmeinungen des Origenes abgezielt, nämlich die Präexistenz der Seele. More drückt sich hier ziemlich ambivalent aus: Der Vice-Chancellor habe den Letter „in einer gewissen Weise“ 9 Dazu ausführlich Hutton, Henry More (wie Anm. 5) 113–115. 10 Maurice Wiles, Archetypal Heresy. Arianism through the centuries, Oxford 1996, 64. 11 Nach Nicolson/Hutton, Conway Letters 194 Anm. 1, handelt es sich dabei um den po-

pulären Prediger und Theologen Theophilus Dillingham (1613–1678), der 1654 zum Master des Clare College und zwischen 1655 und 1662 mehrmals zum Vice-Chancellor der Universität gewählt wurde. Dagegen berichtet John Gascoigne, Art. Dillingham, Theophilus (1613–1678), in: ODNB 16 (2004) 196 f., dass Dillingham 1660/61 weder Master of Clare noch Vice-Chancellor, sondern vorübergehend im Zuge der Wiederherstellung der Monarchie (Restoration) seiner Ämter enthoben war. Vice-Chancellor während dieser Jahre war der in Cambridge weniger populäre Royalist und einstige Hofkaplan Charles’ I. Henry Ferne (1602–1662), der 1661 u. a. auch Dechant von Ely und 1662 Bischof von Chester wurde; vgl. Brian Quintrell, Art. Ferne, Henry (1602–1662), in: ODNB 19 (2004) 401–404. 12 Nicolson/Hutton, Conway Letters 194.

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(„in some sort“) „censured“, was auch einfach nur heißen könnte, er habe ihn „angeprangert“, „sein persönliches Missfallen über ihn zum Ausdruck gebracht“. Auf jeden Fall sollte die Haltung des Vice-Chancellors Mores Adressatin nicht beunruhigen, im Gegenteil. More fährt fort, das Werk Anne Conway wärmstens zu empfehlen, ja es ihr geradezu aufzudrängen,13 eben weil jene „unsolide“, aber eben für More und Conway interessante Lehre des Origenes in ihm diskutiert werde. More erwähnt den Letter of Resolution gleich in mehreren Briefen an Anne Conway und möchte sichergehen, dass sie das Werk auch erhalten und gelesen hat.14 Eine ähnlich ambivalente, subversive Haltung gegenüber kirchlichen Autoritäten, wie sie Henry More in seinen Briefen an Anne Conway an den Tag legte, scheint auch der Verfasser des Letter of Resolution eingenommen zu haben. Dass Origenes im Vorwort des Werkes als „Kirchenvater“15 bezeichnet wird, dürfte zwar auf Konvention beruhen. Sie wurde zwar in der zeitgenössischen Theologie 13 Man fühlt sich hier an eine Episode aus der Zeit des ersten Origenismusstreits (um 400)

erinnert. Paulinus von Nola hatte Hieronymus um Rat bezüglich des Problems der „Verhärtung“ des Herzens Pharaohs (Röm. 9,18) gebeten, also der Frage nach dem Verhältnis von göttlicher Vorherbestimmung und menschlicher Freiheit. In epist. 85,2 f. (CSEL 54, 136 f.) antwortete Hieronymus Paulinus, er könne die Antwort auf diese Frage in Origenes’ Περὶ ἀρχῶν finden. Hieronymus muss diesen Hinweis ernst gemeint haben; denn er fährt fort, Paulinus könne, wenn nötig, eine lateinische Übersetzung des Werkes bei seinem Freund Pammachius in Rom beziehen. Diese Empfehlung des Origenes durch einen der schärfsten Origenesgegner inmitten der heißesten Phase des ersten Origenismusstreits hat in der Forschung Zweifel hinsichtlich des theologischen Ernstes der antiorigenistischen Position ausgelöst. Solche Zweifel wurden freilich bereits von Zeitgenossen, etwa von den Kirchenhistorikern Sokrates und Sozomenos geäußert. Die Kontroverse wurde als weitgehend kirchenpolitisch motiviert beurteilt; vgl. Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 35. 45; siehe etwa auch [Rust], Letter of Resolution 8: „Was hielten Sie aber davon, wenn ich Ihnen … einen geschichtlichen Abriss ihrer [sc. der Gegner des Origenes] Auseinandersetzung mit ihm [sc. Origenes] und seinen Ansichten gäbe? Könnte es nicht sein, dass dies ihrer schärferen Kritik etwas von ihrer Glaubwürdigkeit nähme?“ 14 More erwähnt die Schrift in Briefen datierend vom 14. September, 26. Oktober, 16. November und 14. Dezember 1661 sowie vom 4. Januar 1662; vgl. Nicolson/Hutton, The Conway Letters 192. 194–197. An all diesen Stellen empfiehlt er das Werk bzw. berichtet von seinen Anstrengungen, es Anne Conway zuzusenden. Nirgends ist davon die Rede, dass Anne Conway ein Interesse an der Schrift gezeigt bzw. sie bereits gelesen hätte. Allein für sich betrachtet könnten diese Stellen den Eindruck erwecken, dass More hier nicht das Werk eines anderen, sondern eines seiner eigenen Werke empfahl. Dagegen sprechen freilich, wie bereits erwähnt, viele andere, vor allem auch positiv auf George Rust hindeutende Indizien. Siehe dazu den Beitrag von Christian Hengstermann, oben S. 25–31. 15 [Rust], Letter of Resolution, To the Reader (o. S.). Später wird im Letter immer wieder auf Origenes als „Father“ bzw. „the Father“ verwiesen. Interessant an dieser Stelle könnte außerdem auch noch das Bekenntnis zu dem neuzeitlich-aufklärerischen Prinzip der curiositas („curiosity“) sein, das theoretisch ausgeleuchtet wurde von Hans Blumenberg, Die Legitimität der Neuzeit, Frankfurt 1966; ders., Der Prozess der theoretischen Neugierde, Frankfurt 1973.

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mit gewissen Einschränkungen versehen verwendet,16 aber nicht grundsätzlich vermieden.17 Origenes war kein Erzhäretiker wie etwa Arius. Trotz der ihm unterstellten „unsoliden Lehrmeinungen“ (More) galt er in gewisser Hinsicht sogar als ein (wenn auch mit Vorsicht zu behandelnder) Traditionsträger.18 Im weiteren Verlauf seines Vorworts legt der Verfasser des Letter of Resolution dann aber diesbezüglich eine eher „antitraditionalistische“ Haltung an den Tag. Es scheint ihm daran zu liegen, bestehende Konventionen, was die eingeschränkte Akzeptanz des Origenes betrifft, zu hinterfragen. Süffissant bemerkt er, er sei „weder von seiner natürlichen Veranlagung noch von seinen Studien oder seiner Lebensweise her im Detail darüber informiert, was gemeinhin als ‚orthodox‘ gelte, noch erstarre er in Ehrfurcht vor diesem Wort.“19 Hier scheint die proto-aufklärerische Freiheitsliebe der Cambridge-Platoniker durch.20 Der Verfasser des Letter lässt sich nicht von einem schon vorgefassten Begriff der Orthodoxie leiten, der Origenes lediglich eine eingeschränkte Rolle zuweist. Er argumentiert auch nicht apologetisch. Es kommt ihm nicht darauf an, Origenes für eine wie auch immer geartete Orthodoxie zu rehabilitieren. Er setzt freilich als gegeben voraus, dass Origenes und seine Lehren in bestimmten orthodoxen Kreisen als heterodox oder gar häretisch gelten. Er selbst wähnt sich diesen Kreisen diametral entgegengesetzt und erklärt seine Beschäftigung mit der Materie in aufklärerischer Haltung durch die Tatsache, dass er in einem von Forschergeist durchdrungenem Zeitalter lebe.21 Er entschuldigt sich dann noch (ganz im Geiste

16 Vgl. etwa die von dem reformatorischen Einigungstheologen Georg Calixt (1586–1656) im

Prooemium seiner 1629 erschienenen Ausgabe des Commonitorium des Vinzenz von Lérins verwendete (einschränkende) Formulierung: Origenes sei ein Kirchenvater, „insoweit er mit den übrigen übereinstimmt“; zitiert bei: Andreas Merkt, Das patristische Prinzip. Eine Studie zur theologischen Bedeutung der Kirchenväter (SVigChr 58), Leiden/Boston/ Köln 2001, 108. Auf ähnliche Weise qualifiziert Calixt Tertullian („ehe er Montanist wurde“). Übrigens wird im Letter of Resolution (vgl. S. 5 unter dem Titel Encomium) auf Vinzenz’ Commonitorium verwiesen. Könnte der Verfasser Calixts Ausgabe gekannt haben? Warum aber verweist er dann auf das Commonitorium irrtümlicherweise unter dem Titel Encomium? 17 Vgl. Irena Backus (Hg.), The Reception of the Church Fathers in the West. From the Carolingians to the Maurists, 2 Bde., Leiden 1997. 18 Vgl. Merkt, Das patristische Prinzip (wie Anm. 16) 9 u. ö. 19 [Rust], Letter of Resolution, To the Reader (o. S.). 20 Vgl. dazu Christian Hengstermann, Platonismus und Panentheismus bei Ralph Cudworth, in: Frank Meier-Hamidi/Klaus Müller (Hg.), Persönlich und alles zugleich. Theorien der Alleinheit und christliche Gottrede (ratio fidei 40), Regensburg 2010, 192– 211, hier 199 f. 21 [Rust], Letter of Resolution, To the Reader (o. S.): „in this inquisitive Age“.

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des Origenes) für die Vorläufigkeit seiner Ausführungen,22 ehe er mit der Abhandlung selbst beginnt.23

2. Zur Biographie des Origenes: Die Rolle von Epiphanius’ Panarion 64 Kapitel 1 des Letter of Resolution ist wie folgt überschrieben: „Welche Meinung hatten die Alten von Wert, Geist und Charakter dieser Person [sc. Origenes]?“ Es geht hier also zunächst um die Person des Origenes, um biographische Fragen. Mit den „Ancients“ sind, wie im Text näher ausgeführt wird, „the Ancient Writers of the Church“ gemeint, die frühchristlichen bzw. patristischen Autoren der Spätantike. Die modernen Forscher, die sich im Studium dieser Autoren auskennen, so der Letter, bezeugen jedoch, dass diesbezüglich nur wenige Zeugnisse erhalten sind bzw. auch nur solche Zeugnisse, die einem polemischen Kontext entstammen.24 Auf den folgenden drei Seiten des Letter finden sich dann, streng genommen, lediglich Hinweise auf eine einzige solche Quelle, nämlich das notorische 64. Kapitel des Panarion des Epiphanius von Salamis.25 Das monumentale antihäretische Werk des Epiphanius war zuerst 1544 von Johannes Herwagen und dann erneut 1578 in Basel von Eusebius Bischof herausgebracht worden. Ein Exemplar der letzteren Ausgabe befand sich (und befindet sich noch heute) in der Universitätsbibliothek von Cambridge.26 Rust und More dürfte auch die von dem Jesuiten Jan Buys (Busaeus) besorgte neuere Mainzer Ausgabe von 1608 bekannt gewesen sein.27 Die von ihnen tatsächlich benutzte Standardausgabe jener Zeit wird jedoch die 1622 (und dann erneut 1632) veröffentlichte Edition (mit lateinischer Überset22 Ebd.: „Denn weder sind die Fundamente meiner Argumente tief genug gelegt oder hin-

reichend fest gefügt – schließlich sollte ich Origenes folgen und nicht nach eigenem Plan vorgehen –, noch ist die Anordnung meiner Ausführungen über irgendeine seiner Lehren so, wie sie eigentlich sein sollte.“ 23 Zur Gesamtgliederung siehe oben Anm. 6. 24 [Rust], Letter of Resolution 3. 25 Epiphanius, pan. 64 (GCS Epiph. 2, 403–520). Entstanden 374–377 n.Chr., also zwanzig Jahre vor Ausbruch des ersten Origenismusstreits, kann dieser Abschnitt in Epiphanius’ Panarion sicherlich als eines der Hauptwerke der antiorigenistischen Literatur des ersten Origenismusstreits gelten. Auf engstem Raum zusammengedrängt findet sich in ihm eine unglaubliche Menge und Vielfalt antiorigenistischer Polemik. 26 D. Epiphanii episcopi Constantiae Cypri, Contra octoginta haereses opus, Panarium, sive Arcula, aut Capsula Medica appellatum …, Basileae ex Officina Hervagiana per Eusebium Episcopium, 1578. 27 Panarion, hoc est arca medica variis divinae Scripturae priscorumque patrum antidotis adversus animi morbos instructa  … edita a Joanne Busaeo Societatis Iesu theologo  … Moguntiae apud Joannem Albinum, 1608.

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zung und ausführlichen Anmerkungen) des französischen Jesuiten Denis Pétau (Dionysius Petavius, 1583–1652) gewesen sein, die durch ihren Wiederabdruck in der Patrologia Graeca Jacques-Paul Mignes noch heute leicht zugänglich ist.28 Um Pétau handelt es sich vielleicht auch bei dem Jesuiten, auf den der Letter als einen der modernen Fürsprecher des Origenes anspielt.29 Epiphanius’ Panarion wird im Letter nicht ausdrücklich als Quelle für Origenes’ Biographie erwähnt. Epiphanius selbst wird etwas später als handelnde Figur im ersten Origenismusstreit eingeführt.30 Für die biographischen Angaben wird jedoch nur anonym, unbestimmt31 und im Plural auf „die Quellen“ verwiesen.32 Die Problematik, biographische Angaben polemischen Quellen zu entnehmen, wird allerdings wiederholt angesprochen, so dass der Letter zumindest teilweise den Anforderungen einer kritischen Untersuchung entspricht, wie sie auch bereits im 17. Jahrhundert an Schriften dieser Art gestellt wurden. Charakteristisch für die im Letter zur Anwendung gebrachte Methode ist eine Mischung aus Paraphrasen, wörtlichen Zitaten in Übersetzung, die freilich nicht als solche kenntlich gemacht werden, und wörtlichen Zitaten im griechischen und lateinischen Original, die es kompetenten 28 Τοῦ ἐν ἁγίοις Πατρὸς ἡμῶν Ἐπιφανίου … ἅπαντα τὰ σωζομένα … Dionysius Petavius ex

veteris libris recensuit, Latine vertit et animadversiones illustravit, Paris 1622 (= PG 41 f.).

29 [Rust], Letter of Resolution 8: „Ich will auch gar nicht weiter erwähnen, dass einige späte-

re, aber sehr gelehrte Männer ihn ebenfalls verteidigt haben. Schließlich bin ich mir dessen bewusst, dass es manchen Leuten Argument genug gegen ihre Autorität ist, wenn man sagt, sie seien modern. Für andere reicht die Aussage, dieser Mann sei ein Philosoph, jener ein Papist und ein dritter ein Jesuit und damit einer der ärgsten Papisten überhaupt gewesen, aus, ihnen jegliche Vernünftigkeit abzusprechen. Unter Männern all dieser Gruppen hat unser heiliger Kirchenvater nämlich Verteidiger gefunden.“ Könnte es sein, dass, angenommen, George Rust ist der Verfasser des Letter, mit dem Philosophen Henry More gemeint ist? 30 Ebd. 9 wird Epiphanius als dumpfer Anthropomorphit vorgestellt: „Zu dieser Zeit hatte sich auch Epiphanius … diese Irrmeinung zu eigen gemacht oder war ihr zumindest nicht sehr abgeneigt. Denn obwohl er zweifellos ein sehr frommer Mensch war, ist es doch ziemlich offensichtlich, dass er nicht sehr gebildet … war.“ Der qualifizierende Einschub zeigt, dass auch dem Verfasser des Letter klar war, dass Epiphanius nicht einfachhin als Anthropomorphit bezeichnet werden kann. Ihm scheint außerdem bewusst, dass auch das Image des Epiphanius von der Polemik der Quellen geprägt ist. So erwähnt er etwa die bei Sokrates und Palladius belegte Polemik des Theophilus gegen Epiphanius (Clark, The Origenist Controversy [wie Anm. 3] 45): [Rust], ebd.: „Theophilus …, der … in öffentlichen Schreiben Epiphanius als Häresiarchen bezeichnet hatte …“ Das Schlussurteil des Letter, dass Epiphanius „nicht sehr gebildet … war“, ist jedoch von einer Stereotypie, die in dieser Form von der modernen Forschung nicht länger aufrechterhalten wird; vgl. Clark, ebd. 86–104, bes. 104. 31 Mit einer Ausnahme: [Rust], ebd. 5: „… verweise ich Sie auf die Lobrede, die Vinzenz von Lérins auf ihn [sc. Origenes] gehalten hat.“ Siehe dazu unten S. 70; zum möglichen Hintergrund des Verweises siehe oben Anm. 16. 32 Vgl. [Rust], ebd. 3–6.

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Lesern ermöglichten, die Quelle zu identifizieren, deren Nutzen und Funktion für nicht des Griechischen (und eventuell auch des Lateinischen) kundige Leser allerdings zu befragen wäre.33 Was die rhetorische Struktur des Letter betrifft, so hat es den Anschein, als ob der Verfasser versuchte, eine Antithetik zu entwickeln. Zuerst werden vermeintlich negative Charaktereigenschaften des Origenes aus „den Quellen“ (im wesentlichen Epiphanius) gezogen, dann positive.34 Damit nun zu einigen Stellen im Detail: Origenes, so der Letter, werde vorgeworfen, er habe sich in ein von theoretischer Neugier allzu sehr motiviertes Projekt hineingesteigert, nämlich keine einzige Stelle der Bibel ohne Erklärung zu belassen. Dies habe ihn zu Fall gebracht. Äußerst unbesonnen sei er gewesen und habe in seinen Auslegungen ohne jede Umsicht alles Mögliche behauptet, eben was ihm gerade einfiel.35 Diese Aussage findet sich bei Epiphanius, allerdings in einem positiven Kontext, den der Letter of Resolution unterschlägt: Unter Verwendung von Material aus dem sechsten Buch von Eusebius’ Kirchengeschichte hatte Epiphanius zu Beginn seiner Darstellung in Kapitel 64 seines Panarion nämlich zunächst die Leistungen des Origenes aufgelistet, kulminierend im großen Bibelwerk, der Hexapla. Der am Anfang des Letter of Resolution stehende Satz, bei „den Alten“ sei nur Negatives über Origenes zu finden, ist damit also irreführend. Selbst ein so erbarmungsloser Polemiker wie Epiphanius weiß auch Gutes über den Alexandriner zu berichten. Allerdings erreicht Epiphanius genau an dieser Stelle einen Wendepunkt. Er schließt die bisherigen, auf Eusebius aufbauenden Ausführungen und meint, unter großen Anstrengungen habe Origenes jenes Werk (die Hexapla) ausgeführt. Doch habe er seinen Ruhm nicht bis zum Schluss unversehrt bewahren können. Gerade seine Gelehrtheit habe seinen Ruin verursacht; denn eben weil er sich das Ziel gesetzt hätte, keine Stelle der Bibel unerklärt zu lassen, sei

33 Anne Conway etwa kann 1661 möglicherweise noch zu dieser Gruppe möglicher Leser

gerechnet werden. Sie soll erst ab Mitte der 60er Jahre Griechisch gelernt haben; vgl. Hutton, Anne Conway (wie Anm. 2) 18 Anm. 20. Es ist anzunehmen, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits Latein (zumindest lesen) konnte. 34 In Kapitel 2 wird der Letter versuchen, ähnlich vorzugehen. Dort werden zuerst die von „den Alten“ als solche verurteilten Irrtümer des Origenes aufgelistet. Da der Verfasser des Letter dazu jedoch keine positiven Antithesen finden kann, schlägt er vor, jene Verurteilungen („censures“) durch einen geschichtlichen Abriss ihres Zustandekommens zu diskreditieren; vgl. [Rust], Letter of Resolution 8 (siehe unten S. 73 f.). 35 Ebd. 3: „Es wird ihm zur Last gelegt, von der allzu neugierigen Bemühung, keinen Teil der Schrift, gleich wie diffizil, unerklärt zu lassen, überwältigt worden zu sein, was sein Untergang gewesen sei. Sehr verwegen sei er gewesen, und in seinen Deutungen habe er allerlei sorglos und nach Gutdünken dahingesagt.“

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er in Versuchung geraten und habe mit tödlicher Gefahr behaftete Erklärungen produziert.36 Der Letter of Resolution fährt nun, weiter die Quelle paraphrasierend, ja direkt aus dem Griechischen zitierend, fort, Origenes sei κομπώδης καὶ δοκήσει σοφός (in angeberischer und spiegelfechterischer Weise schlau) gewesen, ein „Erforscher von Unerforschlichem“, ἐκβιβαστὴς τῶν ἐπουρανίων (ein Exhibitionist, was die Dinge des Himmels angeht), einer, der die Welt mit Spielereien und Trivialitäten angefüllt habe,37 ein Fanatiker, ἐθελόσοφος (ein Möchtegernweiser),38 ein Beckmesser und Verächter der Einfachheit wahrer Gläubiger, einer, der durch sein fleischliches Denken und seine rationale Haltung unfähig gewesen sei, die Gnade des Geistes zu empfangen, ein Ungläubiger, der größte unter allen Ungläubigen, ein erbärmlich eitler Mensch, den seine außergewöhnliche Begabung auf dem Gebiet der griechischen Gelehrtheit pervertiert habe usw. „Die Widerwärtigkeit des Arguments“, so beschließt der Verfasser des Letter diesen Abschnitt, „ermüdet mich, und mein Respekt gegenüber den Kritikern lässt mich davon Abstand nehmen, ihre Namen zu nennen.“39 In Wirklichkeit wurden bisher nur einige fragmentarische Aussagen über Origenes’ Leben aus Epiphanius’ Panarion 64 zusammengestellt. Der Letter fährt nun im Widerspruch zu den anfangs geweckten Erwartungen fort, einige positive Aussagen über Origenes aus den polemischen Quellen zu referieren. Auch diese sind sämtlich Epiphanius entnommen, und diese Aussagen nun sind im Panarion eigentlich nicht positiv gemeint, sondern Elemente negativer Abschnitte:40 Origenes habe in seiner Jugend als Bekenner des Namens 36 Epiphanius, pan. 64,3,8 f. (GCS Epiph. 2, 409): Ταύτην ὁμοῦ πᾶσαν τὴν πραγματείαν ὁ

ἀνὴρ μετὰ καμάτου πεφιλοτίμητο· ἀλλὰ οὐκ εἰς τέλος τὸ κλέος αὐτοῦ ἄσβεστον διήνυσε. συμβέβηκε γὰρ αὐτῷ τὸ τῆς πολυπειρίας εἰς μέγα πτῶμα. ἐξ αὐτοῦ γὰρ τοῦ σκοποῦ, βουλόμενος μηδὲν τῶν θείων γραφῶν ἐᾶσαι ἀνερμήνευτον, εἰς ἐπαγωγὴν ἑαυτὸν περιέβαλεν ἁμαρτίας καὶ θανάσιμα ἐξηγήσατο ῥήματα. 37 Ebd. 64,8,1 (2, 417): Ἀρχὴ δέ μοι λέγειν πρὸς τὸν κομπώδη καὶ δοκήσει σοφὸν καὶ ἐρευνητὴν τῶν ἀνερευνήτων καὶ ἐκβιβαστὴν τῶν ἐπουρανίων τουτονί, τὸν φλυαρίας ἐμπλήσαντα τὸν βίον. 38 Vgl. ebd. 64,9,3 (2, 418): οὐδὲν δὲ λυπήσει καὶ ἐν τῷ παρόντι δεῖξαι τὸ εὔληπτον τοῦ λόγου καὶ εἰπεῖν πρὸς τοῦτον τὸν ἐθελόσοφον; 64,11,1 (2, 420): ταῦτά ἐστι τὰ τοῦ προειρημένου ἐθελοσόφου ἐπαπορητικὰ πρὸς τὴν ἀλήθειαν λεξίδια. 39 [Rust], Letter of Resolution 4. 40 In Epiphanius, pan. 64,2–5 (GCS Epiph. 2, 404–413), steht das Bekennertum des jungen Origenes in einem Gegensatz zu seiner Flucht vor dem Martyrium und seiner Umsiedlung nach Palästina, die im Letter of Resolution völlig unterschlagen wird. Origenes’ Leistung als Philosoph bezeichnet Epiphanius eher sarkastisch als μέσος, der Letter als „very well skilled“. Epiphanius kontrastiert Origenes’ Leistung als Philosoph mit seiner Unfähigkeit als Theologe (die Abwegigkeit seiner Lehren werde nur noch vom perversen Treiben bestimmter Sekten übertroffen). Im Letter wird diese letztere Stelle weiter unten auf S. 6 am Anfang von Kapitel 2 im Zusammenhang mit Origenes’ Lehrmeinungen behandelt (siehe

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Christi und des wahren Glaubens viele Leiden und Verfolgung auf sich genommen, sei durch die Straßen der Stadt (gemeint ist Alexandria) gezerrt worden,41 habe die in seiner Zeit grassierenden Häresien widerlegt, sich als Philosoph, nicht zuletzt auch als Naturphilosoph, hervorgetan, übertriebene Askese geübt,42 wie kein anderer die Heilige Schrift studiert, in mehr als 6000 Büchern seine Lehren veröffentlicht43 und die größten Philosophen seiner Zeit, Plotin eingeschlossen,44 mit seiner Gelehrtheit beeindruckt.

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unten Anm. 54), während er hier im biographischen Abriss unterschlagen wird. Für Epiphanius ist Origenes’ gesundheitsschädliche Askese (anders als im Letter) ein negativer Charakterzug; und selbst Origenes’ Produktivität als Autor wird von Epiphanius polemisch genutzt, nicht als Kompliment wie im Letter. Siehe dazu unten Anm. 43. [Rust], Letter of Resolution 4: „Und hier stellen sie [!] ihn als jemanden dar, der in seiner Jugend und später für den Namen Christi und die heilige Glaubenslehre bereitwillig und mutig viele Verfolgungen und viele barbarische Misshandlungen erlitten hat: Viele Male wurde er durch die Straßen der Stadt geschleift.“ Vgl. Epiphanius, pan. 64,1,1.3 (GCS Epiph. 2, 403): … τὰ πλεῖσθα διωχθεὶς ἐν τῇ νέᾳ αὐτοῦ ἡλικίᾳ … πολλὰ δὲ λέγεται πεπονθέναι ὑπὲρ τοῦ ἁγίου λόγου τῆς πίστεως καὶ ὀνόματος Χριστοῦ, τοῦτο μὲν ἐν τῇ πόλει πολλάκις συρόμενος … [Rust], ebd.: „Er gebot auch über eine sehr gute Kenntnis vom Wesen und den Eigenschaften der Tiere und anderer natürlicher Dinge. Sein Leben war asketisch, und infolge der übermäßigen Strenge mit sich selbst, seiner kargen Ernährung und der Enthaltung von Fleisch soll er, so wird berichtet, τὸν θώρακα αὐτοῦ πεπτωκέναι …“ Epiphanius, ebd. 64,5,6.8 (2, 414): καὶ ὅσα μὲν ἐν προσομιλίαις καὶ διὰ τῶν προοιμίων εἰς ἤθη τε καὶ εἰς φύσεις ζῴων τε καὶ τῶν ἄλλων παρ᾽ αὐτοῦ εἴρηται, μέσος φερόμενος πολλάκις χαρίεντα διηγήσατο … ἔδοξε γὰρ αὐτὸς καὶ ἀσκητικὸν βίον ἐπανῃρῆσθαι … διὸ καὶ τὸν θώρακα αὐτοῦ φασί τινες ἀπὸ ὑπερβολῆς πολιτείας, ἀσιτίας τε καὶ ἀποχῆς ἐμψύχων πεπτωκέναι … Einige, so Epiphanius, behaupteten, Origenes habe durch seine exzessiven asketischen Praktiken seinen Magen ruiniert. Die Angabe steht bei Epiphanius also in einem polemischen Kontext, der im Letter of Resolution, zumindest an dieser Stelle, überspielt wird. [Rust], ebd. 5: „… und neben einer Vielzahl anderer Schriften, die sich im Ganzen auf die Zahl von 6000 Bänden belaufen, hat er zum Nutzen der gesamten Menschheit unzählige solche Traktate veröffentlicht. Er schrieb mehr, als andere Menschen zu lesen vermögen.“ Epiphanius, ebd. 64,63,8 (2, 501): … εἰ γὰρ ἐστὶν ἀληθές, ὃ περὶ σοῦ ᾄδεται, ὅτι ἑξακισχιλίους βίβλους συνέγραψω  … Epiphanius führt diese Angabe in einem polemischen Kontext ein. Siehe dazu bereits Petavius (PG 41, 1177 Anm. 48): Hieronymus berichte, Rufinus habe Epiphanius vorgeworfen, er habe diese Zahl aus der Luft gegriffen, um damit zu prahlen, alle diese Bücher gelesen und widerlegt zu haben. Dazu Hieronymus, c. Rufin. II 21 f. (CChr.SL 79, 58); epist. 82,7 (CSEL 55, 114). [Rust], ebd.: „In seiner Gegenwart seine Vorlesung fortzusetzen scheute sich selbst Plotin …“ Dies ist die einzige Angabe, die sich nicht bei Epiphanius findet, sondern in Porphyrius, vit. Plot. 14 (I p. 18 Henry/Schwyzer): Ὠριγένους δὲ ἀπαντήσαντός ποτε εἰς τὴν συνουσίαν πληρωθεὶς ἐρυθήματος ἀντίστασθαι μὲν ἐβούλετο  … In der modernen Forschung wird sie nicht auf den Christen Origenes, sondern auf einen nichtchristlichen Philosophen gleichen Namens bezogen; vgl. Alfons Fürst, Christentum als Intellektuellen-Religion. Die Anfänge des Christentums in Alexandria (SBS 213), Stuttgart 2007, 64.

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Wenn der Leser des Letter of Resolution nun auf das Encomium des Vinzenz von Lérins als Referenztext für diese Einzelheiten verwiesen wird, so ist dies erneut irreführend; denn all diese Details hat der Verfasser des Letter aus Epiphanius. Er hatte ja auch gerade eben noch ein griechisches Zitat aus Epiphanius angeführt.45 Das Encomium, auf das der Letter hier, eher auf das Folgende bezogen, verweist, ist das 23. Kapitel des Commonitorium des Vinzenz von Lérins,46 das freilich nicht nur, wie der Letter erneut suggeriert, Positives über Origenes zu sagen hat, sondern auch seine Orthodoxie kritisch Qualifizierendes.47 Diese Qualifikation, mit der Vinzenz Origenes gerade noch als „katholisch“ akzeptiert, läuft der Begeisterung für Origenes und sein Denken seitens des Verfassers des Letter zuwider. Obgleich dieser deshalb die 1629 erschienene Neuausgabe von Vinzenz’ Commonitorium durch Georg Calixt gekannt haben könnte, in deren Vorrede Calixt das Prinzip eines Origenes einschließenden consensus quinquesaecularis beschwört,48 spielt dies für die Argumentation des Letter doch eine eher untergeordnete Rolle; denn der Letter weist Origenes eine weit zentralere, eigenständigere Rolle zu. Der Verfasser des Letter weist in diesem Zusammenhang abschließend darauf hin, dass die Wertschätzung des Origenes als Person selbst bei denen, die seine Lehren ablehnten und daher nicht seinen „ausgewiesenen Enkomiasten“ („professed Encomiasts“) zugerechnet werden könnten, kaum geringer sei als die eines Apostels.49

45 [Rust], ebd. 4: „… soll er, so wird berichtet, τὸν θώρακα αὐτοῦ πεπτωκέναι …“, aus Epi-

phanius, pan. 64,5,8 (GCS Epiph. 2, 414); siehe oben Anm. 42.

46 Vgl. Vinzenz von Lérins, comm. 17 (23) (CChr.SL 64, 170–172). 47 Vgl. dazu oben Anm. 16. In der neueren Forschung wird sogar die Meinung vertreten,

dass durch die Einführung eines „positiven“ Prinzips von Katholizität, wie es im Commonitorium vorgeschlagen wird (d. h. „das, was überall, immer und von allen geglaubt wurde“), eigenständige Denker wie Tertullian und Origenes aus der Tradition hinausgedrängt wurden; vgl. Claudio Moreschini/Enrico Norelli, Handbuch der antiken christlichen Literatur, Gütersloh 2007, 496. 48 Vgl. dazu oben Anm. 15 und 16 sowie Merkt, Das patristische Prinzip (wie Anm. 16) 96. 102. 164 u. ö. Es ist freilich auffällig, dass Vinzenz von Lérins gerade hier genannt wird. Das auf 434 datierte Commonitorium beschäftigt sich hauptsächlich mit den trinitarischen und christologischen Kontroversen und behandelt Origenes nur am Rande. Anders als Epiphanius’ zwischen 374 und 377 entstandenes Panarion ist es eigentlich kein direkt mit dem Origenismusstreit in Verbindung stehendes Dokument. Freilich verweist der Letter weiter unten (S. 7) darauf, dass der Lehre des Origenes von maßgeblichen Autoritäten ihre „Catholickness“ bescheinigt wurde (siehe dazu auch unten im nächsten Abschnitt). 49 [Rust], Letter of Resolution 5: „Wollte ich dazu noch die ihm geltenden Ehrbekundungen hinzufügen, wie ich sie bei denen, die seine Lehren nicht missbilligten, gefunden habe, so möchten Sie wohl von ihm sagen, er sei kaum weniger als ein Apostel gewesen.“

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3. Die von „den Alten“ verurteilten Lehren des Origenes und ein ­geschichtlicher Abriss des ersten Origenismusstreits Damit kommt der Letter zum zweiten Kapitel seiner Ausführungen sowie zur Frage, was „die Alten“ von den Lehren des Origenes hielten.50 Interessant hier ist, was sich auch für das Verständnis des fünften Kapitels51 als bedeutsam erweisen dürfte, nämlich dass im Letter im Grunde nicht zwischen den Lehrmeinungen des Origenes und seiner späteren Anhänger (also der historischen „Origenisten“ des 4. Jahrhunderts – spätere Origenisten zieht der Verfasser ohnehin nicht in Betracht) unterschieden wird.52 Vielmehr scheint der Verfasser des Letter selbst, wenn man so will, eine ‚origeneische‘ Position zu vertreten,53 die er von sich aus als ‚origenistisch‘ einstufen würde; mit anderen Worten: Er behandelt Origenes selbst als einen Origenisten und hält dafür, dass dieser sein Origenismus auch im Kontext einer neuzeitlichen Theologie oder Philosophie, wie sie der Letter skizziert, vertretbar sei. Die historische Darstellung des ersten Origenismusstreits in diesem zweiten Abschnitt des Letter wird wesentlich von dieser unhistorischen Perspektive geprägt. Dennoch hat sie einen gewissen historisch-theologischen Wert, auf den hier kurz eingegangen werden soll. In den einzelnen Details folgt der Letter zunächst weiterhin Epiphanius’ Panarion 64. Er hält als erstes fest, dass Origenes’ Lehre als ganze dem Vorwurf der Häresie ausgesetzt war.54 Sodann listet er die wichtigsten dogmatischen Positionen 50 Ebd. 6–13. 51 Ebd. 3 und 95–136. 52 Vgl. etwa ebd. 8: „… Origenes behauptete, dass Gott vollständig unkörperlich und uner-

messlich sei … Und dies trug er eindringlich und mit einigem Eifer vor, da einige ungebildete Mönche aus Ägypten die gegenteilige Meinung vorgebracht hatten. Aufgrund dessen wurden sie von ihm als ‚Anthropomorphiten‘ bezeichnet … Dieselbe falsche Vorstellung hielt sich nämlich und wurde unter ihnen auch beinahe zweihundert Jahre später noch bewahrt und mit großer Entschlossenheit verfochten.“ Hier wird mit einfachsten narrativen Mitteln und weitgehend unkritisch eine enge Verbindung zwischen Origenes und dem Origenismusstreit des 4. Jahrhunderts hergestellt. 53 Er wird sie im 5. Abschnitt des Letter ausführen, etwa ebd. 97: „Und dies, so wird der Origenist sagen, sei auch bei seinem Meister der Fall.“ Ebd. 112 wird der Ausdruck „Origenian heresy“, ebd. 130 der Ausdruck „Origenian Errours“ ironisch für die im Letter verteidigten origenistischen Positionen verwendet. 54 Ebd. 6: „Sie sagen, seine Häresie, mag sie auch von den hervorragendsten Christen vertreten worden sein und sich zu einem monastisch anachoretischen Leben der Armut bekannt haben, sei gleichwohl πασῶν τῶν παλαίων μοχθηροτέρα.“ Vgl. Epiphanius, pan. 64,4,1 (GCS Epiph. 2, 409 f.): ἡ δὲ ἐξ αὐτοῦ φῦσα αἵρεσις, πρῶτον μὲν ἐν τῇ τῶν Αἰγυπτίων χώρᾳ ὑπάρχουσα, τὰ νῦν δὲ παρ᾽ αὐτοῖς τοῖς ἐξοχωτάτοις, καὶ δοκοῦσι τὸν μονήρη βίον ἀναδέχεσθαι, παρὰ τοῖς φύσει κατὰ ἐρημίας ἀναχωροῦσι τε καὶ τὴν ἀκτημοσύνην ἐλομένοις, δεινὴ τε καὶ αὕτη, καὶ πασῶν τῶν παλαῖων μοχθηροτέρα, ἡ καὶ σὺν ἐκείνοις τὰ ὅμοια φρονοῦσα. Der Letter paraphrasiert und zitiert eindeutig Epiphanius, lässt jedoch unberücksichtigt, dass Epiphanius hier nicht mehr von Origenes selbst, sondern von sei-

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des Origenes auf, die als häretisch attackiert wurden: 1) seine sich zu absurden Spekulationen aufschwingende Theologie,55 2) sein die Glaubensgnade leugnender, naturalistischer Rationalismus, der 3) letztlich auch zu einer Leugnung der leiblichen Auferstehung führe,56 4) seine Lehre von der Präexistenz und vom Fall der Seele,57 5) seine den Arianismus vorbereitende Trinitätslehre58 und 6) seine Lehre von der Allerlösung (Apokatastasis).59 Anders als im ersten Abschnitt zu Origenes’ Person ließen sich, so der Letter weiter, was seine Dogmen betreffe, keine wohlwollenden antiken Testimonien finden. Der Letter möchte die Situation an dieser Stelle auch gar nicht schönreden. Er scheint davon auszugehen,

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nen späteren Anhängern (Zeitgenossen des Epiphanius!) spricht. Das Wort αἵρεσις im ersten Satz meint nicht eine konzeptuelle Häresie, sondern eine soziale Gruppe, eine ‚Sekte‘. [Rust], ebd.: „Seine Lehren über den Glauben und die Dinge von höherem spekulativem Anspruch seien die absurdesten von allen, die vor oder nach ihm kamen, ausgenommen allein die Ansichten derjenigen Schulen, die schäbige und unreine Praktiken gepflegt hätten.“ Epiphanius, ebd. 64,5,7 (2, 414): ὅσα δὲ εἰς δόγματα ἐδογμάτισε καὶ περὶ πίστεως καὶ μείζονος θεωρίας, τῶν πάντων ἀτοπώτατος τῶν πρὸ αὐτοῦ καὶ μετ᾽ αὐτὸν εὑρίσκεται, πλὴν τῶν ἐν ταῖς αἱρέσεσιν αἰσχρουργιῶν. Diese Stelle wurde oben im Kontext der biographischen Skizze schon einmal berührt. Siehe oben Anm. 42. [Rust], ebd.: „Seine Lehre von der Auferstehung sei nicht nur lächerlich, sondern geradezu reiner Unglaube, eine verlogene Lehre, getragen nicht von Glauben, sondern von Syllogismen und Vernunftgründen, die das Bekenntnis unseres Glaubens ἐκ τῶν κατὰ φύσιν ἡμῖν συμβαινόντων zerstöre  … eine vermeintliche und nur scheinbare Auferstehung.“ Epiphanius, ebd. 64,11,2 f. (2, 420): ἐντεῦθεν δὲ ἐπιλαμβάνεται καὶ ἐπέκεινα κατὰ τῶν τὴν ἀσφαλῆ ἀνάστασιν ὁριζόντων καὶ τὴν βεβαίαν ἐλπίδα τῆς τῶν νεκρῶν ἀναστάσεως πιστευόντων, ὡς ἀκεραίων ὄντων, πολλὰ μοχθηρὰ ἐπειπὼν καὶ σοφιστικήν τινα ὑπόνοιαν ὑφηγησάμενος, οὔτι πιστικόν, ἀλλὰ συλλογιστικὸν πᾶν ὁτιοῦν εἰς καταστροφὴν τῶν αὐτῷ πεισθέντων, ἐκ τῶν κατὰ φύσιν ἡμῖν συμβαινόντων ἀνατρέψαι ἐπειράθη τῆς αὐτῆς ἀναστάσεως ἡμῶν ἐν ἀληθείᾳ ἐλπίδος τὴν ὁμολογίαν. [Rust], ebd.: „Seine Lehre von der Präexistenz der Seele und ihrem glückseligen Dasein, ehe sie in diese niederen Teile der Welt hinabgeworfen wurde, sagen sie, sei τερετισμὸς καὶ τραγικολογία …“ Epiphanius, ebd. 64,47,6 (2, 473): τερετισμὸς οὖν ἐστι καὶ τραγικολογία τὸ καταβάλλεσθαι λέγειν τὰς ψυχὰς ἐκ τῶν οὐρανῶν, καὶ διαβαίνειν τοῦ πυρὸς τὰς πηγὰς, καὶ τὰ ὕδατα τὰ ὑπὲρ τὰ νῶτα τοῦ στερεώματος, εἰς τὸν καθ᾽ ἡμᾶς φερομένας κόσμον. [Rust], ebd. 6 f.: „Seine Lehre von der heiligen Trinität, so sagen sie, sei offenkundige Blasphemie, und durch sie erweise er sich als Vater des Arianismus …“ Epiphanius, ebd. 64,4,2 (2, 410): ἐκ τούτου γὰρ καὶ ὁ Ἄρειος τὰς προφάσεις εἴληφε, καὶ οἱ καθεξῆς, Ἀνόμοιοί τε καὶ ἄλλοι. [Rust], ebd. 7: „Seine Ansicht über die glückselige Wiederherstellung aller Dinge und die Befreiung der Bestraften, gleich ob Menschen oder Dämonen, sei von solcher Art, dass sie gar nicht wüssten, ob sie darüber nun weinen oder lachen sollten.“ Diese Lehre wird im Panarion interessanterweise noch nicht angegriffen, sondern gelangt erst in den späten 390er Jahren zu größerer Prominenz (sowohl bei Origenisten als auch bei Anti-Origenisten); vgl. Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 99–101. Dies ist übrigens auch dem Verfasser des Letter (ebd. 130) bewusst: „Gegen die fünfte [sc. Lehrmeinung] sagt Epiphanius kein einziges Wort: Meines Wissens findet sie bei ihm nicht einmal so viel wie eine kurze Erwähnung.“

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dass diese Lehren, je für sich genommen, völlig unakzeptabel für die Kirche sind. Lediglich Origenes’ Katholizität („Catholickness“), was seine Lehre insgesamt betreffe, werde von einigen ganz wenigen, kirchlich wie literarisch „hochrangigen“ Männern – der Letter spielt hier auf Gregor den Wundertäter und Pamphilus an – verteidigt.60 Und selbst in der Gegenwart fänden sich solche Verteidiger, sowohl unter Philosophen als auch unter Papisten und sogar unter Jesuiten, den schlimmsten unter den Papisten.61 Da der Verfasser des Letter keine die Lehren des Origenes verteidigenden Testimonien anführen kann, verfällt er auf die Idee, die antiorigenistischen Positionen durch eine kurze Rekapitulation des ersten Origenismusstreits zu diskreditieren. Ein Abriss der Geschichte jenes von den Origenesgegnern vom Zaun gebrochenen Streits, so der Letter, dürfte wohl der Glaubwürdigkeit ihrer 60 [Rust], ebd. 7: „… die von mir verwendeten älteren Autoren [waren] in dieser ganzen

Angelegenheit erklärte Gegner seiner Lehren … Es [hat] ihm nicht an solchen gefehlt, die sich in Apologien für ihn eingesetzt und die Katholizität seiner Lehre verteidigt haben – Männer, denen ihre Stellung und ihre Würde, aber auch ihre gelehrten Schriften, von denen einige noch erhalten und in aller Welt von großem Gewicht sind, hohes Ansehen in der Kirche eingebracht haben. Ein erster ist, wie selbst seine Gegner einräumen, in der größten aller Häresien, d. h. in der der heiligen Trinität, katholisch. Ein zweiter war ein so guter Christ, dass er die Wahrheit seines Glaubens im Martyrium bestätigte.“ Gregor der Wundertäter (Thaumaturgos) (ca. 210–275) verfasste eine panegyrische Dankrede an Origenes, Oratio panegyrica in Origenem (SC 148). Dass der Verfasser des Letter in ihm einen Trinitätstheologen sieht, könnte daran liegen, dass ihm traditionell ein Werk mit dem Titel Confessio Fidei zugewiesen wurde, das eine auf Origenes aufbauende Trinitätslehre enthält. Dieses Werk wird heute mitunter Gregor von Nyssa zugeschrieben; vgl. Luise Abramowski, Das Bekenntnis des Gregor Thaumaturgus bei Gregor von Nyssa und das Problem seiner Echtheit, in: ZKG 87 (1976) 145–166. Die Werke Gregors des Wundertäters wurden u. a. in der Philokalie, einer Anthologie von Origenestexten und Testimonien, überliefert. 1658 erschien in Cambridge eine Ausgabe von Origenes’ Contra Celsum, in der die 1618 in Paris erschienene Philokalie-Ausgabe von Jean Tarin erneut mitabgedruckt wurde: Origenis Contra Celsum libri octo. Ejusdem Philocalia. Gulielmus Spencerus, Cantabrigiensis, Collegii Trinitatis Socius, utriusque operis versionem recognovit, & Annotationes adjecit. Cum Indice Rerum et Verborum Locupletissimo, Cambridge 1658. Der Verfasser des Letter dürfte davon Kenntnis gehabt haben. Ansonsten könnte ihm die Rede in der 1621–1622 in Paris erschienenen, mit einer Übersetzung von Jean Sirmond versehenen Ausgabe von Gerard Voss und Fronton DuDuc bekannt gewesen sein (SS PP Gregorii Taumaturgi, Macarii Aegypti et Basilii Seleuciensis opera omnia, 48–77). Der Märtyrer ist Pamphilus von Caesarea, der 307 in Zusammenarbeit mit seinem Schüler, dem Kirchenhistoriker Eusebius, eine Apologie für Origenes in sechs Büchern verfasste; vgl. Eusebius, hist. eccl. VI 33,4 (GCS Eus. 2/2, 588). Er erlitt 310 unter Kaiser Maximinus Daia das Martyrium: ebd. VII 32,25 (2/2, 728); VIII 13,6 (2/2, 772). Nur das erste der ursprünglich sechs Bücher der Apologie des Pamphilus ist erhalten, und zwar in einer lateinischen Übersetzung Rufins aus den späten 390er Jahren. Das Werk wurde dadurch in die Streitigkeiten, vor allem zwischen Rufinus und Hieronymus, hineingezogen und ist auch in diesem Zusammenhang überliefert; siehe dazu Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 159–163. 61 Siehe dazu oben Anm. 29.

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Verurteilungen einen gewissen Dämpfer versetzen.62 Es solle jedoch bei einem kurzen geschichtlichen Abriss bleiben; denn das Hauptinteresse liege ja doch bei der Darstellung der Lehrmeinungen des Origenes, nicht bei der Geschichte der Kontroverse. Der Letter lässt den Streit nun interessanterweise bei Origenes selbst beginnen. Aufgrund seiner philosophischen Denkweise habe Origenes gelehrt, dass Gott unkörperlich, unbegrenzt und ohne Form und Gestalt sei, insbesondere ohne menschliche Gestalt, auch wenn ihm im Text der Heiligen Schrift zuweilen menschliche Körperteile zugewiesen würden.63 Einige ungebildete Mönche in Ägypten hätten jedoch die gegenteilige Position vertreten, weshalb Origenes seine Position habe „mit einigem Eifer und Nachdruck“ verteidigen müssen. Jene Mönche aber habe er als „Anthropomorphiten“ bezeichnet.64 Da sich, wie sich auch am römischen Katholizismus zeige, ein traditionalistisches System über Generationen hinweg kaum verändere, überrasche es nicht, dass die Mönche Ägyptens dieselben Lehren noch beinahe zweihundert Jahre nach Origenes propagierten, zu einer Zeit, als Epiphanius begonnen habe, ihre Sache zu vertreten.65 Freilich hätten „gelehrtere Christen“ auch das Erbe des Origenes bewahrt. Theophilus, Bischof von Antiochia – gemeint ist hier natürlich Alexandria –, ein Origenist, etwa habe Epiphanius öffentlich einen Häresiarchen geziehen.66 62 [Rust], Letter of Resolution 8, zitiert oben in Anm. 13. 63 Ebd.: „Es entsprach der philosophischen Natur seines herausragenden Geistes, dass Ori-

genes behauptete, dass Gott vollständig unkörperlich und unermesslich sei …, möge die Schrift ihm auch die verschiedenen Teile eines menschlichen Körpers zuschreiben.“ 64 Ebd. 65 Ebd. 8 f.: „Wie es nun aber allgemein geschieht und wie wir es in der römischen Kirche sehen, dass nämlich dieselben Orden ihren Nachfolgern stets dieselben Ansichten überliefern, so geschah es auch unter den kenntnislosen Mönchen. Dieselbe falsche Vorstellung hielt sich nämlich und wurde unter ihnen auch beinahe zweihundert Jahre später noch bewahrt und mit großer Entschlossenheit verfochten. Zu dieser Zeit hatte sich auch Epiphanius, einer aus diesem Stande, diese Irrmeinung zu eigen gemacht oder war ihr zumindest nicht sehr abgeneigt.“ 66 Ebd. 9: „… so sehr bemühten sich auch andere, gelehrtere Christen, die wahre und vernünftigere Lehre des Origenes hochzuhalten … Etwa zu dieser Zeit geschah es, dass Theophilus, Bischof von Antiochia, der, selbst ein Origenist, in öffentlichen Schreiben Epiphanius als Häresiarchen bezeichnet hatte, einen gewissen Dioskorus, der ebenfalls Origenist war, zum Bischof von Hermopolis geweiht … hatte.“ Dass Theophilus Epiphanius noch in den 380er Jahren der Häresie bezichtigt habe, berichtet Palladius, dial. 16 (54) (p. 99 Coleman-Norton); vgl. Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 45. Die irrtümliche Angabe zu Theophilus’ Bischofssitz könnte ein einfacher „Versprecher“ oder ein Druckfehler sein. Sie scheint sich nicht weiter auf die übrigen im Letter angesprochenen geographischen Zusammenhänge der Kontroverse (Anthropomorphiten unter den Mönchen Äyptens, Hermopolis, Konstantinopel) auszuwirken. Es fällt aber auf, dass der Ver-

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Im Zuge eines kirchenpolitischen Disputs67 habe sich Theophilus nun aber kurzfristig auf die Seite der Anthropomorphiten geschlagen und eine Kontroverse mit den Origenisten vom Zaun gebrochen. Dadurch habe sich ihm die Gelegenheit geboten, gegen jene als Aufwiegler und Häretiker amtlich vorgehen zu können.68 Die Folge war, dass jene nach Konstantinopel flohen, um bei dem dortigen Patriarchen Johannes Chrysostomus Schutz zu suchen. Inzwischen habe Theophilus Epiphanius dazu angestachelt, in seiner Heimatdiözese eine Synode einzuberufen, auf der die Bücher des Origenes verurteilt worden seien.69 Dadurch seien selbst seine Gegner sowie verschiedene bisherige Befürworter von Origenes’ Lehren, etwa Hieronymus, dazu gebracht worden, sich mit ihm zu alliieren.70 Auf einer Synode in seiner eigenen Diözese habe dann

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fasser des Letter geographische Referenzen mitunter vermeidet. So scheint er sich z. B. über die Lage des Bischofssitzes des Epiphanius nicht im Klaren zu sein. [Rust], ebd.: „… Theophilus … [hatte] einen gewissen Dioskorus … zum Bischof von Hermopolis geweiht und zweien seiner Brüder die gesamte Verwaltung der Angelegenheiten der eigenen Kirche anvertraut. Da diese aber ebenso fromm wie gelehrt waren, missfiel ihnen der Charakter und das Wirken des Theophilus  … und sie zogen sich wieder in ihre Klöster zurück …“ Der Letter gibt hier lediglich eine Episode der in der Kirchengeschichte des Sokrates dargestellten Ereignisse wieder: Sokrates, hist. eccl. VI 7 (GCS NF 1, 322–324); zu weiteren Aspekten siehe Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 45 f. Die erwähnten Brüder sind drei der insgesamt vier „Langen Brüder“, die nach besagten Ereignissen und ihrer Verurteilung durch Theophilus mit einer Reihe von Gefährten (insgesamt ca. 50 Mönchen) nach Konstantinopel flohen und dort – nach Sokrates, ebd. VI 14 (1, 335 f.), allerdings nicht nach der vom Letter offenbar bevorzugten Version des Sozomenos, hist. eccl. VIII 14 (GCS NF 4, 367–369) – von der von Epiphanius 402 inszenierten Synode verurteilt wurden. Entscheidend gemäß der Darstellung des Sokrates ist, dass Theophilus seine origenistische Grundüberzeugung nie änderte, sondern sich lediglich aus Opportunismus auf die Seite der Anthropomorphiten schlug, um dann später wieder seine wahre Gesinnung zum Ausdruck zu bringen. Dieser Aspekt dringt im Letter nicht wirklich durch, da dieser, der Darstellung des Sozomenos folgend, seine Darstellung mit Epiphanius’ Abreise (ohne die „Langen Brüder“ verurteilt zu haben) und Tod beendet und nicht erzählt, dass Theophilus 403 selbst nach Konstantinopel reiste und die Absetzung des Johannes Chrysostomus erwirkte, um nach seiner Rückkehr nach Alexandria die verurteilten ägyptischen Origenisten zu rehabilitieren und sich selbst wieder dem Studium des Origenes zuzuwenden; vgl. Clark, ebd. 47 f. [Rust], ebd. 10: „Mehr noch: Er ließ sie durch eine Streitmacht von Soldaten verfolgen, so dass sich jene armen Männer dazu gezwungen sahen, sich durch eine Flucht nach Konstantinopel zu retten, wo der heilige Chrysostomus Bischof war.“ Ebd. Dies ist auf die Ereignisse von 400 bezogen; vgl. Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 105 (dort auch detailliertere Angaben zu den Quellen). [Rust], ebd.: „Und mittels desselben Winkelzugs konnte er, wie man annimmt, auch den heiligen Hieronymus dazu bewegen, sich eben diesem Zirkel anzuschließen. Dies fiel ihm [sc. Hieronymus] vermutlich auch nicht so schwer, da er von Natur aus eine hitzige und impulsive Art hatte. Zudem war er zwar sehr gebildet, doch schwerlich jenseits der Grenzen der Philologie.“ Hieronymus hatte freilich bereits einige Jahre vorher unter dem Einfluss des Epiphanius begonnen, sich antiorigenistisch zu gerieren, und zwar in erster

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auch Theophilus die Bücher des Origenes verurteilt und Epiphanius weiter dazu angehalten, Johannes Chrysostomus unter Druck zu setzen, um in Konstantinopel ebenfalls eine Verurteilung der dort anwesenden Origenisten zu erwirken.71 Epiphanius sei nach Konstantinopel gereist, habe dort sowohl beim Klerus als auch bei der Kaiserin Unterstützung gefunden und Chrysostomus, der sich gegen diese Einflussnahme gewehrt habe, als Patron von Häretikern angeklagt.72 Der Letter beschließt seine geschichtliche Darstellung mit einer Anspielung auf zwei bei Sozomenos überlieferte Episoden: Johannes Chrysostomus’ Diakon Serapion habe Epiphanius davor gewarnt, die Origenisten zu verurteilen. Epiphanius habe sich überzeugen lassen, sei abgereist und auf der Heimreise verstorben.73 Man könnte hier, so der Verfasser des Letter, auch vom Missgeschick berichten, das Cyrinus, dem Bischof von Chalkedon, widerfahren sei. Dies möge aber jetzt dahingestellt bleiben.74 Es gebe viele, die solche Unfälle als Argumente

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Linie gegen Rufinus. Theophilus hatte damals, 396, noch die Rolle des Vermittlers gespielt; vgl. Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 105. 122. Epiphanius hingegen hatte schon seit Mitte der 70er Jahre gegen Origenes polemisiert. Die antiorigenistische Motivation von Hieronymus und Epiphanius wird hier in der Darstellung des Letter of Resolution gegenüber dem politisch motivierten, maliziösen Einfluss des Theophilus heruntergespielt. [Rust], ebd. 10 f.: „Diese Synode wurde einberufen und die Bücher [sc. des Origenes] verurteilt, so wie es Theophilus, der das gleiche auch an seinem Bischofssitz tat, vorgesehen hatte. Außerdem ließ er Epiphanius an Chrysostomus schreiben, dieser möge ihrem Beispiel folgen.“ Die relevanten Quellen sind im Werk des Hieronymus überliefert. Es handelt sich u. a. um Theophilus von Alexandria, epist. ad Hieronymum = Hieronymus, epist. 87 und 89 (CSEL 55, 140. 142 f.), und Theophilus, epist. ad Epiphanium = Hieronymus, epist. 90 (CSEL 55, 144 f.); vgl. Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 105. Die Erwähnung des Hieronymus deutet an, dass der Letter in seiner Darstellung diesen Quellen folgt. [Rust], ebd. 11 f.: „Der heilige Chrysostomus weigerte sich jedoch zu unterschreiben, da er es als große Härte und Ungerechtigkeit … erachtete, wenn eine so gelehrte und fromme Person,  … deren Bücher von keinem Konzil je verurteilt worden seien, nun von einer kleinen, verschworenen Synode erklärter Gegner verurteilt würde. Epiphanius war jedoch fest entschlossen, sein Werk zu Ende zu führen … er trug den Beschluss vor. Einige Origenisten wurden darin ausdrücklich erwähnt, … und es fanden sich auch einige irregeleitete Anfeindungen gegenüber Chrysostomus, ihrem vermeintlichen Fürsprecher.“ Der letztere Vorwurf, so der Letter weiter, habe umso schwerer gewogen, als einige Arianer in Konstantinopel ihre Lehre unter dem Namen des Origenes propagierten, um dadurch den Schutz des Chrysostomus auch für sich in Anspruch nehmen zu können. Die besagte Synode in Konstantinopel fand 402 statt. Ebd. 12. Sozomenos, hist. eccl. VIII 14 f. (GCS NF 4, 367–370). Der Letter präsentiert die Angaben bei Sokrates und Sozomenos in einer Art Synopse, die an die Darstellung in der Historia ecclesiastica tripartita erinnert; vgl. Josef Lössl, Art. Epiphanius scholasticus, in: Graeme Dunphy (Hg.), Encyclopedia of the Medieval Chronicle, Leiden 2010, 580 f. [Rust], ebd. Nach Sozomenos, ebd. VIII 16 (4, 370 f.), wurde Cyrinus von dem Mesopotamier Maruthas, dem Gefolgsmann eines der Bischöfe, die dem Ruf des Theophilus nach einem Konzil zur Verurteilung der Origenisten gefolgt und nach Konstantinopel geeilt

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anführten, die die Ungerechtigkeit der beschriebenen Vorfälle belegen sollten, so als ob man es hier mit einem Tadel der göttlichen Vorsehung zu tun hätte. Solche Überlegungen seien für seine Zwecke jedoch zu schlüpfrig und gehörten eher in das Repertoire von Polemikern und Rhetorikern.75 Er selbst habe in seiner Darstellung lediglich darlegen wollen, dass die antiorigenistische Polemik des 4./5. Jahrhunderts auf keinerlei dogmatischen Grundlagen beruhte. Es war, um die Rachegelüste eines gottlosen Heuchlers zu befriedigen, dass eine Lehre in Zweifel gezogen wurde, die fast die ganze Christenheit für wahr hielt.76 Damit hat das zweite Kapitel die Perspektive gegenüber dem ersten Kapitel wesentlich erweitert, von der Person des Origenes auf die geschichtlichen Ereignisse, im Zuge derer seine Lehren sich als strittig zu erweisen begannen. Auch die Quellengrundlage hat sich erweitert. Zusätzlich zu Epiphanius’ Panarion finden sich nun auch Hinweise auf relevante Werke des Hieronymus, Rufinus und der Kirchenhistoriker Sokrates, Sozomenos und Palladius. Letztere waren dem Verfasser vielleicht in einer Synopse zugänglich. Die Erklärung, wie die Lehre des Origenes zu den Streitigkeiten des 4. Jahrhunderts in Beziehung steht, ist freilich im Letter etwas anachronistisch und unkritisch gehalten. Es geht dem Verfasser, wie er selbst andeutet, aber auch nicht darum, eine historisch-kritische Abhandlung des Origenismusstreits zu präsentieren. Sein Anliegen ist es darzulegen, dass dieser Streit im Kern kein Lehrstreit war, sondern ein kirchenpolitischer Konflikt, in den Origenes’ Lehre sozusagen als Geisel verwickelt wurde. Mit dieser Einschätzung liegt der Verfasser des Letter auf einer Linie mit den genannten Kirchenhistorikern. Er will im Folgenden jedoch die Ebene der historischen Darstellung verlassen und in den Kapiteln 3 und 4 die Lehren selbst und die sie stützenden Argumente (systematisch) diskutieren. In einem letzten, fünften Kapitel will er dann jedoch noch einmal auf die historische Dimension zurückkommen und anhand der Einwände der historischen Gegner des Origenes einige „origenistische“ Antworten formulieren.

waren, zufällig so stark auf den Fuß getreten, dass sich scheinbar eine Art Nekrose ent­ wickelte, die sich über den ganzen Körper ausbreitete und durch die Cyrinus eines qualvollen Todes starb. 75 [Rust], ebd. 76 Ebd.

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4. „Origenistische“ Antworten auf antiorigenistische Aussagen des 4. Jahrhunderts Zweck dieses Abschnitts ist es erneut nicht, den gesamten Argumentationsgang des Letter nachzuzeichnen. Es soll lediglich noch einmal die Verwendung von relevanten Quellen etwas genauer untersucht werden. Das fünfte Kapitel des Letter enthält Erwiderungen auf die sechs schon einmal erwähnten historischen Einwände gegen Origenes’ Lehren: 1) Origenes’ Trinitätslehre sei lediglich eine Form des Arianismus.77 2) und 3) Seine Lehren von Präexistenz und Fall der Seele negierten den Gen. 1,28 f. formulierten Schöpfungsauftrag an den Menschen.78 4) Origenes leugne die leibliche Auferstehung.79 Er lehre 5) die Allerlösung (einschließlich der Erlösung des Teufels und der Dämonen) und 6) eine Vielzahl nacheinander wiederkehrender Welten.80 Wenn der Verfasser des Letter konstatiert, er möchte „origenistische“ Antworten auf diese Einwände formulieren, so meint er dies in einem systematischen, nicht in einem historischen Sinn. Für ihn ist „origenistisch“ gleichbedeutend mit „origeneisch“, und „origeneisch“ bedeutet für ihn „orthodox“ in einem fundamentaltheologischen Sinn; d. h. er nimmt an, dass bei einer korrekten Auslegung der Lehren des Origenes ihre Rechtgläubigkeit nicht in Frage stehe. Die historischen Attacken gegen den Origenismus im 4./5. Jahrhundert entbehren seiner Ansicht nach einer systematischen Grundlage. Wenn er dennoch mitunter von der „Origenian heresy“ oder den „Origenian Errours“ spricht, so meint er dies ironisch.81 Zu 1) Der Arianismusvorwurf, so der Letter, stütze sich vor allem auf Interpretationen von Stellen, an denen das griechische Wort γενητός, das sowohl „gezeugt“ als auch „geschaffen“ bedeuten könne, in missverständlicher Weise auf Gott bzw. den Logos angewendet werde.82 Wer Origenes guten Glaubens auslege, 77 Ebd. 96. 78 Ebd. 100: „Angenommen, sagen sie [sc. die Gegner des Origenes], seine Lehre von der

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Präexistenz und dem Fall höherer Wesen in dieses niedere Leben träfe zu, worin bestände dann noch die Segnung Adams und seines Samens: ‚Nehmt zu und vermehrt euch und erfüllt die Erde!‘ (Gen. 1,28)?“ Ebd. 108. Ebd. 130 und 134. Vgl. oben Anm. 53. [Rust], Letter of Resolution 97: „Tatsächlich aber haben sie sich in ihrem Eifer lediglich auf eine einzige Formulierung von ihm gestürzt, namentlich γενητὸς Θεός, und daraus wahllos geschlossen, was sie wollten.“ Hauptquelle ist erneut Epiphanius, pan. 64,5–8 (GCS Epiph. 2, 414–418), etwa 8,1 (2, 417), wo, wie der Letter betont, der Gegner selbst zugeben muss, dass es für den Ausdruck viele Synonyme gibt und er von anderen durchaus in rechter Absicht habe verwendet werden können: καὶ ὅτι μὲν ὁμολεξίαι τε καὶ ὁμωνυμίαι πολλαὶ ἐν τῷ βίῳ εἰσίν, παντὶ τῷ δῆλόν ἐστιν. καὶ εἰ μὲν ὑπὸ ἄλλου ἡ λέξις ἐλέγετο, ἦν εἰπεῖν ὅτι

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wie dies etwa Rufinus tue, wenn er unter Verweis auf Origenes’ Werke bekenne, dass der Vater und der Sohn wesensgleich seien, könne in seinen Schriften keine Probleme finden.83 Man habe hier im Übrigen auch zu berücksichtigen, dass die Väter vor Nizäa „weniger vorsichtig“ mit der trinitarischen Terminologie umgegangen seien als nachher.84 Zu 2) und 3) Der Vorwurf, die Lehren von Präexistenz und Fall der Seele widersprächen dem in Gen. 1,28 („Wachset und mehret euch“) zum Ausdruck gebrachten Schöpfungsauftrag und verstünden das irdische Leben eher als einen Fluch denn als einen Segen, gingen von der irrigen Annahme aus, dass der Fall direkt in das irdische Leben hinein erfolge. Man habe sich aber vorzustellen, dass die irdische Geburt bereits ein Schritt von einer niedrigeren Seinsstufe in Richtung einer höheren darstelle und das irdische Leben deshalb durchaus ein Segen sei.85 Hieronymus liege falsch, wenn er den Origenisten vorwerfe, sie wiesen dem irdischen Leib keine positive Bedeutung zu. Die Bedeutung liege darin, dass der irdische Leib sich bei der Auferstehung in einen geistigen verwandle.86 Auch Epiphanius’ Polemik gegen Origenes’ allegorische Auslegung von Gen. 3,21 (wonach Gott die Stammeltern in Tierhäute kleidete) gehe fehl und ignoriere die Kongruität der „Kabbala der Schöpfung“.87 Hier komme sogar Hieronymus Origenes zu

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κατὰ ὀρθὴν διάνοιαν καὶ τοῦτο εἴρηται. Vgl. auch Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 90 f. [Rust], ebd. 98: „Und mögen auch die Übersetzungen des Rufinus nicht ganz zuverlässig sein, so ist doch die bloße Tatsache, dass er sich, wenn er in aller Klarheit sagt, Vater und Sohn seien von derselben Substanz und Wesenheit, auf die damals noch im Original erhaltenen und auch für seine Gegner greifbaren Schriften des Origenes beruft, Beweis genug, dass Origenes diese Ansicht tatsächlich vertreten hat. Man müsste sonst annehmen, Rufinus sei ein solcher Narr gewesen, dass er sich auf Stellen aus dem Werk seines Schützlings berufen hätte, die jedermann als falsch hätte entlarven können.“ Der Letter spielt hier zunächst auf Hieronymus’ (nicht ganz unberechtigten) Vorwurf an, Rufinus „schöne“ Origenes’ Texte und interpretiere sie orthodoxer, als sie tatsächlich seien; vgl. Clark, ebd. 159–190. Das Bekenntnis zur Orthodoxie findet sich in Rufinus, apol. Anast. 2 (CChr.SL 20, 25). [Rust], ebd. Ebd. 101: „… die Geister, die ehedem seligere Orte bewohnt … haben, [sind] nach langen Zeiten eines höheren Lebens nach und nach nur noch zu einem irdischen imstande …“ Ebd. 102 f. Die zitierte Hieronymusstelle ist Hieronymus, c. Ioh. 20 (CChr.SL 79A, 32). [Rust], ebd. 103–105, bes. 104. Die erwähnte Epiphaniusstelle ist Epiphanius, ancor. 62 (GCS Epiph. 1, 74 f.); vgl. Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 88. Mit „Cabbala of the Creation“ meint der Verfasser des Letter die Übereinstimmung der biblischen Aussagen mit der aus philosophischer Spekulation und Naturbeobachtung gewonnenen Erkenntnis. Außerdem dürfte er wohl auf Mores Conjectura Cabbalistica, einen allegorischen Genesiskommentar, anspielen, der im Buch Genesis eine Kombination (oder coniectura) von Origenes’ Präexistentianismus und Kopernikus’ Weltbild behauptet.

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Hilfe, wenn er in seinen Quaestiones in Genesim dafürhalte, dass Gott zu dem Zeitpunkt, da er Himmel und Erde schuf, das Paradies bereits geschaffen hatte.88 Freilich ist dem Verfasser des Letter klar, dass Hieronymus, zumindest im Kontext des Origenismusstreits, ein leidenschaftlicher „Kreatianist“ war,89 d. h. er glaubte, dass Gott die Seele und den Körper simultan erschaffen habe. Dagegen hält der Verfasser des Letter, dass dies nicht im Widerspruch zur origenistischen Position stehe: Gott erschaffe alles, also auch die Seele, von Ewigkeit zu Ewigkeit.90 Zu 4) Dagegen, dass Origenes die Auferstehung leugne, so der Letter weiter, führten die Gegner mehr Stellen (vor allem mehr Bibelstellen) an, als ihrem Argument gut tue.91 Wenn sie aber (durchaus zu Recht) behaupteten, wir würden mit demselben Leib auferstehen, mit dem auch Christus auferstand, so sollten sie sich vor Fehlschlüssen hüten; denn damit dies eintrete, müsse unser Leib einer grundlegenden Transformation unterzogen werden. Hierzu lasse sich erneut Origenes selbst mit den Worten des Hieronymus zitieren: „Jener Leib [d. h. der Leib des auferstandenen Christus] ist durch ganz andere Privilegien ausgezeichnet [als der Leib der übrigen Menschen]; denn er ist nicht aus dem Samen des Mannes und der Lust des Fleisches geboren.“92 Wenn also der Leib aller übrigen Auferstandenen dem Leib Christi (nach seiner Auferstehung) gleich sei, dann besäßen sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ihren irdischen Leib, sondern einen grundlegend veränderten, ätherischen („aethereal“) Leib.93 88 [Rust], ebd. 105 f.: „Ja, Hieronymus selbst steht in diesem Fall der Sache des Origenes mit

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seiner Autorität bei, wenn er aus den Worten des Textes folgenden Schluss zieht: Ex quo manifestissime comprobatur, quod priusquam caelum et terram Deus faceret, Paradisum ante condiderat. Quaest. in Gen.“ Die Stelle ist Hieronymus, hebr. quaest. in Gen. 2,8 (CChr.SL 72, 4). Dies ist das einzige Zitat im Letter, zu dem die Stelle angegeben wird. Vgl. dazu Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 135. [Rust], Letter of Resolution 107: „… Gott ist der Schöpfer und Vater der Seelen bzw. Geister und er formt sie mittels der Macht, die er über sie hat, nach Belieben, gestaltet sie und bildet sie um. Beides trifft auch dann zu, wenn die Seele seit ewigen Zeiten existiert.“ Ebd. 108. Ebd. 109: „Jene sagen also: Mit welchem Körper unser Erlöser auferstanden und in den Himmel aufgefahren sei, mit solch einem würden auch wir auferweckt werden und im Himmel leben. Er sei aber mit demselben Fleisch und Blut, das er vor seiner Kreuzigung besessen habe, auferstanden … Hierauf gibt Origenes selbst in den Worten des Hieronymus zur Antwort: Illud corpus aliis pollet privilegiis, quod de viri semine et carnis voluptate non natum est. Comedit post resurrectionem suam et bibit, et vestitus apparuit, tangendum se praebuit; ut dubitantibus apostolis fidem faceret resurrectionis. Sed tamen non dissimulabat naturam aerii corporis et spiritalis: clausis enim ingreditur ostiis, et in fractione panis ex oculis evanescit.“ Hieronymus, c. Ioh. 26 (CChr.SL 79A, 47). Es folgen noch vier weitere Diskussionspunkte zu diesem Thema: 1) [Rust], ebd. 117: Nach 1 Kor. 15,53 sollte, so Epiphanius, der Auferstehungsleib mit dem irdischen Leib identisch sein. Dem möchte der Letter aber gar nicht widersprechen. Dass der Auferstehungsleib ätherisch („aethereal“) sei, bedeute nicht, dass es ein anderer Leib sei. Umwandlung, Transformation, bedeute nicht, dass aus Peter Paul werde (ebd. 118; ein Argument, das

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Zu 5) Gegen die Lehre von der Allerlösung, insbesondere der Erlösung der Teufel, hätten Epiphanius und Hieronymus nur wenig Substanzielles einzuwenden, außer dass es bedeuten würde, dass aus den Teufeln Engel würden und aus Judas ein Heiliger.94 Doch warum, so der Verfasser des Letter, solle, wenn aus einem Engel ein Teufel werden könne, nicht auch aus einem Teufel ein Engel werden können? Dies könne doch nur als Vorteil gesehen werden.95 Und was die Dauer der Strafen betreffe, so möge man sich die Ewigkeit nicht im abstrakten, scholastischen Sinn vorstellen, sondern eher als eine sehr lange Zeitspanne. Diese Bedeutung liege jedenfalls den griechischen und hebräischen Ausdrücken αἰών und ‘olam zugrunde.

sich auch in Conway, Principia Philosophiae 6,2 [p. 88 Loptson/p. 29 Coudert/Corse] findet), sondern die Veränderung finde im selben Individuum statt. 2) [Rust], ebd. 121: Die Auferstehung und Lebendigmachung, so die Gegner des Origenes, werde durch den Heiligen Geist am irdischen (materiellen) Leib des Menschen gewirkt. Dagegen ebd. 125: Wenn dies wirklich der Fall wäre, würde erst recht ein Identitätsproblem entstehen, da der Geist dann den sterblichen in einen unsterblichen, also in einen wesentlich andersartigen Leib verwandeln würde. 3) Ebd. 125: Hieronymus, so der Letter, zitiere das Beispiel Ijobs (19,25: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt; als letzter erhebt er sich aus dem Staub“). Dieser habe bereits lange vor Christus die leibliche Auferstehung klar und deutlich bekannt: Hieronymus, c. Ioh. 30 (CChr.SL 79A, 54): nullus tam aperte post Christum quam iste ante Christum de resurrectione loquitur. Doch lasse sich, so der Letter, diese Stelle aus bibelhermeneutischen Gründen nicht einfachhin direkt auf Christus beziehen. Und schließlich 4) ebd. 128: Für Epiphanius, z. B. ancor. 87 f. (GCS Epiph. 1, 108–110), so der Letter, stehe das Gericht Gottes auf dem Spiel, wenn nicht derselbe Leib mit derselben Seele versehen auferstehe; denn es könnte ja der Auferstandene alle Schuld auf den bereits verstorbenen Leib schieben. So zu argumentieren grenze jedoch an Hobbes’schen Materialismus (ebd. 129). In Wirklichkeit wisse doch jeder, dass dem materiellen Leib keinerlei Verantwortung zugewiesen werden könne. Die von Epiphanius behauptete Materialität des Auferstehungsleibes werfe darüber hinaus eine ganze Reihe von Problemen auf, was das ewige Leben betreffe. Hieronymus habe dies offenbar erkannt, etwa wenn er davon sprach, dass die Materialität des Leibes quasi wie in einem Schmelztiegel herausgelöst werden müsse, um die Ewigkeit des Lebens zu gewährleisten: Hieronymus, c. Ioh. 36 (CChr.SL 79A, 71): lutum carnis in testam excoquetur. Ein materieller Leib, wie Epiphanius ihn postuliere, würde ja früher oder später vom ewigen Feuer verzehrt werden, so der Letter. 94 [Rust], ebd. 130: „Gegen die fünfte [sc. Lehrmeinung] sagt Epiphanius kein einziges Wort: Meines Wissens findet sie bei ihm nicht einmal so viel wie eine kurze Erwähnung. Auch Hieronymus äußert sich hierzu, wenn ich mich recht erinnere, nicht, sondern belässt es bei Unmutsbekundungen wie dieser: Die Teufel sollen wieder zu Engeln werden und Judas ein Heiliger?“ Vgl. Clark, The Origenist Controversy (wie Anm. 3) 128. 95 [Rust], ebd. 131: „Sicher ist es besser, zu denen zu gehören, die aufsteigen, als zu denen, die absteigen. Schließlich kann man vernünftigerweise annehmen, dass ihnen bei ihrem Aufstieg, egal wie unwürdig sie auch sein mögen, Gottes Gnade und Mitgefühl, wie er sie gegenüber allen Werken seiner Hand empfindet, zuteil wird.“

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Zu 6) Gegen die Lehre von der Wiederkehr der Welt nach erfolgtem Weltenbrand hätten, so der Letter, weder Epiphanius noch Hieronymus etwas zu sagen.96 Allerdings seien ihm, so der Verfasser des Letter, nur die Werke des Hieronymus bekannt, die er speziell im Kontext des Origenismusstreites verfasst habe. Wie auch immer, Sinn des Weltenbrandes sei nicht die Zerstörung der Dinge, sondern ihre Verbesserung. Es sei besser, dass sie existierten, als dass sie nicht existierten; denn zu diesem Zweck habe Gott sie erschaffen. Deshalb sei es wohl am besten, wenn sie für immer existierten. So könne man vielleicht auch Röm. 8,21 verstehen: „Die Schöpfung soll von der Sklaverei der Verdorbenheit befreit werden“ sowie Jesajas Rede von einem neuen Himmel und einer neuen Erde (Jes. 65,17); und auch bei Sophokles finde sich dieser Gedanke.97

5. Schlussbemerkung Obwohl der Letter of Resolution ausdrücklich keine kirchengeschichtlichen oder patristisch-theologischen Ambitionen hegt, findet sich in ihm eine bemerkenswerte Fülle altkirchlichen Materials verarbeitet. Kapitel 1, das sich mit biographischen Quellenangaben zu Origenes beschäftigt, erweist sich als stark (bis hinein in übersetzte Zitate und Zitate im griechischen Original) von Epiphanius’ Panarion 64 abhängig. Kapitel 2, das einen geschichtlichen Abriss des ersten Origenismusstreits enthält, folgt zusätzlich der in den Werken des Hieronymus und des Rufinus überlieferten Dokumentation sowie einer Synopse der kirchengeschichtlichen Darstellungen bei Sokrates, Sozomenos und Palladius. Kapitel 5, das anhand zeitgenössischer Quellen sowohl die Argumente der Origenesgegner

96 Ebd. 134: „Epiphanius äußert sich auch zur sechsten und letzten Lehrmeinung nicht, und

auch Hieronymus wendet nichts gegen diese ein  … Es werde tatsächlich eine Verbrennung geben, doch nicht, um die Dinge zu vernichten, sondern um sie zu vervollkommnen und zu erneuern. Da nämlich ihre Existenz besser sei als ihre Nichtexistenz (was daraus hervorgehe, dass Gott sie ins Dasein gerufen habe, was er, wenn dies nicht besser gewesen wäre, nicht getan hätte), so sei es besser, dass sie immerfort existieren.“ 97 Ebd. Bei der Sophoklesstelle handelt es sich um ein herrenloses Tragikerfragment, trag. adesp. frg. 620 (Richard Kannicht/Bruno Snell [Hg.], Tragicorum Graecorum Fragmenta. Fragmenta Adespota, Bd. 2, Göttingen 2007, 173): ἔσται γάρ, ἔσται κεῖνος αἰώνων χρόνος. | ὅταν πυρὸς γέμοντα θησαυρὸν σχάσῃ | χρυσωπὸς αἰθήρ· ἡ δὲ βοσκηθεῖσα φλόξ | ἅπαντα τἀπίγεια καὶ μετάρσια | φλέξει μανεῖσα … | ὅταν δ᾽ … ἐκλίπῃ τὸ πᾶν, | φροῦδος μὲν ἔσται κυμάτων ἅπας βυθός, | γῆ δ᾽ ἐδράνων ἔρημος, οὐδ᾽ ἀὴρ ἔτι | πτερωτὰ φῦλα βαστάσει πυρουμένη· | κἄπειτα σώσει πάνθ᾽ ἃ προσθ᾽ ἀπώλεσεν. Das Fragment findet sich bei frühchristlichen Apologeten überliefert, etwa Clemens von Alexandria, strom. V 121,4 (GCS Clem. 2, 405); Eusebius, praep. evang. XIII 13,48 (GCS Eus. 8/2, 220); PseudoJustinus, mon. 3,1 (PTS 32, 90).

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adäquat präsentieren als auch diese effektiv widerlegen möchte, bietet abwechselnd Material aus Epiphanius, Rufinus und Hieronymus. Das geschichtliche Wissen des Verfassers des Letter hat deutliche Grenzen. Am Ende des Letter gesteht er etwa ein, dass er keinen Überblick über das Gesamtwerk des Hieronymus habe. Schon zuvor lassen sich kleinere Unsicherheiten ausmachen. So verlegt er den Bischofssitz des Theophilus nach Antiochia und scheint sich auch unsicher zu sein, wo er Epiphanius verorten soll. Es wird aus seiner Darstellung, die zwischen der des Sokrates und der des Sozomenos hin und her laviert, auch nicht deutlich, ob Epiphanius in Konstantinopel eine Verurteilung der Origenisten erwirkte oder nicht. Nach Sokrates tat er dies, nach Sozomenos nicht. Interessant ist auch die historisch unkritische Tendenz zu Anachronismen. So verlegt er den Anfang des Origenismusstreits in die Lebenszeit des Origenes. Origenes, so seine Darstellung, habe sich bereits selbst mit den ägyptischen Mönchen herumschlagen müssen, und er selbst habe sie zuerst „Anthropomorphiten“ genannt. Er macht keinen Unterschied zwischen den Lehren des Origenes und denen einzelner Origenisten des 4. Jahrhunderts. Interessant ist, dass er bei Hieronymus einen gewissen Hang zum Origenismus feststellt. Dagegen unterschätzt er die intellektuelle Kapazität des Epiphanius, was angesichts der erst 1622 erschienenen, monumentalen neuen Ausgabe seiner Werke durch Denis Pétau, die dem Verfasser des Letter bekannt gewesen sein müsste, etwas überrascht. Weniger überraschend ist dagegen, dass letzterer sich von der Wichtigkeit einiger anderer Origenisten, insbesondere des Evagrius Ponticus, keinen Begriff machen konnte. Hier sollte die historische Erforschung des Origenismus erst im 19. und 20. Jahrhundert größere Fortschritte machen. Damit lässt sich abschließend sagen, dass der Letter of Resolution nicht nur ein für das Studium des Cambridge Platonism höchst faszinierendes, sondern auch ein für die kirchen- und theologiegeschichtliche Erforschung der Geschichte des Origenismus in der Spätantike sowie deren Rezeption äußerst interessantes Dokument ist.

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Güte, Weisheit und Allmacht

Platonismus und Origenismus in der Trinitätstheologie des Letter of Resolution

Thomas R. Karmann, Regensburg

1. Hintergrund Die Jahre zwischen 1658 und 1662 stellen geradezu einen „origenistischen Moment innerhalb der englischen Theologie“1 dar. In diesem Zeitraum erschien eine Reihe wichtiger Ausgaben und Übersetzungen origeneischer Werke sowie philosophisch-theologischer Abhandlungen, die durch und durch vom Denken des Alexandriners geprägt waren.2 Diese frühneuzeitliche Origenes-Rezeption ist vor allem mit der so genannten Schule von Cambridge verbunden. Dieser Kreis anglikanischer Gelehrter um Benjamin Whichcote, Henry More und Ralph Cudworth vertrat ein irenisches Christentum in der Tradition des Platonismus.3 Origenes, „das Wunder der christlichen Welt“,4 ist mit seinem undogmatischen, vom platonischen Denken durchdrungenen Christentum für die Platoniker von Cambridge der wohl wichtigste Theologe der Alten Kirche.5 Gleichzeitig scheinen 1 Sarah Hutton, Henry More and Anne Conway on Preexistence and Universal Salvation, 2 3

4 5

in: Marialuisa Baldi (Hg.), “Mind Senior to the World”. Stoicismo e origenismo nella filosofia platonica del Seicento inglese, Mailand 1995, 113–125, hier 113. Vgl. ebd. 113 f. Siehe hierzu ausführlich den Beitrag von Christian Hengstermann oben S. 11–45. Zu den Cambridge-Platonikern vgl. allgemein u. a. Ernst Cassirer, Die Platonische Renaissance in England und die Schule von Cambridge (SBW 24), Leipzig/Berlin 1932; Constantinos A. Patrides, “The High and Aiery Hills of Platonisme”. An Introduction to the Cambridge Platonists, in: ders. (Hg.), The Cambridge Platonists, Cambridge/New York 1969, 1–42; Graham A. J. Rogers, Die Cambridger Platoniker, in: Jean-Pierre Schobinger (Hg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Bd. 3: England, Basel u. a. 1988, 240–290; Christian Hengstermann, Die „Cambridge Platonists“. Freiheitsmetaphysik und AllEinheitsspekulation im neuzeitlichen Christentum, in: ders./Ulrike Weichert (Hg.), Anne Conways Principia Philosophiae. Materialismuskritik und All-Einheitsspekulation im neuzeitlichen England (Pontes 52), Berlin 2012, 13–39. Henry More, The Preface General, in: ders., A Collection of Several Philosophical Writings, London 1662, iii–xxvii, hier xxi. Vgl. hierzu z. B. Douglas Hedley, The Cambridge Platonists and the “Miracle of the Christian World”, in: Alfons Fürst/Christian Hengstermann (Hg.), Autonomie und Menschenwürde. Origenes in der Philosophie der Neuzeit (Adamantiana 2), Münster

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in dieser Zeit, in der es in England zur Restauration von Krone und Kirche kam, aber zunehmend auch Person und Theologie des Origenes problematisiert worden zu sein.6 Als ein Hauptwerk der Origenes-Renaissance im Cambridge des 17. Jahrhunderts ist der 1661 anonym erschienene Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions anzusehen.7 Diese in der Forschung bislang wenig beachtete Schrift stammt vermutlich von George Rust († 1670), einem Schüler und Freund Henry Mores.8 Rust, der 1667 Bischof des irischen Dromore wurde, sucht mit seinem Origenes-Brief das Denken des Alexandriners – er spricht in diesem Zusammenhang von „hohen und erhabenen Geheimnissen“ – „vor unverbesserlichen Vorurteilen zu verteidigen“.9 Der Letter of Resolution ist aber nicht nur eine Apologie, sondern kann zugleich als Manifest eines frühneuzeitlichen Origenismus gelesen werden. Rust referiert darin nicht nur kenntnisreich die Lehren des Origenes, sondern entwickelt diese in Auseinandersetzung mit der Theologie und Philosophie seiner Zeit zu einer Art Systementwurf origeneischer Prägung fort. Der Autor des Origenes-Briefes erweist sich damit durchaus als ein wichtiger Vertreter der Schule von Cambridge, der bislang allerdings noch kaum gewürdigt wurde.10 Die Trinitätslehre bildet nicht nur das Spezifikum jeglicher christlichen Theologie, sondern steht auch im Zentrum des origeneischen Denkens. In seiner spekulativen Theologie formulierte der Alexandriner Grundlagen, auf denen zu2012, 185–195. Zum Hintergrund vgl. auch allgemein Daniel W. Dockrill, The Fathers and the Theology of the Cambridge Platonists, in: StPatr XVII/1, Leuven 1982, 427–439; ders., The Heritage of Patristic Platonism in Seventeenth Century English Philosophical Theology, in: Graham A. J. Rogers/Jean-Michel Vienne/Yves Charles Zarka (Hg.), The Cambridge Platonists in Philosophical Context. Politics, Metaphysics and Religion (AIHI 150), Dordrecht 1997, 55–77. 6 Vgl. u. a. Hutton, Henry More (wie Anm. 1) 114–116. Zum zeitgeschichtlichen Hintergrund vgl. u. a. Ronald Hutton, The Restoration. A Political and Religious History of England and Wales 1658–1667, Oxford u. a. 1990; John Spurr, The Restoration Church of England 1646–1689, New Haven u. a. 1991, v. a. 29–42. 7 [George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His O ­ pinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope ­Nicolson, New York 1933. 8 Zu den Einleitungsfragen siehe ausführlich oben im Beitrag von Christian Hengstermann, S. 20–31. Zu George Rust vgl. auch John Tulloch, Rational Theology and Christian Philosophy in England in the Seventeenth Century. Bd. 2: The Cambridge Platonists, Edinburgh/London 1874, 433–437. Der Großteil der sonstigen Schriften Rusts findet sich in: The Remains of that Reverend and Learned Prelate, Dr. George Rust, Late Lord Bishop of Dromore, in the Kingdom of Ireland. Collected and Published by Henry Hallywell, London 1686. 9 [Rust], Letter of Resolution. To the Reader (o. S.). Ebd. 2 spricht Rust von einem „unend­ lichen Verlangen, diesem Vater Gerechtigkeit widerfahren zu lassen“. 10 Siehe hierzu den Beitrag von Christian Hengstermann, oben S. 11–45.

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mindest teilweise die konziliaren Festlegungen des 4. Jahrhunderts und damit die gesamte Trinitätslehre bis heute basieren. Trotzdem rief die Gotteslehre des Origenes bereits in der Spätantike erbitterten Widerspruch hervor. Der Alexandriner wurde gerade auch mit Blick auf seine Trinitätstheologie verketzert.11 Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die origeneische Trinitätsspekulation auch im Letter of Resolution breiten Raum einnimmt. Daneben könnte dies aber teilweise auch durch zeitgenössische Debatten mitbedingt sein. Über Jahrhunderte gehörte der Glaube an die Trinität zum weitgehend unhinterfragten christlichen Grundkonsens. Im Gefolge der Reformation entstanden jedoch christliche Gruppen, die den Trinitätsglauben grundsätzlich ablehnten. Dieser Antitrinitarismus führte auch im England des 17. Jahrhunderts zu heftigen Kontroversen.12 Darüber hinaus wurden aber auch einige Neuaufbrüche in der Philosophie, vor allem der Materialismus Thomas Hobbes’, als grundlegender Angriff auf das christliche Gottesbild wahrgenommen.13 Beides ist bei der Interpretation des Letter of Resolution wohl ebenfalls mitzubedenken. Im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags stehen die trinitätstheologischen Passagen des Origenes-Briefes, also vor allem der erste Abschnitt des vierten und fünften Hauptteils des Letter. Die Argumentation Rusts soll zunächst einfach nachgezeichnet und dann näher interpretiert werden. Eine zentrale Frage stellt dabei die nach den Quellen des Letter of Resolution dar. In diesem Kontext ist es natürlich vor allem von Interesse, welche origeneischen Gedanken George Rust 11 Vgl. zum Hintergrund z. B. Hermann-Josef Vogt, Warum wurde Origenes zum Häreti-

ker erklärt? Kirchliche Vergangenheits-Bewältigung in der Vergangenheit, in: Lothar Lies (Hg.), Origeniana Quarta (IThS 19), Innsbruck/Wien 1987, 78–99; Elizabeth Clark, The Origenist Controversy. The Cultural Construction of an Early Christian Debate, Princeton 1992; Elisabeth M. Harding, Art. Origenist Crises, in: John Anthony McGuckin (Hg.), The Westminster Handbook to Origen, Louisville/London 2004, 163–167. Die Trinitätslehre spielte in den Streitigkeiten um Origenes an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert eine sehr wichtige Rolle, in den Anathematismen von 543 und 553 erscheint sie hingegen nicht mehr. Vgl. Origenes, Vier Bücher von den Prinzipien, hg. von Herwig Görgemanns/ Heinrich Karpp (TzF 24), Darmstadt 31992, 822–831. 12 Vgl. u. a. Herbert John McLachlan, Socinianism in the Seventeenth-Century England, Oxford 1951; Philip Dixon, “Hot and Nice Disputes”. The Doctrine of Trinity in the Seventeenth Century, London/New York 2003; Sarah Mortimer, Reason and Religion in the English Revolution. The Challenge of Socinianism, Cambridge 2010. Ihren Höhepunkt erreichten die trinitätstheologischen Debatten in England in den 1690er Jahren. Aber der Antitrinitarismus wurde auch schon Mitte des 17. Jahrhunderts als eine große Gefahr empfunden. Als Vordenker des englischen Unitarismus ist John Biddle (1615–1662) anzusehen. Der Letter of Resolution erwähnt den Sozinianismus übrigens an einer Stelle direkt: [Rust], Letter of Resolution 43. Zum Hintergrund vgl. auch William S. Babcock, A Changing of the Christian God. The Doctrine of the Trinity in the Seventeenth Century, in: Interp. 45 (1991) 133–146. 13 Vgl. hierzu z. B. Dixon, ebd. 66–97. Thomas Hobbes ist neben Henry More der einzige zeitgenössische Autor, der im Origenes-Brief erwähnt wird: [Rust], ebd. 129.

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für seine Darstellung der Trinitätstheologie des Alexandriners heranzieht. Aus diesem Grund ist den Ausführungen zum Origenes-Brief eine knappe Skizze zur Gotteslehre des Alexandriners vorangestellt.

2. Die Trinitätstheologie des Origenes – eine Skizze a) Vorbemerkungen Bei Origenes findet sich erstmals ein großer Entwurf einer systematisch durchdachten Trinitätstheologie, der sowohl der biblischen Verkündigung und der kirchlichen Tradition entsprechen wie auch den Ansprüchen der zeitgenössischen Philosophie genügen wollte.14 Für die weitere Entwicklung des trinitarischen Dogmas wurde vor allem die origeneische Verwendung des Begriffs Hypostase wichtig. Der Alexandriner wollte mit diesem Terminus gegen modalistische Konzeptionen die eigenständige Wirklichkeit von Vater, Sohn und Geist herausstellen, für deren Einheit er jedoch letztlich kaum einen eigenen Begriff zur Verfügung hatte.15 Bereits bei diesen einleitenden Bemerkungen deuten sich schon einige der Probleme an, vor denen man bei der Skizzierung der Trinitätslehre des Origenes steht: Eine Hauptschwierigkeit hängt dabei mit der Überlieferungssituation 14 Vgl. allgemein hierzu u. a. Josep Rius-Camps, El dinamismo trinitario en la divinizacion

de los seres racionales segun Origenes (OCA 188), Rom 1970; Manlio Simonetti, Note sulla teologia trinitaria di Origene, in: VetChr 8 (1971) 273–307; Henri Crouzel, Origène, Paris 1985, 237–265; Erwin Schadel, Das Trinitätskonzept des Origenes, in: Lies, Origeniana Quarta (wie Anm. 11) 203–214; Franz Courth, Trinität in der Schrift und Patristik (HDG 2/1a), Freiburg i. Br. u. a. 1988, 93–109; Christoph Markschies, Art. Trinitarianism, in: McGuckin, Westminster Handbook to Origen (wie Anm. 11) 207–209. Nach der Drucklegung dieses Bandes erschien Christoph Bruns, Trinität und Kosmos. Zur Gotteslehre des Origenes (Adamantiana 3), Münster 2013. Im Folgenden muss die Diskussion einschlägiger Stellen im Werk des Origenes und der jeweiligen Forschungsliteratur aus Raumgründen leider zumeist unterbleiben. 15 Vgl. u. a. Jürgen Hammerstaedt, Der trinitarische Gebrauch des Hypostasisbegriffs bei Origenes, in: JAC 34 (1991) 12–20; Henning Ziebritzki, Heiliger Geist und Weltseele. Das Problem der dritten Hypostase bei Origenes, Plotin und ihren Vorläufern (BHTh 84), Tübingen 1994, v. a. 130–145; Volker Henning Drecoll, Der Begriff Hypostasis bei Origenes. Bemerkungen zum Johanneskommentar II, 10, in: Lorenzo Perrone (Hg.), Origeniana Octava. Origen and the Alexandrian Tradition (BETL 164), Löwen 2003, 479–487; Ilaria L. Ramelli, Origen, Greek Philosophy and the Trinitarian Meaning of Hypostasis, in: HThR 105 (2012) 302–350. Zum Hintergrund vgl. auch Franz Erdin, Das Wort Hypostasis. Seine bedeutungsgeschichtliche Entwicklung in der altkirchlichen Literatur bis zum Abschluß der trinitarischen Auseinandersetzungen (FThS 52), Freiburg i. Br. 1939; Heinrich Dörrie, Ὑπόστασις. Wort- und Bedeutungsgeschichte, in: NAWG.PH 3 (1955) 35–92; Jürgen Hammerstaedt, Art. Hypostasis, in: RAC 16 (1994) 986–1035.

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des origeneischen Œuvres zusammen.16 Ein Großteil seiner Werke, vor allem der exegetischen, ist verloren, von den erhaltenen Schriften ist wiederum ein bedeutender Teil nicht im Original, sondern nur in teilweise glättenden Übersetzungen aus dem späten 4. bzw. frühen 5. Jahrhundert erhalten. Letzteres gilt insbesondere für sein systematisches Hauptwerk De principiis.17 Als ein weiteres Problem ist in diesem Zusammenhang der zetetisch-spekulative Charakter der Theologie des Origenes zu nennen. Der Alexandriner scheint an vielen Stellen nicht feste dogmatische Aussagen vorlegen, sondern eher in einem geradezu modern anmutenden akademischen Stil Thesen zur Diskussion stellen zu wollen.18 Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass sich im Werk des Origenes, gerade auch im Blick auf die Trinitätstheologie, immer wieder widersprüchlich erscheinende Äußerungen finden lassen. Die eben angerissene, nicht unproblematische Quellensituation hat eine riesige Fülle an Forschungsliteratur, gerade auch zur Trinitätslehre des Origenes, hervorgebracht. Aber auch damit ist eine Reihe von Schwierigkeiten verbunden. Strittig sind nämlich nicht nur Einzelfragen, sondern es lässt sich ein Forschungsdissens bezüglich der grundsätzlichen Deutung des origeneischen Denkens feststellen: Die Theologie des Alexandriners wird einerseits von der zeitgenössischen Philosophie hauptsächlich platonischer Provenienz her zu deuten gesucht, andererseits wird die Nähe zu biblischen Vorstellungen und zur kirchlichen Tradition betont. Darüber hinaus wird aber auch immer wieder auf den Einfluss gnostischen Denkens verwiesen. Daneben sehen die einen in Origenes vor allem den Systematiker, die anderen primär den Mystiker, die einen den Dogmatiker, die anderen den Exegeten, die einen verstehen ihn in erster Linie als spekulativen Wissenschaftler, die anderen vor allem als Mann der Kirche.19 Diese unterschiedlichen Interpretationen sollten m. E. aber nicht als Alternativen verstanden, sondern komplementär betrachtet werden. 16 Vgl. hierzu z. B. Rowan Williams, Art. Origenes/Origenismus, in: TRE 25 (1995) 397–420,

hier 403–406; Alfons Fürst, Klassiker und Ketzer. Origenes im Spiegel der Überlieferung seiner Werke, in: ders., Von Origenes und Hieronymus zu Augustinus. Studien zur antiken Theologiegeschichte (AKG 115), Berlin/Boston 2011, 209–236. 17 Vgl. u. a. Basil Studer, Die Frage der dogmatischen Terminologie in der lateinischen Übersetzung von Origenes’ De principiis, in: Jacques Fontaine/Charles Kannengiesser (Hg.), Epektasis. Mélanges patristiques offerts au Cardinal Jean Daniélou, Paris 1972, 403–414. 18 Vgl. hierzu u. a. Crouzel, Origène (wie Anm. 14) 216–223; Alfons Fürst, Origenes und seine Bedeutung für die Theologie- und Geistesgeschichte Europas und des Vorderen Orients, in: ders. (Hg.), Origenes und sein Erbe in Orient und Okzident (Adamantiana 1), Münster 2011, 9–25, hier 11–16. 19 Vgl. u. a. Ulrich Berner, Origenes (EdF 147), Darmstadt 1981; Monique Alexandre, La redécouverte d’Origène au XXe siècle, in: Cristian Badilita/Charles Kannengiesser (Hg.), Les Pères de l’Église dans le monde d’aujourd’hui, Paris 2006, 51–93.

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Ebenfalls umstritten, und zwar bereits seit der Spätantike, ist die Frage, ob die Trinitätslehre des Origenes die theologische Position des Arius und anderer Antinizäner oder die der (neu-)nizänischen Orthodoxie vorbereitet hat. Auch hier gilt wieder beides: Man kann den Alexandriner wohl in gewisser Weise sowohl als Vater des Arianismus wie auch des Trinitätsdogmas von Nizäa und Konstantinopel betrachten. Beides ist in seiner Position mit ihren Ambivalenzen und Spannungen begründet. Origenes ist stets auf der Suche nach dem adäquaten Ausdruck der göttlichen Wahrheit. Die damit zusammenhängenden Unausgeglichenheiten seiner trinitätstheologischen Aussagen führen dazu, dass sich in der späteren Rezeption origeneischer Theologumena unterschiedliche Konzeptionen herausbildeten, die einerseits die Einheit der drei göttlichen Hypostasen betonten oder andererseits deren Unterschiedenheit und Unterordnung herausstellten.20 Im Folgenden soll lediglich an einige Grundgedanken des Origenes erinnert werden, die sich bei ihm im Kontext eines Systems theologischer Weltdeutung finden lassen.

b) Der Vater Der Gottesbegriff des Origenes ist durch die Betonung der Prinzipienhaftigkeit und Transzendenz des Vaters sowie seiner Einheit und Güte gekennzeichnet.21 Gott-Vater allein ist „ungeworden“ (ἀγένητος) bzw. „ungezeugt“ (ἀγέννητος),22 20 Vgl. hierzu z. B. Manlio Simonetti, La crisi ariana nel IV secolo (SEAug 11), Rom 1975,

15–22; Rudolf Lorenz, Arius judaizans? Untersuchungen zur dogmengeschichtlichen Einordnung des Arius (FKDG 31), Göttingen 1979, 67–94; Richard P. C. Hanson, The Influence of Origen on the Arian Controversy, in: Lies, Origeniana Quarta (wie Anm. 11) 410–423; Courth, Trinität (wie Anm. 14) 107–109; Lorenzo Perrone, Der formale Aspekt der origeneischen Argumentation in den Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts, in: Wolfgang A. Bienert/Uwe Kühneweg (Hg.), Origeniana Septima. Origenes in den Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts (BETL 137), Leuven 1999, 119–134; Ilaria L. Ramelli, Origen’s Anti-Subordinationism and its Heritage in the Nicene and Cappadocian Line, in: VigChr 65 (2011) 21–49. Grundsätzlich hierzu auch Norbert Brox, Spiritualität und Orthodoxie. Zum Konflikt des Origenes mit der Geschichte des Dogmas, in: ders., Das Frühchristentum. Schriften zur Historischen Theologie, hg. von Franz Dünzl/Alfons Fürst/Ferdinand R. Prostmeier, Freiburg i. Br. u. a. 2000, 405–422. 21 Vgl. hierzu allgemein u. a. Peter Nemeshegyi, La paternité de Dieu chez Origène (BT.H 2), Tournai 1960; Crouzel, Origène (wie Anm. 14) 238–242; Holger Strutwolf, Gnosis als System. Zur Rezeption der valentinianischen Gnosis bei Origenes (FKDG 56), Göttingen 1993, 216–218; Peter Widdicombe, The Fatherhood of God from Origen to Athanasius, Oxford u. a. 1994, 7–120; Ziebritzki, Heiliger Geist und Weltseele (wie Anm. 15) 136–139; Ronald E. Heine, Art. God, in: McGuckin, Westminster Handbook to Origen (wie Anm. 11) 106–113. 22 Vgl. Origenes, Cels. II 51 (GCS Orig. 1, 175); VIII 14 (2, 231).

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d. h. er ist als einziger selbstursprünglich. Deshalb ist nur der Vater Gott im absoluten Sinn (ὁ θεός), also „wahrer Gott“ (ὁ ἀληθινὸς θεός), der aus sich selbst Gott ist (αὐτόθεος).23 Aufgrund seiner Selbstursprünglichkeit ist Gott-Vater gleichzeitig aber Ursprung und Quelle jeglichen Seins, also sowohl des Sohnes und des Geistes, wie auch der Schöpfung, er ist „die ungewordene Ursache des Alls“.24 Auf der anderen Seite legt Origenes größtes Gewicht darauf, Gott als völlig transzendent zu denken. Er ist unbegreiflich, unermesslich und unaussprechlich.25 Da Gott reiner Geist, also unkörperlich ist, ist er auch wesenhaft unsichtbar, d. h. er kann auch vom Sohn nicht gesehen werden.26 Damit ist jedoch nicht die Erkenntnis des Vaters durch den Sohn bestritten, vielmehr kennt der Logos den Vater wahrhaft und offenbart ihn, wenngleich auch er ihn nicht völlig erfassen kann.27 Eng mit der Unkörperlichkeit Gottes verbunden ist die Bestimmung seines Wesens als „einfache geistige Natur“, die „in jeder Hinsicht eine Einheit (μονάς) und sozusagen eine Einsheit (ἑνάς) ist sowie Vernunft und die Quelle, aus der jegliche geistige Natur, jede Vernunft ihren Ursprung hat“.28 Im Gegensatz zur Pluralität der sinnlich wahrnehmbaren Wirklichkeit wird die Einfachheit und Unteilbarkeit des geistigen Wesens Gottes betont. Als erstes Prinzip ist Gott für Origenes Intellekt und Sein, gleichzeitig aber auch „jenseits des Intellekts und des Seins“.29 Neben dieser philosophischen Zugangsweise betont der Alexandriner die Einheit Gottes aber auch gegen Markion und die Valentinianer. Der Gott des Alten Testaments lässt sich von dem des Neuen nicht trennen, der Schöpfer ist zugleich der Vater Jesu Christi.30 Auch die Bestimmung Gottes als „das Gute an sich“ (αὐτοαγαθόν)31 muss sowohl philosophisch als auch antihäretisch verstanden werden.32 Gott-Vater als 23 Vgl. in Ioh. comm. II 3,19 f. (GCS Orig. 4, 55). Hierzu vgl. u. a. auch Norbert Brox, „Gott“ –

mit und ohne Artikel. Origenes über Joh 1,1, in: BN 66 (1993) 32–39.

24 Origenes, ebd. II 2,14 (4, 54). 25 Vgl. princ. I 1,5 (GCS Orig. 5, 20); Cels. VII 43 (GCS Orig. 2, 193 f.). Hierzu vgl. u. a. auch 26 27 28 29 30

31 32

Thomas Böhm, Unbegreiflichkeit Gottes bei Origenes und Unsagbarkeit des Einen bei Plotin – ein Strukturvergleich, in: Perrone, Origeniana Octava (wie Anm. 15) 451–463. Vgl. Origenes, princ. I 1,8 (GCS Orig. 5, 25 f.). Vgl. Cels. VI 17 (GCS Orig. 2, 88); in Ioh. comm. I 27,186 f. (GCS Orig. 4, 34); princ. IV 4,8 (GCS Orig. 5, 359 f.). Hierzu vgl. u. a. auch Rowan Williams, The Son’s Knowledge of the Father in Origen, in: Lies, Origeniana Quarta (wie Anm. 11) 146–153. Origenes, princ. I 1,6 (GCS Orig. 5, 21). Cels. VII 38 (GCS Orig. 4, 188). Vgl. princ. I praef. 4 (GCS Orig. 5, 9 f.). Hierzu vgl. u. a. auch Josep Rius-Camps, Origenes y Marción. Carácter preferentemente antimarcionita del prefacio y segundo ciclo del Peri Archon, in: Henri Crouzel/Gennaro Lomiento/Josep Rius-Camps (Hg.), Origeniana (QVetChr 12), Bari 1975, 297–312. Origenes, princ. I 2,13 (GCS Orig. 5, 47). Vgl. in Ioh. comm. I 35,253 f. (GCS Orig. 4, 44 f.).

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„der Seiende“ ist der Ursprung alles Seins und somit aller Güter. Alles, was ist, partizipiert an Gott, um überhaupt zu sein. Der Vater ist die Quelle alles Guten, alles, was gut ist, ist somit letztlich nur durch Teilhabe an Gott-Vater gut. Dies trifft auch für den Sohn zu.33 Die Güte Gottes lässt sich nach Origenes nicht gegen seine Gerechtigkeit ausspielen. Die Mitteilung seiner Güte gehört zum Wesen des Vaters. Aus diesem Grund erschafft Gott durch seinen Logos einen Kosmos reiner, zeitloser und gleicher Geistwesen.34 Die Ewigkeit dieser geistigen Schöpfung hängt u. a. mit der Unveränderlichkeit als Wesensbestimmung Gottes zusammen.35 Die Geistwesen, die λογικά, verharren nach Origenes aber nicht in ihrer ursprünglichen permanenten Hinwendung zu Gott. Diesem Abfall begegnet Gott mit der Erschaffung der vorfindlichen Welt, diese zweite Schöpfung dient der Inkorporation der Geistwesen.36 Die Vielfalt und Ungleichheit des sichtbaren Kosmos ist nach Ansicht des Alexandriners somit Folge der Freiheit der Vernunftwesen, sie widerspricht der göttlichen Güte also nicht, sondern ist Ausdruck seiner Gerechtigkeit.37 Gott will in seiner Güte aber, dass die inkorporierten Logika wieder reiner Geist werden und zu ihm zurückkehren. Diesen heilsgeschichtlichen Prozess lenkt Gott durch seinen Sohn und den Geist.38 Die Güte Gottes ist für Origenes letztlich das entscheidende Motiv der gesamten Menschheits- und Weltgeschichte.

33 Vgl. ebd. II 13,95 f. (4, 69); in Matth. comm. XV 10 (GCS 10, 373–377). 34 Vgl. princ. I 4,3 (GCS Orig. 5, 65 f.). 35 Vgl. hierzu allgemein u. a. Franz-Heinrich Kettler, Die Ewigkeit der geistigen Schöp-

fung nach Origenes, in: Martin Greschat/J. F. Gerhard Goeters (Hg.), Reformation und Humanismus. Robert Stupperich zum 65. Geburtstag, Witten 1969, 272–297; Panayiotis Tzamalikos, Origen. Cosmology and Ontology of Time (SVigChr 77), Leiden 2006; Charlotte Köckert, Gott, Welt, Zeit und Ewigkeit bei Origenes, in: Reinhard G. Kratz/ Hermann Spieckermann (Hg.), Zeit und Ewigkeit als Raum göttlichen Handelns. Religionsgeschichtliche, theologische und philosophische Perspektiven (BZAW 390), Berlin/ New York 2009, 253–297. 36 Vgl. Origenes, princ. II 9,6 (GCS Orig. 5, 169 f.). Zum Hintergrund vgl. u. a. Strutwolf, Gnosis als System (wie Anm. 21) 235–269. 37 Vgl. hierzu allgemein u. a. Eberhard Schockenhoff, Zum Fest der Freiheit. Theologie des christlichen Handelns bei Origenes (TTS 33), Mainz 1990, v. a. 105–131. 146–162; Hendrik S. Benjamins, Eingeordnete Freiheit. Freiheit und Vorsehung bei Origenes (SVigChr 28), Leiden u. a. 1994; Georgios Lekkas, Liberté et progrès chez Origène, Turnhout 2001. 38 Vgl. Origenes, princ. III 5,6 (GCS Orig. 5, 276 f.). Zum Hintergrund vgl. u. a. Hal Koch, Pronoia und Paideusis. Studien über Origenes und sein Verhältnis zum Platonismus (AKG 22), Berlin 1932; Schockenhoff, ebd. 131–146.

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c) Der Sohn Im Zentrum des origeneischen Denkens steht der Sohn als „das Prinzip von Gottes Außenbeziehung“,39 in ihm erschließt sich der Vater als unzugänglicher Urgrund des Seins und wendet sich der Welt zu.40 Der Logos ist der Mittler zwischen Gott und der Schöpfung, und zwar auch insofern, als in ihm die Einheit Gottes als Pluralität in Erscheinung tritt. Der Sohn ist Träger vieler verschiedener Wahrnehmungsaspekte, der ἐπίνοιαι, u. a. ist er Weisheit, Logos, Leben, Licht und Wahrheit.41 Diese Eigenschaften kommen dem Sohn an sich zu, aber er ist für Origenes auch Gott (θεός), wenngleich nicht in dem absoluten Sinne wie Gott-Vater. Der Logos ist Gott, jedoch ohne Artikel, er ist „zweiter Gott“ (δεύτερος θεός).42 Die Gottheit des Sohnes ist eine abgeleitete, sie hat ihren Ursprung im Vater, nicht in sich selbst. Der Sohn ist zuallererst Logos, Gott ist er durch Teilhabe.43 Trotzdem hat er Anteil an der Herrlichkeit und Allmacht des Vaters, seine Gottheit resultiert letztlich aus der vollkommenen Anschauung des Vaters.44 Den Hervorgang des Sohnes aus dem Vater beschreibt Origenes als ewige Zeugung, sie hat also keinen zeitlichen Anfang, Vater und Sohn sind allezeit untrennbar miteinander verbunden.45 Der Alexandriner weist deshalb die Auffassung, „es habe eine Zeit gegeben, da der Sohn nicht war“,46 auch ausdrücklich zurück. In Abwehr anthropomorpher gnostischer Vorstellungen vergleicht er die Zeugung des Logos mit dem Entstehen des Glanzes aus dem Licht, mit dem Her39 Wolf-Dieter Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte. Bd. 1: Alte Kir-

che und Mittelalter, Gütersloh ³2007, 20.

40 Vgl. hierzu allgemein u. a. James A. Lyons, The Cosmic Christ in Origen and Teilhard

41

42 43 44 45 46

de Chardin. A Comparative Study, Oxford u. a. 1982, 89–145; Crouzel, Origène (wie Anm. 14) 243–250; Courth, Trinität (wie Anm. 14) 99–104; Strutwolf, Gnosis als System (wie Anm. 21) 217–223; Michel Fédou, La sagesse et le monde. Essai sur la christologie d’Origène (CJJC 64), Paris 1995; Charles Kannengiesser, Art. Christology, in: ­McGuckin, Westminster Handbook to Origen (wie Anm. 11) 73–78; Joseph S. O’Leary, Art. Logos, in: ebd. 142–145; Giuseppe Bartolozzi, Origene e il dibattito sulla divinità del Logos nella prima metà del secolo III, in: Aug. 50 (2010) 61–82. Vgl. Origenes, princ. I 2,1–4 (GCS Orig. 5, 27–32); in Ioh. comm. I 20,119–123 (GCS Orig. 4, 24 f.). Hierzu vgl. u. a. auch Joseph Wolinski, Le recours aux epinoiai du Christ dans le Commentaire sur Jean d’Origène, in: Gilles Dorival/Alain Le Boulluec (Hg.), Origeniana Sexta. Origène et la Bible (BETL 118), Leuven 1995, 465–492; Ronald E. Heine, Art. Epinoiai, in: McGuckin, Westminster Handbook to Origen (wie Anm. 11) 93–95. Origenes, Cels. V 39 (GCS Orig. 2, 43). Vgl. in Ioh. comm. II 1,10–12; 2,17 f. (GCS 4, 53–55). Vgl. princ. I 2,10 (GCS Orig. 5, 43 f.). Vgl. ebd. I 2,2 (5, 29 f.); in Ioh. comm. I 29,204 (GCS Orig. 4, 37); II 1,8 f. (4, 53); in Hier. hom. 9,4 (GCS Orig. 3, 70). Princ. I 2,9 (GCS Orig. 5, 40); IV 4,1 (5, 349); in Rom. comm. I 5 (FC 2/1, 94). Zum Hintergrund vgl. u. a. Hans Georg Thümmel, ῏Ην ποτε ὅτε οὐκ ἦν, in: Bienert/Kühneweg, Origeniana Septima (wie Anm. 20) 109–117.

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vorgehen des Willens aus dem Geist.47 Um die Unkörperlichkeit dieses Vorgangs herauszustellen, lehnt er überdies wohl auch die Zeugung des Sohnes „aus dem Wesen des Vaters“ ab.48 Der Sohn ist die konkrete Manifestation des ewigen Willens Gottes, er geht zeitlos aus dem Willen des Vaters hervor.49 Auch wenn sich im origeneischen Œuvre gelegentlich Stellen finden, an denen der Sohn aufgrund von Spr. 8,22 und Kol. 1,15 als Geschöpf erscheint, so ist die Zeugung des Logos von der Entstehung der Schöpfung doch grundsätzlich zu unterscheiden.50 Der Sohn geht direkt, ohne vermittelnde Instanz, aus dem Vater hervor, er gehört damit zwar zu den gewordenen Dingen, gleichzeitig enthält er aber selbst als Urbild der Schöpfung diese in ihrem idealen Sein.51 Vom Vater ist der Sohn zahlenmäßig unterschieden, er besitzt eine eigene Subsistenz, er hat eine individuelle Natur.52 Der Alexandriner verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff ὑπόστασις, dieser ist bei ihm allerdings noch weitgehend synonym mit dem Terminus οὐσία.53 Vor diesem Hintergrund ist es wenig erstaunlich, dass Origenes für die Relation zwischen Vater und Sohn den Ausdruck ὁμοούσιος höchst wahrscheinlich auch nicht heranzog.54 Trotzdem ist ihm der Gedanke einer Wesensgleichheit bzw. -einheit zwischen beiden nicht fremd, denn der Sohn ist für den Alexandriner aufgrund seiner Abbildhaftigkeit 47 Vgl. princ. I 2,4.6 (GCS Orig. 5, 32 f. 35 f.). 48 Vgl. in Ioh. comm. XX 18,157 f. (GCS Orig. 4, 351); princ. I 2,6 (GCS Orig. 5, 35 f.); IV 4,1 (5,

49 50

51 52 53 54

348 f.). Zum Hintergrund vgl. u. a. Richard P. C. Hanson, Did Origen Teach that the Son is ek tēs ousias of the Father?, in: Lies, Origeniana Quarta (wie Anm. 11) 201 f. Vgl. daneben aber auch Origenes, in Ioh. frg. 9 (GCS Orig. 4, 490); in Rom. comm. IV 10 (FC 2/2, 282). Vgl. in Eph. comm. I 101 (p. 235 Jenkins); in Ioh. comm. XIII 36,228–234 (GCS Orig. 4, 260 f.). Vgl. princ. IV 4,1 (GCS Orig. 5, 349); in Ioh. comm. I 19,115 (GCS Orig. 4, 24); Cels. V 37 (GCS Orig. 2, 41). Zum Hintergrund vgl. u. a. auch Charles W. Lowry, Did Origen Style the Son a κτίσμα?, in: JThS 39 (1938) 39–42; Herwig Görgemanns, Die „Schöpfung“ der „Weisheit“ bei Origenes. Eine textkritische Untersuchung zu De princ. Frg. 32, in: StPatr VII (TU 92), Berlin 1966, 194–209; Lorenz, Arius judaizans? (wie Anm. 20) 67–72. Vgl. princ. I 2,2 (GCS Orig. 5, 29 f.); I 4,4 (5, 67); in Ioh. comm. I 19,114 (GCS Orig. 4, 24). Vgl. princ. I 2,2 (GCS Orig. 5, 28 f.); in Ioh. comm. X 37,246 (GCS Orig. 4, 212); Cels. VIII 12 (GCS Orig. 2, 229 f.). Sie hierzu oben Anm. 15. Vgl. in Ioh. comm. I 24,151 (GCS Orig. 4, 29); orat. 15,1 (GCS Orig. 2, 334). Vgl. u. a. Henri Crouzel, Théologie de l’image de Dieu chez Origène (Theol[P] 34), Paris 1956, 98–110; Richard P. C. Hanson, Did Origen Apply the Word Homoousios to the Son?, in: Fontaine/Kannengiesser, Epektasis (wie Anm. 17) 293–303; Frauke Dinsen, Homoousios. Die Geschichte des Begriffs bis zum Konzil von Konstantinopel (381), Kiel 1976, 28–32; Mark J. Edwards, Did Origen Apply the Word Homousios to the Son?, in: JThS NS 49 (1998) 658–670. Zum Hintergrund vgl. u. a. auch George Ch. Stead, Art. Homoousios, in: RAC 16 (1994) 364–433. Die einzige Stelle, an der Origenes den Begriff homoousios benutzt haben soll, stammt aus der Apologie des Pamphilus und geht in ihrer jetzigen Gestalt mit großer Wahrscheinlichkeit auf Rufinus zurück. Vgl. Pamphilus, apol. Orig. 99 f. (FC 80, 320).

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wie der Vater als Ur-Güte, aber anders als die Schöpfung substantiell gut.55 Die Einheit zwischen Vater und Sohn wird daneben auch mit der völligen Willensübereinstimmung beider zum Ausdruck gebracht.56 Ob Origenes selbst direkt von der Einheit des göttlichen Wesens bzw. der göttlichen Natur gesprochen hat, ist allerdings fraglich.57 Die origeneische Logoslehre bringt zwar einerseits die Einheit von Vater und Sohn zum Ausdruck, andererseits aber auch ihre Verschiedenheit, deutlich spürbar ist dabei eine Tendenz zum Subordinatianismus.58 Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob die Unterordnung des Logos unter Gott bei Origenes als ontologische Depotenzierung verstanden werden muss bzw. ob man die Aussagen zur Inferiorität des Sohnes auch einfach nur als logisch-kausale bzw. heilsökonomische Subordination interpretieren kann. Hier eine Entscheidung zu treffen, ist gerade aus den eingangs erwähnten Gründen äußerst schwierig.59 Abschließend soll noch ganz knapp die Christologie des Origenes im engeren Sinn in den Blick genommen werden.60 Zentral ist hierbei, dass der Alexandriner beim inkarnierten Christus die Vereinigung des Logos mit einem vollständigen menschlichen Wesen aus Seele und Leib betont. Dies ist deutlich soteriologisch begründet.61 Der Sohn als Schöpfungsmittler wird gleichzeitig zum Erlösungsmittler, und zwar indem er den gefallenen Vernunftwesen die Wahrheit offenbart, sie erleuchtet und zur Liebe erzieht. Den Höhepunkt dieses heilsgeschichtlichen Prozesses stellt die Inkarnation des Logos dar. Dabei handelt es sich zunächst aber um ein präexistentes Geschehen, der Logos verbindet sich mit der Seele Jesu 55 Vgl. princ. I 6,2 (GCS Orig. 5, 80); I 8,3 (5, 99–101); in Rom. comm. IV 9 (FC 2/2, 280). 56 Vgl. in Ioh. comm. XIII 36,228–234 (GCS Orig. 4, 260 f.); Cels. VIII 12 (GCS Orig. 2, 229 f.). 57 58 59

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Zum Hintergrund vgl. u. a. Aloisius Lieske, Die Theologie des Logosmystik bei Origenes (MBTh 22), Münster 1938, 189–200. Vgl. princ. I 2,6 (GCS Orig. 5, 34 f.); in Num. hom. 12,1 (GCS Orig. 7, 95. 97). Die Texte in ihrer jetzigen Gestalt gehen wohl auf Rufinus zurück. Vgl. Cels. V 37.39 (GCS Orig. 2, 41. 43); orat. 15,1 (GCS Orig. 2, 333 f.); in Ioh comm. XIII 25,151 (GCS Orig. 4, 249). Vgl. hierzu u. a. auch Wolfgang Marcus, Der Subordinatianismus als historiologisches Phänomen. Ein Beitrag zu unserer Kenntnis von der Entstehung der altchristlichen ‚Theologie‘ und Kultur unter besonderer Berücksichtigung der Begriffe OIKONOMIA und THEOLOGIA, München 1963, 156–163; Josep Rius-Camps, Subordinacianismo en Origenes?, in: Lies, Origeniana Quarta (wie Anm. 11) 154–186; John N. Rowe, Origen’s Doctrine of Subordination. A Study in Origen’s Christology (EHS.T 272), Bern u. a. 1987. Vgl. hierzu allgemein u. a. auch Crouzel, Origène (wie Anm. 14) 250–257; Alois Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche. Bd. 1: Von der Apostolischen Zeit bis zum Konzil von Chalcedon (451), Freiburg i. Br. u. a. ³1990, 266–280; Strutwolf, Gnosis als System (wie Anm. 21) 270–307; Anders L. Jacobsen, Logos – Physician and Teacher. Christology and Soteriology in “Contra Celsum”, in: Adamantius 9 (2003) 78–93. Vgl. dial. 7 (SC 67, 70); in Ioh. comm. XXXII 18,225 (GCS Orig. 4, 455 f.); in Matth. comm. XII 29 (GCS Orig. 10, 132 f.).

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zu einer unzertrennlichen Einheit. Diese Seele ist das einzige der geschaffenen Geistwesen, das nicht von Gott abgefallen ist, sondern sich in ihrer Freiheit stets für das Gute entschieden hat und so vor dem allgemeinen Fall bewahrt blieb. Sie ist damit das vollkommene Medium zur Offenbarung des Logos in der Welt. Indem sie sich mit dem von Maria geborenen Leib vereinigt, ermöglicht sie gleichsam die geschichtliche Inkarnation des Sohnes.62

d) Der Geist Obwohl die Theologie des Origenes einerseits eine starke christologische Konzentration aufweist, die ihm in der älteren Forschung gar das Verdikt des Binitarismus eingebracht hat,63 so betont der Alexandriner andererseits aufgrund seiner Orientierung an der Glaubensregel doch auch die Bedeutung des Heiligen Geistes und seiner Wirkungen, ja er hat in seiner Grundlagenschrift erstmals sogar einen eigenen pneumatologischen Traktat vorgelegt.64 Charakteristisch für die origeneische Geistlehre ist die eigentümliche Mittelposition des Pneuma zwischen Gott und Schöpfung. Zum einen ist das Bekenntnis zum Heiligen Geist für Origenes natürlich fester Bestandteil der kirchlichen Tradition. Wie Vater und Sohn gehört der Geist zur „anbetungswürdigen Dreiheit“ (προσκυνητὴ τριάς)65 und hat Anteil an der Ehre und Würde dieser beiden.66 Mit Vater und Sohn ist der Geist darüber hinaus auch dadurch verbunden, dass ihm wie den zwei anderen Güte bzw. Heiligkeit als substantielle Eigenschaft zukommt.67 Direkt als Gott bezeichnet der Alexandriner das Pneuma allerdings nirgends. Auf der anderen Seite wird der Geist zu den durch den Sohn geworde62 Vgl. princ. II 6,3–7 (GCS Orig. 5, 141–147); IV 4,4 (5, 353–355); Cels. VI 47 (GCS Orig. 2, 63 64

65 66 67

119). Hierzu vgl. u. a. auch Rowan Williams, Origen on the Soul of Christ, in: Richard P. C. Hanson/Henri Crouzel, Origeniana Tertia, Rom 1985, 131–137. Vgl. z. B. Wolf-Dieter Hauschild, Gottes Geist und der Mensch. Studien zur frühchristlichen Pneumatologie (BEvTh 63), München 1972, 86–150, v. a. 140 f. Vgl. hierzu allgemein u. a. Crouzel, Origène (wie Anm. 14) 257–264; Courth, Trinität (wie Anm. 14) 104–107; Kilian McDonnell, Does Origen Have a Trinitarian Doctrine of the Holy Spirit?, in: Gr. 75 (1994) 5–25; Ziebritzki, Heiliger Geist und Weltseele (wie Anm. 15) 192–259; Philip L. Tite, The Holy Spirit’s Role in Origen’s Trinitarian System. A Comparison with Valentinian Pneumatology, in: Theoforum 32 (2001) 131–164; Peter Martens, Art. Holy Spirit, in: McGuckin, Westminster Handbook to Origen (wie Anm. 11) 125–128; Christoph Markschies, Der Heilige Geist im Johanneskommentar des Origenes. Einige vorläufige Bemerkungen, in: ders., Origenes und sein Erbe. Gesammelte Studien (TU 160), Berlin/New York 2007, 107–126. Origenes, in Ioh. comm. VI 33,166 (GCS Orig. 4, 142). Vgl. princ. I praef. 4 (GCS Orig. 5, 11); I 3,2 (5, 49 f.). Vgl. ebd. I 6,2 (5, 80); I 8,3 (5, 100).

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nen Wesen, also in gewisser Weise zur Schöpfung gezählt, wenn auch als das ehrwürdigste aller Geschöpfe.68 Damit ist gleichzeitig eine der theologischen Fragen angesprochen, die Origenes als offen, also als von Schrift und Überlieferung nicht beantwortet betrachtet, nämlich der Hervorgang des Heiligen Geistes.69 Um die Entstehung des Pneuma von der des Logos zu differenzieren, stellt der Alexandriner heraus, dass der Geist vom Vater durch den Sohn geschaffen wurde. Andererseits betont er aber die Ewigkeit und Unwandelbarkeit des Geistes und rückt seinen Hervorgang damit in eine gewisse Nähe zur ewigen Zeugung des Sohnes.70 Der Heilige Geist ist nach Origenes von Vater und Sohn klar unterschieden, gegen modalistische Konzepte wird seine individuelle Subsistenz herausgestellt. Mit Blick auf das Pneuma spricht er von einer eigenständigen Hypostase und stellt den Geist Vater und Sohn damit begrifflich gleich.71 Ansonsten findet sich im Schrifttum des Alexandriners allerdings eine deutliche Subordination des Heiligen Geistes. Die Zuordnung der drei trinitarischen Personen ist bei Origenes jedoch nicht einheitlich, es lassen sich hier zwei Schemata unterscheiden. Einerseits wird das Pneuma als dem Logos klar untergeordnet dargestellt, von dem es seine Subsistenz und seine Eigenschaften empfängt, und nur mittels dessen es auf Gott-Vater bezogen ist.72 Zum anderen lassen sich aber auch Stellen finden, an denen Sohn und Geist auf einer ontologischen Stufe angesiedelt sind, beiden wird dabei eine direkte Erkenntnis des Vaters zugesprochen.73 Nach Origenes kommen dem Heiligen Geist vor allem zwei Funktionen zu, die Inspiration der Schrift74 und die Heiligung der Christen. Letzteres nimmt die Vervollkommnung der auf Gott hin strebenden Menschen durch das Pneuma in den Blick, gleichzeitig wird dadurch das Wirken des Geistes von dem des Vaters, dessen Wirkungsbereich alles Seiende ist, und dem des Logos, der auf die 68 69 70 71

Vgl. in Ioh. comm. II 10,73–78 (GCS Orig. 4, 64 f.). Vgl. princ. I praef. 4 (GCS Orig. 5, 11). Vgl. ebd. I 3,4 (5, 54). Vgl. ebd. I 1,3 (5, 18 f.); in Ioh. comm. II 10,74–76 (GCS Orig. 4, 65); in Ioh. frg. 37 (GCS Orig. 4, 513). Siehe oben Anm. 15. Zum Hintergrund vgl. u. a. auch Andrew Radde-Gallwitz, The Holy Spirit as Agent, not Activity. Origen’s Argument with Modalism and its Afterlife in Didymus, Eunomius, and Gregory of Nazianzus, in: VigChr 65 (2011) 227–248. 72 Vgl. in Ioh. comm. II 10,76 (GCS Orig. 4, 65); XXXII 28,352 f. (4, 474). Das erstgenannte Schema kann noch einmal unterteilt werden: Zum einen werden Vater und Sohn an einigen Stellen als eine gewisse Einheit betrachtet, der das Pneuma untergeordnet ist. Zum anderen finden sich Passagen, an denen der Geist dem Sohn und dieser wiederum dem Vater subordiniert wird. 73 Vgl. princ. I 3,4 (GCS Orig. 5, 52–54); in Ioh. comm. XIII 25,151 (GCS Orig. 4, 249). An der hier angeführten Stelle aus der Prinzipienschrift deutet der Alexandriner u. a. die Seraphim aus Jes. 6,1–7 als Sohn und Geist. Vgl. hierzu in Is. hom. 1,2–4 (GCS Orig. 8, 244–246); Alfons Fürst, Hieronymus gegen Origenes. Die Vision Jesajas im ersten Origenismusstreit, in: ders., Origenes (wie Anm. 16) 239–274. 74 Vgl. princ. I praef. 8 (GCS Orig. 5, 14); Cels V 60 (GCS Orig. 2, 63).

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Vernunftwesen insgesamt ausgerichtet ist, differenziert.75 Man könnte hier von „drei konzentrischen Kreisen“ sprechen, „deren kleinster das Wirken des Geistes umfasst“.76 Gerade an dieser Konzeption lassen sich die Spezifika origeneischer Trinitätstheologie nochmals deutlich zeigen: Der Alexandriner betont zum einen die Zusammengehörigkeit der drei trinitarischen Hypostasen, andererseits stellt er auch deren Subordination heraus.

3. Die origeneische Trinitätslehre in der Darstellung des ­Letter of ­Resolution a) Allgemeines Der Origenes-Brief ist nach dem Geleitwort des wohl fiktiven Herausgebers77 und der Vorrede des anonym bleibenden Autors78 in fünf unterschiedlich umfangreiche Kapitel unterteilt.79 Zunächst beschäftigt sich George Rust mit den antiken Nachrichten über Leben (1) und Lehre (2) des Origenes.80 Der zuletzt genannte Abschnitt bietet gleichzeitig auch eine knappe Skizze des ersten Origenismusstreits. Hierauf werden die sechs origeneischen „Hauptlehren“ (3) aufgelistet.81 Diese bilden dann zugleich auch das Schema für die Untergliederung der letzten beiden großen Kapitel der Schrift. Rust will einerseits die Argumente des Alexandriners (4) für dessen theologische Positionen vorstellen82 und geht zum anderen auf gegnerische Einwände (5) ein bzw. sucht diese zu widerlegen.83 Die Trinitätstheologie des Origenes stellt den ersten der sechs Hauptirrtümer dar, die der Verfasser des Letter zu besprechen hat. Rust führt sie folgendermaßen ein: „Seine 75 Vgl. princ. 1 3,5–8 (GCS Orig. 5, 54–63). Es handelt sich hierbei um einen Abschnitt der

76 77 78 79 80 81 82 83

Grundlagenschrift, der mit großen text- und literarkritischen Problemen verbunden ist. Vgl. hierzu u. a. Manlio Simonetti, Sull’interpretatione di un passo del De principiis di Origene (I 3,5–8), in: RCCM 6 (1964) 15–32; Helmut Saake, Der Tractatus pneumaticophilosophicus des Origenes in Περὶ ἀρχῶν I 3, in: Hermes 101 (1973) 91–114; Henri Crouzel, Les personnes de la Trinité sont-elles de puissance inégale selon Origène, Peri Archon I 3,5–8?, in: Gr. 57 (1976) 109–125; Ziebritzki, Heiliger Geist und Weltseele (wie Anm. 15) 203–225; Pablo Argárate, The Holy Spirit in Prin 1,3, in: György Heidl/Róbert Somos (Hg.), Origeniana Nona. Origen and the Religious Practice of his Time (BEThL 228), Leuven u. a. 2009, 25–47. Hauschild, Lehrbuch (wie Anm. 39) 22. Vgl. [Rust], Letter of Resolution, To the Reader (o. S.). Vgl. ebd. 1–3. Zum Aufbau des Werks siehe oben S. 34. Vgl. [Rust], Letter of Resolution 3–5. 6–13. Vgl. ebd. 13 f. Vgl. ebd. 14–95. Vgl. ebd. 95–136.

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Lehre von der heiligen Trinität, zwischen deren Hypostasen er [sc. Origenes], so sagt man, eine Ungleichheit annimmt.“84 Dies hat zur Folge, dass auch die beiden letzten Hauptkapitel des Briefes jeweils mit einem Abschnitt zur origeneischen Trinitätsspekulation beginnen.85 Dies sind die beiden wichtigsten Passagen in der Schrift Rusts zur Gotteslehre des Alexandriners. Daneben wird das Gottesbild des Origenes aber auch schon im zweiten Abschnitt des Letter of Resolution angesprochen, und zwar in zweifacher Richtung. Rust referiert zunächst mehrere Vorwürfe, die im antiken Christentum gegen die Theologie des Alexandriners erhoben wurden. Er geht dabei auf einige origeneische Lehren ein, die auch sonst eine wichtige Rolle im Werk spielen, nämlich seine Auferstehungsvorstellung, die Präexistenz der Seelen und die Wiederherstellung aller Dinge.86 Die Darstellung gipfelt darin, dass Rust den altkirchlichen Vorwurf referiert, „seine [sc. des Origenes] Lehre sei im Allgemeinen absurd und verderblich, ein tödliches Schlangengift, das er zu seinem und seiner Anhänger Verderben in die Welt gespien habe“.87 In diesem Zusammenhang kommt der Letter of Resolution erstmals explizit auf die origeneische Trinitätstheologie zu sprechen: „Seine Lehre von der heiligen Trinität, so sagen sie, sei offenkundige Blasphemie, und durch sie erweise er [sc. Origenes] sich als Vater des Arianismus und als Wurzel, der alle anderen Häresien von dieser Art entsprungen seien. So sehr stimme er nicht nur mit Arius, sondern auch mit Eunomius und Mani überein, dass diejenigen, die gegen sie schrieben, mit ebendieser Arbeit zugleich eine Antwort auf seine Gottlosigkeiten gegeben hätten.“88

Der Letter nennt in diesem Zusammenhang keine Quellen für die antiken Häresievorwürfe gegen Origenes, sondern spricht ganz allgemein nur von „den Alten“.89 Die Darstellung Rusts scheint an dieser Stelle aber vor allem auf Epipha84 85 86 87

Ebd. 14. Vgl. ebd. 14–21. 96–100. Vgl. ebd. 6 f. Zu diesem Abschnitt siehe den Beitrag von Josef Lössl, oben S. 59–83. [Rust], ebd. 6. Die Ausführungen Rusts zeigen hier starke Berührungen mit dem Origenes-Kapitel im Panarion des Epiphanius von Salamis, pan. 64 (GCS Epiph. 2, 403–524). Zum Origenes-Kapitel des Panarion vgl. u. a. Calogero Riggi, Origene e origenisti secondo Epifanio (haer. 64), in: Aug. 26 (1986) 115–142; Jon F. Dechow, Dogma and Mysticism in Early Christianity. Epiphanius of Cyprus and the Legacy of Origen (PatMS 13), Macon 1988; Wolfgang A. Bienert, Origenes im Werk des Epiphanius von Salamis, in: StPatr XXVII, Leuven 1997, 239–257. 88 [Rust], ebd. 6 f. 89 Rust verweist bereits zu Beginn von Kapitel 1 ganz allgemein auf die „Ancients“ bzw. „Ancient Writers“. Er meint damit die antiken christlichen Schriftsteller, wie aus Kapitel 2 hervorgeht, wo er ausdrücklich von den „venerable Fathers of the Christian Church“ spricht: ebd. 3. 8.

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nius von Salamis zu basieren.90 Ohne auf Inhaltliches näher einzugehen, wird der Alexandriner dadurch nicht nur als theologischer Ahnherr des Arius desavouiert, sondern auch mit den Anhomöern und dem Manichäismus in Verbindung gebracht.91 George Rust ist sich des Gewichtes dieses Vorwurfs durchaus bewusst, er sucht ihn deshalb schon an vorliegender Stelle zu entkräften, und zwar auf historischer Ebene. Eine breitere inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Arianismus-Vorwurf erfolgt erst am Ende des vierten und im fünften Kapitel. Der Letter of Resolution verweist hier ganz allgemein auf zwei antike Verteidigungsschriften zu Gunsten des Origenes und betont, jedoch ohne Namen zu nennen, dass einer der beiden Apologeten des Alexandriners gerade bezüglich der Trinitätslehre als rechtgläubige Autorität gelten könne.92 Rust hat an dieser Stelle sicherlich Gregor den Wundertäter im Blick, von dem eine Dankrede auf seinen Lehrer Origenes erhalten ist, unter dessen Namen gleichzeitig aber auch ein als orthodox geltendes Glaubensbekenntnis überliefert wurde.93 Mit diesem Hinweis wird Origenes im Gegensatz zu den spätantiken Vorwürfen stattdessen en passant zum Vater der trinitätstheologischen Orthodoxie stilisiert. Daneben kommt der Letter of Resolution noch an einer weiteren Stelle im zweiten Kapitel auf die origeneische Gotteslehre zu sprechen, und zwar bei der Darstellung des ersten Streits um Origenes.94 George Rust stellt hier zunächst völ90 Vgl. Epiphanius, pan. 64,4,2 (GCS Epiph. 2, 410); ders. bei Hieronymus, epist. 51,3 (CSEL

54, 400).

91 Im Panarion des Epiphanius ist nur ganz allgemein von den Anhomöern die Rede, der

Letter of Resolution nennt hingegen explizit Eunomius von Cyzicus, die Führungspersönlichkeit der Neuarianer. Während der zypriotische Bischof nur davon spricht, dass neben Arius und den Anhomöern auch andere Häresien ihren Ausgang bei der Theologie des Origenes nahmen, erwähnt Rust den persischen Religionsstifter Mani. Eine Herleitung von Origenes ist natürlich völlig unhistorisch, aber tatsächlich spielte der Manichäismus in den trinitätstheologischen Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts eine gewisse Rolle. Vgl. hierzu z. B. Uta Heil, „… bloß nicht wie die Manichäer!“ Ein Vorschlag zu den Hintergründen des arianischen Streits, in: ZAC 6 (2002) 299–319. 92 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 7: „Einer von diesen ist, wie selbst seine Gegner einräumen, in der größten aller Häresien, d. h. betreff der heiligen Trinität, katholisch.“ 93 Das unter dem Namen Gregors des Wundertäters überlieferte Symbol war in der Spätantike weit verbreitet, evtl. stammt es aber nicht von diesem, sondern von seinem Namensvetter Gregor von Nyssa. Vgl. hierzu z. B. Luise Abramowski, Das Bekenntnis des Gregor Thaumaturgus bei Gregor von Nyssa und das Problem seiner Echtheit, in: ZKG 87 (1976) 145–166. 94 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 8: „Es entspricht der philosophischen Natur seines herausragenden Geistes, dass Origenes behauptete, dass Gott vollständig unkörperlich und unermesslich sei und dass es einer gottlosen Schmälerung seines höchst vollkommenen Wesens gleichkäme, von irgendeiner Form begrenzt zu werden. Daher werde er auch von keiner menschlichen Gestalt begrenzt, möge die Schrift ihm auch die verschiedenen Teile eines menschlichen Körpers zuschreiben. Und dies trug er eindringlich und mit einigem Eifer vor, da einige ungebildete Mönche in Ägypten die gegenteilige Meinung vorgebracht

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lig zu Recht heraus, dass es sich bei der Betonung der absoluten Unkörperlichkeit und Unermesslichkeit Gottes um ein zentrales Anliegen der Theologie des Alexandriners handelt.95 Gleichzeitig weist er aber auch darauf hin, dass genau dieses philosophische Gottesbild des Origenes Ende des 4. Jahrhunderts zum Ausbruch des Konflikts zwischen den Gegnern des Alexandriners und seinen Befürwortern führte. Die ganze Passage hat zum Ziel, die altkirchliche Kritik an den origeneischen Lehren als unglaubwürdig darzustellen.96 Dass sich die Kontroversen um den Alexandriner gerade an der Frage des biblischen Anthropomorphismus entzündeten, bietet Rust zum einen Gelegenheit, die Feinde des Origenes lächerlich zu machen. Epiphanius wird etwa als durchaus frommer, aber ungebildeter und mäßig intelligenter Mönch dargestellt.97 Zum anderen lässt der Hinweis auf den spätantiken Widerspruch gegen diese Lehre des Origenes gleichzeitig alle anderen Häresievorwürfe als unberechtigt erscheinen.98 Neben den gerade genannten Hinweisen im zweiten Kapitel und den gleich noch zu besprechenden trinitätstheologischen Passagen im vierten und fünften Hauptteil durchzieht die Gotteslehre implizit noch viele weitere Abschnitte des Letter of Resolution, sie ist geradezu das Grundthema des ganzen Textes. Bereits am Ende des Vorworts an den Leser,99 also an ganz herausgehobener Stelle, klingt dies an:

hatten. Aus diesem Grund wurden sie von ihm als Anthropomorphiten bezeichnet.“ Rust scheint hier die Konfliktlinien des ersten Origenismusstreits in die Zeit des Alexandriners selbst zurückzuprojizieren. Zum Origenismusstreit allgemein siehe oben Anm. 11. Vgl. darüber hinaus auch Freddy Ledegang, Anthropomorphites and Origenists in Egypt at the End of the Fourth Century, in: Bienert/Kühneweg, Origeniana Septima (wie Anm. 20) 375–379; Samuel Rubenson, Origen in the Egyptian Monastic Tradition of the Fourth Century, in: ebd. 319–337. 95 Vgl. Origenes, princ. I 1,1–4 (GCS Orig. 5, 16–20). 96 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 8. 97 Vgl. ebd. 9. 98 Vgl. ebd. 12 f.: „Nur so viel mögen Sie dem, was ich bis hierher berichtet habe, klar entnehmen, dass die großen Ressentiments und Aversionen gegen die Ansichten des Origenes Ursprünge hatten, die heute niemand mehr anzuerkennen wagt, namentlich die, dass ein gottloser Frevler [sc. Theophilus von Alexandria] seine Rachegelüste befriedigt und eine Lehre [sc. die Unkörperlichkeit Gottes] verworfen hat, die beinahe die gesamte christliche Welt für wahr hält. Der Eifer, mit dem man gegen diese eine Ansicht stritt, musste allerdings notwendig viele weitere ans Licht bringen, die dann wahrscheinlich ebenso verdächtig scheinen würden.“ Der Letter nennt als Bischofssitz des Theophilus versehentlich Antiochia: vgl. ebd. 9. 99 Das Geleitwort stammt angeblich von dem niederen Adeligen C. L., an den der OrigenesBrief ursprünglich gerichtet gewesen sein und der ihn dann veröffentlicht haben soll. Dabei handelt es sich aber wohl um literarische Fiktion, das Vorwort geht wahrscheinlich ebenfalls auf Rust zurück. Vgl. ebd., Titelblatt und To the Reader (o. S.).

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„Dies [sc. den Letter of Resolution] empfehle ich nun Ihrem [sc. des Lesers] unbefangenen Urteil. Dabei bin ich zuversichtlich, dass Sie darin nichts Anstößiges finden werden, vorausgesetzt, Sie teilen meine Einstellung und halten keine Lehre für verächtlich, welche Gott Ehre macht und ihn so darstellt, dass er die Liebe der Menschen verdient und ihnen Grund von Glaube und Hoffnung ist, und welche die Wege seiner Vorsehung rechtfertigt und deren Übereinstimmung mit seinen höchsten Eigenschaften, seiner Gerechtigkeit und Güte, aufzeigt.“100

Es wird hier deutlich, dass es George Rust nicht nur darum geht, eine Apologie für Origenes und einige seiner Lehren zu verfassen, sondern er möchte mit dem Brief eine Art theologischen Gesamtentwurf en miniature vorlegen, der auf dem Denken des Alexandriners aufruht. Eine wichtige Grundlage dafür bildet das Theologisieren auf der Basis der Gottesprädikate.101 Die Güte Gottes stellt für Rust die zentrale Gottesaussage dar,102 dies belegt auch ein Blick in die nur drei Jahre ältere, ursprünglich in der Cambridger St.-Mary’s Kirche gehaltene Homilie über 1 Joh. 4,16: „Gott ist die Liebe“.103 Diese Predigt kann als eine einzige Entfaltung des ursprünglichsten Gottesprädikats, der Güte gelesen werden. Wie im Letter of Resolution deutet Rust auch in diesem Text die Vorsehung als Streben Gottes nach der Glückseligkeit aller seiner Geschöpfe.104 Die Betonung der unendlichen Güte Gottes und ihre Verknüpfung mit dem Gottesattribut der Gerechtigkeit ist ein zentrales Anliegen Rusts. Dies ist einerseits durch die Auseinandersetzungen innerhalb der zeitgenössischen Theologie bedingt – der Letter of Resolution wendet sich immer wieder gegen jegliche Verabsolutierung des göttlichen Willens105 –, 100 Ebd., To the Reader (o. S.). 101 Diese Form der theologischen Argumentation begegnet im Letter immer wieder, in Kapi-

tel 4 z. B. in den Ausführungen zur zweiten und dritten Hauptlehre. Vgl. u. a. ebd. 25 f. 52 f.

102 Vgl. z. B. ebd. 87: „Gott war damals unendlich gut und gütig, und diese seine unendliche

Güte bewog ihn dazu, die Welt zu erschaffen. Dies ist er auch jetzt noch, denn sein segensvolles Wesen ist unveränderlich.“ 103 Vgl. George Rust, 1 Joh. 4.16: God is Love, in: ders., The Remains (wie Anm. 8) 1–20. Zu dieser Predigt siehe ausführlich oben S.  28–32 sowie den Text mit Übersetzung unten S. 232–267. 104 Vgl. u. a. ebd. 12: „Gott ist unendliche Güte, und es ist das Wesen der Güte, sich selbst mitzuteilen. Eher kann sich deshalb die Sonne in eine Wolke verwandeln und nicht länger ein Hort des Lichts sein, als es Gott möglich wäre, nicht gut zu sein und folglich nichts Gutes zu tun.“ Ebd. 9 heißt es: „Güte ist die wichtigste und grundlegendste Eigenschaft des göttlichen Wesens. Nimmt man Gott diese, beraubt man ihn seiner Gottheit.“ 105 Vgl. Letter of Resolution 31–33. Rust stellt sich gegen diejenigen, „die alles auf den souveränen Willen und die missverstandene Gerechtigkeit Gottes zurückführen“. Diesen unterstellt er, „die Natur der Dinge aufs Gröbste zu verkehren und die göttlichen Eigenschaften schamlos zu entwürdigen“ (ebd. 52 f.). Damit grenzt sich der Origenes-Brief entschieden vom theologischen Voluntarismus der calvinistischen Tradition, aber auch gegenüber Thomas Hobbes ab. Zum Hintergrund vgl. u. a. auch Frederick Beiser, The Sovereignty

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andererseits erweist sich der Brief damit aber auch als ganz und gar in der Tradition des Origenes stehend.106 Gegen die markionitische Trennung des guten Erlöser- vom gerechten Schöpfergott stellt der Alexandriner die göttliche Einheit und die Zusammengehörigkeit der beiden Gottesprädikate nachdrücklich heraus.107 Auch wenn es sich hierbei um ganz unterschiedliche Kontexte handelt, so zeigt sich m. E. doch auch in diesem Zusammenhang, dass der Letter of Resolution durch und durch vom Denken des Origenes geprägt ist.

b) Einheit und Verschiedenheit der drei göttlichen Hypostasen Im dritten Kapitel zählt George Rust ganz knapp die origeneischen „Hauptlehren“ auf. Als erste wird dabei die Trinitätstheologie des Alexandriners angesprochen. Der Letter of Resolution führt als Ansicht des Origenes zunächst aber nur an, dass dieser eine Ungleichheit zwischen den trinitarischen Hypostasen vertrete. Diese Aussage wird von Rust allerdings schon hier in gewisser Wiese eingeschränkt, er fügt nämlich hinzu: „so sagt man“.108 Auffällig ist, dass in diesem Abschnitt en passant auch ein wichtiger allgemeiner Grundzug origeneischen Theologisierens erwähnt wird, nämlich dessen hypothetisch-diskursiver Charakter.109 Dies hat wohl zum einen apologetische Gründe, zum anderen ist damit aber eine grundsätzliche methodische Option angesprochen, die Rust mit Origenes teilt.110 Bereits im Geleitwort wird ja übrigens deutlich, dass der Autor des Letter of Resolution einer allzu starren dogmatischen Orthodoxie nur wenig Hochachtung entgegenbringt.111

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of Reason. The Defense of Rationality in the Early English Enlightenment, Princeton 1996, 134–183. Vgl. Origenes, princ. I 2,13 (GCS Orig. 5, 46–48); II 9,6 (5, 169 f.). Siehe oben S. 91 f. Vgl. ebd. II 5,1–4 (5, 132–139). [Rust], Letter of Resolution 14. Vgl. ebd. 13: „Schließlich sagt er selbst [sc. Origenes] ausdrücklich von ihnen [sc. seinen Lehren], dass er sie nicht als eigene Überzeugung, sondern als angesehene und anerkannte Argumente vortrage, die unsere Beachtung verdienen und die weiterzuverfolgen höchst lohnenswert wäre.“ Vgl. hierzu u. a. auch ebd. 22 f. 54. 94. Vgl. Origenes, princ. I praef. 3 f. (GCS Orig. 5, 9–11); I 6,1 (5, 78). Siehe auch oben Anm. 18. Zum Hintergrund vgl. auch Ulrike Weichert, „Erforscht die Schriften!“ (Joh. 5,39). Origeneische Hermeneutik in George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions, in: Fürst/Hengstermann, Autonomie und Menschenwürde (wie Anm. 5) 199–219. Vgl. [Rust], Letter of Resolution, To the Reader (o. S.): „Und da ich mir weder aufgrund meines Charakters noch aufgrund der Art meiner Studien oder meiner Lebenssituation gänzlich im Klaren darüber bin, was nach allgemeiner Ansicht als rechtgläubig galt, und mich dieses Wort auch nicht sonderlich mit Ehrfurcht erfüllte, so ließ ich zu, …“ Vgl. auch ebd. 94 f.

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Im vierten Kapitel wendet sich George Rust dann den Argumenten des Alexandriners für dessen Lehren zu. Die origeneische Trinitätslehre mit ihrer Dialektik von Einheit und Verschiedenheit sucht er in sechs Anläufen zu begründen.112 Vorab wird jedoch der Terminus Ungleichheit problematisiert. Der Letter of Resolution hatte diesen Begriff ja bereits bei der Aufzählung der „Hauptlehren“ des Origenes mit einer gewissen Einschränkung versehen; dies wird nun etwas breiter entfaltet.113 Dieses Vorgehen hat wohl apologetische Ursachen. Mit dem Wort inequal hat Rust sicherlich das griechische Lexem ἀνόμοιος im Blick. Der Vorwurf, Origenes habe diesen Terminus für die Relation zwischen Vater und Sohn verwendet, würde nämlich letztlich bedeuten, dem Alexandriner Arianismus, und zwar in seiner radikalsten Form, zu unterstellen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass der Origenes-Brief also zunächst näher auf den Begriff Ungleichheit eingeht. Rust äußert sich hierzu sehr vorsichtig: Er geht davon aus, dass Origenes den Terminus selbst nicht verwendet hat. Er begründet dies u. a. damit, dass es bei den spätantiken Gegnern des Origenes dafür kein Zeugnis gebe.114 Trotzdem nimmt er aber an, dass der Alexandriner von einer gewissen Ungleichheit innerhalb der Trinität ausgegangen sei. Als Beleg für diese Ansicht führt er zunächst eine Stelle aus Hieronymus an,115 im Folgenden soll dann aber Origenes selbst zur Sprache kommen.116 Im ersten Schritt stellt der Letter of Resolution die Ungleichheit zwischen den drei göttlichen Hypostasen heraus, indem er auf die Unterschiedenheit ihrer We-

112 Vgl. ebd. 15–21. 113 Vgl. ebd. 14 f. 114 Vgl. ebd. 15. Rust verweist darauf, dass er keine Belegstelle für die Verwendung des Begriffs

Ungleichheit in den Schriften des Origenes kenne und dass ihm dies auch nicht direkt von seinen Kritikern vorgeworfen worden sei. Gerade in Letzterem sieht Rust einen sehr überzeugenden Hinweis darauf, dass der Alexandriner den Terminus tatsächlich auch nicht benutzt habe. 115 Vgl. ebd. Rust führt hier folgendes Zitat in Latein an, jedoch ohne Angabe der Fundstelle: „Der Vater wird vom Sohn nicht gesehen, der Vater wird vom Sohn nicht erfasst. Der Sohn, der das Bild des unsichtbaren Vaters ist, ist im Vergleich zum Vater nicht die Wahrheit.“ Dabei handelt es sich um die freie Wiedergabe einer Stelle aus dem um 408 verfassten Brief des Hieronymus an Avitus, einer Sammlung theologisch anstößiger Abschnitte aus De principiis. Vgl. Hieronymus, epist. 124,2 (CSEL 56/1, 97). Zur Rolle des Hieronymus im ersten Origenismusstreit vgl. u. a. Alfons Fürst, Hieronymus. Askese und Wissenschaft in der Spätantike, Freiburg i. Br. u. a. 2003, 30–36. 116 Vgl. [Rust], ebd. 15: „Doch wenn er [sc. Origenes] tatsächlich so etwas wie eine Ungleichheit zwischen den seligen Hypostasen der hochheiligen Trinität vertreten hat, so würde man nach dem Befund seiner Schriften wahrscheinlich annehmen, dass er dafür folgende Gründe hatte.“ Rust drückt sich hier mit einer gewissen Zurückhaltung aus, leider benennt er seine Quellen nicht genauer.

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senseigenschaften verweist.117 Vater, Sohn und Geist werden von Rust als Trias hypostasierter Universalien, nämlich als „ursprüngliche Güte oder erste Lebensund Seinsfülle“, als „allumfassende Weisheit oder Vernunft“ und als „schöpferische Liebe“118 dargestellt. Die Verschiedenheit der Hypostasen wird daneben vor allem mittels des Emanationsgedankens entfaltet: „Obwohl diese [drei Hypostasen] allesamt wahrhaft und im eigentlichen Sinne universale Naturen sind, so ist es doch offensichtlich, dass sich in den beiden letzteren und abgeleiteten Hypostasen, verglichen mit der ersten, ursprünglichen Quelle der Gottheit, eine Tendenz zum Partikularen findet und dass dieser Zug zum Partikularen in der dritten größer ist als in der zweiten. Alle Dinge sind nämlich in der ersten auf solch ununterschiedene Weise enthalten und entfließen ihr in solcher Fülle, dass es unserem Geist unmöglich ist, überhaupt von diesem oder jenem zu sprechen. Wenn jener [sc. die erste Hypostase] sich jedoch in den zweiten entäußert hat, dann finden wir sie [sc. alle Dinge], so wie es seinem Namen und Wesen entspricht, definiert und begrenzt, d. h. in ihre jeweiligen Prinzipien und Ideen unterteilt, vor, ohne dass dies freilich die Einheit seines Wesens zerstörte, denn er ist sie alle. Aus ihm zu dem dritten hinabgetragen, werden sie durch seine allmächtige und niemals irrende Kraft, ganz wie es jenen ewigen Prinzipien und Ideen entspricht, die aus dem zweiten in ihn hineinstrahlten und die Werke seiner Kraft zuverlässig lenkten, zu einem sichtbaren Dasein und Leben hervorgebracht.“119

Die origeneische Trinität wird hier ganz als neuplatonische Hypostasentrias dargestellt, spezifisch Christliches, wie etwa der Kenosisgedanke, klingt zwar an, steht aber nicht im Vordergrund. Der Origenes des Letter of Resolution ist an dieser Stelle in erster Linie Platoniker. Im ersten Abschnitt werden zwar durchaus charakteristische Elemente der Trinitätslehre des Alexandriners angesprochen; in diesem Zusammenhang ist vor allem die Eigenständigkeit der drei göttlichen Hypostasen sowie die Nach- bzw. Unterordnung der zweiten und dritten Hypo-

117 Vgl. ebd.: „Der Unterschied in den Charakteristika und Eigenschaften ihres Wesens, der

ihn [sc. Origenes] ohne Weiteres zu der Annahme bewegen konnte, dass sich die göttlichen Hypostasen, deren Substanz gerade in diesen Eigenschaften oder Attributen besteht, in gleicher Weise voneinander unterscheiden, wie die Vollkommenheiten, die in diesen Wesenseigenschaften zum Ausdruck kommen.“ Am Ende des ersten Abschnitts argumentiert Rust dann folgendermaßen, ebd. 16: „Und wenn wir von der höheren metaphysischen Spekulation hinabsteigen und diese drei erhabenen Naturen nicht als Substanzen in der Gottheit, sondern als Dispositionen und Qualitäten in geschaffenen Wesen betrachten, so können wir nicht umhin zu sagen, dass sie sich hinsichtlich ihres begrifflichen Gehaltes so offensichtlich voneinander unterscheiden, dass sie auch dort, wo man sie von ihrer akzidentellen Natur zu substantiellem Leben erhöht, weiterhin unterschieden sein müssen.“ 118 Ebd. 15. Ebd. 25 spricht der Origenes-Brief von der göttlichen Trias aus Güte, Weisheit und Macht. 119 Ebd.  15 f.

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stase zu nennen.120 Auch die Differenzierung der ökonomischen Funktionen der trinitarischen Hypostasen entspricht durchaus origeneischem Denken.121 Andererseits ist aber zu betonen, dass die Terminologie Rusts hier insgesamt stark neuplatonisch geprägt ist. Außerdem sind auch direkt Differenzen zwischen der Darstellung der origeneischen Trinitätstheologie durch Rust und Origenes selbst feststellbar, und zwar hinsichtlich der dritten Hypostase. Der Letter of Resolution nennt diese hier „schöpferische Liebe“, während Origenes vor allem den Logos als Schöpfungsmittler betrachtet.122 Das Wirken des Pneuma besteht nach origeneischer Auffassung hingegen vor allem in der Heiligung der Schöpfung.123 Auch im zweiten Schritt sucht der Origenes-Brief die Unterschiede zwischen Vater, Sohn und Geist herauszustellen. Dabei steht nun der Hervorgang der zweiten und dritten Hypostase aus der ersten bzw. aus der ersten und zweiten sowie damit einhergehend deren jeweilige Subordination im Zentrum der Argumentation: „Es scheint eine natürliche Notwendigkeit zu geben, nach der alle Wirkungen und alles, was hervorgebracht wird …, der überragenden Würde der Ursache bzw. des Hervorbringenden etwas unterlegen sind.“124 Rust zeigt sich auch hier wieder stark vom Neuplatonismus geprägt, er nimmt nicht nur einen wichtigen Gedanken der neuplatonischen Emanationslehre auf, sondern spricht sogar ausdrücklich von „göttlichen Emanationen“.125 Um die hierarchische Stufung der drei göttlichen Hypostasen zu belegen, greift der Letter of Resolution daneben aber auch auf spezifisch christliche Terminologie zurück. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Bezeichnungen „Vater“ und „Sohn“ bzw. auf die Formeln

120 Vgl. Origenes, in Ioh. comm. II 10,75 f. (GCS Orig. 4, 65). 121 Vgl. princ. I 3,5–8 (GCS Orig. 5, 54–63). Siehe hierzu oben Anm. 75. 122 Vgl. ebd. I 2,2 (5, 30); in Ioh. comm. I 19,110 f. (GCS Orig. 4, 23); Cels. VI 60 (GCS Orig. 2,

130). Zum Hintergrund vgl. u. a. Lyons, Cosmic Christ (wie Anm. 40) 118–145; Christian Hengstermann, Christliche Natur- und Geschichtsphilosophie. Die Weltseele bei Origenes, in: Fürst, Origenes und seine Bedeutung (wie Anm. 18) 34–75. 123 In der Grundlagenschrift findet sich eine Stelle, an der von der „weltschöpferischen Kraft“ (δύναμις δημιουργική) die Rede ist und damit evtl. der Heilige Geist in den Blick genommen ist: princ. I 4,3 (GCS Orig. 5, 65). Grundsätzlich hat das Pneuma bei Origenes im Gegensatz zur dritten Hypostase bei Plotin aber keine kosmologische Funktion. Vgl. hierzu z. B. Ziebritzki, Heiliger Geist und Weltseele (wie Anm. 15) 174 f. 124 [Rust], Letter of Resolution 16. Zum Hintergrund vgl. u. a. Antony C. Lloyd, The P ­ rinciple that the Cause is Greater than its Effect, in: Phron. 21 (1976) 146–156. Dieser Gedanke findet sich auch bei Origenes, in Ioh. comm. II 10,76 (GCS Orig. 4, 65). 125 [Rust], ebd. Zum Hintergrund vgl. u. a. Joseph Ratzinger, Art. Emanation, in: RAC 4 (1959) 1219–1228. Origenes grenzt sich in seiner Grundlagenschrift gegen die valentinianische Emanationslehre ab, er lehnt jegliche Vorstellung einer materiellen prolatio bzw. προβολή ab: princ. I 2,6 (GCS Orig. 5, 35 f.); IV 4,1 (5, 348–350). Dies bedeutet aber keinen Gegensatz zu einem (neu)platonischen Emanationsgedanken.

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„vom Vater gezeugt“ und „der aus beiden hervorgeht“.126 Durchaus origeneisch ist es, dass Rust in diesem Abschnitt dem Emanationsgedanken die Möglichkeit einer willentlichen Hervorbringung von Sohn und Geist zur Seite stellt.127 Die Unterschiedenheit der drei göttlichen Hypostasen steht auch im Zentrum des dritten Punktes dieses Abschnitts. Vater, Sohn und Geist sind für den Autor des Letter of Resolution nicht nur dem Namen oder der Rang- bzw. Reihenfolge nach zu differenzieren, sondern sie unterscheiden sich ihrem Wesen nach.128 Rust argumentiert hier durchaus origeneisch; der Alexandriner benutzte die Termini ὑπόστασις und οὐσία ja auch weitgehend gleichbedeutend.129 Andererseits stellt er sich damit jedoch begrifflich außerhalb des im 4. Jahrhundert vor allem von den Kappadokiern erzielten und durch das Konzil von Konstantinopel sanktionierten neunizänischen Grundkonsenses, der diese beiden Ausdrücke unterscheidet und von einer eigenständigen Subsistenz, gleichzeitig aber von einer substantiellen Identität der trinitarischen Personen spricht.130 George Rust erkennt die anti­ sabellianische Stoßrichtung der überkommenen kirchlichen Redeweise durchaus 126 [Rust], ebd. Derartige Unterscheidungen finden sich auch im Werk des Alexandriners,

z. B. Origenes, in Num. hom. 12,1 (GCS Orig. 7, 95). Die von Rust für die Differenzierung der drei göttlichen Personen herangezogenen Bezeichnungen weisen gleichzeitig eine große Ähnlichkeit zu Formulierungen des Athanasianum auf; vgl. symb. Athan. (JThS 11, 408). Das Symbolum Quicumque stellt, wie auch der Letter selbst erwähnt, einen der zentralen Grundlagentexte der Kirche von England dar. Dieses Bekenntnis wird in Artikel VIII der 39 Religionsartikel von 1571 genannt. Vgl. Cajus Fabricius (Hg.), Die Kirche von England. Ihr Gebetbuch, Bekenntnis und kanonisches Recht (CConf 17/1), Berlin/Leipzig 1937, 381. [Rust], ebd. 133. 127 Vgl. ebd. 16: „sei es kraft eines Willens (voluntary), sei es in einer Emanation (emanative)“. Origenes betont die Zeugung des Sohnes aus dem Willen des Vaters: princ. I 2,6 (GCS Orig. 5, 35 f.); IV 4,1 (5, 348–350); in Ioh. comm. VIII 36,228–234 (GCS Orig. 4, 260 f.). 128 Vgl. [Rust], ebd. 16 f.: „Nun sind die göttlichen Hypostasen ihren eigenen Wesenheiten nach (in respect of their proper Essences) – so möchte ich es der Einfachheit halber, wenn mir dies gestattet sei, ausdrücken – drei, und diese drei sind voneinander unterschieden oder alius atque alius, und zwar nicht nur den drei unterschiedlichen Namen oder einer dreifachen Stufung nach …“ Woher Rust die Formulierung alius atque alius entlehnt hat, ist nicht eindeutig zu sagen, ähnliche Wendungen finden sich aber sowohl bei Origenes wie auch im eben erwähnten Athanasianum. Vgl. Origenes, in Num. hom. 12,1 (GCS Orig. 7, 95); symb. Athan. (JThS 11, 407). 129 Vgl. in Ioh. comm. I 24,151 (GCS Orig. 4, 29); orat. 15,1 (GCS Orig. 2, 334). Siehe auch oben Anm. 15. 130 Das Nizänum verstand ὑπόστασις und οὐσία noch weitgehend als Synonyme. Erste Ansätze für die trinitätstheologische Differenzierung zwischen den beiden Begriffen finden sich in Zusammenhang mit der Synode von Alexandria im Jahr 362. Dieses Konzil unter Führung des Athanasius erkannte die neunizänische Redeweise von drei Hypostasen in Verbindung mit dem Bekenntnis zu Nizäa erstmals grundsätzlich als rechtgläubig an. Vgl. hierzu u. a. Thomas R. Karmann, Meletius von Antiochien. Studien zur Geschichte des trinitätstheologischen Streits in den Jahren 360–364 n.Chr. (RSTh 68), Frankfurt a. M. u. a. 2009, 168–305.

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an,131 die Differenzierung von Vater, Sohn und Geist geht ihm allerdings nicht weit genug. Die drei göttlichen Hypostasen unterscheiden sich seiner Ansicht nach nämlich essentiell. Vor diesem Hintergrund wendet sich der Letter of Resolution im Folgenden dann auch gegen eine Gruppe, die er als „Gleichmacher“ bzw. als „Egalitarier“ bezeichnet. Damit ist wohl eine Trinitätstheologie ins Visier genommen, die Vater, Sohn und Geist eine substantielle Gleichheit zuspricht und diese auf der gleichen Seinsebene anordnet. Für Rust stellt eine solche Position aber eine Degradierung des Vaters dar.132 Der Letter nimmt hier durchaus zentrale Aspekte der origeneischen Trinitätslehre auf, vor allem deren antimodalistische Ausrichtung und deren subordinatianische Tendenzen, gleichzeitig verstößt er damit aber in gewisser Weise auch gegen die Sprachregeln zeitgenössischer Standardtheologie.133 Die gerade begonnene Auseinandersetzung mit den Egalitariern führt Rust dann auch im vierten Argumentationsschritt fort. Für ihn ist die Annahme einer substantiellen Gleichheit und Koordination von Vater, Sohn und Geist unmöglich, denn in diesem Fall wäre es nicht erklärbar, warum die innergöttliche Selbstdifferenzierung mit der dritten Hypostase zum Abschluss kommt. Nach der Logik des Letter of Resolution würde die Gleichrangigkeit der zweiten und dritten Hypostase mit der ersten nämlich bedeuten, dass auch diese ihrerseits, wie die väterliche Güte, wiederum weitere göttliche Emanationen hervorbringen müssten und so fort ad infinitum. Dies ist nach George Rust nur durch die Annahme einer klaren Abstufung innerhalb der Trinität auszuschließen.134 Eine mögliche Lösung 131 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 17: „… wie es die Kirche gegen Sabellius meines Erachtens

zu Recht beschlossen hat.“ Bei Sabellius handelt es sich um einen Theologen des 3. Jahrhunderts, der die Einheit Gottes stark betonte. Vater, Sohn und Geist wurden von ihm lediglich als Erscheinungsformen, als modi des einen Gottes betrachtet. Diese Theologie wird deshalb auch als Modalismus bezeichnet. Vgl. hierzu u. a. Manlio Simonetti, Sabellio e il Sabellianismo, in: SSRel 4 (1980) 7–28; Wolfgang A. Bienert, Sabellius und Sabellianismus als historisches Problem, in: Hanns Ch. Brennecke u. a. (Hg.), Logos. Festschrift für Luise Abramowski (BZNW 76), Berlin/New York 1993, 124–139. 132 Vgl. [Rust], ebd.: „Wenn wir allerdings im Geist von ihren [sc. der drei göttlichen Hypostasen] Namen und ihrer Stufung absehen und jene Wesenheiten allein für sich betrachten, so könnten wir an ihnen nichts, wenn wir der Hypothese der Egalitarier (Equalists) folgen, finden, weshalb die eine eher als die andere Vater oder Sohn genannt werden sollte. Dies erschien dem spekulativen Genie des Origenes gewiss als höchst bedenklich, wenn nicht gar als Herabwürdigung dessen, der innerhalb der allerseligsten Dreiheit schlechthin Ursprung ist.“ 133 Rust scheint sich der Problematik seiner Ausführungen in gewisser Weise bewusst zu sein. An der Stelle, an der er von der essentiellen Unterschiedenheit der drei göttlichen Hypostasen spricht, fügt er nämlich hinzu, ebd. 16: „… so möchte ich es der Einfachheit halber, wenn mir dies gestattet sei, ausdrücken“. 134 Vgl. ebd. 17: „Strenge Egalitarier vermochten ihm [sc. Origenes] keinen Grund zu nennen, weshalb sich die Gottheit nicht eher zu einer unendlichen Zahl von Hypostasen

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der Aporie, die Begrenzung des Emanationsprozesses mit Hilfe des göttlichen Willens, weist der Verfasser des Origenes-Briefes aus zwei Gründen zurück: Erstens würde ein solcher Voluntarismus nach Ansicht Rusts die Gottheit von Sohn und Geist in Frage stellen. Beide wären demnach nicht mehr notwendiger Ausdruck der väterlichen Selbstmitteilung, sondern lediglich kontingente Produkte der Willkür Gottes. Zweitens wäre eine derartige Betonung des göttlichen Willens nicht mit der Bestimmung der ersten Hypostase als unendliche, sich selbst verströmende Güte kompatibel.135 Die Argumentation Rusts berührt sich auch hier durchaus wieder mit origeneischen Anliegen, im Vordergrund steht aber wohl eine (neu-)platonische Interpretation des christlichen Trinitätsglaubens in Auseinandersetzung mit Strömungen innerhalb der Theologie seiner Zeit.136 Für George Rust sind die göttlichen Hypostasen drei einander untergeordnete, ihrem Wesen nach ungleiche Universalien, die zusammen das eine „göttliche Wesen“, „das Göttliche“ (τὸ θεῖον)137 bilden. Güte, Weisheit und Macht sind vollkommen, jedoch in abgestufter Weise, sie besitzen weder dieselbe Natur noch dieselbe Würde. Gemeinsam konstituieren sie das absolut Vollkommene, die Gottheit.138 vervielfältigt hat, statt bei ihren drei Emanationen aufzuhören. Im Gegenteil müsste sich nach ihrer Hypothese die Vervielfältigung, wie es scheint, bis ins Unendliche fortsetzen. Wenn sich die erste, ursprüngliche Güte dem, was aus ihr hervorgeht, so mitteilte, wie es der Fruchtbarkeit ihrer eigenen überfließenden Fülle bei der Emanation entspräche, und wenn diesen Emanationen ihr Leben und ihre Kraft so vollständig, wie sie ihr selbst als ihrem Ursprung zukamen, zuteil würden, so wäre die dritte [Hypostase] ebenso in der Lage und durch die Notwendigkeit der gleichen Fülle – wenn ich es bei aller Ehrfurcht so ausdrücken darf – auch dazu genötigt, noch drei weitere hervorzubringen und immer so weiter.“ 135 Vgl. ebd.: „Und wenn sie [sc. die Egalitarier] sagen, dass die Zahl durch den bewussten Willensentschluss auf drei beschränkt wurde, so gefährden sie damit die notwendige Existenz und folglich auch die Göttlichkeit der beiden letzteren Hypostasen und tragen eine mit der unendlichen Fülle des Guten unvereinbare Unbestimmtheit in die ersten und frühesten Wirkweisen des Urhebers aller Dinge ein.“ 136 Der Letter of Resolution stellt es jedoch so dar, als hätte die oben referierte Argumentation Origenes zu einer Trinitätstheologie im dargestellten Sinne veranlasst, ebd. 17 f.: „Deshalb sah sich Origenes zu der Schlussfolgerung gezwungen, dass der Unterschied in ihrem [sc. der göttlichen Hypostasen] Hervorgang aus dem ersten Grund für die Begrenzung auf eine Dreiheit war, und zwar nach solchem Maß und Verhältnis …“ 137 Ebd. 18. 138 Vgl. ebd. Der Origenes-Brief spricht davon, „dass jene drei [Hypostasen] in ihren Wesenseigenschaften zusammen auf vollendete Weise alle Arten der Vollkommenheit darstellten und einschlossen, wie sie für die Konstitution des τὸ θεῖον bzw. des göttlichen Wesens im Ganzen nötig sind“. Nach Rust ist „Gott ein Wesen von unendlicher Vollkommenheit“, und „alle Vollkommenheiten, die der göttlichen Natur würdig sind, wie Güte, Weisheit, Macht usw., sind weder von gleicher Natur noch von gleicher Ehre und Würde“. Der Letter of Resolution zeigt hier übrigens Berührungen mit Artikel I der Religionsartikel von 1571. Dort ist auch von „goodness“, „wisdom“ und „power“ die Rede, welche zusammen die „unity of this Godhead“ bilden: Fabricius, Kirche von England (wie Anm. 126) 377.

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Vor diesem Hintergrund setzt der Letter of Resolution auch im fünften Punkt seine Auseinandersetzung mit der Position der Egalitarier fort: Würde man jede einzelne göttliche Person als in gleicher Weise unendlich vollkommen betrachten, hätte dies nach Rust einen Tritheismus zur Folge. Der Begriff Gott wäre dann nur mehr eine Art Gattungsbezeichnung, der die drei wahllos als Vater, Sohn und Geist bezeichneten Individuen zugeordnet würden.139 Die Annahme einer hierarchisch gestuften Hypostasentrias scheint für den Verfasser des Origenes-Briefes somit die einzige Möglichkeit darzustellen, den Monotheismus zu wahren.140 Erst im sechsten und letzten Schritt des ersten trinitätstheologischen Abschnitts des Briefes wird die Ungleichheit zwischen den drei göttlichen Hypostasen und die Unterordnung von Sohn und Geist dann auch exegetisch begründet. Die von Rust angeführten Belegstellen entstammen fast ausschließlich dem Johannesevangelium; „sie können … als Zeugnis für die Wahrheit der Lehre des Origenes genommen werden“.141 Im Anschluss nutzt der Autor des Letter of Resolution dann die Gelegenheit, um sich nochmals, und zwar nun frontal, gegen die Egalitarier zu wenden. In diesem Zusammenhang wird auch deutlicher, wen George Rust damit eigentlich im Blick hat; er spricht nämlich ausdrücklich von der Schultheologie seiner Zeit.142 Für den späteren Bischof von Dromore ist die Annahme der Subordination von Sohn und Geist unumgänglich, alles andere ist seiner Ansicht nach ein Sakrileg wider den Vater. Er parallelisiert in diesem Zusammenhang in gewisser Weise sogar die Position der Egalitarier mit der von Arianern und Pneumatomachen: Wie sich die „antiken Ketzer“ gegen Sohn und Geist versündigt hätten, so würden sich die zeitgenössischen nach Rust nun an der Würde des Vaters vergehen.143 Der Verfasser des Origenes-Briefes geht sogar noch einen Schritt weiter und behauptet, dass dies auch jetzt, wie einst im spät139 Vgl. [Rust], ebd. Der spätere Bischof von Dromore spricht in diesem Zusammenhang da140 141

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von, dass die drei Hypostasen „ihrem Wesen nach nicht gleich (not essentially equal)“ sind. Vgl. hierzu Origenes, in Ioh. comm. II 2,16–18 (GCS Orig. 4, 54 f.). [Rust], Letter of Resolution 18. Rust zitiert im Blick auf den Sohn Joh. 14,28; 6,57; 5,19.30 und 14,10. Bezüglich des Geistes werden Joh. 15,26; 14,26; Gal. 4,6 und Joh. 16,13 f. angeführt. Diese Stellen belegen nach Rust „eine gewisse Ungleichheit“ zwischen den drei göttlichen Hypostasen. Außerdem wird die Trinitätslehre des Origenes auf diese Weise als schriftgemäß dargestellt. Vgl. [Rust], ebd. Der Origenes-Brief verweist hier auf „die dreisten Fehlschlüsse der vorwitzigen Schultheologen“. Denkbar wäre, dass Rust sich damit gegen die zeitgenössische calvinistische Standardtheologie wendet. Vgl. hierzu z. B. Thomas F. Torrance, Calvin’s Doctrine of the Trinity, in: CTJ 25 (1990) 165–193; Benjamin Carter, “The Little Commonwealth of Man”. The Trinitarian Origins of the Ethical and Political Philosophy of Ralph Cudworth (StPhTh 42), Leuven 2011, 53–59. Vgl. [Rust], ebd.: „Manche sagen sogar, man müsse sie [sc. die origeneische Trinitätslehre] sich zu eigen machen und ihr Glauben schenken, damit wir uns nicht an der Ehre und Hoheit des Vaters aller Dinge ebenso versündigen, wie die antiken Häretiker den ande-

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antiken Christentum, die Einberufung von Konzilien nötig machen könnte, die aber nun „der Ehrerbietung, wie sie Gott, dem Vater gebührt, Geltung verschaffen müssten“.144 George Rust begnügt sich also nicht damit, die origeneische Trinitätslehre als in sich stimmig und rational nachvollziehbar darzustellen,145 sondern wendet sich mit allem Nachdruck gegen die Konzeption der so genannten Egalitarier, denen er letztlich Häresie unterstellt. Am Ende des trinitätstheologischen Abschnitts des vierten Kapitels greift der Letter of Resolution bereits einige Einwände gegen die diesbezügliche Lehre des Origenes auf.146 Leider nennt er seine Quellen nicht, es ist aber anzunehmen, dass er auch hier wieder Epiphanius und Hieronymus im Blick hat.147 Als zentralen Kritikpunkt an der Trinitätstheologie des Origenes nennt Rust in diesem Zusammenhang nämlich, dass dieser Sohn und Geist zu Geschöpfen degradiere.148 Der Letter of Resolution weist dies jedoch entschieden zurück, der Widerspruch erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst stellt Rust fest, dass der Logos und das Pneuma nach Origenes Teil der Trinität sind und somit nicht zur Schöpfung ge-

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ren beiden gesegneten und allezeit ehrwürdigen Hypostasen unverschämt Gewalt angetan hätten.“ Ebd. 19. Vgl. ebd. 18 f.: „Und wenn die dreisten Fehlschlüsse der vorwitzigen Schultheologen mit ebensolcher Unbesonnenheit Akzeptanz fänden, so werde es, so nehmen jene an, auch in dieser späten Epoche der Kirche erforderlich sein, immer und immer wieder Konzilien einzuberufen. Solche müssten dann der Ehrerbietung, wie sie Gott, dem Vater gebührt, Geltung verschaffen, genau wie dies ehedem notwendig war, um den Sohn und den Heiligen Geist innerhalb des Glaubens der Christen in die Würdestellung wiedereinzusetzen, die sie kraft ihrer Natur verdienten und die ihnen die freche Ignoranz und Gottlosigkeit einiger dreister Männer streitig gemacht hatte.“ Vgl. ebd. 19: „Diese seine [sc. des Origenes] Theorie hat er mit solcher Sorgfalt und Vorsicht ausgearbeitet, dass manche gemeint haben, dass es seinen Gegnern weder mit subtileren Angriffen noch mit härteren, ungestümeren Schlägen jemals gelungen sei, ihr etwas anzuhaben oder sie zu erschüttern, geschweige denn ihre Vernünftigkeit und Stimmigkeit gänzlich zu zerstören.“ Vgl. ebd. 21. Der Autor des Origenes-Briefes entschuldigt sich ganz am Schluss der Passage dann beim Leser sogar dafür, dass er bereits in Kapitel 4 auf Einwände gegen die origeneische Trinitätslehre eingegangen sei und damit nicht bis zum fünften Hauptteil abgewartet habe. Vgl. hierzu auch ebd., To the Reader (o. S.). Vgl. Epiphanius, pan. 64,5,11 (GCS Epiph. 2, 415); Hieronymus, epist. 124,2 (CSEL 56/1, 97); c. Rufin. II 19 (SC 303, 154–156). Vgl. [Rust], Letter of Resolution 19: „Und was sich manche allzu rasch zusammenphantasiert und ebenso lautstark verkündet haben, nämlich dass sie [sc. die origeneische Trinitätslehre] die beiden letzteren Hypostasen zu Geschöpfen gemacht und einige zentrale Aspekte der Heilslehre des Christentums als weniger adäquat und vernünftig habe erscheinen lassen oder dass sie mit vielen Stellen der Schrift nicht übereinstimme – diese Behauptungen gleichen einem Geschütz in schlechter Lage, das zwar in der Tat großen Radau und Lärm gemacht, aber das Fort, auf das seine todbringende Ladung gezielt hatte, niemals berührt hat.“

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hören können.149 Dies begründet er einerseits damit, dass Sohn und Geist substantiell Vollkommenheit zukomme, so dass sie „wahrhaft und im eigentlichen Sinne göttlich“150 sein müssen. Andererseits betont er die äußerst enge Verbindung zwischen den drei Hypostasen im Sinne einer wechselseitigen Pericho­rese.151 Außerdem verweist George Rust darauf, dass Sohn und Geist aufgrund ihrer göttlichen Natur Ursache der Schöpfung sind und somit nicht selbst Geschöpfe sein können. Die Gottheit von Logos und Pneuma begründet er darüber hinaus auch liturgisch. Beide sind „Gegenstand der Anbetung, Verehrung, Anrufung, des Gehorsams, des Vertrauens und dergleichen mehr“, sie können somit gar nicht auf der Seite der Schöpfung stehen. Die enge Verbundenheit zwischen den drei göttlichen Hypostasen wird hier auch mithilfe der Begriffe: „ein einziger Wille“, „gleiche Macht“ und „gleiche Herrlichkeit“152 zum Ausdruck gebracht. Der Letter of Resolution stützt sich in diesem Abschnitt durchaus auf genuin origeneische Gedanken; man könnte hierfür auf die Willensübereinstimmung von Vater, Sohn und Geist verweisen.153 Daneben verwendet er aber auch geradezu klassische trinitätstheologische Formulierungen, welche die Einheit der drei göttlichen Personen herausstellen.154 Interessant ist, dass Rust auch an dieser Stelle immer wieder Kritik an einem theologischen Voluntarismus übt.155 Diese Abgrenzung von der 149 Vgl. ebd. Die zentrale These Rusts lautet hier: „… dass es nach seiner [sc. des Origenes]

Darstellung in jener gesegneten Dreiheit nichts gibt, dass man Geschöpf nennen könnte.“

150 Ebd. Rust wiederholt diese Aussage fast gleichlautend einige Zeilen später noch einmal:

ebd. 20.

151 Vgl. ebd. 19 f.: „Sind die beiden Letzteren [Hypostasen] etwa nicht unsagbar eng mit dem

Ersten verbunden? Und sind sie kraft dieser so innigen Nähe zu ihm, dem allerreinsten Geist, für das, was in seinem Wesen ist, etwa nicht mit Notwendigkeit und in einem Maße empfänglich, das menschliches Verstehen unendlich übersteigt? Sind sie es etwa nicht aus demselben Grund auch für das, was der andere ist?“ Rust spricht einige Zeilen später von der „Vereinigung“ der Hypostasen, „die so eng ist, dass sie alles Verstehen übersteigt“. 152 Ebd. 20. 153 Vgl. Origenes, in Ioh. comm. XIII 36,228–234 (GCS Orig. 4, 260 f.); Cels. VIII 12 (GCS Orig. 2, 229 f.). In De principiis finden sich daneben auch Stellen, an denen von der gleichen Ehre, Macht und Herrlichkeit der trinitarischen Personen die Rede ist. Es ist allerdings fraglich, ob diese Stellen auf Origenes oder erst auf die Übersetzung Rufins zurückgehen: princ. I praef. 4 (GCS Orig. 5, 11); I 2,10 (5, 43 f.). Vgl. aber z. B. auch orat. 33,1 (GCS Orig. 2, 401). 154 [Rust], Letter of Resolution 20, bezeichnet Sohn und Geist in dieser Passage als „wahrhaft und im eigentlichen Sinn Gott (truly and properly God)“. Damit stimmt er mit dem Nizänum überein, in dem der Sohn „wahrer Gott aus wahrem Gott“ genannt wird: symb. Nicaen. (COD 1, 5). Dies steht aber andererseits in einem gewissen Kontrast zur origeneischen Terminologie, nach der ja nur der Vater Gott im absoluten Sinne ist; vgl. in Ioh. comm II 3,19 f. (GCS Orig. 4, 55). 155 [Rust], ebd., stellt hier zweimal heraus, dass Sohn und Geist „Vollkommenheit“ und „Würde“ „unabhängig von jedem Willen“ bzw. „nicht nur kraft eines zeitweiligen Beschlusses des Vaters“ besitzen.

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zeitgenössischen Theologie durchzieht den Origenes-Brief ja fast leitmotivisch, könnte hier aber auch in einem antiarianischen Sinne verstanden werden.156 Nachdem Rust den Vorwürfen an der Trinitätstheologie des Alexandriners zunächst systematisch zu begegnen suchte, argumentiert er in einem zweiten Schritt in Rückgriff auf die Heilige Schrift: Er zitiert 1 Joh. 5,7, Joh. 10,30 und 14,10. Mithilfe dieser drei Stellen will er die origeneische Trinitätslehre mit ihrer Dialektik von Einheit und Verschiedenheit als biblisch fundiert erweisen.157 Am Ende des Abschnitts verweist der Autor des Letter of Resolution in einem dritten Schritt auf das Œuvre des Origenes selbst. Er rekurriert in diesem Zusammenhang auf zwei Schriften des Alexandriners, nämlich auf De principiis und auf Contra Celsum, jedoch ohne genauere Stellenangaben. Nach Rust belegt die Grundlagenschrift des Origenes – das Werk wird als das „anstößigste seiner Bücher“158 eingeführt – an mehreren Stellen die Gleichewigkeit und Einheit von Vater und Sohn159 sowie die Göttlichkeit des Heiligen Geistes.160 Die Apologie gegen Celsus161 zeige außerdem deutlich, dass Origenes den Logos tatsächlich für Gott hielt.162 156 Im Streit um die Theologie des Arius ging es u. a. um die Frage, ob der Logos „durch Ein-

setzung“ (θέσει) oder „von Natur aus“ (φύσει) Sohn Gottes und damit Gott sei. Vgl. z. B. Lorenz, Arius judaizans (wie Anm. 20) 77 f. Wenn Rust hier gegen jegliche Willensentscheidung des Vaters die substantielle Gottheit von Sohn und Geist betont, greift er damit zum einen tatsächlich Äußerungen des Origenes auf, weist zum anderen gleichzeitig aber auch den Arianismusvorwurf gegenüber diesem zurück. Vgl. Origenes, princ. I 2,4 (GCS Orig. 5, 31–33); I 8,3 (5, 100). 157 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 20. 158 Ebd. 21. 159 Vgl. ebd. Rust referiert hier einige Aussagen des Origenes, und zwar als direkte Zitate aus der Grundlagenschrift. Bei den angeführten Aussagen handelt es sich allerdings eher um die freie Wiedergabe origeneischer Gedanken. Zur Gleichewigkeit und Einheit des Sohnes mit dem Vater vgl. princ. I 2,2.6 (GCS Orig. 5, 29 f. 34–37). 160 Vgl. [Rust], ebd. Nach Rust wird in der Prinzipienschrift ausdrücklich gesagt, dass der Geist kein Geschöpf sei; vgl. princ. I 3,3 (GCS Orig. 5, 50–52). Ob die Aussage, auf die sich Rust hier beruft, auf Origenes selbst oder erst auf Rufinus zurückgeht, ist allerdings fraglich. Vgl. hierzu aber auch ebd. I praef. 4 (5, 11); I 8,3 (5, 100). 161 Der Letter bezeichnet Celsus als „gottlosen Epikureer“: [Rust], ebd. Damit übernimmt Rust eine polemische Identifizierung, die sich auch in Contra Celsum selbst findet. Vgl. hierzu z. B. Silke-Petra Bergjan, Celsus the Epicurean? The Interpretation of an Argument in Origen, Contra Celsum, in: HThR 94 (2001) 179–204. 162 Vgl. [Rust], ebd. Rust argumentiert hier, „dass er [sc. Origenes] in seiner glänzenden Abhandlung gegen Celsus zwanzigmal die Wörter θεός und λόγος verbindet und in einer Reihe von Fällen noch ὄντως oder ἀληθῶς θεός hinzufügt“. Zutreffend ist, dass Origenes den Logos an zahlreichen Stellen als Gott bezeichnet; vgl. Cels. I 66 (GCS Orig. 1, 120); II 9 (1, 135); II 31 (1, 158); III 62 (1, 256); IV 15 (1, 285); IV 99 (1, 373); VI 17 (2, 88); VI 61 (2, 131); VI 68 f. (2, 138 f.); VII 17 (2, 168); VII 42 (2, 193); VIII 15 (2, 233); VIII 39 (2, 254); VIII 75 (2, 292). Gott im Vollsinn ist für den Alexandriner allerdings der Vater, ὄντως bzw. ἀληθῶς θεός ist für den Sohn m. W. in Contra Celsum nicht belegt. Vom „wahren Gott“ spricht

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Der trinitätstheologische Traktat des vierten Kapitels stellt zum einen mit Nachdruck die Unterschiedenheit und Ungleichheit der drei göttlichen Hypostasen heraus, betont aber andererseits auch ihre Einheit und Zusammengehörigkeit. Güte, Weisheit und Macht bilden nach Rust zusammen die eine Gottheit. Sohn und Geist sind dem Vater klar subordiniert, gleichzeitig werden sie aber in gewisser Weise auch koordiniert. Der Autor des Letter of Resolution präsentiert hier eine Trinitätslehre, die zentrale Anliegen des Origenes aufnimmt und zu verteidigen sucht. Dabei verknüpft er neuplatonische und biblische Elemente zu einem kosmisch-heilsgeschichtlichen Monotheismus origeneischer Prägung. Diese Form der Trinitätstheologie ist für Rust gleichsam die einzige Möglichkeit, sowohl den Konsequenzen häretischer Trinitätsdeutungen der Antike zu entgehen als auch die Gefahren einer egalitaristisch-tritheistischen Interpretation des Gottesbildes, wie er sie der Schultheologie seiner Zeit unterstellt, zu vermeiden.

c) Origenes, Arius und Nizäa George Rust war bereits am Ende des vierten Kapitels auf Einwände gegen die origeneische Trinitätslehre eingegangen, ausführlicher widmet er sich diesem Themenbereich dann aber im fünften und letzten Teil des Origenes-Briefes.163 Bezüglich der Gotteslehre nennt der Autor des Letter of Resolution zunächst, jedoch ohne näheren Rekurs auf Quellen, nur den ganz allgemeinen Vorwurf, die Trinitätstheologie des Origenes sei „bloßer Arianismus“.164 En passant wird in diesem Zusammenhang auch seine grundsätzliche Wertschätzung des antiken Christentums deutlich. Rust spricht von der „Frühzeit der Kirche“ nämlich als einer Periode, „als die Wahrheit, wie man annehmen darf, noch frei von Verfälschungen und Vernebelungen war, durch die sie nachher infolge der langen Zeit und der immer spitzfindigeren Wortklauberei eigennütziger Leute entstellt und unkenntlich wurde“.165 Origenes in dieser Schrift v. a. mit Blick auf den christlichen Gott in Abhebung von den heidnischen Dämonen; vgl. z. B. ebd. IV 92 (1, 365). 163 Siehe oben Anm. 146. Rust übernimmt hier die Verteidigung des Origenes; er sagt von sich selbst, dass er „den Part eines Origenisten mime“: Letter of Resolution 66. Der Autor des Letter schlüpft also in die Rolle eines Origenes-Anhängers, zum Teil sogar in die des Alexandriners selbst; vgl. ebd. 95 f. 100. 164 Ebd. 96. Vgl. auch ebd. 6. Rust setzt sich im ersten Abschnitt von Kapitel 5 v. a. mit Epiphanius auseinander. Zum Arianismusvorwurf gegen Origenes vgl. Epiphanius, pan. 64,4,2 (GCS Epiph. 2, 410); Hieronymus, epist. 51,3 (CSEL 54, 400). 165 [Rust], ebd. 96. Zum Hintergrund vgl. z. B. Jean-Louis Quantin, The Fathers in Seventeenth Century Anglican Theology, in: Irena Backus (Hg.), The Reception of the ­Church Fathers in the West. From the Carolingians to the Maurists, Bd. 2, Leiden u. a. 1997, 987–

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Im Folgenden setzt er sich dann mit dem Häresievorwurf auseinander, und zwar in zwei Anläufen, zunächst eher formal, dann inhaltlich. Rust verweist im ersten Schritt darauf, wie häufig und schnell bei theologischen Diskussionen Gegner verketzert würden. Dies ist für ihn zum einen Ausdruck der Unfähigkeit zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung, zum anderen einfach mit Missgunst zu erklären.166 Als Beispiel hierfür führt er Debatten seiner eigenen Zeit an, bei der sich die Kontrahenten gegenseitig mit Ketzerbezeichnungen aus der Spätantike verunglimpfen.167 Der Autor des Letter of Resolution weist den Häresieverdacht gegenüber Origenes zunächst also auf diese Weise zurück, gleichzeitig zeigt sich hier aber auch eine grundsätzliche Skepsis gegen Verketzerungen jedweder Art.168 Hierauf begegnet Rust dem Arianismusvorwurf auf inhaltlicher Ebene. Zu diesem Zweck zitiert er einige zentrale antiarianische Aussagen des Bekenntnisses von Nizäa, vor allem aus den Anathematismen.169 Der Letter of Resolution möchte auf diese Weise die fundamentalen Differenzen zwischen der Theologie des Origenes und der des Arius herausstellen. Origenes wird dadurch geradezu zum Nizäner vor Nizäa stilisiert. Vor diesem Hintergrund ist der Alexandriner für Rust „im Sinne dieser Anklage so fleckenlos wie die Wahrheit und Unschuld selbst“.170 1008; ders., The Church of England and Christian Antiquity. The Construction of a Confessional Identity in the 17th Century, Oxford 2009. Siehe auch oben Anm. 5. 166 Vgl. [Rust], ebd. 96 f. 167 Vgl. ebd. Der Origenes-Brief erwähnt in diesem Kontext, dass sich zeitgenössische Gruppierungen gegenseitig als „Manichäer“ und „Pelagianer“ diskreditieren. Damit sind sicherlich Diskussionen innerhalb der englischen Theologie in den Blick genommen, in denen es ebenfalls um die Gnaden- und Prädestinationslehre ging. Vgl. hierzu u. a. Gerrit Jan Hoenderdaal, Art. Arminius/Arminianismus, in: TRE 4 (1979) 63–69; Peter O. White, Predestination, Policy and Polemic. Conflict and Consensus in the English Church from Reformation to Civil War, Cambridge 1992. Zum Hintergrund vgl. auch Rosalie L. Colie, Light and Enlightenment. A Study of the Cambridge Platonists and the Dutch Arminians, Cambridge 1957. Bei diesen Streitigkeiten verketzerten sich die Kontrahenten gegenseitig mit Bezeichnungen aus der Zeit Augustins und übertrugen so in gewisser Weise die Konfliktlinien der Spätantike auf ihre eigene Zeit. 168 Dies korrespondiert mit Rusts distanzierter Haltung gegenüber einer allzu starren dogmatischen Orthodoxie; vgl. [Rust], ebd. To the Reader (o. S.) und 94 f. 169 Vgl. ebd. 97: „Aus dem, was ich oben im Zusammenhang dieser Lehrmeinung [sc. der Trinität] gesagt habe, geht nämlich klar hervor, dass er nach seiner Theorie weder sagen könnte noch wollte: ‚Es hat eine Zeit gegeben, da der Sohn nicht war; er war nicht, ehe er geboren wurde; er wurde ἐξ οὐκ ὄντων [aus Nichtseiendem] gemacht; er ist nicht von derselben Substanz oder Wesenheit wie der Vater; er ist geschaffen; er ist wandel- oder veränderbar; er ist nicht Gott von Gott, Licht von Licht, wahrer Gott von wahrem Gott‘.“ Vgl. symb. Nicaen. (COD 1, 5). Der Origenes-Brief verweist hier auch auf die Ausführungen am Ende von Kapitel 4; vgl. [Rust], ebd. 19–21. 170 Ebd. 97. Die Gegner des Origenes werden in diesem Zusammenhang als „geistlos rasende Radaubrüder“ bezeichnet.

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Die Argumentation des Origenes-Briefes ist hier in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert: Die von Rust angeführten Aussagen des Nizänums berühren sich teilweise tatsächlich direkt mit origeneischen Gedanken. Als Beispiel sei vor allem auf den Umstand verwiesen, dass sich im Werk des Origenes mehrfach Formulierungen finden, die, ähnlich wie das Symbol von 325 gegen Arius, herausstellen, dass der Sohn keinen zeitlichen Anfang hat.171 Auf der anderen Seite ist aber auch zu betonen, dass entgegen der Darstellung Rusts natürlich auch klare Unterschiede zwischen der origeneischen Trinitätstheologie und dem Nizänum feststellbar sind. Der Sohn ist für Origenes eindeutig Gott, anders als das Credo von Nizäa bezeichnet er aber nur den Vater als „wahren Gott“.172 Dass der Letter of Resolution eine völlige Übereinstimmung zwischen dem ersten Ökumenischen Konzil und Origenes konstatiert, ist aufgrund der apologetischen Zielsetzung der Schrift durchaus verständlich. Letztlich geht Rust damit argumentativ aber einen ganz ähnlichen Weg wie die von ihm bekämpfte Position. Für beide Seiten ist Nizäa der Maßstab der Rechtgläubigkeit. Inhaltlich führte dies freilich zu völlig entgegengesetzten Bewertungen der Trinitätslehre des Alexandriners. Aus heutiger dogmengeschichtlicher Perspektive ist jedoch beides problematisch: Origenes kann weder exklusiv als theologischer Ahnherr des Arius noch direkt als Vater des Nizänum bezeichnet werden, beide Richtungen können sich aber in gewisser Weise auf das Denken des Alexandriners berufen.173 In diesem Zusammenhang ist auch auf die hohe Wertschätzung Nizäas im Letter of Resolution hinzuweisen. Rust nennt die Synode hier nicht namentlich, sondern spricht einfach von dem Konzil. Die Synode von 325 ist für ihn also das Konzil schlechthin.174 Auffällig ist, dass das Konzil von Konstantinopel vom Jahre 381 im Origenes-Brief nur ganz 171 Vgl. Origenes, princ. I 2,9 (GCS Orig. 5, 40); IV 4,1 (5, 349); in Rom. comm. I 5 (FC 2/1,

94). Origenes lehnt wie das Nizänum überdies auch die Meinung ab, der Sohn sei aus dem Nichtseienden entstanden: vgl. princ. IV 4,1 (GCS Orig. 5, 349). Daneben stimmt das Bekenntnis von 325 mit dem Alexandriner auch dahingehend überein, dass der Sohn unveränderlich ist: vgl. ebd. I 2,10 (5, 44). 172 Vgl. in Ioh. comm. II 3,19 f. (GCS Orig. 4, 55). Es ist hier noch auf einen weiteren wichtigen Unterschied zwischen dem Credo von Nizäa und Origenes hinzuweisen, der im Letter of Resolution jedoch nicht thematisiert wird. Wie bei Origenes scheinen auch im Nizänum die Begriffe ὑπόστασις und οὐσία weitgehend synonym verstanden worden zu sein. Im Unterschied zur origeneischen Drei-Hypostasen-Lehre betonte das Symbol von Nizäa aber die Einheit des göttlichen Wesens und ging somit von einer einzigen göttlichen Hypostase aus. Dies erschwerte die Akzeptanz des Nizänums im Osten, der stark von der Theologie des Origenes geprägt war, erheblich. 173 Letztlich ist aufgrund eines modernen historischen Verständnisses natürlich sowohl das Vorgehen Rusts wie auch das der von ihm bekämpften Origenes-Kritiker äußerst heikel. Die Trinitätstheologie des Origenes kann nicht an den Aussagen des Konzils von Nizäa, das erst etwa 70 Jahre nach seinem Tode stattfand, gemessen werden. Vgl. u. a. Brox, Spiritualität und Orthodoxie (wie Anm. 20) 405–422. 174 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 96 f.

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nebenbei und das mit dieser Synode verbundene Glaubensbekenntnis überhaupt keine Erwähnung finden.175 Nachdem der Letter of Resolution zunächst ganz allgemein auf den Arianismus-Vorwurf eingegangen war, wird hierauf ein damit zusammenhängender Kritikpunkt genauer unter die Lupe genommen.176 Rust setzt sich mit der origeneischen Bezeichnung des Sohnes als γενητὸς θεός auseinander. Das Verbaladjektiv γενητός leitet sich vom Verbum γίγνομαι bzw. γίνομαι her und bedeutet zunächst einmal nur „entstanden, geworden“. Dies konnte im Sinne von „geschaffen, gemacht“, also als Äquivalent zu κτιστός oder ποιητός verstanden werden. Andererseits wurde γενητός aber auch als Synonym zu dem ganz ähnlich klingenden, sich nur durch einen Buchstaben unterscheidenden Wort γεννητός angesehen. Dieses Lexem leitet sich jedoch vom Verbum γεννάω her und bedeutet „gezeugt, geboren“. Die genannten Termini wurden im 4. Jahrhundert äußerst kontrovers diskutiert. Ihre Verwendung machte deutlich, wie man das Verhältnis des Sohnes zu Gott-Vater jeweils beschreiben wollte.177 Der Gebrauch von Formen des Wortes γίγνομαι für die Entstehung des Logos zog die Kritik der spätantiken Gegner des Origenes auf sich. Epiphanius von Salamis widmet der Formulierung γενητὸς θεός einen relativ umfangreichen Abschnitt seines Origenes-Kapitels im Panarion.178 Daneben war die Wiedergabe von γενητός bzw. ἐγενήθη im Lateinischen aber auch einer der Punkte in den Streitigkeiten zwischen Hieronymus und Rufinus über die richtige Übersetzung von De principiis.179 Auf die beiden gerade angeführten Origenes-Kritiker geht George Rust im Folgenden dann auch näher ein, allerdings zunächst ohne sie namentlich zu nennen. Nach Rust schloss einer der Gegner des Alexandriners aus dem Verbaladjektiv γενητός, dass Origenes die Zeugung des Sohnes bestritten habe.180 Der Letter of Resolution hat hier wohl Hieronymus im Blick. Dieser warf Origenes nämlich vor, dass er den Sohn als „nicht geboren, sondern als geschaffen“181 betrachte. 175 Vgl. ebd. 19. 176 Vgl. ebd. 97: „Dies [sc. die Rechtgläubigkeit des Origenes] könnte ich auch en détail nach-

weisen, wenn sich auch seine [sc. des Origenes] Ankläger die Mühe gemacht hätten, ihre Anklage ebenso detailliert zu formulieren. Tatsächlich haben sie sich aber in ihrem Eifer lediglich auf eine einzige Formulierung von ihm [sc. Origenes] gestürzt, namentlich γενητὸς θεός, und daraus wahllos geschlossen, was sie wollten.“ 177 Vgl. hierzu allgemein u. a. George L. Prestige, God in Patristic Thought, London 1959, 37–54; Dechow, Dogma and Mysticism (wie Anm. 87) 280–295. 178 Vgl. Epiphanius, pan. 64,5,11–9,4 (GCS Epiph. 2, 415–418). 179 Vgl. Hieronymus, epist. 124,2 (CSEL 56/1, 97). 180 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 97. 181 Hieronymus, epist. 124,2 (CSEL 56/1, 97): Christum, filium dei, non natum, sed factum. Rufins Übersetzung der origeneischen Grundlagenschrift hatte an der umstrittenen Stelle stattdessen: Christus Iesus … natus ex patre est: Origenes, princ. I praef. 4 (GCS Orig. 5, 10). Ob im griechischen Original an dieser Stelle ἐγενήθη oder ἐγεννήθη stand, ist letztlich

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Der Presbyter aus Stridon beschuldigte damit gleichzeitig Rufinus, dies in seiner Übersetzung der origeneischen Grundlagenschrift mit Absicht verschleiert zu haben.182 Den Vorwurf des Hieronymus gegen Origenes sucht Rust mit dem Hinweis zu entkräften, dass der Alexandriner den Logos an mehreren Stellen als „eingeborenen Sohn Gottes“ bezeichne, also ganz deutlich dessen Zeugung zum Ausdruck bringe.183 Im Anschluss daran verweist der Letter of Resolution darauf, dass ein anderer Kritiker des Origenes aus dem Wort γενητός folgerte, dass der Alexandriner von der Kreatürlichkeit des Sohnes ausgegangen sei.184 Bei dem hier angesprochenen Origenes-Gegner handelt es sich höchstwahrscheinlich um Epiphanius.185 Im Folgenden führt Rust nämlich einige Zitate aus dem Panarion an, um den Bischof von Salamis gleichsam mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Als erstes Gegenargument gegen die Schlussfolgerung des Epiphanius verweist der Autor des Letter darauf, dass dieser ja selbst einräume, dass das Lexem γενητός durchaus als Synonym für andere Begriffe gebraucht und deshalb auch ganz im orthodoxen Sinne verstanden werden könne.186 In einem zweiten Schritt argumentiert er dann gegen die Behauptung des Epiphanius, dass die Formulierung γενητὸς θεός bei Origenes hingegen die Abtrennung des Sohnes von der Gottheit und dem Wesen nicht zu entscheiden. Zur Zeit des Origenes stellte dies theologisch aber auch noch kaum eine Differenz dar. Vgl. hierzu auch Görgemanns/Karpp, Prinzipien (wie Anm. 11) 89 Anm. 9. 182 Zum Hintergrund vgl. u. a. Giulia Sfameni Gasparro, Aspetti della controversia origeniana. Le traduzioni latini del Peri Archon, in: Aug. 26 (1986) 191–205; Henri Crouzel, Jérôme traducteur du Peri Archôn d’Origène, in: Yves-Marie Duval (Hg.), Jérôme entre l’Occident et l’Orient, Paris 1988, 153–161. 183 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 97. Die Benennung μονογενής bzw. unigenitus besagt nach Rust die Einzigartigkeit des Sohnes in Relation zu Gott-Vater. Der Letter verweist hier nur summarisch auf das Œuvre des Origenes, welche Stellen er dabei genau im Blick hat, ist schwer zu sagen. Vorstellbar wäre z. B. princ. I 2,5 (GCS Orig. 5, 34). Vgl. daneben ebd. I 2,1 (5, 27); I 4,4 (5, 67); II 8,5 (5, 163); III 5,8 (5, 279). Es wäre denkbar, dass Rust hier auf die lateinische Überlieferung der Schriften des Origenes abhebt. Bei dem Wort uni­ genitus kommt der Aspekt der Zeugung ja viel deutlicher zum Ausdruck als in μονογενής. Andererseits zeigt das griechische Äquivalent, dass Begriffe, die sich von γίγνομαι herleiten, ebenfalls die Bedeutung Zeugung bzw. Geburt haben können und nicht notwendigerweise mit Schöpfung in Verbindung gebracht werden müssen. 184 Vgl. [Rust], ebd. 185 Vgl. Epiphanius, pan. 64,8,3 (GCS Epiph. 2, 417). Nach Ansicht des Bischofs von Salamis bezeichnet Origenes den Sohn mit der Wendung γενητὸς θεός als „geschaffen“ (κτιστός). Als Beleg für die Verwendung von γενητὸς θεός durch Origenes zitiert Epiphanius die Anfangspassage von dessen Kommentar zu Psalm 1; vgl. ebd. 64,6,1–7,4, v. a. 7,4 (2, 415– 417). An anderer Stelle bezeichnet Origenes den Logos sowohl als ἀγένητος als auch als γενητός; vgl. Cels. VI 17 (GCS Orig. 2, 88). 186 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 97. Der Origenes-Brief zitiert hier z. T. wörtlich aus dem Panarion; vgl. Epiphanius, ebd. 64,8,2 f. (2, 417).

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des Vaters bedeuten müsse.187 Zur Widerlegung des zypriotischen Ketzerjägers verweist Rust darauf, dass der Logos nach Origenes Gott und Schöpfer ist und dass ihm diese Qualitäten substantiell zukommen. Der Sohn besitzt deshalb das gleiche Wesen wie Gott-Vater und kann somit, wie dies Epiphanius dem Alexandriner unterstellt, gar nicht Teil der Schöpfung sein.188 Interessant ist, dass George Rust dem Bischof von Salamis in diesem Zusammenhang vorwirft, für seine Origenes-Deutung keine Belegstellen anzuführen, dass er selbst aber auch nicht anders verfährt.189 Der Letter of Resolution interpretiert die origeneische Beschreibung des Verhältnisses zwischen Gott und Logos auch hier wieder ganz im Sinne des Konzils von Nizäa.190 Im Anschluss setzt sich Rust dann mit der Frage auseinander, ob Origenes für die Relation von Vater und Sohn den Begriff ὁμοούσιος verwendet hat; dabei geht er auch auf die Zuverlässigkeit der Übersetzungen Rufins von Aquileja ein. Der Verfasser des Letter of Resolution räumt zwar ein, dass die Übertragungen der Werke des Origenes durch Rufinus ins Lateinische teilweise vielleicht „nicht ganz zuverlässig“191 seien, hält aber andererseits daran fest, dass der Alexandriner von der Wesensgleichheit bzw. -einheit zwischen Vater und Sohn gesprochen habe. Rust begründet seine Ansicht auf eine, methodisch betrachtet, durchaus bemerkenswerte Weise: Er verweist nämlich darauf, dass zur Zeit Rufins die griechischen Originale der origeneischen Schriften noch erhalten und natürlich auch für dessen Gegner jederzeit einsehbar waren. Vor diesem Hintergrund ist für Rust 187 Vgl. [Rust], ebd. 97 f. Auch hier greift der Letter z. T. wieder direkt Epiphanius, ebd. 64,8,3

(2, 417), auf.

188 Vgl. [Rust], ebd. 98: „Dies [sc. die Interpretation des Epiphanius] ist offensichtlich falsch,

denn überall nennt er [sc. Origenes] den λόγος Gott und Schöpfer aller Dinge. Gemäß seiner Lehre von der Heiligen Trinität kommt ihm dies seiner Substanz und Wesenheit nach und auf unverlierbare Weise zu und verfügt er über dasselbe göttliche Wesen wie der Vater. Er ist also bestimmt kein Geschöpf.“ Die Verteidigung Rusts nimmt hier durchaus origeneische Gedanken auf, spitzt diese aber wie auch Rufinus in nizänischer Begrifflichkeit zu. Welche Stellen aus den Schriften des Origenes Rust hier genau im Blick hat, ist schwer zu sagen, denkbar wäre z. B. Origenes, princ. I 2,6.10 (GCS Orig. 5, 34 f. 43 f.). 189 Vgl. [Rust], ebd. 190 Die Formulierung „the same Divinity and Essence with the Father“ (ebd.) gibt letztlich das nizänische Schlagwort ὁμοούσιος wieder; vgl. symb. Nicaen. (COD 1, 5). 191 [Rust], ebd. Der Autor des Letter äußert sich auch an anderer Stelle zu den Übersetzungen der Werke des Origenes, dort jedoch äußerst skeptisch, ebd. 95: „Nach allgemeiner Ansicht der Gelehrten sind deren Übersetzungen nämlich so heillos entstellt und ungenau und mit solch geringem Sachverstand angefertigt, dass ich mich nie dazu durchringen konnte, mir diese genauer anzuschauen, denn ich konnte mir ja nicht sicher sein, ob ich gerade lese, was Origenes oder was irgendein sehr mäßiger Autor gedacht hat.“ Diese Aussagen stehen in einem gewissen Kontrast zur hier zu verhandelnden Stelle. Vielleicht möchte Rust damit begründen, warum er nur in den seltensten Fällen direkt aus den Schriften des Alexandriners zitiert. Darüber hinaus wäre es auch denkbar, dass er damit gar nicht Rufinus im Blick hat, sondern stattdessen gegen Hieronymus polemisiert.

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eine Verfälschung der Schriften des Origenes durch den Presbyter aus Aquileja nicht vorstellbar.192 Zu Rusts Argumentation ist zweierlei anzumerken: Zum einen geht die heutige Forschung mehrheitlich davon aus, dass Origenes den Terminus ὁμοούσιος selbst nicht verwendete, ja sogar ablehnte.193 In Abwehr gnostischer Vorstellungen bestritt Origenes nämlich die Zeugung des Sohnes „aus dem Wesen des Vaters“. Diese Formulierung impliziert nach Auffassung des Alexandriners ein stoffliches Verständnis des Begriffs οὐσία und somit die Teilung des göttlichen Wesens.194 Dies war wohl auch der Grund, warum Origenes das Lexem ὁμοούσιος nicht benutzte. Der Sache nach wird die substantielle Einheit und Gleichheit von Vater und Sohn in seinen Schriften aber wohl betont.195 Zum zweiten ist darauf hinzuweisen, dass man in der modernen Forschung gerade in Hinblick auf die trinitätstheologische Terminologie doch skeptischer bezüglich der Zuverlässigkeit der rufinianischen Übersetzungen ist.196 Rufinus wurde bereits von Hieronymus vorgeworfen, dass er vor allem im Blick auf die Trinitätstheologie die Aussagen des Origenes in einem nach den Maßstäben des späten 4. Jahrhunderts 192 Vgl. ebd. 98: „Und mögen auch die Übersetzungen Rufins nicht ganz zuverlässig sein, so

ist doch die bloße Tatsache, dass er sich, wenn er in aller Klarheit sagt, Vater und Sohn seien von derselben Substanz oder Wesenheit (of the same Substance or Essence), auf die damals noch im Original erhaltenen und auch für seine Gegner greifbaren Schriften des Origenes beruft, Beweis genug, dass Origenes diese Ansicht tatsächlich vertreten hat. Man müsste sonst annehmen, Rufinus sei ein solcher Narr gewesen, dass er sich auf Stellen aus dem Werk seines Schützlings berufen hätte, die jedermann als falsch hätte entlarven können.“ 193 Die einzige Stelle, an der Origenes den Terminus angeblich für die Beschreibung der Relation von Vater und Sohn heranzog, entstammt der Apologie des Pamphilus und geht höchstwahrscheinlich auf die Übersetzung Rufins zurück; vgl. Pamphilus, apol. Orig. 99 f. (FC 80, 320). Siehe hierzu oben Anm. 54. Es ist in diesem Kontext allerdings auch darauf hinzuweisen, dass Rust nirgends behauptet, Origenes habe direkt das Lexem ὁμοούσιος benutzt. 194 Vgl. Origenes, in Ioh. comm. XX 18,157 f. (GCS Orig. 4, 351); princ. I 2,6 (GCS Orig. 5, 35 f.); IV 4,1 (5, 348 f.). Siehe auch oben Anm. 48. Die Wendung ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός ist für die antiarianische Stoßrichtung des Nizänums von zentraler Bedeutung, sie korreliert eng mit dem Begriff ὁμοούσιος; vgl. symb. Nicaen. (COD 1, 5). 195 Vgl. hierzu auch Lothar Lies, Origenes’ „Peri Archon“. Eine undogmatische Dogmatik. Einführung und Erläuterung, Darmstadt 1992, 51–61. 99. Siehe oben Anm. 55–57. Ob Origenes selbst direkt von einer Wesenseinheit zwischen Vater und Sohn sprach, ist fraglich. Wahrscheinlich gehen die entsprechenden Aussagen auf Rufinus zurück; vgl. princ. I 2,6 (GCS Orig. 5, 34 f.); I 3,7 (5, 60); in Num. hom. 12,1 (GCS Orig. 7, 95. 97). 196 Vgl. Studer, Die Frage der dogmatischen Terminologie (wie Anm. 17) 403–414. Zum Hintergrund vgl. allgemein u. a. auch Nicola Pace, Ricerche sulla traduzione di Rufino del „De Principiis“ di Origene, Florenz 1990; Antonio Grappone, Omelie origeniane nella traduzione di Rufino. Un confronto con i testi greci (SEAug 103), Rom 2007. Auch Rust ist sich des mit dem Erhaltungszustand der origeneischen Werke verbundenen methodischen Problems durchaus bewusst; vgl. Letter of Resolution 95.

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rechtgläubigen Sinne schöne.197 In gewisser Weise gestand dies aber auch Rufinus selbst zu.198 George Rust sucht Origenes hier gegen die spätantike Kritik in Schutz zu nehmen und stellt ihn als Verfechter der nizänischen Orthodoxie dar. Damit geht er letztlich ganz ähnlich wie Rufinus vor. Im Folgenden setzt der Autor des Letter of Resolution seine Auseinandersetzung mit dem Begriff γενητὸς θεός fort, dabei hat er als Gegenpart weiterhin Epiphanius von Salamis im Blick. Nach Rust kann das Wort γενητός bei Origenes nicht „geschaffen“ bedeuten, denn dies würde in Kontrast zu dessen Lehre von der Wesensgleichheit des Logos mit Gott stehen.199 Der Origenes-Brief schöpft hier wohl, wie auch später noch einmal, aus der kleinen Schrift Rufins De adulteratione librorum Origenis. Dieser Text lehnt die Möglichkeit von Widersprüchen im Œuvre des Alexandriners grundsätzlich, also auch im Blick auf die Trinitätstheologie ab. Diese Quelle wird im Letter aber nicht genannt.200 Nach Rust ist die Kreatürlichkeit des Sohnes eine Schlussfolgerung der verfehlten Origenes-Interpretation des Epiphanius, kann dem Alexandriner selbst aber nicht angelastet werden.201 Der spätere Bischof von Dromore zeigt in diesem Zusammenhang eine genaue Kenntnis der terminologischen Entwicklungen innerhalb der altkirchlichen Trinitätstheologie, vor allem aber eine erstaunliche dogmengeschichtliche Sensibilität: „Im Blick auf den Gebrauch dieses Wortes [sc. γενητός] lässt sich zu seiner [sc. des Origenes] Verteidigung weiter sagen, was für alle Väter vor dem Konzil von Nizäa gilt, näm197 Vgl. Hieronymus, epist. 124,2 (CSEL 56/1, 97 f.). 198 Vgl. Rufinus, princ. Orig. I praef. 2 f. (GCS Orig. 5, 4 f.). 199 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 98: „Ja, Epiphanius selbst streitet sich einmal mit ihm [sc.

Rufinus] über die Widersprüchlichkeit seiner [sc. des Origenes] Lehre, weil er einerseits behaupte, dass der Sohn von derselben Wesenheit wie der Vater sei, und ihn andererseits geschaffen sein lasse.“ Epiphanius wird in diesem Abschnitt erstmals namentlich erwähnt. Zu Widersprüchen bei Origenes vgl. allgemein u. a. auch Padraig O’Cleirigh, Origen’s Consistency. An Issue in the Quarrel between Rufinus and Jerome, in: Bienert/Kühneweg, Origeniana Septima (wie Anm. 20) 225–231. 200 Welchen Text der Origenes-Brief hier genau im Blick hat, ist schwer zu sagen. Denkbar wäre, dass im Hintergrund eine Passage aus dem kleinen Traktat über die Verfälschung der origeneischen Werke steht. Rufinus behauptet dort nämlich, dass Origenes unmöglich einerseits die Konsubstantialität von Vater und Sohn annehmen und den Logos nur wenig später andererseits als Geschöpf bezeichnen könne; vgl. adult. libr. Orig. 1 (FC 80, 398). Allerdings ist in diesem Kontext nicht direkt von Epiphanius die Rede; vgl. aber ebd. 15 (80, 422). Es wäre jedoch vorstellbar, dass Rust diesen Zusammenhang herstellt. Epiphanius und Rufinus standen sich ja in den origenistischen Streitigkeiten feindlich gegenüber; vgl. Epiphanius bei Hieronymus, epist. 51,2 (CSEL 54, 400). 201 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 98: „Allerdings ist dieses ‚geschaffen‘, wie bereits gesagt, sein [sc. des Epiphanius] eigener Schluss aus dem Wort γενητός, nicht das, was Origenes selbst sagt.“

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lich dass sie sich in der Trinitätstheologie weniger vorsichtig ausgedrückt haben. Ehe die Kirche nämlich zum Schutze dieses Glaubensartikels verfügt hatte, dass dieser im Credo und Bekenntnis in genau festgesetzten Formulierungen ausgedrückt werden soll und dass wegen ihrer Anfälligkeit für Deutungen, die der Würde einer darin bekannten Hypostase Gewalt antäten, keine anderen verwendet werden dürfen, war es ohne Schaden möglich, solche verbotenen Wörter zu benutzen, was nachher nur noch infolge einer grob nachlässigen Denkweise, der Missachtung der Kirchenleitung oder einer häretischen Überzeugung geschehen konnte.“202

Die Argumentation Rusts ist hier in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Er stellt völlig zu Recht heraus, dass die Schriften des Origenes nicht an der trinitätstheologischen Terminologie des 4. Jahrhunderts gemessen werden dürfen.203 Auf der anderen Seite ist es ihm aber ein großes Anliegen, die Übereinstimmung zwischen Origenes und Nizäa, ja sogar mit dem zentralen Schlagwort dieses Konzils aufzuzeigen. George Rust hebt außerdem hervor, dass konziliare Festlegungen für die Zukunft bindend sind und dass man hinter diese nicht mehr zurück kann, ohne Gefahr zu laufen, häretisch zu werden. Vor diesem Hintergrund ist es jedoch auffällig, dass er selbst im Letter of Resolution an einigen Stellen gegen die im trinitätstheologischen Streit der Spätantike erzielten Sprachregelungen verstößt.204 Die Verwendung des Begriffs γενητός durch Origenes sucht Rust also einerseits mit dem Verweis auf die historische Bedingtheit theologischer Sprache zu verteidigen. Zum anderen nimmt er im Folgenden den Terminus selbst genauer unter die Lupe. Der Verfasser des Origenes-Briefes argumentiert dabei zunächst auf philologischer Ebene: Das Lexem γενητός bedeute ursprünglich nur, dass etwas nicht selbstursächlich sei. „Und deshalb war sein Gebrauch in den frühen Epochen der Kirche, die sich einfacher und verständlicher auszudrücken pflegten, vielleicht auch gar nicht anstößig.“205 Rust greift hier einen für die origeneische Gotteslehre zentralen Gedanken auf, nämlich dass nur der Vater „ungeworden“ ist, während alles andere, auch der Sohn, seinen Ursprung in Gott-Vater 202 Ebd.  98 f. 203 Eventuell greift Rust hier einen Gedanken des Hieronymus auf, der an einer Stelle darauf

hinweist, dass man sich vor Ausbruch des arianischen Streits in der Trinitätstheologie terminologisch unbefangener ausdrücken konnte; vgl. c. Rufin. II 17 (SC 303, 146 f.). Diese Einsicht hinderte Hieronymus allerdings nicht daran, Origenes letztlich auch an den Aussagen des Nizänums zu messen. 204 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 16–18. Die Aussagen Rusts zur Trinitätslehre des Origenes in Kapitel 4 stehen z. T. nicht nur in einem gewissen Gegensatz zur Theologie des Nizänums, sondern auch zu den Ausführungen in Kapitel 5. 205 Ebd. 99. Der Origenes-Brief zeigt hier in gewisser Weise ein kirchengeschichtliches Dekadenzmodell: „Gewiss aber hat dergleichen in jenen Tagen nicht zu solchen Tragödien geführt wie später, da subtile Begriffsspitzfindigkeiten die Menschen hatten verdrossen werden lassen.“

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hat.206 Damit möchte er belegen, dass das Wort γενητός nicht, wie von Epiphanius behauptet, im Sinne von „geschaffen“ (κτιστός) oder „gemacht“ (ποιητός) verstanden werden muss.207 Im Anschluss geht Rust, wenn auch recht knapp, auf die beiden gerade erwähnten Begriffe ein. Einer der beiden Termini ist seiner Ansicht nach „im Blick auf Gottes ewigen Sohn unangemessen, der andere muss es nicht sein“.208 Nach Rust wurde das zweite Lexem von Origenes vielleicht auch in Bezug auf den Logos gebraucht.209 Der Letter of Resolution ist an dieser Stelle unklar, denn es geht aus dem Text selbst nicht hervor, welchen Terminus er jeweils im Blick hat. Es ist aber wohl anzunehmen, dass der Autor des Origenes-Briefes das Wort ποιητός für den Hervorgang des Sohnes grundsätzlich ablehnt, während der Begriff κτιστός aufgrund von Spr. 8,22 und Kol. 1,15 unter Umständen eine gewisse Berechtigung haben kann.210 Bei Origenes finden sich einige Stellen, die für den Logos tatsächlich Termini aus dem Wortfeld Schöpfung verwenden,211 allerdings ist ein fundamentaler Unterschied zu späteren arianischen Konzepten zu betonen, der Sohn ist für Origenes nämlich ewig.212 Hierauf setzt George Rust seine Überlegungen zum Lexem γενητός fort. Er sucht das Vorkommen der Wendung „gewordener Gott“ bei Origenes nun dadurch zu erklären, dass er auf die Möglichkeit von Verfälschungen origeneischer Texte verweist.213 Der Letter of Resolution greift hierfür zunächst wieder auf die 206 Vgl. Origenes, in Ioh. comm. II 10,75 (GCS Orig. 2, 65); Cels. II 51 (GCS Orig. 1, 175); VIII

14 (2, 231).

207 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 99: „Insbesondere besagt dieses Wort γενητός im weites-

ten Sinne nicht mehr, als was auch bei jeder anderen Sache gilt, deren Existenz und Dasein auf eine Ursache zurückgeht … Denn dass κτιστός und ποιητός, wie Epiphanius es gerne hätte, stets dieselbe Bedeutung [sc. wie γενητός] haben, das wird ihm kein kritischer Leser zugestehen.“ 208 Ebd. 209 Vgl. ebd.: „Diese Begriffe [sc. κτιστός und ποιητός] präzisieren nämlich die Natur des Hervorgangs … Allem Anschein nach hat Origenes ihn [sc. den Begriff γενητός] zudem nur selten verwendet. Ich weiß sicher, dass Epiphanius lediglich eine einzige Verwendung anführt, und zwar aus seiner Vorrede zu seiner Psalmenauslegung.“ Der Letter ist hier etwas ungenau. In dem bei Epiphanius überlieferten Fragment aus dem origeneischen Kommentar zu Ps. 1 ist zwar von γενητὸς θεός, jedoch nicht von κτιστός oder ποιητός die Rede. Es handelt sich hierbei um die Interpretation des Origenes-Textes durch Epiphanius, pan. 64,7,4; 8,3 (GCS Epiph. 2, 416 f.). 210 Vgl. Origenes, princ. I 2,2 (GCS Orig. 5, 30); IV 4,1 (5, 349 f.); in Ioh. frg. 1 (GCS Orig. 4, 484 f.). Siehe hierzu auch oben Anm. 50. 211 Vgl. Cels. V 37 (GCS Orig. 2, 41). Der Logos wird hier als δημιούργημα bezeichnet. 212 Vgl. princ. I 2,2 (GCS Orig. 5, 29 f.); in Ioh. comm. I 29,204 (GCS Orig. 4, 37); II 1,8 f. (4, 53); in Hier. hom. 9,4 (GCS Orig. 3, 70). 213 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 99: „Und vielleicht hat er [sc. Origenes] ihn [sc. den Begriff γενητός] auch überhaupt nicht verwendet, klagt er doch selbst, dass einige Häretiker seine Schriften verfälscht hätten, während er noch am Leben war.“

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Schrift De adulteratione librorum Origenis zurück. In diesem Werk Rufins wird nämlich ein Brief des Origenes zitiert, in dem dieser selbst über Manipulationen an seinen Schriften berichtet.214 Daneben weist Rust aber auch darauf hin, dass es nach dem Tod des Alexandriners erst recht zu Veränderungen seiner Werke gekommen sein könnte. Er hat dabei arianische Kreise im Blick, die sich für ihre Lehre auf Origenes beriefen und deshalb aus einem ursprünglichen γεννητός ein γενητός machten.215 Hatte der Letter of Resolution also zuvor versucht, das Wort γενητός in einem orthodoxen Sinne zu interpretieren und seine Verwendung durch Origenes auf diese Weise zu verteidigen, räumt er jetzt, indem er den Terminus auf eine mögliche arianische Verfälschung zurückführt, indirekt doch in gewisser Weise den problematischen Charakter dieses Begriffes ein. Gegen Ende des trinitätstheologischen Abschnitts des fünften Kapitels fasst Rust seine wichtigsten Argumente gegenüber dem gegen Origenes erhobenen Arianismus-Vorwurf noch einmal zusammen: „Die Grundüberzeugungen der Trinitätstheologie des Origenes bieten in der Sache selbst unmöglich irgendwelchen Raum für den Verdacht, er könnte den Sohn Gottes für ein Geschöpf gehalten haben. Es sei denn, er könnte den für ein Geschöpf gehalten haben, von dem er entsprechend seiner Lehre sagt, er existiere ewig, verfüge auf unveränderliche und substantielle Weise und in unendlichem Maße über wahrhaft göttliche Vollkommenheiten und sei Schöpfer aller Dinge! Und deshalb betreffen all die Vorwürfe des Epiphanius Origenes nicht und gehen, da sie zu Unrecht erhoben werden, ins Leere.“216

214 Vgl. Rufinus, adult. libr. Orig. 7 (FC 80, 406–410). Zum Hintergrund vgl. u. a. Georg

Röwe­kamp, FC 80, Turnhout 2005, 28–30. 201–208.

215 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 99: „Und was, meinen Sie, gedachten sie [sc. die Häre-

tiker] erst zu tun, nachdem er [sc. Origenes] nicht mehr da war, der sie ihrer arglistigen Machenschaften rechtmäßig hätte überführen können? Überdies lassen die Annalen der Kirchengeschichte keinen Zweifel daran, dass die Arianer ihre blasphemische Irrlehre nur allzu gern unter Berufung auf die ehrwürdige Autorität des Origenes hochgehalten haben. War es etwa kein Leichtes für sie, diese gerissene und umtriebige Generation, die zudem noch einige Zeit über große Macht verfügte, aus einem γεννητός ein γενητός zu machen?“ Epiphanius unterscheidet strikt zwischen den beiden zuletzt genannten Begriffen; vgl. pan. 64,8,4 (GCS Epiph. 2, 417). Dies bildet eventuell der Hintergrund für die gerade zitierten Aussagen des Origenes-Briefes. Rust zeigt sich hier über Einzelheiten des trinitätstheologischen Streits gut informiert. Welche Quelle er dabei genau im Blick hat, ist allerdings schwer zu sagen; vgl. evtl. Sokrates, hist. eccl. VII 6,2–9 (GCS NF 1, 351 f.). Dass sich arianische Kreise auf Origenes berufen hätten, erwähnt Rust übrigens auch schon in Kapitel 2; vgl. Letter of Resolution 11 f. 216 Ebd. 99 f. Die hier vorgebrachten Argumente Rusts entsprechen durchwegs origeneischen Gedanken. Der Alexandriner betont z. B., dass dem Sohn im Gegensatz zu den Geschöpfen die zentrale Wesenseigenschaft Güte substantiell zukomme; vgl. Origenes, princ. I 6,2 (GCS Orig. 5, 80).

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Der Letter of Resolution wendet sich an dieser Stelle ausdrücklich gegen die Origenes-Kritik des Epiphanius von Salamis. Abschließend greift Rust dann sogar direkt auf das Panarion zurück, allerdings ohne dieses Werk zu erwähnen. Dass Origenes den Sohn nicht als zur Schöpfung gehörig, sondern für Gott gehalten hat, begründet er zum einen liturgisch, zum anderen biblisch: Die Gottheit des Logos zeigt sich in seiner Anbetung, die eindeutig belegt, dass er kein Geschöpf sein kann. Daneben verweist Rust darauf, dass es kein Schriftzeugnis für die Kreatürlichkeit des Sohnes gibt, sondern dass Joh. 14,10 und 10,30 stattdessen die Einheit des Sohnes mit dem Vater und damit seine Gottheit beweisen.217 Die gerade referierte Passage des Origenes-Briefes ist in formaler Hinsicht äußerst bemerkenswert: Rust nimmt hier teilweise wörtlich Argumente des Epiphanius gegen den angeblichen Arianismus des Origenes auf,218 um damit jedoch deutlich zu machen, dass Origenes eben nicht arianisch gedacht habe. Die Vorgehensweise des Letter ist durchaus geschickt und entbehrt auch nicht einer gewissen Ironie. Letztlich wird Epiphanius dadurch nämlich geradezu zum Zeugen für die Orthodoxie des Alexandriners. Im letzten Kapitel des Letter of Resolution übernimmt George Rust die Verteidigung des Origenes gegen seine spätantiken Gegner. Er schlüpft dabei, wie er selbst sagt, immer wieder in die Rolle eines Origenisten, ja teilweise sogar in die des Origenes selbst.219 Der erste Abschnitt des fünften Hauptteils ist wieder der Trinitätstheologie gewidmet, allerdings nimmt der Origenes-Brief hier nur das Verhältnis zwischen Gott-Vater und Sohn in den Blick, die Stellung des Geistes spielt hier keine Rolle.220 Rust weist jeglichen Verdacht des Arianismus gegen die origeneische Trinitätslehre kategorisch zurück, es wird stattdessen eine völlige Kongruenz zwischen dieser und dem Konzil von Nizäa betont. Die Apologie des Origenes wird dadurch geradezu zur Proklamation der Rechtgläubigkeit des Alexandriners. Vielleicht ist der trinitätstheologische Abschnitt darüber hinaus aber auch zeitgeschichtlich motiviert. Im letzten Satz dieser Passage spricht Rust von „alten“ und „neuen Häretikern“, „gegen welche“ die Vorwürfe nämlich „eigent217 Vgl. [Rust], ebd. 100: „Wie kann er [sc. der Sohn] denn verehrt werden, wenn er erst zu

Gott ‚gemacht‘ werden müsste? Nichts ‚Geschaffenes‘ verdient Verehrung. Sagt Christus, das Wort, jemals: Gott ‚schuf ‘ mich, oder: Mein Vater ‚schuf ‘ mich? Oder sagt Gott jemals: Ich habe den Sohn ‚geschaffen‘ und zu euch gesandt? Wie kann der ‚geschaffen‘ sein, der sagt: ‚Ich bin im Vater und der Vater ist in mir‘, sowie: ‚Wir zwei sind eins‘? Solche und ähnliche Äußerungen betreffen mich [sc. Origenes] nämlich nicht …“ Der Autor des Letter identifiziert sich an dieser Stelle völlig mit Origenes. 218 Vgl. Epiphanius, pan. 64,8,5–9,4 (GCS Epiph. 2, 417 f.). 219 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 66. 95 f. 100. 220 Auch bei Epiphanius geht es in dem entsprechenden Abschnitt v. a. um den Sohn. Allerdings unterstellt der Bischof von Salamis Origenes nicht nur, dass er den Sohn als „Geschöpf “ (κτίσμα) betrachte, sondern auch, dass er im Geist das „Geschöpf eines Geschöpfes“ (κτίσμα κτίσματος) sehe; vgl. pan. 64,5,11 (GCS Epiph. 2, 415); 64,8,3 (2, 417).

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lich gerichtet seien“.221 Soll dies bedeuten, dass die Trinitätstheologie des Letter zugleich auch eine Zurückweisung des zeitgenössischen Unitarismus darstellt?222 Oder ist die Verteidigung des Origenes gleichzeitig auch ein Stück weit als Apologie der Trinitätslehre des Autors selbst zu verstehen? Gegen die platonisierende Gotteslehre der Schule von Cambridge wurde ja später ebenfalls der Vorwurf des Arianismus erhoben.223

4. Zusammenfassung Der Letter of Resolution ist zunächst und vor allem natürlich eine Apologie des Origenes. Für George Rust ist der Alexandriner nicht nur ein „gelehrter und frommer Kirchenvater“,224 sondern er bezeichnet ihn im Letter auch immer wieder als Heiligen.225 Origenes ist für ihn „der Kirchenlehrer nach den Aposteln“, ja „kaum weniger als ein Apostel“.226 Auch wenn der Autor des Letter of Resolution im Vorwort behauptet, weder Kritiker noch Gegner des Alexandriners zu sein,227 so besteht das zentrale Anliegen des Origenes-Briefes doch eindeutig darin, „diesem Vater Gerechtigkeit widerfahren zu lassen“.228 Gleichzeitig ist der Letter of Resolution aber viel mehr als nur eine Verteidigungsschrift, man kann diesen kleinen Traktat in Briefform auch als eine Art Systementwurf en miniature auf der Grundlage origeneischen Denkens verstehen. Der spätere Bischof von Dromore entwickelt die „höchst einleuchtende Lehre des Origenes“229 zu einer frühneu221 [Rust], Letter of Resolution 100. 222 Der Sozinianismus wird an einer Stelle im Origenes-Brief direkt erwähnt: vgl. ebd. 43. Den

Kontext dieser Stelle bildet die Behandlung der origeneischen Lehre von der Präexistenz der Seelen. Rust kommt dabei auch auf christologische Fragen im engeren Sinn zu sprechen. 223 Vgl. hierzu u. a. Maurice Wiles, Archetypal Heresy. Arianism through the Centuries, Oxford u. a. 1996, 62–76, v. a. 64–66. Dem trinitätstheologischen Ansatz Cudworths wurde z. B. von John Turner Arianismus, Sozinianismus und Deismus vorgeworfen; vgl. John Turner, A Discourse Concerning the Messias, in Three Chapters, London 1685, v. a. xix. clxii. Selbst der Unitarier Stephen Nye bezeichnete Ralph Cudworth als gemäßigten Arianer; vgl. Stephen Nye, Considerations on the Explications of the Doctrine of the Trinity by Dr. Wallis, Dr. Sherlock, Dr. S[ou]th, Dr. Cudworth, and Mr. Hooker, London 1693, 18. 32. 224 [Rust], Letter of Resolution 94. Origenes wird im Letter durchgehend als Kirchenvater bezeichnet. 225 Vgl. z. B. ebd. 22. 82. 226 Ebd. 4 f. Rust nimmt hier eine Formulierung des Hieronymus auf, steigert diese aber noch; vgl. Hieronymus, in Hiez. hom. Orig. praef. (GCS Orig. 8, 318). 227 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 12. 228 Ebd. 2. 229 Ebd. 133. Die oben zitierte Formulierung hat an der angeführten Stelle zwar die Apokata­ stasis-Lehre im Blick, ist darüber hinaus aber wohl insgesamt auf das origeneische Denken zu beziehen.

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zeitlichen Vernunfttheologie weiter, deren Grundlage neben der Theologie des Alexandriners vor allem der antike Platonismus bildet. Der Letter of Resolution stellt trotz seiner antiken Grundlagen aber nicht bloß ein rückwärtsgewandtes Dokument dar, sondern lässt auch immer wieder klare Positionierungen gegenüber den philosophischen und theologischen Debatten seiner Zeit erkennen. Abschließend sollen nun noch einmal einige grundlegende Ergebnisse der Beschäftigung mit den trinitätstheologischen Passagen des Letter zusammengestellt werden: In formaler Hinsicht ist festzustellen, dass es sich beim Origenes-Brief um einen Text handelt, der es dem Leser nicht immer ganz einfach macht. Der Letter of Resolution ist ein typisches Gelehrten-Produkt, überall finden sich Anspielungen und Zitate, allerdings fehlen in den allermeisten Fällen Hinweise auf die jeweiligen Fundstellen. Ein zentrales Anliegen des vorliegenden Beitrags war es daher, die Abschnitte des Letter zur Gotteslehre im Blick auf ihre Quellen zu untersuchen. Das Ergebnis muss allerdings in gewisser Weise ein vorläufiges bleiben. An vielen Stellen ist nämlich kaum zu entscheiden, welche Texte des Origenes Rust für seine Darstellung jeweils heranzog. Am Ende des trinitätstheologischen Abschnitts des vierten Kapitels verweist der Autor zum Beispiel ausnahmsweise auf zwei origeneische Werke als seine Quellen, und zwar auf De principiis und Contra Celsum. Aber auch in diesem Fall ist eine genaue Verifizierung der Zitate schwierig.230 Der Autor des Letter of Resolution scheint häufig einfach aus einer allgemeinen Origenes-Lektüre zu schöpfen.231 Erfolgreicher verlief hingegen die Identifizierung von Texten aus dem späten 4. bzw. frühen 5. Jahrhundert, die George Rust für die trinitätstheologischen Passagen des Letter benutzte. Hier konnten Abschnitte aus dem Panarion des Epiphanius von Salamis, aus dem Brief 124 des Hieronymus und aus der Schrift Rufins De adulteratione librorum Origenis als Quellen nachgewiesen werden.232 Wie ist die Darstellung der origeneischen Trinitätslehre im Letter of Resolution inhaltlich zu bewerten? Auch wenn es nicht Rusts „Absicht“ war, „eine vollständige Erklärung der Trinität im Sinne des Origenes zu geben“,233 so ist dennoch festzustellen, dass der Origenes-Brief die trinitätstheologische Position des Alexandriners grundsätzlich durchaus zutreffend beschreibt. In der Schrift Rusts spiegelt sich letztlich die origeneische Dialektik von Einheit und Verschiedenheit, von Gleichheit und Ungleichheit zwischen den drei göttlichen Hypostasen wi230 Vgl. ebd. 21. Siehe dazu oben S. 113 mit Anm. 158–162. 231 Ebd. 95 behauptet er sogar, nur eine sehr oberflächliche Kenntnis der origeneischen Werke

zu haben.

232 Am Ende des Origenes-Briefes weist der Verfasser übrigens darauf hin, dass ihm für seine

Darstellung die antiken Quellen nur teilweise zur Verfügung standen; vgl. ebd. 135.

233 Ebd. 19.

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der.234 Der Letter betont zum einen wie Origenes die Subordination von Logos und Pneuma, macht andererseits aber auch die enge Verbundenheit von Vater, Sohn und Geist deutlich. Im Mittelpunkt der trinitätstheologischen Abschnitte steht bei Rust der Logos in seinem Verhältnis zu Gott-Vater, hinsichtlich des Pneuma ist im Letter etwas Ähnliches festzustellen wie bei Origenes selbst. Seine Zugehörigkeit zur Trinität ist unbestritten, im Vergleich zum Sohn steht er aber weit weniger im Fokus des Interesses.235 Basil Studer hat einmal darauf hingewiesen, dass in der modernen Beurteilung des origeneischen Denkens die Bewertungen weit auseinanderliegen, sie reichen „von der Meinung, Origenes sei mehr ein neuplatonischer Philosoph als ein Christ, bis zur Auffassung …, man könne bei ihm schon fast die ganze nizänische Orthodoxie wiederfinden“.236 Was Studer hier als Extrempositionen formuliert, findet sich im Letter of Resolution unmittelbar nebeneinander: Rust betont mehrfach die Übereinstimmung zwischen Origenes und dem platonischen Denken.237 Seine Darstellung der origeneischen Trinitätslehre ist durch und durch vom Platonismus geprägt. Er spricht natürlich auch von Vater, Sohn und Geist, daneben aber von der Trias aus Güte, Weisheit und Allmacht, die zusammen das eine Göttliche bilden. Platonisches und Origeneisches verschmelzen im Letter geradezu ineinander. Für Rust ist Origenes aber in Abhebung zu der von Studer erwähnten Position nicht nur ein platonischer Philosoph, sondern er sieht in ihm auch einen „aufrichtigen und wahren Christen“,238 der die Häresien seiner Zeit bekämpft.239 Der Origenes des Letter of Resolution ist, um es mit Ralph Cudworth auszudrücken, also „ein christlicher Platoniker bzw. ein platonischer Christ“.240 In diesem Zusammenhang ist allerdings auf ein gewisses Defizit in der Darstellung 234 Exemplarisch könnte man in diesem Kontext darauf verweisen, dass der Origenes-Brief

hervorhebt, dass die drei göttlichen Hypostasen nach Origenes „not essentially equal“ seien, an anderer Stelle aber betont, dass Vater und Sohn „of the same Substance or Essence“ seien: ebd. 18. 98. 235 Christologische Fragen im engeren Sinn wurden im vorliegenden Beitrag allerdings nicht behandelt. Dies hat zwei Gründe: 1. Der Letter erwähnt die Christologie selbst nicht als eine der origeneischen „Hauptlehren“ und geht auch in seinen trinitätstheologischen Passagen nicht auf sie ein. 2. Im Origenes-Brief werden zwar immer wieder christologische Fragen behandelt, jedoch in Zusammenhang mit anderen Lehrstücken, z. B. bei der Frage nach der Präexistenz der Seele; vgl. ebd. 40–43. 236 Basil Studer, Gott und unsere Erlösung im Glauben der Alten Kirche, Düsseldorf 1985, 105. 237 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 70. 238 Ebd. 109. 239 Vgl. ebd. 4. 240 Ralph Cudworth, The True Intellectual System of the Universe. A New Edition by Thomas Birch, 4 Bde., London 1820, Bd. III, 130. Zum Hintergrund vgl. u. a. Jean-Louis Breteau, Origène était-il pour Cudworth le modèle du philosophe chrétien?, in: Baldi, Mind Senior to the World (wie Anm. 1) 127–147.

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des Origenes-Briefes hinzuweisen. Rust betont zwar an vielen Stellen die Schriftgemäßheit der Theologie des Alexandriners,241 dass Origenes zuallererst Exeget war und sein Denken vor allem auf der Bibel beruht, wird aber zumindest in den trinitätstheologischen Passagen des Letter nicht deutlich.242 Kommen wir nun aber zur zweiten von Studer genannten Extremposition: Trotz aller Betonung der Unterordnung und Ungleichheit in der Trinität postuliert George Rust gleichzeitig eine völlige Kongruenz zwischen Origenes und Nizäa. Wie die spätantiken Kritiker misst auch der Letter of Resolution die Trinitätslehre des Origenes an den Aussagen des Bekenntnisses von 325, allerdings mit einem völlig anderen Ergebnis. Der Alexandriner ist für Rust nicht der Vater des Arianismus, sondern geradezu der Nizäner vor Nizäa. Obwohl der Origenes-Brief stellenweise eine erstaunliche dogmengeschichtliche Sensibilität zeigt, ist dieses Vorgehen aus heutiger Sicht genauso problematisch wie der spätantike Arianismus-Vorwurf gegen Origenes. Die origeneische Trinitätslehre kann nicht an den dogmatischen Festlegungen eines Konzils gemessen werden, dass erst 70 Jahre nach dem Tod des Origenes stattfand. Ein derartiger Bewertungsmaßstab ist letztlich zutiefst unhistorisch. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass die Interpretation der origeneischen Trinitätstheologie durch Rust gewisse Ähnlichkeiten mit den Anfängen des so genannten Neunizänismus aufweist. Der Origenes-Brief sucht nämlich ebenfalls die origeneische Drei-Hypostasen-Lehre mit ihren subordinatianischen Tendenzen in Ausgleich mit dem Nizänum und seinem Schlagwort ὁμοούσιος zu bringen. Hier zeigt sich eine ähnliche Tendenz, wie sie in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts unter anderem bei Meletius von Antiochia und den Kappadokiern feststellbar ist.243 Die Verbindung des Symbols von Nizäa mit der origeneischen Tradition wurde 381 auf dem Konzil von Konstantinopel kirchenamtlich sanktioniert und in der klassischen Formel μία οὐσία τρεῖς ὑποστάσεις zum Ausdruck gebracht. Allerdings findet sich im Letter of Resolution kaum Interesse an dieser Synode und dem traditionell mit diesem Konzil verbundenen Bekenntnis. Hieran zeigt sich vielleicht auch Rusts grundsätzlicher Umgang mit dem antiken Christentum: Die frühe Kirche ist für ihn einerseits eine normative Epoche, die Synode von 325 betrachtet er als das Konzil schlechthin. Auf der anderen Seite lehnt der Letter of Resolution die spätantiken Gegner des Origenes ab, andere

241 Vgl. z. B. [Rust], Letter of Resolution 4 f. 108 f. 242 Biblische Belegstellen finden sich in den beiden einschlägigen Abschnitten des Letter je-

weils erst ganz zum Schluss; vgl. ebd. 18. 20. 100.

243 Zum Neunizänismus vgl. u. a. Karmann, Meletius von Antiochien (wie Anm. 130) 283–

305. 389–411.

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Konzilien, wie etwa das von 553, werden geflissentlich übergangen.244 Rusts Zugriff auf die Alte Kirche ist ein sehr selektiver, ja ein geradezu „origenistischer“. Der Origenes-Brief ist zunächst ein Dokument, das sich natürlich vor allem mit theologischen Debatten der Spätantike beschäftigt, gleichzeitig werden vor diesem Hintergrund aber auch zeitgenössische Diskussionen in den Blick genommen. Dies lässt sich exemplarisch an den trinitätstheologischen Passagen des Letter zeigen. Rust wendet sich mit seiner Trias abgestufter, eigenständig subsistierender Universalien, die gemeinsam die eine Gottheit bilden, sowohl gegen den Modalismus als auch gegen den Arianismus, zugleich sucht er damit aber auch trinitätstheologische Konzeptionen seiner eigenen Zeit zurückzuweisen. Hier ist auf der einen Seite der Antitrinitarismus bzw. Unitarismus zu nennen, auf der anderen die zeitgenössische Schultheologie, die Rust als egalitaristisch bzw. tritheistisch erscheint. Auch die grundlegende Bestimmung des göttlichen Wesens als unendliche Güte ist wohl in zweifacher Blickrichtung zu verstehen. Die Betonung des agathologischen Aspekts durchzieht den Letter geradezu leitmotivisch, die Güte und Gerechtigkeit Gottes lassen sich nach George Rust nicht gegeneinander ausspielen. Der Letter greift damit einerseits ein zentrales Anliegen des origeneischen Denkens auf, das bei diesem sowohl philosophisch als auch antihäretisch motiviert ist. Andererseits wendet sich Rust mit der nachdrücklichen Herausstellung der Güte Gottes aber auch gegen einen theologischen Voluntarismus calvinistischer Couleur, zugleich ist dies darüber hinaus wohl auch gegen die Philosophie Thomas Hobbes’ gerichtet.245 Die trinitätstheologischen Passagen des Origenes-Briefes basieren in erster Linie auf dem Denken des Alexandriners. Daneben ist aber auch ein starker Einfluss platonischer Vorstellungen und des Bekenntnisses von Nizäa feststellbar. Gleichzeitig sucht Rust aber auch an einen der maßgeblichen Bekenntnistexte der Kirche von England anzuknüpfen. Der Letter of Resolution zeigt bei der Gotteslehre nämlich gewisse Berührungen mit dem ersten der 39 Religionsartikel von

244 Der Letter erwähnt lediglich an einer Stelle „die noch immer rechtskräftige Verurteilung“

des Origenes: [Rust], Letter of Resolution 94. Siehe hierzu oben Anm. 11.

245 Vgl. ebd. 31 f.: „Mir ist klar, dass manche teils aus Frömmigkeit und Demut, teils weil sie

die Worte, die sie Studium und Lektüre gelehrt haben, wie Papageien nachplappern, … alles auf den souveränen Beschluss Gottes zurückführen können, der als Schöpfer und Herr aller Menschen, so sagen sie, mit diesen verfahren könne, wie … er wolle. Es wäre allerdings gut, wenn sie mit dem gleichen Eifer, mit dem sie so entschlossen auf der Absolutheit von Gottes Willen und Macht beharren, auch für seine ehrwürdigeren Eigenschaften einträten … Ebenso könnten sie auf diese Weise eine Vielzahl der unseligen Ansatzpunkte für Atheismus und Epikureismus beseitigen und die, die sich zu diesen abscheulichen Mysterien bekennen, ihrer weithin überschätzten Scheingründe berauben, wie sie diese heutzutage vortragen und auf durchtriebene Weise gegen die Wahrheit in Anschlag bringen.“ Siehe dazu im Beitrag von Alfons Fürst unten S. 151 f.

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1571.246 Darüber hinaus erweist sich die im Letter gebotene Trinitätstheologie zugleich als ein typisches Beispiel für die Trinitätsspekulationen der Platoniker von Cambridge. Im Rahmen des vorliegenden Beitrags war ein detaillierter Vergleich mit anderen Texten dieser Schule nicht angezielt, anhand einer kurzen Passage aus dem Œuvre Cudworths soll dies zum Abschluss aber wenigstens noch angedeutet werden: „Obwohl also manche Neuerer die Gottesidee einschränken und ihn [sc. Gott] allein auf Macht und Willen reduzieren wollen, so bringt doch das von anderen gebrauchte mystische und geheimnisvolle Bild eines grenzenlosen Kreises sein Wesen besser zum Ausdruck. Das innerste Zentrum dieses Kreises ist einfache Güte, sein Radius oder Strahl sowie die ausgedehnte Fläche seine allumfassende, unveränderliche Weisheit und seine äußere Peripherie und unbegrenzte Ausdehnung sein allmächtiger Wille und sein allmächtiges Wirken, durch das alles außerhalb von Gott seine Existenz erhält. So haben die Macht und der Wille Gottes keine Verfügung über das Innere, sei es über die Weisheit oder das Wissen Gottes, sei es über die ethische und moralische Disposition seiner Natur, die in wesenhafter Güte besteht. Vielmehr ist die Sphäre ihres Wirkens außerhalb von Gott, wo es eine uneingeschränkte Macht über die Existenz der Dinge hat und stets frei, wenn auch nicht unbestimmt ist. Ihre größte Vollkommenheit nämlich besteht darin, von der unendlichen Weisheit und der unendlichen Güte bestimmt zu sein.“247

Bereits ein erster Blick zeigt die deutlichen Übereinstimmungen zwischen Cudworth und Rust. Die gestufte Trias aus Güte, Weisheit und Allmacht, wie sie sich im Letter of Resolution findet, ist nicht nur Produkt der Origenes-Interpretation Rusts, sondern Allgemeingut der Cambridge Platonists.

246 Siehe oben Anm. 138. Am Schluss des Letter spricht der Verfasser einmal von „der Ach-

tung des Sohnes vor der Autorität unserer lieben Mutter, der Kirche von England“: ebd. 133. Wenig später erwähnt er dann auch die 39 Artikel. 247 Ralph Cudworth, A Treatise Concerning Eternal and Immutable Morality. With a Treatise of Freewill, hg. von Sarah Hutton, Cambridge 1996, 27. Übersetzung nach Hengstermann, Cambridge Platonists (wie Anm. 3) 32. Zur Trinitätstheologie Cudworths vgl. u. a. Douglas Hedley, The Platonick Trinity. Philology and Divinity in Cudworth’s Philosophy of Religion, in: Ralph Häfner (Hg.), Philologie und Erkenntnis. Beiträge zu Begriff und Problem frühneuzeitlicher „Philologie“ (Frühe Neuzeit 61), Tübingen 2001, 247–261; Leslie Armour, Trinity, Community and Love. Cudworth’s Platonism and the Idea of God, in: Douglas Hedley/Sarah Hutton (Hg.), Platonism at the Origins of Modernity. Studies on Platonism and Early Modern Philosophy (AIHI 196), Dordrecht 2008, 113–129; Carter, The Little Commonwealth of Man (wie Anm. 142) 59–70; Lutz Bergmann, Ralph Cudworth – System aus Transformation. Zur Naturphilosophie der Cambridge Platonists und ihrer Methode (TdA 23), Berlin 2012, 207–393.

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Emanatianismus und Präexistentianismus

George Rusts origeneische Theodizeestrategie zwischen Determinismus und Freiheit Alfons Fürst, Münster

1. Die Präexistenz der Seele bei den Cambridger Platonikern Die Präexistenz der Seele gilt zusammen mit der Apokatastasis als Hauptmerkmal des Origenismus. Auch für die Cambridger Platoniker war sie ein zentrales Thema, über das sie allerdings kontrovers diskutierten.1 Die beiden wichtigsten Denker dieses Kreises optierten hier unterschiedlich: Ralph Cudworth vertrat die Präexistenz nicht, Henry More hingegen, der von allen Cambridgern die meisten Sympathien für Origenes, „that Miracle of the Christian world“,2 hegte, erblickte darin einen Konsens der größten Philosophen aller Zeiten.3 More hat den Präexistentianismus in vielen seiner Werke dargelegt und verteidigt, erstmals schon in einem umfangreichen philosophischen Gedicht On the Praeexistency of the Soul von 1647 und erschöpfend in seiner Abhandlung The Immortality of the Soul von 1659.4 Auch die More-Schülerin Anne Conway tritt in ihren 1690 postum publi1

Einen ausgezeichneten Überblick gibt Daniel Pickering Walker, The Decline of Hell. Seventeenth-Century Discussions of Eternal Torment, London 1964, 122–155; recht oberflächlich hingegen ist Terryl L. Givens, When Souls Had Wings. Pre-mortal Existence in Western Thought, Oxford 2010, 147–170. 2 Henry More, A Collection of Several Philosophical Writings, 2 Bde., London 1662 (ND New York/London 1978), vol. I, The Preface General xxi; lat.: Opera omnia II/2, London 1679 (ND Hildesheim 1966), Praefatio generalis 12 (unten S. 276). 3 Sarah Hutton, Henry More and Anne Conway on Preexistence and Universal Salvation, in: Marialuisa Baldi (Hg.), “Mind senior to the World”. Stoicismo e origenismo nella filosofia platonica del Seicento inglese, Mailand 1996, 113–125, bes. 116–120; dies., Origen and Anne Conway, in: Alfons Fürst/Christian Hengstermann (Hg.), Autonomie und Menschenwürde. Origenes in der Philosophie der Neuzeit (Adamantiana 2), Münster 2012, 221–234, hier 221–225; Robert Crocker, Henry More and the Preexistence of the Soul, in: ders. (Hg.), Religion, Reason and Nature in Early Modern Europe (AIHI 180), Dordrecht/ Boston/London 2001, 77–96; überarbeitet erneut in: ders., Henry More, 1614–1687. A Biography of the Cambridge Platonist (AIHI 185), Dordrecht u. a. 2004, 111–125. 4 Henry More, The Praeexistency of the Soul, London 1647, in: The Complete Poems of Dr. Henry More, ed. by Alexander Balloch Grosart, Edinburgh 1878, 117–128; Henry More, The Immortality of the Soul II 12, London 1659, ed. by Alexander Jacob (AIHI 122),

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zierten Principia Philosophiae für eine modifizierte Form des Präexistentianismus ein (und noch entschiedener für die Apokatastasis).5 Der Hauptvertreter dieser Theorie war Joseph Glanvill (in Oxford) in seiner ganz diesem Thema gewidmeten Schrift Lux Orientalis von 1662 sowie schon zuvor in einem Brief über die Präexistenz der Seelen vom 20. Januar desselben Jahres.6 Die Kontroverse reichte über den „origenistischen Moment innerhalb der englischen Theologie“ in den Jahren zwischen 1658 und 16627 hinaus: Gegen die Kritik, wie sie Edward Warren8 in einem Traktat mit dem Titel No Praeexistence (1667) und Samuel Parker in zwei Briefen von 1666 (zusammen publiziert 1667) vorbrachten,9 bekräftigte More seine Position in den Annotations, die er 1682 zu Glanvills Lux Orientalis (und Rusts Discourse of Truth) publizierte,10 und 1684 wurde Glanvills und Mores Präexistenzlehre in einer pseudonym veröffentlichten Dissertation Concerning the Preexistency of Souls verteidigt.11 Der Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions von 1661, als dessen Autor mit guten Argumenten George

Dordrecht/Boston/Lancaster 1987, 145–153. Siehe dazu oben S. 25 im Beitrag von Christian Hengstermann sowie unten S. 269 Anm. 3. 5 Hutton, Origen and Anne Conway (wie Anm. 3) 230; Christoph Brandt, Die Lehre von der Präexistenz der Seelen in Anne Conways Principia Philosophiae, in: Ulrike Weichert/Christian Hengstermann (Hg.), Anne Conways Principia Philosophiae. Materialismuskritik und Alleinheits-Spekulation im neuzeitlichen England (Pontes 52), Berlin 2012, 123–130. 6 Charles F. Mullett, A Letter by Joseph Glanvill on the Future State, in: Huntington Library Quarterly 1 (1938) 447–456; Rhodri Lewis, Of „Origenian Platonisme“. Joseph Glanvill on the Pre-existence of Souls, in: ebd. 69 (2006) 267–300, bes. 276–280. Der englische Text des Briefes bei Lewis, ebd. 292–300, ist mit deutscher Übersetzung unten S. 286–305 abgedruckt, der Text des Vorworts zu Lux Orientalis unten S. 306–325. Vgl. auch Walker, Decline of Hell (wie Anm. 1) 126. 7 So qualifiziert Hutton, Preexistence (wie Anm. 3) 113, diese Jahre, in denen die von Origenes beeinflussten Werke der Cambridger Platoniker erschienen. 8 Zu dieser Auflösung des Autor-Kürzels „E. W.“ siehe Walker, Decline of Hell (wie Anm. 1) 149 Anm. 1. 9 Siehe dazu Walker, ebd. 149–153; Crocker, Preexistence (wie Anm. 3) 83–87; Lewis, Origenian Platonisme (wie Anm. 6) 281–287 (darunter ebd. 283–285 zu den Einwänden von Francis Willughby gegen die Argumente für die Präexistenz im Letter of Resolution). 10 Henry More, Annotations, in: Two Choice and Useful Treatises: The one Lux Orientalis; Or An Enquiry into the Opinion of the Eastern Sages Concerning the Praeexistence of Souls. Being a Key to unlock the Grand Mysteries of Providence. In Relation to Mans Sin and Misery. The other, A Discourse of Truth, By the late Reverend Dr. Rust Lord Bishop of Dromore in Ireland. With Annotations on them both, London 1682, 72–76. Siehe dazu Walker, ebd. 130 f. 11 Walker, ebd. 127, identifiziert das Autorkürzel „C. P.“ als „Christian Peganius“, das Pseudonym für den Kabbalisten Christian Knorr von Rosenroth. Vgl. auch Lewis, Origenian Platonisme (wie Anm. 6) 281 Anm. 70.

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Rust zu identifizieren ist,12 dient vor allem der Verteidigung der beiden Häresien, die Origenes hauptsächlich vorgehalten wurden: Präexistentianismus und Apokatastasis; der längste Abschnitt ist dem Thema der Präexistenz gewidmet.13

2. Für und wider den Präexistentianismus Der Präexistentianismus war im frühen Christentum eine der drei Theorien neben dem Traduzianismus und dem Kreatianismus, die zur Frage der Herkunft der Seele diskutiert wurden.14 Zur Zeit des Origenes war diese Frage nicht geklärt, weshalb er sie zu den offenen Problemen der kirchlichen Verkündigung zählte, über die nachzudenken Aufgabe der Theologen sei.15 In patristischer Zeit wurde sie nicht entschieden, weshalb noch Augustinus sie ausdrücklich offen ließ, obwohl er dem Kreatianismus zuneigte.16 Gegen Ende der Antike kam es zu kirchlichen Entscheidungen, in denen Traduzianismus und Präexistentianismus verurteilt wurden. Nachdem der Traduzianismus wegen des mit ihm verkoppelten Materialismus, der auf die stoische Ontologie zurückgeht, bereits vielfach kritisiert worden war, wurde er von Papst Anastasius II. in einem Brief an die Bischöfe Galliens im Jahr 498 als häretisch zurückgewiesen,17 und zwar im Anschluss an

12 Die Argumente dafür bei Walker, ebd. 125 f., und Lewis, ebd. 274–276. Siehe auch oben

S. 25–31 im einführenden Beitrag von Christian Hengstermann.

13 [George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opini-

ons. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope Nicolson, New York 1933, 21–55 über die zweite und dritte „Hauptlehre“ des Origenes: Präexistenz (ebd. 21–46) und Fall (ebd. 46–55) der Seele; ebd. 100–108 zur Widerlegung der Einwände des Epiphanius und des Hieronymus. 14 Siehe Heinrich Karpp, Probleme altchristlicher Anthropologie. Biblische Anthropologie und philosophische Psychologie bei den Kirchenvätern des dritten Jahrhunderts (BFChTh 44/3), Gütersloh 1950. 15 Origenes, princ. I praef. 5 (GCS Orig. 5, 13): „Über die Frage jedoch, ob die Seele aus der Übertragung durch den Samen herrührt … oder ob sie einen anderen Ursprung hat und ob dieser Ursprung selbst geworden ist oder ungeworden oder zumindest über die Frage, ob sie von außen in den Leib eingefügt wird oder nicht, darüber entscheidet die Verkündigung nicht mit hinreichender Deutlichkeit.“ Die Übersetzungen von Texten aus De principiis sind (zum Teil leicht modifiziert) hier wie im Folgenden der Ausgabe von Herwig Görgemanns/Heinrich Karpp, Origenes. Vier Bücher von den Prinzipien (TzF 24), Darmstadt 31992, entnommen. Vgl. auch Origenes, in Tit. frg. 4 bei Pamphilus, apol. Orig. 163 (SC 464, 248). 16 Vgl. Augustinus, retr. I 1,3 (CChr.SL 57, 9 f.). Siehe dazu Gerard J. P. O’Daly, Augustine on the Origin of Souls, in: Platonismus und Christentum. Festschrift für Heinrich Dörrie (JAC.E 10), Münster 1983, 184–191. 17 Heinrich Denzinger/Peter Hünermann, Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, Freiburg i. Br. u. a. 371991, Nr. 360 f.

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die Argumente, die Augustinus zugunsten des Kreatianismus vorgebracht hatte,18 und spielte danach in der Lehrtradition der lateinischen Kirche keine Rolle mehr. Der Präexistentianismus wurde im Jahr 543 von Kaiser Justinian I. in einem Edikt gegen Origenes, das von einer Synode in Konstantinopel gebilligt wurde, unter den Irrtümern verurteilt, die Origenes darin zur Last gelegt werden.19 In einem Brief an das Ökumenische Konzil von 553 formulierte Justinian fünfzehn Anathematismen, in denen Irrtümer von Origenisten in Palästina verurteilt werden, unter denen gleich im ersten Anathem Präexistentianismus und Apokatastasis in einem Atemzug genannt sind.20 Im Westen verurteilte die Synode von Braga 561 unter den Anathematismen gegen den wohl vom Origenismus beeinflussten Priszillianismus auch den Präexistentianismus.21 Mit diesen Entscheidungen hat sich der Kreatianismus, der unter lateinischen Theologen zunehmend mehr Anhänger gefunden hatte, faktisch durchgesetzt.22 Ohne je als kirchliche Lehre formuliert worden zu sein, war er in der Frühen Neuzeit die Theorie, „die jetzt von den Katholiken vertreten wird“, „wie es jetzt die rechtgläubige Tradition vertritt“, wie Pico della Mirandola 1487 schrieb.23 Der Präexistentianismus hingegen galt aufgrund der skizzierten altkirchlichen Entwicklungen in der Frühen Neuzeit als Irrlehre, weshalb seine offene Verteidigung nicht ungefährlich war. Schon in der Kontroverse über Picos Verteidigung des Origenes war er eines der strittigen Themen, für die Pico als Häretiker verdächtigt wurde.24 Auch der Letter of Resolution wurde unmittelbar nach seiner Veröffentlichung vom Vizekanzler der Universität Cambridge wegen seiner häretischen Darlegung der Präexistenz zensiert. Wie Henry More im Oktober 1661 in 18 Bes. Augustinus, Gen. ad litt. VI 4,5 (CSEL 28/1, 173 f. bzw. BAug 48, 450). 19 Justinian, epist. ad Menam, anath. 1 (ACO III 213). Vgl. Denzinger/Hünermann, Kom-

pendium (wie Anm. 17) Nr. 403.

20 Anath. syn. Const. 1 (ACO IV/1, 248). In den Anathematismen wird Origenes nicht ge-

nannt, doch hat Justinian im Brief auch seine Verurteilung gefordert. Die Konzilsbischöfe sind dem wohl im März/April 553 in Verhandlungen vor den eigentlichen Sitzungen des am 5. Mai eröffneten Konzils nachgekommen: so nach der Rekonstruktion der Ereignisse von Franz Diekamp, Die origenistischen Streitigkeiten im sechsten Jahrhundert und das fünfte allgemeine Concil, Münster 1899, 66–138, bes. 129–135. Das Konzil von Florenz approbierte in der auf der 11. Sitzung 1442 verabschiedeten Unionsbulle mit den Kopten die Beschlüsse des Konzils von 553, darunter „zahlreiche Irrtümer des Origenes und seiner Anhänger“, nannte explizit aber nur „die Buße und Befreiung der Dämonen und der übrigen Verdammten“, also die Apokatastasis: Josef Wohlmuth (Hg.), Dekrete der Ökumenischen Konzilien, 3 Bde., Paderborn u. a. 1998–2002, 580 bzw. 580 f. 21 Denzinger/Hünermann, Kompendium (wie Anm. 17) Nr. 456. 22 Vgl. Karpp, Anthropologie (wie Anm. 14) 92–171. 240 f. 23 Apologia Ioannis Pici Mirandulae. De Salute Origenis disputatio 28. 29: Une Controverse sur Origène a la Renaissance. Jean Pic de la Mirandole et Pierre Garcia, textes présentés, traduits et annotés par Henri Crouzel, Paris 1977, 132. 134. 24 Pico, De Salute Origenis 27–29: Crouzel, ebd. 130–134.

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einem Brief an Anne Conway berichtet, betrachtet der „Vice Chancellour“ es als „ein gefährliches Buch, und er hat es deshalb in seinem Konsistorium mit einer Art Zensur belegt. Eine der absurden Lehren des Origenes sei die Präexistenz der Seele, die, wie er meint, der Inkarnation Christi widerspreche. Das ist alles, was, wie ich gehört habe, dagegen vorgebracht wird.“25 Der Autor des Letter of Resolution mag das geahnt und deshalb den Schutz der Anonymität gesucht haben, zumal eine Verteidigung nicht nur der Person des Origenes und seines Seelenheils, wie Pico sie unternommen hatte, sondern erstmals auch seiner Lehren, und ausgerechnet der als häretisch geltenden „Kapitalirrtümer“, wegen der „noch immer rechtskräftigen Verurteilung“26 des Origenes riskant war. Dieser heiklen Situation sind wohl die Vorbemerkungen geschuldet, die Rust den eigentlichen Ausführungen zu dieser brisanten Thematik voranstellt. Als erstes beruft er sich für seine Verteidigung des origeneischen Präexistentianimus namentlich auf Henry More, seinen früheren Tutor im Christ’s College, in dessen Schriften das Thema umfassend und gediegen behandelt werde, speziell in seiner jüngst (1659) publizierten Schrift The Immortality of the Soul;27 gegen Ende seiner Ausführungen über die Präexistenz verweist Rust seinen Adressaten zur Bekräftigung der „Wahrheit der Lehre des Origenes“ auf die von More „kabbalistisch ausgelegte Schöpfungsgeschichte“ in seinem Genesiskommentar, der Conjectura Cabbalistica von 1653, dessen Lektüre er angelegentlich empfiehlt.28 Dieser Einstieg in die Thematik im Letter of Resolution vermittelt den Eindruck, dass Rust „that learned Gentleman“ Henry More regelrecht vorschiebt, um sich hinter seiner Autorität in gewisser Weise zu verstecken. Als zweites bezieht er sich auf die Methode der Theologie, wie Origenes sie in der Vorrede zu De principiis darlegt: Neben einem „unveränderlichen Kanon notwendiger Wahrheiten, der von den seligen Aposteln, den Urhebern des christlichen Glaubens, klar gelehrt und von der Kirche angenommen worden sei“, gebe es „eine Reihe von Themen, die eine Untersuchung verdienten, über die es aber in den göttlich inspirierten Büchern der Heiligen Schrift keine definitive Aussage gebe“; in diesen Dingen sei „die Wahrheit vom Heiligen Geist bewusst verschleiert worden, um die Liebhaber

25 The Conway Letters. The Correspondence of Anne, Viscountess Conway, Henry More and

their Friends (1642–1684), ed. by Marjorie Hope Nicolson. Revised Edition with an Introduction and New Material, ed. by Sarah Hutton, Oxford 1992, 194. Siehe dazu oben S. 23 f. im Beitrag von Christian Hengstermann und S. 62 f. im Beitrag von Josef Lössl. 26 [Rust], Letter of Resolution 94. 27 Ebd. 22. 28 Ebd. 45 f. und erneut ebd. 104. Zu dieser Schrift Mores siehe unten S. 273 Anm. 7, und zum Einfluss des Origenes auf More in dieser Hinsicht: Douglas Hedley, The Cambridge Platonists and the “Miracle of the Christian World”, in: Fürst/Hengstermann, Autonomie und Menschenwürde (wie Anm. 3) 185–195, bes. 189–192.

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der Wahrheit (lovers of Truth) zu fleißigem Forschen anzutreiben.“29 Das ist eine exakte Paraphrase des entsprechenden Abschnitts in der Vorrede des Origenes.30 Zu den solchermaßen offenen Fragen habe Origenes auch „die vorliegende Frage hinsichtlich der Seele“ gezählt, „namentlich ob sie weitergegeben oder ob sie beizeiten von Gott geschaffen wird oder ob sie präexistiert“,31 also die drei Theorien Traduzianismus, Kreatianismus und Präexistentianimus. Die Lehre des Origenes „von der Präexistenz der Seele und ihrem glückseli­ geren Dasein, ehe sie in diese niederen Teile der Welt hinabgeworfen wurde“, referiert Rust die Gegner des Origenes schon in der Antike,32 „sei Grillengezirp und Ziegengemeckere (τερετισμὸς καὶ τραγικολογία),33 ohne Sinn und Bedeutung, der Trug böser Menschen, Blasphemie und Torheit. Ihr Urheber habe die Täuschungskunst des Teufels nachgeahmt, jener alten Schlange, die einstmals Eva und nun noch immer den Geist der Einfachen täusche“.34 Entgegen der „allgemeinen Ansicht“, dass Origenes hierin „einem Irrtum erlegen ist“,35 ist Rust allerdings der Meinung, dass Origenes „für die Lehren, die alle Welt auf ihn zurückführen will, so plausible Gründe, wie sie sich bei ihm tatsächlich finden, anführen kann“, weswegen er die „Vernünftigkeit“ der Präexistenzlehre im Anschluss an die Argumente des Origenes verteidigen will.36 Da er damit offen für eine als häretisch geltende Ansicht in den Ring steigt, beruft er sich nicht nur auf die Plausibilität und Vernünftigkeit der Überlegungen des Origenes in der Sache, sondern zusätzlich auch noch auf das methodische Verfahren des Alexandriners, „umstrittene Dinge offen, unter verschiedenen Blickwinkeln“ zu diskutieren, dem Leser „lediglich 29 [Rust], ebd. 22 f., erneut referiert ebd. 88. 30 Origenes, princ. I praef. 3 (GCS Orig. 5, 9): „Man muss aber wissen, dass die heiligen

Apostel, als sie den Christusglauben verkündeten, über einige Dinge ganz klare Aussagen überliefert haben, nämlich alle die, die sie für notwendig hielten für alle Gläubigen  … Die Gründe für ihre Sätze zu erforschen überließen sie freilich denen, die hervorragender Geistesgaben gewürdigt sind … Über andere Dinge dagegen haben sie zwar gesagt, dass sie existieren, aber über ihre Beschaffenheit und Herkunft haben sie geschwiegen, offenbar, um unter den später Lebenden den besonders Eifrigen, die Liebhaber der Weisheit (amatores sapientiae – ‚Philosophen‘) sind, Gelegenheit zur Übung zu geben, bei der sie die Früchte ihrer Begabung zeigen können.“ 31 [Rust], Letter of Resolution 23. 32 Bes. Epiphanius von Salamis, epist. 51,4 f. int. epist. Hieron. (CSEL 54, 400–405), und Hieronymus, c. Ioh. 7. 15–22 (CChr.SL 79A, 13. 24–37); in Hier. I 2,1 (CChr.SL 74, 4); IV 28,2 (74, 194); epist. 130,16 (CSEL 56, 197); 140,6 (56, 274). Rust rekurriert auf ihre Einwände und weist sie als oberflächliche Missdeutungen der Ansichten des Origenes zurück: [Rust], ebd. 100–108. 33 Diese Wendung wird wiederholt ebd. 108. Sie stammt aus Epiphanius, pan. 64,47,6 (GCS Epiph. 2, 473). Siehe dazu oben im Beitrag von Josef Lössl, S. 72 Anm. 57. 34 [Rust], ebd. 6. 35 Ebd. 36 Ebd. 23.

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verschiedene Ansätze darzulegen“ und ihn aufzufordern, „sich selbst ein Urteil über sie zu bilden und sich für diejenige, die ihm am treffendsten erscheine, zu entscheiden“.37 Ein diskursiver, undogmatischer Stil des Disputierens gehört in der Tat zu den auffälligen Merkmalen des Denkers Origenes, auf den dieser selbst öfter hinweist38 und auf den in der Forschung immer wieder hingewiesen wird.39 In den Kontroversen über seine Theologie haben sich seine Verteidiger wiederholt darauf berufen: Pamphilus in seiner Apologie für Origenes von 307/9 (die Rufinus 397/98 ins Lateinische übersetzte),40 Athanasius in seiner Erläuterung des Konzilsbeschlusses von Nizäa 325,41 Pico della Mirandola in seiner Apologie für das Heil des Origenes von 1487,42 Erasmus von Rotterdam in seiner Verteidigung der Willensfreiheit im Geiste des Origenes 1524 gegen die Angriffe Martin Luthers43 – und desgleichen nun George Rust in seiner Verteidigung des Origenes von 1661. Schon Pamphilus hat diese Haltung dem Origenes als Bescheidenheit angerechnet,44 wie Rust das hier ebenfalls tut, um den „Irrtum“ zu entschuldigen: „Diese aufrichtige Bescheidenheit, wie sie diesen gelehrten Vater auszeichnet, dürfte in den Augen jedes unvoreingenommenen und ehrlichen Menschen Entschuldigung genug sein, wo er nach allgemeiner Ansicht einem Irrtum erlegen ist.“45 Dass Rust dies ausgerechnet zum Thema der Präexistenz der Seele hervorhebt, koinzidiert damit, dass Origenes selbst den zetetischen Charakter seiner Überlegungen über die Seele ausdrücklich betont hat.46 37 Ebd. 38 Vgl. beispielsweise Origenes, princ. II 3,7 (GCS Orig. 5, 125); II 6,7 (5, 147); II 8,4 (5, 162); IV

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4,1 (5, 349 f.); in Gen. frg. D 1 Metzler (OWD 1/1, 60); in Rom. comm. II 9 (p. 174 Hammond Bammel); IV 2 (p. 290); V 8.10 (p. 428. 440); VII 3 (p. 574), und zahllose andere Stellen, an denen er nicht Lehren verkündet, sondern Argumente vorlegt und abwägt. Siehe dazu etwa Henri Crouzel, Qu’a voulu faire Origène en composant le Traité des Principes?, in: BLE 76 (1975) 161–186. 241–260, hier 250–256; ders., Actualité d’Origène. Rapports de la foi et des cultures. Une théologie en recherche, in: NRTh 102 (1980) 386–399, hier 394–398; ders., Origène, Paris/Namur 1985, 216–223; Eberhard Schockenhoff, Zum Fest der Freiheit. Theologie des christlichen Handelns bei Origenes (TTS 33), Mainz 1990, 312. Pamphilus, apol. Orig. 3 (SC 464, 36–38). Athanasius, decr. Nic. syn. 27,1 (AW II p. 23 Opitz). Pico, De Salute Origenis 32–34: Crouzel, Controverse sur Origène (wie Anm. 23) 138– 142. Erasmus von Rotterdam, De libero arbitrio διατριβή sive collatio Ia 6 f., hg. von Johannes von Walter (QGP 8), Leipzig 1910 (ND 1935), 4–6. Siehe dazu Peter Walter, Inquisitor, non dogmatistes. Die Rolle des Origenes in der Auseinandersetzung des Erasmus von Rotterdam mit Martin Luther, in: Fürst/Hengstermann, Autonomie und Menschenwürde (wie Anm. 3) 169–183. Pamphilus, apol. Orig. 3 (SC 464, 36). [Rust], Letter of Resolution 23. Origenes, princ. II 8,5 (GCS Orig. 5, 163): „Dies haben wir nach unserem Vermögen über die vernünftige Seele vorgetragen, mehr zur Erwägung des Lesers denn als fest hingestellte Lehre.“

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3. Präexistentianismus und Theodizee Die Cambridger Platoniker und auch Rust im Letter of Resolution diskutierten die Präexistenz der Seele in engstem Zusammenhang mit ihrer Metaphysik und Ethik. Diese beruhen auf drei Axiomen, die Ralph Cudworth seinem True Intellectual System of the Universe von 1678, dem spekulativen Hauptwerk des Cambridger Platonismus, vorangestellt hat: die Lenkung der Welt durch „ein allmächtiges, geistiges Wesen, das über alles wacht“, also die Vorsehung Gottes, der – das zweite Axiom – „seinem Wesen nach gut und gerecht ist“, also die Annahme einer objektiven Moralität, die nicht einem arbiträren Willen Gottes unterliegt, „und drittens schließlich, dass es etwas ἐφ᾽ ἡμῖν gibt, dass wir also in dem Maße Ursprung und Herr unserer eigenen Handlungen sind, dass wir für sie zur Rechenschaft gezogen werden können und an dem Schlechten, das wir tun, selbst Schuld tragen und dafür Tadel und eine entsprechende Strafe verdienen“, also die menschliche Freiheit.47 Indem Rust die Präexistenz der Seele auf der Basis dieser Grundsätze einerseits metaphysisch aus der wesenhaften Güte und Gerechtigkeit Gottes, andererseits ethisch aus der menschlichen Freiheit ableitet, verknüpfen seine Überlegungen sich unausweichlich mit dem Problem der Theodizee: Wie sind diese Grundsätze mit der Realität von Ungerechtigkeit und Leid in der Welt zu vereinbaren?48 In seiner Predigt God is Love von 1658 über 1  Joh. 4,16: „Gott ist die Liebe“,49 die man als Skizze der Gedanken lesen kann, die Rust im Letter of Resolution von 1661 anhand der „Hauptlehren“ des Origenes näher ausführt, spricht er diese Zusammenhänge in ganz demselben Duktus an: Im ersten großen Teil seiner Predigt verteidigt und erläutert er gegen den Willkürgott der calvinistischen Schultheologie seiner Zeit die „Grundwahrheit, dass Gott Liebe ist“, „dieses einzige Prinzip göttlicher Güte“, und zwar gestützt auf „die göttliche Offenbarung, die Schöpfung und die Vorsehung, den inneren Sinn und die Erfahrung eines jeden guten Menschen und die Natur der Vernunft selbst“,50 um in einem kürzeren zweiten Teil „die Armee von Einwänden“ zu „mustern“, die gegen diese durch und durch origeneische Theologie aufgrund des vielfachen 47 Ralph Cudworth, The True Intellectual System of the Universe. A New Edition by Thomas

Birch, 4 Bde., London 1820, I, 45, ausführlich zitiert im Beitrag von Christian Hengstermann, oben S. 16 Anm. 15. 48 Zum Konnex von Theodizee und Präexistenz bei More siehe Walker, Decline of Hell (wie Anm. 1) 130, und Givens, Souls (wie Anm. 1) 160 f. Im England des 17. Jahrhunderts wurde diese Frage auch auf das Leiden von Tieren ausgedehnt: Peter Harrison, Animal Souls, Metempsychosis, and Theodicy in Seventeenth-Century English Thought, in: JHP 31 (1993) 519–544. 49 Die Predigt ist enthalten in: The Remains of That Reverend and learned Prelate, Dr. George Rust, Late Lord Bishop of Dromore, in the Kingdom of Ireland, collected and published by Henry Hallywell, London 1686, 1–20. Siehe den Text mit Übersetzung unten S. 232–267. 50 Ebd. 1–14, die Zitate ebd. 14.

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Leids in der Welt vorgebracht werden: „Wie kamen Sünde und Kümmernis in die Welt, und warum sind die Menschen Generation für Generation in solch einem verlorenen und verzweifelten Zustand?“51 Ebenfalls ganz origeneisch verweist er wie im Letter of Resolution auf die Freiheit des Menschen, der „kraft seiner freien Wahl und Entscheidung die Sünde in die Welt bringt“,52 führt dieses Argument in der Predigt jedoch, wie er selbst vermerkt, nicht weiter aus. Im Letter of Resolution hingegen setzt er sich mit diesem Problem eingehend auseinander und folgt dabei weitgehend den diesbezüglichen Gedankengängen des Origenes, der insbesondere in einem Kapitel seiner Grundlagenschrift De principiis, das in der lateinischen Überlieferung die Überschrift: „Von der Welt, den Bewegungen der guten und bösen Vernunftwesen und deren Ursachen“ trägt53 und mit dem vorausgehenden „Über die Seele“ zusammengehört,54 eben diese Zusammenhänge in einem ähnlichen Zusammenhang erörtert. Ich vergleiche daher im Folgenden Rusts Ausführungen hauptsächlich mit diesem Text des Origenes und notiere weitere origeneische Stellen nur als Ergänzung dazu. Ehe dies in Angriff genommen wird, scheint mir allerdings angesichts der Brisanz und Sensibilität der Thematik eine Vorbemerkung aus etwas größerer Distanz erforderlich zu sein. Die Frage nach dem Leid in der Welt im Kontrast zu der Behauptung eines guten und gerechten Gottes ist zu heikel, um so einfachhin darüber räsonnieren zu können. Das Ungute und Böse, der Schrecken und das Leid in der Welt sind die Klippe, an der alles Welterklären, das auf Sinngebung zielt, scheitert. Nicht von ungefähr ist das Leid der „Fels des Atheismus“ (Georg Büchner), durch das alles Reden von einem guten und gerechten Gott als Garant einer guten und gerechten Weltordnung als billige Rationalisierung und Ästhetisierung desavouiert wird.55 Es wird sich zeigen, dass auch die Protagonisten der vorliegenden Darstellung, Origenes ebenso wie Rust, eine hohe Sensibilität für die Nöte dieser Frage hatten. Origenes hat dazu einen überaus bemerkenswerten Satz geschrieben, der 51 52 53 54

Ebd. 14–19, die Zitate ebd. 14. 16. Ebd. 18. Origenes, princ. II 9 (GCS Orig. 5, 163–172). Ebd. II 8 (5, 152–163): In diesem Kapitel geht es um die Definition von ‚Seele‘. Seine Überschrift entspricht den griechischen Kapitelüberschriften, die Photius, bibl. cod. 8 (I p. 9 Henry), in seinem Exemplar von De principiis vorfand, und gilt auch für das folgende Kapitel, dessen Überschrift lediglich in der lateinischen Überlieferung im Archetypus der Rufinus-Handschriften bezeugt ist: Paul Koetschau, GCS Orig. 5, Leipzig 1913, cxlii; Görgemanns/Karpp, Vier Bücher von den Prinzipien (wie Anm. 15) 45. 851. In einem Zweig dieser Überlieferung finden sich noch detailliertere Einteilungen: Koetschau, ebd. cxlvi. 55 Ebenso erhellende wie sensible Überlegungen dazu bei Thomas Pröpper, Fragende und Gefragte zugleich. Notizen zur Theodizee (1993), in: ders., Evangelium und freie Vernunft. Konturen einer theologischen Hermeneutik, Freiburg u. a. 2001, 266–275, das Zitat aus Georg Büchner, Werke und Briefe, München 1980, 44, bei Pröpper, ebd. 273.

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(soweit ich sehe) durchweg übersehen wird – wie überhaupt die Theodizeefrage, die doch so wichtig für sein Denken ist, in der Origenesforschung kaum einmal thematisiert wird56 –, der aber als Grundsatz für alles Nachdenken über diese Frage gar nicht genug eingeschärft werden kann: Er blickt auf die extrem ungleichen Lebensbedingungen der einzelnen Menschen und formuliert die Frage von daher so, „auf welche Weise diese große Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit der Welt mit der umfassenden Norm der Gerechtigkeit (omnis iustitiae ratio) vereinbar sei“; es sei freilich ausgeschlossen, das Schicksal eines einzelnen Menschen erklären zu wollen, „denn nach der besonderen Erklärung in jedem Einzelfall zu fragen wäre Torheit (imperiti est), und sie geben zu wollen wäre Wahnsinn (dementis est)“.57 Dieser Aussage ist gerade auch in ihrer starken Wortwahl uneingeschränkt zuzustimmen. Kein theologisches oder philosophisches Räsonnement vermag das wie auch immer geartete Geschick eines Menschen zu erklären und sollte dies aus Respekt vor der Würde seiner einmaligen Individualität erst gar nicht versuchen. „In dieser Sache zu erkennen, was die letzte Wahrheit ist, das ist“, sagt Origenes, „dem allein vorbehalten, der ‚alles erforscht, auch die Tiefen der Gottheit‘ (1 Kor. 2,10)“58 – und meint das nicht erkenntnisfreudig, sondern skeptisch durchaus so, dass die Erkundung der „Tiefen der Gottheit“ weit jenseits der Möglichkeiten menschlichen Denkens liegt. Nur auf der Basis dieser Einsicht sind Überlegungen über einen Sinn des Daseins angesichts des Leids möglich, und zwar Überlegungen allgemeiner Art, wie Origenes einschärft, da sich das Problem „nicht mit menschlichem Denken und Reden erklären“ lässt und lediglich Überlegungen zu einer „allgemeinen Norm (oder Erklärung)“ (ratio generalis) angestellt werden können.59 Letzteres tut er durchaus und präsentiert, seiner erkenntnistheoretischen Reserve zuwiderlaufend, doch ein geschlossenes Konzept, in dem der Gedanke der Präexistenz der Seele eine entscheidende Rolle spielt. Über die Erklärungskraft dieses Konzepts ist damit freilich noch nichts ausgemacht, denn die Grenzen, die dem systematischen Nachdenken bei diesem Thema auferlegt sind und die Origenes klar benennt, bleiben unüberwindbar bestehen. Ein einzelner Mensch, der verstehen will, was ihm widerfährt, mag für sich selbst die eine oder andere Erklärung in mancher Hinsicht für plausibel halten – aber das geht nur aus erstpersönlicher Perspektive und unterliegt auch dann 56 Ausnahme: Hal Koch, Pronoia und Paideusis. Studien über Origenes und sein Verhältnis

zum Platonismus (AKG 22), Berlin/Leipzig 1932, 96–159. Das Stichwort ‚théodicée‘ fehlt in den drei Bänden der Bibliographie critique d’Origène von Henri Crouzel, Steenbrugge 1971. 1982. 1996; lediglich zu ‚mal‘ finden sich einige wenige Einträge, in denen das Thema aber nur marginal behandelt wird. 57 Origenes, princ. II 9,4 (GCS Orig. 5, 168). 58 Ebd. II 9,5 (5, 169). 59 Ebd. II 9,4 (5, 167 f.).

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dem Vorbehalt, dass menschliches Erklären hier an eine Grenze stößt. Nur im Bewusstsein dieser Grenze und nur in dem Sinne, dass allgemeine Überlegungen angestellt werden können, die ein konkretes Einzelschicksal aber auch nicht erklären, ist sinnvoll und sensibel der Frage nachzugehen: unde malum?

4. Origenes über Präexistenz und Theodizee Um diese Frage aller Fragen nicht ohne eine Antwort zu lassen, rekurriert Origenes verschiedentlich auf „voraufgehende“ (causae praecedentes) bzw. „ältere Ursachen“ (πρεσβύτεραι αἰτίαι; causae antiquiores), die vor diesem Leben liegen und aus denen sich die konkrete Situation der Welt erkläre.60 Die Präexistenz dient ihm als Annahme, um die Unvollkommenheit der Welt mit der Güte, Allmacht und vor allem mit der Gerechtigkeit des Schöpfers zu vermitteln.61 Seine Argumentation richtet sich gegen Konzepte, die auf Determinismus oder willkürlichen Zufall hinauslaufen, weil das nicht mit der Vorsehung und dem Gericht Gottes vereinbar ist,62 weshalb die Freiheit der Vernunftwesen das grundlegende Axiom seiner Überlegungen darstellt. In diesem Denkgefüge greift er auf den platonischpythagoreischen Gedanken der Präexistenz der Seele zurück,63 doch behandelt er ihn, so sehr er hinter vielen seiner Überlegungen steht,64 nicht als ein Grundaxiom seines Denkens. Seine Denkform besteht vielmehr aus einem Gefüge der 60 Ebd. II 8,3 (5, 161); II 9,6 (5, 170); II 9,7 (5, 171); III 1,21–23 (5, 238. 239. 241): πρεσβύτεραι

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αἰτίαι; III 5,5 (5, 276): ex praecedentibus liberi arbitrii causis instituta fuisset a deo dispositionis ista varietas. Vgl. ebd. III 3,5 (5, 261): causas … quasdam antiquiores etiam hac nativitate corporea; ebd. (5, 262): priores quaedam causae; III 3,6 (5, 262): quaedam anteriores corporeae nativitatis causae. Ebd. II 9,6 (5, 169 f.). Ebd. II 9,5 (5, 169). Konkret war Philon von Alexandria hier die Quelle für Origenes, wie Gerald Bostock, The Sources of Origen’s Doctrine of Pre-Existence, in: Lothar Lies (Hg.), Origeniana Quarta (IThS 19), Innsbruck/Wien 1987, 259–264, hier 259 f., gezeigt hat. Seine Behauptung jedoch, ebd. 260–262, Origenes habe die Präexistenz für einen jüdischen Glauben gehalten, geht aus den von ihm dafür herangezogenen Stellen, bes. in Ioh. comm. II 31,188 f. (GCS Orig. 4, 88); in Ioh. frg. 72 (GCS Orig. 4, 540); in Gen. hom. 12,4 (GCS Orig. 6, 110), nicht hervor (siehe auch unten Anm. 81 und 85). Zwar hat die Vorstellung zunehmend auch in das Frühjudentum Eingang gefunden, weil es mit manchen jüdischen Vorstellungen wie der Präexistenz des Messias kompatibel war, doch kann daraus kein Gegensatz zwischen Platon auf der einen und Philon bzw. dem Judentum auf der anderen Seite konstruiert werden. Die Behauptung von Mark Julian Edwards, Origen against Plato, Aldershot 2002, 87–122, Origenes habe seine Präexistenzvorstellung und überhaupt seine Seelenlehre gegen Platon entworfen, überzeugt daher nicht. Beispiele bei Marguerite Harl, La préexistence des âmes dans l’œuvre d’Origène, in: Lies, ebd. 238–258.

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„Kristallisationspunkte“ Freiheit, Vorsehung, Güte und Gerechtigkeit, über deren Zusammenhang Origenes im Blick auf die konkrete Lebenswelt der Menschen nachdenkt.65 In diesem Denkrahmen fragt er nach der Herkunft der faktischen Vielfalt der Welt und sucht die Antwort in der Kontingenz und damit Veränderbarkeit des Geschaffenen und in enger Verbindung damit in der Fähigkeit der mit Vernunft begabten Wesen zu freier Entscheidung und Selbstbestimmung.66 Freiheit im Sinne sowohl von Wahlfreiheit als auch von Wesensfreiheit ist dabei das Axiom, von dem aus er alle analysierten Fragen und Zusammenhänge in den Blick nimmt.67 Das Theodizeeproblem kommt insofern ins Spiel, als Origenes die Ungleichheiten in der Welt mit der Gerechtigkeit Gottes kontrastiert.68 Um diese zu wahren, sucht er nach Ursachen für die Ungleichheit und vor allem für das Leid, die nicht deterministisch-prädestinatorisch auf Seiten Gottes, sondern freiheitstheoretisch auf Seiten der Menschen bzw. der Vernunftwesen liegen, und bringt an dieser Stelle die „voraufgehenden Ursachen“ ins Spiel, aus denen sich der jetzige Zustand ergebe.69 Da mit dieser moralischen Denkfigur, in der Leid als Strafe für frühere Verfehlungen gedeutet wird, das Problem der Herkunft des Bösen nicht gelöst, sondern nur in eine Existenz vor dem Dasein in dieser Welt verlagert wird, schaltet Origenes dem eine metaphysische Überlegung vor, in dem die Ursache für das Leid in der Form in die Freiheit der Vernunftwesen gelegt wird, als diese als geschaffene – im Unterschied zur „ungeschaffenen Freiheit“ (libertas ingenita) Gottes70 – wandelbar und damit fehlbar ist und das Gute, das dem Schöpfer substantiell zukommt, nur akzidentell besitzt,71 es daher verlieren kann und auch faktisch verliert. Das Leid und das Böse in der Welt werden von Origenes als unvermeidliche Kehrseite der Freiheit kontingenter und unvollkommener Wesen aufgefasst. Zur Kontingenz der Freiheit gehört das Risiko, ihren Sinn zu verfehlen, der darin besteht, dass sich die vernünftigen Wesen die ihnen vom Schöpfer zugedachte und geschenkte Güte und Vollkommenheit selbst als ihre eigene Güte und Vollkommenheit zu eigen machen, „damit in ihnen ein ihnen eigenes Gut 65 Schockenhoff, Zum Fest der Freiheit (wie Anm. 39) 105–162. 66 Origenes, princ. I 2,4 (GCS Orig. 5, 31 f.); I 8,4 (5, 101 f.); II 6,3 (5, 141 f.); II 9,2.6 f. (5, 165 f.

169–171); in Rom. comm. V 10 (p. 449 f. Hammond Bammel). Origenes bestimmt den Menschen als Wesen der Freiheit: Theo Kobusch, Die philosophische Bedeutung des Kirchenvaters Origenes. Zur christlichen Kritik an der Einseitigkeit der griechischen Wesensphilosophie, in: ThQ 165 (1985) 94–105. 67 Schockenhoff, Zum Fest der Freiheit (wie Anm. 39) 103 f. 68 Origenes, princ. II 9,3 f. (GCS Orig. 5, 166–168). 69 Ebd. II 9,6 (5, 170). Siehe oben Anm. 60. 70 In Lev. hom. 16,6 (GCS Orig. 6, 502). Weiteres dazu unten S. 148 und 157. 71 Princ. I 2,4 (GCS Orig. 5, 31 f.); II 9,2 (5, 165 f.); in Matth. comm. XV 10 (GCS Orig. 10, 374); Cels. VI 44 (GCS Orig. 2, 114).

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entstehe, da sie es mit ihrem eigenen Willen bewahrten“72 – was faktisch auch immer wieder misslingt. Der Gedanke der Präexistenz, oder genauer: von Fehlern, die ein Mensch schon vor seiner Geburt gemacht hat, ist in diesem Konzept eigentlich nur nötig, um Lebensumstände zu erklären, die nicht auf Scheitern und Versagen im diesseitigen Leben zurückgeführt werden können, also die Situation, in die ein Mensch hineingeboren wird, und die natürliche Konstitution, mit der er geboren wird.73 Der Grundgedanke des Origenes besteht darin, Unterschiede zwischen den Menschen auf unterschiedlichen Gebrauch ihrer Freiheit zurückzuführen und sie nicht deterministisch-fatalistisch als heteronom und definitiv festgeschrieben auszugeben, sondern sie pädagogisch und paränetisch als autonom veränderbar aufzufassen. In dieser Hinsicht befinden sich alle Menschen trotz aller Unterschiede in der gleichen, von Gott providentiell je nach Verfehlung und Bedürfnis individuell verschieden arrangierten Situation, worin für Origenes „das volle Prinzip der Gerechtigkeit (omnis ratio aequitatis) deutlich wird: die Ungleichheit in der Sache bedeutet Gleichheit in der Vergeltung der Verdienste“, ohne dass freilich – denn eine Erklärung für ein individuelles Schicksal geben zu wollen, wäre „Torheit“ und „Wahnsinn“74 – im Einzelfall erklärt werden könnte, „wie es sich mit diesen Verdiensten verhält“.75

5. Rusts Argumente für die Präexistenz der Seele In den Ausführungen zur Präexistenz im Letter of Resolution76 finden sich alle Bausteine dieses komplexen Gedankengangs wieder, allerdings unterwirft Rust sie einer anderen inhaltlichen Logik und kommt dabei auch zu Überlegungen, die tendenziell sogar in Widerspruch zum Grundgedanken des Origenes stehen. Rust präsentiert die Präexistenz und den Fall der Seelen der Menschen als „Hauptlehren“ des Origenes (Nr. II und III),77 weist dem Präexistentianismus also einen zentralen systematischen Stellenwert in der Theologie des Origenes zu. Damit folgt er weniger der Denkweise des Origenes selbst als vielmehr der origenistischen Tradition, in der die Präexistenz zu einem Hauptmerkmal des Origenismus

72 Princ. II 9,2 (GCS Orig. 5, 165). Ebd. III 1,6 (5, 201) betont Origenes, „dass es unsere eigene

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Leistung ist, gut zu leben, und dass Gott dies von uns fordert als etwas, das nicht von ihm ist oder von einem anderen kommt oder, wie manche meinen, von der Schicksalsnotwendigkeit, sondern als unser eigenes Werk“. Ebd. II 9,3 (5, 165 f.). Ebd. II 9,4 (5, 168). Siehe oben S. 142. Ebd. II 9,8 (5, 172). [Rust], Letter of Resolution 21–55. Ebd. 14. Siehe den Überblick über den Aufbau des Letter of Resolution unten S. 356 f.

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geworden ist, das ihm als einer seiner zentralen Irrtümer vorgeworfen wurde,78 weshalb Rust sie verteidigt.79 Wie in den anderen Themenkomplexen, die Rust erörtert, erweist sich der Letter of Resolution in dieser Hinsicht als Produkt des Origenismus, nach dessen genauer Beziehung zum Denken des Origenes präzise zu fragen ist.80 Eher im Blick auf die antiorigenistischen Vorwürfe als auf Origenes selbst führt Rust Argumente für die Präexistenzlehre vor, mit denen sie sich beweisen lässt – was Origenes so nie getan hat, weil er dieses Philosophumenon lediglich als gleichsam bereitliegenden Baustein benutzte, um anders gelagerte Probleme zu erörtern. Abschließend – um seinem Gedankengang in diesem Punkt vorzugreifen – geht Rust dazu auch der Frage nach, ob sich die Präexistenz aus der Bibel beweisen lasse, sieht aber klar, dass „die Schrift an keiner Stelle klar und ausdrücklich lehrt, wann die Seele zuerst geschaffen wurde und ins Dasein trat“.81 Gleichwohl meint er „einige Stellen“ finden zu können, „die ihre Präexistenz nahe legen“,82 näherhin Joh. 17,4 f., 16,29 und Phil. 2,6–8, wo es um die Präexistenz Christi geht, aus der die Präexistenz aller Seelen insofern abzuleiten ist, als Jesus, wenn er wahrer Mensch sein soll, grundsätzlich dieselbe Seele wie jeder Mensch haben muss,83 sowie die Heilung des blind geborenen Mannes und Gleichnisse wie das vom verlorenen Sohn.84 Er kommt freilich nicht darum herum, das diesbezügliche „Schweigen unseres Erlösers“ bzw. der Bibel einzugestehen und dieses silentium nur insoweit als argumentum einzustufen, wenn man bedenkt, „welche 78 Vgl. dazu Harl, La préexistence des âmes (wie Anm. 64) 238–240. 79 [Rust], Letter of Resolution 14. 80 Josef Lössl macht in seinem Beitrag zu diesem Band (oben S. 59–83) klar, dass Rust (aus

heutiger Sicht unhistorisch) in seiner Darstellung der Geschichte des ersten Origenismusstreits nicht zwischen Origenes/origeneisch und Origenismus/origenistisch unterscheidet. Auch bei seiner Liste von „Hauptlehren“ „handelt es sich um eine idealtypische Zusammenfassung der im späten 4. Jahrhundert umstrittenen Lehren des Origenes“ (siehe oben S. 60 Anm. 6). 81 [Rust], Letter of Resolution 40. Der Versuch von Peter W. Martens, Origen’s Doctrine of Pre-Existence and the Opening Chapters of Genesis, in: ZAC 16 (2012) 516–549, die Präexistenzlehre bei Origenes aus seiner Interpretation von Gen. 1–3 abzuleiten, scheitert daran, dass Origenes Adam als historische Person auffasst: Harl, La préexistence des âmes (wie Anm. 64) 244–247. 82 [Rust], ebd. 83 Origenes, princ. II 6,5 (GCS Orig. 5, 144), konstatiert explizit, „dass die Natur jener Seele dieselbe war wie die aller Seelen“, bringt diesen Gedanken allerdings nicht mit Präexistenz, sondern mit Freiheit in Verbindung, so dass er nur als implizite systematische Konsequenz den Präexistentianismus stützt. 84 Diskutiert bei [Rust], Letter of Resolution 40–45. Ebd. 52 leitet er die Präexistenz zudem aus der Sünde Adams nach Gen. 3 ab, und zwar näherhin nach Röm. 5,12 und 1 Kor. 15,21 f. – also gerade die Stellen, die Augustinus als Beleg für seine Erbsündenlehre herangezogen hat. Beidemal werden die Aussagen dieser Stellen aus Gründen erhellt, die der irdischen Existenz des Menschen vorausliegen.

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weitreichenden Konsequenzen sich durch die Annahme bzw. Ablehnung dieser Präexistenzlehre für das Gesamtgefüge der christlichen Religion von ihrem Anfang bis zu ihrem Ende ergeben müssen“.85 Weil die Bibel die spezielle Frage, wie man sich die Herkunft der Seele genau vorstellen soll, also nicht zu klären vermag, ist es dieses „Gesamtgefüge der christlichen Religion“, aus dem Rust seine beiden entscheidenden Überlegungen, mit denen er die Präexistenzlehre zu beweisen gedenkt, gewinnt. Rusts erstes Argument86 ist eine ontologische Begründung für „eine nach vorn wie nach hinten ewige Existenz“ der „Natur der Seele“, die regelrecht eine Summe der Metaphysik der Cambridger Platoniker darstellt. Aufgrund ihrer Teilhabe am „Leben an sich“ ist die Seele, verstanden als Lebensprinzip, „eine Wesenheit, die zu ewiger Existenz fähig ist“, weil sie so wenig sterben kann, „wie das Unteilbare geteilt werden oder das Leben selbst sterben kann“. Als „univoke Emanation“ ist die Seele „entsprechend dem Maß ihrer Fähigkeit“, aber doch substantiell „das, was ihr Vater in der denkbar vollkommensten und unendlichsten Weise ist: Leben an sich oder ewiges Leben“, weil „die Kräfte und Wirkweisen des Lebens keine Dinge sind, die sich wie lose angefügte Akzidentien nach Belieben an- und ablegen ließen, sondern innere Merkmale der Wesensstruktur derjenigen Substanz, der sie innewohnen“.87 Zwischen dem Schöpfer und seinem Geschöpf, der Seele, gibt es einen substantiellen geistigen Zusammenhang dergestalt, dass für das Partizipierte und das Partizipierende dieselben Aussagen in derselben inhaltlichen Bedeutung gelten, hier: Leben zu sein. Diese Univozität ist der metaphysische Grundgedanke des Cambridger Platonismus – von Rust mit dem Neologismus der „univoken Emanation (univocal production)“ auf den Begriff gebracht –, mit dem sie ihr Hauptanliegen, die Moralbegriffe als absolut und universal gültig auszuweisen, fundieren.88 Er ist platonisch, wie sich Rust denn auch namentlich auf Plotin und seine Emanationstheorie bezieht,89 auf „diese lange Kette des Lebens und Seins, wie sie sich vom Allerhöchsten bis zum Allerniedrigsten, von der vollständig unkörperlichen Gottheit bis zur bloßen Materie entfaltet“.90 Die tat85 [Rust], ebd. 44 in Bezug auf die Heilung des blind geborenen Mannes, wo Jesus nichts

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dazu sagt, wer denn nun gesündigt habe: er oder seine Eltern? (Joh. 9,2). Auch Origenes, in Ioh. frg. 72 (GCS Orig. 4, 540), hat diese Bibelstelle vermutlich schon im Zusammenhang mit der Präexistenz diskutiert, doch wird in dem kurzen Fragment dieser Konnex nicht explizit genannt, und in Gen. hom. 12,4 (GCS Orig. 6, 110) weigert er sich, dem Problem dieser Bibelstelle näher nachzugehen, so dass hier zur Präexistenz nichts gesagt wird. [Rust], ebd. 23–26. Ebd. 24. Siehe dazu den Beitrag von Christian Hengstermann, oben S. 29 f. Vgl. etwa Plotin, enn. IV 1 (p. 8 f. Henry/Schwyzer2 bzw. Ia p. 360 f. Harder), wo es von der Seele heißt, dass sie gleichsam „ohne Teilung geteilt wird“ und „sich bis in diese Welt ergießt wie eine Linie aus dem Kreismittelpunkt“. [Rust], Letter of Resolution 46.

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sächliche Existenz einer aufgrund dieses Zusammenhangs „mit Gott sozusagen gleichewigen“ Seele begründet Rust ebenfalls platonisch, indem er „den Hervorgang aller Dinge auf die in der Gottheit beschlossene überfließende Lebensfülle zurückführt, die sich infolge der segensvollen Pflicht und Notwendigkeit ihrer Natur, sich selbst auf höchste Weise mitzuteilen, zur Ganzheit der Seinspotentialität wie in eine entsprechende Zahl empfänglicher Gefäße veräußert hat“.91 Auch in der Predigt God is Love nennt Rust als Grund dafür, dass die Welt existiert, dass Gott „seiner Schöpfung seine Güte mitteilen und sie mit an seiner eigenen Glückseligkeit und Freude teilhaben lassen wollte“, denn „die göttliche Liebe ist der Ursprung aller Dinge“, und malt diesen Gedanken rhetorisch kraftvoll aus: „Gott ist ein Meer der Liebe und Güte, dem es gefällt, über seine Ufer zu treten und auf seine Geschöpfe hereinzubrechen und sie glückselig sein zu lassen.“92 Diesen Grund für die Schöpfung aus Platons Timaios,93 die Güte Gottes,94 hat auch schon Origenes angeführt, der annahm, dass Gott „keinen Grund für das Schaffen hatte als sich selbst, das heißt seine Güte“,95 denn, so greift Rust diesen Gedanken auf, „das, was unendlich gut ist, muss mit logischer Notwendigkeit alles tun, was gut ist“.96 Die Notwendigkeit dieses Schöpfungsaktes als Selbstentäußerung des auf Selbstmitteilung angelegten Wesens Gottes denkt Origenes insofern als Willensakt,97 als das, was man ‚Wille Gottes‘ nennen könnte, eben sein Tätigsein in durch nichts bedingter Freiheit (libertas ingenita) ist, die sein Wesen notwendig konstituiert und damit mit seinem Sein identisch ist. Auch Rust will dem Verdacht einer natürlichen Notwendigkeit im Schöpfungsprozess vorbeugen und erweitert deshalb die traditionelle Metapher von Sonne und Licht um die Kategorie der Freiheit: Gott „ist eine freie Sonne von Licht und Herrlichkeit, die jeden ihrer Untertanen, der dazu imstande ist, mit ihren belebenden und erquickenden Strahlen erfüllt“.98 91 Ebd. 25. Vgl. ebd. 46: „Die unendliche Fülle des Guten, jener erste segensvolle Quell und

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Ursprung aller Dinge, teilte bei deren Erschaffung allen möglichen Stufen des vielfältigen Lebens etwas von sich mit, so wie es ihrer substantiellen Weisheit, die ihr in Ewigkeit beisteht, im Blick auf die geschaffenen Dinge am besten und in sich am angemessensten und schicklichsten schien.“ Ebd. 101 zur „ewigen Weisheit und Güte, die alle Dinge und Lebensstufen durchdringt und in ihnen allen Einprägungen ihrer selbst hinterlassen hat“. God is Love 5. Vgl. ebd. 7. Platon, Tim. 29 d 7–30 c 1. Vgl. auch unten Anm. 138. Vgl. [Rust], Letter of Resolution 87: „Gott war damals unendlich gut und gütig, und diese seine unendliche Güte bewog ihn dazu, die Welt zu erschaffen.“ Origenes, princ. II 9,6 (GCS Orig. 5, 169). [Rust], Letter of Resolution 25. Origenes, princ. II 9,1 (GCS Orig. 5, 164). Dass „Gott durch seinen Willen“ (τῷ βουλήματι) die „Vernunftwesen ins Dasein treten ließ“, geht aus dem bei Justinian, epist. ad Menam frg. 24 (ACO III 190), erhaltenen Fragment hervor. In Rufins Übersetzung ist nur von einem „Schaffen Gottes“ (fecisse deum) ohne nähere Präzisierung die Rede. Rust, God is Love 5 (Hervorhebung: A. F.) und dazu unten S. 238 f. Anm. 10.

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In dem calvinistisch geprägten Kontext, in dem er argumentiert, vermeidet er es jedoch, vom ‚Willen‘ Gottes zu sprechen, damit „Gott nicht aufgrund unberechenbarer Launen handelt“,99 um nicht dem Gedanken eines Willkürgottes Tür und Tor zu öffnen und damit der universalen Absolutheit der moralischen Axiome das ontologische Fundament zu entziehen. Dieser Konsequenz vermag Rust dadurch zu entgehen, dass er den Willen Gottes mit Origenes als an Gottes Wesen gebunden betrachtet, wodurch Willkür deshalb ausgeschlossen ist, weil dem guten Wesen nur ein guter Wille korrespondieren kann, in dem das Wesen zum Ausdruck gebracht wird; nochmals mit der Sonnen-Metapher gesagt: „Wäre die Sonne eine frei handelnde Person, könnte sie dann wohl die Entscheidung treffen, nicht zu scheinen?“ Rusts Antwort ist klar: „Gott ist unendliche Güte, und es ist das Wesen der Güte, sich selbst mitzuteilen. Eher kann sich die Sonne in eine Wolke verwandeln und aufhören, der Schatz des Lichtes zu sein, als es Gott möglich wäre, nicht gut zu sein und demgemäß nichts Gutes zu tun.“100 Noch stärker origeneisch ist Rusts zweites Argument für die Präexistenz der Seele imprägniert, das „Argument aus der Vorsehung“,101 das er im Anschluss an Origenes in zweifacher Form ausführlich entfaltet: einmal als Argument aus den sozialen Zwängen, „dem Ort und der Zeit, in die wir hineingeboren werden“, einmal als Argument aus den körperlichen Unbilden, „der Natur und Beschaffenheit des Körpers, mit dem wir geboren werden“.102 Für beides liefert Rust eine eindringliche Beschreibung103 und sieht in der Annahme der Präexistenz, genauer: der Deutung der Plagen des Daseins in dieser Welt als Folgen von Verfehlungen in einer vorausgehenden Existenz den einzigen Ausweg aus diesem ihn offenbar sehr bedrängenden Dilemma,104 der „sich den wahren Sprösslingen himmlischer Wahrheit und göttlichen Wissens als so belebend und erquickend erweist wie dem frühlingshaften Gedeihen der Schauer und der Sonnenstrahl“.105 Die Konstruktion zweier analoger Determinismen durch Rust, die Prägung durch die Gesellschaft mit ihren in Geschichte und Gegenwart größtenteils fehlgeleiteten Normen und die Einschränkung durch unseren Körper mit seinen größtenteils fehlgesteuerten Leidenschaften, weshalb wir von unserer heilbringenden Freiheit nur höchst unzureichend Gebrauch machen, mutet sehr modern an und kann als 99 100 101 102

Letter of Resolution 25. God is Love 11. 12. Letter of Resolution 26–38, das Zitat ebd. 29. 34. 38. Ebd. 26 mit Rekurs auf Origenes, princ. II 9,3 (GCS Orig. 5, 166 f.) und Cels. VI 43 f. (GCS Orig. 2, 113–115). In princ. II 9,5 (GCS Orig. 5, 168 f.) gibt Origenes eine ähnliche Argumentation der Gnostiker wieder, die freilich auf die deterministische Lösung unterschiedlicher ‚Menschennaturen‘ hinausläuft, die Origenes entschieden bekämpfte. 103 [Rust], ebd. 27–29 und 34 f. 104 Ebd. 30. 31. 33. 37. 105 Ebd. 34.

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Indiz dafür gewertet werden, dass die Cambridger Origenisten nicht einem vergangenen Paradigma von Theologie und Philosophie verhaftet waren, sondern an den geistigen Aufbrüchen des Frühen Neuzeit mit ihrem zunehmenden Interesse an anthropologischen und sozialen Zusammenhängen partizipierten. Die Vorsehung Gottes gehört neben seiner Güte und Gerechtigkeit zu den Axiomen der Cambridger Platoniker,106 die sie mit dem Gottesbegriff des Origenes teilen. Wie dieser haben sie das Problem der Vereinbarkeit der „Werke der Vorsehung mit den heiligen Attributen der Gottheit“107 angesichts des „ganzen Verzeichnisses des menschlichen Elends“,108 das viele antike Theologen ausführlich beschrieben und beklagt haben.109 Die Nöte, in die Rust durch die Diskrepanz zwischen der Güte und Gerechtigkeit der Vorsehung Gottes und dem irdischen Elend gerät, verschärfen sich dadurch, dass er mit seiner Theoriebildung unbeschadet zwischen Skylla und Charybdis hindurchkommen möchte, ohne diese Diskrepanz klein zu reden. Einerseits will er sich des Theodizeeproblems natürlich nicht dadurch entledigen, dass man die Existenz Gottes oder seine Vorsehung bestreitet, was er als „Atheismus und Epikureismus“ geißelt.110 Andererseits, und das ist sein wichtigeres Anliegen, wendet er sich energisch gegen die calvinistischen Schultheologen seiner Zeit, die „von diesem Problem nicht viel Federlesens machen, sondern mit größter innerer Unbeschwertheit und Zufriedenheit alles auf den souveränen Beschluss Gottes zurückführen können, der als Schöpfer und Herr aller Menschen, so sagen sie, mit diesen verfahren könne, wie (und an welchem Ort) er wolle“.111 Aus dem bloßen Rekurs auf „den Willen und die Souveränität Gottes“ lasse sich nämlich, so Rust, kein überzeugendes Argument gegen die Leugner der Vorsehung oder der Existenz Gottes gewinnen, weil – aus deren Sicht – ein Gottesbild, das mit den für einen Gott, wenn es ihn denn gebe, erforderlichen Attributen der unendlichen Güte, Weisheit, Allmacht und Souveränität ausgestattet ist, mit den Phänomenen dieser Welt gerade nicht zu vereinbaren und daher abzulehnen sei.112 Dem alten epikureischen Argument, Gott habe keinen Einfluss auf die Welt, weil er das Böse entweder nicht verhindern könne (dann ist er nicht allmächtig) oder nicht verhindern wolle (dann ist er 106 107 108 109

Siehe oben S. 140. [Rust], Letter of Resolution 26. Origenes, princ. II 9,3 (GCS Orig. 5, 167). Zum Beispiel Hieronymus, in Eccl. 1,13 (CChr.SL 72, 259); 8,16 f. (72, 321); epist. 39,2 (CSEL 54, 296 f.); 130,16 (56, 196 f.), und Augustinus, civ. XIX 4–10 (II p. 356–370 Dombart/ Kalb); XXII 22 (II p. 603–608); epist. 166,16 (CSEL 44, 569 f.), speziell über die Leiden von Kindern. Siehe dazu Alfons Fürst, Von Origenes und Hieronymus zu Augustinus. Studien zur antiken Theologiegeschichte (AKG 115), Berlin/Boston 2011, 432–438. 110 Ebd. 32. Siehe oben S. 141 zum Leid in der Welt als „Fels des Atheismus“. 111 Ebd. 31. 112 Ebd. 33.

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nicht gut),113 entkommt man nach Rust nicht mit dem Hinweis auf die absolute Souveränität Gottes, weil man so nicht aus dem Widerspruch zwischen Güte und Allmacht herauskommt. Ferner protestiert Rust im Namen des Menschen gegen die Vorstellung eines an keine Werte gebundenen (‚absoluten‘) Willkürgottes: Ein Mensch sei nicht dazu da, um nach den unergründlichen Ratschlüssen eines souveränen Gottes „Qual und Schmerz“ zu erleiden, sondern „ein viel nobleres Geschöpf, und das, was seinen Intellekt und unsterblichen Geist antreibt, ist von weit größerer Bedeutung und mithin ein angemessenerer Gegenstand der Sorge und Vorsehung Gottes, sofern es denn so etwas wie eine Vorsehung gibt“.114 Rust wendet hier sein erstes Argument für die Präexistenz gleichsam auf das zweite Argument an: Gegen den Versuch, die Diskrepanz zwischen einem guten, gerechten und allmächtigen Gott und leidvoller menschlicher Existenz durch den Verweis auf die absolute Souveränität Gottes zu erklären, insistiert er darauf, dass die Attribute, die dem Begriff von Gott zuzuschreiben sind, damit falsch gewichtet werden und daraus kein Argument gegen die Bestreitung der Vorsehung oder der Existenz Gottes abgeleitet werden kann. Rust stellt nicht in Frage, dass Gott das Attribut der Allmacht zuzuschreiben ist, aber er besteht darauf, dass diese sich qualitativ an den Attributen der Güte, Gerechtigkeit und Weisheit zu orientieren hat, wenn der Gottesbegriff sinnvoll mit menschlichen Wertvorstellungen verknüpfbar sein soll.115 So erscheint ihm die Annahme der Präexistenz als einziger Ausweg zwischen den Mühlsteinen des Atheismus und Epikureismus einerseits und eines absolutistischen Willkürgottes andererseits, denn „gleich, welches Verhängnis dem maroden Bauwerk der herkömmlichen Theologie in Gestalt solch wohlfundierter Argumente [sc. der ‚Atheisten‘ und ‚Epikureer‘] droht, das Haus der Weisheit und Wahrheit, das die Präexistenz zu einem seiner Pfeiler gemacht 113 Epikur, frg. 374 Usener: „Gott, so sagt er [sc. Epikur], will entweder das Böse beseitigen

und kann es nicht, oder er kann es und will es nicht, oder er will es nicht und kann es nicht, oder er will es und kann es. Wenn er es will und nicht kann, ist er schwach, was auf Gott nicht zutrifft. Wenn er es kann und nicht will, ist er neidisch, was gleichermaßen mit Gott nicht vereinbar ist. Wenn er es weder will noch kann, ist er sowohl neidisch als auch schwach und deshalb auch kein Gott. Wenn er es will und es kann, was allein zu Gott passt, woher stammt dann das Böse? Oder warum beseitigt er es nicht?“ Übersetzung: Epikur, Wege zum Glück, hg. und übers. von Rainer Nickel, Düsseldorf/Zürich 22006, 65. Laktanz, der diesen Text überliefert, gesteht dem Argument eine nicht geringe Überzeugungskraft zu, wenn er es wie folgt kommentiert, ira dei 13,22 (p. 46–48 Kraft/Wlosok): „Ich weiß, dass gewöhnlich die meisten von den Philosophen, die die Vorsehung verteidigen, durch diese Beweisführung in Verlegenheit geraten und beinahe wider Willen sich zu dem Geständnis drängen lassen, Gott kümmere sich um nichts, worauf es Epikur vor allem ankommt“; Übersetzung: Laktanz, Vom Zorne Gottes, eingel., hg., übertr. und erl. von Heinrich Kraft/Antonie Wlosok (TzF 4), Darmstadt 41983, 47–49. 114 [Rust], Letter of Resolution 32 f. 115 Henry More hat im selben Sinn gegen theologischen Voluntarismus argumentiert: Crocker, Preexistence (wie Anm. 3) 80–82.

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hat, steht so fest wie eine hochragende Pyramide“.116 In der origeneischen Theodizeestrategie sieht Rust die einzige Möglichkeit, den Angriffen auf die traditionelle Theologie, wie sie von den Vertretern der neuen mechanistischen Theorien vorgebracht wurden,117 fundierte Argumente entgegenhalten zu können. Im Kern der origeneischen Theodizeestrategie steht der Gedanke der Freiheit der von Gott geschaffenen Vernunftwesen.118 Der Hinweis auf deren Freiheit dient ihm als zentrale Erklärung für das Theodizeeproblem, wohingegen die Präexistenz nur eine zeitliche Extrapolation dieses Arguments in ein Vorher ist. Auch Rust kommt daher noch auf den Freiheitsgedanken zu sprechen, denn ohne ihn vermag die Präexistenztheorie nicht das zu leisten, was er ihr zuschreibt, allerdings tut er dies in einer recht eigentümlichen Form. Wo er zum ersten und auch einzigen Mal im Letter of Resolution das Thema der Freiheit erörtert,119 tut er dies merkwürdig distanziert in der Weise, dass er die Freiheitsidee anderer Leute zur Sprache bringt, die in der Form, wie diese sie vertreten, nicht die seine ist. Er gibt da recht knapp eine Debatte über das Theodizeeproblem wieder, in der „manche Menschen von der Freiheit, dem freien Willen und einem herrschenden Vermögen in uns sprechen“ und darin offenbar die Lösung für die Nöte sehen, die aus der Natur des Menschen resultieren (konkret: Zorn, Dummheit, körperliche Lust, Angst), wogegen andere, die er als deren „Widersacher“ einführt und die unschwer als Vertreter der Prädestinationslehre zu erkennen sind, den „tiefen Fall und Niedergang der gesamten Menschheit … ohne viel Aufhebens ausdrücklich auf Gott zurückführen“. Gegen letztere Position, die Rust im Verein mit allen Mitgliedern der Cambridger Platoniker entschieden bekämpft, schlägt er sich allerdings nicht einfach auf die Seite der Freiheitstheologen, sondern sucht den „wahren Grund“ für das Elend der Menschen, „der weder der Erfahrung widerspricht noch der Herrlichkeit des Allmächtigen Gewalt antut“. So stimmt er den Freiheitstheologen darin zu, dass es blasphemisch sei, „Gott zum Urheber eines so verhängnisvollen Phänomens zu machen“, weil damit, wie er den Calvinisten vorhält, falsche Wertsetzungen im Gottesbild vorgenommen werden, die mit menschlichen Wertsetzungen nicht kompatibel sind.120 Umgekehrt stimmt er den 116 [Rust], Letter of Resolution 33. 117 Dem Nachweis, dass diese als ‚atheistisch‘ zu qualifizieren seien, dient der ganze große ers-

te Teil von Ralph Cudworth’ True Intellectual System of the Universe von 1678 (siehe oben Anm. 47), den Cudworth von diesem riesenhaften Werk einzig fertiggestellt hat. Siehe dazu Christian Hengstermann, Die „Cambridge Platonists“. Freiheitsmetaphysik und All-Einheitsspekulation im neuzeitlichen Christentum, in: Weichert/Hengstermann, Anne Conways Principia Philosophiae (wie Anm. 5) 13–39, hier 15–19. 118 Siehe oben S. 144 mit Anm. 66. 119 [Rust], Letter of Resolution 35 f., wo alle folgenden Zitate zu finden sind. Zu ebd. 49 f. siehe unten S. 158. 120 Siehe oben S. 149. – Diesen Kerngedanken expliziert Rust, Letter of Resolution 39 f., auch an einem reichlich merkwürdigen dritten Argument für die Präexistenz, das er bei Hiero-

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Prädestinationstheologen aber in ihrem Einwand gegen die Freiheitstheologen zu, dass diese die Tiefe des menschlichen Elends verkennen „und sich in einen Widerspruch zur Erfahrung begeben“. Daher fragt auch Rust die Freiheitstheologen, ob es nicht im Blick auf „die Beschaffenheit unserer Natur“ und der „starken Neigungen zum Bösen, die von Natur aus in uns sind“, und wenn wir bedenken, welchen Einschränkungen „die Entscheidungen unseres Willens“ unterliegen, „der dort, wo es ihm widerstrebende Bräuche und Affekte gibt, niemals frei ist“, ob es also angesichts dieser Realität nicht sehr unwahrscheinlich sei oder, wie Rust es formuliert, „die Wahrscheinlichkeit nicht bei Hunderten (hundreds im Plural) zu Eins liegt, dass wir eher den Weg des Lasters als den der Tugend wählen.“ Rust spricht sich gegen eine Vorstellung von Freiheit aus, in der die elende Realität des Daseins zu wenig beachtet oder gar ignoriert wird. Deshalb hält er „die Beobachtung“ der Prädestinationstheologen, die diese den Freiheitstheologen vorhalten, „für zutreffender, dass das Missverhältnis außerordentlich groß ist“, nämlich das Missverhältnis zwischen der „Schönheit“ der „Wege der Heiligkeit und Tugend“ und dem Ausmaß, in dem Menschen „hinter dem Guten und der Tugend zurückbleiben bzw. dem Bösen zuneigen“. Grundsätzlich freilich schlägt sich Rust gegen die Prädestination auf die Seite der Freiheit, weil sonst sein ganzes Eintreten für die Güte und Gerechtigkeit nymus gefunden hat und offenbar für ein Argument des Origenes hält. Ausgangspunkt ist eine gegnerische Position, die zur Erklärung der Herkunft der menschlichen Leidenschaften und Laster davon ausgeht, dass „es die segensvolle Majestät des Himmels und der Erde wäre, die gewissenhaft dafür Sorge trüge, dass unmoralische Personen miteinander unsauber verkehren und schließlich gar widerwärtige Abartigkeiten wie Inzest und Unzucht mit Tieren tun könnten, und die kraft eines Akts der Vorsehung die unreinen Anlagen hierzu sorgfältig vervollkommneten“ (ebd. 39). Rust nimmt daran ebenso wie „ein feinsinnig denkender Christ wie Origenes“ Anstoß, weil es degoutant ist, vor allem aber, weil es die Verantwortung für solches Treiben auf Gott schiebt: Im Sinne eines reinen Determinismus wäre dies vielleicht einigermaßen vorstellbar, doch „sich ein so spezielles Eingreifen seines [sc. Gottes] machtvollen Willens in einer so abstoßenden Sache auszumalen, das ist ein schlimmer Affront gegen die erhaben herrschende Majestät, das heißt, ihn tun lassen, was sie selbst [sc. die Vertreter der kritisierten Position], wenn es in ihrer Macht stände, aus Scham niemals täten“ (ebd.). Von der Abgeschmacktheit dieses Beispiels abgesehen, ist es erneut die Univozität von menschlichen und göttlichen Werten, die Rust solchen Überlegungen entgegenhält, weswegen er auch dazu auf „die innere Prägung, die der Geist eines Menschen empfangen hat“ verweist (ebd. 40), wie er sie im ersten Argument erläutert. – Auf welche Aussage des Hieronymus sich Rust hier bezieht, ist schwer auszumachen. Vielleicht steht dahinter der Vorwurf gegen den Kreatianismus in c. Rufin. III 28 (SC 303, 292), wenn Gott auch für in Ehebruch und Inzest gezeugte Kinder eine Seele erschaffe, mache er sich zum Komplizen (cooperator) verderbter Menschen, was schon Hieronymus mit dem Hinweis zurückwies, die Unmoral des Produzenten dürfe nicht seinem Produkt zur Last gelegt werden (das heißt Gott dürfe einem Neugeborenen nicht deshalb keine Seele schaffen, weil seine Eltern Sünder sind), worin Augustinus, epist. 166,15 (CSEL 44, 567 f.), ihm beipflichtete.

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Gottes gegen den calvinistischen Gott willkürlicher Allmacht hinfällig werden würde: Der Mensch kann in Freiheit „den Weg der Tugend wählen“ und „in unserer Hoffnung, dass unsere Mühen nicht vergebens sein werden, in der Tugend und in allem Guten und Lobenswerten wachsen und fortschreiten“.121 Allerdings vertritt Rust kein naives Freiheitsverständnis, gemäß dem wir zum Beispiel unsere natürlichen Triebe „in der rechten Ordnung halten und dies, wenn wir nur darauf acht geben wollten, auch ohne Schwierigkeiten vollbringen könnten“,122 wie die von ihm kritisierten Freiheitstheoretiker meinen, sondern lenkt den Blick mit allem Nachdruck auf all die Hindernisse, die der Freiheit des Menschen entgegenstehen und ihre Ausübung allzu oft einschränken oder gar verhindern. Wie Origenes betrachtet Rust „Güte und Wahrheit“ „nicht als Teil der Natur und Substanz der niederen Naturen“, „so dass sie kraft eines höchst beglückenden Zwangs in einer unaufhörlichen Schau begriffen und außerstande wären, ihren Blick je von diesen herrlichen Ideen abzuwenden oder von ihren Gesetzen abzuweichen“, sondern so, dass sie ihnen „nur auf mehr akzidentelle Weise“ zukommen und „ihre Wirkung nur unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen entfalten“.123 Rust wendet sich gegen einen Freiheitsbegriff, der über die Erfahrung des tiefen Elends, in dem der Mensch in dieser Welt steckt, allzu rasch oder leichtfertig hinweggeht, und trägt sehr viel Realismus und Skepsis, was die tatsächlichen Chancen des Menschen zur Besserung seiner Situation angeht, in sein Konzept ein, das aber gleichwohl das origeneische Freiheitskonzept ist. Verglichen mit Origenes scheint Rust pessimistischer zu sein, aber so optimistisch, wieviele Menschen in dieser Welt ihre Freiheit tatsächlich dazu nutzen, sich zu Gott zurückzuwenden, ist Origenes ja auch nicht.124 121 122 123 124

[Rust], Letter of Resolution 36. 59. Ebd. 35 (Hervorhebung: A. F.). Ebd. 49. Es ist gerade die Diskrepanz zwischen der erhofften Vollkommenheit aller Vernunftwesen und der unvollkommen bleibenden Welt, die Origenes dazu bringt, mit so vielen sukzessive aufeinander folgenden (und, antistoisch, nicht identischen) Welten zu rechnen, wie nötig sind, um den mühseligen Prozess der Erlösung, der ohne die läuternde Wirkung von Strafen für Verfehlungen nicht funktioniert, an sein Ziel, die „Wiederherstellung von allem“, zu bringen: Fürst, Origenes (wie Anm. 109) 172 f. Vgl. beispielsweise Origenes, princ. I 6,3 (GCS Orig. 5, 84): „So werden manche in der ersten Epoche, andere in der zweiten, einige in der letzten durch besonders schwere Strafen hindurch, die lang dauern und sozusagen äonenlang zu ertragen sind, in einem besonders harten Reinigungsprozess wiederhergestellt und wieder eingesetzt“; ebd. III 6,6 (5, 287 f.): „Dies muss man sich aber nicht als ein plötzliches Geschehen vorstellen, sondern als ein allmähliches, stufenweise im Laufe von unzähligen und unendlich langen Zeiträumen sich vollziehendes, wobei der Besserungsprozess langsam einen nach dem anderen erfasst; einige eilen voraus und streben rascher zur Höhe, andere folgen in kurzem Abstand, und wieder andere weit hinten.“ [Rust], Letter of Resolution 81–95, verteidigt diesen Gedanken des Origenes bei der Erläuterung der sechsten „Hauptlehre“ ausführlich (dazu der Beitrag unten S. 199–217) und

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6. Zwischen Freiheit und Determinismus „Im 17. Jahrhundert dominiert die Überzeugung vom objektiven Charakter der Wahrheit und des Wertes, wie sie für den zeitgenössischen Rationalismus charakteristisch ist“.125 Zusammen mit den platonisierenden Theologen von Cambridge entspricht George Rusts Brief zur Aufklärung über Origenes und seine Hauptlehren dieser philosophischen Mentalität, indem er gegen den voluntaristischen Willkürgott der calvinistischen Tradition auf der Rationalität der Theologie und der Allgemeingültigkeit absoluter Werte beharrt und moralischen Werten insofern die Priorität über den Willen Gottes einräumt, als auch dieser an jene gebunden ist.126 Das Gute ist nicht gut, weil Gott es will, sondern Gott will das Gute, weil es gut ist (und weil er gut ist). Voluntaristen wie Edward Warren und Samuel Parker127 ordneten die Güte Gottes seinem Willen unter und betrachteten diesen als so frei, dass Gott auch das Recht zu rein zufälligen, sinnlosen Taten wie die Bevorzugung Jakobs gegenüber Esau habe und seine Güte damit nicht nur nicht sein obersten Attribut, sondern überhaupt keine notwendige Eigenschaft Gottes mehr sei,128 wie Warren im Blick auf die ewigen Strafen in der Hölle als „Wahrheit“ formulierte, „dass der Große GOTT nicht immer das tut, was das Beste ist, sondern manchmal das, was er will“.129 Gegen einen solch radikalen Voluntarismus wandte sich zum Beispiel Rusts Freund Henry Hallywell – der 1686 Rusts Predigt God is Love in einer Sammlung von dessen Werken sowie schon folgt dem Alexandriner darin, dass man sich diesen Prozess als sehr langwierig vorstellen muss, die Seele dabei aber nie ihre Vernunftnatur verliert oder ihre menschliche Form ablegt, also, gegen die Seelenwanderungslehre, nicht in einen Tierleib eingekörpert wird (ebd. 53–55; vgl. auch unten S. 220 Anm. 2), geht aber von einem „ewigen Wechsel“ und einer „endlosen Wiederkehr“ von Welten aus (ebd. 87 f.). Das ist erneut ein Indiz dafür, dass er vielfach nicht Origenes selbst, sondern origenistischen Traditionen und Missdeutungen folgt: Origenes geht zwar von einer sehr großen, aber begrenzten Zahl von Welten aus, bis der Anfangszustand durch die „Wiederherstellung von allem“ wieder erreicht und insofern überboten ist, als es durch die dann dauerhafte Zuwendung der Geschöpfe zu ihrem Schöpfer zu keinem neuerlichen Abfall kommt: Fürst, ebd. 147–149. 173–175. Wenn Rust von einem „ewigen Wechsel und einer endlosen Wiederkehr von Verbrennungen und Neuschöpfungen“ ausgeht (ebd. 88), folgt er im Grunde dem Irrtum in diesem Punkt, den vor allem Augustinus in die Welt gesetzt hat: Fürst, ebd. 173 f. 495–497. 125 Wolfgang Röd, Die Philosophie der Neuzeit 1. Von Francis Bacon bis Spinoza (GPh 7), München 1978, 12. 126 Vgl. Röd, ebd. 174–185, bes. 174; Harrison, Animal Souls (wie Anm. 48) 532–534. 127 Zu diesen siehe oben S. 134. 128 Siehe dazu Walker, Decline of Hell (wie Anm. 1) 150 f. 129 E. W. [Edward Warren], No Praeexistence or a Brief Dissertation Against the Hypothesis of Humane Souls, Living in a State Antecedaneous to This, London 1667, 19: „… this Truth that the Great GOD does not always do what is best, but sometimes what he will“ (zit. aus Walker, ebd. 152).

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1683 Rusts Discourse of the Use of Reason in Matters of Religion herausgab und Henry More widmete – in einer gegen Parker gerichteten anonymen, aber ihm zuzuschreibenden Schrift Deus Justificatus von 1668,130 in der er die Trennung göttlicher von menschlichen Wertvorstellungen zurückwies: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott sich selbst das erlauben wird, was er in seinen Geschöpfen verurteilt.“131 Im selben Sinn betont Rust, dass „die Vollkommenheiten Gottes nicht etwa willkürlich oder kontingent, sondern ewig und unveränderlich sind“,132 und das gilt zuallererst für den „Titel, den Gott für sich als ihm eigentümlich reklamiert“, wie Rust mit einer langen Reihe von Bibelstellen belegt:133 die Güte.134 Ohne Güte ist Gott nicht Gott: „Beraubt man Gott ihrer, so beraubt man ihn der Gottheit.“135 Gottes Güte ist qualitativ dieselbe wie die menschliche Güte, nur quantitativ ist sie unendlich größer.136 Da die Annahme eines absolut souveränen, willkürlich und unverständlich handelnden Gottes die Zerstörung absoluter und allgemeingültiger Werte bedeuten würde, was es unmöglich machen würde, eine universale, für jeden Menschen verbindliche und vernünftig einsehbare Moral zu formulieren, verteidigen die Cambridger Platoniker gegen die Subjektivität und Relativität aller Werte die Univozität der menschlichen und göttlichen Werte, des „ewigen und unveränderlichen Gesetzes, das Gott und den Menschen in gewisser Weise gemeinsam ist“.137 Das Gut-Sein der Wirklichkeit gilt ihnen platonisch als notwendiger Ausfluss der Güte Gottes, der nicht nicht-gut handeln kann, ohne damit sein Gott-Sein aufzuheben, und zu dessen Gut-Sein logisch notwendig gehört, dass er die gesamte Wirklichkeit daran teilhaben lässt, worin wiederum 130 Siehe dazu Walker, ebd. 127. 153–155. 131 [Henry Hallywell], Deus Justificatus: Or, The Divine Goodness Vindicated and Cleared,

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against the Assertion of Absolute and Inconditionate Reprobation. Together with some Reflections on a late Discourse of Mr. Parkers, concerning the Divine Dominion and Goodness, London 1668, 163: „I cannot think that God will allow that in himself which he condemns in his Creatures“ (zit. aus Walker, ebd. 154). Rust, God is Love 8. Ebd. 1–4, das Zitat ebd. 1. Ebd. 12: „Die Güte ist in Gott weder willkürlich noch kontingent.“ Ebd. 9. Ebd. 8 f.: Aufgrund der fundamentalen Analogie zwischen Vernunft und Bibel, hinter denen beiden Gott als Schöpfer steht, können, ja müssen die Wertvorstellungen, „die wir in uns selbst vorfinden“, den Ideen entsprechen, „die wir uns von ihm [sc. Gott] machen können“, „und so müssen wir, wenn wir begreifen wollen, was Güte in Gott ist, über unseren eigenen Geist nachdenken und betrachten, wie wir davon bewegt werden“, was Rust dann mit folgendem Vergleich plastisch erläutert: „Wenn so viel Liebe in einem Tropfen, in einem Strahl, in einem Geschöpf ist, dann ist gewiss unendlich viel mehr im Ozean, in der Sonne, in Gott selbst.“ Vgl. dazu Walker, Decline of Hell (wie Anm. 1) 154. Henry More, Opera omnia II/1, London 1679 (ND Hildesheim 1966), 49: „aeterna atque immutabilis Lex Deo hominibusque quodammodo communis“. Nach [Rust], Letter of Resolution 59, sind „die Ideen der Wahrheit überall dieselben“.

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deren Gut-Sein gründet: „Aufgrund jener höchsten Güte, die alle Dinge schuf, sind wir sicher, dass sie alle Dinge ursprünglich auf die bestmögliche Weise geschaffen hat.“138 Zur „ungeschaffenen Freiheit“ Gottes, wie Origenes kühn und bedeutungsschwer formuliert,139 kann daher nicht die Möglichkeit gehören, nicht gut sein zu wollen, weil das seinem Wesen widersprechen würde, woraus folgt, dass sein allmächtiges Wirken ebenfalls als Ausfluss seiner Güte gedacht werden muss und seine Allmacht nicht so über dieser stehen kann, dass sie sogar von ihr losgelöst werden könnte. Der Wille Gottes, auch des allmächtigen Gottes, folgt seinem Wesen, um nicht selbstwidersprüchlich zu werden.140 Zur geschaffenen Freiheit des Menschen hingegen gehört die Möglichkeit, nicht gut zu handeln, weil dem Menschen seine Freiheit nur akzidentell eignet und sie daher wandelbar und veränderbar ist (aber unverlierbar) – womit Origenes die Veränderbarkeit der geschaffenen Wirklichkeit und daraus folgend deren Unterschiede erklärt.141 So gehört zwar zum Menschen kraft seiner kreatürlichen Teilhabe am absoluten Guten ein „inneres Licht“, wie Rust es nennt,142 das „natürlich und geoffenbart“ zugleich ist,143 ethisch ausgedrückt: ein den Einzelnen verpflichtendes sittliches Gesetz, das er in sich selbst hat und das er sich selbst ist. Die auf dieser Autonomie beruhende und in ihr zum Ausdruck kommende kreatürliche Freiheit ist aber etwas Unvollkommenes – einerseits etwas, was sein Wesen konstituiert, andererseits ein Vermögen, das in der kreatürlichen, kontingenten Welt vielfältigen Einschränkungen unterliegt und missbraucht werden kann. Wenn es um die faktische Ausübung der Entscheidungsfreiheit geht, über die der Mensch verfügt, äußert sich Rust sehr reserviert. In einer überaus eindringlichen Psychologie der Schwäche der menschlichen Natur diagnostiziert er „starke 138 [Rust], ebd. 56. Das ist genau das, was Platon über den Schöpfer sagt, Tim. 29 e 1–3 und 30

a 6 f.: „Er war gut; in einem Guten erwächst nimmer und in keiner Beziehung irgendwelche Missgunst. Von ihr frei, wollte er, dass alles ihm möglichst ähnlich werde“, und zwar durch Teilhabe. „Aber dem Besten war es weder noch ist es gestattet, etwas anderes als das Schönste zu tun.“ Übersetzung nach derjenigen von Hieronymus Müller und Friedrich Schleiermacher: Platon, Timaios. Kritias. Philebos, bearb. von Klaus Widdra (Platon, Werke in acht Bänden 7), Darmstadt 21990, 37–39. Vgl. oben S. 148. 139 Origenes, in Lev. hom. 16,6 (GCS Orig. 6, 502), an dieser Predigtstelle leider ohne weitere Erläuterungen. Vgl. oben S. 144. 140 Rust, God is Love 10, prononciert gegen voluntaristische Positionen wie die von Parker und Warren: „Was sind sogar Weisheit und Macht, wenn man sie von der Güte trennt, anderes als verschlagene Ränke und bewaffnete Bosheit?“ Die calvinistische Position führt zur Umkehrung aller Werte. 141 Siehe oben S. 144 f. 142 [Rust], Letter of Resolution 38. 143 God is Love 13 spricht Rust vom „natural and revealed light“, mit dem Gott den Geist des Menschen in dieser Wahrheit umfassend unterwiesen hat, nämlich durch die Vernunft des Verstandes und durch die gleichfalls darauf beruhende Offenbarung in der Schrift (vgl. oben Anm. 136).

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Neigungen zum Bösen, die von Natur aus in uns sind“, eine „ausgeprägte Neigung“ und einen „unüberwindlichen Hang zum Laster“,144 die dazu führen, dass der Wille unter den faktischen Gegebenheiten, unter denen er agiert, unfrei ist.145 Auch wenn er den Abfall der Seelen von Gott erklärt und wie Origenes deren Ursache in Trägheit und Nachlässigkeit sieht, in der Vernachlässigung des Guten,146 führt ihn das Nachdenken über diese schlechte und leidvolle Realität dazu, das αὐτεξούσιον als etwas Unvollkommenes zu bewerten und angesichts seines falschen Gebrauchs von „allzu großer Freiheit dieses Vermögens“ zu sprechen, sogar von einer „unzulässigen Freiheit“, wenn sich der Mensch im „Gefühl der Freiheit“ vom Genuss am Bösen immer weiter in dieses hineinlocken lässt.147 Freiheit ist für Rust etwas zutiefst Ambivalentes, so dass er im Blick auf deren faktische Ausübung nur höchst zurückhaltend und skeptisch von ihr redet, wie an seiner Debatte zwischen Prädestinations- und Freiheitstheoretikern abzulesen ist.148 Wie im Insistieren auf Rationalität und Objektivität in Metaphysik und Ethik entspricht Rust auch damit einem Trend der Philosophie und Theologie des 17. Jahrhunderts. Die natürlichen und gesellschaftlichen Bedingungen des Daseins rücken stärker in den Fokus, allerdings beherrscht in der Frage ihrer Beeinflussbarkeit eher Optimismus das Feld.149 Indem Rust gegen Determinismus und Fideismus die Anerkennung einer auf Vernunft gründenden menschlichen Freiheit verteidigt und die grundsätzliche Möglichkeit hochhält, dass die Seele sich aus freiem Vermögen dem Guten, Gott, zuwendet, gehört er wie alle Platoniker in Cambridge zu dem liberalen Rationalismus, der den Deismus der Aufklärung 144 Letter of Resolution 35. 37. 38. 145 Ebd.  35 f. 146 Vgl. ebd. 49. Die dritte „Hauptlehre“ des Origenes, den Fall der Seelen, formuliert Rust

so: „Dass sie infolge eigener Verfehlung und Nachlässigkeit zu Einwohnern dieser Erde hier geworden und mit irdischen Körpern bekleidet worden sind“ (ebd. 14; vgl. ebd. 46). Zu diesem Motiv bei Origenes: princ. I 3,8 (GCS Orig. 5, 63); I 6,2 (5, 81); II 9,2.6 (5, 165. 170); in Rom. comm. VII 16(18) (p. 631 Hammond Bammel). Nur princ. I 3,8 (GCS Orig. 5, 62. 63) ist von „Überdruss“ (satietas, κόρος) die Rede – ebd. II 9,2 (5, 165) steht dafür sinnidentisch taedium –, ein Begriff, der von Justinian, epist. ad Menam, anath. 1 (ACO III 213), und anath. syn. Const. 2 (ACO IV/1, 248; vgl. GCS Orig. 5, 159 zu princ. II 8,3) Origenes zugeschrieben wird; vgl. auch Cels. VI 44 (GCS Orig. 2, 115). Zu seiner wahrscheinlichen Herkunft von Origenes siehe Görgemanns/Karpp, Vier Bücher von den Prinzipien (wie Anm. 15) 183 Anm. 34, gestützt auf Marguerite Harl, Recherches sur l’origénisme d’Origène. La „satiété“ (κόρος) de la contemplation comme motif de la chute des âmes, in: StPatr VIII (TU 93), Berlin 1966, 373–405, gegen die Bedenken von Antoine Guillaumont, Les ‚Képhalaia Gnostica‘ d’Évagre le Pontique et l’histoire de l’Origénisme chez les Grecs et chez les Syriens (PatSor 5), Paris 1962, 142 f. Nach Bostock, Pre-Existence (wie Anm. 63) 260 mit den Belegen ebd. 263 Anm. 5, geht das Motiv auf Philon zurück. 147 [Rust], ebd. 49. 50. 148 Siehe oben S. 150–154. 149 Röd, Philosophie der Neuzeit 1 (wie Anm. 125) 10 f.

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mit vorbereitete und für den sie sich von ihren Gegnern als ‚Latitudinarier‘ beschimpfen lassen mussten.150 Allerdings waren die Theologen pessimistischer als ihre philosophischen Zeitgenossen in England, was natürlich von ihrer Mehrheit, den prädestinatorischen Calvinisten, gilt, tendentiell aber auch für einen Platoniker wie Rust. Hinter seinem Pessimismus dürften konkrete Erfahrungen stehen, an erster Stelle gewiss die blutigen Bürgerkriege seit 1642, nach deren Ende 1660 nicht nur politisch, sondern auch kirchenpolitisch und theologisch eine repressive Restauration einsetzte, die den Anglikanismus als orthodoxe Doktrin durchsetzte.151 Dazu kommt ein überaus nüchterner Blick in die Welt, und zwar einerseits der Vergangenheit, wie sie in Geschichtsbüchern nachlesbar war,152 andererseits und mehr noch in der Gegenwart, nämlich in den Kolonien der Neuen Welt, die damals immer stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit Englands rückten.153 Rusts nüchterne Beobachtungen zum faktischen Zustand der menschlichen Gesellschaft so vieler Zeiten und Kulturen in Verbindung mit denen zur menschlichen Natur bringen ihn zu Aussagen, die einem physiologischen und sozialen Determinismus sehr nahe kommen, so wenn er den Abfall der Seelen von Gott als „nachgerade notwendig“ bezeichnet:154 Auf „schicksalhafte Weise“ sei der Mensch in die „Ketten“ seiner „inneren Natur“ „verstrickt“,155 mit „schicksalhafter Notwendigkeit“ würden die Menschen von ihren „schmutzigen und ungebändigten Körpern“ in den „vollständigen Ruin und elenden Untergang“ getrieben.156 „Die Elemente unserer irdischen Zusammensetzung sind von solcher Art, dass sie uns geradezu schicksalhaft in Laster, Leidenschaft und Elend verstricken“, was dazu führt, dass die Menschen „von der Magie des Fleisches und seiner anziehenden Macht fortgerissen werden und sich trotz aller Hilfe, die ihnen ihr Geist, ihre Vernunft und ihr Gewissen157 bringen, von einem Feind, den sie lieben, in 150 Vgl. Röd, ebd. 174 f. Kurz nach der Veröffentlichung des Letter of Resolution wurde More

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und Cudworth Häresie vorgeworfen, und zwar wegen ihrer ‚weiten‘ Gesinnung, „latitudinarianism“, die ihnen von ihren Gegnern als Laxheit in der Lehre ausgelegt wurde, wie More in einem Brief an Lady Conway berichtet: Nicolson/Hutton, Conway Letters 220. Siehe dazu Majorie Hope Nicolson, Christ’s College and the Latitude Men, in: MPh 27 (1929/30) 35–53, und Hutton, Origen and Anne Conway (wie Anm. 3) 225. Spuren davon sind auch in den theologischen Debatten zwischen Calvinisten und Platonikern zu entdecken, so wenn Hallywell im Vorwort von Deus Justificatus argumentiert, die Hinrichtung von Charles I. im Jahre 1649 sei auf die überhebliche und parteiische Gesinnung zurückzuführen, die der Prädestinatianismus entfache: Walker, Decline of Hell (wie Anm. 1) 154 Anm. 2. [Rust], Letter of Resolution 27. 28. Ebd. 28. 29 f. Ebd. 30. Ebd. 34. Ebd. 38. Auch der Rekurs auf das Gewissen als Hilfe auf dem Weg zum Guten ist gut origeneisch: Origenes, in Rom. comm. II 7 (9–10) (p. 137 Hammond Bammel), konzipiert das Gewis-

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die Gefangenschaft abführen lassen.“158 Kombiniert mit den „starken Neigungen zum Bösen, die von Natur aus in uns sind“,159 erinnern solche Vokabeln eher an Augustins natura vitiata160 als an den in Freiheit zum Guten fähigen Menschen des Origenes.161 In Rusts Beschreibung der Situation und des Schicksals der Menschen mit der Terminologie von Notwendigkeit und Unentrinnbarkeit wirkt sich wohl die calvinistisch-augustinische Prägung aus, die bei allen Cambridger Platonikern, die ihrer theologisch-kirchlichen Herkunft nach ja Calvinisten waren, nicht vergessen werden darf. Es dürfte kein Zufall sein, dass in Rusts Liste von sechs „Hauptlehren“ des Origenes162 die Freiheit nicht auftaucht, geschweige denn als „Hauptlehre“ betrachtet wird.163 Aufgrund eines sehr nüchternen Blicks in die Realität menschlichen Elends und Versagens neigt Rust, was die faktische Aus-

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sen als nicht mit Verstand und Wille identischen „Geist (spiritus, πνεῦμα), der der Seele wie ein Erzieher (paedagogus) und Führer (rector) beigesellt ist, um sie zum Besseren zu ermahnen oder wegen der Schuld zu züchtigen und anzuklagen“, und das „in überaus großer Freiheit“; Übersetzung nach Theresia Heither, FC 2/1, Freiburg u. a. 1990, 231–233. Vgl. auch in Matth. comm. ser. 18 (GCS Orig. 11, 33 f.); sel. in Ps. 30,6 (PG 12, 1300); dazu Crouzel, Origène (wie Anm. 39) 125. Im Gewissen, in dem Gott zum Menschen spricht – vgl. in Rom. comm. VII 16 (18) (p. 633): Gott „spricht im Geist (mens) des Menschen, in seinem vernunftgemäßen Denken (sensus rationabilis), in seiner Personmitte (principale cordis), dort, wo die Taten, die Gott nicht entsprechen und ihm feindlich sind, durch das anklagende Gewissen als Schuld angelastet werden“; Übersetzung: Heither, ebd. 2/4, 1994, 175 –, tritt ihm nicht ein Erzieher von außen entgegen, sondern ist innerlich mit ihm verbunden; „sittliche Forderungen müssen nicht als ein externes Gebot an ihn herangetragen werden, sondern erwachsen in ihm selbst durch die graduell sich entwickelnde vernünftige Einsicht in das sittlich Gute und Böse“: Jörn Müller, Willensschwäche in Antike und Mittelalter. Eine Problemgeschichte von Sokrates bis Johannes Duns Scotus (AMP.S1 40), Leuven 2009, 247. [Rust], Letter of Resolution 56. 58. Ebd. 35. Siehe dazu oben S. 153. Vgl. dazu Joachim Söder, Art. Natura, in: AugL 4 (2012) 160–177, hier 173 mit den Belegen in Anm. 103. Auch hinter Rusts Antipathie dagegen, dass „ein Geschöpf gegenüber Gott das Gesetz in Anspruch nimmt oder seinen Schöpfer vor den Richterstuhl zitiert“, also die Theodizeefrage stellt, steckt ein typisch augustinischer Gedanke, wie der Rekurs auf die Aussage des Paulus in Röm. 9,20 verrät, gemäß dem der Lehm nicht das Recht hat, sich beim Töpfer darüber zu beschweren, was dieser aus ihm macht. Rust riskiert hier sogar eine rein voluntaristische Aussage: „Sollte er [sc. Gott] mich zu ewigen Qualen verurteilen, so würde ich ihn weder eines Fehlers noch eines Unrechts zeihen. Er ist ja mein Gott und Herrscher und darf mit mir verfahren, wie es ihm beliebt.“ Kaum ausgesprochen, weist er den theologischen Voluntarismus dieses Gedankens allerdings sogleich wieder von sich, indem er ihn am Axiom der Güte misst: „Allerdings habe ich eine alle gesetzlichen Bindungen und Verpflichtungen überbietende Gewähr dafür, dass Gott mit mir nicht so willkürlich verfahren wird, und dies ist die Güte und Milde seines Wesens“: God is Love 12. Letter of Resolution 14. Wobei allerdings zu bedenken ist, dass Rust seine Liste aus den Themen zusammenstellte, die im ersten Origenismusstreit umstritten waren (näherhin aus diesbezüglichen Texten

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übung von Freiheit betrifft, stark zu einem Pessimismus mit nahezu deterministischen Zügen, ohne freilich seine grundsätzlich optimistische Metaphysik und Ethik der Freiheit aufzugeben. Vielleicht erklärt sich daraus auch, dass Rust in der Theodizeefrage die Freiheit nicht so stark betont wie Origenes, obwohl er die Rahmentheorien seiner Metaphysik, Präexistentianismus und Apokatastasis,164 so energisch verteidigt. Es ist ja die Frage, ob die Freiheit des Menschen Gott wirklich rechtfertigt, wenn Gott kraft seines Allwissens nicht nur um die faktische Wirklichkeit, sondern von vorneherein auch um die Wahrscheinlichkeit des Falls eines leibseelischen Geschöpfs wissen musste, Gott also klar war, was er tat, als er solche Wesen schuf: „Der künftige Wandel und Abfall“ mancher besonders „weit von der Beständigkeit seiner eigenen unveränderlich segensvollen Vollkommenheit entfernter“ Geschöpfe, den Gott „deutlich vorhersah, kam für ihn nicht unerwartet.“ „Der ewige Geist, der alle Dinge aufgrund des Prinzips unendlicher Liebe zum Wohl und Glück der Dinge selbst geschaffen hat, sah also, was er geschaffen und wie er sie geschaffen hatte und wie es einigen von ihnen infolge der notwendigen Unvollkommenheit ihres Wesens wahrscheinlich ergehen würde.“165 Wenn jedoch der Abfall der Seelen von Gott unvermeidlich war, dann bewegen sich die Menschen mit ihrer geistigen, physischen und sozialen Kontingenz in einem unausweichlichen Zusammenhang, für den sie nicht verantwortlich gemacht werden können. Zwar liegt es in ihrer Verantwortung, wie sie mit dieser Situation umgehen, so dass ihnen eine Abkehr vom Guten „durch allzu freizügigen und achtlosen Gebrauch“ ihrer Handlungsmöglichkeiten „nicht ohne eigenes Verschulden zustoßen sollte“, denn „sie selbst ließen zu, dass die Möglichkeit der Verschlechterung über das reale Vermögen, in einem höheren Zustand zu verharren, triumphieren konnte“.166 Aber „die Widersprüchlichkeit,167 die durch“ Gottes „eigene Hände Arbeit Teil des inneren Aufbaus ihres Wesens war“, und das „natürliche Vermögen“ des Epiphanius und Hieronymus): siehe oben Anm. 80. Das Thema ‚Freiheit‘ als solches spielte da keine Rolle. 164 Einen Ausblick auf die Apokatastasis gibt Rust im Präexistentianismus-Kapitel, Letter of Resolution 31: „Da die Möglichkeit der Hoffnung besteht, dass der traurige gegenwärtige Akt des Dramas an ein Ende kommen und ein freudigerer Schlussakt alles abschließen wird, so wird die Güte der Vorsehung zu gegebener Zeit womöglich ebenso hell erstrahlen wie ihre allenthalben sichtbare Gerechtigkeit.“ Siehe dazu den Beitrag von Christian Hengstermann, unten S. 177–198. 165 Ebd. 72. Vgl. ebd. 87: „Die Vernunftwesen, die er damals schuf, waren zwar de facto keiner Sünde oder Übertretung schuldig, doch war es angesichts des Wesens, mit dem sie geschaffen wurden, sehr wahrscheinlich, dass sie hernach zu solchen würden.“ 166 Ebd.  72 f. 167 Mit dem Kunstwort „incompoßibility“ bringt Rust, ebd. 72, die spannungsvolle Verknüpfung von Geist und Körper im Menschen zum Ausdruck, die für ihn die wesentliche Quelle menschlichen Elends ist. Vgl. auch ebd. 101 über „die Notwendigkeit innerer Spannun-

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und der „Genuss von Freuden, die er selbst gemacht und die er ihnen unter Einhaltung gewisser Schranken und Grenzen gestattet hatte“,168 gehen auf das Konto Gottes. Weder hat „die Sünde selbst ihren Ursprung in einem Vermögen“, das der Sünder geschaffen hätte, noch entspringt die Freude an ihr einer „inneren Übereinstimmung und Neigung“, die auf ihn selbst zurückginge. „Beides findet er, geschaffen zu seiner Verfügung, vor.“169 Besonders im Blick auf seine innere Konstitution findet sich der Mensch somit mit einer Situation konfrontiert, für die er als solche nicht verantwortlich gemacht werden kann. „Deshalb“, so Rust in der Predigt God is Love, „kann sich ein Einwand lediglich auf die Erschaffung eines solchen Wesens, das so fehlbar wie dieses ist, richten.“170 Wie viel und ob das Theorem der Präexistenz überhaupt etwas zur Lösung dieser fundamentalen Problematik beiträgt, scheint mir fraglich zu sein. Origenes wie Rust ziehen es heran, um gegen deterministisch-prädestinatorische Erklärungen menschlichen Geschicks, die in einem unnachvollziehbar agierenden Willkürgott die Rationalität suspendieren und damit – weil sie jegliches Verstehen unmöglich machen – den Menschen auch der Möglichkeit eines dieser Situation angemessenen moralischen Handelns berauben, den Gedanken der Freiheit Gottes wie des Menschen als der einzigen Basis für sinnvolles und sittliches Handeln zu wahren. Doch auch wenn die Präexistenz nicht, wie bei Origenes, ein merkwürdig ‚leerer‘ Begriff bleibt,171 sondern inhaltlich gefüllt wird – etwa wie bei Glanvill mit der platonischen Anamnesis172 –, dient sie letztlich doch nur als Postulat, um das ganze Konzept der Güte und Gerechtigkeit Gottes angesichts menschlichen Elends konsistent zu halten. Auch Rusts Idee, dass die ursprünglich geschaffenen „ätherischen“, „himmlischen Körper“ nicht den Zwängen der irdischen Existenz unterlagen und daher ein geeignetes Gefäß für die Seele waren, um nicht zu fallen, sondern die höchste Erkenntnis und das höchste Ethos ohne Weiteres zu erreichen,173 hilft nicht wirklich weiter. Sie hat zwar den Charme, die gen (necessary incompoßibility) in den geschaffenen eingekörperten Naturen“ als Grund für den Fall. 168 Ebd. 72. 169 Ebd. 170 God is Love 18. 171 Zutreffend beobachtet von Walker, Decline of Hell (wie Anm. 1) 146–148, allerdings für alle Cambridger Platoniker, was aber jedenfalls für George Rust nicht zutrifft. 172 Vgl. Glanvill im Brief über die Präexistenz unten S. 300 mit Anm. 31. Zur Wiedererinnerung in der Präexistenzvorstellung der Cambridger Platoniker siehe Givens, Souls (wie Anm. 1) 152–154. 173 [Rust], Letter of Resolution 47: „Bei ihrer Erschaffung“ waren die Seelen „zunächst mit der reinsten Materie verbunden und in den vortrefflichsten Teilen der Welt beheimatet“ und „existierten in einem reineren Element, zu dem ein Mehr an Leben und Wirkweisen von größerer Reinheit sowie eine entsprechend größere Glückseligkeit gehörten“, und „im Evangelium wird als höchste Vollkommenheit unserer wiederhergestellten Natur ein

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Körperlichkeit des Menschen nicht als rein desaströs zu betrachten und negativ zu bewerten, sondern sie als so weit wie für einen Platoniker möglich positiv zu konzipieren, so dass sie sogar zu einem Medium der Vervollkommnung des Menschen werden kann174 – worin Rust wieder eng bei Origenes ist, der die somatische Form des Menschen als bleibend konstitutiv für seine Identität ansieht: Entgegen dem Vorwurf, Origenes lehre platonisch die Auflösung der Leiblichkeit des Menschen und die reine Geistigkeit der Auferstehung,175 denkt er mit Paulus (1 Kor. 15,42–44.51) an eine „Verwandlung“ des Leibes und einen „pneumatischen“ Auferstehungsleib; die „verherrlichten“ Körper der Auferstandenen gleichen den „ätherischen“ Leibern der Engel.176 In seinem Modell vermag Rust zwar einen metaphysisch-ethischen Optimismus mit einer schonungslos pessimistischen Weltsicht – im irdischen Körper ist es um die menschliche Freiheit sehr schlecht bestellt, und mit größter Wahrscheinlichkeit werden die Menschen im kommenden Weltenbrand alle bestraft177 – zu vereinen. Doch erreicht er mit dieser buchstäblich geographischen und epochalen Aufteilung von Pessimismus und Optimismus auf ein früheres und künftiges Dasein der Seele in den Elementen „Äther“ und „Luft“ (im „Himmel“)178 bzw. im Hier und Jetzt in „Erde“ wirklich mehr, als die Verschiebung der Frage, wie es zu diesen kreatürlichen Gegebenheiten gekommen ist? Was bedingte denn „die Labilität ihrer Natur“, ihre „lapsability“, wie Rust mit einem Kunstwort sagt,179 aufgrund derer sie „aus der Erhabenheit und Höhe dieser ursprünglichen Seligkeit in einen Zustand von geringerer Glück-

himmlischer Körper verheißen“. Knapp angerissen ist dieser Gedanke schon in God is Love 18 f. 174 Im Letter of Resolution 47 spricht Rust von der „tiefen Verflochtenheit“ der Seelen, die „ihrem Wesen nach eingekörperte Geister“ sind, „in die irdische Materie“ und der „Prägung all ihrer Vorzüge durch diese“. 175 Siehe dazu Henri Crouzel, Origène et la philosophie (Theol[P] 52), Paris 1962, 196–198. 176 Origenes, princ. II 10,1–3 (GCS Orig. 5, 173–176); in Matth. comm. XVII 30 (GCS Orig. 10, 671). Weiteres dazu bei Crouzel, Origène (wie Anm. 39) 129. 319–331; ders., La doctrine origenienne du corps ressuscité, in: BLE 81 (1980) 175–200. 241–266; Theo Kobusch, Die Auferstehung des Leibes, in: Dorothea Frede/Burckhard Reis (Hg.), Body and Soul in Ancient Philosophy, Berlin/New York 2009, 493–510, hier 504–506. 177 Siehe dazu den gemeinsam mit Christian Hengstermann verfassten Beitrag, unten S. 199– 217, dem ich für nunmehr schon langjährige und höchst fruchtbare freundschaftliche Diskussionen über nicht nur dieses Thema an dieser Stelle einmal herzlich danken möchte. 178 Vgl. dazu [Rust], Letter of Resolution 51 in Bezug auf die „Engel des Äthers“ und „Dämonen der Luft“; ebd. 54 zur unterschiedlichen Länge der irdischen, luftigen/aërischen und himmlischen/ätherischen Lebensdauer. 179 Es ist sonst nur noch bei Cudworth, True Intellectual System I 4,36 (III p. 71 Birch), und More, Annotations 80, belegt. Im oben (vgl. Anm. 170) zitierten Satz aus God is Love 18 spricht Rust vom Menschen als „such a lapsible being“, ebenso Cudworth an der genannten Stelle: „lapsible into vicious habits“.

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seligkeit und Vollkommenheit hinabsanken“?180 Zwar verlegt Rust den Grund hierfür in das „Gesamtgefüge der intellektuellen wie physischen Vermögen“ der Seelen, die „sich ein immer größeres Maß an Unreinheit zugezogen und dadurch nach und nach eine innere Neigung für die Annahme einer Stufe körperlichen Lebens ausgebildet haben, die in der Tat zwar weniger rein war als die vorhergehende, aber der gegenwärtigen Verfassung ihres Geistes genau entsprach“, gelangt aber auch in dieser Graduierung des Falls wieder zu der zumindest nach Determinismus klingenden Aussage, dass „es der Lauf der Natur“ nachgerade „als notwendig erscheinen“ lasse, dass diese Seelen „in die irdische Materie hinabsinken und so als irdische Menschen sichtbare Gestalt annehmen“.181 Man versteht, weshalb die Präexistenz für Rust ein unverzichtbarer Baustein seiner platonischorigeneisch konfigurierten Theodizeestrategie ist: Mit ihrer Hilfe vermag er seine Beobachtungen und Hoffnungen so auf ein (platonisch) stratisch gestuftes und (origeneisch) zeitlich gestaffeltes Dasein zu verteilen, dass er, und hierin dann ganz origeneisch, den gesamten kosmischen Heilsprozess als Freiheitsgeschehen ausbuchstabieren kann. Doch ob der Zweck, Gott von der Verantwortung für das Leid in der Welt vollkommen zu entlasten, wirklich erreicht wird – zumal wenn diese Welt und ihre Geschichte im Grunde nichts anderes sind als der freie Wille Gottes in seiner Aktualität –, bleibt fraglich. Rust hat das offenbar bemerkt, und wohl daraus erklärt sich, weshalb in seinen freiheitstheologischen Überlegungen so überraschend deutliche deterministische Züge anzutreffen sind.

180 [Rust], Letter of Resolution 48. 181 Ebd.  48 f.

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Liebe und All-Einheit

Ethischer Realismus und das Universalitätsprinzip in der Religionsphilosophie George Rusts Margit Wasmaier-Sailer, Münster

1. Der Auferstehungstraktat des Letter of Resolution: Eine ­moraltheologische Perspektive Im Auferstehungstraktat des Letter of Resolution1 legt George Rust die origeneische Argumentation für das Dogma der Auferstehung als vierte seiner „Hauptlehren“ dar. Die Argumentation dieses Traktats überrascht: Es wird dort nicht etwa argumentiert, dass das tugendhafte Leben eine Voraussetzung für die Auferstehung ist, sondern umgekehrt, dass der Auferstehungsleib eine Bedingung für die sittliche Vervollkommnung des Menschen und damit für die Wiederherstellung seiner ursprünglichen Glückseligkeit ist, die er durch den Seelenfall verloren hat. Das Argument für die leibliche Auferstehung ist somit, dass der Mensch nur in einem himmlischen Körper seine wahre Bestimmung erreichen kann, nämlich dauerhaft im Besitz eines „wahrhaft göttlichen und sündlosen Lebens“2 zu sein. Rust beschreibt dieses sündlose Leben als Leben aus dem Geist, welches sich als gänzliche Enthaltung von allem Falschen und Ungerechten sowie als ungeheuchelte Liebe und echtes Wohlwollen gegenüber der ganzen Menschheit äußere.3 Eben dieses Leben aus dem Geist – als Abkehr vom „Gesetz der Glieder“4 – identifiziert Rust mit der Glückseligkeit des Menschen, deren letzte Erfüllung eben nur eschatologisch zu denken sei. Die Argumentation des Auferstehungstraktats zeigt nicht nur im Hinblick auf die Darstellung origeneischen Denkens, sondern auch im Hinblick auf Rusts eigene Religionsphilosophie Grundsätzliches: Insofern die Auferstehung ganz von der sittlichen Vervollkommnung des Menschen her gedacht wird – diese ist im 1 2 3 4

[George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His O ­ pinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope ­Nicolson, New York 1933, 55–71. Ebd. 58. Vgl. ebd. 57. Ebd. 58.

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Letter of Resolution die Begründung des Auferstehungsdogmas –, wird die Soteriologie zu einem Thema der Ethik. Die Erlösung des Menschen – die Wiederherstellung seiner Glückseligkeit – wird in seiner sittlichen Vollendung gesehen und mit dieser in eins gesetzt. Die Ethik wird bei Rust zur bestimmenden Disziplin der Theologie. Was für die Soteriologie gilt, gilt für George Rusts Religionsphilosophie als solche: In ihrem Kern ist sie eine Theologie des Guten. Dies bedingt zum einen, dass ethische Überlegungen maßgeblich sind für die Bestimmung des Gottesbegriffs, zum anderen, dass das Gottesverhältnis des Menschen wesentlich als ethisches gesehen wird. Ersteres findet in einer klaren Hierarchie der Gottesprädikate seinen Niederschlag: Das oberste Gottesprädikat ist die Güte als Inbegriff moralischer Vollkommenheit; von ihr her müssen nach Rust die anderen Gottesprädikate – allen voran seine Weisheit und Allmacht – verstanden werden. Letzteres zeigt sich darin, dass Rust die Gottes- und Glücksfähigkeit des Menschen auf dessen Fähigkeit zu einem tugendhaften Leben gründet. Zwei Schriften dürfen für die Verhältnisbestimmung von Moral und Religion bei George Rust als besonders bedeutend angesehen werden, der Discourse of Truth und die Predigt God is Love – sie sollen im Folgenden näher beleuchtet werden.

2. Ethischer Realismus in A Discourse of Truth Das Verhältnis Gottes zum Guten ist Gegenstand von Rusts Schrift A Discourse of Truth.5 Diese Schrift kann als Antwort auf das Euthyphron-Dilemma gelesen werden, thematisiert sie doch die Frage nach dem Ursprung des Guten. In seinem Dialog Euthyphron lässt Platon Sokrates fragen: „Wird das Fromme, weil es fromm ist, von den Göttern geliebt, oder ist es fromm, weil es von ihnen geliebt wird?“6 Im Laufe der Geschichte wurde diese Frage häufig als ethische umformuliert, und zwar in dem Sinne, ob das Gute, weil es gut ist, von Gott befohlen wird oder ob es, weil es von Gott befohlen wird, gut ist. Das Dilemma besteht darin, dass im ersten Fall das Gute von Gott unabhängig ist bzw. Gott für das Wesen des Guten nicht maßgeblich ist; im zweiten Fall dagegen ist das Gute nicht mehr in sich gut, sondern ein Gegenstand des Willens Gottes. Ist das erste Horn des Dilemmas also die Überflüssigkeit Gottes für die Moral, so ist das zweite Horn, dass 5

6

Zitiert wird im Folgenden nach dem Nachdruck in der mit Kommentierungen von Henry More versehenen Doppelausgabe: Two Choice and Useful Treatises: The one Lux Orientalis; Or An Enquiry into the Opinion of the Eastern Sages Concerning the Praeexistence of Souls. Being a Key to unlock the Grand Mysteries of Providence. In Relation to Mans Sin and Misery. The other, A Discourse of Truth, By the late Reverend Dr. Rust Lord Bishop of Dromore in Ireland. With Annotations on them both, London 1682. Platon, Euthyphr. 10 a 2 f.

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das Gute nicht in sich selbst einsichtig und aufgrund seiner selbst zu befolgen ist, sondern aufgrund eines Befehls Gottes. Im Discourse of Truth geht es nun unter anderem um die Frage, ob das Wesen des Guten vom Willen Gottes bestimmt wird oder ob umgekehrt der Wille Gottes vom Wesen des Guten bestimmt wird. Rust setzt noch eine Ebene höher an: Er thematisiert das Verhältnis Gottes zum Wesen der Realität überhaupt und spitzt dies auf die Frage zu, wie sich der Intellekt und der Wille Gottes zu den internen Strukturen der Wirklichkeit verhalten. Seine Antwort lässt sich in den folgenden beiden Thesen festhalten: „Dass der göttliche Intellekt die Relationen und Verhältnisse, in denen die Gegenstände zueinander stehen, nicht schafft, sondern sie vorfindet und sich an sie hält … Dass der göttliche Wille nicht die Bezüge und Abhängigkeiten der Dinge bestimmt, da dies seine anderen Eigenschaften außer Kraft setzen würde.“7

So wenig der göttliche Intellekt die Beziehungen zwischen seinen Gegenständen hervorbringe, so wenig bestimme der göttliche Wille die Bezüge und Abhängigkeiten zwischen den Dingen. Die Grundgesetzlichkeiten der Wirklichkeit werden nach Rust also nicht von Gott geschaffen, sondern Gott finde diese bereits vor. Zu diesen Grundgesetzlichkeiten zählt Rust etwa das Nichtwiderspruchsprinzip: „Es hat unabweisliche Folgen und tausend mehr, die so absurd sind wie diese, wenn kontra­ diktorische Propositionen beide wahr sind. Und ob sie so oder anders sind, dies gründet lediglich in einer kausalen Abhängigkeit vom willkürlichen Belieben Gottes, wenn es keine notwendige Unveränderlichkeit und ewige Entgegensetzung zwischen dem Sein und dem Nicht-Sein ein und derselben Sache zur selben Zeit und in derselben Hinsicht gibt.“8

Dass zwei einander widersprechende Aussagen nicht beide wahr sein können, ist nach Rust also keine Folge eines Willensbeschlusses Gottes, sondern notwendig wahr und damit jeder Kontingenz – eben auch der eines Willensbeschlusses Gottes – enthoben. Das Nichtwiderspruchsprinzip bezieht seine Gültigkeit somit nicht von Gott, sondern aus dem Wesen der Wirklichkeit. Rust behauptet einen metaphysischen Realismus und mit ihm die Unabhängigkeit der Realität von jeglichem Wollen und Verstehen. Wie die Dinge in sich seien – Rust nennt dies deren „Wahrheit“ –, dies sei vorgängig zu und unabhängig von unserem Willen und Wissen. In heutiger Terminologie würde man sagen, dass Rust einerseits

7 8

Rust, Discourse of Truth 168. 169. Ebd. 170.

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ein konstruktivistisches Verständnis der Wirklichkeit ablehnt, andererseits einen epistemischen Wahrheitsbegriff.9 Wie nun dieser Realismus für die Logik und den Bereich des Denkens gelte, so gelte er auch für die Moral.10 Rusts These ist nun, dass Gott weder die Gesetze der Logik außer Kraft setzen noch über die ewige und unveränderliche Natur des Guten verfügen könne. Seine Position angesichts des Euthyphron-Dilemmas ist somit klar: Das Wesen des Guten wird nicht vom Willen Gottes bestimmt. Der Wille ist für Rust eine veränderliche und schwankende Instanz; Willensbeschlüsse haben für ihn den Makel des Zufälligen, ja Unberechenbaren.11 Der absolute Wille – also der Wille, der sich über die ewigen Verhältnisse zwischen den Dingen hinwegsetzen könnte – ist für Rust der Inbegriff reiner Willkür und Gottes nicht würdig. Eine Theologie, die allein im absoluten und souveränen Willen Gottes den Grund seines Handelns und Wirkens sehe, die also die Allmacht Gottes verabsolutiere, untergrabe nicht nur seine anderen Attribute,12 sondern beraube ihn letztlich seiner Göttlichkeit: „… leugnet man, dass die wechselseitigen Beziehungen und rationes rerum unveränderlich und unverfügbar sind, so beraubt man Gott zugleich der universellen Güte, der größten Vollkommenheit seiner Natur. Gerechtigkeit, Treue, Gnade, Güte wären dann nämlich nur noch kontingente und willkürliche Produkte des göttlichen Willens … Und deshalb: Wenn die Dinge nicht wechselseitige Relationen und Beziehungen haben, die ewig und unverfügbar sind, dann hängen alle diese Vollkommenheiten allein und ausschließlich vom absoluten und unabhängigen Willen als Willen ab. Und entsprechend hätte es damals und heute keinen Unterschied gemacht, das Gegenteil davon, also Ungerechtigkeit, Untreue, Grausamkeit, Bosheit, Hass, Zorn, Rachsucht, Wildheit und alles, was sonst noch die Hölle selbst ausmacht, zu den ersten und höchsten Vollkommenheiten der göttlichen Natur zu machen. Hierbei handelt es sich um eine solche Gotteslästerung, dass sich dergleichen nicht ohne Furcht und Schaudern aussprechen lässt. Anstatt ein Gott zu sein, wäre ein Wesen wie dieses, mit Allmacht ausgestattet, ein ärgerer Teufel als alle anderen in der Hölle.“13

9

10 11 12 13

So beginnt der Discourse of Truth (ebd. 165) mit dem Bekenntnis zu einem metaphysischen Realismus und einem nicht-epistemischen Wahrheitsbegriff: „Dass Wahrheit zweierlei bezeichnet, nämlich die im Objekt und die im Subjekt. Dass sie im Objekt das ist, was sie ist. Und dass sie jedem Wollen und Verstehen welcher Art auch immer vorausliegt und unabhängig davon ist … Mit der ersten [sc. der Wahrheit im Objekt] meine ich nichts anderes, als dass Dinge notwendigerweise sind, was sie sind.“ Vgl. ebd. 166: „Und die wechselseitigen Beziehungen und Relationen der Dinge sind im Spekulativen ebenso unverfügbar wie im Moralischen.“ Vgl. ebd. 169–171. Vgl. ebd. 170 f. Ebd. 175.

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Wogegen Rust argumentiert, ist der theologische Voluntarismus, wie ihn die Calvinisten seiner Zeit vertraten. Rust führt den Primat der göttlichen Souveränität vor den anderen Gottesprädikaten ad absurdum, indem er bloße Souveränität – und sei es absolute Souveränität – als Beliebigkeit entlarvt. Wenn das Gute aufgrund einer Willensentscheidung Gottes gut sei und nicht deswegen, weil es in sich selbst gut sei, dann sei es von der Sache her gleichgültig, was das oberste Prädikat der göttlichen Natur sei. Denn dies würde nach Rust bedeuten, dass das Gute lediglich eine Frage der Definition wäre: Insofern könnten auch Laster wie Ungerechtigkeit, Böswilligkeit und Rachsucht kraft göttlicher Entscheidung zur Vollkommenheit erklärt werden – laut Rust eine Blasphemie sondergleichen. Positiv gewendet argumentiert Rust dafür, dass der Wille Gottes ganz vom Wesen des Guten bestimmt sei. Die göttliche Natur muss nach Rust als unveränderlich gedacht werden, da die Unveränderlichkeit Gottes eine Vollkommenheit sei, die ihm notwendig zukomme.14 Dass Rust dieses Gottesattribut im Discourse of Truth ausdrücklich ins Feld führt, liegt daran, dass er gegen den Primat der Allmacht Gottes nicht nur die Güte Gottes geltend machen will, sondern die unveränderliche Güte Gottes.15 Mit seinem ethischen Realismus sichert Rust folglich zweierlei: die Bestimmung des Guten als intrinsisch gut und die Unbedingtheit der göttlichen Güte. Unbedingt ist die göttliche Güte nämlich gerade aufgrund dessen, dass sie keinen Veränderungen und keiner Willkür unterliegt. Den aus dem Euthyphron-Dilemma nun resultierenden Einwand, dass Gott, wenn er vom Guten bestimmt sei und nicht seinerseits das Gute bestimme, seine Unabhängigkeit und Selbstgenügsamkeit verliere, weist Rust zurück.16 In Bezug auf den göttlichen Verstand antwortet Rust dem calvinistischen Gegner, dass die Unabhängigkeit der Grundgesetzlichkeiten der Wirklichkeit vom göttlichen Verstand nicht bedeute, dass Gott seinerseits von diesen abhängig sei. Dass das Wesen der Wirklichkeit Gegenstand des göttlichen Verstandes sei und diesem gegenüber ein Eigenrecht besitze, bedeute aus dem Grund nicht, dass Gott von der Wirklichkeit abhängig sei, weil es diese ohne sein schöpferisches Handeln gar nicht gäbe.17

14 Vgl. ebd. 172: „Wenn es keine unverfügbaren und ewigen Beziehungen zwischen den Din-

gen gibt, so ist Gott dadurch auch seine Unveränderlichkeit und Unwandelbarkeit genommen. Angenommen nämlich, es gäbe keine notwendige Abhängigkeit zwischen Unveränderlichkeit und Vollkommenheit, was sollte dann verhindern, dass Gottes Vollkommenheit, wenn er es sich nur so denken wollte, darin bestände, veränderlich zu sein?“ 15 Siehe den Gottesbegriff in Platons Staat, wo Sokrates zwei Grundsätze bezüglich der Rede von Gott aufstellt. Nach dem einen Grundsatz ist Gott gut, nach dem anderen Grundsatz unveränderlich: polit. 379 b 1; 382 e 8 f. 16 Vgl. Rust, Discourse of Truth 184 f. 17 Vgl. ebd. 187–189.

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In Bezug auf den göttlichen Willen antwortet Rust seinem Gegner, dass bloße Wahlfreiheit keine Vollkommenheit sei. Ganz im Gegenteil sei es höchste Vollkommenheit, dass Gott ganz vom Guten bestimmt sei: „Auf den zweiten Teil des Einwandes, der darauf zielt, dass es Gottes Freiheit, Absolutheit und Unabhängigkeit zerstört, wenn man sein Handeln an das Wesen der Dinge bindet, antworte ich, dass es für Gott keine Unvollkommenheit bedeutet, vom Guten bestimmt zu sein. Es ist keine Knechtschaft, Sklaverei oder Einschränkung, an die ewigen Gesetze von Recht und Gerechtigkeit gebunden zu sein. Es gibt keine größere Ohnmacht und Schwäche in der Welt als die, Böses tun zu können, und es gibt nichts, das dem Sein und Wesen Gottes mehr entgegengesetzt sein könnte … Es ist eine unfehlbare Regel, dass die Freiheit in einem Vermögen oder Prinzip keine Vollkommenheit ist, wofern es keine Unbestimmtheit in den Dingen oder Handlungen, auf die sie sich richtet, gibt. Es ist mithin ein Merkmal unserer Schwäche und Kraftlosigkeit, dass es unserem Wesen so an Bestimmtheit zu dem, was gut ist, gebricht.“18

Wer den Wert der göttlichen Wahlfreiheit so hoch veranschlage, dass sie sogar über dem Guten liege, der verkenne das Wesen des Guten: dass es nämlich weder Abhängigkeit noch Sklaverei sei, sich vom Guten bestimmen zu lassen, sondern eben höchste Vollkommenheit. Umgekehrt sei es ein Zeichen für die menschliche Schwachheit, nicht etwa für die menschliche Größe, dass der Mensch böse sein könne und sich so wenig vom Guten bestimmen lasse. Was Rust seinem Gegner vorwirft, ist letztlich eine Umkehrung der Werte. Gott sei – und dies ist Rusts Fazit im Hinblick auf den calvinistischen Einwand – keineswegs von etwas außerhalb seiner selbst abhängig. Sein Handeln sei nicht fremdbestimmt, sondern entspreche ganz und gar seinem Wesen: „Unsere bisherige Darlegung will nicht etwa behaupten, dass Gott irgendwie von etwas außerhalb seiner selbst abhängig wäre. Es sind nämlich keine äußeren oder extrinsischen Motive, die Gott zu seinen Handlungen bewegen. Das, was er tut, hat die ewigen, unveränderlichen Relationen, Beziehungen und Gründe der Dinge zum Ursprung, und wo sind diese anders zu finden als in der ewigen und göttlichen Weisheit? Was könnte die unendliche Weisheit nämlich anderes sein als eine in sich ruhende und unbewegliche Einsicht in alle diese Wesenheiten und Beziehungen? Entsprechend schaut Gott bei seinem Handeln nicht nach außen, sondern konsultiert, wenn ich es so ausdrücken darf, die Ideen seines eigenen Verstandes.“19

Die Bestimmung durch das Gute ist demzufolge keine Fremdbestimmung – womit Rust das Euthyphron-Dilemma entkräftet, jedenfalls den Einwand, dass Got18 Ebd. 199. 19 Ebd. 191.

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tes Bestimmtsein durch das Gute ihn von etwas außerhalb seiner selbst abhängig mache und ihn damit seiner Souveränität beraube.

3. Das Universalitätsprinzip in der Predigt zu 1 Joh. 4,16: God is Love Hat Rust im Discourse of Truth die Güte als oberstes Gottesprädikat formal etabliert, so füllt er in seiner Predigt zu 1 Joh. 4,16: God is Love20 die Rede von der göttlichen Güte mit Inhalt. Er legt sie als umfassende und bedingungslose Liebe aus: „Güte ist derjenige Titel, den Gott für sich als ihm eigentümlich reklamiert. ‚Was nennst du mich gut? Es gibt keinen, der gut ist, außer dem Einen, das heißt Gott‘ (Lk. 18,19). Gnade ist die Quintessenz und Blume der Güte. Sie ist der Name, unter dem sich Gott Mose vorstellt: ‚Der Herr, Gott der Herr, ist voller Huld und Gnade, langmütig und überreich an Gnade und Wahrheit‘ (Ex. 34,6).“21

Rust zitiert Lk. 18,19, wo Jesus sagt: „Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen.“ Dieser Stelle zufolge ist das Prädikat der Güte allein Gott vorbehalten; insofern ist Gott der Inbegriff der Güte und die Güte das Gottesprädikat schlechthin. Insofern die Güte das Gottesprädikat schlechthin sei, müssten alle anderen Eigenschaften Gottes, wie seine Gerechtigkeit, Weisheit und Macht, auf sie hingeordnet und von ihr durchdrungen sein.22 Denn Gerechtigkeit ohne Güte grenze oft an Grausamkeit,23 Weisheit ohne Güte sei nichts anderes als Subtilität und Schlauheit, und Macht ohne Güte sei bewaffnete Bosheit.24 Nach Rust zeigt sich diese Güte in Gottes Schöpfungshandeln ebenso wie in Gottes Wunsch, dass am Ende der Zeit alle Menschen gerettet werden. Der Grund, warum Gott die Welt und den Menschen erschaffen hat, war – wie Rust sagt –, „seiner Schöpfung seine Güte mitteilen und sie mit an seiner eigenen 20 George Rust, I Joh 4.16. God is Love, in: The Remains of that Reverend and learned Prelate,

Dr. George Rust, Late Lord Bishop of Dromore, in the Kingdom of Ireland. Collected and Published by Henry Hallywell, London 1686, 1–20. Text und Übersetzung unten S. 232– 267. 21 Ebd. 1. 22 Vgl. ebd. 9: „Die Güte ist die reichste und wesentlichste Eigenschaft der göttlichen Natur. Beraubt man Gott ihrer, so beraubt man ihn der Gottheit. Auch sind in moralischer Hinsicht alle anderen Vollkommenheiten nur insofern solche, als sie an ihr teilhaben und ihr dienen.“ Den Vorrang der Güte vor der Allmacht Gottes hat Rust schon im Discourse of Truth aufgezeigt. 23 Die Hinordnung der Gerechtigkeit auf die Güte ist wesentlich für das origeneische Denken und Grundlage der Apokatastasis-Lehre. 24 Vgl. Rust, God is Love 9 f. Rusts Abhandlung über die Hierarchie der Gottesprädikate ist freilich gleichzeitig eine Tugendlehre. Siehe Punkt 4 dieses Aufsatzes.

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Glückseligkeit und Freude teilhaben lassen“.25 Schöpfung denkt Rust dabei als Emanation und diese als universale Selbstmitteilung Gottes. Wenn schon die geringsten Wesen dem Prinzip folgten, sich selbst mitzuteilen und ihresgleichen in anderen Wesen zu erzeugen – jedenfalls soweit es ihre Kraft und Fähigkeit zulasse –, um wie viel mehr müsse dies für Gott gelten, dessen Wesen die Güte sei. Nichts entspreche ihm mehr, als seine Weisheit und Güte und damit seine ewige Glückseligkeit jedem Wesen seiner Auffassungsgabe entsprechend mitzuteilen.26 Rust betont in seiner Predigt die kosmische Dimension der göttlichen Liebe, und er betont ihren universalen Geist: Gott teile seine Liebe ohne jeden Eigennutz mit, und er teile sie allen Wesen ohne jede Parteilichkeit mit. Ersteres wehrt die These ab, dass Gott die Welt um seiner selbst willen schaffen musste, etwa zu seinem Ruhm und seiner Ehre. Letzteres wehrt die These ab, dass Gott irgendwelchen Neigungen entsprechend liebt: „Gott ist weder ein beschränktes, in sich gekehrtes, egoistisches Wesen noch verfolgt er niedere Pläne und Eigeninteressen. Es ist dies ein armseliges Verhalten, das einem allgenügsamen Wesen nicht gut zu Gesicht stände. Die Sache, die Gott allein in der Welt betreibt, ist die Sache der Güte, Tugendhaftigkeit, Gleichheit und Gerechtigkeit und all der Dinge, die Schönheit und Anmut an sich haben. Gott ist ein Wesen, das weder jemanden bevorzugt noch grausam ist noch irgendetwas in schwärmerischer Weise liebt. Er will nur, dass alle Dinge gemäß den Gesetzen ewiger Güte, Weisheit und Gerechtigkeit geordnet und geregelt werden. Es hieße, Gott uns ähnlich und zu einem beschränkten, kleingeistigen, egoistischen Wesen zu machen, wenn wir annähmen, es gehe ihm um sich selbst und nicht um sich, insofern er das erste, universale und ewige Gute ist. Wahre Liebe nämlich heißt, von ‚diesem und jenem‘, von ‚mein, dein und sein‘ und von allen diesen Dingen, die partikular sind und einschränken, abzusehen und sich fest an die reine Vorstellung des Guten und Liebenswerten zu halten. Gott unterliegt nicht unserer Schwäche und Ohnmacht, unseren Launen und Leidenschaften, unseren Irrungen und Parteilichkeiten, unserem niederen Hass und unserer kindischen Nachlässigkeit, den beschränkten Plänen und Eigeninteressen der menschlichen Natur. Der Ruhm, den Gott in seinem Handeln sucht, ist weder der Beifall der Menschen noch das Lob seiner Geschöpfe, wenngleich uns dies als unsere Pflicht obliegt, denn dies ist ein Ziel, das der Absichten der göttlichen Weisheit nicht würdig wäre.“27

25 Ebd. 5. 26 Vgl. ebd. 11. Nach Rust liegt es im Wesen der Güte, sich selbst mitzuteilen. Siehe auch ebd.

12: „Gott ist unendliche Güte, und es ist das Wesen der Güte, sich selbst mitzuteilen. Eher kann sich die Sonne in eine Wolke verwandeln und aufhören, der Schatz des Lichtes zu sein, als es Gott möglich wäre, nicht gut zu sein und demgemäß nichts Gutes zu tun.“ 27 Ebd.  10 f.

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Dass Gott die Welt um ihrer selbst willen geschaffen hat, findet seine höchste Bestätigung im Leben und Sterben seines Sohnes, der, wie Rust in Anlehnung an Phil. 2,6 f. schreibt, sich selbst seiner Herrlichkeit beraubt und in seiner Liebe die Gestalt eines Sklaven angenommen habe, der seinen Weg bis in den schmerzhaften und schändlichen Tod in Demut gegangen sei und inmitten seiner Todesangst aus Liebe für die Menschen gebetet habe. Der verwundete Gott habe sich in seinem Sohn als dem Abbild seiner Person entäußert, um den Menschen seiner anhaltenden Liebe zu ihm zu versichern.28 Die Kenosis offenbart somit Gottes Motiv, die Welt zu schaffen. Und wenn Rust diesen Gedanken in seiner Predigt so stark macht, dann, um die Universalität der göttlichen Liebe zu zeigen: Dass Gott sich in seinem Sohn verwunden lässt und seine Liebe nicht aufkündigt, offenbart deren Wahrheit und die Reinheit ihrer Motive: dass es Gott um den Menschen als solchen gehe. Ohnehin zeugt es nach Rust von einem anthropomorphistischen Missverständnis, wenn man Gott ein Handeln aus Eigeninteresse – im Gegensatz zu einem Handeln um des Guten willen – unterstelle. Die universale Ausrichtung der göttlichen Liebe betont Rust auch, wenn er Gottes Liebe als unparteiische Zuwendung zu allen Geschöpfen beschreibt. Nach Rusts Auffassung entspricht es der göttlichen Güte, dass Gott in seinem Schöpfungshandeln die Grenzen des logisch Möglichen erreicht.29 Allen Wesen, die zu Leben und Glück in der Lage sind, wende er sich in der Weise und dem Maß zu, wie es ihrer Natur entspreche. Und wenn der Mensch denke, es gehe Gott allein um ihn, dann sei dies vermessen: „Sie [sc. die unendliche Güte] ist die liebende Mutter, die die gesamte Schöpfung in ihren liebenden Armen hält: Sie gibt jedem Tier des Feldes, dem Vogel des Himmels und dem Fisch des Meeres und allen anderen Dingen, selbst dem nichtswürdigsten Wurm, der auf dem Antlitz der Erde kriecht, sein Sein, auf dass sie allesamt das Leben und Glück, das ihrem Wesen entspricht, genießen mögen. Es ist eine eitle Selbsttäuschung, wenn der Mensch meint, es seien alle Dinge nur um seinetwillen geschaffen worden, so als wäre er etwas so Herausragendes, dass Gott ihm alle Aufmerksamkeit und Sorgfalt widmen müsste. Nein, diese unendliche Güte handelt in einer freieren und größeren Sphäre. Sie gibt jedem Ding, das an ihr Freude und Glück zu empfinden vermag, Leben und Sein.“30

Dass Gott in seiner Liebe niemanden bevorzuge, zeige sich gleichwohl in besonderer Weise auch für den Menschen. Gegen die doppelte Prädestinationslehre hebt Rust vielfach hervor, dass Gott die Rettung aller Menschen wolle – er greift 28 Vgl. ebd. 3 f. Siehe auch [Rust], Letter of Resolution 21. 40. 29 Vgl. Rust, God is Love 17: „Es entspricht der göttlichen Güte, in ihren Hervorgängen bis zu

den äußersten Grenzen des Möglichen zu reichen.“

30 Ebd. 6.

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damit die origeneische Apokatastasis-Lehre auf und mit ihr den Gedanken, dass Gott die Glückseligkeit aller Menschen will: „‚Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen‘ (1 Tim. 2,4). Und damit wir ihn nicht verdächtigen, er könnte Freude an unserem Fall und Elend hegen, hat er uns nicht nur sein Wort gegeben, sondern uns geschworen, dass es ihn, so wahr er lebe, nicht nach dem Tod eines Sünders verlange, sondern danach, dass dieser sich von der Bosheit abwenden und leben möge (Ez. 33,11).“31

4. Der moralische Anspruch an den Menschen Rusts Abhandlung über die Hierarchie der Gottesprädikate ist gleichzeitig eine Tugendlehre. Insofern entspricht der metaphysischen Auseinandersetzung über die Natur Gottes auf der einen Seite eine Philosophie des rechten Lebens auf der anderen Seite. Die Situation des Menschen – und damit den Ausgangspunkt einer jeden Philosophie des rechten Lebens – beschreibt Rust im Letter of Resolution mit Origenes folgendermaßen: „Güte und Wahrheit, so schärft er [sc. Origenes] nämlich immer wieder ein, kommen diesen niederen Naturen nicht als Teil ihrer Natur und Substanz zu, so dass sie kraft eines höchst beglückenden Zwangs in einer unaufhörlichen Schau begriffen und außerstande wären, ihren Blick je von diesen herrlichen Ideen abzuwenden oder von ihren Gesetzen abzuweichen. Stattdessen haben sie sie nur auf mehr akzidentelle Weise und entfalten diese in ihnen nur unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen ihre Wirkung. Aus dieser ihrer Natur entsteht das αὐτεξούσιον – in Wirklichkeit ist dies nämlich gar keine Vollkommenheit –, und infolge der allzu großen Freiheit dieses Vermögens kann es leicht geschehen, dass sie jene Voraussetzungen und Bedingungen vernachlässigen.“32

Während Gott substanziell gut sei, komme die Güte und Wahrheit dem Menschen nur auf akzidentelle Weise zu. Der Mensch, der das Gute nicht notwendig wolle, sondern die Wahl zwischen Gut und Böse habe, müsse sich bewusst für die Tugend entscheiden, was natürlich bedeute, dass er sie auch verlieren könne. Indem Rust wie Origenes annimmt, dass der Mensch „auf die bestmögliche Weise“33 – als Bild Gottes – geschaffen worden und dazu berufen sei, sich in einem sittlichen Leben Gott anzunähern – Origenes spricht von einem Ähnlichwerden mit der Gottheit,34 31 32 33 34

Ebd. 2. [Rust], Letter of Resolution 49. Ebd. 56. Siehe Origenes, princ. III 6,1 (GCS Orig. 5, 279–281): „Das höchste Gut, zu dem die Vernunftwesen insgesamt streben, und das auch das Ziel von allem heißt, wird von vielen Phi-

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Ethischer Realismus und das Universalitätsprinzip

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Rust von einer Teilhabe an Gott35 – folgt er dessen dynamischer Anthropologie. Das sittliche Leben beschreibt Rust im Auferstehungstraktat des Letter of Resolution als ein Leben aus dem Geist – abgewandt von den Begierden der Sinne und den Leidenschaften der Seele.36 Rusts Ethik hat dabei einen grundlegend eudämonistischen Zug: Wie der Urzustand der Seele vor ihrem Fall reine Glückseligkeit gewesen und wie die Wiederherstellung dieser ursprünglichen Glückseligkeit die eschatologische Hoffnung sei, so habe der Mensch im irdischen Leben den Auftrag zu einem glücklichen Leben.37 Für Rust ist das tugendhafte Leben des gottsuchenden Menschen im Sinne einer präsentischen Eschatologie das glückliche Leben; es gibt bei ihm auch im irdischen Leben schon einen inneren Zusammenhang von Tugendhaftigkeit und Glückseligkeit – anders als dies später Kant sehen wird, der zwar die Synthese beider denken kann, sie aber auf Gottes Wirken in einem jenseitigen Leben zurückführt.38 Man kann bei Rust sogar davon sprechen, dass Tugendhaftigkeit, Gottesnähe und Glückseligkeit für ihn in eins fallen. Hervorzuheben ist auch in diesem Zusammenhang die kantianisch anmutende Betonung des Universalitätsprinzips. Wie nämlich Gott das Glück aller Menschen wolle, so solle dies auch der Mensch wollen. In seiner Predigt God is Love

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losophen folgendermaßen definiert: Das höchste Gut sei, Gott ähnlich zu werden, soweit es möglich ist. Aber dies ist, wie ich glaube, weniger von ihnen selbst erfunden als aus den heiligen Büchern übernommen. Denn hierauf weist vor allen (anderen) Mose hin, wenn er bei dem Bericht über die erste Erschaffung des Menschen sagt: ‚Und Gott sprach: Lasset uns den Menschen machen nach unserem Bild und unserer Ähnlichkeit‘ (Gen. 1,26). Und er fügt hinzu: ‚Und Gott schuf den Menschen, nach dem Bilde Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie, und segnete sie‘ (Gen. 1,27 f.). Dass er hier sagt: ‚nach dem Bilde Gottes schuf er ihn‘ und von der ‚Ähnlichkeit‘ schweigt, deutet auf nichts anderes hin, als dass (der Mensch) zwar die Würde des ‚Bildes‘ bei der ersten Schöpfung empfing, die Vollendung der ‚Ähnlichkeit‘ ihm aber für das Ende aufgespart ist; er sollte sich selbst durch eigenen Eifer diese Ähnlichkeit durch Nachahmung Gottes erwerben; nachdem ihm zu Anfang die Fähigkeit zur Vervollkommnung kraft der Würde des ‚Bildes‘ gegeben war, sollte er schließlich am Ende selber durch eigenes Wirken die vollkommene ‚Ähnlichkeit‘ verwirklichen“; Übersetzung: p. 643–645 Görgemanns/Karpp. Zu Gottebenbildlichkeit und Gottähnlichkeit siehe auch in Gen. hom. 1,13 (GCS Orig. 6, 15–18) und in Ioh. comm. XX 22,182 f. (GCS Orig. 4, 355). Einem Menschen, der aus dem Geist der Güte heraus handelt, schreibt Rust, God is Love 8, eine Teilhabe an der göttlichen Natur zu: „Sag mir nun, wer auch immer du bist, auf den der Geist auf diese Weise eingewirkt hat: Ist diese geistige Stimmung etwa nicht eine Teilhabe an Gott, ein Stück des göttlichen Bildes und Wesens und die höchste Vollkommenheit, zu der die Seele des Menschen imstande ist?“ [Rust], Letter of Resolution 57–60. Siehe auch den vorhergehenden Traktat zum Seelenfall (ebd. 49 f.). Vgl. ebd. 47 f. 57 f. Vgl. ebd. 42 f. 62 f.

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charakterisiert Rust den Menschen, der aus diesem Geist heraus lebt und handelt, folgendermaßen: „Angetrieben wird er von einem freien und universalisierten Geist und einer sich überallhin ausbreitenden und verströmenden Liebe. Er schaut auf sich nicht als partielles und bestimmtes Wesen, sondern als Teil und Mitglied des Universums. Entsprechend dient er nicht seinem partikularen Eigeninteresse, sondern dem Wohl und Gut des Ganzen. Gute Menschen wollen, dass alle glücklich sind, und möchten nicht, dass irgendein Kind Gottes auf irgendeine Art und Weise elend ist. Er begehrt [sc. der gute Mensch] das Gut jedes Geschöpfes wie das eigene und freut sich über sein Wohlergehen wie über das eigene. So weit ist er davon entfernt, irgendeinem der Geschöpfe Gottes dessen freie Selbstmitteilung zu neiden oder zu missgönnen, dass er sogar willens ist, dass es anderen besser ergeht als ihm selbst und dass er nichts mehr ersehnt, als dass der Herr den Himmel und die Erde erfüllen und über seine Ufer treten und dass er den Geist der Menschen erquicken und erfrischen möge.“39

Die Haltung, aus der heraus der Mensch diesem universellen Geist zufolge handeln soll, lässt sich als weitherziges Wohlwollen für alle Geschöpfe Gottes beschreiben. Aus dieser Haltung heraus sehe der Mensch sich nicht als Mittelpunkt, sondern als Teil der Welt; er habe nicht seine beschränkten Eigeninteressen, sondern das Wohlergehen aller im Blick. Ein Mensch, der aus einer solchen Haltung heraus lebe, sei solidarisch mit den Leidenden, neidlos angesichts des Wohlergehens seiner Mitmenschen. Nach Rust ist diese Haltung die Nachahmung der göttlichen Liebe in ihrer Güte und Gerechtigkeit.

39 Rust, God is Love 7. Vgl. die Ausführungen zur göttlichen Güte ebd. 10 f.

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Der Niedergang der Hölle

Auferstehung und die Wiederherstellung aller Dinge im Letter of Resolution

Christian Hengstermann, Münster

1. Die Güte und die Gerechtigkeit Gottes. Die Cambridger Platoniker und der „Niedergang der Hölle“ im England des 17. Jahrhunderts Zu den zentralen Errungenschaften der anglikanischen Theologie im 17. und 18. Jahrhundert gehört der „Niedergang der Hölle“,1 der mit dem begründeten Zweifel einiger, dass ein guter Gott einen Menschen gerechterweise zu ewigem Leid verdammen kann, seinen Anfang nimmt und mit einer Reihe von Entwürfen universalistischer Heilslehren seinen Abschluss findet. In dem genannten Zeitraum sind die letzten Dinge nicht nur in der theologia naturalis der Philosophen und Theologen, die eine unüberschaubare Fülle unterschiedlichster Theorien zum Ende der Welt entwickeln, sondern auch in der theologia poetica und der theologia civilis beherrschendes Thema: William Shakespeares Drama um „Hamlet im Fegefeuer“,2 John 1

So der Titel des gelehrten Standardwerkes von Daniel Pickering Walker, The Decline of Hell. Seventeenth-Century Discussion of Eternal Torment, London 1964. Im ersten Teil der Studie (ebd. 3–70) wägt der Autor systematisch die Argumente für und wider die klassische dualistische Eschatologie von Himmel und Hölle ab, um dann in einem zweiten (ebd. 73–263) eine hervorragende historische Darstellung der Entwicklung universalistischer Eschatologien im neuzeitlichen England zu geben. In der Schuld Walkers steht auch das umfassendere neuere Werk zum Thema aus der Feder von Philip C. Almond, Heaven and Hell in Enlightenment England, Cambridge 1994, das anhand der neuzeitlichen englischen Endzeitlehren den Weg der Seele von ihrer möglichen Präexistenz bis zur ihrem Schicksal nach dem Jüngsten Tag nachvollzieht. Zum theologiegeschichtlichen Hintergrund des Eschatologie-Referats im Letter of Resolution siehe schließlich auch den konzisen Überblick über die Rezeption der Apokatastasis-Lehre in der protestantischen Theologie der Neuzeit bei Constantinos Apostolou Patrides, The Salvation of Satan, in: JHI 28 (1997) 467–478. 2 Stephen Greenblatt, Hamlet in Purgatory, Princeton/Oxford 2002, bietet eine gehaltvolle Darstellung des Theologumenons vom Fegefeuer, aus dem der (ursprünglich wohl vom Dichter selbst gespielte) Geist des Vaters des Titelhelden in Shakespeares Hamlet stammt. Die Ausgangssituation des größten Dramas des Dichters lässt sich kaum anders denn als überaus ironischer Kommentar über die widerstreitenden Eschatologien der beiden großen christlichen Konfessionen lesen: Eben aus Wittenberg, dem Zentrum der

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Miltons Epos Paradise Lost3 und Jonathan Swifts satirisches Gedicht On the Day of Judgement4 gehören ebenso in diese historische Hochzeit der englischsprachigen Spekulation über das Ende aller Dinge wie das zu Beginn noch immer überaus populäre Schauspiel öffentlicher Exekutionen, die nicht nur dem monarchischen Staat als Machtinszenierung dienten, sondern auch unausweichlich auf die allgemeinen Vorstellungen vom göttlicherseits verhängten qualvollen Feuertod der sündigen Menschheit einwirkten. Besonders skurril nehmen sich im damaligen Treibhaus der eschatologischen Systeme, als das sich die anglikanische Theologie der Zeit weithin darstellt, die vom naturwissenschaftlichen Aufbruch der Zeit befeuerten Theorien über die Apokalypse aus. Legion sind etwa die vorgeschlagenen naturwissenschaftlichen Erklärungen des biblischen Weltgerichts. Sie reichen von Vulkanausbrüchen über Kometeneinschläge bis hin zu Supernovae, die den sündigen Planeten im Feuer des göttlichen Strafgerichts vernichten.5 Maßgeblichen Anteil am „Niedergang der Hölle“ haben auch die Cambridger Platoniker um Ralph Cudworth und Henry More. Mit den Theologen ihrer Zeit haben die von der eigenen Zunft vielfach als „Latitude Men“ verunglimpften Denker das Anliegen einer „rationalen Soteriologie“ gemeinsam, den Versuch, das Odium der grundlosen Gnadenwahl des calvinistischen Willkürgottes durch die Formulierung eines nachvollziehbaren Heilskriteriums zu überwinden.6 Mehr noch als der Atomismus und Materialismus eines Thomas Hobbes, gegen den die Vertreter der Schule, insbesondere Cudworth und More, nicht weniger

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Reformation, zurückgekehrt, trifft der aufgeklärte protestantische Student Hamlet auf den offenbar katholischen Geist seines verstorbenes Vater, der im offiziell abgeschafften Purgatorium „gebannt [ist], zu fasten in der Glut“ (Akt I, Szene 5, Vers 17). Siehe dazu ausführlich Greenblatt, ebd. 229–244. Zu den vielfältigen Berührungspunkten zwischen Miltons religiöser Epik und Mores religionsphilosophischer Spekulation – beide haben am Christ’s College studiert und beide vertreten eine progressive Theologie – siehe ausführlich Marjorie Hope Nicolson, The Spirit World of Milton and More, in: SP 22 (1925) 433–452; dies., Milton and the Conjectura Cabbalistica, in: PQ 6 (1927) 1–18. Hermann J. Real, “An horrid Vision”. Jonathan Swift’s “(On) the Day of Judgement”, in: John Irwin Fischer/Hermann J. Real/James Woolley (Hg.), Swift and his contexts (AMS studies in the eigthteenth century 14), New York 1989, 65–96, interpretiert das Gedicht als Abgesang auf diese geschichtliche Hochkonjunktur eschatologischer Entwürfe. Zu diesen faszinierenden Spekulationen siehe ausführlich Almond, Heaven and Hell (wie Anm. 1) 111–143. Es ist dies die Grundthese des der Schule von Cambridge gewidmeten Kapitels in der gehaltvollen Studie von Frederick C. Beiser, The Sovereignty of Reason. The Defense of Rationality in the Early English Enlightenment, Princeton 1996, 134–183, die auch für eine Würdigung des Origenismus der Schule von Cambridge große Relevanz hat: Die Bedeutung, die der Soteriologie innerhalb ihrer anticalvinistischen theologischen Entwürfe zukam, musste den Alexandriner, dessen Heilsuniversalismus innerhalb der Patristik die große Alternative zur restriktiven Heilslehre des Augustinus darstellte, geradezu zu einem für sie wichtigen Referenzautor machen.

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als das gesamte argumentative Inventar der idealistischen philosophia perennis von Orpheus und Mose über Platon und Plotin bis hin zu Origenes und den nizänischen Kirchenvätern aufboten,7 war es nämlich, so mutmaßte bereits John Smith in scharfsinnigen Gegenwartsanalysen, die Heilsangst des Einzelnen, die dem philosophischen Atheismus der neuen Zeit den Weg bereitete.8 Angesichts des allmächtigen Deus absconditus der überkommenen calvinistischen Theologie, der das Gros der Menschheit noch vor aller Zeit in souveränem Beschluss zum ewigen Höllentod verurteilt, war die Frage eines Kriteriums der individuellen Erlösung gleichermaßen existentielles Problem des Glaubens und Schicksalsfrage der christlichen Gottrede. Kern der ersten protestantischen „Vernunfttheologie“, die entwickelt zu haben eines der bleibenden Verdienste des Cambridger Platonikerkreises ist,9 ist eine natürliche Soteriologie, nach der nichts anderes als das in Vernunft und Freiheit geführte tugendhafte Leben augenfälliges Unterpfand der Erlösung der sündigen Seele ist. Nicht nur systematisch, sondern auch historisch markiert die Frage des Heils den Anfangs- und den Endpunkt des Cambridger Origenismus als eigener neuzeitlicher Denkform: Steht, wie aus der Biographie Henry Mores, seines eigentlichen Begründers,10 hervorgeht, der Zweifel am calvinistischen Willkürgott am Anfang des Cambridger Platonismus, so bildet die universalistische SoterioloZur Hermeneutik der prisca theologia, deren Konsens, in umfangreichen philologischen Detailanalysen aufgewiesen, insbesondere die neuen Irrtümer Hobbes’ widerlegen sollte, siehe ausführlich Christian Hengstermann, Die „Cambridge Platonists“. Freiheitsmetaphysik und All-Einheitsspekulation im neuzeitlichen Christentum, in: ders./Ulrike Weichert (Hg.), Anne Conways Principia Philosophiae. Materialismuskritik und AlleinheitsSpekulation im neuzeitlichen England (Pontes 52), Berlin 2012, 13–39, hier 32–35. 8 Siehe insbesondere den Atheismus-Traktat: John Smith, Select Discourses. Fourth edition corrected and revised by Henry Griffin Williams, Cambridge 1849, 41–55. 9 Die Formulierung seiner Leitthese nimmt John Tulloch, Rational Theology and Christian Philosophy. Vol. 2: The Cambridge Platonists, Edinburgh/London 21874, 14, zum Anlass, die diesbezügliche Affinität der neuzeitlichen Cambridger Theologen zu ihren antiken alexandrinischen Vorläufern herauszustellen: „They sought, in a word, to marry philosophy to religion, and to confirm the union on the indestructible basis of reason and the essential elements of our higher humanity. This was their special ambition; and it was a grand ambition, whatever we may think of its success. It was the first elaborate attempt to wed Christianity and philosophy made by any Protestant school; and it may be even said to have been the first true attempt of the kind since the days of the great Alexandrine teachers.“ 10 Zwar gilt gemeinhin Whichcote als spiritus rector des Cambridger Philosophenkreises, doch spricht manches dafür, in ihm eher einen wichtigen Wegbereiter und in Henry More, der als erster in Cambridge eine Plotin-Ausgabe besitzt und der ab den 40er Jahren Neuplatonismus und Christentum zu einer umfassenden philosophischen Synthese zusammenzuführen sucht, seinen tatsächlichen Urheber zu sehen. Siehe dazu Alexander Jacob (Hg.), Henry More. The Immortality of the Soul (AIHI 122), Dordrecht/Boston/Lancaster 1987, v.

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gie, wie sie seine Schülerin Anne Conway mit ihren (1690 postum publizierten) Principia Philosophiae, einem umfassenden idealistischen System, vorlegt, ihren logischen Abschluss. Als junger Schüler in Eton hatte More, so erinnert er sich in einer autobiographischen Skizze im Vorwort der lateinischen Gesamtausgabe seiner Schriften,11 Zweifel an der Idee, Gott könnte einen reumütigen Sünder den Höllenqualen überlassen, zu hegen begonnen. Später scheint er zwar sowohl im philosophischen Schrifttum der 50er als auch im theologischen der 60er Jahre eine zeitliche Begrenzung der Hölle zumindest in Betracht gezogen zu haben. Allerdings hat er die orthodoxe dualistische Eschatologie von Himmel und Hölle wohl niemals direkt zurückgewiesen, sondern ihre Unerlässlichkeit zum Zwecke der Abschreckung verteidigt.12 Es blieb seiner „Heldenschülerin“,13 die wie er intensiv Origenes studiert hatte, vorbehalten, die Hoffnung auf eine Wiederherstellung aller Dinge zur Grundlage einer umfassenden Heilsmetaphysik origeneischer Couleur zu machen. Bereits zu Beginn ihrer Freundschaft äußert sie Zweifel an der partikularen Eschatologie ihres Lehrers, die, wie sie moniert, etwa Satan das von Christus gewirkte Heil vorenthält.14 Als origenistischster unter den vom Cambridger Kreis hervorgebrachten metaphysischen Systementwürfen begreifen ihre Principia Philosophiae das Gesamt der Wirklichkeit in einem konsequenten Monismus als ausschließlich geistige Schöpfung eines gütigen Gottes: Aus der Güte Gottes, so sucht sie zu zeigen, folgt es, dass die verschiedenen Geistwesen, die infolge ihres Freiheitsgebrauchs innerhalb des dynamischen Seins- und Heilskontinuums wohl auf- und absteigen und infolgedessen einen mehr oder weniger

11 Henry More, Praefatio generalissima, in: ders., Opera Omnia, 2 Bde., London 1679 (ND

Hildesheim 1966), Bd. II/1, i–xxiv, hier v–vi.

12 Zu Mores Eschatologie siehe die ausgewogene Darstellung bei Walker, Decline of Hell

(wie Anm. 1) 127–134, der die einschlägigen Texte aus der philosophischen Schrift Immortality of the Soul von 1659 und der theologischen Divine Dialogues von 1668 diskutiert. Walker kommt zu dem Schluss, dass der Cambridger Platoniker hinsichtlich dieser Frage zeit seines Lebens unschlüssig geblieben ist. Zu Mores Ekpyrosis-Lehre speziell siehe überdies Almond, Heaven and Hell (wie Anm. 1) 112–114. Mores komplexe Eschatologie, an der sich exemplarisch die generellen Vorbehalte der Cambridger Origenisten gegenüber der Apokatastasis-Lehre ihres theologischen Vorbildes studieren lassen, bedürfte einer eingehenden Erörterung, in der auch die frühen philosophischen Gedichte und insbesondere die zu seiner Zeit viel gelesenen späteren umfangreichen exegetischen Arbeiten zur biblischen Apokalypse Berücksichtigung finden müssten. 13 Als solche bezeichnet Richard Ward, The Life of Henry More. Parts I and II, ed. by Sarah Hutton u. a. (AIHI 167), Dordrecht/Boston/London 2000, 117, die in ihrem Denken höchst eigenständige Schülerin in dem Conway gewidmeten Kapitel seiner More-Biographie (ebd. 117–123). 14 Zu Conways frühem Origenismus siehe jetzt Christian Hengstermann, Grundlegung eines Prozessmonismus. Anne Conways Kritik an ihrem Lehrer Henry More, in: ders./ Weichert, Principia Philosophiae (wie Anm. 7) 131–150, hier 139–142.

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feinen bzw. dichten Körper annehmen, nie aber in einen Zustand reiner Materialität verkommen können, am Ende allesamt zu Gott zurückfinden werden.15 Zwischen Henry More, dem Lehrer von Christ’s College, der die Denkform des neuzeitlichen Origenismus begründet, und Anne Conway, seiner „Heldenschülerin“, die sie vollendet, stehen Cambridger Platoniker wie George Rust, dessen wirkmächtiger Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions,16 noch ein halbes Jahrhundert nach seiner Veröffentlichung begeistert als „umfassendste und gehaltvollste Darlegung dieser Lehre“17 gefeiert, maßgeblichen Anteil am „Niedergang der Hölle“ im 17. Jahrhundert hat. Die den individuellen wie kollektiven novissima gewidmeten umfangreichen Kapitel im Letter of Resolution bezeugen den skizzierten Übergang von der althergebrachten Höllentheologie, die der anonyme Autor als in sich unhaltbar widerlegt, zu einem neuen Heilsuniversalismus origeneischen Zuschnitts, dem er in genauer begrifflicher Argumentation den Weg bereitet. Zwar kritisiert er seinen Schützling für seine Apokatastasis-Lehre, die ihm als allzu weitgehende Spekulation gilt,18 und votiert 15 Zur strengen religionsphilosophischen Herleitung einer origeneischen Apokatastasis-Leh-

re aus der Güte als erstem Gottesprädikat, wie sie Conway in ihren Principia Philosophiae versucht, siehe nun ausführlich Sarah Hutton, Anne Conway und die Güte Gottes, in: Hengstermann/Weichert, ebd. 69–83. 16 [George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope Nicolson, New York 1933. 17 Richard Roach, The Preface, in: Jeremiah White, The Restoration of All Things: Or, A Vindication of The Goodness and Grace of God, To be manifested at last, in the Recovery of His Whole Creation out of Their Fall, London 1712, i–xxx, hier xxi. 18 Obwohl er sie durch ein überschwängliches Lob des herausragenden theologischen Genies des Origenes abzuschwächen sucht, distanziert sich Rust mit der Kritik, die er an der fünften Hauptlehre übt, unverkennbar vom Heilsuniversalismus seines theologischen Vorbildes. Man möge ihm diesen, wie [Rust], Letter of Resolution 17, den Leser eigens einleitend bittet, angesichts seiner übrigen Verdienste um die vernünftige Rede von Gott nachsehen: „Das Denken mancher Menschen zeichnet sich durch einen wunderbar erhabenen Drang nach großen und ungewohnten Dingen aus. Man geht wohl nicht fehl, wenn man den Charakter einer Seele, die derlei außergewöhnliche Gaben aus sich freigibt, mit dem Begriff ‚Geistesgröße‘ beschreibt. Oft hat diese etwas Verwegenes an sich, so wie auch die ethische Tugend dieses Namens nicht selten ein gewisses Maß an Ehrgeiz mit einschließt. So wie wir Letzterem aber sehr wohlgesonnen gegenüberstehen und geneigt sind, ihm kleinere Überspanntheiten wegen der höheren Ziele und Großtaten, zu denen sie gehören, nachzusehen, so sollten wir aus demselben Grund auch jener anderen [sc. Tugend] die gleiche Gerechtigkeit widerfahren lassen: Aufgrund der erhabenen und bedeutsamen Entdeckungen, die sie macht, wo ihr Licht auf rechte und treffliche Weise erstrahlt, sollten wir, wo es fehlzugehen scheint, ein wohlwollendes Urteil über sie sprechen, insbesondere dann, wenn es das eifrige und fromme Bemühen um die Ehre Gottes ist, das sie in die Irre geführt zu haben scheint. So ist es Origenes in dieser Sache ergangen: Nicht einmal seine größten Gegner können vernünftigerweise leugnen, dass der Irrtum, dem er, wie sie sagen, mit dieser Lehrmeinung aufgesessen ist, in seiner übermäßigen Sorge, die Wege der

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seinerseits für ein zyklisches Geschichtsbild einer ständigen Wiederkehr von Fall und Wiederauferstehung. Dennoch lässt er mit Origenes keinen Zweifel daran, dass die Annahme einer ewigen Hölle mit derjenigen eines guten und gerechten Gottes gänzlich unvereinbar ist.

2. „Brightness of his Father’s Glory“ und „Captain of our Salvation“. George Rusts philosophische Christologie Eine umfassende Darstellung seiner rationalen Soteriologie, in der er mit den übrigen Vertretern des Cambridger Platonikerkreises wie Ralph Cudworth, Henry More und John Smith konform geht, bietet George Rust in den umfangreichen Ausführungen zu Christi heilbringendem Leben und Wirken, die er an zentraler Stelle in seine Darstellung über Origenes und seine Hauptlehren einflicht und die er insbesondere in einer Homilie über das johanneische „Gott ist die Liebe“ (1 Joh. 4,16) systematisch darstellt. Entsprechend der heilsökonomischen Funktion Christi, der ihm zugleich als sinnenfälliges Symbol der göttlichen Natur und der erlösten Menschheit gilt, entfaltet Rust seine philosophische Christologie in theologischer und in anthropologischer Perspektive: Christus ist zugleich die „Brightness of his Father’s Glory“19 und der „Captain of our Salvation“.20 In der 1658 in der Cambridger St. Mary’s Kirche gehaltenen Homilie über 1 Joh. 4,16 erläutert Rust auch das vom Verfasser des Hebräerbriefes verwendete Christus-Prädikat „Glanz der Herrlichkeit seines Vaters“ (Hebr. 1,3): Als „genaues Abbild seiner Person“, so führt der Prediger aus, „war er Gott, so wie er sich im Fleische offenbarte: Alle seine Taten sollen wir als Taten Gottes in menschlicher Natur ansehen.“21 Von zentraler Bedeutung für die im Letter of Resolution umrissene philosophische Christologie ist durchweg die Kenosis von Christi präexistenter Seele. So verficht Rust mit Origenes, dessen „Hauptlehren“ er im genannten Werk referiert, einen Präexistenz-Adoptianismus: Obwohl wandelbar wie die Vorsehung als klar, gerecht und gütig zu erweisen, seinen Grund hatte. Mag sie [sc. diese Lehrmeinung] auch merkwürdig anmuten, so gibt es freilich auch für sie wie schon für die vorherige plausible Gründe.“ Der Passus ist für die theologiegeschichtliche Einordnung des Letter of Resolution überaus erhellend: Anders als More spricht sich Rust klar gegen eine ewige Hölle aus, ohne deswegen wie Conway für eine Wiederherstellung aller Dinge einzutreten. 19 George Rust, I Joh 4.16. God is Love, in: The Remains of that Reverend and learned Prelate, Dr. George Rust, Late Lord Bishop of Dromore, in the Kingdom of Ireland. Collected and Published by Henry Hallywell, London 1686, 1–20, hier 3. Text und Übersetzung dieser Predigt unten S. 232–267. 20 [Rust], Letter of Resolution 122. 21 Rust, God is Love 3.

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übrigen „von Anbeginn der Ewigkeit an“22 existierenden Geistwesen, erliegt die Christus-Seele den Verlockungen ihrer ätherischen Leiblichkeit nicht, sondern hält unbeirrt an ihrer Liebe zu Gott fest. Zur Belohnung für ihre Treue verbindet sich die zweite trinitarische Person, der Logos, in einer fortan unlöslichen substantiellen Liebeseinheit mit ihr zu der einen Person des Messias. Da er in seiner Treue zu Vater und Sohn sündlos geblieben ist, unterliegt der präexistente Christus anders als unzählige seiner Mitseelen, die der leiblichen Versuchung nicht haben widerstehen können, in der Folge nicht dem Zwang, das Glück der ätherischen Existenz gegen das Elend eines niederen Daseins in der Luft und auf der Erde einzutauschen. Dennoch eilt er, wie Rust in einem im Ganzen zutreffenden Referat der origeneischen Auslegung des berühmten Hymnus im Philipperbrief darlegt,23 den gefallenen Vernunftwesen nach und steigt, aus freien Stücken einen irdischen Leib annehmend, selbst auf die Erde, das „Sediment der körperlichen Welt“,24 hinab.25 Die Inkarnation der ätherischen Christus-Seele in einem irdischen Sündenleib offenbart die neidlose Selbstmitteilung der einfachen Güte des Vaters als Wesensprinzip der trinitarischen Gottheit: Wie Christi Seele, die der Menschheit Kunde von ihm bringen will, hält auch Gott als Güte und Liebe nicht an der in ihm beschlossenen „Lebensfülle“26 fest. Vielmehr verwirklicht er in der Weisheit des Sohnes und in der Schöpferkraft des Heiligen Geistes, so Rust in der anspruchsvollsten seiner metaphysischen Homilien, sein „unendliches Verlangen, die eigene Liebe und Güte mitzuteilen und zu verströmen“ und der Welt an der eigenen „Freude und Glückseligkeit“ Anteil zu geben: „Gott“, so formuliert es der Philosophenprediger in der metaphorischen Sprache seines christlichen Neuplatonismus, „ist ein Meer der Liebe und Güte, das Freude daran hat, über seine Ufer zu treten und sich über seine Geschöpfe zu ergießen und sie glücklich zu machen.“27 Mit seiner selbstlosen Hinwendung zum Menschen, von dem die Evangelien berichten, führt Christus der gefallenen Menschheit augenfällig vor Augen, dass der Vater auch nach dem Sündenfall noch an seiner ursprünglichen Schöpfungsabsicht, dem Glück und Heil sämtlicher seiner Geschöpfe, festhält. Stellenweise nimmt sich die Predigt geradezu wie eine ermutigende Ansprache an den christlichen Gläubigen aus. Gestützt auf den origeneischen Platonismus, dessen „Hauptlehren“ er drei Jahre danach einer breiten Leserschaft zugänglich machen wird, will Rust seiner Gemeinde die Furcht vor dem Willkürgott des tra22 Ebd. 16. 23 Siehe dazu den hervorragenden Überblick bei Gerald Bostock, Origen’s Exegesis of the 24 25 26 27

Kenosis Hymn (Philippians 2:5–11), in: Gilles Dorival/Alain Le Boulluec (Hg.), Origeniana Sexta. Origène et la Bible/Origen and the Bible (BEThL 118), Leuven 1995, 531–547. [Rust], Letter of Resolution 47. Siehe die Rekurse auf Phil. 2,5–11 ebd. 21. 40. Ebd. 25. Rust, God is Love 5.

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ditionellen Calvinismus nehmen: „Nun kam er allein um des Wohls der Menschen willen (good of men) in die Welt“, so fasst er Christi in eudämonistischen Termini gedeutetes Heilswirken zusammen, „und dazu, ihnen zu versichern, dass die verlorene Menschheit die Liebe Gottes, den sie beleidigt hatte, nicht verloren und seine Gnade durch ihre Sünde nicht verwirkt hatte.“28 Die Christus-Seele, die sich um der Menschheit willen selbst erniedrigt, ist jedoch nicht nur Abbild Gottes, das die gefallene Menschheit des auch nach Fall und Sünde ungebrochenen universalen Heilswillens des Vaters versichert, sondern auch „Hauptmann unserer Erlösung“, in dem das Heil des Einzelnen augenfällig vorweggenommen ist: „Alles, was Christus, dem Hauptmann unserer Erlösung, geschah“, so erläutert Rust die martialische Christus-epinoia, „soll auf mystische Weise auch in uns gewirkt werden“.29 Christi Leben und Sterben ist ihm durchweg sichtbarer Beweis für das Heilswirken des Logos, der nicht nur historisch einmalig an der Seele Jesu von Nazareth gehandelt hat, sondern noch immer Mittler des Heils- und Schöpfungswirkens des Vaters ist. „Erlösung“ bezeichnet im Letter of Resolution wie im erhaltenen Predigt- und Traktatwerk des englischen Origenisten die Wiederherstellung der durch den Sündenfall gestörten Teilhabe an der im Sohn vermittelten schöpferischen Selbstmitteilung des Vaters. In immer neuen terminologischen Anläufen bezeichnet Rust die erlösende Immanenz des Logos in der Seele, die im Mittelpunkt der von ihm und den übrigen Cambridge Origenists entworfenen rationalen Soteriologie steht, mal theologisch als „Teilhabe an Gott“ oder als „Stück des göttlichen Bildes und Wesens“, dann wieder ethisch als „höchste Vollkommenheit, zu der die menschliche Seele fähig ist“.30 Von herausragender Bedeutung für das christliche Heilsverständnis ist der Kreuzestod der Christus-Seele: „In dem Sinn, den sie entsprechend dem christlichen Geheimnis haben, stehen die Begriffe ‚Erlöser‘ und ‚Erlösung‘  … nicht nur in keinem Widerspruch zu Christi Todesurteil und Kreuzigung, sondern schließen beides notwendig mit ein.“31 Die Notwendigkeit, die der Autor Christi Kreuzestod innerhalb des Heilsdramas zuspricht, ist weder eine irgendwie apriorische des Begriffs „Messias“ noch die quasi-mythologische des klassischen Theologumenons vom Sühnetod, mit dem Christus als wahrer Gott und wahrer Mensch als Einziger die Schuld der gefallenen Menschheit abzubüßen vermag, sondern, so macht die weitere Argumentation im Letter of Resolution deutlich, die ethische einer vorbildlichen Existenz, die dem Menschen den Weg zu Heil und Wiederherstellung weist. Entsprechend deutet Rust Jesu Heilstod in einer moralisch-existentiellen Auslegung als geschichtliches Symbol für die Überwin28 29 30 31

Ebd. 3. [Rust], Letter of Resolution 122. Rust, God is Love 8. [Rust], Letter of Resolution 128.

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dung eines irdischen Lebenswandels, den es in seiner Nachfolge um des neuen, geistigen Lebens willen zu kreuzigen gilt: „So wie er also gekreuzigt wurde und starb, so soll auch das, was in uns sterblich ist, der ‚Körper des Todes und der Sünde‘ (Röm. 7,24), gekreuzigt werden und sterben. Und so wie er von der Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln und in der Neuheit des Geistes unseren Dienst tun.“32

Allerdings stellt der Logos, wie Christi Leben zeigt, nicht nur die Seele, sondern über sie auch den Leib des gefallenen Menschen zu einstigem Glanz wieder her. Wie der Logos die von ihm angenommene präexistente Christus-Seele in Tod und Auferstehung augenfällig zu seinem Bild und Gleichnis umgestaltet, so handelt er in der Erlösung auch an der eingekörperten menschlichen Seele. Besonderes philosophisches Interesse hegt der Autor des Origenes-Briefes in diesem Zusammenhang an der Verklärung, der Auferstehung und der Himmelfahrt Jesu. Die genannten Begebenheiten aus Jesu irdischem Leben führen dem Gläubigen nämlich, wie er im Einzelnen ausführt, paradigmatisch das künftige Leben der vom Logos erlösten Seele vor Augen: Ein Leben, in dem der Geist, „der vortrefflichste und vitalste Teil ins uns“,33 die niederen körperlichen Regungen beherrscht, führt auch eine Vergeistigung des menschlichen Leibes herbei. Wie der Leib der Seele Christi, den diese kraft ihrer sittlichen Vollkommenheit nach Belieben zu verfeinern vermochte, so wird auch der der übrigen Geistwesen die irdische Verfasstheit mitsamt deren zahlreichen Unbilden ablegen und stattdessen „eine feine, geistige Reinheit“34 annehmen. Die „Gemeinschaft mit Christi Leib“, so deutet der Verfasser des Origenes-Briefes Jesu Rede von seinem Leib als „Brot des Lebens“ in Joh. 6,35 „ist wahrlich ewiges Leben, das Ziel unseres Glaubens und die Belohnung und Krone für unseren Gehorsam.“36 Die Universalität des Heils, die Christi Seele gepredigt, und die Verwandlung, die sie in Tod und Auferstehung als Ziel der menschlichen Existenz offenbart hat,

32 Ebd. 122. 33 Ebd.  115 f. 34 Ebd. 112. 35 Die Auslegung von Joh. 6 (ebd. 113 f.) gehört zu den ausführlichsten Exegesen im gesam-

ten Letter of Resolution. Sie ist auch für die geistige Auslegung des eucharistischen Opfers durch die Cambridge Origenists von Interesse. 36 Ebd. 114. Als weitere biblische exempla, an denen die durch die sittliche Vollkommenheit bewirkte Vergeistigung des Leibes zu reinem Äther sichtbar geworden ist, führt Rust, ebd. 115–117, Henoch und Elija an: Wie Jesu Himmelfahrt beweist auch die frühere der beiden alttestamentlichen Figuren die Leichtigkeit ihres ätherischen Gefährts, das nicht der irdischen Gravitation unterlag.

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sind die Leitthemen der im Letter of Resolution entfalteten origeneischen Eschatologie.

3. Gott „alles in allem“. Die Eschatologie des Origenes in George Rusts Letter of Resolution a) Allerlösung als „Soteriologie göttlicher Strafe“ Die universale Heilslehre des Origenes interpretiert Rust im Letter of Resolution37 konsequent als „Soteriologie göttlicher Strafe“,38 die ihm als einzige vernünftige Alternative zur klassischen Eschatologie mit ihrer Vorstellung ewiger Höllenstrafen gilt: Allein die Annahme einer Hölle mit therapeutisch-pädagogischer Zielsetzung entspricht sowohl dem Gehalt des ethisch-juridischen Strafbegriffs als auch den ersten Attributen Gottes, seiner Gerechtigkeit und seiner Güte, die Rust im Sinne der von ihm so hoch geschätzten Argumentationsform gegen die Ewigkeit der Hölle geltend macht.39 Das logische Prius, das der praktisch-schöpferischen Güte innerhalb der Trinität zukommt, begründet auch im Kontext des Referats der origeneischen Eschatologie den konsequent ethischen Charakter der Darstellung: Über die Definition der Güte, des ersten Gottesprädikats, als universaler Liebe, die das Glück aller Geschöpfe sucht,40 fügt sich auch die Höllenstrafe in den Heilsprozess der durch den Seelenfall gestörten und in der Folge vom inneren Logos nach und nach wiederhergestellten Selbstmitteilung der göttlichen Natur. Wie die übrigen Begriffsbestimmungen, die Rust im Sinne seines christlichen Rationalismus unternimmt, so hat auch seine Diskussion des Begriffs „Strafe“ das über das Emanationsschema 37 Ebd. 71–81. 38 Siehe zum Folgenden die (im Ganzen allerdings nur stichpunktartigen) Darstellungen

der komplexen Argumentation des Letter of Resolution in den Aufsätzen von Morwenna Ludlow, Universal Salvation and a Soteriology of Divine Punishment, in: SJTh 53 (2000) 449–471, dem die treffende Überschrift des Teilkapitels entlehnt ist, und von Patrides, Salvation of Satan (wie Anm. 1) 467–478, sowie in den Monographien von Almond, Heaven and Hell (wie Anm. 1) 116 f., und von Walker, Decline of Hell (wie Anm. 1) 134–137. Den angeführten Darstellungen ist gemeinsam, dass sie zentrale Aspekte von Rusts Referat wie insbesondere die Gliederung in zwei mögliche Interpretationen, zwischen denen zu wählen er dem Leser selbst überlassen will, und seine Ausarbeitung des Arguments aus der göttlichen Allwissenheit gar nicht oder nur oberflächlich behandeln. 39 Nicht von ungefähr finden diese beiden Gottesnamen bereits im letzten Satz der Vorrede Erwähnung. „Güte“ und „Gerechtigkeit“ sind die ersten Prinzipien des im Letter of Resolution breit entfalteten origeneischen Rationalismus: [Rust], Letter of Resolution, To the Reader (o. S.). 40 Siehe dazu Rust, God is Love 1 f.

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spekulativ untermauerte Prinzip einer strengen Univozität sämtlicher ethischer und metaphysischer Kategorien zur Grundlage: Als, wie er ausdrücklich schreibt, „univoke Emanation“ Gottes41 hat der Mensch in der Anstrengung des Begriffs Zugang zu den in mente divina beschlossenen Ideen selbst. Hieraus folgt, dass sich Begriffen wie dem ethisch-juridischen der Strafe, um den es bei der Frage der etwaigen Ewigkeit der Hölle geht, nur um den Preis der Äquivokation, einer Entleerung ihres Sinns, eine theologische Sonderbedeutung beilegen lässt. Eines solchen Verstoßes gegen die ursprüngliche Semantik des Begriffes macht sich die überkommene theologische Rede von einer ewigen Höllenstrafe nach Rust jedoch gleich auf zweifache Weise schuldig. Zum ersten hat Strafe nach Ansicht des englischen Platonikers und Origenisten per se einen teleologischen Charakter: Sie verfolgt stets den Zweck einer Besserung des Delinquenten. Eine zeitlich unbegrenzte Bestrafung schließt eine solche aber aus. Folglich stellt die bloße Rede von einer ewigen Höllenstrafe nicht weniger als eine begriffliche contradictio in adiecto dar: „Doch was? Besteht etwa zwischen dieser Bestrafung, mag sie auch noch so groß und gerecht sein, und dem Grund aller anderen, die Gott oder der Mensch verhängt, ein solcher Unterschied, dass sie nichts mehr von dem Zweck, zu dem Strafen verhängt werden, an sich hätte? Sie dienen der Heilung und Besserung der Partei, die sie erleidet. Wenn sie allerdings im scholastischen Sinn des Wortes ewig währt, so bleibt kein Raum für die Besserung der Bestraften, die dieses undurchdringliche Labyrinth aus Leid und Jammer niemals verlassen können.“42

Zum zweiten richtet sich alle Strafe nach dem Prinzip distributiver Gerechtigkeit: Das Maß einer Strafe muss der Schwere des bestraften Vergehens entsprechen. Nun kann aber offensichtlich keine endliche Verfehlung – Rust nennt exemplarisch die Freude am Körper, die im heilsontologischen Schema seines Letter of Resolution für die erste Verfehlung und den anschließenden Fall der Vernunftwesen verantwortlich zeichnet43 – gerechterweise eine unendliche Bestrafung nach sich 41 [Rust], Letter of Resolution 24: „Entsprechend dem Maß ihrer Fähigkeit sind seine, wenn

ich es so ausdrücken darf, univoken Emanationen das, was ihr Vater in der denkbar vollkommensten und unendlichsten Weise ist: Leben an sich oder ewiges Leben.“ Die Lehre von der strengen Univozität der moralischen Kategorien, in denen es zwischen Gott und Mensch wohl quantitative, nicht aber qualitative Unterschiede geben kann, ist ein zentrales Moment des neuzeitlichen Origenismus, das insbesondere für die Kritik am augustinisch-calvinistischen Willkürgott von fundamentaler Bedeutung ist. Siehe dazu den erhellenden geschichtlichen Abriss bei Theo Kobusch, Die Idee der Freiheit. Origenes und der neuzeitliche Freiheitsgedanke, in: Alfons Fürst/Christian Hengstermann (Hg.), Autonomie und Menschenwürde. Origenes in der Philosophie der Neuzeit (Adamantiana 2), Münster 2012, 67–80, hier 78 f. 42 [Rust], ebd. 75. 43 Ebd.

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ziehen. Folglich muss auch die göttliche Strafe, sofern man dieser keine Sonderbedeutung beilegen will, ein Ende haben. Zwei mögliche Argumente gegen die von ihm vorgetragene origeneische Kritik an der klassischen Position einer ewigen Hölle weist Rust nacheinander als Widerspruch zu den beiden ursprünglichsten Gottesprädikaten, seiner Gerechtigkeit und seiner Güte, zurück. Die Annahme, dass aus der Unendlichkeit Gottes, wie die Verfechter der zeitlich unbegrenzten Strafe wollen, sowohl die Unendlichkeit der Schuld des Sünders wie auch die Angemessenheit einer hierfür verhängten unendlichen Bestrafung folgen, entlarvt der Autor in einem ersten Schritt als einen ungeheuerlichen Anthropomorphismus: Es ist absurd anzunehmen, Gott erleide durch die Übertretung eines Menschen irgendwelchen wirklichen Schaden, geschweige denn die vom calvinistischen Widerpart behauptete unendliche Beleidigung. „Zugleich“, so bemängelt er in einem zweiten im Zuge einer reductio ad absurdum, „stellt man damit eine Regel zur Bemessung der Schuld individueller Verfehlungen auf, nach der alle Sünden gleich schwerwiegend sind und die gleiche Bestrafung nach sich ziehen.“44 Auch hier hat der theologische Sondergebrauch eines ursprünglich ethischen Terminus – die Annahme, dass sich die Strafe nicht, wie es ihr ethischer Gehalt vorsieht, entsprechend dem Prinzip der distributiven Gerechtigkeit nach der Schwere des Vergehens, sondern im theologischen Zusammenhang nach der Vollkommenheit des vermeintlichen Leidtragenden bemisst – absurde Folgen. Besondere Sorgfalt verwendet Rust auf die Widerlegung des von den Befürwortern ewiger Höllenstrafen angeführten zweiten Arguments, der vermeintlich heillosen Verderbtheit des Sünders, für die Gott ihn, wie sie behaupten, mit Recht dem ewigen Feuer überantworte. Die Annahme einer Welt, die im Ganzen oder in Teilen ohne Hoffnung auf Wiederherstellung und Erlösung dem Untergang geweiht ist, weist Rust als mit der Güte ihres Schöpfers gänzlich unvereinbar zurück. Ja, eine pessimistische Anthropologie, die mit der endgültigen Verlorenheit eines Geschöpfs rechnet, stellt in seinen Augen nicht weniger als ein Sakrileg wider den guten Schöpfergott dar. Als biblische Gewähr gelten ihm die ipsissima verba des Schöpfers selbst, der sein Werk in der ersten Schöpfungserzählung der Genesis ausdrücklich für „sehr gut“ befindet (Gen. 1,31). Die theologische Aporie einer endgültigen Verderbtheit auch nur eines einzigen von Gott geschaffenen Wesens gewinnt durch ein weiteres Gottesprädikat neben seiner Güte und seiner Gerechtigkeit, seine Allwissenheit, kraft deren er bereits bei der Erschaffung des Sünders um sein eschatologisches Los wissen muss, an zusätzlicher Schärfe: „Wenn man nun annimmt, diese bemitleidenswerten Seelen seien so verdorben, dass es für sie keine Möglichkeit der Erneuerung oder Wiederherstellung mehr gebe, so nimmt 44 Ebd.

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man damit auch an, dass Gott manche seiner Geschöpfe sehr schlecht gemacht habe. Als er sprach, dass sie alle ‚sehr gut‘ sind (Gen. 1,31), hat er demnach wohl lediglich den Urzustand, in dem sie sich befanden, als sie gerade seinen gnädigen Händen entsprangen, im Blick gehabt und in seiner Begeisterung darüber verabsäumt, sein allsehendes Auge auch auf alle Zustände, in die sie in Zukunft möglicherweise geraten könnten, zu richten.“45

Auf der Grundlage eines eigens aufgestellten eudämonistischen Kalküls, von dem sich Gott, wie Rust will, bei seinem Schöpfungswerk leiten lässt, legt er weiter dar, dass der Schöpfer in seiner Güte und Weisheit bei all den Geschöpfen, die in ihrem Leben, wie er hätte vorhersehen müssen, insgesamt mehr Leid als Glück erfahren, ein Einsehen gehabt und von ihrer Erschaffung gänzlich abgesehen hätte. Insbesondere gilt dies, auf die Streitfrage der ewigen Hölle angewandt, für die Sünder, die er, wie er bereits bei ihrer Erschaffung hätte wissen müssen, nach ihrer irdischen Existenz zu einem qualvollen ewigen Tod würde verurteilen müssen: Das zeitlich unbegrenzte Unglück, das die genannten „bemitleidenswerten Seelen“ nach traditioneller Lehre im Höllenfeuer erleiden, überwiegt mit Notwendigkeit das begrenzte Glück, das sie in ihrem Leben erfahren. Der in sich aporetischen Doktrin einer unwiderruflichen Verdammnis hält Rust die origeneische Vorstellung einer als paideia verstandenen göttlichen pronoia entgegen,46 nach der auch die von Gott verhängten Strafen, wie es der Begriff im Ethischen wie im Theologischen will, einen therapeutischen Zweck verfolgen und so dem Schöpfungs- und Heilsziel, der Selbstmitteilung der göttlichen Güte und dem „Wohl und Glück der Dinge selbst“,47 dienen. Innerhalb des Erlösungsgeschehens, so führt Rust unter Verwendung des origeneischen Bildes von Gott als verzehrendem Feuer in seiner Origenismus-Predigt von 1658 aus, greift der gute Gott auf die Strafe freilich lediglich als ultima ratio zurück:

45 Ebd.  75 f. 46 Der Titel des klassischen Werkes von Hal Koch, Pronoia und Paideusis. Studien über

Origenes und sein Verhältnis zum Platonismus (AKG 22), Berlin/Leipzig 1932, fasst den Grundgedanken der Heilsmetaphysik des Origenes noch immer treffend zusammen. Die maßgebliche neuere Darstellung der origeneischen Providenz-Doktrin bietet Eberhard Schockenhoff, Zum Fest der Freiheit. Theologie des christlichen Handelns bei Origenes (TTS 33), Mainz 1990, 95–187. Mag auch die fast formalisiert zu nennende Darstellung seiner „Hauptlehre“ über die letzten Dinge im Letter of Resolution dem üblichen argumentativen Duktus des Origenes in seinen Abhandlungen, Kommentaren und Predigten fremd sein, so entspricht Rusts Referat, das sich nur einiger weniger leitender Termini bedient, dennoch unzweifelhaft seinem zweifachen theologischen Anliegen, der Bewahrung der göttlichen Gerechtigkeit und Güte einerseits und der menschlichen Freiheit und Verantwortlichkeit andererseits. 47 [Rust], Letter of Resolution 71.

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„Wenn sich allerdings alle anderen Mittel als unnütz erweisen und wir halsstarrig in unserer Sündhaftigkeit verbleiben, dann und erst dann verwandelt sich der Gott der Liebe zu einem verzehrenden Feuer und werden wir zum Brennstoff der Hölle und zu Leidtragenden seiner Gerechtigkeit.“48

So wie die Gerechtigkeit jedoch nicht im Widerspruch zum ursprünglicheren Prädikat der Güte steht, sondern ihrerseits Ausdruck der Güte unter den Bedingungen von Fall und Sünde ist, so ist auch die von Gott verhängte Strafe Fortsetzung seines Gnadenhandelns mit anderen Mitteln: Sie ist, wie Rust ausdrücklich betont, lediglich eine „strengere Form der Gnade“,49 mit der die Vorsehung auch den uneinsichtigsten Sünder noch zur Räson zu bringen sucht. Wo allerdings die verschiedenen kleineren und größeren Unbilden, mit denen Gott seine gefallenen Geschöpfe auf der Erde und in der Luft in einer Art Leidens-Anamnesis an ihre verlorene ätherische Heimstatt zu erinnern sucht, keine Frucht zeigen, verwandelt sich Gott am Jüngsten Tag zu dem in der Schrift angedrohten „verzehrenden Feuer“, das die unterhalb des Himmelselements gelegene Welt mitsamt allen dort lebenden Wesen vernichtet. Die Ekpyrosis, die jeden geschichtlichen Zyklus von Fall und Wiederauferstehung beschließt, erscheint im ausführlichen physikotheologischen Bericht des Letter of Resolution buchstäblich als Hölle auf Erden. Es entspricht dem theologischen Zeitgeist, dass Rust den Weltenkataklysmos, den der gerechte Gott am Ende der Tage entfesseln wird, in den schillerndsten Farben ausmalt. So wird sich an jenem „Tag feuriger Rache“50 die Erde und alles, was auf ihr ist, durch die aus ihrem Innern hervorströmenden Fluten von Lava zu einem einzigen „gewaltigen See aus alles verzehrendem Feuer und Schwefelgestank“51 verwandeln, in das der gerechte Richter die ruchlosen Sünder hineinstößt. Im Blick auf die therapeutisch-pädagogische Zielsetzung des göttlichen Strafgerichts, wie ihn sowohl sein ethischer Strafbegriff als auch seine Theologie der Gottesattribute erfordern, legt Rust zwei Optionen dar, zwischen denen zu entscheiden er gut origeneisch dem Leser selbst überlassen will.52 Beide Lesarten der origeneischen Apokatastasis-Lehre kommen darin überein, dass sie die Hölle nicht statisch als Ort endgültiger Verdammnis, sondern dynamisch als Stätte eines höchst schmerzvollen Entwicklungsprozesses begreifen. Sie unterscheiden sich darin, dass die erste mit einem Gelingen, die zweite mit einem Misslingen der Freiheit des Sünders rechnet. Im ersten der beiden dargelegten Denkmodelle 48 Rust, God is Love 2. 49 [Rust], Letter of Resolution 73. 50 Ebd. 74. 51 Ebd. 52 Vgl. ebd. 79 f., wo Rust noch einmal ausdrücklich von zwei alternativen Lesarten der ori-

geneischen Apokatastasis-Lehre spricht.

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sieht die Seele unter dem Eindruck der unsäglichen physischen Feuerspein, hinter der die psychische der durch die Sünde verlorenen Gottesgemeinschaft im Letter of Resolution durchweg zurücktritt, in einem theologischen pathei mathos ihre Verfehlungen ein und bekehrt sich zum vordem geschmähten göttlichen Leben in ihr. Man müsste nun nach Rust entweder eine unerträgliche Indifferenz auf Seiten Gottes oder, schlimmer noch, ein aktives Eingreifen, mit dem er die Heilung des geistigen Lebens in der sündigen Seele absichtlich unterbände, annehmen, um zu erklären, warum die im Feuer geläuterte Seele nicht die Möglichkeit einer neuerlichen Bewährung auf der vom Naturgeist wiederhergestellten Erde erhalten sollte: „Was sollte also den gnadenvollen Herrscher des Himmels, der Erde und auch der Hölle, den mitfühlenden ‚Vater der Geister‘ (Hebr. 12,9), dazu bewegen, diesen natürlichen Lauf der Dinge entweder gewaltsam zu hemmen und zu unterbinden oder, schlimmer noch, die damit gegebenen Möglichkeiten und Gelegenheiten nutzlos verstreichen zu lassen, die gegenwärtige Lage eines so großen und beträchtlichen Teils seiner Schöpfung zu verbessern und sie auf einen Weg zurück zu dem, als was er sie ursprünglich geschaffen hat, zu geleiten?“53

Die fast synkretistisch anmutende zweite Option, der Rust selbst am Ende den Vorzug gibt, beruht auf dem Gedanken eines Todes oder Schlafs der Seele, wie ihn etwa auch Martin Luther vertreten hat.54 Demnach bereut die sündige Seele ungeachtet der Höllenqualen, denen sie der Weltenrichter aussetzt, ihre Verfehlungen nicht. Allerdings löst sich inmitten der fortwährenden physischen Höllenpein das Band, von dem Körper und Seele in einer, wie Rust mit einem einflussreichen psychologischen terminus technicus Mores darlegt, „lebendigen Übereinstimmung“55 zusammengehalten werden: „Und es dürfte nicht schwer fallen, sich klarzumachen, dass eine Verfasstheit des Körpers, welche die Seele nicht dazu animiert, sich mit ihm zu vereinen, wenn sie frei ist und von einem unbewussten Drang in Bann geschlagen wird, diese auch nicht für immer an ihn 53 Ebd. 77. 54 Zum Gedanken des Mortalismus, den auch Rusts berühmtere Zeitgenossen Thomas Hob-

bes und John Locke vertreten und den auch sein Lehrer Henry More zusammen mit der stoischen Ekpyrosis als mögliche eschatologische Option erwogen hat, siehe ausführlich Almond, Heaven and Hell (wie Anm. 1) 38–41 (zu Luther und seiner Rezeption im reformierten Christentum). 47–50 (zu Hobbes). 112–114 (zu More). 140–143 (zu Locke). 55 Im zitierten Passus umschreibt Rust den Terminus der „vital congruity“ lediglich. Ebd. 48 verwendet er den Fachbegriff der philosophischen Psychologie Mores ausdrücklich. Zur „vital congruity“, Mores anticartesischem Postulat einer wechselseitigen Affinität von Körper und Geist, die für beider Vereinigung in einer Person gegeben sein muss, siehe ausführlich Hengstermann, Grundlegung eines Prozessmonismus (wie Anm. 14) 136 f.

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fesseln kann, wenn er ihr aufgrund eines traurigen Schicksals aufgezwungen wird. Und da die Materie, von der sie dann umgeben ist, insgesamt eine solche lebensfeindliche Beschaffenheit haben wird, so scheint es notwendig, dass sie von allem Leben und Empfinden ablassen wird.“56

Die Seele verlässt also den Körper, den sie im Feuer der Hölle nicht mehr zu beleben vermag, und verliert infolgedessen alles Bewusstsein und Empfinden. Mit dem physischen Tod, den sie in der auf der Erde entfesselten Flammenhölle von der Hand des strengen Weltenrichters erleidet, hat die Seele jedoch ihre Schuld abgebüßt. Eine weitere Bestrafung verstieße gegen die Gerechtigkeit Gottes. Da die Seele aber als Leben an sich, wie der Platoniker Rust darlegt, nicht gänzlich vergehen kann, existiert sie in dem vom Höllenfeuer herbeigeführten Zustand völliger Bewusst- und Empfindungslosigkeit weiter, bis ihr die wiederhergestellte Welt um sie herum abermals einen geeigneten Körper, in dem sie sich erneut bewähren kann, bereitstellt. Da nun ein bewusstloses Geistwesen innerhalb der Natur, die nichts vergeblich tut, ein sinn- und zweckloses Ärgernis wäre, wird die Seele ein neues Leben beginnen. Die von Rust skizzierten Lesarten der Apokatastasis-Lehre, die optimistische eines von Gott erlösten einsichtigen und die pessimistische eines von ihm bis zur Trennung von Leib und Seele gepeinigten uneinsichtigen Sünders, entsprechen beide den leitenden Prinzipien seines im Letter of Resolution dargelegten theologischen Rationalismus. Demnach ist die ewige Hölle sowohl mit der Güte Gottes als auch mit seiner Gerechtigkeit unvereinbar. Ist es in der ersten Interpretation die Güte Gottes, die sich der Seele des infolge der Höllenpein reumütigen Sünders erbarmt, so ist es in der zweiten seine Gerechtigkeit, die dem Elend des halsstarrigen Geistwesens nach seiner vom strafenden Höllenfeuer bewirkten Abtrennung vom Leib ein Ende setzt. Lässt sich Gott dort also von seiner Güte dazu bewegen, die gerechte Strafe auszusetzen, so vollstreckt er sie nach der zweiten Deutung entsprechend der distributiven Gerechtigkeit bis zu ihrem logischen Ende, dem physischen Tod des Sünders in der Flammenhölle. So oder so aber lassen die Prinzipien des origeneischen Rationalismus keinen Zweifel daran, „dass“, wie es die Zusammenfassung der fünften „Hauptlehre“ will, „nach langen Zeitperioden die Verdammten von ihren Qualen erlöst werden und ihr Glück in solchen Regionen der Welt noch einmal versuchen, zu denen sie kraft ihrer Natur fähig sind.“57

56 [Rust], Letter of Resolution 79. 57 Ebd. 14. 71.

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b) Auferstehung und Weltenbrand. Die Erlösung von Körper und Welt Der anspruchsvolle Auferstehungstraktat des Letter of Resolution58 vollzieht die an Christus offenbar gewordene Erlösung des Menschen im Rahmen einer streng vernunftgeleiteten theologia naturalis nach. Ratio fidei der christlichen Auferstehungshoffnung, die dem Autor als die bedeutendste unter den christlichen Glaubensüberzeugungen gilt, ist die Vollendung des gesamten als Einheit von Leib und Seele verstandenen Humanums. Zudem lenkt sie den Blick auf die im universalen göttlichen Heilsplan vorgesehene Wiederherstellung buchstäblich aller Dinge: So wie die Verklärung des Leibes durch den Logos Gottes konstitutiver Bestandteil der christlichen Heilshoffnung ist, so stellt sich das Heil der Welt im Ganzen als vom Geist getragene evolutive Entfaltung des Lebens in der Mannigfaltigkeit seiner Manifestationen dar. Grundlage der natürlichen Theologie der Auferstehung ist das im Letter of Resolution entfaltete origeneische Menschenbild, das der Verfasser zu Beginn des Traktats noch einmal in einer Auflistung anthropologischer Axiome rekapituliert. Die axiomatischen Sätze, die der Autor an späterer Stelle um weitere Bestimmungen ergänzt, entfalten more geometrico die anthropologische Grundwahrheit, nach der es sich bei der menschlichen Seele um eine spannungsvolle „incompoßibility“ von Geist und Körper,59 um einen „eingekörperten Geist“, handelt: „Es handelt sich bei den Seelen der Menschen um ihrem Wesen nach eingekörperte Geister. Solche Geister weisen in allen ihren Wirkweisen eine große Abhängigkeit vom Körper auf, mit dem sie vereinigt sind. Die Elemente unserer irdischen Zusammensetzung sind von solcher Art, dass sie uns geradezu schicksalhaft in Laster, Leidenschaft und Elend verstricken. Diese Seelen existierten bereits und waren wirksam (zu welchem anderen Zweck hätten sie auch sonst existieren sollen?), ehe sie zu sichtbaren Bewohnern der Erde wurden. Darum besaßen sie damals zumindest Körper aus Luft. Je reiner der Körper ist, mit dem die Seele vereinigt ist, desto reiner, vollkommener und glückseliger sind auch ihr Leben und ihr Wirken. Außerdem sind wir aufgrund jener höchsten Güte, die alle Dinge schuf, sicher, dass sie alle Dinge ursprünglich auf die bestmögliche Weise geschaffen hat. Deshalb muss unsere Wiederherstellung zu unserer früheren Glückseligkeit, die von ihr gewirkt wird und die Zweck und Ziel des Evangeliums ist, darin bestehen, dass wir wieder in unsere besseren Körper und glückseligeren Wohnstätten eingesetzt werden.“60

Die Einkörperung kommt der Seele demnach nicht nur gleichsam akzidentell zu, sondern sie definiert ihre Substanz, die in sämtlichen ihren Vollzügen, in ih58 Ebd. 55–71. 59 Von einer solchen spricht Rust, ebd. 72, unter Verwendung eines Kunstterminus, der das

amphibische Wesen des Menschen zum Ausdruck bringt.

60 Ebd. 56.

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rem Tun und ihrem Denken, eine Prägung durch den Körper aufweist: So wie ihre Handlungen von den Regungen ihrer körperlichen Natur geprägt sind, so ist ihr Denken auf die Vermittlung durch das Greif- und Sichtbare angewiesen. Die spannungsvolle Einheit von Geist und Körper, denen im Ethischen zwei prinzipiell unversöhnliche Lebensmaximen entsprechen, steht im Mittelpunkt der im Letter of Resolution entworfenen Anthropologie, die sich durch eine ausgesprochen nüchterne, ja pessimistische Sicht auf das Humanum und eine hohe Sensibilität für die damit verbundenen religionsphilosophischen Aporien auszeichnet. Philosophischer Gehalt der christlichen Auferstehung ist die vom inneren Christus herbeigeführte Erlösung von der mit der „incompoßibility“ verbundenen „großen inneren Knechtschaft und Zerrissenheit“61 in der Vollendung von Leib und Seele. „Auferstehung“ meint, wie Rust eigens betont, die „feste Hoffnung darauf, dass der ganze Mensch ein segenvolles und unsterbliches Leben erlangen wird“.62 Das Argument, mit dem er im Zuge seiner rationalen Soteriologie die Vernünftigkeit der biblischen Lehre aufweist, hat die Form eines zweiteiliges Postulats, das seinerseits im Pessimismus seiner Anthropologie seinen Grund hat: Als Bild and Gleichnis des unendlichen Gottes gebietet die Seele über ein ebenfalls unendliches geistiges und moralisches Potential, das nach und nach zu verwirklichen ihr höchster vom Schöpfer selbst aufgetragener Daseinszweck ist. Allerdings lehrt die Erfahrung aller, dass das aufrichtige Bemühen der Seele im Bereich von Moral und Metaphysik immer wieder durch die widrigen Folgen der irdischen Körperlichkeit zunichte gemacht wird. Aus diesem Grunde muss nach Rust eine Postexistenz der Seele in einem ihrem sittlich-geistigen Daseinsvollzug förderlichen körperlichen Medium, dem Äther, angenommen werden: „Und im Wissen darum, dass nicht nur Tugend und Frömmigkeit, sondern auch Wahrheit und Wissen die natürlichen Leistungen der Seele sind, mache ich mir den Schluss dieses Vaters zu eigen, dass die umfassende Vollendung, die wir uns für die Auferstehung erhoffen, allein dadurch in uns gewirkt werden kann, dass wir in den Besitz eines Körpers gelangen, dessen reines Wesen der Wahrheit ebenso dienlich ist, wie der irdische ihr meines Erachtens hinderlich ist.“63

Die eigentliche philosophische Entfaltung der Auferstehungsdoktrin, bei der sich Rust vornehmlich auf den Apostel Paulus und den Neuplatoniker Hierokles stützt, beruht auf dem origeneischen Modell eines doppelten Hylemorphismus: Der Geist oder das Hegemonikon, das höchste Prinzip der Seele, das als Freiheitsvermögen zwischen der Maxime universaler Liebe und derjenigen partikularer Diesseitsgerichtetheit entscheidet, prägt die niederen Seelenvermögen, die 61 Ebd. 121. 62 Ebd. 110 f. (Hervorhebung: Ch. H.). 63 Ebd. 60.

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ihrerseits Form des Leibes sind. Über die vegetative Seele sind es mittelbar also Moral und Denken, die auch die leibliche Gestalt des Menschen prägen: Wie Gott selbst, der sich in der schöpferischen Emanation des Anfangs in die „unendliche Ausdehnung“64 der Wirklichkeit verströmt, so ist auch die Geistseele, der Rust mit Henry More ebenfalls Ausdehnung zuspricht, insgesamt Formprinzip, das den gesamten von ihr belebten Körpers erfüllt. Entsprechend bleibt die jeweilige geistig-moralische Verfasstheit des menschlichen Hegemonikon weder den niederen Seelenvermögen noch dem von ihnen geformten Leib äußerlich. Vielmehr finden die Bewegungen des Geistes, seine Entscheidung für oder wider die Universalität der göttlichen Liebe, nach und nach auch im Leib einen sichtbaren Ausdruck: „Alles“, so formuliert Rust ein weiteres Axiom seiner Lehre von der Seele, „was mit ihrem herrschenden Teil, dem Zentrum aller übrigen, geschieht, wirkt sich in analoger Weise auch auf die aus, die wie Strahlen aus ihm hervorgehen.“65 Von hierher kann der Autor gleichermaßen das origeneische Theologumenon vom Seelenfall wie das der Auferstehung schlüssig erklären: Setzt dort die Sünde der unbedachten Lust ein „faules Gift“66 frei, das der Seele nach und nach die Fähigkeit nimmt, höhere Formen der Leiblichkeit zu aktuieren, so ist es hier die gelingende Freiheit, ein Leben gemäß der Maxime universaler Liebe, das als Gott in uns den Geist und über ihn den von den niederen Seelenvermögen belebten Leib zu einstiger ätherischer Schönheit wiederherstellt. Die Lehre vom ätherischen Auferstehungsleib, in dem allein die Seele ihre Gottebenbildlichkeit in Handeln und Denken zu verwirklichen vermag, erweist sich schließlich als paradigmatischer Anwendungsfall einer umfassenden origeneischen Geist- und Heilsontologie, die nicht nur die Wiederherstellung des Menschen als leib-seelischer Einheit, sondern auch die Wiederherstellung aller Dinge zu denken versucht. Prinzipien dieser Seinslehren sind abermals die ersten Gottesprädikate, seine Gerechtigkeit und seine Güte: Die exakte Korrespondenz zwischen der sittlichen Verfasstheit des Geistes und der Dichte des von ihm belebten Körpers ist der paradigmatische Fall für das allgemeine kosmologische Gerechtigkeitsprinzip, nach dem, wie Rust mit Origenes postuliert, keinem Wesen irgendetwas παρὰ τὴν ἀξίαν widerfahren kann.67 Desgleichen dokumentiert die vom inneren Logos herbeigeführte Verwandlung des Körpers zu lichtvollem Äther die Herkunft auch der materiellen Wirklichkeit aus der Seinsfülle der väterlichen Güte. Kern der origeneischen Heilskosmologie des Letter of Resolution ist die vor allem von Cudworth und More entwickelte Theorie eines im Innern der

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Rust, God is Love 15. [Ders.], Letter of Resolution 51. Ebd. 50. Ebd. 48.

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Materie wirksamen „Natur- oder Weltgeistes“ bzw. einer „plastischen Natur“.68 Als „Prinzip der Versöhnung von Seele und Materie“69 ist der Naturgeist auch bei Rust ein der Weltseele Platons und Plotins und dem kosmischen Christus des Origenes vergleichbares Mittlerwesen, in dem sich Gott auch in der sichtbaren Wirklichkeit mitteilt: Sein Wirken, das den in ihm enthaltenen „Samen zu allem“70 in der Materie zur Entfaltung bringt, folgt einer inneren Notwendigkeit und ist bar jeden Bewusstseins:71 Das noch unbewusste „Leben“, das in der zielgerichteten Selbstentfaltung zu einer ihm vorgegebenen Vollgestalt Genuss am eigenen Dasein empfindet, fungiert als zwischen Geist und Materie vermittelnde Kategorie. Rusts überaus lebendige Darstellung der Entwicklung nach der Ekpyrosis, die er selbst als Reihe „anregender Spekulationen“72 verstanden wissen will, zeichnet den Weg von den Wirren des Jüngsten Tages bis zur neuerlichen Entstehung aller möglichen Formen des Lebens nach, denen der gute Gott auch nach seinem Strafgericht weder die Existenz noch das ihr eigene Maß an Glückseligkeit versagen will. So legt der Autor ausführlich dar, wie sich die von Gottes feurigem Zorn gezeichnete Erde langsam regeneriert und abermals zum Hort des Lebens wird. Die Dunstmassen, zu denen sich die Erde und ihre Bewohner im Feuer verwandelt haben, kühlen sich nach und nach ab, bis sie schließlich in Form von Regen niederprasseln und sich mit der Asche auf dem Antlitz einer gepeinigten Welt zu einem fruchtbaren Gemisch verbinden. Sobald aber die Materie abermals eine lebensförderliche Gestalt anzunehmen beginnt, ruht der Weltgeist nicht eher, als bis er die noch triste Erde mit allerlei Pflanzen versehen hat. Sollen diese jedoch nicht ungenossen vergehen, muss es auch Tiere geben, die sich an ihnen erfreuen können. Auch ihre Seelen, so betont Rust mit More, sind Geistwesen, die das Feuer nicht vernichtet, sondern lediglich in einen bewusstlosen tiefen Schlaf versetzt hat. Nun, da der Naturgeist die Materie zu geeigneten Körpern formt, bevölkern auch sie einmal mehr die Welt. Da aber für so viele Arten von Tieren – vor allem dürfte Rust an Haustiere wie den Hund denken – die Interaktion mit dem Menschen unerlässliche Bedingung dafür ist, dass sie die Fähigkeiten, an denen sie die größte Freude hegen, voll entfalten können, muss auch der Mensch ins Dasein treten, der als paterfamilias über Flora wie Fauna wachen soll: Der „großen Familie“ der aus der Asche des Straffeuers auferstandenen Welt soll er, eine konkrete Umsetzung des origeneischen Heilsuniversalismus, „Vater und all ihren Geschöpfen Herr, Lenker, Patron und Beschützer sein“.73 68 Siehe dazu allgemein Hengstermann, Die „Cambridge Platonists“ (wie Anm. 7) 35–38,

sowie den Beitrag von Alfons Fürst und Christian Hengstermann, unten S. 199–217.

69 [Rust], Letter of Resolution 85. 70 Ebd. 84. 71 Vgl. Rusts konzises Referat der Theorie ebd. 84 f. 72 Ebd. 86. 73 Ebd.

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Unter Überwindung einer anthropozentrischen Engführung des christlichen Heils, wie sie sich auch bei Origenes selbst findet, komplettiert Rusts soteriologische Theorie einer Evolution des Lebens, die sich konsequent aus seiner idealistischen Geist- und Heilsontologie der Selbstmitteilung des Schöpfergottes ergibt, den origeneischen Universalismus des „Gott alles in allem“.

4. Apokatastasis und Auferstehung. Origeneische Heilsmetaphysik in der Frühen Neuzeit In seinem Referat der Auferstehungs- und der Apokatastasis-Lehre des Origenes, der vierten und fünften der sechs im Letter of Resolution dargestellten „Hauptlehren“, erweist sich George Rust unzweifelhaft als einer derjenigen Autoren, der im England der frühen Aufklärung – wenn auch nicht ohne Bedenken gegen die, wie er warnt, allzu weitreichenden Spekulationen des von ihm verteidigten Kirchenvaters – einer universalistischen Eschatologie den Weg bereitet hat. Hinzu kommt, dass er seine aufgeklärte Eschatologie der göttlichen Güte und Gerechtigkeit innerhalb einer umfassenden Freiheitsmetaphysik origeneischer Prägung darlegt. Das Referat der universalistischen Eschatologie des Origenes dokumentiert den Übergang von der klassischen dualistischen Eschatologie von Himmel und Hölle zu einer monistischen Allerlösung. Einerseits bleibt die Darstellung des englischen Origenisten Rust dem Calvinismus, von dem auch er aufgrund seiner puritanischen Erziehung und Bildung noch immer nachhaltig geprägt ist, in zentralen Aspekten verpflichtet. So distanziert er sich nicht nur ausdrücklich vom Heilsoptimismus des Kirchenvaters, für den er den Leser eigens um Nachsicht bittet, sondern er votiert auch für eine ausgesprochen pessimistische Interpretation, nach der die sündhafte Seele den qualvollen Flammentod der Reue über ihre Bosheit vorzieht. Andererseits sieht Rust in der Güte Gottes, dem ersten Axiom seines im Letter of Resolution entfalteten origeneischen Rationalismus, den Garant dafür, dass Gott den Seelen, die er weder aufgeben noch über das gerechte Maß hinaus quälen kann, immer wieder aufs neue die Möglichkeit zur Bewährung geben wird. Mehr noch sucht er seine universalistische Eschatologie, die er aus den beiden höchsten Gottesattributen, der Güte und der Gerechtigkeit, herleitet, mittels eines in der Zeit hoch geschätzten Brückenschlages zwischen Theologie und Naturwissenschaft zu untermauern: Seine ausführliche Beschreibung des „Tags feuriger Rache“,74 den Gott am Ende der Tage entfesseln wird, spürt minutiös den möglichen physikalischen Sekundärursachen der hier auf Erden verorteten Apokalypse nach. Die rationale Soteriologie, nach der die erlösende Gemeinschaft 74 Ebd. 74.

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mit dem guten Gott in nichts anderem als der Freiheit und der Tugend besteht, findet in einer universalistischen Eschatologie der Güte und Gerechtigkeit, die dem Freiheitsunterfangen des Menschen im Sinne einer rationalen Hoffnung sekundiert, ihr logisches Komplement. Hierzu macht sich Rust insbesondere in den beiden referierten Kapiteln des Letter of Resolution mit großer spekulativer Konsequenz die Grundüberzeugung der origeneischen Philosophie zu eigen. Wie in der Freiheitsmetaphysik des Alexandriners, die alle Wirklichkeit, Gott ebenso wie die von ihm geschaffenen Vernunftwesen, vom Gedanken willentlich-vernünftiger Selbstbestimmung her begreift, so ist auch innerhalb der Heilskosmologie, die er in seinem Letter of Resolution entwirft, die wechselvolle Interaktion zwischen der göttlichen Güte, die sich dem Geschöpf am Anfang in Liebe mitteilt und es am Ende durch Erziehung und Strafe zu sich zurückzuführen sucht, und der Freiheit des Vernunftwesens, das sich für oder wider den Logos entscheiden kann, erstes Prinzip. Die beiden dargelegten „Hauptlehren“, die der Apokatastasis und die der Auferstehung, buchstabieren diesen Primat der Freiheit konsequent aus: Leib und Welt erscheinen beide gleichermaßen als augenfälliges Symbol der Freiheitsgeschichte von Gott und Mensch, sei es, dass der Leib im Fall und in der Wiederauferstehung das Ethos abbildet, sei es, dass der Kosmos sich, vom Naturgeist durchwirkt, immer wieder zu einem Ort der Freiheit entwickelt. Die von Rust und den übrigen Cambridge Origenists entwickelte rationale Soteriologie, die Heil als erlösende Immanenz Gottes im moralischen Subjekt und als streng universalen, d. h. die Gesamtwirklichkeit aller Geist- und Naturwesen einbegreifenden Prozess zu denken sucht, stellt eine der zentralen Errungenschaften der Origenes-Renaissance im Cambridge des 17. Jahrhunderts dar, zu der George Rusts viel gelesener Letter of Resolution einen bedeutsamen Beitrag geleistet hat.

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Die Apokalypse und der Naturgeist

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1. Eschatologie und Naturwissenschaft. Die Apokalypse in den Physikotheologien des 17. Jahrhunderts Die Frage des exakten Ablaufs des Jüngsten Tages ist ein Leitthema der naturwissenschaftlichen und theologischen Debatten im neuzeitlichen England.1 Insbesondere in den letzten vier Jahrzehnten des 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts besteht kein Mangel an Modellen, die das göttliche Strafgericht mit den Mitteln der Kosmologie der Zeit zu erklären suchen: Bald sind es irdische Katastrophen wie Erdbeben oder Vulkanausbrüche, die das Ende aller Dinge herbeiführen, bald kosmische wie Meteoriteneinschläge oder Supernovae. Mit größter Sorgfalt verglich man den Wortlaut der einschlägigen Schriftstellen mit dem als Ursache ausgemachten natürlichen Geschehnis, das, wie man wollte, den biblischen Darstellungen der Apokalypse am meisten entsprach. An den diesbezüglichen kontroversen theologischen Debatten hatten auch die Cambridger Origenisten, allen voran Henry More, maßgeblichen Anteil. Auch ihre Spekulationen über das Ende aller irdischen Dinge lassen sich als erste Brückenschläge zwischen der christlichen Glaubens- und der cartesischen Naturwissenschaft der Zeit lesen. Grundlage der von ihnen versuchten Versöhnung von Natur und Geist, wie sie sie an einem prominenten heilsgeschichtlichen Datum erprobten, waren erste idealistische Naturphilosophien, die auch George Rust in seiner eigenen origeneischen Physikotheologie der Apokalypse innerhalb des Letter of Resolution heranzog.2

1 2

Siehe dazu ausführlich Philip C. Almond, Heaven and Hell in Enlightenment England, Cambridge 1994, 111–130. [George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His O ­ pinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope Nicol­son, New York 1933, 81–95 zur sechsten „Hauptlehre“, die sich, so ebd. 134, ebenso wie die fünfte „Hauptlehre“ zwar „weit gewagter und kühner als alle übrigen ausnehme“, jedoch gleichwohl nicht umstritten gewesen sei.

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2. Der kosmische Christus, der Geist der Natur und die Unendlichkeit des absoluten Raumes. Die Quellen der Naturphilosophie des Letter of Resolution Für die Naturphilosophie, die er seinem Referat über die sechste und letzte der origeneischen „Hauptlehren“, diejenige der ewigen Zyklen der Vernichtung und Wiederherstellung der Welt,3 zugrundelegt, rekurriert Rust auf Origenes selbst: Gegenstand der Darstellung ist seine Philosophie des ‚kosmischen Christus‘, der alles durchdringt. Allerdings sind es die naturphilosophischen Spekulationen der Cambridger Philosophenschule, allen voran die überaus wirkmächtigen Theoriestücke des Naturgeistes und des unendlichen Raums, die seine relecture der ersten patristischen Kosmologie nachhaltig prägen. Die Fassung, in der Rust auf die origeneischen Weltenzyklen rekurriert, ruft – den Letter of Resolution hierin erneut in die Tradition des Origenismus stellend4 – eine schon in die Spätantike zurückreichende Debatte darüber auf, ob die heilsgeschichtlich konfigurierte Kosmosoteriologie des Origenes einen endlosen Wechsel von Seligkeit und Elend oder einen definitiven Zustand der „Wiederherstellung von allem“ impliziert. Die erste Annahme, dass Origenes also einen erneuten Fall der zur Vollkommenheit gelangten Vernunftwesen lehre, hat man ihm als einen seiner Hauptirrtümer immer wieder vorgehalten,5 was sich aus seiner Freiheitsmetaphysik insofern begründen ließe, als zur Kontingenz der geschaffenen Freiheit der Vernunftwesen auch im Endzustand die Möglichkeit ihres falschen Gebrauchs aus Nachlässigkeit gehören müsste, die ihnen am Anfang eignete und von Origenes als Ursache für den Abfall von Gott angeführt wird.6 Demgegenüber hat Origenes den teleologisch auf die Rückwendung aller 3

Ebd. 14 und 81 ist sie so formuliert: „Dass die Erde nach ihrer Verbrennung wieder bewohnbar und den Menschen und übrigen Lebewesen Heimstatt werden wird, und dies in ewigen Wechseln.“ 4 Siehe dazu oben im Beitrag von Alfons Fürst, S. 145 f., und insgesamt den Beitrag von Josef Lössl, oben S. 59–83. 5 Die prominenten Kritiker in der Spätantike waren Theophilus von Alexandria bei Hieronymus, epist. 96,9 (CSEL 55, 167 f.), Hieronymus selbst, epist. 124,5 (CSEL 56/1, 101 f.), am heftigsten Augustinus, civ. XXI 17 (CChr.SL 48, 783), und schließlich Kaiser Justinian, epist. ad Menam (ACO III 211). Vertreter dieser Auffassung in der modernen Forschung sind beispielsweise Hans Meyer, Zur Lehre von der ewigen Wiederkunft aller Dinge, in: Albert M. Koeniger (Hg.), Beiträge zur Geschichte des christlichen Altertums und der byzantinischen Literatur. Festschrift für Albert Ehrhard, Bonn/Leipzig 1922, 359–380, hier 368–373; Eckhard Schendel, Herrschaft und Unterwerfung Christi. 1. Korinther 15,24–28 in Exegese und Theologie der Väter bis zum Ausgang des 4. Jahrhunderts (BGBE 12), Tübingen 1971, 109. 202. 6 Vgl. etwa Origenes, princ. I 3,8 (GCS Orig. 5, 63); II 9,2 (5, 165). Zum Motiv der Nachlässigkeit siehe oben im Beitrag von Alfons Fürst, S. 158 Anm. 146.

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Vernunftwesen (und im strengen Sinne der gesamten Wirklichkeit) zu ihrem Ursprung in Gott hin ausgerichteten Prozess von Welt und Geschichte so mit einer nicht nur medialen, sondern qualitativ die innere Konstitution der Vernunftwesen und der Natur betreffenden Bedeutung versehen, dass der Endzustand den Ausgangszustand überbietet und ein erneuter Fall bzw. ein erneuter Zyklus deshalb ausgeschlossen scheint: Durch die Höhen und Tiefen ihres Lebens in den verschiedenen Welten hindurch machen die Vernunftwesen Erfahrungen mit der sie nie verlassenden Liebe Gottes, die sie nur im konkreten Dasein in der Welt machen können und die sie am Ende, wenn sie frei sind von allem Bösen und ganz von der Liebe Gottes und zu Gott erfüllt sind, wenn sie, wie Origenes es ausdrückt, „nichts anderes mehr als Gott empfinden, Gott denken, Gott sehen, Gott haben“, wenn „Gott das Maß aller ihrer Bewegungen und alles für sie sein wird“,7 wenn also Gott „alles in allem“ (1 Kor. 15,28) sein wird, dauerhaft davon abhalten, sich erneut von diesem Zustand abzuwenden, in dem „das Seiende die gleiche Würde wie der hat, der es ins Sein rief “, und „genau so ist, wie sein Schöpfer es wollte“.8 Während Rust die Apokatastasis-Vorstellung des Origenes einerseits origenistisch im Sinne eines ewigen Zyklus deutet, greift er andererseits doch den Kerngedanken auf, der dem origeneischen Konzept in seinem zweiten Verständnis zugrundeliegt. Dieser beruht darauf, dass Gott nicht erst in einem künftig erhofften Endzustand „alles in allem“ sein wird, sondern dies in gewisser Weise auch im Hier und Jetzt und von Anfang an immer schon und ständig ist, nämlich über Christus, der das innere Lebensprinzip aller Wirklichkeit ist. Der Logos „ist überall und durchdringt das ganze All“,9 das Wort und die Weisheit durchdringen die ganze Welt und der Erlöser durchwaltet die ganze Schöpfung,10 Christi „höhere Natur ist von solcher Macht, dass er, obwohl er seiner Gottheit nach unsichtbar ist, zugleich auch bei jedem Menschen ist und sich über die ganze Welt erstreckt (συμπαρεκτεινόμενος)“.11 Als Logos vermittelt der Sohn die Präsenz des Göttlichen, die ihm als Weisheit vom Vater her in Fülle eignet, an die Schöpfung, die er 7 8

Ebd. III 6,3 (5, 283). Ebd. I 3,8 (5, 62). Zu dieser Ansicht in der Origenes-Forschung siehe v. a. Peter Nemeshe­ gyi, La Paternité de Dieu chez Origène, Tournai 1960, 203–224; Hermann Josef Vogt, Das Kirchenverständnis des Origenes (BoBKG 4), Köln/Wien 1974, 344 f.; Hans Urs von Balthasar, Apokatastasis, in: TThZ 97 (1988) 169–182, hier 169–174 zur Verschränkung von zyklischem und linearem Ablauf im philosophisch-biblischen Konzept des Origenes; Riemer Roukema, „Die Liebe kommt nie zu Fall“ (1 Kor 13,8a) als Argument des Origenes gegen einen neuen Abfall der Seelen von Gott, in: Wolfgang A. Bienert/Uwe Kühneweg (Hg.), Origeniana Septima. Origenes in den Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts (BEThL 137), Leuven 1999, 15–23. 9 Origenes, ebd. II 11,6 (5, 190 f.). 10 In Ioh. comm. VI 39,202 (GCS Orig. 4, 148 f.). 11 Ebd. VI 30,154 (4, 140).

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umgekehrt in einem langen Prozess pädagogischen Werbens zur Einheit mit ihrem Ursprung zurückführt. Der ‚kosmische Christus‘, den Origenes damit avant la lettre konzipiert,12 ist koextensiv mit der gesamten Wirklichkeit bis hinein in deren materiellen Ausprägungen. In besonderer Weise ist er als Logos in der Seele der Logika, der Vernunftwesen, präsent, die ihrerseits ein ursprünglich reines, durch den Fall aber getrübtes Bild des Sohnes, ihres Urbildes, sind, wie dieser ein reines Bild, „ein makelloser Spiegel des Wirkens Gottes und ein Bild seiner Güte“ (aus Hebr. 1,3 bzw. Weish. 7,26) ist.13 In dieser Präsenz des Göttlichen in der Seele jedes beseelten Wesens, wie Origenes die Gottesebenbildlichkeit auffasst,14 nimmt der ‚kosmische Christus‘ in der Kosmologie des Origenes den systematischen Ort ein, der in den (neu-) platonischen Naturtheorien seiner Zeit der „Weltseele“ zukommt: Im Platonismus fungiert diese Vorstellung als Vermittlungsinstanz zwischen der Vielheit der Erscheinungswelt und der Einheit der differenzierten geistigen Wirklichkeit und des unterschiedslosen Einen. Origenes greift dieses Modell der Gegenwart Gottes in einem beseelten Kosmos nicht nur sachlich, sondern sogar terminologisch auf,15 verschränkt diese Kosmologie aber mit einer Geschichtstheologie und gibt ihm damit eine neue Wendung.16 Insofern die einzelnen Vernunftwesen am Logos, der Christus ist, teilhaben, realisieren sie nicht nur ihr eigenes, von dieser Teilhabe konstituiertes Wesen, sondern in ihrer Gemeinschaft das Wesen von allem, als beseelte Schöpfung am Logos und vermittelt über diesen an Gott teilzuhaben. Die vom Logos erleuchteten Vernunftwesen, die χριστοί sind wie χριστός, „der Gesalbte“,17 sind das „Salz der Erde“ und das „Licht der Welt“ (Mt. 5,13 f.), in denen das „Licht der Welt“, das Christus ist (nach Joh. 8,12), in der Welt leuchtet.18 Die Kirche als „Versammlung aller Heiligen (coetus omnium sanctorum)“ in einem streng personalistischen Sinn als „gleichsam eine Person aller (quasi 12 Vorzüglich dargestellt von James A. Lyons, The Cosmic Christ in Origen and Teilhard de

Chardin. A Comparative Study, Oxford 1982, 89–145.

13 Zur Verwendung und Deutung dieser biblischen Aussage bei Origenes vgl. princ. I 2,12 f.

(GCS Orig. 5, 45–48); in Ioh. comm. VI 57,295 (GCS Orig. 4, 166); XIII 36,234 (4, 261).

14 Siehe dazu princ. I 2,6 (GCS Orig. 5, 34–36); III 6,1 (5, 280 f.); in Gen. hom. 1,13 (GCS Orig.

6, 15–18); Henri Crouzel, Théologie de l’image de Dieu chez Origène (Theol[P] 34), Paris 1956, 147–179. 217–245; ders., Origène, Paris/Namur 1985, 130–137; Theo Kobusch, Bild und Gleichnis Gottes. Elemente menschlicher Freiheit, in: Iñigo Atucha u. a. (Hg.), Mots médiévaux offerts à Ruedi Imbach, Porto 2011, 143–151. 15 Vgl. Origenes, in Hiez. hom. 4,1 (GCS Orig. 8, 359). 16 Gezeigt von Christian Hengstermann, Christliche Natur- und Geschichtsphilosophie. Die Weltseele bei Origenes, in: Alfons Fürst (Hg.), Origenes und sein Erbe in Orient und Okzident (Adamantiana 1), Münster 2011, 43–75. 17 So explizit Origenes, in Ioh. comm. VI 6,42 (GCS Orig. 4, 115); Cels. VI 79 (GCS Orig. 2, 150 f.). 18 In Gen. hom. 1,5 (GCS Orig. 6, 7).

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omnium una persona)“19 ist κόσμος τοῦ κόσμου, „Schmuck des Universums“,20 als im Logos vereinte Vernunftwesen, die das innere Leitprinzip des Seins und Ausdruck für das All in seiner eigentlichen Wirklichkeit sind. Indem Origenes diesen naturphilosophischen Zusammenhang – Lebensprinzip von schlechthin allem ist der göttliche Logos – mit der Ausbreitung der christlichen Kirche im genannten personalen Sinne verknüpft – immer mehr Vernunftwesen bringen ihr inneres Lebensprinzip bewusst und aktiv in ihrer Lebensform zum Ausdruck –, gibt er der Kosmologie eine geschichtsphilosophische Wendung: In diesem Prozess, in dem der Logos bzw. der von ihm initiierte und vorangetriebene „Besserungsprozess langsam einen nach dem anderen erfasst“,21 wird das Universum, einem vernünftigen Lebewesen gleich – „das Weltganze ist gleichsam als ein ungeheuer großes Lebewesen anzusehen, das wie von einer Seele von Gottes Kraft und Planung beherrscht wird“22 –, zum ihm innewohnenden Geheimnis seiner Wirklichkeit transformiert.23 Dieses Geschehen stellt sich Origenes aufgrund der oft weiten Ferne der Vernunftwesen von ihrem göttlichen Lebensprinzip, obwohl sie es in sich selbst tragen, als einen ungeheuer langen Prozess vor, der nicht in einer Weltenperiode an sein Ziel gelangt.24 Diesen Prozess darf man sich auch nicht, wie gerade der Prediger Origenes den Mitgliedern seiner Gemeinde wieder und wieder mit allem Nachdruck einschärft, als einfaches oder gar schmerzloses Geschehen vorstellen.25 Im Gegenteil: Aufgrund der Beharrungskräfte der an den Körper und seine Beschränkungen und Genüsse gebundenen Seele gegen die Lockungen des Guten ist der Erziehungs- und Reinigungsprozess ohne Strafen realistischerweise nicht vorstellbar. Im paränetischen Bemühen geht der Mahnprediger Origenes so weit, regelrechte ‚Höllenpredigten‘ zu halten, in denen er die Abbüßung auch der kleinsten Vergehen in Aussicht stellt und für schwere Sünden Strafen, die „sozusagen äonenlang [aber nicht ‚ewig‘] in einem besonders harten Reinigungs-

19 In Cant. comm. I 1,5 (GCS Orig. 8, 90 bzw. SC 375, 178). 20 In Ioh. comm. VI 59,301–303 (GCS Orig. 4, 167 f.). 21 Princ. III 6,6 (GCS Orig. 5, 287). 22 Ebd. II 1,3 (5, 108). 23 Zur kosmologischen Geschichtsphilosophie des Origenes siehe Carl-Friedrich Geyer, Zu

einigen theologischen Voraussetzungen der Geschichtsphilosophie bei Origenes, in: FS 64 (1982) 1–18; Alfons Fürst, Origenes als Theologe der Geschichte. Exegese und Philosophie in der Geschichtstheologie des Origenes, in: ders., Von Origenes und Hieronymus zu Augustinus. Studien zur antiken Theologiegeschichte (AKG 115), Berlin/Boston 2011, 125–162, bes. 143–155. 24 Vgl. Origenes, princ. I 6,3 (GCS Orig. 5, 84); III 6,6 (5, 287 f.), und dazu oben S.  154 Anm. 124 im Beitrag von Alfons Fürst. 25 Siehe dazu ders., Lasst uns erwachsen werden! Ethische Aspekte der Eschatologie des Origenes, in: ders., Origenes (wie Anm. 23) 163–184, bes. 171 f. 179–183.

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prozess“ zu ertragen sein werden26 und deren Schwere jede menschliche Vorstellung bei weitem übersteige, ja noch „schlimmer als die Hölle“ sein werden.27 Gleichwohl haben auch solche Strafen platonisch immer den erzieherischen Sinn der Läuterung und Reinigung „wie durch Feuer hindurch“ (1 Kor. 3,15) in einem ‚Gewissensfeuer‘ – ein aus Paulus von Origenes aufgegriffenes Motiv,28 das Rust in ein apokalyptisches physikalisches Szenario umsetzt (siehe unten), das freilich derselben Intention dient: Gott schafft für die Vernunftwesen auch nach dieser jetzigen Welt solange und so viele Welten als „Schulen für die Seelen (schola animarum)“,29 wie sie für ihre Rückkehr zu ihrem Ursprung und in eins damit zu ihrem eigentlichen Wesen nötig haben. In dieser geschichtlich-prozesshaften Kosmosoteriologie wächst dem Kosmos ein Wert zu, der noch darüber hinausgeht, bloßes Mittel oder Stätte der Erziehung zu sein. Da Origenes die universale Weltengeschichte als Freiheitsgeschehen konzipiert, sind der Kosmos und die Geschichte als der ‚Raum‘, den Gott für die Vernunftwesen schafft, damit sie darin in Ausübung ihrer Freiheit aus eigenem Antrieb zu dem werden, als was Gott sie gedacht hat, zugleich der Raum der „Bewegung Gottes (motus dei)“, ja sind sie in seiner Freiheitsmetaphysik die „Bewegung Gottes“, wie Origenes in kühner Wendung gegen den aristotelischen „unbewegten Beweger“ formuliert.30 Während „Anfang“ und „Ende“ Gottes unerkennbar sind – so legt Origenes die Gottesvision Jesajas (Jes. 6,1–7, bes. 6,2) metaphysisch aus –, ist seine „Mitte“ das Gesamt der dem Menschen erkennbaren Wirklichkeit, und zwar sowohl das Sein insgesamt, „das, was ist (ea, quae sunt)“, als auch die „Werke Gottes (opera dei)“, sein schöpferisches und erlösendes Heilshandeln, seine „Bewegung“.31 Die „Mitte Gottes“ und damit des Kosmos und sei26 Origenes, princ. I 6,3 (GCS Orig. 5, 84). 27 In Hier. hom. 19,15 (GCS Orig. 32, 175). In den beiden letzten der griechisch erhaltenen Je-

remiahomilien, ebd. 19,15 (32, 173–176) und 20,1–4 (32, 176–184), predigt Origenes in diesem Sinne scharf über ‚Höllenstrafen‘, was Henri de Lubac, „Du hast mich betrogen, Herr!“ Der Origenes-Kommentar über Jeremia 20,7, Einsiedeln 1984, 48–57. 83–97, dazu gebracht hat, die Eschatologie des Origenes fälschlich als orthodox im Sinne der Großkirche aufzufassen. 28 Vgl. etwa Origenes, ebd. 20,8 f. (32, 190–192); princ. II 10,4 (GCS Orig. 5, 177): „Jeder Sünder entzündet sich selbst die Flammen seines eigenen Feuers.“ Siehe dazu Gustav Anrich, Clemens und Origenes als Begründer der Lehre vom Fegfeuer, in: Theologische Abhandlungen für Heinrich Julius Holtzmann, Tübingen/Leipzig 1902, 95–120; Hans-Jürgen Horn, Die „Hölle“ als Krankheit der Seele in einer Deutung des Origenes, in: JAC 11/12 (1970) 55–64; Henri Crouzel, L’exégèse origénienne de 1 Cor 3,11–15 et la purification eschatologique, in: Jacques Fontaine/Charles Kannengiesser (Hg.), Epektasis. Festschrift für Jean Daniélou, Paris 1972, 273–283. 29 Origenes, princ. II 11,6 (GCS Orig. 5, 190). 30 In Is. hom. 4,1 (GCS Orig. 8, 257 f.). 31 Ebd. 1,2 (8, 245 f.); 4,1 (8, 257 f.). Siehe dazu Origenes, Die Homilien zum Buch Jesaja, eingel. und übers. von Alfons Fürst/Christian Hengstermann (OWD 10), Berlin u. a. 2009, 132–158.

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ner „Bewegung“, der Heilsgeschichte, ist der ‚kosmische Christus‘, der als „Mittler (mediator)“ in der Kraft des Heiligen Geistes die Erkenntnis und das Heil Gottes vermittelt32 und sowohl ein ‚kosmischer‘ als auch ein ‚historischer‘ Christus ist. Der von der Dynamik der Geschichte bestimmte Kosmos ist der trinitarische Gott in seiner weltlich-geschichtlichen Aktualität. Wie der ‚kosmische Christus‘ als Lebensprinzip aller Geistwesen zugleich das Lebensprinzip des „ungeheuer großen Lebewesens“ des Kosmos ist, dieser also insgesamt wie jedes einzelne Geistwesen ein Abbild des Urbildes, Christi, darstellt, so ist die Geschichte, speziell die in der Bibel dargelegte Geschichte, ein „historisches Bild (εἰκὼν ἱστορική)“ für das Heilswirken Gottes.33 Aufgrund der Urbild-Abbild-Relation werden Gott und die Natur im Konzept des Origenes nicht identisch, doch bedingt gerade der Gedanke der Freiheit, mit dem Origenes den Prozess von Natur und Geschichte denkt, dass zu seinem Heilstrinitarismus unabdingbar diese Kosmosoteriologie gehört, die sein konsequent gedachter Ausdruck ist. Was Origenes im 3. Jahrhundert mit diesen Überlegungen zum inneren Zusammenhang von Gott, Welt und Geschichte im ‚kosmischen Christus‘ zum Ausdruck brachte, wird im Cambridger Origenismus mit neuen Begriffen und Vorstellungen reformuliert, die auf die Entwicklung der Naturphilosophie und Naturwissenschaft im 17. Jahrhundert reagieren und rekurrieren. Innerhalb seines True Intellectual System, der großen Summe des Cambridger Platonismus, bietet Ralph Cudworth im Zuge eines ausführlichen Exkurses zur sogenannten „plastischen Natur“34 die umfassendste Darstellung der Naturphilosophie des Kreises. Die „plastische Natur“ ist, wie Cudworth dort darlegt, nichts anderes als der „Stempel und Abdruck jener ganz und gar unfehlbaren Kunst des göttlichen Geistes, die im Gesetz und in der Herrschaft dessen, was das Beste für jedes Ding ist“,35 besteht. Ihre göttliche Kunst vollzieht sie als Seinsprinzip im Innern des von ihr gleichermaßen geformten und belebten Organismus: „Die Natur ist sozusagen eine der Materie eingeprägte und in ihr Körper gewordene Kunst, die auf diese nicht mechanisch von außen, sondern lebendig und magisch von innen ein-

32 Origenes, princ. II 6,1 (GCS Orig. 5, 139); Cels. III 34 (GCS Orig. 1, 231). Siehe dazu Lyons,

Cosmic Christ (wie Anm. 12) 118–130.

33 In Ioh. comm. X 4,17 (GCS Orig. 4, 174). 34 Ralph Cudworth, The True Intellectual System of the Universe. A New Edition by Thomas

Birch, 4 Bde., London 1820, I, 315–388. Siehe ausführlicher Christian Hengstermann, Die „Cambridge Platonists“. Freiheitsmetaphysik und All-Einheitsspekulation im neuzeitlichen Christentum, in: ders./Ulrike Weichert (Hg.), Anne Conways Principia Philosophiae. Materialismuskritik und Alleinheits-Spekulation im neuzeitlichen England (Pontes 52), Berlin 2012, 13–39, hier 36–38. 35 Cudworth, ebd. 335.

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wirkt. … Wie Gott aber jedem Ding inwendig ist, so wirkt auch die Natur gleich einer inneren und lebendigen Seele und einer Gesetzlichkeit in ihr unmittelbar auf die Materie ein.“36

Zwar teilt auch Cudworth durchweg die Grundüberzeugung der modernen Naturwissenschaft seiner Zeit, dass sich die Welt insgesamt aus bewegten Atomen zusammensetzt. Anders aber als bei René Descartes oder Thomas Hobbes ist es bei Cudworth ein der Natur eingeprägtes εὖ καὶ καλῶς,37 eine je individuelle Finalursächlichkeit, die als innernatürlicher Abglanz des gütigen göttlichen Intellekts diese Interaktion der Atome lenkt. Und wenn Anhänger des demokriteischen Fatums von Bewegungsgesetzen sprechen, so räumen sie damit unbewusst die Existenz einer lebendigen, intelligiblen „plastic nature“ ein. Als niederste Form dieses intelligiblen Lebens in der Natur ist sie, wie Cudworth sagt, so etwas wie ein „schlafendes Denken“.38 Sie gleicht einem Musiker, der, plötzlich aufgeweckt und noch schlaftrunken, eine einstudierte Melodie reproduzieren kann, oder Arbeitern, die ohne jedes mathematische Wissen den Plan eines Architekten verwirklichen. Zum einen distanziert sich Cudworth damit von der hobbesianisch-cartesischen Annahme, die Natur funktioniere rein mechanisch und ohne eine jede innere Finalursächlichkeit. Hiermit nämlich wäre nicht nur Gott, wie Cudworth in bestimmter Kritik an Descartes sagt, faktisch aus der Welt verbannt und mithin dem Atheismus Tür und Tor geöffnet. Darüber hinaus entziehen sich tierisches und pflanzliches Leben und mehr noch der komplexe menschliche Organismus einer rein mechanischen Naturerklärung. Zudem wird mit der Annahme einer „plastischen Natur“ ein Allwirken Gottes, nach dem, wie etwa Descartes behauptet, Gott buchstäblich alles zu jeder Zeit neu schafft und lenkt, vermieden. In dem Fall nämlich wäre kreatürliche Freiheit preisgegeben. Folglich müsste Gott für alles, auch das Übel in der Welt, direkt verantwortlich zeichnen. Mehr noch steht einer solchen Sicht die langsame, schrittweise Entwicklung, wie sie die Natur in ihrer Vielfalt auszeichnet, entgegen. Am Ende steht eine Kosmologie, die den cartesischen Dualismus zugunsten einer Theorie eines in sich strukturierten und zielgerichteten organischen Lebens überwindet und so (göttlichen) Geist und (irdische) Welt im Sinne einer vielfältigen organischen Selbstbestimmung und Selbstentfaltung zusammendenkt: „Deshalb meinen wir, dass die beiden ersten Kategorien des Seins besser wie folgt ausgedrückt werden sollten: widerständige bzw. feste Ausdehnung und Leben (d. h. innere Energie und Eigenaktivität). Sodann lässt sich ‚Leben‘ bzw. ‚Eigenaktivität‘ noch einmal unterteilen in eine solche, die mit klarem Bewusstsein und mit Selbstwahrnehmung wirkt, 36 Ebd. 334. 37 Ebd. 331. 38 Ebd. 345.

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und eine solche, die dies nicht hat. Letzteres ist das plastische Leben der Natur. Es mag daher ein von der Ortsbewegung unterschiedenes Wirken geben oder eine lebendige Energie, die nicht über Vorstellungskraft oder Bewusstsein verfügt, also den Energien tierischen Lebens. D. h., es gibt vermutlich eine einfache innere Energie oder lebendige Selbstbewegung ohne die Doppelung, wie sie die Natur der συναίσθησις, des Mit-Sinnens und des Bewusstseins beinhaltet, die es einem Wesen [aber doch] ermöglicht, sich selbst gegenwärtig zu sein, sein eigenes Wirken zu erleben und wahrzunehmen, zu fühlen, wie es etwas tut oder etwas erleidet, und an sich selbst Freude und Genuss zu haben. Und in der Tat muss man einräumen, dass das, was die Materie bewegt und ihrer Bewegung die Prägung des Lebendigen gibt, dies notwendigerweise mittels einer anderen, eigenen Energie tun muss. Ebenso ist es vernünftig, überdies anzunehmen, dass es selbst eine lebendige Sympathie mit derjenigen Materie empfindet, auf die sie einwirkt. Wir meinen allerdings, dass beides ohne ein klares und ausdrückliches Bewusstsein geschehen kann.“ 39

Dem Konzept der „plastischen Natur“ bzw. des „Naturgeistes“, das auch er vertritt, stellt More dasjenige des „Raumes“ zur Seite, das ebenfalls den Zweck hat, die schöpferische Wirklichkeit Gottes in der Natur begrifflich nachzuvollziehen. Während die „plastische Natur“ das Wirken Gottes in der Welt begreifbar macht, ohne ihn in jedes niedere irdische Geschehen involvieren zu müssen, stellt Mores historisch überaus bedeutsames Raumkonzept40 das allgegenwärtige Wesen Gottes dar. Kraft der rund zwanzig Eigenschaften, die er mit Gott gemeinsam hat, darunter „Einfachheit“, „Ewigkeit“, „Unkörperlichkeit“ und „unabhängige Existenz“, ist der Raum für den Platoniker More nicht weniger als der vorrangige Modus von Gottes schöpferisch-providentieller Allgegenwart.41 In einer der eindrucksvollsten Passagen seines gesamten philosophischen Œuvres überhaupt sucht More seine theistische Raum-Metaphysik sogar als notwendigen Bestandteil der meditativen Selbsterkenntnis des Ichs zu erweisen. In der Innenschau, so More, kann die Seele gar nicht umhin, den Gedanken einer unendlichen Ausdehnung zu fassen, in dem sie, das nur vermeintlich unräumliche cogito Descartes’,

39 Ebd. 344. 40 Von den Darstellungen zu Mores theistischer Raumphilosophie, mit der dieser nicht zu-

letzt nachhaltigen Einfluss auf Isaac Newton genommen hat, siehe insbesondere die beiden ihm gewidmeten Kapitel in dem Standardwerk von Alexandre Koyré, Von der geschlossenen Welt zum unendlichen Universum, übers. von Rolf Dornbacher, Frankfurt a. M. 22008, 105–141. Überaus erhellend ist der Versuch von Hutton, Mores Raumkonzept von Ficinos auch in dieser Hinsicht höchst einflussreicher lateinischer Timaios-Übersetzung her zu deuten: Sarah Hutton, Henry More, Ficino and Plotinus. The Continuity of Renaissance Platonism, in: Luisa Simonutti (Hg.), Forme del neoplatonismo. Dall’eredità ficiniana ai platonici di Cambridge, Florenz 2007, 281–296, hier 288–293. 41 So die Leitthese des für Mores spekulativ dichte Theologie des absoluten Raums einschlägigen Kapitels seines Enchiridium Metaphysicum von 1671, abgedruckt in: ders., Opera omnia, London 1679 (ND Hildesheim 1966), II/1, 131–334, hier 165–173.

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sich wie in einem sie und alle anderen Dinge umfassenden gewaltigen Dunkel wiederfindet: „Ich will denjenigen, der denkt, sein Geist könne ohne Ort sein, nur einmal bitten, er möchte doch Schritt für Schritt sein Denkvermögen anstrengen: Wenn er von allem Denken und Sinnen über den eigenen Körper abstrahiert und seinen Geist allein auf die Idee einer unbestimmten oder unendlichen Ausdehnung richtet und zugleich sich selbst als ein bestimmtes denkendes Wesen begreift, so soll er versuchen, sage ich, ob er es irgendwie vermeiden kann, zur gleichen Zeit wahrzunehmen, dass er irgendwo ist, nämlich innerhalb dieser gewaltigen Ausdehnung, und dass er ringsum von ihr umgeben ist. In der Tat muss ich freimütig bekennen, dass ich es mir nicht anders vorstellen kann und dass ich nicht umhin kann, die Idee einer gewissen unendlichen und unbewegten Ausdehnung zu fassen, die zudem über notwendige und wirkliche Existenz verfügt. Diese, so begreife ich mit größter Klarheit, entstammt nicht dem äußeren Sinn, sondern sie ist eingeboren und ein wesentlicher Bestandteil des Geistes selbst.“42

In einigen wenigen Zeilen nimmt More die cartesische Subjektphilosophie in den Dienst seiner Philosophie eines allumfassenden unendlichen Absoluten: Das berühmte ontologische Argument, das auch Descartes in der fünften Meditation zur Rettung der Erkenntnis des äußeren Phänomens heranzieht, beweist die Existenz eines Gottes, der als Unendlichkeit des Raumes alles Irdische in sich einbegreift. Mit Descartes, an dessen subjektphilosophischem Ansatz er trotz aller Kritik weiter festhält, geht More so an zentraler Stelle seiner Religionsphilosophie gegen ihn über ihn hinaus und trägt in die cartesischen Meditationen des Ichs, das sich selbst gewahrt, kühn ein origeneisches „Gott alles in allem“ ein: Im cogito selbst ist Gottes Unendlichkeit als Raum erfahrbar. George Rust, der zu beiden, zu Ralph Cudworth wie zu Henry More, regen Kontakt pflegte, kannte sowohl das Konzept des Naturgeistes wie auch das des absoluten Raumes. Auf Letzteres spielt er in einer seiner Predigten auf geistreiche Weise an, wenn er in einer eingehenden Darlegung der schöpferischen Güte Gottes von den „Weiten des unermesslichen Raums“ spricht, die „voll von ihren Reichtümern“ sind,43 oder, noch präziser, die „äußersten Grenzen einer unendlichen Ausdehnung“44 als Gegenstand des gleichfalls unbegrenzten göttlichen Schöpfungs- und Heilswirkens bezeichnet. Ersteres, den Geist der Natur, zieht er im Letter of Resolution als Prinzip einer eigenen Geschichtstheologie origeneischen Zuschnitts heran: Es ist der Geist der Natur, der nach der von Gott entfes42 Ebd. 312. 43 George Rust, I Joh 4.16. God is Love, in: The Remains of that Reverend and learned Prelate,

Dr. George Rust, Late Lord Bishop of Dromore, in the Kingdom of Ireland. Collected and Published by Henry Hallywell, London 1686, 1–20, hier 7. 44 Ebd. 15.

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selten Hölle auf Erden in niemals endenden Zyklen die Wiederherstellung aller Dinge herbeiführt.

3. „… jenes Stück göttliche Chemie“. Der Geist der Natur und die Wissenschaft vom Weltgericht und Neuanfang Wie die übrigen Cambridge Origenists, allen voran sein von ihm verehrter Lehrer Henry More, vertritt George Rust eine dynamische Freiheitsontologie origeneischen Zuschnitts: Die Wirklichkeit ist nicht nur insgesamt Abglanz und Ausfluss der schöpferischen göttlichen Güte, die als solche nicht umhin kann, alle widerspruchsfrei möglichen Wesen kraft ihres universalen Heilswillens an ihrer Seinsfülle teilhaben zu lassen. Zugleich ist sie in ihren hierarchisch angeordneten Stufen durchweg augenfälliges Bild und Symbol geschöpflicher Freiheit. Mit seinem Reigen von verschieden weit fortgeschrittenen Geistwesen, die bei ihrer Erschaffung, nach ihrem Fall und in einem Zwischenstadium jeweils einen der im Ganzen drei materiellen Seinsbereiche, den ätherischen, den aërischen und den irdischen, bewohnen, stellt sich der Kosmos als eine einzige „lange Kette des Lebens und Seins“45 dar. Die Erde, die unterste Stufe, ist das „Sediment der körperlichen Welt“46 und als solches, wie die überbordende Sündenfülle an allen Orten und zu allen Zeiten jedermann mit unleugbarer Evidenz vor Augen führt, sowohl sichtbares Symbol eines weithin verfehlten Freiheits- und Vernunftgebrauchs, der ausschließlichen Ursache allen Leides, wie auch sinnenfälliger Ort der strafenden göttlichen Gerechtigkeit, der providentiellen ultima ratio, mit der die göttliche Güte ihre abgefallenen Geschöpfe zu sich zurückzuführen sucht. Sichtbares Symbol und Bild der Freiheit sind auch die beiden anderen – nicht nur soteriologisch, sondern auch geographisch weiter oben gelegenen – Stufen der im Letter of Resolution dargelegten origeneischen Heilstopographie. So erbringen „Philosophie und Astronomie“ den Beweis, „dass die Materie, aus dem jener glückselige Ort besteht, reines Licht und lauterer Geist oder Äther ist“.47 Zudem erscheinen die Engel nach Aussage aller Menschen, die ihrer in Epiphanien oder ähnlichen Ereignissen ansichtig geworden sind, „stets in hell leuchtender Gestalt“,48 was auf eine ätherisch-feurige Leiblichkeit dieser höheren Gattung der Vernunftwesen schließen lässt. Dämonen und andere Geistwesen schließlich haben augenscheinlich, „wie die Geschichte von Erscheinungen und die Ge45 [Rust], Letter of Resolution 46. 46 Ebd. 47. 47 Ebd. 67. 48 Ebd.

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ständnisse von Hexen zweifelsfrei beweisen“, einen „Körper aus Luft“.49 Weitere Bestätigung bieten die Berichte von „Geistern und Phantomen, aus deren augenblicklichem Verschwinden wir mit einiger Sicherheit schließen können, dass sie nicht Körper von der Art, wie wir irdische Menschen sie haben, besaßen“.50 An die höchste der drei Stufen der Materialität, den Äther, grenzt schließlich die reine Geistsubstanz, die in ihm ihr Leben nahezu frei und unbehindert zu entfalten vermag. Darüber hinaus hat die Heilstopographie eine ihren Einzelstufen entsprechende historische Dimension, nach der sich die verschiedenen Weltalter hinsichtlich ihrer Nähe zum göttlichen Ursprung unterscheiden. Das Postulat einer guten Urschöpfung, in der alle Seelen, wie es der vom Autor des Letter of Resolution vertretene theologische Aktualismus erforderlich macht, gleichermaßen noch über einen ätherischen Körper verfügen und ätherische Höhen bewohnen, kommt der Annahme eines ursprünglichen Goldenen Zeitalters gleich, in dem, wie Rust plastisch darstellt, „alle Elemente noch in jugendlicher Kraft und Schönheit standen“.51 Von ihm setzt sich das gegenwärtige Zeitalter ab, in dem das „Prinzip des Feuers“, der augenfällige Vorbote des nahenden göttlichen Strafgerichts, gleichermaßen in Welt und Mensch die Vorherrschaft über die übrigen Elemente errungen hat.52 Origeneischer terminus technicus für die Entsprechung von Geist und Materie, wie sie der Kosmologie von De principiis ebenso ihr Gepräge gibt wie derjenigen des Letter of Resolution fast eineinhalb Jahrtausende später, ist das biblische Gottesattribut der „Gerechtigkeit“, in dem der Alexandriner selbst innerhalb seiner anspruchsvollen Ethikochristologie eine der ursprünglichen Daseins- und Wirkweisen der zweiten Hypostase, des Sohnes, erblickte.53 So wie die Güte Gottes dem Cambridger Origenisten im Letter of Resolution mit dem von ihm bewunderten antiken Theologen erstes Prinzip seiner neuplatonischen Schöpfungstheologie ist, so ist ihm die göttliche Gerechtigkeit Leitaxiom seiner Kosmologie. Und so wie Origenes fordert, die Gerechtigkeit, die mit dem schöpferischen Wort der Weisheit, dem Sohn, identisch ist und als solche im Vater, dem Ursprung aller 49 50 51 52

Ebd.  67 f. Ebd.  111 f. Ebd. 54. Ebd. Der Passus ist für die Art und Weise, wie Rust die von ihm herangezogenen Schriftzitate mit den drei Elementen seiner philosophischen Heilskosmologie in Einklang zu bringen sucht, insgesamt überaus erhellend: „Nur dies wissen wir, wie sich in diesem Weltzeitalter das Leben des Menschen hier auf Erden im Allgemeinen darstellt und wie lang es in jenen früheren Tagen währte, als alle Elemente noch in jugendlicher Kraft und Schönheit standen und bevor das Prinzip des Feuers die Macht und Ausbreitung erlangt hatte, die es heute hat. Außerdem versichert uns das Evangelium, dass die Tage des himmlischen bzw. ätherischen Lebens so zahllos sind, dass es als ewig bezeichnet wird.“ 53 Vgl. etwa Origenes, in Ioh. comm. II 17,122 f. (GCS Orig. 4, 74 f.).

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Dinge, entspringt, müsse in allen Dingen im Himmel und auf Erde aufscheinen,54 so ist auch für Rust die unwiderlegbare Einsicht in das „Urteil und Ermessen jenes allgerechten Geistes, der alle Dinge im Einklang mit dem lebendigen Gesetz der Gerechtigkeit richtet und ordnet“,55 Gewähr dafür, dass sich jeder Aspekt der materiellen Wirklichkeit, des empirischen Kosmos, auf die intelligible Freiheit, die Güte und die Gerechtigkeit Gottes einerseits und die Tugend und das Laster des Menschen andererseits, zurückführen lässt. Demgemäß hat, wie die Bereitstellung entsprechend beschaffener Körper zeigt, auch die Materie, die wie die übrige Schöpfung der liebenden Selbstmitteilung der göttlichen Güte entspringt, einen vitalen Zweck innerhalb des Heilsgeschehens. Ausdruck ihrer konsequenten soteriologischen Finalisierung, die Rust mit Origenes gemeinsam hat, ist das von ihm postulierte „Proportionsverhältnis“,56 nach dem sich für jede Stufe des geistigen Lebens „eine hierzu passende Materie“ findet.57 Demnach hat kein Seelenwesen einen Körper, der im Widerspruch zu seinem individuellen geistigen Fortschritt stände, oder allgemein ein irdisches Geschick, das in irgendeiner Weise als παρὰ τὴν ἀξίαν angesehen werden könnte.58 Es ist ein zentrales heilsgeschichtliches Ereignis, die Apokalypse, an der Rust wie viele andere der theologischen Zunft in seiner Zeit seine im Letter of Resolution breit entfaltete origeneische Metaphysik der Gerechtigkeit mit ihrem Postulat einer vollständigen Korrespondenz von sittlichem Tun und seinsmäßigem Ergehen in allen Dingen in besonderer Ausführlichkeit darlegt. Zur Erklärung des apokalyptischen „Tags feuriger Rache“59 zieht Rust bereits im Referat der ersten der beiden eschatologischen „Hauptlehren“, derjenigen von der Erlösung der Verdammten, an zentraler Stelle die Kosmologie seiner Zeit heran, wenn er den von Gott entfesselten Weltenkataklysmus innerhalb seiner triadischen Heilstopologie verortet:

54 Vgl. princ. II 9,7 (GCS Orig. 5, 171). 55 [Rust], Letter of Resolution 64 (Hervorhebung: A. F./Ch. H.). 56 Ebd. 46. Die Formulierung kommt geradezu einer formalisierten Zusammenfassung des

kosmologischen Gerechtigkeitsprinzips bei Origenes gleich, das innerhalb seiner Freiheitsmetaphysik die ontischen Änderungen infolge ethischer Entscheidungen regelt: „Da aber nur wenige Geister nach dem ersten und höchsten über unwandelbare Reinheit verfügen und zwischen den verschiedenen Stufen veränderlicher Reinheit und den Stufen entsprechend reiner Materie ein Proportionsverhältnis besteht und da in der Welt tatsächlich für alle Stufen der Reinheit eine hierzu passende Materie Existenz hat, so nimmt es ebenfalls nicht wunder, dass derselbe individuelle Geist bzw. dieselbe Gattung von Geistern bald mit einer, bald mit einer anderen Form von Materie vereint ist.“ 57 Ebd. 58 Ebd. 48. 59 Ebd. 74.

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„Von solcher Art wird jener Tag feuriger Rache sein, an dem die niederen Elemente der Natur in sengender Hitze schmelzen, die Erde samt allen darauf befindlichen Werken im Feuer vergehen und die Luft mit beißendem Rauch, den jene aus ihrem brennenden Innern entlässt, erfüllt sein wird. In diesen gewaltigen See aus alles verzehrendem Feuer und Schwefelgestank wird die gerechte Hand Gottes die unbelehrbaren Teufel und unbeirrbar bösen Menschen schleudern. Ein trauriges, bejammernswertes Los, eine unsagbare, wenn auch ebenso gerechte wie große Pein!“60

Die kurze Höllenpredigt, die Rust in die strengen eschatologischen Begriffsbestimmungen seines Referats der fünften origeneischen „Hauptlehre“ einflicht, will nicht nur durch die anschauliche Aufzählung der üblichen Topoi des Genres erschrecken und bewegen. Vielmehr sucht der gelehrte Autor auch die Beschaffenheit des pädagogischen Höllenfeuers zu klären, das sich, wie er an der zitierten Stelle darlegt, aus nichts anderem als Lava zusammensetzt: Diese wird, wie die Schrift vorhersagt, am Jüngsten Tag aus der Erde austreten und alles mit sich reißen und verschlingen. Ort der Apokalypse ist also, wie es Schrift und Vernunft gleichermaßen wollen, das niederste der Elemente, die Erde, die, wie Rust in seiner kurzen naturwissenschaftlichen Erklärung darlegt, an der von Gott dekretierten Vernichtung der sündigen Menschheit entscheidenden Anteil hat. Eine ausführliche Behandlung findet die Frage, wie sich das Schriftzeugnis des Weltendes innerhalb einer eigenen christlichen Physikotheologie mit den Mitteln der neuzeitlichen Naturwissenschaft erhellen lässt, in der Darstellung der sechsten „Hauptlehre“, derjenigen von den unendlichen Zyklen der Vernichtung und Wiederherstellung aller Dinge. Das Feuer, so führt Rust seine im Vorkapitel begonnene Darstellung des Jüngsten Tages dort fort, ist ein hervorragendes Mittel der göttlichen Ökonomie und beweist die Weisheit des gütigen und mächtigen Weltenlenkers. Sie ist nämlich nicht nur Instrument der Vernichtung, sondern auch der Wiederherstellung der natürlichen Welt. Mit aufrichtiger Begeisterung gibt er in den einleitenden Zeilen des naturphilosophischen Hauptkapitels seines Letter of Resolution dem göttlichen Heilswerk die Ehre, das ein und dasselbe Feuer gleichermaßen zum Zwecke der Bestrafung sündiger Seelen und zu dem der Erneuerung der untergegangenen irdischen Welt über die Erde kommen lässt: „Auf die gleiche Weise verfährt sie auch bei der Verbrennung der Erde, wenn ein und dasselbe Feuer den rebellischen Geistern gerechte und heilsame Strafe und der alt und schwach gewordenen Welt Wiederherstellung zu gesunder und fruchtbarer Kraft und Stärke sein wird.“61 Der gewaltige Weltenbrand, den Gott als gerechter Weltenrichter am Jüngsten Tag entfesselt, fungiert innerhalb der origeneischen Geschichtstheologie des Letter of Resolution also nicht nur als grausa60 Ebd. 61 Ebd.  81 f.

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mes göttliches Strafgericht, in dem die alte irdische Welt mitsamt ihren sündhaften Bewohnern von Gott dem verdienten Feuertod anheim gegeben wird. Über die Natur, die sich von den apokalyptischen Schrecken nach und nach zu erholen vermag, ist er darüber hinaus Schwelle in ein neues Zeitalter, in dem die Seelen, wie es die Güte und die Gerechtigkeit ihres Schöpfers gleichermaßen erfordern, eine neue Bewährungschance erhalten. In der detaillierten Darstellung der physischen Wirkungen der kosmischen Ekpyrosis, die nicht nur trauriges Ende, sondern auch hoffnungsvoller Anfang aller Dinge ist, lässt der Autor des Letter of Resolution seiner unverkennbar vom naturwissenschaftlichen Aufbruch der neuen Zeit befeuerten Vorstellungskraft freien Lauf, wenn er in einer eigenen Physikotheologie das schöpferische Wirken der „göttlichen Chemie“62 minutiös nachvollzieht. In der Hitze des aus dem Erd­ innern hervorwallenden göttlichen Straffeuers, dessen feine Partikel alle Dinge auf Erden durchdringen und ihnen den Zusammenhalt nehmen, verdunsten, so spekuliert er, alle „niederen Elemente der Natur“63 und ballen sich hoch oben am Firmament an der Grenze zur ätherischen Region zu einer ungestalten Wolke zusammen. Wenn allerdings alle Körper verdunstet sind und nichts mehr in die Luft emporsteigt, kühlt sich das dort wabernde heiße Tohuwabohu allmählich ab. Schließlich regnet es in Gestalt von Dunstschauern hinab und befruchtet so zunächst die niederen Luftregionen, dann die Asche, von der die Oberfläche der verbrannten irdischen Region bedeckt wird. Sobald aber auf diese Weise die materiellen Voraussetzungen für die Entwicklung von Leben nach und nach wiederhergestellt worden sind, wird auch die geistige Schöpferkraft, von der die Welt durchwirkt wird, nicht eher ruhen, als bis sie die Materie abermals mit den mannigfaltigen Form des irdischen Lebens erfüllt hat. Zunächst ersteht aus den vom Dunstregen befruchteten Ascheresten der alten Welt das pflanzliche Leben eines neuen Gartens Eden. Sollen seine Früchte aber nicht einfach unverzehrt vergehen, muss es auch Tiere geben, die als niedere Geistwesen ebenfalls den verheerenden Weltenbrand überlebt haben und nun in ihre vom natürlichen Schöpfergeist neu geformten Körper zurückkehren. Beide aber, Natur und Tier, bedürfen der Vorsorge durch den Menschen: Viele Pflanzen müssten ohne Pflege durch den Menschen eingehen, und nicht wenige Tiere wären ohne seinen Beistand nicht nur ihren natürlichen Feinden schutzlos ausgeliefert, sondern auch unfähig, zentrale Fähigkeiten, die ihnen größte Freude bereiten, auszubilden. Infolgedessen muss auch die im Feuer des Endes gemarterte und in einen bewusst- und traumlosen Schlaf versetzte Seele des Menschen abermals in einen passenden irdischen Kör-

62 Ebd. 83. 63 Ebd. 75.

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per zurückkehren und erneut ihre vom Schöpfer vorgesehene Rolle als Hüterin von Natur und Tier übernehmen.64 Medium der göttlichen Güte und Gerechtigkeit, das die ausführlich dargestellte Regeneration der gepeinigten Welt herbeiführt, ist nach Rust ein dem Kosmos selbst immanentes schöpferisches Geistprinzip, das die Materie, sobald sie eine Eignung hierzu entwickelt hat, im Sinne des skizzierten origeneischen Proportionsverhältnisses kosmischer Gerechtigkeit mit einer ihr gemäßen seelischen Lebendigkeit erfüllt: „Wenn wir nur auf die Welt der Natur blicken, so entdecken wir, dass Materie, wo sie zur Aufnahme von Leben befähigt ist, niemals daran gehindert wird oder brach bleibt. Im Gegenteil: Stets ist ein Prinzip zugegen und wirksam, das so fruchtbar ist, dass es alles, was ein Mehr an Leben empfangen kann, vollendet und vervollkommnet. Und doch ist dieses Prinzip nichts als der dunkle, tiergleiche Schatten der allmächtigen Güte und überfließenden Lebendigkeit, die der moralischen und geistigen Welt ihre Struktur und Wirklichkeit gibt.“65

In der Tradition der platonischen Weltseelenspekulation und der hierauf fußenden origeneischen Metaphysik des kosmischen Christus nimmt das demiurgische Geistprinzip auch innerhalb der Architektonik der origeneischen Heils- und Geistmetaphysik des Letter of Resolution die Systemstelle einer vermittelnden Instanz ein, durch die in Gestalt des Lebens selbst auch die niederste materielle Wirklichkeit ein Moment des göttlichen Schöpfergeistes in sich birgt: Im Phänomen des Lebens, das die bunte Mannigfaltigkeit der irdischen Wirklichkeit auszeichnet, offenbart sich der Weltgeist als „Prinzip der Versöhnung von Seele und Materie“.66 Grundkategorie der origeneischen Geistkosmologie, die der Letter of Resolution entwirft, ist demnach nicht das bewusste Denken, das auch sein Autor einigen wenigen höher entwickelten Geistwesen wie den Engeln, Menschen oder Dämonen vorbehält, sondern das natürliche Leben, das ungeachtet der Vielfalt seiner Formen alle vom göttlichen Geist durchdrungene Wirklichkeit auszeichnet. „Leben“ bezeichnet eine zielgerichtete Bewegtheit, die der Schöpfer all seinen Geschöpfen eingegeben hat. So spricht Rust von genussvollen Empfindungen, „welche die ewige Weisheit und Güte, die alle Dinge und Lebensstufen durchdringt und die in allen Einprägungen ihrer selbst hinterlassen hat“.67 Und an späterer Stelle erscheint Gott in Termini der cartesischen Physik als Urheber und Bewahrer der kosmischen Bewegung, wenn der Verfasser des Letter of Resolution 64 65 66 67

Siehe dazu auch den Beitrag von Christian Hengstermann, oben S. 196. [Rust], Letter of Resolution 77. Ebd. 85. Ebd. 108.

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von den „Werken seiner Vorsehung“ spricht, „mit denen er der Welt und jedem ihrer Teile ihr Leben, ihre Bewegung und ihre Ordnung bewahrt“.68 Das Leben und die bewegte Ordnung des Organismus sind das irdische Abbild des über den Weltgeist vermittelten göttlichen Schöpfungswirkens, in dem die Welt selbst nach der Katastrophe der Ekpyrosis am Jüngsten Tag aus sich heraus zu dem von Gott für sie vorgesehenen Heil finden wird. Mit besonderem Nachdruck hebt der Autor hervor, dass sich dieses schöpferische Heilswirken des Weltgeistes bewusstlos und mit Notwendigkeit vollzieht. Als Inbegriff der kosmischen Strukturprinzipen, die er allesamt in sich einbegreift, überführt das im Innern der Welt wirksame Geistprinzip jede niedere körperliche Potentialität mit innerer Notwendigkeit in die höhere Aktualität eines geistigen Lebens: „Das Wirken des niederen Weltgeistes ist nämlich nicht frei, sondern notwendig, und da er seinem Wesen nach über den Samen zu allem verfügt, wird er es, wo die Materie ihn mit geeigneten und leicht gestaltbaren Konstellationen dazu anregt, nicht verabsäumen, seinen Reichtum auch zur Anschauung zu bringen.“69

Die Apokatastasis, wie Origenes sie im Zuge seiner neben der Präexistenz der Seele berühmtesten „Hauptlehre“ vertritt, ist also insgesamt weniger das Werk des gütigen und gerechten Gottes selbst als dasjenige seines gemäß natürlicher Notwendigkeit handelnden Mittlers in der Welt: Dieser ist es, der die vom Alexandriner erhoffte Wiederherstellung aller Dinge herbeiführen wird. Die Zyklik schließlich, die ewige Wiederkehr von Weltenbrand und Weltenwiederherstellung, beweist Rust im Letter of Resolution wie in einem kurzen Nachtrag im Rückgriff auf die dargelegten Prinzipien seiner origeneischen Heilsmetaphysik. Die drei Protagonisten (bzw. Prinzipien) des Heilsdramas nämlich, die Güte und Gerechtigkeit Gottes, die fehlbare Freiheit der eingekörperten Seelen und die schöpferische Kraft des Naturgeistes, sind in jedem Äon dieselben. So wie nun der Mensch trotz des über ihn verhängten Strafgerichts irgendwann abermals fallen und erneut eine irdische Körperlichkeit annehmen wird, so wird auch der gütige Gott des Origenes einmal mehr alles daran setzen, um ihn in die Fülle seines Seins zurückzuführen, und schließlich auch den neuen Kosmos im Feuer seiner strafenden Gerechtigkeit vernichten. Gleiches gilt für den Weltgeist und die von ihm beseelte Materie, die auch in jedem späteren Äon noch dieselbe Beschaffenheit wie im ersten nach der Schöpfung aufweisen wird. Nach dem feurigen Tod, zu dem Gott seine Schöpfung mitsamt all ihren Bewohnern verurteilt, wird die Natur, sobald sie formbare Materie zur Hand hat, ihr Schöpfungswerk mit Notwendigkeit ein weiteres Mal vollziehen: 68 Ebd. 106. 69 Ebd. 84.

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„Da nämlich nichts, weder Geist noch Materie, vergehen und aus der allumfassenden Sphäre der Natur herausfallen kann, so liegt es auf der Hand, dass sowohl das Material als auch die Einwohner für die tausendste bewohnbare Erde ebenso allzeit bereit und verfügbar sein werden wie für die zweite. Und auch in dieser tausendsten Zeitperiode hat jenes höchst gütige Prinzip, das alle Dinge schuf und lenkt, gegenüber der zweiten keine Minderung oder Veränderung erfahren.“70

Das zyklische ad infinitum, das den origeneischen Heilsprozess auszeichnet, gründet also gleichermaßen im Wesen der metaphysischen, physischen und ethischen Prinzipien des Letter of Resolution: Ihre beständige Interaktion innerhalb der allgemeinen Natur- und Heilsgeschichte ist von solcher Art, dass sie einerseits ein endgültiges Gelingen höchst unwahrscheinlich, andererseits ein letztgültiges Scheitern logisch unmöglich macht. Eine unwiderrufliche Erlösung aller Geistwesen, wie sie der Alexandriner selbst wohl mit theologischen Gründen erhofft hat,71 ist in der Rekonstruktion des origeneischen Systems im Letter of Resolution zwar nicht ausgeschlossen. Immerhin ist die Möglichkeit gegeben, dass die Geistwesen nach ihrer Wiederherstellung in ihren ursprünglichen ätherischen Körper, der ihnen in Denken und Handeln ein hervorragendes Hilfsmittel ist, immerfort in den ihrer leibseelischen Spezies zugedachten ätherischen Höhen verweilen. Zudem legt Rust in anderem Zusammenhang sogar ausdrücklich dar, dass die Mehrheit der Vernunftwesen nicht gefallen ist.72 So wie Gott aber bereits bei ihrer Erschaffung nicht umhin konnte vorherzusehen, dass die leibseelischen Doppelwesen fallen würden, so ist auch ein neuerlicher Fall innerhalb des origeneischen Systementwurfs des Letter of Resolution das bei weitem wahrscheinlichste Szenario.

4. Heilsgeschichte als Evolution. Der Naturalismus der Cambridge Origenists im Letter of Resolution Die Lehre von der zyklischen Apokatastasis ist ein Lehrstück der Aneignung origeneischer Theologumena im Zirkel um Henry More. Mit großer systematischer Strenge ergibt sich auch die Naturphilosophie des Letter of Resolution aus den grundlegenden Axiomen seiner origeneischen Heilsmetaphysik, der erschaffen70 Ebd. 88. 71 Siehe oben S. 200 f. 72 Rust, God is Love 18: „Auch unterliegt es keinem Zweifel, dass die unermessliche Schar

derjenigen Vernunftwesen, unserer Verwandten und Freunde, die ohne Schuld geblieben sind und jenseits aller Möglichkeit des Abfalls dem Willen Gottes anhangen, die Zahl derer, die gefallen sind, bei weitem übersteigt.“

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Theologische Physik in George Rusts Origenes-Schrift

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den Güte und der bestrafenden Gerechtigkeit Gottes. So lässt sich schließlich die gesamte Entwicklung des Kosmos nach Ansicht des Origenisten Rust auf die axiomatischen Grundprinzipien seiner Philosophie zurückführen, die dazu noch, wie er im letzten der sechs Traktate zu den Kernlehren der inkriminierten christlichen Denkform zeigen kann, im Einklang mit der Naturwissenschaft seiner Zeit stehen. Seine Naturphilosophie fügt sich in das idealisisch-theistische Programm der Schule, wie es insbesondere Ralph Cudworth mit seinem Exkurs zur „plastischen Natur“ und Henry More mit seinen Spekulationen zum unendlichen Raum grundlegen. Grundsignatur der Welt ist hiernach nicht das Zusammenspiel geistloser Atome, sondern die innere Dynamik des Lebens, das seine Erfüllung und seinen Genuss in der vom liebenden Schöpfer vorgegebenen Höchstform seines Daseins sucht. Ergebnis ist eine Geist- und Lebenskosmologie, in der die Welt im Großen wie im Kleinen zugleich sichtbares Symbol und Medium der beiden ursprünglichsten Gottesprädikate, der Güte und der Gerechtigkeit, ist. Allerdings ist George Rust bei aller Bewunderung, die er insbesondere Henry More entgegenbringt, auch hier nicht Epigone der genannten Vertreter der Schule, sondern formt das überkommene Schulgut wie die Metaphysik des Naturgeistes und des göttlichen Raumes im Sinne der von ihm dargestellten Geschichtstheologie des Origenes um: Der Naturgeist ist nicht nur Medium der Gegenwart Gottes in den natürlichen Prozessen der Welt, sondern auch Mittel seines Heilswirkens, mit dem seine Güte auch über den Weltuntergang hinaus die Erlösung aller Dinge herbeizuführen sucht. Es ist eine Ironie der (Geistes-)Geschichte, dass das Ergebnis der naturphilosophischen Spekulationen der Cambridge Origenists allgemein und Rusts speziell am Ende wie ein erster Naturalismus anmutet, wie sie ihn in der Auseinandersetzung mit Hobbes und Descartes so entschlossen bekämpft haben: Es ist nicht etwa der freie Gott selbst, der die Menschheit erlöst, sondern die notwendige Gesetzlichkeit der Natur, deren Wirken die Welt wiederherstellen wird. Das Deus sive natura beantwortet Rust im Kontext seiner origeneischen Physikotheologie vom Jüngsten Tag, als die er insbesondere sein Referat der sechsten „Hauptlehre“ des Alexandriners durchweg anlegt, emphatisch im Sinne der Letzteren. Der Cambridger Origenismus erweist sich so als aufgeklärte Vernunfttheologie, die an entscheidender Stelle, nämlich im Prozess des Heils der Welt, das Wirken der Natur mit dem Wirken Gottes in eins setzt.

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Zeugnisse des Cambridger Origenismus

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William Spencer (1658) Origenis Contra Celsum Lectori Miraris forsan et lubentissime audires, quae nos ad accurandam novam Origenis editionem impulerunt rationes, cum literatorum pars magna et saniores theologi, quibus cordi est recta in Deum fides, triumphos agerent, si Origeni interitus contigisset et metempsychoseōs strenuo defensori silentium plusquam Pythagoricum iniungeretur, utpote, quos non fugit antiquissimos veritatis Christianae antistites, simul ac infinitum malum in ecclesia serperet idque manaret in dies latius, censoria severitate usos haereseōs et blasphemiae notam eius scriptis inussisse, mirum, ni plus satis incalescente cerebro sex milia librorum, quos Origenes referente Epiphanio confecit, in cineres redegissent. Eorum unusquisque lectione patrum mirifice delectatus, exinde plenissimam rerum ecclesiasticarum scientiam assecutus est, iam fulgurare, tonare et permiscere ecclesiam, ut Graeciam Pericles, valet atque ex patrum monumentis testes excitare, qui Origenem haereseōs arguent et omnium aures recitatione dogmatum impurorum usque ad nauseam pascent, et exsaturabunt: quos inter primas teneat Hieronymus, qui te ei enuntianti fidem adhibere petit a vera et orthodoxa, si alia tuam mentem occupa­ 1 Der lateinische Text dieses Vorworts (unpaginiert) stammt aus: ᾽Ωριγένης κατὰ Κέλσου,

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ἐν τόμοις η´. Τοῦ αὐτοῦ Φιλοκαλία. Origenis Contra Celsum libri octo. Ejusdem Philocalia. Gulielmus Spencerus, Cantabrigiensis, Collegii Trinitatis Socius, utriusque operis versionem recognovit, & Annotationes adjecit. Cum Indice Rerum et Verborum Locuple­ tissimo, Cantabrigiae 1658 (21677). Der Text Spencers ist darin kursiv gesetzt, die Zitate recte, ebenso Namen. Das ist dahingehend geändert, dass Spencers Text und die Namen recte gesetzt werden, die Zitate jedoch kursiv. Die Rechtschreibung ist an die heute üb­ lichen Schreibweisen angepasst. Origenes hat die Seelenwanderung abgelehnt: in Matth. comm. X 20 (GCS Orig. 10, 27): ἡ τῆς μετενσωματώσεως ψευδοδοξία; XI 17 (10, 64); XIII 1 (10, 172–176); Cels. III 75 (GCS Orig. 1, 267): ἡ περὶ μετενσωματώσεως ἄνοια; IV 83 (1, 354); V 29 (2, 31); V 49 (2, 53 f.); VI 36 (2, 105); VII 32 (2, 182); VIII 30 (2, 245 f.). Allerdings wurde sie ihm bereits in der Antike immer wieder unterstellt: Sie taucht schon in der Liste bei Pamphilus, apol. Orig. 87 (SC 464, 156–158), als neunter Vorwurf auf, von Pamphilus widerlegt ebd. 173–188 (464, 262–278); auch Hieronymus hat diese Ansicht Origenes zugeschrieben: c. Rufin. I 20 (SC 303, 56); III 39 (303, 318). Es ist sehr erstaunlich, dass William Spencer als Herausgeber der Apologie gegen Kelsos, in der sich so viele ablehnende Aussagen des Origenes über die Seelenwanderung finden, Origenes als deren „Verteidiger“ bezeichnet, doch könnte man die Stelle auch so verstehen, dass er die Meinung der Gegner des Origenes wiedergibt. Von den Cambridger Platonikern hat sich keiner für die Metempsychose ausgesprochen: Peter Harrison, Animal Souls, Metempsychosis, and Theodicy in Seventeenth-Century English Thought, in: JHP 31 (1993) 519–544, hier 534 f.: „… none of the Cambridge circle publicly endorsed reincarnation.“ Für George Rust siehe A Letter of Resolution Concern­

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William Spencer (1658) Origenes’ Gegen Kelsos An den Leser1 Du wunderst dich vielleicht und würdest sehr gerne hören, welche Gründe mich dazu gebracht haben, eine neue Ausgabe des Origenes zu besorgen, obwohl ein Großteil der Gelehrten und auch ganz vernünftige Theologen, denen der rechte Glaube an Gott am Herzen liegt, triumphieren würden, wenn Origenes untergegangen und dem eifrigen Verteidiger der Seelenwanderung2 mehr als ein pythagoreisches Schweigen auferlegt worden wäre,3 zumal die ältesten Vorsteher der christlichen Wahrheit, denen es nicht entgeht, sobald sich ein unabsehbares Übel in die Kirche einschleicht und sich von Tag zu Tag weiter ausbreitet, mit zensorischer Strenge seinen Schriften den Makel der Häresie und Blasphemie eingebrannt haben, so dass es mich wundern würde, wenn sie nicht mehr als reichlich hitzköpfig die sechstausend Bücher, die Origenes nach dem Bericht des Epiphanius verfasst hat,4 zu Asche verbrannt hätten. Jeder, der sich an der Lektüre dieser Väter wunderbar ergötzt und sodann die vollste Kenntnis der kirchlichen Angelegenheiten erlangt hat, vermag sogleich zu blitzen, zu donnern und die Kirche aufzumischen wie Perikles Griechenland5 und aus den Denkmälern der Väter Zeugen aufzurufen, die Origenes der Häresie anklagen und aller Ohren durch die Rezitation unsauberer Lehren bis zum Erbrechen vollstopfen werden, bis sie vollkommen übersättigt sind; unter diesen nimmt Hieronymus den ersten Platz ein, der dich bittet, ihm Glauben zu schenken, wenn er verkündet, dass du von der wahren und rechtgläubigen Ansicht abweichen wirst, falls eine andere Meinung ing Origen and the Chief of His Opinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope Nicolson, New York 1933, 53–55; zu diesbezüg­ lichen Neigungen von Joseph Glanvill siehe unten S. 298 Anm. 26. 3 Diese Bemerkung ist wohl auf die Nachricht zu beziehen, dass die esoterische Geheim­ lehre des Pythagoras nur Hörern („Akusmatikern“) offenbart wurde, die zu strengem Schweigen verpflichtet waren, was nach Diogenes Laërtius VIII 10 für die ersten fünf Jahre des Hörens galt (für diese Auskunft danke ich Herrn Kollegen Wolfgang Hübner, Münster). Isokrates, Bus. 28 (DK 14,4), berichtet etwas spöttisch, dass „noch heute diejenigen, die sich als seine Schüler ausgeben, aufgrund ihres Schweigens mehr bewundert werden als diejenigen, die sich aufgrund ihrer Redefertigkeit größten Ansehens erfreuen“: Die Vorsokratiker 1, Auswahl der Fragmente und Zeugnisse, Übersetzung und Erläuterungen von M. Laura Gemelli Marciano, Düsseldorf 2007, 113. 4 Epiphanius, pan. 64,63,8 (GCS Epiph. 2, 501). Vgl. Hieronymus, c. Rufin. II 21 (SC 303, 160); III 23 (303, 276). 5 In seiner Biographie des Perikles berichtet Plutarch, vit. par. X Pericl. 8, die athenischen Komödiendichter hätten von Perikles gesagt, „er donnere und blitze, wenn er zum Volke rede, und trage einen furchtbaren Wetterstrahl auf der Zunge“: Plutarch, Fünf Doppelbiographien. 1. Teil, übers. von Konrat Ziegler/Walter Wuhrmann, Zürich 1994, 529.

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verit opinio, discessurum: Credite experto: quasi Christianus Christianis loquor: venenata sunt illius dogmata, aliena a scripturis sanctis, vim scripturis facientia. Pergit eruditus pater acri, quo solet, iudicio Origenis levitatem castigans, nec satis erit eius somnia narravisse, nisi et Origenistarum ineptias refellat et vaferrimos tam pravi dogmatistae patronos omnium risui et ludibrio propinet: Quidam constantius: quomodo, inquit, damnabimus, quos synodus Nicaena non tetigit? Quae enim damnavit Arium, damnasset utique et Origenem, si illius dogmata reprobasset. Scilicet uno medicamine omnes simul morbos debere curare! Et idcirco spiritus sancti neganda maiestas est, quia in illa synodo super substantia eius silentium fuit! De Ario tunc, non de Origene quaestio fuit, de filio, non de spiritu sancto. Confessi sunt, quod negabatur, tacuerunt, de quo nemo quaerebat. Quanquam latenter Origenem, fontem Arii, percusserunt. Damnantes enim eos, qui filium de patris negant esse substantia, illum pariter Ariumque damnaverunt. Cum haec parvi aestimari sentit, reges in auxilium vocat, ut quos argumentationes et leniora monita non emendarunt, imperatorum leges et arma coercerent: Imperatorum quoque scripta, quae de Alexandria et Aegypto Origenistas pelli iubent, me suggerente dictata sunt; ut Ro|manae urbis pontifex miro eos odio detestetur, meum consilium fuit, ut totus orbis post translationem tuam in Origenis odia exarserit, quem antea simpliciter lectitabant, meus operatus est stylus. Neque plus ceteris sapit Hieronymus. Epiphanius, qui infinitas in ecclesia vel invenit vel fecit haereses, in illius partes transivit et Ioannem episcopum Hierosolymitanum eiusdem haereseōs fautorem, cum res ipsa severitatem flagitare visa est, lenitate plurima admonebat: Video enim, quod propter hanc causam omnis vestra indignatio concitata sit, quod dixerim vobis Arii patrem, Origenem scilicet, et aliarum haereseon radicem et parentem laudare non debetis. ––– Quis enim catholicorum possit aequo animo sustinere et eorum, qui fidem suam bonis operibus exornant, ut audiant Origenis doctrinam atque consili6

Hieronymus, epist. 84,3 (CSEL 55, 124), an Pammachius und Oceanus, wo er sich gegen den Vorwurf wehrt, ein ‚Origenist‘ zu sein. 7 Ebd. 84,4 (55, 125 f.). Zu diesen Vorwürfen gegen Origenes im Zusammenhang mit George Rusts Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions (1661) siehe im Beitrag von Thomas Karmann, oben S. 99 f. 8 Gemeint ist die Übersetzung von Origenes’ De principiis durch Rufinus von Aquileja im Jahre 398, die einzige vollständige Version, in der diese Schrift des Origenes erhalten ist. 9 Hieronymus, c. Rufin. I 12 (SC 303, 36), von Hieronymus allerdings als rhetorische Fragen formuliert, mit denen er entsprechende Vorwürfe entrüstet zurückweist. 10 In seinem Panarion omnium haereseum, dem von 374 bis 377 verfassten „Arzneikasten gegen sämtliche Häresien“, zählt Epiphanius von Salamis achtzig Häresien auf, darunter, unter Berufung auf Hld. 6,8, zwanzig vorchristliche (philosophische und jüdische), und gibt dabei bedenkenlos alle möglichen falschen oder verdrehten ‚Informationen‘ weiter und scheut auch nicht davor zurück, selber reine Erfindungen in die Welt zu setzen. Das große Kapitel 64 darin (GCS Epiph. 2, 403–524) ist Origenes gewidmet, detailliert interpretiert von Jon F. Dechow, Dogma and Mysticism in Early Christianity. Epiphanius of

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deinen Verstand eingenommen haben sollte: „Glaubt dem, der es selbst erfahren hat! Wie ein Christ zu Christen sage ich: Seine Lehren sind vergiftet! Mit den Heiligen Schriften haben sie nichts zu tun, sie tun den Schriften Gewalt an.“6 Der gelehrte Vater fährt fort und geißelt mit wie üblich scharfem Urteil die Leichtfertigkeit des Origenes, und es wird ihm nicht genügen, seine Phantasien dargelegt zu haben, ohne auch die Albernheiten der Origenisten zu widerlegen und die oberschlauen Anwälte des so verkehrten Lehrers dem Gelächter und Spott aller preiszugeben: „Einer fragt hartnäckiger: ‚Wie werden wir verurteilen, wen die ­Synode von Nizäa nicht behandelt hat? Die nämlich Arius verurteilt hat, hätte gewiss auch Origenes verurteilt, wenn sie seine Lehren verworfen hätte.‘ Natürlich: Mit einem einzigen Heilmittel müssen alle Krankheiten gleichzeitig behandelt werden, und die Erhabenheit des Heiligen Geistes ist deswegen zu bestreiten, weil sich jene Synode über sein Wesen ausgeschwiegen hat! Um Arius drehte sich damals die Diskussion, nicht um Origenes, um den Sohn, nicht um den Heiligen Geist. Als Bekenntnis formuliert haben sie, was bestritten wurde, geschwiegen haben sie über das, was niemand zur Diskussion stellte. Indes haben sie indirekt auch Origenes, die Quelle des Arius, erledigt. Indem sie die verurteilten, die bestreiten, dass der Sohn aus dem Wesen des Vaters sei, haben sie jenen ebenso wie Arius verurteilt.“7 Da er merkt, dass dies wenig Eindruck macht, ruft er die Könige zu Hilfe, damit diejenigen, die sich von Argumenten und sanfteren Ermahnungen nicht bessern ließen, von den Gesetzen und Waffen der Kaiser in die Schranken gewiesen werden: „Auch die Reskripte der Kaiser, in denen die Vertreibung der Origenisten aus Alexandria und Ägypten angeordnet wird, sind auf meine Veranlassung hin verfasst worden; dass der Bischof der Stadt Rom sie mit erstaunlichem Hass verabscheut, geschah auf meinen Rat hin; dass der ganze Erdkreis nach deiner Übersetzung8 in Hass auf Origenes entbrannte, den sie zuvor ganz schlicht immer wieder gelesen haben, hat meine Feder bewirkt.“9 Und Hieronymus ist nicht klüger als die anderen. Epiphanius, der in der Kirche zahllose Häresien vorgefunden oder erfunden hat,10 ging auf seine Seite über11 und ermahnte Johannes, den Bischof von Jerusalem, einen Anhänger dieser Häresie, als die Angelegenheit dringend Strenge zu erfordern schien, mit äußerster Milde: „Ich sehe nämlich, dass eure ganze Empörung deshalb erregt wurde, weil ich euch gesagt habe, dass ihr den Vater des Arius, ich meine Origenes, die Wurzel und den Urheber noch anderer Häresien, nicht loben dürft. ––– Denn wer von den Katholiken und von denen, die ihren Glauben mit guten Werken schmücken, könnte es Cyprus and the Legacy of Origen, Diss. University of Philadelphia 1975 (Mikrofilmdruck Ann Arbor/London 1975). 11 Historisch war es eher so, dass Epiphanius ein glühender Anti-Origenist war, der durch seine Aktionen in Palästina in den Jahren 393 und 394 Hieronymus in sein Lager gezogen hat: Alfons Fürst, Hieronymus. Askese und Wissenschaft in der Spätantike, Freiburg u. a. 2003, 33 f. 172.

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um et credant praeclarae illius praedicationi: Non potest filius videre patrem, neque spiritus sanctus videre filium, etc. His accedunt Methodius, Eustathius, Apollinarius et Theophilus, quos κακολόγων τετρακτὺν Socrates, nescio an caeco amore ductus aut sui officii conscientia fretus, in sexto Ecclesiasticae Historiae appellavit. Acumini superiorum posteriorum accessit fulmen. Iam nunc imperator Iustinianus in haereticos iracundia et stomacho exarsit et Origenem nostrum, quem Deus humanae misertus infirmitatis ad regnum suum et requiem vocaverat, fulmine terribili percussit. Forsan isthac arte conatus potius viventibus prodesse quam defunctis nocere. Etenim si alium sibi scopum proposuit et mortuo noxam intentavit, necesse erit, ut haec Caesareae maiestatis consilia vel ignorantiae vel livori assignemus. At levissima haec sunt. Gravior est Dei ira quam Iustiniani furor, nec imperatoris fulmen atque minae horroris tantum incutiunt quantum iudicis supremi vultus et ignis infernalis: Circa autem nonam horam diei sequentis aspexit frater Theophanes, qui erat in spelunca, quendam adstantem sibi aspectu terribilem ac dicentem: Veni et vide veritatem! Assumensque eum duxit in locum tenebrosum ac faetidum ignem evaporantem, atque in ipsis ignibus videt Nestorium, Eutychetem, Apollinarem, Dioscorum, Severum et Origenem et alios quosdam. Dixitque illi is, qui apparuerat: Locus iste praeparatus est haereticis et blasphemantibus et iis, qui illorum dogmata sequuntur. Mitto dicere vetustiores quae contigere lites et infinita in unum spicula colligere, quae nunc patres et pontifices, nunc synodi et imperatores in Origenem contorserunt. Ad recentiores deveniam atque ex his unicum, ut tempori consulam, religiosum in hanc rem testem citabo, Jansenium episcopum Iprensem, qui ex Augustini lectione, cui iterum iterumque saepius repetitae per viginti duorum annorum spatium immersus est, orthodoxe (id est, ad mentem | Augustini) didicit de rebus fidei iudicare et exinde insignis adeo evasit 12 Epiphanius in einem Brief an Johannes von Jerusalem von 394, lateinisch überliefert bei

Hieronymus, epist. 51,3 (CSEL 54, 400) und 51,4 (54, 400 f.).

13 Sokrates, hist. eccl. VI 13,4 (GCS NF 1, 334). 14 Diese Aussage ist insofern bemerkenswert, als das eben die These zu Origenes war, für die

Pico della Mirandola 1487 der Häresie angeklagt wurde, wogegen er sich (letztlich erfolgreich) mit einer Apologie für Origenes verteidigte: Giovanni Pico della Mirandola, Conclusiones nongentae. Le novecento Tesi dell’anno 1486, a cura di Albano Biondi (Centro internazionale di cultura „Giovanni Pico della Mirandola“. Studi Pichiani 1), Florenz 1995, 92 These IV 29 in der Abteilung Conclusiones numero quingentae secundum opinionem propriam: Rationabilius est credere Origenem esse saluum, quam credere ipsum esse damnatum  – „Es ist vernünftiger anzunehmen, Origenes sei erlöst, als anzunehmen, er sei verdammt.“ Für Picos Verteidigung dieser These siehe: Apologia Ioannis Pici Mirandulae. De Salute Origenis disputatio (bes. 1. 46): Une Controverse sur Origène a la Renaissance. Jean Pic de la Mirandole et Pierre Garcia, textes présentés, traduits et annotés par Henri Crouzel, Paris 1977, 95–181 (bes. 98. 160). 15 Spencer meint die Anathematismen, mit denen Kaiser Justinian I. in einem Brief an den Patriarchen Menas von Konstantinopel im Jahre 543, dreihundert Jahre nach dem Tod des

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gleichmütig ertragen, die Lehre und die Belehrung des Origenes zu hören und seiner herausragenden Verkündigung Glauben zu schenken: Der Sohn kann den Vater nicht sehen, noch kann der Heilige Geist den Sohn sehen usw.“12 Zu diesen kommen Methodius, Eustathius, Apollinaris und Theophilus, die Sokrates, ich weiß nicht, ob von blinder Liebe verführt oder im Vertrauen auf sein eigenes Gewissen, im sechsten Buch seiner Kirchengeschichte als „Viergestirn der Verleumder“ bezeichnet hat.13 Zum Scharfsinn der Früheren kam der Furor der Späteren. Noch jetzt ist spürbar, wie Kaiser Justinian vor Zorn und Groll gegen die Häretiker entbrannte und unseren Origenes, den Gott aus Erbarmen mit der mensch­ lichen Schwäche in sein Reich und seine Ruhe gerufen hatte,14 mit fürchterlichem Blitz durchbohrte.15 Vielleicht wollte er auf diese Weise eher den Lebenden nützen als den Verstorbenen schaden. Denn wenn er eine andere Intention verfolgte und einem Toten Schaden zufügte, werden wir nicht umhin können, diese Absichten der kaiserlichen Majestät entweder auf Unwissenheit oder auf Missgunst zurückzuführen. Aber das hat nur wenig Bedeutung. Der Zorn Gottes wiegt schwerer als Justinians Furor, und das Wüten und die Drohungen des Kaisers jagen keinen so großen Schrecken ein wie die Miene des höchsten Richters und das Höllenfeuer: „Um die neunte Stunde des folgenden Tages aber sah Bruder Theophanes, der sich in einer Höhle befand, jemanden neben sich stehen, von erschreckendem Aussehen, der sagte: Komm und erblicke die Wahrheit! Er nahm ihn an der Hand und führte ihn zu einem düsteren Ort und zu Ausdünstungen eines übel riechenden Feuers, und in eben diesen Feuerflammen sieht er Nestorius, Eutyches, Apollinaris, Dioskur, Severus und Origenes und einige andere. Der ihm erschienen war, sagte zu ihm: Dieser Ort ist für die Häretiker und Gotteslästerer bestimmt und für die, die ihren Lehren folgen.“16 Ich unterlasse es davon zu sprechen, welche Streitereien die älteren Autoritäten entfacht und wie sie einen Einzigen endlos mit Pfeilen überhäuft haben, die mal von Kirchenvätern und Bischöfen, mal von Synoden und Kaisern auf Origenes abgeschossen worden sind. Ich will zu den jüngeren Autoren kommen und von diesen, um auf die Zeit zu achten, nur einen frommen Mann als Zeugen dafür zitieren, Jansenius, den Bischof von Ypern, der aus der Lektüre des Augustinus, „in den er sich wieder und wieder des öfteren wiederholt über einen Zeitraum von zweiundzwanzig Jahren vertiefte“,17 gelernt hat, in rechtgläubiger Weise (das heißt: im Sinne des Augustinus) über Fragen des Origenes, neun ihm zugeschriebene Sätze verurteilte (ACO III 213 f.). Erneut auf Betreiben Justinians verurteilte das Konzil von Konstantinopel 553 fünfzehn origeneische bzw. origenistische Ansichten (ACO IV/1, 248 f.). Siehe dazu oben S. 136 mit Anm. 19 f. In der Randnote verweist Spencer für diese Vorgänge auf Cesare Baronio, Annales Ecclesiastici. Tomus VII, Moguntiae 1601, Annus 538 (vgl. ebd. p. 411–428). 16 Baronio, ebd. Annus 532 (vgl. ebd. p. 248). 17 Cornelius Jansenius, Augustinus, Lovanii 1640, De ratione et auctoritate in rebus theologicis liber prooemialis, cap. 10, p. 26 (fälschlich als p. 16 paginiert).

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haereseōn malleus, ut Adamantium nostrum in pulverem comminuisse videatur: Nimirum deterrebat multos illud magnum et evidens, quod in Origene praecesserat, humanae temeritatis ac divinae castigationis exemplum. Hic enim, cum de mysteriis a Deo ecclesiae suae revelatis, nulla necessitate, sola differendi cupiditate, per Platonicae et Aristotelicae philosophiae principia, quibus elimatus erat, in ­libris ­illis Περὶ ἀρχῶν latius disputare voluisset, omnes pene errores, quibus ecclesia per trecentos et amplius annos afflicta fuit, Arianos, Macedonianos, Photinianos, Pela­ gianos, Deo audaciam persequente accurate praeformaverat. Nonne his auditis Chalcenteri aures tinniunt? Hiccine Leonidis martyris filius? Hiccine patronus Christianae religionis? Hiccine dignus qui in Celsum Epicureum intonaret? Imo dignissimus, idque probabimus in tractatu De scriptoribus ecclesiasticis, qui ab ortu Christi usque ad synodum Nicenam floruerunt, quem Deo volente, cum aeta­ tis paululum accessit, in lucem daturi sumus. In isthoc unius cuiusque scripta genuina a supposititiis secernemus, vitas etiam et dogmata, de quibus docti non leves controversias agitarunt, ut melius dignosci poterit, quatenus cum Pontificiis, Socinianis, Arminianis, Calvinistis ceterisque religionis Christianae sectis conveniunt aut iisdem adversantur, si non pari cum ceteris doctrinae et orationis ornatu, maiori tamen integritate attexemus.

Quaenam autem mentis vel quae discordia fati? Parcarumque latens fraus est? Abrumpere cuncta iamdudum cum luce libet. Sed comprimit iram nescio quis deus et meme ad graviora reservat. Vivamne? Et patrum naevos seu dogmata pulchra vulgabo et barbas vellam? Et, quod saevius ipse

18 Adamantius, „der Mann aus Stahl“, ist ebenso wie das folgende Chalcenterus, „der Mann

mit den ehernen Eingeweiden“, ein Beiname, den Origenes aufgrund seiner unermüd­ lichen Schaffenskraft erhalten hat: Eusebius, hist. eccl. VI 14,10 (GCS Eus. 2, 552); Hieronymus, epist. 33,4 (CSEL 54, 255): Adamantium nostrum nostrumque Chalcenterum. 19 Jansenius, Augustinus, De ratione et auctoritate in rebus theologicis liber prooemialis, cap.  5, p. 12. Dieses 5. Kapitel in Jansens Augustinus ist u. a. überschrieben mit „Lapsus Origenis“. 20 Vgl. Eusebius, hist. eccl. VI 1 (GCS Eus. 2, 518). 21 Origenes hat Kelsos in seiner Apologie (von 248) gegen ihn zunächst irrtümlich für den Epikureer dieses Namens aus dem 2. Jahrhundert gehalten: Cels. I 8 (GCS Orig. 1, 60 f.); I 10 (1, 63); II 60 (1, 182); III 35 (1, 231); III 49 (1, 246); III 80 (1, 271); IV 75 (1, 344); V 3 (2, 3). Obwohl ihm im Laufe der Auseinandersetzung mit dessen antichristlicher Schrift ᾽Αληθὴς λόγος (geschrieben um 178) Zweifel an dieser Identifizierung kamen (vgl. ebd. IV 54 [1, 326 f.]) und ihm klar wurde, dass es sich um einen Platoniker handelt, polemisiert er doch weiter gegen Kelsos’ angeblichen Epikureismus: Christoph Markschies, Epikureismus bei Origenes und in der origenistischen Tradition (2000), in: ders., Origenes und sein Erbe. Gesammelte Studien (TU 160), Berlin/New York 2007, 127–154, hier 128–141.

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Glaubens zu urteilen, und sich von da aus zu einem so beispiellosen Häresienhammer entwickelte, dass unser Adamantius18 zu Staub zermalmt erscheint: „Kein Wunder, dass viele jenes große und offenkundige Beispiel menschlicher Dreistigkeit und göttlicher Züchtigung abschreckte, das einen Vorläufer in Origenes hatte. Als sich dieser nämlich anschickte, ohne Not, einzig aus dem Verlangen heraus, sich hervorzutun, die von Gott seiner Kirche offenbarten Geheimnisse mittels der Prinzipien der platonischen und aristotelischen Philosophie, in denen er bestens ausgebildet war, in jenen Büchern Περὶ ἀρχῶν (Über die Prinzipien) ausgiebiger zu erörtern, hat er beinahe sämtliche Irrtümer der Arianer, Makedonianer, Photinianer und Pelagianer, von denen die Kirche mehr als dreihundert Jahre lang geplagt wurde – doch Gott verfolgt die Frechheit –, exakt vorweggenommen.“19 Klingen dem Chalcenterus, wenn er das gehört hat, nicht die Ohren? Ist dieser nicht der Sohn des Märtyrers Leonides?20 Ist dieser nicht der Anwalt der christlichen Religion? Ist dieser nicht würdig, gegen den Epikureer Kelsos21 zu wettern? Vielmehr in höchstem Maße würdig; und den Nachweis dafür werden wir in der Abhandlung Über die kirchlichen Schriftsteller, die von der Geburt Christi bis zur nizänischen Synode in Blüte standen, liefern, die wir, so Gott will und wenn uns noch ein wenig Lebenszeit gewährt ist, veröffentlichen werden.22 Darin werden wir die echten Schriften jedes Autors von den ihm fälschlich zugeschriebenen sondern, ferner Leben und Lehren, über die die Gelehrten keine geringen Kontroversen ausgetragen haben, wenn nicht mit einem anderen Schriftstellern ebenbürtigen Glanz an Gelehrsamkeit und Beredsamkeit, so doch mit größerer Redlichkeit darstellen, damit besser unterschieden werden kann, inwiefern sie mit den Pontificianern (Bischöflichen), Sozinianern,23 Arminianern, Calvinisten und den übrigen Sekten der christlichen Religion übereinstimmen oder denselben widersprechen.

„Was ist das für ein Aufruhr im Geiste, was für einer wider das Schicksal? Ist das ein versteckter Trug der Schicksalsgöttinen? Alles zu beenden bin hier auf der Stelle ich bereit. Doch es hemmt“ den Zorn „ich weiß nicht was für ein Gott und spart mich für Härteres auf. Bleib’ ich am Leben?“ Und werde ich der Väter Makel oder ihre schönen Lehren verbreiten und ihnen den Bart zupfen? „Und werde ich, wonach es grausamer selbst“

22 In den einschlägigen recherchierbaren Katalogen ist ein solches Werk von Spencer nicht

zu finden, so dass zu vermuten ist, dass er es wohl nicht mehr geschrieben hat.

23 Von den antitrinitarischen Unitariern im England des 17. Jahrhunderts (Sozinianer, Armi-

nianer) werden die Sozinianer im Letter of Resolution 43 erwähnt. Siehe dazu im Beitrag von Thomas Karmann oben S. 87 Anm. 12 (mit Lit.).

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Scaliger haud poscat, faciam et te, Roma, lacessam? Plura indignantem –––

nostrae temeritatis conscientia et virgulae censoriae horror, quem literati minitari solent, ad mentem placidam revocarunt. Qui quidem enixe exorandi sunt, ut nobiscum benignius agerent atque animadversiones et tormenta, quibus utuntur in eos qui deliquerunt, ultro remitterent nobis et condonarent. Nihil enim eorum, quae aliis consueverunt esse adiumento, licet omnis cura nostra in iis acquirendis versata erat, potuimus comparare. Erant Haeschelio duo manuscripti codices, quos e bibliothecis Electoris Palatini Boica et Augustana deprompserat, et Tarino plurium copiam viri clarissimi fecerunt. Ego his solis impressis usus sum, et mihi felicitatem dicam aut infortunium? Gratulabar. Nunc laetor et in | lucro pono vel unum Graece superesse Origenis monumentum, siquidem, Riveto si credas, nulla

24 Gemeint ist wohl der berühmte Philologe Joseph Justus Scaliger (1540–1609), der sich für

zwei unerfreuliche Romaufenthalte 1565 und 1566 beim Abschied mit bösen Versen an der Stadt rächte. Als Calvinist kritisierte er in seiner Schrift De emendatione temporum (1583, zweite umgearbeitete Fassung 1598) die neue Zeitrechnung nach dem Gregorianischen Kalender. Unter anderem dafür wurde er aus dem Jesuitenorden heraus in üblen Schmähschriften angegriffen, in denen seine von ihm irrtümlich behauptete Abstammung aus dem Fürstenhaus von Verona erfolgreich gegen seinen tadellosen Ruf instrumentalisiert wurde. Vgl. Richard Hoche, Art. Scaliger, Joseph Justus, in: ADB 30 (1890) 466–474. 25 Die Verse stammen aus Silius Italicus, Punica IX 648–657, und sind von Spencer in der zweiten Hälfte auf seine Situation hin verändert worden und gehen in die folgende Prosa über: Quaenam autem mentis uel quae discordia fati? Parcarumque latens fraus est? Abrumpere cuncta iamdudum cum luce libet. Sed comprimit ensem nescio qui deus et meme ad grauiora reseruat. Viuamne et fractos sparsosque cruore meorum hos referam populo fasces atque ora per urbes iratas spectanda dabo et, quo saeuius ipse Hannibal haud poscat, fugiam et te, Roma, uidebo? Plura indignantem telis propioribus hostes egere et sonipes rapuit laxatus habenas.

(zitiert aus der kritischen Teubner-Ausgabe von Josef Delz, Stuttgart 1987, 245 f.).

26 Der Elector Palatinus ist eigentlich der Pfälzische Kurfürst, der in Heidelberg residierte.

Wie Spencer dazu kommt, die als Boica und Augustana bezeichneten Bibliotheken mit diesem in Verbindung zu bringen, ist unklar. Mit der Bibliotheca Boica dürfte die Münchner Hofbibliothek gemeint sein (die Vorgängerin der Bayerischen Staatsbibliothek), die nach dem Vorbild der Augsburger (Augustana) Stadtbibliothek eingerichtet wurde (die Spencer hier fälschlich auch mit dem Kurfürsten in Verbindung bringt). Hat Spencer den Titel Elector Palatinus nicht auf den Pfälzer Kurfürsten bezogen, sondern allgemein als Titel ‚Kurfürst‘ verwendet? Für hilfreiche Auskünfte zu diesen Überlegungen danke ich meinem Kollegen Peter Walter (Freiburg).

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Scaliger „nicht verlangt“,24 tun „und dich, Rom,“ aufmüpfig reizen? „Obwohl ich mich noch mehr entrüstete,“ –––25

haben das Bewusstsein unserer Kühnheit und die Angst vor der Rute des Zensors, mit der die Gebildeten zu drohen pflegen, mich zu einer sanften Gesinnung ermahnt. Diese freilich sind inständig anzuflehen, etwas großzügiger mit uns zu verfahren und uns die Rügen und Qualen, die sie gegen die anwenden, denen Fehler unterlaufen sind, von sich aus zu erlassen und davon abzusehen. Denn nichts von dem, was anderen gewöhnlich als Hilfsmittel zur Verfügung steht, vermochten wir uns zu verschaffen, auch wenn wir alle unsere Sorgfalt darauf verwendet haben, es zu erwerben. Hoeschel verfügte über zwei handgeschriebene Codices, die er sich aus den kurfürstlichen Hofbibliotheken in Bayern und in Augsburg26 geholt hatte,27 und für Tarin haben vorzügliche Männer eine Fülle von noch mehr verschafft.28 Ich habe lediglich diese gedruckten Ausgaben benutzt, und soll ich mir das als Glück anrechnen oder als Unglück? Ich beglückwünschte mich. Jetzt freue ich mich und betrachte es als Gewinn, dass wenigstens ein Werk des Origenes auf Griechisch erhalten ist, zumal ja, wenn du Rivet glaubst, „kein

27 Nachdem in den Editionen des 15. und 16. Jahrhunderts nur die lateinischen Werke des

Origenes und auch die schon bekannten griechischen (die Apologie gegen Kelsos) ausschließlich in lateinischer Fassung herausgegeben wurden, edierte der Augsburger Späthumanist David Hoeschel (1556–1617) erstmals Schriften des Origenes in griechischer Sprache, und zwar zuerst 1602 den Briefwechsel zwischen Julius Africanus und Origenes (dessen Brief unvollständig) über die Kanonizität der Susanna-Geschichte (in: Adriani Isagoge sacrarum litterarum et antiquissimorum graecorum in prophetas fragmenta  … ex manuscriptis codicibus edita, Augustae Vindelicorum 1602, 84–86, nachgedruckt von John Pearson in: Tractatuum biblicorum volumen prius, sive Criticorum Sacrorum tomus VIII, Londini 1660, 10–50), dann 1605 die Apologie gegen Kelsos (zusammen mit der Dankrede des Gregor Thaumaturgos): Origenis Contra Celsum libri VIII. Et Gregorii Neo­ caesariensis Thaumaturgi Panegyricus in Origenem … graece et latine nunc primum editi. Accessere notae et indices, Augustae Vindelicorum 1605 (Anvers 21613). Vgl. Max Schär, Das Nachleben des Origenes im Zeitalter des Humanismus (BBGW 140), Basel/Stuttgart 1979, 13 mit Anm. 58. Spencer druckt den Text von Hoeschel ab (zusammen mit der lateinischen Übersetzung des tschechischen Philologen Sigismund Gelenius [1497/8–1554]) sowie im Anhang (unpaginiert) dessen notae zu Contra Celsum. 28 Jean Tarin (1586–1666) brachte 1618 die erste Edition der Philokalie heraus, die Spencer ebenfalls abdruckte, zusammen mit Tarins lateinischer Übersetzung und seinen notae zu dieser Schrift: Origenis Philocalia, de obscuris S. Scripturae locis, a SS. PP. Basilio Magno et Gregorio Theologo ex variis Origenis commentariis excerpta. Omnia nunc primum graece edita, ex Bibliotheca Regia, opera et studio Jo. Tarini Andegavi, qui et latina fecit et notis illustravit, Parisiis 1618 (21624, 31629). – Zu den in Anm. 27 und 28 notierten Ausgaben vgl. Henri Crouzel, Bibliographie critique d’Origène (IP 8), Steenbrugge/’s-Gravenhage 1971, 99. 100. 101, ferner ebd. 109 über die Ausgabe von Spencer.

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exstant aut saltem nulla prostant publice monumenta ea lingua, qua usus est, edita. Nunc grave Pharaonis saeculum redire visum est et durissimum, quale Israelitis imposuerat, servitutis iugum: accurandae librorum editiones in summa omnium adiumentorum et codicum egestate. Tandem huic operi manum medicam admovere libuit et vires nostras experiri, cum nihil aliud mihi in mentem venerat, in quo peragendo et meo et communi commodo ex aequo inservirem. Equidem si desint fortunae bona, ipsa viderit, cum ratio non gubernet! Si munera et honores iusti, curent improbi, quos in capite fortunisque hominum honestissimorum dominari iuvat! At si ipse a studiis feriatus iustam curam non attulissem, velut Furia mea mihi occurreret oscitatio et poena semper ante oculos versaretur. Haec est nostri instituti ratio, cuius pleniorem notitiam interprete Romano oratore assequeris, si mutanda mutes et ea personae humili, qualis nostra est, non adscribas, quae soli Ciceroni conveniebant: Ego autem (dicam enim ut res est), dum me ambitio, dum honores, dum causae, dum rei publicae non solum cura, sed quaedam etiam procuratio multis officiis implicatum et constrictum tenebat, haec inclusa habebam et, ne obsolescerent, renovabam, cum licebat, legendo. Nunc vero et fortunae gravissimo perculsus vulnere et administratione reipublicae liberatus doloris medicinam a philosophia peto et otii oblectationem hanc honestissimam iudico. Aut enim huic aetati hoc maxime aptum est, aut iis rebus, si quas dignas laude gessimus, hoc imprimis consentaneum, aut etiam ad nostros cives erudiendos nihil utilius, aut, si haec ita non sunt, nihil aliud video, quod agere possimus.

29 Von André Rivet (1572–1651) stammt ein vierbändiges Werk unter dem voluminösen Titel:

Critici Sacri, Libri IV. In quibus expenduntur, confirmantur, defenduntur, vel rejiciuntur Censurae doctorum, tam ex orthodoxis quàm ex pontificijs, in Scripta, quae Patribus plerisque priscorum et puriorum seculorum, incogitantia vel error affinxit, aut dolus malus supposuit. Praefixus est Tractatus de Patrum Auctoritate, errorum causis, et nothorum notis, 1612. Nach Crouzel, ebd. 100, fällt Rivet, ebd. Bd. 2, 215–226 (in der Ausgabe Lipsiae et Francofurti 51690), ein sehr missgünstiges Urteil über Origenes und spricht ihm einige echte Werke als fälschlich zugeschrieben ab: die Homilien, in die Rufinus Erläuterungen für die lateinischen Leser eingefügt hat, die lateinische Homilie über 1 Samuel sowie den Hoheliedkommentar (beides ebenfalls in der Übersetzung Rufins); ferner bezweifelt er die Echtheit der Lukashomilien (in der Übersetzung des Hieronymus erhalten). In der Ausgabe Genevae 31626 steht der von Spencer zitierte Satz auf S. 202 (in Kap. 12); Origenes wird darin in Buch 2, Kap. 12 und 13 = S. 199–202 und 203–208 behandelt.

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Werk vorhanden oder wenigstens öffentlich zugänglich ist, das in der Sprache, die er benutzt hat, publiziert ist“.29 Nunmehr schien das drückende Zeitalter des Pharao zurückzukehren und das überharte Joch der Knechtschaft, wie er es den Israeliten auferlegt hatte: Ausgaben von Büchern zu besorgen angesichts einer extremen Knappheit an sämtlichen Hilfsmitteln und Codices. Endlich glückte es, heilsam die Hand an dieses Werk zu legen und unsere Kräfte zu erproben, da mir nichts anderes in den Sinn gekommen war, mit dessen Bewerkstelligung ich meinem und dem allgemeinen Nutzen in gleicher Weise dienen würde. Fürwahr, wenn dem Schicksal die Güter fehlen, soll es doch zusehen, wenn die Vernunft nicht herrscht! Wenn dem Gerechten Gaben und Ehrungen vorenthalten werden, sollen doch die Ungerechten das Sagen haben, denen es Spaß macht, über Haupt und Vermögen ehrbarster Menschen zu gebieten! Aber wenn ich selbst, obwohl frei von Verpflichtungen, nicht die rechte Sorgfalt aufgewendet hätte, wäre mir meine Langeweile wie eine Furie entgegengetreten und als Strafe beständig vor Augen gestanden. Das ist der Grund für unser Unternehmen, von dem du aus der Erklärung des römischen Redners eine vollere Kenntnis erlangen wirst, wenn du zu Änderndes abwandelst und der unbedeutenden Person, wie wir eine sind, nicht das zuschreibst, was allein auf Cicero passte: „Ich aber hatte (denn ich will sagen, wie es sich in Wahrheit verhält), solange mich Ehrgeiz, Ämter, Prozesse und nicht nur die Sorge um den Staat, sondern in gewissem Maße auch seine Verwaltung in zahlreiche Verpflichtungen verwickelten und in Anspruch nahmen, dies30 in meinem Herzen bewahrt und es, um es nicht zu vergessen, durch Lektüre aufgefrischt, sooft es möglich war. Jetzt aber, da ich von einem überaus harten Schicksalsschlag getroffen und von der Verantwortung für den Staat befreit bin, suche ich von der Philosophie Heilung für meinen Schmerz und halte sie für die edelste Freude meiner Muße. Denn dies ist meinem Alter höchst angemessen, oder es stimmt besonders gut mit jenen Leistungen überein, wenn ich denn etwas Rühmenswertes vollbracht habe, oder es gibt nichts, was für die Bildung unserer Mitbürger nützlicher wäre, oder ich sehe, falls dies alles nicht zutrifft, nichts anderes, womit ich mich beschäftigen könnte.“31

30 Im Text Ciceros ist die Philosophie gemeint, in der Verwendung dieses Textes in der Vor-

rede einer Ausgabe einer Origenesschrift ist das aber, übertragen auf Spencer, auch auf Origenes und seine Werke beziehbar. 31 Cicero, Acad. I 11. Vgl. die Übersetzung in: Marcus Tullius Cicero, Hortensius. Lucullus. Academici libri, hg., übers. und kom. von Laila Straume-Zimmermann/Ferdinand Broemser/Olof Gigon, München/Zürich 1990, 279–281.

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George Rust (1658) God is Love (1 Jn 4:16) To speak worthily of God and to have right apprehensions of his nature and attributes, as it is a piece of the worship we owe him, so does it inspire our minds with a generous and manly religion and leads us into a clear and demonstrative understanding of the noblest truths both in nature and providence. And to all these purposes amongst the several divine perfections, there is none of so large and diffusive an influence as that of goodness. And this consideration has prevailed with me to design a fair representation of this divine attribute for the argument of my present discourse.

Goodness is the title which God challenges as proper to himself: Why callest thou me good? There is none good but one, that is God. Mercy is the quintessence and flower of goodness, and this is the name whereby God proclaims himself unto Moses: The Lord, the Lord God, merciful and gracious, longsuffering and abundant in mercy and truth. And this God has effectually made good in the whole economy of his providence towards the apostate sons of men. O that there were a heart in this people that they might believe my judgments always, saith God. Why is it that he is thus desirous of their obedience? That it might go well with them and their children forever. God would not have us think it is for any ends of his own that he is at so great cost and pains with us. My people, says he, have forsaken the fountain of living waters and have digged to themselves broken cisterns that will hold no 1 Textgrundlage ist der stellenweise nur schwer entzifferbare Erstdruck in der vom Rust-

Schüler Henry Hallywell besorgten Auswahledition: The Remains of That Reverend and learned Prelate, Dr. George Rust, Late Lord Bishop of Dromore, in the Kingdom of Ireland, collected and published by Henry Hallywell, London 1686, 1–20. In der genannten Ausgabe bietet Hallywell auch eine erste Einführung in die anspruchsvolle exegetisch-philosophische Homilie. Die Predigt ist demnach 1658 in der St. Mary’s Kirche, der Universitätskirche im Zentrum von Cambridge, gehalten worden. Zu ihrer Bedeutung als Skizze zum 1661 publizierten Letter of Resolution, in dem der Verfasser die in der Homilie offen gelassenen Fragen mit den Mitteln der von ihm eingehend dargestellten origeneischen Philosophie zu lösen sucht, siehe in der Einführung von Christian Hengstermann, oben S. 28–32. Eine erste philosophische Würdigung dieser für die Gotteslehre der Cambridge Origenists insgesamt bedeutsamen Homilie findet sich bei dems., Die „Cambridge Platonists“. Freiheitsmetaphysik und All-Einheitsspekulation im neuzeitlichen Christentum, in: ders./Ulrike Weichert (Hg.), Anne Conways Principia Philosophiae. Materialismuskritik

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George Rust (1658) „Gott ist Liebe“ (1 Joh. 4,16)1 Von Gott auf würdige Weise zu sprechen und die rechte Einsicht in seine Natur und seine Attribute zu besitzen gehört nicht nur zur Verehrung, die wir ihm schulden, sondern es erfüllt unseren Geist auch mit einer weitherzigen und mannhaften Religion und führt uns zu einem klaren und nachvollziehbaren Verständnis der edelsten Wahrheiten in Natur und Vorsehung.2 Und von den verschiedenen göttlichen Vollkommenheiten ist für diese Zwecke keine von so großem und umfassendem Einfluss wie diejenige der Güte. Es war diese Überlegung, die mich dazu bewogen hat, für das Argument meines vorliegenden Vortrags eine gebührende Darstellung dieses göttlichen Attributs zu entwerfen.

Die Güte, das ursprünglichste Gottesattribut Güte ist derjenige Titel, den Gott für sich als ihm eigentümlich reklamiert. „Was nennst du mich gut? Es gibt keinen, der gut ist, außer dem Einen, das heißt Gott“ (Lk. 18,19). Gnade ist die Quintessenz und Blume der Güte. Sie ist der Name, unter dem sich Gott Mose vorstellt: „Der Herr, Gott der Herr, ist voller Huld und Gnade, langmütig und überreich an Gnade und Wahrheit“ (Ex. 34,6). Und dieser Gott hat den untreuen Menschensöhnen innerhalb seiner gesamten Heilsökonomie mit Erfolg Gutes getan. „O wenn diese Menschen doch ein Herz in sich hätten, dass sie stets an meine Urteile glauben könnten, spricht der Herr.“ Aus welchem Grund begehrt er ihren Gehorsam so sehr? „Damit es ihnen und ihren Kindern für immer gut gehe“ (Dtn. 5,29).3 Gott will nicht, dass wir meinen, er bemühe sich aufgrund irgendwelcher Eigeninteressen so sehr um uns. „Mein Volk“, spricht er, „hat den Quell der lebendigen Wasser verlassen und sich Zisternen und Alleinheits-Spekulation im neuzeitlichen Christentum (Pontes 52), Münster/Berlin 2012, 13–39, hier 34 f. 2 Der erste Satz hat programmatischen Charakter: Es geht Rust wie den Cambridger Origenisten allgemein um eine Deutung der natürlichen Welt, der Schöpfung, und ihrer geschichtlichen Ordnung, der Heilsökonomie von Gott und Mensch. Beides ist nach Ansicht Rusts allein auf der Grundlage eines Rationalismus der Gottesattribute, wie er ihn gleich zu Beginn nach dem Vorbild der cartesischen Vernunftphilosophie skizziert, möglich. 3 In der Authorized King James Version (KJV) oder King James Bible (KJB) von 1611, der maßgeblichen englischen Bibelübersetzung der Zeit, die auch Rust benutzt haben dürfte, lautet der Vers, den der Prediger wie sein Vorbild Origenes aus dem Gedächtnis zitiert zu haben scheint, wie folgt: „O that there were such an heart in them, that they would fear me, and keep all my commandments always, that it might be well with them, and with their children for ever.“

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wa|2|ter. Methinks these words import as if God had said: O ye foolish sons of men, if when ye departed from me, ye could better yourselves anywhere else, I could be content with your apostasy. But that which troubles me is that ye forsake the fountain of living waters and wellsprings of bliss and happiness and betake yourselves to broken cisterns and deceitful brooks that will hold no water and are then dried up when ye most need them. And when God sees what froward and untoward creatures we are, he begins to reason with us: Why will ye die, o house of Israel? What evil have ye found in me? Have I been a barren wilderness or a land of darkness unto you? God would that all men should be saved and come to the knowledge of the truth, and lest we should entertain any suspicions concerning him as if he pleased himself in our ruins and miseries, though we may take his word, he has added an oath, too, and has sworn that as he lives, he desires not the death of a sinner, but rather that he should turn from his wickedness and live. God would have his creatures know that he is no accessory to their mischief: O ­Israel, thou hast destroyed thyself, but in me is thy help. Judgment is God’s strange work, which the impenitence of men does, as it were, force from him: How shall I give thee up, Ephraim? How shall I deliver thee, o Israel? God holds his hands so long as there is any hope of our amendment and waits to be gracious to us and expects our repentance with infinite longsuffering and patience and would fain know of us, if it might be, what course his infinite wisdom should take for our recovery – O Ephraim, what shall I do unto thee? – and at last appeals to our own consciences whether he could do more to his vineyard than he has done. But when all means prove ineffectual and we contumacious in our sins, then, and not till then, the God of love turns to a consuming fire and we become the proper fuel of hell and objects of his justice.

4 Die begriffliche Darlegung des universalen Heilswillens, wie ihn die Schrift, der Erste Ti-

motheusbrief, und die Vernunft, die Idee der göttlichen Güte, gleichermaßen bezeugen, ist dem Predigerphilosophen Rust sowohl in der vorliegenden Homilie wie auch im übrigen theologischen Œuvre, insbesondere im Letter of Resolution, durchweg ein zentrales Anliegen. 5 Den urorigeneischen Gedanken eines gütigen Gottes, der lediglich aus pädagogischen Motiven Strafen über die uneinsichtige Menschheit verhängt, trägt Rust mit Kautelen vor, die ebenfalls an die „théologie en recherche“ des Alexandriners erinnern (siehe dazu oben S. 138 f.): Das Theologumenon, dass sich Gott vom Fehlverhalten seiner Geschöpfe zu einem Handeln bewegen, ja geradezu nötigen lässt, das seinem gütigen Wesen eigentlich widerspricht, wagt auch Rust lediglich in einer durch ein „as it were“ als solche kenntlich gemachten uneigentlichen Rede vorzutragen. Zur origeneischen Theologie des vom Menschen bewegten göttlichen Bewegers siehe etwa in Is. hom. 4,1 (GCS Orig. 6, 257), wo der Alexandriner in bewusst antiaristotelischer Manier von einem motus Dei spricht.

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voller Risse gegraben, die das Wasser nicht halten werden“ (Jer. 2,13). Mir scheint, dass diese Worte dieselbe Bedeutung haben, als hätte Gott gesagt: O, ihr törichten Menschensöhne, wenn ihr euch, nachdem er ihr mich verlassen habt, irgendwo anders verbessern könntet, so könnte ich mit eurem Abfall leben. Was mir aber Sorgen bereitet, ist, dass ihr die „Quelle der lebendigen Wasser“ und Brunnenquellen des Wohlseins und Glücks verlasst und euch zu „Zisternen voller Risse“ und zu täuschenden Bächen begebt, die kein Wasser halten werden und die dann, wenn ihr sie am dringendsten braucht, ausgetrocknet sind. Und wenn Gott sieht, was für trotzige und widerspenstige Geschöpfe wir sind, dann fängt er Streit mit uns an: „Warum wollt ihr sterben, o du Haus Israel?“ (Ez. 18,31). „Was habt ihr an mir Böses gefunden?“ (Mi. 6,3). „Bin ich euch eine öde Wüste oder ein Land der Finsternis geworden?“ (Jer. 2,31). „Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim. 2,4).4 Und damit wir ihn nicht verdächtigen, er könnte Freude an unserem Fall und Elend hegen, hat er uns nicht nur sein Wort gegeben, sondern uns geschworen, dass es ihn, so wahr er lebe, nicht nach dem Tod eines Sünders verlange, sondern danach, dass dieser sich von der Bosheit abwenden und leben möge (Ez. 33,11). Gott will, dass seine Geschöpfe darum wissen, dass er nicht zur ihrem Elend beiträgt: „O Israel, du hast dich selbst zerstört, doch in mir findest du Hilfe“ (Hos. 13,9 KJB). Das Gericht ist das Wirken Gottes, das ihm eigentlich nicht entspricht und zu dem ihn die Verstocktheit der Menschen gewissermaßen nötigt:5 „Wie soll ich dich aufgeben, Ephraim? Wie soll ich dich preisgeben, o Israel?“ (Hos. 11,8). Gott bietet uns so lange seine Hand, wie irgendeine Hoffnung besteht, dass wir uns bessern. Er wartet darauf, uns seine Gnade zu erweisen, und harrt unserer Umkehr mit unendlicher Langmut und Geduld. Er möchte von uns wissen, ob es dazu kommen wird und welche Maßnahmen seine unendliche Weisheit für unsere Wiederherstellung ergreifen soll: „O Ephraim, was soll ich für dich tun?“ (Hos. 6,4). Und am Ende appelliert er an unser Gewissen und fragt, ob er noch mehr für seinen Weinberg tun kann, als er bisher getan hat. Wenn sich allerdings alle anderen Mittel als unnütz erweisen und wir halsstarrig in unserer Sündhaftigkeit verbleiben, dann und erst dann verwandelt sich der Gott der Liebe zu einem verzehrenden Feuer und werden wir zum Brennstoff der Hölle und zu Leidtragenden seiner Gerechtigkeit.6

6 Die Unterscheidung zwischen der Gnade des guten und den Strafen des gerechten Gottes,

die darin übereinkommen, dass sowohl die Güte wie auch die Gerechtigkeit Gottes nichts anderes als das Heil des Menschen, seine Glückseligkeit in der Teilhabe an der göttlichen Natur, zum Ziel haben, ist für Rusts Rationalismus der Gottesprädikate durchweg zentral. Siehe dazu ausführlich in diesem Band den einführenden Beitrag von Christian Hengstermann, bes. S. 28–30.

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|3| The author to the Hebrews tells us that Jesus Christ is the brightness of his father’s glory and the express image of his person. He was God manifest in the flesh, and we are to look on all his actions as the actions of God in human nature. Now the only errand he came into the world for was the good of men and to assure lost men of the love of their offended God and that they had not outsinned his mercy. God so loved the world – but how? That is too much for the tongue of men or angels to express, only we may make some guess at it by the effects, that he sent his only begotten son into the world that whoever believeth in him should not perish, but have everlasting life. God was in Christ reconciling the world to himself. The enmity was rather on our part than his. And Jesus Christ disrobed himself of his glory and took on him the form of a servant in pursuance of this design of love and during his abode in this state of humility, he went up and down the world, doing good, and all his miracles were acts of tenderness and beneficence to teach us that the power of God is always tempered with goodness. Our blessed saviour himself has given us the largest instances of sweetness and love and mercy and tenderness and pity and compassion that ever the world had any cognizance of. A good man, says one, if he were killed ten thousand times over by the same hand, as often as he returned to life again, so often would he pardon the murderer. If ever this saying was verified, it was in the person of our blessed Jesus. When he came near to Jerusalem, where he had met with so much opposition and contempt, how passionately does he mourn over it! O Jerusalem, Jerusalem, thou that killest the Prophets … And in another place it is said he wept over this incorrigible city and breaks out with somewhat an abrupt exclamation: O that thou hadst known in this day the things which belong to thy peace! But now they are hid from thine eyes. |4| Grief and love would suffer him to add no more. Sure, no man is so blasphemous as to think our saviour wept crocodile tears, tears of treachery and dissimulation. Oh no, they were the expressions of his tender and dear affections to a people that were going into a sudden and inevitable destruction. And though he had no other business here but the good of the world and was entertained with despite and scorn and spittings and bustings, a painful and ignominious death, yet so transcendent was his love that in the midst of his shame and agony, he prays: Father, forgive them,

7 Den für seine Christologie bedeutsamen Passus beschließt Rust mit einem nur schwer

ins Deutsche übersetzbaren Neologismus, wenn er sagt, dass „they had not outsinned his mercy“.

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Jesus Christus, das Abbild des Vaters Der Autor des Hebräerbriefs sagt uns, Jesus Christus sei der „Glanz der Herrlichkeit seines Vaters und das genaue Abbild seiner Person“ (Hebr. 1,3). Er war Gott, so wie er sich im Fleische offenbarte, und wir sollen alle seine Taten als Taten Gottes in menschlicher Natur ansehen. Nun waren der einzige Zweck, zu dem er in die Welt kam, das Wohl des Menschen und der, dass er den verlorenen Menschen versicherte, dass ihr Gott, den sie beleidigt hatten, sie noch immer liebe und dass ihre Sünden seine Gnade nicht verwirkt hätten.7 „So sehr hat Gott die Welt geliebt“, doch wie sehr? Dies in Worte zu fassen ist zuviel für die Zunge von Menschen und Engeln. Eine Ahnung davon können wir lediglich aufgrund der Wirkungen erlangen, aufgrund dessen, „dass er seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern ewiges Leben hat“ (Joh. 3,16). „Gott war in Christus und in ihm versöhnte er die Welt mit sich“ (2 Kor. 5,19). Die Feindschaft bestand auf unserer, nicht auf seiner Seite. Und „Jesus Christus entkleidete sich seiner Herrlichkeit“ und „zog“ bei der Erfüllung seiner Mission der Liebe „die Form eines Dieners an“ (Phil. 2,7), und während er in diesem Zustand der Niedrigkeit war, durchwanderte er die Welt und tat Gutes. Und alle Wunder, die er wirkte, waren Taten von Zuneigung und Güte, die uns lehren sollten, dass die Macht Gottes stets von Güte gesteuert wird. Unser gesegneter Erlöser selbst hat uns die größten Beispiele von Menschlichkeit, Liebe, Gnade, Zuneigung, Mitleid und Anteilnahme gegeben, die die Welt je gekannt hat. Wenn ein guter Mensch, so heißt es, zehntausend Mal von derselben Hand den Tod empfinge, so würde er seinem Mörder, sooft er wieder ins Leben zurückkehrte, jedes Mal verzeihen. Wenn überhaupt, so hat dieses Sprichwort in der Person unseres gesegneten Jesus eine Bestätigung gefunden. Als er in die Nähe von Jerusalem kam, wo ihm soviel Feindschaft und Verachtung begegnet war, wie leidenschaftlich hat er da über es getrauert! „O Jerusalem, Jerusalem, du, das du die Propheten tötest …“ (Lk. 13,34). Und an anderer Stelle heißt es, er habe über diese unbelehrbare Stadt geweint (Lk. 19,41) und in einem Ausbruch ziemlich plötzlich ausgerufen: „O hättest du nur an diesem deinem Tag um die Dinge gewusst, die zu deinem Frieden gehören, doch nun sind sie vor deinen Augen verborgen!“ (Lk. 19,42). Trauer und Liebe ließen ihn nichts mehr sagen. Gewiss wäre niemand so gotteslästerlich anzunehmen, dass unser Erlöser Krokodilstränen vergossen habe, Tränen der Heuchelei und Verstellung. Keinesfalls! Sie waren Ausdruck seiner innigen und aufrichtigen Zuneigung zu einem Volk, das einer plötzlichen und unvermeidlichen Vernichtung entgegenging. Und obwohl er hier kein anderes Anliegen hatte als das Wohl der Welt und obwohl man ihm mit Boshaftigkeit und Verachtung begegnete und er, bespuckt und misshandelt, einen schmerzvollen und schändlichen Tod erlitt, war seine Liebe gleichwohl so transzendent, dass er inmitten seiner Erniedrigung und Todesqual betet: „Vater,

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for they know not what they do. Greater love, says our Saviour, can no man show than that he lay down his life for his friend. But herein God manifested his love to us in that, while we were yet enemies, Christ died for us. And now that he is ascended into heaven, he there attends our affairs and has left his apostles and disciples and his spirit to manage his cause with the coy and froward sons of men, who are always wooing and beseeching us that we would come and be reconciled to God – as if the great God of heaven and earth could not be happy without such corruptible worms as we are. And all the desire of heaven is that we would but be content to be happy and accept of that salvation which upon the easiest and most advantageous terms is freely offered unto us. The sum is God is the father of spirits and lover of souls, and the gospel is nothing else but the most effectual course that infinite wisdom and goodness could contrive in order to their happiness.

To carry on this discourse a little farther, this is a truth that heaven and earth bears witness to, and the whole world preaches this sermon to us in a language clear and easy to be understood, that God is love. God is a self-sufficient being, in and of himself infinitely happy and blessed, and he does not seek to serve himself of his creatures. It is not any glory or benefit that he can receive |5| either from men or angels which moved him at first to bring them into being. No, God is an ocean of love and goodness that delights to overflow his banks and break in upon his creatures and make them happy. He is a free sun of light and glory that sends forth his enlivening and refreshing beams into every subject that is capable of them. And it was not, as I said, that for himself God did at first make a world, for nothing could add to his infinite perfection, but it was to communicate his goodness and to take up his creation into a participation of his own happiness and 8

Gemeint ist nicht die einfache Fortsetzung der Predigt, sondern die vertiefende Behandlung des Sujets, des Gottesprädikats „Liebe“. 9 Es ist charakteristisch für Rusts christlichen Rationalismus, dass er selbst das Schriftwort, das er sich in der Predigt auszulegen vornimmt, ausdrücklich zugleich als Glaubensartikel einer rein aus innerweltlichen Erkenntnisquellen herleitbaren theologia naturalis verstanden wissen will. 10 Um jedem Verdacht einer natürlichen Notwendigkeit, der Gott gleich dem Gestirn unterläge, vorzubeugen, erweitert Rust die althergebrachte platonische Metapher von der Sonne, mit der auch er das allumfassende Absolute vergleicht, um die Kategorie der Freiheit:

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vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lk. 23,34). „Eine größere Liebe“, so sagt unser Erlöser, „kann niemand zeigen, als wenn er sein Leben für seinen Freund hingibt“ (Joh. 15,13). Aber darin offenbarte Gott seine Liebe zu uns, dass Christus für uns starb, als wir noch Feinde waren. Und nun, da er zum Himmel emporgestiegen ist, nimmt er sich dort unserer Angelegenheiten an und hat er uns seine Apostel und Jünger sowie seinen Geist zurückgelassen, die für die törichten und uneinsichtigen Menschensöhne seine Sache betreiben und die uns immerfort umwerben und in uns dringen, wir möchten doch zu Gott kommen und uns mit ihm versöhnen – als ob der große Gott des Himmels und der Erde ohne vergängliche Würmer wie uns nicht glücklich zu sein vermöchte! Und alles Verlangen des Himmels geht dahin, dass wir uns dazu entscheiden, glücklich zu sein und die Erlösung anzunehmen, wie sie uns zu den einfachsten und besten Bedingungen umsonst angeboten wird. Zusammengefasst ist Gott der „Vater der Geister“ (Hebr. 12,9) und „Liebhaber der Seelen“ (Weish. 12,26) und das Evangelium nichts anderes als der wirkungsvollste Weg zu deren Glück, den die unendliche Weisheit und Güte hat ersinnen können.

Philosophische Theologie: Die überfließende Güte Gottes Führen wir diesen Vortrag ein wenig weiter!8 Dass „Gott Liebe ist“ (1 Joh. 4,16), ist eine Wahrheit, die Himmel und Erde bezeugen, und eine Botschaft, die uns die gesamte Welt in einer klaren und leicht verständlichen Sprache predigt.9 Gott ist ein in sich autarkes Sein, das in und aus sich in unendlichem Maße glücklich und selig ist, und er sucht sich seine Geschöpfe nicht zunutze zu machen. Es ist auch nicht so, dass ihn eine Herrlichkeit oder ein Vorteil, den ihm Menschen oder Engel hätten bringen können, ehedem dazu bewogen hätten, sie ins Sein zu setzen. Nein, Gott ist ein Meer der Liebe und Güte, dem es gefällt, über seine Ufer zu ­treten und auf seine Geschöpfe hereinzubrechen und sie glückselig sein zu lassen. Er ist eine freie Sonne von Licht und Herrlichkeit,10 die jeden ihrer Untertanen, der dazu imstande ist, mit ihren belebenden und erquickenden Strahlen erfüllt. Und keineswegs war es, wie bereits gesagt, so, dass Gott die Welt am Anfang für sich selbst geschaffen hätte; nichts nämlich hätte seiner unendlichen Vollkommenheit etwas hinzufügen können. Nein, er wollte seiner Schöpfung seine Güte mitteilen und sie mit an seiner eigenen Glückseligkeit und Freude teilhaben Im Sinne der origeneischen Freiheitsmetaphysik ist Gott zuvörderst Freiheit in Person. Zu diesem Kerndogma des Origenismus in seiner ursprünglichen und in seiner neuzeitlichen Gestalt siehe ausführlich Theo Kobusch, Die philosophische Bedeutung des Kirchenvaters Origenes. Zur christlichen Kritik an der Einseitigkeit der griechischen Wesensphilosophie, in: ThQ 165 (1985) 94–105.

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bliss. Amor divinus rerum omnium est principium. And though it seems becoming the simplicity and majesty of God that he should be alone within himself, retired into the inapproachable recesses of his own being, yet through the infinite desire of communicating and diffusing his own love and goodness, he lays aside this state and goes forth of himself and by his tender care and providence is intimately present with the longest projection of being. No man hateth his own flesh, says the apostle, but rather cherisheth it, and we are, as I may speak, flesh of his flesh and bone of his bone, and the whole creation is but the expansion and dilatation of divine simplicity and perfection. And all creatures do more properly belong to God than faculties or actions to their principles from whence they flow. And God pronounces concerning the works of his hands that they are very good, for God made not death, neither has he pleasure in the destruction of the living, but created all things that they might have their beings, as the author of the Book of Wisdom speaks. All the several degrees of individuals of creatures are like so many rays that flow from the inexhaustible fountain of light and being from whence the farther they go, the weaker and fainter they grow till at last they reach to the confines of non-entity or rather impossibility of existence. For whatever is possible and capable of life and happi|6|ness and can without prejudice to itself or neighbours be contained within the compass of immensity is an object of divine power and goodness. And we have no cause to suspect but that emanations have reached to the production of it. Infinite goodness is the pregnant womb from whence we 11 „Die göttliche Liebe ist der Ursprung aller Dinge.“ 12 Im origenistischsten der Systeme der Cambridger Platoniker, der Heilsmetaphysik, die

Anne Conway in ihren 1690 postum veröffentlichten Principia Philosophiae entfaltet, qualifiziert der Begriff intime praesens die Immanenz Christi, der natura media, im Geschöpf, durch die der Vater trotz seiner Transzendenz unmittelbar an ihm wirken kann: „Seine Wesenheit bzw. Substanz ist auch im eigentlichen und wirklichen Sinne von seinen Geschöpfen unterschieden. Dennoch ist er von ihnen weder getrennt noch geschieden, sondern ihnen allen auf engste und höchste Weise innerlichst nahe (intime presens)“ (Principia Philosophiae 1,3 [p. 62 Loptson/p. 9 Coudert/Corse]). Zum Begriff siehe ausführlich Raimund Litz, „Gott in Allen und Allem“. Skizzen zum Gedanken der Präsenz des Göttlichen und zum Verhältnis von Gott und Mensch bei Anne Conway und Simon Frank, in: Hengstermann/Weichert, Anne Conways Principia Philosophiae (wie Anm. 1) 85–108, bes. 90–95. Rusts Verwendung des Terminus ist ein weiterer erhellender Beleg für den intensiven philosophischen Austausch zwischen den Mitgliedern des Cambridger Origenisten-Netzwerkes um Henry More. 13 Kühn bezieht Rust zwei Schriftzitate, das aus dem Epheserbrief und das aus der Genesis, die beide eigentlich die Einheit von Mann und Frau bezeichnen, auf die enge Verbindung von Gott und Mensch. Auch hier ist sich der Prediger, wie das vorsichtige „as I may speak“, das er seinen Darlegungen voranschickt, zeigt, der möglichen Anstößigkeit des Gedankens einer fundamentalen Wesenseinheit von Schöpfer und Geschöpf durchaus bewusst. Drei Jahre später bringt [George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical

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lassen. Amor divinus rerum omnium est principium.11 Und obwohl man meinen könnte, es gezieme der Einfachheit und Erhabenheit Gottes mehr, wenn er allein in sich ruhte, zurückgezogen in die unerreichbaren Tiefen seines eigenen Seins, so treibt ihn doch sein unendliches Verlangen, seine eigene Liebe und Güte mitzuteilen und zu verströmen, dazu, seinen Stand aufzugeben: Er tritt aus sich heraus und ist auch der am weitesten entfernten Ausdehnung des Seins durch seine zärt­liche Sorge und Vorsehung in innerster Gegenwart12 nahe. „Niemand“, so sagt der Apostel, „hasst sein eigenes Fleisch, sondern pflegt es“ (Eph. 5,29), und wir sind, wenn ich es so ausdrücken darf, „Fleisch von seinem Fleisch“ und „Gebein von seinem Gebein“ (Gen. 2,23),13 und die gesamte Schöpfung ist nichts anderes als die Ausdehnung und Entfaltung der göttlichen Einfachheit und Vollkommenheit. Die Beziehung, in der alle Geschöpfe zu Gott stehen, ist noch weit inniger als die von Vermögen und Wirkweisen zu ihren Prinzipien, aus denen sie hervorgehen. Und Gott erklärt bezüglich der Werke seiner Hände, dass „sie sehr gut sind“ (Gen. 1,31),14 denn Gott hat weder den Tod gemacht noch hat er Freude an der Zerstörung des Lebendigen. Stattdessen „schuf er alle Dinge, auf dass sie“, wie es der Autor des Buches der Weisheit sagt, „ihr Sein haben mögen“ (Weish. 1,14). All die unterschiedlichen Stufen von Individuen und Geschöpfen sind so etwas wie eben so viele Strahlen, die aus der unerschöpflichen Quelle des Lichts und Seins fließen. Je weiter sie sich hiervon entfernen, desto schwächer und kraftloser werden sie, bis sie schließlich die Grenzen des Nichtseins bzw., besser noch, der Unmöglichkeit der Existenz erreichen. Alles das nämlich, was möglich und zu Leben und Glückseligkeit imstande ist und was ohne Schaden für sich selbst oder seine Nächsten in diese gewaltige Sphäre eingefasst sein kann, ist Gegenstand der göttlichen Macht und Güte. Und wir haben keinen Grund anzunehmen, dass die Emanationen nicht bis zu seiner Erschaffung reichen. UnNote by Marjorie Hope Nicolson, New York 1933, 24, den Grundgedanken einer Wesensgleichheit von Gott und Mensch, die er an der vorliegenden Stelle in biblischem Vokabular ausdrückt, auf den philosophischen Begriff, wenn er das Humanum unter Verwendung eines Neologismus als „univoke Emanation“ Gottes bezeichnet. 14 Gottes Lob der Schöpfung spielt in Rusts origeneischer Theologie eine zentrale Rolle. Im Letter of Resolution 75 f. zieht er es als Argument gegen eine pessimistische calvinistische Anthropologie der Sündenverderbtheit heran. Die genannten Worte des Schöpfers, so Rust dort, verlören ihren Sinn, wenn das Gros der Menschheit, wie die Calvinisten wollen, am Ende dem ewigen Höllenfeuer überantwortet würde: „Wenn man nun annimmt, diese bemitleidenswerten Seelen seien so verdorben, dass es für sie keine Möglichkeit der Erneuerung oder Wiederherstellung mehr gebe, so nimmt man damit auch an, dass Gott manche seiner Geschöpfe sehr schlecht gemacht habe. Als er sprach, dass sie alle ‚sehr gut‘ sind (Gen. 1,31), hat er demnach wohl lediglich den Urzustand, in dem sie sich befanden, als sie gerade seinen gnädigen Händen entsprangen, im Blick gehabt und in seiner Begeisterung darüber verabsäumt, sein allsehendes Auge auch auf alle Zustände, in die sie in Zukunft möglicherweise geraten könnten, zu richten.“

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have our birth and offspring. This infinite goodness is it that brought us out of the dark and silent grave of nothingness into the light of being and life. This is that tender mother that folds the whole creation in its loving arms. It gives being unto every beast of the field and bird of heaven and fish of the sea and to everything else, even to the most contemptible worm that creeps on the face of the earth that they may all enjoy that life and happiness which is proper to their natures. It is a vain self-deceiving thought of man to think that all things were made only for him, that all God’s thought and care must be spent upon him. No, this infinite goodness acts in a freer and larger sphere and gives life and being unto everything that is capable of the pleasure and happiness of it. This is that tender nurse that feeds the ravens and hears the young lions when they roar after their prey. This is that common father of whom the whole family of heaven and earth is named, and the whole creation waits on him, and he gives them their meat in due season. This infinite goodness it is that sendeth the springs into the valleys which run among the hills, that giveth drink to every beast of the field, wherewith the wild asses quench their thirst. She causeth the grass to grow for the cattle and herb for the service of men and wine that maketh glad the heart of man and oil to make his face to shine and bread which strengthens man’s heart. It is she which hath planted the cedars of Lebanon and all the trees of the forest for the birds to make their nests in and sit and sing among the branches. She has made the high hills a refuge for the goats and |7| the stony rocks for the conies. It is she hath appointed the sun and the moon for times and seasons and to light and comfort the life of this lower world. This is that infinite goodness, and both earth and sea and all the capacities of immense spaces are full of its riches.

15 Rust scheut sich auch hier nicht, Aspekte seiner hierarchischen Heilsontologie origenei-

schen Zuschnitts in den Psalmenhymnus einzutragen: Die Gestirne sind nicht nur Mittel der Zeitmessung, sondern sie haben auf der Erde, dem, wie [Rust], Letter of Resolution 47, sagt, „Sediment der körperlichen Welt“, auch einen konsolatorischen Zweck: Sie suchen die leidende Kreatur über das augenfällige Elend der gefallenen conditio humana hinwegzutrösten. 16 Es ist dies ein Schlüsselgedanke der christlichen Philosophie der Origenisten um Henry More: Der unendliche Raum ist keine geistlose res extensa, sondern von der schöpferischen res cogitans Gottes durchdrungen. Grundlegend hierfür ist Mores wirkmächtiges Konzept des absoluten Raumes, das er in der Auseinandersetzung mit Descartes erstmalig entwickelt und im späten Enchiridium metaphysicum mit großer spekulativer Kraft entfaltet. In einem Brief an den französischen Philosophen umreißt More das von seinem Schüler Rust an der vorliegenden Stelle vorausgesetzte theistische Raumkonzept wie folgt: „Dass Gott freilich auf eigene Weise ausgedehnt ist (suo modo extenditur), das erhellt meines Erachtens aus der Tatsache, dass er allgegenwärtig ist und dass er dann den gesamten

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endliche Güte ist der schwangere Schoß, aus dem wir geboren und entsprungen sind. Diese unendliche Güte ist es, die uns aus dem dunklen und schweigenden Grab des Nichts in das Licht des Seins und Lebens gesetzt hat. Sie ist die liebende Mutter, die die gesamte Schöpfung in ihren liebenden Armen hält: Sie gibt jedem Tier des Feldes, dem Vogel des Himmels und dem Fisch des Meeres und allen anderen Dingen, selbst dem nichtswürdigsten Wurm, der auf dem Antlitz der Erde kriecht, sein Sein, auf dass sie allesamt das Leben und Glück, das ihrem Wesen entspricht, genießen mögen. Es ist eine eitle Selbsttäuschung, wenn der Mensch meint, es seien alle Dinge nur um seinetwillen geschaffen worden, so als wäre er etwas so Herausragendes, dass Gott ihm alle Aufmerksamkeit und Sorgfalt widmen müsste. Nein, diese unendliche Güte handelt in einer freieren und größeren Sphäre. Sie gibt jedem Ding, das an ihr Freude und Glück zu empfinden vermag, Leben und Sein. Sie ist die zärtliche Amme, die die Raben füttert und „die jungen Löwen hört, wenn sie nach ihrer Beute brüllen“ (Ps. 104,21). Sie ist jener gemeinsame Vater, „nach dem die gesamte Familie von Himmel und Erde benannt wird“ (Eph. 3,15). Ihm „macht“ die gesamte Schöpfung „ihre Aufwartung“, und „er gibt ihnen ihr Fleisch zur rechten Zeit“ (Ps. 104,27). Diese unendliche Güte ist es, „die Quellen in die Täler sendet und sich ihren Weg durch die Hügel bahnen lässt, die jedem Tier auf dem Felde zu trinken gibt und an der die wilden Esel ihren Durst löschen“ (Ps. 104,10 f.). Sie „lässt Grass wachsen für das Vieh, Pflanzen, die den Menschen zu Diensten sind, Wein, der das Herz des Menschen erfreut, Öl, um sein Gesicht strahlen zu lassen, und Brot, das das Herz des Menschen stärkt“ (Ps. 104,14 f.). Sie ist es, „die die Zedern des Libanon gepflanzt hat und alle Bäume des Waldes, damit die Vögel in ihnen ihr Nest bauen“ (Ps. 104,16 f.) und inmitten der Zweige sitzen und singen. Sie hat die „hohen Hügel zur Zuflucht für die Ziegenböcke und die steinernen Felsen zur Zuflucht für die Kaninchen“ gemacht (Ps. 104,18). Sie ist es, „die Sonne und Mond für die Fristen und Jahreszeiten“ und als Licht und Trost für diese niedere Welt „eingesetzt hat“ (Ps. 104,19).15 Dies ist jene unendliche Güte, und sowohl Erde und Meer wie auch die Weiten des unermesslichen Raumes sind voll von ihren Reichtümern.16

Weltenbau und jeden seiner Teile auf innerlichste Weise einnimmt. Wie nämlich könnte er der Materie die Bewegung mitteilen, was er, wie Sie ja selbst einräumen, einst getan hat und noch immer tut, wenn er die Materie des Alls nicht gleichsam aus der Nähe berührte oder sie zumindest irgendwann berührt hätte? Gewiss hätte er dies zu keinem Zeitpunkt tun können, wenn er nicht überall gegenwärtig gewesen wäre und jeden einzelnen Ort eingenommen hätte. Gott ist also auf seine eigene Weise ausgedehnt und ausgestreckt und infolgedessen eine ausgedehnte Substanz (res extensa)“: Henry More, Epistolae Quatuor ad Renatum Descartes, in: ders., Opera omnia, 3 Bde., London 1679 (ND Hildesheim 1966), Bd. II/1, 227–271, hier 254.

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Again, this is no more than what the inward experience of every good man bears witness to who in his measure finds himself like affected. He is acted by a free and universalized spirit and all-spreading and diffusive love. He looks not on himself as a partial and determinate being, but as a part and member of the universe and, accordingly, serves not his own particular interest, but the good and welfare of the whole. Good men desire that all may be happy and would not have any of God’s children to be any ways or in any measure miserable. He desires every creature’s good, as he does his own, and so far is he from envying or repining at the free communications of God to any of his creatures that he is willing it should go better with others than with himself and desires nothing more than that the goodness of the Lord may fill the heaven and earth and overflow its banks and water and refresh the minds of men. It was a noble speech and the sense of every good man’s soul that If it were lawful to put forth an act of omnipotence that I might redeem poor lost and degenerate souls, even would I be content to be buried in the grave of an eternal nothing. This was the extravagance of his affections, for when he recollects himself, he sees it needless. For they are already in the hands of an infinitely wise and almighty goodness, whose love is more immense and boundless than that of a finite and shallow creature. Yet, such passionate eruptions of spirit we find also in the sacred story: Blot me out of thy book, says Moses, and I could be accursed for my brethrens’ sake, says St. Paul. I hardly think that these are any hyperboles or must have such |8| lean interpretations as are usually put upon them. A man thoroughly acted by the spirit of goodness would be even content to live in perpetual banishment from God – I mean from the sweet embraces and touches of his love, so he might be without sin – than that any of God’s children 17 Rust zieht im Folgenden abermals den für das neuzeitliche Paradigma von Philosophie

und Wissenschaft konstitutiven Begriff der Erfahrung als Beleg für seinen origeneischen Platonismus heran. Die biblische Metaphysik des guten Gottes, der allen seinen Geschöpfen in der Natur nahe ist, findet ihre Bestätigung in der Selbsterfahrung des sittlichen Subjekts, dem die Universalität des Guten Maxime seines Willens ist. Siehe dazu ausführlich im Beitrag von Margit Wasmaier-Sailer, oben S. 171–174. 18 Mit dem Begriff „act“, den er hier und an späterer Stelle verwendet, bezeichnet Rust die Bewegung der gottebenbildlichen Seele durch ihr göttliches Urbild, von dem sie im Vollzug der Tugend gleichsam von der Potenz, der Möglichkeit, zum Akt, der Wirklichkeit der Moral, geführt wird. 19 Rust zitiert hier aus einer 1712 postum in erster Auflage veröffentlichten Schrift von Jeremiah White, The Restoration of All Things: Or, A Vindication of The Goodness and Grace of God, To be manifested at last, in the Recovery of His Whole Creation Out of Their Fall, London 31779, 12. White selbst zitiert vermutlich, wie Daniel Pickering Walker, The Decline of Hell. Seventeenth-Century Discussions of Eternal Torment, London 1964, 111,

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Die innere Erfahrung des tugendhaften Menschen als Beleg für die ­bisherigen Ausführungen Einmal mehr ist dies nicht mehr als das, was die innere Erfahrung eines jeden guten Menschen bezeugt,17 der diese Empfindung nach seinem Maße in sich vorfindet. Angetrieben18 wird er von einem freien und universalisierten Geist und einer sich überallhin ausbreitenden und verströmenden Liebe. Er schaut auf sich nicht als partielles und bestimmtes Wesen, sondern als Teil und Mitglied des Universums. Entsprechend dient er nicht seinem partikularen Eigeninteresse, sondern dem Wohl und Gut des Ganzen. Gute Menschen wollen, dass alle glücklich sind, und möchten nicht, dass irgendein Kind Gottes auf irgendeine Art und Weise elend ist. Er [sc. der gute Mensch] begehrt das Gut jedes Geschöpfes wie das eigene und freut sich über sein Wohlergehen wie über das eigene. So weit ist er davon entfernt, irgendeinem der Geschöpfe Gottes dessen freie Selbstmitteilung zu neiden oder zu missgönnen, dass er sogar willens ist, dass es anderen besser ergeht als ihm selbst und dass er nichts mehr ersehnt, als dass der Herr den Himmel und die Erde erfüllen und über seine Ufer treten und dass er den Geist der Menschen erquicken und erfrischen möge. Die folgende edle Rede fasste das Denken der Seele eines jeden guten Menschen zusammen: „Wenn es rechtens wäre, einen Akt der Allmacht zu verkünden, um so arme, verlorene und verderbte Seele zu erlösen, so wäre ich zufrieden, wenn ich in einem Grab eines ewigen Nichts beerdigt würde.“19 Hierbei handelte es sich um einen Aufruhr seiner Gefühle. Als er sich nämlich wieder fasst, erkennt er, wie unnötig dies ist. Jene sind nämlich bereits in den Händen einer unendlich weisen und allmächtigen Güte, deren Liebe gewaltiger und grenzenloser ist als diejenige eines begrenzten und oberflächlichen Geschöpfs. Allerdings finden wir solche leidenschaftlichen Ausbrüche im Geist auch in der heiligen Geschichte. „Streich mich aus deinem Buch!“ (Ex. 32,32), sagt Mose, und „ich könnte verflucht sein um meiner Brüder willen“ (Röm. 9,3), sagt der Hl. Paulus. Ich glaube kaum, dass es sich hierbei um Übertreibungen handelt. Alternativ müsste ich mir eine der kümmerlichen Interpretationen zu eigen machen, denen sie allgemein unterzogen werden. Ein Mensch, der ganz vom Geist der Güte angetrieben wird, nähme es sogar zufrieden hin, in ewiger Verbannung fern von Gott zu leben – ich meine: fern von den liebevollen Umarmungen und Berührungen seiner Liebe, vorausgesetzt, er möchte frei von Sünde sein –, statt dass20 irgendeines der Kinder Gottes immerfort der Bekanntschaft mit ihm entvorschlägt, den Puritaner-Platoniker Peter Sterry, mit dem er freundschaftlich verbunden war und dem er auch in der Lehre nahestand. 20 Das „than“, das eigentlich einen Vergleich voraussetzt, ist vom Kontext her gut verständlich: Der gute Mensch zöge eine eigene lebenslange Gottesferne einer allgemeinen Unkenntnis Gottes vor.

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should be forever unacquainted with him. And therefore he thinks it would be the best employment and the greatest happiness in the world to be used as an instrument to do good to others. And he would not triumph in anything more than to see God giving him success in his prayers and endeavours in this particular, to see the travail of his soul and to be able to say: Behold, here am I and the children which thou hast given me. He would account the greatest part of his heaven and does not rejoice only in the fruit of his own labour, but is as much pleased when he sees God making use of others for the propagating of his own goodness and the happiness of his creatures. Tell me now, whosoever thou art that hast thy spirit thus affected, is not this temper of mind a participation of God, a piece of the divine image and nature and the highest perfection the soul of man is capable of? And if we will do honour to God and pronounce according to our faculties and the best light that heaven has given us, must we not conclude that God is infinitely better and more loving, tender, pitiful and compassionate in all degrees both of intension and extension than the best of the sons of men? The perfections of God are not arbitrary and contingent, but eternal and immutable. We come no other ways to the knowledge of them but as they are transcribed in our minds. And the Scripture itself is therefore entertained by us, because it makes a great report of God, conformable to the most perfect ideas we have of him or can frame of him. Wherefore, as we come to know what faithfulness and veracity and wisdom and other perfections are in God by some resemblances of them which we find in ourselves, |9| so, if we understand what goodness is in God, we must reflect on our own minds and consider how we are affected with it. Is it not a very natural way of deduction to infer: If there be so much love in a drop, in a beam, in a creature, then surely there is infinitely more in the ocean, in the sun, in God himself. And for my part, I must confess I should think myself guilty of the highest blasphemy, for I should reproach the most precious attribute of the deity, if I should make the love of God more narrow, limited and contracted than that of a finite, contracted creature. It is true, in a condescension to our weakness, God has represented himself under the notion of a father and husband and friend. But if we were able to 21 Es liegt eine offensichtliche Inkonzinnität vor, wenn Rust an dieser Stelle recht unvermit-

telt vom Konjunktiv in den Indikativ wechselt: Der „gute Mann“, an dessen Ethos er die Teilhabe der Seele an der Güte und Weisheit Gottes erläutert, ist kein tugendethisches Konstrukt, sondern, wie die wenige Momente zuvor zitierten biblischen exempla zeigen, eine geschichtliche Wirklichkeit, von der die Wahrheit der in der Predigt dargelegten praktischen Vernunft- und Offenbarungswahrheit verbürgt wird. 22 Mit großer Emphase bekennt sich Rust an dieser Stelle zu einem leidenden Gott, der seine Vollkommenheit gerade dadurch unter Beweis stellt, dass er noch um ein vielfaches mitfühlender ist als der mitfühlendste Mensch. Auch in der konsequenten Anwendung der via eminentiae auf die Gottesprädikate, von der er das Mitleid ausdrücklich nicht ausnimmt, folgt der Prediger Origenes, der erstmalig Ansätze zu einer Theologie der passio

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behrte. Und deshalb hielte er es für die beste Beschäftigung und die größte Glückseligkeit in der Welt, als Werkzeug gebraucht zu werden und den anderen Gutes zu tun, und es gäbe für ihn keinen größeren Triumph als den zu sehen, dass Gott ihn in seinen eben hierauf gerichteten Gebeten und Mühen erfolgreich sein und ihn die Wehen seiner Seele sehen ließe, so dass er sagen könnte: „Sieh, hier bin ich und die Kinder, die du mir gegeben hast“ (Jes. 8,18). Er hielte21 für den größten Teil seines Himmels und jubelt nicht nur über die Früchte seiner eigenen Arbeit, sondern empfindet ebensolche Freude, wenn er sieht, wie Gott andere benutzt, um seine eigene Güte und die Glückseligkeit seiner Geschöpfe zu vermehren. Sag mir nun, wer auch immer du bist, dessen Geist dieses Gefühl empfindet, ist nicht diese Stimmung des Geistes eine Teilhabe an Gott, ein Teil des göttlichen Bildes und Wesens und die höchste Vollkommenheit, zu der die Seele des Menschen imstande ist? Und wenn wir Gott die Ehre erweisen wollen und uns, soweit es unsere Vermögen und das uns vom Himmel eingegebene höchste Licht erlauben, über ihn äußern wollen, müssen wir dann nicht schließen, dass Gott in jeder Hinsicht, sowohl in der Absicht wie in der Ausführung, unendlich besser, liebender, zärtlicher, mitfühlender und teilnahmsvoller ist als die besten Menschensöhne?22 Die Vollkommenheiten Gottes sind nicht etwa willkürlich oder kontingent, sondern ewig und unveränderlich. Es gibt für uns keine anderen Wege zum Wissen um sie als diejenigen, die in unseren Geist eingeschrieben sind, und die Schrift selbst achten wir deswegen, weil sie einen großartigen Bericht über Gott gibt, der den vollkommensten Ideen entspricht, die wir von ihm haben bzw. die wir uns von ihm machen können.23 So wie wir also über die Ähnlichkeiten dazu, die wir in uns selbst vorfinden, erkennen, was Treue, Wahrhaftigkeit, Weisheit und andere Vollkommenheiten in Gott sind, so müssen wir, wenn wir begreifen wollen, was Güte in Gott ist, über unseren eigenen Geist nachdenken und betrachten, wie wir davon bewegt werden. Ist es nicht eine sehr natürliche Art der Herleitung, wenn wie wir folgt schließen: Wenn so viel Liebe in einem Tropfen, in einem Strahl, in einem Geschöpf ist, dann ist gewiss unendlich viel mehr im Meer, in der Sonne, in Gott selbst. Und ich für meinen Teil muss bekennen, dass ich meinte, der schlimmsten Blasphemie schuldig zu sein – immerhin nämlich täte ich dem ehrwürdigsten Attribut der Gottheit Gewalt an –, wenn ich die Liebe Gottes kleiner, geringer und beschränkter sein ließe als die eines begrenzten und beschränkten Geschöpfs. Zwar hat sich Gott unserer Schwäche angepasst und sich uns unter den Begriffen eines Vaters, Ehemanns und Freundes dargestellt. Dei entwickelt. Siehe ausführlich Theo Kobusch, Kann Gott leiden? Zu den philosophischen Grundlagen der Lehre von der Passibilität Gottes, in: VigChr 46 (1992) 328–333. 23 Die Verhältnisbestimmung von Vernunft und Schrift, wie sie der Prediger an dieser Stelle vornimmt, ist bemerkenswert: Prüfstein theologischer Wahrheit ist im Allgemeinen nicht etwa die Heilige Schrift, sondern das Gottes-a priori, an dem auch ihre Aussagen gemessen werden.

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judge aright, the single name of God speaks a thousand times more love than ten thousand times such appellations of endearments.

For, to come nearer to a demonstration of what we have hitherto discoursed on, God is nothing else but ens summe perfectum, and goodness is the flower and summity, nay more, the root and original of all perfection. Socrates, in Plato’s Symposium, says concerning love that it is πρεσβύτατος καὶ τιμιώτατος θεῶν, or simple goodness is the first hypostasis in the Platonic triad, and the apostle tells us that love is the fulfilling of the law, and all moral excellencies are contained in it by way of eminence and transcendence and, as he says, in the superessential causes. Goodness is the richest and most essential attribute of the divine nature, which if you take from God, you rob him of the deity. And all other perfections are only so far morally such as they partake of this and are serviceable thereunto. Justice that gives everyone his right and due is so far only commendable as it communicates with goodness, for summum ius summa iniuria and strict justice many times borders upon cruelty. At least, it is no perfection to exact it. Even this goodness it is that enstamps upon |10| all the notion of perfection. The partaking or not partaking of goodness makes all things undergo divers censures. Even wisdom and power, disjoined from goodness, what is it but subtle mischief and armed wickedness? And all perfections whatever are only so far good and desirable as they are found built on this foundation. Let there be a being of infinite subtlety and cunning that can contrive ways and carry on designs and let it have almighty power that can compass and bring to pass whatever it would and let it be, as to

24 Gott ist nach allgemeiner Schullehre das „in höchstem Maße vollkommene“ oder auch

„allervollkommenste Wesen“. Auch Descartes geht in seiner philosophischen Gotteslehre von dieser klassischen Definition aus, wenn er die Existenz eines guten Gottes aus der im Begriff enthaltenen höchsten Vollkommenheit herzuleiten versucht: Meditationes 5,7 (p. 118 f. Buchenau/Gäbe): „Zweifellos finde ich seine Vorstellung, d. h. die des höchst vollkommenen Wesens (entis summe perfecti), ebensogut bei mir vor wie die Vorstellung einer beliebigen Figur oder Zahl. Auch sehe ich genauso klar und deutlich ein, dass es zu seiner Natur gehört, immer zu existieren, wie ich einsehe, dass, was ich von irgendeiner Figur oder Zahl beweise, auch zu der Natur dieser Figur oder Zahl gehört.“ 25 „Der älteste und am meisten geehrte der Götter“, aus Platon, symp. 180 b 6 f.: „So behaupte ich denn, dass Eros unter den Göttern der älteste und geehrteste und dass er der wirksamste Führer der Menschen zu Tugend und Glück ist im Leben wie im Tode“; Übersetzung: III p. 13 Apelt. Im Dialog stammt der Satz allerdings nicht, wir Rust sagt, von Sokrates, sondern von Phaidros, dem ersten der Lobredner auf Eros.

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Wären wir allerdings zu einem rechten Urteil imstande, so sagte der Name ‚Gott‘ allein tausend Mal mehr Liebe aus als Zehntausende solche Kosenamen.

Der philosophische Beweis: Die Güte als erstes Prinzip der Eigenschaften Gottes Denn Gott ist, um einem Beweis für das, worüber wir bis zu diesem Punkt gesprochen haben, näherzukommen, nichts anderes als das ens summe perfectum,24 und Güte ist die Blüte und Krönung, nein, mehr noch die Wurzel und Quelle aller Vollkommenheit. In Platons Symposium sagt Sokrates über die Liebe, sie sei πρεσβύτατος καὶ τιμιώτατος θεῶν.25 Einfache Güte ist die erste Hypostase in der platonischen Trias, und der Apostel sagt uns, die Liebe sei „die Erfüllung des Gesetzes“ (Röm. 13,10). Alle moralischen Vollkommenheiten sind auf dem Wege der Eminenz und Transzendenz in ihm enthalten – und, wie er sagt, in den ­überseienden Ursachen. Die Güte ist die reichste und wesentlichste Eigenschaft der göttlichen Natur. Beraubt man Gott ihrer, so beraubt man ihn der Gottheit. Auch sind in moralischer Hinsicht alle anderen Vollkommenheiten nur insofern solche, als sie an ihr teilhaben und ihr dienen. Gerechtigkeit, die jedem Einzelnen gibt, was ihm gebührt und zusteht, verdient nur insofern Lob, als ihr Güte beiwohnt, denn summum ius summa iniuria,26 und strenge Gerechtigkeit grenzt vielfach an Grausamkeit.27 Zumindest stellt es keine Vollkommenheit dar, sie einzufordern. Es ist eben diese Güte, die allen anderen [sc. Vollkommenheiten] den Stempel der Vollkommenheit aufdrückt. Eine jede Sache wird unterschiedlich beurteilt, je nachdem, ob sie an der Güte teilhat oder nicht teilhat. Was sind sogar Weisheit und Macht, wenn man sie von der Güte trennt, anderes als verschlagene Ränke und bewaffnete Bosheit? Und alle Vollkommenheiten welcher Art auch immer sind nur insofern gut und wünschenswert, als sie ersichtlich auf diesem Fundament aufruhen. Nehmen wir einmal an, es gibt ein Wesen von unendlicher Klugheit und Verschlagenheit,28 das allerlei Kniffe ersinnen und Intrigen spin26 „Das höchste Recht ist das höchste Unrecht.“ 27 Die Darlegungen der Homilie sind für das Apokatastasis-Kapitel des Origenes-Briefes von

1661 grundlegend: Auch die strafende Gerechtigkeit Gottes hat kein anderes Ziel als seine liebende Güte, die Teilhabe des Geschöpfs an der Seinsfülle des Schöpfers. Entsprechend ist eine ewige Höllenstrafe sowohl mit der Güte wie auch mit der Gerechtigkeit Gottes gänzlich unvereinbar. Siehe dazu ausführlich den Beitrag von Christian Hengstermann in diesem Band oben S. 177–198. 28 Die Parallelen des theologischen Gedankenexperiments, zu dem Rust die Gemeinde hier auffordert, zum epistemologischen bei Descartes liegen auf der Hand. „So will ich denn annehmen“, beginnt die cartesische Darstellung, die an dieser Stelle offenbar Pate gestanden hat, „nicht der allgütige Gott, die Quelle der Wahrheit, sondern irgendein böser Geist,

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its subsistence, immutable and immense. Yet, if you add to its being principles of envy and malice, it will be so far from deserving the name of God that it will be a worse devil than hell itself can show. Were there a mighty potentate upon earth, to whom the whole world are slaves and vassals and to whom all should owe, as from whom they first received, their beings and all that they have and should this man delight to be instrumental to the torment and misery of his subjects, though we could not accuse him of injury (for he may do what he will with his own), yet we should be so far from deeming him worthy of love that we should hate and abhor him for his cruelty. Wherefore, as I said, goodness is the most high and essential perfection of the deity. God is no narrow, contracted, selfish being, carries on no designs and particular interests of his own. That is a piece of beggarly policy that becomes not an all-sufficient being. The cause which God alone manages in the world is the cause of goodness, righteousness, equity and justice and whatever has anything of beauty and comeliness in it. God is a being neither fond nor c­ ruel nor dotes upon any, but only intends this, that all things may be ordered and disposed according to the laws of eternal goodness, wisdom and rectitude. It is to make God like unto ourselves, a narrow, contracted, selfish being, to think that he minds himself as he is himself and not as he |11| is the first, universal and eternal good. For true love is to abstract from this and that, mine and thine and his and all such limiting and particular circumstances and is to be fixed upon the naked notion of good and lovely. God is not subject to our weakness and impotence, to our humours and passions and fondnesses and partialities and petty hatreds and childish indulgences and the low designs and particular interests of human nature. The glory which God aims at in his actions is not the applause of men and praise of his creatures, though this becomes us as our duty, for this is too low and mean a design to be intended by divine wisdom. Among us sorry and imperfect beings, acting according to the generous principle of right and good is the only worthy end a man can propound to himself, and it is lowness and poverty of spirit to hunt after popular applause. The true glory of God is the manifestation and propagation and diffusion of his life, his nature, his goodness, of his attributes and perfections, as the glory of the sun are those rays that flow from it. It is a principle der zugleich allmächtig und verschlagen ist, habe all seinen Fleiß daran gewandt mich zu täuschen“: Meditationes 1,12 (p. 38 f. Buchenau/Gäbe). Hier wie dort handelt es sich um einen allmächtigen genius malignus, der zu tun vermag, was ihm beliebt. Allerdings ist die Intention beim christlichen Prediger Rust eine andere als beim Mathematiker und Naturwissenschaftler Descartes, dem es um die Möglichkeit objektiver Welterkenntnis geht: Rust will zeigen, dass die calvinistische Vorstellung einer schrankenlosen Allmacht dem Gottesbegriff, dessen erstes Definiens die Güte ist, widerspricht. 29 Hier muss an Stelle des überlieferten „Good“, das sich als Druckfehler erklären lässt, „God“ gelesen werden: Es wäre eine Banalität zu behaupten, dass ein Wesen, zu dem die „Prinzipien von Bosheit und Missgunst“ gehören, nicht als das „Gute“ bezeichnet werden kann.

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nen kann; nehmen wir weiter an, es ist allmächtig, so dass es aushecken und tun kann, was immer es will, und nehmen wir schließlich an, es ist, was sein Dasein betrifft, unveränderlich und unermesslich. Fügt man seinem Sein noch die Prinzipien von Bosheit und Missgunst hinzu, so wird es gleichwohl nicht nur keineswegs den Namen Gottes29 verdienen, sondern sogar ein schlimmerer Teufel sein, als ihn die Hölle selbst zu bieten hat. Gäbe es auf Erden einen mächtigen Herrscher, dem die ganze Welt als Sklaven und Vasallen unterworfen wäre und dem alle als erstem Quell ihres Daseins und aller Dinge, die sie besitzen, eben dies verdankten, und hätte dieser Mann seine Freude daran, zum Leid und Elend seiner Untertanen beizutragen, so könnten wir ihn zwar dieses Unrechts nicht anklagen. Immerhin könnte er ja mit seinem Eigentum verfahren, wie er wollte. Allerdings erschiene er uns keineswegs als liebenswert, sondern könnten wir, im Gegenteil, gar nicht umhin, ihm für seine Grausamkeit Hass und Verachtung entgegenzubringen. Deshalb ist die Güte, wie gesagt, die höchste und wesentlichste Vollkommenheit der Gottheit. Gott ist weder ein beschränktes, in sich gekehrtes, egoistisches Wesen noch verfolgt er niedere Pläne und Eigeninteressen. Es ist dies ein armseliges Verhalten, das einem allgenügsamen Wesen nicht gut zu Gesicht stände. Die Sache, die Gott allein in der Welt betreibt, ist die Sache der Güte, Tugendhaftigkeit, Gleichheit und Gerechtigkeit und all der Dinge, die Schönheit und Anmut an sich haben. Gott ist ein Wesen, das weder jemanden bevorzugt noch grausam ist noch irgendetwas in schwärmerischer Weise liebt. Er will nur, dass alle Dinge gemäß den Gesetzen ewiger Güte, Weisheit und Gerechtigkeit geordnet und geregelt werden. Es hieße, Gott uns ähnlich und zu einem beschränkten, kleingeistigen, egoistischen Wesen zu machen, wenn wir annähmen, es gehe ihm um sich selbst, wie er selbst ist, und nicht um sich, insofern er das erste, universale und ewige Gute ist. Wahre Liebe nämlich heißt, von ‚diesem und jenem‘, von ‚mein, dein und sein‘ und von allen diesen Dingen, die partikular sind und einschränken, abzusehen und sich fest an die reine Vorstellung des Guten und Liebenswerten zu halten. Gott unterliegt nicht unserer Schwäche und Ohnmacht, unseren Launen und Leidenschaften, unseren Irrungen und Parteilichkeiten, unserem niederen Hass und unserer kindischen Nachlässigkeit, den beschränkten Plänen und Eigeninteressen der menschlichen Natur. Der Ruhm, den Gott in seinem Handeln sucht, ist weder der Beifall der Menschen noch das Lob seiner Geschöpfe, wenngleich uns dies als unsere Pflicht obliegt, denn dies ist ein Ziel, das der Absichten der göttlichen Weisheit nicht würdig wäre. Unter uns armseligen und unvollkommenen Wesen besteht das einzige würdige Ziel, das ein Mensch sich setzen kann, darin, im Sinne des freigebigen Prinzips des Rechten und Guten zu handeln. Die Jagd nach dem Beifall der vielen verrät einen niederen und verarmten Geist. Gottes wahre Herrlichkeit ist die Offenbarung, Verbreitung und Weitergabe seines Lebens, seines Wesens, seiner Güte sowie seiner Eigenschaften und Vollkommenheiten – so wie die Herrlichkeit der Sonne jene Strahlen sind,

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implanted in the lowest degrees of being to communicate itself and beget its likeness in other beings, so far as it has power and ability to do it. But this property must be most essential to God whose nature is goodness, and therefore nothing can be more agreeable to him than to propagate his wisdom and goodness and together with these that happiness and bliss wherein he eternally enjoys himself, so far as the subject is capable of it. Can a tender mother’s love be free and yet she expose the child of her womb to be devoured by wild beasts or suffer it to be torn asunder before her face? Were the sun a free agent, and yet could it choose not to shine? Or do you think in a sullen humour it would suck up its rays and leave the world in an eternal benumbed darkness and shut up the womb of the earth, our great mother, that it should never bring forth fruit more for |12| man or beast? Creatures are the offspring of an inexhausted goodness, out of whose pregnant womb they first sprung, and the same goodness has a more tender regard over them than the most affectionate mother can have of the child that hangs on her breast. God is infinite goodness, and it is the nature for goodness to communicate itself, and therefore it is more impossible for God not to be good and, consequently, not to do good than it is for the sun to turn into a cloud and to be no longer the treasure of light.

I do not like that a creature should pretend right in respect of God or implead his maker at the bar of justice. I would not have God and man placed on even ground or equal terms. If he should condemn me to eternal miseries, I would not challenge him of wrong or injury, for he is my God and sovereign and may dispose of me at his pleasure. The clay must not rise up against the potter and say: Why hast thou made me thus? But I have security beyond all legal bonds and obligations that God will not deal thus arbitrariously with me, and it is the goodness and benignity of his nature which assure me he will never hurt an innocent or penitent creature. And neither man nor angel, at the Day of Judgement, shall be able to charge their sin or misery upon any action of God’s purpose toward 30 Rust folgt hier wiederum Origenes, der die Erde ebenfalls als „unsere Mutter“ anspricht

und seine Gemeinde im Sinne seiner christologischen Weltseelenspekulation darüber belehrt, „dass diese wahrnehmbare Welt beseelt ist“: in Hiez. hom. 4,1 (GCS Orig. 8, 62. 58). Zur großen Tradition der „Theologie der Erde“, deren zentraler christlicher Repräsentant Origenes ist, siehe Daniel Anthony Dombrowski, Nature as Personal, in: PhTh 5 (1990) 81–96, zur Naturphilosophie des Origenes insgesamt Christian Hengstermann, Christ-

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die aus ihr hervorgehen. Sich selbst mitzuteilen und auch in anderen Wesen etwas Ähnliches zu zeugen, ist ein Prinzip, das, soweit es ihnen möglich ist und in ihrer Macht steht, auch den niedersten Seinsstufen eingegeben ist. Allerdings ist diese Eigenschaft für Gott, dessen Natur die Güte ist, am wesentlichsten, und deshalb gibt es nichts, das ihm mehr entspräche, als seine Weisheit und Güte und mithin das Glück und die Seligkeit, an der er sich ewig erfreut, so weit mitzuteilen, wie ein Untertan hierzu imstande ist. Kann die Liebe einer zärtlichen Mutter das Kind ihres Schoßes aussetzen, damit wilde Tiere es verschlingen, oder zulassen, dass es vor ihren Augen zerrissen wird? Wäre die Sonne eine frei handelnde Person, könnte sie dann wohl die Entscheidung treffen, nicht zu scheinen? Oder meint ihr, sie könnte in einer verdrießlichen Stimmung ihre Strahlen aufsaugen und die Welt in ewiger gähnender Finsternis lassen, den Schoß der Erde, unserer großen Mutter,30 verschließen, so dass sie niemals mehr Früchte für Mensch und Tier hervorbrächte? Alle Geschöpfe sind Kinder einer unerschöpflichen Güte, aus deren schwangerem Schoß sie zunächst entsprungen sind, und eben diese Güte wacht liebevoller über sie, als die liebevollste Mutter über das Kind, das an ihrer Brust hängt, zu wachen vermöchte. Gott ist unendliche Güte, und es ist das Wesen der Güte, sich selbst mitzuteilen. Eher kann sich die Sonne in eine Wolke verwandeln und aufhören, der Schatz des Lichtes zu sein, als es Gott möglich wäre, nicht gut zu sein und demgemäß nichts Gutes zu tun.

Der gute Gott und sein Geschöpf Es missfällt mir, wenn ein Geschöpf gegenüber Gott das Gesetz in Anspruch nimmt oder seinen Schöpfer vor den Richterstuhl zitiert. Ich möchte nicht, dass Gott und der Mensch auf eine Ebene gestellt oder auf Augenhöhe gesehen werden. Sollte er mich zu ewigen Qualen verurteilen, so würde ich ihn weder eines Fehlers noch eines Unrechts zeihen. Er ist ja mein Gott und Herrscher und darf mit mir verfahren, wie es ihm beliebt. Der Lehm darf sich nicht gegen den Töpfer erheben und sagen: „Warum hast du mich so gemacht?“ (Röm. 9,20). Allerdings habe ich eine alle gesetzlichen Bindungen und Verpflichtungen überbietende Gewähr dafür, dass Gott mit mir nicht so willkürlich verfahren wird, und dies ist die Güte und Milde seines Wesens. Diese lässt mich sicher sein, dass er niemals einem unschuldigen oder bußfertigen Geschöpf Schaden zufügen wird, und weder Mensch noch Engel können am Tag des Gerichts irgendeine Tat, die zu Gottes Plänen mit uns gehört, für ihre Sünde oder ihr Unglück verantwortlich machen. liche Natur- und Geschichtsphilosophie. Die Weltseele bei Origenes, in: Alfons Fürst (Hg.), Origenes und seine Bedeutung für die Theologie- und Geistesgeschichte Europas und des Vorderen Orients (Adamantiana 1), Münster 2011, 43–74.

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them. Goodness in God is not arbitrarious or contingent. I cannot forbear to say (and I care not, though all the world heard me, for I speak nothing but what is worthy of God and to the honour of my maker) I can with more ease think that light should spring out of the bottomless pit, that the sun should become the source of darkness, that ice should burn and fire freeze, that the elements should interchange their natures and contradictory terms be reconciled to one another than that God should take up a thought of making any of his creatures miserable without the consideration of their provocation and continuance |13| in it. And so fully has God by natural and revealed light instructed my mind in this truth that if an angel from heaven should preach any other doctrine, it were impossible I should believe him. Fond self-love computes the riches of grace from that respect it has to a man’s self, but wherever a true spirit of goodness and love does reside, it will account that most rich and free which is of the largest extent. It is no argument of rejoicing to a good man that he enjoys more than others do, for he would be better pleased if others were as happy as himself if he did not see or believe some wise end why it is not so. Were there a good prince on earth of absolute and irresistible power and by an impossible supposition unaccountable to God himself (or, at least, let us not consider him with that relation), can we possibly imagine this man should design the greatest part of his subjects, some to Phalaris’s bull, others to Nebuchadnezzar’s furnace, others to cauldrons of boiling lead, others to lie perpetually on the rack, everyone to the most exquisite torments that wit and malice could invent, and all this to get himself a name of power and greatness and to recite the honour of his absolute dominion and sovereignty? Shall we not rather judge it a matter of greater glory and more agreeable to his nature and ten thousand times more credible that he should lay out his power to make those that are under him as happy as they are capable of? It is true, fond man, when he has gotten power into his hand, he prides himself in acting arbitrariously, doing and undoing, raising and abasing, making happy and miserable, merely because he will do so and to show his absoluteness and independence. But we must remember that this man is

31 Eben dieses Kriterium rechter Theologie, an dem jede Einzellehre gemessen werden muss,

wiederholt Rust knapp drei Jahre später im programmatischen Vorwort seines Letter of Resolution (To the Reader o. S.): „Dabei bin ich zuversichtlich, dass Sie darin [sc. in diesem Werk] nichts Anstößiges finden werden, vorausgesetzt, Sie teilen meine Einstellung und halten keine Lehre für verächtlich, welche Gott Ehre macht und ihn so darstellt, dass er die Liebe der Menschen verdient und ihnen Grund von Glaube und Hoffnung ist, und welche die Wege seiner Vorsehung rechtfertigt und deren Übereinstimmung mit seinen höchsten Eigenschaften, seiner Gerechtigkeit und Güte, aufzeigt.“ 32 Dass Rust beides, die Erkenntnis durch die Vernunft und die durch die Offenbarung, in einem Atemzug nennt, ist ein eindrucksvolles Zeugnis der von ihm und den übrigen Cam-

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Die Güte ist in Gott weder willkürlich noch kontingent. Ich kann nicht umhin zu sagen – und es schert mich auch nicht, wenn alle Welt mich hört, denn alles, was ich sage, ist Gottes würdig und gereicht meinem Erschaffer zur Ehre31 –, dass ich mir weit eher vorzustellen vermöchte, dass Licht aus einem grundlosen Abgrund hervorgeht, die Sonne Quelle von Dunkelheit ist, das Eis Hitze und das Feuer Kälte erzeugt, die Elemente ihre Wesen austauschen und kontradiktorische Begriffe miteinander versöhnt werden, als dass Gott nur den Gedanken fasste, irgendeines seiner Geschöpfe, ohne dass er sich daran erinnert, wie sie ihn gereizt haben und noch immer reizen, unglücklich zu machen. Und so umfassend hat Gott meinen Geist vermittels des natürlichen und geoffenbarten Lichtes32 in dieser Wahrheit unterwiesen, dass es mir, selbst wenn ein Engel vom Himmel eine andere Lehre verkündete, unmöglich wäre, ihm zu glauben. Törichte Selbstliebe berechnet den Wert von Gnadendingen nach dem Bezug, in dem ein solches zum eigenen Selbst des Menschen steht. Wo aber ein wahrer Geist der Güte und Liebe weilt, wird dieser in dem, was am weitesten reicht, das Höchstmaß von Wert und Freiheit wähnen. Für einen guten Menschen ist es kein Grund zur Freude, dass er mehr Genuss empfindet als andere. Sofern er keinen vernünftigen Grund dagegen sieht oder annimmt, zöge er nämlich vor, wenn andere ebenso glücklich wären wie er selbst. Nehmen wir einmal an, es gäbe auf Erden einen guten Fürsten von absoluter und unwiderstehlicher Macht, der dazu noch – eigentlich eine unmögliche Annahme, doch wollen wir voraussetzen, dass er in einem solchen Verhältnis zu ihm steht – Gott gegenüber keinerlei Rechenschaft ablegen müsste. Können wir uns irgendwie vorstellen, dass dieser Mensch mit der Mehrheit seiner Untertanen so verfährt, dass er einige in den Stier des Phalaris, andere in den Ofen des Nebukadnezzar und wieder andere in Kessel mit brennendem Blei steckt und andere immerfort auf Folterbänke schnallt, also jeden Einzelnen mit den abgefeimtesten Methoden, die Witz und Bosheit zu ersinnen vermögen, foltert – und all das nur, um den Namen der Macht und Größe zu erlangen und die Ehre absoluter Hoheit und Herrschaft für sich zu reklamieren? Sollen wir es nicht für eine Sache von größerem Ruhm halten, die seinem Wesen dazu eher entspräche und zehntausend Mal glaubwürdiger wäre, dass er seine Macht dazu heranzöge, seinen Untertanen zu dem Höchstmaß von Glückseligkeit, zu dem sie imstande sind, zu verhelfen? Zwar ist der Mensch, wann immer er in eine Machtposition gelangt ist, töricht genug und bildet sich darauf etwas ein, wenn er sich von seiner Willkür leiten lässt und schafft und zerstört, erhebt und erniedrigt und manche glücklich und manche unglücklich macht, nur weil er es tun will und um seine Absolutheit und Unabhängigkeit zu demonstrieren. Wir bridger Platonikern angenommenen fundamentalen Harmonie zwischen dem a priori des Verstandes und dem a posteriori der Schrift: Es ist ein und dasselbe Licht, das in der Vernunft und in der Bibel erstrahlt.

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gotten up into a place that is too high for him and so he is become giddy and mad, drunk and intoxicate with pride and self. But to think that God has any such design upon the generations of mankind is as misbecoming and ridiculous |14| as if we should think to procure the name of mighty and potent by going up and down the world and in the bravery of our spirits triumphing over a company of worms under our feet. God is only glorified by those that love and adore him. And it being universally acknowledged by every creature that has any apprehensions of the love of God that his power is sovereign and independent, it must needs advance the glory of this attribute when he communicates himself in any ways of goodness. And here do these two attributes of God mutually commend one the other, for goodness is the more to be adored because independent, and independence is the more lovely because good. Thus have you some imperfect account of that grand and fundamental truth that God is love, and you see I have not been curious in ranking my arguments or methodizing my discourse nor did I think it needful. For I do not know that I have spoken anything which, as to me, is not as clear and evident as common notions and of whose truth I make no more doubt than I do of my own existence, which the so much admired Monsieur has made the first principle of his philosophy. But the sum of all that has been said may be comprised in these three words: God is love, which is witnessed to us by divine revelation, by creation and providence, by the inward sense and experience of every good man and by the nature of reasoning itself. I could now from this single principle of divine goodness that we have hitherto been speaking of, by mathematical and demonstrative evidence, deduce the noblest conclusions that the mind of man can entertain itself withal, but this is too large and specious a field, and I must draw my thoughts into a narrower compass.

33 Wohl nicht von ungefähr erinnert der Hinweis auf die fehlende methodische Strenge an

die fast leitmotivisch wiederholten diesbezüglichen Äußerungen im drei Jahre später erscheinenden Letter of Resolution. „Denn weder sind die Fundamente meiner Argumente tief genug gelegt oder hinreichend fest gefügt – schließlich sollte ich Origenes folgen und nicht nach eigenem Plan vorgehen –, noch ist die Anordnung meiner Ausführungen über irgendeine seiner Lehren so, wie sie eigentlich sein sollte“ (To the Reader o. S.).

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müssen uns allerdings vor Augen halten, dass ein solcher Mensch einen Platz erklommen hat, der für ihn zu hoch ist. Entsprechend leidet er unter Schwindel und verliert, trunken und berauscht vom Stolz und seinem Ego, den Verstand. Die Annahme allerdings, Gott könnte so etwas mit ganzen Generationen von Menschen vorhaben, ist so unangemessen und lächerlich, wie wenn wir dächten, wir könnten uns dadurch den Namen ‚Mächtiger‘ oder ‚Gewaltiger‘ verschaffen, dass wir durch alle Welt streifen und mit unerschrockenem Geist über eine Kompanie von Würmern triumphieren. Gott wird allein von denen verherrlicht, die ihn lieben und anbeten, und da es allgemein von jedem Geschöpf, das zumindest über ein gewisses Verständnis der Liebe Gottes verfügt, anerkannt wird, dass seine Macht souverän und unabhängig ist, so muss es die Herrlichkeit dieses Attributs befördern, wenn er sich in Pfaden der Güte, welche auch immer es sein mögen, selbst mitteilt. Und hier empfiehlt das eine dieser beiden Gottesattribute jeweils das andere. So wie nämlich die Güte kraft ihrer Unabhängigkeit umso größere Verehrung verdient, so verdient die Unabhängigkeit aufgrund ihrer Güte umso größere Liebe. So verfügt ihr nun über eine erste unvollkommene Darstellung der erhabenen Grundwahrheit, dass „Gott Liebe ist“, und ihr seht, dass ich mich nicht darum bemüht habe, meine Argumente zu gewichten oder meine Abhandlung in eine methodische Ordnung zu bringen.33 Mir schien dies aber auch gar nicht notwendig. Ich wüsste nämlich nicht, dass ich irgendetwas gesagt hätte, das, was mich selbst anbelangt, nicht so klar und evident wäre wie allgemeine Begriffe und dessen Wahrheit nicht so unbezweifelbar wäre wie die meiner eigenen Existenz, die der so überaus bewunderte Monsieur zum ersten Prinzip seiner Philosophie erhoben hat.34 Allerdings lässt sich all das, was wir gesagt haben, in den drei Worten: „Gott ist Liebe“ (1 Joh. 4,16), wie sie uns die göttliche Offenbarung, die Schöpfung und die Vorsehung, der innere Sinn und die Erfahrung eines jeden guten Menschen und die Natur der Vernunft selbst bezeugen, wie in einer Summe zusammenfassen. Ich könnte nun aus diesem einzigen Prinzip göttlicher Güte, über die wir bisher gesprochen haben, mit mathematischer Evidenz und Beweiskraft die edelsten Schlüsse, zu denen der menschliche Geist überhaupt fähig ist, herleiten.35 Allerdings wäre dies ein zu großes und weites Feld, und ich muss meine Überlegungen auf einen engeren Bereich beschränken. 34 In seiner gelehrten Descartes-Anspielung beansprucht Rust für das neuplatonische a prio-

ri der göttlichen Güte, das er in der Predigt breit entfaltet, dieselbe Gewissheit wie für das cartesische ego sum, ego existo: Meditationes 2,3 (p. 44 Buchenau/Gäbe). 35 Genau dies leistet Rust drei Jahre später im Letter of Resolution, in dem er, gestützt auf die dort referierten „Hauptlehren“ des Origenes, sein in der Predigt lediglich skizziertes Projekt eines christlichen Rationalismus vollendet. Siehe dazu ausführlich oben S. 28–33 in der Einleitung von Christian Hengstermann.

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I shall rather take notice of a troop of objections that I perceive rushing in upon me that threaten to beat down all before them and at the first onset to batter down all those forces which, while no enemy appeared, seemed |15| triumphant, and they thus assault me: If that God be simple goodness and the property of goodness is to communicate itself and this be no arbitrarious principle, but the most natural and essential attribute of the deity, from such premises as these it will follow that this infinite goodness must infinitely communicate itself unto all degrees of being in all the possible differences of place or duration or else he must contradict his own nature and cease to be what he is. Tell me then, what means the date of this present world? How came it to pass that the womb of divine goodness was barren and unfruitful for infinite ages? And what is it that has set bounds and limits to this created world, walled it with a crystalline or empyrean heaven? Was here only a capacity of receiving matter or is not every parcel of infinite space equally capable of the emanations of divine goodness? Why is it, then, that its productions reach not to the utmost limits of an infinite extension? Whence is it that this diffusive and impartial love confines its care to this spot of earth, which, compared with its immensity, vanishes into nothing? To me it is strange, seeing every star is of the same nature as the sun, that they also have not planets wheeling about them and all these replenished as our earth with principles of life that may in their several measures enjoy that happiness that belongs unto them. Why do the souls of brutes only taste the pleasures of this life and are presently remanded back into their first nothing? And why do they not rather fly from bush to bush and enter into bodies again and reiterate their happiness in a never-ending succession? And seeing the souls of men have so quick a sense of pleasure and happiness, why did they not receive their being in the first moment of eternity? Or why are they in the instant of their creations deprived of original righteousness and imprisoned in these bodies and not rather left to themselves by certain steps 36 Die „Armee von Einwänden“, die er im Folgenden lediglich „mustern“ will, setzt sich aus

möglichen Problemen zusammen, die Rust in der origeneischen Heilsmetaphysik des Letter of Resolution auflösen wird. Rust erweist sich so als Problemdenker in der Tradition des Origenes: Er benennt zentrale theologische Fragen, zu denen er in der späteren Schrift, gestützt auf einige wenige axiomatische Grundwahrheiten, Lösungsansätze vorschlägt. 37 Auch hier erweist sich Rust als Verfechter von Mores Theologie des unendlichen Raumes, nach der Gottes schöpferischer Geist die gesamte Wirklichkeit durchdringt: siehe dazu oben Anm. 16. Auf die Notwendigkeit einer Schöpfung aller logisch möglichen Wesen, denen ein gütiger Gott unmöglich die Existenz vorenthalten kann, kommt [Rust], Letter of Resolution 46 f., abermals zu sprechen. 38 Nicht von ungefähr wird [Rust], ebd. 4, Origenes knapp drei Jahre später auch als hervorragenden Kenner der Fauna preisen. Der alexandrinische Kirchenvater ist es, der ihm eine Lösung der skizzierten Aporie ermöglicht und darlegt, auf welche Weise auch die Tiere

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Ein Heer möglicher Einwände Stattdessen möchte ich lieber die Armee von Einwänden36 mustern, die ich auf mich zumarschieren sehe. Sie drohen alles, was ihnen im Wege steht, niederzuschlagen und all die Kräfte, die, solange noch kein Feind in Sicht war, so siegesgewiss schienen, gleich bei ihrem ersten Angriff niederzuwerfen. Und auf folgende Weise greifen sie mich an: Wenn Gott einfache Güte ist und es Eigenschaft der Güte ist, sich selbst mitzuteilen, und dies kein willkürliches Prinzip, sondern das natürlichste und wesenhafteste Attribut der Gottheit ist, so wird aus Prämissen wie den genannten folgen, dass sich diese unendliche Güte allen Stufen des Seins in sämtlichen ihrer möglichen Unterschiede in Raum und Dauer unbedingt mitteilt oder andernfalls seiner eigenen Natur widerspricht und nicht mehr ist, was er ist. Sag mir dann, was es mit dem Alter dieser gegenwärtigen Welt auf sich hat! Wie kam es dazu, dass der Schoß der göttlichen Güte unendliche Zeitalter lang steril und unfruchtbar gewesen ist? Und was ist es, dass dieser geschaffenen Welt Schranken und Grenzen gesetzt und sie mit der Mauer eines hellstrahlend kristallenen Himmels umgeben hat? Gab es hier etwa nur eine begrenzte Menge empfangender Materie, oder ist nicht jeder Teil des unendlichen Raumes in gleichem Maße dazu imstande, die Emanationen der göttlichen Güte in sich aufzunehmen? Was ist also der Grund dafür, dass deren Emanationen nicht bis zu den äußersten Grenzen einer unendlichen Ausdehnung reichen?37 Wie kommt es, dass sich diese Liebe in ihrer unparteiischen Ausdehnung auf diesen Fleck der Erde beschränkt, der nichts ist im Vergleich zu ihrer Unermesslichkeit? Mir schiene es merkwürdig, wenn zwar jeder Stern von derselben Beschaffenheit wäre wie die Sonne, sie jedoch über keine Planeten verfügten, die sie umkreisen und die wie unsere Erde allesamt von den Prinzipien des Lebens durchdrungen sind, die jedes nach seiner Art die ihnen gebührende Glückseligkeit genießen können. Warum genießen die Seelen der Tiere lediglich die Freude dieses Lebens, ehe sie sogleich wieder in ihr ursprüngliches Nichts zurückverwiesen werden? Und w ­ arum fliegen sie nicht vielmehr von Busch zu Busch und gehen abermals in Körper ein und suchen in einer niemals endenden Abfolge erneut ihre Glückseligkeit?38 Und da die menschlichen Seelen ein so lebendiges Empfinden von Wohlsein und Glück haben, warum erhielten sie ihr Dasein nicht vom ersten Augenblick der Ewigkeit an? Oder warum werden sie gleich bei ihrer Schöpfung ihrer ursprünglichen Rechtschaffenheit beraubt und in das Gefängnis dieser Körper geworfen? Warum blieb es ihnen nicht überlassen, stattdessen schrittweise nach und nach in dies nach der von Gott entfesselten Ekpyrosis abermals „von Busch zu Busch fliegen“: Sobald sich die Erde, so die Spekulationen zum eschatologischen Geschick der Tiere ebd. 84–86, vom göttlichen Feuergericht erholt hat, bewohnen auch die unsterblichen Tierseelen, vom Naturgeist dazu angetrieben, abermals neue Körper.

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and declensions to |16| slide into those disadvantageous conditions according to those secret and hidden chains of attraction which, we may imagine, divine wisdom might have placed in the nature of things? And seeing God did decree or at least foresee the fall of Adam, why would he make him a common person for all mankind, which they never consented to, and involve his posterity in all that sin and misery which they never were in a capacity of preventing? Why is the soul of man so hardly dealt withal as to be condemned to such an estate where it must live the life of a plant or a beast or both before it come to the use of reason, whereby it sinks into the animal and sensual life beyond all hopes of prevention without a kind of miracle? How did sin and misery enter into the world and why are the generations of men in such a forlorn and desperate condition? How comes it to pass that this infinite and tender goodness should deliver the greatest part of mankind into eternal torments to advance its sovereignty and dominion? Or why does it decree an inevitable necessity of sin and by a physical influx determine the will of his creatures to execute what he has decreed and punish and damn it for that which was never in its power to help? Why does not God put forth his omnipotent power and redeem his creation out of the jaws of death and misery? How is it consistent with infinite goodness that the pains of the damned should be so eternal? And seeing nothing is contrary to God but sin, why does he not make an utter destruction of it and save his creatures? This is the main body and other reasonings there are that are ready to come up to a new assistance, but I am not frighted with this mighty host. For as for some opinions that have mustered up themselves against me, I shall not undertake to answer them and for the rest, if I had nothing to say, I would hold to the conclusion. But I confess I understand them so that they administer no such scruples to |17| my mind which I cannot pretty easily answer. And there is an acute author well-known among us who, as I may say without flattery (for he is above it), so

39 Die Aporie des vollkommenen Vorherwissens, das Gott eigentlich dazu bewegen müsste,

den späterhin von ihm zu ewigen Höllenqualen verdammten Sünder gar nicht erst zu erschaffen, findet bei [Rust], ebd. 76, eine Erörterung. 40 Im Letter of Resolution legt Rust dieses Dilemma ausführlich dar: Infolge seiner Affektnatur, die ihn zu allerlei Abirrungen treibt, kann der Mensch kaum umhin, zum verdammenswerten Sünder zu degenerieren. Den Nachweis, dass nur der origeneische Präexistentianismus die missliche conditio humana mit der Güte und Gerechtigkeit Gottes in Einklang bringen kann, erbringt er im Zuge seines zweiteiligen Referats zu dieser origenischen Hauptlehre: ebd. 21–55. Siehe dazu ausführlich den Beitrag von Alfons Fürst in diesem Band, oben S. 133–164. 41 Es handelt sich um ein Versehen des Predigers, der sich mit dem Possessivpronomen „his“ auf Gott, die unendliche Güte in Person, bezieht. 42 Die Aporie einer klassischen Erbsündenlehre legt Rust in Termini eines eigenen Determinismus der Sünde dar, den er, ein aufschlussreiches Indiz für die Debatten um die an-

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widrige Dasein zu gleiten, so wie es den geheimen und verborgenen Ketten der Anziehung entspricht, wie sie die göttliche Weisheit, wie wir annehmen können, in die Natur der Dinge hineingelegt hat? Und warum sollte Gott denn Adam, wo er doch dessen Fall selbst beschlossen oder mindestens vorhergesehen hatte,39 zu einer Person, die allgemein für alle Menschen stand, machen, ohne dass diese dazu ihre Zustimmung hätten geben können, und so seine Nachkommenschaft in all die Sünde und Kümmernis, die zu vermeiden sie niemals die Möglichkeit hatten, verwickeln? Warum wird der Seele des Menschen das allzu harte Los zuteil, zu einem Zustand verdammt zu sein, in dem sie, ehe sie sich ihres Verstandes zu bedienen beginnt, das Leben einer Pflanze oder eines Tieres (oder beider) zu führen gezwungen ist, und hierdurch, wenn denn kein Wunder geschieht, ohne jede Hoffnung, dem irgendwie entgehen zu können, in ein Leben tierischer Lüste absinkt?40 Wie kamen Sünde und Kümmernis in die Welt, und warum sind die Menschen Generation für Generation in solch einem verlorenen und verzweifelten Zustand? Wie kommt es dazu, dass diese unendliche und liebende Güte, um ihre Herrschaft und Regierung zu erweitern, den größten Teil der Menschheit ewigen Qualen anheimgibt? Warum sollte sie nämlich sonst eine unausweichliche Notwendigkeit zur Sünde beschließen und den Willen seiner41 Geschöpfe durch physische Einflüsse dazu bestimmen auszuführen, was er beschlossen hat, und es für das, was zu tun es niemals umhin konnte, zu bestrafen und zu verdammen?42 Warum bedient sich Gott nicht seiner Allmacht und entreißt seine Schöpfung dem Rachen von Tod und Kümmernis? Wie lässt es sich mit der unendlichen Güte vereinbaren, dass die Schmerzen der Verdammten ewig währen? Und warum vernichtet Gott die Sünde nicht einfach ganz, wo sie doch das Einzige ist, das ihm entgegengesetzt ist, und rettet so seine Geschöpfe? Soweit die Hauptargumente. Hinzu kommen noch andere, die bereits ihre Stellung bezogen haben, um diesen noch zusätzlich zu Hilfe zu eilen. Angst macht mir diese machtvolle Heerschar freilich nicht. Was nämlich einige der Ansichten anbetrifft, die mir gegenüberstehen, so will ich es gar nicht auf mich nehmen, sie zu widerlegen, und was die übrigen betrifft, so hielte ich auch dann an der Schlussfolgerung fest, wenn ich darauf gar nichts zu erwidern vermöchte. Allerdings muss ich sagen, dass sie meinen Geist, so wie ich sie verstehe, keinesfalls mit irgendwelchen Bedenken erfüllen, die ich nicht ziemlich leicht zu zerstreuen imstande wäre. Außerdem gibt es einen bei uns wohlbekannten scharfsinnigen Autor,43 dem – so sage ich ohne jede Schmeichelei (über derlei ist er nämlich erhathropologischen Konsequenzen des im Entstehen begriffenen naturwissenschaftlichen Paradigmas, mit einem „physischen Einfluss“, d. h. mit der Determinierung sämtlicher Handlungen eines Menschen durch seine Physis erklärt. 43 Gemeint ist Henry More, dem Rust auch im Letter of Resolution 22 in ähnlicher Diktion und mit ähnlichem Überschwang die Ehre gibt.

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ages to come will approve my testimony, has very highly obliged the Christian world, and he, in some pieces already extant and others which, we hope, may afterwards see the light, has laid down such hypotheses and principles, so agreeable to scripture and conformable to our faculties as to an ingenuous and considerative mind will give a facile account of all these difficulties. And thither at present I must refer you, for your patience will not give me leave to enter into a larger discourse of this subject. Only to that question how sin came into the world a word or two.

And we are first chiefly to consider that such is the infinite goodness and infinite wisdom of God as he knows how to bring good out of evil and is acquainted with all the circumstances of beings and clearly sees how to bestow his goodness with the greatest advantages. But it is very hard and too presumptuous to determine that this or that particular line of divine providence is not agreeable to infinite goodness. But if this look too like an evasion, I farther add that there are infinite degrees of beings within the sphere of omnipotence, and it is suitable to divine goodness in its productions to reach the utmost limits of possibility. Now among other possible ideas we find one of a being as to its inward essence spiritual and immaterial, yet having so near and vital union with matter that it shall be in a kind of indifference to the divine and animal life, and this we call man. Nor must we require that he should be created in a state of impeccability, for then he had not been what he is, but some other higher order of being, which, according to the former principles, is to be supposed already produced. But this being once made, it is agreeable to the wisdom of God to suffer it to act according to those faculties and powers he has endued it with and, |18| consequently, by its free choice and election to bring sin into the world. Nor must we easily expect God should be at

44 Die negative Bewertung der menschlichen Wahlfreiheit, über die der Mensch verfügt, teilt

Rust mit Origenes, dem diese, wie er im Letter of Resolution zutreffend referiert, ebenfalls zunächst vor allem Ursprung einer allenthalben von Ungleichheit und Ungerechtigkeit gezeichneten Welt ist: „Aus dieser Unvollkommenheit ihrer Natur“, so zeichnet [Rust], Letter of Resolution 49, die Genese der Sünde aus dem lediglich akzidentellen Tugendbesitz der leibseelischen Geistwesen nach, „entsteht das αὐτεξούσιον  – in Wirklichkeit ist dies nämlich gar keine Vollkommenheit –, und infolge der allzu großen Freiheit dieses

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ben), und mein Zeugnis werden künftige Generationen bekräftigen – die christliche Welt zu größter Dankbarkeit verpflichtet ist. Und dieser Autor hat in einigen bereits vorliegenden Werken und in anderen, die, so hoffen wir, bald veröffentlicht werden, Hypothesen und Prinzipien dargelegt, die so sehr der Schrift entsprechen und die sich so gut zu unseren Vermögen fügen, dass sie einem Geist, der über sie unvoreingenommen nachdenkt, sämtliche der genannten Schwierigkeiten in leicht fasslicher Form erklären werden. Hierauf muss ich euch einstweilen verweisen, da ihr wohl nicht so viel Geduld aufbringen werdet, um mich über dieses Thema ausführlicher vortragen zu lassen. Gestattet es mir nur, ein oder zwei Worte zur Frage, wie die Sünde in die Welt kam, zu sagen.

Entwurf einer Theodizee: Der Ursprung der Sünde Und so müssen wir als erstes bedenken, dass Gottes unendliche Güte und unendliche Weisheit von solcher Art ist, dass er um die Mittel und Wege, aus Bösem Gutes zu wirken, weiß und dass er auch mit allen Umständen, in denen sich die Geschöpfe befinden, vertraut ist und klar sieht, auf welche Weise er ihnen seine Güte mit dem größtmöglichen Nutzen mitzuteilen vermag. Allerdings ist es beim Wirken der göttlichen Vorsehung ausgesprochen schwierig und allzu anmaßend zu sagen, dieses oder jenes sei mit der unendlichen Güte unvereinbar. Sollte dies jedoch allzu sehr wie eine Ausflucht anmuten, so füge ich weiter hinzu, dass es innerhalb der Sphäre der Allmacht unendlich viele Stufen des Seins gibt und dass es der göttlichen Güte entspricht, in ihren Hervorgängen bis zu den äußersten Grenzen des Möglichen zu reichen. Nun finden wir unter unseren möglichen Ideen auch diejenige eines Wesens vor, dessen inneres Wesens geistig und immateriell ist, dessen Leben selbst jedoch eine so enge Verbindung mit der Materie hat, dass es in einer Art von Unentschiedenheit gegenüber dem göttlichen und tierischen Leben begriffen ist, und dieses nennen wir ‚Mensch‘. Wir dürfen auch nicht fordern, dass dieser in einem Zustand der Unfähigkeit zur Sünde hätte erschaffen werden sollen, denn dann wäre er gar nicht das, was er ist, sondern eine andere, höhere Art von Wesen, das entsprechend den oben dargelegten Prinzipien als bereits geschaffen gelten muss. Sobald dieses Wesen aber geschaffen worden ist, steht es im Einklang mit der Weisheit Gottes, dass es entsprechend den Vermögen und Kräften, mit denen es von Gott versehen worden ist, wirkt und demgemäß kraft seiner freien Wahl und Entscheidung die Sünde in die Welt bringt.44 Wir dürfen auch nicht ohne weiteres annehmen, dass sich Gott im UmVermögens kann es leicht geschehen, dass sie jene Voraussetzungen und Bedingungen vernachlässigen: Statt peinlich genau auf sie acht zu geben, wenden sie sich den lustvollen Bewegungen ihres Körpers, mit dem sie geboren werden, zu.“

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the expense of a miracle in treating with his creatures but that he should deal with them in a way suitable to their natures. Wherefore the objection can only be made against the production of such a lapsible being as this is, and for that, besides what has been said already, I have farther to add several considerations. First, it is very suitable to the wisdom of the Creator that seeing he made such a visible world as this is wherein we live and furnished it with a variety of creatures which are suited to various functions that he should make such a creature as man is to be governor and master over them and, consequently, that he should be thus vitally united to a terrestrial body, which ipso facto puts him into a state of peccability. I might say farther that hereby was place given us to demonstrate the reality and sincerity of our affections to the divine life, which God would the rather have accepted because of our being so addicted another way. And had we stuck close to the dictates of the divine life, notwithstanding all suggestions to the contrary, it would have been a matter of very great triumph and the avoiding of so hazardous a temptation. And it is not to be doubted but that there were far beyond the number of those that fell many myriads of rational beings, our kindred and allies, that maintained their innocence and are engrafted into the will of God beyond all possibility of apostasy. Besides, God has the greater advantage to magnify his love in our recovery, and man will have the transcendent pleasure to have escaped out of so great dangers and miseries. And lastly, hereby is an occasion given us of exercising those perfections which otherwise there could not have been opportunity for, as patience, self-denial as to the most delightful pleasures, pity, compassion, fortitude and magnanimity of spirit, dependence upon God and faith in him. Therefore ought it not to be |19| expected that the wisdom of God should step beside the course of nature to prevent these objects and occasions which these divine excellencies are to be conversant about. These things I have briefly touched on. More might be said if I believed it requisite and suitable. I now hasten to a conclusion and have but two words to detain you with.

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gang mit seinen Geschöpfen eines Wunders bedienen müsste, sondern dass er so an ihnen handelt, wie es ihrem jeweiligen Wesen entspricht. Deshalb kann sich ein Einwand lediglich auf die Erschaffung eines solchen Wesens, das so fehlbar wie dieses ist, richten. Hierüber möchte ich nun zusätzlich zu den bisherigen Ausführungen noch einige weitere Überlegungen anstellen. Erstens passt es sehr gut zur Weisheit des Schöpfers, dass er, nachdem er eine sichtbare Welt wie diejenige, in der wir leben, geschaffen und diese mit allerlei Geschöpfen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und dazugehörigen Funktionen versehen hatte, als deren Regent und Herrscher ein Wesen wie den Menschen geschaffen und ihn, was ihn eo ipso zu einem Wesen mit der Fähigkeit zur Sünde gemacht hat, mit einem irdischen Körper zu einer lebendigen Einheit zusammengefügt hat. Weiter könnte ich sagen, dass uns hierdurch die Möglichkeit gegeben worden ist, die Wirklichkeit und Aufrichtigkeit unserer Hinneigung zum göttlichen Leben unter Beweis zu stellen, und dass Gott dies umso lieber gesehen hätte, als es uns so stark in eine andere Richtung zog. Und hätten wir uns ungeachtet aller Eingebungen, die uns zum Gegenteil verleiten, an die Imperative des göttlichen Lebens gehalten, so wäre dies Anlass zu einem großen Triumph und die Überwindung einer überaus gefährlichen Versuchung gewesen. Auch unterliegt es keinem Zweifel, dass die unermessliche Schar derjenigen Vernunftwesen, unserer Verwandten und Freunde, die ohne Schuld geblieben sind und jenseits aller Möglichkeit des Abfalls dem Willen Gottes anhangen, die Zahl derer, die gefallen sind, bei weitem übersteigt. Außerdem bietet sich Gott die überaus nützliche Gelegenheit, seine Liebe in unserer Wiederherstellung noch zu vergrößern, und wird der Mensch die alles übersteigende Freude erlangen, solch großen Gefahren und Kümmernissen entronnen zu sein. Schließlich ist uns hierdurch die Möglichkeit gegeben, auch diejenigen Vollkommenheiten zu üben, zu denen wir andernfalls keinerlei Gelegenheit gehabt hätten, darunter Geduld, die Selbstverleugnung in Bezug auf die ersprießlichsten Freuden, Mitleid, Anteilnahme, Tapferkeit und Geistesgröße sowie die Abhängigkeit von Gott und den Glauben an ihn. Deshalb sollte man von der Weisheit Gottes auch nicht erwarten, dass sie den natürlichen Lauf der Dinge verlässt und diese Gegenstände und Anlässe zu den genannten göttlichen Vollkommenheiten verhindert. Diese Dinge habe ich nur kurz gestreift. Es ließe sich, wenn ich dies für erforderlich und angemessen hielte, mehr sagen. Ich möchte nun rasch eine Schlussfolgerung ziehen und euch nur noch mit zwei Bemerkungen aufhalten.

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First, this then is an encouragement to faith and confidence in him. We should not frame to ourselves such a notion of God as to make him the object of servile and slavish fears unless it be to such as go on unrepenting in their sins. These are passions that are to be conversant about a lion-tiger-like, malignant, devilish nature. We should understand and apprehend God as one that challenges the noblest of our passions, which is love and whatever flows from thence. Power devoid of goodness is that which we are afraid of and hide ourselves from as from ravenous beasts that are ready to devour us. But power accompanied with goodness is a more lovely and amiable thing, under whose shadow we may sit down in peace and rest. One word more and I have done. If this be a true testimony concerning God, then, secondly, how infinitely does he deserve to be loved by us! God is love, and he that dwelleth in love, dwelleth in God and God in him. Amor est vinculum caeli et terrae and the highest union of the soul with God. This sweet and gentle fire melts and dissolves the soul into the close embraces of the deity, where it loses itself like a beam in the sun or a drop in the ocean. Love, it is the flower and complement of the beatifical vision, and the blessed seraphims are nothing else but flames of love. This is that which makes us join centre with God to touch and feel him and become, as it were, one with him. All creatures owe their being to love, and love brings them back again from whence they sprang, as the thankful rivers pay what they borrowed of the sea. Infinite goodness |20| and loveliness might challenge our affections, though we received nothing from it. But now our love completes that circle and is the regress and return of the soul into the bottom of that goodness out of which it first came. Kindle in our hearts, o Lord, the flame of divine love! Melt and dissolve our icy and frozen spirits! Fire us with a coal from thine altar that all the substance of our souls may ascend up unto thee in clouds of incense that we may love and lose ourselves in the embraces of thee, who art loveliness and love itself, and may repose ourselves in the bosom of infinite sweetness and tenderness and suck the full breasts of everlasting goodness and with Abraham, Isaac and Jacob, Moses, David and Samuel, all the prophets, all the apostles and spirits of bliss and glory, sing a song of eternal love unto the God of love: Blessing, honour, glory, power, thanksgiving, adoration, hallelujah be unto him that sits on the throne and unto the lamb for ever and ever! Amen and amen.

45 „Liebe ist das Band zwischen Himmel und Erde.“

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Zwei Schlussfolgerungen zum rechten Gottesbegriff Erstens ist dies Anreiz dazu, an ihn zu glauben und auf ihn sein Vertrauen zu setzen. Wir sollten uns keine Vorstellung von Gott machen, nach der er Gegenstand niederer sklavischer Angst wäre, es sei denn denen gegenüber, die ohne Reue in ihrer Sündhaftigkeit verharren. Es sind dies Leidenschaften, wie sie eine löwenoder tigerhafte böse Teufelsnatur hervorruft. Gott sollten wir so begreifen und verstehen, dass er auf die edelsten unserer Leidenschaften, das heißt die Liebe und alle diejenigen Dinge, die aus ihr hervorgehen, Anspruch hat. Macht, der es an Güte gebricht, ist etwas, vor dem wir uns fürchten und vor dem wir uns wie vor gefräßigen Raubtieren verstecken. Macht dagegen, die Güte bei sich hat, ist etwas zutiefst Anmutiges und Liebenswertes, in dessen Schatten wir in friedvoller Ruhe dasitzen können. Nur noch ein Wort und ich bin fertig: Wenn dies ein zutreffendes Zeugnis über Gott ist, wie unendlich verdient er zweitens dann, von uns geliebt zu werden! „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott in ihm“ (1 Joh. 4,16). Amor est vinculum caeli et terrae45 und die höchste Einheit der Seele mit Gott. Dieses liebevoll zärtliche Feuer lässt die Seele in die innigen Umarmungen der Gottheit hinein, in der sie sich wie ein Strahl in der Sonne oder ein Tropfen im Meer verliert, schmelzen und zergehen. Die Liebe ist die Zier und Blume der beseligenden Schau, und die gesegneten Seraphim sind nichts anderes als Flammen der Liebe. Sie ist es, die uns im Innersten mit Gott verbindet, auf dass wir ihn berühren und spüren und gewissermaßen eins mit ihm werden. Alle Geschöpfe verdanken ihr Sein der Liebe. Sie ist es, die sie gleich Flüssen, die dem Meer zurückzahlen, was sie sich von ihm geliehen haben, zu ihrem Ursprung zurückführt. Unendliche Güte und Anmut könnten unsere Liebe selbst dann beanspruchen, wenn wir nichts von ihr erhalten hätten. Nun aber schließt unsere Liebe den Kreis: Sie ist der Seele Rückwendung und Rückkehr in eben den Grund der Güte, aus der sie im Anfang hervorging. Entzünde in unseren Herzen, o Herr, diese Flamme der göttlichen Liebe! Lass unseren zu Eis gefrorenen Geist schmelzen und zergehen! Verbrenne uns mit der Kohle von deinem Altar, auf dass die ganze Substanz unserer Seelen in einer Wolke aus Weihrauch zu dir emporsteigen möge, auf dass wir uns selbst in den Umarmungen durch dich, der du die Liebenswürdigkeit und Liebe selbst bist, lieben und verlieren und im Busen unendlicher Zärtlichkeit und Zuneigung ruhen und uns an der vollen Brust ewigwährender Güte laben und mit Abraham, Isaak und Jakob, mit Mose, David und Samuel, mit allen Propheten, allen Aposteln und den Geistern von Segen und Herrlichkeit für den Gott der Liebe ein Lied der Liebe singen: Segen, Ehre, Herrlichkeit, Macht, Dankbarkeit, Anbetung, Halleluja sei immerfort und immerfort dem, der auf dem Throne sitzt, und dem Lamm! Amen und Amen.

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Henry More (1662) A Collection of Several Philosophical Writings The Preface General (Excerpt) Besides, I must ingenuously confess I know nothing more nor better to be alleged for the motion of the Earth and other principal points of Cartesianism than what I have comprised in my Letter to V. C. nor anything more conclusive of the preexistence of the soul than what I have produced in my Treatise of her Immortality.



Henricus Morus (1679) Opera Omnia Praefatio Generalis (excerptum) XVI. Testimonia diversorum sanctorum virorum, qui animae prae-existentiam aut aperte asseruerunt aut saltem eandem non improbarunt Praeterea libere profitendum est me nec plura scire nec meliora, quae pro motu telluris aliisque principalibus Cartesianismi theorematis afferri possint, quam quae in Epistola mea ad V. C. comprehenduntur nec quicquam, quod animae prae-existentiam firmius concludat, quam quod in Tractatu de illius Immortalite produxi. Quae quidem in medium protuli

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Henry More, A Collection of Several Philosophical Writings, London 1662 (Nachdruck New York/London 1978), vol. I, The Preface General xx–xxiii. Textgrundlage der vorliegenden deutschen Übersetzung ist die Ausgabe von 1712. Der Titel des Kapitels (im englischen Original ist es das 18., in der lateinischen Fassung das 16.) entstammt ebenso wie die Zwischenüberschriften der vom Verfasser in den Jahren 1675 und 1679 angefertigten lateinischen Übersetzung seiner gesammelten philosophischen Werke. Der lateinische Text stammt aus: Opera omnia II/2, London 1679 (ND Hildesheim 1979), Praefatio Generalis 11–13. Die wenigen (und in der Sache unerheblichen) Abweichungen der sehr wörtlichen lateinischen Übersetzung von der englischen Fassung sind jeweils in den Fußnoten zu den entsprechenden Stellen vermerkt. Bei der Epistola H. Mori ad V. C., die More wohl um 1658 verfasst, aber erst 1662 als Teil seiner Collection of Several Philosophical Writings (113–138) veröffentlicht hat, handelt es sich um eine kritische Einführung in die Philosophie Descartes’. Die Argumente für die Bewegung der Erde, die er sowohl für schlagend als auch umfassend hält, trägt More, gestützt vornehmlich auf Descartes’ Principia Philosophiae, im siebten Kapitel des an einen anonymen Adressaten gerichteten Brieftraktats (Epistola ad V. C. 122–124) vor. Einerseits greift More in diesem Werk modernen Kritikern des französischen Philosophen vor, wenn er diesen dafür rügt, mit Blick auf die kirchliche Verurteilung Galileis nur mit großer

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Henry More (1662) Sammlung verschiedener philosophischer Werke Allgemeines Vorwort (Auszug)1 18. Zeugnisse verschiedener heiliger Männer, von denen die Präexistenz entweder ausdrücklich vertreten oder zumindest nicht missbilligt worden ist Außerdem, so muss ich freimütig bekennen, wüsste ich weder zusätzliche oder bessere Argumente für die Bewegung der Erde und andere Grundlehren des Cartesianismus als diejenigen in meinem Brief an V. C.2 noch überzeugendere für die Präexistenz der Seele als die in meiner Abhandlung über ihre Unsterblichkeit.3

Vorsicht und mit mancherlei Kautel für die kopernikanische Wende eingetreten zu sein. Andererseits nimmt er Descartes zu diesem Zeitpunkt noch vor dem Verdacht des Atheismus, dessen er ihn im Spätwerk umso schärfer anklagen wird, in Schutz und hebt im Sinne seines Konzepts einer Urtheologie mit Nachdruck die grundsätzliche Übereinstimmung von cartesischer und mosaischer Kosmologie hervor. Eine erste Einführung in die kleine, aber für Mores Synthese von Origenismus und Cartesianismus nicht unbedeutende Schrift bietet Alan Gabbey, Philosophia Cartesiana Triumphata: Henry More (1646–1671), in: Thomas M. Lennon/John M. Nicholas/John W. Davis (Hg.), Problems of Cartesianism (McGill-Queen’s Studies in the History of Ideas 1), Kingston/Montreal 1982, 171–250, hier 214–219. 3 Die 1659 erschienene umfangreiche Abhandlung Über die Unsterblichkeit der Seele in drei Büchern ist nicht nur Mores wichtigstes philosophisches Werk, in dem er in Auseinandersetzung mit der alten und neuen Philosophie, insbesondere mit Descartes, die Grundprinzipien seiner platonisch-origeneischen Geistmetaphysik darlegt, sondern auch die neben Ralph Cudworth’ True Intellectual System of the Universe bedeutendste Summe des Cambridger Platonismus überhaupt. Seine erschöpfende Behandlung des origeneischen Präexistentianismus bietet More, Immortality of the Soul II 12 (p. 145–153 Jacob). Innerhalb des Katalogs antiker Theologen und Philosophen, die er auch dort als Vertreter des von ihm verfochtenen Präexistentianismus anführt, findet auch Origenes Erwähnung (ebd. 150): „Und wenn es erlaubt sei, neben die Philosophen auch Kirchenväter zu stellen, so könnten wir in eben diese Schar auch Synesius und Origenes aufnehmen. Letzterer war gewiss das größte Licht und Bollwerk, das das antike Christentum hatte, und wenn diese Lehrmeinung, die von anderen gemeinhin so sehr geschmäht und vernachlässigt wurde, nicht etwas sehr Gewichtiges zum Ausdruck brächte, hätte er, dem jede Oberflächlichkeit und Eitelkeit gänzlich fremd waren, sie niemals vertreten.“ Zum Werk insgesamt siehe insbesondere die gehaltvolle Einleitung, die Alexander Jacob der von ihm besorgten maßgeblichen kritischen Ausgabe vorangestellt hat, sowie die konzise Inhaltsübersicht bei Graham A. J. Rogers, Die Cambridger Platoniker, in: Jean Pierre Schobinger (Hg.), Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Bd. III: England, Basel 1998, 240–290, hier 260.

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Which I brought into view (as also whatever else any one shall conceive in my writings in any measure to deviate from the common track) to enlarge the object of more accurate judgements, which confers very much to a right decision of what is true. Nor did anything offer itself to my mind that seemed worth the adding concerning the latter subject of pre-existence unless (besides my showing that it was the opinion of all philosophers that held the soul immortal and, more particularly, of Plato, Aristotle and Cicero, authors appointed us by the very statutes of our university, which is enough to make the opinion creditable) I had taken also notice how innocent and inoffensive that doctrine was in the more pure and intimate ages of the church. For I find Clemens Alexandrinus in several places describing it without the least intimation of any dislike thereof, as in the first of his Stromata’s, where, writing of the barbarians (whose wisdom he seems to prefer before the Greeks, haply in favour to the Hebrews), he speaks thus: Δῆλοι δέ εἰσιν οἱ βάρβαροι διαφερόντως τιμήσαντες τοὺς αὑτῶν νομοθέτας τε καὶ διδασκάλους, θεοὺς προσειπόντες. ψυχὰς γὰρ ἀγαθὰς, κατὰ Πλάτωνα, καταλιπούσας τὸν ὑπερουράνιον τόπον ὑπομεῖναι ἐλθεῖν εἰς τόνδε τὸν τάρταρον, καὶ σῶμα ἀναλαβούσας τῶν ἐν γενέσει κακῶν ἁπάντων μετασχεῖν ὑπολαμβάνουσι, κηδομένας τοῦ τῶν ἀνθρώπων γένους, αἳ νόμους τε ἔθεσαν, καὶ φιλοσοφίαν ἐκήρυξαν, i. e. It is plain that the barbarians did in a special

• (ut et quaecunque alia, quae quispiam in scriptis meis putare possit a communi tramite ­aliquo modo deviare) ad amplificandum obiectum accuratioris iudicii hominibus. Quod magnam profecto vim habet ad decidendum, quid sit verum. Nec quicquam animo occur­ rebat, quod dignum videbatur, ut posterior adderetur argumento prae-existentiae, nisi forte (praeterquam quod indicaverim opinionem fuisse omnium philosophorum, qui animam tenuerunt immortalem, et magis particulatim Platonis, Aristotelis et Ciceronis, auctorum, qui per ipsa universitatis statuta nobis legendi proponuntur, quod satis est ad existimationem isti dogmati conciliandam) notassem insuper, quam innocens illa opinio quamque omnis offensionis expers esset in purioribus magisque intemeratis ecclesiae saeculis. Clemens Alexandrinus Clementem enim Alexandrinum eam in multis locis describentem reperio sine vel minima improbationis significatione. Ut in primo suorum Stromaton, ubi de barbaris scribens (quorum sapientiam videtur in gratiam forsitan Hebraeorum sapientiae Graecorum praeferre) sic loquitur: Δῆλοι δέ εἰσιν οἱ βάρβαροι διαφερόντως τιμήσαντες τοὺς αὑτῶν νομοθέτας τε καὶ διδασκάλους, θεοὺς προσειπόντες. ψυχὰς γὰρ ἀγαθὰς, κατὰ Πλάτωνα, καταλιπούσας τὸν ὑπερουράνιον τόπον ὑπομεῖναι ἐλθεῖν εἰς τόνδε τὸν τάρταρον, καὶ σῶμα ἀναλαβούσας τῶν ἐν γενέσει κακῶν ἁπάντων μετασχεῖν ὑπολαμβάνουσι, κηδομένας τοῦ τῶν ἀνθρώπων γένους, αἳ νόμους τε ἔθεσαν, καὶ φιλοσοφίαν ἐκήρυξαν, id est, Manifestum est barbaros

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Hierauf und auf all die anderen Dinge in meinen Schriften, die nach allgemeiner Ansicht in gewissem Maße von der gewöhnlichen Denkweise abweichen, habe ich deswegen den Blick gelenkt, weil es mir ein Anliegen war, den Bereich genauerer Urteile zu erweitern und hierdurch einen nicht unbedeutenden Beitrag zur rechten Entscheidung über das, was wahr ist, zu leisten. Es legte sich mir auch nichts nahe, das ich noch zusätzlich zu letzterem Thema, der Präexistenz, hätte sagen können. Neben dem Nachweis, dass alle Philosophen, die von der Unsterblichkeit der Seele überzeugt gewesen sind, auch diese Ansicht vertreten haben, darunter insbesondere Platon, Aristoteles und Cicero, Autoren also, die uns – und dies reicht bereits aus, um diese Ansicht glaubhaft zu machen – von den Statuten unserer Universität selbst vorgeschrieben werden, hatte ich lediglich noch Kenntnis davon genommen, als wie unschuldig und unanstößig diese Lehre noch in den lautereren und reineren Zeitaltern der Kirche4 gegolten hat.

Clemens von Alexandria So finde ich bei Clemens von Alexandria eine Reihe von Stellen, an denen er diese ohne jede Andeutung eines Vorbehalts darstellt, darunter etwa im ersten Buch seiner Stromata, wo er, wenn er über die Barbaren schreibt, deren Weisheit er – womöglich zu Ehren derjenigen der Hebräer – noch vor derjenigen der Griechen den Vorzug zu geben scheint, Folgendes sagt: Δῆλοι δέ εἰσιν οἱ βάρβαροι διαφερόντως τιμήσαντες τοὺς αὑτῶν νομοθέτας τε καὶ διδασκάλους, θεοὺς προσειπόντες. ψυχὰς γὰρ ἀγαθὰς, κατὰ Πλάτωνα, καταλιπούσας τὸν ὑπερουράνιον τόπον ὑπομεῖναι ἐλθεῖν εἰς τόνδε τὸν τάρταρον, καὶ σῶμα ἀναλαβούσας τῶν ἐν γενέσει κακῶν ἁπάντων μετασχεῖν ὑπολαμβάνουσι, κηδομένας τοῦ τῶν ἀνθρώπων γένους, αἳ νόμους τε ἔθεσαν, καὶ φιλοσοφίαν ἐκήρυξαν, d. h.: „Es liegt auf der

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Ein ähnliches Lob der Alten Kirche, das dem allgemeineren der antiken Philosophen von den mythischen Dichtern bis hin den spätantiken Platonikern Syrian und Proklos entspricht, findet sich auch bei [George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope Nicolson, New York 1933, 96. So teilt Rust Mores Überzeugung vom privilegierten Zugang der Alten Kirche zur ökumenischen prisca theologia, wenn er das christliche Altertum insgesamt als Zeit beschreibt, in der „die Wahrheit, wie man annehmen darf, noch frei von den Verfälschungen und Vernebelungen war, durch die sie nachher infolge der langen Zeit und der immer spitzfindigeren Wortklauberei eigennütziger Leute entstellt und unkenntlich gemacht wurde.“ Zur selben Einstellung Bellamys siehe unten S. 330 f. mit Anm. 7.

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manner honour their lawgivers and instructors, calling them gods. For they conceive, with Plato, that certain good souls, leaving their celestial mansions, did endure the coming into |xxi| this Tartarus and resuming bodies, did partake of all the miseries that attend generation as having committed to them the care of mankind, to whom they gave laws and preached philosophy. Which opinion he is so far from exploding that he premises in general before he falls into this discourse of the philosophy of the nations this admirable comparison: That as the parts of the universe, though they disagree one from another, yet have peculiar consonancy and agreement to the whole world, οὕτως οὖν ἥ τε βάρβαρος ἥ τε Ἑλληνικὴ φιλοσοφία τὴν ἀίδιον ἀλήθειαν σπαραγμόν τινα τῆς τοῦ Λόγου τοῦ ὄντος ἀεὶ θεολογίας πεποίηται. Ὁ δὲ τὰ διῃρημένα συνθεὶς αὖθις καὶ ἑνοποιήσας τέλειον τὸν λόγον, ἀκινδύνως εὖ ἴσθ᾽ ὅτι κατόψεται τὴν ἀλήθειαν. So, says he, the barbarous and Greek philosophy have made the eternal truth a kind of discerption of the theology of the Logos that abides forever into dispersed parts. But he that puts together what is thus dispersed and brings them under one perfect consideration, know assuredly that this man shall see to the bottom of truth. Which I was more willing to rehearse, I seeming to myself to have attempted some such performance as this in my fitting together the scattered wisdom of the ancients into one Mosaic Cabbala. Again, in the third book, where he disputes against the Marcionites, he cites several sayings out of Plato that either refer to or directly aver the pre-existence of the soul, as that out of his Phaedo, that it is ὁ ἐν ἀπορρήτοις λεγόμενος λόγος, ὡς

• speciali modo legislatores suos ac institutores honorasse deos eosdem appellantes. Supponunt enim cum Platone bonas aliquas animas loca sua coelestia relinquentes in hunc Tartarum delabi sustinuisse et corpora resumentes omnium malorum, quae generationem comitantur, fieri participes, utpote quibus commissa esset humani generis |12| cura, cui propterea legislatores facti sunt ac philosophiae praecones. Quam opinionem tantum abest, ut explodat, ut in genere, antequam ad hanc dissertationem de philosophia gentium descendat, mirabilem hanc praemiserit similitudinem. Quod quemadmodum partes universi, licet inter se discrepent, peculiarem tamen habent consonantiam et consensum cum toto mundo, οὕτως οὖν ἥ τε βάρβαρος ἥ τε Ἑλληνικὴ φιλοσοφία τὴν ἀίδιον ἀλήθειαν σπαραγμόν τινα τῆς τοῦ Λόγου τοῦ ὄντος ἀεὶ θεολογίας πεποίηται. Ὁ δὲ τὰ διῃρημένα συνθεὶς αὖθις καὶ ἑνοποιήσας τέλειον τὸν λόγον, ἀκινδύνως εὖ ἴσθ᾽ ὅτι κατόψεται τὴν ἀλήθειαν: ita, inquit ille, barbara Graecaque philosophia aeternam fecerunt veritatem discerptionem quandam theologiae de Logo in aeternum permanente in partes dispersas. Qui vero coniunxerit ista, quae divisa sunt ac dispersa, ac sub unam perfectam rationem reduxerit, pro certo scias hunc hominem ad fundum usque veritatis inspecturum esse. Quod quidem eo lubentius recensui, cum aliquid huius generis ipse mihi videar tentasse, cum discerpta antiquorum sapientiae in unam Mosaicam Cabbalam compingendae operam dabam. Rursus in libro tertio, ubi contra Marcionitas disputat, multa ex Platone loca citat, quae aut directo animae prae-existentiam affirmant aut eo aliqua ratione referuntur, ut illud ex Phaidone illius, quod sit ὁ ἐν ἀπορρήτοις λεγόμενος λόγος, ὡς ἔν τινι φρουρᾷ

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Hand, dass die Barbaren ihre Gesetzgeber und Lehrer dadurch auf besondere Weise geehrt haben, dass sie sie als Götter bezeichneten. Mit Platon nämlich nehmen sie an, dass gewisse gute Seelen ihre himmlischen Heimstätten verließen, es auf sich nahmen, in diesen Tartarus einzugehen und abermals Körper anzunehmen, und an allen Unbilden, von denen die Werdenden heimgesucht werden, Anteil nahmen. Es war ihnen nämlich die Sorge für die Menschheit anbefohlen, der sie Gesetze gaben und Philosophie predigten.“5 Diese Ansicht lehnt er nicht nur nicht ab, sondern er stellt ihr sogar, noch ehe er diese Überlegungen zur Philosophie der Heiden anstellt, allgemein noch den folgenden großartigen Vergleich voran: So wie die einzelnen Teile des Universums bei aller Gegensätzlichkeit dennoch mit der gesamten Welt in einer eigentümlichen Harmonie und Übereinstimmung verbunden sind, οὕτως οὖν ἥ τε βάρβαρος ἥ τε Ἑλληνικὴ φιλοσοφία τὴν ἀίδιον ἀλήθειαν σπαραγμόν τινα τῆς τοῦ Λόγου τοῦ ὄντος ἀεὶ θεολογίας πεποίηται. Ὁ δὲ τὰ διῃρημένα συνθεὶς αὖθις καὶ ἑνοποιήσας τέλειον τὸν λόγον, ἀκινδύνως εὖ ἴσθ᾽ ὅτι κατόψεται τὴν ἀλήθειαν – „so haben“, so sagt er, „die Philosophie der Barbaren und die der Griechen die ewige Wahrheit gewissermaßen zu einer in vielerlei Teile zerrissenen Theologie vom ewig währenden Logos gemacht. Wer allerdings das, was auf diese Weise zerrissen ist, zusammenfügt und unter einer vollkommenen Erwägung zusammenfasst, der, sei gewiss, wird bis auf den Grund der Wahrheit schauen.“6 Dies habe ich umso lieber zur Kenntnis genommen, als ich bereits, wie mir schien, etwas von genau dieser Art unternommen hatte, als ich die zerstreute Weisheit der Alten zu einer einzigen Mosaischen Kabbala7 zusammengefügt hatte. Auch im dritten Buch, in dem er gegen die Markioniten argumentiert, führt er einige Platon-Zitate an, die sich entweder auf die Präexistenz der Seele beziehen oder sie ausdrücklich lehren, darunter dasjenige aus dem Phaidon, ὁ ἐν ἀπορρήτοις λεγόμενος λόγος, ὡς ἔν τινι φρουρᾷ ἐσμεν οἱ ἄνθρωποι, „dass es

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Clemens von Alexandria, strom. I 67,3 f. (GCS Clem. Al. 2, 42). Auch Mores Schüler Rust zieht diese Stelle als Zeugnis eines orthodoxen altkirchlichen Präexistentianismus heran: [Rust], Letter of Resolution 51. Clemens, ebd. I 57,6 (2, 36 f.). Bei dem Conjectura Cabbalistica betitelten Genesis-Kommentar von 1653, dessen Lektüre [Rust], Letter of Resolution 45 f., seinem Leser nachdrücklich empfiehlt, handelt es sich um die dritte der drei philosophischen Hauptschriften Mores neben der oben erwähnten Abhandlung On the Immortality of the Soul von 1659 und dem Antidote against Atheism von 1652. Nach einer Vorrede, in der More für eine origeneische Hermeneutik des mehrfachen Schriftsinns votiert, gliedert sich das komplexe Werk noch einmal in eine erste Darstellung, eine „Verteidigung“ und einen „Anhang zur Verteidigung“. Den drei Werkpartien ist gemein, dass More zunächst eine inhaltliche Paraphrase, dann eine philosophische und schließlich eine ethische Exegese des Genesistextes gibt.

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ἔν τινι φρουρᾷ ἐσμεν οἱ ἄνθρωποι, that it is a traditional arcanum that we men in his life are as it were kept in a prison. And he entitles also Heraclitus, Pythagoras, Socrates and Plato at once to this sage saying: θάνατός ἐστιν ὁκόσα ἐγερθέντες ὁρέομεν, ὁκόσα δὲ εὕδοντες ὕπνος. But that is most fully to the purpose which he cites out of Philolaos the Pythagorean: Μαρτυρέονται δὲ καὶ οἱ παλαιοὶ τε καὶ μάντιες ὡς διά τινας τιμωρίας ἁ ψυχὰ τῷ σώματι συνέζευκται, καὶ καθάπερ ἐν σήματι τούτῳ τέθαπται. The ancient divines and prophets (he means, I suppose, especially those of the Jews) witness that the soul is joined to this earthly body in a way of punishment, that so far forth as she is in this body, she is, as it were, buried. Against which Platonic opinions Clemens shows not the least disgust, but only blames Marcion for his abusing them to his absurd doctrine of the unlawfulness of marriage and complains that he did ungratefully and unskilfully take occasion from Plato of hatching his own strange and perverse opinions. And after in the same manner, though he did zealously oppose Julius Cassianus for speaking against those hidden parts of God’s own making in both male and female, yet when he mentions his holding of the pre-existence of the soul: ἡγεῖται, says he, ὁ γενναῖος οὗτος Πλατωνικώτερον, θείαν οὖσαν τὴν ψυχὴν ἄνωθεν ἐπιθυμίᾳ θηλυνθεῖσαν δεῦρο ἥκειν εἰς γένεσιν καὶ φθοράν. This noble spirit (says he, meaning Cassianus) does something more expressly Platonize in saying that the soul, a divine essence and from above, by being effeminated, descends hither into generation and corruption. And again in the same page where

• ἐσμεν οἱ ἄνθρωποι: Quod sit arcanum quoddam traditum nos homines in hac vita custodia quasi quadam teneri. Et Heraclito, Pythagorae, Socrati et Platoni simul sapiens hoc dictum ascribit: θάνατός ἐστιν ὁκόσα ἐγερθέντες ὁρέομεν, ὁκόσα δὲ εὕδοντες ὕπνος. Id vero plenissime rem attingit, quod ex Philolao Pythagoreo affert: Μαρτυρέονται δὲ καὶ οἱ παλαιοὶ τε καὶ μάντιες ὡς διά τινας τιμωρίας ἁ ψυχὰ τῷ σώματι συνέζευκται, καὶ καθάπερ ἐν σήματι τούτῳ τέθαπται: Antiqui theologi ac vates (Iudaeos, opinor, praecipue intelligit) testantur animam cum hoc terreno corpore per modum supplicii coniungi et, quatenus quidem in hoc corpore est, eatenus sepeliri. Contra quas Platonicas opiniones Clemens ne minimum ostendit fastidium, sed Marcionem ob id tantum reprehendit, quod istis abusus esset ad absurdam suam doctrinam, quasi matrimonium esset illicitum, conqueriturque, quod ingrate imperiteque a Platone occasionem sumpsisset depromendi absonas suas ac perversas opiniones. Et postea in eodem libro, quamquam non sine zelo aliquo Iulio Cassiano se opponit, quod abdita illa membra, quae tam in mare quam femina Deus formavit, tam contume­ liose reprehenderet, tamen in mentione opinionis illius de animae prae-existentia ἡγεῖται, inquit, ὁ γενναῖος οὗτος Πλατωνικώτερον, θείαν οὖσαν τὴν ψυχὴν ἄνωθεν ἐπιθυμίᾳ θηλυνθεῖσαν δεῦρο ἥκειν εἰς γένεσιν καὶ φθοράν. Nobilis hic genius, inquit ille Cassianum intelligens, more magis Platonico philosophatur, cum dicit animam, divinam desuper essentiam, cupiditate effeminatam huc descendere in generationem et corruptionem. Et rursus in

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ein althergebrachtes arcanum [Geheimnis] ist, dass wir Menschen in diesem Leben gewissermaßen wie in einem Gefängnis gehalten werden.“8 Und die folgende Weisheit führt er gleichermaßen auf Heraklit, Pythagoras, Sokrates und Platon zurück: θάνατός ἐστιν ὁκόσα ἐγερθέντες ὁρέομεν, ὁκόσα δὲ εὕδοντες ὕπνος.9 Am meisten aber entspricht das von ihm angeführte Zitat des Pythagoreers Philolaos der Sache: Μαρτυρέονται δὲ καὶ οἱ παλαιοὶ τε καὶ μάντιες ὡς διά τινας τιμωρίας ἁ ψυχὰ τῷ σώματι συνέζευκται, καὶ καθάπερ ἐν σήματι τούτῳ τέθαπται. „Die alten Priester und Propheten“, womit er, wie ich vermute, vornehmlich diejenigen der Juden meint, „bezeugen, dass die Seele zur Strafe mit diesem irdischen Körper verbunden wird, dass sie, insoweit sie in einem Körper weilt, gewissermaßen beerdigt ist.“10 Diesen platonischen Ansichten bringt Clemens überhaupt keinen Widerwillen entgegen. Vielmehr wirft er Markion lediglich vor, dass er diese für seine absurde Lehre von der Ungesetzlichkeit der Ehe missbrauche, und moniert, er habe ohne Sinn und Verstand etwas von Platon zum Anlass genommen, um seine eigenen merkwürdigen und widersinnigen Ansichten auszubrüten. Und obwohl er an späterer Stelle scharf mit Julius Cassianus ins Gericht gegangen ist, weil dieser die verborgenen Teile bei Mann und Frau, die Gott selbst geschaffen hat, verunglimpft, äußert er sich dennoch, wenn er von der von ihm vertretenen Präexistenz der Seele spricht, auf die gleiche Weise: ἡγεῖται ὁ γενναῖος οὗτος Πλατωνικώτερον, θείαν οὖσαν τὴν ψυχὴν ἄνωθεν ἐπιθυμίᾳ θηλυνθεῖσαν δεῦρο ἥκειν εἰς γένεσιν καὶ φθοράν. „Dieser edle Geist“, so sagt er über Cassia­ nus, „platonisiert noch ausdrücklicher, wenn er sagt, die Seele, eine von oben stammende göttliche Wesenheit, steige dadurch hierher ins Werden und Vergehen ­hinab, dass sie verweichliche.“11 Und auf derselben Seite, auf der er Cassians

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Clemens von Alexandria, strom. III 19,1 (GCS Clem. Al. 2, 204): Platon, Phaid. 62 b 2–4. Clemens, ebd. III 21,1 (2, 205): Heraklit, VS 22 B 21: „Tod ist, was wir wachend sehen; was aber im Schlaf, Schlummer“; Übersetzung: Die Vorsokratiker, Die Fragmente und Quellenberichte, übers. und eingel. von Wilhelm Capelle (Kröners Taschenausgabe 119), Stuttgart 1968, 146. 10 Clemens, ebd. III 17,1 (2, 203): Philolaos, VS 44 B 14: „Es bezeugen auch die alten Theologen und Seher, dass die Seele infolge gewisser Strafbestimmungen mit dem Leibe zusammengejocht und in ihm wie in einem Grabe bestattet ist“; Übersetzung: Capelle, ebd. 482. Aus Mores englischer Übertragung geht hervor, dass ihm das Sprachspiel σῶμα  – σῆμα offenbar entgangen ist, weshalb er das Schlusskolon so übersetzt, als stünde nicht ἐν σήματι da, sondern ἐν σώματι. 11 Clemens, ebd. III 93,3 (2, 239). In der lateinischen Fassung übersetzt More auch das in der früheren englischen offensichtlich übersehene Wort ἐπιθυμίᾳ: Nach Cassianus ist es das Verlangen (cupiditate), durch das die Seele zunächst verweichlicht und dann fällt.

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he has produced Cassianus his opinion concerning the coats of skins God is said to clothe our first parents with after their fall (χιτῶνας δὲ δερματίνους ἡγεῖται ὁ Κασσιανὸς τὰ σώματα), he passes it over only with this dilatory promise or |xxii| threatening (call it which you will) that he will show that Cassianus was deceived when he had prepared and perfected his treatise of the generation of man, but declines to pronounce it an error for the present. And if he ever wrote any such treatise, it is manifest that he did not handle those skins so rudely, but that they were transmitted to that excellent disciple of his Origenes Adamantius, that miracle of the Christian world if that description of his life and worth be true which we find in Eusebius. For certainly (to say nothing of his stupendous parts and abilities, which his greatest adversaries will not deny) it will be very hard to example so sincere and zealous an adhesion to the cause

• eadem pagina, ubi Cassiani opinionem producit, de tunicis pelliceis, quibus primos parentes post lapsum vestivit Deus (χιτῶνας δὲ δερματίνους ἡγεῖται ὁ Κασσιανὸς τὰ σώματα) eam certe praeterit, addito tantum promisso dicam an comminatione dilatoria, quod ostensurus sit Cassianum deceptum esse, postquam tractatum suum de hominis generatione praeparaverit ac perfecerit, sed in praesens errorem pronuntiare omnino detrectat. Origenes Adamantius, Clementis discipulus Et si unquam istiusmodi tractatum scripsit, manifestum est eum has tunicas pelliceas non tam asperiter tractasse, quin integra transmissa essent ad illum excellentissimum eius discipulum Origenem Adamantium, istud Christiani orbis miraculum, si descriptio vitae illius ac virtutum vera sit, quam reperimus apud Eusebium. Etenim profecto (ut stupendas animi dotes ac facultates taceamus, quas maximi illius adversarii nequeunt inficiari) valde difficile erit par exemplum proferre tam sincerae fervidaeque adhaesionis causae Christi

12 Ebd. III 95,2 (2, 239). Die „Röcke aus Fell“ stammen aus Gen. 3,21. 13 Quelle der nachfolgenden Darstellung des Lebens des Origenes ist nicht wie im anonymen

Letter of Resolution das 64. Kapitel des Panarion des Epiphanius (siehe dazu den Beitrag von Josef Lössl, oben S. 59–83), sondern, wie More hier und an späterer Stelle eigens offenlegt, die Historia ecclesiastica des Eusebius, die er praktisch ausschreibt. Auch die unterschiedlichen Vorlagen, die der Lehrer und sein Schüler für ihre einleitenden biographischen Darlegungen zu Origenes heranziehen, dürften im Übrigen gegen Mores (von ihm an späterer Stelle des Vorworts auch noch einmal ausdrücklich bestrittene) Autorschaft des Origenes-Briefes sprechen.

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Ansicht über die „Röcke aus Fell“, mit denen Gott unsere ersten Eltern, wie es heißt, nach ihrem Fall bekleidet (χιτῶνας δὲ δερματίνους ἡγεῖται ὁ Κασσιανὸς τὰ σώματα),12 darlegt, geht er hierüber hinweg und schiebt es auf, wenn er entweder – nennen Sie es, wie Sie wollen – verspricht oder androht, er wolle, sobald er seine Abhandlung über die Entstehung des Menschen vorbereitet und vollendet habe, zeigen, dass sich Cassianus geirrt habe. Allerdings ist er nicht willens, dies ohne weiteres zu einer Irrlehre zu erklären.

Origenes Adamantius, der Schüler des Clemens Sollte er tatsächlich jemals eine solche Abhandlung verfasst haben, so ist ihm die Behandlung jener Felle offenbar nicht so sehr missglückt, dass sie nicht zu jenem vortrefflichen Schüler von ihm, zu Origenes Adamantius, jenem Wunder der christlichen Welt (vorausgesetzt, die Beschreibung seines Lebens und seiner Verdienste, wie wir sie bei Eusebius finden,13 trifft zu), gelangt wäre.14 Abgesehen von den hervorragenden Talenten und Fähigkeiten, die nicht einmal seine größten Widersacher leugnen werden, dürfte es nämlich überaus schwer fallen, ein 14 Die origeneische Deutung der „Röcke aus Fell“ im Sinne der Präexistenz der Seele, mit der

er von Clemens zu Origenes überleitet, referiert More ausführlich in der „Defence of the Philosophick Cabbala“ (Kap. 3) seiner Conjectura Cabbalistica (Collection of Several Philosophical Writings 106) im Zusammenhang des Lemmas „Felle von Tieren“ (Gen. 3,21): „Dies bezieht Origenes darauf, dass Adam in menschliches Fleisch und Fell eingekörpert und eingekleidet wird. Ridiculum enim est dicere, sagt er, quod Deus fuerit Adami coriarius et pellium sutor (Cornel. a Lapide in Gen. c. 3). Und niemand wird sich über die Zuversicht dieses frommen und gelehrten Kirchenvaters wundern, wenn er nur bedenkt, dass die Präexistenz der Seelen, ehe sie in den Körper gekommen sind, allgemein von allen gelehrten Juden vertreten wird und so wahrscheinlich Teil dieser philosophischen Kabbala gewesen ist. Und wie gut die Dinge sich zusammenfügen und genau zum Text passen, mag ein jeder für sich entscheiden. Origenes zieht die Bedeutung dieser Passage der platonischen πτερορρύησις vor. Seine Worte sind bemerkenswert und verdienen, zitiert zu werden: Καὶ ὁ ἐκβαλλόμενος δὲ ἐκ τοῦ παραδείσου ἄνθρωπος μετὰ τῆς γυναικός, τοὺς δερματίνους ἠμφιεσμένος χιτῶνας, οὓς διὰ τὴν παράβασιν τῶν ἀνθρώπων ἐποίησε τοῖς ἁμαρτήσασιν ὁ θεός, ἀπόρρητόν τινα καὶ μυστικὸν ἔχει λόγον, ὑπὲρ τὴν κατὰ Πλάτωνα κάθοδον τῆς ψυχῆς, πτερορρυούσης καὶ δεῦρο φερομένης, ἕως ἂν στερεοῦ τινος λάβηται. D. h.: ‚Dass der Mann zusammen mit seiner Frau aus dem Paradies gejagt wird, bekleidet mit Röcken aus Fell (die Gott aufgrund der Übertretung der Menschen für diejenigen, die gesündigt hatten, gemacht hat), hat eine gewisse versteckte und geheime Bedeutung, die der Auffassung Platons überlegen ist, nach der die Seele ihre Flügel abwirft und kopfüber hierhin fällt, bis sie irgendeinen Körper von gröberer Beschaffenheit findet.‘ Siehe Origenes, Contra Celsum lib. 4 [Cels. IV 40 (GCS Orig. 2, 313 f.)]. Dies entspricht dem Zitat aus Cornelius, das dieser, glaube ich, aus Epiphanius hat.“ Zu dieser schon in der Spätantike heftig umstrittenen Deutung von Gen. 3,21 durch Origenes siehe das Fragment D 22 aus dem (verlorenen) Genesiskommentar mit den Testimonien aus Epiphanius bei Karin Metzler, OWD 1/1, Berlin u. a./Freiburg u. a. 2010, 191–197.

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of Christ even to the contempt of death and desire of martyrdom. Which was no inconsiderate excursion of a juvenile fervour in him, but a permanent faithfulness and fortitude of spirit, it being usual with that holy man to assist and encourage all the martyrs, as well those unknown to him as of his acquaintance, openly to accompany them to their execution, friendly embracing them and administering to them all the comfort he could to his frequent hazard of being stoned by the incensed multitude. It will seem a less matter to take notice of his assiduous reading and meditating on the Holy Scripture day and night and his wholly neglecting the world for the pleasure of divine contemplation and the service of the church of Christ, his excessive charity to the indigent, his frequent fastings and lyings on the ground, his undergoing cold and nakedness, his going barefoot on the hard stones, his abstinence from wine and singular temperance in all the pleasures of nature. Whose great example of an ascetic life gained many disciples to the church and bred up and furnished out many undaunted champions of the Christian faith, who willingly laid down their lives for the love of the Lord Jesus. Such out of Origen’s school were Plutarchus, the two Sereni, Heraclides, Heron, Rhais, and Basilides, who received the crown of martyrdom through the intercession of that illustrious virgin martyr Potamiaena. What direful calamities Origen himself also underwent in the Decian persecution, what fetters and torments of body, what castings into prisons and dungeons, what stretching and racking of limbs, what terrors of fire and burnings are to be read in the records of the Ecclesiastic History.

• etiam ad contemptum mortis martyriique desiderium. Quae inconsiderata iuvenilis ardoris excursio in eo non erat, sed fidelitas animique fortitudo permanens, cum sancto illi viro familiarissimum erat omnibus martyribus assistere eosque animare ignotos perinde atque sibi notissimos comitari eos in conspectu populi ad supplicium eosque amice amplexari summumque, quod potuit, solacium ipsis administrare cum frequenti periculo lapidationis ab incensa multitudine. Minoris momenti videbitur notare assiduam illius lectionem Sacrae Scripturae ac meditationem dies noctesque, integrum mundi neglectum ob voluptatem divinae contemplationis ac ministerium ecclesiae Christi effusam caritatem et liberalitatem in egenos, ieiunia frequentia et in humo discubationes, frigoris et nuditatis tolerantiam nudatisque pedibus per duros silices incessus, a vino abstinentiam et singularem in omnibus naturae voluptatibus temperantiam. Cuius egregium in vita ascetica exemplum multos lucrabatur discipulos ecclesiae multosque enutriebat instruebatque intrepidos Christianae fidei athletas, qui vitam lubenter deposuerunt propter amorem Domini Iesu. Tales ex schola Origenis fuerunt Plutarchus, duo Sereni, Heraclides, Heron, Rhais et Basilides, qui per inter|13|cessionem illustris illius virginis martyris Potamiaenae martyrii coronam recepit. Quas vero diras calamitates ipse Origenes in Deciana persecutione sustinuerit, quae vincula, quae corporis tormenta, quas coniectiones in carceres et gurgustia, quas membrorum distentiones ac fidiculas, quos terrores ignis ac vivicomburii, cuivis licet perlegere in Historiae Ecclesiasticae monumentis.

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Beispiel für einen weiteren Menschen zu nennen, der der Sache Christi bis hin zur Verachtung des Todes und der Sehnsucht nach dem Martyrium mit solch aufrichtiger Hingabe angehangen hätte. Es war dies bei ihm auch keineswegs ein unbedachter Auswuchs jugendlichen Eifers, sondern Frucht eines unerschütterlichen Glaubens und geistiger Kraft. So pflegte jener heilige Mann15 sämtlichen Märtyrern, gleich, ob er sie kannte oder ob sie ihm unbekannt waren, mit ermutigenden Worten beizustehen und sie offen zu ihrer Hinrichtung zu begleiten. Dabei umarmte er sie wie ein Freund und spendete ihnen jeden Trost, den er ihnen nur zu spenden vermochte, wobei er häufig selbst Gefahr lief, vom wütenden Mob gesteinigt zu werden.16 Angesichts dessen müssen wir kaum eigens herausstellen, dass er bei Tag und Nacht unaufhörlich in der Heiligen Schrift las und über sie nachsann, dass er die Welt um der Freude göttlicher Betrachtung willen hintanstellte und der Kirche Christi diente, dass er den Notleidenden in maßloser Nächstenliebe beistand und oft fastete und auf dem Boden lag, dass er sich nackt der Kälte aussetzte und barfuß auf harten Steinen wandelte, dass er sich des Weines enthielt und auch sonst bei allen physischen Freuden eine einzigartige Mäßigung an den Tag legte.17 Sein überaus vorbildliches asketisches Leben gewann der Kirche nicht nur viele Anhänger, sondern es brachte auch viele furchtlose Kämpfer des christlichen Glaubens hervor, die ihr Leben dank dieses Rüstzeugs nur allzu gern für die Liebe zum Herrn Jesus opferten.18 Zu den Schülern des Origenes zählten Plutarch, die beiden Sereni, Herakleides, Heron, Rhais und Basilides, der die Krone des Martyriums durch das Einschreiten der glanzvollen Jungfrauenmärtyrerin Potamiaena erlangte.19 Welche fürchterlichen Qualen Origenes selbst während der decischen Verfolgung erlitten hat, wie sein Körper in Fesseln geschlagen und gefoltert, wie er in Gefängnisse und Verließe geworfen und seine Glieder qualvoll gestreckt und wie er durch Feuer und Verbrennung heimgesucht wurde, das lässt sich in den Aufzeichnungen der Kirchengeschichte nachlesen.20 15 Dass Rust mit More darin übereinkommt, den Alexandriner nicht nur als Kirchenvater,

sondern auch als heilig zu bezeichnen, dürfte Indiz für einen grundlegenden diesbezüglichen Konsens innerhalb des Origenisten-Zirkels um den Gelehrten des Christ’s College sein. Offenbar bedurfte die Heiligkeit des immerhin offiziell verketzerten antiken Theologen angesichts seines lauteren Lebenswandels in ihren Augen keiner näheren Begründung. 16 More folgt hier eng Eusebius, hist. eccl. VI 3,4 (GCS Eus. 2/2, 524). 17 Vgl. ebd. VI 3,9.12 (2/2, 526. 528). 18 Vgl. ebd. VI 3,13 (2/2, 528). 19 Vgl. ebd. VI 4 f. (2/2, 528–532). Nach dem Bericht des Eusebius, ebd. VI 5,6 (2/2, 532), erschien die Märtyrerin Potamiaena dem Basilides drei Tage nach ihrem Martyrium nachts im Gefängnis und legte ihm einen Kranz auf das Haupt, was Basilides dazu brachte, seinerseits das Martyrium auf sich zu nehmen. 20 Vgl. ebd. VI 39,5 (2/2, 594–596).

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These and such like instances as these will make good the integrity and holiness of this venerable Father. But I must confess I should be loath to be bound to answer for the truth of all those opinions that are imputed to him. (1) As for his making the sun, moon and stars living and intelligent creatures. Which shows that he was a better divine than naturalist. (2) His affirming that the power of God is finite and that he made only so many things as did not imply a contradiction to be managed by his providence. Which error (if it was Origen’s) certainly was intended for an apology for God’s not making the world infinite and shows that the reverend Father had a greater solicitude for the sovereign goodness of God than for his power. (3) His making the punishment of the devils and of the damned not eternal. Which yet Jacobus Merlinus quits him of by the testimony of at least ten several citations out of his writings.

• Haec aliaque hisce consimilia specimina cumulate plane facient huius venerandi Patris integritatem ac sanctitatem. Ceterum ingenue fateor aegre me adduci posse, ut obsidem me darem veritatis omnium illarum opinionum, quae illi imputantur ut exempli gratia, (1) ubi solem, lunam et stellas animalia facit vita ac intelligentia praedita; quod indicio est meliorem eum fuisse theologum quam naturae scrutatorem; (2) ubi affirmat potentiam Dei esse finitam eumque tot solummodo res creasse, quot minime repugnet a providentia sua rite posse gubernari. Qui quidem error (si Origenis erat) pro apologia proculdubio destinabatur, quod Deus mundum non creasset infinitum, ostenditque maiorem sollicitudinem pro suprema Dei bonitate quam pro illius potentia patrem reverendum incessivisse; (3) ubi daemonum supplicium animarumque damnatarum statuit non esse aeternum. A quo tamen Jacobus Merlinus eum absolvit per decem ad minimum diversarum citationum testimonium ex suis ipsius scriptis;

21 Es folgt ein Katalog vermeintlicher origeneischer Häresien, der formal durchaus an die

entsprechende Auflistung der origeneischen „Hauptlehren“ bei [Rust], Letter of Resolu­ tion 14, erinnert. Abgesehen von der „Hauptlehre“ vom zeitlichen Ende der Höllenstrafen, die auch im Letter of Resolution behandelt wird, hat der Katalog Mores, eine Wiedergabe ausgewählter Anathematismen von 543, praktisch kaum etwas mit dem Rusts gemeinsam: Bezugspunkt bei More ist der zweite, bei Rust der erste Origenismusstreit. Allerdings ist es erhellend, dass das allgemeine Vorgehen, das Referat inkriminierter origeneischer Lehren einerseits und die Widerlegung der in der Antike erhobenen Einwände andererseits, dem im Letter of Resolution entspricht. Vermutlich spiegelt diese Methode der OrigenesApologie die entsprechenden Diskussionen innerhalb des Origenisten-Zirkels von Christ’s College und Ragley Hall wider, wie sie auch in der erhaltenen Korrespondenz Mores, Conways und Glanvills oder in Mores Divine Dialogues literarisch greifbar werden.

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Diese und ähnliche Dinge dürften als Beleg für die Lauterkeit und Heiligkeit dieses ehrwürdigen Vaters ausreichen. Allerdings wollte ich mich, wie ich betonen möchte, durchaus nicht für die Wahrheit sämtlicher der ihm zugeschriebenen Lehrmeinungen verbürgen, darunter etwa,21 (1) dass er die Sonne, den Mond und die Sterne zu lebendigen und intelligenten Geschöpfen macht.22 Dies zeigt, dass er ein besserer Theologe als Naturforscher gewesen ist;23 (2) dass er behauptet, dass die Macht Gottes begrenzt sei und dass er nur so viele Dinge geschaffen habe, wie seine Vorsehung ohne Widerspruch zu lenken vermocht habe.24 Diese Irrlehre hatte, sollte Origenes sie tatsächlich vertreten haben, offensichtlich den Zweck, Gott zu verteidigen, weil dieser die Welt nicht unendlich geschaffen hatte.25 Zudem zeigt sie, dass die vornehmliche Sorge dieses ehrwürdigen Vaters der herrschenden Güte Gottes und nicht seiner Macht gegolten hat;26 (3) dass er die Bestrafung der Teufel und der Verdammten nicht ewig währen lässt.27 Hiervon spricht ihn allerdings Jakob Merlin durch das Zeugnis von mindestens zehn unterschiedlichen Zitaten aus seinem Werk frei;28

22 Justinian, epist. ad Menam, anath. 6 (ACO III 213). 23 Mores Origenes-Kritik an dieser Stelle ist für sein philosophisches Großprojekt einer Ver-

söhnung von altem und modernem Denken, von antiker Metaphysik und neuzeitlicher Kosmologie, überaus aufschlussreich: Descartes’ atomistische Naturphilosophie, an der er auch später trotz seiner scharfen Kritik am Atheismus des Franzosen festhalten wird, ist das unerlässliche Komplement zur christlich-platonischen Metaphysik des Origenes. 24 Justinian, epist. ad Menam, anath. 8 (ACO III 213). 25 Offenbar will More den Alexandriner hier in Schutz nehmen, weil dieser eine von ihm selbst vertretene „Hauptlehre“, nämlich die von der (auch räumlichen) Unendlichkeit Gottes und der von ihm erfüllten Welt, die er in der Korrespondenz mit Descartes in den 40er Jahren erstmalig umrissen hatte und die er im anticartesischen Enchiridium Metaphysicum von 1679 ausführlich darlegen würde, noch nicht vertreten hat. 26 Wie bei Rust und Cudworth fungiert Origenes auch bei More als zentraler patristischer Gewährsmann für die logische Priorität des göttlichen Seins, der Güte, vor dem göttlichen Willen, der Allmacht, eine der Grundlehren des Cambridger Platonismus, mit der sich dessen Vertreter ebenso gegen Johannes Calvin wie gegen Thomas Hobbes wandten. 27 Justinian, epist. ad Menam, anath. 9 (ACO III 214). 28 Der Passus ist für Mores christliche Philosophie und seinen Origenismus gleichermaßen aufschlussreich: Da er sich selbst trotz gewisser Sympathien wohl niemals zum Heilsuniversalismus des von ihm verehrten Kirchenvaters bekennt, sucht er diesem seine bekannteste „Hauptlehre“ kurzerhand abzusprechen. Wie im Fall der Unendlichkeit Gottes scheut More trotz des einleitenden Hinweises, er wolle nicht allen Lehren des Origenes zustimmen, den offenen Dissens mit dem „Wunder der christlichen Welt“. Zu Mores langem Ringen mit der Frage des origeneischen Heilsuniversalismus, das bereits in seiner Zeit als Schüler in Eton beginnt, siehe Daniel Pickering Walker, The Decline of Hell. Seventeenth-Century Discussions of Eternal Torment, London 1964, 127–134.

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(4) His saying that the bodies of men at the resurrection will be raised in an |xxiii| orbicular figure. Which is expressly against what Methodius declares concerning Origen, namely that his opinion was that everyone at the resurrection should appear exactly in his own particular form and shape, as is rightly observed in the Letter of Resolution, whoever was the author thereof. For I profess I know not who is much less am I the author of it myself, as some have groundlessly imagined. (5) His asserting that the soul of our Saviour was the same that was in Adam. Which yet is impossible for him ever to assert, he so expressly declaring that the soul of the Messiah never sinned. (6) And lastly, to omit several others, his transmitting the souls of men into the bodies of brutes. Which I question not and could easily prove to be falsely fathered as well upon Pythagoras as Origen. But some fanciful followers of both did affix these unhandsome and ridiculous appendages, thinking every vain

• (4) ubi asserit corpora hominum in resurrectione resuscitatum iri in figura orbiculari, quod eis plane repugnat, quae Methodius narrat de Origene, nempe opinionem illius fuisse, quod unusquisque omnino appariturus sit in sua particulari forma ac figura, quemadmodum recte observatum est in Epistola resolutionis vulgo appellata, quicunque illius auctor fuerit. Profiteor enim me, quis sit, nescire, tantum abest, ut ipse sim auctor, contra ac nonnulli, sed sine ratione coniectarunt; (5) ubi Servatoris anima affirmat eandem fuisse, quae erat in Adamo, quod tamen impossibile est eum unquam asseruisse, cum tam expresse declaret Messiae animam nunquam peccavisse; (6) et denique, ut alia multa missa faciam, ubi animas humanas transmittit in corpora brutorum. Quod nullus dubito, quin facile probare possim Pythagorae perinde atque Origeni falso imputari. Verum leviculi quidam homunciones utriusque quidem sectatores, sed imaginationis ludibriis nimium quantum dediti inhonestas has affixerunt

29 Justinian, epist. ad Menam, anath. 5 (ACO III 213). 30 Epiphanius hat einen umfangreichen antiorigeneischen Auferstehungstraktat des Metho-

dius in sein Origenes-Kapitel aufgenommen (pan. 64,12–62 [(GCS Epiph. 2, 421–499]), dessen Leitthese die strenge Identität von irdischem und Auferstehungsleib ist. Anders als Rust, der Methodius’ Kritik an Origenes’ Auferstehungsdoktrin en détail widerlegt (siehe unten Anm. 32), scheint More das kritische Origenes-Referat bei Methodius jedoch als zutreffende Quelle für diese „Hauptlehre“ anzuführen. Seine Unkenntnis des Textes, die ihn die Position des Methodius fälschlich mit dem von diesem heftig kritisierten Auferstehungskonzept des Origenes selbst identifizieren lässt, ist ein weiteres schlagendes Argument gegen seine vermeintliche Autorschaft des Letter of Resolution. – Zur Kugelgestalt siehe auch unten S. 296 f. mit Anm. 24.

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(4) dass er sagt, die Körper der Menschen würden bei der Auferstehung in einer kugelförmigen Gestalt auferweckt.29 Dies widerspricht klar dem OrigenesReferat des Methodius, wonach er die Ansicht vertreten hat, jeder Einzelne werde bei der Auferstehung eben seine eigene besondere Form und Gestalt haben.30 Dies wird im Brief zur Aufklärung31 zutreffend beobachtet,32 wer auch immer sein Autor gewesen sein mag. Ich möchte nämlich betonen, dass ich weder um seine Identität weiß noch selbst, wie sich einige grundlos eingebildet haben, sein Verfasser bin; (5) dass er behauptet, die Seele unseres Erlösers sei dieselbe wie die in Adam gewesen. Allerdings ist es unmöglich, dass er dies jemals behauptet hat, erklärt er doch klar und ausdrücklich, dass die Seele des Messias niemals gesündigt habe; (6) und dass er schließlich, um eine Reihe weiterer zu übergehen, Menschenseelen in Tierkörper eingehen lässt. Ich hege keinen Zweifel daran und könnte auch ohne weiteres den Beweis dafür erbringen, dass man dies Pythagoras wie Origenes zu Unrecht unterstellt hat. Allerdings haben einige schwärmerische Anhänger der beiden33 diese unerfreulichen und lächerlichen Anhänge hinzu-

31 In der späteren lateinischen Fassung seiner Vorrede ergänzt More den Titel Epistola reso-

lutionis um ein vulgo appellata („den gemeinhin so genannten Brief zur Aufklärung“), ein Beleg für die weite Verbreitung der, wie More an dieser Stelle moniert, gelegentlich fälschlich ihm selbst zugeschriebenen kleinen Schrift. Zudem scheint er anzunehmen, dass der Titel nicht auf den ihm unbekannten anonymen Autor selbst zurückgeht. 32 In den Darlegungen, die More selbst allerdings nicht eingehend studiert zu haben scheint, führt [Rust], Letter of Resolution 117–121, das von Methodius vertretene Konzept einer numerischen Identität der Atome des irdischen und ätherischen Körpers des Individuums vor und nach der Auferstehung mit den begrifflichen Mitteln der origeneischen Anthropologie ad absurdum: Nicht die Materie, sondern die Form des individuellen Körpers, die ihrerseits wiederum zur Geistseele, dem ausschließlichen Prinzip von Personalität und Individualität, gehört, existiert im ätherischen Auferstehungsleib des erlösten Menschen weiter. Zwar gründet hierin die individuelle Gestalt eines jeden Auferstehungsleibes, die, wie More hier unter Bezugnahme auf das Referat des Methodius und den Letter of Resolution des Anonymus knapp referiert, dem allen Seelen gemeinsamen kugelförmigen Körper widerspricht. Allerdings ist die körperliche Individualität bei Rust (und bei Origenes, dessen Theorie er tatsächlich zutreffend darlegt) eine andere als die krude Gleichheit der Elemente bei Methodius. 33 Noch beißender nimmt sich der Spott, mit dem More die heterodoxen Pythagoreer und Origenisten in der Antike und danach überzieht, in der lateinischen Fassung aus. Dort verhöhnt er diese kurzerhand als leviculi quidam homunciones … imaginationis ludibriis nimium quantum dediti. Diejenigen, die der pythagoreisch-origeneischen prisca theologia Lehren hinzugefügt und sie dadurch verdorben und in der Nachwelt in Misskredit gebracht haben, sind demnach bemitleidenswerte Kleingeister, die sich von ihren eigenen Phantasien haben mitreißen lassen.

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addition to be an improvement of those pure doctrines which were anciently delivered to the world. And such was pre-existence in the church of the Jews, where no such fooleries were mixed with it. And if it had so continued amongst the Origenists, certainly it would never have fallen under public censure, though I dare not lay the blame solely upon them, their malevolent adversaries taking liberty enough to charge Origen with such things as had no ground at all of report. Such was that formal story of his casting incense on the altar of an idol, being put to his choice whether he would yield to that or the abuse of his body by an Ethiopian. Which is nothing but a mere romance, built upon the greatness of Origen’s name and virtues. Whose repute, though it may seem much blemished by that public censure in the Fifth General Council, yet he that considers that the particulars of his condemnation were wholly removed out of the records of that council by the same power that first occasioned his censure may easily find what will repair Origen’s credit, in a great measure without any detriment to the authority of that grand convention: For it was their wrong, not their fault that they were misinformed.

• et ridiculas appendices reputantes inane quodlibet additamentum consummatiorem reddere illam doctrinam, quae humano generi antiquitus est tradita. Atque huiusmodi profecto fuit prae-existentiae dogma in ecclesia Iudaeorum, ubi nulla cum eo commixta erant deliria ac nugamenta. Et si sic permansisset apud Origenistas, proculdubio nunquam in publicam censuram incurrisset. Quanquam culpam omnem in istos haud ausim transferre, cum malevoli ipsorum adversarii libertatem sibi assumpserint Origenem onerandi istiusmodi rebus, quarum famae nullum solidum suberat argumentum. Huius generis erat illa bella formata historiola de turis iniectione in altare idoli, cum haec optio ipsi dabatur aut illud facere aut corporis usuram Aethiopi permittere. Quae mera fabula est romantica magnitudini nominis virtutumque Origenis superstructa. Cuius existimatio quanquam per publicam istam censuram in Quinto Generali Concilio non parum laesa videatur, ille tamen, qui condemnationis capitula per eandem potestatem, quae occasionem ei dedisset, ex actis concilii consideraverit penitus fuisse erasa, facile inveniet, quod famam Origenis magna ex parte refarcire possit sine ullo detrimento auctoritati allato grandis illius conventionis. In eorum enim iniuriam factum est, non cum ipsorum culpa, quod causa ad eos perperam maligneque delata esset.

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gefügt. Sie hielten nämlich jede sinnlose Ergänzung für eine Verbesserung der lauteren Lehren, wie sie der Welt in der alten Zeit mitgeteilt wurden.34 Hierzu zählt innerhalb der Kirche der Juden, in der ihr keine dergleichen Narreteien beigemischt wurden, die Lehre von der Präexistenz. Und wenn sie unter den Origenisten auf diese Weise weitertradiert worden wäre, so wäre sie gewiss niemals zum Gegenstand offizieller Missbilligung geworden. Allerdings wage ich nicht, sie allein dafür verantwortlich zu machen, denn ihre böswilligen Gegner nahmen sich genügend Freiheiten, Origenes ohne jedweden Anhalt in den Quellen allerlei Dinge vorzuwerfen. Von solcher Art war auch jene klischeehafte Geschichte davon, dass er Weihrauchkörner auf einen Götzenaltar geworfen habe, nachdem er vor die Wahl gestellt worden sei, entweder dem oder der Schändung seines Leibes durch einen Äthiopier nachzugeben.35 Es ist dies lediglich eine Romanze, aufgebaut auf der Größe des Namens und der Tugenden des Origenes. Sosehr sein Ruhm auch durch die offizielle Missbilligung im Fünften Ökumenischen Konzil gelitten haben mag, so wird man doch, wenn man bedenkt, dass die Details bezüglich seiner Verurteilung von eben den Mächtigen, die als erste die offizielle Missbilligung seiner Person veranlasst hatten, vollständig aus den Konzilsakten entfernt wurden, leicht ersehen, was das Ansehen des Origenes weithin wiederherzustellen geeignet wäre, ohne dass die Autorität jener großen Versammlung Schaden nehmen müsste: Es war nämlich ein Irrtum, keine Schuld ihrerseits, dass sie fehlinformiert gewesen sind.36

34 Die Annahme einer Heidentum und Christentum gemeinsamen ökumenischen prisca

theologia, auf die More auch hier wieder Bezug nimmt, erscheint an dieser Stelle ausdrücklich als göttliche Offenbarung: Das kanonische Schrifttum von Judentum und Christentum und die Werke der antiken Philosophie enthalten ein und dieselbe Wahrheit, die Gott in den verschiedenen Zeiten der Heilsgeschichte Juden, Heiden und Christen in Geist und Schrift mitgeteilt hat. 35 Die Episode findet sich bei Epiphanius, pan. 64,2,2–5 (GCS Epiph. 2, 404). 36 Im rhetorisch effektvollen Schlusssatz seiner Apologie des altkirchlichen Präexistentianismus rekurriert More zur Verteidigung des von ihm bewunderten Theologen auf den sokratischen Intellektualismus: Die Konzilsväter, die den Alexandriner im 6. Jahrhundert verurteilen, haben (intellektuell) geirrt, nicht (moralisch) gefehlt. Auch hier zeigt sich ein entscheidender Unterschied zu Rust, dem gerade an der moralischen Diskreditierung der Origenes-Gegner Epiphanius und Hieronymus gelegen ist. Inhaltlich präziser, wenn auch sprachlich weniger wirkungsvoll formuliert More seine abschließende Kritik der schlechtinformierten Konzilsväter in der lateinischen Version: „Es war nämlich ein Unrecht wider sie, an dem sie keinerlei Schuld trugen, dass ihnen der Fall unrichtig und in missgünstiger Absicht geschildert wurde.“

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Joseph Glanvill (1662) A letter concerning the pre-existence of souls |fol. 1r| Reverend and excellent Sir, The short acquaintance which I had with you gave me such a taste of the excellence of your spirit and worthy accomplishments of your generous and noble mind that I cannot satisfy myself quietly to let go an happiness, a touch whereof was so gratifying and delightsome. Nor should I ever answer to my self-love or discretion the omission of any opportunity of making myself better known to a person that is so deservedly deep in mine esteem and affections. Therefore, though the envious fates have snatched you from your country and from the arms of your beloved friends and honourers, yet notwithstanding their injury and the gulf they have placed between us, I have found a way to my felicity and shall have some content in this remedy of absence, since I can’t enjoy you nearer. Nor can I ever fear that you will deny me the influence of your goodness till I suspect that stars and seas can divide you from yourself, that is separate you from your unequalled benignity and candour. Wherefore, |293| upon the assurance of your unalterable goodness and the native sweetness of your disposition, you see, I have adventured to cross the seas to you and to give you the trouble of a long and tedious diversion. And though I foresee that I shall somewhat distress your patience, yet it relieves me to consider that hereby I shall demonstrate how I rate your goodness, which had I not thought magnificently of, I should never upon that encouragement have engaged in a business which by one less benign might be interpreted as a rudeness and presumption. But not to tire you with prefacing, I’ll address myself to the errant of this present missive. 1 Der Text des Briefes befindet sich in der Huntington Library (Ms. HA 7622) und wurde

erstmals publiziert von Charles F. Mullett, A Letter by Joseph Glanvill on the Future State, in: Huntington Library Quarterly 1 (1938) 447–456, hier 450–456. Er ist hier abgedruckt nach der Ausgabe von Rhodri Lewis, Of “Origenian Platonisme”. Joseph Glanvill on the Pre-existence of Souls, in: ebd. 69 (2006) 267–300, hier 292–300. Die textkritischen Details sind in der Ausgabe von Lewis penibel notiert, während hier, der Zielsetzung des Bandes gemäß, ein Lesetext geboten wird, dessen Orthographie und Interpunktion konsequent dem modernen Gebrauch angepasst sind. Die Anmerkungen zur Übersetzung beruhen zum allergrößten Teil auf den exzellenten Fußnoten von Lewis zu dieser Edition, der er zudem eine sehr nützliche Einführung vorangestellt hat (ebd. 290–292). 2 Der Adressat des Briefes ist ziemlich sicher George Rust: Mullett, ebd. 447; Lewis, ebd. 290 f. So auch Robert Crocker, Henry More and the Preexistence of the Soul, in: ders. (Hg.), Religion, Reason and Nature in Early Modern Europe (AIHI 180), Dordrecht/Boston/London 2001, 77–96, hier 87; Terryl L. Givens, When Souls Had Wings. Pre-mortal Existence in Western Thought, Oxford 2010, 167.

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Joseph Glanvill (1662) Ein Brief über die Präexistenz der Seelen1 Hochwürdiger Herr, Eure Exzellenz,2 die kurze Zeit der Bekanntschaft mit Ihnen vermittelte mir eine derartige Kostprobe von der Vortrefflichkeit Ihres Geistes und der ehrwürdigen Reife Ihres großzügigen und edlen Denkens, dass ich mich nicht damit zufrieden geben kann, stillschweigend eine Freude fahren zu lassen, deren flüchtige Berührung so erfreulich und köstlich gewesen ist. Noch möchte ich es jemals vor mir selbst und meinem Gewissen rechtfertigen müssen, irgendeine Gelegenheit ausgelassen zu haben, in engeren Kontakt mit einer Person zu kommen, die verdientermaßen so hoch in meiner Wertschätzung und Achtung steht. Obgleich das missgünstige Schicksal Sie Ihrem Land und den Armen Ihrer geliebten Freunde und Verehrer entrissen hat,3 auch ungeachtet des Unrechts, das es uns mit dieser Trennung antut, habe ich daher einen Weg zu meinem Glück gefunden und werde etwas Befriedigung in diesem Heilmittel gegen die Abwesenheit4 finden, da ich mich Ihrer Nähe nicht erfreuen kann. Noch habe ich je zu befürchten, dass Sie mir die Zuwendung Ihrer Güte verweigern werden, solange ich nicht annehme, dass Sterne und Meere Sie von Ihrem Selbst scheiden können, das heißt, Sie von Ihrer unvergleichlichen Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit trennen. Im Vertrauen auf Ihre nie nachlassende Güte und die angeborene Anmut Ihres Gemüts wage5 ich es deshalb, wie Sie sehen, die Meere zu Ihnen zu überqueren und Sie mit einer langwierigen und mühseligen Ablenkung zu belästigen. Und obgleich ich voraussehe, dass ich Ihre Geduld einigermaßen strapazieren werde, erleichtert mich doch der Gedanke, dass ich damit demonstrieren werde, wie hoch ich Ihre Güte einschätze: Hielte ich diese nicht für großartig, hätte ich mich niemals, davon ermutigt, auf eine Sache eingelassen, die von einem weniger freundlichen Menschen als Grobheit und Anmaßung gedeutet werden könnte. Doch um Sie nicht mit Vorreden zu ermüden, komme ich zum Anliegen des vorliegenden Schreibens.

3 Diese Aussage und die folgenden erklären sich, wenn man sie auf den Weggang von Rust

aus Cambridge nach Irland Mitte 1661, wo er zunächst Dechant von Connor und ab 1668 Bischof von Dromore war, bezieht: Lewis, ebd. 290. 4 Hinter dem „Heilmittel gegen die Abwesenheit“ steckt ein alter, auf die antike Epistolographie zurückgehender Brieftopos: der Brief als Mittel, räumliche Distanz zu überbrücken. 5 Ich würde dieses Perfekt als Brieftempus auffassen: Aus der Sicht des Empfängers ist dies im Augenblick des Lesens Vergangenheit, aus der Sicht des Schreibers aber Gegenwart.

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The great and noble theories which our modern Origenians have enlightened the world with have fired my desires to learn the whole hypothesis. For not to dissemble mine ignorance from one that I would should cure it, I perceive there are some recondite dogmata therein, which all my search and inquiries could never yet bring me acquainted with, the not knowing of which, I presume, occasions those doubts which ever and anon disturb my contemplations. And I hope that all the objections that I have in this paper given you an account of are but the products of mine ignorance. For I would much rather have that discovered to me than that there should be any real flaws in an hypothesis that I am so enamoured of. I perceive the noble philosophers are unwilling to prostitute their generous theories to unworthy opinionists or to express them to the contempt of sturdy and uncapable minds by too frank a disclosure. And therefore, they seem to me industriously to conceal some things which are necessary to a full comprehension of their dogmata. Now, how I should learn the mystery or get a key to unlock the archives, I knew not except by applying myself to some of the mysta’s of the Cabbala, which course, therefore, I concluded on, and the same thought that suggested the project minded me of you as the fittest person for such an application. And methought your benignity invited mine address, and your communicative goodness seemed to tell me that you would freely impart the secret. Wherefore, having first made known my doubts to our worthy and ingenious friend Mr Gibbon and received encouragement from him in my design, I resolved to put it in execution. And you have here the product of that determination. The particulars I have here recited are some of them only queries, others doubts and objections which seem to confront the hypothesis. And though my meditations have suggested to me what I think will take off the edge of the some of them, yet I durst not confide in mine own resolutions till I am confirmed in them by one who, I am sure, has a perfect comprehension of those doctrines. For more clear procedure I 6

„Cabbala“ bezeichnet im allgemeinen englischen Sprachgebrauch des 17. Jahrhunderts jeden besonders erhellenden philosophischen Gedanken: Lewis, Origenian Platonisme (wie Anm. 1) 293 Anm. 10. Im Letter of Resolution bezieht sich Rust unter den Argumenten für die Präexistenz auch auf „die kabbalistisch ausgelegte Schöpfungsgeschichte“, wie sie Henry More in seinem Genesiskommentar mit dem Titel Conjectura Cabbalistica von 1653 bietet (siehe dazu oben S. 137 und 273 mit Anm. 7). Rust verwendet den Begriff philologisch als eine Auslegungsmethode und stellt klar, dass er damit nicht „eine phantastisch extravagante Auslegung“ meint, sondern „gemeint ist eine Deutung, die der Erhabenheit des Geistes, der sie diktiert, und der Tiefe der Weisheit und Erkenntnis des Mose, der sie niedergeschrieben hat, sowie dem Wesen der Dinge, deren Erschaffung darin dargelegt wird, gerecht wird, eine Deutung schließlich, die dem literarischen Genre entspricht, dem sie [sc. die Schöpfungsgeschichte] ihrem eigenen Anspruch nach offensichtlich angehört“: [George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His O ­ pinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope ­Nicolson, New York 1933, 45; vgl. ebd. 45 f. 104.

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Die großen und edlen Theorien, mit deren Licht unsere modernen Anhänger des Origenes die Welt erfüllt haben, haben mein Verlangen danach entfacht, das ganze Konzept kennen zu lernen. Um mein Unwissen nicht vor jemandem zu verhehlen, von dem ich möchte, dass er es beheben sollte: Ich nehme darin einige schwer verständliche Lehren wahr, mit denen mich all mein Suchen und Fragen nach wie vor nicht vertraut zu machen vermochte. Das Unwissen darüber verursacht, nehme ich an, diese Zweifel, die mich in meinem Nachdenken immer wieder einmal in Verwirrung stürzen. Und ich hoffe, dass alle Einwände, die ich Ihnen in dieser Abhandlung darlege, nichts anderes als Produkte meiner Unwissenheit sind. Denn es wäre mir viel lieber, diese Dinge würden mir erschlossen werden, als dass es tatsächlich irgendwelche Mängel in einem Konzept gäbe, von dem ich so fasziniert bin. Ich nehme wahr, dass sich die edlen Philosophen dagegen verwahren, ihre hehren Theorien an unwürdige Besserwisser zu verschleudern oder sie der Verachtung derber und unfähiger Geister auszusetzen, indem sie sie zu freimütig offenlegen. Und deshalb scheinen sie mir absichtlich einige Dinge zu verbergen, die für ein volles Verständnis ihrer Lehren notwendig sind. Nun wusste ich nicht, wie ich an das Geheimnis oder an einen Schlüssel zum Aufschließen der Archive kommen sollte, außer mich an einen der Mysten der Kabbala6 zu wenden. Ich beschloss daher, diesen Weg einzuschlagen, und dieselbe Überlegung, die das ganze Projekt anregte, brachte mich auf Sie als die am besten geeignete Person, an die ich mich wenden könnte. Und ich meinte, Ihre Freundlichkeit lud mich dazu ein, Ihnen zu schreiben, und Ihre leutselige Güte schien mir zu sagen, dass Sie das Geheimnis offen weitergeben würden. Nachdem ich deshalb zuerst unseren geschätzten und geistreichen Freund Herrn Gibbon7 über meine Zweifel in Kenntnis gesetzt hatte und von ihm in meinem Vorhaben bestärkt worden war, beschloss ich, es in die Tat umzusetzen, und hier haben Sie das Ergebnis dieses Entschlusses. Manche der einzelnen Punkte, die ich hier vorbringe, sind lediglich Fragen, andere hingegen Zweifel und Einwände, die dem Konzept zu widersprechen scheinen. Und obgleich meine Überlegungen mir nahegelegt haben, dass das, was ich denke, einige Punkte entschärfen wird, wage ich auf meine eigenen Lösungen doch nicht zu vertrauen, bis ich von jemandem in ihnen bestärkt worden bin, von dem ich mir sicher bin, dass er über ein vollkommenes Verständnis dieser Lehren verfügt. Im Sinne eines klareren Vorgehens stel-

7 Nach Mullett, Letter by Joseph Glanvill (wie Anm. 1) 451 Anm. 8, und Lewis, ebd. 291,

ist damit wahrscheinlich Nicholas Gibbon (1605–1697) gemeint, der Rektor von Sevenoaks in Kent (seit 1632, entlassen ca. 1650, wieder eingesetzt 1661), der sich in mehreren Schriften für eine Versöhnung zwischen den christlichen Konfessionen einsetzte. Zu Gibbons Unterstützern zählte Robert Sanderson, der Bischof von Lincoln, der 1660 Glanvill weihte, und Gibbon hatte auch Verbindungen nach Irland: Lewis, ebd. 291 f.

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have cast my scruples into a kind of method, which, though it may be I have not exactly kept to in all particulars, yet I think I have done it as far as was necessary to avoid confusion. And knowing to whom it is that I write, I have comprised my reflections in as little room as I well might, and be understood, and I know you need not large excursions. But I come to the business.

|294| Doubts about the highest and ethereal state 1. Are there not pure νόες or unbodied spirits? I had not made this a question, but that Dr More seems shy of them and I think, at least in effect, somewhere affirms that all spirits are incorporate. Yea, he puts it into the very definition of a spirit that it can move and alter the matter, which I conceive not possible without vital union with a body. He says also that angels, without restraining them to any kind, are as truly compound beings as men and brutes. Now, I see no inconvenience in asserting such beings, and (1) methinks they are fairly possible in the notion, and the perfection of the universe seems to require them. (2) The Account of Origen intimates that the highest and best orders are impeccable and immutable, which perfections I cannot understand compatible to spirits incorporate. For hyle and matter is the root of degeneracy and apostasy. 2. What is the difference between the highest orders of incorporated spirits and our order, since they are but ethereal and so were we? For Dr More confounds the aerial and ethereal Adam. Our having a treble vital congruity is but a consequence of less perfection in our natures, but wherein consists the essential

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Zur Vorstellung von reinen geistigen Entitäten, die ohne Verbindung mit einem Körper existieren („purely unembodyed Spirits“) siehe [Joseph Glanvill], Lux Orientalis, or an Enquiry Into the Opinion of the Eastern Sages, Concerning the Praeexistence of Souls. Being a Key to Unlock the Grand Mysteries of Providence, in Relation to Mans Sin and Misery, London 1662, 133. Hier und im Folgenden rekurriert Glanvill unter Verwendung verschiedener gleichbedeutender Termini auf Mores Konzept einer „vital congruity“ von Seele und Körper, das eine für die Einkörperung erforderliche wechselseitige Nähe zwischen der Geistsubstanz und der materialen Beschaffenheit ihres Körpers bezeichnet: Je höher eine Seele im Geistigen und Moralischen aufsteigt, desto feiner ist auch der Leib, in den sie einzugehen vermag. Umgekehrt ist die Materie, die sie zu ihrem Vehikel nehmen muss, umso dichter, je tiefer sie in Intellekt und Ethos gefallen ist. Siehe dazu das Referat bei Sarah Hutton, Anne Conway. A Woman Philosopher, Cambridge 2004, 83 f. Im Folgenden wendet Glanvill das Konzept auf das ebenfalls von More übernommene triadische Schema von ätherischem, aërischem und irdischem Leib an.

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le ich meine Vorbehalte nach einer gewissen Methodik dar; obgleich es sein kann, dass ich mich nicht in allen einzelnen Punkten exakt an sie gehalten habe, denke ich doch, dies so weit wie nötig getan zu haben, um Verwirrung zu vermeiden. Und da ich mir bewusst bin, an wen ich schreibe, habe ich meine Überlegungen auf so wenig Raum zusammengedrängt, wie es mir zulässig erschien, um verstanden zu werden, und ich weiß, Sie benötigen keine weit ausholenden Darlegungen. Doch ich komme zur Sache.

Fragen zum höchsten und ätherischen Zustand 1. Gibt es nicht reine νόες beziehungsweise körperlose geistige Wesen?8 Ich würde das nicht fragen, doch dieser Herr More scheint sie zu scheuen. Und ich denke, zumindest faktisch behauptet er irgendwo, dass alle geistigen Wesen mit einem Körper verbunden sind. Ja, es gehört für ihn sogar zur Definition eines geistigen Wesens, dass es sich bewegen und die Materie wechseln kann, was ich mir ohne lebendige Vereinigung9 mit einem Körper nicht vorstellen kann. Er sieht auch, dass Engel, ohne sie auf eine bestimmte Art zu beschränken, ebenso zusammengesetzte Wesen sind wie Menschen und Tiere.10 Nun, ich sehe nichts Unpassendes darin, solche Wesen anzunehmen, und (1) ist es meines Erachtens ganz gut möglich, einen Begriff von ihnen zu bilden, und die Vollkommenheit des Alls scheint sie zu erfordern. (2) Die Darstellung über Origenes legt nahe, dass die höchsten und besten Ränge unfehlbar und unwandelbar sind:11 Eine solche Vollkommenheit vermag ich nicht mit geistigen Wesen zu vereinbaren, die mit einem Körper verbunden sind. Denn Stofflichkeit und Materie sind die Wurzel von sittlicher Entartung und Abfall. 2. Was ist der Unterschied zwischen den höchsten Rängen nicht mit einem Körper verbundener geistiger Wesen und unserem Rang, sind sie doch nichts als ätherisch, und so waren wir auch? Dr. More bringt nämlich den aërischen und den ätherischen Adam durcheinander.12 Dass wir über einen dreifachen lebendigen Zusammenhalt verfügen, ist lediglich eine Folge der geringeren Vollkommenheit unserer Natur. Aber worin besteht die wesenhafte Vollkommenheit, mit

10 Vgl. Henry More, The Immortality of the Soul I 7, London 1659, ed. by Alexander Jacob

(AIHI 122), Dordrecht/Boston/Lancaster 1987, 44–48.

11 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 46 f. 12 Vgl. Henry More, Conjectura Cabbalistica. Or, a Conjectural Essay of Interpreting the

Minde of Moses, According to a Threefold Cabbala: viz. Literal, Philosophical, Mystical, or, Divinely Moral, London 1653, 36 f.

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perfection that they have above us? Without assigning this, the giving them only a double vital aptitude will seem to be arbitrarious. 3. Does the ethereal congruity by the course of nature expire? The reasons of the question are these: (1) Dr More says in his Cabbala that Adam had but precipitated himself into that condition which in due time might have fallen to his share by course. (2) The Account of Origen offers a conjecture at the length of the ethereal periods, telling |295| us that it may as much exceed the aerial as the ether does in purity the blended atmosphere. And though the author professes the determination of the length of the ethereal life to be but conjectural, yet does he plainly suppose it terminable. Now, my reasons against it are these: (1) This would be a fault and imperfection in their very essential constitution and the defect must be either in the spirit or body to which it is united. Not in the spirit, for that, as long as it retains its purity, would be as capable of an ethereal vehicle as ever. Nor yet is it in its body, for there can never be wanting fit matter for vital union in the ethereal regions. (2) The Platonists hold these blessed immaculate spirits to be closely united to their supreme head and fountain, the deity, and methinks that should privilege them from so prejudiciate a lapse. (3) It seems to me not to be very consistent with the divine goodness and benignity to precipitate unblemished spirits into a lower condition of life without their own fault or demerit. For sure, they go not immediately to the same condition, after their ethereal congruity is expired, for that were a kind of impertinence in nature. (4) They are in the same condition that the blessed are after the resurrection, and I understand that to be perfect immortality. You know the distich ῍Ην δ᾽ ἀπολείτας σῶμα etc. And this Dr More makes account is signified by the tree of life. (5) This seems to be a blot to the just distributions of providence, and the same would be the fate of the good and of the wicked. Whereas one great law of the divine Nemesis is this, that every degree of purity in the spirit should be answered by a

13 Vgl. ebd. 37. 14 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 54. 15 Glanvill rekurriert auf die beiden letzten Verse des traditionell Pythagoras zugeschrie-

benen Goldenen Gedichts, Carmen aureum 70 f.: ῍Ην δ᾽ ἀπολείψας σῶμα ἐς αἰθέρ᾽ ἐλεύθερον ἔλθῃς, ἔσσεαι ἀθάνατος θεὸς, ἄμβροτος, οὐκ ἔτι θνητός – „Wenn du den Leib dann verlässt und zum freien Äther gelangt bist, Wirst du ein Gott sein, unsterblich, ein ewiger, nicht mehr vergänglich“; Übersetzung: Hierokles, Kommentar zum pythagoreischen Goldenen Gedicht, übers. von Friedrich Wilhelm Köhler, Stuttgart 1983, 3. Nach den Recherchen von Lewis, Origenian Platonisme (wie Anm. 1) 295 Anm. 17, steht in allen Ausgaben dieses Gedichts in der Renaissance und der Frühen Neuzeit ἀπολείτας an Stelle von ἀπολείψας. John Hall, Hierocles Upon the Golden Verses of Pythagoras; Teaching a Vertuous and Worthy Life, London 1657, fertigte eine englische Übersetzung dieses Ge-

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der sie uns überlegen sind? Ohne ihnen das zuzuschreiben, wird es als willkürlich erscheinen, ihnen nur eine doppelte lebendige Veranlagung zuzugestehen. 3. Löst sich der ätherische Zusammenhalt im Laufe eines natürlichen Prozesses auf? Die Gründe für diese Frage sind folgende: (1) Dr. More sagt in seiner Kabbala, dass Adam sich lediglich selbst übereilt in diesen Zustand gestürzt habe, der ihm zu gegebener Zeit wohl sowieso allmählich zugefallen wäre.13 (2) Die Darstellung über Origenes bietet eine Vermutung über die Länge der ätherischen Zeiten, indem sie uns erzählt, dass sie die aërischen vielleicht um so viel übertreffe wie der Äther in seiner Reinheit die gemischte Atmosphäre.14 Und obwohl der Autor bekennt, dass die Bestimmung der Länge des ätherischen Lebens lediglich eine Mutmaßung ist, setzt er doch offenkundig voraus, dass es begrenzt ist. Nun, meine Argumente dagegen sind folgende: (1) Dies wäre ein Mangel und eine Unvollkommenheit in ihrer ureigenen wesenhaften Verfassung, und der Defekt muss entweder im geistigen Wesen sein oder in dem Körper, mit dem es vereinigt ist. Nicht im geistigen Wesen, denn solange dieses seine Reinheit bewahrt, wäre es so fähig wie immer, ein ätherisches Gefährt zu haben. Doch kann es auch nicht an seinem Körper liegen, denn in den ätherischen Regionen kann es niemals an Materie mangeln, die für eine lebendige Vereinigung geeignet ist. (2) Die Platoniker halten dafür, dass diese gesegneten unbefleckten geistigen Wesen eng mit ihrem obersten Haupt und Quellgrund, der Gottheit, verbunden sind, und meines Erachtens sollte sie das vor einem derart schädlichen Fall bewahren. (3) Es scheint mir nicht gerade mit der göttlichen Güte und Wohlgeneigtheit übereinzustimmen, unbefleckte geistige Wesen ohne deren eigene Schuld oder Versagen in niedrigere Lebensumstände zu stürzen. Es ist sicher so, dass sie nicht unmittelbar, nachdem ihr ätherischer Zusammenhalt sich aufgelöst hat, in eben diesen Zustand geraten, denn das wäre so etwas wie eine Zumutung in der Natur. (4) Sie befinden sich in demselben Zustand wie die Seligen nach der Auferstehung, und ich verstehe darunter die vollkommene Unsterblichkeit. Sie kennen das Distichon: „Wenn du den Leib verlässt“ usw.15 Und dies wird, wie Dr. More darstellt, durch den Baum des Lebens versinnbildlicht.16 (5) Das scheint eine Beeinträchtigung der gerechten Zuteilungen der Vorsehung zu sein, und das Geschick der Guten und der Schlechten würde dasselbe sein. Dagegen ist ein großes Gesetz der göttlichen Gerechtigkeit dies, dass jedem einzelnen Grad von Reinheit in einem geistigen Wesen ein angemessener Grad von

dichtes an. George Rust rekurriert im Letter of Resolution ebenfalls auf diese Stelle des Goldenen Gedichts, näherhin auf den Kommentar des Hierokles dazu, „um die sprach­liche Übereinstimmung zwischen dem Hl. Paulus und Hierokles vor Augen zu führen“: [Rust], ebd. 68–70. 16 Vgl. More, Conjectura Cabbalistica 37 f. 164.

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suitable degree of purity in its body, which would be transgressed if the most pure spirit descended into less refined vehicles. (6) This were to expose them to sin and apostasy from the divine life, for these |fol. 1v| would be far more obnoxious to a moral lapse in the aerial state than they were in the celestial. (7) I would fain know how they return again or whether they ever fall as low as earth, supposing them to retain their integrity and virtuous dispositions. 4. How does the union of the highest orders with God differ from that of the Λόγος with the humanity? 5. How do good souls, as the Account of Origen says, out of love to mankind descend to earth? Can they ad placitum command themselves from their fiery vehicles into |296| these gross and terrestrial ones? And is there not a natural maturation of vital congruity necessary to such a descent? And that is not voluntary, but fatal.

Aerial pre-existent state 1. Does the aerial congruity expire through any defect of the plastic? If so, (1) how come we to resume an aerial state within these terrestrial bodies? And (2) how then does the soul unite to a body that is more difficultly manageable than the aerial vehicle? Or 2. does that aptitude expire through the accruement of more strength to the plastic power, whereby the body of air is rendered less suitable to its now thoroughly awakened energy, which yet methinks should procure it a body more pure and tenuous that should be more obedient to its laws than this sluggish stubborn element? Yet this latter seems to be the sense of our philosophers, for their doctrine is that the lower we fall, the more we sink into the plastic life, which I can understand nothing by but the invigoration of that power. And as the higher faculties are more and more consopited, so by the same degrees are the lower awakened.

17 Vgl. [Glanvill], Lux Orientalis 124–127: „There is an exact Geometrical justice that runs

through the universe, and is interwoven in the contexture of things.“

18 Vgl. George Rust, A Discourse of the Use of Reason in Matters of Religion, ed. by Henry

Hallywell, London 1683, 43.

19 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 47 f. 20 Mit dem Konzept der „plastic nature“, einer unbewussten, aber zweckgerichteten opera-

tiven Kraft in der Natur, die für Form und Ordnung in der physischen Welt ursächlich

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Reinheit in seinem Körper entsprechen sollte.17 Dagegen würde verstoßen werden, wenn das reinste geistige Wesen in ein weniger edles Gefährt hinabstiege. (6) Das würde bedeuten, sie der Sünde und dem Abfall vom göttlichen Leben auszusetzen, denn sie stünden im aërischen Zustand weit mehr in der Gefahr eines moralischen Fehltritts, als sie es im himmlischen waren. (7) Ich würde gerne wissen, wie sie wieder zurückkehren oder ob sie je so tief fallen wie die Erde – wenn man annimmt, dass sie ihre Reinheit und tugendhaften Veranlagungen zurückerhalten. 4. Wie unterscheidet sich die Vereinigung der höchsten Ränge mit Gott von der des Logos mit der Menschheit?18 5. Wie steigen gute Seelen, wie es in der Darstellung über Origenes heißt, aus Liebe zur Menschheit zur Erde herab?19 Können sie sich nach Belieben selbst aus ihren feurigen Gefährten in diese groben und irdischen abkommandieren? Und ist nicht für einen solchen Abstieg ein natürlicher Reifungsprozess an lebendigem Zusammenhalt erforderlich? Und dies geschieht nicht freiwillig, sondern schicksalhaft.

Aërischer präexistenter Zustand 1. Löst der aërische Zusammenhalt sich durch irgendeinen Defekt der plastischen Natur20 auf? Wenn dem so ist, (1) wie gelangen wir dazu, in diesen irdischen Körpern wieder einen aërischen Zustand zu erlangen? Und (2) wie verbindet sich die Seele dann mit einem Körper, der schwieriger zu beherrschen ist als das aërische Gefährt? Oder 2. löst die Veranlagung sich auf, weil der plastischen Kraft mehr Stärke zuwächst, wogegen der Körper aus Luft weniger geeignet wird für seine nunmehr völlig erwachte Energie? Dies sollte ihr meines Erachtens jedoch einen reineren und feineren Körper verschaffen, der ihren Gesetzen mehr gehorchen sollte als dieses träge, störrische Element. Doch dies letztere scheint die Ansicht unserer Philosophen zu sein, denn ihre Lehre lautet: Je tiefer wir fallen, desto mehr versinken wir in das plastische Leben – worunter ich mir nichts vorstellen kann als die Erstarkung dieser Kraft. Und wie die höheren Seelenkräfte mehr und mehr eingeschläfert werden, so werden die niedrigeren im selben Ausmaß erweckt.21 ist (anknüpfend an die platonische Weltseele), versuchten die Cambridger Platoniker vor dem Hintergrund der cartesischen Naturtheorie eine Vermittlungsinstanz zwischen dem göttlichen Geist und der materiellen Welt zu konzipieren. Siehe dazu oben S. 51 f. im Beitrag von Douglas Hedley sowie den Aufsatz von Alfons Fürst und Christian Hengstermann, oben S. 199–217. 21 Vgl. [Glanvill], Lux Orientalis 138–144: „By the same degrees that the higher powers are invigorated, the lower are consopited and abated, as to their proper exercise, & è contra.“

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The terrestrial state 1. This state is either a state of punishment or probation. If the former, why do we not remember our offences? Since penal inflictions without memory of the faults that occasioned them would indeed be a misery, but no mulct or proper punishment. Why else is the memory their past delinquencies necessary in the next state to complete the hell of the wicked? But (2) if this be a state of mere probation and an aftergame of the divine goodness, (1) how does it appear to be so to dying infants? (2) How to brutish Indians, who have few or no helps or opportunities of mending or bettering themselves? (3) How to those that are under fatal indispositions to virtue? 2. How does the soul make the body, since the plastic acts without sense or animadversion? And how can an unintelligent principle guide or direct such numerous nice motions with such order and decorum as is necessary to so difficult and exact a fabrication? 3. Methinks the soul should form the body round according to the Platonic hypothesis, except it have such a kind of organisation in its naked essence as it signs |297| the body with, which is a groundless device of van-Helmont’s. And

22 „Mulct“ ist laut OED „1. A fine imposed for an offence … 2. A penalty or punishment of

any kind.“ Das Wort geht wohl auf lat. multa, fälschlich mulcta, „Strafe“, zurück.

23 Das Schicksal im Säuglingsalter sterbender Kinder war von Anfang an ein soteriologisches

Problem, besonders für Augustinus, der unter anderem daraus seine Erbsündenlehre entwickelte: Alfons Fürst, Von Origenes und Hieronymus zu Augustinus. Studien zur antiken Theologiegeschichte (AKG 115), Berlin/Boston 2011, 413–415. Im 17. Jahrhundert wurde die Frage kontrovers diskutiert: So schrieb Hallywell in einem Brief an More am 17. März 1672, die ihn am meisten bedrängende Frage sei die nach dem Zustand der Seelen von verstorbenen Säuglingen (Cambridge, Christ’s College, MS 21, Nr. 21). Es gab die Ansicht, dass „Kinder nicht wieder auferstehen, weil sie nicht in der Lage sind, Gott zu erkennen, und deshalb auch nicht dazu, sich an ihm zu erfreuen“: Thomas Edwards, Gangraena: or a Catalogue and Discovery of many of the Errours, Heresies, Blasphemies and Pernicious Practices of the Sectaries of this Time, London 1646, 27; vgl. Jeremy Taylor, Vnum Necessarium. Or, the Doctrine and Practice of Repentance, London 1655, 381 f. Francis Mercury van Helmont war der Meinung, verstorbene Kinder und solche, die vor Christus geboren waren, müssten reinkarniert werden, um Erlösung zu erlangen: Two Hundred Queries … Concerning the Doctrine of the Revolution of Humane Souls, London 1684, 3 f. 16. 134; ders., Paradoxical Discourses … Concerning the Microcosm and the Macrocosm, London 1685, 107. 24 Die Kugel galt Platon mit dem griechischen Denken als die vollkommenste aller Formen: Tim. 33 b 1–7 für die kugelförmige Gestalt der Welt; ebd. 40 a 2–7 für die Götter (Gestirne); ebd. 44 d 3–6 für den menschlichen Kopf bzw. symp. 189 e 5 – 190 b 5 für den

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Der irdische Zustand 1. Dieser Zustand ist entweder ein Zustand der Bestrafung oder der Bewährung. Wenn ersterer, warum erinnern wir uns nicht an unsere Verfehlungen? Denn die Auferlegung von Strafen ohne Erinnerung an die Fehler, die sie veranlassten, wäre in der Tat ein Elend, aber keine Strafe22 oder eine passende Bestrafung. Warum sonst wäre die Erinnerung ihre vergangenen Verfehlungen im nächsten Zustand notwendig, um die Hölle für die Übeltäter zu komplettieren? Aber (2) wenn dies ein Zustand bloßer Bewährung und ein Nachspiel der göttlichen Güte ist, (1) wie kann man zeigen, dass das für sterbende Säuglinge so ist?23 (2) Wie für wilde Indianer, die nur wenige oder keine Hilfen oder Möglichkeiten haben, sich zu heilen oder zu bessern? (3) Wie für die, die einen schicksalhaften Widerwillen gegen die Tugend empfinden? 2. Wie gestaltet die Seele den Körper, wo doch das Plastische ohne Empfindung und Wahrnehmung agiert? Und wie vermag ein unvernünftiges Prinzip so zahlreiche hübsche Bewegungen mit solcher Harmonie und Anmut zu leiten oder zu lenken, wie es für ein so komplexes und exaktes Gebilde erforderlich ist? 3. Meines Erachtens sollte die Seele den Körper, entsprechend der platonischen Hypothese, rund formen,24 außer sie hat eine solche Art von Gefüge in ihrem nackten Wesen, wie sie den Körper damit kennzeichnet – was eine grundlose Erfindung van Helmonts ist.25 Und welchen Grund gäbe es ohne diese Vermuganzen Menschen. Siehe dazu Kurt Bayertz, Der aufrechte Gang. Eine Geschichte des anthropologischen Denkens, München 2012, 39–41. 129–136. Justinian, epist. ad Menam, anath. 5 (ACO III 213), verurteilte die These, der Auferstehungsleib der Menschen sei kugelförmig, als origenistische Irrlehre; ebenso anath. syn. Const. 10 (ACO IV/1, 249). Siehe dazu André Jean Festugière, De la doctrine «origéniste» du corps glorieux sphéroïde, in: RSPhTh 43 (1959) 81–86. Nach Johannes Bauer, Corpora orbiculata. Eine verschollene Origenesexegese bei Pseudo-Hieronymus, in: ZKTh 82 (1960) 333–341, geht die These vom kugelförmigen Auferstehungsleib (der bei Origenes nur symbolisch gemeint sein kann) auf eine verlorene Hiob-Homilie des Origenes zurück, sie lässt sich aber auch mit bestimmten seiner Formulierungen in Zusammenhang bringen: Jon F. Dechow, Dogma and Mysticism in Early Christianity. Epiphanius of Cyprus and the Legacy of Origen, Diss. University of Philadelphia 1975 (Mikrofilmdruck Ann Arbor/London 1975), 351 Anm. 4. Einen Anhalt könnte diese Annahme in Origenes, orat. 31,3 (GCS Orig. 2, 397), gefunden haben, wonach die Himmelskörper nicht (nach Phil. 2,10) die Knie beugen können, weil sie sphärisch sind, wie Origenes mit ausdrücklicher Bezugnahme auf die Ansicht der griechischen Fachwissenschaftler dazu sagt (vgl. die Hinweise von Paul Koetschau, GCS Orig. 2, Leipzig 1899, 397 z. St.). Diese Bemerkung bezieht sich allerdings auf Gestirne, nicht auf Menschen: Henri Crouzel, Origène et la philosophie (Theol[P] 52), Paris 1962, 183 Anm. 20. 25 Vgl. Johan Baptista van Helmont, A Ternary of Paradoxes, The Magnetick Cure of Wounds. The Nativity of Tartar in Wine. The Image of God in Man, übers. von Walter Charleton, London 21650, 129–131.

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without this supposal, what reason is there that the plastic should bear out so unequally from its centre in the formation of the body?

The next state 1. How would you hinder the enlarging the hypothesis to Pythagorism? For (1) the divine goodness, which regards all his creatures, seems to require it. Otherwise, some will be faultlessly miserable. For what account else can be given of the state of beasts who some of them are all their lives subject to the tyrannical lusts of merciless men, except we suppose them to have deserved this severe discipline by some former delinquencies? (2) Some men seem naturally prepared for a descent into brute bodies by their brutish dispositions and have almost nothing to speak them better while in human flesh but speech and their external persons. Now, if the reason of our descending into these bodies was, as the Account of Origen says, that our souls acted at no higher rate of perfection than might have been expected from souls in such bodies, in like manner, methinks, those that live like brutes should the next step descend into such bodies as their bestial nature fits them for. (3) The next state is a state of punishment to the wicked and therefore worse than this, and therefore they will have worse bodies, since, the Account of Origen says, the purer the body is, the purer and happier will be the life and operations, according to which if wicked men rise immediately in aerial bodies, they would then be less miserable than now they are. (4) This descent is no more unlikely than that aerial genii should become terrestrial men. And (5) methinks it is more tolerable than a state of utter silence and inertness, which, according to Origenianism, after the conflagration will be the lot of the wicked. And (6) the metempsychosis of insects is a dangerous instance. 26 Glanvill erörtert, ob die Verbindung der Seele mit Körpern in unterschiedlichen „Zustän-

den“ auch die Seelenwanderung (Metempsychose) im Sinne des Pythagoreismus, also bis hin zur Einkörperung in Tierleiber, einschließt. Er neigt dieser Theorie hier offenbar zu: Peter Harrison, Animal Souls, Metempsychosis, and Theodicy in Seventeenth-Century English Thought, in: JHP 31 (1993) 519–544, hier 535 f. George Rust hingegen lehnte mit Origenes (vgl. oben S. 220 Anm. 2) die Seelenwanderung und speziell die Einkörperung der Seele in Tierleiber ab: [Rust], Letter of Resolution 53–55. – Für Pythagoras siehe: Die Vorsokratiker 1, Auswahl der Fragmente und Zeugnisse, Übersetzung und Erläuterungen von M. Laura Gemelli Marciano, Düsseldorf 2007, 114–117 (VS 14,1; 14,8a; 21 B 7); Wolfgang Röd, Die Philosophie der Antike 1. Von Thales bis Demokrit (GPh 1), München 2 1988, 57: „Die Seele durchläuft dieser Lehre zufolge eine Reihe von Verkörperungen, bis es ihr gelingt, sich von allen Einflüssen der Körperlichkeit zu lösen … und in die Region des Göttlichen zurückzukehren. Über das Schicksal der Seele entscheidet die Art der Lebensführung. Die Seele des moralisch Höherstehenden wird in einer höheren Daseinsform wieder geboren; die Seele des moralisch Minderwertigen steigt zu niederen Daseinsformen ab.“

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tung, weshalb sich das Plastische bei der Formung des Körpers so ungleich von seinem Zentrum aus ausprägen sollte?

Der nächste Zustand 1. Wie würden Sie verhindern, dass das Konzept bis zum Pythagoreismus hin ausgeweitet wird?26 Denn (1) die göttliche Güte, die allen seinen [sc. Gottes] Geschöpfen Beachtung schenkt, scheint das zu erfordern. Andernfalls werden manche schuldlos im Elend sein. Denn welche Erklärung sonst kann für den Zustand von Tieren gegeben werden, von denen manche ihr Leben lang den tyrannischen Launen gnadenloser Menschen unterworfen sind, außer wir nehmen an, sie haben diese strenge Zucht aufgrund einiger früherer Verfehlungen verdient? (2) Manche Menschen scheinen von Natur aus auf einen Abstieg in tierische Körper angelegt zu sein, und zwar aufgrund ihrer tierischen Veranlagungen; und sie haben nahezu nichts, weshalb man sie während ihres Daseins in menschlichem Fleisch als besser bezeichnen könnte, als die Sprache und ihre äußere Erscheinungsform. Wenn nun der Grund für unseren Abstieg in diese Körper der war, wie es in der Darstellung über Origenes heißt,27 dass unsere Seelen auf keiner höheren Stufe der Vollkommenheit handelten, als von Seelen in solchen Körpern hätte erwartet werden können, sollte meines Erachtens in ähnlicher Weise der nächste Schritt solche, die wie Tiere leben, in solche Körper hinabführen, wie sie zu ihrer tierischen Natur passen. (3) Der nächste Zustand ist ein Zustand der Bestrafung der Übeltäter und daher schlechter als der jetzige, und deshalb werden sie schlechtere Körper haben, wie es ja in der Darstellung über Origenes heißt, je reiner der Körper ist, desto reiner und glücklicher werden das Leben und die Taten sein. Wenn schlechte Menschen unmittelbar in aërischen Körpern auferstehen, wären sie dementsprechend dann weniger elend dran, als sie es jetzt sind.28 (4) Dieser Abstieg ist nicht unwahrscheinlicher, als dass aërische Genien zu irdischen Menschen werden sollten.29 Und (5) ist das meines Erachtens akzeptabler als ein Zustand absoluter Stummheit und Untätigkeit, was gemäß der Lehre des Origenismus nach dem Weltenbrand das Los der Übeltäter sein wird. Und (6) die Metempsychose von Insekten ist ein gefährliches Beispiel.

27 Vgl. [Rust], Letter of Resolution 47 f. 28 Vgl. ebd. 48. 29 Vgl. ebd. 51: „Warum sollte es verwunderlicher sein, dass Genien der Luft zu Menschen der

Erde werden, als dass Engel des Äthers zu Dämonen der Luft werden?“ Dem Empfang, den „aërische Genien“ umgekehrt neu ankommenden Seelen nach ihrer Auferstehung in diese höhere Region bereiten, setzt More, Immortality of the Soul III 9 (p. 239 Jacob), in einer metrischen Übersetzung eines Apollo-Hymnus ein literarisches Denkmal.

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2. At least, may not some act more than one part on this stage in human form before this role of providence has gone round? For do not dying infants fall back again immediately into their former state of silence when they quit these bodies? And may they not be tempted forth again from that recess when fitly prepared matter calls for them? |298| 3. May we not amend in the next state what we have done amiss in this? And so many not the departed wicked get beyond the reach of the black fate before the day of fiery vengeance? For the misery they will then feel will awaken those considerations and endeavours in them which the pleasures of the body here would not give them leave to attend to. And on the contrary, which is the more troublesome doubt, may not those that have been in some good preparations to happiness and have lived virtuously here degenerate and grow into the animal life in the next state? Though I could without much difficulty admit the former, yet this latter is a discouraging consideration. |fol. 2r| 4. Is there not some fear that we may lose our memories after death, since far less changes now cause a total oblivion? We have forgot most passages of our infancy, and a disease oft makes memory a mere Rasu Tabula. Besides, we remember nothing now without the help of those spirits which very likely will take the wings and fly away or at least they will see much altered when we have got us aerial bodies. 5. I cannot perceive what account this hypothesis gives of the state of the wicked after death before the Day of Judgement. Methinks it makes the condition of the good (at least those that are imperfectly so) and the bad to be much what as now without much distinction of state or abode. Or, if the wicked are confined to uncomfortable squalid places here on earth or under it, I pray by what law? Natural or political? Their confinement to the unique shade of the earth which Dr More speaks of in his philosophical dream, I know not whether I am to take it for such or in earnest. If the latter, I see no reason why they might not move with the circling atmosphere. 30 So auch [Glanvill], Lux Orientalis 24; vgl. Harrison, Animal Souls (wie Anm. 26) 535.

Zum Schicksal gestorbener Kinder siehe oben Anm. 23.

31 Die platonische Vorstellung von Wissen als Wiedererinnerung (Anamnesis) – vgl. Platon,

Men. 80 d 5–86 c 3; Phaid. 72 e 3–84 b 8. 91 c 6–92 e 3; Plotin, enn. I 6,2; IV 6,3; Hans Otto Seitschek, Art. Wiedererinnerung/Anamnesis (anamnêsis), in: Christian Schäfer (Hg.), Platon-Lexikon. Begriffswörterbuch zu Platon und der platonischen Tradition, Darmstadt 2007, 330–333 – wird auch von More und Glanvill diskutiert. Vgl. Henry More, Philosophicall Poems, London 1647, 292–295. 429 f.; ders., Immortality of the Soul 167 f. 252–254; Joseph Glanvill, The Vanity of Dogmatizing: Or Confidence in Opinions. Manifested in a Discourse of the Shortness and Uncertainty of our Knowledge, and its Causes, London 1661, 32–39; [ders.], Lux Orientalis 58–61. Weitere Hinweise und Literatur bei Lewis, Origenian Platonisme (wie Anm. 1) 298 Anm. 33.

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2. Könnten nicht zumindest einige auf dieser Bühne mehr als eine Rolle in menschlicher Gestalt spielen, bevor dieses Rad der Vorsehung sich einmal gedreht hat? Denn fallen sterbende Säuglinge nicht wieder unmittelbar in ihren früheren Zustand der Stummheit zurück, wenn sie diese Körper verlassen? Und könnten sie nicht erneut aus diesem Schlupfwinkel herausgelockt werden, wenn passend vorbereitete Materie nach ihnen ruft?30 3. Werden wir im nächsten Zustand nicht korrigieren, was wir in diesem verkehrt gemacht haben? Und entgehen nicht viele der verstorbenen Übeltäter vor dem Tag der feurigen Vergeltung dem Griff des schwarzen Schicksals? Denn das Elend, das sie dann zu spüren bekommen, wird die Überlegungen und Bestrebungen in ihnen erwecken, denen Aufmerksamkeit zu schenken ihnen die Vergnügungen des Körpers hier keinen Raum geben würden. Und könnten nicht auf der anderen Seite – was die beunruhigendere Frage ist – die, die sich einigermaßen gut auf die Glückseligkeit vorbereitet und tugendhaft hier gelebt haben, sittlich entarten und im nächsten Zustand in ein tierisches Leben hineinwachsen? Obwohl ich ohne große Schwierigkeit das erstere zugeben könnte, ist dies letztere doch ein entmutigender Gedanke. 4. Besteht nicht eine gewisse Sorge, dass wir unsere Erinnerungen nach dem Tod verlieren könnten, wo doch weit geringere Veränderungen nunmehr ein totales Vergessen verursachen? Wir haben die meisten Stationen unserer Kindheit vergessen, und eine Krankheit macht das Gedächtnis oft zu einem gänzlich unbeschriebenen Blatt. Außerdem erinnern wir uns jetzt an nichts ohne die Hilfe der Lebensgeister, die sehr wahrscheinlich ihre Flügel ausbreiten und davonfliegen werden, oder zumindest werden sie ganz anders aussehen, wenn wir uns aërische Körper zugelegt haben.31 5. Ich vermag nicht zu erkennen, welche Erklärung dieses Konzept für den Zustand der Übeltäter nach dem Tod vor dem Tag des Gerichts gibt. Meines Erachtens macht es die Lage der Guten (zumindest der auf unvollkommene Weise Guten) und der Schlechten sehr stark so, wie sie jetzt ist, ohne große Unterscheidung von Zustand oder Aufenthaltsort. Oder wenn die Übeltäter in unbequeme, schmutzige Orte hier auf Erden oder darunter eingesperrt sind, bitte, durch welches Gesetz? Ein natürliches oder ein politisches? Von ihrer Einschließung in den der Erde eigenen Schatten, von dem Dr. More in seinem philosophischen Traum spricht,32 weiß ich nicht, ob ich sie wörtlich oder überhaupt ernst nehmen soll. Wenn letzteres der Fall ist, sehe ich keinen Grund, warum sie nicht mit der kreisenden Atmosphäre in Bewegung sein sollten.

32 Henry More, Insomnium Philosophicum, in: ders., Philosophicall Poems 324–328.

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The state after the conflagration 1. Shall all the silenced souls immediately awaken after the air is restored to its natural temper or else lie insensible till they are called for by a terrestrial con­ gruity? The former seems most probable to me, since there was no failure on the soul’s part, its radical vital aptitude remaining, so that there will be nothing wanting to its reaccension but matter fit for vital union, which restored nature will then abundantly furnish it |299| with. But yet methinks our philosophers incline to the other hypothesis. Your opinion will determine me. 2. How shall the matter be prepared for the reception of human souls, and what common seedsman will there be of succeeding mortality whenas all mankind shall be swept away by the conflagration? To have recourse to a miracle seems a desperate refuge. And if there be any way within the course of nature, methinks we should ere this have had instances of such generations. 3. Will not the earth after its conflagration recover its solary nature and fly away into the centre of some other vortex again? I had made no doubt of it, but that Dr More and the ingenious apologist for Origen give another account of it.

2 other incident queries 1. Since probably like lapses have hapenned in other vortices as in ours, what method can we probably conjecture that divine providence has used for their recovery? Or, what were the aerial genii that yet never fell so low as earth, benefited by the appearance of our redeemer? 2. How appears it that brutes are not mere machines? We cannot conclude them to have immaterial souls but by determining that the actions which they

33 Ich verstehe den Ausdruck „mortality“, „Sterblichkeit“ als Abstraktum für das Concretum

„die Sterblichen“, d. h. die Menschen.

34 Vgl. More, Immortality of the Soul 538–540. 543; [Rust], Letter of Resolution 89–91. Siehe

auch [Glanvill], Lux Orientalis 188 f.

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Der Zustand nach dem Weltenbrand 1. Sollen all die zum Verstummen gebrachten Seelen unmittelbar, nachdem die natürliche Temperatur der Luft wiederhergestellt ist, aufwachen, oder liegen sie sonst empfindungslos da, bis sie von einer irdischen Entsprechung gerufen werden? Das erstere scheint mir höchst wahrscheinlich, da es kein Versagen auf Seiten der Seele gab und ihre wesenhafte lebendige Veranlagung bestehen bleibt, so dass zu ihrer Wiederauferstehung nichts fehlen wird außer für eine lebendige Vereinigung geeignete Materie, mit der die wiederhergestellte Natur sie dann im Überfluss versehen wird. Und doch neigen unsere Philosophen meines Erachtens der anderen These zu. Ihre Meinung wird mir zu einer Entscheidung verhelfen. 2. Wie sollte die Materie für die Aufnahme menschlicher Seelen vorbereitet sein, und welchen gemeinsamen Urahn der sterblichen Nachkommen33 wird es geben, wenn doch die gesamte Menschheit vom Weltenbrand hinweggerafft werden wird? Zuflucht zu einem Wunder zu nehmen scheint ein verzweifelter Ausweg. Und wenn es irgendeinen Weg innerhalb des natürlichen Prozesses gibt, sollten wir meines Erachtens hier Beispiele für solche Zeugungen aus der Zeit vor diesem [sc. dem Weltenbrand] haben. 3. Wird nicht die Erde nach ihrer Verbrennung ihre solare Natur wiedererlangen und erneut in das Zentrum irgendeines anderen kosmischen Wirbels davonfliegen? Ich hätte das nicht zum Thema einer Frage gemacht, doch dieser Dr. More und der scharfsinnige Verteidiger des Origenes geben davon eine andere Darstellung.34

Zwei weitere ad hoc-Fragen 1. Da sich wahrscheinlich ähnliche Abstürze [sc. von Seelen] in anderen kosmischen Wirbeln als in unserem ereignet haben, welche Methoden können wir wahrscheinlich vermuten, die die göttliche Vorsehung zu ihrer Wiederherstellung benutzt hat? Oder was wären die aërischen Genien, die noch niemals so tief wie die Erde gefallen sind, da ihnen das Erscheinen unseres Erlösers zugute kam? 2. Wie lässt sich zeigen, dass Tiere nicht bloße Maschinen sind?35 Wir können nicht schlussfolgern, dass sie immaterielle Seelen haben, außer durch die Fest35 Das ist die Meinung von René Descartes, wie sie zum Beispiel in einem Brief an More

vom 5. Februar 1649 zum Ausdruck kommt: Œuvres des Descartes. Bd. 5, hg. von Charles Adam/Paul Tannery, Paris 1974, 278. Sie wird von den englischen Platonikern im 17. Jahrhundert nicht zuletzt an der Frage diskutiert, ob Tiere eine Seele haben, was anzunehmen Glanvill an dieser Stelle keinen Grund sieht: Harrison, Animal Souls (wie Anm. 26) passim, für die vorliegende Stelle ebd. 536.

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perform are above the power of any material principle, which I see no reason to assert, since the same and other as difficult operations are performed without animadversion or sense, as in the direction of our spirits for animal motions and in the plastic formations. And (2) if brutes are not machines, it is either because God could not make such creatures as should do such things mechanically or because he would not. To assert the former is, methinks, to be too bold with the divine power, since we deprehend no contradiction in the thing, and every day presents us with things in nature that are as wonderful. And the latter, that he would not, is contrary to the maxim Frustra fit per plura etc. You see, Sir, how much I presume on your goodness, which yet I should not so unreasonably have overlaid, but that I have some assurance that Mr Gibbon’s interest will procure me a pardon and but that he promised to recommend my doubts to your consideration, I should have been ashamed to give you so voluminous a trouble. If you can find time from your more weighty employments to return me an answer, you may be pleased to enclose it to Mr Gibbon, since the place of my then-abode will be uncertain. By gratifying my desires herein, you will lay an infinite obligation on |300| Sir, Your most affectionate Servant and honourer Jos. Glanvill. Cecill-house Jan. 20.6i |fol. 2v| Qs des Cartes from Mr Glanvill to I think bishop Rust, several queries concerning a further state. 36 Diese seit dem 19. Jahrhundert als „Ockhams Rasiermesser“ bekannte Maxime lautet voll-

ständig: Frustra fit per plura quod potest fieri per pauciora – „Umsonst erreicht man durch mehr, was durch weniger erreicht werden kann“, d. h. die beste Erklärung ist die, die mit den wenigsten Hypothesen auskommt. Zur Erfindung dieses Prinzips in der frühneuzeitlichen Philosophiegeschichtsschreibung (und zwar 1649 durch Libertus Fromondus) und seinen verschiedenen Bedeutungen siehe Wolfgang Hübener, „Occam’s Razor not Mysterious“, in: ABG 27 (1983) 73–92. 37 Das in den späten 1670er Jahren zerstörte Cecil House, auch Burghley und Exeter House genannt, stand in London an der Stelle des heutigen Lyceum Theatre. Siehe J. F. Merrit, The Cecils and Westminster, in: Pauline Croft (Hg.), Patronage, Culture, and Power. The Early Cecils, New Haven CT 2002, 231–246. 38 Mullett, Letter by Joseph Glanvill (wie Anm. 1) 447. 456, gibt als Jahr des Briefes 1661 an, Lewis, Origenian Platonisme (wie Anm. 1) 300 Anm. 39, 1661/62. Das frühe Datum 20. Januar lässt sich für das Jahr 1661 aber nicht mit den Angaben vereinbaren, die darin offensichtlich zu Ereignissen dieses Jahres gemacht werden, nämlich das Erscheinen des

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legung, dass die Handlungen, die sie ausführen, über die Kraft eines jeden materiellen Prinzips hinausgehen  – was zu behaupten ich keinen Grund sehe, da dieselben und andere gleich schwierige Handlungen ohne Wahrnehmung oder Empfindung ausgeführt werden, wie in der Verfügung unseres Geistes über psychische Regungen und in den plastischen Bildungen. Und (2) wenn Tiere keine Maschinen sind, dann entweder deswegen, weil Gott Kreaturen, die dergleichen auf mechanische Weise tun, nicht erschaffen könnte, oder weil er es nicht wollen würde. Ersteres zu behaupten ist meines Erachtens zu kühn angesichts der göttlichen Macht, zumal wir keinen Widerspruch in der Sache zu fassen bekommen; und jeder Tag hält für uns Dinge in der Natur bereit, die genauso wunderbar sind. Und letzteres, dass er nicht wollen würde, widerspricht der Maxime: „Umsonst erreicht man durch mehr“ usw.36 Sie sehen, mein Herr, wie sehr ich auf Ihre Güte vertraue, die ich gleichwohl nicht so unüberlegt überbeansprucht haben sollte, doch hege ich eine gewisse Zuversicht, dass der Einsatz von Herrn Gibbon mir eine Entschuldigung verschaffen wird. Und hätte er nicht versprochen, meine Fragen Ihrer Aufmerksamkeit zu empfehlen, sollte es mich mit Scham erfüllt haben, Sie derart ausgiebig zu belästigen. Wenn Ihre gewichtigeren Verpflichtungen Ihnen die Zeit lassen, mit eine Antwort zurückzusenden, so bitte ich Sie höflich darum, sie Herrn Gibbon zu übergeben, da der Ort meines Aufenthalts dann ungewiss sein wird. Wenn Sie meine Wünsche in dieser Angelegenheit erfüllen, werde ich mich Ihnen auf immer tief verpflichtet fühlen, Mein Herr. Ihr sehr ergebener Diener und Verehrer Jos. Glanvill. Cecil-House37 20. Januar 1662.38 Cartesische Fragen39 von Herrn Glanvill an, denke ich, Bischof Rust, verschiedene Fragen einen künftigen Zustand betreffend.

Letter of Resolution und Rusts Weggang nach Irland Mitte 1661 (siehe oben Anm. 3), so dass 1662 die richtige Datierung sein dürfte, für die auch Lewis, ebd. 290, sich entscheidet. 39 Der rätselhafte Ausdruck „Qs des Cartes“ in dieser editorischen Notiz von einer anderen Hand dürfte als „Quaerys/Queries Descartes“, „cartesische Fragen“, zu entschlüsseln sein: Die von Glanvill in diesem Brief ventilierten Überlegungen über den Zusammenhang von Geist und Materie sind Teil des Programms der britischen Platoniker des 17. Jahrhunderts gegen deren Trennung in der Philosophie von René Descartes (siehe oben Anm. 20 und 35).

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Joseph Glanvill (1662) Lux Orientalis The Preface It is none of the least commendable indulgences of our church that she allows us a latitude of judging in points of speculation and ties not up men’s consciences to an implicit assent to opinions not necessary or fundamental. Which favourable and kind permission is questionless a great obligation upon the ingenuous submissively to receive and observe her pious appointments for peace and order. Nor is there less reason in this parental indulgence than there is of Christian charity and prudence, since to tie all others up to our opinions and to impose difficult and disputable matters under the notion of confessions of faith and fundamentals of religion is a most un-Christian piece of |2| tyranny, the foundation of persecution and very root of anti-Christianism so that I have often wondered that those that heretofore would have forced all men to a compliance with darling notions and would have made a prey of them that could not bow down before the idol of their new-framed orthodoxy should yet have the face to object persecution and un-Christian tyranny to our church appointments when themselves lie under a

1

Grundlage ist der Text der Henry More gewidmeten Doppelausgabe von 1682, die neben Joseph Glanvills Lux Orientalis von 1662 George Rusts Discourse of Truth von 1651 und einen von More eigens für diese Ausgabe verfassten Kommentar zu den beiden Schriften seiner Schüler enthält. Der umfängliche Titel von Glanvills Schrift fasst ihr origeneisches Grundanliegen konzis zusammen: Two choice and useful treatises, the one Lux Orientalis or An Enquiry into the opinion of the Eastern sages concerning the pre-existence of souls, being a key to unlock the grand mysteries of providence in relation to man’s sin and misery. The other, A Discourse of Truth by the late Reverend Dr. Rust, Lord Bishop of Dromore in Ireland with annotations on them both, London 1682, The Preface (o. S.). Demnach ist der Präexistentianismus ein „Licht vom Osten“, sein Urheber, Origenes, ein „orientalischer Weiser“. 2 Nicht von ungefähr verwendet Glanvill an dieser Stelle den Begriff „latitude“, mit dem man, wie aus S[imon] P[atrick], A Brief Account of the New Sect of Latitudinarians: Together with some Reflections upon the New Philosophy, London 1669, hervorgeht, die Cambridger Platoniker zu ihrer Zeit in polemischer Absicht belegt hat: Die doktrinäre Weite, die den Philosophen um More und Cudworth in dem anonymen Pamphlet vorgeworfen wird, ist im programmatischen Einleitungssatz der Vorrede gerade zentrales Charakteristikum des vom Verfasser entworfenen idealtypischen Bildes der anglikanischen Kirche, auf deren offizielle Lehre der Verfasser zur Zeit ihrer Restauration durch die nachhaltig von Origenes geprägte Schrift Einfluss zu nehmen suchte. Die Absicht einer solchen Einflussnahme im Sinne einer liberalen Theologie origeneischen Zuschnitts teilt Glanvills Lux Orientalis betitelter Präexistenz-Traktat mit Mores ebenfalls vom Denken des Alexandriners durchdrungener Religionsschrift An Explanation of the Grand Mystery of Godliness von 1660 und George Rusts Origenes-Darstellung im Letter of Resolution von 1661.

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Joseph Glanvill (1662) Licht vom Osten Das Vorwort1 Es ist nicht die geringste unter den vortrefflichen Freiheiten, die uns unsere Kirche zugesteht, dass sie unserem Urteil in spekulativen Dingen einen großen Spielraum2 lässt und bei Lehren, die weder notwendig noch grundlegend sind, das Gewissen der Menschen nicht zu einer unbedingten Zustimmung3 verpflichtet. Eine solch freundliche und wohlwollende Liberalität bedeutet für ihre freien Kinder ohne Zweifel zugleich eine große Verpflichtung, ihre frommen Anordnungen zur Wahrung der friedlichen Ordnung in Demut anzunehmen und zu befolgen. Es ist auch nicht so, dass sich diese elterliche Offenheit mehr durch christliche Liebe und Umsicht als durch Vernunft auszeichnet. Alle anderen zu unseren Ansichten nötigen und ihnen umstrittene schwierige Dinge unter den Bezeichnungen „Glaubensbekenntnisse“ und „Grundsätze der Religion“ aufoktroyieren zu wollen ist nämlich ein Akt unchristlichster Tyrannei, der Grund für Verfolgungen und die eigentliche Wurzel aller „Antichristlichkeit“ ist.4 Es wundert mich deswegen immer wieder, dass die, die bislang nur allzu gern alle Menschen zur Zustimmung zu ihren geschätzten Vorstellungen genötigt und denjenigen, die ihre Knie vor dem Götzen einer von ihnen ersonnenen neuen Orthodoxie nicht beugen konnten, am liebsten den Garaus gemacht hätten, es gleichwohl wagen, unseren kirchlichen Verfügungen den Vorwurf der Verfolgung und der unchristlichen Tyrannei zu machen.5 Schließlich haben sie sich selbst auf fürchterliche 3 Der Begriff „implicit“ ist hier im Sinne der fides implicita, eines autoritativen Bekenntnis-

ses, als terminus technicus verwendet (vgl. OED 3a).

4 Der Kunstbegriff „anti-Christianism“ fungiert als Sammelbezeichnung für die religions-

5

kritischen Strömungen der Zeit. Wie die übrigen Cambridge Platonists wähnt auch Glanvill nicht zuletzt in einer von Zwist und Intoleranz geprägten christlichen Praxis, die der hehren christlichen Botschaft Hohn spricht, den Grund für den massiven Glaubwürdigkeitsverlust der überkommenen Religion und das zeitgleiche Aufkommen des Atheismus. Siehe dazu auch die scharfe Kritik, die Ralph Cudworth, A Sermon Preached before the Honorable House of Commons at Westminster, March 31, 1647, in: Charles Taliaferro/ Alison J. Teply (Hg.), Cambridge Platonist Spirituality, New York 2004, 55–94, hier 56, bereits an den gewalttätigen innerchristlichen Auseinandersetzungen der Zeit geübt hatte, sowie die mehr theoretisch gehaltenen Darlegungen zu den Ursprüngen des Atheismus bei John Smith, Select discourses. Fourth edition corrected and revised by Henry Griffin Williams, Cambridge 1859, 39–55. Hintergrund der Aussage sind die verschiedenen parlamentarischen Beschlüsse seit dem Restaurationsjahr 1660, darunter der am 19. Mai 1662 erlassene „Act of Uniformity“, der die in den Bürgerkriegsjahren verlorene kirchliche Einheit dadurch wiederherzustellen suchte, dass er die im sehr traditionellen „Book of Common Prayer“ dargelegten Riten der anglikanischen Kirche für alle Gläubigen bindend machte. Das genannte Dekret hatte

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deep and crimson guilt of those very same miscarriages which they endeavour to affix upon those more innocent constitutions. For is it not a far more blameable and obnoxious imposition to frame systems of disputable opinions and to require their admittance into our creeds in the place of the most sacred, necessary and fundamental verities than it is to appoint some harmless orders of circumstance and |3| ceremony, which in themselves are indifferent and innocent? And let any equal man be judge which is the greater superstition, either to idolize and place religion in things of dispute and mere opinions or conscientiously to observe the sanctions of that authority we are bound to obey. But how all those ill-applied reproaches of the Church of England recoil upon those that discharge them I have fully proved in a discourse on this subject, which in its due time may see the light. But for the present, I go on with what I was about. Therefore, I say, it is a most commendable excellence in our ecclesiastical constitutions, which with all due regard ought to be acknowledged, that they lay stress on few matters of opinion but such as are of important concernment or very meridian truths. Which I mention not to this purpose as if |4| men might therefore indulge themselves in what conceits and dangerous opinions soever their fancies might give birth to (this were an unpardonable abuse of that noble and ingenuous liberty that is afforded us), but that they might see the beauty of those well-tempered constitutions and that the mouth of obloquy might be stopped that slanders our church as if it yielded no scope at all for free inquiry when I dare say there is not a church in Christendom that in this regard is less taxable.

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zur Folge, dass noch einmal rund 2000 Abweichler, die den bisherigen Maßnahmen gegen sie entgangen waren, aus der Kirche ausgeschlossen wurden. Offenbar nimmt Glanvill an dieser Stelle Bezug auf den Widerspruch, den die Zwangsmaßnahme auf puritanischer Seite hervorgerufen hatte. Dem Vorwurf einer repressiven Religionspolitik seitens der restaurierten Monarchie und Kirche begegnet der Autor hier und im Folgenden nicht nur mit einem tu quoque – immerhin hatten sich vor allem die Puritaner selbst durch Gewalt gegen religiöse Abweichler, insbesondere gegen charismatische Gruppen wie die Quäker, hervorgetan –, sondern auch mit seiner praktischen Ekklesiologie der „latitude“, die seiner eigenen platonisch-origeneischen Theologie in besonderem Maße entsprach. Der anstößige „Act of Uniformity“ normiert demnach zwar, wie er betont, die gottesdienstliche Praxis und gewährleistet so nach den Jahren der Bürgerkriege Ordnung und Frieden. In theoretischen theologischen Fragen aber schreibt die wiederhergestellte anglikanische Kirche dem einzelnen Gläubigen, wie Glanvill den Leidtragenden der parlamentarischen Religions­ politik versichert, lediglich einige wenige unerlässliche Grundlehren vor. Zur Praxis religiöser Intoleranz in den ersten Restaurationsjahren siehe allgemein den hilfreichen Überblick bei Robert M. Bliss, Restoration England 1660–1688, London/New York 1985, 29–33, sowie die ausführliche Darstellung des „Act of Uniformity“ und seiner Vorgeschichte und Folgen bei Ronald Hutton, The Restoration. A Political and Religious History of England and Wales 1658–1667, Oxford 1986, 171–180. Glanvill spielt auf sein Werk The Vanity of Dogmatizing von 1661 an, in dem er erstmalig seine Kritik des Scholastizismus und seinen Skeptizismus mit einem Appell für die Frei-

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Weise genau der Verfehlungen schuldig gemacht, die sie nun diesen ziemlich harmlosen Bestimmungen anzulasten suchen. Ist es denn etwa keine weit verfänglichere und verurteilenswertere Nötigung, wenn man umstrittene Lehren zu einem System zusammenfügt und verlangt, dass diese anstelle der heiligsten, notwendigsten und grundlegendsten Wahrheiten Aufnahme in die Glaubensbekenntnisse finden, als wenn man einige harmlose Anordnungen zur liturgischen Praxis aufstellt, die in sich gleichgültig sind und niemandem schaden? Und möge ein unvoreingenommener Mann beurteilen, was der größere Aberglaube ist, umstrittene Dinge und bloße Meinungen zu vergöttern und darin seine Religion zu sehen oder sorgsam auf die Beschlüsse der Autorität achtzugeben, der wir Gehorsam schulden! Wie allerdings all diese grundlosen Vorwürfe, die der Kirche von England gemacht werden, auf die, die sie vorbringen, zurückfallen, das habe ich in einer Abhandlung über dieses Thema, die wohl zu gegebener Zeit herauskommen wird, ausführlich bewiesen.6 Doch jetzt will ich mit dem, was ich gerade ausführen wollte, fortfahren. Ich sage also, dass einer der überaus bewunderns- und achtenswerten Vorzüge unserer Kirchenverfassung darin besteht, dass sie in der Lehre nur den wenigen Dingen Gewicht beimisst, die von großem Belang sind und bei denen es sich um sehr erhabene Wahrheiten handelt. Ich erwähne dies nicht zu dem Zweck, dass Leute sich deshalb nun in allen möglichen Ansichten und gefährlichen Meinungen, wie sie ihre Phantasie in die Welt setzen mag, ergehen dürften. Das wäre ein unverzeihlicher Missbrauch dieser hohen und edlen Freiheit, die man uns schenkt. Vielmehr mögen sie die Schönheit dieser wohldurchdachten Konstitutionen sehen und soll der Mund, der unsere Kirche mit seinen Verleumdungen, dass diese der freien Forschung keinerlei Raum biete, diffamiert, geschlossen werden. Schließlich, so wage ich zu sagen, gibt es in der Christenheit keine Kirche, die in dieser Hinsicht weniger Tadel verdiente.7

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heit der Wissenschaft einerseits und die Freiheit von Religion und Gewissen andererseits verbunden hatte. Auch im Lob der anglikanischen Kirche kommt Glanvill mit seinem Freund und Mitorigenisten Rust überein, der am Ende seines Letter of Resolution der Sorge Ausdruck verleiht, der vermeintliche Adressat C. L. könnte die Präexistenzlehre des Origenes fälschlich aufgrund der „Achtung des Sohnes vor der Autorität unserer lieben Mutter, der Kirche von England“, verwerfen. Wenige Zeilen später lobt Rust im Zusammenhang der Auf­ erstehungsdoktrin wie Glanvill die dogmatische Selbstbescheidung der anglikanischen Kirche, die ihren Mitgliedern nur die wichtigsten Lehren als zwingenden Gegenstand ihres Bekenntnisses auferlege: „Stattdessen übt sie sich in überaus weiser Demut, wenn sie sich damit zufrieden gibt, dem Glauben ihrer Söhne in diesem speziellen Punkt nicht mehr aufzuerlegen als das, was die drei Glaubensbekenntnisse hierzu sagen und was sie in ihrem VIII. Artikel noch einmal bekräftigt“: [George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope Nicolson, New York 1933, 133.

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As for the opinion of pre-existence, the subject of the following papers, it was never determined against by ours nor any other church that I know of and, therefore, I conceive, is left as a matter of school speculation, which without danger may be problematically argued on either hand. And I have so |5| great confidence in all true sons of our common mother to think that they will not fix any harsh and severe censures upon the innocent speculations of those, though possibly they may be errors, who own the authority, articles, canons and constitutions of that church which they are so deservedly zealous for. Therefore, let me here premonish once for all that I intend no innovation in religion or disturbance of our established and received doctrines by anything I have undertaken in this little treatise, but only an innocent representation of an ancient and probable opinion, which, I conceive, may contribute somewhat towards the clearing and vindicating the divine attributes and so representing the ever-blessed deity as a more fit object of love and adoration than the opinions of the world make him. And whatever |6| may be thought of the thing itself or the manage of this affair, I’m sure the end and design is concerning and important and serves at least a favourable construction of the undertaking. For there is nothing more for the interest of religion than that God be represented to his creatures as amiable and lovely, which cannot be better done than by clearing up his providences and dealings with the sons of men and discovering them to be full of equity, sweetness and benignity so that, though I should be mistaken in the opinion which I endeavour to recommend, yet I expect the candour of the ingenuous being betrayed into an error, if it be one, by so pardonable an occasion. If it be excepted against this undertaking that the doctrine of pre-existence has in a late discourse been purposely handled besides |7| what the learned Dr. More has written of it and, therefore, that this labour may seem a superfluous, unnecessary repetition, I answer that the very treatise, viz. the Account of Origen, made

8 Die mit dem Adjektiv „problematic“ umschriebene Methode meint ein undogmatisches in 9

utramquem partem disputare, für das der neuzeitliche Skeptiker, gestützt auch auf Origenes, in seinen philosophischen Werken eintritt. Gemeint sind Henry Mores umfangreiche Schriften zum Thema. Den Anfang bildet 1647 sein großes metaphysisches Lehrgedicht On the Praeexistency of the Soul. In seinem philosophischen Hauptwerk The Immortality of the Soul von 1659 bietet More eine umfassende Darstellung des Themas: Immortality of the Soul II 12 (p. 145–153 Jacob). Auch in späteren Werken befasst sich More intensiv mit der origeneischen Hauptlehre, so etwa in den Divine Dialogues von 1668, in denen er unter Verwendung verfremdender sprechender Namen more Socratico mit engen Freunden und Schülern wie George Rust und Joseph Glanvill Gespräche theologischen Inhaltes führt, und in den Annotations, die er 1682 den zwei Werken Glanvills und Rusts beigibt (siehe oben Anm. 1). Glanvills More-Lob erinnert hier und an späterer Stelle an die gleichfalls enthusiastischen Äußerungen bei [Rust], Letter of Resolution 22, oder bei dems., I Joh 4.16. God is Love, in: The Remains of that Reverend

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Was die Lehre von der Präexistenz, das Thema der folgenden Seiten, betrifft, so haben weder unsere noch irgendeine andere mir bekannte Kirche jemals ein Dekret gegen sie erlassen. Und deshalb, so meine ich, stellt sie einen Gegenstand der Schulspekulation dar, für oder wider den sich als These8 gefahrlos diskutieren lässt. Und zu allen wahren Söhnen unserer gemeinsamen Mutter habe ich ein solches Vertrauen, dass ich davon ausgehe, dass sie die Spekulationen derjenigen, welche die Autorität, die Glaubensartikel, die Kanones und die Konstitutionen der Kirche, der mit solch gutem Recht ihr Eifer gilt, anerkennen, selbst dann nicht mit scharfen und strengen Verurteilungen belegen, wenn es sich hierbei womöglich um Irrtümer handelt. Deshalb möchte ich hier sogleich ein für allemal klarstellen, dass ich mit nichts von dem, was ich in diesem kleinen Traktat unternommen habe, eine Neuerung in der Religion oder eine Verwirrung unserer überkommenen traditionellen Lehre im Sinn gehabt habe, sondern lediglich eine harmlose Darstellung einer plausiblen alten Ansicht, die meines Erachtens etwas zur Entlastung und Rechtfertigung der göttlichen Eigenschaften beitragen und die allzeit gesegnete Gottheit als schicklicheren Gegenstand von Liebe und Anbetung darstellen kann, als dies in den landläufigen Lehren der Fall ist. Und was auch immer man von der Sache selbst oder von der Durchführung dieser Dinge halten mag, so bin ich mir doch sicher, dass das angestrebte Ziel überaus bedeutsam ist und die Unternehmung zumindest eine wohlwollende Einstellung verdient. Nichts nämlich betrifft das Interesse der Religion mehr, als Gott seinen Geschöpfen als liebenswert und voller Liebe darzustellen, und dies kann durch nichts besser erreicht werden als dadurch, dass man seine Fügungen und seine Handlungen an den Menschensöhnen rechtfertigt und deutlich macht, dass sie voller Gerechtigkeit, Zärtlichkeit und Güte sind. Sollte ich mich in der Ansicht, die ich stark zu machen versuche, irren, so nehme ich an, dass es ein verzeihliches Anliegen ist, durch das diese aufrichtigen freien Geister einem Irrtum, sofern es denn ein solcher ist, aufgesessen sind. Nun mag jemand gegen diese Unternehmung einwenden, dass die Lehre von der Präexistenz nicht nur in den Schriften des gelehrten Dr. More9 zu diesem Thema, sondern auch in einer jüngst veröffentlichten Abhandlung eigens behandelt worden ist und dass diese Mühe deshalb wie eine überflüssige, unnötige Wiederholung anmuten mag. Hierauf antworte ich, dass eben dieser Traktat, das heißt

and learned Prelate, Dr. George Rust, Late Lord Bishop of Dromore, in the Kingdom of Ireland. Collected and Published by Henry Hallywell, London 1686, 1–20, hier 17. Entsprechend lässt sich auch die Vorrede als Dokument des frühneuzeitlichen Cambridger Origenisten-Netzwerkes um Henry More lesen: Wie Rust ist es auch Glanvill ein Anliegen, für die origenistische Philosophie des von ihm bewunderten Lehrers, allen voran den von ihm vertretenen Präexistentianismus zu werben.

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some such thing as this expedient. For though the proof and management of this affair be there unexceptionable, as far as the author is by his design engaged, yet he, being confined to the reasons of Origen and to the answering such objections as the Fathers urged against him, has not so fully stated and cleared the business but that there was room for after-undertakers. And it is a great disinterest to so strange and unusual a doctrine as this to be but partially handled, since so long, it will not be understood and, consequently, be but exposed to contempt and ignominy. Nor can we hope that the world be so favourable to a para|8|dox or take so much pains for the understanding of that which they think a gross absurdity as to collect those principles that are scattered up and down the writings of that great and excellent restorer of the Platonic Cabbala and accommodate them to the interest of this opinion so that I thought that till the reasons, answers, principles and particular state of the hypothesis were brought all together, to talk of preexistence in earnest were but to make a man’s self ridiculous and the doctrine the common ludibrium of fools and ignorants. And yet I must confess myself to be so much a condemner of the half-witted censurers of things they know not that this reason alone could not have moved my pen the breadth of a letter. But some ingenious friends of mine who were willing to do their maker right in a due |9| apprehension of his attributes and providences, having read the Letter of Resolution and thence being induced to think favourably of pre-existence, were yet not fully satisfied in the proof nor able to give stop to those objections which their imperfect knowledge of the hypo­thesis occasioned. Wherefore they desired me to draw up a more full and particular account of that doctrine which they had now a kindness for and which wanted nothing more to recommend it to them but a clear and full representation. For their satisfaction, then, I drew up the following discourse, intending it first that it should go no further than their hands whose interest in mine affections had commanded it. But, they being more than I could well pleasure with written cop-

10 Binnen zweier Sätze bestimmt der Autor das Genre des erratischen Briefs zur Aufklärung

über Origenes und seine Hauptlehren gleich auf dreierlei Weise: Die anonyme Schrift ist eine „Abhandlung“ („discourse“), ein „Traktat“ („treatise“) und eine Origenes-Darstellung („account of Origen“). Letztere Formulierung deckt sich mit dem Anfang des Titels des Origenes-Briefes, wie er sich in den Kopfzeilen findet: An Account of Origen, and his chiefest Opinions. 11 [Rust], Letter of Resolution, bietet zwar in der Tat zunächst zwei ausführliche Referate der beiden origeneischen Hauptlehren zur Präexistenz und zum Fall der Seele (21–46. 46–55), dann eine Widerlegung der im ersten Origenismus-Streit gegen den Präexistentianismus vorgebrachten Einwände (100–108). Allerdings verkennt Glanvill die systematische Zielsetzung des Werkes, das es keineswegs bei einer bloßen Wiedergabe der entsprechenden origeneischen Lehrmeinungen belässt.

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die Darstellung über Origenes,10 eine Sache wie die vorliegende hat angebracht erscheinen lassen. So tadellos nämlich die Beweisführung und die Behandlung dieser Sache dort, soweit der Autor sich im Rahmen seiner Zielsetzung damit befasst, auch sein mögen, so hat er sich doch auf die Argumente des Origenes und auf die Widerlegung der Einwände, wie sie die Kirchenväter mit Nachdruck gegen ihn vorgebracht haben, beschränkt.11 Er hat die Angelegenheit daher auch nicht so erschöpfend dargelegt und geklärt, dass nicht noch Raum für weitere Darstellungen bliebe. Und für eine solch merkwürdige und ungewöhnliche Lehre wie die vorliegende ist es von Nachteil, wenn sie nur teilweise dargestellt wird. Da sie bei diesem Umfang unverstanden bleibt, gibt man sie hierdurch nur der Verachtung und Diffamierung preis. Wir können auch nicht hoffen, dass die Welt einer Sondermeinung so gewogen sein oder sich so angestrengt um das Verständnis dessen, was sie für eine blanke Absurdität halten, bemühen wird, dass sie die Prinzipien, die sich in den Schriften jenes großen und hervorragenden Wiederherstellers der platonischen Kabbala kreuz und quer verstreut finden,12 zusammensuchen und zugunsten dieser Ansicht zusammenfügen werden. Ich meinte also, dass man, solange man nicht die Gründe, Pro-Argumente, Prinzipien und den spezifischen Status der Hypothese allesamt zusammengebracht hätte, sich selbst nur lächerlich machen und die Lehre dem allgemeinen Gespött von Narren und Unkundigen preisgeben könnte, wenn man sich ernsthaft zur Präexistenz äußern wollte. Und dennoch muss ich bekennen, dass ich beschränkte Leute, die Dinge kritisieren, von denen sie keine Ahnung haben, so weit verachte, dass dieser Grund allein meine Feder nicht um die Breite eines Buchstabens hätte bewegen können. Einige hochverständige Freunde von mir, die bereit waren, ihrem Schöpfer durch ein geziemendes Verständnis seiner Eigenschaften und seiner Fügungen recht zu tun, hatten den Brief zur Aufklärung gelesen und waren von daher zu einer positiven Auffassung von der Präexistenz gelangt. Allerdings hatte sie die Beweisführung nicht vollends zufrieden gestellt, noch waren sie in der Lage, den Einwänden, die sich infolge ihres unvollkommenen Wissens um diese Theorie einstellten, Einhalt zu gebieten. Deshalb ersuchten sie mich, ich möchte doch eine vollständigere und detailliertere Darstellung dieser Lehre geben, für die sie nunmehr Sympathie hegten und zu deren Annahme es ihnen lediglich noch an einer klaren und umfassenden Darlegung fehlte. Ich entsprach also ihren Bitten, als ich den folgenden Traktat ausgearbeitet habe. Dabei war es meine ursprüngliche Absicht, dass dieser allein in den Händen derjenigen bleiben sollte, deren Interesse an meinen Vorstellungen mich dazu bewogen hatte. Allerdings waren es 12 Gemeint ist abermals Henry More, in dessen Lob sich an dieser Stelle unüberhörbar auch

Kritik mischt. Tatsächlich wird die Struktur der Schrift On the Immortality of the Soul dem vom Verfasser erhobenen eigenen Anspruch einer strengen philosophischen Axiomatik kaum gerecht.

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ies and perceiving others of my acquaintance also to whom |10| I owe regard and service to be in the like condition with these, I was induced to let this little trifle tread a more public stage and to speak my mind to them from the press. If further reason be expected for mine undertaking a business in which others have been engaged, I would desire them to consider what an infinity of books are written upon almost all subjects can be named. And I am confident if they turn over libraries, they’ll find no theme that is of any consideration less traced than this is so that nobody has reason to call it a crambe who considers that there are multitudes even of scholars that have never seen or heard of anything of this nature. And there is not that I know of any one book extant in any language besides this that purposely, solely and fully treats of pre-existence. Wherefore whoever con|11|demns this as a superfluous engagement, if he will be just, must pass the same censure upon well-nigh every discourse the press is delivered of, for he’ll meet with few written on less-handled subjects. I might urge also, if there need on it, that various representations of the same thing fit the variety of fancies and gusts of perusers. And that may have force and prevalence to persuade in one which signifies nothing in another. But it is enough. He that will judge me on this account must pass the same award on every sermon he hears and every book he looks on. And such a censure will do me as little hurt as him good that passes it. Besides this exception, it is not unlikely that some may object that I use arguments that have already been pleaded in behalf of this opinion, which, rightly understood, |12| is no matter of disrepute, since everyone else does it that deals in a subject formerly written of. And I would have him that commences such a charge against me to consult divers authors who have handled the same subject and if he find not the same arguments and reasons infinitely repeated everywhere, let him call me plagiary and spare not. It is true, therefore, I have not baulked the reasons of Origen, Dr. More or the author of the Letter of Resolution, because they had been used already, but freely own the assistance of those worthy authors. However, I think I have so managed, fortified and secured them against exceptions, especially the most considerable that I may reasonably expect a pardon, yea, and

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so viele, dass ich sie kaum mit Abschriften hätte hinreichend versorgen können. Außerdem bemerkte ich, dass andere Bekannte von mir, die ich sehr schätze und in deren Schuld ich stehe, in der gleichen Lage waren wie jene. Dies bewog mich dazu, diese kleine Spielerei eine öffentlichere Bühne betreten zu lassen und ihnen meine Ansicht im gedruckten Medium kundzutun. Wenn man weitere Gründe dafür erwartet, weshalb ich eine Sache, mit der sich bereits andere befasst haben, in Angriff nehme, so möchte ich jene bitten, sich klarzumachen, was für eine unendliche Zahl von Büchern über alle erdenklichen Themen geschrieben wird. Und ich bin zuversichtlich, dass sie, wenn sie die Büchereien durchgehen, auf kein irgendwie bedeutsames Thema stoßen werden, das weniger behandelt worden wäre als das vorliegende. Daher gibt es keinen Grund, dies als leidige Wiederholung zu bezeichnen, wenn man bedenkt, dass es selbst unter Gelehrten sehr viele gibt, die niemals etwas von der Art gesehen oder davon gehört haben. Und es gibt meines Wissens außer dem vorliegenden kein anderes in irgendeiner Sprache erhaltenes Buch, das sich ausdrücklich, ausschließlich und ausführlich mit der Präexistenz befasst. Wer auch immer dies also als überflüssige Arbeit verurteilt, muss, wenn er fair ist, dasselbe Verdikt auch über nahezu jeden anderen Traktat sprechen, der die Druckerpresse verlässt. Er wird nämlich einige finden, die über weniger häufig behandelte Themen geschrieben worden sind. Weiter könnte ich, wenn es denn notwendig wäre, geltend machen, dass verschiedene Darstellungen derselben Sache gut zur Verschiedenheit der Gemüter und Geschmäcker der Leser passen. Und das mag für den einen Überzeugung und Kraft haben, was für einen anderen ohne Belang ist. Doch genug hierzu: Wer mich aus diesem Grunde verurteilt, der muss dasselbe Urteil auch über jede Predigt sprechen, die er hört, und über jedes Buch, auf das sein Auge fällt. Und eine solche Kritik wird mich so wenig treffen, wie sie dem etwas einbringt, der sie äußert. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass manche neben diesem Einwand weiter dagegenhalten, dass ich Argumente anführe, die bereits früher zugunsten dieser Ansicht vorgebracht worden sind. Dies gereicht aber, recht verstanden, niemandem zur Schande. Es gibt schließlich keinen, der das nicht täte, wenn er ein Thema behandelt, über das bereits vorher etwas geschrieben worden ist. Und denjenigen, der eine solche Anklage gegen mich erhebt, möchte ich bitten, sich verschiedene Autoren, die dasselbe Thema behandelt haben, anzusehen, und wenn er nicht allenthalben dieselben Argumente und Gründe unzählige Male wiederholt findet, so soll er mich einen Plagiator heißen und mich nicht schonen! Es trifft also zu, dass ich über die Gründe, die Origenes, Dr. More oder der Autor des Briefs zur Aufklärung anführen, nicht hinweggegangen bin, nur weil man sich ihrer bereits vorher bedient hatte. Nein, die Hilfe seitens dieser achtbaren Autoren räume ich freimütig ein. Allerdings habe ich sie (und vor allem die bedeutendsten unter ihnen) so angeordnet, begründet und gegen Einwände abgesichert, dass ich mit

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an interest in them also. For it is the backing of an argument that gives it force and efficacy, which I have done to the |13| most weighty of them at my proper cost and charges. Nor should I have been faithful to my cause had I omitted anything that I thought confirmed it upon any pretence whatever, since, possibly, this discourse may fall into the hands of some who never met with those other authors. And my design being a full proof, defence and explication of pre-existence, it had been an unpardonable defect to have pretermitted those weighty reasons by which its learned assertors have enforced it. If any yet should criminate me (as I know some did the Account of Origen) for using many of the same words and some of the same phrases and expressions that those others who have writ about those matters have made use of, I am not very careful to answer them in this matter, and I doubt this engagement |14| against those little scruples will but seem importune to the judicious. For nobody blames the frequent usage of words of art or those which the first masters or restorers of any doctrine have been wont to express their notions by, since that such words and expressions are best understood as have by custom or the authority of some great authors been appropriated to such doctrines as they have employed them in the service of. And should everyman that writes on any subject be obliged to invent anew all the terms he has need of and industriously to shun those proper expressive words and phrases that are fitted to his hands and the business he is about, all things will be filled with impertinence, darkness and confusion. It must be acknowledged, then, that most of the peculiar words and phrases that either I or anybody |15| else that will speak properly and intelligibly in this matter make use of are borrowed from the judicious and elegant contriver of them, the profound restorer and refiner of almost-extinct Platonism, whose invention has been so happy in this kind that it has served up those notions in the most apposite, significant, comprehensive and expressive words that could well be thought of. Wherefore it were an humoursome piece of folly for any man that deals in these matters industriously to avoid such terms and expressions as are so adapted and fitted to this purpose and so well-known among those that are

13 Zu Mores „platonischer Kabbala“ siehe oben Anm. 9.

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Fug und Recht auf Nachsicht, ja sogar auf Interesse daran rechnen kann. Es ist ja die Begründung für ein Argument, die diesem Kraft und Stärke verleiht, und dafür habe ich im Falle der gewichtigsten unter ihnen das eigene Geld und Kapital aufgewendet. Ich wäre meiner Sache auch nicht treu geblieben, wenn ich irgendetwas, wodurch diese nach meinem Dafürhalten Bestätigung findet, aus irgendeinem fadenscheinigen Grund weggelassen hätte. Schließlich ist es gut möglich, dass diese Abhandlung in die Hände von Leuten gelangt, die niemals auf jene anderen Autoren gestoßen sind. Und da es mein Anliegen ist, einen umfassenden Beweis für die Präexistenz zu erbringen und sie in einer erschöpfenden Darstellung zu rechtfertigen, so wäre es ein unverzeihlicher Fehler gewesen, wenn ich die gewichtigen Gründe übergangen hätte, mit denen ihre gelehrten Verfechter sie begründet haben. Sollte irgendjemand mir gleichwohl noch zur Last legen (wie manche es, so weiß ich, im Falle der Darstellung über Origenes getan haben), ich hätte oftmals dieselben Wörter und zuweilen auch dieselben Wendungen und Ausdrücke verwendet, von denen die anderen, die vor mir über diese Dinge geschrieben haben, bereits Gebrauch gemacht hätten, so will ich gar nicht viel Mühe darauf verwenden, ihnen zu antworten. Und ich vermute, dass ein solches Eifern wider dergleichen Quisquilien einem besonnenen Menschen nur unangemessen scheinen wird. So rügt doch niemand den häufigen Gebrauch von Fachtermini oder von Begriffen, mit denen die ersten Autoritäten oder Wiederhersteller egal welcher Lehre ihre Vorstellungen zum Ausdruck zu bringen pflegten. Schließlich sind diejenigen Begriffe und Ausdrücke am verständlichsten, die durch die Gewohnheit oder durch die Autorität einiger großer Autoren zu Fachbegriffen der Lehre, in deren Dienst jene sie gestellt haben, geworden. Und wäre jeder, der über ein beliebiges Thema schreibt, dazu gezwungen, alle Termini, die er benötigt, neu zu erfinden und sorgfältig all die aussagekräftigen Fachbegriffe und -termini zu vermeiden, die zu seiner Arbeit und zu dem, was er angehen will, passen, so wären alle Dinge voll irrationaler Düsternis und Wirrnis. Ich will also einräumen, dass sich die meisten der Spezialbegriffe und -ausdrücke, die ich oder jeder andere, der sich zu dieser Sache auf angemessene und verständliche Weise äußern will, verwendet, ihrem verständigen und geistreichen Systematiker verdanken, der den beinahe schon ausgestorbenen Platonismus formvollendet wiederhergestellt hat.13 Seine Erfindungsgabe hat sich in diesem Bereich auf so gelungene Weise betätigt, dass sie uns die entsprechenden Gehalte in den zutreffendsten, markantesten, genauesten und ausdrucksstärksten Wörtern, die sich überhaupt denken lassen, darreicht. Es wäre daher ein Akt des Irrsinns und der üblen Laune, wollte jemand, der sich mit diesen Dingen befasst, unter großer Anstrengung solche Begriffe und Ausdrücke vermeiden, die so exakt und genau zu diesem Anliegen passen und die denen, die mit dieser besonderen Lehre vertraut sind, so wohlbekannt sind. Schließlich kann er doch nicht

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acquainted with this way of learning when without vanity he could not think to be better furnished from his own fancy. If in the following papers I have used any expressions of others which |16| these considerations will not warrant, I must beg pardon for my memory, which does not use to be so serviceable. And where I writ this discourse, I had not one of my books within my reach that treated of this or indeed any other subject. Nor am I at leisure now to examine them and this to see whether I can find any such coincidences, which a man’s fancy dealing frequently in such matters might insensibly occasion. If any there be, let those that find them out pardon them as the slips of a too officious imagination. Or, however else they treat them, they shall not much displease the author. And now that this discourse may pass with less control among those that shall light on it, I find myself engaged to speak a little to a double sort of readers who are like to be offended at my design and averse |17| to the doctrine asserted in these papers. And (1) some will boggle at pre-existence and be afraid to entertain it upon an apprehension that the admission of this opinion will disorder and change the frame of orthodox divinity, which, were there cause for such a jealousy, were but a commendable caution. But there’s hope this may prove but a panic fear or such a needless terror as surprises children in the dark, when they take their best friends for some bugbear that would carry them away or hurt them. For it is but supposing (as I have somewhere intimated in the discourse itself) that God created all souls together, as he did the angels; that some of them sinned and fell with other apostate spirits and for their disobedience were thrust into a state of silence and insensibility; that the divine goodness so provided for |18| them that they should act a part again in terrestrial bodies when they should fitly be prepared for them; and that Adam was set up as our great protoplast and representative who, had he 14 Die Arbeitsweise scheint Glanvill mit Rust gemein zu haben, der ebenfalls etwa das ein-

schlägige Werk zum Thema, Henry Mores The Immortality of the Soul, zur Zeit der Abfassung des Letter of Resolution, wie er dort (22) vorgibt, nicht zur Hand gehabt haben will. 15 Siehe [Glanvill], Lux Orientalis 51–54, bes. 52, wo der Verfasser aus der Unendlichkeit der göttlichen Güte auf die Präexistenz der von dieser ins Dasein gesetzten Geistwesen schließt: „Beziehen wir dies also auf unser Thema: Da Gott unendlich gut ist, und zwar zu seinen Geschöpfen, und da er stets das tut, was für sie am besten ist, so scheint mir der Schluss eindeutig, dass unsere Seelen bereits früher, also noch ehe sie in diese Körper eingegangen sind, gelebt und Freude an ihrem Dasein empfunden haben.“ Glanvill kommt hier durchaus mit dem Autor des Origenes-Briefes überein. Zwar sagt [Rust], Letter of Resolution 24–26, bes. 25, nicht ausdrücklich, dass Gott alle Vernunftwesen zur gleichen Zeit geschaffen habe. Allerdings impliziert der von ihm dargelegte Gedanke ihrer ewigen Existenz eine gleichzeitige Schöpfung durch die überfließende Güte Gottes zu Anfang der Äonenzyklen. 16 Das Motiv des Schlafs der Seele, die ohne einen Leib weder zu denken noch zu handeln vermag, legt Glanvill ebd. 103 f., 124 f. und bes. 141 f. dar. Allgemein nimmt der Autor für

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ohne Eitelkeit annehmen, seine eigene Vorstellungskraft möchte ihm bessere an die Hand geben können. Wenn ich auf den folgenden Seiten irgendwelche Ausdrücke von anderen verwendet habe, die durch die vorliegenden Überlegungen nicht abgedeckt sind, so muss ich um Nachsicht für mein Gedächtnis bitten, das mir zuweilen den Dienst versagt. Und dort, wo ich diese Abhandlung geschrieben habe, hatte ich kein einziges meiner Bücher zur Hand, das dieses (oder überhaupt irgendein anderes) Thema behandelt.14 Desgleichen fehlt es mir momentan an Muße, um diese [sc. meine Bücher] oder das vorliegende durchzugehen und zu schauen, ob ich irgendwelche Übereinstimmungen von dieser Art finden kann. So etwas kann der Vorstellungskraft eines Mannes, der sich häufig mit dergleichen Dingen befasst, ja durchaus passieren, ohne dass es ihm bewusst ist. Sollte es solche geben, so mögen die, die sie finden, Nachsicht damit haben und sie als Versehen einer allzu emsigen Einbildung akzeptieren. Wie auch immer sie sonst damit umgehen mögen, so werden sie dem Autor nicht viel Kopferzerbrechen bereiten. Und damit ich diese Abhandlung nun ohne größere Kontrolle meinerseits in die Hände derer, die zufällig auf sie stoßen werden, geben kann, fühle ich mich dazu verpflichtet, zwei Arten von Lesern, die vermutlich Anstoß an meinem Anliegen nehmen und die Lehre, die auf diesen Seiten vertreten wird, ablehnen werden, ein paar Worte zu sagen. So werden zum ersten einige angesichts der Präexistenz erschaudern und sich davor fürchten, sie überhaupt in Betracht zu ziehen, haben sie doch Angst, die Annahme dieser Lehre werde einen Umbau der orthodoxen Theologie und ihre Unordnung zur Folge haben. Und gäbe es einen Grund für solch eine Empörung, so gebührte ihrer Vorsicht alle Achtung. Allerdings besteht Hoffnung, dass sich dies lediglich als grundloser Panikanfall erweist, wie er Kinder im Dunkeln befällt, wenn sie ihre besten Freunde für eine Art Waldschrat halten, der sie mit sich nehmen oder ihnen Leid zufügen will. Wie im Traktat selbst an irgendeiner Stelle ausgeführt,15 besagt sie [sc. die Lehre von der Präexistenz] nichts anderes, als dass Gott nicht nur die Engel, sondern auch alle Seelen gleichzeitig erschaffen hat; dass manche von ihnen mit den anderen abtrünnigen Geistern gesündigt haben und gefallen und zur Strafe für ihren Ungehorsam in einen Zustand bewusstloser Ruhe versetzt worden sind;16 dass die göttliche Güte so für sie sorgte, dass sie, sobald sie dafür entsprechend vorbereitet wären, in irdischen Körpern abermals eine Rolle spielen sollten;17 und dass Adam als unser großer Ahnherr und Vertreter geschaffen wurde und dass wir, wenn er den Übergang der Seele von einem Element ins nächste eine Phase der Bewusstlosigkeit an. Auch [Rust], ebd. 78 f., zieht das Theologumenon vom Seelenschlaf im Kontext der origeneischen Auferstehungsdoktrin in Betracht: Vom irdischen Höllenfeuer gepeinigt, verlässt die Seele womöglich ihren Leib und verliert infolgedessen alle Empfindung. 17 Vgl. [Glanvill], ebd. 105 f., sowie die entsprechenden Spekulationen bei [Rust], ebd. 79 f.

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continued in innocence and integrity, we had then been sharers in that happiness which he at first was instated in, but by his unhappy defection and disobedience we lost it and became thus miserable in our new life in these earthly bodies. I say the doctrine of pre-existence, thus stated, is in nothing that I know of an enemy to common theology, all things hence proceeding as in our ordinary systems with this only difference that this hypothesis clears the divine attributes from any shadow of harshness or breach of equity, since it supposes us to have sinned and deserved all the misery we suffer in this condition before we came hither, |19| whereas the other which teaches that we became both guilty and miserable by the single and sole offence of Adam, whenas we were not then in being or, as to our souls, as much as potentially in our great progenitor, bears somewhat hardly upon the repute of the divine perfections so that if the wary reader be afraid to venture upon the hypothesis that I have drawn up at the end (which, I confess, I would not give him the least encouragement to meddle with), yet without danger he may admit of pre-existence as accommodated to the orthodox doctrine. Nor should I indeed have meddled with the other scheme which is built upon the principles of mere reason and philosophy but that those friends who drew the rest of the discourse from me engaged to give them an account of the philosophical hypothesis. In which, I know, I have |20| not in every particular followed the mind of the masters of the Origenian Cabbala, but kept myself to the conduct of 18 Eine psychologisch eindringliche Darstellung des biblischen Sündenfalls im Sinne seiner

origeneischen Präexistenz-Lehre, nach der Adam aufgrund seiner Verfehlung das ätherische Vehikel gegen ein aërisches eintauscht, bietet Glanvill, ebd. 117 f.: „Irgendwann aber verraten uns die körperlichen Freuden, weil wir ihnen zu sehr nachgeben, und führen uns in die Gefangenschaft von Gesetzlosigkeit und Ungehorsam. Nach und nach gewinnt der Sinn für das, was angenehm ist und Freude bereitet, unbemerkt die Überhand gegenüber der Einsicht in das, was gerecht und gut ist. Die Schlange und Eva erweisen sich als erfolgreiche Versucher. Adam vermag dem ungeordneten Verlangen nicht mehr zu widerstehen, sondern verzehrt die verbotene Frucht, d. h. die Befehle seines zügellosen Willens und seiner sinnlichen Lust. Und so hat nun der Körper die Herrschaft übernommen. Die niederen Vermögen sind nun aktiver und bestimmender als die höheren: Während diese nämlich entsprechend abgenommen haben und eingeschläfert worden sind, erwachen jene umso mehr und gewinnen umso mehr an Stärke. Deshalb erlangt die Seele nach Axiomen 3 und 5 einen weniger reinen Körper, der besser zu den sinnlichen Wirkweisen passt. Wir fallen also aus dem höchsten Paradies, den glückseligen Gegenden des Lebens und der Herrlichkeit, heraus und werden zu Bewohnern der Luft.“ Wie bei Rust, dem es schwerfällt, der Figur Adams in seiner origeneischen Heilsmetaphysik einen systematisch gehaltvollen Platz zuzuweisen, erscheint der erste Mensch auch bei Glanvill lediglich, wie der unvermittelte Wechsel von der Exegese zur allgemeinen Anthropologie zeigt, als metaphorische Verkörperung der Menschheit. Rust, God is Love 16, selbst führt die Beziehung Adams zur übrigen Menschheit im Sündenfall als mögliche Aporie im System des Cambridger Origenismus an. 19 Das irdische Exil beschreibt [Glanvill], ebd. 122–125, ausführlich. Es ist dies auch die Grundthese der dritten „Hauptlehre“ bei [Rust], Letter of Resolution 46–55.

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weiter an der Unschuld und Reinheit festgehalten hätte, an der Glückseligkeit, wie sie ihm am Anfang gegeben war, teilgehabt hätten.18 Allerdings verloren wir diese infolge seines unseligen Abfalls und Ungehorsams, und so gerieten wir in das Elend, das unser neues Leben in diesen irdischen Körpern bestimmt.19 Ich behaupte, dass die Lehre von der Präexistenz, wenn man sie so darlegt, in keinem Punkt, der mir bekannt wäre, eine Feindin der üblichen Theologie ist. Von hierher stellen sich alle Dinge genau wie in unseren gewöhnlichen Systemen dar. Der einzige Unterschied besteht darin, dass diese Theorie die göttlichen Eigenschaften von jeder Spur der Härte oder des Verstoßes gegen die Gerechtigkeit befreit, denn sie geht davon aus, dass wir, ehe wir hierher kamen, gesündigt und all das Leid, das wir in dem Zustand hier erleiden, verdient haben. Die andere [sc. Lehre] hingegen, die lehrt, dass wir, als wir noch nicht (bzw. im Blick auf unsere Seelen allenfalls potentiell und in unserem großen Stammvater) existierten, durch die eine individuelle Übertretung Adams zugleich Schuld und Leid auf uns geladen haben, wirkt sich ziemlich negativ auf das Ansehen der göttlichen Vollkommenheiten aus. Sollte der Leser also aus Vorsicht davor zurückschrecken, sich auf die von mir gegen Ende dargelegte Theorie einzulassen (wobei ich eingestehe, dass ich ihn durchaus dazu ermutigen wollte, sich damit abzugeben20), so wird er doch ohne Gefahr einräumen können, dass die Präexistenz mit der orthodoxen Lehre vereinbar ist. In der Tat hätte ich mich auch nicht mit der anderen Argumentation, die allein auf den Prinzipien reiner Vernunft und Philosophie beruht, abgegeben, wenn mich nicht die Freunde, die mich zur Abfassung der übrigen Abhandlung gedrängt haben, dazu genötigt hätten, ihnen eine Darstellung der philosophischen Theorie zu geben. Mir ist bewusst, dass ich dabei nicht in allen Details den Gedanken der Experten im Bereich der origeneischen Kabbala21 gefolgt bin, sondern 20 Aufgrund des unklaren „meddle“, das, meist pejorativ gebraucht, ein ungebührliches

„Einmischen“ meint, ist der Sinn der Parenthese unklar. Da das Verb im folgenden Satz wiederaufgenommen wird und dort eine von außen aufgenötigte Beschäftigung mit einem Gegenstand meint, ist es hier mit dem leicht negativ konnotierten deutschen Ausdruck „sich mit etwas abgeben“ übersetzt worden. Angesichts der Tatsache, dass Glanvill keinen Zweifel daran lässt, dass er dem Leser die Lehre nahe bringen will, wird die Verneinung an dieser Stelle im Sinne einer Litotes auf das nachfolgende „least“ bezogen: Glanvill, der von der ersten Zeile an deutlich macht, dass er stolz darauf ist, der Verfasser eines ersten umfassenden Traktats über die Präexistenz der Seele zu sein, möchte nicht den unbedeutendsten Beitrag zur Wiederentdeckung der Lehre von der Präexistenz leisten. 21 Mit der anschaulichen Formulierung „Experten der origeneischen Kabbala“, mit denen er nicht in allen Dingen übereinstimmen will, erwähnt Glanvill das Origenisten-Netzwerk um Henry More, dem er wie George Rust und Anne Conway angehörte, ausdrücklich. Zu den Aspekten, in denen die Cambridge Origenists zu keinem Konsens fanden, gehört sicherlich die zweite große origeneische Hauptlehre neben derjenigen der Präexistenz, die Apokatastasis, die von den Cambridge Origenists nur Conway vertreten hat.

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those principles that I judged most rational, though indeed the things wherein I differ are very few and inconsiderable. However, for that reason, I thought fit to entitle nobody to the hypothesis that I have made a draught of lest I should have affixed on any one what he would not have owned. But for the main, those that understand it know the fountain and for others, it is no great matter if they be ignorant. Now if anyone judge me to be a proselyte to those opinions, because I call them not all to nought or damn not those that have a favour for them, I know not how to avoid the doom of their severe displeasure, having said as much in the place where I treat of those matters to purge myself of such a suspicion as I thought neces|21|sary to clear me in the opinion of any competently ingenuous. As for others, let me say what I can, I shall be what their wisdoms think fit to call me. And let that be what it will, I am very well content to bear it. I’ll only add (to take off the ground of this uncharitable jealousy) that among the favourers of pre-existence I know none that are adherers to those opinions. And, therefore, for me to have declaimed against any on this account had been a piece of knighterrantry. And those dons that do so make giants of the windmills of their own imaginations. But (2) there are another sort of readers that I have a word to say to who condemn and laugh at everything that their narrow noddles comprehend not. This, I confess, is a good easy way of confutation, and if we may take every fool’s smile for a |22| demonstration, pre-existence will be routed. But the best on it is to call things by their right names: This is but a vulgar childish humour arising from nothing but a fond doting on the opinions we were first instructed in. For having made those the standard of truth and solidity, these prepossessed discerners presently conclude everything that is a stranger to their ears and understandings and of another stamp from their education-receptions false and ridiculous – just like the common people who, judging all customs and fashions by their own, account those of other nations absurd and barbarous. It is well for those smiling confuters that they were not bred in Mahumetism, for then, without doubt, they would have made sport of Christianity. But since they are so disposed, let them 22 Den Zorn auf einen unreflektierten theologischen Konservatismus teilt Glanvill mit sei-

nem Mitorigenisten Rust. So überzieht auch [Rust], Letter of Resolution 31, die Theologen, denen der Rekurs auf die göttliche Allmacht Lösung aller theologischen Probleme ist, mit Spott, wenn er sie mit Papageien vergleicht, die lediglich das einmal Gelernte geistlos wiedergeben: „Mir ist klar, dass manche teils aus Frömmigkeit und Demut, teils weil sie die Worte, die sie Studium und Lektüre gelehrt haben, wie Papageien nachplappern, von diesem Problem unseres heiligen Kirchenvaters nicht viel Federlesens machen, sondern mit größter innerer Unbeschwertheit und Zufriedenheit alles auf den souveränen Beschluss Gottes zurückführen können, der als Schöpfer und Herr aller Menschen, so sagen sie, mit diesen verfahren könne, wie (und an welchem Ort) er wolle.“

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mich von den Prinzipien, die ich als die rationalsten erachtete, habe leiten lassen. Allerdings sind es in der Tat nur wenige unbedeutende Dinge, in denen ich anderer Ansicht bin. Dennoch schien es mir aus diesem Grunde sinnvoll, die von mir skizzierte Theorie nicht mit einem Namen zu überschreiben, um niemandem beizulegen, was er nicht als das Seine anerkennen wollte. Was aber die Grundgedanken betrifft, so werden die, die sie verstehen, auch um die Quelle wissen; und was die anderen Dinge betrifft, so ist es ziemlich unerheblich, wenn sie es dort nicht wissen. Wenn nun jemand zu dem Schluss kommt, ich hätte mich diesen Lehren als Proselyt angeschlossen, da ich sie nicht alle lautstark verdamme noch die, die diesen gewogen sind, verurteile, so weiß ich nicht, wie ich dem Verhängnis ihres strengen Missvergnügens entgehen soll. Schließlich habe ich, um solch eine Verdächtigung von mir abzulenken, dort, wo ich diese Dinge behandle, so viel gesagt, wie mir notwendig schien, um mich in den Augen derer, welche die nötige Aufrichtigkeit besitzen, reinzuwaschen. Was andere betrifft, so mag ich sagen, was ich auch kann: Ihre Weisheit wird mir einen Namen geben, den sie für gut befindet, und so werde ich dann auch heißen. Und gleich, wie dieser lauten wird, kann ich mich doch sehr gut damit abfinden und ihn ertragen. Um diesem unliebsamen Eifer jede Grundlage zu nehmen, will ich nur hinzufügen, dass ich unter denen, die der Präexistenz gewogen sind, niemanden kenne, der diesen Ansichten anhinge. Und deshalb hätte ich den Don Quichotte gegeben, wenn ich in diesem Zusammenhang gegen irgendwen große Reden geschwungen hätte. Und die Dons, die dies tun, machen Riesen aus den von ihnen selbst ausgedachten Windmühlen. Zum Zweiten gibt es jedoch noch eine andere Art von Lesern, denen ich noch etwas zu sagen habe: die, die alles, was ihr enges Köpfchen nicht zu fassen vermag, verachten und verlachen. Dies, so möchte ich sagen, ist eine gute und wohlfeile Art der Widerlegung, und wenn wir das Grinsen jedes Idioten als Beweis akzeptieren wollen, so ist es um die Präexistenz geschehen. Allerdings ist es in diesem Fall das Beste, wenn wir die Dinge auch bei ihrem richtigen Namen nennen: Es ist dies lediglich eine abgeschmackte und kindische Einstellung, die ihren Ursprung in nichts anderem hat als einer törichten Liebe zu den Lehren, die man uns als erste gelehrt hat. Da sie diese nämlich zum Richtmaß sicherer Wahrheit gemacht haben, zögern diese voreingenommenen Gelehrten nicht, alles für falsch und lächerlich zu halten, was ihrem Ohr und Verstand fremd ist und einen anderen Stempel trägt als die Bildung, die sie genossen haben.22 Sie sind wie die gemeinen Leute, die alle Sitten und Gebräuche anderer Völker nach den eigenen beurteilen und für absurd und barbarisch halten. Es ist ein Glück für jene grinsenden Kritiker, dass sie nicht im Mahumetismus groß geworden sind, denn dann hätten sie sich ohne Zweifel bereits über das Christentum lustig gemacht. Da sie jedoch eine solche Einstellung haben, sollen sie ruhig über die Lehre, um die ich mich

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laugh at the opinion I have undertaken for till they under|23|stand it. I know who in the judgement of wise men will prove ridiculous. It was from this very principle that the most considerable truths that ever the world was acquainted with were to the Jews a stumbling block and to the Greeks foolishness. And it was such a spirit as reigns in these children of self-confidence that called St. Paul a babbler. And methinks till these narrow-sculled people could boast themselves infallible and all their opinions an unerring canon, common modesty and civility should teach them better manners than a first dash to judge that a ridiculous absurdity which the greatest and wisest sages that enlightened the ancient world accounted so sound and probable a conclusion, especially it being a matter not determined against, but rather countenanced in Scripture, as will appear hereafter. But opinionative ignorance is very weak |24| and immoral. And till those slight and vulgar discerners have learned that first principle of true wisdom, to judge nothing till they thoroughly understand it and have weighed it in the balance of impartial reason, it is to no purpose to spend one’s breath upon them.

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bemüht habe, lachen, bis sie sie verstanden haben. Ich weiß, wer sich in den Augen verständiger Menschen blamiert haben wird. Eben dieses Prinzip ist auch der Grund dafür gewesen, dass die bedeutsamsten Wahrheiten, welche die Welt jemals gekannt hat, „den Juden ein Stolperstein“ und den „Griechen eine Torheit war“ (1  Kor. 1,23). Und es war ein solcher Geist, wie er in diesen Kindern des Selbstvertrauens herrscht, der den Hl. Paulus einen „Schwätzer“ hieß (Apg. 17,18). Und ehe sich diese Kleingeister nicht brüsten können, dass sie selbst unfehlbar sind und all ihre Ansichten einen irrtumslosen Kanon darstellen, scheint mir, dass allgemeine Bescheidenheit und Höflichkeit sie bessere Sitten lehren sollten, als dass sie das sogleich als lächerliche Absurdität beurteilen, was die größten und weisesten Gelehrten, welche die antike Welt erleuchtet haben, für eine so klare und schlüssige Folgerung gehalten haben, zumal es sich hierbei um eine Sache handelt, gegen die es keinen Beschluss gibt, sondern die vielmehr, wie später deutlich werden wird, von der Schrift gestützt wird. Ihr borniertes Unwissen ist freilich sehr schwach und unmoralisch. Und ehe diese kleinen und abgeschmackten Gelehrten nicht das erste Prinzip wahrer Weisheit verinnerlicht haben, nämlich nichts zu beurteilen, ehe sie es nicht vollständig verstanden und in der Waage unparteilicher Vernunft gewogen haben, ist es zwecklos, seinen Atem an sie zu verschwenden.

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James Bellamy (1710) Origen against Celsus The Translator’s Preface to the Reader

That translations of learned authors in general, especially if they be carefully undertaken and prudently managed, are of great use to the public, I think, after all that has been said against them, no person can reasonably deny or even call into question. For as the same reasons which may be assigned for the commendation of a fountain of water may as well be brought in praise of the streams which proceed from it, so far as they are properly conveyed, so I think the very same arguments which are used in favour of any learned original will equally serve to justify and recommend a translation of it so far as it pursues its principal end in convey|2|ing to our minds the true sense of the author. And though I think I may say without the suspicion of vanity that I have in some measure employed my time and strength in the study of the learned languages and that I highly value them as the happy vehicles of solid and useful learning, yet the bare language in which a book is writ (let it be never so much extolled as being learned and copious or esteemed for its antiquity, native majesty and inimitable sweetness) is, I confess, one of the least things which will ever recommend it to my esteem and perusal. For I humbly conceive that in all our studies we should not so much nibble at words, which are, as it were, but the bark of the tree of knowledge, as aim at the improvement of our reason, which is a strong reflection from the deity and affords abundant matter of agreeable entertainment to them who are so happy as to be distinguished from the generality of mankind by a wonderful penetration of soul. And if an author by his natural capacity and acquired abilities does make a more than ordinary figure in the intellectual and learned world, is an honour 1 Textgrundlage ist die in der Reihe „Eighteenth Century Collection Online (Print Edition)“

elektronisch wie in gedruckter Form zugängliche Originalausgabe: Origen against Celsus: Translated from the Original into English. By James Bellamy, London 1710 (?), 1–30. Wie aus der Erwähnung verschiedener kurz vor Abfassung des vorliegenden Textes verstorbener Autoren und insbesondere einer Anspielung auf die „Querelle des Anciens et Modernes“ erhellt, ist das Werk des ansonsten gänzlich unbekannten Autors vermutlich irgendwann Anfang des 18. Jahrhunderts publiziert worden. 2 Mit seiner Lehre von der Verwandtschaft von göttlichem und menschlichem Geist, die auch er im Sinne eines Urbild-/Abbildverhältnisses auffasst, steht Bellamy den Platonikern der Schule von Cambridge nahe, die gemäß ihrem biblischen Motto im „Geist des

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James Bellamy (1710) Origenes gegen Kelsos Vorwort des Übersetzers an den Leser1

Rechtfertigung von Übersetzungen allgemein Dass Übersetzungen von gelehrten Autoren, zumal wenn man sie mit Sorgfalt angeht und mit Umsicht anfertigt, für die Öffentlichkeit im Allgemeinen von großem Nutzen sind, das kann, wie ich meine, ungeachtet aller Einwände, die man dagegen angeführt hat, niemand vernünftigerweise leugnen oder auch nur in Frage stellen. So wie man nämlich dieselben Gründe, mit denen man eine Wasserquelle anpreist, auch zum Lob der in ihr entspringenden Ströme anführen kann (vorausgesetzt, man legt sie entsprechend dar), so dürften sich, wie ich meine, dieselben Argumente, die für ein gelehrtes Original geltend gemacht werden, in gleichem Maße auch dazu eignen, eine Übersetzung desselben zu rechtfertigen und zu empfehlen, sofern sie ihrem Hauptzweck dient und unserem Geist die wahren Ansichten des Autors erschließt. Und obwohl ich meine, dass ich mich nicht der Eitelkeit verdächtig mache, wenn ich sage, dass ich meine Zeit und Kraft in einigem Maße auf das Studium der gelehrten Sprachen verwendet habe und diese als hilfreiche Mittler einer fundierten und nützlichen Bildung schätze, so gehört doch, wie ich selbst einräume, die bloße Sprache eines Buches – man mag sie nun noch so sehr für ihre Gelehrsamkeit und Fülle rühmen und für ihr hohes Alter, ihre natürliche Erhabenheit und ihre unübertreffliche Anmut preisen – zu denjenigen Dingen, die mich insgesamt am wenigsten zu seinem Lob und seiner Lektüre anregen. Es ist nämlich meine bescheidene Meinung, dass wir in allen unseren Studien um die Begriffe, bei denen es sich gewissermaßen nur um die Rinde des Baums des Wissens handelt, nicht so viel Aufhebens machen, sondern vielmehr auf die Verbesserung unseres Verstandes abzielen sollten: Dieser ist ein kraftvoller Abglanz aus der Gottheit2 und bietet all denen, die das Glück haben, sich durch die wunderbare Tiefe ihrer Seele von der Masse der Menschheit abzuheben, viel Material zu erquickender Beschäftigung. Wenn ein Autor zudem sowohl aufgrund seiner natürlichen Fähigkeit als auch aufgrund seiner erworbenen Fertigkeit in der gelehrten Geisteswelt eine Ausnahmeerscheinung gewesen Menschen“ die „Kerze des Herrn“ wähnen. Zur rationalistisch-antipuritanischen Auslegung von Spr. 20,27 bei wichtigen Vertretern des Cambridger Platonikerkreises siehe ausführlich Constantinos Apostolou Patrides,“The High and Aiery Hills of Platonisme“. An Introduction to the Cambridge Platonists, in: ders. (Hg.), The Cambridge Platonists, Cambridge u. a. 1969, 1–41, hier 8–16.

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to the |3| age in which he flourished and perhaps equally the wonder and envy of succeeding ages, I think the more reasons may be assigned why he should be clothed in the English language, which is most familiar to us and is allowed by all capable judges to be very expressive, copious and charming. For, certainly, it is a pity that such immense treasures of sense and learning should be confined to those few persons (in a comparative sense) who happen to understand the language in which he writes and like the vast mines in Peru and Mexico serve chiefly for the convenience and delight of those who are foreign to us both by blood and by religion. And I have often thought, and it is the opinion of many persons who are far more capable of judging than myself, that it would conduce very much to the honour of the British nation to have the Fathers of the three first centuries, those heroes of antiquity and pillars of the Christian church, translated into the language of our country and clothed in so modern and so charming a dress, if it be possible, that many of both sexes whose genius and education does not lead them to the study of Greek and Latin may be induced to read them |4| and to square their lives by those excellent rules of virtue and piety which they have laid down for the conduct of others and of which they were in their several ages, and are still in some sense, living and highly honourable examples. And since, by the policy of a neighbouring nation, the language of Lewis XIV has already obtained that universal monarchy to which he seems to aspire and since many excellent translations, of which the French may justly boast, have invited and almost constrained many ingenious and polite persons to learn and

3 Dass sich Bellamy für Kirchenväterübersetzungen, die eigene wie die anderer Autoren,

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ausdrücklich auch Leserinneren erhofft, ist bemerkenswert. Prominenteste Origenes-Leserin im Kontext des Cambridger Platonismus ist die Adlige Anne Conway, die mit Henry More, dem einflussreichsten der englischen Origenisten der Zeit, in regem Austausch gestanden und ihrerseits eine umfassende metaphysische Konzeption aus origeneischem Geist entwickelt hat. Zur origeneischen Philosophie Conways, in deren Werk sich Bellamys Hoffnung auf eine auch weibliche Leserschaft der Werke der Kirchenväter bereits vor der von ihm angefertigten Übersetzung eindrucksvoll erfüllt hatte, siehe Sarah Hutton, Origen and Anne Conway, in: Alfons Fürst/Christian Hengstermann (Hg.), Autonomie und Menschenwürde. Origenes in der Philosophie der Neuzeit (Adamantiana 2), Münster 2012, 221–234. Auch das dezidiert praktische Anliegen, das Bellamy, wie er darlegt, mit dem in der Vor­ rede skizzierten patristischen Übersetzungsprogramm verfolgt, verbindet den Verfasser mit den Cambridger Platonikern. So preisen auch sie vor allem die Tugend und Frömmigkeit des verfemten Kirchenvaters Origenes und sehen mit ihm im Christentum zuvörderst eine Lebensform, in der die gottförmige Seele in der Christusnachfolge Anteil an ihrem Urbild, dem trinitarischen Gott, erhält. Siehe etwa das Lob des selbst nach Ansicht seiner erbittertsten Gegner vorbildlichen christlichen Lebens des Origenes bei [George Rust], A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope Nicolson, New

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ist und nicht nur in dem Zeitalter, in dem er gewirkt hat, Ehre gefunden, sondern dazu womöglich auch noch in späteren Zeitaltern Anlass zu Bewunderung und Neid gegeben hat, dann lassen sich, wie ich meine, umso mehr Gründe anführen, weshalb er in die englische Sprache gekleidet werden sollte, die uns am vertrautesten ist und die, wie alle Menschen mit Verstand bekennen, überaus ausdrucksstark, reich im Vokabular und voller Anmut ist. Es wäre ja sicherlich bedauernswert, wenn solche gewaltigen Schätze gelehrter Ansichten der vergleichsweisen kleinen Gruppe derer, die zufällig die Sprache, in der er schreibt, verstehen, vorbehalten blieben und sie wie die gewaltigen Minen in Peru und Mexiko vornehmlich dem Nutzen und der Freude derjenigen dienten, die uns in Blut und Religion fremd sind. Nun kam es mir immer wieder in den Sinn und meinen auch viele Menschen, deren Urteilsfähigkeit die meine bei weitem übertrifft, es käme einer Ehre für die britische Nation gleich, wenn die Kirchenväter der drei ersten Jahrhunderte, jene Helden der Antike und Säulen der christlichen Kirche, in die Sprache unseres Landes übersetzt würden. Sie müssten ein so modernes und ein so anmutiges Kleid erhalten, dass viele Menschen beiderlei Geschlechts,3 die weder ihre Begabung noch ihre Erziehung zu einem Studium des Griechischen und Lateinischen prädisponiert, dazu gebracht würden, sie zu lesen und ihr eigenes Leben nach den hervorragenden Maximen der Tugend und Frömmigkeit auszurichten, die jene im Blick auf das Verhalten ihrer Mitmenschen dargelegt haben und deren lebendige und höchst ehrwürdige Vorbilder sie in den verschiedenen Zeitaltern gewesen sind und in gewisser Weise noch immer sind.4 Die Politik einer benachbarten Nation5 hat bewirkt, dass die Sprache Ludwigs XIV. bereits jetzt die universale Monarchie, nach der dieser allem Anschein nach strebt, erlangt hat. Zudem haben die zahlreichen hervorragenden Übersetzungen, deren sich die Franzosen mit Recht rühmen dürfen, viele kultivierte einheimische Personen dazu animiert, wenn nicht geradezu dazu genötigt, deren Sprache zu York 1933, 4 f., oder seiner einzigartigen „Magnificence of the Intellect“ ebd. 71 sowie den Preis seiner „Integrity and Holiness“ bei Henry More, The Preface General, in: A Collection of Several Philosophical Writings, London 1662 (ND New York/London 1978), vol. I, iii–xxvii, hier xxii. Auch die Tatsache, dass Ralph Cudworth für sein großes Systemprogramm eines angelsächsischen Idealismus vor allem das christliche Vollkommenheitsideal des Origenes, insbesondere das Konzept des mit der Tugend in eins gesetzten inneren Christus und den (vor allem im Spätwerk Contra Celsum dargelegten) Begriff des Hegemonikon heranzieht, belegt die vornehmlich praktisch-existentielle Ausrichtung der Rezeption der vornizänischen Väter im neuzeitlichen England. Siehe dazu ausführlich im Beitrag von Douglas Hedley in diesem Band, oben S. 53–58. 5 Im Folgenden versucht Bellamy sogar die weitverbreiteten Ressentiments seiner Zeit­ genossen gegen den traditionellen Erbfeind Englands, das Frankreich des Sonnenkönigs Ludwig XIV., als Argument für sein Programm einer Übersetzung der Kirchenväter der ersten drei Jahrhunderte heranzuziehen: England, so legt er hier und im Folgenden ausführlich dar, sollte auch in diesem Bereich nicht hinter Frankreich zurückstehen.

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admire their language, and so perhaps they have been unhappily and insensibly won over to their corrupt religion and slavish principles of government, I think it is not a little strange that we who are so prone to a fantastical imitation of them should so much abound in unnecessary and trifling originals and give so little encouragement to the translation of those ancient authors whom in spite of all our ignorance and prejudice we must acknowledge to have been remarkable for their learning and whose labours, since they were generally approved and highly admired in the early and pure ages of the church |5| and since they strangely confounded the whole heathen world, one would think, might very well serve for our confirmation and delightful entertainment. And though we deservedly pay a most profound respect to the Greek and Hebrew text of Scripture as claiming in a strict sense the venerable title of the Word of God and challenging in a special manner the time and strength of those whom God and men have thought fit to employ in the explication and defence of the sacred oracles, yet it is an extraordinary happiness which we in these nations enjoy that we have such excellent translations of the Bible, and even the common people (who have precious and immortal souls as well as others and want more helps for the regular and comfortable discharge of their duty) are so far from being commanded by their ministers to avoid them as being dangerous in unskilful hands and an imperfect rule both of faith and manners that they are strictly enjoined and with all imaginable tenderness entreated to read them with the greatest seriousness, industry and pleasure. And if we have just cause to return God our most humble and hearty thanks for raising up and inclining |6| some proper persons to undertake so important and so difficult a work, for affording such measures of his gracious assistance as were necessary to support and encourage them in it and to bring it at last to a most honourable and happy accomplishment, I think the translations of any pious, rational and learned authors, whose labours have a tendency to lead us into the true and deep sense of the Holy Scriptures and to furnish us with proper weapons to encounter the

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Als Engländer und vor allem als liberaler Anglikaner, der mit den „Latitude Men“ um Benjamin Whichcote nicht nur die Verehrung des Kirchenvaters Origenes gemeinsam hat, lässt Bellamy keinen Zweifel daran, dass er sowohl den Katholizismus wie auch die absolute Monarchie Frankreichs ablehnt. Auch die Wertschätzung einer patristischen theologia prisca, insbesondere der altkirch­ lichen Theologen bis zum Konzil von Nizäa (325), teilt Bellamy mit den Cambridger Platonikern allgemein und mit George Rust speziell. [Rust], Letter of Resolution 96, etwa lobt die „Frühzeit der Kirche …, damals, als die Wahrheit, wie man annehmen darf, noch frei von den Verfälschungen und Vernebelungen war, durch die sie nachher infolge der langen Zeit und der immer spitzfindigeren Wortklauberei eigennütziger Leute, entstellt und unkenntlich wurde.“ Zur selben Einstellung Henry Mores siehe oben S. 270 f. mit Anm. 4. Es ist an der vorliegenden Stelle nicht ganz klar, ob Bellamy, wenn er von „diesen Nationen“ spricht, die Völker, die zusammen die kurz zuvor erwähnte eine „britische Nation“

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erlernen und zu bewundern. Ja, vielleicht sind jene so, ohne es zu merken, auf unglückliche Weise zugleich ihrer fehlgeleiteten Religion und den sklavischen Prinzipien ihrer Herrschaft auf den Leim gegangen.6 Angesichts dessen scheint es mir ausgesprochen merkwürdig, dass wir trotz des Überschwangs, mit dem wir jene [sc. die Franzosen] nachzuahmen pflegen, über eine solche Vielzahl unnötiger und unbedeutender Originale verfügen, aber nur wenig Anreiz zur Übersetzung jener antiken Autoren geben. Dabei müssen auch wir bei all unserer Unwissenheit und Voreingenommenheit einräumen, dass diese für ihre Bildung Achtung verdienen. Da sie in der reinen Frühzeit der Kirche7 zudem allgemeine Anerkennung und hohe Ehre gefunden und die gesamte heidnische Welt auf denkwürdige Weise in Verwirrung gebracht haben, könnten sie gewiss auch unserer Erbauung dienen und uns großes Vergnügen bereiten. Zwar bringen wir dem griechischen und dem hebräischen Text der Schrift zu Recht den größten Respekt entgegen, weil beide in einem strengen Sinne den Ehrentitel des Wortes Gottes beanspruchen können und auf besondere Weise ein Anrecht auf die Zeit und Kraft derjenigen haben, die Gott und die Menschen für fähig erachtet haben, die heiligen Worte auszulegen und zu verteidigen. Dennoch sind wir in diesen Nationen8 in der höchst glücklichen Lage, dass wir überaus hervorragende Bibelübersetzungen besitzen. Dazu werden die einfachen Leute, die wie alle anderen auch über wertvolle unsterbliche Seelen verfügen und die zur regelmäßigen und ungehinderten Erfüllung ihrer Pflicht auf mehr Hilfen angewiesen sind, von ihren Priestern keineswegs dazu angehalten, sie zu meiden, weil sie in unfähigen Händen angeblich eine Gefahr und eine unvollkommene Regel für den Glauben und die Sitten darstellen. Im Gegenteil: Mit Nachdruck fordert man sie dazu auf und ersucht sie mit aller nur denkbaren Zuneigung, sie mit größtem Ernst, Eifer und Vergnügen zu lesen. Nun haben wir allen Grund dazu, Gott in größter Demut und von tiefstem Herzen dafür zu danken, dass er einige tüchtige Personen so weit erhoben und dazu berufen hat, ein so wichtiges und schweres Werk auf sich zu nehmen, nämlich alle die Maßnahmen seines gnädigen Beistandes zu ergreifen, die nötig gewesen sind, um sie [sc. die einfachen Leute] darin zu unterstützen und dazu zu ermutigen, und es schließlich zu einem höchst ehrenvollen und gelungenen Ende zu bringen. Wenn dem aber so ist, dann muss uns auch die Übersetzung eines jeden frommen, vernünftigen und gelehrten Autors, dessen Mühen uns gemeinhin nicht nur zu einem wahren und tiefen Verständnis der heiligen Schriften führen, sondern uns auch wirksame Waffen für den Kampf gegen die unverbesserlibilden, oder aber England und Frankreich meint. Beides fügt sich indes gut in seine Argumentation: Entweder parallelisiert der Übersetzer hier wie an späterer Stelle die überragende Bedeutung englischer Bibel- und Väterübersetzungen für das Seelenheil der Christen oder er deutet an, dass England zumindest im Bereich der Schriftübersetzungen nicht hinter dem Feind Frankreich zurücksteht.

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inveterate and most formidable adversaries of the Christian religion, must be very desirable and attended with no small advantages. I confess I am highly sensible that translations do frequently abound with faults and perhaps with such as are notorious, which should a person undertake to justify, he would expose himself to the scorn or pity of the learned world and to the censure even of the injudicious and illiterate. But this, if it be a solid objection against bad translations (which I hardly believe it is, since they may have many great defects, and yet the translator should be esteemed and rewarded for his good will to the public and that measure of industry and skill in the learned languages which appears in his work, though he |7| deserves far less esteem than one who happily accomplishes some accurate composition or more complete translation), I say this, if it be a solid argument against bad translations, won’t hold against such as are good and so apparently and so highly useful that should anyone exclaim against them, he would but betray his folly and provoke the laughter or silent scorn of those who are not as remarkable triflers as himself. For if no translator must appear in the world who is not so industrious and so correct that he almost seems to be free from those faults to which the frailty of human nature renders mankind unavoidably subject, if the taste of readers is so nice as to disrelish the most exact translations that are extant by reason of many great defects, which insensibly creep into the best human compositions, the same argument which is used against translations will equally overthrow the most learned and useful originals that ever were and even the sacred oracles of the supreme and all-wise being. For though I think it is ridiculously objected against us by the atheists and deists that some faults have been found in the best versions of the Holy Scriptures and that the sacred original text |8| itself through the long tract of time in which the books of the Old and New Testament were committed to writing through the ignorance and carelessness and perhaps design of some transcribers is liable to some few exceptions, yet if we must reject and despise all translations, because 9

So wie es also ein zentrales Verdienst der reformierten Kirchen allgemein und der anglikanischen speziell ist, dass sie die einfachen Gläubigen die Heilige Schrift in Übersetzungen studieren lassen, so sollten sie ihnen nun auch das Studium der wichtigsten Exegeten in der für jedermann verständlichen Muttersprache ermöglichen. Das Analogieargument, mit dem Bellamy sein Unterfangen zu rechtfertigen sucht, ist auch für das Origenesbild des Übersetzers erhellend: Der Alexandriner ist ihm vor allem Prediger und Schriftausleger, der die einfachen Gläubigen zu einem tieferen Verständnis der Bibel führt. Mit seinem Prolegomenon stellt sich Bellamy so in die Tradition der humanistischen OrigenesRenaissance eines Jean Vitrier und insbesondere eines Desiderius Erasmus, denen der Kirchenvater nicht nur platonischer Metaphysiker, sondern vor allem Schriftausleger und Prediger ist; vgl. dazu ausführlich Christian Hengstermann, Die Seele zwischen Tier und Gott. Die origeneische Freiheitsanthropologie bei Erasmus von Rotterdam, in: Fürst/ Hengstermann, Autonomie und Menschenwürde (wie Anm. 3) 139–167. Zugleich tritt auch bei Bellamy neben das homiletisch-exegetische Anliegen das apologetische, das aber-

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chen und fürchterlichsten Feinde der christlichen Religion an die Hand geben, in höchstem Maße wünschenswert und von nicht geringem Nutzen sein.9 Ich gebe zu, dass ich mir des Umstandes schmerzlich bewusst bin, dass es in Übersetzungen vielfach von Fehlern nur so wimmelt. Zudem finden sich dar­ unter bisweilen auch solche, die so offenkundig sind, dass man, wollte man es unternehmen, sie zu rechtfertigen, die Verachtung und das Mitleid der gebildeten Welt, ja sogar die Kritik von Seiten der Unwissenden und Ungebildeten auf sich zöge. Wenn dies ein stichhaltiger Einwand gegen schlechte Übersetzungen ist – ich bezweifle allerdings, dass es ein solcher ist, denn der Übersetzer verdient trotz aller etwaigen groben Fehler Respekt und Anerkennung für den guten Willen gegenüber der Allgemeinheit und das Maß an Fleiß und Fertigkeit in den gelehrten Sprachen, das sich in seinem Werk zeigt, wenngleich er weniger Lob verdient als einer, dem es gelingt, eine genauere Fassung oder vollständigere Übersetzung zu erstellen –,10 wenn dies also, sage ich, ein stichhaltiges Argument gegen schlechte Übersetzungen ist, so wird es dennoch nicht gegen gute gelten: Solche sind so offensichtlich und so überaus nützlich, dass jemand, der sich laut gegen sie ausspräche, lediglich seine Torheit verriete und bei denjenigen, die nicht so denkwürdige Tändler sind wie er selbst, nur Gelächter und stille Verachtung fände. Selbst wenn es nämlich in der Welt einen Übersetzer gäbe, der so aufmerksam und genau arbeitet, dass er von all den Makeln, denen die Menschheit aufgrund der Schwachheit ihrer Natur notwendigerweise unterliegt, beinahe frei zu sein schiene, so müsste, wenn der Leser einen solch feinen Sinn hat, dass er selbst die genauesten Übersetzungen überhaupt aufgrund der zahlreichen Fehler, die sich auch in die besten Werke von Menschenhand unbemerkt einschleichen, ablehnt, dasselbe Argument, das gegen Übersetzungen vorgebracht wird, im selben Maße auch die gelehrtesten und nützlichsten Originale, die es jemals gegeben hat, ja sogar die heiligen Worte des höchsten und allweisen Wesens selbst umstürzen. Zwar bin ich der Ansicht, dass uns die Atheisten und Deisten auf lächerliche Weise vorwerfen, dass man auch in den besten Ausgaben der Heiligen Schriften einige Fehler gefunden habe und der heilige Originaltext selbst infolge der langen Zeitspanne, in der die Bücher des Alten und Neuen Testaments niedergeschrieben wurden, aufgrund der Unwissenheit und Sorglosigkeit und vielleicht auch der eigenen Absichten mancher Abschreiber eine Reihe von Angriffspunkten mals die Nähe des Übersetzers zum Kreis der Cambridger Origenisten dokumentiert: Wie bei Ralph Cudworth, Henry More und George Rust im 17. Jahrhundert erscheint Origenes’ Contra Celsum bei James Bellamy im 18. als hervorragende philosophische Summe des Christentums, mit dem sich in der Gegenwart des Verfassers die verschiedenen Atheismen widerlegen lassen. 10 Man geht wohl nicht fehl, wenn man annimmt, Bellamy wolle in der Parenthese möglichen Kritiken zuvorkommen: Weder ist seine eigene Übersetzung von Contra Celsum „genau“ noch „vollständig“.

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some are bad and the best imperfect, I fear we must immediately throw up our Bibles themselves and grope after truth by no better help than that of the dim light of nature. For all the versions of the Holy Scriptures are allowed to be the works of men who were not immediately inspired by the Spirit of God, though we have reason to believe he was pleased to afford them more than ordinary direction and influence in an affair which had so great a tendency to the welfare of the Christian church and even to the happy and timely conviction and conversion of the most hardened infidels, into whose hands the Scriptures may fall from time to time, and in which they made their serious, earnest, frequent and more solemn addresses to Almighty God for all that gracious assistance which he saw was necessary or convenient for them. All the versions and the Septuagint itself (for correcting which and com|9|paring it with the Alexandrian manuscript the world is beholden to the incomparably learned, indefatigable and judicious Dr. Grabe), all the versions, I say, were the works of uninspired persons who were liable to many gross defects. Nay, the Greek and Hebrew text of Scripture, those sacred and refreshing fountains of living water, have been shamefully polluted by human additions and cursed innovations, though God, in his wise and holy providence, has preserved them in all the ages of the church so far uncorrupted in spite of all the wit, malice and unwearied industry of men and devils that they carry the lively and honourable stamp of a divine authority and are still what they always were, a perfect rule both of faith and manners. If then we pay a more than ordinary deference to the sacred originals of the Holy Scriptures and if the small errors (in a comparative sense) which are found in all the versions that were ever extant ought by no means to shock our religious and firm belief of the divine inspiration of those sacred and most valuable records, then, I think, it is sufficiently evident that translations in general are of excellent and continual use and the badness of some and the imperfections which unavoidably |10| attend them all is no solid argument against those which are good or even such as are bad if the original was 11 Sofern es sich nicht, wie es das frühere Lob des Vermögens durchaus nahelegt, um einen

Theologentopos handelt, setzt sich Bellamy mit seiner Kritik an der Vernunft, der er in theologischen Dingen nur wenig zuzutrauen scheint, vom christlichen Rationalismus der Schule von Cambridge ab. 12 Zwar dürfte Bellamy in diesem Zusammenhang vornehmlich die Abschreiber meinen, die anders als die Hagiographen selbst nicht vom Heiligen Geist inspiriert sind. Allerdings ist die Bemerkung durchaus ein Indiz für den neuzeitlichen Verlust der Autorität der kanonischen Schriften: Die Schrift in ihrer ursprünglichen Form, die ihren Autoren durchaus von Gott selbst eingegeben worden sein mag, ist dem heutigen Leser aufgrund der Wirren ihrer langen Überlieferungsgeschichte nicht mehr zugänglich. 13 Neben einer auf der Grundlage des Codex Alexandrinus erstellten Ausgabe der Septuaginta, die Bellamy hier lobend erwähnt, edierte der im preußischen Königsberg geborene Theologe John Ernest Grabe (1666–1711), der nach seiner Auswanderung nach England zur anglikanischen Kirche konvertierte und 1700 zum Priester geweiht wurde, auch pat-

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biete. Dennoch fürchte ich, dass wir, wenn wir deswegen alle Übersetzungen verwerfen und verachten, weil einige schlecht und selbst die besten unvollkommen sind, sogleich auch unsere Bibeln selbst wegwerfen müssen und wir in unserem Streben nach Wahrheit nur noch auf die überaus kleine Hilfe, die uns das schwache Licht der Natur bietet,11 zurückgreifen können. Wir räumen nämlich durchaus ein, dass alle Ausgaben der Heiligen Schrift das Werk von Menschen sind, die nicht unmittelbar vom Geist Gottes inspiriert worden sind.12 Dennoch haben wir Grund zu der Annahme, es habe ihm [sc. dem Geist Gottes] gefallen, ihnen in einer Angelegenheit ein besonderes Maß an Leitung und Einfluss zukommen zu lassen, die nicht nur dem Wohle der christlichen Kirche in besonderer Weise gedient hat, sondern beizeiten auch zur seligen Bekehrung und Überzeugung selbst der verstocktesten Ungläubigen, denen die Schriften von Zeit zu Zeit in die Hände fallen mögen, beitragen wird. In dieser Angelegenheit haben jene den allmächtigen Gott in aufrichtigen, ernsten und überaus feierlichen Gebeten immer wieder um all den gnadenvollen Beistand ersucht, den er für notwendig und sinnvoll erachtete. Alle Ausgaben und selbst die Septuaginta – für ihre Korrektur, zu der er sie mit dem alexandrinischen Manuskript verglichen hat, steht die Welt in der Schuld des unvergleichlich gelehrten, unermüdlichen und sachkundigen Dr. Grabe13 –, alle Ausgaben, sage ich, waren das Werk von Personen, die nicht inspiriert gewesen und denen zahlreiche grobe Fehler unterlaufen sind. Ja, sogar der griechische und hebräische Text der Schrift, jener heiligen und erquicklichen Quellen lebendigen Wassers, sind durch menschliche Zusätze und verfluchte Erfindungen auf schändliche Weise verschmutzt worden. Gleichwohl hat Gott sie in seiner weisen und heiligen Vorsehung in allen Zeitaltern der Kirche trotz all der Verschlagenheit, der Bosheit und der unablässigen Ränke von Menschen und Teufeln so weit unbeschadet bewahrt, dass sie noch immer das lebendige Ehrenzeichen einer göttlichen Autorität an sich tragen und nach wie vor das sind, was sie immer gewesen sind, nämlich eine vollkommene Regel des Glaubens und der Sitten. Sollen wir den seligen Originalen der Heiligen Schriften also auch weiterhin eine außergewöhnliche Ehrerbietung entgegenbringen und unseren festen religiösen Glauben an die göttliche Inspiration dieser gesegneten und höchst würdevollen Dokumente von den vergleichsweise kleinen Versehen, die sich in den Ausgaben aller Zeiten finden, keineswegs erschüttern lassen, dann scheint es mir hinreichend klar, dass Übersetzungen durchweg von großem Nutzen sind. Auch stellen die fehlende Qualität der einen oder anderen oder die Unvollkommenheiten, die sich in allen notwendigerweise finden, weder ein stichhaltiges Argument gegen diejenigen, die gut, noch gegen die, die schlecht sind, dar – vorausgesetzt nur, es handelt sich bei dem Original um einen Autor, der es wert ist, übersetzt ristische Werke, namentlich Justins Erste Apologie und Irenäus’ Streitschrift Adversus haereses.

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an author who deserved to be translated and so far as the translator discovers his affection and does real service to the cause of piety, sense or learning. Another objection that may be brought against translations is this that the injudicious and illiterate should not dare to intrude into those venerable mysteries of the empire of reason and learning, which, some are apt to imagine, it is their prerogative to consult and to understand and the entire reputation and advantage of which they think is a debt that ought only to be paid to persons of their character and distinction. But many who assume to themselves the title of persons who are profoundly learned, especially such whose talent lies chiefly in torturing such words as very seldom occur in authors, whose heads are living dictionaries or rather libraries, the faithful but trifling repositories of senseless criticism, which, how great satisfaction soever they may perhaps afford to these eager and eternal hunters of mere words and phrases, are of little use, I say, many such persons have a much smaller share of solid reason than they whom these tyrants |11| in the empire of learning would have to be prostrate at their feet. Besides, I can’t for my life conceive why any persons, how learned soever they may esteem themselves to be, how knowing soever they may be accounted by others who have gone in the same tedious, if not unprofitable track of study and what skill soever they may really have in reading uncommon and almost obliterated characters or comparing almost an infinite number of worm-eaten and voluminous manuscripts, I say, I can’t conceive why such persons should desire and endeavour to engross all the learning in the world to themselves, make it serve like the Egyptian hieroglyphics to amaze, but not instruct or reform mankind and prevent the generality of men from making enquiries into truth, which these fond admirers of themselves represent as a thing that’s vastly beyond their reach and the honour of knowing which ought by no means to be prostituted to them. For my part, I confess I could never justify nor easily extenuate the common practice of the popish priests who forbid the laity to read even the Holy Scriptures, which (if they are not rendered a mere nose of wax by their human traditions and wrong interpreta|12|tions) are able under the influence of the Holy Spirit to make the injudicious and illiterate so wise as to secure the salvation of their souls (though not fit to dispute or manage an intrigue with subtle and designing Jesuits) 14 Der Begriff „wächserne Nase“ bezeichnet den Missbrauch der Bibel als eines zu allen

möglichen Zwecken beliebig auslegbaren Schriftenkonvoluts. Mit Nachdruck wendet sich Martin Luther in seiner Römerbriefauslegung gegen die Vorstellung einer solchen interpretatorischen Willkür: Luthers Epistelauslegung. Bd. 1: Der Römerbrief, hg. von Eduard Ellwein, Göttigen 1963, 255: „Man hat gesagt, die Heilige Schrift habe eine wächserne Nase, das will sagen, man kann sie drehen, wohin man will. Nein, sondern sie ist die Grundfeste und Säule des Glaubens. Christus heißt sie einen Fels (Mt. 7,24). Das ist keine wächserne Nase, (wenn ich sage:) Ich bin getauft, ich glaube an den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist.“

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zu werden, und soweit der Übersetzer dessen Ansinnen entdeckt und der Sache der Frömmigkeit, der Vernunft oder der Bildung einen wirklichen Dienst erweist. Ein weiterer möglicher Einwand gegen Übersetzungen lautet, dass sich Ungebildete und Unkundige nicht anmaßen sollten, in jene ehrwürdigen Geheimnisse des Reiches der Vernunft und Bildung einzudringen, von dem einige annehmen, es sei ihnen vorbehalten, es zu befragen und zu begreifen: Sein Ansehen und seine Vorzüge, so meinen sie, sei eine Schuld, die allein Personen ihres eigenen Rangs und Charakters erstattet werden dürfe. Allerdings haben viele von denen, die für sich den Titel hochgelehrter Personen beanspruchen, und insbesondere solche, deren Expertise vornehmlich in der Vergewaltigung von Wörtern, die bei einem Autor nur sehr selten vorkommen, besteht und deren Köpfe lebendige Lexika, wenn nicht sogar ganze Bibliotheken, also zuverlässige, aber fruchtlose Archive geistloser Forschung sind, die bei aller Freude, die sie denen, die immerfort und voller Eifer nach bloßen Phrasen und Wörtern jagen, bereiten mögen, ohne jeden Nutzen sind – viele solcher Leute, sage ich, haben einen weit geringeren Anteil an solider Vernünftigkeit als diejenigen, die vor ihnen, wenn es nach diesen Tyrannen im Reich der Bildung ginge, auf die Knie fallen müssten. Darüber hinaus kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, weshalb irgendwelche Leute, mögen sie sich selbst auch für noch so gelehrt halten und von anderen, die dieselbe langweilige, wenn nicht gar fruchtlose Studienrichtung eingeschlagen haben, für noch so kundig erachtet werden, und mögen sie auch tatsächlich über noch so eindrucksvolle Fertigkeiten in der Lektüre ungewöhnlicher und beinahe ausgestorbener Schriftzeichen oder in der Kollation einer nahezu unendlichen Zahl großer wurmzerfressener Manuskripte verfügen  – ich kann mir also, sage ich, nicht vorstellen, weshalb solche Leute den Wunsch hegen und sich darum bemühen sollten, alles Wissen der Welt für sich zu beanspruchen. Und dies tun sie nur, um damit wie mit ägyptischen Hieroglyphen die Menschheit zu beeindrucken, ohne sie zu belehren oder zu bessern, und um die Allgemeinheit der Menschen von Untersuchungen zur Wahrheit abzuhalten, die diese wahnsinnigen Selbstbewunderer als eine Sache darstellen, die ihre Kräfte [sc. der Allgemeinheit der Menschen] weit übersteigt, und als Ehre der Erkenntnis, die sich für sie auf keinen Fall prostituieren lassen sollte. Ich für meinen Teil bekenne, dass ich die allgemeine Praxis der papistischen Priester, die den Laien sogar die Lektüre der Heiligen Schriften untersagen, weder auf irgendeine Weise rechtfertigen noch ohne weiteres entschuldigen kann. Sofern jene sie durch ihre menschlichen Traditionen und ihre fehlerhaften Interpretationen nicht zu einer bloßen wächsernen Nase14 machen, sind sie [sc. die Heiligen Schriften] dazu imstande, die Ungebildeten und Unkundigen unter dem Einfluss des Heiligen Geistes so weise zu machen, dass die Erlösung ihrer Seelen gewährleistet ist. (Die Fähigkeit, mit scharfsinnigen Jesuiten zu diskutieren und

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and can warm their hearts with a much deeper impression of the near relation in which they stand both to God and to their neighbour and of those prudent methods which they ought to take to perform their duty in the most pleasant and profitable manner than some of the most learned doctors of the Sorbonne can modestly pretend to have. And whether such persons of intrigue don’t discover as much ignorance as anti-Christian pride in taking these irregular measures to gain the esteem and command the purses of the people to support the interest and raise the reputation of the Church of Rome, which stands in need of many pious cheats to keep up its aspiring (and yet perhaps sinking) hierarchy is a matter that deserves to be taken into our serious and most deliberate thoughts. And though I firmly believe that our blessed Saviour has appointed an order of men which shall continue even to the end of the world to preach his gospel and administer his holy sacraments and I earnestly desire that my tongue |13| may cleave to the roof of my mouth if I don’t prefer them before multitudes of those who through the influence of Satan, the cursed policy of the Church of Rome, the disorder of their bodies, their wretched ignorance of the happy settlement of the sacred canon or the reputation they expect to gain by affecting to make high pretences to new light and immediate inspiration, yet I am far from thinking that the Christian religion was designed to feed the boundless ambition and in so extravagant a manner to raise the reputation and support the external grandeur of the clergy. And if the Scriptures should be frequently and seriously considered by all to whom its precepts, promises and threatenings are directed, if the designing priests of the Church of Rome are guilty of a notorious crime in pretending that the common people shouldn’t dare to intrude into those sacred mysteries that are contained in them, if they ought to lie always open for the information and conduct of those who most need their assistance, then no pious, rational and learned authors should be denied the laity, but, like the public service which they pay to Almighty God, should be offered to their consideration |14| in that language which is most familiar to them. I don’t affirm that they who would hinder persons of mean capacities and inconsiderable acquired abilities from enjoying the satisfaction and reaping the advantage of learned authors are as guilty as the Romish priests who deny the people that word which alone is able by the blessing of Almighty God to make

15 Bezugswort des Personalpronomens dürften die Menschen sein, die Gott, wie Bellamy

weiter oben sagt, zu einem Leben im Dienste der Verkündigung berufen hat.

16 Bei dem vorliegenden Satz handelt es sich um einen Anakoluth: Bellamy hat es versäumt,

den Relativsatz durch ein Prädikat und ein Objekt zu vervollständigen.

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gegen ihre Intrigen anzukommen, erwerben sie hierdurch freilich nicht.) Zudem prägen sich ihrem Herzen die eigene enge Beziehung zu Gott und zum Nächsten und die sinnvollen Methoden, die sie zum Zwecke einer gleichermaßen höchst angenehmen wie nützlichen Pflichterfüllung heranziehen sollen, ungleich inniger ein, als es die gelehrtesten Professoren der Sorbonne, wenn sie ehrlich sind, zu lehren beanspruchen können. Darüber hinaus ist es eine Frage, die durchaus einer ernsthaften und sehr eingehenden Überlegung unsererseits lohnte, ob dergleichen intrigante Personen nicht dadurch, dass sie mittels solch widriger Maßnahmen das Ansehen der Menschen und die Herrschaft über ihre Geldbörsen zu erlangen und die Interessen der Kirche von Rom zu fördern suchen, die allerlei fromme Ränke notwendig hat, um ihre aufstrebende (und vielleicht dennoch im Niedergang begriffene) Hierarchie zu erhalten und ihren Ruf zu verbessern, ebenso viel Unwissen wie widerchristlichen Hochmut an den Tag legen. Zwar glaube ich fest daran, dass unser gesegneter Erlöser einen Orden von Menschen eingesetzt hat, dem es obliegt, bis zum Ende der Welt sein Evangelium zu verkündigen und seine heiligen Sakramente zu spenden. Zudem, so mein aufrichtiger Wunsch, wollte ich eher, dass meine Zunge oben an meiner Lippe kleben bliebe, als dass ich solchen15 die Massen derjenigen vorzöge, die aufgrund des Einflusses Satans, der verfluchten Politik der Kirche von Rom, der Unordnung ihrer Körper, ihres elenden Unwissens um den seligen Aufbau des heiligen Kanons oder des Ansehens, das sie dadurch zu erlangen hoffen, dass sie hochmütig vorgeben, über ein neues Licht und eine unmittelbare Inspiration zu verfügen.16 Dennoch bin ich weit davon entfernt anzunehmen, die christliche Religion sei dazu geschaffen worden, den grenzenlosen Ehrgeiz des Klerus zu nähren, sein Ansehen auf so übersteigerte Weise zu vergrößern und zu seinem äußeren Glanz beizutragen. Und wenn die Schriften tatsächlich von allen, an die sich ihre Gebote, ihre Verheißungen und ihre Drohungen richten, immer wieder und mit Ernst studiert werden sollten, und sich die intriganten Priester der Kirche von Rom dadurch eines offenkundigen Verbrechens schuldig machen, dass sie behaupten, die einfachen Leute dürften nicht in die darin enthaltenen heiligen Geheimnisse eindringen, und wenn sie [sc. die Schriften] für das Wissen und das Verhalten derer, die ihres Beistandes am meisten bedürfen, stets offen zugänglich sein sollten, dann sollte kein frommer, vernünftiger und gelehrter Autor den Laien vorenthalten werden, sondern wie der öffentliche liturgische Dienst, den sie dem allmächtigen Gott erweisen, in der Sprache, die ihnen am vertrautesten ist, ihrem Studium anempfohlen werden. Ich will gar nicht behaupten, dass die Schuld derer, die Menschen von mäßigen Begabungen und geringen erlangten Fertigkeiten daran hindern, die Befriedigung, wie sie die Vorzüge gelehrter Autoren bieten, zu erlangen und zu genießen, ebenso groß sei wie die der Römerpriester, die dem Volk das Wort vorenthalten, das es als einziges vermag, sie kraft der Segnung durch den allmächtigen Gott in dieser Welt heilig und in der kommenden ganz

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them holy in this world and completely and eternally happy in the world to come, though I think that they who are eminent for learning may with a much better grace affirm that it is their prerogative to consult learned authors than the popish clergy can pretend that the common people must be blind votaries to the Church of Rome, that they must not understand the language in which their divine service is performed and their religion and, by consequence, their everlasting salvation must depend on the qualifications and intention of those who officiate for them. But if it is the duty of the common people to read the Word of God and to perform all their acts of devotion in the language of their native country, if they who are unable to understand the sacred and original text of Scripture should have the Bible |15| translated into a language that is familiar to them, this seems to me to be a solid argument to prove that any useful original which they don’t understand in the language in which the author writ should be clothed in such a dress as may render it intelligible and easy to them. For my part, I am far from being bigoted to any ancient authors, though I hope they will be ever valued in proportion to that vein of sense, learning or piety which often runs, as it were, through the whole body of their discourse. I am not such a slave to antiquity as to judge it a crime to read the writings of those modern authors in which anything in its own nature valuable does occur, and Sir William Temple, in his Essay upon Ancient and Modern Learning, as ingenious and polite a person as he was and as much as I am charmed with his writings, does pay, I think, too great a deference to the ancients and give too mean a character of the modern heroes. But whether ancient or late authors do deserve preference, that the encouragement of translation should be any hindrance to the reputation and successful progress even of ancient learning is what I confess after ma|16|ture deliberation I am not able to conceive. For as for those who are entirely and perhaps culpably ignorant of the heroes of antiquity and have no skill in any of the learned languages, it is impossible that translations should lessen their esteem for those authors who bear the awful stamp of very distant periods of time. Nay, this is so far from being the true state of the case that I do not see it is possible for the common people to have any high and well-grounded respect for the genuine monuments of antiquity but by means of those very translations which they who make the objection do most severely condemn. It is true they may hear it reported that the fathers of the primitive church were very pious, rational and learned writers, but 17 Bellamy nimmt an dieser Stelle Bezug auf die „Querelle des Anciens et Modernes“, die um

die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert entflammte. In der Streitfrage, ob noch immer die antike Literatur normativen Charakter hat oder an ihre Stelle inzwischen die moderne getreten ist, votiert der Übersetzer offenbar für eine höhere Wertschätzung zeitgenössischer Autoren. Siehe dazu ausführlicher im einführenden Beitrag von Christian Hengstermann, oben S. 14–16.

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und für immer glückselig zu machen. Allerdings können diejenigen, die man für ihre Bildung rühmt, mit weit besserem Recht beanspruchen, es sei ihnen vorbehalten, gelehrte Autoren zu studieren, als der papistische Klerus von einfachen Leuten fordern kann, blinde Anhänger der Kirche von Rom zu sein, die Sprache, in der ihr Gottesdienst abgehalten wird, nicht zu verstehen und dementsprechend ihre Religion und mithin auch ihre ewige Erlösung von den Kenntnissen und den Absichten derer, die für sie ihr Amt verwalten, abhängen zu lassen. Wenn aber auch einfache Leute die Pflicht haben, das Wort Gottes in der Sprache ihres Heimatlandes zu lesen und alle Riten in dieser zu vollziehen, und wenn es denjenigen, die den heiligen Originaltext der Schrift nicht zu lesen vermögen, obliegt, die Bibel in eine ihnen bekannte Sprache übersetzen zu lassen, so scheint mir dies ein stichhaltiges Argument dafür zu sein, dass jedes nützliche Original, das jene in der Sprache, in der sein Autor es geschrieben hat, nicht verstehen, in ein Kleid gehüllt werden sollte, durch das es auch für sie leicht verständlich wird. Ich für meinen Teil bin weit davon entfernt, irgendwelchen antiken Autoren fanatisch anzuhangen, wenngleich ich die Hoffnung hege, man möchte sie immerfort in dem Maße ehren, in dem, wie es häufig der Fall ist, ihre Vernunft, ihre Bildung und ihre Frömmigkeit ihr Schrifttum gleichsam wie eine Ader den Körper insgesamt durchdringen. Auch bin ich kein solcher Sklave der Antike, dass ich es für ein Verbrechen hielte, die Schriften moderner Autoren, die an sich wertvolle Dinge enthalten, zu lesen. Sir William Temple war zwar gewiss ein überaus genialer und kultivierter Mann, und seine Schriften haben mich immer schon beeindruckt. Dennoch erweist er den Alten in seinem Aufsatz über alte und moderne Bildung allzu viel Ehre und stellt er die modernen Helden gar zu schlecht dar.17 Ungeachtet dessen aber, ob nun die alten oder die neuen Autoren den Vorzug verdienen, kann ich mir, so möchte ich nach eingehender Überlegung betonen, nicht vorstellen, dass es dem Ruf und dem erfolgreichen Fortschritt der klassischen Bildung irgendwie hinderlich sein kann, wenn man Autoren dazu aufruft, Übersetzungen anzufertigen. Was nämlich diejenigen betrifft, die (vielleicht aus eigener Schuld) weder über Wissen um die Helden der Antike noch über irgendwelche Kenntnisse der gelehrten Sprachen verfügen, so ist es unmöglich, dass Übersetzungen ihre Wertschätzung dieser Autoren, denen der ehr­gebietende Geruch längst vergangener Zeitalter anhaftet, verringert. Nein, ich halte es, im Gegenteil, für unmöglich, dass sich einfache Leute durch etwas anderes als eben die Übersetzungen, die jene Kritiker mit solcher Schärfe ablehnen, eine wohlfundierte und tiefe Achtung der wahren Monumente der Antike erwerben können. Zwar haben sie vielleicht aus zweiter Hand gehört, dass die Väter der Alten Kirche sehr fromme, vernünftige und gelehrte Autoren gewesen sind, aber ihr Wissen

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their knowledge or rather opinion is not the natural result of their own examination and judgement and, by consequence, the esteem which they have and express for them must be highly irrational or, at best, uncertain and extremely superficial. But when any of the ancient and learned authors are, as it were, raised from the dead and clothed in a lan|17|guage which they perfectly understand and they have carefully perused a translation of them by one who, as they have reason to believe, did perfectly understand the language in which the author writ and was master of the subject and whose fidelity they have scarce a temptation to suspect, they then begin to entertain a very honourable opinion of them and thank the translator for saving them the pains of understanding and consulting the original. And as for those who have skill in the learned languages, I don’t see that a translation of any ancient and considerable authors can do them any real prejudice. For certainly the translator must be void even of common sense and very illiterate himself if he desires them to pay a greater regard to the translation than they ought to pay to the original. This would be to prefer the stream before the fountain from which it proceeds, which would be monstrously absurd and can’t fairly be supposed in so judicious and learned an age as this. And one who understands the languages is so far from being hindered hereby from the study of them or discouraged from paying them a due respect that a translation, if |18| it be but tolerably performed, is a help to him in consulting the original and tends to cultivate his skill in the learned language in which the author writ. Besides, we must consider that no translator who has common sense will desire that they who are profoundly learned should lay aside the original for the sake of a translation, but only allow some time and take pains to compare them and see whether he has hit on the true sense of the author, and if he has really done so, the translation must be valued, of course, unless the original be esteemed for nothing but the words, which, I believe, no rational person will ever be tempted to imagine. I shall say no more of the benefit and necessity of translations in general, but offer something concerning that author whom I have in part translated with a due regard, I hope, to the glory of God and the public good, though whether I have performed well or not I must leave to the judgment of the learned, at whose bar I shall think it an honour to be arraigned if I have been guilty of any gross defects and whose friendly censures I shall willingly and even thankfully undergo.

18 Auch im Gebrauch der Unterscheidung von „Wissen“ und „Meinen“ erweist sich Bellamy

wie die Cambridger Origenisten vor ihm als Autor mit platonischen Sympathien. Allerdings ist sein Gebrauch der bekannten Begriffsdichotomie unplatonisch: Beides, Wissen und Meinen, bezieht sich bei Bellamy auf ein und dieselbe Sache, nämlich die patristische Literatur, und nicht etwa wie bei Platon auf die intelligible und die empirische Welt.

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bzw., besser, ihre Meinung18 ist nicht das natürliche Ergebnis ihres eigenen Studiums und Urteils. Die Bewunderung, die sie ihnen gegenüber empfinden und bekunden, kann folglich nur höchst irrational und bestenfalls unsicher und ganz und gar oberflächlich sein. Wann immer aber irgendein gelehrter antiker Autor gleichsam von den Toten auferweckt und in eine Sprache gekleidet wird, die sie perfekt beherrschen, und sie mit Sorgfalt eine Übersetzung desselben gelesen haben, die jemand angefertigt hat, der, wie sie mit Fug und Recht annehmen können, die Sprache, in der ein Autor schrieb, perfekt beherrscht und dazu ein Experte auf dem Gebiet ist und an dessen Verlässlichkeit zu zweifeln sie kaum einen Grund haben dürften, so fangen sie an, ihn sehr zu schätzen und dem Übersetzer zu danken, dass er ihnen die Mühen, das Original heranzuziehen und zu verstehen, erspart hat. Und was die betrifft, die über Kenntnisse in den gelehrten Sprachen verfügen, so sehe ich nicht, dass eine Übersetzung eines bedeutenden antiken Autors für sie irgendeinen Nachteil hätte. Es müsste dem Übersetzer nämlich gänzlich an gesundem Menschenverstand und Bildung mangeln, wenn er wollte, dass sie der Übersetzung mehr Anerkennung entgegenbringen als dem Original. Dies hieße, den Strom der Quelle, aus der sie hervorgeht, vorzuziehen, was ganz und gar absurd wäre und einem so gescheiten und gelehrten Zeitalter wie diesem kaum unterstellt werden darf. Zudem wird jemand, der die Sprachen versteht, hierdurch nicht nur nicht an ihrem Studium gehindert oder davon abgehalten, ihnen die gebührende Verehrung entgegenzubringen, sondern er findet mit einer Übersetzung, sofern sie auch nur annehmbar ist, ein Hilfsmittel für die Auseinandersetzung mit dem Original vor. Ja, eine solche mag sogar seine Kenntnis in der gelehrten Sprache, in der ein Autor schrieb, erweitern. Darüber hinaus müssen wir bedenken, dass kein Übersetzer mit gesundem Menschenverstand will, dass hochgebildete Menschen das Original um einer Übersetzung willen beiseitelegen. Sie sollen sich vielmehr nur die Zeit nehmen und sich die Mühe machen, beides miteinander zu vergleichen und zu sehen, ob er [sc. der Übersetzer] das wahre Ansinnen des Autors getroffen hat. Wenn ihm dies wirklich gelungen ist, so muss die Übersetzung, wenn denn das Original nicht ausschließlich wegen seiner Sprache gelobt wird, Anerkennung finden. Kein vernünftig denkender Mensch, meine ich, käme in Versuchung, dies anders zu sehen. Soweit zum Nutzen und zur Notwendigkeit von Übersetzungen im Allgemeinen, über die ich nun nichts Weiteres sagen möchte. Stattdessen will ich etwas über den Autor sagen, den ich, wie ich hoffe, mit gebührender Rücksichtnahme auf die Ehre Gottes und das Gemeinwohl teilweise übersetzt habe. Ob ich dies freilich gut gemacht habe oder nicht, das muss ich dem Urteil der gelehrten Welt überlassen. Eine Ehre soll es mir sein, vor ihrem Gericht angeklagt zu werden, wenn ich mich schlimmer Vergehen schuldig gemacht habe, und ihre freundliche Rüge will ich gern, ja voller Dank annehmen.

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|19| That Origen flourished in the third century and in the infancy, if I may so say, of the Christian church is so generally known that it seems almost needless to mention it. And since we deservedly and cheerfully pay a deference to the living monuments of antiquity and especially to those pious and learned writers who lived in the early and pure ages of the church, partly through a natural curiosity to know the names, characters and works of the most eminent persons who flourished in such distant periods of time, partly through a sense of those miraculous methods which the great God was, as it were, obliged to take for the support and encouragement of the church during its minority and partly from a just and deep conviction of the eminent piety, profound judgement and universal learning of many of the primitive Fathers, I think, a more than ordinary veneration should be paid to the memory of the deceased Origen and especially to his books against the ingenious and learned Celsus, which are a lively picture of his capacious and exalted genius. Need I say anything in commendation of his piety or, rather, will not everything that I can say fall vastly |20| short of the dignity of the awful subject? Will it not in some sense and in some measure lose its native and almost unsullied lustre by the faint encomiums of the most elevated mortals, who are inspired with a tremendous sense of his majestic simplicity and irresistible and almost inimitable charms? A piety which was so sincere and so impatient of restraint that it is reported of him that when his honoured father was suffering under the emperor Decius, he would even in his tender years have saluted the flames of martyrdom with the greatest readiness and even triumphant joy had not his dear and honoured mother, by her maternal authority, arts of persuasion and innocent methods of female policy, clipped the fluttering wings of his humbly-aspiring soul; a piety discovered by denying even the lawful appetite of his sordid flesh and looking with a generous disdain on the outward grandeur and perishing vanities of this lower world; a piety which was seen by his leaving or, in a comparative sense, 19 Die Betonung der „piety“, die Leitbegriff des folgenden leidenschaftlichen Enkomions auf

den Alexandriner ist, verbindet den Übersetzer abermals mit den humanistischen Origenesverehrern, allen voran Erasmus von Rotterdam, der in dem umstrittenen Kirchenvater zeit seines Lebens vor allem das Urbild christlicher pietas gesehen hatte. Siehe dazu Hengstermann, Seele zwischen Tier und Gott (wie Anm. 9) 139–149. Die Übereinstimmung in Begriff und Sache ist auch hier nicht von ungefähr: Über die Origenisten von Cambridge, denen er theologisch durchweg nahesteht, führt auch Bellamy die Tradition der vom niederländischen Humanistenfürsten begründeten liberalen christlichen Theologie origeneischen Zuschnitts fort. 20 Im Folgenden nennt Bellamy einige Details aus der Origenes-Biographie im sechsten Buch von Eusebs Kirchengeschichte.

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Rechtfertigung einer Übersetzung des Origenes Dass Origenes im dritten Jahrhundert, also, wenn ich es so ausdrücken darf, im frühen Kindesalter der christlichen Kirche gelebt hat, das ist allgemein so wohlbekannt, dass es sich beinahe nicht lohnt, es eigens zu erwähnen. Zu Recht machen wir den lebendigen Monumenten der Antike und insbesondere den frommen und gelehrten Autoren, die in der reinen Frühzeit der Kirche gelebt haben, mit Freude unsere Aufwartung. Grund ist bald eine angeborene Neugierde, die Namen, die Eigenschaften und die Werke der größten Personen, die in solchen langvergangenen Zeitaltern gelebt haben, kennen zu lernen, bald ein Sinn für die wunderbaren Methoden, die der große Gott zur Unterstützung und Ermutigung der Kirche in ihrer Kindheit zu ergreifen gewissermaßen gezwungen war. Bald wiederum ist der Grund die berechtigte feste Gewissheit der hervorragenden Frömmigkeit, des tiefgründigen Urteils und der umfassenden Bildung vieler früher Kirchenväter. Eine mehr als gewöhnliche Verehrung sollte, wie ich meine, der Erinnerung an den verstorbenen Origenes und insbesondere seinen Büchern gegen den genialen und gelehrten Kelsos, die ein lebendiges Bild seines vielseitigen und erhabenen Genies geben, erwiesen werden. Muss ich etwas zum Lob seiner Frömmigkeit sagen?19 Bleibt nicht alles, was ich überhaupt zu sagen vermöchte, unweigerlich weit hinter der Würde eines so erhabenen Gegenstandes zurück? Muss dieser nicht durch die schwachen Lobreden selbst der größten unter den Sterblichen, die sich von einem tiefen Sinn für seine erhabene Einfachheit und seine unwiderstehlichen und beinahe unnachahmlichen Vorzüge inspirieren lassen, in gewissem Sinne und Maße seinen geradezu unbefleckten natürlich Glanz verlieren? Eine Frömmigkeit, die so aufrichtig und jedweder Hemmnis so abhold war, dass er, wie überliefert ist,20 schon in seinen frühen Jahren, als sein Vater unter Kaiser Decius litt, nur allzu gern, ja sogar mit überschwänglicher Freude die Flammen des Martyriums begrüßt hätte, hätte nicht seine liebe und ehrwürdige Mutter mit ihrer mütterlichen Autorität, mit ihrer Klugheit und Überredungskunst und mit den unschuldigen Methoden der Politik einer Frau die flatternden Flügel seiner demütig emporstrebenden Seele beschnitten.21 Eine Frömmigkeit, die sich darin offenbarte, dass er seinem schmutzigen Fleisch sogar seine berechtigten Bedürfnisse versagt und mit großmütiger Verachtung auf die äußere Herrlichkeit dieser niederen Welt und ihre vergänglichen Eitelkeiten herabgeblickt hat.22 Eine Frömmigkeit, die sich darin 21 Die berühmte Episode wird erzählt von Eusebius, hist. eccl. VI 2,3–5 (GCS Eus. 2/2, 520).

Bellamy verwechselt Kaiser Decius, in dessen Christenverfolgung Origenes gefoltert wurde, mit Kaiser Septimius Severus, zu dessen Regierungszeit der Vater des Origenes hingerichtet wurde. 22 Vgl. ebd. VI 3,9–12 (2/2, 526–528).

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despising the school of Plato, that celebrated heathen philosopher, for the sake of the meek and persecuted |21| Jesus; in a word, a piety which appeared in the tenor of his life and conversation, the strictness of his moral virtues and Christian graces, in the flaming but just zeal he showed for the cause of Christ, the exact care and extraordinary vigour which runs through the body of his most excellent apology and the prudent measures which he took to win others to the sincere belief and regular practice of that holy religion which was so constantly, so cheerfully and so brightly exemplified in himself. Need I say anything of his sense who couldn’t content himself without the severe study of philosophy and the sublime notions of the divine piety in particular and familiarly conversed with the most judicious philosophers among the pagans and greatly improved the refined and useful knowledge which he eagerly imbibed from these stars in the firmament of learning by lighting his torch, if I may so say, at the dazzling rays of the sun of righteousness? Need I say anything of his learning who, on that account, was justly the wonder and has too often been the envy of the heathen and Christian world, who, by reason of his solid sense and uncommon acquired abili|22|ties, was inclined and qualified to take an unconfined range through the immense spaces of the intellectual ether, who, by the number and choice of the books he published (of which Eusebius gives us an account in his Ecclesiastical History), discovered at once the regularity and almost infinite compass of his studies and by his travels into foreign countries was fully acquainted with the posture of affairs both in the Christian church and in the learned world? I can’t but take notice by the way that if Origen had been so mean a man or his works so dangerous as Cardinal Baronius, Cardinal Noris, Gretzerus the Jesuit and some others represent him, I wonder that Pope Anastasius, a whole council, the aforementioned persons and the whole Justinian age should so violently oppose him. I confess after all that I have said, which is little if compared with what I could easily offer in the praise of Origen, I dare not say that St. Jerome, that very

23 Das Wort ist an dieser Stelle kaum entzifferbar. Allerdings legt der Kontext das Wort

„­piety“, das auch aufgrund seiner Buchstabenzahl passt, nahe: Neben die theoretische Philosophie, die Bellamy nur kurz würdigt, tritt sogleich wieder die praktische Frömmigkeit eines gottesfürchtigen Lebens. 24 Vgl. Eusebius, hist. eccl. VI 18 (2/2, 556). 25 Es ist durchaus möglich, dass Bellamy seine Nähe zu den Cambridge Origenists an dieser Stelle durch eine Anspielung auf Henry Mores überschwängliches Lob des Alexandriners deutlich machen will. Mit Begeisterung spricht More in der Vorrede zur Gesamtausgabe seiner philosophischen Schriften von „Origenes Adamantius, jenem Wunder der christ­ lichen Welt“: More, The Preface General, in: Several Philosophical Writings I, xxi. 26 Auch durch die Spekulation über den Äther als quasi-geistiges Element erweist sich Bellamy als Anhänger der von Henry More begründeten Denkform des Cambridger Origenismus. Zum Äther als höchstem Element, das die Geistseele des Menschen nach Ansicht

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zeigte, dass er die Schule des gefeierten heidnischen Philosophen Platon für den verfolgten sanften Jesus verlassen und in gewisser Weise sogar verachtet hat. Mit einem Wort: eine Frömmigkeit, die sich in der Grundhaltung seines Lebens und in seinem Wandel zeigte, in der Strenge seiner moralischen Tugenden und seiner christlichen Gnaden, im gerechten Feuereifer für die Sache Christi, in der großen Sorgfalt und der außergewöhnlichen Kraft, die den Körper seiner höchst vortrefflichen Apologie durchdringt, und in den umsichtigen Maßnahmen, die er ergriff, um andere für den aufrichtigen Glauben und für die beständige Praxis in eben der heiligen Religion zu gewinnen, die er selbst so entschlossen, so freudig und so glanzvoll an sich selbst vorlebte. Muss ich irgendetwas über sein Denken ­sagen, dazu, dass er sich nicht eher zufrieden gab, als bis er eingehend Philosophie und insbesondere die erhabenen Begriffe der göttlichen Frömmigkeit23 studiert, mit den klügsten Philosophen unter den Heiden freundschaftlichen Umgang gepflegt und das von ihnen erworbene tiefgründige und nützliche Wissen erweitert hatte:24 Mit Eifer sog er dieses, geleitet von seiner Fackel, die er, wenn ich es so ausdrücken darf, an den gleißenden Strahlen der Sonne der Gerechtigkeit entzündet hatte, in sich ein. Muss ich irgendetwas über seine Bildung sagen, dazu, dass er deswegen mit Recht als Wunder der heidnischen und christlichen Welt gefeiert,25 aber auch allzu oft angefeindet wurde, dazu, dass er aufgrund seiner gediegenen intellektuellen Begabung und der außergewöhnlichen Fertigkeiten, die er sich erworben hatte, die Neigung und die Fähigkeit besaß, die unendlichen Räume des geistigen Äthers zu durchmessen,26 oder dazu, dass er durch die Zahl und die Gattungen der von ihm publizierten Bücher – in seiner Kirchengeschichte bietet Euse­ bius einen Überblick27  – gleichermaßen die Ausgewogenheit und die geradezu unendliche Vielfalt seiner Studien dokumentiert und durch seine Auslandsreisen mit dem Stand der Dinge in der christlichen wie in der gelehrten Welt bestens vertraut gewesen ist? Im Übrigen kann ich nicht umhin anzumerken, dass es mich wundert, dass, wenn Origenes tatsächlich ein so mäßiger Mensch und sein Werk so gefährlich gewesen wäre, wie er bei den Kardinälen Baronius und Noris, beim Jesuiten Gretzerus und auch bei anderen dargestellt wird, Papst Anastasius, ein ganzes Konzil, die eben genannten Personen und das gesamte Zeitalter Justinians so scharf gegen ihn vorgegangen sind.28 Nach all dem, was ich gesagt habe (und gemessen an dem, was ich ohne weiteres noch zum Lob des Origenes auszuführen imstande wäre, ist es nur wenig), wage ich nicht zu behaupten, dass der Hl. Hieronymus, Mores und seiner Schüler vor ihrem Fall und nach ihrer Auferstehung bewohnt, siehe den Beitrag von Christian Hengstermann in diesem Band, oben S. 177–198. 27 Vgl. Eusebius, hist. eccl. VI 24 (GCS Eus. 2/2, 570–572); VI 32,1 f. (2/2, 586); VI 36,2–4 (2/2, 590–592). 28 Für die Vorgänge, auf die Bellamy hier anspielt, siehe oben S. 135 f. und 223–225.

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learned father, and afterwards the Justinian age and many others since had no colour of reason for what they alleged against him. Indeed, the wisdom of God does very plainly appear in so ordering |23| matters that even some of the sacred penmen of Holy Scripture and the brightest lights that ever shone in the glorious orb of the church of God had some defects to allay their intrinsic and apparent worth and prevent that excessive veneration which would otherwise have been paid them by reason of their natural and acquired accomplishments, the honour they reflected on the ages in which they flourished and the extraordinary service they did the cause of Christ and the commonwealth of learning. But as the translators of the Bible would have been unjustly treated had they been reproached with even seeming to countenance the false notions of things which the generality of the Jewish and many of the leaders of the Christian church are known to have entertained or had they been upbraided as if they approved of David’s murder and adultery and St. Peter’s most shameful denial of our blessed Lord, so I may rationally expect that the reader will be so just and candid as not to imagine (as great a man as Origen himself was and as great a hero of antiquity and Christianity as I know he was) that I’m so very ignorant as to agree with him in those opinions or practices |24| which are evidently and greatly liable to censure. As for his notion that the devils may be recovered, I must confess it seems to me to be both a false and dangerous position, false, because there’s no colour for it that I can see in the Word of God and dangerous, because it has a tendency to encourage persons to go on in sin in hopes that even the fire of hell will be at last extinguished and be but a second purgatory. We know that no less a person than the late most reverend archbishop of Canterbury has publicly appeared in his defence and has offered such plausible arguments that perhaps it may seem difficult to confute his grace. But as I have much more reason to doubt of my own salvation than of the eternal happiness of that singularly pious as well as incomparably rational and very learned prelate, so I am fully satisfied that Origen will be a star of the first magnitude in the superior orbs and though his notions might in some respects be peculiar to him and justly deserve our censure, yet the chief thing in us, which 29 Seit der Antike lautete der Haupteinwand gegen die Apokatastasis-Vorstellung des Orige-

nes, dass sie zur Untergrabung jeglicher Moral führe, wogegen Origenes unablässig, besonders in seinen Predigten, an seine Zuhörer appellierte, als mündige und reife Christen die Verantwortung für sich zu übernehmen und die von Gott in Christus ständig neu eröffnete Möglichkeit der sittlichen Besserung und spirituellen Heiligung ihres Lebens zu ergreifen. Siehe dazu Alfons Fürst, Lasst uns erwachsen werden! Ethische Aspekte der Eschatologie des Origenes (2000), in: ders., Von Origenes und Hieronymus zu Augustinus. Studien zur antiken Theologiegeschichte (AKG 115), Berlin/Boston 2011, 163–184; Beispiele für Vorwürfe wie den hier von Bellamy erhobenen aus Antike und 20. Jahrhundert: ebd. 169. Auch diese Kritik verbindet Bellamy mit dem Origenismus der Platoniker von Cambridge, unter denen etwa Henry More die Apokatastasis nicht vertreten hat, während seine Schülerin Anne Conway sie in reinstem origeneischen Geiste zur Grundlage ihres

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jener überaus gelehrte Vater, und das Zeitalter Justinians nach ihm und die vielen, die hernach kamen, nicht irgendwelche Gründe für ihre Vorwürfe wider ihn hatten. In der Tat zeigt sich die Weisheit Gottes sehr augenfällig darin, dass sie die Dinge so gefügt hat, dass selbst einige selige Autoren der Heiligen Schrift und sogar die hellsten Lichter, die das glorreiche Rund der Kirche Gottes jemals mit ihrem Licht erfüllt haben, nicht frei von einigen Fehlern gewesen sind. Diese verringerten ihren inneren wie ihren sichtbaren Wert so weit, dass man ihnen keine maßlose Verehrung erwies, wie sie ihnen aufgrund ihrer angeborenen wie ihrer erworbenen Vorzüge, aufgrund der Ehre, von der sie die Zeitalter, in denen sie lebten, widerscheinen ließen, und aufgrund des hervorragenden Dienstes, den sie der Kirche Christi und dem Gemeinwesen der Bildung erwiesen haben, zuteil geworden wäre. Allerdings hätte man den Übersetzern der Bibel unrecht getan, wenn man auch nur angedeutet hätte, sie hätten die falschen Vorstellungen von Dingen, wie sie sich bei der Mehrheit der jüdischen und bei vielen führenden Persönlichkeiten der christlichen Kirche erwiesenermaßen fanden, untermauert, oder sie dafür zurechtgewiesen hätte, dass sie angeblich Davids Mord und Ehebruch oder die äußerst schändliche Verleugnung unseres seligen Herrn durch den Hl. Petrus gutgeheißen haben. In gleicher Weise kann ich vom Leser vernünftigerweise erwarten, dass er so aufrichtig und gerecht ist und nicht meint, dass ich – Origenes selbst mag, wie mir wohl bewusst ist, ein noch so großer Mensch und ein noch so großer Held der Antike und des Christentums gewesen sein – so ganz und gar unwissend wäre, dass ich mit ihm in denjenigen Aspekten seines Denkens und Handelns übereinstimme, die offensichtlich und in höchstem Maße Tadel verdienen. Was seine Lehre von der Wiederherstellung der Teufel betrifft, so scheint es sich hierbei, wie ich einräumen muss, um eine gleichermaßen falsche und gefährliche Position zu handeln: falsch, weil das Wort Gottes, soweit ich sehe, hierfür keinerlei Anhalt bietet, und gefährlich, weil sie gewöhnliche Menschen dazu ermutigt, weiterhin zu sündigen in der Hoffnung, dass selbst das Höllenfeuer am Ende erlöschen und lediglich ein zweites Fegefeuer sein wird.29 Uns ist bewusst, dass kein Geringerer als der verstorbene ehrenwerte Erzbischof von Canterbury sie öffentlich verteidigt und hierzu solch nachvollziehbare Argumente angeführt hat, dass es schwierig sein dürfte, Seine Heiligkeit zu widerlegen. So wie ich aber mit weit besseren Gründen an meiner eigenen Erlösung als an der ewigen Glückseligkeit dieses unglaublich frommen und unvergleichlich vernünftigen und hochgelehrten Prälaten zweifle, so scheint es mir sehr sicher, dass Origenes eines der größten Gestirne am hohen Firmament sein wird. Und obwohl einige seiner Lehren in mancherlei Hinsicht nur von ihm so vertreten werden und zu Recht Tadel verdienen, so ist doch die wichtigste Sache in uns, metaphysischen Systems machte. Siehe dazu im Beitrag von Christian Hengstermann oben S. 179–182.

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the great God regards and on which he will put distinguishing marks of his favour through all the revolutions of eter|25|nity, is a regular and steady course of sincere and unaffected virtue and piety. As for offering sacrifice to idols, which Petavius the Jesuit and other learned men do seem inclined to charge on Origen and Epiphanius thought fit to relate in his Book of Heresies, it is observed by the late learned Fredericus Spanhemius in his Ecclesiastical History that that act was never charged upon him even by the Justinian age, in which he was more generally and more violently opposed than ever. But be that matter as it will, St. Jerome himself, who strongly opposed his errors, had no small veneration for him on the account of his piety, sense and learning. And the late Reverend Dr. Stillingfleet in his Origines Sacrae does frequently quote and honourably represent him to the world, as many of the greatest lights of the Christian church and of the learned world had done before him. But I’m sensible it will be readily objected against this translation that we abound already with defences of the Christian religion, which are much more useful than Origen who makes it his business to confute Celsus, who was a heathen philosopher. |26| It is true we have Grotius’ De veritate Christianae religionis, the learned apology of the late Reverend Bishop of Worcester, the most admirable sermons of the famous Dr. Rentley, preached at the lecture of the honourable Robert Boyle, Esq., some incomparable sermons published by the Reverend Dr. Tillotson, Dr. Blackhall, Dr. Stanhope and Mr. Clark, chaplain to my Lord Bishop of Norwich, the learned Dr. Owen’s comment on the Epistle to the Hebrews. And I could hardly discharge my conscience should I forbear to mention Mr. Baxter’s Reasons of the Christian Religion in honour to the memory of so great and especially so good a man. We have the rational and learned Dr. Parker’s Demonstration of the Law of Nature and the Demonstration of the Divine Authority of the Scriptures and many excellent authors who have united their forces against the most formidable adversaries of our common faith. But certainly, it is impossible to be too well-furnished with reasons of the hope that is in us, and we ought to be so far from slighting either the ancient apologies of Justin Martyr, Tertullian, Tatian, Arnobius, Lactantius and the like or even the modern defences of the Christian religion that I |27| think we should deeply lament that we have no more and that those which we have are no better understood, and it highly becomes us to make a thankful and due improvement for those many excellent helps which God, in his infinite wisdom and goodness, sees fit to afford us.

30 Vgl. Epiphanius, pan. 64,2,2–5 (GCS Epiph. 2, 404).

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auf die der große Gott alle Kreisläufe der Ewigkeit hindurch blickt und die er mit den Ehrenzeichen seiner Gnade versieht, der beständige und unbeirrte Gang ungeheuchelter und aufrichtiger Tugend und Frömmigkeit. Was die Darbringung von Götzenopfern anbelangt, die der Jesuit Pétau und andere gelehrte Männer Origenes zur Last zu legen anscheinend geneigt sind und von der zu berichten Epiphanius in seinem Buch über die Häresien für sinnvoll hielt,30 so stellt der verstorbene Gelehrte Friedrich Spanheim in seiner Kirchengeschichte klar, dass ihm eine solche Tat nicht einmal vom Zeitalter Justinians, das sich in größerem Maße und gewaltsamer gegen ihn gewandt hat als alle anderen, vorgeworfen wurde. Wie dem auch sei, brachte ihm der Hl. Hieronymus, der seine Irrlehren scharf bekämpfte, aufgrund seiner Frömmigkeit, Vernunft und Bildung keine geringe Verehrung entgegen. Auch der verstorbene ehrwürdige Dr. Stillingfleet zitiert ihn in seinen Origines Sacrae häufig und gibt ihm, wie es viele der größten Lichter der christlichen Kirche und der gelehrten Welt vor ihm getan haben, vor aller Welt die Ehre. Allerdings ist mir bewusst, dass man gegen diese Übersetzung sogleich einwendet, dass es uns bereits jetzt keineswegs an Apologien der christlichen Religion, die dazu noch weit nützlicher sind als die des Origenes, der es sich zur Aufgabe macht, den heidnischen Philosophen Kelsos zu widerlegen, mangelt. Dies trifft zu: Wir haben De veritate Christianae religionis von Grotius, die gelehrte Apologie des verstorbenen ehrwürdigen Bischofs von Worcester, die überaus bewundernswerten Predigten des berühmten Dr. Bentley, die er anlässlich einer Vorlesung des ehrenvollen Edelmannes Robert Boyle gehalten hat, einige unvergleichliche Predigten, publiziert von Hochwürden Dr. Tillotson, Dr. Blackhall, Dr. Stanhobe und Herrn Clark, dem Kaplan meines Herrnbischofs von Norwich und den Hebräerbriefkommentar des gelehrten Dr. Owen. Darüber hinaus könnte ich es mit meinem Gewissen kaum vereinbaren, wenn ich es unterließe, das Gedenken an einen so großen und insbesondere so guten Menschen wie Herrn Baxter zu ehren und seine Gründe für die christliche Religion zu erwähnen. Wir haben den Beweis für das Naturgesetz und den Beweis für die göttliche Autorität der Schriften aus der Feder des klugen und gelehrten Dr. Parker und viele weitere hervorragende Autoren, die für den Kampf gegen die ärgsten Feinde unseres gemeinsamen Glaubens alle ihre Kräfte vereint haben. Es ist aber sicher unmöglich, zu viele Gründe für die Hoffnung, die in uns ist, zu haben. Wir sollten weder die alten Apologien Justins des Märtyrers, Tertullians, Tatians, Arnobius’ und Laktanz’ noch die modernen Verteidigungsschriften für die christliche Religion geringachten, sondern vielmehr, wie ich meine, von Herzen bedauern, dass wir nicht über noch mehr verfügen und dass wir die, die wir haben, noch nicht gut genug verstehen. Dazu steht es uns gut an, die hervorragenden Hilfen, die Gott uns zu geben in seiner unendlichen Weisheit und Güte für gut befindet, in Dankbarkeit und in geziemender Weise zu verbessern.

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I can think but of one objection more and that is this that by publishing this translation of Origen, I do expose the corrupt principles of Celsus to more public view. It is true I do so. But certainly, the truth is so safely guarded by its native purity and so well recommended by the evidence that attends it that it is so far from being afraid of the light that it desires nothing more, if I may so say, than to make its most open and undisguised appearance in the world, and if the objection has any real force, it will hold as well, though not equally, against Origen himself for writing against Celsus, which plainly supposes that all the learning, wit and malice of that arch-fiend of hell must be dissected, as it were, and laid open to view, which, though they are the rankest poison, will never be able to infect us if we have but the blessing of Almighty God on so excellent an antidote at |28| hand as the indefatigable and almost inimitable labours of that pious, rational and learned Father who opposed him. I shall say no more in defence of a translation of Origen, but humbly submit my mean performance to the censures of this judicious and learned age and publish it as a public, though unworthy, tribute of praise to the great author of my being and fountain of all my happiness and as some, though but a small, recompense to my dear and honoured father for the prudent methods he has taken, the pains and charge he has been at and the great readiness and unusual joy which he has always expressed in procuring and continuing to me, so far as it lies in his power under God, the extraordinary, but not duly improved advantage of a liberal education. I have frequently read the eight books of Origen against Celsus, as they offered themselves to my consideration in the Greek original, the French translation of the learned Monsieur Bouhéreau and the Latin version and am not conscious to myself of any wilful and gross defect. |29| And after many solemn supplications for divine assistance, many tedious and yet pleasant hours which I have employed about it, many kind directions and encouragements from persons of no mean rank for piety, sense, learning and extraction and many earnest desires that the glory of God may be my principal aim and, in a word, after having 31 Tatsächlich ist der konsequente Rekurs auf die fragmentarischen Werke der antiken Chris-

tentumskritiker Kelsos, Porphyrios und Julian ein bestimmendes Merkmal der Religionskritik der frühen Neuzeit. Einen hilfreichen Überblick über die Ausgaben, Übersetzungen und Textsammlungen, in denen die in der origeneischen Widerlegung bewahrten KelsosFragmente in der Neuzeit abermals zugänglich und zur Quelle der aufgeklärten Christentumskritik werden, bietet Winfried Schröder, Athen und Jerusalem. Die philosophische Kritik am Christentum in Antike und Neuzeit (Themen und Gestalten der Philosophie 16), Stuttgart 2011, 22 f. 32 Traité d’Origéne [sic] contre Celse. Ou defense de la Religion Chrétienne contre les accusations des Païens. Traduit du Grec Par Elie Bouhéreau, Amsterdam 1700. 33 Vermutlich hat Bellamy nicht die 1481 gedruckte Übersetzung des Cristoforo Persona, sondern die von Sigismund Gelenius verwendet, die William Spencer, ein Fellow des Christ’s

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Origenes gegen Kelsos

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Mir fällt lediglich noch ein einziger weiterer Einwand ein, und zwar der, dass ich durch die Veröffentlichung dieser Origenesübersetzung die schändlichen Grundlehren des Kelsos einer weiten Öffentlichkeit zugänglich mache.31 Es ist wahr, dass ich dies tue. Allerdings ist der Wahrheit ihre natürliche Lauterkeit ein so sicherer Schutz und der Glanz, der sie umgibt, eine solch gute Empfehlung, dass sie nicht nur keine Angst davor hat, ans Licht zu treten, sondern sogar, wenn ich es so ausdrücken darf, nichts mehr ersehnt, als ganz offen und ohne jede Verkleidung in der Welt zu erscheinen. Wenn nun der Einwand tatsächlich nicht ohne eine gewisse Überzeugungskraft ist, so gilt er auch, wenn auch nicht in gleichem Maße gegen Origenes selbst, der gegen Kelsos geschrieben hat. Dies setzt aber offenbar voraus, dass all die Bildung, Klugheit und Bosheit jenes höllischen Erzteufels gewissermaßen seziert und öffentlich gemacht werden muss. Obwohl es sich hierbei um das fürchterlichste Gift handelt, so wird es uns dennoch nichts anhaben können, wenn wir nur den Segen des allmächtigen Gottes besitzen, den dieser einem so vorzüglichen Gegenmittel gegeben hat, wie es uns in Gestalt der unermüdlichen und geradezu unvergleichlichen Mühen jenes frommen, vernünftigen und gelehrten Kirchenvaters, der jenem die Stirn geboten hat, vorliegt. Soweit meine Verteidigung einer Übersetzung des Origenes, zu der ich nichts mehr sagen möchte. Vielmehr übergebe ich meine mäßige Leistung nun voller Bescheidenheit der Kritik dieses klugen und gelehrten Zeitalters und publiziere sie als öffentlichen, wenn auch unwürdigen Preis und Tribut an den großen Urheber meines Seins und Quell all meiner Glückseligkeit und als so etwas wie eine, wenn auch kleine Gegenleistung für meinen geschätzten und verehrten Vater: Durch die weitsichtigen Planungen, Mühen und Aufwendungen, die er auf sich genommen hat, und durch das große Engagement und die außergewöhnliche Freude, die er dabei, wie er sagte, empfand, hat er mir, soweit es unter Gottes Leitung in seiner Macht stand, stets die außergewöhnlichen, wenn auch von mir nicht hinreichend weiter vertieften Vorzüge einer liberalen Bildung ermöglicht. Die acht Bücher des Origenes gegen Kelsos habe ich, soweit ich sie im griechischen Original, in der französischen Übersetzung des gelehrten Monsieur Bou­ héreau32 und in der lateinischen Ausgabe studieren konnte,33 häufig gelesen und bin mir selbst keines absichtlichen oder groben Fehlers bewusst. Und nachdem ich Gott vielfach feierlich um Hilfe ersucht, viele anstrengende, aber auch angenehme Stunden darauf verwendet, viele hilfreiche Ratschläge und Ermutigung von Personen, die im Ruf großer Frömmigkeit, Vernünftigkeit, Bildung und Herkunft stehen, erhalten, immer wieder aufrichtig darum gebetet habe, dass die Herrlichkeit Gottes mein vornehmliches Ziel sein möge, nachdem ich also College, in seiner vielgelesenen Ausgabe zusammen mit dem griechischen Text von David Hoeschel 1658 (21677) veröffentlicht hatte. Siehe dazu im Vorwort zu dieser Ausgabe oben S. 229 mit Anm. 27.

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James Bellamy (1710)

performed what lies within the compass of my small ability to clothe it in such a dress as may recommend it to the world, I say, such as it is, I humbly expose it to all learned, judicious and candid persons and submit it to the censure of the critics. And if this first essay shall meet even with a tolerable acceptation from the world, I design, God willing, to take the first opportunity to translate the two following books. That the advantage which the reader may reap from Origen may be equal or superior to the painful pleasure which I took in translating him, that his belief of the Christian religion may be daily confirmed and that he may at length enjoy that inconceivable happiness in the future world of which many of |30| the primitive fathers are now partaking and of which I firmly believe that the pious and incomparable Origen has no small share is the sincere desire of the unworthiest servant of our common Lord James Bellamy.

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Origenes gegen Kelsos

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getan habe, was ich mit den Mitteln meiner unzureichenden Fertigkeiten zu tun vermochte, um es [sc. das Werk] in ein Gewand zu kleiden, das es der Welt empfiehlt, mache ich es nun, so wie es ist – sage ich – in aller Bescheidenheit allen gelehrten, klugen und aufrichtigen Personen zugänglich und übergebe es dem Urteil der Kritiker. Und wenn dieser erste Versuch auch noch eine erträgliche Annahme seitens der Welt findet, so habe ich, so Gott will, den Vorsatz, die erste Gelegenheit zu nutzen und die beiden folgenden Bücher zu übersetzen. Dass der Gewinn, den der Leser aus Origenes zieht, genauso groß oder noch größer als die schmerzhafte Freude, die ich bei seiner Übersetzung empfand, sein, dass sein Glaube, die christliche Religion, tagtäglich aufs neue Bestätigung finden und dass er lange Zeit jene unbeschreibliche Glückseligkeit der künftigen Welt, an der viele der alten Kirchenväter jetzt teilhaben und an der, wie ich fest glaube, auch der fromme und unvergleichliche Origenes einen nicht geringen Anteil hat, genießen möge, das ist der aufrichtige Wunsch des höchst unwürdigen Dieners unseres gemeinsamen Herrn James Bellamy.

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Aufbau des Letter of Resolution To the Reader (unpaginiert) An den Leser

A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of his Opinions

1–3

1. What opinion the Ancients had of the Worth, Spirit and temper of his Person.

3–5

Ein Brief zur Aufklärung über Origenes und seine Hauptlehren (Vorrede)

Welche Meinung hatten die Alten von Wert, Geist und Charakter seiner  Person?

2. What they thought of his Doctrine(s). Was dachten sie über seine Lehre(n)?

6–13

3. What his Dogmata are.

13–14

4. By what Arguments he asserted them.

14–95

I.

14–21

Was sind seine Lehren?

Mit welchen Argumenten trägt er sie vor?

His doctrine concerning the Holy Trinity, amongst the hypostases whereof, they say, he puts an inequality.

Seine Lehre von der heiligen Trinität, zwischen deren Hypostasen er, so sagt man, eine Ungleichheit annimmt

II. That the Souls of men do praeexist.

21–46

III. That through their fault and negligence they appear here inhabitants of the earth cloath’d with terrestrial bodies.

46–55

Dass die Seelen der Menschen präexistieren.

Dass sie infolge eigener Verfehlung und Nachlässigkeit zu Einwohnern dieser Erde hier geworden und mit irdischen Körpern bekleidet worden sind.

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Aufbau des Letter of Resolution

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IV. That the mystery of the Resurrection is this, that we shall be cloathed with heavenly or aethereal bodies.

55–71

V. That after long periods of time the damned shall be delivered from their torments, and try their fortunes again in such regions of the world as their Nature fits them for.

71–81

VI. That the Earth after her Conflagration shall become habitable again, and be the mansion of men and other animals; and this in eternal vicissitudes.

81–95

Dass das Geheimnis der Auferstehung darin besteht, dass wir mit himmlischen oder ätherischen Körpern bekleidet werden.

Dass nach langen Zeitperioden die Verdammten von ihren Qualen erlöst werden und ihr Glück in solchen Regionen der Welt noch einmal versuchen, zu denen sie kraft ihrer Natur fähig sind.

Dass die Erde nach ihrer Verbrennung wieder bewohnbar und den Menschen und übrigen Lebewesen Heimstatt werden wird, und dies in ewigen Wechseln.

5. By what his Adversaries endeavoured to confute them, and how I imagine an Origenist would answer to their Objections.

95–136

Womit haben seine Gegner sie zu widerlegen versucht, und was würde meines Erachtens ein Origenist auf ihre Einwände entgegnen? [Einwände gegen die I. Lehre] [Einwände gegen die II. und III. Lehre] [Einwände gegen die IV. Lehre] [Einwände gegen die V. Lehre] [Einwände gegen die VI. Lehre] [Schlussbemerkung]

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96–100 100–108 108–125 125–134 134–135 135–136

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Editionen von Werken der Cambridger Platoniker James Bellamy Origen against Celsus: Translated from the Original into English. By James Bellamy, London o. J. (1710?). Anne Conway Principiae Philosophiae Antiquissimae & recentissimae de Deo, Christo & Creatura id est de Spiritu & materia in genere, printed in: Opuscula philosophica quibus continetur Principiae Philosophiae Antiquissimae & recentissimae ac philosophia vulgaris refutata quibus junctur sunt C. C. problemata de revolutione animarum humanorum, Amsterdam 1690. The Principles of the Most Ancient and Modern Philosophy: Concerning God, Christ, and the Creature; that is, concerning Spirit and Matter in General, London 1692. The Principles of the Most Ancient and Modern Philosophy, ed. with an Introduction by Peter Loptson (AIHI 101), Den Haag/Boston/London 1982. The Principles of the Most Ancient and Modern Philosophy, transl. and ed. by Allison P. Coudert/Taylor Corse, Cambridge 1996. The Conway Letters. The Correspondence of Anne, Viscountess Conway, Henry More and their Friends (1642–1684), ed. by Marjorie Hope Nicolson. Revised Edition with an Introduction and New Material, ed. by Sarah Hutton, Oxford 1992. Ralph Cudworth A Sermon Preached before the Honorable House of Commons at Westminster, March 31, 1647, in: Charles Taliaferro/Alison J. Teply (Hg.), Cambridge Platonist Spirituality, New York 2004, 55–94. The True Intellectual System of the Universe, London 1678 (ND Stuttgart/Bad Cannstatt 1964). Systema intellectuale huius universi, Joannes Laurentius Moshemius … ex anglico ­latine vertit, recensuit, variisque observationibus dissertationibus illustravit et auxit, Jena 1733. The True Intellectual System of the Universe. A New Edition by Thomas Birch, 4 Bde., London 1820. A Treatise Concerning Eternal and Immutable Morality, with A Treatise of Freewill, ed. by Sarah Hutton, Cambridge 1996. Joseph Glanvill The Vanity of Dogmatizing, or Confidence in Opinions manifested in a Discourse of the Shortness and Uncertainty of our Knowledge, and its causes with some Reflexions on Peripateticism, and an apology for Philosophy, London 1661.

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Editionen von Werken der Cambridger Platoniker

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A letter concerning the pre-existence of souls (20. Januar 1662), in: Charles F. Mullett, A  Letter by Joseph Glanvill on the Future State, in: Huntington Library Quarterly 1 (1938) 447–456, hier 450–456; erneut in: Rhodri Lewis, Of “Origenian Platonisme”. Joseph Glanvill on the Pre-existence of Souls, in: ebd. 69 (2006) 267–300, hier 292–300. Lux Orientalis; Or An Enquiry into the Opinion of the Eastern Sages Concerning the Praeexistence of Souls. Being a Key to unlock the Grand Mysteries of Providence. In Relation to Mans Sin and Misery, London 1662. Henry Hallywell Deus Justificatus: Or, The Divine Goodness Vindicated and Cleared, against the Assertion of Absolute and Inconditionate Reprobation. Together with some Reflections on a late Discourse of Mr. Parkers, concerning the Divine Dominion and Goodness, London 1668. Henry More Philosophicall Poems, London 1647. The Complete Poems of Dr. Henry More, ed. by Alexander Balloch Grosart, Edinburgh 1878. Conjectura Cabbalistica. Or, a Conjectural Essay of Interpreting the Minde of Moses, According to a Threefold Cabbala: viz. Literal, Philosophical, Mystical, or, Divinely Moral, London 1653. The Immortality of the Soul, London 1659, ed. by Alexander Jacob (AIHI 122), Dordrecht/ Boston/Lancaster 1987. A Collection of Several Philosophical Writings, 2 Bde., London 1662 (ND New York/London 1978). Divine dialogues containing sundry disquisitions & instructions concerning the attributes and providence of God, London 1668 (21713). Opera omnia, 3 Bde., London 1679 (ND Hildesheim 1966). Two Choice and Useful Treatises: The one Lux Orientalis; Or An Enquiry into the Opinion of the Eastern Sages Concerning the Praeexistence of Souls. Being a Key to unlock the Grand Mysteries of Providence. In Relation to Mans Sin and Misery. The other, A Discourse of Truth, By the late Reverend Dr. Rust Lord Bishop of Dromore in Ireland. With Annotations on them both, London 1682. A Discourse of the Use of Reason in Matters of Religion, ed. by Henry Hallywell, London 1683. George Rust A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions. Reproduced from the Edition of 1661. With a Bibliographical Note by Marjorie Hope Nicolson, New York 1933. A funeral sermon preached at the obsequies of the right reverend father in God, Jeremy, Lord Bishop of Down who deceased at Lysburne August 13th, 1667, London 1668.

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Editionen von Werken der Cambridger Platoniker

The Remains of that Reverend and learned Prelate, Dr. George Rust, Late Lord Bishop of Dromore, in the Kingdom of Ireland, collected and published by Henry Hallywell, London 1686. John Smith Select Discourses, ed. by John Worthington, London 1660. Fourth edition corrected and revised by Henry Griffin Williams, Cambridge 1849. William Spencer ᾽Ωριγένης κατὰ Κέλσου, ἐν τόμοις η´. Τοῦ αὐτοῦ Φιλοκαλία. Origenis Contra Celsum libri octo. Ejusdem Philocalia. Gulielmus Spencerus, Cantabrigiensis, Collegii Trinitatis Socius, utriusque operis versionem recognovit, & Annotationes adjecit. Cum Indice Rerum et Verborum Locupletissimo, Cantabrigiae 1658 (21677). Richard Ward The Life of Henry More. Parts I and II, ed. by Sarah Hutton et al. (AIHI 167), Dordrecht/ Boston/London 2000. Edward Warren No Praeexistence or a Brief Dissertation Against the Hypothesis of Humane Souls, Living in a State Antecedaneous to This, London 1667. Jeremiah White The Restoration of All Things: Or, A Vindication of The Goodness and Grace of God, To be manifested at last, in the Recovery of His Whole Creation out of Their Fall, London 1712. John Worthington The Diary and Correspondence of Dr. John Worthington, ed. by James Crossley, 2 Bde., Manchester 1847–1855.

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Register Bibel Die Anordnung der biblischen Bücher des Alten Testaments folgt der Reihenfolge in der Septuaginta, da Origenes nach dieser zitiert hat. Die Seitenangaben beziehen sich sowohl auf den Text als auch auf die Fußnoten. Genesis 1–3 146 1,26 175 1,27 f. 175 1,28 78, 79 1,28 f. 78 1,31 188 f., 241 2,23 241 3 146 3,21 79, 276, 277

Weisheit 1,14 241 7,26 202 11,20 53 12,26 239

Exodus 32,32 245 34,6 171, 233

Micha 6,3 235

Deuteronomium 5,29 233 Psalmen 104,10 f. 243 104,14 f. 243 104,16 f. 243 104,18 243 104,19 243 104,21 243 104,27 243 Sprichwörter 8,22 94, 123 20,27 327 Hoheslied 6,8 222 Ijob 19,25 81

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Hosea 6,4 235 11,8 235 13,9 235

Jesaja 6,1–7 97, 204 6,2 204 8,18 247 65,17 82 Jeremia 2,13 235 2,31 235 Ezechiel 18,31 235 33,11 174, 235 Matthäus 5,13 f. 202 7,24 336 Lukas 13,34 237 18,19 171, 233 19,41 237

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Register

19,42 237 23,34 239 Johannes 1,26 57 3,16 237 5,19 110 5,30 110 6 185 6,57 110 8,12 202 9,2 147 10,30 113, 125 14,10 110, 113, 125 14,26 110 14,28 110 15,13 239 15,26 110 16,13 f. 110 16,29 146 17,4 f. 146 18,19 171

3,15 204 15,5–7 38 15,21 f. 146 15,28 201 15,42–44 163 15,51 163 15,53 80 Zweiter Korintherbief 5,19 237 Galaterbrief 4,6 110 Epheserbrief 5,29 241 Philipperbrief 2,6 f. 173 2,6–8 146 2,7 237 3,15 243

Apostelgeschichte 17,18 325

Kolosserbrief 1,15

94, 123

Römerbrief 5,12 146 7,24 185 8,21 82 9,3 245 9,18 63 9,20 160, 253 13,10 249

Erster Timotheusbrief 2,4

174, 235

Erster Korintherbrief 1,23 325 2,10 142

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Hebräerbrief 1,3 12,9

182, 202, 237 191, 239

Erster Johannesbrief 4,16 28, 101, 140, 171, 182, 233, 239, 257, 310 5,7 113

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Register

Origenes Für die im Text verwendeten Abkürzungen der Werke des Origenes siehe das Verzeichnis in: Origenes, Werke mit deutscher Übersetzung (OWD) 1/1, Berlin/ New York – Freiburg/Basel/Wien 2010, xv–xvi. Genesiskommentierung frg. D 1 Metzler frg. D 22 Metzler

139 277

Genesishomilien 1,5 202 1,13 175, 202 12,4 143, 147 Levitikushomilien 16,6 Numerihomilien 12,1 Hoheliedkommentar I 1,5

144, 157 95, 107, 120 203

Jesajahomilien 1,2 204 1,2–4 97 4,1 202, 204, 234, 252 Jeremiahomilien 9,4 93, 123 19,15 204 20,1–4 204 20,8 f. 204 Ezechielhomilien 4,1 Matthäuskommentar X 20 XI 17 XII 29 XIII 1 XV 10 XVII 30

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202, 252 220 220 95 220 92, 144 163

Johanneskommentar I 19,110 f. I 19,114 I 19,115 I 20,119–123 I 24,151 I 27,186 f. I 29,204 I 35,253 f. II 1,8 f. II 1,10–12 II 2,14 II 2,16–18 II 2,17 f. II 3,19 f. II 10,73–78 II 10,75 II 10,75 f. II 10,76 II 13,95 f. II 17,122 f. II 31,188 f. VI 6,42 VI 30,154 VI 33,166 VI 39,202 VI 57,295 VI 59,301–303 X 4,17 X 37,246 XIII 25,151 XIII 36,228–234 XIII 36,234 XX 18,157 f. XX 22,182 f. XXXII 18,225 XXXII 28,352 f.

106 94 94 93 94, 107 91 93, 123 91 93, 123 93 91 110 93 91, 112, 116 97 123 106 97, 106 92 210 143 202 201 95 201 202 203 205 94 95, 97 94, 95, 107, 112 202 94, 120 175 95 97

Johanneskommentar Fragmente frg. 1 frg. 9 frg. 37 frg. 72

123 94 97 143, 147

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364 Römerbriefkommentar I 5 II 9 II 7 (9–10) IV 2 IV 9 IV 10 V 8 V 10 VII 3 VII 16 (18)

Register 93, 116 139 159 139 95 94 139 139, 144 139 158

Epheserbriefkommentar I 101 p. 235 Jenkins 94 Titusbriefkommentar frg. 4 (bei Pamphilus)

135

Über die Prinzipien I praef. 3 138 I praef. 3 f. 103 I praef. 4 91, 96, 97, 112, 113, 117 I praef. 5 135 I praef. 8 97 I 1,1–4 101 I 1,3 97 I 1,5 91 I 1,6 91 I 1,8 91 I 2,1 118 I 2,1–4 93 I 2,2 93, 94, 106, 123 I 2,4 94, 113, 144 I 2,5 118 I 2,6 94, 95, 106, 107, 112, 119, 120, 202 I 2,9 93, 116 I 2,10 93, 112, 116, 119 I 2,12 f. 202 I 2,13 91, 103 I 3,2 96 I 3,3 113 I 3,4 97 I 3,5–8 98, 106 I 3,7 120 I 3,8 158, 200, 201 I 4,3 92, 106 I 4,4 94, 118 I 6,1 103 I 6,2 95, 96, 124, 158 I 6,3 154, 203, 204

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I 8,3 95, 96 I 8,4 144 II 1,3 203 II 3,7 139 II 5,1–4 103 II 6,1 205 II 6,3 144 II 6,3–7 96 II 6,5 146 II 6,7 139 II 8 141 II 8,3 113, 143, 158 II 8,4 139 II 8,5 118, 139 II 9 141 II 9,1 148 II 9,2 144, 145, 158 II 9,3 145, 149, 150 II 9,3 f. 144 II 9,4 142, 145 II 9,5 142, 143, 149 II 9,6 92, 103, 143, 148, 158 II 9,6 f. 144 II 9,7 143, 211 II 9,8 145 II 10,1–3 163 II 10,4 204 II 11,6 201, 204 III 1,6 145 III 1,21–23 143 III 3,5 149 III 3,6 149 III 5,5 143 III 5,6 92 III 5,8 118 III 6,1 174, 202 III 6,3 201 III 6,6 154, 203 IV 4,1 93, 94, 106, 107, 116, 120, 123, 139 IV 4,4 96 IV 4,8 91 Apologie gegen Kelsos I 8 I 10 I 66 II 9 II 31 II 51 II 60

226 226 113 113 113 90, 123 226

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Register III 34 III 35 III 49 III 62 III 75 III 80 IV 15 IV 40 IV 54 IV 75 IV 83 IV 92 IV 99 V 3 V 29 V 37 V 39 V 49 V 60 VI 17 VI 36 VI 43 f. VI 44 VI 47

205 226 226 113 220 226 113 277 226 226 220 114 113 226 220 94, 95, 123 92, 95 220 97 113, 118 220 149 144, 158 96

VI 60 VI 61 VI 68 f. VI 79 VII 17 VII 32 VII 38 VII 42 VII 43 VIII 12 VIII 14 VIII 15 VIII 30 VIII 39 VIII 75

365 106 113 113 202 91, 113 220 91 113 91 94, 95, 112 90, 123 113 220 113 113

Über das Gebet 15,1 94, 95, 107 31,3 297 33,1 112 Dialog mit Herakleides 7 95

Antike Autoren Athanasius De decretis Nicaenae synodi 27,1 139 Augustinus De civitate dei XIX 4–10 XXI 17 XXII 22

150 200 150

De Genesi ad litteram VI 4,5

136

Epistulae 166,15 153 166,16 150

adamantiana - band04 - seiten001-384.indd 365

Retractationes I 1,3

135

Cicero Academici libri I 11

231

Clemens von Alexandria Stromateis I 57,6 I 67,3 f. III 17,1 III 19,1 III 21,1 III 93,3 III 95,2 V 121,4

273 273 275 275 275 275 276 82

16.07.2013 18:39:20

366 Diogenes Laërtius VIII 10

Register 221

Epiphanius von Salamis Ancoratus 62 79 87 f. 81 Epistulae int. epist. Hieron. 51,2 121 51,3 100, 114, 224 51,4 224 51,4 f. 138 Panarion omnium haeresium 64 99, 222, 276 64,1,1 69 64,1,3 69 64,2–5 68 64,2,2–5 285, 350 64,3,8 f. 68 64,4,1 71 64,4,2 72, 100, 114 64,5–8 78 64,5,6 69 64,5,7 72 64,5,8 69, 70 64,5,11 111, 125 64,5,11–9,4 117 64,6,1–7,4 118 64,7,4 118, 123 64,8,1 68, 78 64,8,2 f. 118 64,8,3 118, 119, 123, 125 64,8,4 124 64,8,5–9,4 125 64,9,3 68 64,11,1 68 64,11,2 f. 72 64,12–62 282 64,47,6 72, 138 64,63,8 69, 221 Epikur frg. 374 Usener 151

adamantiana - band04 - seiten001-384.indd 366

Eusebius von Caesarea Historia ecclesiastica VI 1 VI 2,3–5 VI 3,4 VI 3,9 VI 3,9–12 VI 3,12 VI 3,13 VI 4 f. VI 5,6 VI 14,10 VI 18 VI 24 VI 32,1 f. VI 33,4 VI 36,2–4 VI 39,5 VII 32,25 VIII 13,6

226 345 279 279 345 279 279 279 279 226 346 347 347 73 347 279 73 73

Praeparatio evangelica XIII 13,48

82

Heraklit VS 22 B 21

275

Hieronymus Contra Iohannem Hierosolymitanum 7 138 15–22 138 20 79 26 80 30 81 36 81 Contra Rufinum I 2 I 12 I 20 II 12 II 17 II 21 II 21 f. III 23 III 28 III 39

60 222 220 60 122 221 69 221 153 220

16.07.2013 18:39:20

Register Epistulae 33,4 226 39,2 150 82,7 69 84,3 222 84,4 222 84,7 60 85,2 f. 63 124,2 103, 111, 117, 121 124,5 200 130,16 138, 150 140,6 138 Ezechielhomilien des Origenes praef. 126

367

Palladius Dialogi 16 74 Pamphilus Apologia pro Origene 3 139 87 220 99 f. 94, 120 163 135 173–188 220 Philolaos VS 44 B 14

275

Hebraicae Quaestiones in Genesim 2,8 80

Photius Bibliothek cod. 8 (I p. 9 Henry) 141

In Ecclesiasten 1,13 150 8,16 f. 150

Platon Euthyphron 10 a 2 f.

166

In Hieremiam I 2,1 IV 28,3

Menon 80 d 5 – 86 c 3

300

Phaidon 62 b 2–4 72 e 3 – 84 b 8 91 c 6 – 92 e 3

275 300 300

Politeia 349 b 1 382 e 8 f.

169 169

Symposion 180 b 6 f. 189 e 5 – 190 b 5

248 296

Timaios 29 d 7 – 30 c 1 29 e 1–3 30 a 6 f. 33 b 1–7 40 a 2–7 44 d 3–6

148 157 157 296 296 296

138 138

Isokrates Busiris 28 221 Justinian Epistula ad Menam (ACO III 211) 200 anath. (DH 403–411) 61 anath. 1 (ACO III 213) 136, 158 anath. 5 (ACO III 213) 282, 297 anath. 6 (ACO III 213) 281 anath. 8 (ACO III 213) 281 anath. 9 (ACO III 214) 281 frg. 24 Orig. princ. (ACO III 190) 148 Pseudo-Justinus De monarchia 3,1 82 Laktanz De ira dei 13,22 151

adamantiana - band04 - seiten001-384.indd 367

16.07.2013 18:39:20

368 Plotin Enneaden I 6,2 IV 1 IV 6,3 VI 8 Plutarch Vitae parallelae X Pericles 8

Register

300 147 300 17, 55

221

Porphyrius De vita Plotini 14 69 Pythagoras VS 14,1 VS 14,8a VS 21 B 7

298 298 298

Pseudo-Pythagoras Carmen aureum 70 f.

292

Rufinus von Aquileja De adulteratione librorum Origenis 1 121 7 124 15 121

Silius Italicus Punica IX 648–657

adamantiana - band04 - seiten001-384.indd 368

75 224 75 124

Sophokles Tragicorum Adespota Fragmenta frg. 620 Kannicht/Snell 82 Sozomenos Historia ecclesiastica VIII 14 VIII 14 f. VIII 16 Symbolum Athanasianum Symbolum Nicaenum

75 76 76 107 112, 115, 120

Symbolum Quicumque

107

Synode von Konstantinopel anath. (DH 421–438) anath. 1 (ACO IV/1, 248) anath. 2 (ACO IV/1, 248) anath. 10 (ACO IV/1, 249)

61 136 158 297

121

Theophilus von Alexandria Epistulae int. epist. Hieron. 87 76 89 76 90 76 96,9 200

228

Vinzenz von Lérins Commonitorium 17 (23)

Apologia ad Anastasium 2 79 De principiis Origenis I praef. 2 f.

Sokrates Historia ecclesiastica VI 7 VI 13,4 VI 14 VII 6,2–9

70

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Register

369

Frühneuzeitliche Autoren Die Ausgaben, nach denen die Stellen im Register notiert sind, sind für die Werke der Cambridger Platoniker in der Liste oben S. 358–360 verzeichnet. Die bibliographischen Angaben zu anderen frühneuzeitlichen Autoren (die nur vereinzelt vorkommen) sind an der entsprechenden Stelle in den Fußnoten zu finden. Cesare Baronio Annales Ecclesiastici Annus 532 p. 248 Annus 538 p. 411–428

225 225

James Bellamy Origen against Celsus Translator’s Preface p. 1–30 p. 22

14, 326–355 15

Robert Boyle Free Enquiry into the Vulgarly Received Notion of Nature (ed. Davis/Hunter) p. 160 53 Anne Conway Brief an Henry More (ed. Hutton) 25 Conway Letters (ed. Nicolson/Hutton) p. 173 26, 33, 60 p. 174–176 26 p. 192 22, 23, 60, 63 p. 194–197 60, 63 p. 194 23 f., 60, 62, 137 p. 195 24 p. 197 24 p. 200 60 p. 203 60 p. 203 f. 25 p. 220 159 Principia Philosophiae (ed. Coudert/Course) 1,3 p. 9 6,2 p. 29

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240 81

Ralph Cudworth A Sermon Preached before the Honorable House of Commons (ed. Taliaferro/Teply) p. 56 p. 73

307 57

A Treatise Concerning Eternal and Immutable Morality (ed. Hutton) p. 21 f. p. 26 p. 27

53 53 131

A Treatise of Freewill (ed. Hutton) p. 155 53 p. 156 19 p. 165 f. 57 p. 166 56 p. 167 55 p. 170 18 p. 171 18 p. 173 55 p. 174 55 p. 178 19, 55 p. 183 56 p. 186 54 p. 187 54 p. 190 54 p. 195 54 p. 196 55 p. 196 f. 20, 58 p. 199 54 p. 201 56 The True Intellectual System of the Universe (ed. Birch) I p. 45 I p. 315–388 I p. 316–388 I p. 331 I p. 334 I p. 335

16, 140 205 17 206 206 205

16.07.2013 18:39:20

370

Register

I p. 344 I p. 345 III p. 71 III p. 130 IV p. 377

206 f. 206 163 128 38

René Descartes Brief an Henry More vom 5. Februar 1649 (Œuvres, ed. Adam/Tannery) V p. 278 303 Meditationes (ed. Buchenau/Gäbe) 1,12 p. 38 f. 2,3 p. 44 5,7 p. 118 f. Thomas Edwards Gangraena p. 27

250 257 248

296

Erasmus von Rotterdam De libero arbitrio διατριβή sive collatio (ed. von Walter) Ia 6 f. p. 4–6 139 Joseph Glanvill A letter concerning the pre-existence of souls (ed. Lewis) 162, 286–305 Lux Orientalis The Preface p. 24 p. 51–54 p. 52 p. 58–61 p. 103 f. p. 105 f. p. 117 f. p. 122–125 p. 124 f. p. 124–127 p. 133 p. 138–144 p. 141 f. p. 188 f. The Vanity of Dogmatizing p. 32–39

adamantiana - band04 - seiten001-384.indd 370

306–325 300 318 318 300 318 319 320 320 318 294 290 295 318 302 300

Henry Hallywell Brief an Henry More vom 17. März 1672 (Cambridge, Christ’s College) MS 21, Nr. 21 296 Deus Justificatus Vorwort 159 p. 163 156 Francis Mercury van Helmont Two Hundred Queries p. 3 f. p. 16 p. 134

296 296 296

Paradoxical Discourses p. 107

296

Johan Baptista van Helmont A Ternary of Paradoxes p. 129–131

297

Cornelius Jansenius Augustinus Liber prooemialis, cap. 10, p. 26 Liber prooemialis, cap. 5, p. 12

225 226

Martin Luther Luthers Epistelauslegung 1 (ed. Ellwein) p. 255 336 Henry More Two Choice and Useful Treatises Annotations p. 72–76 p. 80

134 163

Conjectura Cabbalistica p. 36 f. p. 37 p. 37 f. p. 106 p. 164

291 292 293 277 293

Collection of Several Philosophical Writings The Preface General (I p. iii–xxvii) p. xx–xxiii 13, 268–285 p. xxi 13, 85, 133, 346 p. xxii 26, 329

16.07.2013 18:39:20

Register Epistola ad V. C. (I p. 113–138) p. 122–124

268

Epistolae Quattuor ad Renatum Descartes (Opera omnia II/1, p. 227–271) p. 254 243 Enchiridium Metaphysicum (Opera omnia II/1, p. 131–334) p. 165–173 p. 312

207 208

Immortality of the Soul (ed. Jacob) I 7 p. 44–48 291 II 12 p. 145–153 133 f., 269, 310 II 12 p. 150 269 p. 167 f. 300 III 9 p. 239 299 p. 252–254 300 p. 538–540 302 p. 543 302 Opera omnia II/1 Praefatio generalissima v–vi Praefatio generalis p. 11–13 Praefatio generalis p. 12 p. 49 p. 630

180 268–285 13, 133 156 49

Philosophicall Poems p. 292–295 p. 324–328 p. 429 f.

300 301 300

The Complete Poems (ed. Grosart) Prae-existency of the Soul p. 117–128

133

Stephen Nye Considerations on the Explications of the Doctrine of the Trinity p. 18 p. 32

126 126

Pico della Mirandola Apologia de salute Origenis (ed. Crouzel) 1 p. 98 224 27–29 p. 130–134 136 28 p. 132 136 29 p. 134 136

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32–34 p. 138–142 46 p. 160

371 139 224

Conclusiones nongentae (ed. Biondi) These IV 29 p. 92 224 Alexander Pope Essay on Man (ed. Mack) Epistle 3, Z. 7–20 p. 92–94

52

André Rivet Critici Sacri II p. 199–208 (31626) 230 II p. 215–226 (51690) 230 Richard Roach The Preface (in: Jeremiah White, The Restoration of All Things, p. i–xxx) p. xxi–xxix 27 p. xxi 27, 181 George Rust A Discourse of the Use of Reason in Matters of Religion p. 43

294

A Discourse of Truth (ed. Henry More) p. 165 168 p. 166 168 p. 168 167 p. 169 167 p. 169–171 168 p. 170 167 p. 170 f. 168 p. 172 169 p. 175 39, 168 p. 184 f. 169 p. 187–189 169 p. 191 170 p. 199 170 God is Love (ed. Henry Hallywell) p. 1–20 28, 101, 140, 171, 182, 232–267 p. 1–14 140 p. 1–4 156 p. 1 156, 171 p. 1 f. 186 p. 2 31, 42, 174, 190 p. 3 31, 182, 184

16.07.2013 18:39:21

372 p. 3 f. p. 4 p. 5 p. 6 p. 7 p. 8 p. 8 f. p. 9 p. 9 f. p. 10 p. 10 f. p. 11 p. 12 p. 13 p. 14–19 p. 14–16 p. 14 p. 15 p. 16 p. 17 p. 18

Register 173 31 30, 148, 172, 183 31, 171 39, 148, 176, 208 156, 184 156 102, 156, 171 171 157 172, 176 149, 172 101, 149, 156, 160, 172 157 141 30 29, 140, 141 195, 208 30, 141, 183, 320 173, 311 162 f., 141, 216

A Letter of Resolution Concerning Origen and the Chief of His Opinions Titelblatt 101 To the Reader 35, 36, 63, 64 f., 86, 98, 101, 103, 115, 186, 254, 256 p. 1 61 p. 1–3 98 p. 2 86, 126 p. 3 34, 59, 61, 65, 67, 71, 99 p. 3–5 98 p. 3–6 66 p. 3–13 37 p. 4 68, 69, 70, 128, 258 p. 4 f. 126, 129, 328 f. p. 5 66, 69, 70 p. 6 71, 72, 99, 114, 138 p. 6 f. 72, 99 p. 6–13 71, 98 p. 7 40, 72, 73, 100 p. 8 63, 66, 67, 71, 74, 99, 100, 101 p. 8 f. 74 p. 9 66, 74, 75, 101 p. 10 75 p. 10 f. 76 p. 11 f. 76, 124 p. 12 76, 77, 126 p. 12 f. 101 p. 13 103

adamantiana - band04 - seiten001-384.indd 372

p. 13 f. p. 14 p. 14 f. p. 14–21 p. 14–95 p. 15 p. 15 f. p. 15–21 p. 16 p. 16 f. p. 16–18 p. 17 p. 17 f. p. 18 p. 18 f. p. 19 p. 19 f. p. 19–21 p. 20 p. 21 p. 21–46 p. 21–55 p. 22 p. 22 f. p. 23 p. 23–26 p. 24 p. 24–26 p. 25 p. 25 f. p. 26 p. 26–38 p. 27–29 p. 27 p. 28 p. 29 p. 29 f. p. 30 p. 31 p. 31 f. p. 31–33 p. 32 f. p. 33 p. 34 p. 34 f. p. 35 p. 35 f. p. 36 p. 37

98 34, 60, 99, 103, 145, 160, 192, 200, 280 103 40, 99 98 104 f., 105 105 104 105, 106 f., 107, 108 107 122 108, 109, 181 f. 109 109, 110 f., 128, 129 111 111 f., 117, 127 112 115 112, 113, 129 111, 113, 127, 173, 183 135, 312 41, 135, 145, 260 26, 126, 137, 261, 310, 318 103, 138 138, 139 147 30, 147, 187, 240 f. 318 105, 148, 149, 183, 318 102 149, 150 149 149 159 159 30, 149 159 149, 159 149, 161, 322 130 102 151 149, 152 149, 159 149 154, 158, 160 152, 158 154 149, 158

16.07.2013 18:39:21

Register p. 38 p. 39 p. 39 f. p. 40 p. 40–43 p. 40–45 p. 42 f. p. 43 p. 44 p. 45 p. 45 f. p. 46 p. 46 f. p. 46–55 p. 47 p. 47 f. p. 48 p. 48 f. p. 49 p. 49 f. p. 50 p. 51 p. 52 f. p. 53–55 p. 54 p. 55–71 p. 56 p. 57 p. 57 f. p. 57–60 p. 58 p. 59 p. 60 p. 62 f. p. 64 p. 66 p. 67 p. 67 f. p. 68–70 p. 70 p. 71 p. 71–81 p. 71–95 p. 72 p. 72 f. p. 73 p. 74 p. 75 p. 75 f. p. 76

149, 157, 158, 159 153 152 146, 153, 173, 183 128 146 175 87, 126, 227 147 288 137, 273, 288 147, 148, 209, 211 258, 291 135, 312, 320 162, 163, 183, 209, 242 175, 294, 299 164, 191, 195, 211, 299 164 154, 158, 174, 262 175 158, 194 163, 194, 273, 299 102 155, 221, 298 103, 163, 210 43, 165, 193 157, 160, 174, 193 165 175 38, 175 160, 165 154, 156 194 175 211 114, 125 209 210 293 128 189, 192, 328 f. 42, 186 44 43, 161, 162, 193 161 190 190, 197, 211, 212 187, 188, 213 189, 241 260

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p. 77 p. 78 f. p. 79 p. 79 f. p. 81 p. 81 f. p. 81–95 p. 82 p. 83 p. 84 p. 84 f. p. 84–86 p. 85 p. 86 p. 87 p. 87 f. p. 88 p. 89–91 p. 94 p. 94 f. p. 95 p. 95 f. p. 95–136 p. 96 p. 96 f. p. 96–100 p. 97 p. 97 f. p. 98 p. 98 f. p. 99 p. 99 f. p. 100 p. 100–108 p. 101 p. 102 f. p. 103–105 p. 104 p. 105 f. p. 106 p. 107 p. 108 p. 108 f. p. 108–130 p. 109 p. 110 f. p. 111 f. p. 112 p. 113 f. p. 114

373 191, 214 319 192 190, 319 200 212 154, 199 126 213 196, 215 196 259 196, 214 29, 43, 196 102, 148, 161 155 138, 155, 216 302 103, 126, 130, 137 115 119, 120, 127 114, 125 71, 98 78, 114 f., 271, 330 115, 116 40, 99 41, 71, 78, 115, 117, 118 119 79, 119, 120, 121, 128 122 122, 123, 124 124 78, 114, 125 f., 129 41, 135, 138, 312 79, 148, 161 79 79 79, 137, 288 80 215 80 78, 80, 214 129 43 80, 128 194 210 71, 185 185 185

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374 p. 115 f. p. 115–117 p. 117 p. 117–121 p. 118 p. 121 p. 122 p. 125 p. 125–135 p. 128 p. 129 p. 130 p. 130–134 p. 131 p. 133 p. 134 p. 135

Register 185 185 80 283 80 81, 194 182, 184, 185 81 44 81, 184 26, 87 71, 78, 81 42 83 107, 126, 131, 309 78, 82, 199 127

John Smith Select Discourses (ed. Williams) p. 39/41–55 179, 307 p. 405 57 William Spencer Origenis Contra Celsum Lectori 12, 73, 220–231, 352 f.

Jeremy Taylor Unum Necessarium p. 381 f.

296

John Turner A Discourse Concerning the Messias xix 126 clxii 126 Richard Ward The Life of Henry More (ed. Hutton) p. 117 22, 180 Edward Warren No Praeexistence p. 19 Jeremiah White Restoration of All Things p. 12 John Worthington Correspondence (ed. Crossley) I p. 312 I p. 340

155

244

22 22

Namen und Sachen (Ab)Bild siehe Bild Abraham 267 Absolute, das 44, 147, 149, 151, 155, 156, 157, 168, 169, 170, 208, 238 Abstieg/Aufstieg  41, 45, 58, 61, 72, 78, 79, 81, 92, 96, 135, 145, 155, 158, 159, 161, 164, 165, 174, 175, 180, 182, 183, 200 f., 202, 209, 215, 216, 235, 265, 291, 293, 295, 299, 303, 347 Adam  146, 261, 277, 283, 291, 293, 319, 320 f. Adamantius  226, 227, 277 Adoptianismus 182 Äquivokation 187 aërisch siehe Luft Äther/ätherisch  31, 34, 42, 43, 45, 60, 68, 80, 82, 162, 163, 165, 177, 180, 183, 185, 190, 191, 194, 195, 197, 209, 210, 211, 213, 216, 283, 290, 291–295, 299, 320, 346, 347 Affekt  42, 149, 152, 153, 154, 159, 172, 175, 185, 193, 251, 260, 267

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Akrasie  34, 60, 157, 158, 170, 172, 200, 251, 263 Aktualität  164, 205, 210, 215, 244 Akzidens/akzidentell 105, 144, 147, 154, 157, 174, 193, 262 Allegorie 79 Allerlösung siehe Apokatastasis Allmacht  29, 39, 48, 53, 93, 105, 109, 112, 114, 128, 131, 140, 143, 150 f., 154, 157, 166, 168, 169, 171, 179, 212, 245, 249–251, 261, 263, 267, 281, 305, 322 Allwissenheit  161, 188 Anamnesis  162, 190, 300 f. Anastasius II. (Papst)  135, 347 Anbetung/Verehrung (Gottes) 39, 96, 112, 125, 233, 257, 267, 311, 330 Anfang/Prinzip/Ursprung  29, 91, 92, 93, 106, 108, 109, 112, 122, 148, 166, 195, 200 f., 202, 204, 210 f., 239, 241, 249, 257, 267, 318, 321

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Register Anglikanische Kirche  13, 20, 28, 61, 62, 131, 159, 306–309, 311, 332, 334 Angst  179, 183, 267, 353 Anhomöer 100 —— anhómoios (ἀνόμοιος)  104 Anthrophomorphismus  93, 101, 173, 188 Anthrophomorphit  37, 66, 71, 74 f., 83, 101 Antitrinitarismus  87, 130, 227 Apokalypse  178, 180, 197, 199, 204, 211–213 Apokatastasis  20, 29, 30, 31, 32 f., 35, 42 f., 45, 59, 60 f., 72, 78, 81, 99, 126, 133, 134, 135, 136, 154 f., 161, 171, 174, 177, 180 f., 186–192, 190, 195, 197 f., 200, 201, 209, 215, 216, 235, 303, 321, 348 f. Apollinaris 225 Apologie  35, 64, 73, 86, 100, 102, 103, 104, 114, 125, 126, 139, 280, 285, 332 f., 351 Arianismus  40, 50, 61, 72, 76, 78, 90, 99, 100, 104, 110, 113, 114–116, 123, 124, 125, 126, 129, 130, 227 Aristoteles  49, 271 Aristoteliker/Aristotelismus 54, 55, 57, 58, 204, 227, 234 Arius  41, 54, 64, 90, 99, 100, 113, 115 f., 223 Arminianismus  15, 227 Arnobius 351 Askese  69, 279 Astronomie 209 Athanasius  107, 139 Atheismus  11, 14, 18, 47, 52, 53, 54, 130, 141, 150 f., 152, 179, 206, 269, 281, 307, 333 Atomismus  52, 178, 206, 281 Auferstehung  25, 28, 34, 38, 43, 45, 60 f., 72, 78, 79, 80 f., 99, 163, 165 f., 185, 193–195, 197 f., 282 f., 293, 296, 297, 299, 303, 309, 319, 347 Aufklärung  45, 47, 158, 197 Augustinus 135, 136, 146, 153, 155, 160, 178, 200, 225, 296 Autobiographie 35 Autonomie  38, 45, 56, 58, 145, 157 Autorität  49, 63, 66, 70, 80, 100, 124, 131, 137, 225, 309, 311, 317, 334, 335, 345 Bacon, Francis  47 f. Bayle, Pierre  16, 49 Baxter, Richard  52, 351 Bellamy, James  14, 271, 326–355 —— Origen against Celsus. Translator’s ­Preface ​ 326–355

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375

Bescheidenheit  139, 325, 353, 355 Bewusstsein/Selbstbewusstsein  19, 56, 207 Bibel  41, 53, 57, 67, 69, 74, 79, 80, 88, 89, 97, 100, 111, 113, 114, 125, 129, 137, 146 f., 156, 157, 175, 185, 194, 199, 205, 212, 223, 233, 234, 240 f., 244, 245, 246, 247, 254 f., 262, 279, 285, 331, 332, 333–335, 336–341, 349 —— Codex Alexandrinus  334 —— Septuaginta  334 f. Bibliothek 337 —— Augustana 228 —— Boica 228 —— Huntington Library  286 —— Universitätsbibliothek Cambridge  65 Biddle, John  87 Bild  30, 94 f., 104, 173, 174 f., 182, 184, 185, 194, 202, 205, 209, 215, 237–239, 247, 326, 328 —— Gottebenbildlichkeit  29, 39, 43, 195, 202, 244 Bildung  189, 197, 231, 323, 327, 331, 337, 341, 343, 345, 347, 349, 351, 353 Binitarismus 96 Bischof, Eusebius  65 Book of Common Prayer 307 böse/das Böse/Bosheit  19, 53, 141, 144, 150 f., 153, 158, 160, 168, 169, 170, 174, 201, 235, 237, 249, 251, 255, 263, 267, 301, 335, 353 Boyle, Robert  48, 50, 52 —— Free Enquiry into the Vulgarly Received Notion of Nature 53 Bramhall, John  18, 55 British Moralists 38 Büchner, Georg  141 Bürgerkrieg  55, 159, 307 f. Buys (Busaeus), Jan  65 Calixt, Georg  64, 70 Calvin, Johannes  281 Calvinismus  15, 33, 38, 39, 42, 102, 110, 130, 140, 149, 150, 152, 154, 155, 157, 160, 169, 170, 178 f., 184, 187, 188, 197, 227, 241, 250 Cambridge (Universität)  12, 23, 26, 49, 62, 86, 136, 232, 271, 287 —— Christ’s College  12, 26, 31, 32, 137, 178, 181, 279, 280, 352 f. —— Clare College  12, 23, 62 —— Emmanuel College  12 —— Universitätsbibliothek 65 Casaubon, Isaac  52 Chalcenterus  226, 227

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Register

Charles I. (König)  23, 62, 159 Christologie  95 f., 126, 128, 182–185, 210, 236, 252 Christus  19, 20, 29, 31, 38, 43, 57, 69, 80, 81, 95, 143, 146, 180, 193, 201, 237–239, 240, 336 —— innerer Christus  194, 329 —— kosmischer Christus 196, 200, 202, 205, 214 —— Mittler  93, 95, 106, 184, 196, 205, 215, 240 Cicero  231, 271 Clemens von Alexandria  271–277 —— Stromateis 271–277 Colet, John  12 consensus quinquesaecularis  70 Conway, Anne  22–25, 26, 31, 32 f., 35, 44, 59, 60, 62 f., 67, 133 f., 137, 159, 182, 240, 280, 321, 328, 348 —— Conway Letters  32, 35 —— Principia Philosophiae  32 f., 59, 134, 180 f., 240 Cromwell, Oliver  27 Cudworth, Ralph  15, 16–20, 21, 38, 40, 44, 48, 49, 51–58, 85, 126, 128, 131, 133, 159, 163, 178, 182, 195, 205–207, 208, 217, 281, 306, 307, 329, 333 —— Predigt über 1 Kor 15,5–7  38 —— Sermon before the House of Commons 57 —— Treatise Concerning Eternal and Immut­ able Morality  38, 53, 58 —— Treatise of Freewill  17 f., 53–55, 58 —— True Intellectual System of the Universe ​ 140, 152, 205, 269 curiositas  61, 63, 67, 345 Cyrinus von Chalkedon  76 f. Dämon  61, 72, 78, 114, 136, 163, 209, 214, 299 Darwin, Charles  50 David  267, 349 Deismus  126, 158, 333 Demokrit  54, 206 Demut  19, 56, 57, 130, 173, 307, 309, 322, 331, 345 Descartes, René  16, 20, 36, 45, 48, 49, 52, 53 f., 58, 206, 207, 208, 217, 233, 242, 248, 249 f., 268, 281, 303, 305 —— Cartesianismus/cartesisch  20, 36, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 58, 199, 206, 208, 214, 269, 295 —— Cogito  20, 207 f., 257 —— Discours de la Méthode  35 —— Principia Philosophiae 268

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Determinismus  18, 31, 40, 42, 49, 53, 54, 56, 106, 109, 142, 143, 144, 145, 149, 153, 158, 159, 160 f., 162, 164, 196, 215, 217, 238, 258, 260 f., 287, 295, 297 Dillingham, Theophilus  23, 62 Dualismus  52, 206 Egalitarier  108–111, 114, 130 Eine, der/das; der/das Einfache; Einheit  18, 90, 91, 93, 95, 103, 104, 105, 108, 113, 114, 116, 119, 120, 125, 127, 202, 207, 240, 241, 267 Ekklesiologie  202 f. Ekpyrosis  43, 60, 82, 163, 180, 190, 191, 196, 211 f., 213, 215, 259, 299, 303 Elend siehe Leid Elija 185 Emanation  29 f., 32, 40, 41, 93 f., 97, 105, 106 f., 108 f., 123, 147 f., 156 f., 172, 173, 186 f., 195, 209, 241, 259, 263, 267 —— univoke Emanation (univocal production)  29 f., 147, 187, 241 Empirismus  16, 48, 50, 55 Engel  81, 163, 209, 214, 237, 239, 253, 255, 291, 299, 319 —— Seraphim 267 Epinoia (ἐπίνοια)  93, 184 Epiphanius von Salamis  37, 41, 65–72, 74, 75 f., 79, 80, 81, 82, 101, 111, 117, 121, 123, 124, 125, 135, 161, 221, 223, 277, 282, 285, 351 —— Panarion 64  37, 59, 60, 65–72, 77, 82 f., 99, 100, 117, 118 f., 125, 127, 222, 276, 351 Epikureismus  52, 113, 130, 150 f., 226 Erasmus von Rotterdam  12, 15, 58, 139, 332, 344 Erbsündenlehre  146, 260, 296, 321 Erde/irdisch  31, 34, 42, 80, 82, 162, 163, 164, 183, 190, 191, 194, 196, 210, 211, 212 f., 213, 215, 252, 275, 283, 290, 295, 297–299, 303, 319, 321 Erfahrung  42, 140, 152, 153, 154, 159, 194, 201, 244, 245, 257 Erkenntnis  31, 40, 79, 91, 97, 131, 142, 162, 174, 205, 208, 235, 250, 254, 288, 296, 337 Erlösung  30, 31, 34, 39, 40, 41, 42 f., 53, 81, 95, 154, 165, 178, 179, 180, 181, 183, 184, 185, 186, 188, 189, 193–195, 198, 205, 208, 209, 211, 215, 216, 217, 235, 239, 281, 296, 337, 341, 349 Eros 248 Erziehung  42, 145, 160, 186, 189, 190, 198, 202, 203 f., 212, 234, 329

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Register Esau 155 Eschatologie  43, 165, 175, 177 f., 180, 186, 197 f., 199, 204, 259 Ethik  16–20, 29, 32, 38 f., 39, 42, 43, 48, 49, 54 f., 56, 57, 140, 156, 157, 158, 161, 162, 163, 165, 187, 188, 194, 211, 216, 244 —— ethischer Internalismus  38 —— ethischer Imperativ  39 Eucharistie 185 Eudämonismus  175, 189 Eunomius  99, 100 Eustathius 225 Euthyphron-Dilemma  39, 166, 168, 169, 170 Eusebius von Caesarea  13, 73, 277 —— Historia ecclesiastica  67, 276, 344, 347 Eva 320 Evagrius Ponticus  61, 83 Evangelium  193, 210, 239, 339 Evolution  197, 216 f. Ewigkeit/ewig  16, 30, 42, 43, 80, 81, 92, 97, 123, 124, 147 f., 156, 168, 170, 177, 179, 183, 185, 186, 187, 188, 189, 192, 207, 237, 241, 245, 247, 249, 251, 253, 259, 260, 261, 267, 273, 281, 318, 351 Exegese  79, 110, 129, 273, 288, 320, 332, 336 Fall (der Seele) siehe Abstieg/Aufstieg Fatalismus siehe Determinismus Ferne, Henry  23, 62 Feuer  43, 81, 177, 178, 188, 189 f., 191, 192, 196, 197, 204, 210, 212 f., 215, 225, 235, 241, 255, 259, 267, 279, 319, 349 Ficino, Marsilio  207 Fideismus 158 Fortschritt  12, 83, 211 Freiheit  16, 17, 20, 38, 41 f., 44, 45, 53, 55, 56, 57, 58, 63, 64, 92, 96, 139, 140, 141, 143, 144, 145, 146, 148, 149, 152–154, 157 f., 160 f., 162, 163, 164, 170, 174, 179, 180, 189, 190, 194, 195, 198, 200, 204, 205, 206, 209, 211, 215, 238 f., 245, 253, 255, 262–265, 309 —— Freiheit der Wissenschaft  308 f. —— Feiheitsmetaphysik 14, 18, 20, 25, 197 f., 200, 204, 209, 211, 239 —— ungeschaffene Freiheit (libertas ingenita)  144, 148, 157 Freude  20, 23, 36, 142, 148, 161, 162, 172, 173, 174, 183, 187, 196, 207, 213, 231, 235, 239, 241, 243, 245, 247, 251, 255, 259, 265, 279, 286, 287, 296, 318, 320, 329, 337, 345, 353, 355 Friede  36, 237, 267, 307, 308

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Frömmigkeit/fromm  166, 194, 322, 328 f., 337, 341, 344–347, 351, 353, 355 Fronton DuDuc  73 Galilei, Galileo  47, 52, 58, 268 Geduld  235, 265 Geheimnis 34, 86, 131, 184, 203, 227, 274 f., 289, 337, 339 Gehorsam  112, 185, 233, 309, 319, 320, 321, 233, 309 Geist/Intellekt (νοῦς)  43, 44, 48, 51 f., 55, 58, 91, 92, 94, 105, 151, 153, 156, 157, 159, 160, 165, 167, 175, 185, 193, 194, 196, 199, 206, 208, 210, 216, 233, 245, 247, 251, 255, 257, 263, 267, 283, 290, 295, 305, 306 f., 346 Gelenius, Sigismund  12, 229, 352 (ἀ)γενητός (θεός)  41, 78, 117 f., 121, 122–124 (ἀ)γεννητός  41, 117, 124 Gerechtigkeit/gerecht  16, 29, 41 f., 44, 53, 102 f., 130, 140, 141, 142, 143, 144, 145, 150 f., 153, 161, 162, 168, 170, 171, 172, 176, 177, 182, 186, 188, 189, 192, 195, 197 f., 209, 210 f., 212, 213, 214, 215, 217, 235, 249, 251, 254, 260, 293, 311, 320, 321, 347 —— distributive Gerechtigkeit 43, 187, 188, 192, 249, 293–295 Gericht siehe Gott/Gericht Gottes Geschichte/Vorsehung  16, 31, 45, 52, 77, 92, 95, 102, 106, 114, 140, 143, 144, 149, 150 f., 151, 153, 161, 164, 182, 189, 190, 200, 201, 209, 215, 216, 233, 241, 254, 257, 263, 281, 285, 293, 301, 303, 335 —— Geschichtsphilosophie 203 —— Geschichtstheologie  208, 212, 217 Gesellschaft  42, 149, 158, 159 Gesetz  16, 20, 38, 39, 40, 48, 56, 57 f., 154, 156, 157, 160, 165, 172, 205, 211, 251, 293, 295, 301 —— Gesetzlosigkeit 320 Gewissen  55, 159, 235, 287, 307, 309 Gibbon, Nicholas  289, 305 Glanvill, Joseph 13, 15, 32 f., 35, 41, 134, 162, 280, 321 —— Letter Concerning the Pre-existence of Souls  13, 32, 134, 286–305 —— Lux Orientalis  13, 32, 134 Vorwort 306–326 —— Vanity of Dogmatizing 308 Glanz  182, 185, 206, 237, 327, 353 Glaube  61, 69, 72, 73, 102, 179, 185, 227, 254, 265, 279, 335, 336, 347, 355 —— Glaubensbekenntnis 307–309

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Register

Gleichheit  108, 120, 127, 145, 172, 251 Glück/Glückseligkeit  29, 30, 34, 39, 43, 45, 56, 102, 148, 161, 162, 163 f., 165, 166, 172, 173, 174, 175, 183, 189, 192, 193, 196, 235, 239, 241, 243, 245, 247, 248, 253, 255, 259, 287, 299, 301, 320, 321, 349, 353, 355 Gnade  20, 38, 57, 68, 81, 115, 168, 171, 178, 184, 190, 191, 233, 237, 351 Gnosis/gnostisch  89, 93, 120, 149 Gott siehe Trinität/Vater (Gott Vater) —— Attribute Gottes  29, 32, 52, 102, 105, 150 f., 155, 166, 168, 169, 171, 174, 186, 188, 190, 195, 197, 210, 233, 235, 246–253, 257, 259, 311, 321 —— Autarkie Gottes  239 —— Bewegung Gottes (motus dei)  204 f., 214 f., 234 —— Deus absconditus 179 —— Deus sive natura 217 —— Gericht Gottes  81, 143, 178, 199, 210, 213, 215, 235, 253, 259, 301 —— Gottebenbildlichkeit siehe Bild —— Gottesschau/Gotteserkenntnis 42, 93, 154, 174, 267 —— Heilswille Gottes  31, 235 —— Mitte Gottes  204 f. —— Passibilität Gottes (passio dei)  246 f. —— Selbstmitteilung Gottes  29, 31, 39, 40, 41, 44, 92, 102, 109, 148, 172, 176, 183, 184, 186, 189, 197, 198, 211, 241, 245, 251, 253, 257, 259 —— Unveränderlichkeit Gottes 92, 102, 116, 124, 131, 156, 161, 168, 169, 170, 247 —— Wille Gottes  53 f., 140, 148 f., 150, 155, 157, 164, 166–171, 216, 265, 281 —— Zorn Gottes  225 Gottesprädikat siehe Gott/Attribute Gottes Grabe, John Ernest  334 Gregor der Wundertäter (Thaumaturgos)  73 —— Confessio Fidei  73, 100 —— Oratio panegyrica in Origenem  73, 100, 229 Gregor von Nyssa  73, 100 gut; das Gute; Güte  13, 16, 19, 20, 29–31, 39, 40, 41 f., 43, 44, 45, 53, 55, 56, 57, 90, 91 f., 95, 96, 102 f., 105, 108 f., 114, 124, 128, 130, 131, 140, 141, 143, 144, 148, 149, 150 f., 153, 154, 155, 156 f., 158, 160, 161, 162, 166–171, 172, 173, 174, 176, 177, 180 f., 182, 183, 186, 188, 189, 190, 192, 195, 197 f., 203, 206, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215 f., 217, 232–267, 281, 287, 289, 293, 295, 297, 299, 301, 305, 311, 318, 319, 320

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Hallywell, Henry  155 f., 232, 296 —— Deus Justificatus  156, 159 Hartlib, Samuel  22, 32 Häresie  12, 62, 64, 69, 71 f., 73, 74, 99, 100, 101, 111, 114, 115, 122, 125, 128, 135, 136, 138, 159, 221, 223, 224, 225, 227, 280 Hegemonikon siehe Seele Heil siehe Erlösung Heiligkeit/heilig; Heiligung 96, 97, 106, 153, 279, 281, 348 Heilige Schrift siehe Bibel Heiliger Geist siehe Trinität Heilsgeschichte siehe Geschichte/Vorsehung Heilstrinitarismus siehe Trinität Hellenisierung des Christentums  41 Helmont, Francis Mercury van  296 Helmont, Johan Baptista van  297 Henoch 185 Heraklit 275 Hermeneutik  33, 36, 81, 273 Herrlichkeit  93, 112, 148, 152, 163, 173, 182, 185, 237, 239, 251, 257, 267, 320, 345, 353 Herwagen, Johannes  65 Heteronomie 145 Hierokles von Alexandria  194, 293 Hieronymus  15, 37, 41, 60, 63, 69, 73, 75 f., 77, 79 f., 81, 82 f., 104, 111, 117 f., 119, 120, 121, 122, 126, 135, 152 f., 161, 200, 220, 221, 222, 223, 230, 285, 347, 351 —— Epistula 124 127 —— Quaestiones in Genesim 80 Himmel siehe Äther Himmelfahrt 185 Hobbes, Thomas  16, 17, 26, 45, 49, 53, 54 f., 56, 58, 81, 87, 102, 130, 178, 179, 191, 206, 217, 281 —— Of Liberty and Necessity 18 Hoeschel, David  229, 353 Hoffnung  42, 45, 102, 154, 161, 175, 180, 188, 193, 194, 198, 235, 254, 261 Hölle  43, 155, 168, 177–182, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 203 f., 209, 212, 225, 235, 241, 249, 251, 260, 280, 297, 319, 349 homooúsios (ὁμοούσιος)  40, 79, 94, 119 f., 129 Hooke, Robert  48, 50 Hume, David  50, 51, 52 Humanismus  15, 332, 344 Hylemorphismus 194 Hypostase (ὑπόστασις)  34, 40 f., 88, 90, 94, 97, 98, 99, 103, 116, 122, 127 f., 129, 210

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Register Idealismus  16, 17, 32, 40, 58, 179, 180, 197, 199, 217, 329 Idee  40, 105, 154, 156, 170, 174, 187, 208, 234, 247, 263 Identität  19, 43, 81, 107, 148, 154, 160, 205, 210, 282 f. Ijob 81 Immanenz  198, 240 incompoßibility  43, 161 f., 193, 194 Individualität 283 Inkarnation  23, 60, 95 f., 137, 183, 237 Inspiration  97, 335, 339 Intellektualismus 285 Intoleranz  307, 308 Isaak 267 Jakob  155, 267 Jansenius, Cornelius  225 Jesaja 204 Jesuit  66, 73, 228, 337–339, 351 Jesus 347 Johannes Chrysostomus  75, 76 Johannes der Täufer  57 Johannes von Jerusalem  223 Judas 81 Juden/Judentum  143, 285 Julian (Kaiser)  352 Julius Africanus  229 Julius Cassianus  275–277 Justin der Märtyrer  351 Justinian I. (Kaiser)  15, 61, 136, 200, 224, 225, 347, 349, 351 Kabbala  79, 137, 277, 288 f., 293, 313, 316, 321 Kant, Immanuel/kantisch  19, 20, 38, 39, 45, 175 Kappadokier  107, 129 Katholizismus/Katholizität  70, 73, 74, 330 Kelsos  227, 345, 351, 352, 353 —— ᾽Αληθὴς λόγος  255 Kenosis  39, 105, 173, 182 Kette (des Seins)  31, 39, 52, 209, 261 Kind  150, 153, 253, 296 f., 300, 301 Kirchenvater 20, 24, 35, 61, 63, 64, 66, 126, 179, 197, 225, 239, 258, 269, 277, 279, 281, 322, 328, 329, 330, 332, 344, 345, 353, 355, 313, 328 f. Kolonie 159 Kontemplation 55 Kontingenz/kontingent  109, 144, 156, 157, 161, 167, 168, 200, 247, 255

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Konversion 35 Konzil/Synode: —— Alexandria (362)  107 —— Braga (561)  136 —— Florenz (1442)  136 —— Konstantinopel I (381)  90, 107, 116 f., 129 —— Konstantinopel (402)  75 —— Konstantinopel (543)  136 —— Konstantinopel II (553)  136, 285 —— Nizäa I (325)  40, 41, 79, 90, 115 f., 119, 121, 122, 125, 129, 139, 223, 330 Körper siehe Leib Kosmologie  195, 198, 200, 202 f., 206, 210, 211, 217, 269, 281 Kosmos/Schöpfung  28–30, 39, 40, 41, 43 f., 45, 52, 53, 79 f., 82, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 106, 111 f., 114, 119, 123, 125, 140, 148, 164, 171 f., 173, 180, 184, 191, 198, 201, 204, 208, 209, 210, 211, 214, 215, 217, 233, 239, 241–243, 257, 261 —— beseelter Kosmos  202 —— Kosmosoteriologie  204 f. Kopernikanische Wende  269 Kopernikus, Nikolaus  79 Kreatianismus  80, 135 f., 138, 153 Kreis  131, 147 Kreislauf siehe Zyklus Kreuz/Kreuzigung  19, 80, 184 f. Kugel  283, 296 f. Laktanz 151 lapsability  163, 264 Laster  19, 153, 158, 159, 169, 193, 211 Latitudinarianismus (latitude; Latitude Men) ​ 159, 178, 306–309, 330 Leben  20, 30, 39, 43, 57, 93, 105, 109, 147, 162, 165, 173, 175, 183, 191, 192, 193, 196, 206 f., 213, 214 f., 217, 237, 241, 243, 248, 251, 259, 261, 263, 265, 279, 295, 299, 320 LeClerk, Jean  16, 49 Leib  31, 34, 42, 43, 44, 45, 59, 60 f., 74, 79, 80, 95, 96, 100, 149, 159, 161, 162 f., 165, 181, 183, 185, 191 f., 193–195, 196, 198, 203, 205, 208, 209, 210, 211, 213 f., 215, 216, 259, 265, 273, 275, 282 f., 290, 291, 292, 293, 295, 297, 298, 299, 301, 318, 319, 321 Leibniz, Gottfried Wilhelm  16, 49 Leid  42, 140, 141, 142, 149, 150 f., 152 f., 154, 158, 159, 160, 161, 162, 164, 174, 177, 183, 187, 189, 193, 206, 209, 235, 242, 245, 251, 253, 261, 297, 299, 301, 321

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Register

Leidenschaft siehe Affekt Leonides 227 Libertus Fromondus  304 Licht  93, 102, 115, 148, 149, 157, 172, 209, 239, 241, 243, 247, 253, 255, 335, 339 —— inneres Licht  157 Liebe  15, 19, 28–30, 32, 39, 40, 41, 45, 52, 56, 57, 95, 102, 105, 106, 140, 148, 156, 161, 171–174, 176, 183 f., 186, 190, 194, 195, 198, 201, 232– 267, 279, 295, 307, 311 —— Liebhaber der Wahrheit (lovers of Truth)  137 f. Locke, John  49, 50, 191 Logos (λόγος) 19, 30, 54, 78, 91, 92, 93, 94, 95 f., 97, 106, 111, 112, 113, 117, 118, 119, 121, 123, 128, 183, 184, 185, 186, 193, 195, 198, 201, 202 f., 273, 295 Ludwig XIV. (König)  329 Luft/aërisch 31, 162, 163, 190, 193, 209, 210, 213, 290, 291, 293, 295, 299, 301, 303, 320 Lust siehe Affekt Luther, Martin  139, 191, 336 Macht siehe Allmacht Mani  99, 100 Manichäismus  100, 115 Maria 96 Markion  91, 103, 273, 275 Martyrium  68, 73, 279, 345 Maschine  53, 56, 303–305 Materialismus  11, 17, 18, 49, 50, 52, 55, 81, 87, 135, 178 Materie  43, 44, 58, 147, 162, 163, 164, 192, 196, 202, 205 f., 207, 209, 210, 211, 213, 214, 215 f., 243, 259, 263, 283, 290, 291, 293, 295, 301, 303, 305 Mayow, John  48, 50 Mechanismus  16 f., 48 f., 50, 52, 54, 56, 152, 206 Meletius von Antiochia  129 Merlin, Jacques  281 Metaphysik  16, 41 f., 48, 50 f., 55, 57, 135, 140, 144, 147, 158, 161, 163, 174, 180, 187, 194, 195, 197, 204, 211, 214, 216, 217, 244, 281 —— Freiheitsmetaphysik 14, 18, 20, 25, 197 f., 200, 204, 209, 211, 239 —— Geistmetaphysik  25, 269 —— Heilsmetaphysik  13, 32, 33, 215, 216, 240, 242, 258, 320 Metempsychose  25, 155, 220 f., 283, 298 f. Methodius von Olympos  225, 282 f.

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Migne, Jacques-Paul  66 Milton, John  177 f. Mitleid  188, 189, 237, 241, 246, 265, 283, 333 Mittler siehe Christus Modalismus  88, 97, 107, 130 Monismus  180, 197 Monotheismus  110, 114 Moralphilosophie siehe Ethik more geometrico  29, 34, 193 More, Henry  12 f., 14, 15, 16, 21, 22–26, 27, 32 f., 35, 38, 41, 43, 44, 48, 51, 52, 53, 55, 58, 59, 60, 62 f., 63, 64, 66, 85, 86, 87, 133, 136 f., 140, 151, 156, 166, 178, 179 f., 181, 182, 191, 195, 196, 199, 207 f., 209, 216, 217, 240, 242, 258, 261, 268, 277, 281, 290, 291, 293, 296, 300, 301, 303, 306, 310 f., 313, 315, 316, 321, 328 f., 330, 333, 346 f., 348 —— Annotations  134, 310 —— Antidote against Atheism 273 —— Briefe  32, 35, 60, 63 —— Collection of Several Philosophical Writ­ ings 12 Vorwort 268–285 —— Conjectura Cabbalistica 79, 137, 273, 277, 288 —— Divine Dialogues  35, 180, 280, 310 —— Enchiridium Metaphysicum 58, 207, 242, 281 —— Explanation of the Grand Mystery of Godliness  12, 55, 306 —— Immortality of the Soul  133, 137, 180, 268 f., 273, 310, 313, 318 —— Insomnium Philosophicum  301 —— Letter to V. C.  268 f. —— Opera Omnia 180 Vorrede 268–285 —— Prae-Existency of the Soul  25, 133, 310 Morus, Thomas  12 Mortalismus 191 Mose  171, 175, 179, 233, 245, 267, 288 Nachahmung  29, 39, 175, 176, 328 Nachlässigkeit siehe Akrasie Nächstenliebe 279 Natur siehe Kosmos —— natura vitiata 160 —— Naturgeist  29, 30, 43, 200, 207, 208 f., 213, 214, 215, 217, 259 —— Naturgeschichte 216

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Register —— Naturphilosophie 17, 30, 44, 50, 53, 199, 203, 205 f., 212, 216 f., 252, 281 —— Naturwissenschaft 16 f., 44, 47, 178, 197, 199, 205 f., 212, 213, 217, 261 —— plastische Natur (plastic nature)  17, 51 f., 53, 196, 205–207, 217, 294, 295, 297 Naturalismus  17, 216 f. Newton, Isaac  17, 47 f., 49, 50 f., 207 Notwendigkeit siehe Determinismus Objektivität  16, 140, 155, 158, 250 Ockham’s Razor 304 Offenbarung  22, 91, 96, 140, 157, 246, 251, 254, 255, 257, 285 Oikonomia (οἰκονομία) siehe Geschichte/ Vorsehung Ökumene  15, 271, 285 Optimismus  42, 158, 163, 192, 197 Ordnung  17, 36, 52, 154, 215, 233, 294, 307, 308 Origenes (passim) —— Contra Celsum  12, 14, 18–20, 73, 113, 127, 329, 333, 347, 352–355 —— Hexapla 67 —— Hoheliedkommentar 230 —— Hiobhomilie 297 —— Homilien 230 —— Lukashomilien 230 —— Philokalie  12, 73, 229 —— De principiis  63, 89, 96, 98, 104, 112, 113, 117 f., 127, 137 f., 141, 210, 222, 227 Origenismus/Origenist/origenistisch 12, 25, 32, 33, 34, 35, 40, 45, 53, 57, 61, 71, 73, 75, 77–82, 83, 86, 130, 133, 136, 145 f., 155, 181, 187, 189, 200, 201, 223, 239, 240, 260, 269, 281, 283, 285, 289, 297, 299, 311 —— Cambridge Origenists/Cambridger Origenismus (passim) Origenistische Streitigkeiten —— Erster Origenismusstreit  14, 34, 37, 40, 59– 83, 98, 101, 104, 121, 146, 160, 223, 280, 312 —— Zweiter Origenismusstreit  14, 37, 61, 280 Orpheus 179 Orthodoxie  14, 28, 35, 40, 62, 64, 70, 78, 79, 90, 100, 103, 115, 116, 117, 118, 121, 124, 125, 128, 180, 204, 221, 225, 273, 307, 319, 321 ousía (οὐσία)  94, 107, 116, 120, 129 Pädagogik siehe Erziehung Palladius  37, 66, 77, 82 —— Historia Lausiaca 59

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Pamphilus  73, 94, 220 —— Apologia pro Origene  120, 139 Papagei  130, 322 Paradies  80, 277, 320 Parker, Samuel  134, 155, 156, 157 Patristik  11, 14, 15, 33, 35, 54, 61, 65, 82, 135, 178, 200, 271, 281, 330, 342 Paulinus von Nola  63 Paulus  194, 204, 245, 249, 293, 325 Pelagianismus  115, 227 Perichorese siehe Trinität Perikles 221 Person  19, 38, 39, 43, 283 Persona, Cristoforo  352 Pessimismus 42, 159, 161, 163, 188, 192, 194, 197, 241 Pétau, Denis (Petavius, Dionysius)  37, 66, 69, 83, 351 Petrus 349 Pflanze  44, 196, 213, 243, 261 Philolaos 275 Philon von Alexandria  143, 158 Philosophie (passim) —— philosophia perennis  54, 179 Physik  52, 190, 199, 204, 213, 214, 216 Pico della Mirandola  15, 33, 136, 137, 139, 224 Platon  143, 157, 179, 196, 271, 273, 275, 277, 296, 342, 347 —— Euthyphron 166 —— Phaidon 273 —— Politeia 169 —— Symposion 249 —— Timaios 148 Platonismus/Platoniker/platonisch  12, 15, 19, 40, 41, 50, 58, 85, 89, 105 f., 109, 114, 127, 128, 130, 143, 147 f., 156, 162, 163, 179, 202, 204, 214, 227, 238, 249, 257, 275, 277, 295, 297, 300, 313, 316, 317, 342 —— Cambridge Platonists/Cambridger Platonismus (passim) —— christlicher Platonismus  12, 15, 33, 41, 42, 128, 164, 183, 210, 244, 269, 281, 308, 332 Plotin  19, 57, 69, 179, 196 —— Enneade VI 8  17, 55 Pneumatomachen 110 Polemik  14, 33, 65, 66, 67, 69, 77, 79, 283, 306 Pontificianer 227 Pope, Alexander  52 Porphyrios 352 Power, Henry  48, 50

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Register

Quäker 308 Querelle des Anciens et Modernes  14, 326, 340

Ruhe  36, 225, 267, 319 Rust, George (passim) —— Discourse of the Use of Reason in Matters of Religion 156 —— Discourse of Truth  28, 38 f., 134, 166, 306 —— God is Love  28–31, 32, 102, 140, 148, 155, 162, 166, 171–174, 175 f., 182–184, 232–267 —— Letter of Resolution (passim) aemulatio  35, 36 Aufbau  34, 60 f., 98 Autorschaft  25–31, 59, 62, 63, 66, 276, 282 f. Erscheinungsdatum 21–25 Gattung 312 Satire 37 Titel  59, 283 Vorwort  34–36, 63–65, 101 f., 103, 126, 186, 254, 256 —— Nekrolog auf Jeremy Taylor 28

Rationalismus  20, 22, 28, 29, 30, 32, 34, 35, 36, 45, 49, 61, 72, 155, 158, 162, 186, 192, 193, 194, 197 f., 233, 235, 238, 257, 327, 334 Raum  204, 242 f., 259 —— absoluter/unendlicher Raum  17, 48, 50 f., 200, 207 f., 217, 242 f., 258 f. Ray, John  49 Realismus  42, 154 —— ethischer Realismus  28, 45, 166–171 —— metaphysischer Realismus  167 f. Reformation  87, 178 Relativismus 156 Religionsphilosophie  19, 20, 28, 39, 40, 41, 45, 165 f., 181, 194, 208 Renaissance  15, 48, 292 res cogitans/res extensa  242 f. Restauration (Restoration)  13, 48, 55, 61, 62, 86, 159, 306 —— Act of Uniformity (1662)  307 f. Reue  43, 57, 191, 192, 197, 253, 267 Rivet, André  230 Roach, Richard  27 f. Romantik 58 Römische Kirche  339–341 Rosenroth, Christian Knorr von  134 —— Dissertation Concerning the Pre-existency of Souls 134 Rufinus von Aquileja  69, 73, 76, 77, 79, 82 f., 94, 95, 112, 113, 117 f., 119 f., 120 f., 139, 148, 222 —— De adulteratione librorum Origenis 121, 124, 127

Sabellius 108 Säkularisierung  16, 47 f., 50 Samuel 267 Sanderson, Robert  289 Scaliger, Joseph Justus  228 f. Schau siehe Gottesschau/Gotteserkenntnis Schicksal siehe Determinismus schola animarum 204 Scholastik  18, 308 Schönheit  42, 153, 172, 195, 210, 251, 297, 309 Schöpfung siehe Kosmos Schuld  16, 140, 160, 161, 184, 188, 192, 216, 321 Seele  18–20, 25, 29, 30, 31, 38, 39, 42, 43, 44, 45, 48, 51, 55, 57, 58, 81, 95 f., 139, 141, 147, 153, 155, 160, 162, 163, 164, 177, 179, 184, 185, 191 f., 193, 194 f., 196, 197, 202, 203, 206, 207, 210, 212, 214, 215, 239, 244, 245, 246, 247, 259, 261, 267, 273, 275, 290, 295, 297, 298, 299, 301, 318, 319, 320, 321, 327, 328, 331, 337, 345 —— Hegemonikon  17, 18–20, 45, 57, 194, 195, 329 —— Seele Christi  23, 182 f., 184, 185, 283 —— Seelenschlaf  191, 196, 213, 318 —— Weltseele  52, 196, 202, 214, 252, 295 Seelenwanderung siehe Metempsychose Selbsterkenntnis 207 Shaftesbury, Anthony  49 Shakespeare, William  177 Sinn  45, 141, 144 Sirmond, Jean  73

Prädestination  144, 152, 158, 159, 162, 173 Präexistenz/Präexistentianismus 11, 13, 20, 23, 24, 25, 30, 31, 32, 34, 35, 41 f., 59, 60 f., 62 f., 63, 72, 78, 79, 95, 99, 115, 126, 128, 133–164, 177, 182 f., 185, 193, 215, 260, 269–271, 273, 275, 277, 285, 286–305, 306, 309, 310–325 Prinzip siehe Anfang/Prinzip/Ursprung Priszillianismus 136 Proklos 271 Protestantismus/protestantisch  12, 14, 177 f., 179 Psychologie  16–20, 45, 51, 55, 143, 157, 191, 320 Puritanismus 308 Pythagoras  221, 275, 283, 298 —— Goldenes Gedicht  292 f. Pythagoreismus  143, 298 f.

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Register Skepsis/Skeptizismus  142, 154, 158, 308, 310 Smith, John  57, 179, 182 —— Select Discourses 57 Sohn (Gottes) siehe Trinität Sokrates  166, 169, 248 f., 275 Sokrates von Konstantinopel 37, 63, 66, 75, 76, 77, 82 f., 225 —— Historia ecclesiastica  59 Sonne  102, 148, 149, 156, 172, 238 f., 243, 247, 251, 253, 255, 259, 267, 281, 347 Sophokles 82 Soteriologie  31, 38, 43, 95, 166, 178–180, 182, 184, 186, 194, 197 f., 200, 211, 296 Sozinianismus  87, 126, 227 Sozomenos  37, 63, 75, 76, 77, 82 f. —— Historia ecclesiastica 59 Spencer, William  12, 352 —— Origenis Contra Celsum Vorrede 220–231 Spinoza, Baruch de  16, 17, 49, 56 Sterry, Peter  245 Stoa/stoisch  135, 154, 191 Strafe  16, 31, 42, 43, 54, 56, 81, 140, 144, 154, 155, 186–192, 198, 203 f., 209, 212, 215, 234, 249, 261, 275, 280, 296 f., 299, 319 Subjekt  17, 19, 20, 39, 45, 55, 57, 58, 148, 198, 208, 244 Subordinatianismus  60, 95, 97, 98, 106, 108, 109, 110, 114, 115, 128, 129 Substanz/substantiell 49, 53, 79, 81, 95, 96, 105, 107, 108, 112, 113, 115, 119, 120, 124, 128, 144, 147, 148, 154, 174, 183, 193, 210, 240, 243, 267, 290, 243, 267 Sünde  20, 22, 141, 161, 162, 183, 188, 190, 191, 195, 197, 203, 212 f., 235, 237, 240, 245, 253, 260 f., 262–265, 267, 283, 295, 319, 320 f. —— Sündenfall  29, 261, 277, 295 Swift, Jonathan  178 Symbol  182, 184, 209, 217, 297 Synode siehe Konzil Syrian 271 Tarin, Jean  73, 229 Tatian 351 Teilhabe  29, 38, 39, 43, 44, 92, 147, 156, 157, 175, 184, 202, 235, 239–241, 246, 247, 249, 328 Teleologie  20, 43, 52, 187, 189, 200, 206 Temple, William  341 Tertullian  64, 70, 351

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Teufel  25, 39, 78, 81, 138, 168, 180, 212, 251, 267, 281, 335, 339, 349 Theodizee 41 f., 140–145, 150, 152, 160, 161, 164, 263–265 Theologie (passim) —— theologia naturalis  177, 193, 238 —— prisca theologia  179, 269, 271, 283, 285, 330 Theophilus von Alexandria  37, 66, 74, 75 f., 83, 101, 200, 225 Tier/tierisch 19, 25, 44, 56, 60, 69, 79, 140, 153, 155, 173, 196, 206, 207, 213, 214, 243, 253, 258 f., 261, 263, 283, 291, 298, 299, 301, 303–305 Tod  20, 25, 75, 77, 111, 116, 124, 129, 173, 174, 178, 179 184, 185, 189, 191, 192, 197, 213, 215, 235, 237, 241, 248, 261, 279, 301 Toleranz 15 Tradition  88, 96, 97 Traduzianismus  135 f., 138 Transzendenz  90, 91, 237, 240, 249 Treue  168, 183, 233, 247 Trinität  11, 34, 40 f., 59, 61, 72, 73, 78 f., 85–131, 183, 186, 328 —— Vater (Gott Vater)  29, 90, 94, 95, 96, 97, 117, 128, 225, 240 —— Sohn  91, 93–96, 117, 118, 120, 122, 123, 124, 125, 173, 183, 184, 201, 210, 223, 225, 237 —— Heiliger Geist  58, 81, 91, 96–98, 106, 113, 125, 128, 137, 160, 161, 183, 205, 223, 225, 337 —— Heilstrinitarismus  41, 205 —— Perichorese  112 Tugend  19, 38, 153, 154, 165, 166, 171, 172, 174, 175, 179, 181, 194, 198, 211, 244, 245–247, 248, 251, 262, 285, 297, 301, 328 f., 347, 351 Turner, John  126 Übel siehe Leid Überdruss (satietas, κόρος)  158 Übersetzung  14, 326–355 Umkehr 235 Unbedingte, das siehe Absolute, das unde malum?  41, 143 Unendlichkeit  29, 30, 41, 43, 44, 86, 102, 108, 109, 110, 112, 124, 130, 131, 147, 148, 149, 150, 154, 156, 161, 170, 172, 173, 183, 187, 188, 194, 195, 207, 208, 212, 239, 241–243, 245, 247, 249, 253, 259, 261, 263, 267, 281, 318 Ungehorsam  320, 321 Ungerechtigkeit  53, 140, 165, 168, 169, 262 Ungleichheit  41, 92, 144, 145, 262

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Register

Unitarismus  87, 126, 130, 227 Universalität  15, 19, 29, 30, 31, 39, 40, 42 f., 45, 147, 149, 155, 156, 171–174, 175 f., 177, 178, 179, 181, 183, 185, 186, 193, 194, 195, 196 f., 198, 209, 234, 244, 251, 281 Univozität  30, 147, 153, 156, 187, 241 Unschuld 321 Unsterblichkeit  15, 81, 151, 194, 259, 269, 271, 292 f., 331 Unveränderlichkeit  16, 137, 156, 167, 168, 247 Urbild siehe Bild Ursache/Ursprung siehe Anfang/Prinzip/Ursprung Valentinianer 91 Vater (Gott Vater) siehe Trinität Verantwortung  20, 53, 54, 56, 81, 161, 189, 348 Verdammung 261 Verehrung (Gottes) siehe Anbetung Verklärung 185 Vernunft  12, 13, 18, 19, 22, 45, 54, 55, 62 74, 91, 105, 111, 138, 140, 144, 155, 156, 157, 158, 159, 160, 179, 181, 186, 194, 203, 207, 209, 212, 231, 234, 246, 247, 254 f., 257, 285, 307, 321, 325, 334, 337, 341, 351, 353 Verstockung 235 Verwandlung  43, 57, 79, 80, 163, 185, 193, 195 Vielfalt/Vielheit  18, 29, 92, 144, 202, 206, 214 Vinzens von Lérins  66, 70 —— Commonitorium  37, 64, 70 vital congruity  191, 290, 292, 294, 302 Vitrier, Jean  332 Vollkommenheit  20, 30, 45, 57, 97, 109, 112, 124, 144, 154, 156, 161, 162, 164, 165, 166, 168, 169, 170, 171, 175, 184, 185, 188, 200, 233, 239, 241, 246, 247, 248, 249, 251, 262, 265, 291, 299, 321, 329 Voltaire 47 Voluntarismus  53 f., 102, 109, 112, 130, 151, 155, 157, 160, 169 Vorherwissen  260 f. Vorsehung siehe Geschichte Voss, Gerard  73

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Wahrheit  31, 42, 43, 73, 90, 93, 95, 104, 110, 114, 115, 137, 138, 142, 149, 151, 154, 155, 156, 157, 167 f., 171, 173, 174, 194, 221, 225, 233, 235, 239, 246, 247, 249, 255, 257, 271, 273, 281, 285, 309, 323, 325, 330, 335, 337, 353 Ward, Richard  22, 180 Warren, Edward  155, 157 —— No Praeexistence 134 Weisheit/weise  29, 30, 40, 53 f., 93, 105, 109, 114, 128, 131, 148, 150 f., 157, 166, 170, 171, 172, 183, 189, 201, 210, 212, 214, 235, 239, 245, 246, 247, 249, 251, 253, 261, 263, 265, 271, 273, 288, 325, 349 Welt siehe Kosmos Weltenbrand siehe Ekpyrosis Weltenkreislauf siehe Zyklus Weltgeist siehe Natur/Naturgeist Weltseele siehe Seele Wert  34, 42, 53, 61, 65, 71, 151, 152, 153, 155, 156, 157, 170, 204 Whichcote, Benjamin  38, 85, 179, 330 White, Jeremiah  27, 244 —— The Restauration of All Things 27 Wiederherstellung siehe Apokatastasis Wille  16, 18, 19, 20, 39, 41, 55, 57, 94, 95, 102, 107, 109, 130, 131, 145, 152, 153, 158, 160, 244, 261, 320 —— Willensfreiheit siehe Freiheit —— Willensschwäche siehe Akrasie —— Willkür  109, 140, 149, 151, 154, 155 f., 160, 162, 168, 169, 178, 179, 183, 187, 247, 253, 255 Willughby, Francis  134 Worthington, John  21 f., 32 Wunder  237, 265, 303 Zensur  221, 229 Zufall 143 Zufriedenheit  150, 239, 245, 287, 309, 313, 322, 347 Zyklus/zyklisch 34, 44, 59, 60, 78, 155, 182, 190, 200 f., 209, 212, 215, 318, 351

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