Die bonae fidei possessio oder das Recht des Besitzes: Eine civilistische Abhandlung [Reprint 2018 ed.] 9783111487472, 9783111120881


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Table of contents :
Vorrede
§. 1. Das Recht der bonae fidei possessio
§. 2. Bedeutung der bnae fidei possessio als eine- rein factischen Verhältnisses
§. 3. Rechtliche Natur der bonae sidei possessio und allgemeine Uebersich
§. 4. Erörterung der hier nothwendigen Vorfrage, was der Eigenthümer zu beweisen habe, um mit der rei vindicatio durchdringen zu können
§. 5. Erklärung jener prätorischen Fiction, daß der bonae fidei possessor Eigentbumersei.
§. 6. Oberste Grundsätze des wirklichen Eigenthums
§. 7. Der bonae fidei possessor als singirter Eigenthümer hat das vollständigste DiSpositionsrecht. Lokale Disposition
§. 8. Partielle Disposition
§. 9. Der bonae fidei possessor als singirter Eigenthümer erlangt das Recht der vollständigsten Benutzung
§. 10. Eben deshalb ist er in Betreff der Fruchtperception ganz dem wirklichen Eigenthümer gleichgestell
§. 11. Genauere Anwendungen des hier entscheidenden Principes
§. 12. Die Früchte gewinnt der bonae fidci possessor ohne alle Rücksicht darauf, ob die bona fide besessene Sache usucapirt werden kann oder nicht, anders als bei der Usucapion schadet hier die mala fides superveniens
§. 13. Jedoch hört auch das Recht an den Früchten auf, wenn jene prätorische Fiction überhaupt aufhört
§. 14. Erklärungsversuche der neueren Juristen, die Fruchtperception des bonae fidei possessor betreffend
§. 15. Der bonae fidei possessor als singirter Eigenthümer hat das Recht des Besitzes (jus possidendi) und der Ausschließung
§.16. Don den Schutzmitteln, welche dem bonae fidei possessor als singirten Eigenthümer zustehen
§. 17. Actio Publiciana. Eigentliche Bedeutung derselben
§ 18. Wesentliche Bedingung dieser Klage.
§. 19. Wer ist Kläger, und wer Beklagter?
§. 20. Zweck und Resultat dieser Klage
§. 21. Dom Beweise, um mit der actio Publiciana durch, dringen zu kön
§. 22. Actio negatoria
§. 23. Bon den dem bonae fidei possessor zustehenden pos sesforischen Schutzmitteln
§. 24. Savigny's Ansicht über den Besitz als Grund der possessorischen Jnterdicte, und Widerlegung derselben
§. 25. Genauere Würdigung der Meinung Savigny's über die rechtliche Bedeutung des Znrerdicten- Besitzes
§. 26. Dom interdictum unde vi, als possessorischem Schutzmittel für den Eigenthümer
§. 27. Anwendung dieses Interdiktes für anderweitige Berechtigte
§. 28. Dasselbe Interdikt mußte selbst Nichtberechtigten zugestanden werden
§.29. Person des Beklagten, Tendenz und sonstige Resultate dieses Interdiktes
§. 30. Dom interdictum uti possidetis, als possessorischem Schutzmittel für den Eigenthümer
§. 31. Erweiterte Anwendung dieses Interdiktes
§. 32. Person des Beklagten, Tendenz und sonstige Resultate desselben
§. 33. Dom interdictum utrubi
§. 34. Kurze Geschichte der possessorischen Jnterdicte.
§. 35. Allgemeine Erörterung über den Erwerb und Verlust des Besitzes
§.36. Oberster Gesichtspunkt für den Erwerb des Besitzes
§. 37. Dom Erwerbe des Besitzes durch corpus im allgemermeinen, und von der sg. brevi manu traditio
§. 38. Don den sonstigen Erwerbarten des juristischen Besitzes
§. 39. Von dem zum Erwerbe des Besitzes erforderlichen animut
§. 40. Der Erwerb ist undenkbar bei allen Personen, welche nicht wollen können
§. 41. Eben so undenkbar bei allen Gegenständen, welche nicht als Eigenthum besessen werden können
§. 42. Erwerb des Besitzes durch Repräsentanten
§. 43. Constitutum possessorium
§. 44. Oberster Gesichtipunkt für den Verlust des Desitzes
§. 45. Don dem Aufhören des juristischen Besitzes durch das Auftreten eines Mehrberechcigten
§. 46. Allgemeine Uebersicht über die sonstigen Grunde des Aufhören- jenes Besitzes
§.47. Aufhören des Besitzes durch corpus. Savtgny's Meinung
§. 48. Widerlegung der Savig nyschen Lheorre
§.49. Aufhören des Besitzes durch animus. Savigny's Meinung
§. 50. Widerlegung der Savignyschen Ansicht.
§. 51. Verlust des Besitzes durch Repraentanten. Savig ny' s Ansicht
§. 52. Würdigung der gegnerischen Ansicht
§. 53. Erweiterte Anwendungen der bonae fidci possessio
Inhalt
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Die bonae fidei possessio oder das Recht des Besitzes: Eine civilistische Abhandlung [Reprint 2018 ed.]
 9783111487472, 9783111120881

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Die

bonae sidei possessio oder

das Recht des Besitzes.

Eine civilistische Abhandlung von

Dr.

Friedrich Wilhelm von Tigerström

Professor btt Rechte an der Königlich Preußischen Universität zu Greifswald.

Berlin. Gedruckt und verlegt bei ©. Reimer. 1836.

Seiner Excellenz dem königlich Preußischen wirklichen Geheimen Staats-Minister und Mi­ nister der geistlichen, Unterrichts- und Mcdicinal - Angelegenheiten, Kitter mehrerer hohen Orden

Herrn

Freiherrn von Stein zum Altenftein

in

tiefster c.hrfurcht gewidmet.

SBenn Ew. Excellenz als dem vom Jnund Auslande einstimmig verehrten Beförde­ rer wissenschaftlicher Bestrebungen ich die nach­ folgende Abhandlung ehrfurchtsvoll zuzueignen wage, so veranlaßt mich hiezu das auftichtige Gefühl der reinsten Dankbarkeit für die wohl­ wollenden Gesinnungen, womit Hoch-Die­ selben mir meinen academisch-'.H Wirkungs­ kreis gnädigst zu eröffnen geruhet haben. Möchten Ew. Excellenz diesem litera­ rischen Versuche eine nachsichtsvolle Beurthei­ lung zu Theil werden lassen, und mich dadurch zum ferneren Fortschreiten auf dem Wege zur vollendeten Ausbildung huldreichst beleben.

Genehmigen Ew. Excellenz die Em­ pfindungen der wärmsten Erkenntlichkeit, zu welcher ich mich tief verpflichtet fühle, so wie die Versicherung der größten Verehrung, mit welcher ich nie aufhören werde zu sein

Ew. Excellenz

umerlhänigst gehorsamster

v. Tigerström.

B o r r e d e. Indem es schon seit längerer Zeit mein Wunsch war, ein Handbuch der inneren Geschichte des Römischen Rechtes dem gelehrten Publicum vorzulegen, dessen Aus­ führung bis seht theils zu umfassende Berufsgeschafte, theils anderweitige Nebenarbeiten verschiedener Art stö­ rend entgegentraten, hatte ich jedoch vielfach Gelegenheit und Veranlassung mich zu diesem Unternehmen vorzu­ bereiten. Diese Vorarbeiten ließen mich die Ueberzeu­ gung gewinnen, daß noch manche Lehren des Römischen Rechtes ihrem wahren und geschichtlichen Character nach richtiger und gründlicher behandelt werden könnten, als es biß jetzt, ungeachtet vieler selbst ausgezeichneter Be­ mühungen in der neuesten Zeit, geschehen war. Zu diesen gehört unstreitig die Lehre der boiiae sidei possessio, von welcher wohl mit Recht gesagt werden kann, daß die eigentliche Bedeutung derselben unbekannt blieb. Das Detail dieser Lehre findet sich noch in den Handbüchern des Römischen Civil-Rechts nirgends als ein zusannnenhängendcs Ganze vorgetra­ gen, sondern ist nur in einzelnen Anwendungen ein Gegenstand der Darstellung, und dieses selbst an ver­ schiedenen Stellen des Systems, von welchen aus diese Lehre nicht übersehen werden kann. Und doch ist alles, was sich von derselben in den Römischen Rechts-D.ucl-

VIU len vorfindet, ein völlig zusammenhangendes und durch­ Ganze. Es ist durchgehende nur ei, und gebildet dasselbe oberste Moment, wodurch das Detail in seiner endlichen Gestalt des justiniancischen Rechtes, in wel­ cher diese Materie für uns von so großer Wichtigkeit geblieben ist, vollständig bestimmt wird, von dem wir daher nur allsgehen können, um im Einzelnen sicheren und festen Fllß zu gewinnen. Von dieser Ueberzeugung durchdrungen, kann ich es nicht überflüssig halten, meine Ansichten öffentlich auszusprechen. Was ich seitlangst für richtig aner­ kannte und glaubte allerkennen zu niüffen, dies fern von aller Anmaßung, jedoch unbefangen, mitzutheilen, ist der Zweck der gegenwärtigen Abhandlung. Wobei ich wünsche, das bereits Bekannte als bekannt voraus­ gesetzt, rücksichtlich des Nellen dagegen, welches für die­ sen Gegenstand vorzutragen war, diejenige Ausführ­ lichkeit gewählt zu haben, die nothwendig ist, unn nicht unbegründetem Zweifel.Dritter ohne Grund Raum zu geben. Ob ich jedoch das, was ich suchte, gefunden habe, nemlich die Wahrheit, liach welcher allein ich sstrebte, ob cs mir gelungen sei, die von neueren Juristem selbst noch in unseren Tagen mit Ausführlichkeit hingestellten Behauptungen zu beseitigen, darüber werden Sa,chkenner zu entscheiden haben, und von diesen wird) jede gründliche Beurtheilung jederzeit mir willkommen, soga» wünschenswert!) sein. Greifswald im März 1836.

v. Tigerström.

Das Recht der

bonae fidei possessio,

§.

l.

einfach auch die Lehre der bonae fidei possessio in ihrem ganzen Umfange dasteht, wenn wir von dem obersten Gesichts­ punkte ausgehen, so ist sie doch rücksichtlich ihrer Anwendung unter den neueren und neuesten Juristen ein Gegenstand vielfa­ cher Erörterungen und deS Streites geworden. Jene Controversen lassen sich jedoch weniger von einem gemeinsamen Stand­ punkte aus übersehen, da sie meist nur Nebenpunkte, fast unter­ geordnete Nebenpunkte, betreffen. Ist gleich von Verschiedenen behauptet worden, das Recht der bonae fidei possessio sei prä1 arisches oder fingirtes Eigenthum *), oder was dasselbe sagt, es gelte hier die Fiction der vollendeten Usucapion 12), sie gelte selbst schon als Eigenthum, ungeachtet die 1) Fritz in seinen Erläuterungen, Berichtigungen und Zusätzen zu », Wening Jngenheim'S Lehrbuch des gemeinen Civil-Rechts (Freibürg 1834) Bd. 2. c. 1. E. 290. spricht von einem prätori­ schen Eigenthum des bonae fidei poisessor 5 ebenfalls Ge­ lterding in f. Lehre vom Eigenthum. Zimmern im Rhein. Museum S. 330. nennt dasselbe Recht des bonae fidei possessor: fingirtes Eigenthum. 2) Die Fiction der vollendeten Usucapion erwähnen un­ ter Anderen H enschel, Archiv für civilistische Praxis IX. S. 320} v. Tigerström Reche. A

2 Usucapion noch nicht vollendet sei *); waS Anderen ein höchst auffallendes

Problem

zu

sein schien,

auch

übersehen wurde,

wenn es gleich nicht bestritten werden konnte*): so ist man doch weit davon entfernt gewesen,

den Grund und die Bedeutung

dieses Eigenthums richtig zu verstehen, Wichtigste ist,

und, was

dabei daS

von dem geschichtlichen Principe aus die einzel­

nen Anwendungen aufzufassen. Grade am meisten scheint v. Savigny die Zeitgenossen von dem richtigen Wege abgeleitet zu haben,

der in seiner Ab»

ssändlung über die kehre des Besitzes manche unsere Materie be­ treffende Gegenstände berührt, und dabei von einem unrichtigen Gesichtspunkte ausgegangen ist.

Zunächst über den Fruchtge­

nuß des bonae ßdei possessor hat v. Savigny von der ge­ wöhnlichen Theorie abweichende Ansichten vorgetragen ö).

Diese,

Backe diss. bonae fiJei possessor quemadraodum srucluS suo» faciat? f Berol. 1825) pag. 76.; Zimmern im Rhein. Mnseum a. a. O. 3) v. Savigny da- Recht de- Besitzes §.3. (2) sagt: „wegen „der publicianischen Klage, die schon jetzt mit ihm (nemlich dem „Besitze) verbunden ist, gelte er selbst schon als Eigen, „thum." Dieser Umstand ist a. a. O. selbst genauer dahin be. stimmt: eS sei kein practischer Irrthum zu befürchten, wenn man diese Art de- Eigenthum-, wie die Usucapion, als eine Folge deS bloßen Besitze- betrachte, es fei dabei, da die actio Puhliciana im neueren Rechte der iei vindicatio immer näher gekommen sei, ei­ gentlich nicht mehr vom bloßen Besitze die Rede, sondern eS sei ein ähnliche- Verhältniß, wie wenn durch Occupatio« und Tradition das wahre Eigenthum erworben werde. Auch hätten in dieser Hin» sicht von jeher die meisten Juristen den Besitz als Eigenthum be­ handelt. Der Ausdruck publician ischeS Eigenthum, welchen v. Savigny a. a. O. §. 3. (3) in Betreff der Früchte, die vom bonae sidei possessor gewonnen werden, gebraucht, ist nur eine anderweitige Bezeichnung derselben Sache. 4) Man hat dieses sogar ein civilistische- Mährcheu genannt. 5) Da- Recht de- Besitze- §. 3. (3) und §. 22. a. v. Savigny geht bekanntlich davon aus, da- Recht an den Früchten sei nichtandere-, al- publicianischeS Eigenthum, bezogen auf die allgemeine

3 wenn sie auch als nicht zur Sache gehörig hingestellt wurden, konnten im allgemeinen um so mehr Eingang finden, als fiv von obersten Grundsätzen des Römischen Rechte- abgeleitet zu sein schieney 6), während die entgegengesetzte Theorie, so, wie sie vorgetragen wurde, alles eigentlichen Grundes entbehrte, und daher als größte Singularität erscheinen mußte 7). Ferner die eigentliche Bedeutung der actio PubUdana ist von demsel» den Verfasser nicht bloß mißverstanden, sondrm zugleich in den Hintergrund gedrängt worden9); welches Mißverständniß seitdem die Anhänger getheilt haben, wie anderseits ebenso diese Klage säst ganz übersehen worden ist. Endlich, — um andere Punkte zu übergehen, welche ebenso die Hauptsache betreff«! — die soge­ nannten possessorischen Jnterdicte sind hier in einer sol­ chen Bedeutung hingestellt und behandelt worden, welche weder durch die Quellen des justinianeischen Rechtes, noch durch di« Geschichte gerechtfertigt wird 9); während die Bedenklichkeiten Kegel der Recession, deshalb gelte ln Rücksicht der Früchte, welche vom bonae fidei possessor erlangt werden, alle-, was von der bona fide besessenen Hauptsache selbst gelte. Wer eine fremde Sache so besitze, baß er sie für sein Eigenthum halte und auü einem juri­ stischen Grunde dafür halten müsse (bona fides und justa causa), erwerbe an den Früchten dieser Sache da- Eigenthum wirklich (f rui tu um perceptio). Diese- über werde von den Meisten ohne Grund als etwa- gan- einzelnes betrachtet, und unter die bedeu­ tendsten Vertheile de- bloßen Besitze- gerechnet. 6) Jrscfcrn nemlich v. Savigny auch hier den Grundsatz zur An­ wendung bringt, es,könne kein andere- Recht an der Frucht gedacht werden, als da- an der Hauptsache. 7) 6:16(1 Backe, der die entgegengesetzte ältere Ansicht vertheidigt, gibt dies -u, und ist genöthigt, einer höchst eigenthümlichen Erklä/ tung das Wort zu reden. 8) Dieselbe, ungeachtet sie sich eigentlich auf den Besitz, nemlich debonae fidei possessor bezieht, findet nur a. a. O. §. 3. (2) gele­ gentliche Erwähnung, und bleibt für die ganze folgende Darstellung unbeachtet. 9) 3ene Ansicht, auf welche wir wiederholt zurückkommen wer­ ben, besteht kurz darin, die Jnterdicte unde vi, uti posaidetis und

A 2

uub Einwürfe Anderer bei der Zahl der Anhänger jener hochge­ achteten Resultate verhallten. Ich enchalte mich gern, schon hier im Eingänge gegen jene allgemein verbreiteten Ansichten meine Meinung auszusprechen. Erst im Detail wird das Abweichende derselben vollständig vor­ getragen und nachgewiesen werden können, woselbst auch die gegnerischen Ansichten ihre Erledigung finden müssen. Daß die Meinungen anders Denkender übersehen wurden, und fast so ganz unberücksichtigt blieben, davon ließe sich der Grund vielleicht darin finden, daß gegen manche derselben sich noch mehr Einwürfe würden rechtfertigen lassen, alS gegen die, welche bestritten wurdm. Dabei darf es jedoch nicht übersehen werden, daß es auch unter den Gegmrn nicht au selbstständigen Denkcm gefehlt hat. Manche nicht unbegründete Zweifel ließen sich bei ruhiger und unbefangener Erörterung der Quellen mtgegenstellen, und schon aus diesem Grunde würde eine genauere Untersuchung über unseren Gegenstand nur zeitgemäß genannt werden können. Rühmliche Erwähnung rücksichtlich der Fruchtpercep-. tion des booae fidei posscssor verdient jedenfalls Backe 10), der mit Ausführlichkeit gegen Savigny austrat, die älteste An­ sicht über diesen Punkt, die Ansicht der Elossatoren in Schutz

uirubi seien die Folge der juristischen Besitzer, welcher, ganz abge­ sehen von der Lome fidei possessio, in einem bloßen faktischen In­ nehaben, verbunden mit der Absicht Eigenthum oder juristischen ®t«

(possessio) haben zu wollen,

bestehe.

Diese Interdikte sind

nach v. Savigny di« alleinige Folg« de« juristischen Besitzet, dr­ an

sich bloß factischen Innehaben«,

da

die Usucapion

al«

«ine

zweite Folge der juristischen Besitzes nicht bloß diesen allein vor« aussetze, sondern zugleich auch den Umstand, daß derselbe bona fide und justo titulo angefangen habe. dem von >v. Savigny

Diese Interdikte stehen also mit

ausgezeichneten

Besitz

in

der iaotzsten

Verbindung.

10)

Diss. bonac fidei possessor qnemadmodum fructns saos UBerol. 1825.

ciai?

nahm, und dabei die vorhandenen Quellenzeugm'ffe einer genaue­ ren Prüfung unterzog. Erfteulich, höchst erfteulich kann es genannt werden, wen» selbst von praktischen Juristen unbefangen eine Stimme geäußert wurde. Die eigentliche Bedeutung der actio Publidana hat in unseren Vagen Kretz u) z» erörtern versucht, ohne jedoch als Gegner Savigny'S aufgetreten zu fein, und da- Abweichende der gegnerischen Theorie beseitigt zu haben. Läßt gleich Plan und Darstellung manches zu wünschen übrig, so ist doch vieles, waS in unsere Materie gehört, angeregt worden, und waS die rei vindicatio anbetrifft, ist er der gewöhnlichen Ansicht entge­ gengetreten. Ueber, den Rechtsgrund der sogenannten possessorische« Jnterdicte haben ganz Verschiedene ihre entgegengesetzte Mei­ nung ausgesprochen, welche jedoch eben so sehr von einander ab­ weichen. AIS der neueste hierher gehörige Schriftsteller mag je­ doch uur v. Thaben t2) genannt werden, der aus manchen ganz richtigen Gesichtspunkten die gewöhnliche Theorie auch in Betreff de- Besitzes selbst bestritten hat 13); in welcher Hinsicht er schon andere ausgezeichnete Gewährsmänner für sich hatte M).

11) Darstellung praktischer Materien bei Römischen Rechtes, 1. Sb. Ueber bic öinbicatio» unb ble Publicianische .«tage 1831. 12) Allgemeine Untersuchungen über den Begriff ber Römischen In­ terdikte unb beffea Classification im Rechtssystem 1833. 13) Rudorf in ber Zeüschr. für geschichtliche RechtSwiffenschaft Bb. VII. ©. 90 ff. ist nur in unbedeutenben Punkten von ber Savigny schon Theorie abgewichen. 14) Für ble an sich rechtliche Natur des Interdikten«Besitzes ent­ schied sich jedoch nicht ohne Grund eine Menge der heutigen Ju­ risten. Mehrere derselben sind schon von v. Thaden a. a. O. S. 27. genannt wordeu, von welchem Berfaffer Gans als derjenige ausgejeichnrt wird, der hier auf ein« mehr wiffcnschaftliche Weis« ju Werke gegangen sei. Biele gaben jedoch ihre deSfallsige Mei­ nung nur an, ohn« daß eine Erörkerung dieses Gegenstandes in ihrem Plane lag, weshalb sie hier nicht eigenrlich geinnnt zu wer­ den verdienen.

6 Aber vielleicht,

weil auch er in der Hauptsache auf dem basirt,

was v. Savigny behauptet hat, und bloß gegen Einzelnes Be­ denklichkeiten äußert, kann es ihm weniger gelingen, das Ge­ gentheil mit Grund auszusprechen. Die Bestrittenheit und haben darin ihren Grund,

die Zweifel gegen jene Ansichten daß dieselben mit den vorhandenen

Quellenzeugniffen und Rechtsgrundsätzen then.

in Widerspmch gera­

In der Hauptsache konnte es jedoch den Gegnern durch­

weg weniger gelingen, das Gegentheil zu rechtfertigen, weil man nicht von den hier entscheidenden geschichtlichen Grundsätzen aus­ ging.

Wünschenswert!) wäre es in der That, über manche die­

ser Streitpunkte einmal hinwegzukommen, wenigstens ist der Bo­ den, auf welchem wir hier stehen, nicht unsicher. Als ein sehr wesentlicher Incidentpunkt für die Lehre der bonae fidel possessio kommt die Frage in Betracht, was im einzelnen der Eigenthümer bei seiner rei vindicatio zu b eweisen habe.

Durch die Erörterung dieses Umstandes kann erst

unsere Lehre, wie sie in den Rechtsquellcn vorgetragen ist, neren Gehalt und Festigkeit erlangen.

in­

Doch auch über diesen

Punkt sind die Ansichten, selbst noch in unserer Zeit, getheilt, und die Sache ist mehr bestritten, als man es bei einem so wichtigen Gegenstände wünschen möchte.

Mit regem Eifer sind

hier die Waffen gegen einander geführt worden; jedoch scheint das

Resultat

zu beruhen,

dieses

Streites

wenigstens

wird

nicht cs

auf zu aus

sicheren Stützen

allgemeinen Gründen

schon höchst bedenklich, diejenige Ansicht, welche gegenwärtig sich rühmt den Sieg davon getragen zu haben, für die richtige zu halten.

Grade hierbei wird sich recht deutlich zeigen,

man auf Scheingrünve bauend das Richtige

wie leicht

verfehlen kann:

wenn cs gleich so scheinen muß, al5 wäre man manchen Strei­ tes überhoben gewesen,

wenn man zuvor den Streitgegenstand

selbst gehörig bestimmt hätte.

7 §. 2.

Was zunächst den Begriff der Vouae fidei possessio anbe­ trifft, so ist darüber wmiger gestritten. Wir verstehen unter bonao fidei possessio denjenigen Zu­ stand, welcher in Folge einer rechtmäßigen derivativen Erwerbatt herbeigeführt wird, in welchem man glaubt, wirklie cher ErgEhümer der übertragenen Sache geworden zu sein *), oder nicht weiß, daß ein Anderer Eigen» thümer sei 2*).*1 4 1) Hierauf gehen kn I. 48. D. de usurp. die Worte: „suffidt enirn, „me ■putare meuni esse, cm» solvis”; ebenso, wenn Et furtivis tquis nutz statim ad bonae fidei possessorem pertinebunt.” Es wird hinzugefügt: „merito, quia in fruclu „numerantur: at partus anciliae non ngmeraptur in fructu ; ” ). 48. §. 6. D. de fort* Durch letzteren Zusatz könnte man veran­ laßt werden, das Gegentheil für die sonstigen Recessionen, Lm Ge­ gensatz der Frucht, anzunehmen. Allein der Jurist scheint hier von dem Grundsatz ausgegangen zu sein, daß die Frucht dem bonae fidei possessor sogleich als Eigenthum gehöre, wovon die Folge war, daß dieses ebenfalls für die Jungen der Pferde gelten mußte. Ist gleich die partus anciliae nicht Frucht, was der Jurist hier aus­ zeichnet, so gelten doch für dieselbe keine andere Grundsätze, und in­ sofern wird anderswo die partus anciliae der Frucht völlig gleich­ gestellt; I. 10. §. 2. D. de usyrpat. et usucap. 7) „Lana ovium furtioarum, si quidem apud furem detonsa est, „usucapi non polest: si vero apud bonae fidei possessorem, „contra: quoniarn in fruclu est, nec usucapi debet sed statim „ emloris fit. Idem in agnis dicendum, si consumti sint: quod v verum est; ” J. 4. §. 19. D. de usurpat. et usucap. Was von der Wolle gilt, muß eben so von den Lämmern gelten, denn beides kommt auf gleiche Wese als Frucht in Betracht. Somit wäre d-r Zusatz: si consumti sint gewiß sehr entbehrlich und überflüssig, nemlich sofern von dem Eigenthum an der Frucht die Rede ist. Al­ lein ich glaube hier das Gegentheil, da jener Zusatz auf die Worte ntc usucapi debet bezogen werden kann. Denn sind die Früchte bereits consumirt worden, so können dieselben von dem wirklichen Eigenthümer niemals mehr abgefordert werden, und es bedarf rücksichtlich derselben um so weniger der Usucapion. Von den Jungen, der Wolle und der Milch der gestohlenen Schafe spricht 1. 48. §. 2. D, de adquir, rer. domin. 8) ,,Et ovium feius in frnctu sutit, et ideo ad bonae fidei pos-

F 2

84 wenigsten ist hier von einem Behalten der Fmcht die Rede, wenn sie selbst schon consumirt war. Nur deshalb und aus keinem anderen Gmnde erwirbt der bonae fidei possessor durch den eerrus furtivus. Er erwirbt dasjenige, was bei diesem als Frucht in Betracht kommt, nemsich was derselbe ex operis und ex re cjns erwirbt, und zwar zum vollen Eigenthum 9). Dieselbe bonae fidei possessio, welche sich als ein Recht aus die Fmcht erstreckt, bezieht sich auf die sonstigen Accessionen. Die Usucapion ist jedoch ausgeschlossen, wie in Rücksicht der Hauptsache, so in Rücksicht der Nebensache. Dieser Punkt muß hier noch genauer erörtert werden. Zunächst waS die Hauptsache anbetrifft, so kann die res fnrliva und vi possessa wegen eines Tiliiiiu inhaerens niemals usucapirt werden; nicht nur nicht vom Diebe oder ri posses-sor, denn diese sind mala fide, wodurch selbst jede Usucapion ausge­ schlossen wird, sondern auch nicht von einem dritten bonae fidei possessor, er mag sie unmittelbar, oder nur mittelbar aus der Hand deS unrechtmäßigen Besitzers erhalten habm "’). Nur dann kann sie usucapirt werden, si in potestatem dotnini reversa sit, welcher Satz jedoch in keine Ausnahme von der Regel enthält u). Die res pupilli und die sonstigen der sessorem pertinent, etiam si praegnates venierint, vel subrepf9tae sint• Et sane, quin lac suum iaciat, quamvis plenis ube„ribus venierint, dubitari non polest, Idemque in lana dicens,dum es»”; 1. 48. §. 2. D. de adquir, rer. dom. 9) „ Etiam furtivus servus bonae fidei possessori adquirit, quod „ex re ejus stipulatur, aut per tradilionem accipit’’; 1, 39. D. de ardquir. rer. domin. 10) Die Sache ist bekannt. Siehe nur: Gaj. II, 45. seq. §. 2. u. 3, J. de usucap. I. 4, §. 6. D. de, usurpat. et usucap.

11) Dieser Satz bedarf an diesem Orte einer genaueren t und hat |U manchen Mißverständnissen löst*

85 llsucapian entzogenen Gegenstände fallen im Wesentlichm in die. elbe Kathegorie, auch sie können durch Usucapion nicht eigens hum des Jnnehabers werden. In Rücksicht der Recession und der Frucht ßnb jedoch die Römischen Juristen, wie es aus den übereinstimmenden Angaben rhellt, einer milderen Theorie gefolgt "). Auch wenn die Hauptsache eine gestohlene ist, soll dennoch die partus aucillae isucapirt werden von dem späteren booae fidei possessor 13). onlaffung gegeben. So wie er wörtlich von den Römischen Ju« risten ausgezeichnet wird, enthält er sogar den größten Widerspruch. Remlich kommt die res furtiva oder vi possessa zurück in die Hand des Eigenthümers, in poiestatem du mini, wie es hier ausdrück' lich beißt, so ist jede Usucapion unnöthig, und rechtlich ganz undenkbar, weil derjenige, der schon ein Eigenthum an der Sache hat, dieselbe nicht mehr usucapiren kann. Es kann daher nur der Fall gemeint sein, haß die res furtiva und vi possessa, sei es vom Diebe, vom vi possessor, oder von einem dritten bonae fidei possessor, demjenigen rechtmäßig übertragen wer­ den, welchem die Sache widerrechtlich entzogen war. Durch Dieb« stahl, und ebenso durch vi possessio, wird eine interruptio der gül­ tig angefangenen Usucapion bewirkt. Aber der frühere bonae fidd possessor fängt von Neuem an zu usucapiren, sobald die Sache wieder in seinen Besitz gekommen ist. Er nemlich leitet sein Recht nicht von dem Diebe oder v possessor ab, sondern er befindet sich in derselben bonae fidei possessio, welche schon früher begonnen hat, nur daß die Zeit der Usucapion nach jener usurpatio von Neuem zu laufen anfangen muß. Also ist in dieser Verbindung der bonae fidei possessor nur uneigentlich durch den Ausdruck dominus bezeichnet. Diese Bezeichnung kann bei der sonstigen Gleichstellung des bonae fidei possessor mit dem Eigenthümer nicht auffallen, und es konnten dadurch bei den Römern am wenigsten Mißverständniffe herbeigeführt werden. ES ist dabei nothwendig, daß die Sa­ che von dem früheren bonae fidei possessor wieder erworben werde, es genügt nicht, wenn die Sache in die Hände deS früheren Re­ präsentanten zurückkommt, bei dem die Sache gestohlen wurde. Im Ucbrigen entscheiden hierbei nur die sonstigen allgemeinen Grundsätze. 12) Jedoch muß es so scheinen, als wenn die Römischen Juristen hier nur einer richtigen Interpretation gefolgt sind. 13) Dieser Satz ist in folgender Stelle enthalten: „Nun sulum Lo-

86 Dabei wird indeß vorausgesetzt, daß dieselbe bei dem bonae liiti possessor erst concipirt und geboren sei "). Dasselbe gilt unter der angegebenen Voraussetzung von der Frucht. Diese kann, wie die partos ancillae, nur dann usucapirt werden, wenn sie bei dem bonae fidei possessor concipirt ist und zur Welt kommt 15), sie kann von diesem nicht usucapirt werden, wenn sie noch bei dem Diebe, und was dem gleichsteht, bei dem Erben des Diebes concipirt wird 1G). „nae fidei emtores, sed et omnes, qui possident e* ea causa, „quam usucapio sequi solet, partum ancillae Jurtivae usu „ suum faciunt. ”

ES wird

hinzugefügt:

„ Idque ralione intro-

„ductum arbitror: nam ex qua causa quis ancillam usocaperet, „nisi lex duodecim tabula rum vel Atinia ohsiarel, ex ea causa ,, necesse est partum usucapi) ” 1. 33. D. de usurpat. et usucap. Dergl. 1. 3. C. de usucap. pro emlor. 14)

1. 48. §. 5. D, de furtis.

Siehe 1. 33. D. de usurpat. et usucap.:

si apud eum con-

99ceptus et editut eo tempore sucrit, quo furiivam esse matrem t»ejus ignorabat."

Daß

fidei possessor ankam', crntor.:

c£ auf die Conception bei dem bonae erhellt ebenso aus 1. 3. C. de usuc. pr.

8i matrem ejus, cujus nomine te quaestionem patj di-

„ cis, bona lidu einlaiu possidere coepisti: rliam si ipsa in cau­ sam furiivam incidcrit, tarneu postea conceptum apud te par9f tum usucap er e potuisti." Der Grund, welcher bei dieser De, stimmung leiten konnte, war nemlich folgender. Die bonae fidei possessio der Hauptsache

erstreckt

bloß

Entstehung,

im

Augenblick der

sich auf

die Recession,

sondern

auch

nicht

im Augen­

blick der Separation derselben, wovon die conditio usucopiendi ab­ hängig ist.

ES konnte zudem daS positive Verbot der lex duode-

cim tabularuin und der lex Atinia nicht ausdehnend erklärt, also nur auf die Hauptsache bezogen werden, was

der

Jurist Julian durch die

und dies grade ist eS,

Worte andeutet: „nam

ex

qua causa quis ancillam usucapcret, nisi lex duodecim tabulai, rum vel Atinia obstaref, ex ea causa necesse est partum usu« ytcapi; ” 1. 33. I). de usurp. et usucap. 13)

1. 48. §. 5. in fm. U. de surf.

IG)

„Scaevula libro undecimu quaestionum scribit, si bos apud

,,lurem concepit, vel apud iuris beredem, usucapi ab berede >> distractuin juvencum non passe9

sic inquil, quem admodum

», nec ancillae pailus;” I. 10. tz. 2. D. de usurpat. et usuc. Dgl.

87 SBtt unabhängig das Recht der bouae fidei po#«eesio von der Usucapion sei, zeigt sich auch in dem Fall der mala fidee sapervenieos. Dieselbe schadet der gültig anglfangmen Usuca» pion nicht r), dennoch ist sie der Grund, weshalb das Recht der bonae fidei possessio aufhört. Dieses muß, wie in Betreff der Hauptsache, so in Rücksicht der Frucht von größter Wich­ tigkeit sein, indem die nothwendige Folge davon ist, daß die Frucht nicht mehr dem Besitzer gehört. Aus gleiche Weise entscheiden sich dafür Paulus I8), lUpianl9) und Africanus "'). Diese !. 4. §. 19. D. eod. Auch in dieser Hinsicht kann die Frucht der sonstigen Accessio» völlig gleichgestellt fein. Die mala fidrs rücksichtlich der Hauptsache erstreckt sich hier auf die Nebensache, fc.c Erbe ist eine Person mit dem Erblasser. Deshalb rann der Erve die partus anciilac nicht usucapiren, wenn er auch nicht weiß, daß die aucilla furtivaifl, und sie bei ihm erst concipirt und geboren hat; 1. 4. §. 15, D. de usurp. et usuc. Wenn aber dcr bonae fidei emtor vor der Geburt der ancilla erfährt, daß sie ihm nicht ge­ höre, kann er die partus nicht usucapiren, weil die dadurch entste­ hende mala fides sich ebenfalls auf die partus befielt, somit dcr Besitz für die partus mala fide anfangt) 1. 4. §. 18. 1). de usui i>. «st usucap. Dennoch wird wegen dieser mala tidrs superxnuYii* die Usucapion der Hauptsache nicht ausgeschlossen sein. 17) Bergl. auch hier: I. 7. § 4. I, 2. Z. 13. D. pr. emtor. 1. 15. §. 2. I). de usurp. et usucap. Oie Sache selbst ist bekannt. 19) 1. 48. §. 1. D. de adquir. rer. duiniii.: . quaerilur, «i Meo tempore quo mihi res «radilur, pulem vendeiilis esse, deinde „cognovero alienam esse: quia perseverat per lungum lempus capio , an jructus meos Jaciamf Poniponiut, vaenduiu , ua 9>non sic bonae fidei pos*essor, quamvis capiat cel.v Lust)

P 0 mp 0 IIius also war derselben Meinung. 19) 1. 23. §. 1. I>. de adquir. rer. doiu. : ,/1’amdiu autcOi adijoi„fit, qu.trndiu bona fide servil: cetcruui si coepent so re, essn f>r*.m alieouiu, xel liberum, videamuS, an ei adtfuirUY Quaeslio , in eo est, ulruin iniliuin spectamus, an sirigula raotueiiU / 9te$ inagis esc, uc singal* niunienca speccanus."

20) I. 40. §. 1. D. de adq. rer. dom.: ,, Quaesilurti e.M, si is, r ui f, liher liutau bona side servil et , decesaei il, eique is beres . ,, ter4l, qui liberum eoVri e.«se scirct, an aliyuid ja .i>te.-,sur unrcr dep Dcraussetzunz die Rede, daß Ihm di« Sache von einem Dritten selbst rechtlich eviucirl wird. Sie dauert wie sonst jedes Eigenthum in perpeluum, wenn jenes nicht der Fall ist, denn diese Berechtigung ist in der That ein jebenso wirksames Ei­ genthum, als es durch die vollendete Usuacapio» nur gedacht wer­ den kann, nur daß nach vollendeter Verjährung nicht mehr von einem bonae fidei posseesor di« Red« sein kann. 5) Al« Stellvertreter kommen dierdei besonder« die Sclaven in Betracht, welch« bei den Römern z« allen Dienstleistungen gebraucht

104 Me diejenigen Angaben der Quellen, welche sich auf daS Eigenthum in dieser Hinsicht beziehen, müssen sogar stillschwei­ gend auch auf die booae fidei possessio bezogen werden. Dies iß nothwendig wegen der Identität, welche zwischen dem Eigen­ thümer und booae fidei possessor obwaltet. Non diesen Be­ rechtigungen, wie yon seinen Berechtigungen überhaupt, wird der bouae fidei posst*sor im Einzelnen Gebrauch machen, ohne Rücksicht darauf, ob Dritten dadurch ein Nachtheil erwachst, oder nicht. Denn auch hier entscheidet der Grundsatz: qiä jure suo

,

utitur neminem laedit

Freilich kommen ebenso für den booae fidei possessor diejeni­ gen positiven Beschränkungen in Betracht, welche wir oben für das Eigenthum unter dem Namen servitutes personales ausge­ zeichnet haben 7). **6 wurden. Eben so häufig wird jedoch die Vertretung durch einen sonstigen Dritten old procurator in Betracht kommen. 6) Diese Regel ist nemUch ganz allgemeiner Art. Sie beruht in dem Princip, daß jede Berechtigung als solche in dem Umfange, in welchem sie vorhanden ist, von Dritten anerkannt werden muß, wo­ rin eben bad für jedes Rechtsverhältniß vorhandene Klagerecht ge­ gründet ist. Sie findet sich ausgesprochen in !. 151. u. 1. 155. 1). de li. J. 7) Der booae fidei possessor darf daher $. 58. nicht so tief auf sei­ nem Grundstücke eingraben, daß dadurch dem Gebäude de- Nachba, ren Schaden gedrohet wird- Ec muß bei vorzunehmenden Bauten von der Gränze des Nachdaren etwas entfernt bleiben. Auch er darf auf seinem Grundstücke kein Gebäude aufführen, wodurch einer Dreschtenne deS Nachbaren der nothwendige Luftzug entzogen wird. Ferner darf er keine Anlagen machen, wodurch der natürliche Ab­ fluß de- LZasterS gehindert würde. Die sonstigen Beschränkungen dieser Art können hier alS bekannt vorausgesetzt werden. Aber zu diesen laßt sich ebenfalls das damnum injtctum zählen, obgleich es in den neuern Systemen nur alö ein obligatorisches Verhältniß aus, gezeichnet wird. -Der eigentlich entscheidende Gesichtspunkt ist nein« lich hier, der Innehaber eines Gebäudes darf sein Gebäude nicht so verfallen lasten, daß durch den Einsturz destelbea den Nachbaren ein Schade zugefügt werden könne. 'Der Nachbar soll wegen einekünftigcn Schadens durch Eaution sicher gestellt werden» um

105 §. 16. MS jetzt ist von bett einzelnen Berechtigungen, welche dem

bouae fidei posßcssor in Folge feines fingirten Eigenthums zu­ stehen, Weise

vollständig

gesprochen.

Ueberall

hat

sich

auf dieselbe

der Grundsatz bestätigt, daß der booae fidei possessor in

seinen Befugnissen dem wirklichen Eigenthümer gleichgestellt sei, so lange,

als kein Mehrberechtigter gegen ihn auftritt.

Nach dieser Erörterung über das Rechtsverhältniß bet bonae

fidei possessio muß jetzt von den Schutzmitteln die Rede sein, welche dem bonae fidei possessor

gestattet sind.

Grade durch

diese wird sich obiges Resultat eben so sehr bestätigen lassen. Wäre der booae fidei possessor nur factischer Innehabet der Sache, so

würde sich am wenigsten der

Umstand rechtfertigen

lassen, daß er gegen Dritte durch eine dingliche Klage geschützt

diese -u bewirken,

ertheilt der Prätor eine missio in poisessio-

nem.

Daß jene Verpflichtung sich nicht bloß auf den wirklichen Ei­ genthümer, sondern eben so auf den bonae fidei possessor beziehe, läßt sich ou< den vorhandenen Quellen-eugnissen vollständig bewei­ sen.

Der Prätor ertheilt nemlich,

wenn ungeachtet der missio in bestellt wird, wiederholt eine missio in pussessionrm (ex secundo decreti) , durch diese soll der Nachbar da- Eigenthum des fraglichen Objectes erlangen. War der Innehabet nur bonae fidei possessor, so kann auch der Nach­ tat nur eine bonae fidei possessio erlangen, wovon in den Quel­ len selbst vielfach die Rede ist; 1. 15. §. 16. D. de damn. infect. 1. 18. §. 15. D. eod. 1. 3. §. 23. D. de possess. Diese bonae fidei possessio ist nicht bloß eine conditio usucapiendi, sondern als jede bonae fidei possessio überhaupt zugleich ein Rechtsverhältniß. pustessiunem jene Caution nicht

Daher kann denn der Nachbar, wenn er herausgeworfen sein sollte, nicht bloß petitorisch mit der actio Publiciana, sondern auch pos­ sessorisch mit dem interdictum und• vi klagen r „si is, qui jussu „jPraetoris coeperat pussidrre, et possidendo dominium capere, ^ aut non admissus aut ejectus inde fuerit, utile interdictum Pfunde vi, vel Publicianatn actionein habere potest;” 1* 18. §♦ 15. ü. de damn. infect.

Es findet hier zugleich eine actio m

factum Ttnwendung 1. 18. $. 15. D. cit. luc.

106 ist ').

Eine dingliche Klage setzt nothwendig

ein dingliches

Recht voraus, es ist selbst ohne ein dingliches Recht die Anstel­ lung einer dinglichen Klage völlig undenkbar.

Dennoch ist rS

sogar niemals unbekannt gewesen, daß der booae fidei poswssov durch eine dingliche Klage geschützt werde.

Ein unerklärliches

Problem mußte sich demnach zeigen, so oft eS darauf ankam, das rechtlich

Vorhandene auch rechtlich zu begründen 1 2).

Allein der Schuh dieses Rechtsverhältnisses ist umfassender, als die neueren Juristen bis jetzt angenommen haben.

Es ist

nicht bloß die actio Publiciana, über deren Bedeutung mau jedoch so vielfach hin und her gestritten hat 3), welche zum Schutz des bonae fidei possessor eingeräumt worden.

mehr behaupten, daß

alle diejenigen

Es läßt

sich

viel­

Schutzmittel, welche dem

wirklichen Eigenthümer gestattet sind, ebenfalls dem bouae fidei possessor zukommen müssen.

des obersten Princips,

Dieses ist eine nothwendige Folge

wonach der

bonae

fidei possessor

als

Eigenthümer angesehen und behandelt wird, rind dieses wird in der folgenden Darstellung bewiesen werden müssen.

1) Nemlrch durch Me actio in rem rttblici^n.i. 2) Diercr SBonvurf trifft K^nberS v Savignr>, welcher behaup (et, die bonae fidei possessio sei ihrer eigentlichen Bedeutung nach nichtö, als ein blcß factifcheS Innehaben. Denn wie dieses für je­ den juristischen Besitz von ihm angenommen wird, so geschieht dies auch für den!, welcher bona ßde und justo litulo angefangen hat. 3) Dcr Hauptstreit bezog sich jedoch darauf, wodurch sich diese Klage von der rei vindicatio unterscheide, und man bat sich oft seltsam genug desto mehr beruhigt gefunden, je mehr Unterscheidungsmcrk. male man zwischen beiden Klägern aufgefunden hakte. Daß gradezu da- Umgekehrte der Fall sei, sogar eine völlige Identität beider Klagen vorhanden sei, wie die- nach den vorhandenen Quellenzeug, vissen mit so großer Bestimmtheit behauptet werden kann, ist in unseren Lagen aufgestellt worden, wenn gleich nicht in dem Umfang und der Bedeutung, welche hier die entscheidende ist. Jedoch ist Li« aciio Pnbliciana gemeinhin als eine Eigenthumsklage ausge­ zeichnet und behandelt worden, welche in Rücksicht ihrer Wirkung manche- Uebereiostimmende mit der rei vindicatio habe.

107 Wie nemlich beim wirklichen Eigenthum, so gibt es bei der fidei possessio nicht bloß petitorisch« Klagen, womit die Anerkennung des Rechtes von denen verlangt wird, welche dieser Berechtigung störend entgegentreten, eS gibt anderseits ebenso possessorische Schutzmittel, wodurch der Besitz, worauf der bouae fidei possessor einen Anspruch hat, geschützt werden soll. Aber rücksichrlich jener Schutzmittel überhaupt läßt sich noch genauer bestimmen, es sind völlig dieselben Schutzmittel, welche dem wirklichen Eigenthümer zustehen. Ein Anderes ist durchaus undenkbar, denn der bonae fidei possessor gilt als wirklicher Eigenthümer, als solcher kann er nur auf» treten, um rechtlich gegen Dritte geschützt zu werden. booae

Abgesehen von dem sonstigen Schutz, welcher dem bonae als Beklagten gewahrt ist 4), kommt für densel­ ben zunächst ein petitorisches Rechtsmittel, die actio Publiciana in Betracht. Sie geht auf Anerkennung des Eigenthums, dem­ nach auf Herausgabe dessen, was der unbefugte Besitzer in Händen hat. Sie ist nichts, als eine utilis rei vindicatio, wie sich vollständig beweisen läßt, oder vielmehr eine Anwendung der rei vindicatio für einen Fall, der im früheren Rechte unbefidei possessor

4) Dahin gehört die exceptio rei venditae et traditae, Außerdem stehen dem bonae fidei possessor alle sonstige nur gedenkbare (Sinvt* den zur Geitt, wodurch der wirkliche Eigenthümer in obligatori­ schen Verhältnissen geschützt ist Denn dieselben obligatorischen Verhältnisse, welche für den Eigenthümer, kommen für den bonae fidri possessor in Betracht, und zwar ohne alle Ausnahme. Wie der wirkliche Eigenthümer, so har auch der bonae fidei possessor daS Recht der Gelbstvertheidigung als sogenannte« moderamen incuU patae tucelae. Die« sagt ausdrücklich 1. 1. C. de vi: ;> recte pos,,sidenli ad defendendarn possessionem, quam sine vitiu tene„ bat, inculpatae tutelae raoderatione illatam vim propulsare „licet." Nicht jedoch können für ihn die exceptio jusli dominii, nicht die exceptio si ea res possessoris non sil gelten. Beide ste­

hen nur dem wirklichen Eigenthümer zu, wenn der klagende Gegner bonae fidei possessor ist.

108 sonnt war. Sie ist mit jener insofern identisch, alt selbst stets ungewiß bleibt, ob nicht die rei vindicatio angestellt ryird, mir daß sie wie jede pratorische Klage überhaupt eine selbstständige Natur hat 5). Eben als rei vindicatio kann sie daher nur bei 5) Diese- bedarf hier noch einer genaueren Erklärung. Jede actio utilis ist nur tüte analoge Anwendung einer bereit- früher vorhan­ denen Klage, actio directa. Insofern sie auf Analogie, in derselben legis ratio gegründet ist, können wir jede actio utilis alS eine nicht von der actio dii e< ta verschiedene bezeichnen. Mit anderen Worten, so oft dieselbe Analogie vorhanden ist, muß dieselbe Klage Anwen­ dung finden, wenn auch in dem Gesetze nur bestimmte Fälle der Anwendung bezeichnet worden sind. Die- gilt allgemein nemlich für den Fall, wenn überhaupt eine analoge Interpretation de- Gesetzezulässig ist. Dabei zst aber nicht zu übersehen, daß jede in den Quellen al- utilis actio ausgezeichnete Klage nur ein Resultat der Interpretation Römischer Juristen sei, welche bei ihren Erklärun, gen und Anwendungen stet- von der ratin de- ursprünglichen Ge, setze- aufgingen. Dieselbe Analogie liegt bet vielen prätorischen Klagen zu Grunde, indem auch schon der Prätor bereit- vorhandene Klagen vermöge derselben ratio auf andere ursprünglich nicht be­ rücksichtigte Falle anwandte. Dabei har aber jede prätorische Kla­ ge, selbst in diesem Falle, eine selbstständige Natur, und sie wirb in den Römischen Recht-quellen niemals mit dem technischen Namen actio utilis bezeichnet. Für die prätorischen Klagen ist, abgesehen von den Jnterdicten, welche ein schleunige- Verfahren begründen, der eigentlich technische Name: actiones iu factum, mit dem Bei­ satz civiles ober pmescriptis verbis, Vergl. meine Schrift do judicibus apud Romanos, Lib. I, §. 6. pag. 53 srj, Diese selbst­ ständige Natur der prätorischen Klagen hat darin ihren Grund, daß die Prätoren in der Qualität eines Gesetzgeber- das vorhan­ dene Recht erweiterten. In obiger Art ist die actio in rem l’ubliciana nicht- alü eine Anwendung der rei vindicatio , welche jedoch für die bonae tidei possessio nur stattfinden konnte nach der hier zum Grunde geleg­ ten Fictlvn, daß der bonae ftdei possessor Eigenthümer sei. Die actio Publiciana ist nur eine actio in factum, dir nur zufällig von ihrem Erfinder genannt worden ist. Man kann somit die actio Publiciana füglich eine Anwendung der rei vindicatio nennen, je­ doch nur uneigentlich eine utilis rei vindicatio, weit sie von dem Prätor und nicht von den Römischen Juristen herrührt. Die Rö,

109 einer totalen Störung in der Berechtigung angestellt werden. Als zweite petitorische Klage kommt für den bonae fidei peesesaor dieselbe actio negatoria in Betracht, welche deut Eigenthü­ mer gestattet ist. Wie beim Eigenthum, so gewährt sie bei der bonae fidei possessio den nothwendigen Schutz, wenn nur eine partielle Störung der Berechtigung vorgekommen ist. Sie geht auf Anerkennung des Rechtes, demnach auf Ersatz wegm der zugefügten Verletzung. Als possessorische Schutzmittel gehören hierher die soge­ nannten possessorischen Jnterditte. Nachdem der Prätor be­ reits jenes Rechtsverhältniß der bonae fidei possessio ausge­ zeichnet hatte, war eS selbst in der Nothwendigkeit gegründet, die für das Eigenthum bestimmten Jnterdicte zugleich für daS publicianische Eigenthum anzuwenden, dies nemlich, weil beidepraktisch nicht von einander unterschieden «erden kann. Wir behaupten demnach gradezu, daß diese ursprünglich schon für beide Arten des Eigenthums auf gleiche Weife angeordnet wor­ den sind. Rüästchtlich der unbeweglichen Gegenstände sind mit­ hin für den bonae fidei possessor das iolerdiclnm unde vi und uti possidetis auszuzeichnen. Ersteres soll bei totaler Störung im Besitz dem bonae fidei possessor den nothwen­ digen possessorischen Schutz gewähren, letzteres bei partieller Störung im Besitz jener Berechtigung. ES soll durch beide auf gleiche Weise der Besitz, das faktische Innehaben der Sache, worauf es jedem Berechtigten besonders ankommt, geschützt wermischen Juristen erweiterten die Anwendung der rei vihdicatio für verschiedene anderweitige Fälle, in denen die rei vindicatio noch nicht gegolten hatte. Für diese späteren Anwendungen wird die i>i vindicatio mit dem Namen utilis rei vindicatio bezeichnet, wovon tn den Römischen Rechtsquellen ganz verschiedene «Beispiele vorkoirr» men. Auch selbst die Kaiser zeichneten die späteren Anwendungen der rei vindicatio häufig unter dem Namen utilis rei vindicatio NUS; J. 5. §. 1. I). de R. V. 1. 6. C. quib. n. objicil. long, tempor. praescr. il, f. w.



110



dm, dieses nemlich abgesehen von dem genauerm Nachweis der Berechtigung selbst. Bei beweglichen Sachen findet für den bonae fidei possessor das inlerdictnm ulrubi statt, so oft es daraus an­ kommt, den gestörten factischen Besitz zu erhalten, es muß mithin der Besitzer nicht selbst aus dem Besitz gestoßen fein. Um den verlornen Besitz wieder zuerlangen, gibt es auch hier kein besonderes selbstständiges iuteidieium. Allein eS muß so scheinen, als wenn es eines solchen nicht bedurft habe, da die actio furti, vi bonorum raplomm und die actio ad exliibeodnm, welche schon früher vorhanden waren, und in dieser Beziehung ausdrücklich erwähnt werden, auch hier die nothwen­ dige und dabei schleunigere Hülse gewahrten, wenigstens müssen sie ebenfalls für den bouac fidei possessor vermöge seines fingst« ten Eigenthums Anwendung finden G). Für die Interdikte insgesammt kommt der Umstand alS we­ sentlich in Betracht, es soll nicht aus den Nachweis des vorhan­ denen Rechtes gesehen werden. DieS nemlich, damit nicht die hier so nothwendige schleunige Rechtshülfe verhindert werde. Der Prätor geht demnach nur von gewissen äußeren Begebenheiten und Voraussetzungen aus, unter denen er jene schnellere Hülse zusagt 67), wie dieses bei anderen ganz verschiedenartigen Schutz­ mitteln ebenso der Fall ist, bei welchen es nur darauf ankommt, die Sache interimistisch zu reguliren 8). Eben dieses führte ganz 6) Bergt. 1, 1. §. 6. D. unde vi. 7) E« ist bitt der Fall bei dem inierdiclura uti possidetis, und, war demselben gleich steht, dem interdictum ulrubi. Eben so läßt sich diel für da« inlerdictnm unde vi behaupten. Di« verübte Ge­ walt, welch« bei dem interdictum unde vi vorausgesetzt wird, ist schon «in Umstand, wodurch das Unrecht de« Beklagten sogleich erhellet. 8) 6e hat derjenige da« rcmcdium ex lege ult. C. de »diclo Divi Hadriani tollendo, btt eine Urkunde als Testament für sich aufs tzuwrisen hat, welch«« nicht an einem äußeren, in di« Augen fallen­ den Fehler ( vitium vislbile) labvrirt. Auch hier kommt es nem­ lich, abgesehen von dem Rechte selbst, darauf an, wenigstens vor«

m nothwendig auf das Resultat, daß auch Andere selbst Nichtbe­ rechtigte mit jenen 3ntetbtctai geschützt werden, waS um so mehr die neueren Juristen von dem richtigen Gesnhtpunkt abgeleitet hat °). läufig Jam Besitz und Genuß btt fraglichen Erbschaft -s gelangen, um nicht ohne Grund ln seinem vorhanden« Rechte gestört $it wer den. Der eigentliche Nachweis de- vorhandenen Rechte» Ist davon eben so unabhängig, wie die» für da- Eigenthum rücksichtlich der Interdikte der Fall ist. Auch hier soll nemlich nur einstweilen pro­ visorisch ttn Schutz gewährt werd«, und es bleibt auch hier dem Gegner überlassen, sein Recht gegen den Besitzer durchzuführen. Eben diese- ist der Fall, wenn gleich in anderer Art, der den sog. bonorum poisessiones decretales. Auch bei diesen wird Über da- Recht selbst noch nicht entschieden, sondern nur vorläufig der Besitz and Genuß angewiesen. Auch hier gehr der Prätor bloß von äußeren Umständen aut, um vorläufig das etwa vorhandene Recht zu schützen. Durch die bonorum possessio ventris nomin# gelangt die bei dem Lode vorhandene schwangere Ehefrau zum Besitz und Genuß der Erbschaft. Ein wirkliche- Erbrecht kann für den venter noch nicht vorhanden sein, weil er erst nach feinet wirklichen Exi­ stenz, durch die Geburt al- Mensch, demnach al- Subject von Rechten angesehen werden kann. Kommt daher der nascituru« nicht zur Existenz, so kann er noch gar kein Erbrecht erworben haben. Da- äußere Factum der Schwangerschaft ist e-, wovon hier der Prätor au-geht, wenn nur der nasciturus ein suus de- Verstorbe­ nen sein würde. Bei der bonorum possessio ex edicto Carloniano soll der Besitz und Genuß der Erbschaft dem Kinde de- Erb, lasser- verschafft werden, wenn die Kindschaft desselben von Dritten bestritten wird. Es erlangt hier da- Kind bi- zur erreichten Pu. bertät einen Schutz, ebenfalls ganz abgesehen von seinem wirklichen Rechte, worüber mit demselben erst nach erreichter Mündigkeit ge. stritten werden kann. Endlich durch die bonurupi possessio /«rioii nomine erlangt der Wahnsinnige den Besitz und Genuß der ihm angefallenen Erbschaft. Er kann nicht wirklicher Erbe werden, weil er sich über die Antretung der Erbschaft al- Wahnsinniger nicht erklären kann. Mithin wird auch hier, ganz abgesehen von einem wirklichen Rechte, ein vorläufiger Schutz und -war ein Schutz im Besitze gewährt. 9) Davon wird unten bei der Erörterung jener Interdikts ausführ­ licher gesprochen werden.

112 §.

17.

Zunächst gehört hierher die actio in rem Publiciana. Es ist diese Klage zugleich die älteste unter allen, welche überhaupt für die booae sidei possessio zur Anwendung gebracht sind *). Als bit Hauptfrage kommt in Betracht, welche» die eigentliche Bedeutung dieser Klage sei, von welcher aus sich die einzelnm Anwendungen derselben erklären lassen, und dieses kann nach dem, was wir schon oben für daS RechtSverhältniß selbst ausgezeichnet haben, am wenigsten einem Beden­ ken unterworfen sein. Gehen wir nemlich von dem auS, was wir für das Rechts. Verhältniß an die Spitze stellen mußten, so ist völlig gewiß, daß die actio Pukliciaoa ebenfalls aus einer Fiction beruht, nemlich auf der Fiction, daß der booae sidei posseseor wirk­ licher Eigenthümer sei, oder was dasselbe sagt, auf der Fiction der vollendeten Usucapion 12). Denn dasselbe Fun­ dament, was für das Rechtsverhältniß in Betracht kommt, muß für die Klage entscheidend sein, welche in jenem Rechtsverhält­ niß ihren Grund hat. Eben deshalb mußte diese Klage gegrün­ det sein auf die intentio, rem suam esse 3). Eben deshalb 1) Daß die actio Publiciana älter sek, als jene sogenannten pos­ sessorischen Interdikte, läßt sich vollständig beweisen. Außer dieser Klage sind nur jene Interdikte für dieses Rechtsverhältniß vom Prätor ausgezeichnet worden, so lange er alt Gesetzgeber an der Spitze der Rechtspflege dastand. Beide Schutzmittel nur sind prä­ torischen Ursprungs, wie er jener Rechtsverhältniß der bonae sidei possessio selbst ist. Alles Uebrige, was für dicseS Rechtsverhältniß in Betracht kommt, ist das Resultat der Interpretation Römi­ scher Juristen, gehört somit einer späteren Zeit an. Auch selbst da», was der Prätor nur in der Hauptsache bei diesen Schutzmitteln ausgezeichnet hatte, mußte erst durch die Interpretation der Stömifchen Juristen vollständig für die Anwendung bestimmt werden. 2) „ JN'am quia non polest eam ex jure Quiritium suam esse infPt ende re, ßngitur rem usucepisse, et ita quasi ex jure Qttiri9, tlum dominus factus esset: Gaj. IV, 36.

3) Gaj. IV, 36 cet.

113 mußte die Klagformel, welche der Prätor dem judex zu dessen vorläufigen Instruction gab, hier ganz ebenso lauten, als bei der wirklichen rei vindicatio 4).5 Mit diesen allgemeinen Angaben deS GajuS stimmt das justinianeische Recht vollkommen überein. Es wird nemlich aus« drücklich in Betreff dieser Klage erwähnt, daß der Kläger die vollendete Usucapion für dieselbe behaupte, behaupte, daß tt Eigenthümer sei *). Ebenso wird ausdrücklich angegeben, daß die actio Publiciana nicht auf Besitz, sondem auf Eigen» thum gegründet sei 6). Sie wird als actio in rem gleich der rei vindicatio bezeichnet, auch kommt rücksichtlich dieser Klage der Ausdruck rem vindicare vor 7). Allein wie der booae sidei possessor behauptet, daß er Eigenthümer sei, wie das Rechtsverhältniß der bouae fidei poeeessio nicht von dein wirklichen Eigenthum unterschieden werden kann, ebenso muß die hier stattfindende Klage, di« actio Publiciana, und dies ist für die Anwendung derselben ungemein wichtig, praktisch nicht von der rei vindicatio unter­ schieden werden können. Es mußte somit der Kläger der 4) Dieselbe ist schon oben im Eingänge dieser Untersuchung erwähnt worden, sie findet sich ebenfalls bei Gaj. IV, 36. angegeben. 5) In diesem Sinn« heißt et nemlich ausdrücklich: „inventa est a ,,Praetore actio, in qua dicit it, qui pottettionem amisit, eam „rem se usacepisst§ 4. J, de acliun. 6) „ Publiciana actio ad instar proprietatis, non ad instar pol„ sesiionis respicit; ’’ I. 7. §. 6. D. de Public, in rem act. In ganz demselben Sinne wird anderlwo gesagt, daß die actio Pnblicjana n-ch dem Beispiel der rei vindicatio eingeführt sei: „ item „ Publiciana, quae ad txemplum vindicationit dafüri" 1. 35. pr. D. de oblig. et action. 7) Air actio in rem wird die Publicianlsche Klagt schon in der Ueberschrift de« Titel-, welche von derselben handelt, bezeichnet; Dig. VI, 2.: „de Publiciana in rem actione. •* Ebenfalls in Vie­ len einzelnen Stellen diese« Titel«. Jur Bezeichnung dieser Klage findet sich hier auch die Umschreibung: rem vindicare, welcher Aus­ druck eigentlich technisch für die TigenthumSflage ist. tifletdti-w Reche.

Sfo

114 Mtiming sein, daß er die rei vindicatio anstelle; ebenfalls der Prätor glauben, daß nur die rei vindicatio angestellt fei. Denn was von dem Rechte gilt, dasselbe ntuß von der dadurch be» gründeten Klage geltm 8).9 10ES wäre ferner hart gewesen, dem booae fidei possessor die Eigenthum-klage zu verweigem •), und sie mußte daher für denselben aus der Nothwendig» keil Anwendung finden, aus welcher jene Fiction des Eigen» thmns selbst nothwendig wurde. Jene Kation dauerte für die booae fidei possessio jedoch nur so lange, als kein stärkerer Be­ rechtigter dem bonae fidei possessor entgegentrat; also kann auch die actio PobliiiauH nur für diesen Zeitraum angestellt werden1"). Aus dem Bisherigen ergiebt sich, daß für die actio Publiciana im Einzelnen nichts Anderes gelten kön. ne, als was für die rei vindicatio gilt. Das heißt, weil der booae fidei possessor hier gegen schwächere Gegner als Eigenthümer auftritt, kann bei der actio Publiciana kein anderes Resultat gedacht werden, als bei der rei vindicatio. DieS gilt selbst für das größte Detail dieser Klage. Sie ist auf dieselbe juela causa traditionis gegründet, worauf der Eigenthümer sich gründet, um mit seiner m vindicatio durchzu. dringen, und der einzige Unterschied, der jedoch stets unemüttett bleibt, besteht darin, daß die angestellte Klage nur eine rei vin­ dicatio ist, wenn der Vorgänger Eigenthümer gewesen ist, wäh» 8) »»05510 gesprochen wurde, wo vom Eigenthum die Rede war. Schon nach der Anordnung de« edictum perpeiuum ist da« Sachenrecht der erste Abschnitt de« Pri­ vat. Recht«, und in den Digesten ist vom Eigenthum «der der rri viodicatio in Dig. VI, 1. gehandelt. Dann folgt unmittelbar Uig. VI, 2. da« Recht der bonae fidei possessio oder die actio Publiciana. Hierauf da« jus in agro vectigali big. VI, 3 , und endlich ist noch ausführlich von den Servituten die Rede, ,u. erst von den persbnlichen Dig. Itbr. VII. dann von den dingli­ chen Servituten Dig. lib. VIII.

H 2

116 Lungen aus die Sache gemacht haben.

Endlich rücksichtlich be$

Beweises ist hier alles ganz so, wie bei der rei vindicatio, für Len Fall nemlich, daß der Eigenthümer in Folge der nachge­ wiesenen

rechtmäßigen

Erwerbart

wird

durchdringen können.

Auf den Nachweis des rechtmäßigen Erwerbes kann es jedocb bei der actio Publiciana immer nur ankommen.

Der

Beweis

wird in beiden Fallen durch ganz dieselben Mittel geführt, durch Zeugen, Urkunden, Eid 12). Alles welches der

dieses ist eine nothwendige Folge bona*

deS Principes,

fidei possessio zum Grunde

liegt.

D-ß

eS sich wirklich so verhalte, muß nun im Einzelnen nachgewiesen werden.

Mes, was sich in den Quellen vorfindet, bestätigt daS

angegebene Resultat toren halten,

der

vollständig, jedoch

justinianeischen

wenn

sie

der

Rechtsbücher

Reihe

nach

für

konnten die es die

Compila-

völlig

überflüssig

actio

Pobliriana

das hätten wiederholen wollen, was bereits ausführlich genug für die rei vindicatio dargelegt war.

Ohne irgend Mißverständ­

nisse in der Sache herbeizuführen, konnten sie sich mit der allge­ meinen Bemerkung begnügen: %%omnia eaclem erunt in Publi9ßciana actione, quae et in rei vindicatione diarimus” 13).

12)

Mit Vergnügen erkenne ich das an, was Kritz in seiner Dar­

stellung practischer Materien deS Römischen Rechtes I. Bd. Ln Be­ treff der actio Publiciana dargelegt hat. Van praktischem Tact ge. leitet, ist er dem Sinn der vorhandenen Quellenzeugniffe um vieles näher gekommen, als so viele seiner Vorgänger. Er hat ti ver­ sucht , bit actio Publiciana der rei vindicatio gleich ZU stellen, und ist dabei davon ausgegangen, daß der Eigenthümer das dominitum auctoris nicht ZU beweisen brauche. Allein im Einzelnen findet

sich dennoch manches, was verworfen werden muß. Er entbehrt je­ doch jedes obersten Principes, ohne welcher wir im Einzelnen nicht feststehen können. 13) 1. 7. §. 6. D. de Public, in rem act. Diese Worte sollen nach der vorhandenen Jnscription sich schon bei Ulpian libr. XVI ad Edicium gefunden haben, und wir können der Sache nach daran kein gegründetes Bedenken finden, weil schon zu Ulpisn'S Zeit die aciiu Publiciana so

ausgebildet dastand, wie sie noch für das

117 6. 18. Nach dieser allgemeinen Erörterung über die Bedeutung dieser Klage kvmmen wir nun zu der wesentlichen Bedingung derselben. Die wesentliche Voraussetzung dieser Klage ist, daß man bouae ficlei possessor sei, oder was dasselbe sagt, daß man jnsto i tnlo die Sache überkommen habe, sich demnach für den Eigen» thümer halten könne. — In dieser Hinsicht hatte der Prätor Publicius in seinem Edict nur den Fall erwähnt, daß Man ex jnsia causa die Sache tradirt erhalten habe *). Die tra­ ditio überträgt Eigenthum, wenn ein Rechtsgeschäft, wodurch die Ueberttagung selbst erst eine rechtliche Bedeutung erlangt, voraus­ gegangen ist. Als solche justa causa praccedena werden beson­ ders Kauf2), Lausch *) und Schenkung *) erwähnt. justlnkantische Recht zur Anwendung kommt. (St konnte daher schon lUpton in seinem Kommentar ad cdictum perpeluum e- für überflüssig halten, da- für die actio Puhliciana im Einzelnen zu wiederholen, was bereit- ausführlich über die rei vindicatio von ihm angegeben war. Henschel jedoch im Archiv für civil Praxi23b. IX. S 325. hält diese Worte für eine emblema Tribonfani. Er sagt: „ sollte dieser Satz nicht eia emblema Tributnani verra„then? Die Allgemeinheit, womit er hingestellt ist, und da- fu,, turuui: crunt dürften sonst nicht leicht zu erklärendem. Am wenigsten steht damit 1. um C, de nud. jar« Quir» tollend, in Verbindung, wodurch der Unterschied zwischen dem ex jure Quiritium und dem in bonis aufgehoben wurde. Nachdem das in bonis zu dem alleinigen Eigenthum erhoben) worden war, gift für die­ se- die rei vindicatio, während dasselbe früher, wegen der stattflndenden Usucapion, nur durch die actio Puhliciana geschützt wurde. Da- in bonfs galt also ebenfalls als bouae fidei possessio, 1) „ Ait Praetor: si quis id, quod traditur ex justa causa a „non domino, et nondum usucaptum petet

judicium dabo$

1. 1. pr. D. de Public, in rem acl. Dergl. §, 4, J. de aclion. 2) Vom Äüuf, als der hier vorkommenden justa causa, ist die Rede in 1. 3. §. 1. D, de Public, in rem act, und §. 4. J, de aclion, 3) Dom Tausch spricht 1. 7. §. 5. D. de Public, in rem act. 4) Die bonae fidei possessio in Folge der Schenkung wird in

118 Allein die ratlo ging weiter, als worauf der Prätor in sei­ nem Edict Bezug genommen hatte. Man konnte ebenso noch auS anderen Gründen sich für den Eigenthümer halten, mithin bei seinem Besitze bona fide sein, ohne daß die traditio erfolgt war, indem selbst jede rechtmäßige EigenthumSüber. tragung ganz dasselbe bewirkte. Das Princip wurde durch Interpretation der Römischen Juristen consequent erweitert, und demnach kommen für die bomie sidei possessio so verschiedene justae caosae in Betracht, als es überhaupt derivative Eigen­ thumserwerbarten gibt 5). * * *Als solche werden ausgezeichnet die Bestellung bet dos 6), die solutio 7),* *die * noxae dediI» 7. f. 3. D. de Public, in rem act. g. 4. J. de action erwähnt. Son brr donatio unter Brautleuten, und der dadurch be­ gründeten actio Publiciana handelt I. 12. pr. D. de Public, act. 5) Dieser Gesichtspunkt wird ausgezeichnet in 1. 3. §. 21. D. de adqusr. et amittend. possess.: ,,Genera possessionum tot Sunt9 „quot et causae adquirendi ejus, quod nostrum non sit. . . . „Et in summa unum genus est possidendi ♦ species infinitae,** Darauf geht auch die Angabe: „cum satis multae sint Juris par,,tes 9 ex quibus dominium quis nancisceretur 1. 1. §. 2. D. de Public, act. Ebenso bestimmt erhellt dasselbe auS 1. 13. pr. I). de Puhl. act.: ,, (Juaecunque sunt justae cautae acquirendarum 99rerum9 si ex bis causis nacti res amiserimns, dabitur nobis, „ earum rerum persequendarum gratia baec actio.11 6) §. 4. J. de action. 1. 3. §. 21. D. de adquir. et anritt, poss. 1. 3. §. 1. U. de Public, act, 1, 12. pr. D. eod. Bekanntlich ge­ schieht die datio dotis, welche nur im Gegensatz der promissio und pullicitatio dotis gemeint sein kann, nicht bloß durch traditio, son­ dern auch durch accupiilatio, delrgatio, novatio u. s. w. Aber selbst nicht alle Falle, welche als dotis datio im Römischen Rechte

vorhanden sind, gehören hierher, so B. gehört nicht hierher die datio numinis, weil e- rüctsichtlich der bonae sidei possessio alsingirten Eigenthums nur darauf ankommt, daß wirkliche- Eigen­ thum hätte erworben werden können. Die Bestellung oder Consti­ tution der «los ist in allen Källen, wo eine Sache, ein Eigenthum auf ten Mann übertragen werden soll, einer wirklichen Uebertragung deL Eigenthum- gleich behandelt worden. Eben nur insofern ist eine lmnue si de# possessio der dem Manne zur dos übergebenen frehibtn Sache gedenkbar. Dabei darf aber nicht übersehen werden,

119 8), die adjudicatiq °), sowie bet booac fidei possesaor ebenso, als der wirkliche Eigenthümer, sich auch in einer communio be­ finden kann lü). Ebenfalls gehören dahin die Uiu aestimatio u), die missio in possesstonem damni infecti nomine9 sofern diese secundo dtereto geschah Der Erwerb auf dem tio

da- der Mann nicht wirklicher Eigenthümer der dos sei, sondern nur in Folge einer Fiction alt Eigenthümer in Betracht komme, nemlich in alten den Handlungen, welche er alt procuratorischer Administrator für die Frau vorzunehmen verpflichtet ist. Siehe mein Römisches Dotal,Recht Bd. I. Abschn. 2. 5. 31. Dadurch aber un­ terscheidet sich diese Uebertragung von allen sonstigen EigrnthumSübertragungen. 7) %>Vei solvendi cauja'y” 1, 4. D. de Public, act. Die bonae fidei possessio ist hier nicht bloß dann gedenkbar, wenn man eine bestimmte schuldige Sache durch solutio empfängt, sondern ebenfalls in Folge einer datio in soluium. In Betreff der Usucapion findet sich dieser Gegensatz in 1. 46. D. de usurp. et usucap,: „ Pro so», luto usucapit, qui rein debiti causa recipit: et non tantum ,, quod (lebecur 9 sed et Quodlibet pro debito solutum9 hoc ti„ lulo usucapi liebet." 8) l. 3. j. 21. D. de adquir, et amitt. poss. 1. 5. u. 6. D. de Public, act. Die noxae dediiio bezieht sich sowohl auf Sclaven, als auf Thiere. Don ersteren spricht 1. 6. D. de Public, act.

ausdrücklich. 9) ,,Sed et ii res adjudicata tit , Pnbliciana compctit;” 1. 7. pr. D. de Public, action. S. auch 1. 3. §. 1. D. eud.

10) Wie der wirkliche Eigenthümer, während er sich noch in der communio befindet, seinen ideellen Antheil mit der rci vindicatio bei einem dritten Innehaber verfolgen kann, eben so stellt der bunae fidei pussessor vermöge seines singirten Eigenthums als Miteigenthümer für seinen ideellen Antheil die actio Publiciana an. Darauf bezieht sich I. 12, §. 6. D. de Public, act.: „Si pro 99 partfl yuit rein peiere vulc y Publiciana actione uti polest.*'

11)

Die litis aestiiuaiio wird zugleich mit einem Kaufgeschäft vergli­ chen: ,, Si lis fuerit aestimata , similis est vcnditiuni: et ait Ju-

„lianus libro vicesimo Secunde Digestorom, si obtulit reus aesti», mationeiu litis, Poblicianam competere; 1, 7. $. 1. D. de Pu­ blic. actiuu. 12) 1. 15. tz. 16. D« de damu infect. 1. 18. §. 15. D. eod. 1. 3. §. 23. D. de adquir. et »mittend, poss. Die missio ex priuio

120 W«ge der Accession 13) so rote jede sonstige EigenthumSüberlragung u) begründen dieselbe bonae fidei possessio. Es ge­ hören ebenso hierher die Erwerbarten, welche von Todes »egen gedacht roerdru können, der Erwerb der Erbschaft, sei eS als heres 1S), oder bonorum possessor 16), der Erwerb des Legats decrcto überträgt nie Eigenthum, ober boote fidei possessio< Eben sowenig die missio rei servandae causa oder ventris nomine, wo­ durch auf gleiche Weise nur die custodia eingeräumt wird. Deswe­

gen muß eS höchst seltsam erscheinen, wenn dennoch der Jurist Quintut Muciu S hier Besitz behauptet hat, waS aber Pau­ lus als etwas höchst Ungereimtes beseitigt; I. 3. §. 23. D. de adquir. vel amittend, poss.

13)

Bon der partus andllae, als Gegenstand der actio Publiciana, handelt 1. 12. }. 3. D. de Public, act. Ebenfalls ist davon die Rede in J. 11. Z 2 — 5. D. eud. In Rücksicht der partus kommt es nur darauf an, daß sie bona fide besessen wird, waS pemlich auch gedenkbar ist bei einer ancilla furtiva. Rur soll man

in dem Augenblick der anzustellenden Klage nicht wissen, daß die Mutter eine ancilla furtiva sei. Dasselbe gilt von der partus par­ tus, auch wenn bat Kind bet SclavenkindeS nicht wirklich geboren, sondern nach dem Tode der Mutter ausgeschnitten wird, findet die actio Pubüciana statt. Die partus ancillae wird in den hierher gehörigen Rechtsquellen besonders erwähnt. WaS von dieser gesagt ist, muß ebenfalls von den sonstigen Gegenständen der Accession gel­ ten. Von Accessionen bei Häusern spricht 1. 11. $. 6. D. de Pu­ blic. act.: „ Idem ait, aedibus emtis, si fuerint dirufae, ea, quae „aedificio accesserunt, hujusmodi actione pelenda.” Don der A lluvion bei Grundstücken und davon, daß bat durch Alluvion dem Grundstücke Hinzugekommene alt Accession in Betracht komme, demnach ein Gegenstand der actio Publiciana sei, wenn et die Hauptsache selbst ist, handelt überbtet I. 17. H. 7. D. de Public* act. Dieselbe Klage muß auch für die von der Hauptsache gewon­ nene Frucht in Betracht kommen, hier entscheidet dieselbe Eigentbumtertoer&art; nemlich die Actession. 14) Wer aus einem sonstigen Grunde Eigenthümer zu sein glaubt, der besitzt und usucapirt unter dem titulus pro suo\ 1, 3. §. 21. D. de adquir. et amittend. poss. Dig, XLI, 10.: pjo suq9 15) „ Haec actio et heredi . . . competit; ’* I. 7. $. 9» D. de Public, act. Der bonae fidei possessor besitzt pro herede9 indem

121 Ober Kibricommlssrs 17 ), unb bet mortis causa dona­ tio 18). In alle» diesen Fällen kann, wie bet Erwerb beS Eigenthum-, so der Erwerb der booae fidei possessio auch auf eine mittelbare Weise geschehen i0). Ueberall kommt es hier wesentlich darauf an, daß man sich mit Grund für den Eigenthümer halte, weshalb eben bei bet Übertragung das Rechtsgeschäft selbst vorkommen muß *°). Im Uebn'gen wird gar nicht auf die Zeit gesehen, welche hindurch er behauptet heres zu sein; 1. 3. §. 21. D. de adquir. et »mittend. poss. 16) „Haec actio • • , et in honorariis suecessoribms competitj1* 7. §. 9. D. de Public, act. Der booae fidei possessor behaup­ tet bonorum possessor zu sein, als welcher er auftritt. Er be­ sitzt pro possessore. — Auch derjenige, welcher nach dem SCtum Trebellianum die Erbschaft erlangt, der heres ßdeicommissarius

erwirbt durch die Restitution der Erbschaft Eigenthum, oder eine Beides wird erworben durch die bloße Er­ klärung des Erben, daß die Erbschaft restituirt feto solle, mithin ohne Übertragung des Besitze- der einzelnen in der Erbschaft ent­ haltenen Gegenstände. Demnach wird die actio Publiciana hier an­ gestellt werden, ohne daß die bestimmte Sache fqctisch übergeben ist. Darauf geht l. 12. §. 1. D. de Public, act.: „/,» cui ex bonae fidei possessio.

„ Trebelliano hereditär restituta est9 etiamsi non fuerit nanctus ,, possessionem uti potest Publiciana.” Es macht keinen Unter­

schied, ob in Folge der Disposition die Erbschaft ganz, oder nur zum Theil restituirt werden soll. 17 ) S. in 1. 1. §. 2. D. de Public, act. die Worte: »,utputa le„gatumDer Legatar besitzt al- bonae fidei possessor pro le­ gato $ 1. 3. §. 21. D. de adquir. et amitl. possess., vergl. §. 4. J. de action. Dasselbe gilt vom Fideicommiß. 18) „ Vel mortis causa donatione* factae: nam amissa (posses„sione competit Publiciana, quia ad exemplum legato rum ca,,piuntur; 1. 2. D. de Publ. act.

19) Nemtich durch Repräsentanten. Don den Stellvertretern beim Erwerbe des Besitzes wird erst unten bei dem Erwerb des Besitzeüberhaupt gesprochen werden. 20) Ein bloßer Glaube ohne Grund genügt somit hier nicht. Diescheint es zu sein, wa- Ulpian in I. 27. D. de usurpat. et usucop gegen die Meinung der ander- Deutenden behauptet.

m man sich im Besitz der Sache befunden hat. Deshalb ist derje­ nige nicht weniger zur Anstellung dieser Klage berechtigt, der auch nur einen Augenblick im Besitz der Sache war 21), wie man die rei viudivatio anstellen kann ohne Rücksicht auf die Zeit, welche man Eigenthümer gewesen ist. Dieselbe bona fides, der Glaube, daß man Eigenthümer geworden sei, ist jedoch nicht bloß in Folge eines tUulus justus, sondern ebenso in Folge eines titulus putaüvus vorhanden Ein titulus putativiis ist begründet, wenn die rechtmäßige Uebertragung nicht wirklich vorgekommen ist, während man sich rück­ sichtlich derselben dennoch boua fide befindet. Dahin gehört der Hall, wenn man nicht «veiß, daß der Uebertragende miuor sei, mithin nicht rechtlich übertragen könne Ferner: wenn man die Sache von einem Wahnsinnigen erlangt, den man aus Gründen für vernünftig halt "). 21) ,, Sed etiam is t qui momento possedit, recte bac actione ex„perietur 1. 12. §. 7. D. de Public, act. 22) Im allgemeinen wird darauf Bezug genommen mit den Dorten: sive vera causa sit, sive Jaisa; in 1. 5. D. de Public, act. 23) I. 7. §. 4. I). de Public, act.: ,, Si a iniuore ejuis emerief „ignorans eum minorem esse , habet Vublicianam. ” Noch ge­ nauer in Rücklicht der ignorantia wird die Sache bestimmt in 1. Id. $. 2. D. hoc tit. Der Käufer muß beweisen, daß er tulurr auctore auf eine gehörige Weise die Sache von dem Pupillen gekauft habe. Er stützt seine bona mirs auf einen titulus putativus, wenn der tutnr, welcher seine Äucrorität intcrpoimt har, ihn ats takus tutor hinterging. ,, (jui a puptllo emit, pmbare Hebet, tuloie ytauclnrr , kge non probibente, se emisse. Sed et si deceptus txfaliO rurore auctore emerit, bona Jxde emisse videtur

24) Ganz bestimmt findet sich die Sache in 1. 7. §. 2. D. de Publ. act. ausgesprochen : Marcellus libro septirou decimo Digestprum M scnlnl: turn, qui a Jurioao, ignorans cum fureret emitf posse yyUSucjpereergo et l^uhlicianatn habebit." Auch in dieser

Stelle bemerkt Ulpian, daß die actio Vubliciana Anwendung finde, weil die Usucapion statt hat, obgleich die Regeln der Usucapioti von den Regeln, welche für.da» Recht de- Besitzet entscheiden, völlig unabhängig sind. Dennoch können wir die Anwendung der auiu Publiciaoa für den hier bezeichneten Fall keirieöwegee bedenk.



123

Jene bona fides, worauf eS hier ankommt, muß zu An­ fang des Besitzes vorhanden fein. Beim Kauf, wo daS Eigen­ thum erst durch Tradition, nicht also schon im Augenblick deS abgeschlossenen Eontractes übergeht, kann die bonae fidel possessio immer erst nach der Tradition existiren. Sie wird daher in beiden Momenten erfordert M), es kommt dabei ebenst auf die Bezahlung des preUum an, sofern nicht Credit gegeben ist. Ohne die Concurrenz aller jener Umstände kann nicht Eigenthum erworben, demnach auch nicht der gute Glaube, daß man Eigenthümer geworden sei, gedacht werden 26). Anderseits muß jene hier erforderliche bona fidee in dem Augenblick vorhanden sein, wo die actio Publiciana ange­ stellt werden soll. Eben nur unter dieser Voraussetzung ist lich halten. Aber dar Gegentheil, die Nichtanwendung der actio Publiciana, behauptet JXaulul, während er die Usucapion für zu­ lässig erklärt. ,, Si a furioso, quem putem sanae mentis , eme%%*oi constitit usucapere me utilitatis causa posse, quamvis nul„1a esset emtio, et ideu nequc de evictione actio nascitur mibi, „nec Publiciana competit, ncc accessio possessionis; ’’ 1. 2. $. 16. D. pro emtor. 25) 1. 7. §. 14. D. de Public, act.: „ Ul igitur Publiciana actio „competat, baec debent concurrere: ut et bona fide quis eme$,ritt et ei res emta eo nomine sit tradita. — 1. 7. §. 17. D. eod.: „Julianus libro septimo Digeslomm scripsit. traditionem „rei emtae Oportere bona Jide Jieri: ideoque si sciens alienam $t possessionem apprehendit , Publiciana cum experiri non ,,poise, quia usucapere non potent.’* Bergt, auch I. 44. §. 2. D. de usurpat. et usucap. 26) Die-, wa- für die rei vindicatio gewiß ist (1. 2. §. 1. D. de conlrah, eint. — §. 41. J. de rer. divis.), MUß nothwendig ebenso für die actio Publiciana angenommen werden. Singulair muß es daher genannt werden, wenn Ga jus die Conjectur aufstellt, auf die Zahlung des prrtium scheine e- nicht ovjukommen, weil der Prätor Ln seinem Edict davon nicht- bemerkt habe» Siehe darüber 1. 8. D. de Pub), act. Davon ist schon oben die Rede gewesen. Au-drücklich dagegen ist für die actio Publiciana die solutio pretii erwähnt in 1. 4. $. 32. D. de doli mal. et mei. escrpt. Bergt. 1. 72. D. de rei vmd.

124 Pas Fundament, der Klage, die Behauptung, daß man Eigen­ thümer der Sache sei, rechtlich begründet. Ohne dieß samt man nicht mehr behaupten, Eigenthümer der Sache geworden zu sein, nicht die Eigenthumsklage, als welche die actio Publiciaua in Betracht kommt, anstellen wollen. Jede mala fides superveniens also, wie sie das Recht der bonne fidei possessio aufhebt, ebenso hindert sie die Anstellung der durch diese be­ gründeten Klage 21). Dieses bezieht sich nicht bloß auf die Hauptsache, sondern ebenso aus die Nebensache 2S). 27) Dieser Satz ist in I. 7. §. 17. D, de Public, act., einer Stelle des Ulpian ganz bestimmt und deutlich enthalten: quisquam 9yputetf hoo nos existimare , sufsicero initio traditionis, igno99rass0 rem alienam, uti quis possit Publiciana expcrlri: sed „oportere et tnnc bona Jide emtorem esse.*' Dasselbe entscheidet in Betreff des Fruchtgenusse- des bopae fidei possessor. Derselbe erwirbt nicht mehr die Frucht, sobald ec ansängt mala fide -u sein. Siehe oben §. 12. Es kommt hierbei nur auf die bona fides deEmpfängers an, I. 7. §. 15. 1). hoc tu. Der dolus de- Uedertrageuden schadet dem Empfänger nicht, I. 7. §. 11. D. eod. Bei einem Erwerb durch einen Repräsentanten kommt eS auf die bona fides desselben, nicht auf die bona fides dessen an, für welchen er­ worben wird. „ Srd eiiini si servus meus emit, dolus ejus erit ,, spectandus, non iucus : \el contra”; J. 7. §. 13. D* de Pu­ blic. acL WaS hier von dem Sclaven gesagt wird, gilt unstreitig ebenso von den sonstigen €tcUcmmern beim Erwerbe de- Besitzes. DaS Gegentheil, nemlich daß e6 bei Anstellung der actio Pu­ bliciana nicht auf die buna fides im Augenblick der Klage ankom­

me, hat man aus einer anderen Stelle entlehnen wollen. Sie ist ebenfalls von Ulpian, und hat in demselben Werke jene- Verfas­ sers, selbst an einem nicht entfernten Orte, Platz gefunden. Ul,* pian erwähnt dabei die Meinung des PomponiuS, der in der Sache eine entgegengesetzte Ansicht vertheidigt zu haben scheint, denn es läßt sich kaum denken, daß derselbe Verfasser die grade entge­ gengesetzte Meinung ebenfalls für richtig anerkannt haben sollte. 1. 7. § 14. 1). de Publ. act.: „Publiciana tempus umtionis con„tinet, et ideo neque quod ante emtionem, neque quod pvstca „dolo malo factum, in bac actione deduci Poinponiu videlur. ’*

28) In Betreff der partus ancillae findet sich Obige- in 1. 11. §. 3. I). de Public, act. ES wird ausdrücklich erwähnt, daß die partus

125 Eine Ausnahme von dieser Regel findet sich in Rücksicht des Erben. Der Erbe als eine Person-mit dem Erblasser soll wegen /eines Besitzes keinm anderen Glauben haben fön» nen, als welchen der Erblasser hatte. War also der Erblasser hon» fide, so besitzt der Erbe bona fide, selbst wenn er weiß, daß die Sache eine ftemde sei. Im umgekehrten Falle, wenn der Erblasser mala fide war, besitzt der Erbe mala fide, wenn er auch selbst glaubt, daß er Eigmthümer der Sache sei. Es wird in einer hierher gehörigen Stelle ausdrücklich angegeben, daß in Rücksicht der hier anzustellenden actio PubHciana es nur auf die bona fides des Erblassers ankomme M). Mein in Rücksicht dieses Punktes konnten auch die Meinungen der Römischm Ju» risten sehr wohl getheilt gewesen sein, da die Sache nur in einer einzigen Stelle des justinianeischen Rechtes erwähnt wird. Dies ist um so mehr anzunehmen, als über die Regel selbst nicht Alle einverstanden gewesen zu sein scheinen 3U). Mußte doch nach der richtigeren Ansicht, in Folge des hier zum Grunde liegenden Principes, die actio PubHciana dem Erblasser entzogen werden, ancillae furtivae, wenn sie nemlich bei einem bonae fidci posscssor coucipirt und geboren wird,

mit der actio Publiciana in Anspruch

genommen werde, ober nur, wenn man noch zur Zeit der anzustellenden Klage nicht weiß,

daß

die ancilla eine furtiva sei.

Durch

das Wissen, daß die Mutter eine ancilla iurtiva sei, entsteht nothwen­ dig auch die mala lides in Betreff der Recession.

Qi kann nemlich

die pari ns, welche durch die Sclavin erzeugt ist, nicht dem Inne­ haber gehören, wenn die Sclavin selbst Berechtigung sein kann.

nicht ein Gegenstand seiner

„Inlerdura tarnen, licet furtiva mater

„distracta non sit, sed donata ignoranti mihi, et apud me con„ ceperit et pepereril, competit mihi in partu Publiciana, ui Julia,, nus ait: si modo eO temporey quo cxperiai, Jurtivam matrem „ignorem, ’’ Qi ist auch diese Stelle von U lp i an und aus demselben Buche ad Edictum entlehnt. 29)

Dergl. 1. 7. §. 4« in sin. J). hoc nt.

Gs heißt: „In hac actione non oberit mihi, si successor sum,

„et dolo feci, cum is, in cujus Jocum successi, bona fide enxis„set: nec proderit, si dolo carreo, et emtor, cui successi, dolo „ fecisset|1. 8. §. 12. D. de Public, in rem acl. 30)

Nemlich nach 1. 7. §. 14. D. de Public, act.

126 wenn er hinterher tinsah, daß ihm die Sache nicht gehören könne, warum sollte eine hinterherige mala fides des Erben gänz­ lich ausgeschlossen sein? Es mußte, was grade bei Anstellung der actio Publiciaoa das Wichtigste ist, die Behauptung auf Seiten des Erben wegfallen, daß er wirklicher Eigenthümer sei, es mithin an dem Fundament jener Klage fehlen 31). Anstellen konnte man hier die actio Pobliviana wohl, aber nicht mit dem sonstigen Erfolge, wenn die dabei concurrirende mala fides ent31) Die Einheit der Person, welche zwischen dem Erblasser und Er­ ben vorkommt, macht jedoch einige Schwierigkeit für die Anwen­ dung unsere- Principe-. Genau genommen mußte der Erbe, wenn er sich bona fide befindet, al- bonae fidei possessor rechtlich be­ handelt werden; allein sofern er eine Person mit dem Erblasser ausmacht, ist die- nicht gedenkbar, weil man nicht in eigner Per­ son di« mala fides in eine bona fides umwandeln kann, mit ande­ ren Worten: da- anfängliche Wissen, daß die Sache eine fremde sei, kann nicht in der späteren Zeit aufhören. Eben deshalb ist hier die Usucapion ausgeschlossen, eben so das Recht der bonae fidei possessio, deshalb wird auch kein Fruchterwerb auf Seiten des Erben stattfinden können, auch die Anstellung der actio Publiciaoa unzulLsfig sein. Rücksichtlich der mala fides de- Erben dagegen scheint man bei einer richtigen Interpretation da- Gegentheil annehmen zu müssen, annehmen zu müssen, daß die bonae fidei possessio de- Erblasser­ in eine malae fidei possessio umgeändert werden könne. Wie uemlich überhaupt eine mala fides superveniens bei demselben 3nnehaber der Sache rechtlich gedacht werden kann, eben so muß sie für den Erben gedenkbar sein, auch wenn er mit dem Erblasser alcine Person gedacht werden soll. Wie die mala fides superveniens nur dem Recht der bonae fidei possessio, nicht der Usucapion stö­ rend entgegentritt, so muß hier behauptet werden, daß die Usuca. pion fortgesetzt werde, wenn der Erbe seinerseit- mala fide sein sollte. Da- Recht der bonae fidei possessio wird durch hinterhe» rige mala fides aufgehoben, also muß der Erbe, wenn er anfängt mala fide zu besitzen, nicht diejenigen Rechte au-üben können, wozu der bonae fidei possessor al- Eigenthümer berechtigt ist. Bloße Anwendungen davon sind, da- er nicht mehr die Früchte gewinnt, bei entzogener Sache nicht die actio Publiciaoa anstelle» kann.

127 deckt wurde, weil nrmlich der Prätor niemals jenen Schutz ebenso auf den rnalae fidei possessor erstreckt hat. Eine nicht unwichtige Frage ist die, ob jener Schutz der

actio

Publiviana auch bei

denjenigen

Gegenständen

stattfinde,

welche durch ein positives Verbot der Usucapion ent­ zogen sind.

Auch diese können von dritten Jnnehabern bona

fide besessen werden.

Die Frucht dieser Gegenstände gehört dem

bonae lidei possessor,

wie bereits früher

nachgewiesen ist 3,)e

Der Jnnehaber ist in dem Glauben, daß er Eigenthümer der Sache sei. muß demnach konsequent die actio Publiciaoa anstellen können.

Dennoch finden sich über diesen Punkt zwei Angaben

von verschiedenen Verfassern, welche das grade Gegentheil ent­ halten 33).

In der einen

Stelle

wird al-

Grund

angege­

ben, der Prätor gewähre hier nicht den sonstigen Schutz, damit licht etwas gegen bestimmte Gesetze geschehe (ae contra legea

!

aciat) 34).

ganz

Dieser Grund ist höchst abwegig, wenn er auch sonst

allgemeine Bedeutung

haupten zu müssen,

hat.

und

ich glaube

daher be­

daß eine unrichtige Ansicht von Römischen

Juristen vertheidigt worden ist.

Wie nemlich diese Annahme

mit sonstigen Anwendungen der bonae fidei possessio völlig im

32)

Siehe oben § 12.

33) Die eine der hier Bezug habenden Stellen ist von lllpian, di« andere von Paulus. Ulpian zunächst spricht sich so aus . ,, Haec actio in bis, quae usutapi non potsunt, pota forlivis ,-l „in »ervo sugitivo, lucum non habet; '* blic. acl.

I. 9. §. 5. D. de Pu­

Paulus mit folgenden Worten: „Si res talis sie, ut

,, eam lex aut constitutio alienan p, obil-eal, ro casu Publiciaoa „ non competitI. 12. §. 4

D. de Public, act. — Sind die Jnnehaber mit der Beschaffenheit der besessenen Sache bekannt, so leidet die Sache kein Bedenken. Allein dieser Fall wird hier nicht vorausgesetzt, indem nur davon die Rede ist, daß jene Objecte sich in der Hand eines bonae fidei ponessor befinden, nemlich eines solchen, der mit jenem Zustand der Sache nicht bekannt ist.

34) In I. 12. §. 4. 11. de Public, act. finden sich nemlich die Worte: ., quitt in hit casibui neminem Praetor tuetur, ne euv,, ha leget Jaciat."

128 Widerspruch steht, so ist sie zugleich durchaus unstatthaft, «eil die bonae fidei possessio, so lange sie als solche be­ steht, praktisch von einem wirklichen Rechte nicht unterschieden werden kann. ES darf somit der angegebene Grund, so richtig er auch sonst ist, hier am wenigsten entscheiden, und wenn zwar der Prator bei Einführung der actio Publiciana auf die Usucapion Bezug genommen hat, so sind doch die Regeln des Rechtes der Lumte liilui possessio, wie dieses durchweg sichtbar ist, von den Regeln der Usucapion völlig unabhängig. Am we­ nigsten kann eine einmalige irrige Entscheidung der Römischen Juristen irre leiten, da dieselben ebenso an anderen Orten, wo eS sich um die richtige Anwendung des obersten Principes han­ delt, mit einander in graben Widerspruch gerathen. Wie in Rücksicht der Hauptsache, so scheint Ulp ia n auch für die Nebensache das Richtige verfehlt zu haben, indem die Grund­ sätze der Usucapion offenbar mit den Grundsätzen jenes Rechtes der bonae fidei possessio verwechselt worden sind. Die partus anrillae fnrtivae, wenn sie bei dem bonae Jidci emtor concipirt ist, soll mit der actio Fubliciaua verfolgt werden, auch wenn sie von dem bonae fidei possessor selbst nicht besessen, also erst bei einem dritten Innehab» geboren würd» JS). Nicht so soll der Erbe 35) Also, müssen wir annehmen, nicht auch schon dann, wenn sie ohnehin nur bei dem bonae fidei possessor geboren wirb. „ Par„ tu« anciljae fnrtivae, qui apud bonae fidei emtorem concepius „est, per banc actionem petendus est, etiamai ab eo, qui emil, „possessus non est;” I. 11. §, 2. D. de Public, act. Daß hier bei Anstellung der actio Publiciana im Einzelnen nur gefragt wür­ be, ob di« Usucapion zulässig sei, darüber siehe 1. 11, §. 4, D. de Public, act.: „Idem Julianus generaliter dicit, ex qua causa roa,, trem usucapere jmssem, st 1‘urtiva non esset, ex ea causa par„tum me usucapere, si furtivam esse malrem ignorem. Ev

,,omnibut igitur casibus Vublicianam habeboDie Conception der partus bei dem bonae fidei possessor wird außer der Gehurt auch in I. 7- §. 3. D. de Public, act. als Bedingung autgezctchnet« um dir actio Publiciana zur Verfolgung der partus anstellen zu können.

129 des Diebe-, ungeachtet er sich bona fidc befindet, diese Klage wegen der partus anstellen können 3C). Machten doch die Römischen Juristen den Grundsatz gel­ tend, daß der bonae fidei possessor der gestohlenen Sache die Früchte erwerbe (fructus suos faccrc) 37). Es mußte dieses ge­ schehen, weil der Innehaber sich für den Eigenthümer hält, und als Eigenthümer rechtlich behandelt wird, obgleich auch hierüber seltsam genug Streit war. Der Fruchterwerb setzt eine bonae fidei possessio voraus, indem das Recht der bonae fidei possessio durch den guten Glauben, daß man Eigenthümer sei, bedingt ist; und eben zum Schutz dieses Rechtes gilt als Eigenthumsklage die actio Publiciaoa 3ti). Düs Recht der bonae fidei possessio und 36) ,,Sed heres furis Lanc actionem non habet: qoia vitiorum „ defuncti successor est I. 7. §. 2, in sin. D. de Public, act. Diese- war nothwendig in Folge der Einheit der Person,

welche zwischen Erben und Erblasser vorhanden ist. Allein wie soll der Erbe de- Diebes, der al- solcher sich bona fidc befindet, in Erfahrung bringen, daß sein Erblasser die Sache gestohlen HabeSicher wird demnach der Erbe des Diebe- die actio Publiciaoa an­ stellen, weil er sich für den Eigenthümer hält, und von dem Diebstahl des Erblasser- keine Wissenschaft haben kann. Freilich wird der Nsucapion au- diesem Grunde ein Hinderniß entgegenstei hen, wie in Rücksicht der ancilla, so in Rücksicht der partus, 37) Vergl., wa- darüber oben im §. 12. angegeben ist. Der bonae fidei possessor erwirbt alle und jede Frucht, welche bei ihm von der gestohlenen Sache gewonnen wird, auch wenn die Frucht schon bei dem Diebe vorhanden war. 38) Don der Behauptung bei dieser Klage, daß m an Sigenthünrer sei, worauf der Eid gerichtet werden muß, so oft durch Eid der fragliche Beweis zu führen ist, spricht I. 7. §. 7. D. de Public, act. : ,, Si petcnti mihi rem jusjurandum detnleris, egoque ,,juravero, rem meam esse 9 competit Publiciana mihi.” Es ist

hier nemlich von dem Eide die Rede, welchen der Beklagte dem Kläger zurückschiebt. Der Kläger muß, tun mit der actio Pu­ bliciana durchzudringen, schwören , daß er Eigenthümer sei. Die Bezeichnung rem meam esse kann auch hier in keinem anderen Sinn, al- in dem gewöhnlichen verstanden werden, v. tiaerfuim Reel l.

5

130

die Regeln der Ufutopion sind dabei im Einzelnen von einander völlig unabhängig. §. 19.

Wer Kläger und wer Beklagter bei der actio Pebliciaua sei, läßt sich jetzt sehr leicht beantworten. Kläger ist derjenige, welcher sich für den Eigenthümer halten muß, weil er die Sache in Folge einer rechtmäßigen Er­ werbart erlangt hat, der aber dennoch nicht Eigenthümer gewor­ den sein kann, weil der Borgänger nicht Eigenthümer war. Die Wissenschaft nemlich, daß der Vorgänger nicht Eigenthümer ist, kann man nur ausnahmsweise erlangt haben, sie enthält die Kenntniß eine- factum alicnum, welche von Niemandem recht­ lich verlangt werden kann. Eben deshalb klagt der booae fidei poseessor als Eigenthümer. Daß er nur bonae fidei posecssor sei, bleibt für ihn unermittelt, es darf nicht ermit­ telt werden, wenn überhaupt die actio Publitiaua ein recht­ liche- Resultat erlangen soll. Als Klager kommt aber nicht bloß der in Betracht, welcher die entzogene Sache ganz zurück­ fordert *), sondern ebenso derjenige, welcher nur einen aliquo­ ten Theil derselben in Anspruch nimmt *), wie dieses bei der rei vindicatio nicht anders der Fall ist. Völlig stund ist jedoch dem Römischen Rechte die Behauptung, daß auch der 1) Dies wird jedoch ol» der gewöhnlich« Fall angesehen werden müssen. 2) », Si pro parte tjuis rrm petere vultt Publiciana actione uti „polest;•' 1. 12. §. 6. D. de Public« act. E< ist dabei Qlt den eben nicht seltenen Fall zu denken, wo der bonae fidei pos­ sessiv mit mehreren zugleich berechtigt ist. Wie e» nemlich ein condominium gibt, ganz in demselben Sinne gibt es eine compotsessio. Die mehreren bonae fidei possessores behaupten Miteigcn-

thümer zu sein. Jeder ist hier ebenfalls auf das Ganze berechtigt, und dieses Recht des Einzelnen ist nur nach einem ideellen Antheil vorhanden. Deshalb müssen alle vereint klagen, um die Sache von dem dritten Besitzer zurück zu erhalten.

131 wirkliche Eigenthümer die netto Pobliciana anstellen könne, wenn er nicht den Nachweis des dominium auctoris zu führen int Stande sei 3). Beklagter anderseits ist derjenige, welcher sich im Besitz der Sache befindet, wie bei der rei vindicatio. Der Kläger muß den Besitz wider seinen Willen verloren haben; wenn Justinian sagt, daß dies casu 4) geschehen sein müsse, kann es keine» ande»

3)

Die actio Publiciana ist ursprünglich nur für den gegeben,

der

Eigenthümer zu sein behauptet. Mein wie die rei vindicatio spä­ terhin analog angewandt wurde, so ist nach derselben Analogie die actio Publiciana für den bonae fidei Besitz bei den sonstigen dinglichen Rechten znr Anwendung gebracht worden. ES ist aber in diesen Fällen die actio Publiciana nicht identisch mit der rei vindicatio, sondern mit den Schutzmitteln jener anderen dinglichen Rechte. Der emphyteuta hat demnach bei seiner bonae fidei pos­ sessio die actio Publiciana utilis; 1« 12. §. 2. D. de Public, act. Von ihm wird zudem -die rei vindicatio utilis angestellt, vermöge des Umfanges seiner Berechtigung, durch welche er fast durchweg in seinen Befugnissen dem wirklichen Eigenthümer gleichgestellt ist. Ebenso stellt der superficiar die actio Publiciana utilis an; 1. 12. $. 1. D. de Public, act. Ferner der Servitutberechtigte, wenn er sich nur bona fide in seiner Berechtigung befindet, wo er als wirklicher Berechtigter behandelt wird; 1. 11. §. 1. D. de Public, act. In diesem Fall bleibt es nemlich praktisch ungewiß, -b er nicht die actio confessoria angestellt habe. — Für den Pfand­ berechtigten, der sich bona fide in seiner Berechtigung befindet, muß in der Sache dasselbe gelten. Auch er wird in jenem Zu­ stande gleich dem wirklichen Berechtigten geschützt. Allein die hier stattfindende Klage heißt nicht actio Publiciana utilis, son­ dern actio Serviana; 1. 18. D. de pignor. et hypoth. Es fin­ det somit hier auch formell ganz dieselbe Klage Anwendung, welche zum Schutz der wirklichen Pfandberechtigung gegeben ist. 4) ES heißt nemlich in §. 4. J. de actinn., daß die actio Publi­ ciana von dem bonae fidei posscssor angestellt werde, si ejut rei postessionem casu amiserit.

3 2

132 ren Sinn haben, als jenen, weil in dieser Hinsicht ganz dasselbe gilt, was für die rei vindicatio s). Der Beklagte also muß sich im Besitz der Sache be­ finden; allein es kommen für ihn noch folgende Erfordernisse in Betracht, er muß zugleich das Eigenthum des Klägers bestrei­ ten, und kein stärkeres Recht für sich in Anspruch nehmen, als der Kläger durch seinen rechtmäßigen Erwerb der Sache nachzuweisen im Stande ist. Gleichgültig im Uebrigcn ist es, ob der Beklagte die Sache ganz, oder nur zu einem aliquoten Theil besitze, so daß auch hier dasselbe gilt, was für die rei vindicatio *’).

Der Beklagte kann ferner ebenso, wie bei der rei vindi­ catio, nicht bloß malae, sondern auch bonae fidei possessor sein 7). 5 6 Als malae fidei posscssor bestreitet der Beklagte das Eigenthum, wenn er gar keinen rechtlichen Grund seines Besitzes anzugeben vermag. Als bonae fidei possessor dage­ gen kann der Beklagte nur dann daS Liecht des Klagers be­ streiten, wenn er selbst in Folge eines rechtlichen Erwerbes Eigenthümer zu sein behauptet. Gegen ersteren wird der Kläger jedenfalls geschützt sein, gegen letzteren nur unter der Voraus­ setzung, daß der Beklagte ein schlechteres Recht habe 8). Unter dieser Voraussetzung wird auf gleiche Weise der wirkliche 5) SDit heimliche Entwendung der Sach« von Seiten der Beklagten schließt die Anwendung der actio Publiciana nicht au-. Aber durch dieselbe sind außerdem die Klagen det Diebstahl-, die actio furii lind condictio furti\a, begründet, wenn diese heimliche Entwen­ dung zugleich in der Absicht des Gewinne- vorgenommen wird. Dasselbe ist für die rei vindicatio nach dm vorhandenen Quellen­ zeugnissen unzweifelhaft. 6) Zn Betreff der rei vindicatio vergl. 1. 8. D. de rei vindicat. 1, 76. pr. und §. 1. D. eod. C- ist im Uebrigen auch dieser Punkt ganz nach den sonstigen allgemeinen Grundsätzen zu beurtheilen. 7) Siehe 1. 9. §. 4. D. de Public, acl. 1. 31. §. 2. D. de act. eint. vend. Bergt. 1. 4. §. 32. D. de dol. mal. ct met. except. 1. 28. D. de noxal. act.

Da- schlechtere Recht de- honae fidei po.Mp^.r im Verhältniß

133 Eigenthümer mit der rei vindicatio durchdringen, wenn er nur zur Begründung seiner Behauptung die rechtmäßige Er­ werbart nachweist. Auch kann der Beklagte nicht bloß verus, sondem selbst ßctus posscssor sein, ganz so, wie es für die rei vindicatio in Betracht kommt. Ficius posscssor ist hier ebenfalls, welcher dolo malo desiit possidere, und welcher liti se oblulit. Beide sollen als Besitzer, demnach als Beklagte in Betracht kommen, ungeachtet sie nicht wirklich besitzen; gegen beide wird daher der­ selbe Anspruch geltend gemacht, welcher gegen den wirklichen Besitzer begründet ist. Ersterer soll als wirklicher Besitzer rechte lich behandelt werden, weil Niemand durch seinen dolus Vortheile erlangen darf 9), letzterer wegen seiner Verwegenheit, mit welcher er sich auf den Prozeß eingelassen hat. zu einem anderen bonae fidel posjessor wird in den Quellen auf folgende Weise bestimmt. Wenn zwei Individuen bona tide die Sache von einem non dominus erhalten haben, so hat der­ jenige den Vorzug, welchem zuerst die Sache tradirt worden ist. Dagegen wenn verschiedene Individuen von verschiedenen nun dominis die Sache erworben haben, hat derjenige ein 'Vorrecht, welcher sich im Besitz befindet. Gegen Letzteren wird daher die actio Publiciana nicht mir Erfolg angestellt werden können. ,,Si duobus 9,quis sepaiatim vendiderit bona fide ementibus, videainus, quis „ magis Publiciana uti pussit: utriim is, cui priori res tradita ,, est9 an is, qui tanturn einit. Et Julianus libro septiino Di9> geslorurn scripsit: ut si quidem ab eodem non domino eine)%rint, potior sit9 cui priori res tradita est: quod si a diversis „non dotninis, melior causa sit possidentis, quum pettntis: „quae sententta vera est;” I, 9, §. 4. D. de Public, act. 1. 31. §. 2. D. de act. emt. \end. Dem Eigenthümer muß aber der bo nae sidci possessor jedenfalls weichen; 1. IG. und 1. 17. I). de Pu­ blic. act. I. 57. D. mandat. 1. 72, D« de rei v in die.; und nui* in Folge der exceptio rei vendilae el tradilae ist ein Schutz gegen den klagenden Eigenthümer gewährt worden, 1. 1. pr. u. §. 2. D. de exc. rei vend. et trad. 9) Der dolo malo aufgehört hat zu besitzen, taun demnach auch nicht zur Wiedererlangung de» Besitzes die actio Publiciana oiu stellen. ,,Nec quasi Pubücianam actionem ei dandain placuit j'* 1. 70. D» de rei xiiid.

134 Leugnet der Beklagte arglistig dm Besitz, und wird er dessen überführt, so muß er die Sache zur Strafe an den Klä» ger herausgeben, ohne daß dessen Eigenthum nachgewiesen ist1U). Auch hier muss der Innehaber der Sache, wenn er nur im Namen eines Anderen besitzt, den eigentlichen Besitzer nennen, damit nicht der Kläger ohne Grund an seiner Rechtsverfolgung gehindert werde. Es gilt also auch für die actio Publiciana die für den Eigenthumsstreit bestimmte laudatio seu nominatio auctoris. Wird diese von dem Besitzer unterlassen, so hastet er als Beklagter, indem er sich verwegen in den Prozeß einge­ lassen hat (temere liti sc obtulit). Alle- diese- wird zwar nur in Rücksicht der rei vindicatio ausdrücklich in den Quellen erwähnt. Allein die Identität der actio Pobliciana mit der rei vindicatio, welche bereits oben ausge­ zeichnet ist, macht die Sache unzweifelhaft. Auch bezieht sich hierauf die allgemeine Bemerkung: in PubUciana actione omnia eadem erunt, quae et in rei vindicatione diximus M), deren richtige Anwendung für die einzelnen Fälle, welche hier nicht namentlich angegeben sind, nach dem Bisherigen nicht mehr zweifelhaft sein kann. §.

20.

Der Zweck und das Resultat der actio Pnbliciaoa lassen sich nach der bisherigen Erörterung mit eben so großer Sicherheit bestimmen, ungeachtet in dieser Hinsicht ausdrückliche Quellenzeugnisse so ganz fehlen. Auch hier kann im Einzelnen nur die Regel gelten: in Pu­ bliciana actione omnia eadem erunt, quae et in rei vindica­ tione diximus, also durchweg dasjenige, was von der rei vindicatio

angegeben worden, weil die

actio Pnbliciaoa

10) I. ult. D. de rei vind. Nov. 18. cap. 10. 11) I. 7. §. 3. D. de Public, act.

keine davon

135 verschiedene Klage ist, welchemnach, wenn der Kläger mit dieser durchdringt, bei seiner Behauptung, er sei Eigenthümer, alle diejenigen Ansprüche rralisirt werden, welche der wirkliche Eigmthümer geltend machen kann. Ein Anderes ist in Folge deobersten Principes völlig undenkbar, und in der Sache findet sich auch bei den neueren Juristen kein Widerspruch, wenn fie zwar das eigentliche Princip dieser Klage ganz unrichtig auf­ gefaßt habm. DaS Resultat, was zur Sache gehört, läßt sich kurz zusam-. menfassen. Wie die Klage zum Schutz der booae fidei possessio als fingirten Eigenthums bestimmt ist, so soll der hier beabsich­ tigte Schutz durch dieselbe vollständig erreicht werden. Es muß demnach zunächst das von dem liooao fidei posscssor behauptete Eigenthum von dem Beklagten anerkannt werden, wie es bei der rei viudicatio ebenso der Fall ist 1). Hieraus geht daö Verlangen des Klägers, und diese Anerkennung hat die Zu­ rückgabe der Sache, welche der Beklagte somit wider­ rechtlich besitzt, zur nothwendigen Folge. Die Sache muß dem Kläger herausgegeben werden, wie sie sich in den Händen des Besitzers befindet, mit allem, was bei derselben als Gegenstand der Eigenthumsberechtigung vorhanden ist. Die Hauptsache kann, wie bei der rei vindicatio, nicht bloß eine bestimmte einzelne Sache sein, sondern ebenso ein ali­ quoter Theil einer Sache 2): ferner eine universüas, sofern 1) toten man hier behauptet hat, btr Zweck der Sigenthumklage fei der, da- da« Eigenthum dem Kläger juerkannt werde, so ist doch diese« Zuerkennen de« Eigenthum« von Seiten de« Richters nur die Folge des für den Kläger ^vorhandenen Rechte«. In Folge de« Richterspruchet aber wird der Beklagte zur Anerkennung de« Eigenthum» und seine« Unrechte« genöthigt. Der Schutz des vor­ handen Rechte« soll durch die Auctorität de« Richter« und somit der höchsten Gewalt im Staate realisirt werden. 2) I. 12. §. 6. I). de Public, acl.

136 diese nur rerum ober facti ist, wenn nemlich der Begriff der Sache durch mehrere gleichartige Gegenstände bestimmt wird 3). Die actio Publiciana, wie die rci viodicatio, bleibt demnach ausge­ schlossen, trenn eine nniversitas Joris in Anspruch genommen werden soll, wenn gleich auch hier das Recht der bonae fidei possessio vorkommt. Bei einer nniversitas Juris, z. 23. einem Peculium, können nur die einzelnen in derselben enthaltenen Sachen ein Gegenstand der rci vindicatio und der actio Publiciaoa sein 4). Durch die Hauptsache kommt die Nebensache als Gegenstand der actio Pnbliciaua in Betracht. Sie wird in den Quellen mit dem Namen: omnis causa bezeichnet. Es muß daher die Sache com omui causa restituirt werden. Zur omnis causa gehört alles, was auf dem Wege der Accession der Hauptsache hin­ zugekommen ist, die accessio im eigentlichen Sinn, aber ebenso die Frucht, welche der Innchaber gewonnen hat 5). In Rücksicht der letzteren muß cs jedoch ebenfalls sür die actio Publiciana einen Unterschied machen, ob der Beklagte ein booae oder malae fidei possessor sei. Ersterer nemlich braucht nur die noch vorhandenen Früchte (frnctus extautes) heraus­ zugeben, sofern sie nicht schon usucapirt sind. Nur diese sind ein Gegenstand der Eigeuthumsbercchtigung überhaupt, also auch der des bouae fidei possessor. Die consumirlcn und die 3) Daß j. 89. eine Heerde «in Gegenstand der Eigenthumtklage sein könne, wird für die rei viodicatio in verschiedenen Quellen, S2. 1). de doli mal. et met. except. vergl. 1. 72. D. de rei viiid. Daß dagegen die 1. 8. D. de Public, act. schon an sich nicht beweisend fein könne, ist oben cruS entschiedenen Gründen be­ hauptet, und bereit- von Anderen, namentlich von LH i baut, richtig bemerkt worden. C) Diese- wird durch die Worte: invacuam possessionem iiiducLuin esse, in 1. 12. C. de probat, ebenfalls alä Gegenstand des Bewei-

141 erst nach der Tradition Eigenthümer geworden sein kann. Durch alle diese Umstande ist beim Kauf der Erwerb des Eigenthums, mithin auch der Erwerb der booae fidei possessio bedingt 7*).8* *ES * muß überall der Umstand nachgewiesen wer­ den, wodurch man wirklich hat Eigenthümer werden können. Dies bezieht sich auf alle sonstige derivative Eigenthumserwerbarten, Tausch, Schenkung, dos, solutio noxae deditio, adjadicatio U. s. w.

Bei einem titulns putativus, welcher nicht anders, als der titiilus verus zur bonae fidei possessio berechtigt, verhält es sich im Wesentlichen auf dieselbe Weise. Auch hier muß der Klä­ ger alles beweisen, was in Betracht kommt, um die Sache gültig erworben zu haben. Der gute Glaube muß daher ge­ stützt sein auf die vorgekommene Erwerbart, ein bloßes gut­ müthiges Glauben ist hier nicht genügend. Nur wenn der Em­ pfänger hintergangen wurde, soll seine rechtlich begründete bona fides dieselbe Wirkung erzeugen ö). se- ausgezeichnet; nemlich für den Eigenthümer, der allein in Folge de- rechtmäßigen Erwerbes sein Eigenthum behauptet. Dasselbe kann nur für den bonae tidei possessur entscheidend sein; J, 7. §. 14. D* de Public, act. 7) Letzteres, weil die bonae fidei possessio den gegründeten Glau­

ben voraussetzt, daß man Eigenthümer geworden sei. I. 7. §. 4. D. de Public, act. 1. 13. £. 2. D. eod. Kaufte man von einem Pupillen, so war der Beweis darauf zu richten, daß man unter der Auctorität de- Lutors von dem Pupillen gekauft habe, während kein gesetzlicher DeraußerungSverbot entgegenstehe. „Qui a popillo

8)

,

„emit, probare debet, tutore auctore lege non prohibente ia „emisse." Rur unter dieser Voraussetzung konnte man bit Sache

rechtmäßig erworben haben, und sich in dem Glauben besinden, daß man Eigenthümer geworden sei. War aber lder Tutor, welcher seine Auctorität intcrponirte, ein falsus tutor, so war -aö Rechts­ geschäft ungültig, allein der Empfänger dennoch bona fide, weil er von der Qualität des falsus tutor keine Wissenschaft hatte, oder vielmehr haben konnte. »Sed si deceptus, Jalso tutore auctore s

143 Fordert jemand die Sache nur nach einem intellektuel­ len Antheil, so muß er, um keine plus peliiio zu begehen, diesen genauer bestimmen, d. h. angeben, pro qua parte res ejus sit 9;. Auch in Rücksicht des Beweises ist dies von besonderer Wichtigkeit. Im Uebrigen sind hier ganz dieselben Beweismittel zu­ lässig, welche bei jedem sonstigen Beweise in Betracht kommen. Die zu beweisende Thatsache kann nicht bloß durch Urkun­ den 10), sondern auch durch Zeugen und Eideödelation dargethan werden “). ,,emerit9 bona fide emisse videtur;” I. 13. §. 2. D. de Public, act. — Ebenso verhält e- sich, wenn man von etntm furiosus kauft. ES ist mit dem furiusus kein wirklicher Kauf zu Stande

gekommen, weil derselbe nicht consentiren kann. Aber dennoch wird der Käufer sich bona fide befinden, wenn er beweisen kann, da­ alle Erfordernisse eines gültigen Kaufe- vorgekommen find, wenn er nur die Qualität des furiosus nicht wissen konnte; 1. 7. §. 2. D. de Public, act. Höchst singulair muß eS daher erscheinen, wenn Paulus für diesen Fall nur die Usucapion zulassen will, während er die actio Publiciana ausschließt, aber auch die Sviction-leiftung und accessio possessionis Ln Folge des nichtigen Kaufes verwirft; L 2. $♦ 16. D. pro emtor. 9) „In speciali actione non cogitur possessor dicere, pro qua „parte ejus sit: hoc enim petitoris munus estf non possessoris. ,, Quod et in Publiciana observatur1. 73. pr. D. de rei vind. ES ist hier an eine Mitberechtigung verschiedener bonae fidei possessores zu denken, während der eine sich im Besitz der Ganzen

befindet, und zugleich das Recht des anderen bestreitet. In Rücksicht de- Beweises de- Eigenthum- werden Urkunden als Beweismittel erwähnt in I. 4. und I. 12. C. de probat.

10) 11)

„Sed et quibuscunque alüs legitimis probationibus;v 1. 4»

C. de probat, vergl. 1. 12. C. cod. Dom Eid ist rücksichtlich der bonae fidei possessio die Rede in 1. 7. §. 7. D. de Public, act. Der Eid konnte vom Kläger dem Beklagten deferirt, aber eben so auch dem Kläger zurückgeschoben werden. Um mit der actio Publiciana durchzudringen, soll der Kläger schwören: rem suam esse. Schwört der Beklagte den Eid, rem petitoris non eese% so wird der Kläger mit der actio Publiciana nicht durch­ dringen können. Allein insofern durch diese Eidesableistung, wie

143 §.

22.

AIS zweite petitorische Klage wurde oben für dm bonae fidel possessor die actio negatoria ausgezeichnet, von deren AnWendung auf das Recht der bonae fidei possessio nun das Wesentliche angegeben «erden muß. Auch diese Klage war ursprünglich nur zum Schutz des Eigenthümers vorhanden. Nachdem aber der Prätor Pu» blicius den bonae fidei possessor als wirklichen Eigenthümer zu behandeln sich genöthigt sah, mußte für dieses neue Eigen­ thum wie die rei rindicatio, so auch die actio negatoria Anwen­ dung finden. Die Anwmdung der rei vindicatio bestimmte selbst der Prätor unter dem Begriff der actio Publiciana. Wegen der actio negatoria eine solche Bestimmung zu erlassen, dazu scheint der Prätor während der Zeit, in welcher er als Gesetzgeber da­ stand, eben weil er mit dem obwaltenden Bedürfnisse ge» maß das vorhandene Klagerecht erweiterte, keine besondere Veranlassung gehabt zu haben. Die Römischen Juristen jedoch konntm, so oft der bonae fidei possessor gegen par­ tielle Stömng in seinem Eigenthum geschützt werden sollte, nur auf diese Klage recurriren. Wie die rei vindicatio hier an­ gewandt wurde, ganz in demselben Sinne mußte die actio ne­ gatoria Anwendung finden, und dieselben Zeugnisse, welche dem wirklichen Eigenthümer dieses Klagerrcht gestatten, mußten ebenso bei einem vertrage, nur ein jus ioter partes begründet wird, so können durch dieselbe auch nur für die Partheien Nachlheile oder Vortheile erwachsen. „Si petenti mihi rein jusjurandum detu„Ieris, egnque juravero rem meam esse, eompetil Publiciana ,, mihi, sed adversus te dontaxat: ei enim soll jusjurandum ,, nocerc poterit, qui detulit. Sed st possessori delatum ,,erit jusjurandum, et juraverit rem petitoris non esse, advrr„sus eum sohim exceptione utetur (nemlich die exceptio jorisju,, raodi oder pacti) non ut et babeat aelionem ? ’*

144 unbedingt auf den Lonac fidei possessor bezogen werden, weil dieser durch jene prätorische Fittion ebenfalls Eigenthümer ist ')« Daß aber der bonae iidci possessor gleich dem wirklichen Eigenthümer eines Schutzes bei partieller Störung in seiner Berechtigung bedurft habe, ist von selbst klar und bedarf keiner weiteren Erörterung. Wie schon oben bewiesen ist, kann der bonae fidei possessor alle dingliche Rechte ertheilen, welche ein fremdes Eigenthum voraussetzen, nicht bloß Servituten, sondern auch die dinglichen Rechte größeren Umfanges. Ebenso werden Dritte sich unbe­ fugter Weise dingliche Rechte anmaßen können, nicht anders, als dies beim wirklichen Eigenthum der Fall ist. Grade in der unbefugten Anmaßung einer Servitut hat dieses Klagerecht besonders seinen Grund, und es muß so scheinen, als wenn das­ selbe ursprünglich nur durch jene herbeigeführt worden sei. Das Recht dieser Klage steht selbst den dinglich Berechtig­ ten größeren Umfanges zu, nemlich dem emphyteuta und dem superficiar. Auch diese können Servituten rücksichtlich ihres Rechtes constituiren, sie können nicht anders es verhindern, wenn ein Dritter unbefugt sich das Recht der Servitut anmaßt 12). Um so mehr muß dazu der Louae fidei possessor, der dem wirk­ lichen Eigenthümer völlig gleichgestellt ist, berechtigt sein. Die Bedeutung dieser Klage kann auch im Einzelnen keine andere sein 3). Sie findet statt bei partieller Störung 1) Soviel ich weiß, ist jedoch in keiner Stelle bet neuesten Rdmtschen Rechte- -er bonae iidei possessor ausdrücklich als solcher ec* wähnt, der mit der actio negatoria auftreten kann. Dom Eigen­ thümer, oder auch dominus proprietalis, sprechen 1. 5. j. 6. D. si usnsfr. petet. J. 6. §. 3.

1. 4. §. 7. D. si servil, vindicet,

ES mag aber diese Klage überhaupt nur selten nothwendig gswesen fein. Daraus würde sich erklären, weshalb die Gesetze hier von dem bonae tidei possessor so ganz schweigen, und nur bet Eigenthümers in sehr wenigen Stellen gedenken. 2) 3ti letzterem wird ebenso der Pfandgläubiger berechtigt fein. 3) Alles folgt hier sehr nothwendig daraus, daß der bonae fidei possessor dieselbe Intention hat, welche der wirkliche Eigenthümer.

im Eigenthum. Kläger ist daher, welcher Ekgmthümer zu sein behauptet, Beklagter anderseits, der sich unbefugt eine Servitut anmaßt, oder eine sonstig« Störung vornimmt, wodurch der Klager nicht seine- Besitzes entsetzt, sondern nur partiell, rücksichtlich einzelner ihm zustehender Befugnisse, gestört wird 4*).**6*Die Tendenz dieser Klage ist Anerkennung des Eigenthums, oder vielmehr der natürlichen Freiheit desselben. In Folge dieser Anerkennung ist der Beklagte verpflichtet, künftig Störungen dieser Art zu unterlassen, und deshalb kann er angehalten werden, eine Eaution zu bestellen. Ln eine Zurückgabe ist hier vernünftigerweise nicht zu denken, er kann nur zu einem Schadensersatz wegen deS zugefügten Un­ rechts verpflichtet sein. WaS den Beweis dieser Klage anbetrifft, so versteht eS sich von selbst, daß auch hier die Behauptung deS Kläger- nach» gewiesen werden müsse *). Der Kläger neinlich behauptet Eigen» thümer zu sein, ob er wirklicher oder nur singirter Eigenthümer sei, bleibt dabei völlig gleichgültig. Allein auf diesen Beweis deKlagerS wird eS in der Regel gar nicht ankommen, indem daEigenthum an und für sich gar nicht bestritten wird. Zst aber das Eigenthum als solches anerkannt, so entscheidet zugleich eine allgemeine Präsumtion für die völlige Freiheit desselben, ln» sofern nemlich die Behauptung des Beklagten, daß ihm «in Recht an jenem Eigenthum zustehe, ein Umstand ist, der sich Wird er nemlich als Eigenthümer, wofür der bonae fidei poaseseor sich halten muß, auch rechtlich behandelt, wa« selbst keinen, Zweifel unterworfen ist, so muß auch rücksichtlich der Anwendung dieser Klage im Einzelnen völlig dasselbe gelten, wa« rücksichtltch de« Eigenthümer« selbst gilt. 4) Grade durch dies« Vorauisehung unterscheidet sich die actio nega­ toria in ihrer Anwendung für den bonae fidei poasessor von der actio Publiciana sehr wesentlich. 6) Jedoch nur unter der Bedingung, baß dies« überhaupt bestritten wäre. Würde sich beweisen lassen, daß der Kläger nicht Eigenthü­ mer sei, so würde er al« roalae fidei possesaor mit seiner Anfor­ derung nicht durchdringen können. t. CwriUem Recht. K

146 mrrnalS von selbst versteht. Lus diesem Grunde muß der Be­ klagte den Beweis seiner Behauptung übernehmen, um gegen die Klage deS Eigenthümers durchdringen zu können, und deshalb wird der Beweis bei der nrtio negatoria gemeinhin nur darauf gerichtet sein, daß das vom Beklagten behauptete Recht demsel­ ben wirklich zustehe °). Die Sache selbst ist von den Neueren hin und wider aner­ kannt worden. Man hat behauptet, daß das Recht der aciio negatoria auch von dem geltend gemacht werden könne, der nach­ weise, daß er die Sache in Folge der Tradition, also I,»»a i,,Io erworben habe. Man brauche daher z. B. das Grundstück, dessen Freiheit man behaupte, nur bona sidc erworben zu haben, um rechtlich geschützt zu sein 6 7). Dies ist in der That richtig zu nennen, allein mit Unrecht hat man diese Klage actio in rem PubUciana genannt 8).9 Die hier gcdcnkbare Klage kann nur eine actio negatoria sein, und zwar eine actio negatoria utilis, weil die Anwendung dieser Klage erst von den Römischen Ju­ risten bestimmt wurde. Ebenso sehr mit Unrecht hat man jene Klage PubUciana in rem actio negatoria genannt, in welchem Sinne man jedoch auch eine PubUciana in rem actio confessoria auszeichnete "). Der richtige Gesichtspunkt ist Deshalb ist jedoch dir actio negatoria »och keineswegs eine bloß« exceptio ihrer eigentlichen Bedeutung nach zu nennen. Sie besteht

6)

auch nicht in einem bloßen Leugnen,

worauf der Name selbst sich

bejieht. 7)

Diese Behauptung

findet fich z. B. bei Mackeldey Lehrbuch

de« heutigen RLmischen Rechtes §. 293. C. 8)

Sieh« Mackeldey a. a. O.

9)

Durch die Benennung der PubUciana

in rem actio confessoria

hat man nemlich die Klage bezeichnen wollen, welche der bonae fidei possessor anstellt, befindet.

wenn er sich in dem Besitz einer Servil» t

Wie der wirkliche Eigenthümer, so kann auch der bonac

fidei possessor für sein Eigenthum Servituten erwerben, Besitz der Servitut

die Anerkennung derselben

StLrer rechtlich verlangen.

und im

von dem dritten

Dies« Klage ist aber keine andere, alt

dir actio Confessoria selbst, mir können fit nur ein« utilii

actio

147 nemlich: daß dir actio Pubtictaaa nur bei totaler Stbmng der Berechtigung angestellt werden kann, niemals auch bei einer partiellen Störung, für welche letztere nur die actie negaioria entscheidet. §.

23.

Soweit von den petitorischen Klagerechten; wir kommen jetzt zu den possessorischen Schutzmitteln, welche dem bonae fidei possessor gestattet sind. Wie der wirkliche Eigenthümer, so hat auch der bonae fidel poesessor als Eigenthümer den Anspruch, in seinem Rechte zu besitzen (jus possidendi) geschützt zu sein. Er hat dieselben Schutzmittel, welche der wirkliche Eigenthümer, nemlich das interdictum unde 1-r, uti possidetis und utrubi. Diese possessorischen Schutzmittel wurden von dem Prätor erst eingeführt, nachdem die bonae fidei possessio bereits als Eigenthum anerkannt war, und weil beide Arten des Eigenthums nicht practisch von einander unter* confessoria nennen. Sie ist auf dasselbe Fundanreyt. gestützt, auf welcher die actio confessoria beruht, wenn sie von -cm Eigen* thümer als Servitutberechtigten angestellt wird. (Sfrenfo können auch die an einem fremden Eigenthum dinglich Berechtigten die actio confessoria anstellen, wegen der Servituten nemlich, welche ihrem dinglichen Rechte zustehen. Die- gilt vom emphyteuta, eben so vom superfidar. Ersterer kann für sein dingliche- Recht an dem Grundstück, letzterer für sein dingliche- Recht an dem Hause Ser­ vituten erwerben, beide können sich gegen Störung in ihrer Servi* tutbcrcchiigung durch diese Klage sichern. Ebenso findet der Pfandgläubiger durch diese Klage den nothwendigen Schutz, wenn nemlich dem ihm verpfändeten Gegenstände eine Servitutbe­ rechtigung zusteht. Ueberall ist diese Klage auf Anerkennung der Servitutderechtigung gerichtet, sie ist für die dinglich Berech­ tigten größeren Umfang- analog zur Anwendung gebracht worben (utilis actio confessoria). S. I. 20. pr. D. de servil, praedior* 1. 16. pr. D. de servil. 1. 3. g. 3. D. de oper» nuv. nunciat.

1. 3. C. de servil, et aq.

K 2

14S schieden werden können, müssen dieselben Klagerechte schon gleich anfangs für beide Arten des Eigenthums bestimmt worden sein*). Dieses Resultat ergiebt sich in Folge des obersten Prin cipes sehr nothwendig. Dennoch sind darüber die Ansich­ ten der neueren Juristen durchaus abweichend. Besonders gehört hierher die Meinung v. Savigny's, wie sie in seiner Lehre des Besitzes auseinandergesetzt ist. Wenn auch gegen diese verschiedene Bedenklichkeiten ausgesprochen sind, zumal in Betreff der Natur und eigentlichen Bedeutung der sg. possessorischen Interdicte, so scheint dennoch in der Sache selbst die Ansicht, wie sie von Savigny aufgestellt ist, allein die herrschmde ge­ blieben zu sein, und schon aus diesem Grunde wird hier in Betreff der Interdicte einige Ausführlichkeit nothwendig, um so mehr, alS jene Ansicht der unsrigen gradezu entgegm steht 12). 1) 2Cn diesem Orte wird e< leicht feto, gtt erklären, weshalb für den Pfandgläubiger, der sich bona fide in seiner Berechtigung befindet, nur die actie Serviana und quasi Serviana (actio hypothecaria) gelten, und nicht die actio Publiciana zur Anwendung gebracht fei. C6 ist völlig derselbe Grund, welcher für die Interdikte entscheidet. Auch die actio bypothecaria wurde erst eingeführt, nachdem daS Recht der bonae fidei poeaessio bereits als Eigenthum praktisch vorhanden war. Die bei den Interdikten, so mußte daher bei der actio hypothecaria der erforderliche Schutz auf beide Arten des Sigenthums schon gleich anfangs bezogen werden, weil nemlich der Prätor beide in der Anwendung nicht von einander un­ terscheiden konnte. Der Prätor hat mit anderen Worten auch diese Klage gleich anfangs nothwendig für die bonae fidei possessio an­ ordnen müssen, und e» gilt dies nicht bloß von der actio Serviana, sondern auch ^uasi; Serviana, also von der actio hypothecaria über­ haupt. Die Anwendung der actio Publiciana für da- jus in agro vectigali, für die superficies und bk Servituten geschah erst spä­ ter, und durch die Römischen Juristen, welche nur durch Iuterpre, tation vorhandene Schutzmittel analogisch anwandten; e« konnte keine andere, als die bereit- vorhandene actio Publiciana zur Anwen­ dung gebracht werden. Dabei ist jedoch nur ein formeller, kein ma­ terieller Unterschied vorhanden. 2) Gemeinhin sind die heutigen Juristen Savigny'- Ansicht gra-i dezu und ohne alle- Bedenken gefolgt. Sie sprechen von einem ju» j

149 Die Gründe, welche von Saviguy für feine Behauptung benutzt, sind von der Art, daß sie vollständig widerlegt werden ristifchen Besitz qH Jnterdictenbesitz ganz ln der Art, tose v. Sa­ vigny den Besitz und die Bedeutung deffelben angenommen hat, und man ist gutmüthig genug gewesen, die Sache ganz so, wie sie vorgetragen wurde, wiederzugeben, ohne nach den vorhande­ nen Quellenzeugniffen irgend ein Bedenken zu finden. Wa- in der Sache bestritten wurde, besteht darin, ob jener Jnterdictendefitz eine rein faktische, oder eine rechtliche Natur habe, selbst also ein Recht sei. Ersteres ist besonders durch v. Sav igny aus­ gesprochen. Dasselbe ist von vielen Anderen, selbst von LHLbaut (System §. 291.) und Hufeland (vom Besitz S. 30— 40) be­ währt worden. 2e$tttet jedoch nimmt an: „als factum sei der „Besitz zugleich etwas Wirkliche-, und da nun in jeder rechtlichen „Verfassung für das Wirkliche und Bestehende mehr die Vermu„thung der Rechtmäßigkeit streite, als für da- Gegentheil, so sei „daraus die Regel hervorgegangen, daß jeder, welcher sich faktisch „in der Ausübung eines Rechte- befinde, provisorisch und bis ba„hin, da- ein Anderer ein besseres Recht darauf beibringe, Ln bü< „fern faktischen Zustande gelassen und geschützt werden müsse." Dieselbe Ansicht ist noch vor kurzem von Rudorf (Zeitschr. für geschichtl. Rechtswiffensch. Kd. VI« S. 90) vertheidigt. Auch die ftr Verfasser hält den Besitz für ein bloßes factum, weicht jedoch darin von Savigny ab, da- er nicht den Rechtsgrund jenes Schutzes des Besitzes Ln einer allgemeinen Präsumtion, der Besitzer könne auch Eigenthümer sein, setzt, sondern lediglich in einem ande­ ren Unrecht. Jede bloß faktische Verletzung des Besitzes soll nemlich immer eine Selbsthülfe oder unrechtliche Gewalt enthalten, und das hierin liegende Unrecht der Grund sein, warum der Besitz als bloßes factum Schutz durch die Interdikte finde. Für die an sich rechtliche Natur des Jnterdictendesitzes oder gradezu dafür, daß der Besitz ein Recht sei, haben sich dennoch in unseren Lagen nicht Wenige erklärt. Jedoch ist auch hier eben so wenig eine Uebereinstimmung der Ansichten zu finden. Die meisten älteren Juristen gehören dieser Ansicht an, unter den neuesten ge­ hören Hierherr Mühlenbruch (doctrio. pandectar. Tom. 11. § 342. u. 340.), Schweppe (d. Römische Privat/Recht Bd. If. S. 216. Nr. IV. 4te Ausg.), Du Boi (observat. de jur. in i t, obs. I. §. 1), Hugo (Institutionen des Römischen Civil-Rechts §.30.), Gans (System des Röm. Civil, Rechts S. 202 — 215.), Puchta (Rheinisch. Museum, Jahrg. III. Hft. 2. S, 305-*306J,

150 können,

während

es der

entgegengesetzten

Anficht, welche ich

für die richtige halte, nicht an directen und solchen

Zeugnissen

mangelt, welche am wenigsten bestritten werden dürfen.

Diese

können jedoch erst unten bei den einzelnen Jnterdicten angegeben werden, da sie keinesweges auf demselben

Grundsätze beruhen,

vielmehr jedes derselben auf eine verschiedene Voraussetzung basirt ist. Der Prätor nemlkch erfordert verschiedene factische Umstände, unter denen er einräumt.

dem

Eigenthümer jenen

possessorischen Schutz

Wie dieser possessorische Schutz nicht anders bei sonsti­

gen Rechten ertheilt wird, aber unter abweichenden Voraussetzun­ gen,

so

sind

auch

bei

dem

Eigenthum

die

Bedingungen,

die äußeren Umstände, unter welchen jener Schutz im Einzelnen gewährt werden soll, verschiedene. sichtspunkt jedoch muß hier die Berechtigung des

Als ein ganz allgemeiner Ge­

in Betracht

factischen

gezogen werden, daß

Jnnchabens, worauf es dem

Eigenthümer so sehr ankommt, eine schleunige Hülfe nothwendig macht, eben weil das längere

Ausbleiben jener Hülfe für den

Verletzten so sehr wesentliche Nachtheile herbeiführt.

Schleunig

kann einem Unrecht abgeholfen werden, wenn die Untersuchung nur eine summarische ist, es also nicht auf den Nachweis de§ behaupteten Rechtes ankomnien soll.

DieS ist der Fall bei jenen

possessorischen Schutzmitteln insgesammt.

Der Prätor verlangt,

endlich v. Thaten (Lllgem. Untersuch, üb. d. Begr. bei Römisch. JnterdiclendesitzcS und dessen Clafstficaticn im Rech«ss-stem 1833). Grade die Hauptfrage, warum der Besitz ein Recht sei, bleibt über« all unberührt, wie man bei Allen vergebens danach frage, Recht cs

denn

eigentlich sei,

welches

was man sich hier zu denke» habe.

Di« tinjcliKU Verfasser haben sich jedoch bei dieser ihrer Behaup­ tung deu Angabe» der Quellen angeschlossen, und bisse richtiger ver­ standen,

als



Fall sein konnte.

bei den Vertheidigern der gegnerischen Aqstcht der Nur ist

es zu bedauern, daß eine eigentlich«

gründliche Erörterung d.r Sache mehr oder weniger ganz außer ih­ rem Plane lag.

Luch kann die Natur des Jnterdictcnbesitzes ohn«

genügend« Erörterung des Rechtsverhältnisses,

worauf di« Inter»

biete sich beziehen, nicht richtig verstanden werden.

151 sie

um

zu gewähren, nur den Nachweis gewisser äußerer Om

stände, wodurch das Unrecht des Stärenden wenigstens im All­ gemeinen erhellt;

und

diese

brauchten in sehr vielen Fällen

als sogleich ersichtbar gar nicht genauer nachgewiesen zu den, niemals

bedurfte es dieserhalb einer langwierigen

wer­

Erörte­

rung. Solches werden wir bei den einzelnen Unterbieten ausführ­ licher zu zeigm haben, indeß schon hier wird es erlaubt sein, von dieser Ansicht auszugehen, zumal in unseren

Tagen

Wesentliche mit wahrem Grund gegen v. Savigny worden ist.

manches behauptet

Man hat mit allem Recht angenommen, daß das

Verfahren bei jenen Interdikten sich von dem der petitorischen Klagen unterschieden, und daß der Unterschied in der mehr sum­ marischen

Untersuchung

und

der schnelleren

Beendigung jdes

Prozesses bestanden habe. Bekanntlich ist dieses noch in unseren Tagen ein Gegenstand wiederholten

3)

Streites

gewesen 3).

Die ganz

richtige Ansicht

v. Savigny'S Ansicht (siehe das Recht des Besitzes 4te AuLg.

&• 345 ff. verglichen mit der Zeitschrift für gcschichtl. Recht-wissen,

schaft Bd. V. Hft. 1. Nr. 1.) geht bekanntlich dahin: bei den In. terdicten habe der Prätor, nachdem

er den Kläger gehört, sogleich

einen Befehl oder ein Verbot erlassen, welchem der Beklagte fol­ gen sollen.

Sei aber der Beklagte jenem Befehl nicht gefolgt, weil

die Angaben des Klägers nicht in Wahrheit gegründet, oder ersterem Exceptionell zur Seile standen, arbiter gekommen,

früher als Befehl gelautet, gedient.

so sei die Sache zum judex ober

dann ausführlich untersucht trorben,

und was

habe nun dem Richter zur Instruction

Ein Unterschied -wischen den Interdikten und den fviifli-

gen Klagen sei nur dann im Verfahren vorgekommen, wenn der Beklagte sogleich dem Beseht de- PrätorS Folge leistete,

denn bei

den actiones in diesem Gegensatz sei nie, ohne auch die andere Par thei gehört zu haben, ein Befehl erlassen, vielmehr stets von der Bestellung eine- Richters die Rede gewesen.

Jene Derschiedcnhei-

deS Verfahrens zwischen den Interdikten und den sonstigen Klagen fei verschwunden

mit dem

Name sei übrig geblieben,

alten ordo judiciormu,

und nur de.

während die Interdikte ebenso «jut a« ii«.

nei genannt werden können

uübfn. Habe man die Absicht, fremdes Eigenthum auszuüben, welches man also eben jetzt anerkenne, so liege darin kein sol­ cher animus possidendi, durch welchen die Detention zum Besitz erhöhen werden könne. ES bleibe also nur der zweite Fall nbn'g, in welchem die Absicht auf eigenes Eigenthum gerichtet sei, so daß der animus possidendi durch animus dniuimi oder animus sibi habendi erklärt werden müsse, folglich nur der alS Besitzer gelten könne, weicher die Sache, deren Detention er hat, als Eigentlumer behandle. Am wenigsten, fügt v. S a r- i g n y hinzu, sei tue Ueberzeugung, daß man ivtuiid; Eigenthümer )a topinio s. co-itio tiommii) hier nothwendig. 4) Siehe v. S avign y d. Recht deo Besitzes J.9. Die Sache selbst

155 Als juristische Folge jene- an sich bloß fattischen Jnnehabens zeichnet v. Savigny zunächst die Usucapion aus, welche jedoch außer dem bloßen Besitze noch voraussetze, daß der Besitz bona fide und jnsto titulo angefangen habe, aus welchem Grunde genau genommen die Usucapion nicht als Folge des ju­ ristischen Besitzes angesehen werden könne 5). * * *Zweitens * nennt er als juristische Folge jenes bloß fattischen Jnnehabens den Schutz durch Jnterdicte. Die Jnterditte seien die eigent­ liche Folge des bloßen Besitzes, abgesehen von allem Recht seien diese als juristische Folge des fattischen Jnnehabens auszuzeich­ nen, sie müssen überall Anwendung finden, wo jener juri­ stische Besitz vorhanden sei. Insofern jene Jnterditte zum Schutz des bloßen Besitzes, des juristischen Besitzes, gegeben worden, nennt sie v. Savigny possessorische Jnterdicte, als welche das interdicliim unde i;i, uti possidetis und utrubi, jenachdem V0N unbeweglichen, oder beweglichen Sachen die Rede sei, genannt wird von demselben folgendermaßen bestimmt. Der Besitz werde als Recht betrachtet, und sei insofern einer Veräußerung fähig. Des­ wegen könne eben in jenem Falle der eigentliche ursprüngliche Be­ sitzer das Recht des Besitzes auf den übertragen, welcher für ihn daEigenthum ausübe, also nicht als Besitzer zu betrachten sei. ES gebe also außer dem ursprünglichen Besitz, welcher auf Detention unb anirmis dominii bcrul;e, noch einen abgeleiteten, welcher sich auf den ursprünglichen Besitz einer anderen Person gründe. Aller Unterschied deS Besitzes von dem ursprünglichen liege in dem onimus possidendi, in der Detention seien beide ganz gleich. Die­ ser gehe auf daS von dem bisherigen Besitzer übertragene jus pos­ sessionis, er könne jedoch nur da angenommen werden, wo ihn das positive Recht ausdrücklich gelten lasse. 5) Insofern gelte sie nicht für jeden juristischen Besitz alt solchen. Bei der Usucapion sei der bloße Besitz, unabhängig von allem Recht, Grund des Eigenthum- selbst. Zwar müsse der Besitz auf besondere Weise angefangen haben, wenn er jene Wirkung haben solle, aber dabei bleibe er, was er außerdem fei, ein bloßes Factum, ohne anderes Recht, als welches ihm jene Wirkung gebe. Demnach sei eS der Besitz an sich, abgesondert von jedem anderen rechtlichen Verhältniß, wovon die Usucapion, also der Erwerb de- Eigenthumabhänge. Siche v. Savigny d. Recht des Besitze- §. 2.

156 werde». Rücksichtlich der Interdikte aber verhakte sich die Sache so. Da der Besitz an sich kein Rechtsverhältniß sei, so sei auch die Störung desselben keine Rechtsverletzung, und sie könne cs nur dadurch werden, daß zugleich rin anderes Recht mit verletzt werde. Wenn nun die Störung des Besitzes gewaltsam geschehe, so liege in dieser Störung eine Rechtsverletzung, «eil jede Ge­ walt unrechtlich sei, und dieses Unrecht sei es, was durch ein Interdikt aufgehoben werden solle. Es wird dabei hinzugefügt, alle possessorischen Jnterdicte setze» eine Handlung voraus, die an sich schon durch ihre Form unrechtlich 6) ist, daraus zeige sich auch klar, warum der Besitz ohne alle Rücksicht auf eigne Rechtlichkeit der Grund von Rechten sein könne 7). Sehen wir hier noch ah von dem Detail, wodurch unsere entgegengesetzte Ansicht nachgewiesen werden kann, und worauf wir erst unten einzugehen im Stande sein werden, so lassen sich 6) Sieh« bas Recht be» Besitzes §. 2. Es wird weiter angeführt: Set gewaltthätig«»» Handlungen, der ersten und wichtigsten Art sol­ cher Handlungen überhaupt, habe dies gar keinen Zweifel; aber aus demselben Gesichtspunkte werden auch die übrigen Fälle in» Römischen Recht« betrachtet, in welchem possessorische Jnterdicte ge­ braucht werden können. 6» z. B. gründe sich das interdictum de prtcerio weder auf Vertrag, »och darauf, daß der Kläger mehr Recht an der Sache ju haben behaupte, als der Beklagte; sondern allein darauf, daß es an sich unrecht sei, de« guten Willen de» Anderen zu mißbrauchen. Auch sein darum üd^all die drei Ar­ ten, wie der Besitz unrechtlich erworben werden könne (vitia pos­

sessionis), mit einander verbunden. 7) Vieh« v. «avigny a. a. O. §.2. E« wird,'weiter angege­ ben« es gelte hier etwa« ganz andere«, als bei der rei vindicatio, bei welcher nicht danach gefragt werde, auf welche Weise der An. dere tum Besitz gekommen sei. Der dagegen bloß den Besitz einer Sache hab«, habe damit gar kein Recht aus bi« Detention, aber «e hab« das R«cht von jede« zu fordern, daß «r über­ haupt kein« Gewalt gegen ihn gebrauch«: thue er diese« »«nnoch, und sei dies« Gewalt gegen den Besitz gerichtet, so schütze sich der Besitzer durch Jnterdicte. Der Besitz sei dir Bedingung dieser Interdikt«, also hier, wie bei der Usukapion, di« Bedingung von Rechte» überhaupt.



157



doch schon jetzt gegen jene Grundsätze im Allgemeinen biegegrün» bctefkn Bedenken erheben. MS Fälle', wo v. Savigny, abgesehen von der bona* fidei possessio 8), für welche auch wir jenen Schutz durch Unterbiete behaupten, juristischm Besitz und in Folge desselben die Unterbiete auszeichnet, kommen insbesondere vier Falle in Betracht, in welchen juristischer Besitz, jedoch nicht ein für alle» mal, vorhanden sein soll: sie betreffen insgesammt den sg. ab» geleiteten Besitz. Ersten- nemlich soll für den Jnnehaber deS jus in agro vectigaU ein für allemal und ohne Beschrän­ kung jener juristische Besitz vorhanden 9), demnach derselbe durch 8) Dabei müssen wir denn ebenfalls davon absehen, daß o, Cd# vigny auch dem Diebe jenen juristischen Besitz ertheilt, ebenso dem Ehegatten in Folge einer donatio inler virum et uiorem. Beide können bekanntlich nicht Eigenthümer der erlangten Sache werden, sie erlangen vielmehr gar kein Recht an der Sache, aber sie sollen nach v. Savigny juristische Besitzer in dem angegebenen Sinne sein. Dieser Punkt wird passend erst weiter unten im Zu­ sammenhang seine Erledigung finden. 9) Siehe v. Savigny d. «echt bei Besitzes $. 9. (5), §. 22. a. (IV) u. §. 24.(1). o. Savigny sagt, nach dem Begriff des Besitzes dürfe auch hier, wie der der Superficies, kein juristi­ scher Besitz angenommen werden, ein wahrer Besitz sei unleug­ bar, und diese scheinbare Jnconsequenz lasse sich nur historisch er­ klären. Obgleich nemlich bei dem ager vectigalis dem Pachter nur ein jus in re zugeschrieben werden könne, so habe sich der ager vectigalis nach der Analogie des alten ager publicus gebildet, und so viele und wichtige Verschiedenheiten zwischen beiden gelten moch­ ten, so sei doch auch nicht! natürlicher, als daß diese Analogie ohne weiteren Grund manche practische Rechtssätze für den ager vectiga­ lis veranlassen muhte. Da nun grade die possessio bei betn ager publicus sogar zuerst entstanden, sei eS sehr natürlich, daß man sie in dem ager vectigalis, als der neueren Form des ager publi­ cus habe fortdauren lassen, v. Savigny da- Recht des Besitze§. 12. a. (4). Diese ganze Erklärung hängt zusammen mit der Ge­ schichte, welche v. Savigny für den Besitz annimmt, welche je­ doch aus einer schon an und für sich unhaltbaren Eonjectur be­ ruht. Savigny nimmt nemlich nach Niebuhr an, daß der Besitz und jener Schutz durch Interdikte zuerst am egtr publicus

158 die sg. possessorischen Jnlerditte geschützt sein. Zweitens soll dasselbe für den Pfandberechtigten gelten, der durch ein Kanstpfand, pigona im eigentlichen Sinne, berechtigt wordm ist10). entstanden sek.

Der

ager publfcus

im

Gegensatz de- ager pri­

vates f welcher letztere sich tm Römischen Eigenthum befunden, sei nach der alten Verfassung größtentheil- an einzelne Römische Bür­ ger zum Besitz und Genuß überlassen,

so daß jedoch die Republik

das Recht behielt, ihn völlig willkührlich einzuziehen. für diesen Besitz der Einzelnen, häufigsten Verhältnisse

ES finde sich

also für eine- der wichtigsten und

im alten Rom,

nirgend-

eine

bestimmte

Recht-form erwähnt, obgleich bei dem juristischen Ordnung-sinn der Römer nicht zu zweifeln sei,

daß hier ein Schutz des Jnnehaber-

gegen willkührliche Störung gegolten habe, man dürfe wohl anneh­ men , daß der Jnterdictenbesitz eben diese Rechr-form für den ager pubHcus

gewesen

sei. —

Allein

für diese ganze Hypothese läßt

sich in der That nichts weiter angeben, als daß für den ager publicus die Ausdrücke: werden,

possessio, possessor, possidere gebraucht

wenn gleich v. Savigny damit noch verschiedenes Ande,

re in Verbindung gebracht hat. S. d. Recht de- Besitze- §. 12. a. Dabei ist ausserdem hervorzuheben: der Pächter eine- ager vectigalis, und

eben

so

der

erophyteuta >

erwerben nicht

wie

der

sonstige Pächter durch Perception, sondern schon durch Separation die Frucht.

Die- erklärt v. S av ig n y a. a. O. §. 22. a. IV. so,

weil derselbe den juristischen Besitz der Sache habe, müsse er gleich dem bonae fiJei possvssur die Frucht gewinnen, sobald sie von der Hauptsache abgesondert sei.

Aber auch der Zeitpunkt bc5 Erwerbe-

sei für beide derselbe, und habe für beide denselben Grund, nemlich die Regeln de- Besitzes,

so daß eine andere Erklärung dieses Um­

standes unmöglich sei. 10) S. d. Recht des Besitzes §. 9, 6. und daselbst tz. 24. II. ES soll also jener Besitz nicht durch jede Verpfandung überhaupt ent­ stehen,

namentlich nicht ein bloßes

pratorischcs

Pfand

genügen,

denn diese- entstehe aus jeder missio in possessiunem, und doch habe die missio in den meisten Fällen keinen Besitz zur Folge. Den juristischen Besitz

für da- pignu» erkläre v. Savigny so:

Die Römer hätten lange Zeit nur 2 Arten gehabt,

durch da- Ei­

genthum des Schuldners die Erfüllung einer Obligation zu sichern. Man habe ersten- mit dem pactum de remancipando auf dem

Wege der fiducia da» Eigenthu» der Sache gleich anfangs über«

159 Drittens

soll jener juristische Besitz für dm

Depositar,

jedoch nur ausnahmsweise, Vorhandensein"). Endlich viertens soll derselbe für den precario actipUnst wenn auch nicht ohne alle Ausnahme, dennoch alS die Regel in Betracht kommen 12)« Beim jus in agro vectigali zunächst, wie schon ftüher an­ gegeben und an einem andern Orte genügend nachgewiesen ist, unterliegt es auch nicht dem mindesten Zweifel, daß der emphyteutji rechtlicher, und nicht bloß Grundstückes sei 13). wiß

niemand

der

factischer Jnnehaber seines

Dje Sache ist so völlig Ansicht

v.

Savigny's

klar, daß beitreten

ge­

wird.

Der emphyteuta hat an einem fremden, fruchttragenden Grund­ stücke ein dingliches Recht, ein dingliches Recht grö­ ßeren Umfanges,

so daß er selbst dem

Eigenthümer eines

Grundstückes in seinen Befugnissen und Berechtigungen analog

lassen. Diese Form sei nicht bloß beschwerlich, sondern auch auf bestimmte Arten von Sachen (res mancipi) beschränkt gewesen. Deshalb sei es zweitens gewöhnlich geworden, die Sache dem Gläubiger bloß hinzugeben, ohne daß dadurch für den Schuld­ ner ein anderes Recht entstanden, als da-, in Zukunft die Zurück­ gabe zu verlangen (actio pigneratitia). Hier fehle der animus dominii, cd könne demnach nur ein abgeleiteter Besitz fein. Der Gläubiger erhalte durch die Uebergabe bloß die natürliche Sicher­ heit, die ihm die Aufbewahrung einer Sache gewähre, vetlicre er den natürlichen Besitz, so sei alle Sicherheit verloren. Der Gläu­ biger lw.be die Detcntion nach dem Inhalt de- Eontracte-, und insofern die Interdicte bloß dazu vorhanden sein, Detention zu erhalten und wiederzugeben, müsse er und nicht der Schuldner die possessorischen 2"tcrdicte anstellen können, dtach eingeführter actio liypothccaria habe der Gläubiger eine Realklage, um den verlor­ nen Besitz wieder zu erlangen, dadurch seien die Interdikte mehr entbehrlich geworden, allein man habe die Interdikte dennoch bei­ behalten, denn auch der Eigenthümer habe sie bekommen, obgleich er von jeher eine Dindicarion hatte u. s. w. 11) 12)

Siche da- Recht de- Besitze- §. 25. Siehe ebendaselbst.

13)

S. meine Schrift über da- frühere Verhältniß

am agcr vcctigalis, S. 34. ff.

de- Rechte-

160 behandelt ist. Dasselbe gilt deshalb auch von dm Schutzmitteln» welche dem emphyteota, jedoch erst durch Interpretation der RLmischen Juristen, gestattet wordm sind. Es sind hier dieselben Klagen angewandt, welche dem Eigenthümer zustanden “). Auch der empbytcuta soll possessorisch klagen, ihm bei seinem Rechte zn besitzen (jus possidendi) eine schleunige Hülfe geschafft werden: allein zum Schutz im Besitzt hatte der Prätor dem Berechtigten bereits ein eignes selbstständiges Interdikt, daS inUrdictum de loco publico fruendo, gegeben, und wir können mit Bestimmtheit behaupten, daß ein Schuh, wie er durch die sg. possessorischen Interdikte erlangt wird, hier überflüssig und unnöthig sei, weil durch jenes grade schon dieser Schutz gestattet ist. Es ist zugleich völlig ausgemacht, daß jenes Interdikt, nicht anders als die sonstigen Schutzmittel des empbyienta, demselben keinesweges als Folge eines bloßen factum, eines leeren Nichts gewährt worden sei "). Grade dasselbe ist in Betreff des Pfande-, bei welchem v. Savigny jedoch ebenso nur juristischen Besitz behauptet hat, unzweifelhaft. Für den Pfandgläubiger, wenn ihm der Besitz des verpfändetm Objettes übertragen worden, was v. Savigny hier vorausgesetzt, ist nicht bloße Detention, verbunden mit der Absicht zu besitzen, vorhanden, vielmehr ist derselbe ohne Rück» sicht, ob ein pigone, oder hjpothecavorliegt, dinglich Berech­ tigter. Er hat ein dingliches Recht größeren Um­ fanges, und ist deshalb selbst dem Eigenthümer analog behandelt worden. Es betrifft jedoch diese Behauptung nicht so die sonstigen Befugnisse 16), als vielmehr das Recht de14)

Auch dieser Punkt ist in meiner angeführten Schrift genügend dargethan, 8» 35 ff. 15) Bergt, auch hierüber meine Schrift, S. 45 ff. 16) Der Psandglüubkger, ohn« Unterschieb, ob er creditor pigneratitiu» oder hypothecariu! ist, hat in Folge seine- dinglichen Rech­ te- nicht diejenigen einzelnen Berechtigungen, welche den sonstigen dinglich Berechtigten größeren Umfange-, dem Emphyteuta und Supersieiar zustehen. Al- Di-positionberechtigung hat et nur da»

161 Schutzes, ivelchernnach dem Pfandgläubiger alle die Schutz­ mittel zustehen, welche ursprünglich nur für den Eigenthümer zur Verfolgung seines Rechtes bestimmt waren 17). Dieser LnaRecht der Veräußerung bei nicht erfüllter Verbindlichkeit. Xvl* ßerdem kann er nur noch sein dingliches Recht Anderen verpfän­ den (creditor creditoris)* Einen Anspruch auf den Fruchtgenus hat der Pfandgläubiger nur ausnahmsweise, nemlich in Folge einer besonderen Nedenverabredung, de- pactum antichreticum♦ Das Recht, die Sache factisch inne zu haben, steht nur dem crcditor pigneraiitius zu. Auch kann nur für diesen, nicht so für den crc­ ditor hypothecarius, da- Recht gedacht werden, Dritte von der Sache abzuhalten. Die Beschränktheit jener Berechtigungen erklärt sich aus der bei dem Pfandcontract zum Grunde liegenden Absicht, der Pfandgläubiger soll nur zu seiner Sicherheit Ln größerem Umfange dinglich berechtigt sein, waS bei der Emphyteuse und der Supersicies sich ganz anders verhalt. 17) Grade dieser Schutzmittel bedurfte der Pfandgläubiger, um hin­ länglich gesichert zu sein, und dadurch, daß auf ihn dieselben ana­ log übertragen worden sind, characterisirt sich das Pfandrecht, wie die Emphyteuse und Supersicies, als ein größeres dingliches Recht. Obgleich das Pfandrecht ein fremdes Eigenthum voraussetzt, ist es doch dem wirklichen Eigenthum ganz analog behandelt, welche- von der Emphyteuse und superficies ebenfall- behauptet werden muß. Der Pfandgläubiger hat zur Verfolgung der ihm verpfändeten Sa­ che die aclio hypothecaria, welche als actio in rem ausgezeichnet nur eine analoge rei vindicatio ist. Sie vertritt für den Pfandgläubiger die bei der Emphyteuse und Superficies vorkommende actio Publiciana utilit. Eben so sind für den Pfandgläubiger nach derselben Analogie die drei Theilung-klagen zur Anwendung ge­ bracht, nemlich die actio communi dividundo, familiae erciscun• dao Und Jiniutn regundorum, Auch ist für ihn analog die actio confessoria und negatoria angewandt worden, er ist gleich dem Eigenthümer mit diesen Klagen aufzutreten berechtigt, wenn dem verpfändeten Object eine Servitut zusteht, oder eine solche von ei­ nem Dritten unbefugterweise in Anspruch genommen wird. Er hat die condictio furtiva und die actio rerum amotarum, UM aldinglich Berechtigter.hinreichend gesichert zu sein; beide Klagen ist sonst nur der wirkliche Eigenthümer anzustellen berechtigt. Auch kann er sich eine cautio damni infecti bestellen lassen, ebenso da- Opus nooum nunctiren, er stellt da- interdictum de precario an u. s. w. v. tiqevfttöm Recht.

L

1(52 logie wäre es gemäß, auch die possessorischen Interdikte für den Pfandgläubiger zur Anwendung zu bringen. Allein eS scheint, alS wenn diese Art des Schutzes weniger nöthig gewesen, daß es dem Pfandgläubiger vielmehr nur darauf angekommen sei, den Besitz der verpfändeten Sache zu erlangen, zu welchem Ende Hon vom Prätor ein eignes Jnterdict, das interdictum Salvianum, was hinterher nach der Analogie auch als quasi Salvianum angewandt wurde, bestimmt worden war. Dasselbe Rechtsverhältniß, was bei der Emphyteuse ent­ scheidet, ist nicht anders für die Superficies entscheidend, v. Savigny hat indeß in Betreff der letzteren jenen juristi­ schen Besitz geläugnet,s); und dieser Irrthum wurde durch die hier üblichen technischen Ausdrücke veranlaßt. Es findet sich nemlich für den emphvteuta, oder vielmehr für den Berechtigten am ager vectigalis, welches sich jedoch auf dasselbe Rechtsver­ hältniß bezieht, in einzelnen Angaben der Ausdruck possidere, worunter v. Savigny juristischen Besitz versteht. Allein der Emphyteuta sowohl als der creditor pigiieralitius hei­ ßen in keinem anderen Sinne possessores, als der Eigenthü­ mer selbst. Von einem possidere ad iiiterdicta ist nirgends die Rede, es wird vielmehr jenes possidere ebenso durch jure hereditario possidere, und andere ähnliche Umschreibungen bezeich­ net, nemlich in Betreff des jus io agro vectigali 10). Und die reliquae causae possessionis in Betreff des creditor pigoeratitios, welche im Gegensatz der Usucapion in 1. 16. D. de usurpat. et nsucap. erwähnt werden, worauf v. Savigny am meisten Gewicht gelegt zu haben scheint, beziehen sich nur auf die ver­ schiedenen Vortheile, welche, wie z. B. das Retentions­ recht, von dem factischen Innehaben im Römischen Rechte ab18) Siehe dar Recht des Besitzer §. 23. Da« hier stattfindend« interdicium de superfieiebus ist (n der That nicht« anderes, als eine Anwendung des interdictum uti possidetü, nur daß diese An­ wendung bereits vom PrLtor festgestellt worden war. 19) Siehe meine Schrift über da« frühere »erhültniß de« «echte« am ager vectigalii, S. 43 ff,

hängig, und bereits oben gelegentlich erwähnt worden sind. Pos­ wird das faktische Innehaben deS Pfandgläubigerö in dem» selben Sinne genannt, in welchem daS faktische Innehaben deS Eigenthümers mit diesem Ausdruck bezeichnet wird 2U). Die Unrichtigkeit der Meinung v. Savigny'k in Betreff des depositum und precarium wird sich nach dem Obigen um so leichter ergeben. Auch hier scheint v. Savigny durch den Ausdruck possidere verleitet worden zu sein, indem er demselben jene technische Bedeutung unterlegt. Indeß dieser Ausdruck be­ zieht sich überhaupt auf faktisches Innehaben der Sache, und auf dieses in einem ganz verschiedenen Sinne. Schon deshalb muß v. Savigny's Conjectur höchst gewagt erscheinen. Allein die Sache läßt sich eben so leicht auf andere Weise erklären. Beim depositum zunächst soll Besitz nur ausnahmsweise vorhanden sein, für einen sehr beschrankten Fall 21). Wenn das Eigenthum einer Sache vindicirt, die Sache selbst aber bei einem Dritten (Sequester) deponirt wird, so können nach Savigny die Partheien ausdrücklich bestimmen, daß dieser Dritte den Be­ sitz haben solle, damit dadurch alle bisherige Usucapion unter» brachen werde. Die hierher gehörigen Quellenzeugniffe, worauf sessio

20) Vra wenigsten sind die von Savigny außerdem angegebenen Stellen für da« Gegentheil beweisend. Bergt. 1. 29. u. 37. D. de pigoerat, ach 1. 37. D. de possess. 1. 36. eod. J. 16. D. de usurpat. et usucap. 1. 33. §. 5. D. eod. 1. 16. D. de oblig. et action. Qi ist in keiner dieser Stellen bemerkt, daß der Aurdruck possessio mit dem Schutz durch jene bestimmten Jaterdicke in ir­ gend einer Verbindung steh«, e« ist auch nirgend« ausdrücklich ge­ sagt, das der Pfandgläubigrr jene Jnterdict« anzustellen berechtigt sei, wie sich ebenso dafür in Betreff der Emphyleuse keine au. Das precarrom war, wie so viele andere Institute, 2A) Bei der Emphyteuse, bei dem Pfande ufucapirt derjenige, der die Emphyteuse bestellt oder da< Pfandrecht ertheilt hat, weil sie, ungeachtet der UeberLragung der Sache und der Erthcilung jjcneS dinglichen Rechte- größeren Umfang-, die Absicht behalten, Eigen­ thümer -u sein, wogegen der Emphyleuta sowie der Pfandglüubü ger die- fremde Eigenthum anerkennen, mithin nicht den zur Usucaptoit erforderlichen animus dominii haben kbnnen. 24) 1. 4, $• 1. IX de praescr. : „ Mrminisse auteiu dos oportet, i, eum , qui precario habet t etiam jiotsiJere* ° 25) v. Savigny'- Ansicht (da- Recht de- Besitze- §.25.) ist vollständig diese. Beim precarium werde theil- Besitz, theil- bloße Detention übertragen. Der Grund, weshalb Uebertragung deBesitze- hier ol- Regel gelte, liege darin, daß sie dem Eigenthü­ mer nicht schade. Sein UsucapionSbesitz nemlich werde durch acces­ sio possessionis fortgesetzt, und cs finde für ihn ein eigne- interdictum rccuperandae possessionis statt, UM den veräußerten Besitz wieder zu erlangen. Laß biege Detention übergehen solle, könne durch ausdrückliche Verabredung bestimmt werden. Zwar werde auch in diesem Fall der Besitz verloren, wenn der ro-ans zugleich Eigenthümer der Sache sei, allein nun sei in Wahrheit kein pivcai ium vorhanden. Deswegen leide der Latz selbst eine Ausnahme, wenn der Eigenthümer wissentlich da- precarium eingehe; dann nemlich sei nur ein precarium sollus possessionis vorhanden, in, dem jener Vertrag mit Rücksicht auf den Besitz eines Anderen ge­ schlossen werde, nicht werde dann der juristische Besi^ durch preca­ rium übertragen. Eine wichtige Anwendung komme bei dem Pfandcoiitraet vor. Wenn der Schuldner das Pfand precario rogire, so gelte diese rvgatio. weit sie offenbar mit Rücksicht auf b:n juristl-

166 prätorischen Ursprungs; und «8 fragt fich hier^ ob der precari» lenen» ein Recht an der Sache habe, oder nicht. Derselbe kann keinen aoimus domloii haben, demnach nicht Eigenthümer, oder bonae fidei possessor, sein 1C). Vielmehr bleibt der Uebertragende Eigenthümer, der precario lenen» erlangt nur, so lange S. 12.

3*j) a q 11. Nicht mit der Lehre de- Besitze- zusammen­ hängend uno abwegig ist jedoch, wa- v. Thaden über da- lurium pos.ira. a. O. 5 l.l. u. 14. anführt. Auf den Rechts» gründ der poti'-'ffortfd)fn onuibu?« ist aucy aufmerksam gemacht in

171

Diese und andere Einwendungen sind sehr treffend von jenem Verfasser geäußert worden, die obersten Grundsätze deS Römischen Rechtes konnten nur dazu führen; in der Hauptsache jedoch hat derselbe weniger festen Fuß gefaßt. — Es ist nicht eine Vermuthung, welche hier juristische Folgen herbeiführt, eS ist die rechtliche Bestimmung, daß der bonae fidti posseasor dem Eigenthümer gleichgestellt fein solle, und diese ist, wie sie auf einer Fiction beruhet, in der innersten Nothwendigkeit gegründet. Was aber v. Savigny bei jener allgemeinen Erörterung deS Grundes des Besitzes, zumal sogar die bonae fidei possessio von ihm für die ganze Darstel­ lung als gleichgültig behandelt wird, vor Augen gehabt habe, ist schwer einzusehen 40). §.

25.

Jene Behauptung in Ansehung deS präsumtiven Eigenthums soll jedoch nur die Begründung des Besitzes im Allgemeinen betreffen, durchaus nicht den Rechtsgrund irgend eines concreten Besitzes; dieser soll vielmehr in dem Schutz gegen die formelle Sreviu», Blätter für juristische Kritik, von v. Meysenbug, Ist»« Heft e. 112 ff. 40) Wie kaua für den Dieb, für de» beschenkte» Ehegat­ ten, welche wissen, daß sie gar kein Recht an der Sach« haben» daß ihnen nicht gehbr«, wa« sie besitzen, die Vermuthung entstehen, sie dürften auch wohl Eigenthümer sein. Ebenso wird obig« Be­ hauptung für jenen sog. abgeleiteten Besitz, welcher grade nach v. Savigny'« Darstellung alt die Hauptsache für die ganz« Lehre de« Besitze« angesehen werden muß, nur ftngulair erscheinen. Wi« kann für einen solchen, der nur ein dingliche« Recht an der Sache hat, der also ebenfall« weiß, daß er nicht Eigenthümer sei, den Empyteuta und dea Pfandglüubig er, vermuthet werden, er dürfte auch wohl Eigenthümer fein. Sicher wird niemal« «ine Gesetzgebung sich auf solche Argumente stützen. Noch weniger kann diese« aus die Sequestration und bo« precarimn bezogt» wer­ den , für welch« v. Savigny die sehr deutlichen Aagabea der Quellen durchau« mißverstanden hat.

172 Verletzung enthalten sein *). In wiefern diese Nebenbestimmung für die possessorischen Jntrrdicte richtig sei oder nicht, wird unten genügend erhellen. Mit obiger Behauptung stehen manche andere Punkte in Verbindung, welche sich ebenfalls leicht widerlegen lassen, und von mehreren derselben ist schon früher gesprochen worden. Hier wird es der Ort sein, die Gründe, welche». Savigny für das Dasein der Jnterdicte ausgestellt hat, genauer zu beurtheilen. Wir können hierbei absehen von dem Streit, welchen ». Savigny mit den älteren Juristen führt, indem er behauptet, es sei am wenigsten die Rede von provisorischen Vindica­ tio nen, als welche nach den früheren Bearbeitern des Römi­ schen Rechtes jene Jnterdicte angesehen wurden; dieser Streit dürfte in der That nur abwegig genannt werden *). In der 1)

». Savigny (dar Recht bet Besitzes §. 2.) spricht sich »emlich

dahin ausr Fragt man nach dem Grunde, warum diese Art des Schutzes eingeführt fei, so könne man allerdings sagen, dieser Grund lieg« in einer allgemeinen Vermuthung, der Be­ sitzer dürfte auch wohl Eigenthümer sein. Insofern also könne man den Besitz als einen Schatten des Eigenthum«, als ein präsumtive« Eigenthum betrachten; nur treffe diese« lediglich die Begründung de« Rechtsinstitut« im Allgemeinen, durchaus nicht den Rechtsgrund

irgend

eine«

concreten Besitze«.

Dieser Recht«grund liege vielmehr lediglich in dem Schutz gegen die formell« Berletzung,

weshalb dir

possessorischen Jnterdicte eine

durchaus obligatorische Natur hätten, und auf keine Weise für pro­ visorische Bindicarionen gelten könnten. 2)

v.

Savigny (a. a. O

§.2.) erwähnt, die Meisten hätten ir­

rig« Weis« jede Verletzung de« Besitze« für eine materielle Recht«. Verletzung

angesehen,

Lindicationen. gesucht,

die possessorischen Klagen für provisorische

Diese Ansicht wird im §. 36. daselbst zu beseitigen

v. Savigny nennt provisorisch« Rechtsmittel diejenigen,

deren Entscheidnng den Streit nur vorläusig endige, indem noch »ine andere p-remtorische Untersuchung und Enlscheidung derselben Rechtlfrage möglich sei.

Wenn also die possessorischen Klagen wirk­

lich solche provisorische Rechtsmittel wären im Verhältniß zum Ei­ genthum, so müßte der Besitzer nach einer allgemeinen Präsumtion vorläufig als Eigenthümer angenommen werden, ober diese Ent-

173 Hauptsache ist v. Savigny'S Ansicht diese 3). * * Die sg. pof* sesionschen Jnterdicte, wohin die interdicta rclineodae und recuperaodAe possessionis, nicht die interdicta adipisceodae possessio­ nis 4), gerechntt werden, seien auf Besitz, auf juristischen scheidung der provisorischen Lindication könne bei der folgenden Un­ tersuchung sowohl geändert, alS bestätigt werden. Die- sei falsch, indem da- Recht der Unterbiete auf Gründen beruhe, btt in gar keiner Beziehung auf Eigenthum stehen. Die interdicta retinendae possessionis werden zwar als nöthige Vorbereitungen der Vindica­ tio n angegeben, sogar gesagt, daß dieser Umstand Gelegenheit za zu ihrer Einführung gegeben habe^ auch jedem Eigenthümer gera­ then, wo möglich ein Interdikt, und nicht die rei vindicatio anzu­ stellen. Allein diese- vorbereitende Verhältniß sei offenbar von dem eine- provisorischen Rechtsmittels sehr verschieden, und selbst bloß zufällig, da eS ohne Zweifel auch bann gebraucht werden könne, wenn keiner der streitenden Theile Eigenthum zu haben behaupte, wie sich bei sehr vielen andern Klagen i,

12) Die Sache ist im §. 6. a. a. Orte umständlich behandelt, wo v. Savigny die Frage auswirft, zu welcher Classe von Rechten der Besitz gehöre. Für die Usucapion, bemerkt er, lasse sich diese gar nicht denken. Niemand falle eS ein, zu fragen, zu welcher Art von Rechten die justa causa gehöre, ohne welche die Tradition kein Eigenthum übertragen könne. Sie fei gar kein Recht, aber sie fei ein Theil der ganzen Handlung, wodurch Eigenthum erwor­ ben werde. So auch der Besitz in Beziehung auf Usucapion. Dem­ nach bleibe nur der Besitz übrig, auf welchen die Jnterdicte sich gründen. Für diesen lasse sich jene Frage, ohne auf die Classifica­ tion de- ganzen Privatrechts einzugehen, vollständig beantworten. Es lasse sich zeigen, daß der Besitz in- Obligationenrecht ge­ höre, er fei von allem Sachenrecht zu trennen. Daß nemlich die possessorischen Jnterdicte ins Obligationenrecht gehören, folge schon daraus, daß dieser Satz für alle Jnterdicte überhaupt gelte. Al, lein e- lasse sich noch bestimmter darthun, daß sie sich aus obligaliunes ex maleficiis gründen. Bei dem inlerdictum de vi habe die- keine Schwierigkeit; das inlerdictum uti possidetis werde nicht nur überall mit dem inlerdictum unde vi zusammenge­ stellt, sondern eS gelte auch, wie diese-, nur im ersten Jahr, folglich auch nicht gegen den Erben schlechthin, was beim wieder mit der allgemeinen Reget zusammenhänge, welche für alle actiones ex delicto die Verbindlichkeit des Erben beschränke. Die übrigen Jnterdicte seien alle dem interdicium uti possidetis ganz ähnlich, das de precario ausgenommen, allein auch bei diesem sei die Ver­ bindlichkeit des Erben gerade so beschränkt, wie bei jeder obllgati«. ex maltdicio.

ES ist jedoch, soviel idj weiß, keiner der neueren Systematiker di-.ser Behauptung beißenden, und die Eründe, welche v. Sa-

182 Im Obligatlonemecht unter die Obligation« ex oaleflcio zusammen­ gestellt werden müssen. Daß dieses aber nicht geschehen, erkläre sich daher, weil eine besondere abweichende Art der Prozesses dabei vorgekommen sei. Würde das Edict in allen Fällen actiones gestattet haben, so wären die Jnterdicte ohne Zweifel unter die Obligationen ex maleficiis gesetzt worden, was wir jedenfalls thun müßten, nachdem die Bedeutung jener Trennung für unS verschwunden sei Dieses kann indeß aus keinem Grunde vigny für dieselbe vorbringt, Heb In der That sehr gesucht, am wenigsten beweisend. Der Latz, welcher sich für di« Interdikt« insgesammt in 1. 1. §. 3. D. de interd. ausgesprochen findet: „ Interdicta omnia, licet in rem videantur concepta, vi tarnen f9ipsa personalia sunt,” kann nur richtig auf die obligatorische Natur bezogen werden, welche sich bet allen Klagen ohne Unterschied, also auch bet den Unterbieten, vorfindet. Eben aus diesem Grunde waren die Römischen Systematiker sehr geneigt, die Klagen überhaupt beim Obligationenrecht abzuhandeln; eS würde dadurch also durchaus nichts Besonderes für die Jnterdicte nachgewiesen sein, weil dasselbe sich ebenso auf die dinglichen, alS persönlichen Klagen bezieht. Aber eben so wenig können die so verschiedenen Jnterdicte für dingliche Klagen im eigentlichen Sinne gelten, wie eS j. SB. die rei vindicatio ist. Deshalb wird nur gesagt, daß sie eine Sache betreffen, v. Savigny will jedoch die Worte: licet in rem videantur concepta nicht auf alle Jnterdicte bezogen wis­ sen, sondern nur auf wenige, z. B. das intcrdictum quorura bo­ norum, nicht namentlich auf die possessorischen, was sich indeß hei jener allgemeinen Angabe am wenigsten rechtfertigen läßt. Die sonstigen Andeutungen, welche sich in Betreff der interdictum unde vi vorfinden, enthalten nur allgemeine Bezeichnun­ gen , und können für die Sache nicht entscheidend sein; 1. 19. 1), de vi. I. 1. §• 14. und 15, D. eud. 13) Siehe das Recht des Besitzes $. G. Mit Obigem verbindet v. Savigny noch die allgemeine Bemerkung: dar jus possessionis, das Recht, welches der bloße Besitz gebe, bestehe lediglich in dem Anspruch, welchen der Besitzer auf die Jnterdicte habe, sobald eine bestimmte Form der Verletzung hinzutrete. Abstrahirt von dieser Verletzung, gebe der bloße Besitz gar kein Recht, weder ein ju* Obligation«, wie sich von selbst verstehe, noch ein Recht auf die Sache, denn keine Handlung auf eine Sache sei bloß deswegen für

183 für jene Interdikte, nicht einmal für das loferdtctam oode ti an« genommen werden. Der bezeichnete Gesichtspunkt ist auch für die Jnterdtee, wie für dm Besitz, ein ganz untergeord­ neter. Wie wenig «S auf die Art der Störung bei dem Schutz eines Rechtes ankomme, sehm wir selbst bei der rei vin­ dicatio sehr deutlich. Diese Klage ist zum Schutz des Eigen­ thums eingeführt, im Eigenthum selbst gegründet, allein die Bedeutung derselben ist gar keine verschiedene, wenn auch der Beklagte sich durch «in Seite in den Besitz der Sache gesetzt hat: denn wie die rei vindicatio gegen jeden Innehab«, der al- solcher daS Recht deS Klägers bestreitet, angestellt wird, ebenso geschieht dieses gegen den Dieb, und doch hat noch Nirmand behauptet, daß die rei vindicatio in einem makficium, oder gradezu in einem Delikt gegründet sei 14). Das bisher für die Bedeutung jener Interdikte Angegebene, welches erst unten gerechtfertigt werden kann, wird durch das System der Digesten, auf welches wir uns um so mehr be­ schränken können, als dasselbe den übrigen Rechtsbüchern zuin Grunde liegt, vollständig bestätigt. Dieser Umstand muß hier noch in der Kürze gewürdigt werden. Alle Interdikte finden sich im System der Digesten in einem Anhang, der schon im cdictum perpciuom dem Römischen rechtlich zu halten, weil etwa bet Handelnde den Besitz der Sache habe. 14) Nach unserer bisherigen Erörterung wird die Frage, an tret» «her Stelle de- System« der Besitz abzuhandeln sei, gar keine Schwierigkeit haben. Al- Rechtsverhältniß kann nur der Besitz ge­ dacht werden, welcher al- bonae fidei possessio gilt. Und dieser juristische Besitz, d. h. derjenige, welcher rechtliche Wirkungen hat, muß im Sachenrecht Platz finden, dort, wo vom Eigentdum die Rede ist» indem die bonae ßdei possessio bloß al- eine beson­ dere Anwendung und Unterart de- Eigenthum- in Betracht kommt. Die Jnterdicte können mithin nur da angetroffen werden, wo vom Schutz de« Eigenthum- gehandelt wird. Die« ist e«, was ebenfall- die Römische» Systematiker durch ihr System «n die Hand geben-

184 Privat-Recht hinzugefügt war; Dig. Lib, XLIIL Nachdem zu­ nächst von den Jnterdicten gesprochen ist, welche sich auf das Erbrecht, dann von denm, welche sich auf daS öffentliche Recht beziehen, folgen diejenigen, welche dem Sachenrecht angehören, und hierauf die, welche in obligatorischen oder sonstigen Rechtsverhältnissen gegründet sind 15). Rücksichtlich derjenigen Jnterdicte, welche das Sachenrecht betressen, stehen grade oben an das interdictum unde vi 16) und possidetis 17), was sich nur daher erklärt, daß sie zum Schutz des Eigenthumsbesitzes, also auch der bouae fidei possessio ein­ geführt worden sind. Dann folgt das interdictum de superficiebus "), welches seiner Bedeutung nach nichts anderes ist, als ein inlerdictum oti possidetis, analog für btt superficies angemanbt19). Die superficies wurde wie die Emphyteuse und das Pfand ver15) Da- interdictum de precario hat in der letzten Classe seinen Platz gefunden, uemlich Dig. XLIII, 26. Und schon dieser Umstand wird unsere frühere Behauptung, daß jene- Interdikt in einem obligatorischen Verhältnisse gegründet sei, hinreichend bestätigen. Deshalb kann e- auf keine Weise mit den possessorischen Interdikten in Verbindung gebracht werden. Wollte man den Umstand, daß der Eigenthümer jenes Interdikt anstellt, al- entscheidend betrach­ ten, und demnach dasselbe für ein Schutzmittel de- Eigenthum- an, sehen, so müßte man auch die übrigen obligatorischen Klagen, wel­ che der Eigenthümer zunächst und besonders anzustellen berechtigt ist, unter dieselbe Rubrik bringen. 16) Dig, XLIII, IG.: de vi et de vi annata• 17) Dig. XLIII, 17.: uti possidetis. 18) Dig. XLIII, 18: de superßciebus. 19) Die- ist in 1. 1. §. 2. D. de supersic. ganz ausdrücklich ange­ geben : „Proponitur autetn interdictum duplex exemplo intcr„dicti uti possidetis. Tuetur igitur Praetor eutn9 qui superyjficiem petit, veluti uti possidetis interdicto: neque exigif,

,tquam causam possidentii habeat. v Der letzte Zusatz sagt un­ streitig, daß der supersiciar als Besitzer durch dieses Interdikt eben so geschützt sein solle, wie der Eigenthümer als Besitzer durch das interdictum uti possidetis geschützt werde, nemlich ohne den Nach­ weis de- von ihm behaupteten Rechte- führen -u dürfen. Bergt, auch I. 3. §. 7. I). uti possidet,

185 wöge deS Umfange- de- dinglichen Rechte- dem Eigenthums analog behandelt. ES mußten daher auch die Schutzmittel deEigenthums, folglich jenes ioierdktum für die superficies Anwen­ dung finden, und daß diese Anwendung nicht unter dem Namen ioierdiciom uti possideiis utile, sondern als ein selbstständiges In» tobtet vorkommt, erklärt sich vollständig daher, daß es vom Prätor eingeführt worden ist. Nun werden der Reihe nach diejenigen Interdikte eröttert, welche ausserdem von dem Prätor nach Analogie jener für den Eigenthümer bestimmten Interdikte als selbstständige Schutzmittel ausgezeichnet waren. In ganz guter Ordnung haben das inierdictum de itinere actuque privato 20), de aqua cottidiana et aestiva M), de rivis K), de fönte M), de cloacis M) ihren Platz gefunden.

Dicsemnach ist auch hier dieselbe Anordnung, welche im System deS Sachenrechts, Dig. VI — VIII, sich vorfindet, nur daß aus schon ftüher angegebenen Gründen nicht von einem selbstständigen Interdikt des Lonae fidel possessor die Rede sein konnte, eben so wenig von dem Interdikt, was den ager vectlgalis, demnach die Emphyteuse betrifft, gehandelt wird. Das pos­ sessorische Schutzmittel, welches schon vom Prätor für das jus io agro vectigali ausgezeichnet wurde, findet sich an einer frühe­ ren Stelle, wo von den das öffentliche Recht betreffenden Inter­ dikten gesprochen ist. Dieses aus dem Grunde, weil sich das jus in agro vectigali auf die öffentlichen Ländereien, den ager pu­ blic, bezog; allein ganz konsequent konnte daS iuterdictum de loco public frueodo von den Compilatvren für die spätere Em­ phyteuse, die jenem Rechte völlig gleich stand, angewandt werden M). 20) 21) 22) 23) 24) ß5)

Dig* XLIII, 19.: de itinere actuque privato. Dig. XLIII, 20: de aqua cottidiana et aestivw, Dig. XLIII, 21«: de rivis. Dig. XLIII, 22.: de Jonte. Dig. XLIII, 23.: de cloacit. Das interdiitum de loco publico fruendo , Dig. XLIII, 9., konnte, nachdem bad jus in agro vectigali seinem Objecte nach auf­

gehört hatte, nur bedeutungslos sein. Als aber die Compilatorea

186 Das iüterdictnm adipiscendae poseessionh des Pfanbgläubi« gerS hat vermöge der oblkgatorischm Natur, welche für das Pfandrecht in Bettacht kommt, nur in der letzten Rubrik Platz finden können 2ß), es steht mit jenen possessorischen Schutzmitteln nicht weiter in Verbindung. Auch das interdictam utrübi befindet sich in der letzten Klaffe, wohl auS dem Grunde, weil es im edictom perpetaum daselbst abgehandelt war. Es hatte aber dieses Jnterdict früher eine ganz andere Natur, und erst späterhin ist es dem inter­ dictam uti possidetis völlig gleichgestellt worden 28). Dieses führt uns jetzt zu der genaueren Erörterung des interdictum unde vi% uti possidetis und utrubi 29). de- Kaisers Iustivian die später entstandene Emphyteusr, welche auf ganz denselben rechtlichen Grundsätzen beruhete, durch diejeni­ gen Bestimmungen ergänzten, welche sie Ln den Schriften der älte­ ren Juristen über den ager vectigalis vorfanden, mußte auch jenes Jnterdict konsequent für die Emphyteuse zur Anwendung gebracht werden. Daß die Compilatoren solches beabsichtigt haben, ist schon auS dem Grunde klar, weil sonst dieses Jnterdict, wovon in der justiuianeischen Compilation gesprochen wird, als veraltet hätte übergangen werden müssen. 26) Dig« XL 1II, 33.: de Salviano interdicto• 27) Dig. XLI11, 31.: utrubi. 28) Daß tobte Jnterdict, wie eS vom Prätor angeordnet worden ist, auf ganz anderen Grundsätzen beruhet, als das inferdictum uti possidetis, ergeben die Worte des EdictS, welche Ln 1. 1. pr. D. utrubi aufbewahrt sind. Die völlige Gleichstellung desselben mit jenem interdiclum uti possidetis erhellt auS I. 1. §. 1. D. hoc tit.: fySed obtinuit , vim ejus exaeyuatam fuisse uti possidetis „interdicto , quod de rerum soli competit.” 29) Jene Jnterdicte werden wir hier in der angegebenen Ordnung

erörtern, weil dieses der Sache am meisten zu entsprechen scheint, indem der Schutz bei totaler Störung im Besitz als der wichti­ gere angesehen werden muß In eben der Art haben wir oben bei den petitorischen Klagen zuerst von der rei vindicatio s oder viel­ mehr actio Publiciana, Und dann von der actio negatoria gespro, chen. Grade die umgekehrte Anordnung hat v. Savigny befolgt, indem er zunächst tote interdicta i ctiueudae possessionis, toaS in-

187 §. 26. Was zunächst da- interdictum unde vi anlangt, so fin­ den wir in dm Rechtsquellm nichts, was dem oben Behaupte­ ten entgegenstände, im Gegentheil läßt sich das, worauf es hier ankommt, daß grade dem Eigenthümer bei entzogenem Besitze jenes Schutzmittel gegeben sei, vollständig beweisen. Dieses muß dargethan werden, um gegen v. Savig ny den Beweis zu führm. Der Eigenthümer hat das vollständigste Recht, was an einer Sache gedacht werden kann, hat demnach das Recht zu be. sitzen, er ist am wenigsten bloß faktischer Jnnehaber, was nach v. Savigny jeder sein soll, der auf die sg. possessorischen In» terdicte Anspruch macht. Was vom Eigenthümer gilt, muß ver­ möge der practischen Unentschiedenheit zwischen beiden ebenfalls vom bonae fldei possessor gelten. Aber selbst die erweiterte Anwendung, welche dieses Jnterdict erlangt hat, läßt sich ge­ schichtlich nur aus dem Grundprincip erklären, daß das Recht, was hier seinem Besitze nach provisorisch geschützt werden soll, nicht braucht nachgewiesen zu werden. Die Worte des Edictes, wodurch dieses Jnterdict einge­ führt ist, lassen es unentschieden, wer durch dasselbe geschützt sei, wenn sie gleich mit der Hauptsache am wenigsten im Widerspruch stehen, sondern dieselbe stillschweigend enthalten. Es kam dem Prator zunächst nur darauf an, zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen jener Schutz stattfinden, und waS das Resul­ tat desselben sein solle: „Praeter ait, unde tu illum vi dejecisti, aut familia „tua dejecit, de eo, quaeque Ule tune ibi habuit, tan„ tummodo intra annum de eo, quod ad eum, qui vi ,, dejecit, pervenerit, judicium dabo *1). tenliclum uti possidetii (§. 33.) und ba< interdictum utrubi (§. 39.) erörtert, und dann erst sich über daS interdictum unde vi (§. 40.) umständlich verbreite:. 1)

1.1. pr. D. de vi et vi ärmst. ES soll also die entjvgeno Sa­ che mit allem, Iva» sich auf derselben befindet, und in die Hände

188 Die Störung

sollte durch Besltzentsetzung

sein, mochte sie ein Dritter in eigner Stellvertreter verübt haben.

Person,

geschehen

oder durch

Man mußte mit Gewalt des

Besitzes entsetzt, vi dejtctus sein *2),

Jedoch kam es auf den

Grad der Gewaltthätigkeit, zumal zu Justinian'S Zeit, nicht weiter an, und der Gebrauch der Waffen war dabei kein noth­ wendiges Erforderniß 3).

Es wird zwar zwischen

armata

und quotidiana 4)5 unterschieden, aber in beiden Fallen ist man auf gleiche Weise zu diesem Jnterdict berechtigt. Daß grade dem Eigenthümer jener Schutz des Interdictes gewährt werden soll, ist nach der Interpretation der Rö­ mischen

Juristen außer allem Zweifel &).

Fast durchgehend

wird in den -hierher gehörigen Quellen der Eigenthümer als der­ jenige ausgezeichnet, welcher mit diesem Jnterdict auftreten könne, auf das Ausdrücklichste angegeben, daß es der Besitz des Eigen­

res

Störers kommt, restituirt werden. Der Prätor berücksichtigt -»gleich ben Fall, wo die Verletzung durch Mittelspersonen verübt wird, wa- sehr häufig geschah durch Sclaven, welche sich im.Dienste deS Störers befanden. Die Zeit, in welcher dieses Schutzmittel angestellt werden muß, wird auf 1 Jahr bestimmt. 2) Vergl. auch: 1. 1. §. 1. f. 3. D. hoc tit. 3) Auf bie mit Waffen verübte Gewalt wird in der Überschrift des Titels: de vi et vi armata Bezug genommen, ebenfalls in I. 3. pr. D. hoc tit.: ,,'juod cst et si quis armis dejecus estvergl. L 3. § 8. D. eod. I. 14. D. eod. Was anna und vis armata hirr bedeuten, darüber siehe I. 3. §. 2. — §. 5. D. und. vi. 1. 3. $. 8. D. eod.

Die Gewalt im Allgemeinen wird als eine vis „Ad solam autem atro%y cem vim pertinet hoc interdictum. ” (LS heißt anderswo, daß diese Gewalt sine vi corporali, d. h. ohne körperliche Einwirkung auf den Verletzten, nicht gedacht werden könne- 1. 1. §. 29. D.

atrox bezeichnet in 1. 1. §. 3. D. eod.:

und. vi. 4) Siehe Cic. pr. Caecin. Cap. 31. u. 32. Die Gewalt, welche nicht mit Waffen verübt wurde, scheint dadurch bezeichnet zu sein. Und auf diese beziehen sich auch die Worte de vi in der Über­ schrift jene- Titel-. 5) Die Römischen Juristen toomt grobe diejenigen, welche die An­ wendung diese- JnterdicteS genauer bestimmten.

189

thümerssei, welcher bei totaler Störung6) zu diesem Jnterdkrte berechtige. Grade für dm Eigenthümer werden die Ausdrücke: possessio, possidere hier gebraucht, um das faktische Jnne» haben desselben zu bezeichnen, in welchem er total gestört fein müsse, um jenes Interdikt anstellen zu könnm. Hierher gehört: 1. 1. §. 22. D. ande vi. „ Qnod eervas Tel procnrator, Tel eolooes teoent, dominus „ videtur possidere: et ideo, bis dejectis, ipso dejicl de „pessessione videtur, etiam si ignoret eos dejectoe, per qno» „possidebat. Et st qiiie igitnr alias, per qaem posside„ bam, dejectus fnerit: mihi eompetere interdictum, nernint „dubiom est.

Die Stelle hat gar keine Schwierigkeit. Der Eigenthümer ist es, welcher durch jenes Jnterdict geschützt werden soll, wenn er gewaltsam aus seinen: Besitz entsetzt worden. Aber was hier besonders erörtert wird, die vi dejeciio gilt für geschehen, sobald auch nur ein procnrator, oder colonus, oder ein sonstiger Stell­ vertreter, die im Namen des Eigenthümers besitzen 7), der gegen sie gebrauchten Gewalt haben weichen müssen, mag jener solcheerfahren oder nicht. Dasselbe Resultat ergibt 1. 1. §. 24. D. hoc. tit. 6) Insofern ist diese« Jnterdict »in interdictum recnperanJae poitesiionis; 1. 1. $. 1. D. de vi. G*j. IV, §. 154. L. 6. J, de interdict.

7) Der Besitz wurde so häufig durch Stellvertreter ausgeübt, und deshalb werden diese Ln sehr vielen Stellen als diejenigen erwähnt, welche des Besitze- entsetzt worden. Dergl. auch 1. 1. §. 45. u. 46. De hoc tit. I. 20. D. hoc tit. In der letzten Stelle werden außer dem colonus und inquilinus auch der colonus coloni inquilinus inquilini genannt. Durch den Repräsentanten kann der Besitz er­ halten werden, wenn ein Dritter nicht diesen, sondern nur den Ei­ genthümer mit Gewalt entsetzt; I. 1. §♦ 45. D. und. vi. Ttuch der Eommodatar und Depositar gehören hieherz §. 5. J.

,

de interde

190 „Sive antem corpore, eive animo possideos qnis dejectns „est, palam est, eom vi dejcclum videri. Idcirco ei „ qnis de agro suo vel domo processisset, nemine SHoram „rellcto, mox rcvertens, prulilbitns eit iogredi vel ipsnm „pracdiom, jel si qnis eom io medio itioere detiooerit et „ipse posscderit, vi dejeolus videalnr” 8). Hier ist die Frage aufgeworfen, ob der Eigenthümer seineBesitzes entsetzt werden könne, wenn er sich, ohne einen Stell­ vertreter zurückzulassen, von seinem Eigenthume entfernt, aber noch immer die Absicht hat zu besitzen. Diese Frage mußte nothwendig bejahet werden, weil der Besitz des Eigenthümers solo animo erhalten bleibt 9). Kann also in diesem Fall eine Vi dejeelio vorkommen, so muß dann auch das interdictum unde vi statthaben, weil das Recht des faktischen Innehabenhier ebenfalls vorhanden ist. Jene gewaltsame Besitzentsetzung geschieht übrigens, sobald der Eigenthümer nur auf irgend eine Weise an der Ausübung seines Rechtes zu besitzen gänzlich gehindert wird: also nicht bloß durch wirkliches Herauswer­ fen, sondern selbst dadurch, daß der Eigenthümer verhind ert wird, in sein Grundstück zu kommen, oder schon gehin­ dert wird, während er noch aus der Reise begriffen ist. Daß eben der Eigenthümer berechtigt sei, dieses Interdikt anzustellen, wird bei Gelegenheit der rei vindicatio sehr deutlich ausgesprochen in 1. 24. J). de rei viudieat. Es wird dem Eigenthümer, der den Besitz seiner Sache verloren hat, der Rath gegeben, zur Wiedererlangung der Sache lieber ein In­ terdikt, als die rei vindicatio anzustellen, denn beim Eigenthumsstreit sei es viel bequemer, die Rolle eines Beklagten, als die des Klagers zu haben. Dieser Rath war sehr natürlich, weil bei dem Interdikt die Beweisführung des Rechtes selbst wegfiel, und der Eigenthümer ohne Aufschub zu seiner Sache 8) Bergt. I. 11, C. unde vi.

9) Siehe auch I, 1. $. 25, D. und. vi, $, 5. in f. J, de interd. Hiervon weiter unten.

191

gelangte, somit also der Gegner im Hinterhengen Eigenthumsstreite die Rolle des Klägers übemehmen mußte 10). Ausserdem wird der Eigenthümer noch in folgenden Stellen als ,i dejeciee und berechtigt, jenes Interdikt anzustellen, erwähnt: L 3. §. 8. v. de Ti. „8i anlcm, ctim dominus veoiret io poasessiooem, Armali nenm prebibnerunt, qoi invaaerant posse&aionem, videri „eum armia dejectvm” u). 1. 10. D. de tL ,, Si de fundo proprietarium ... praedo expnlerit ... „oemo dubitat, qoio dominus retfoere debeat reveranm „ad ae nsumfrucCum”.

Es ist hier nemlich davon die Rede, daß ein naasfroctns, welcher an einem Grundstücke bestellt war, an dm domina» proprieiatis 10) „Is qui destinavit rem petere, animadvertere debet, an aliquo „ interdicto potsit naneisci possessionem: quia longe cointnol,dius est, ipsum pussidere et adversarium ad onera petitoris „compellere, quam alio posaidente petere. ” Diese Stelle be­ zieht sich gradezu auf das interdictum unde vi> obgleich dasselbe

nicht nameutlich genannt wird. 11) Ruch bei dieser Stelle wird der Fall vorausgesetzt, bast sich Dritte in Abwesenheit des Eigenthümer- Ln dessen Besich gesetzt haben, und ihn bei seiner Rückkehr von seinem Besitze abhalten, und zwar mit Waffen (arinati). Ist gleich da- interdictum unde vi begrün­ det, eö mag die Gewalt mit Waffen verübt sein, oder nicht, so muß doch folgende Beschränkung ausgezeichnet werden, welche in einem desonderen AbhängigkektSverhältniß ihren Grund hat. Nemlich die Kinder, die Freigelassenen sollen diese- Zater» biet nicht gegen die Eltern oder den Patron anstellen dürfen, wegen der Achtung, welche sie diesen schuldig sind (quia atrocitatem facinoris in se habet) } I. 1. §. 43. D, linde vi. I. 2. §. 1. U. 1. 7. §. 2. D. de obsequiis parent. et patron. praestand. Nur wenn mit Waffen die vi dejeciio verübt worden, soll gegen sie da- Lnterdict stattfinden: „aliter atque si vi armata usus sii 9tadversus libertum patt onus, vel adversus liberos parens\ nam interdictum competit; I. 1. §. 43. D. und. vi. Dabei war jedoch da- interdictum unde vi eben so wenig, als irgend ei» son­ stiges Jitterdict, eine actio famosa; 1, 13. D, und. vi. yyhic

192 zurückfallt, während der Eigenthümer auS seinem Besitze durch räuberische Hand entsetzt wird. Für diesen Fall soll der Eigen« thümer auch den usus/ructus durch das iaterdictum uode vi be« Häupten, weil sich hierauf die Verletzung des Besitzes ebenfalls bezieht. 1. 18. §. 1. V. hoc. tit. „Eam, qui fuh dum vindicavit, ab ee, cum qno iuter„diclo node vi potuit experiri, pendente jadicio oihilo mU „nus interdiclo recte ogere placoit”.

Die Unabhängigkeit des iaterdictum von der bereits ange» stellten rei vindicatio ist völlig klar. Bei einem doppelten Rechte muß auch eine doppelte Klage zulässig sein. Der Eigenthümer kann daher bei entzogenem Besitze die rei vindicatio zur Aner­ kennung seines Eigenthums geltend machen, aber ebenso während dieses Prozesses zur Wiedererlangung des Besitzes mit dem interdictum unde vi klagen. Am wenigsten liegt in der Anstellung der ersteren Klage eine Berzichtleistung auf jenes Interdikt. 1. 20. D. eod. „8i colonns tone vi dejectus est, ages nnde vi interdiclo. „ Idem si inqoilious tuns vi dejectus fuerit.

Paolns: idem

„ dici polest de coloni colono, item inquiiini inquiliuo”.

Auch hier kann nur an den Eigenthümer gedacht werden, der sein Grundstück verpachtet, sein Haus vermiethrt hat. Durch die dejectio des Pächters oder Miethers, ebenso durch die dejcctio des Afterpächters oder Aftermiethers, als Repräsentanten im Be­ sitze, wird der Eigenthümer als vi dejectus angesehen werden müssen. Durch die bisherigen Angaben, indem durchweg der Eigen­ thümer als derjenige genannt wird, welcher dejicirt, demnach jenes Interdikt anzustellen berechtigt ist, muß die gegnerische An­ sicht völlig widerlegt erscheinen; denn der Eigenthümer ist nicht bloß faktischer Jnnehaber, was aber nach Savigny jeder sein soll, welcher das iaterdictum uudo vi vorbringt1J). — Wird 12) Tewaltthitigkeitea wurden ohnehin durch die Uge» Julia» pu-

193 also grade der Eigenthümer durch diese- Jnterdict geschützt, wenn er nemlich den Besitz verloren hat, so muß dasselbe bei der obwaltenden Identität, auch nothwendig auf den bonae fidei possessor bezogen werden. In diesem Sinne haben wir oben behauptet, daß schon der Prätor jenes Jnterdict für beide Arten des Eigenthums eingeführt habe. Was vom Eigenthümer ge-, sagt ist, muß ohne Weiteres auf den bonae fidei possessor bezo, gen werden. Die Anwendung des Jnterdictes für den Looae fidei possessor ist zudem durch verschiedene ausdrückliche Quellenzeugnisse ausser allem Zweifel gesetzt n). Daher hat der booae fidei possessor, welcher ex secundo dccrclo eine missio io posseseiooem erlangte, bei totaler Störung im Besitze nicht anders das interdictum oude vi, als er die actio Publiciana anstellen kann u). Durch jede Besitzentsetzung entsteht zugleich eine Unterbrechung der Usucapion, dieselbe muß daher nach Wiedererlangung' deS hlicorum et privatorum und nach kaiserlichen Constitutio­ nen öffentlich bestraft; I. 1. §. 2. I). und. vi. Die hier in

Betracht kommende Störung wird auch schon dadurch verübt, daß der Gegner in der Sache nur einzelne Handlungen vornimmt, wel­ che die freie Willkühr de< anderen Theilt rücksichtlich seines Eigen­ thum- vollständig ausschließen, z. B. Säen, Graben, Ackern, Lauen und andere Handlungen dieser Art. Dies nemlich, weil der Besitz in der Ausübung derjenigen Berechtigungen besteht, welche im Ei­ genthum enthalten sind. „Vim ladt, qui non sinit possidentem ,, eo, quod possidebit, uti arbitrio suu: sive inecrcndo, sivc fo„ dicndo, sive arando, sivc quid aliud facicndo, per quod Übe„ram posscssioncm adversarii non relinquit;1* 1.11. D. unde vi.

13) zweifelhaft ist et jedoch, ob hierauf I. 6. D. und. vi bezogen werden könne. „ Fulcinus dicebat vi possideri, quotiens vel non „dominus, cum tarnen possideret, vi dejectus est. ” Der hier alt Besitzer genannte non dominus kann auch eben so gut ein sol­ cher sein, welcher gar kein Recht zu besitzen hat. 14) Dies enthält nemlich die schon früher angeführte I. 18. §. 15. D. de daran, infect.: „ cum alioquin, si is, qui jussu Praeloris „ coeperat possidere et possidendo dominium capere, ane non „admissus aut ejectus inde fuerit, utile interdictum de vi, vel „ Publicianam actionem habere polest. ” ». rigtrMw Recht. N

194 DefitzrS von Neuem beginnen. Weiß also der booae fidei po»•eesor in dem Augenblick, wo er mit Hülfe jenes interdicinm ■odo vi den Besitz erlangt, daß die Sache eine fremde fei, so wird wegen der dadurch entstandenen mala fides die Usucapion nicht wieder anfangen können 1S). §.

27.

Haben wir bis jetzt bewiesm, was oben behauptet wurde, daß das ioterdictnm Hude vi für den Eigenthümer, und nicht bloß für den wirklichen, sondern auch, was unö hier besonders interefsirt, für den fingirten Eigenthümer (bonae fidei poseessor) bestimmt sei, so lasten sich von diesem Grundprincip aus die weiteren Anwendungen dieses Interdiktes sehr leicht erklären. Dieselben sind das Resultat der Interpretation Römischer Juristen, welche solche auch hier theils nach Analogien, theils aus innerer Nothwendigkeit bestimmten. Dasselbe Interdict ist nemlich dem Usufructuar '), und ebenfalls dem Usuar 2) * 1gewährt worden. Diesen Umstand erklärt v. Savigny aus einem quasi ju. ristischen Besitz, welchen er quasi possessio, oder Juris quasi possessio nennt 3). Besitz nemlich, als das factische Innehaben 15) I. 7. §. 4. D. pr. erotor. — Die Besitzergreifung muß von Leiten des Störer- geschehen sein, damit die Sach» «ine res vi possessa sei. Aber eine vi dejectio, wodurch als solche schon da« interdictnra linde vi begründe! wird, ist eben so vorhanden, wenn «ach der Störung sich «kn Dritter bona tide in den Besitz setzt; 1» 4. $. 22. D. de usurpat. et usucap, 1) „ Und« vi intßrdictum ncctstarium Juist» fruetuario apparet, „ßi prohibtatstr uti frui usufructu fundi\" 1. 3. §. 13. D. linde vi. — ,, ex qoacunque enim causa constitutus est ususjructut . . „hoc inlerdictum locum habehitI. 3, 16. D. eod. — „Qui „ususfiuctus nomint qualiler fuit quasi in possession», utetur „hoc intcrdictoI. 3. §. 17. D. boc tit. Siehe auch 1. 60. pr. D. de usufr. I. 9. §. 1. D. unde vi. 2) „ Item si non ususfructus, sed usus sit relictut, eompetit hoc ».inlerdictum eet. ” 1.3. § 10. D. und. vi. — 1.27. D. da donat.

3) Da« Recht de« Besitze« §. 12.

einer körperlichen Sache, könne nur an dieser, nicht ebenso an Rechten gedacht werden, da letztere res iocorporales sein. Dies müsse von allen dinglichen Rechten gelten, welche ein fremdeEigenthum voraussetzen, wenn gleich auch für sie etwas Ana­ loges, und ebenso eine gewaltsame Störung gedacht werben könne. Dieser nachgebildete Besitz bestehe in der Ausübung eines jns io re, und auch hierauf gründe sich das Recht der Interdikte4). — Wie aber der Begriff des juristischen Besitzes, wie ihn v. Savigny hingestellt hat, dem Sinn und Geist des Römischen Rechtes durchaus fremd ist, so gehört auch diese von Savigny behauptete Modification am wenigsten dem Römischen Rechte an. Possessio heißt bei den Interdicten das facti sch e Inne­ haben einer Sache, worauf besonders der Eigenthümer nls solcher ein Recht hat 5). Dieses Recht seines factischen Innehabens wird, abgesehen von dem Nachweis seines Rechtes, durch Interdicte geschützt. Es besitzen der Usufructuar und Usuar ebenso als der Eigenthümer auch haben beide ein 4) Dabei warnt v. Savigny a. a O. vor einer doppelten Ver­ wechselung. Erstlich könne in derselben Person zugleich von einer possessio corporis und Juris die Rede sein, welche genau unter­ schieden werden müssen. So habe -. B. der Usufructuar an der Sache selbst, d. h. in Beziehung auf das Eigenthum, gar keinen juristischen Besitz, sondern nur eine possessio naturalis; allein an dem jus ususfructus habe er den juristischen Be­ sitz, onb deswegen könne er die possessorischen Interdikte gebrau. chen. Zweiten- müsse diese juris quasi possessio nicht verwech, seit werden mit der possessio ususfructus, von welcher, wie von einer possessio heredilatis, in den Quellen gesprochen werde. In diesem letzter» Sinne bezeichne possessio gar nicht mehr den Besitz, sondern entweder «in bloß prätorisches Recht, oder das prozessuali­ sche Verhältniß eines Beklagten. 5) Insofern erstreckt sich dieser Besitz im eigentlichen Sinne nur auf Körper, nicht auf Rechtes 1. 4. g. 27. D. de usurpat. ei usucap.

l. 3. pr. D. de adquir. et amitlend. possess.

6) Wenn nemlich bloß von einem In diesem Sinne finden sich die 1. 7. de itin. — jus possedit, 1. hören hierher: i. 2. §♦ 3. D. de

factischen Innehaben die Rede ist. Angaben: jus fundi possedits#, 2. coramun. praedior. Richt ge­ precar. L 10. C. de possess*

N 2

196 Recht zu besitzen (jus possidendi); allein sie besitzen nicht eine körperliche Sache, sondern nur ein Recht, was an einer fremden Sache zusteht. Aus diesem Grunde erklären sich die Angaben, welche sich in den Römischen Rechtsquellen vorfinden, wenn Besitz im eigentlichen Sinne geleugnet wird 7), während anderseits das Innehaben dieser Berechtigten quasi possessio oder auch juris possessio genannt ist 8).9 Dasselbe muß nicht bloß von den Servituten, sondern ebenso von den dinglichen Rechten größeren Umsanges gelten, welche nicht anders ein frem­ des Eigenthum voraussetzen, wenn gleich bei diesen das factische Innehaben mit dem Ausdruck possessio, und, wie es scheint, in einem technischen Sinne bezeichnet wird. Die Anwendung des iuterdictum unde vi für den Usufructuar und Usuar ergibt sich sehr einfach. Wie nemlich die rei vindicatio der Analogie wegen für die untergeordneteren dinglichen Rechte Anwendung gefunden hat °), und selbst die Klage der Servituten, die aelio confessoria, nur als eine analoge rei vin­ dicatio erscheint, so mußten die Römischen Juristen auch hier, bei fehlenden possessorischen Schutzmitteln, aus diejenigen Jnterdicte rrcurriren, welche für das Eigenthum vorhanden waren. Es ist dies nicht etwa etwas Besonderes für den usosfmcius und osus, sondern dieselbe Analogie ist für alle Servituten ohne 7) „neque „tur;u 1. et usucap. 12, pr. D.

usatfractui, neque utut possidttur, sed magis tene1. $. 8. D. quod legator. I. 4. §. 27» D. de usurpat» 1, 32. §. 1. D. de aervitut. praed. urban. Bergt. I. de adquir, vel amiltend. posses«.

8) „Qai ususfroctus nomine » , quasi in potssssione;" 1. Z. §. 17. D. und. vi. — 1. 23, §. 2, D. ex quib, caus, major. 1, 10. pr. D. si serv. vindicet. Gaj. IV. §. 139. 9) Es braucht an diesem Orte wohl kaum erinnert zu werden, daß ; eine utilit rei vindicatio dem Emphyteuta durch Interpretation er­ theilt worden fei, ebenso dem ©upetficior. Luch ist die actio hypothecaria in der That nichts anderes, als eine Erweite­ rung der rei vindicatio, wenn sie gleich schon vo« Prätor einge­ führt würd».

197 Ausnahme entscheidend, für welche nicht schon vom Prätor selbst« ständige Schutzmittel angeordnet waren ,0). Auch hier wird eine wirkliche Berechttgung, keineswegeS ein bloßes factisches Innehaben, abgesehen von allem Rechte, posses­ sorisch geschützt. Man hat ferner dieses Interdikt auf den colonus ausge« gedehnt11), wohl deshalb, weil es sonst demselben sehr leicht an 10)

Wal die Stirung betrifft,

wodurch der Usufructuar und

Usuar berechtigt werden, jenes inlerdiclum unde vi anzustellen, so kam es nur darauf an, das vom PrLtor über die Verletzung des körperlichen Innehaben- Gesagte konsequent anzuwenden.

ES kann

nemkich die Ausübung der Servituten auf dieselbe Weise gewaltsam gestört werden, wie die Ausübung de- Eigenthums. Der Usufruc­ tuar wird dadurch gewaltsam dejicirt, daß er entweder von dem Grundstücke vertrieben, oder von demselben abgehalten wird,

während er sich entfernt befindet, ohne jedoch, den ususHat er die Ausübung seines

fnictus aufgegeben zu habe». Rechte-,

worauf e- hier ankommt,

noch nicht

erlangt,

so

„Uli frui autem pro„ hibuissc is videlur, qui vi dejecit utentem fruentem: aut non 9fadniisity cum ex fundo exisset non ususfructut deserendi ft causa. Ceterum si quis ab inilio volentem incipere uli frui „prohibuit, hoc ioterdictum locum non habet: quid ergo est? ,, debet fructuarius usumfructum vindicare;” 1. 3. §. 14. D. und. vi. Stirbt der Usufructuar nach der Entsetzung, oder er­ leidet er eine capitis deminutio f so find auch seine Erben berech­ bleibt jene- Interdikt ausgeschlossen.

tigt, diese- Interdikt anzustellen; allein, da sein Recht durch den Lod aufhört,

so können jene nicht die Restitution,

sondern nur

einen Ersatz für die Verletzung fordern; 1. 3. §. 17. D. de vi. Im übrigen sind die Bedingungen und Wirkungen dieser Störung ganz so, wie beim Eigenthum; 1. 3. §. 15. D. unde vi.

I. 10. D. eod. 11)

1 . 9.§. 1.

1. 60. pr. D. de usufruct.

Igitur interdictum unde vi coJono competiturumi

I. 12. D.

und. vi. Der Fall, worauf sich diese lex bezieht, ist der. Jemand hat als Pächter den Käufer eines Grundstücke- von der Besitznahme gewaltsam abgehalten; darauf ist der Pächter selbst von einem Dritten de- Besitze- entsetzt worden. Hier entscheidet der Jurist Marcellus, es könne der Pächter da- ioterdictum unde vi an­ stellen, aber auch der Eigenthümer, weil dieser dadurch, daß der Käufer nicht admittirt worden,

ebenfalls

seine- Besitze- entsetzt sek.

198 allem Schutz fehlen würde. Grade der coloooe als Reprisen» taut deS EigenthümrrS läuft bei der Besitzentsetzung am meisten Gefahr. Eine possessio hat er nicht, eben weil er nur alStellvertreter des EigenthümrrS erscheint, tenet, dominus videtur possidere 12). Er besitzt auch nicht ein Recht an der Sache wie der Usuftuctuar, so daß «sein Besitz eine juris possessio ge­ nannt werden könnte, er ist vielmehr bloß persönlich Berech­ tigter. Eigentlich hätte demnach der Eigenthümer das iuterdictuiu unde ii anstellen müssen, wenn sein coloous aus dem Be­ sitze entsetzt war u), was selbst in der Regel geschehen sein mag, wenn es gleich Schwierigkeiten herbeiführen konnte. Allein wie der coloous den Eigenthümer reprasentirt, so kann er auch in dessen Namen klagen. Aus diesem Grunde stand gewiß nichtim Wege, ihn sogleich direct, ohne Abtretung des KlagerechtS, das interdictom unde ii anstellen zu lassen "). Indeß erscheint auch der colonus am wenigsten als ein bloß factischrr Jnnehaber. §.

28.

Diese Anwendungen des Interdiktes folgen aus dem Grundprincipe sehr einfach. Aber auch für die Individuen, welche außerdem noch dasselbe anstellen können, zeigt sich keine Schwie. rigkeit. Der Käufer handelte nemlich im Aufträge und al« Repräsentant de« Verkäufer«, wenn er sich in den Besitz de« Grundstücke« setzen wollte. 12) I. 1. §. 22. D. unde vi. 13) Denn e« wird eigentlich nur der Eigenthümer durch die Hejeclio de« colunui seine« Besitze« entsetzt; I. 12. D. unde vi. Di« Sache selbst ist in I. 20. V. und. vi bestimmt genug ausgesprochen: „Si ,,colonus tum vi dejectut eit, aget unde vi interdicto. Idem si ,, inquilinns luus vi dejectus fueril. Paulus: idem dici polest „de coloni colono, item inquilini inquilinu. •’ 14) Die Anwendung diese« JnterdictS auf den colonus wird grade» tzu geläugnet io I. 1. §. 10. D. de vi. — Daß derselbe anderseitt al« vi repellens damit in Anspruch genommen wrrden könne, ergibt I. Id. 1). L 12. D. live in.

190 ES kommt nemlich bei diesem possessorischen Streit nur darauf an, daß der Eigenthümer zur Zeit der Dejection sich im Besitz befunden habe *): welches gemeinhin augen­ blicklich erhellte, und niemals ein Gegmstand weitlauftiger Erür» terungen war. Ebenso konnte das andere Erforderniß, die vi dcjectio t zumal bei der Menge der auf einem Grundstück An» wesenden, leicht ausgemittelt werden. Diese beiden Umstände genügen, indem durch den Nachweis derselben da- bessere Recht des Klagers schon von selbst klar ist. Einen Nachweis des Rech» tes zu besitzen erfordett der Prätor keinesweges 12), um nicht dem Berechtigten in seinem Besitz die so nothwendige schleunige Hülfe zu entziehen; vielmehr bleibt jede Entgegnung des Beklagten dieserhalb unberücksichtigt. Davon war eine nothwendige Folge, daß auch derjenige geschützt werden mußte, der gar kein Recht zu besitzen für sich hatte: was durch Interpretation der Römischen Juristen, und zwar in Gemäßheit der Worte des Edictes, festgestellt worden ist. Aus dem angegebenen Gmnde wird dieses Jaterdict eben» falls demjenigen ertheilt, welcher einsieht, daß ihm die bis da­ hin bona fide besessene Sache nicht als Eigenthum gehöre 3). Ist gleich derselbe jetzt raalae fiileipossessor, so hat er doch, eben weil er besitzt, ein besseres Recht als der Beklagte, denn Niemand darf auf eine gewaltsame Weise seines Besitzes entsetzt werden. Diese erweiterte Anwendung war für das interdiciiira «ude vi nothwendig, obgleich sie erst späterhin durch In­ terpretation stattfand. Die rauo nemlich, nach welcher zunächst 1) Sieh- I. 1. $. 23. D. und. vi. 1. 1. $. 26. D. cod. 2) Siehe !, 8. §. 2. C. de ;-raesmpt. XXX. v. XL aimor. 3) Bergt. 1. 7. §. 4. D. pr. emtor. Wer bona iide ein fremde-

Grundstüct kauft, den Besitz verliert, und diesen erst wieder er­ langt, nachdem er weiß, daß die Sache eine fremde sei, kann nicht usucapiren, wert der Anfang de- zweiten Besitze- vinM ist. 3» diesem Sinne wird nach anderen Ausführungen hinzugefügt: „Idem t, inri« eit in e, qui ue fundo pr,:,sieüsiui.cm per iu„ Ui ui\ hmi i eciprravil > scicna ja in alitnuui e»se.

200 der Eigrnthümrr nicht auS seinem Besitzt gewaltsam entsetzt wer­ den sollte, ging weiter: dasselbe Unrecht des Beklagten zeigte sich, wenn der Besitzer ein malae fidei possessor war, für welchen als solchen niemals ein bestimmtes Schutzmittel eingeführt sein konnte. Ueberhaupt muß jeder Besitzer durch dieses In» terdict geschützt werden, der auch gar kein Recht an der

Sache hat oder

behauptet: eben weil er

Be­

sitzer i(t 4).5 6 Daher stellt selbst die von ihrem Manne be­ schenkte Ehefrau das Jnterdict an, wenn sie aus dem Be­ sitze der geschenkten Sache gewaltsam entsetzt worden s).

Eine

Ehefrau nemlich, die von ihrem Manne beschenkt wird, kann wegen des Verbots der donatio inter virum et oxorem kein Eigen­ thum erlangen, mithin auch keine booae fidei possessio °).

Sie

erhalt gar kein Recht, und der Mann kann das geschenkte Ob­ ject zu jeder Zeit zurückfordern; ihr Besitz ist daher keine pos­ sessio civilis,

aber eine possessio naturalis, sie gilt insofern als

sactische Znnehaberin, als Repräsentant im Besitze ihres Man­ nes 7).

Wie sehr die

Anwendung

jenes Jnterdictes von den

4) I. 1. §. 9. D. und* \i, „Dejicitur is y qui possidet, sioe ci„viliter 9 sive naturalitcr possideat p na in et naturalis possessio „ad hoc interdictum pertinet ” Eine Anwendung diese- S-tzes gibt der darauf folgende f. 10.

5) „ Denique, et si maritus uxori donavit, eaque dejecta eit: poterit interdicto uti'y” 1. 1» §. 10. D. und. vi. 6) 1. 26. pr. D. de donat. int. V. et U. ES entsteht nur eine possessio pro possessorc) 1. 16. D. de adquirend. et amittend. possess. 7) Dennoch findet sich in I. 1. §. 4. D. de poss. folgende Angabe: „Si vir uxori cedat possessione donationis causa, plerique pu9ytant possidere eam: quoniam res lacti infirmari jure civili „non polest: et quid atlinet dicere, non possidere mulierem, „cum maritus ubi noluit possidere, prdtinus amiserit possessio* „nein.’* Indeß dieser Ausdruck possessio auf Seiten der beschenk­ ten Ehefrau bezeichnet nur da- factische Innehaben, eine naturalis possessio. — v. Savigny ist entgegengesetzter Ansicht, indem er die 1* 1, §♦ 10, D. und. vi auf eine besondere Weise erklärt.

Er



201



Wirkungen und Folgen des juristischen Besitzes unabhängig sei, wird mithin völlig klar sein. Aber sogar derjenige, welcher aus einem unrecht, mäßigen Grunde besitzt, ist als vi dejectus dieses Interdikt anzustellen

berechtigt.

Es kommt dabei die vitiosa possessio in

Betracht, welche vi, dam oder precario angefangen hat 8* ). *9 * * * * * Nur muß für diesen Fall die vi dejectio von einem extraoeus, von einem Anderen, als demjenigen geschehen sein,

von dem

man selbst den Besitz unrechtmäßig erlangt hat °).

Auch hier

ist das bessere Recht auf Seiten des Klägers, denn obgleich Je» mand unrechtmäßig besitzt, ist

kein Dritter berechtigt, denselben

behauptet, jene- Interdikt gelte bei jeder possessio, also nicht bloß bei der civilis, sondern auch bei der naturalis, bei dieser je­ doch nur dann, wenn sie eine juristische possessio sei. Go sei -war der Besitz der Frau sowohl, al- der des Pächters, unter der pos­ sessio naturalis enthalten, denn beide seien gleich unfähig zur Usu» capton, aber diese- Jnterdict habe nur die Frau, nicht der Päch­ ter, weil nur die possessio naturalis der Frau al- eigentliche pos­ sessio gedacht werden könne. S. da- Recht des Besitze- §. 7. Al­ lein an einem animus dominii fehlt eS doch der beschenkten Ehe­ frau ebenso, al- dem colonus, und gleichwohl hat letzterer eia Recht dieses Jnterdict anzustellen, nach 1. 12. D. und. vi. 8) Aus diesem Grunde hat v. Savigny auch den Dieb juristi­ schen Besitzer genannt, welchemnach selbst der Räuber, der vi possessor, welche v. Savigny jedoch nicht als juristische Besitzer auszeichnet, ebenso der precario possidens für juristische Besitzer gehalten werden müßten. Allein, wie der ganze Begriff de- juri­ stischen Besitze- unrichtig ist, so ist e- auch diese Conclusioa. 9) Dies ist die vitiosa possessio ab extraneo , und daß diese zur Anstellung des interdictum unde vi berechtige, enthalten folgende Stellen: 1. 53. D. de possess. ,, Adversus extraneos et vitiosa 99possessio prodesse solet. ” — 1. 1. §♦ 30. D. und. vi. „ Qui „a me vi possidebat, si ab alio dejiciatur, habet interdictum.** 14. D. und. vi. ,,Sed si vi armata dejectus es, sicuti ,, ipsum fundum recipis, etiam si vi, aut clam, aut precario ,,eum possideres.” — ES war aber keine vi possessio vorhanden,

— 1.

wenn man da- Grundstück von Jemandem erhielt, von dem man wußte, daß er dasselbe durch vi dejectio erlangt hatte; 1. 3. §. 10. D. uti possid. vergl. 1. 4. §. 22. D. de usurpat.

aus seinem Besitz zu vertreiben. Die Entgegnung de- Beklag« ten, daß der Kläger vitiose besitze, soll demnach völlig unbe» rücksichtigt bleiben, und der Kläger nur dann nicht mit diesem Interdikt durchdringen können, wenn der Beklagte selbst es ist, von dem er auf eine unrechtmäßige Weise den Besitz erlangt hat (vitiosa possessio ab adversario ,u). Für diesen Fall ist NkM» lich ein gleiches Unrecht auf Seiten des Klägers und des Bk' klagten, und letzterer muß jedenfalls als jetziger Besitzer den Sieg davon tragen "). Insofern es nun bei diesem Streit über den Besitz nicht auf den Nachweis des Rechtes selbst ankommt, kann sogar der Eigenthümer als vi dejidens verurtheilt werden, die Sache herauszugeben 12). Man durfte hier auch im Einzelnen, bei dem äußerlich entschiedenen Unrecht des Beklagten, annehmen, daß der Kläger wirklich Berechtigter sei 13), obgleich das Gegen­ theil eben so häufig der Fall sein konnte. Der Streit über Besitz und Eigenthum sind zudem von einander völlig unabhängig "). 10) Cic. pr. Caecina c. 32. ad famil. VII, 13. Paul. V, 6, 7. Gaj. iv, §. 154 u. 155. Nur wenn eine vis armata die Besitzentsetzuog de< Kläger- herbeigeführt hatte, sollte diese Entgegnung der Beklagten unberücksichtigt bleiben, Cic. pr. Caeein. cap. 8. 22. u. 32. Gaj. IV, §. 154 u. 155. 11) Kaiser Iustinian verwirft jedoch diese Einrede, und e» scheint, all wenn man sich schon früher gegen dieselbe bestimmt ha­ be, da durch die Ausführung derselben die Sache sehr leicht in die Länge gezogen werden konnte. „ Nam ei proponiiur intrr,, dictum uode vi, per quod is , qui dejecit, cogilur ei resti„tuere posseasiooem, licet is ab eo, qui dejode, vi , vel clatny 9%vol precario possidebat.§. 6, J. de interdicL 12) 1. 4. ). 26. D. de usurpat. et usucap.; „ Si dominus fünde „posscssorem vi dejecerit, Cassius ait, non videri in potestatem „ejus rediissc, quando interdicto und§ vi restituturus sit pot,, srstione»n,

13)

So glaube ich folgende Stelle verstehen zu müssen: „Si quu vi de pussessiune dcjectus eat, perin de haberi dehot, ac si yypossidsret: cum interdicto unde vi reciperandae poaaeseionis „facuhalein liabeat; ** 1. 17. pr. D. de adquir. et am. poss.

14)

Eben deshalb wird dem Eigenthümer der Rath gegeben possests,

203 Schon an» diesem Grunde hatten die Römischen Jurist« Ver­ anlassung genug, vor der Verwechselung des Besitzes mit dem Eigenthum zu wamen, ungeachtet der Eigenthümer als Besitzer geschützt werden sollte. Es heißt 1S): „nec possessio et pro„prietas misceri debentnnd an einer anderen Stelle 16): ,, nihil commune habet proprietas cum possessione>>. Diese Angaben sind von Savigny gänzlich mißverstanden worden, daß er sie sogar als Hauptsätze der ganzen Lehre deS Besitzes angesehen hat, obgleich sich dieselben auf das Recht des Blitzes, als welches nur die booae fidei possessio in Betracht kommt, gar nicht beziehen. Wie ganz anders jene Angaben verstanden werdrn müssen, zeigt die Anwendung, welche in der letzt er tt Stelle von denselben gemacht wird. Es heißt nemlich: „et „ideo non denegatur ei interdictum uti possidetis, qui coe,, pit rem vindicarez non enim videtur possessioni renun,, Hasse, qui rem vindicavit” 17). §.

29.

Die sonstig« Grundsätze, welche das interdictum unde vi betreffen, lassen sich jetzt sehr leicht angeben. Sie sind von der Hauptfrage im Ganzen unabhängig und weniger bestritten. Die bisherige Darstellung betraf nemlich die Frage, wem dieses Jnterdict zum Schutz gereiche, oder wer als Kläger mit demselben auftreten könne. Dies war zugleich die entscheidende Frage, rück­ sichtlich der eigentlichen Bedeutung jenes Jnterdictrs 1). Es risch zu klagen, bevor er die Eigenthumlklage anstelle; I. 24. D. de rei vmd. Ganz allgemein für die Interdikte wird obiger Satz in I. 3. C. de inlerd. aufgestellt: ,, Incrrli juris non est, orla ,, proprielatis et possessionis lite, prius possessionis decidi opor„tere quaestionem eosnpetentibut actionibus, ut ex hoc ordine „facto de dominii disceptatione probationes ab eo, qui de „possessione victus est, exigantur." 15 ) I. 52. D. de poss. 16) I. 12. §. 1. I). de poiaesi. 17) Dasselbe erhellt aus I. 18. Z. I. O. und. vi.

1) Jeooch muß hier noch bemerkt werben, daß auch die Erben und

204 kommen hier, wie bei den sonstigen Klagen, nur »och zwei Punkte in Betracht, wenigstens werden sich die sonstigen Resultäte des Interdiktes auf diese leicht zurückführen lassen. Zu­ nächst nemlich entsteht die Frage, wer bei diesem Znterdict Be­ klagter fei, und zweitens, welchen Zweck und welche Ten­ denz dasselbe habe. Vom Beweise mußte schon früher gespro­ chen werden, weil davon selbst die Anwendung des Klagerechtes abhing. Beklagter ist derjenige, welcher eine Gewalt verübt hat, wodurch der Kläger aus seinem Besitze gestoßen wurde (vi dejieiens) * 2); aber auch gegen den findet das Interdict statt, der dolo mal» bewirkt, daß jemand vi dejicirt werde 3). Die Ge­ walt muß eine atrox vis, eine körperliche Gewalt sein; daß sie aber mit Waffen geschehe, wird nicht erfordert. Hat sich Jemand aus bloßer unbegründeter Furcht aus seinem Besitz ent­ fernt 4),5 6so ist keine vi dejectio vorhanden. Daß jene gewalt­ same Störung von dem Beklagten in der Meinung vorgenom­ men wird, daß er ein Recht auf die Sache habe, ändert gar nichts 3). Eben so wenig macht es einen Unterschied, ob der Störer zugleich Besitzer der Sache sei oder nicht °); doch ist nur die sonstigen Universalsuccessoren das interdictum de vi anstellen können. Hoc interdictum et heredi, et ceteris successoribus competit; 1. 1. §. 44. D. und. vi. Vergl. 1. 3. §. 17. D. eod. tit. 2) Im Edict selbst heißt es: „unde tu illum dejecisti1. |e pr. D, und. vi 3) 1. 3. §. 12. JD. und. vi: „Hoc interdictum et adversus eum „proponilur, qui dolo malo fecit, quo quis armis dejiceretur. ’’

4) 1.3. §. 6. u. 7.

D. und. vi. Gewalt durch Gewalt in eontinenti §u entfernen, ist dabei völlig erlaubt; 1.3. $. 9. D. und. vi. 1. 1. §. 27. u. 28. D. eod. 5) Auch der Eigenthümer also kann als vi dejiciens mit die­ sem Interdict Ln Anspruch genommen werden; 1. 4. §. 26. D. de usurp. et usiic. 6) „Etiaca is, qui non possidet> restituere cogitur;” 1. 1, §. 42. D. und vi.

205 im ersteren Falle eine vi possessio begründet 7). Die eigent­ liche praktische Anwendung dieser Regel besteht darin, daß das Jnterdict auch dann gegen den vi dejleicos angestellt werden darf, wenn sich ein Dritter im Besitz der Sache befindet; aber dieser Dritte ist kein vi possessor, er kann zugleich boua fide sein, und wird demnach die fragliche Sache usucapiren 8).9 10 Die Erben und sonstigen Universalsuccessoren des Ti dejicieos können ebenfalls mit diesem Interdikt belangt wer­

den, jedoch zufolge der allgemeinen Rechtsregeln nur aus daS, um welches sie bereichert sind, (in id, qnod ad eos perveoit. °), sofern sie nicht dolose die Bereicherung verhinderten ES war ferner ganz gewöhnlich, daß die Gewalt auch von Stell7) „Si tu me vi expnleris de fund! posseslione, nec adprehen„henderis posscssioncm, scd Titius in vacuam posscssionem v inlraverit . . . interdictum unde vi locum habet, quia verum „est, vi me dejectum: non tarnen verum est, et vi possessum;” 1. 4. §. 22. D. de usurp. et usuc. 8) 3n diesem Sinne wird in 1. 4. § 22. l). du gesagt: „potese „longo tempore capi rest" nemlich in Betreff desjenigen, welcher sich nach der von einem Andern vorgenommenen vi dejectio in den Besitz gesetzt hat (in vacuam poesessionem intravit). Dergl. 1. 3. §♦ 10. D. uti possidet. 9) 1. 2. C. unde vi. 1. 11. C. de adqu. et retin. poss. I. 1. §. 48. D. unde vi. 1. 3. pr. u. $. 1. 18. 1. 9. pr. D, boc tit. Der in einigen dieser Stellen vorkommende Ausdruck in factum actio ist nur eine verschiedene Bezeichnung deS interdicium unde vi. In 1. 2. 0. und. vi heißt es: interdicti excmplo. Wie der

Erbe keine Nachtheile erleiden soll durch die unrechtmäßigen Hand­ lungen seine- Erblassers, so soll er durch dieselben auch keine Vor­ theile erlangen. Bei Mit erben wird jeder nur pro rata in An­ spruch genommen, nach dem Theil, um welchen er selbst bereichert worden ist. Dieser Theil der Bereicherung ist im Ganzen völlig unabhängig von der ErbschaftSquote des Einzelnen; deshalb kann ein Einzelner der Miterben sehr füglich auch auf das Ganze be, langt werden. 10) „Dolove malo eorum factum est, quo minus perveniret 1. 2. D. unde vi. Hier entscheidet nemlich die allgemeine Rechtöregel, daß Niemand durch seinen dolus Vortheile erlangen solle.

206 Vertretern deS Beklagten verübt wurde, und daher berührt schon der Prätor diesen Fall, wie er das ioterdictum unde t'i anordnet "). Als solcher wird der proeurator genannt. Mag ein bestimmter Auftrag erfolgt, oder die Handlung nur hinterher genehmigt sein, so ist jedenfalls derjenige verpflichtet, in dessen Namen jene Handlung vorgenommen wird 12); selbst wenn der Stellvertreter für Lohn gedungen war (mercenaiIns) 13). Außer dem proeurator, mit welchem Ausdruck hier überhaupt jede freie Mittelsperson bezeichnet wird, kann jene gewaltsame Besitzentsetzung auch durch nothwendige Repräsentanten bewirkt werden. So haftet der Vater für die Handlung des Sohnes "), der Herr, wenn sein Sclave die Gewalt voll­ führt hat 1S). Eben der Sclaven bediente man sich zu diesem Zwecke sehr häufig, welche im Edict mit dem Ausdruck fami11) Durch die Wörter „aut samilia tua dejede,” I. 1. pr. D. und.

VI.

12)

I. 3. §. 10. D. unde vi: „ Cum proeurator armatus venit, et dominus dejecisse videtur, sive mandavit, sive, ut Julia„nus ait, ratum habuit.Dergl. I. 1. §. 12—14. D. hoc lit. Hat ein verus proeurator die Dejkction vorgenommen, so kann

nach den sonstigen Grundsätzen de- Römischen Rechte- nicht bloß ge­ gen den Eigenthümer mit dem interdictum unde vi geklagt werden, sondern ebenso gegen den proeurator selbst. Denn der proeurator ist hier durch den erhaltenen Auftrag eben so wenig entschuldigt, al- bei dem Aufträge, Jemanden -u tödten. Ist der proeurator aber ein falsus proeurator, so kann nur dieser mit je­ nem Jnterdict belangt worden. 13) 1.1. §. 20, D. und. vi: ,,si mercenarius vi dejecerit, utile in„terdictum competit.”

14) 1. 1. §. 20. D. und. vi. 1. Itz. D. hoc tit. 15) Jedoch muß ein Befehl (jussui) vorangegangen, oder die rati habitio erfolgt sein. ,,Hoc et in samilia dicendum eat: nam „cum samilia sine me annata venit, ego non videor venisae, „sed samilia: nisi jussi, vel ratum habui; 1. 3. 5. 11. D. und. vi. — Quare et si samilia mea ex volmntate mem dejecerit, ego videor dejecisse;v I. 1. §. 12. D. und. vi. vergl. 1. 1. §. 15» D, eod.

207 lia l6) bezeichnet werden. Hatten dieselben jedoch ohne Auftrag (jnssus) gehandelt, so brauchte der Herr ausser dem Falle der

Bereicherung nicht aufzukommen, indem er sich durch ooxae deditio ftei machen konnte 17). Interessant ist hier die Frage, wie viele Sclaven nothwendig sind, damit eine vi dejemio angenom­ men werden könne; daß dieselbe aber schon durch einen einzigen Sclaven verübt werde, unterliegt keinem Bedenken 18). Der Zweck dieses Jnterdicts geht auf vorläufige Lnerkennung des Besitzes, woraus sich ergibt, daß der Klä­ ger wieder in seinen Besitz eingesetzt werden müsse. Der dejectua muß wieder in die Lage kommen, in welcher er vor der dejectio war, ihm demnach die Sache mit allem, was sich auf und in derselben befand, restituirt werden A9j. 1. 1. §. 16. D. und. vi. Dahin gehören auch diejenigen, welche nur al- Sclaven (scrvorum loco) behandelt werden; 1.1«

16)

$. 18. D. eou. 17) 1. 1 $. 15» D. und. vi: ,, nec gravari debct dominus, qui v non jussit si servorum sooruni factuui praestaret, et si non „ jussu ejus dejecerunt: nam noo gravabitur hoc nomine r „quippe cum aut pervenit ad cum ah quidp et restitueret 9 aut „non pervenit 9 et ipsos servos maleficii causa noxav dedendo „ indem tiis eriti quod eoim noxae dedere compcllitur, in damno „debet reputare, cum servos hoc possit domini detcriorem con„ditionem facere» ’» Bergt. I. 1 $. 17. D. und. vi.

18) Diese Frage wird ausgeworfen und beantwortet in 1. 1. §. 17. D. und. vi. — Da- Interdikt wird auch dann einen Erfolg haben, wenn darüber Streit entsteht, ob man frei, oder Sclave sei; I. 1. §. 21. D. und. vi.

19) Hierauf beziehen sich die Dorre de- Edicts: „quaeque ille „tune ibi habuit1. 1. pr. und §. 33. D. und. vi. Dahin ge­ hören nicht blos die Sachen, welche sich im Eigenthum des Klä­ ger- befinden, sondern auch alle sonstigen, an welchen derselbe nur ein persönliche- oder dingliche - Recht hat, oder welche selbst nur zur Aufbewahrung hingegeben waren. Sind le-tere nach der Dejection verloren gegangen, so muß ebenfall- eine Entschädi­ gung geleistet werden; I. I. §. 34 — 36. D. und. vi. Doch wird vorau-geseht, daß sie sich auf dem Grundstücke, nicht aader-wo, be­ funden haben; 1. 1. §. 37. u. §. 38. D. hoc tiu

208 Die zu restituirende Sache kann jedoch nur eine unbe­ wegliche sein, also ein Grundstück im eigentlichen Sinne, oder ein HauS 2U); bei beweglichen Gegenständen findet das Interdikt nach den ausdrücklichen Angaben der Quellen nicht statt 2l). Diese sind nur dann ein Gegenstand der Klage, wenn sie sich auf dem Grundstücke, oder in dem Hause befunden haben: in welchem Falle sie jedoch bloß als Theil der Hauptsache, keinesWeges als selbstständiger Gegenstand in Betracht kommen 22). Ist die Sache nicht mehr vorhanden, so muß die Verbindlichkeit auf eine indirecte Weise erfüllt werden, nemlich durch Scha­ densersatz, welcher auch jedesmal eintritt, so oft der Beklagte den Besitz nie inne gehabt, oder ihn wieder verloren hat23). I. 1. §. 3 — 6. I). und. vi. Paul. V, 6, 5. Gemeinhin wird im Zusammenhange nur ber fundus genannt. 21) 1. 1. 5- 6. D. und. vi. In 1. 3. §. 15. v. hoc tit, wird daher für den ususfructus jene- Jnterdiet verweigert, wenn derselbe nicht an unbeweglichen Sachen zusteht. Siehe auch 1. 1. §. 32. D, hoc tit. 22) 1. 3. §. 15. O. und. vi. 1. 14. D. hoc, tit. — Dieser Punkt, so deutlich ihn auch die vorhandenen Quellen auösprechen, ist den­ noch ein Gegenstand des Streite-, und von Savigny gradezu geläugnet worden, indem er da- ioierdictum unde vi ebenfalls auf bewegliche Gegenstände bezieht. Früher sei diese- nicht nothwendig gewesen, weil daS intcrdictum utrubi ausgeholfen habe, für dajustinia neische Recht aber müsse jene Erweiterung des interdictum unde vi unbedenklich behauptet werden. — Die von ihm al, legirten Belagstellen (1. 7. C. und. vi und §. 1. J. de vi bono­ rum ruptor.) unterstützen indeß, bei einer richtigen Interpretation, seine Behauptung keineüwegeS, und erhellt das Gegentheil nur zu klar aus den hier angeführten Gesetzen, welche dem justinianeischeu Rechte angehören. 23) 1. 1. §. 42. D. und. vi sagt ausdrücklich, daß auch der Ersatz leisten müsse, der selbst nicht besitze. Man braucht aber nicht dolo snalo den Besitz verloren zu haben, die Verpflichtung entspringt schon au- der dejectio5 1. 1. §. 36. D. und. vi. 1. 15. D, eod. Die Entschädigung ist darauf gerichtet, quanti mea intersit; 1. 15, D. und, vi. 1« 6. D. 1. 1. §. 31. u. 41. D. eed. Bom damnum pratteritump wa- der Erbe zu fordern hat, wenn der entsetzte Usufructuar stirbt, spricht I. 3. $. 17. D. und. vi. 20)

209 ES muß Ersatz geleistet werden für di« Beschädigung, welche an der Sache entstanden ist, selbst wenn der Beklagte sich hiebei ln keiner culpa befindet, sofern nur nicht jene Beschädigung auch ohne die dqectio geschehen sein würde 14). Das Angegebene be­ trifft ebenfalls die nicht mehr vorhandenen Nebensachen **). Ueber die Größe deS Schadens kann auch hier durch den Eid des Klägers bei fehlenden anderweitigen Beweismitteln der Be­ weis geführt werden, nachdem zuvor der Richter ein maximum bestimmt hat1G). Objett der Restitution ist alles, was der Beklagte durch die t! dejeclio erlangt hat, und dieses bezieht sich nicht bloß aus die zur Zeit der dejectio vorhandenen Gegenstände, sondern ebenso auf da-, was denselben späterhin hinzukommt 27). Auch die Früchte müssen, bis zum Augenblick der Dejection berechnet, restituktt werden 28), und es kommt hier nicht darauf an, ob 24) 1. 1. §. 35. D. und. vi. Paul, recept. aent. V, 6, 8. 1. 14, §. 11. D. quod mct. caus.

35) Welche sich nemlich auf dem Grundstücke jur Seit der De^ jection befunden haben. Siehe I. 1. §. 34. D. und. vi. I. 19. D. eod. Paul. V, 6, 8. Dahin gehören nicht bloß leblose Ge­ genstände, welche spLterhin vernichtet, oder abhänden gekommen find, sondern auch Sklave» und Thiere. Für die gestorbenen Sclaven muß daher die aestimatio entrichtet werden. Auf die Schuld des dejiciens kommt dabei nicht- an, denn er muß gleich dem Diebe für seine mora auskommen, 1. 1. §. 34. D. und. vi. locum possideamus, qui projecto tegetur. " Das Heist also, wenn ich von meinem Gebäude über das befolge einen projectus errichte, bist du im Stande, das inlcrdictum uti posside« tis gegen mich an-uftellen. Tine partielle Störung im Besitze ge. schieht durch die widerrechtliche Anmaßung desselben. Aber eben so kann der Gegner sich im Besitz feinet projectus durch dieses Inter­ dikt schützen: „an quo facilius possim retinere possessionem ejas 9t projectiunis, inlerdico tccuiu, siculi nunc possidctis ca» aedes, „ex quibus projectus estI. 3. s. 6. D. uti possid. In den letzten Worten ist eine ausdrückliche Beziehung auf die Worte des Edikts enthalten. — Hat der Nachbar über meinem Stemm (in parte mea) tectoria, kann ich mit diesem Jnterdict auf die Weg­ nahme derselben dringen; 1. 3. §. 9. D. uti possidei.: „ Si vici„nur meus in parte mea tectoria habeatt et in parte suai %uti ,,possidctis mihi c/Jicax est% ut ea tollere compellatur. 14 )

I. 8. §. 5. D. si servil, vind.

Dasselbe besagt auch 1. 3« §. 5.

u. G. I>. uti possid. 15) Dies ist der Sinn der so viel besprochenen 1. 3. §. 7. D. uti poss:d. Auch der S uperfic i ar stellt dasselbe Interdikt an zu seinem possessorischen Schutz, wenn et gleich in der Qualität eines selbstständigen Interdiktes (interdictum de sup*rßciebus) vor­ kommt Doch wird der Eigenthümer in dieser Concurrenz, wie gegen sonstige Dritte, stets den Vorzug behalten: „dominus ,, auinn soll, tarn adversus alium, quam adversus superßci*„rium potior erit interdicto uti possidctis.” Dasselbe enthalten

die Anfangsworte jener Stelle: „Sed si supra aedes, quas pos,, sideu, cenaciiluiii sit, in quo alius quasi dominus morelor, ,, interdicto uti possidctis me uti posse , Labeo ait , non eum, „qui in cenaculo moraretur: setnper enim supcrficiem solo ,,C(.deiL.''

216 Störung des Eigenthums an, denn dadurch wird auch der Be» sitz des Eigenthümers partiell gestört, und insofern dieser selbst­ ständig und aus einem schleunigen Wege geschützt werden soll, muß dem Eigenthümer in allen jenen Fallen nicht bloß eine pe­ titorische, sondem auch possessorische Klage zustehen. Ob derselbe Alleineigenthümer, oder nur Miteigrnthümer (coodoinioos) sei, darauf kommt es weiter nicht an 16). Ganz dasselbe muß für den bonae fidei possessor unter der Voraussetzung gelten, daß er im Besitz eines unbeweglichen Gegenstandes partiell gestört wird. Es ist ein Anderes bei der Gleichstellung desselben mit dem wirklichen Eigenthümer völlig undenkbar. Auch sein Besitz ist eine justa possessio 17), welche nach den Quellen zu diesem Jnterdict berechtigt 18>, und es hat schon der Prätor den Besitz deS bonae fidei possessor durch den Ausdruck possidere als hierher gehörig bezeichnet. §.

31.

Die weiteren Anwendungen des Jnterdictes ergeben sich ebenfalls sehr einfach. Der Prätor ging bei Gewährung dieses Schutzes nur davon aus, daß Besitz vorhanden, und daß eine partielle Verletzung desselben vorgekommen sei. Beide Umstande erforderten keine weitläustige rechtliche Erörterung. Die Ver­ letzung konnte sehr leicht durch Anwesende nachgewiesen werden, auf den Nachweis des Rechtes kam es dagegen niemals an j). 16) „Hoc interdictum locum habet, aive quia totum fundum ae „possidere dicat, sive pro cerla parte, sive pro indiviso; 1. 1, §. 7. D. uti pussid. Hierher gehört auch I. 3, C. sio. regundor« 17) Darauf geht die Regel: i9juste possidet , qui auctore Prae• %9tOre possidet; ” I. 11. D. de adquir. vel am. poss. 18) 1. 2. D. uli possidet. Darauf kamt ebenfalls 1. 1. C. und« vi

bezogen werden. 1) Die Sache ist in folgender Stelle sehr bestimmt enthalten: „Pos„sessiones, quas ad te perlinere dicis, inore judiciurum perse„quere: non enim possessori incumbit necessitas probandi eas 99res ad se pertinere\'y l. 2. C. de probat.

217 damit nicht jene so nothwendige schleunige Hülse verfehlt werde. Behauptete der Beklagte, was er zu beweisen hatte, daß der Kläger im Verhältniß zu ihm vi, dam oder precario besitze, so war dies der alleinige Einwand, welcher berücksichtigt werden durste. Daher sind folgende weitere Anwendungen sehr natürlich. Erstens: nach Analogien. Wie das mterdictmn onde vi auf andere dinglich Berech­ tigte, für welche noch kein selbstständiges Jnterditt vorhanden war, zur Anwendung gebracht wurde, so ist daS interdictum oti possidetis ebenfalls, und ganz nach derselben Analogie, ausgedehnt worden. Ausdrücklich werden in dieser Hinsicht der Usufructuar und Usuar genannt 2). Auch bei diesen, ungeachtet sie keine Sache, sondern nur ein Recht an einer Sache besitzen, läßt sich das Recht selbst von dem Besitz dieses Rechtes sehr wohl unterscheiden, und somit der durch das iuterdictom mi poeeidetis gewährte possessorische Schutz füglich anwenden, indem eine partielle Verletzung des Besitzes hier ebenfalls gedenkbar ist. Es kann jenes Interdikt für diesen Fall ganz mit dem ge­ wöhnlichen Erfolge angestellt werden 3). — Die Anwendung des­ selben für den colonus ist in den Quellen des justinianri­ schen Rechtes nicht ausgezeichnet. Und dem missus io posseesioncm rei servandae causa wird es gradezu abgesprochen, aus dem Grunde, quia non possidet, d. h. weil er nicht in eignem Namen, sondern für den Eigenthümer besitzt 4). 2) „In summa puto dicendem, et inter Jruetuario$ hoc inter* dictum reddendom, etsi alter usumfructum alter possessionem „sibi defeodat. Idem erit probandum, et ai ususlructus quis „sibi defeodat possessionem; et ita Pomponius scribit, Proinde „et si alter utum, alter fructum sibi tueatur, et bis interdictum „ erit dan.luro; 1. 4. D. uti possid.

3) Ei ist hier eint analoge Ausdehnung eine« Klagerechte- vorhan­ den, wie sie sich im Sachenrecht durchweg findet. 4) „ Creditores missos in possessionem rei servandae causa in,, terdicto uti possidetis uti non posse: et merito, quia non pas-

218 Zweitens: auf sonstige Weise. Die fernere Anwendung diese- Jnterdittes besteht darin, daß nichts auf die Rechtmäßigkeit jenes factischen Innehabenankommt, «elchemnach auch der im Verhältniß zu Anderen ausser dem Beklagten unrechtmäßige Besitz geschützt wird. „Josta, an „injusta adversus ceteros possessio sit, in hoc interdicto ninhil refert” 5*).6* * Der Grund davon ist offenbar der, weil die

Entgegnung des Beklagten, daß der Klager unrechtmäßig be­ sitze, nach der Bestimmung des Prätors nicht weiter gehört werden soll. Es läßt sich aber auch sagen, selbst wenn Jemand unrechtmäßig besitze, müsse er doch nicht von Dritten auf solche widerrechtliche Weise gestört werden. Dagegen ist es nicht für die Angabe eines Grundes zu achten, wenn in obiger Stelle °) hinzugefügt wird: „qualiscuoque euim possessor hoc ipso, quod „possessor est, plus Juris habet, quam ille qui oou possidet” 7).

Denn ein Recht hat der injostus possessor an der Sache nicht, es kann ihm dieselbe zu jeder Zeit von dem Eigenthümer abge­ fordert werden; er reprasentirt nur letzteren in seinem Recht zu besinn. Daß die iojusta possessio den auimus doiuioii erfordere, läßt sich keinesweges behaupten. Wer mit Gewalt oder heim„sidtnt. Idemque et »o ceteris omnibus, qui custodiae causa „miss! sant in possessiunem, dicendum est;M 1. 3. §. 8. D. uli possid. 5) 1. 2. D. uti possid. Bergt. 1. 53. D. de adquirend. et arnilt. possess. 1. 1. §. 9. D. uli possid. §. 4. J. de iiiterdict. 1. uri. C. Uli possid. Eine bestimmtt Anwendung davon findet sich in I. 17. 1). de precar. 6) 1. 2. D. uli possid.

7) Eine ganz interessante Anwendung findet sich in 1. 3. pr. D. ut. possid. für den Fall, wo der Eine juste, der Andere injuste zu besitzen behauptet. Jeder wird alt Besitzer, demnach oU berechtigt jenes Jnt.rdict anzustellen betrachtet, oder wie eS heißt: duo Voisident in soliäum. ES kann aber keiner über den Anderen den Sieg davon tragen, wo nicht der unrechtmäßige Besitzer von dem rechtmäßigen selbst seinen Besitz ableitet (si vero non a mv, neu'er nostrum vinccLur. uam et tu possidcs, el ego).

210 lich sich ein« Sache bemächtigt, kann dirs sehr «ohl auch in einer andem Absicht thun 8); bei dem precario possideas ist die Absicht, Eigenthümer zu sein, sogar völlig undenkbar, sowie die­ selbe ebenfalls bei dem Diebe und dem Räuber rücksichtlich be­ weglicher Sachen rechtlich gar nicht gedacht werden kann. Die einzige Einwendung, welche dem Beklagten freisteht, betrifft, auch noch im neuesten justinianeischen Rechte, die vitiosa possessio ab adversario. Diese soll zur Folge haben, daß man den Besitz nicht behaupte9).10Der Kläger wird sogar conbemntrt werden können, seinen Besitz an den Gegner heraus­ zugeben. Aus diesem Grunde würde der precario teoeos mit dem interdictum nti poseidetis nicht gegen den, welcher das precariam ertheilt hat (quem rogaril), durchdringen lu). §.

32.

Die sonstigen dieses Jnterdict betreffenden Resultate haben durchaus keine Schwierigkeit. AIS Beklagter kommt jeder in Betracht, der entweder selbst oder durch Andere eine partielle Störung, d. h. eine solche vor­ nimmt, wodurch der Jnnehaber nicht seines Besitzes entsetzt wird; und welche einzelne Störungen hierher gehören, ist bereits oben angegeben worden 1). Es sind ganz dieselbe»! Störungen, welche Bergt, nur: 1.12. D. und. vi. 9) Ueber diese vitiosa possessio ab adversario: $. 4. J. de interd. 1. 1. }. 5. u. §. 9. D. uli possidet. Gaj. IV, §. 150. Der jusius posaeuor wird demnach durchdringen, wenn rin Anderer von ihm injuste besitzt. „Si quis propooerit pussessionem justam et in-

8)

,, jiiilam: ego possideo ex justa causa, tu vi aut clam: si a me „possides , superior sum interdicto1. 3. pr. D, uli ptissid. —

Wäre aber v. Savigny'S Ansicht, daß der Besitz, welcher durch diese« Jpterdict geschützt werden soll, ein bloße« Factum de« Jane« haben« ohn« alle« Recht sei (§. 38.), richtig, so würde jene vitiosa possessio nit in Betracht kommen. 10)

I. 17. 1>. de precar.

1) 3m 8. 30.

220 die actio negatoria begründen 2). Ob der Beklagte ein Recht an der Sache habe, ist von keinem Belange, denn eS kann selbst der Eigenthümer auf diese Weise verklagt, und sogar wegen sei­ ner widerrechtlichen Anmaßung bestraft werden 23). Die Wirkung dieses Jnterdittes ist die Anerkennung des Rechte- zu besitzen, wobei wir aber von der späteren Ausdehnung für den iojastos possessor absehen müssen. ES muß daher die Störung unterbleiben, und der Beklagte namentlich die tectoria, welche er sich widerrechtlich über dem Grundstück deS Klägers angemaßt hat, wegnehmen 4), weil nur dadurch die Verletzung aufgehoben wird. Auch für die Zukunft muß jede ähnliche Störung vermieden werden. Sollte das Gegentheil zu befürchten sein, so wird eine Caution die zweckmäßige Aushülfe gewähren. Aber auch für den Unterlie­ genden kann schon jetzt eine Sicherstellung (satisdatio) wegen seiner künftig zu realisirenden rechtlichen Ansprüche vorkommen5). 2) SBenn daher der Prätor den Au-druck: vim fieri veto (L fe $. 1. D. uti possidct) gekraucht, so ist hier unter vis jede wider­ rechtliche S tö rung zu verstehen. 3) Nach der spätern Ausdehnung des Interdicteö hat die- keinen Zweifel. Der Grund ist, weil der Beklagte seine Entgegnungen in Betreff der ihm zustehenden Berechtigung nicht vorbringen darf. Dem Kläger soll eine schleunige Hülse werden, er braucht nur ge­ wisse äußere Umstände nachzuweisen, und dann wird sein Besitz einstweilen für rechtlich angenommen. „Ilujus aotem interdicti „ prupooendi causa baec fuil, quod scparata esse debet possessio a „proprietate: fieri enim potest, ut alter possessor sit, dominus

„nou sit: alter dominus quidem sit, possessor non sit: fieri »potest, ut et possessor idem et dominus sit." I. 1, J. 2. D; uli pussidel, 4) Si vicimus meus in parle mea tectoria habeat, et in parle „sua; uti possidelis mihi efBcax est, ut ea tollere eompella„tun " 1. 3. §. 9. D. uti possid. 5) Hierauf bezieht sich l. un. C. uti possid.: „ Uti possidelis hin„dum, de quo agitur, cum ab altero nec vi, nec dam, nec pre„cario possidelis, Rector provinciae vim ßeri prohibebit: ac

satifdationis vel transserendae possessionis Edicti perpetui „forma seruata de proprietate cognoscet.** Die richtige Erkläi

221 Daß Ersatz für die Beschädigung grinstet werd« müsse, folgt auS jener Anerkmnung eben so nothwendig. Hierauf bezie­ hen sich die Worte des Edikts: neque pluris, quam quanti res «rit 6). * * *Und die Interpretation bestimmte, eS solle dabei alles in Erwägung kommen, was der Besitzer wirklich verloren, oder wegen jener Störung zu erwerben verabsäumt habe. Mithin muß der Verletzte alles dasjenige ersetzt erhalten, was er erlangt ha» den würde, wenn jene Störung nicht vorgekommm wäre: „quanti ,,cujmque intererat, possessionem retinere” 7). Es kommt aber am wenigsten auf daS pretmm, auf den Werth der Sache selbst an, welche irrthümliche Ansicht dennoch von dem Juristen Servius nach den Worten des Ediktes behauptet wurde 8).9 Auch dieses Interdikt dauert nur ein Jahr °), es müßte denn der Störer noch späterhin bereichert sein 10). §. 33.

Jetzt wird von dem interdictum utrubi das Genauere an­ gegeben werden müssen. Nach dem neuesten Römischen Rechte niDß dieser Stelle findet sich bet v. Savtgny, da« Recht de» Be« sitze« §. 38. Jene Kaution wurde tu brr älteren Jett durch dt« praedes litis et vindiciarum geleistet. 6) 1. 1. pr. D. uti possidel.

7) Dies ist wenigstens die Erklärung, welche Ulpian so Gemäß» heit der Worte des GbictS hingestellt hat, und welche von den Compilatoren angenommen ist: „ In hoc interdiclo condemnatio« „nis summa referlur ad rci ipsius aeatimationem. Quanti res „ est, sic accipimus • quanti uniuscujusque interest possessio„nem retinere1. 3. $♦ 11» D. uti possidet. 6) ,, Servil autem scntcntia est, existimantis, tanti possessionem „esse aestimandam, quanti ipsa res est: sed hoc nequaquam „opinandum est: longe enira aliud est rei pretium, aliud pos„ sestionis; •’ 1. 3. fl. 11. D. uti possidet. 9) yylntra annunty quo primum experinndi potestas Juerity agere y, permitt am1. 1. pr. D. uti possid.

10) Allgemein wird dieser Satz in folgender Stelle ausgesprochen: „Ex quibus causis annua interdicta sunt, ex his de eo, quod yy ad euniy cum quo agitur, pervenit, post annum Judicium dan„dum, Sahinus respondit;" 1. 4. D* de interd.

222 ist diese-'Interdikt ganz dasselbe rücksichtlich beweglicher Sachen, was bei unbeweglichen Gegenständen das ioterdictmn uti pos•idelis *).

Es ist ebenfalls retinendae possessionis 2), und hat zum Zweck, den vorhandenen Besitz gegen partielle Störungen, welcher Art sie auch sein mögen, vorläufig und auf einem schleunigen Wege zu sichem. Daß der Eigenthümer diese- Interdikt anstellen könne, erhellt aus den Angaben der Quellen sehr deutlich, obwohl über­ haupt nur wenige ausdrückliche Zeugnisse für jenes Interdikt in seiner neuen Gestalt vorhanden sind. Dasselbe soll beim Streite über das Eigenthum statthaben, sofern auch darüber Streit ent­ steht, wer von den Parteien besitze und widerrechtlich gestört, demnach vorläufig im Besitz zu schützen sei 3).4 5Von dieser vor­ läufigen Entscheidung nemlich hangt es ab, wer im EigenthumSstreit die Rolle des Klägers, oder des Beklagten zu übernehmen habe: „Retinendae possessionis causa comparatum est .. ioter,, dieliiin ntrubi, cum ab utraque parte de proprietate alicujus

„rti quaeritur: et ante quaeritur, uter ex litigatoribus possidere, et uter petere debeat *). Ohne jene Entscheidung

kann häufig die Eigenthumsklage gar nicht angestellt werden, weil hier nur der Besitzer (possessor) Beklagter, der Nichtbesitzer aber Kläger ist *). Außerdem wird es im EigenthumSstreite 1) „Hoc interdictara de possessione rer mm mobilium locum ha» „ bet, sed optinuit vim ejus exaequatam Jmisse uti possidetis in* „ terdicto, quod de rerum soll competit;’1 1. un. §. 1. D, utrubi» Bergl. §. 4. J. de fnterdict. 2) §4 4. J. de inlerd.: „Retinendae possessionis causa comparata ,, sanl interdicta uti possidetis et utrubi. ” 3) 1. 13, C. de rei vindicat, 4) §. 4. J. de interd. 6aj. IV, §. 148. 1. 35. D. de adquir. et amitt. poss. 5) In diesem Ginnt wird gesagt: ,, Namque nisi eipluratum fue„rit, utrius eoruto possessio sit, non polest petitoria actio in9fstitui: quia et civilis et nitoralis ratio facit, ut alius possi„deal, alias a possidente petat;v §. 4. J. de ioterdict.

223 nicht bloß bequem« sein, die Rolle des Beklagten zu überneh. men 6),7 sondern es gewahrt auch d« Besitz ganz wesentliche Vortheile, schon infofem bei verfehltem Beweise der Eigenthü­ mer die Herausgabe seiner Sache nicht verlangen kann, vielmehr gegen ihn entschieden werden muß '). Es kann der Eigen­ thümer possessorisch geschützt werden 8), und daß der Besitzer Eigenthümer sei, dies laßt sich vorläufig und im Zweifel wohl annehmen: allein auch der Nichteigenthümer, derjenige, welcher später im Eigenthumsstreit unterliegen muß, wird mit jenem Jnterdicte geschützt 9).10 Dasselbe hat der bonae fidei wir eine ausdrückliche Angabe:

possessor,

und hierfür finden

„§> colooi, qiios bona fidc qoisqne possidet, ad aüos fu„gae vitio trauseuotes nccessitalem propriae coudilionis „declinare tentaverint, bonae fidei possessori prirnum

,, oportet celeri re/ormatione succurri: et iunc causaiu ,, origiuis et proprietatis agilari” *°).

Die coloniy wovon hier die Rede ist, entfliehen. Es sind Sclaven, wenigstens werden sie hier den Sclaven gleich behan­ delt, und durch ihre Flucht suchen sie der Gewalt des bonae fidei possessor zu entgehen, während sie sich bei Dritten für Freie ausgeben. In diesent Falle sollen jene Dritte nicht Be6)

„Et quia lotige commoäim eit possidere potiul, quam pe.

,,tere: ideo plerumque ei Jore semper in gern exiltit Content io ,, de ipta possejsione"; §. 4. J. de interdict. 7) „Commodum autem possidendi in eo est, quod eliamsi ejus „non sit, qoi possidet, si modo acior non potuerit suam esse „ prubare, remanet suo loco possessio. Propier quam causaru „cum obscura sunt utriusque jura, contra pelitorem judicari „ tolet", §. 4. J. de inlerd. 8) Für diesen Fall muß denn di« rei vindicatio jedesmal ohne Er­ folg bleiben. 9) Weil nemlich dieser Schutz unter denselben Boraussetzungen er­ theilt wird, von welchen das inlerdictum uli possidelis abhängt.

10)

L. 14. C, de agiicolis (Cod. Thcod. IV, 23.).

224 fitz«, waS sie gar nicht sein wollen "), auch die Leibeigenen nicht Freie sein, sie werden somit von ihrem ftüherm Besitz« auch noch jetzt besessen w). Deshalb und weil die Sclaven beweg» liche Gegenstände sind, wird das interdictam uirobi, als ein Mit­ tel den Besitz zu erhalten, mit allem Fug angestellt. Es ist zu­ gleich ganz deutlich gesagt, daß dieser Besitzstreit dem Streite über daS Eigenthum, in welchem jene coloni sich befinden, vor» angehen müsse, und daß derselbe in einer schleunigen Hülfe bestehe1J). Nach jener Gleichstellung deS interdictam otrabi mit dem Interdictam ati possidetis kann für die Person des Beklagten nichts anderes Anwendung finden, als was von derselben rücksichtlich des ioterdiclum uti possidetis gesagt worden ist M); auch wird der Erfolg dieses Jnterdictes kein anderer sein. Es geht auf Anerkennung des Rechtes zu besitzen, daher muß die Störung unterbleiben, und wegen der zugefügten Bescha­ ll ) Wenn wir hier vom Besitz sprechen, so kann doch nur an den Sigenthumsbesitz gedacht werden.

12) Dieses gilt vom sarvut fugitivut überhaupt r „namqne fugiti„vus idcirco e nobis possidtri videlur, ne ipse noe privet pos» „ sessione ”; I. 13. pr. D. de adquir. et am. poss. 13) Daß für das justinianeische Recht dieses interdictam otrabi niemals als recuperandae possessionis angesehen werden könne, ist von Savigny nicht geleugnet worden. Die §. 5 u. 12. der I. 3. D. ad exhibend., welche dem neuesten Recht angehören, ent, halten aber jenen Satz keinetwege». XI« die Hauptbedingung die. fei Jnterdictes zeichnet v. Savigny juristischen Besitz au«, ohne Unterschied ob derselbe possessio civilis sei oder nicht. Dabei Wird man allerdings an die bonae fidei possessio erinnert, aber der Schutz, der hier gegeben wird, bezieht sich nur auf da« Recht des bonae fidei possessor, nicht auf das faktische Innehaben, als welches die bonae fidei possessio, sofern sie bloße conditio usucapiendi ist, gedacht Werden kann. 14) Der Besitz kann nicht bloß in eigener Person, sondern auch durch Repräsentanten, z. B. den Depositar und , sedisse propter usumfructum non negas”) nicht den mindesten Widerspruch, indem es nur darauf ankam, auszumitreln, etna den ususfhictus wirklich gehabt habe.

ob Cae-

Von der juris quasi

-

22-



falls auf unbewegliche Sachen bezogm habe, wird nach Gajus völlig gewiß fein-8), Das Resultat also ist: nur der Eigenthümer soll in sei­ nem Besitze provisorisch geschützt werden» Allein die Voraus­ setzungen, unter denen dies geschieht, sind so allgemeiner Natur, daß auch Andere, selbst solche, welche gar kein Recht zu besitzen haben, jenen Schutz erlangen müssen:- weshalb eben die Bchellung der praedes litis et liodiciarum nothwendig erscheint. Ganz dasselbe Princip, abgeschen von dem Fornxllen, zeigt sich bei den possessorisch« Interdiurn, und zuverlässig wurde der Prator dadurch zur Bestimmung jener Interdicte bewogen. Dies- konnte jedoch erst geschehen, als per formulas gestritten, mithin die einzelnen Llagerechte mehr von einander unterschieden werden mußten °). Jene lis viadiimrnm dauerte fort, nachdem bit legis nctiones bereits aufgehört hatten10), aber für eine noch spätere Zeit ist sie als störend verschwunden, und deshalb wird im justin ianeischcn Rechte dieselbe nirgends erwähnt. Der Streit über den Besitz wurde, seitdem die Interdicte eingeführt waren, ganz nach den sonstigen Regeln des Prozesses, geordnet. Die Entscheidung gehört nun nicht mehr vor den Prator, sondern, gleich den übri­ gen Klagen, vor den judex; dennoch soll dieser Streit nach bloß äußeren Umstanden, provisorisch, und durch ein schleuniges Ver­ fahre» abgethan werden. An die Stelle jener praedes litis et liudieiaruin trat später eine gewöhnliche sadisdatio Statt des zur Zeit der legis .nctiones üblichen sacraincutum, was für den Eigenthumsstreit von Gajus erwähnt wird, wurden sg. sponsiones und restipulationes gebräuchlich n). Aber auch diese sind für di« neueste 8) Ga}. IV, 16. U, 17. 9) Ganz dieselbe (Sntnnckelinig hat dir legis actio per condictionem erlangt, welche das Princip der späteren condktioncs enthält. 10) Gell. iu N. A. XX, 9. 11) 1. ud. C. uli pussidcl, 12) Gaj. IV, 16.

230 Zelt verschwunden, und nur die gewöhnlich« pomee fernere Utigantium zur Anwendung gebracht wordm. Ebm so bedeutungslos wurde die fructus Ucitatio 13), welche noch zur Zeit der classischen Juristen im Streit über den Besitz als etwas Besonderes vorkömmt. Wer das Meiste für den einstweiligen Besitz dem Gegner geben wollte, siegte. Doch hing dies mit der Restitution der in der Zwischenzeit gewonne­ nen Früchte gar nicht zusammen, vielmehr wurde das Gegebene als ©träfe betrachtet, wenn sich hinterher ergab, daß man sich unrechtmäßig den Besitz angemaßt habe. §. 35.

BiS jetzt ist da- Recht der bonae fidel possessio vollständig erörtert worden. Nun wird noch vom Erwerb und Verlust derselben die Rede sein. Nur, insofern die bouac fidei possessio ein Recht ist, für dieselbe Eigenthum singirt wird, können jene Umstände Sinn und Bedeutung haben. Denn bei einem leeren Nichts, einem bloß factischen Innehaben, dem eS an allem Inhalt der Berech­ tigung fehlt, ist ein Erwerb sowohl alö Verlust völlig un­ denkbar 3). 13) G.). IV, 166 ff. 1) Schoo v. Lhaden, allgemeine Untersuchungen über hm Begriff des Rtmischen Interdictenbesitze» S. 42 u. 43 , hat die» mit allem Recht behauptet. Sabini sententiam veriorem esse, nec alias cum, qui seit, pos%,sidere9 rtisi si loco motus sitz quia non sit sab custodia no„stra , quibus consentio.Einige Juristen also behaupteten, daß

der Schatz, während er sich noch in dem Grundstücke befinde, schon erworben sei, sobald der Besitzer des Grundstückes davon eine Wis­ senschaft erlange, und die Absicht fasse, den Schatz -u besitzen. Seltsam genug stützten sich dieselben darauf, da- körperliche In­ nehaben sei hier schon jener Absicht vorausgegangen. Davon war eine nothwendige Folge, daß auch der Schatz usucapirt werden mußte, und hierbei scheinen- sich wieder die Meinungen der Römischen Juristen getheilt -u haben, indem Einige die Usu­ kapion von der bemerkten Wissenschaft abhängig machten, An, dere dagegen dieselbe schlechthin für zulässig, und schon durch die Ufucapioa der Grundstückes für geschehen erachteten; da­ bei mußte man denn den Schatz als einen Theil des Grundstückes selbst ansehen. Paulus, von dem jene Stelle herrührt, verwirft jede dieser Meinungen, indem er mit Anderen die Meinung des SabinuS für die richtige hält, der Schatz könne nicht besessen, also auch nicht usucapirt werden, bevor cV gehoben sei — Also grade in dem Heben de- Schatzes ist jenes corpus enthalten, wa­ rum Erwerb«, sowohl de- Eigenthums, als de- Besitze- erfordert wirb. E» ist hier ausdrücklich vom Besitz des bonae fidei possesaon dis.Rede, weshalb auch mit jenem Recht die Usucapion Ln Der, biadung gebracht wird.

256 In allen diesen Fällen kann Eigenthum, aber auch nur das Recht der bonae fidei possessio erworben «erden

cauta donatio.

§. 39.

Die zweite Bedingung beim Erwerbe deS Besitzes ist eine bestimmte Absicht (animus). Diese Absicht muß mit dem corpos korrespondiern, also darauf gerichtet sein, Eigenthum zu erlangen (animus dominii). Beide Umstände begründen das wirkliche Eigenthum, aber ebenso nur das Recht der bonae fidei possessio *l). Es ist mithin bei dem Erwerb des juristischen Besitzes im­ mer nur von jenem animus domioil die Rede, welcher als solcher mit der Ueberzeugung, daß man Eigenthümer sei (opinio dominii), übereinkommt 2). Niemals kann von einem animus possideodi gesprochen werden, welchen v. Savignp in Betreff des sg. abgeleiteten Besitzes annimmt. Dieser animus possidendi nemlich soll darin bestehen, daß man den Besitz auf jene ander­ weitige Art und Weise erwerben wolle; so oft das Recht des Besitzes, unabhängig vom Eigenthum, erworben werden könne, 29) Bergt, g. 36. Note 8. 1) Jene» bestimmte Wollen besteht auch nach v. Gavigny a. a. O- §. 20. darin, daß der Besitzer die Sacht als eine eigene be­ handle (animus dominii), obgleich dieser Umstand nicht weiter auf den bonae fidei posaessor bezogen wird. 2) v. Savigny warnt an diesem Orte vor der Verwechselung beider Begriffe, obgleich sie für den Besitz , di« bonae fidei pos­ sessio , auf ein und dasselbe hinaufkommen. Denn der bonae fidei posseasor hat nicht bloß die Absicht Eigenthümer zu sein, sondern auch den Glauben, daß er Eigenthümer geworden sei, welchen man durch den Aufdruck opinio s. eogitatio dominii bezeichnet. 3n den Römischen Rechtlquellen wird ein solcher Unterschied durchaus nicht erwühnt, vielmehr ist t6 darnach ganz gewiß, daß der animus dominii in der puCare, ie dominum eise sich gründ«. Aber v. «avigny hatchie Ansicht, daß auch der Räuber und der Lieb, gleich dem Eigenthümer, juristische Besitzer feien, welches indeß schon «den hinreichend widerlegt ist.

257 «erde diese Absicht, alS eine mit dem dabei vorhandenen corpos eorrespovdirende in Betracht kommen, weshalb sie eine verschie­ dene sein müsse bei den verschiedenen Arten jenes abgeleiteten Besitzes. Eben daher werde es sehr nothwendig zu wissen, in welchen Fällen der abgeleitete Besitz selbst stattfinde, folglich eine Ausnahme von der Regel des animas domioii eintrete. Jener abgeleitete Besitz, um hier die Sache im Zusammen­ hange kurz anzugeben, ist nach v. Savigny ganz ausgeschlos­ sen 3) bei dem procurator *), ebenso bei dem commodat s), bei dem Pachtcontract c), bei der missio in possessionem') 3) Sieh« da« «echt dt« «efitzt« §. 23. 4) Zufolge I. 1. §. 22. D. Je vi und 1. 9. D. de adquir. et am. posd. Hier wird nach v. Savigny unser Besitz bloß verwal­ tet, entweder dieser Besitz allein, oder auch unser gesammte- Dermdgev: wat .a» wenigsten bestritten werden kann. 5) Nach I. 8. D. commod. 1.3. $- 20. D. de adquir* et am. poss. 6) Ausdrücklich enthalten dies I. 6. §. 2. D. de precar. 1.25. §. 1. D. de adquir. et am. possess. v. Savigny sucht dies dadurch «och mehr zu begründen, daD der cclonut nicht usucapiren könne, daß derselbe bei Gewaltthätigkeiten des Eigenthümer- schon durch den bloßen Vertrag, bei Störungen eines Dritten durch die Interdicke des Eigenthümer- geschützt sei, indem er auch in letzterem FaÄe au- dem Vertrag fordern könne, daß der Eigenthümer ihn entweder schadlos halte, oder ihm die Interdikte cedire. — Diese Gründe sind für die Behauptung, daß der Pächter keinen juristischen Besitz habe, zwar ungenügend, doch ist die Sache selbst völlig gewiß, auch können die Ausnahmen von jener Regel, welche von andern Juristen aufgestellt worden sind, als solche hier gar nicht in Betracht kommen. 7) Dabei ist neMlich nur an die missio damni infecti nomine ex primo decreto zu denken. Der Grund soll darin liegen, weil der missus in possessionem nicht usucapiren könne, indeß auch wegen der Interdikte sei e- nicht nöthig, ihm Besitz zuzuschreiben, weit er schon ein eigene-, von den possessorischen verschiedene-, Inter­ dikt -ade, was sogar noch vortheilhafter sei alt diese, newlich dainterdictum ne vis fiat ei, qui in possessionem missus erit\

Dig. XLIII, 4. — ES wird aber auch ausdrücklich angegeben, daß v. Ligrrstri« Recht.

R

258 und endlich bei einem jus in re. Also hat auch der Servitut» berechtigte, namentlich der Usufructuar, nach v. Srrvigny keinen juristischen Besitz, eben so wenig der Guperficiar, indem diese Regel bei allem jus in re überhaupt gelten sott 8)> * *—* * * * * der missus in possessionera durchaus keinen Desih erhalte, son­ dern nur im Namen des vorigen Besitzers die Detenlioa der Sache habe; 1. 3. g. 23. 1, 10. g. 1. D. de adquir. et am. poss. 1. 3. §. 8. D. uti possidet, Die 1. 7. §. 1. D. quib. ex cans. in poss. und 1. 30. §. 2. de adquir, et amilt. possu können hiergegen nicht angeführt werden, da der Ausdruck possessio, possidere vielfach gebraucht wird, ohne daß von einem juristischen Besitz die Rede wäre, selbst diese- RechtSverhältniß des missus in possessionetn wurde ein für alle Mal mit jenem Ausdruck bezeichnet. Die Sache selbst ist völlig gewiß, wiewohl au- anderen Gründen: denn die Usucapioa kann durchaus nicht als Folge deS juristischen. Besitzes auSgezeichnet werden, auch entscheiden für letzteren außer de» pos­ sessorischen Jnterdicten, welche jedoch eine erweiterte Anwendung erlangt haben, noch mehrere sonstige Wirkungen. 8) Diesen Punkt hat v. Savigny besonder- umständlich erörtert. Der Usufructuar, der Usuar, wie überhaupt jeder Servi­ tutberechtigte, sollen auf dieselbe Weise, wie ein bloßer Päch. ter, den Besitz de- Eigenthümer- ausüben. Denn wegen der Usu­ kapion sei keine Veränderung de- Besitzes nöthig, indem durch das jus in re keine Veränderung im Eigenthum entstehen solle, aber eben so wenig wegen der Znterdicte, weil gegen den Eingriff eines Dritten das jus in re durch eigene Jnterdlcte geschützt werde. Die­ ser Schutz verliere dadurch nichts, daß auch der Eigenthümer wegen seines Besitzes ein Jnterdict gegen den Verletzer habe. Auch mache die mögliche Collision des Eigenthümer- mit dem Fructuar u. s. w. e- nicht nöthig, dem Eigenthümer den Besitz abzusprechen, da letz­ terer immer dem ersteren weichen müsse, somit in Wirklichkeit keine Collision entstehen könne. — Sind gleich die Gründe unrichtig, so ist dennoch die Sache nach den vorhandenen Quellenzeugaissen völlig gewiß. S. 1. 6. §. 2. D. de precario. 1. 1. §. 8. D. de a4que et am. poss. 1. 12. pr. I. )>2. pr. D. eud. §. 4, J. per quas person. 1. 10. §. 5. D. de adquir. rer. dom. 1. 5. $. 1. D. ad cxhibcnd. Auch enthält Cic. pr. Caec. c. 32. (,, Caeginam pos« ,, sedissc propter usumfructum non negaa”) nicht den mindeste Widerspruch, indem e- nur darauf ankam, au-zumitteln, ob Cae cina den ususfructus wirklich gehabt habe. Don der juris qua

259 Daß die genannten Individuen nicht einen juristischen Besitz er­ langen können, damit wird nach den vorhandenen Quellenzeug. Nissen wohl Jeder einverstanden sein ®). Wenn aber jener Ver­ fasser eipen sg. abgeleiteten Besitz für den Emphyteuta und den Pfandgläubiger stets lü), für das precarium als die -Regel, und für das depositum wenigstens ausnahmsweise ge­ stattet u), so ist die Unhaltbarkeit dieser Annahme schon oben hinreichend bewiesen worden. Kommt demnach für den Besitz nur eine und dieselbe Ab» sicht, der animus dominii, in Betracht, so sind doch dieselben Gesichtspunkte wichtig, wovon v. Savigny bei seiner Erörte­ rung ausgeht. Jene Absicht kann nur eine Folge des abgeschlos­ senen Rechtsgeschäftes sein, eines Rechtsgeschästes, wodurch wirk­ lich Eigenthum hätte erworben werden können, es sind dieselben Erwerbarten, welche schon oben rücksichtlich des corpns angegeben werden mußten. Nur also, wenn ich eine Sache rechtmäßig er­ worben habe, kann ich glauben, Eigenthümer geworden zu sein, daher ist ein solcher Erwerb nothwendige Bedingung jeder booae tidei possessio. Aber umgekehrt gehört zum Erwerbe die­ ses Rechtes außer jenem corpus nichts weiter, als die Absicht, possessio, welche v. Savigny dem Usufrurtuar als einen und» gentrichtn, jedoch als «inen juristischen Besitz ertheilt hat, ist schon oben bet den Jnterdicten gesprochen worden. Dasselbe soll aber nicht bloß bei Servituten, sondern bei allem jus in re überhaupt gelten, also auch bei der superficies. Denn auch auf diese gründe sich ein ganz eigenes Interdikt, also nicht das inierdicium uti possidetis, welche» doch bei jedem juristischen Besitzt stattfinde. — Wie «t sich Mit dem interdictum de Superficiebus in Wahrheit verhalte, ist ebenfalls schon früher geieigt worden, und von einer juris quasi possessio, als einer Art des juristischen Besitzes, kann hier eben so wenig di« Rede sein. 9) Alle diese Individuen, und noch mehrere ander«, sind, wie be­ reits oben angegeben wurde, bloße Repräsentanten im Besitz«, indem alt juristische Besitzer nur die bonac fidei possessores an­ gesehen werden können. 10) 6. da« Recht de« Besitze« §. 24.

11) Daselbst §. 25.

R 2

260 Eigenthum zu erlangen, so daß auch in dieser zweiten Rücksicht sich der Erwerb des Besitzes von dem Erwerb des Eigertthums durchaus nicht unterscheidet. Wie für das Eigenthum, so ist für den juristischen Besitz im Allgemeinen folgender Gesichtspunkt wichtig. Wer erwerben will, muß jenes bestimmten Wollens fähig sein, aber dieses Wollen auch ein solches Object betreffen, was fähig ist, zum Eigenthum erworben zu werden. Fähigkeit der Person und Fä­ higkeit der Sache sind wesentliche Bedingungen jedes Erwerbes, also auch de-Z Eigenthumserwerbes. Dies ist der Gesichtspunkt, auf welchen sich die Angaben der Quellen zurückführen lassen, und den daher v. Savigny ebenfalls verfolgt hat 1J). 40. Unfähig zum Erwerb sind diejenigm Personen, welche überhaupt nicht wollen können. Hierher rechnet v. Savigny juristische Personen, Wahnsinnige und Per­ sonen, welche zu große Jugend eines gehörig überlegten Wollens unfähig macht. Wir folgen 'dieser Anordnung, und werden jeden dieser Punkte genauer erörtern, wiewohl auch noch bei anderweitigen Personen jenes Wollen ausgeschlossen ist *). §.

12) Dabei dürfen aber die sonstigen Erfordernisse einer gehörigen Willenserklärung nicht übersehen werden. Diese sind verschieden« bei den verschiedenen einzelnen Erwcrbarten, und daher gehört die Darstellung derselben lediglich dorthin. Der Wille taun bei dem Erwerbe de» Besitzer, wie beim Erwerbe de» Eigenthum», abgese­ hen von der äußeren Form, nicht bloß gleich anfangt, son­ dern auch erst hinterher (ratihabiliu) gültig erklärt werden. Ferner wie die» von dem Berechtigten in eigener Person gesche­ hen sann, so kann er auch durch Stellvertreter geschehen, von welchen letzteren jedoch v. Savigny rücksichtiich de« Erwerbe» de» Besitze» noch besonder» spricht. El muß kein Mangel der tot!« lenlerkliirung vorhanden fein, in Folge einet error, dolus, vis, me­ in» u. s. w. Doch ist diese» nur bei dem Erwerb de» Eigenthums auf einem obligatorischen Wege von Bedeutung.

1) Die allgemeinen Bedingungen rücksichtiich der Person de» Er­ werbenden entscheiden ebenso bei dem Erwerb des Eigenthums

Zunächst juristisch» Personen, d. h. solche, welchen Per­ sönlichkeit beigelegt wirb, ungeachtet sie leblose Individuen sind, können in eigener Person weder Eigenthum, noch juristischen und der juristischen Besitzer. Sehen wir nemlich ab von den juri­ stischen Personen, so fommt für die physische Person nicht bloß eine natürliche, sondern auch eine civile Fähigkeit in Betracht. Nach Civilrecht sind die Erfordernisse: der Mensch muß. frei, Römischer Bürger und nicht der Gewalt einer Anderen unterworfen sein. Au- diesem Grunde können alle Sclaven, alle Nicht-Römer und Kinder in väterlicher Gewalt keinen juristischen Besitz erwerben. Sclaven können nicht sich selbst, da sie als Sachen betrachtet werden, sondern nur ihrem Herrn Besitz erwerben; 1. 49. §. 1. 1. 30. §. 3. I. 24. D. de ad^ quir. et anritt, possess. Dasselbe gilt von freien Menschen, welche lonorfide als Sclaven besessen werden; 1. 118. D. de R. J. fc 1. $. 6* B* de- adqtH et am. poss. Kr ieg-Sgefangeue wer­ den nach denselben Regeln behandelt; 1. 23. $. 1. 1). de adqair. et am. pos». 1, 19. O. ex quib. caus. major. Der Herr erwirbt durch sie sowohl Eigenthum, alS juristischen Besitz, wenigstens ist dieö als die Regel anzusehen; Ulp. XIX, 21. §. 4. J. per quas person. 1. 19. 1. 23. §. 2. I. 54. §. 4. D. de adquir. rer. dom. Ebenfalls erwarben Kinder in väterlicher Gewalt beider ihnen fehlenden Persönlichkeit ursprünglich nicht sich, sondern ihrem pareo» potestatis; 1. 93. D. de R. J. I. 49. §. 1. D. de adqu. et am. poss. Die Ausnahme findet sich bei dem peculium castrense, wo der filius familias sich selbst erwerben kann; 1.4. §.l. £>• de lYsurp. ct usucap. Solange der Vater sich in feindli­ cher Gefangenschaft befindet, ist der Besitz dcS Sohnes in pendent i; I. 44. §. 7. D. de usurpat. et usu< ap. Die natürliche Fähigkeit -um Erwerbe überhaupt, also auch zum Erwerbe des Ei­ genthums und Besitze-, hängt voa verschiedenen anderweitigen Um­ ständen ab. ES sind die von den Neueren sg. Status naturale . Die Geburt und die Existenz als vernünftiges Wesen sind die ersten und nothwendigsten Bedingungen, um als Subject von Rechten gedacht werden -u könoep, es hangt rückpchtlich der Fähigkeit -um E.werbe manche- ab von der Gesundheit, iu;c* fern grade die Geistesabwesenheit jedes vernünftige Wollen aus­ schließt, von dem Alter, insofern bei zu großer Fugend die gehö­ rige Ueberlegung zur Eingebung von Rechtsgeschäften fehlt. DaS Geschlecht, die bürgerliche Ehre, die Religion, die Ver­ wandtschaft kommen hier aber ebenfalls in Betracht.

262 Besitz erwerben. Gegen eine hereditas jacms soll Itiix fur­ tum possessionis verübt werden können, weil ske kel« nen Besitz habe, „quia possessioiiem non habet, qoae facti „est et animi. Auch selbst der Erbe erlangt den Besitz nicht eher, als bis er ihn selbstständig erwirbt, weil durch das Erb­ recht dem Erben nur dasjenige erworben wird, waS zur Erb­ schaft gehört 2). Eigenthum oder juristischen Besitz kckin eine hereditas jaceos niemals erwerben, auch nicht durch den corator, welcher bloß die Administration der Erbschaft bis zur Antretung des Erben zu übemehmen hat. Wenn Persönlichkeit für die hereditas jaceus angenommen, die Person des Erben für sie fingirt wird, so geschieht dieses, damit diejenigen Rechtsgeschäfte, welche die Verwaltung der Erbschaftsmasse nothwendig macht, nicht unterbleiben. Zu einem anderweitigen besonderen Erwerb soll die Persönlichkeit der hereditas jaceos niemals führen, jener kann daher immer erst von dem Erben vorgenommen werden ^). — Hiervon verschieden ist das Recht der Korporationen, diese können zwar nicht in eigener Person juristischen Besitz oder Eigenthum erwerben, wohl aber durch Stellvertreter. Bei ihnen ist die Persönlichkeit zu dem Ende bestimmt, damit sie als Subjecte von Rechten in Betracht kommen, mithin Rechte er­ werben, besitzen und aufgeben können. Durch Stellvertreter wird hier das ergänzt, was sonst auf natürlichem Wege unmöglich wäre. Dieselbe Unfähigkeit findet sich bei Wahnsinnigen, sie mögen menti capti, obtt furiosi (Wüthende) sein. Auch diese können in eigner Person weder Eigenthum, noch juristischen Be2 ) 1. 1. §. 15. D. *i is, qoi lestaro. Über, 3) v. Savigny behauptet dagegen ($. 21.), eine hereditas jaccns sinne alle übrigen Rechte, $. B. Eigenthum, haben und selbst er­ werben, nur nicht Besitz erwerben. Denn wenn sich auch die Lp. prehension noch einigermaßen denken ließe, i. »., wenn die Sache in einem zur Erbschaft gehörigen Hause eingeschloffen wäre, so sei doch der animus possitlerxli hier durchaus unmöglich.

sitz erwerben *), allein dieser Mangel wird durch diejenigen Stell­ vertreter ersetzt, deren Schutz sie unterworfen sind.

Der Cura­

tor kann daher für den Wahnsinnigen Rechte erwerben, ebenso Eigenthum und juristischen Besitz 4 5),6 nur muß der Erwerb nicht von der Art sein, daß

es dabei auf die Willenserklärung in

eigener Person ankommt.

Aus welchem Grunde das Erbrecht

noch im neuesten Römischen Recht niemals durch den cnrator fu­ rios! erworben wird °),

letzterer kann nur durch bonorum pos­

sessio decretalis den einstweiligen Besitz und Genuß der Ver-

laffenfchaft für den Wahnsinnigen erlangen.

Hier ist unter Be­

sitz bloß das factische Innehaben, nicht etwa Eigenthum, oder juristischer Besitz verstanden. Endlich ist zu große Jugend ein Hinderniß des gültigen Erwerbes.

Infantes sowohl

als impubcres sind eines vernünfti­

gen Wollens unfähig, da es ihnen an der gehörigen Ueberlegung fehlt.

Der infaus, als ein solcher, der juristisch nicht sprechen

kann, hat so gut als gar keinen Willen. 4)

Er kann daher tu

Nur auf diesen Fall scheint folgende Stelle bezogen werden zu

,, Furiosus . . nun polest incipere possidere, quia af« „fectionem tonendi non habet, licet maxirae corpore suo rem t, contingat: sicuti si quis dormienli atiquid in manu ponat^’’ 1. 3. §. 1« D. de adqu. et am. possess. —- In demselben Sinne wird Ln I. IS. §. 1. I). eod. ausgezeichnet, wenn man einen furio­ sus für vernünftig halte, weil er sich grade in so großer Ruhe be­ müssen.

finde,

und ihm in diesem Zustande eine Sache tradire, daß dann

zwar der Besitz des Lradrrenden aufhöre, keincswegeS aber Besitz

„ooji dem furiosus erworben werden

b)

Ohne dieses würde überhaupt keine Verwaltung des Vermögens eines Wahnsinnigen möglich sein, da dieselbe grade die Entäuße­

rung unnöthiger, trifft.

und die Anschaffung nützlicher

Gegenstände

be­

Mithin kann hier zwar von einem consensus cuiatoris nicht

die Rede sein,

weil der Wahnsinnige gar keinen Willen hat, aber

der Erwerb für den furiosus ist eine nothwendige Folge der dem

curator übertragenen Vermögensverwaltung ( gestio). 6)

Ungeachtet dieser Punkt schon im älteren Rechte bestritten war, hat Justinian sich für die strengere Ansicht entschieden, daß durch

Len curator furiosi dem Letzteren werden könne.

nicht

das

Erbrecht erworben

264 eigner Person weder Eigenthum noch juristischen Besitz «wer» den, aber durch den Tutor ist ihm dies sehr wohl mögüch. Der Tutor führt alle Angelegenheiten des iosaos als procuratorischer Stellvertreter in eigenem Namen, sofern sie für den iofans nützlich sind, und durch die Administration des Vermögens herbeigeführt werden 7). Es kann hier niemals vbn einem Ergänzen des Willens durch den Consens des Lutvrs (anctoritas) die Rede sein, da der iosaos juristisch gar keinen Willen hat. Dennoch finden sich zwei Stellen, in welchen bei dem iosaos von einer anctoritas totoris gesprochen wird. In der ersteren Stelle heißteS, der infam besitze, wenn er tutort auctore die Sache erhalten habe, denn das judioröm iofantis werde durch die Autorität des Tutors ergänzt. Dies sei der Billigkeit wegen angenommen, denn erwerbe der toter im Namen des Kindes, was ganz gültig geschehen könne, so äußere ja letzteres ebenfalls seinen Willen nicht8). In einer an­ deren Stelle wird gesagt, durch die Uebergabe von Ge­ schenken könne Jeder einen infam berechtigen. Unge­ achtet hierüber die Ansichten der Juristen abweichend gewesen, so sei es doch am richtigsten, einstweilen den Besitz für erworben zu halten, obgleich das Kind noch nicht den ge­ hörigen Willen habe: denn sonst müßte, nach dem Ausspruch deS Papinian, auch nicht durch den tntor dem iosaos ein Besitz erworben werden 9). 7) Dieser Umstand ist bei dem Erwerb« durch den tutor sehr wesentlich. 8) „Infam posiidere rett« potett, ei tntore auctore coepiti nam „judicium infantil suppletur auctoritate tutoritt utilitatis enim „ causa hoc rccrptum eit; nam alioquin nullul tontentut in­ fantil eit aceipienti poiieuionem I. 32. §. 2. D. de adquir. et am. puss. 9) ,, Donatarum rerum a yuacunquo persona infanti vacua pot,>sessio tradita corpore quaerltur. Quamvis enim sint auctoi9rum sententiae dissentientes .• tarnen contultius videiur,interim t ,9lictt anftrti plenus non fuisset affectus^ pottessionem per tra„ditionem esse quaesit^m: aücquin, sicmti consultissimi viri

Wird der insans rechtlich als ela solcher behaodelt, welcher gar keinen Willen hat, so kann konsequent der Erwerb deS Be­ sitzes nur durch die selbstständige Persönlichkeit des tutor herbei­ geführt werden *"). Dieser ist jedoch nicht überall, sondem nur in Folge seiner Administration zü'senem Erwerbe berechtigt. Bei Geschehen, welche dem infaos gemacht werden, findet kerne Ad­ ministration statt, also auch kein selbstständiger Erwerb durch dm tutor. Aber eben so wenig kann hier von einem Jnterponiren der aoctoritas die Rede sein, weil dem Kinde der Wille gänzlich fehlt. Dennoch hielt man eS für billig, den Befitzerwerb zuzu­ lassen, waS man nur auf die Weise konnte, daß man nach ge­ schehener traditio den Willen des Kindes einstweilen supplirte. Es tritt hierbei ein Princip der Billigkeit hervor, was mit streng rechtlichen Grundsätzen im Widerspruch steht. Durch die Ueber» gäbe der Sache also wird in diesem Fall Eigenthum, oder Looae fidei possessio erworben, wenn überhaupt ein Erwerb angmommen werden soll n). Weniger schwierig gestaltet sich die Sache bei dem Pupillen, der nicht mehr infaos ist. Dieser hat einen Willen, wenn gleich die gehörige, zur Eingehung von Rechtsgeschäften erforderliche, UeberleguNg fehlt. Es ist daher zum gültigen Erwerbe des Eigen­ thum- und des Besitzes die Autorität deS LutqrS nothwen,, Papiniani rerponso continetury nee quidem per Smtorem pos9>sessin in/anti poterit adquiri;w 1. 3. C* de adquir. et rettn,

poss. Der Inhalt dieser Stelle war jedoch Don jeher unter den neueren Juristen durchaus bestritten. S. v. Savigay o. a. O. $. 21. 10) Insofern kann nur uneigentlich von einem Suppliren des judtciom infantis durch die auctoritas tuloris in I. 32. §. 2. 1). de adqu. et am. post, gesprochen sein. S. I. 1. §. 2. D. de admio. tutor. 1. 5. D. de R. J. §. 10, J. de inutil. «tipul.

11) Beide Stellen sind von Savigny sehr ausführlich erklärt worden. Fraglich muß es jedoch erscheinen, ob jenes in I. 3. C. de adqu. et ret. poss. erwähnte respunsum Papiniani kein ande­ res sei, als was in I. 32. §. 2. D. cit. enthalten fein soll. Die gewöhnliche Jnscription ist grad, Paulus libr. XV ad Sabinum.

266 fctg **). Diese kann aber nur dort vorkommen, wo überhaupt ein Schutz von dem Lutor gewährt werden soll, nicht bei all« Erwerbungen ohne Unterschied, welche der impnbes vornehmrnwill. Dasselbe gilt im Wesentlichen bei dem minor, insostm die von diesem vorzunehmenden wichtigen Angelegenheiten nur gültig find, wenn der Curator seinen Consens ertheilt hat. In ande­ ren Anwmdungen der Curatel entscheidet die selbstständige Ver­ mögensverwaltung des Curators, und auch bei dieser wird er Eigenthum und Besitz sür den Curanden erwerben können. §. 41.

Die zweite Frage betrifft daS Object des jurtstischan-BesitzeS. An welchen Sachen also kann kein Besitz erworben werden, weil 'kein animos bei denselben möglich ist? Auch die Beantwortung dieser Frage beschränkt sich keineSweges auf diejenigen Punkte, welche v. Savigny dargelegt hat. Es ist jener animos nur denkbar in Betreff solcher Sachen, welche ein Gegenstand der EigrnthumSberechtrgung des Einzelnen sein sönnen, und deren Veräußerung nicht speciell untersagt ist. Ueberall also, wo eine Sache nicht zum Eigenthum erworben werden kann, bleibt der Erwerb der boime fidii possessio, wegen des fehlenden animtis domioii, ausgeschlossen, 12) Die Beläge, welche hierfür »orkommm, «ab welche auch ». Savigny vaführt, Knd: 1) I. 1. §. 3. D. de adqu. et am. poss.i „ptipillus tutore „auctore incipiet possidere, Ofilius quidem et Nerva filiii.i, ,,etiam sine tutoris aucloritate possidere jncipere posie pupinnm Majunl: eam enim rem facti non juris esse: quae sententia re„cipi polest, ai ejus aetatis sint, ut intellectum capiant.” Also wacht selbst das vorgerückte Alter des impubes die Auctorität

de« Xutot« uovLthig. 2)1. 26. C. de donat. Bergl« I. 1. §. 11. D. de adquir. et am. poss. cud. L 9. pr. D. de auct. et cons. tulor.

L 32. $, 2. D.

267



und in dieser Hinsicht entscheiden ganz die sonstigen allgemeinen Grundsätze 1), 1)

Die erste Bedingung des Erwerbes ist demnach,

sich in commercio befinde.

Die res

daß die Sache

extra commercium können

nicht Gegenstand des Eigenthums, also auch nicht der bonae fidei

possessio fein, weit hier der erforderliche animus dominii völlig undenkbar ist. Deshalb kann der freie Mensch nicht besessen werden, l. 23. §. 2. I). de adquiv. et am. poss. 1. 30. §. 1. D* eod., sofern man ihn nicht bona fiele für einen Sclaven hält, 1. 1. §. 6. T). hoc tit. §. 6. 3. per quas person. Auf gleiche Weise können nicht Gegenstand des Besitzes sein: alle res communes, res publzcae, res universitatis Und res divini Juris, hört der locus religiosus*.

Zu letzteren ge­

Durch Beerdigung eines Todten hört

unser Besitz (wie auch das Eigenthum) auf,

indem der dadurch

entstandene locus religiosus dem Verkehr des Einzelnen entzogen ist, 1. 30. §. 1. D. de adquir. et am. poss. sätze.

ES entscheiden in dieser Hinsicht ganz die allgemeinen Grund­ Allein wie in Rücksicht des Verkehrs überhaupt, so sind für

den Erwerb des juristischen Besitzes auch

die sonstigen in Betreff

der Sachen vorkommenden Gegensätze in manchem Betracht nicht unwichtig. Es kann der Besitz, gleich dem Eigenthum, nur an Kör­ pern erworben werden,

I. 3. pr. D. de adquir. et am. poss.,

nicht so an res incorporales,

oder Rechten.

Ob aber die Sache

eine unbewegliche oder bewegliche, eine nicht fungible oder fungible sei, ist völlig gleichgültig, denn auch fungible Sachen kön­ nen. sich im Eigenthum befinden, vernichtet werden.

wiewohl sie durch den Gebrauch

Eine Gattung (genus) ist hingegen von allem

Besitzcrwerb ausgeschlossen,

weil das Eigenthum,

also auch der

an mus dominii nur bei einer species gedacht werden kann.

Der­ selbe juristische Besitz, welcher an der Hauptsache zusteht, erstreckt sich auf die Nebensache, wie dies beim Eigenthum nicht anders der Fall ist.

Von den 2Ccccf f tonen und Früchten ist schon

früher vollständig gesprochen worden, sich auch auf die Pertin en zen. kein juristischer Besitz,

aber derselbe Besitz erstreckt

An einer universitas Juris kann

noch Eigenthum erworben werden,

dern nur an den einzelnen darin enthaltenen Sachen.

son­

Die Univer­

sität rerum ober facti dagegen gilt als Sache, aber der Begriff der Sache, welche erworben und besessen wird, ist durch alle ein­ zelnen Gegenstände vorhanden,

während diese für sich genommen

gar nicht weiter von einer Bedeutung sind.

Bei den zusammen­

gesetzten Sachen ist es wichtig, daß nur das Ganze, nicht be-

268 ». Savigny erörtert bloß die Frage, unter welchen Be­ dingungen es möglich sei, an einem einzelne» Theile eines Ganzm Besitz zu erwerben, wobei er zugleich auf den Fruchterwerb eingeht J). — Dieser letztere Punkt ist schon oben, an dem Orte wo er hingehört, vollständig gewürdigt; eS bleibt daher nur noch das Erstere zu betrachten übrig, und hier unter­ scheide man, ob entweder der einzelne Theil allein, oder derselbe'in dem Ganzen und durch dasselbe erwor­ ben werden soll. Ist im ersteren Falle ein reeller Theil gedenkbar, wie M Grundstücken, wo sich ganz willkührlich die Grenze annehmen läßt, so kann an diesem gehörig bestimmten Theile eine- frü­ heren größeren Ganzen sowohl Eigenthum als bouae fidei pos­ sessio gültig erworben werden 3*).42— Dasselbe gilt von ideel­ len Theilen eines Ganzen *). Wie es eia comloaioiam gibt. stader- dl« jenes Ganze bildenden Theil« erworben werbe». Hier «u«lich eriffsrt der Begriff der Bache nur durch dal Oanje, die einzelnen Theil« desselben kommen weiter gar nicht tu Betracht. Endlich der Gegensatz der theilbaren und uniheil-aren Sa. chen ist eben st für dir bonae fidei possessio, ). — Auch der Usufructuar erwirbt durch den fremden Sclaven Eigenthum und juristischen Besitz, aber das Erworbene muß unter den Begriff der Früchte gehören. Daher erlangt derselbe nicht-, wenn dem Sclaven Erbschaften oder Legate zufallen, überhaupt nichthei einem Erwerb, wodurch die Proprietät einen Zuwachs erhalt 37). — Durch den servus fugitwus erwirbt der Herr, so lang« jener nicht in einen fremden Besitz gekommen ist, noch sich selbst für frei hält 3H). Auch durch einen servus communis kann der Herr den Besitz erlangen 3'J). Singulair aber muß eerscheinen, wenn durch einen verpfändeten Sclaven weder der Verpfänd» noch der Psandgläubiger, dem der Besitz ringe» 99 aliertus iit9 vel Über 9 pcssesiionem adquiremus1. 1. §. 6. D. de adqu. et am. poss. Wie juristischen Besitz, so erwirbt bet honae fidei possessor durch den Sclaven auch Eigenthum, wenn der Uebertragende selbst Eigenthümer war; I. 21. pr. D. de adqu, rer. dom. — Dergl. Gaj. II, 94.

36) EL beschränkt sich dieser Erwerb keine-wege- auf die Frucht des Sclaven, wovon, als dem wichtigeren Erwerb, bei Gaju- (Gaj. II, 94.) die Rede ist. 37 ) 1. 1. §. 6. D. de adquir. et am; poss. I. 49. pr. D- eud. Dieser Punkt war jedoch bestritten Gaj. 11,94. ES zeigte sich auch hier die singulaire Bedenklichkeit, ob der Sclave selbst im Besitz fein könne: was indeß nach den obersten Grundsätzen, wenn sie richtig verstanden werden, nicht geleugnet werden darf. 3S) 1. 13. pr. D. de adquir. et am. poss. 1. 1. §. 14. 1. 50. §. 1. j). eod. 1. 3. §. 10. I). hoc tit. 1. 15. D. de public, in rem act. 1. 25. §. 2. D. de über. caus. Dasselbe bezieht sich auf den Er­ werb de- Eigenthum- durch jenen fugilivus; 1. 54. §. 4. D. de adquir. rer. dom. Jedoch waren auch über diesen Punkt unter den

Römischen Juristen verschiedene Ansichten. — Vergl. I. 21. pr. D, de adqu. rer. dom. 39) 1. 1. §. 7. u. 18. D. de adqu. et am. poss.

E- verhält sich mit dem Erwerb de- juristischen Besitze- grade so, wie mit dem Erwerb de- Eigenthum-. ES kann hier nicht bloß beiden, sondern auch einem Herrn der Besitz in solidum erworben werden, wenn dies die Absicht de- Sclaven ist. vergl. 1, 1. §. 19. D. eod.

285 räumt ist, juristischen Besitz erwerben soll. Bleibt -och bet Sei» Pfänder Eigenthümer deS verpfändeten Sclaven, und erwirbt doch der Eigenthümer alle-, wa- seinem Eigenthum auf irgend eint Weise hiazukonnnt, sofern er dieses Recht nicht besonders auf einen Dritten übertragen hat, was hier durchaus nicht ge» schieht w). Der malae fidci possessor hingegen hat gar kein Recht an dem Sclaven. Er kann somit auch keinen juristischen Besitz durch denselben erwerben 41) Wie der Herr durch seinen Sclaven, so erwirbt der perens polestatis durch die Kinder, welche seiner Gewalt UN» terworfm sind, alle möglichen Rechte, mithin auch Eigenthum und juristischen Besitz. Es kann hier ein bestimmter Auftrag von Seitm des Vaters erfolgen. Jedoch auch ohne Auftrag 40)

„Per servum corporaliter pigoori datum, non adqutrere nos

,, possessionem Julianus ait: ad unam enim tantuoi causam vi,, . dt adqu.

i t am. poss.

li?

306 beigrsührt, wir sie vorhanden ist, wenn wir dir Sache nicht so­ gleich wiederfinden können. Es muß also nothwendig die Ab­ sicht nicht langer zu besitzen, welche wesentliche Bedingung jeder derelictio ist. hinzukommen, und diese kann jedenfalls angenom­ men werden, wo das Verhältniß der physischen Herrschaft sich auf keine Weise herstellen laßt. Was v. Savigny von den Thieren angibt, betrifft ebenfalls nur die bonae iidei possessio und das wirkliche Eigenthum. Bei zahmen Thieren hört das Recht aus, wenn sie nicht wiedergefunden werden können, aus dem sehr natürlichen Grunde, weil hiedurch sowohl die physische Einwirkung, als der amimm dominii ausgeschlossen werden. Ist es dagegen noch möglich, daß man sie wiedererlange, so wird auch der juristische Besitz, oder das Eigenthum erhalten bleiben 5).6 Bei wilden Thieren muß jede Berechtigung an densel­ ben aufhören, sobald sie unserer Gewahrsam entkommen '’)• 2Ibtt der Grund dieses Aufhörcns ist nicht allein der, daß und das wirkliche Ergreifen unmöglich geworden, sondern weil auch die Absicht zu besitzen vernünftigerweise aufgegeben werden mußte. Eben weil diese beiden Momente fehlen, besitzen wir nicht mehr das Wild, was in eingehegten Wäldern sich befindet, noch die Fische, die in größeren Gewässern sich aufhalten. Wohl aber besitzen wir das Wild, was in einem Zwinger eingeschlossen ist, die, Fische, welche in einem Fischkasten bewahrt werden, denn hier 5) Diesel enthält für den juristischen Besitz 1. 3. §. 13. D. de adquir. et am. po$s. Ueber bat Eigenthum s. 1. 5. §. 6. D. de ailqu. rer. dom. I. 44. D. eod. Ein Verirren der zahmen Thiere, so daß sie nicht wiedererlangt werden können, ist in beiden Fällen die nothwendige Bedingung. Daher hört t-t Eigenthum nicht auf, wenn gleich unsere Gänse und Hühner so in die Flucht gejagt sind, daß wir nicht wissen, wo sie sich befinden, selbst dann nicht, wenn ein Dritter sic in der Absicht des Gewinnet ergriffen haben sollte. 6) Vom Eigenthum sagen biet §. 12. J. de rer, div. I. 3. §. 2. 1. 5. pr. D. de adqu. rer. dum.

ist jede beliebige Einwirkung möglich, mithin auch di« Absicht zu besitzen rechtlich gedenkbar 7). Endlich zahmgemachte Thiere können den zahmen nur so lange gleichgestellt werden, als wirklich die Möglichkeit der physischen Einwirkung, verbunden mit der Absicht sie zu besitzen, vorhanden ist. Wir hören auf, an denselben Eigenthum oder juristischen Besitz zu haben, sobald beides ausgeschlossen wird, und dies ist der Fall, wenn sie die Gewohnheit der Rückkehr ablegen. Tauben, welche zu unserer Wohnung zurückkehren, Bienen, welche in ihre gewohnten Körbe zurückeilen, können da­ her, gleich zahmen Thieren, von uns besessen werden 8).* * In allen bis jetzt erwähnten Fällen steht der Verlust des juristischen Besitzes dem Verlust des Eigenthums völlig gleich, und diese Gleichstellung der bonae fidei possessio mit dem wirk­ lichen Eigenthum ist durch di« ganze Darstellung nachgewiesen worden; aber es ist zugleich unzweifelhaft gewiß, daß in diesen Fällen nicht von dem Aufhören eines bloß factischen Innchabens die Rede sei: ein Beweis mehr, daß unter juristischem Besitz in den Quellen kein rechtloses Innehaben verstanden werde. Wir kommen nun zu dem von Savigny zuerst genann­ ten Fall, welche» jener Verfasser aus dem Grunde vorangestellt 7) „Ilem feras bestias, quas vivariis incluserirous, et pisces, quos „in piscinas conjecerimus, a nobis possideri. Sed eos pisces, ,, qui in stagno sint, aut feras , quae in silvis circumseptis \a„gantur, a nobis non possideri: quoniain reliclae sinl in liber„ late naturali: alioquin eliam si quis silvarn eroerii, \ideri eum „omnes feras possidere: quod falsum e*t;11 1. Z. 14. D. de adqu» et am. poss. — v Aves aulem possidemus, quas inclus.is „ habemus;” I. 3. §. 15. D. eod. 8) „Aut si quae roansuefar tae, custodiae noslrae subjeclae sunt „(eas pDssidemus) ; I. 3. }. 15. D. de adquir. et amilt. poss. „ Quidam recte putanl, columbas quoque, quae ab aediliciis n*»,,slris volant, item apes, quae ex noshis alveii ex olunf, et sc„cundurn consuetudinem redeunt, eas a nobis possideri : ” I. 3. §. 16. D. eod. RüctstchUich des (S19 e n t b u m ö enthalten dasselbe 14. u. 15. J. de rer. di\. I. 4. 1. 5. D. de adqu. rei. duiu.

310 zu haben scheint, weil er mehr als dir übrigen seiner Annahme günstig ist. Der Besitz einer beweglichen Sache soll dadurch verloren werden, daß ein Anderer sich derselben, einerlei, ob mit Gewalt oder heimlich, bemächtigt 9). Dieser Fall ge­ hört aber in unsere Darstellung ganz und gar nicht, er wird auch in den Quellen nur sehr gelegentlich berührt. Es ist hier allerdings von einem Aufhören des Besitzes die Rede, allein was aufhört, ist nicht ein jus possessionis, sondern ein jus possideodi. Durch die heimliche oder gewaltsame Bemächtigung einer Sache hört nur das factische Innehaben auf, worauf be­ sonders der Eigenthümer und der bonae fidei possessor ein Recht haben. Daß hier kein Recht aufhöre, geht grade daraus am sichersten hervor, daß der Eigenthümer den entzogenen Besitz durch eine Klage, und selbst durch die rei vindicatio wieder er­ langen kann. Es ist demnach von einem Verlust des Besitzes in einem ganz anderen Sinne die Rede, und die Bedingungen, woran dieses Aufhören geknüpft ist, sind nicht von so verschiede­ ner Art. Man muß die bewegliche Sache durch Raub oder Diebstahl verloren haben, und beide Vergehungen werden dem Eigenthümer die Möglichkeit der physischen Einwirkung entzie­ hen, ihn nöthigen, wenigstens für jetzt die Absicht aufzugeben, die Sache zu besitzen, welche er als Eigenthümer zurückzufordern ein Recht hat. v. Savigny sagt bei dieser Gelegenheit, ob der Andere den Besitz wirklich erworben habe, sei ganz gleichgültig. Von einem Erwerb des Besitzes kann hier jedoch niemals die Rede sein, denn der Dieb, der Räuber sind nur unrechtmäßige, facti­ sche Jnnehaber der Sache. Wir verlieren aber die physische Möglichkeit, über die Sache zu verfügen, gleichfalls, wenn ein fremder Sclave ohne Befehl seines Herrn unsere Sache entwen9) Dieser Satz ist in l. 15. D. de adqu. et am. poss. enthalten! „Rein, quae nobis subrepta esl, perinde intelligimur deiinere »possidere, atque pam, quae vi nubis crepta est,

311 bet 10). Stiehlt der eigne Sclave des Besitzers, so wird jene physische Möglichkeit nicht entzogen, weil, wie der Dieb, so auch die von ihm gestohlene Sache nur in unserem Besitze sein kann, und wir überdies Alles erwerben, was unser Sclave erlangt "). Es wäre selbst völlig unmöglich, auf einem besonderen Rechts­ wege die entwendete Sache zurückzufordern. Bei unbeweglichen Gegenständen soll nach v. Savigny ganz dieselbe Regel entscheiden. Er sagt, werde der Besitzer in dem Grundstücke als Sclave behandelt oder eingesperrt (was gewiß sehr selten vorkommt), so höre aller Besitz auf. Indeß diese Handlung ist eine vi dcjeuiio 12), es kann daher im» mer nur von einem Aufhören des factischen Jnnehabens die Rede sein. Der Eigenthümer hat das Recht der rci vindicatio, aber er wird ebenso possessorisch auf Restitution des Besitzes klagen können. Nicht von ancercr Art ist der zrveite Fall, wenn neinlich dem Besitzer die Gegenwart in dem Grund­ stücke unmöglich gemacht wird. Die weitere Aussührung, welche sich bei v. Savigny über diesen Punkt findet, betrifft lediglich die vi dvjcciio u). Die Hauptfrage war, ob auch dann der Besitz verloren sei, wenn der Besitzer nicht wirklich herausgeworfen, sondern aus 10) Ll» Dieb kommt hier nur der Sclave in Betracht. Der Herr erlangt die jusia poiseisio, selbst wenn er nichte davon weiß, ihnwird aber keine coi poralis piM.ses.sio erworben, weil hier überall nicht von einem Erwerbe die Rede sein kann (,, ignorumi tibi nun „corporaletn possessionem , sed just am adi possessio). Rur dies enthält I. 4 $. 22. IX di* 11MM j>. ei uimc, , tucv0n schon oben.

Furcht das Grundstück vorher verlasse: welche Frage aber ebenfalls nur für die vi dejcctio eine Bedeutung haben kann. Nach den vorhandenen Quellenzeugnissen laßt'sich dieselbe leicht dahin beant­ worten, daß eine vi dejectio allerdings angenommen werden müsse, wenn der Besitzer wegen gegründeter Furcht das Grund­ stück verläßt, wenn er mithin einer Gewalt ausweicht, welcher er zu widerstehen außer Stande ist, nicht also, wenn er schon aus bloßer ängstlicher Besorgniß, herausgeworfen werden zu können, jedes Zusammenkommen zu vermeiden sucht "). v. Savigny gelangt zu dem allgemeinen Resultat, eS komme nur darauf an, daß die Gegenwart in dem Grundstücke 14) 2suf diese Weise scheint mir der Widerspruch am besten -u ver, schwinden, welchen v. Savigny in den hierher gehörigen Quel' lenzeugnissen gesunden hat. In einigen Stellen wird jedoch die Sache nur gelegentlich behandelt, oder nur berührt. Der Begriff einer ge­ genwärtigen und zukünftigen Gefahr ist hier aber nicht er, seblich, und selbst unbestimmt. Einige Juristen gingen davon aus, daß eine vis nicht ohne körperliche Gewalt im eigentlichen Sinne verübt werden könne. So heißt es in I. 1. §. 29. D. unde vi: ,, Pomponius ait, vim sine corporali vi locum non habere. ”

Diesen Fall hatte gewiß auch der Prätor bei Aufstellung des inlenlictum unde vi nur allein vor Augen. Aber die Interpretation mußte verständigerweise jene vis in einem erweiterten Sir«.re an,

wenden, und daß dieses geschehen sei, ist außer allem Zweifel. — Am deutlichsten sind H. 6. u. 7. der 1. 3. D. und. vi. Nach diesen geschieht keine vi dejcctio , wenn Jemand die Flucht ergreift beim Anblick bewaffneter Leute, welche gar nicht die Absicht haben, sich de6 Grundstückes zu bemächtigen, sondern ganz anderswohin trach, ten: ebenso, wenn der Besitzer flieht, während er Bewaffnete an­ kommen hört, oder diese zu hören glaubt. Dasselbe ist in 1. 9. pr. D. quod mct. enthalten. Die Furcht ist eine gegründete, wenn Dritte den Besitz bereit- eingenommen haben, und nun der Besitzer au- Furcht, daß er der Gewalt nicht widerstehen könne, die Flucht ergreift, nach I. 1. §. 29. D. und. vi. J. 33. §. 2. D. de usurp. et usuc. I. 9. pr. I). quod inet. Paul. R. S. V. 6, 4. In allen diesen Stellen nemlich wird auf gleiche Weise da- ingredi funduni auf Seiten des Gegners bei dem Fluchtergreifen de- Besitzer- her, vorgehod.n.

313 unmöglich gemacht werde, auf welche Weise diese- geschehe, sei gleichgültig, es möge der Besitzer in der That herausgeworfen, oder bloß hineinzugehen gehindert werden 1S). — Freilich ist bei jeder vi dejectio die Unmöglichkeit der willkührlichen Hinwirkung ein wesentlicher Umstand, aber eben so nothwendig kommt eS darauf an, daß die Absicht zu besitzen aufgegeben werde. Dies Letztere wird häufig eine nothwendige Folge von dem Ersteren sein; dasselbe kann indeß auch geschehen, wenn die physische Herrschaft noch nicht ausgeschlossen ist. Weicht nemlich der Besitzer in g e» gründeter Furcht von seinem Grundstücke, für welchen Fall nach den Quellen ebenfalls eine vi dejectio vorhanden sein soll, so fäßt er offenbar die Absicht nicht länger zu besitzen, ohne daß eine körperliche Handlung vorangegangen wäre. Aber durch jene Absicht muß nothwendig auch die Möglichkeit der willkührlichen Einwirkung aufhören. Dabei ist es völlig richtig, daß stete körperliche Gegenwart deS Besitzers, die in den meisten Fällen sogar unmöglich, zur Erhaltung des Besitzes an Grundstücken nicht nothwendig fei16). Aber dieses ist nur aus dem Grunde wahr, weil der Besitz auch solo aniino erhalten werden kann. Aus dem von uns aufgestellten und durch die Quellen be­ wiesenen -Grundsätze, wonach kein Besitz aufhört, falls nicht Corpus und auiintis zugleich aufhören, erklärt sich höchst einfach auch ein Umstand, der unserem Gegner die größte Schwierig­ keit gemacht hat, und von demselben für eine sehr merkwürdige Ausnahme bei unbeweglichen Gegenständen gehalten wird. Ist 15) I. 1. §. 24. D. und. vi.* „si quis de agro «uo, vel de domo „processisset nemine sunrum relicto, mox re verlern, prchibitus s> sit ingredi vel ipsuni praedium 9 vel si quis eum in medio „itinsre detinuerit et ipse possederit t

vi dejectus videtur\'y

vergl. auch 1. 3. §. 8. D. und. vi. Paul. R, S. V, 6, 6. 16) Die- bezieht sich jedoch nicht bloß auf die saltus hibemi ei aestivi, wovon allein in I. 3. §. 11, 1). de adqu. et am. poss. und in 1. 1. g. -5. D. und. vi (den von Savigny angeführten Stel­ len) die Rede ist.

314 Jemand von seinem Grundstücke abwesend, und wird während dessen dasselbe von einem Andern occupirt, so hört damit der Besitz, das factische Innehaben, noch nicht aus, vielmehr muß der

Besitzer

erhalten^').

erst Nachricht von

jener Occupation

Hier $itt also etwas Anderes, als bei beweg­

lichen Sachen; aber der Grund, weshalb sich dieses durch Inter­ pretation feststellte, ist leicht

einzusehen.

Nemlich bei Grund­

stücken (anders, als bei beweglichen Sachen, die entwendet oder geraubt worden) ist dem abwesenden Besitzer der Ort, wo die Sache sich befindet, niemals unbekannt, somit die physische Ein­ wirkung noch nicht durch die fremde Besitznahme absolut un­ möglich.

Daß er die Absicht zu besitzen aufgeben werde, läßt sich

daher keineswcges annehmen, viel weniger, daß er sie schon auf­ gegeben habe, wo ihm die Occupation noch völlig war 1S).

unbekannt

Die physische Möglichkeit, auf die Sache einzuwirken,

ist allerdings entzogen, und zwar bis zur Rückkehr des Besitzers heimlicherweise (dam), aber dennoch dauert sein Besitz fort, bis er wirklich desselben entsetzt ist, weil dann erst seine Absicht zu besitzen aufhört w).

17)

Es gilt hier grade die Regel, wahrend bei

Daß hierüber der Zeit nach unter den Römischen Juristen ver­

schiedene Einsichten geherrscht haben, glaube ich nicht mit v. Savigny annehmen zu müssen, wenn gleich unter den Römischen Ju. risten abweichende Ansichten vertheidigt wurden. Auä den vorhan­ denen Quellcnzeugni'srN kann dieses am wenigsten mit Zuverlässig­ keit abgeleitet werden. 18) Die Sache findet sich in I. 40. D, de adquir. et am ist, poss.: ,, Quaiuvis saltus prupositu

pussidendi fuerit alius

„ tamdiu pricrem possidere dictum est,

in »ressus,

(fuamdiu possessionem

,, ab alio occupatam ignoraret.'' Daß der Besitz hier solo anitno erhalten bleibe,

erhellt aus 1. 3. §♦ /. D. eod.;

Si solo animo

t> posiideas, licet alius in (undo sil, adhuc tarnen possides♦ " Das animo possidere nemlich kann nicht aufgehoben sein, da die Besitznahme keine vi possessio ist. animo possidere in 1. '25, llJ)

Eben

so

sehr wird

da- solo

2 I). Luc til. hervorgehoben.

1. 6. §. 1. D. ilr ailqu. et am. poss.: „Qui ad nundinas pru-

„ feclus neminem reliqueiii,

vt dum ille a iiundinis redit t ali-

,,quis oLtupaveiit posses^ionem, vidcri eum dam possidere La-

315 beweglichen Gegenständen die Ausnahme gilt; schon aus dem Grunde, weil man nicht weiß, wo sich die gestohlenen beweg­ lichen Sachen befinden, kann vernünftigerweise die Absicht zu besitzen nicht länger angenommen werden, und eine Folge ist, daß der Besitz sofort verloren sein müsse. Jene Regel in Betreff der Grundstücke ist für die Anwen­ dung von größter Bedeutsamkeit. Denn gelingt es dem Be­ sitzer, nach seiner Rückkehr, die physische Herrschaft über das occupirte Grundstück wieder zu erlangen, so bleibt ihm der Besitz, welcher bis dahin solo aoimo fortdauerte, auch für die Zukunft erhalten 20). Wird er aber zu seiner Sache nicht zugelassen, so geschieht hierdurch eine vi dejcctio 2l), und erst von diesem Augen,, beo scribit. Retinet ergo possessionem is qui ad nundinas •,abiit. Unde si revertentem dominum non admiserit, ti in„telligitur possidere, non clam,'' Hierher gehört auch 1. 18. §. 3. D. eod.: Si dum in aliqua parle fundi sum, alius quis „clam animo possessoris intraverit: non illico possidere exisfttitnandus sum.” Endlich dient nicht anders I. 23. §. 2. D. eod. zum Beweise: ,, Quod autem solo animo possidemus, quaerilur, „ulrumne inque eo possidemus, donec alius corpore ingressus „sit, ul polier sit illius corporalis possessio? (Aus dieser Be­

zeichnung geht zugleich deutlich hervor, daß nur von einem Aufhö­ ren des körperlichen Jnnehabenö, nicht vom Verlust des jus pos­ sessionis die Rede sei) an vero , quod magis probatur, usque eo 99possideamus, donec revertentes nos aliquis repellat." Der Jurist ist also der letzteren Meinung. — Dergleichen wir diese Stel­ len, so erhellt, daß die Römischen Juristen zweifelhaft waren, ob das Grundstück nicht wenigstens clam besessen werde. Allein es ist zugleich gewiß, daß das Gegentheil, und zwar aus entschiedenen Gründen, die geltende Anficht gewesen sei, und deshalb hat die Sache für das neueste Römische Recht durchaus kein Bedenken. Selbst Gewalt des Besitzers war hier nicht ausgeschlossen, schon aus dem Grunde nicht, weil jeder mit allem Recht seinen Besitz ver­ theidigen kann. Darauf gehen in 1. 18. §. 3. D. de adqu. et am. poss, die Worte: „facile eoäpulsurus finibus, simul atque „sciero." VergL. 1. 17. D. und. vi.

20)

I. 6. $. 1. D. de adqu. et am. pov-?.; ,, Unde si rivertentem u dominum non admiserit t vi intelligiiur possidere.'' Da» non

21)

316 blicke an ist der Besitz verloren, weil nun Corpus unbaoinms zugleich fehlen. Dasselbe muß der Fall sein, wenn der Besitzer ganz unterläßt seinen Besitz zu behaupten, und zwar aus ge­ gründeter Furcht, daß er der Gewalt nicht widerstehen werde -). Giebt er aber den Beütz absichtlich auf, so fangt hierdurch für den Occupirenden ein neuer Besitz an, und dieser wird keine vitiosa possessio fein, so wenig eine solche vorhanden ist, wenn tnan vacoam posttcssiouem einräumt. Jedoch wird im vorlie­ genden Falle immer nur der factische Besitz übertragen 2J). §.

49.

Als zweite Bedingung zur Fortdauer des Besitzes zeichnet v. Savigny den Willen des Besitzers (animus) aus. Es soll admittere dominum hat aber ganz dieselbe rechtliche Bedeutung, wie wenn Jemand auf andere Weise die Gewalt gegen den do­ minus ausübt. Vertreibt daher der Eigenthümer den Besitzer, und setzt letzterer sich hinterher dennoch wieder in den Besitz, so ist dieselbe vi dejectio gegen den Berechtigten vorhanden. „Kursus, ei cum magna vi ingressus est exercitus, eam tanlnmmudo „pariern, quam intraverit, obtinet;11 !. 19. §. 4. D. de adqu. et am. poss. Es ist nemlich hier von der Besitznahme eines Theils des Grundstückes die Rede.

22)

Von diesem Falle sprechen: 1) 1. 7. D. de adqu. et am. poss.: .. Et si iiolit in fundum reverti, quod vim majorem vereatur, .yamisisse possessionem videbitun et ita Neratius quoque scri„ bit. ’* — 2) 1. 3. § 8. I). end.: „Si quis nuntict, dumum a „ latronihus occupatarn , et dominus timore conterritus noluerit ,, accedere, amisissc eum possessionem placet. ” -—3)1. 25, 2. D. eud,: „ aut m>s ita animo desinamus possidere # quod susw ,, picamur repelli nos posse ab 40, qui ingressus sit in posses-

Daß die Absicht -U besitzen hier aufgegeben fein muffe, erhellt auS der letzten Stelle sehr deut­ lich. Das Aufgeben jener Absicht ist hier überall durch die Un­ möglichkeit der physischen Einwirkung herbeigeführt. yjSionem? et videtur utilius esse."

23) Zur Wiedererlangung dieses so aufgegebenen Besitzes wird je­ doch der Eigenthümer kein Jnterdict, sondern nur die rei vindica­ tio anstellen können.

317 also der Besitz ebenfalls dadurch verloren werden, daß allein der animus, jener Wille zu besitzen, aufhöre *). Das Genauere, was hierüber angegeben wird, ist Fol­ gendes. Es sei auch bei dem animus nur nöthig, daß die Möglichkeit einer Reproduction des ursprünglichen Wollens in jedem Augenblick erhalten werde: nicht, daß das Bewußtsein des Besitzes selbst in jedem folgenden Augenblick wirklich fort­ dauere, welches überhaupt unmöglich sei. Deshalb werde durch bloßen animus der Besitz verloren, wenn der Besitzer in irgend einem Moment den Besitz aufgeben wolle. In diesem Moment sei die Reproduction des ursprünglichen Wollens durch die entge­ gengesetzte Bestimmung des Willens schlechthin unmöglich, und diese Unmöglichkeit sei es, worauf der Verlust des Besitzes erfolg gen müsse, so daß bei einem neuen Entschluß zu besitzen höch­ stens eine neue Apprehension veranlaßt werden könne 2). 1) Diese Darstellung findet sich a. a. O. §. 32. 2) Hiermit hat v. Savigny noch einen anderweitigen Umstand in Verbindung gebracht. Er sagt, da dieser Verlust auf ein neues Wollen, waS dem ersten (animus pussidendi) entgegenstehe, sich gründe, so sei ei klar, daß dazu jeder unfähig sein müsse, der überhaupt keinen Willen habe. Deshalb könne ein Ra­ sender auf diese Art nicht den Besitz verlieren, auch nicht der Pupill ohne Auctorität bei TutorS. — ES ist klar, daß beide für ihre Person den juristischen Besitz nicht verlieren können, der Rasende nemlich überhaupt nicht, weil er nicht wollen kann, der Pupill nicht, weil eS ihm an der zu jedem Rechtsgeschäft erforderlichen Ueberlegung fehlt. Allein dieseWollen ist doch nicht bloß bei einzelnen Arten deS Verlustes jenes Besitzes ein nothwendiges Erforderniß, sondern bei allen Arten deVerluste- ohne Unterschied. Von dem furiosus handelt 1. 27. D. de adqu, et am. poss.: ,,Si is qui anirao retineret possessionem, ,,furere coepisset , non potest, dum sureret, ejus saltus possesfPsionetn amittere: quia furiosus non potest desinere animo pp possidere,1* Es ist hier von dem Verlust de- Besitzes in Be­ treff der saltus hiberni et aestivi die Rede, deren Besitz solo animo erhalten bleibt. Diese können durch die Absicht des Be­

rechtigten, nicht langer jit besitzen, verloren werden, welche bei

318 Ueber die Anwendung dieser Regel wird noch ausgeführt. Es sei klar, daß durch ausdrückliche Erklärung des Beeinem furiosus undenkbar ist. Aber auch hier wird durch jene Absicht.zugleich über die Möglichkeit, nach Willkühr über jene Grundstücke zu verfügen, bestimmt, und demnach ebenfalls cor­ pore der Besitz verloren. — Daß der Pupill anderseits nicht ohne Auctorität des TutorS den juristischen Besitz verlieren könne, enthält I. 29. D. de adquir. et am. poss., wobei jedoch be­ merkt wird, daß ohne Auctorität deS LutorS das bloß Factische des Desitzes aufhören könne. „ Possessionem pupillum sine tutoeirz> auctoritate amittere pOsse constat: non ut animo, sed ut corpore desinat possidere, quod est enim facti potest amit-

„ tere: hoc enim non potest. ” Also daS bloß Körperliche dtS Besitzes, wobei eS weiter gar nicht auf eine Absicht des Berechtig­ ten ankommt, kann der Pupill schon in eigener Person verlieren, ). B. durch i-t dejectio: so oft eS aber auf einen Verlust des Rech, tes deS Besitzes ankommt, ist der Pupill dazu unfähig, weil dabei der Wille, den Besitz aufzugeben, erfordert wird. Aber dieser Wille, welchen der Pupill nicht gültig erklären kann, ist doch allein nicht hinreichend, es muß zugleich die factische Möglichkeit, nach Willkühr über die Sache zu verfügen, aufhören, welcher Um­ stand durchaus kein Bedenken hat. Auch solche Entäußerungen, wo­ durch nur eine naturalis possessio auf einen Dritten übertragen wird, darf der Pupill in eigener Person nicht vornehmen (1. 11, D. de adqu. rer. dom.).

An demselben Orte gedenkt v. Savigny des Satze-, daß der Besitz an Grundstücken ungeachtet der fremden Occupation immer eist dann verloren werde, wenn diese zu des vorigen Besitzers Be­ wußtsein gekommen sei. Er meint, dieselbe Unfähigkeit zum Ver­ luste müsse auch hier behauptet werden, wenn gleich dieser Fall dem obigen nur ähnlich, nicht aber damit zu verwechseln sei. Je­ nes bloße Bewußtsein sei von dem Entschluß, nicht zu besitzen, noch sehr verschieden, darin nur kommen beide mit einander über­ ein, daß sie in allen Fällen, worin die Fähigkeit des Bewußtseins fehle, gleich unmöglich seien, so daß also Pupillen und Wahnsin­ nige den Besitz eines Grundstückes durch die Handlung eines Ande­ ren gar nicht verlieren können. Diese practische Aehnlichkeit möge die Römischen Juristen veranlaßt haben, beide Fäll?, ihrer Ver­ schiedenheit ungeachtet, mit demselben Ramen (animo dasinere possidere) zu bezeichnen.

310 sitzerS jene Anwendung außer allem Zweifel gesetzt werde, aber ebenso klar, daß eine solche Erklärung nur sehr selten die Sache entscheiden könne, da eben in den Fallen, in welchen sie fast allein vorkomme, z. B. bei der tradiiio, ohnehin schon auf andere Art, nemlich corpore, der Verlust des Besitzes entschieden zu sein pflege. Es komme also hier, wie in vielen anderen Fällen, hauptsächlich auf eine Interpretation anderer Handlungen dcS Besitzers an, aus welchen jener Entschluß gefolgert werden könne. In den Schriften der Römischen Juristen seien uns mehrere Proben einer solchen Interpretation übrig geblieben. Eine Interpretation dieser Art liege dem sg. constitutum zum Grunde. Denn wer eine Sache verkaufe und zugleich miethe, verändere sein physisches Verhältniß zu der Sache im geringsten nicht, und da er dennoch aufhöre zu besitzen, so müsse der Grund dieses Verlustes lediglich in einer Bestimmung seines Willens aufgesucht werden. Ein zweiter Fall betreffe die rei vindicatio. Wenn der Besitzer selbst die Sache vindicire, so scheine er dadurch dem Besitz zu entsagen, so daß ihm nachher das intcrdicium uti possideiis abgeschlagen werden müßte: dennoch sei das Gegentheil ausdrücklich bestimmt, und der Grund dieser Bestimmung liege bloß in jener Interpretation. Der Vindicant zeige, daß er die Sache haben wolle, und es sei kein Zweifel, daß er den Besitz auch jetzt schon zu haben geneigt wäre, wenn dieser Besitz mit der Qualität des Klägers im Vindicationsprozcß vereinbar wäre. Diese Vereinigung sei nun zwar unmöglich, allein deshalb dürfe man doch nicht eine freiwillige Entsagung auf den Besitz anneh­ men, weil es leicht möglich, daß der Besitzer entweder seinen Besitz ignorire, oder den Rechtssatz, worauf sich jene Unverein­ barkeit gründe 3). In beiden Fällen sei überhaupt nichts vorge3) Dabei schade der error jurit gar nicht-, denn ersten- werde dadurch überhaupt nur Erwerb verhindert, und zweitens gehe selbst jener Eatz bloß darauf, daß eine uiibetolgte Rechtsvorschrift nicht durch.«inen solchen Irrthum eulschu:^! werden solle: hier

320 fallen, woraus die Absicht, den Besitz aufzugeben, mit Sicherheit gefolgert werden könnte, folglich sei der Besitz nicht verloren, demnach das interdictum nti possidctis noch immer begründet. Drittens könne die Absicht, den Besitz auszugeben, auch aus einer bloßen Unterlassung gefolgert werden, so z. B. wenn der Besitzer eine Reihe von Jahren sein Feld unbenutzt liegen lasse 4); * * doch müsse er nicht aus Furcht die Benutzung unter» lassen haben s), denn alsdann sei der Besitz jedenfalls erhalten. Nicht anders dauere der Besitz fort, wenn die Benutzung der Sache so beschaffen, daß sie nur zu gewissen Zeiten wiederkehre. Daher könne bei den salius Libero! et aestivi, welche vermöge ihrer eigenthümlichen Bestimmung die eine Halste des Jahrs unbesucht bleiben, der animus «lereliugueodi nicht angenommen werden. §.

50.

Bis jetzt ist v. Savigny's Ansicht ihrem ganzen Detail nach angegeben, es wird nun die Beurtheilung jener einzelnen Behauptungen nachfolgen müssen. Zunächst ist es völlig lgewiß, daß zur Erhaltung des Be­ sitzes das stete Bewußtsein desselben nicht erfordert werde, was ebendies auch unmöglich wäre. Bielmehr muß der Wille, den Besitz auszugeben, bestimmt ausgesprochen sein, so oft da» durch für einen Dritten ein Recht entstehen soll. Letzteres ist aber soll« bloß «ine Handlung Interpretirt, also bloß ein Fac­ tum bewiesen werden. 4) Es wird noch hinzugefügt, daß er den Besitz bloß vergessen habe, sei höchst unwahrscheinlich, und wenn sich auch verschiedene Motive seiner Entschlusses denken lassen, so betreff« die» doch nicht den Entschluß selbst. Da dieser frei und mit vollem Bewußtsein auf etwas gerichtet sei, war die Ausübung der Besitzes ganz unmöglich mache, so sei nothwendig auch die Entsagung des Besitzes in ihm enthalten. Die Sache müsse aber wirklich ohne Besitzer gewe­ sen sein. f>) Es verstehe ft* von selbst, daß keine drjectio vorgefallen sein dürfe, denn sonst »öre schon s]o corpore der Belitz verloren.

321 der Fall bei allen Uebertragungen ohne Unterschied, wo der Br« sitz von Einem auf den Andern übergeht. Hierher gehört die traditio, und dieser gedenkt v. Savigny ebenfalls. Er be­ hauptet jedoch ohne Grund, daß bei derselben der Verlust des Besitzes schon aus andere Art, neinlich corpore, entschieden zu fein pflege. Die faktische Möglichkeit, über die Sache zu ver» fügen, bewirkt hier, wie überhaupt, noch keine Berechtigung, sondern es muß diese von dem Willen zu übertragen begleitet sein, welcher eben durch bie justa causa praecedens ausgespro­ chen wird. Außerdem kann jener Wille, der zunächst und besonders über den Verlust des Besitzes entscheidet, nur noch bei der derelictio in Betracht kommen. Grade auf diese beziehen sich die Quellenzeugnisse, welche v. Savigny zur eigent­ lichen Begründung seiner Behauptung angegeben hat *). Hier ist aber alles völlig klar, und es unterliegt nicht dem mindesten Zweifel, daß erst dann der Besitz verloren sei, wenn beides, Cor­ pus und auimus, zugleich aufgehört habe. In Betreff des corpus wurde solches schon oben bewiesen, der Besitz hört nicht auf, so lange nicht wegen der völligen Unmöglichkeit, die phy­ sische Herrschaft wieder zu erlangen, auch die Absicht zu besitzen aufgegeben wird. Aber eben so wenig reicht der auimus zur De­ reliktion hin: denn wenn auch in anderen Fällen grade die Ab­ sicht, nicht länger zu besitzen, als ein entscheidendes Moment in Betracht kommt, so ist doch die derelictio erst vollendet, wenn in Folge jener Absicht zugleich über die Möglichkeit der physischen Ein­ wirkung entgegengesetzt bestimmt worden, also ebenfalls das cor1) Dieselben sind schon oben benutzt worden, wo von dem Verlust de» Besitze» durch «l. relictio gehandelt wurde. Hierher gehört I. 3, §. 6. D. de adqu. et am, puss. „ lo amitfenda quoque posses„ sinne affectio ejus, qui possidet, intuenda est. Itaque si in „ fundu sis, et tarnen nölis eum possidere: protinus amittes >,postessionem— 1. 17. §. 1. D. hoc tit.: „possessio autem recedit, ut quisque consthult nolle possidere— I. 30, §. 4. v. eod.: „ft aut nolimus” — Nicht eigentlich I. 34. pr. D. hoc, tit. v. tiqfrRnw Recht. 3E

3)2 pnB aufgehört hat. Man muß demnach in Gemäßheit jener Absicht daS Grundstück verlassen, bewegliche Sachen an» derseitS fortgeworfen haben; so lange man noch im Be» sitz deS Grundstückes sich befindet, bewegliche Sachen in sei­ ner Gewahrsam behalt, wodurch die Möglichkeit vorhan­ den bleibt, in jedem Augenblick willkührlich auf die Sache ein« zuwirken, ist der Besitz nicht verloren, und die derelivtio nicht vollendet '). Deshalb hat v. Savigny Unrecht, wenn er gradezu behauptet, daß der Besitz aufhöre, und zwar solo auimo, sobald der Besitzer in irgend einem Moment den Besitz aufgeben wolle. Die derelivtio ist dadurch nicht vollendet, mithin der Be» sitz nicht verloren: aber eben so wenig ist die Reproduktion deursprünglichen WollenS durch jene Willensbrstimmung schlechthin unmöglich geworden, es ist auch, wenn der Besitzer wiederum besitzen will, eine neue Apprehension durchaus unnöthig, weil eben der Besitz niemals zu eristiren aufgehört hat. Jetzt wird es leicht sein, diejenigen Falle zu beurtheilen, in welchen nach v. Savigny jenes bestimmte Wollen durch In» terpretation auS Handlungen des Besitzers gefolgert wer» den soll. Das sg. constitutum possessorium ist schon oben hinreichmd gewürdigt, es enthalt seiner wirklichen Beschaffenheit nach nichts, als eine besondere Anwendung der traditio, und das Eigenthüm­ liche, was hier eristirt, besteht bloß darin, daß eine wirkliche 2) Da- Gegentheil ist rückstchtlich unbeweglicher Segenstände in den angeführten Worten der >. 3. ß. 6. D. de adqu. et am, poss. keinelwege« enthalten. Der Sinn derselben kann nur der sein, auch wenn man sich in dem Grundstücke befindet, kinne man ohn« weitere Handlungen durch den Willen, nicht länger zu besitzen, den Besitz verlieren; wa« bei dem Verlust de« Eigenthum« nicht ander« der Fall ist. Wo man sich in diesem Augenblicke aufhält, ist im Tanzen sehr unwesentlich, man kann sich in dem Grundstücke befinden, aber auch eben so gut ander«wo. Der Besitz wird verlo­ ren, sobald jener Wille vorhanden ist cs. auch I. 17. §. 1. D. eil.), nur müssen dabei k.ine solche Hanklunaen vorgenommen werden, welche mit dieser Absicht im Widerspruch stehen.

;m

— Uebergabe unnöthig wird.

-

Der eine Sache, welche er bi- dahin

besaß, verkauft und zugleich miethet,

Hott auf Besitzer zu sein,

und fangt an alieno nomine zu besitzen.

Der Besitz wird hier

durch die bloße Absicht, und ohne weitere körperliche Handlung, übertragen, demnach verloren.

Aber in rechtlicher Hinsicht muß

es ganz so angesehen werden, als wenn die Sache körperlich dem Berechtigten übergeben, und von diesem in Folge der Mitthe dem frühern Besitzer zurückgegeben wäre.

Es wird hier nur ein

unnützes Hin- und Hergeben unterlassen. Der zweite Fall betrifft die rei vindicatio, aber auch die­ Wer als Eigenthümer die rei

ser bestätigt jene Annahme nicht.

vindicatio angestellt hat, kann hinterher immer noch possessorisch und sich des iuividictem uii possldeiis, wegen partieller

klagen,

Störungen im Besitze, bedienen 3).

Denn durch die Anstellung

der r«i vindicatio wird am wenigsten auf jenes Interdikt verzich­ tet, vielmehr sind beide Schutzmittel, und überhaupt der recht­ liche und possessorische Streit 4),5 von einander völlig unabhän­ gig, auf gleiche Weise, wie aus verschiedenen obligatorischen Ver­ hältnissen

verschiedene Klagerechte entstehen.

Der Anspruch bei

dem interdictum nii possideiis betrifft überdies nur das factische Innehaben.

Also an ein

Aufgeben

des Besitzes

durch bloße

Absicht, oder an das Gegentheil kann hier in keiner Art gedacht werden. Endlich der dritte Fall macht noch viel weniger Schwie­ rigkeit. kann

Wer eine Reihe von Jahren sein man

ristischen

3)

annehmen,

Besitz

habe

das

Feld nicht benutzt,

Eigenthum

oder den

ju­

aufgeben wollen Ä), wo er nicht gezwungen,

1. 12. §. 1. D. de adqu. et am. poss.: „non denegatur ei in-

„terdictum uti possidetis, qui eoepit rem vindicare: 99videtur possessioni renuntiaue

,

qui rem vindicavit.

non enitn •*

Dieser allgemeine Satz ist in I. 12. §. 1. I). eil. ('„Nihil com,, mune habet prnprietas cum possessione ”) enthalten, Und jene

4)

Regel nur eine Anwendung desselben.

5)

„Fundi quoque alieoi polest aliquis sine vi naneüci posses-

3F 2

324 z. B. aus Furcht, die Benutzung unterließ °).

Allein hier steht

bloß der Umstand in Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen bei Grundstücken, die unbenutzt liegen bleiben, eine derelicüo angenommen, also angenommen werden könne, daß der frühere Berechtigte auch den auimus «lomioii aufgegeben habe *1).

Bei

dem längeren Verlassen der sallus hiberni et acstivi, welche schon ihrer Bestimmung nach die eine Hälfte des bleiben, läßt sich freilich

jene

Absicht

zu

Jahres unbesucht derelinquiren ohne

Weiteres noch nicht annehmen.

§.

51.

Auch in Betreff der Modifikationen, die durch das Verhält­ niß der Repräsentation für den Verlust des Besitzes herbei­ geführt werden, ist die Ansicht, welche v. Savigny ausgestellt hat *), von der unsrigen in manchem Betracht abweichend. Daß durch eine \i Jejeetio des Besitzers, während der Re­ präsentant im Besitze bleibt, der Besitz für ersteren nicht verloren werde, ist völlig klar r): denn die physische Herrschaft dauert

„sionem .• quae vel ex negligentia doroini vacet, vel quia domi­ nus sine successore dccesserit, vel longo tempore absuerit\" 1. 37. §. 1. D. de usurp. et usuc. vergl. §. 7. J. de usucap. C) „Licet possessio nudo animo acquiri non possit , tarnen solo „animo retincri polest. Si ergo p’-aediorum deserlam posses„sionem non derelinquendi affectione transacto tempore non „coluisti, sed metus necessilale culturam eorum distulisti: prae„ judicium tibi ex transmissi temporis injuria gencrari non pol­ test;’1 1. 4« C. de adqu. et retin, poss. 7) War der Derelinquirende bloß bonae fidei possesjor, und wird

die Sache hinterher von einem Andern in Besitz genommen, so wird dieselbe dadurch noch keine res vi possessa, wiewohl jener weiß, daß sie eine fremde (res aliena) sei. ES versteht sich demnach von selbst, daß der, welcher die Sache von dem neuen Besitznehmer bona fide empfängt, solche auch usucapiren könne; §. 7. J. de usucap.

1) Das Recht des Besitzes §. 33. 2) Die- ist der Inhalt der I. 1. §. 45. D. und. vi: „si quis me

325 durch den Stellvertreter fort. ES ist hier aber bloß von dem factischen Besitz die Rede; der juristische Besitz kann überhaupt nicht durch eine ti dejecüo verloren werden 3). ** Eben so wenig unterliegt es einem Zweifel, daß das Berhältniß des Repräsentanten zum Besitzer hier, wie bei dem Er­ werbe, sowohl ein freies 4), als ein Verhältniß juristischer Gewalt 5) sein könne: und in beiderlei Rücksicht gilt durchaus „vL dejecerit, non posse me hoc interdicto experiri: quia per t,eos retineo pössessionein 9 qui dejecti non sunt.”

3) Daß es sich ganz anders verhalte mit dem animus possidendi, daß such der, welcher den Besitz durch Andere ausübe, durch bloßes Wollen (animus nun possidendi) den Besitz verlieren könne, was v. Savigny behauptet, darf nicht als allgemein geltende Regel aufgestellt werden. Don dem Erhalten des Besitze- durch freie Mittelsperso­ nen, welche sich für den Berechtigten im Besitz befinden, spricht J. U. D. de adqu. et am. puss. : ,, Generaliter quisquis omnino r> nostro nomine sit in pussessionc, veluti procurator, hospes, ,, ainicus, nus possidere videmur. Don einem amicms, welcher jure familiaritatis sich in den Besitz setzt, wird in 1. 4L D. hoc

rit. bemerkt, ungeachtet er sich in dem körperlichen Besitz des Grundstückes befinde („licet corpore in Jundo sit”), könne er niemals als Besitzer angesehen werden, weil er bei jeder Einnahme des Besitzes nicht die Absicht zu besitzen gehabt habe („quia non eo avimo ingressus est, ut possideat” ). — Durch den Ausdruck procurator wird ganz allgemein jeder freie Repräsentant bezeichnet; die Ausdrücke hospes, amicuc deuten auf kein anderweitiges RechtsvcrhLltniß, sondern nur auf ein besondere- persönliches Verhältniß zu dem Berechtigten. .*)) ES kommen für bat neueste Römische Recht in dieser Qualität nur ßlii familias und Sclaven vor. Beim Diebstahl eines Sclaven bleibt das factische Innehaben dem Herrn oder Eigenthü­ mer erhalten (1. 15. D. de adqu, « t am. poss.), deshalb wüd auch für den credifor pigneratitius in Betreff seines factischen Inneha­ ben- nicht- geändert sein, wenn der eigne Sclave die verpfändete Sache stiehlt, oder eine vi dejecüo vornimmt (l. 33. tz.