Die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag der GmbH als materieller Satzungsbestandteil [1 ed.] 9783428490332, 9783428090334

Die Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH erfolgt im Regelfall entweder aufgrund eines mit einfacher Mehrheit gefaßt

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Die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag der GmbH als materieller Satzungsbestandteil [1 ed.]
 9783428490332, 9783428090334

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 122

Die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag der GmbH als materieller Satzungsbestandteil

Von

Karl-Dieter Müller

Duncker & Humblot · Berlin

KARL-DIETER MÜLLER Die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag der GmbH als materieller Satzungsbestandteil

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 122

Die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag der GmbH als materieller Satzungsbestandteil

Von Karl-Dieter Müller

Duncker & Humblot • Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Müller, Karl-Dieter: Die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag der GmbH als materieller Satzungsbestandteil / von Karl-Dieter Müller. Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum Wirtschaftsrecht; Bd. 122) Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1996/97 ISBN 3-428-09033-0

Alle Rechte vorbehalten © 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-09033-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1996/97 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Für seine jederzeitige Förderung möchte ich mich ganz besonders bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Klaus Müller, bedanken. Herrn Prof. Dr. Walther Hadding danke ich für wertvolle Anregungen und die rasche Erstellung des Zweitgutachtens.

Frankfurt, im Januar 1999

Karl-Dieter

Müller

Inhaltsverzeichnis §1

Einleitung und Problemaufriß

17

§2

Die einzelnen Stufen der Bestellung

23

1. Problemstellung

23

2. Der interne Akt der Bestimmung des Geschäftsführers

25

a) Die Bestellung als formeller Satzungsbestandteil

25

b) Die Bestellung als materieller Satzungsbestandteil

28

aa) Meinungsstand in der Rechtsprechung

29

bb) Meinungsstand in der Literatur

30

cc) Stellungnahme

30

dd) Ergebnis

38

3. Die Bestellungserklärung a) Die Bestellung als formeller Satzungsbestandteil

39

b) Die Bestellung als materieller Satzungsbestandteil

41

c) Ergebnis

44

4. Die Mitwirkung des Betreffenden

§3

39

45

a) Die Bestellung als formeller Satzungsbestandteil

45

b) Die Bestellung als materieller Satzungsbestandteil

50

5. Ergebnis

50

Die statutarische Bestellungsklausel in Abgrenzung zur Bestimmungsklausel

51

1. Begriffliche Ausgangslage

51

2. Problemlagen

53

3. Heranziehung des § 6 Abs. 4 GmbHG

54

a) Grundsätzliche Bedeutung der Bestimmung

54

b) Erweiternde Anwendung der Bestimmung

56

aa) In bezug auf einzelne Gesellschafter

56

10

nsverzeichnis

bb) In bezug auf Dritte 4. Ergebnis §4

58

Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag - Das kleine Sonderrecht

59

1. Bedeutung und Bestandteile des Gesellschaftsvertrages

59

a) Bedeutung des Gesellschaftsvertrages b) Bestandteile des Gesellschaftsvertrages 2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil

59 61 63

a) Problemstellung

63

b) Meinungsstand in der Rechtsprechung

64

aa) Die Rechtsprechung des Reichsgerichts

64

bb) Die obergerichtliche Rechtsprechung

66

cc) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

66

c) Meinungsstand in der Literatur

§5

58

67

aa) Die überwiegend vertretene Auffassung

67

bb) Die Auffassung von Bürkle

68

d) Kritische Vorüberlegung

68

e) Stellungnahme

72

aa) Kritische Auseinandersetzung mit der vorwiegend vertretenen Meinung

72

bb) Lösungsansatz

75

cc) Die Praktikabilitätserwägung der vorwiegend vertretenen Meinung

77

dd) Eigene Meinung

78

ee) Die Bestellung eines Fremdgeschäftsflihrers

82

f) Das Prinzip der Rechtssicherheit bei Änderung der Rechtsprechung ...

84

g) Ergebnis

85

Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag unter dem Gesichtspunkt der Abberufungsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG

87

1. Die Abberufungsbeschränkung zugunsten eines Fremdgeschäftsflihrers...

87

a) Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur

87

nsverzeichnis

b) Stellungnahme 2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als Abberufungsbeschränkung....

§6

89 91

a) Darstellung der überwiegend vertretenen Auffassung

91

b) Das Regel-Ausnahme-Prinzip der Abberufung im Sinne des § 38 GmbHG

92

c) Stellungnahme

95

aa) Einschränkung des Grundsatzes der freien Abberufbarkeit

95

bb) Gründe für die Abberufung in materieller Hinsicht

98

3. Ergebnis

100

Schranken der Satzungsänderung im Falle der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

101

1. Problemstellung

101

2. Beschlußkontrolle durch qualifizierten Änderungsbeschluß gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG

102

a) Grundsatz

102

b) Das Erfordernis der Einstimmigkeit

103

c) Das Erfordernis des sachlichen Grundes

104

3. Materielle Beschlußkontrolle der Satzungsänderung

105

a) Grundsatz

105

b) Beschlußkontrolle im Rahmen der starren Schranken

106

c) Beschlußkontrolle im Rahmen der beweglichen Schranken

107

aa) Meinungsstand in der Rechtsprechung

109

bb) Meinungsstand in der Literatur

112

cc) Wertende Kritik

114

dd) Eigener Ansatz: Beschlußkontrolle unter dem Gesichtspunkt der eigennützigen und uneigennützigen Gesellschafterrechte

§7

119

4. Ergebnis

125

Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

126

1. Problemstellung

126

2. Die Anstellung als schuldrechtliche Grundlage der Bestellung

127

a) Die grundsätzliche Trennung von Bestellung und Anstellung aa) Die Lehre vom Trennungsprinzip

127 127

12

nsverzeichnis

bb) Die Lehre vom Einheitsprinzip

128

cc) Die Ansicht von Baums

128

dd) Stellungnahme

129

b) Die innere Verbundenheit von Bestellung und Anstellung aa) Grundsatz

131

bb) Die Grundlage der Bestellung

133

cc) Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag

136

3. Die Rechtsfolgen der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

§8

131

137

a) Aufschiebend bedingte Bestellung durch Abschluß eines Anstellungsvertrages

137

b) Abschluß eines AnstellungsVertrages durch die Bestellung

139

c) Abschluß eines Vorvertrages durch die Bestellung

140

d) Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages durch die Bestellung im Gesellschaftsvertrag

141

aa) Grundsatz

141

bb) Der Anspruch dem Grunde nach

144

cc) Die inhaltliche Konkretisierung des Anspruchs

146

dd) Die Leistungsbestimmungszuständigkeit der Gesellschaft

149

Die Unwirksamkeit der statutarischen Bestellungsklausel

151

1. Problemstellung

151

2. Das unwirksame Anstellungsverhältnis - das Fehlen der Geschäftsgrundlage 151 3. Das gekündigte Anstellungsverhältnis - der Wegfall der Geschäftsgrundlage 154 §9

Schlußbetrachtung

157

Literaturverzeichnis

160

Sachwortverzeichnis

167

Abkürzungsverzeichnis a.a.O.

am angegebenen Ort

a. A.

anderer Ansicht

Abs.

Absatz

AcP

Archiv für civilistische Praxis (Zeitschrift)

a. E.

am Ende

AG

Aktiengesetz

allg.

allgemein

Alt.

Alternative

Anh.

Anhang

Anm.

Anmerkung

AP

Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts

Aufl.

Auflage

BAG

Bundesarbeitsgericht

BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BB

Betriebs-Berater (Zeitschrift)

Bd.

Band

BFH

Bundesfinanzhof

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BT-Ds.

Bundestagsdrucksache

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

bzw.

beziehungsweise

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

ders.

derselbe

14

Abkürzungsverzeichnis

Diss.

Dissertation

DJZ

Deutsche Juristenzeitung (Zeitschrift)

DNotZ

Deutsche Notar-Zeitschrift

DR

Deutsches Recht (Zeitschrift)

Einf.

Einführung

Einl.

Einleitung

EZA

Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht

f.

folgende

ff

fortfolgende

Fn.

Fußnote

GenG

Genossenschaftsgesetz

GG

Grundgesetz

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

GmbH-Gesetz

GmbHR

GmbH-Rundschau (Zeitschrift)

HGB

Handelsgesetzbuch

Hrsg., hrsg.

Herausgeber, herausgegeben

ins.

insbesondere

i. S. d.

im Sinne des

i. V. m.

in Verbindung mit

JuS

Juristische Schulung (Zeitschrift)

JW

Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

JZ

Juristenzeitung (Zeitschrift)

KG

Kammergericht, Kommanditgesellschaft

KGJ

Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts

KSchG

Kündigungsschutzgesetz

LG

Landgericht

LM

Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, herausgegeben von Lindenmaier, Möhring, u. a.

LZ

Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

Abkürzungsverzeichnis

NJW

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

OHG

Offene Handelsgesellschaft

OLG

Oberlandesgericht

OLGE

Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts

RegE

Regierungsentwurf

RG

Reichsgericht

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

Rn.

Randnummer

ROHGE

Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts

Rspr.

Rechtsprechung

s.

siehe

S.

Seite, Satz

st.

ständig

v.

von

vgl.

vergleiche

Vorbem.

Vorbemerkung

WM

Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift)

WuB

Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht

z. B.

zum Beispiel

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

Ziff.

Ziffer

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

zit.

zitiert

§ 1 Einleitung und Problemaufriß Das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung postuliert in § 6 Abs. 3 Satz 2, daß die Bestellung des Geschäftsführers entweder im Gesellschaftsvertrag oder nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts erfolgt. Damit werden gesetzestechnisch zwei verschiedene Arten der rechtsgeschäftlichen 1 Bestellung des Geschäftsführers angesprochen: Zum einen die Bestellung aufgrund besonderer Vorschriften und zum anderen die Bestellung im Gesellschaftsvertrag 2. Bei der Bestellung aufgrund besonderer Vorschriften werden die §§45 f f GmbHG zur Anwendung berufen. Soweit nicht vorrangig spezielle Satzungsklauseln aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Regelung heranzuziehen sind3, kommt das ergänzende GmbH-Recht der §§46 Nr. 5, 47 f f GmbHG zur Anwendung, wie es durch § 45 Abs. 2 GmbHG bestimmt wird. Damit entscheiden in diesem Falle über die Bestellung zum Geschäftsführer in der Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung. Die Bestellung erfordert damit grundsätzlich einen Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter, nämlich den Bestellungsbeschluß, durch den die Gesellschafter ihre Bestimmung hinsichtlich des Geschäftsführers durch Beschlußfassung nach Mehrheit der abgegebenen Stimmen treffen (vgl. § 47 Abs. 1 GmbHG) 4 . Somit wird der in Aussicht genommene Kandidat durch Mehrheitsbeschluß gewählt.

1

Im Gegensatz zur rechtsgeschäftlichen Art der Bestellung kann auch eine gesetzliche in Frage kommen, wie etwa die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers auf Antrag eines Beteiligten nach § 29 BGB analog durch das Amtsgericht. 2 Die zwei Arten der rechtsgeschäftlichen Bestellung werden im Grundsatz in der Kommentarliteratur übernommen; vgl. Scholz/Schneider, Rn. 27 ff. und 36 ff. zu § 6 GmbHG; Rowedder/Rittner, Rn. 17 zu § 6 GmbHG; weiter differenzierend Hueck in Baumbach/Hueck, Rn. 13 ff. zu § 6 GmbHG. 3 Derartige Satzungsbestimmungen vermögen die Zuständigkeit eines anderen Organs zur Bestellung zu begründen. Der Gesellschaftsvertrag kann aufgrund der den Gesellschaftern eingeräumten Satzungsautonomie des § 45 Abs. 1 GmbHG die Bestellungskompetenz anstelle den Gesellschaftern in ihrer Gesamtheit auch einem anderen Organ, wie etwa einem fakultativen Aufsichtsrat oder einem Beirat (vgl. hierzu Hueck in Baumbach/Hueck, Rn. 18 zu § 6 GmbHG) zuweisen. 4 Allg. Meinung, vgl. statt aller Hueck in Baumbach/Hueck, Rn. 16 zu § 6 GmbHG; nach der Rechtsprechung des BGH genügt die einfache Mehrheit für den Bestellungsbeschluß auch in einer Vor-GmbH (BGHZ 80, 212, 214 ff = GmbHR 1982, 67 ff.). 2 Müller

18

§ 1 Einleitung und Problemaufriß

Erfolgt demgegenüber die Bestellung im Gesellschaftsvertrag, so unterscheidet die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur zwei Fälle5: Zum einen sei diese gesellschaftsvertragliche Bestellung ein vom Abschluß des Gesellschaftsvertrages zu unterscheidender Beschluß der Gründer, der aus Zweckmäßigkeitsgründen in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen und in einem einheitlichen Vorgang mitbeurkundet worden sei. Folge davon sei, daß derartige in den Gesellschaftsvertrag aufgenommenen Beschlüsse im allgemeinen nur formellen oder verlautbarenden Charakter hätten und daher nicht an der Bestandskraft der Satzung teilnehmen könnten. Zum anderen räumt diese Ansicht in Literatur und Rechtsprechung den Gesellschaftern einer GmbH auch die Möglichkeit ein, die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materiellen Satzungsbestandteil zu gestalten. Damit wird dem Geschäftsführer ein sogenanntes kleines Sonderrecht zugewiesen. Denn die durch den Organisationsakt der Bestellung begründete Organposition der Geschäftsleitung ist im Gefüge des Gesellschaftsvertrages als echter Bestandteil verankert, so daß eine Abänderung der Organposition grundsätzlich nur unter den erschwerten Voraussetzungen einer Satzungsänderung nach den §§53 ff. GmbHG zulässig ist. Die vorliegende Arbeit wendet sich dieser zweiten Gestaltungsalternative zu und untersucht Grundlagen und Voraussetzungen der Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materiellen Satzungsbestandteil. Anlaß einer statutarischen Bestellung kann entweder die Errichtung der Gesellschaft oder eine spätere Änderung des Gesellschaftsvertrages sein, wobei im Zuge der Satzungsgestaltung der Geschäftsführer durch den Gesellschaftsvertrag der GmbH bestimmt wird. Die Berufung zum Geschäftsführer im Sinne dieser gesellschaftsvertraglichen Bestimmung erfolgt nach dem Wortlaut des Gesetzes im Gesellschaftsvertrag selbst. Insoweit wird im Gegensatz zu der Bestellung aufgrund besonderer Vorschriften nicht auf andere gesetzliche Bestimmungen des GmbHG, insbesondere nicht auf die Bestimmungen des dritten Abschnitts, rekurriert. Vorschriften in bezug auf die Bestellung im Gesellschaftsvertrag finden sich außer in § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG nicht; auch ein Verweis durch andere Bestimmungen auf diese Vorschrift wird nicht ausgesprochen. Inwieweit eine Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag der GmbH dem materiellen oder dem formellen Satzungsbestandteil zuzuordnen 5

Hachenburg/Ulmer, Rn. 18 zu § 6 GmbHG; Scholz/Schneider, Rn. 28 und 30 zu § 6 GmbHG; Baumbach/Hueck, Rn. 14 zu § 6 GmbHG; Priester, Nichtkorporative Satzungsbestimmungen bei Kapitalgesellschaften, DB 1979, S. 681, 682 ff.; vgl. auch Hachenburg/Hüffer, Rn. 40 zu § 46 GmbHG; mit Nachweisen zur Rechtsprechung.

§ 1 Einleitung und Problemaufriß

19

ist, wird nicht einheitlich beantwortet 6. Um die unterschiedliche Rechtsnatur dieser Bestellungsalternativen zu kennzeichnen werden in Rechtsprechung und Literatur verschiedene Begriffspaare gebildet, die der unterschiedlichen Bedeutung der statutarischen Bestellung gerecht werden sollen: So sprechen etwa Ulmer und Hüffer vom formellen und materiellen Satzungsbestandteil, Schneider bevorzugt in Anlehnung an die Rechtsprechung die Differenzierung von echten oder unechten Satzungsbestandteilen, während Priester als Unterscheidungsbegriff eine korporative oder nichtkorporative Satzungsgestaltung heranzieht. Dieser Grundeinteilung der gesellschaftsvertraglichen Bestellung zwischen materiellem oder formellen Satzungsbestandteil folgt auch die vorliegende Arbeit. Dabei wird jedoch der statutarischen Bestellung ein anderes Gewicht beigemessen. Während Rechtsprechung und Literatur bei einer Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag der GmbH im Grundsatz davon ausgehen, daß es sich bei einer derartigen statutarischen Bestellung nur um einen formellen, also nicht um einen der materiellen Bestandskraft der Satzung zugehörigen Teil des Gesellschaftsvertrages handelt, ist der Ansatz der Arbeit ein anderer: Auch wenn durchaus eingeräumt werden kann, daß eine statutarische Bestellung auch eine Bestellung aufgrund eines Gesellschafiterbeschlusses sein kann und damit in dem einer Benennung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag zugrunde liegenden Bestellungsakt lediglich ein formeller Bestandteil der Satzung zu erkennen ist, ist der Ausgangspunkt der Arbeit darin zu sehen, daß die Gesellschafter einer GmbH im Regelfall bei einer statutarischen Bestellung eine materielle Satzungsgestaltung zugrunde legen. Die Gesetzesmaterialien7 lassen neben dem doch insoweit eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG eher den Schluß als angemessen zu erscheinen, die gesellschaftsvertragliche Bestellung des Geschäftsführers eher dem materiellen denn dem formellen Satzungsbestandteil zuzuweisen. In der Rechtsprechung wurde bislang lediglich der Gesichtspunkt eines erhöhten Bestandsschutzes eines durch das Statut bestellten Geschäftsführers erörtert. Denn der im Gesellschaftsvertrag bestellte Geschäftsführer ist in der Satzung, die grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen der §§ 53 ff. GmbHG abgeändert werden darf, bestimmt. Demgegenüber fehlt dem aufgrund einer Wahl im Wege der §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG bestellten Geschäftsführer eine Grundlage in der Satzung. Auf die Satzung kann sich daher ein solcher Art bestellter Geschäftsführer nicht stützen und kann daher grundsätzlich frei nach der Regelung des § 38 Abs. 1 GmbHG abberufen werden. 6

Vgl. die oben in Fußnote 5 zitierten Autoren. Im einzelnen vgl. unten § 2 2.b)cc); vgl. auch die Anmerkung von Ulmer in Hachenburg Fußnote 7 zu Rn. 9 zu § 53 GmbHG, der Unbehagen an der herrschenden Meinung anklingen läßt. 7

2*

20

§ 1 Einleitung und Problemaufriß

Das Reichsgericht hatte sich in einer insoweit grundlegenden Entscheidung vom 21. Oktober 1899* mit der Frage zu befassen, inwieweit in der statutarischen Bestellung ein erhöhter Bestandsschutz zugunsten des bestellten Geschäftsführers zu erkennen sei. Dabei hatte sich das Reichsgericht mit der Problematik auseinanderzusetzen, ob die im Gesellschaftsvertrag erfolgte Bestellung eines Geschäftsführers nur in derselben Weise widerrufen werden könne, in der eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages vorgenommen werden kann, also mit qualifizierter Mehrheit unter Beachtung des Formerfordernisses einer notariellen Beurkundung. Denn nach der grundsätzlichen Regelung des § 38 Abs. 1 GmbHG ist das Amt des Geschäftsführers einer GmbH der freien Abberufungsentscheidung durch die Gesellschafterversammlung unterworfen. Im Falle einer statutarischen Bestellung bedürfte es hingegen für die Abberufung des Geschäftsführers einer Satzungsänderung gemäß § 53 GmbHG, soweit die Bestellung als materieller Bestandteil des Gesellschaftsvertrages zu qualifizieren wäre 9. Das Reichsgericht gewährte in der erwähnten Entscheidung dem Geschäftsführer keinen gegenüber der Bestellung durch Gesellschafterbeschluß erhöhten Bestandsschutz im Sinne einer erschwerten Abberufungsmöglichkeit. Denn auch wenn die Bestellung im Gesellschaftsvertrag vollzogen sei, rechtfertige dies nicht den Schluß, daß die statutarische Bestellung auch nach allen Richtungen das rechtliche Schicksal des Gesellschaftsvertrages teile. Der Widerruf der Bestellung sei vielmehr keine Abänderung der Satzung. Folglich richte sich der Widerruf der Bestellung nach den allgemeinen Vorschriften, so daß für die Abberufung des Geschäftsführers eine einfache Mehrheit genüge. Diese grundlegende Entscheidung des Reichsgerichts war Ausgangspunkt der überwiegend in der in Literatur 10 vertretenen und ganz vorherrschend in der Rechtsprechung 11 niedergelegten Ansicht, daß die Bestellung im Gesellschaftsvertrag nur bei Gelegenheit und im Rahmen des Abschlusses und der Beurkundung des notariellen Gesellschaftsvertrages erfolge und damit in ihn hinübergenommen sei. Ein erhöhter Bestandsschutz zugunsten des statutarisch bestellten Geschäftsführers wird nur vereinzelt bejaht 12 .

8

RGZ 44, 95 ff.; eingehend unten § 4 2.b)aa) sowie § 4 2.d). So die Argumentation des Klägers in RGZ 44, 95 ff. 10 Hachenburg/Ulmer, Rn. 17 zu § 6 GmbHG; Scholz/Schneider, Rn. 29 zu § 6 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 22 zu § 6 GmbHG; Rowedder/Rittner, Rn. 18 zu § 6 GmbHG; Hueck in Baumbach/Hueck, Rn. 13 zu § 6 GmbHG; Roth, Anm. 4.2. zu § 6 GmbHG. 11 RG JW 1900, 417 und JW 1901, 410; RG LZ 1909, Sp. 75, 76; RG JW 1919, 313,314; BGH LM Nr. 4 zu § 35 BGB = NJW 69, 131; BGH GmbHR 1982, 129, 130; BGH WM 1981,438, 439. 12 Vgl. Bürkle, Rechte Dritter in der Satzung der GmbH, S. 85 ff. 9

§ 1 Einleitung und Problemaufriß

Damit setzt diese in Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung die Bestellung im Gesellschaftsvertrag einer Bestellung aufgrund eines Bestellungsbeschlusses - insbesondere hinsichtlich der Rechtsfolgen der Bestellung des Geschäftsführers, wie etwa der Abberufbarkeit des Geschäftsführers gleich. Ob die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag oder aufgrund eines gesonderten Bestellungsbeschlusses erfolgte, ist unter Zugrundelegung dieser Meinung nicht entscheidend. Jedoch zeigen die angeführten Gerichtsentscheidungen die Unsicherheiten auf, die der Rechtspraxis auf diesen Weg begegnen. Gerade deswegen wird in der notariellen Vertragsgestaltung tunlichst darauf geachtet, daß aus Gründen der vorsorglichen Streitvermeidung die Bestellung möglichst in das Gründungsprotokoll und nicht in die dabei festgestellte Satzung aufgenommen wird 1 3 . Durch diese Trennung will man vermeiden, daß sich der bestellte Geschäftsführer auf etwaige Sonderrechte dann berufen kann. Indessen ist dieser rechtliche Befund auf den ersten Blick erstaunlich: Die aufgezeigte Ansicht geht davon aus, daß in dem einen wie dem anderen Falle der Geschäftsführer - soweit ihm nicht besonders vereinbarte Rechte zustehen grundsätzlich ohne eine Einschränkung nach § 38 Abs. 1 GmbHG abberufen werden kann. Denn eine Bestellung im Gesellschaftsvertrag wird - jedenfalls in seinen rechtlichen Wirkungen - einer Bestellung aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses gleichgesetzt. Bei einer statutarischen Bestellung im Falle der Errichtung einer Gesellschaft ist jedoch die Einigung aller am Vertragsschluß Beteiligten erforderlich, denn gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 GmbHG ist der Gesellschaftsvertrag von allen Gesellschaftern zu unterzeichnen; bei einer späteren Satzungsänderung bedarf es immerhin einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen nach § 53 GmbHG. Gleichwohl kommt die oben skizzierte Ansicht zu dem Ergebnis, daß der Geschäftsführer in jedem Falle mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen von seinem Amte abberufen werden könne. Im Rahmen einer actus-contrarius-Betrachtung wird man dem dann zustimmen können, wenn für die Wahl des Geschäftsführers die Mehrheit der abgegebenen Stimmen der Gesellschafter gemäß den §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG genügend und erforderlich ist. Liegt jedoch eine statutarische Bestellung - also eine Bestellung im Gesellschaftsvertrag - vor, bedarf dieses Rechtsinstitut der gesellschaftsvertraglichen Bestellung einer näheren Erörterung. Die vorliegende Arbeit untersucht daher Grundlagen und Voraussetzungen einer statutarischen Bestellung als materiellen Satzungsbestandteil. Im Vergleich zu einer Bestellung aufgrund eines Bestellungsbeschlusses in der Gesellschafterversammlung werden die Unterschie-

13

Vgl. etwa Haidenhain/Meister in Münchener Vertragshandbuch auf S. 319.

22

§ 1 Einleitung und Problemaufriß

de zu einer bloß formellen Satzungsgestaltung aufgezeigt. Auf der Grundlage der vorgefundenen Ergebnisse werden sodann die Rechtsfolgen in bezug auf die Gesellschaft, die Gesellschafter und den Geschäftsführer jeweils aufgezeigt und die entsprechenden Rechtsfolgen gezogen.

§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung 1. Problemstellung Die Ausübung des Organamtes Geschäftsführung erfordert die Bestellung des Geschäftsführers 14. Ohne seine Bestellung erlangt der designierte Geschäftsführer grundsätzlich 15 nicht seine Organstellung als Handlungsorgan der Gesellschaft, denn die Bestellung begründet das Organverhältnis zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH 16 . Der Bestellung zum Geschäftsführer liegt ein körperschaftlicher Organisationsakt zur Herbeiführung der Entstehung der Organstellung zugrunde; hierdurch wird die innere Ordnung der Gesellschaft in bezug auf die Geschäftsleitung geregelt. Über die Rechtsnatur der Bestellung als Rechtsgeschäft besteht heute Einig17

18

keit . Hüffer bezeichnet die Bestellung denn als organisationsrechtliches Rechtsgeschäft. Durch diesen körperschaftlichen 19, jedoch annahmebedürftigen Akt wird der designierte Geschäftsführer zum Gesellschaftsorgan - das organschaftliche Rechtsverhältnis zwischen Geschäftsführer und der GmbH entsteht20. Die überwiegend vertretene Ansicht 21 sieht in der Bestellung aufgrund einer Wahl in der Gesellschafterversammlung gem. §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG einen

14

Rowedder/Rittner, Rn. 16 zu § 6 GmbHG. Durch die in Rechtsprechung und Literatur anerkannte Figur des "faktischen Geschäftsführers" kann sich im Falle einer Nichtbestellung oder einer unwirksamen Bestellung ebenfalls das Entstehen der Organstellung ergeben; vgl. hierzu Scholz/Schneider, Rn. 46 zu § 6 GmbHG m.w.N. 16 Hachenburg/Hüffer, Rn. 39 zu § 46 GmbHG. 17 Hadding, Korporationsrechtliche oder rechtsgeschäftliche Grundlagen des Vereinsrechts, S.166, insbes. 188 ff.; eingehend zur Rechtsnatur der Bestellung mit weiteren Nachweisen Lenze, Amtsniederlegung durch das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, S. 77 ff. 18 In Hachenburg, Rn. 3 zu § 47 GmbHG mit der Bemerkung, daß die Vorstellung eines dritten organisationsrechtlichen Weges neben dem rechtsgeschäftlichen und dem gesetzlichen der Vergangenheit angehört. 19 Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 13 zu § 6 GmbHG. 20 Flume, Die juristische Person, § 10 I 2 auf S. 345. 21 Vgl. statt aller Lutter-Hommelhoff, Rn. 26 zu § 6 GmbHG; aus der Rechtsprechung besonders deutlich BGHZ 52, 316, 321. 15

24

§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

mehrstufigen Prozeß. Nach weitgehend unbestrittener Auffassung 22 genügt die bloße interne Einigung der Mitglieder des für die Bestellung zuständigen Verbandsorganes über die Auswahl des Geschäftsführers nicht, um für den Betreffenden die Organstellung der Leitung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu begründen. Vielmehr muß zur Vollendung der Bestellung nach überwiegend vertretener Meinung zusätzlich noch eine Bestellungserklärung und eine Annahme des Organamtes durch den Betreffenden vorliegen. Im Falle einer statutarischen Bestellung ist die Bestellung im Gesellschaftsvertrag schriftlich niedergelegt und damit dokumentiert. Nach außen hin erkennbar findet keine Gesellschafterversammlung statt, aus der prima facie eine Wahl zum Geschäftsführer der Gesellschaft mitsamt Bestellungserklärung und Annahme des Amtes sich ableiten ließe. Der Prozeß der Mehrstufigkeit des Bestellungsvorganges wurde in bezug auf die Bestellung eines Geschäftsführers aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung gemäß den §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG entwickelt 23 . Die interne Einigung der Gesellschafter auf einen Geschäftsführer erfolgt hier im Wege einer Wahl, wobei grundsätzlich derjenige Kandidat gewählt ist, der die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigt. Angesichts dieses umrissenen Befundes rückt die Frage in den Vordergrund, ob in einer statutarischen Bestellung ebenfalls auch ein Prozeß der Mehrstufigkeit des Bestellungsvorganges gesehen werden kann und wie gegebenenfalls die einzelnen Stufen rechtlich erfaßt und bewertet werden müssen. Im folgenden sind daher zunächst die einzelnen Stufen des Bestellungsvorganges im Wege einer Wahl eines Geschäftsführers darzustellen und mit dem Vorgang der Bestellung eines Geschäftsführers durch Bestellung im Gesellschaftsvertrag zu vergleichen. Dabei wird insbesondere die Frage zu beachten sein, inwieweit eine statutarische Bestellung mit einer Bestellung aufgrund einer Wahl in bezug auf ihre rechtliche Erfassung identisch ist oder davon abweicht und welche Rechtsfolgen daraus abzuleiten sind.

22

A.A. Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, S. 470 ff Vgl. zur Frage der Bestellungserklärung Brodmann, Anm. 6 a zu § 46 GmbHG und Vogel, Anm. 6 zu § 46 Ziff. 5 GmbHG; zur Frage der Annahme Liebmann-Sänger, Anm. 4 zu § 6 GmbHG. 23

2. Der interne Akt der Bestimmung des Geschäftsführers

25

2. Der interne Akt der Bestimmung des Geschäftsführers a) Die Bestellung als formeller

Satzungsbestandteil

Die Bestimmung des Geschäftsführers durch die Gesellschafter kann durch einen Beschluß der Gesellschafter erfolgen, der dann im Gesellschaftsvertrag dokumentiert ist. Dabei regeln die Gesellschafter gemäß den §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG insoweit eine Angelegenheit der Gesellschaft 24, nämlich die Bestimmung des Geschäftsleitungsorgans der Gesellschaft, wie es der Einleitungssatz des § 46 GmbHG deutlich beschreibt. Die Bestimmung zum Geschäftsführer durch die Gesellschafter nach Maßgabe der Vorschriften des dritten Abschnitts des GmbH-Gesetzes bedingt als erste Stufe einen internen Akt der Gesellschafter, einen Kandidaten zum Geschäftsführungsorgan der Gesellschaft zu berufen. Dieser interne Akt der Gesellschafter wird in § 47 Abs. 1 GmbHG als Beschlußfassung umschrieben: Die Gesellschafter treffen ihre Bestimmung in bezug auf die Angelegenheiten der Gesellschaft durch Beschluß. In dem hier interessierenden Fragenkreis der Bestellung ist somit ein Beschluß der Gesellschaft, den betreffenden Kandidaten zum Geschäftsleitungsorgan der Gesellschaft zu bestellen, notwendig, der kurz als Bestellungsbeschluß charakterisiert werden kann. Eine gesetzliche Definition des Bestellungsbeschlusses der Gesellschafter fehlt 25 . Auch die Materialien zur Gesetzesentstehung geben darüber keinen Aufschluß 26 . Auszugehen ist daher von dem Sinn und Zweck des Beschlusses. Da Gesellschaften im Gegensatz zu natürlichen Personen einen natürlichen Handlungswillen im Wege eines psychologischen Erkenntnis- und Entscheidungsaktes nicht bilden können, muß der Wille der Gesellschaft auf andere Weise ermittelt und festgestellt werden. Der Wille der Gesellschaft beruht auf einer Vielzahl von Individualwillensbildungen der einzelnen Verbandsmitglieder, die in einem Akt der Zusammenführung dem Kollektivwillen der Gesellschaft Gestalt und Form verleihen 27 . Die Zusammenfassung der entsprechenden Willenskundgebungen wird durch den Beschluß verwirklicht. Der Beschluß hat

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Vgl. § 45 Abs. 1 GmbHG. Vgl. auch § 32 BGB, §§ 118, 119 AktG, § 43 GenG, wo ähnlich dem § 47 Abs. 1 GmbHG die Verbandsmitglieder mittels Beschlüssen Entscheidungen im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen treffen. 26 Vgl. Stenographische Berichte des Deutschen Reichstages, 8. Legislaturperiode, 1. Session 1890/92, Aktenstück Nr. 660. 27 Zöllner, Die Schranken der mitgliedschaftlichen Stimmrechtsmacht bei privatrechtlichen Personenverbänden, S. 11. 25

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§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

dabei zwei Aufgaben zu erfüllen 28 : Zum einen dient der Beschluß der Feststellung einer Meinungsbildung und Meinungsäußerung des Verbandes. Denn in der Natur der Sache liegt es, daß die Lösung einer anstehenden Frage die verschiedensten Entscheidungsalternativen aufweist, so daß der dem Verband zurechenbare Wille erforscht werden muß. Zum anderen soll die getroffene Entscheidung für alle Mitglieder, insbesondere für die überstimmten Gesellschafter, rechtsverbindlich sein 29 . Der Beschluß ist daher das Ergebnis der organschaftlichen Willensäußerungen der Gesellschafter, der als Entscheidung im Sinne einer organschaftlichen Willensbildung der Gesellschaft zuzurechnen ist 30 . Rechtstechnisch wird der Beschluß durch Abstimmung über einen bestimmten Antrag getroffen. Denn die Ausübung des Stimmrechts der einzelnen Gesellschafter in dem Sinne ihrer organschaftlichen Willenskundgebungen kann nur in der dialektischen Weise einer Zustimmung oder Verneinung des gestellten Beschlußantrags erfolgen. Ohne einen dezidiert formulierten, als Abstimmungsgegenstand vorgebrachten Beschlußantrag kann keine eindeutige Gesellschafterentscheidung wirksam zustande kommen. Der Beschlußantrag ist daher als notwendige Vorstufe zum Gesellschafterbeschluß zu sehen31, der auch inhaltlich den zu fassenden Beschluß, sei es im Wege einer Bejahung oder sei es im Wege einer Verneinung, vorzeichnet. Zusammenfassend ist daher im Beschluß das rechtstechnische Mittel zu erkennen, durch Abstimmung über einen bestimmten Antrag den organschaftlichen Willen der Gesellschaft zu bilden 32 . Der Beschluß wird heute fast allgemein in die Rechtsgeschäftslehre eingeordnet und damit auch als Rechtsgeschäft qualifiziert, denn der Beschluß ist das Mittel, einen zumindest innerverbandlichen Rechtserfolg herbeizuführen 33.

28

Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 176. Gerade diese Unterscheidung qualifiziert die Entscheidung der Gesellschafter von einer bloßen Meinungsäußerung zu einem verbindlichen Beschluß, vgl. hierzu BGHZ 44, 245, 250. 30 Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 2 zu § 47 GmbHG; ders., Die Schranken der mitgliedschaftlichen Stimmrechtsmacht bei privatrechtlichen Personenverbänden, S. 11, 13; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 176, der den Beschluß als einen sozialen Prozeß mit normativem Ergebnis charakterisiert; ebenso Renkl, Der Gesellschafterbeschluß, S. 17. 31 A.A. Zöllner, Die Schranken der mitgliedschaftlichen Stimmrechtsmacht bei privatrechtlichen Personenverbänden, S. 13; Bartholomeyczik, Die Stimmabgabe im System unserer Rechtshandlungen, S. 1. 32 Baltzer, Der Beschluß als rechtstechnisches Mittel organschaftlicher Funktion im Privatrecht, S. 42; Hachenburg/Hüffer, Rn. 2 zu § 47 GmbHG; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 I auf S. 353. 33 Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 3 zu § 47 GmbHG; Hachenburg/Hüffer, Rn. 3 zu § 47 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 3 zu § 47 GmbHG; Scholz/Schmidt, Rn. 18 zu § 45 GmbHG; ders., Gesellschaftsrecht, S. 355 f.; Wiedemann, Gesellschafts29

2. Der interne Akt der Bestimmung des Geschäftsführers

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Die Einordnung des Beschlusses als Gesamt- oder Sozialakt34 als rechtstheoretische Begründung ist als überholt anzusehen. Mit dem ohnehin recht diffusen Begriff des Gesamt- oder Sozialaktes gelang es, den rechtsgeschäftlichen Charakter des Beschlusses zu verneinen, um so Beschlüsse insbesondere aus dem Anwendungsbereich der im Allgemeinen Teil des BGB geltenden Bestimmungen für Rechtsgeschäfte auszunehmen. Mit der Verneinung des Beschlusses als Rechtsgeschäft konnten damit insbesondere die Vorschriften der §§ 125, 134, 138, 139 und 181 BGB ausgeschlossen werden 35 . Dies erweist sich dann nicht als notwendig, wenn man mit der neueren Lehre den Beschluß als Rechtsgeschäft eigener Art neben Willenserklärungen und Verträgen begreift 36 . 37

Denn der Beschluß ist weder Willenserklärung noch ist er als Vertrag zu qualifizieren. Ein Vertrag liegt vor, wenn zwei oder mehrere Personen ihre Willensübereinstimmung zwecks Herbeiführung eines bestimmten rechtlichen Erfolges erklären 38. Demgegenüber sind die dem Beschluß zugrundeliegenden Stimmabgaben nicht auf Konsensbildung durch korrespondierende Willenserklärungen gerichtet, weil gerade die Mehrheitsentscheidung auch die Unterle-

recht, § 3 III 1 auf S. 178 ff; Hadding, Korporationsrechtliche oder rechtsgeschäftliche Grundlagen des Vereinsrechts, S. 165, 190. 34 Von Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die Deutsche Rechtsprechung, S. 133 ff., 565 ff., 714 ff; ders., Deutsches Privatrecht I, Fußnote 2 in § 33 I auf S. 283. 35 BHGZ 33, 189, 191 (der Bundesgerichtshof begründete das Nichteingreifen des §181 BGB auf Beschlüsse damit, daß ein Beschluß ein Sozialakt sei) sowie BGHZ 52, 316, 318; vgl. auch RGZ 122, 367, 369 (wo als obiter dictum bemerkt wurde, daß im Beschluß kein Rechtsgeschäft zu sehen sei); zurückhaltend gegenüber dem Beschluß als Sozialakt jedoch BGHZ 65, 93, 97 f.; neuerdings hingegen wieder BGH WM 1994, 22, 25, wo die Entscheidung, ob § 139 BGB auf Organ- oder Versammlungsbeschlüsse uneingeschränkt angewendet werden kann, davon letztlich abhängen soll, ob den Beschlüssen generell rechtsgeschäftlicher Charakter zuzuerkennen ist oder ob sie zumindest insoweit, als sie lediglich interne Wirkung haben, nur als Sozialakte verstanden werden können. In der Sache wird jedoch die Anwendung des § 139 BGB damit begründet, daß Beschlüsse, die auf die Begründung, Änderung oder Aufhebung sozialoder individualrechtlicher Befugnisse oder Pflichten gerichtet sind, einen rechtsgeschäftlichen Inhalt aufweisen. Bei diesem weit gespannten Anwendungsfeld lassen sich sämtliche Beschlußgegenstände unter § 139 BGB subsumieren. Denn der Beschluß unterscheidet sich von einer bloßen Meinungsäußerung des betreffenden Organs gerade dadurch, daß die getroffene Entscheidung für alle Mitglieder verbindlich sein soll. 36 Hadding, a.a.O., S. 190; Bartholomeyczik, Der Körperschaftsbeschluß als Rechtsgeschäft, ZHR 105 (1938), S. 293, 294 und 300; Baltzer, Der Beschluß als rechtstechnisches Mittel organschaftlicher Funktion im Privatrecht, S. 176; Schilling, Gesellschafterbeschluß und Insichgeschäft, S. 257, 263; Robert Fischer, Zur Anwendung von § 181 BGB im Bereich des Gesellschaftsrechts, S. 61, 75 ff; Larenz, Allgemeiner Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, § 18 II 3a auf S. 320; Münchener Kommentar/Ulmer, Rn. 47 zu § 709 BGB; vgl. ebenso die oben in Fußnote 33 genannten Autoren. 37 Vgl. hierzu KG NJW 1954, 1446. 38 Palandt/Heinrichs, Rn. 1, Einf. vor § 145 BGB.

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§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

genen bindet 39 . Während Voraussetzung des wirksamen Vertragsschlusses ist, daß jeder der Beteiligten dem Vertragsinhalt zustimmen muß, genügt beim Beschluß im Regelfalle die Mehrheitsentscheidung der Gesellschafter: Ob der Gesellschafter dem Beschlußantrag zugestimmt hat oder ihn verneint hat, ist irrelevant, da der organschaftliche Wille gebildet worden ist und flir alle gleich verbindlich ist. Insoweit vermittelt der Begriff des Gesamt- oder Sozialaktes eine anschauliche Vorstellung über das tatsächliche Zustandekommen des Beschlusses. In der möglichen Beteiligung des Gesellschafters durch die einzelne Stimmabgabe und der dadurch bedingten Beeinflussung des Beschlußergebnisses ist die Legitimationsbasis dafür zu sehen, daß auch der Unterlegene an den Beschlußinhalt grundsätzlich gebunden ist. Gerade diese Erkenntnis rechtfertigt um so mehr, den Beschluß nicht aus dem Kreis der Rechtsgeschäfte auszuklammern sondern ihn vielmehr als eigenständige Gruppe in der Rechtsgeschäftslehre im Sinne eines mehrseitigen Rechtsgeschäftes zu qualifizieren. Der Beschlußantrag in der Gesellschafterversammlung ist daher etwas grundsätzlich anderes als der Antrag auf Abschluß eines Vertrages gemäß den §§ 145 f f BGB. Dieser kann mit seinem begehrten Inhalt bei Ablehnung nur eines Teiles nicht zustande kommen, während jener eine alle Gesellschafter bindende Regelung bei Erreichen der notwendigen Mehrheiten trifft. Beim Beschluß werden die korrespondierenden Willenserklärungen zusammengefaßt und gebündelt im Sinne einer alle Mitglieder des Gesellschaftsverbands verbindlichen Entscheidung, währenddessen der Vertrag auf dem Austausch der Willenserklärungen zum Zwecke der Konsensbildung beruht.

b) Die Bestellung als materieller Satzungsbestandteil Zu untersuchen ist nunmehr, ob in einer statutarischen Bestellung ebenfalls ein Beschluß im Sinne der §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG erkannt werden kann. Würde man dies bejahen, so wäre in der Sache keine erhebliche Abweichung zwischen den verschiedenen Arten der rechtsgeschäftlichen Bestellung zu verzeichnen. Die gegebene gesetzliche Ausgangslage würde insoweit einer Nivellierung anheimfallen, so daß weder ein Grund für die unterschiedliche gesetzliche Terminologie noch ein rechtserheblicher Grund für die beiden Arten der rechtsgeschäftlichen Bestellung begründet wäre. Sieht man hingegen in der statutarischen Bestellung keinen Bestellungsbeschluß, der den Vorschriften den §§46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG entnommen werden kann, so ist nach dem Geltungsgrund der statutarischen Bestellung zu fragen 40.

39 40

Hachenburg/Hüffer, Rn. 3 zu § 47 GmbHG. Vgl. hierzu insbesondere unten § 4.

2. Der interne Akt der Bestimmung des Geschäftsführers

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aa) Meinungsstand in der Rechtsprechung Ausgehend von der Entscheidung des Reichsgerichts vom 21. Oktober 189941 vertritt die überwiegend vertretene Meinung 42 den Standpunkt, daß die Bestellung im Gesellschaftsvertrag nur bei Gelegenheit und im Rahmen des Abschlusses und der Beurkundung des notariellen Gesellschaftsvertrages erfolge und damit in ihn hinübergenommen sei. Besondere Rechtsfolgen einer etwa erfolgten statutarischen Bestellung leitet die Rechtsprechung aus ihr nicht her 4j . Denn in dem einen wie dem anderen Falle könne der Geschäftsführer grundsätzlich frei gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG abberufen werden. Die Rechtsprechung hat sich - von ihrem Standpunkt aus konsequent - deshalb nur am Rande mit der Frage nach der rechtlichen Erfassung des Vorganges der statutarischen Bestellung auseinandergesetzt, da sie die Rechtswirkungen einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag mit denen einer Bestellung aufgrund der §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG gleich erachtet. Das Reichsgericht erkannte in der Entscheidung vom 21. Oktober 189944 sieben Jahre nach Erlaß des GmbHG, daß die Bestellung des Geschäftsführers nach dem Gesetz auf eine doppelte Art zulässig ist oder zulässig sein sollte, und führte insoweit aus, daß die Quelle der Entstehung der Befugnis zur Geschäftsführung eine mehrfache sei. Auf die Rechtsstellung des Geschäftsführers habe dies jedoch keinen Einfluß. Vielmehr sei die an sich den Gesellschaftern zustehende Bestellung nur gleichzeitig mit der Errichtung des Gesellschaftsvertrages geschehen und damit in ihn hinübergenommen. Der Bundesgerichtshof 45 hat sich lediglich dahingehend geäußert, daß in dem zu entscheidenden Falle der Geschäftspartner des Klägers den zweiten Weg für die Bestellung, also nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnittes gemäß §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG, beschritten habe. Denn er habe nicht eine Bestellung im Gesellschaftsvertrag bewirkt, sondern er habe die Gesellschafterversammlung über die Bestellung beschließen lassen. Aus dieser Äußerung ist zu entnehmen, daß auch der Bundesgerichtshof im Grundsatz keine Besonderheiten in der statutarischen Bestellung sieht.

41

RGZ 44, 95 ff. Hachenburg/Ulmer, Rn. 17 zu § 6 GmbHG; Scholz/Schneider, Rn. 29 zu § 6 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 22 zu § 6 GmbHG; Rowedder/Rittner, Rn. 18 zu § 6 GmbHG; Hueck in Baumbach/Hueck, Rn. 13 zu § 6 GmbHG; Roth, Anm. 4.2. zu § 6 GmbHG. Aus der Rechtsprechung vgl. BGH LM Nr. 4 zu § 35 BGB = NJW 1969, 131 und BGH GmbHR 1982, 129, 130. Kritisch Bürkle, Rechte Dritter in der Satzung der GmbH, S. 85 ff 43 Vgl. insbesondere RG LZ 1909, Sp. 75, 76. 44 RGZ 44, 95, 97 f. 45 BGHZ 80, 212, 214 = BGH GmbHR 1982, 67. 42

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§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

bb) Meinungsstand in der Literatur Auch im rechtswissenschaftlichen Schrifttum finden sich nur vereinzelte Hinweise auf die nähere rechtliche Erfassung und die Besonderheiten einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag. Von den wenigen Stimmen in der Literatur ist hier zuvörderst Ulmer 46 zu nennen, der die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag als einen von dessen Abschluß zu unterscheidenden Beschluß der Gründer auffaßt, der aus Zweckmäßigkeitsgründen in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen und in einem einheitlichen Vorgang mit beurkundet worden ist. Hüffer 47 geht davon aus, daß eine solche Bestellung der Sache nach durch Beschluß der Gesellschafter erfolgt.

cc) Stellungnahme Der dargelegte Meinungsstand in Rechtsprechung und Schrifttum zeigt die stiefmütterliche Behandlung der rechtlichen Erfassung der statutarischen Bestellung. Entweder man begnügt sich - wie die Rechtsprechung - mit der schlichten Aussage, daß die Bestellung eben im Gesellschaftsvertrag bewirkt sei, oder man versucht - wie die Literatur -, faute de mieux einen Bestellungsbeschluß zu konstruieren. Erkennt man jedoch, daß der Beschluß zwar als mehrseitiges Rechtsgeschäft jedoch nicht als eine vertragliche Einigung angesehen werden kann, können Bedenken im Hinblick auf die Tatsache nicht ausbleiben, daß bei einer statutarischen Bestellung es einer Einigung der Gesellschafter auf die Person des Geschäftsführers bedarf. Denn gerade bei Gründung der GmbH ist die Einigung aller Gesellschafter, die durch die Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages durch sämtliche Gesellschafter gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 GmbHG dokumentiert wird, unabdingbare Voraussetzung für das Entstehen der Gesellschaft. Insbesondere unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Zweiteilung der beiden rechtsgeschäftlichen Arten der Bestellung ist die statutarische Bestimmung des Geschäftsführers nunmehr näher zu betrachten. Erste Bedenken gegen die Auffassung, daß die im Gesellschaftsvertrag vollzogene Bestellung sich als Bestellungsbeschluß der Gesellschafter darstellt, ergeben sich aus der Entstehungsgeschichte des GmbH-Gesetzes. Der Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung wurde dem Reichstag nebst Begründung am 11. Februar 1892 zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorgelegt 48 .

46

Hachenburg/Ulmer, Rn. 17 zu § 6 GmbHG. Hachenburg/Hüffer, Rn. 40 zu § 46 GmbHG. 48 Vgl. Stenographische Berichte des Deutschen Reichstages, 8. Legislaturperiode, 1. Session 1890/92, Aktenstück Nr. 660. 47

2. Der interne Akt der Bestimmung des Geschäftsführers

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Der Entwurf bestimmte in § 6 Abs. 2: „Die Bestellung erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts." Hierfür wurde folgende Begründung 49 abgegeben: „Da die Geschäftsführer als Vertretungsorgan der Gesellschaft bereits im Errichtungsstadium, d.h. vor Eintragung des Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister, bestimmte Funktionen wahrzunehmen haben, so muß die Bestellung derselben schon bei oder alsbald nach Abschluß des Gesellschaftsvertrages erfolgen. Die Bestellung ist deshalb in diesem Abschnitt des Gesetzes auszusprechen, während die ferneren Bestimmungen über die Geschäftsführer dem dritten Abschnitt vorbehalten bleiben." Sodann wird weiter unten bezüglich der Bestellung folgendes ausgeführt: „Die Art, wie die Geschäftsführer bestellt werden, ergibt sich aus den Bestimmungen des dritten Abschnitts. Diese Bestimmungen müssen auch auf die vor der Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister vorzunehmende Bestellung der ersten Geschäftsführer Anwendung finden. Um etwaige Bedenken zu beseitigen, welche in dieser Hinsicht entstehen könnten, ist in Abs. 2 ausdrücklich auf die betreffenden Vorschriften des dritten Abschnitts verwiesen. Auch die Bestellung der ersten Geschäftsführer erfolgt demnach im Zweifel durch Wahl mittels Beschlusses der Gesellschafter. Durch den Gesellschaftsvertrag kann aber auch eine andere Art der Bestellung vorgesehen werden. Insbesondere können die Personen der Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag selbst bezeichnet werden..." Nachdem der Entwurf an die 25. Kommission zur Vorbereitung der Entscheidung des Reichstags überwiesen worden war, beschloß die Kommission 50 , in § 6 Abs. 2 nach dem Wort „erfolgt" folgenden Halbsatz einzuschalten: „entweder im Gesellschaftsvertrag oder". Am 21. März 1892 nahm der Reichstag den § 6 GmbHG, wie von der Kommission vorgeschlagen, unverändert an 51 . Damit wurde Gesetz die bis heute geltende Regelung, wie sie nunmehr nach der GmbH-Novelle in § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG niedergelegt ist: „Die Bestellung erfolgt entweder im Gesellschaftsvertrag oder nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts." Die Gesetzesbegründung spricht dafür, daß man in einer statutarischen Bestellung keine Bestellung aufgrund einer Wahl sieht. Denn nur, wenn der Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Bestimmungen trifft, sollten die ergänzenden Regelungen des GmbH-Gesetzes zur Anwendung berufen sein. Nur im Falle einer zweifelhaften Rechtslage ist ein Bestellungsbeschluß der Gesell-

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Vgl. a.a.O. (Fn. 24) auf S. 3735. Vgl. Bericht der Reichstagskommission, Stenographische Berichte des Reichstages, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, sechster Anlagenband, Drucksache Nr. 744 auf S. 4007. 51 Stenographische Berichte des Reichstages, a.a.O., Drucksache Nr. 783, auf S. 4289. 50

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§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

schafter vorgesehen, um die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft auf jeden Fall sicherzustellen. Hierfür sind die Vorschriften des dritten Abschnitts einschlägig, wo insbesondere die Vorschriften über die Beschlußfassung niedergelegt sind. Erfolgt demgegenüber eine statutarische Bestellung, wird gerade nicht auf diese Vorschriften verwiesen. Es kommt dann nur noch auf die gesellschaftsvertraglich festgelegten Bestellungsregeln an. Gerade ausgehend von der Überzeugung der Gesetzesverfasser, daß die Gesellschaft bereits im Errichtungsstadium, also mit Abschluß des notariellen Vertrages, der Geschäftsführer als handlungsfähiger Organe bedarf, sollten bezüglich der Art der Bestellung grundsätzlich zwei Wege offenstehen: Zum einen durch Wahl mittels Beschlusses laut den Vorschriften der § § 4 7 ff. GmbHG, und zum anderen war es den Gesellschaftern auf Grund der Vertragsfreiheit in ihr Belieben gestellt, die Bestellung in sonstiger Weise vorzunehmen. Der Gesellschaftsvertrag eröffnet den Gesellschaftern die Vornahme der Bestellung in sonstiger Weise. Als Beispiel für die Bestellung in sonstiger Weise wurde die namentliche Bezeichnung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag erwähnt. Ebenfalls hält es die Regierungsbegründung für nicht ausgeschlossen zu bestimmen, daß sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt sein sollen. Zu diesem letzteren Falle wurde jedoch einschränkend hinzugefügt, daß dann davon auszugehen sei, daß die Geschäftsführung nur an bestimmte Personen als die befugten Geschäftsführer übertragen werde. Denn nur die im Zeitpunkt der Aufnahme dieser Bestimmung in den Gesellschaftsvertrag zugehörigen Gesellschafter sollten von dieser Regelung erfaßt werden. Deshalb wurde für diesen Fall die Auslegungsregelung des § 6 Abs. 3 GmbHG a.F. (heute § 6 Abs. 4 GmbHG n.F.) in das Gesetz aufgenommen, wonach die bei Festsetzung dieser Bestimmung angehörenden Gesellschafter als die bestellten Geschäftsführer gelten. Die von der Regierungsbegründung als Bestellung in anderer Weise aufgeführten Beispiele weisen ebenfalls darauf hin, daß bei einer Bezeichnung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag kein vorangegangener Wahlvorgang stattgefunden hat. Die Gesellschafter haben sich vielmehr - ohne Inanspruchnahme des Regelungswerkes des dritten Abschnitts im GmbH-Gesetzes - im Gesellschaftsvertrag auf eine oder mehrere Personen als Geschäftsführer geeinigt. Als erstes Beispiel wurde in der amtlichen Begründung angeführt, daß die Bestellung auch in der Weise vollzogen werden könne, daß die Personen der Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag selbst bezeichnet werden. Unter Bezeichnung ist die Benennung, Kennzeichnung, Charakterisierung des Geschäftsführers zu verstehen 52. Zwar ließe sich auch begrifflich vertreten, daß

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Vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, unter Stichwort "bezeichnen".

2. Der interne Akt der Bestimmung des Geschäftsführers

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damit nur die nach erfolgter Wahl abzugebende Erklärung der Gesellschaft gegenüber dem designierten Geschäftsführer gemeint gewesen sein könnte. Jedoch erscheint diese Auslegung sinnwidrig, weil zum einen die Regierungsbegründung zum GmbH-Gesetz einen solchen Unterschied sonst an keiner Stelle macht. Zum anderen erscheint es nicht nachvollziehbar, die zuallererst zu treffende Entscheidung der Gesellschafter, nämlich der interne Akt der Bestimmung des Geschäftsführers, als stillschweigend vorausgesetzt anzunehmen. Dies muß insbesondere in Anbetracht der Überlegung an Bedeutung gewinnen, daß die Gesetzesbegründung davon ausgeht, daß eine Wahl nur im Zweifel also nur, wenn insoweit keine abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen getroffen sind - nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts durchgeführt werden soll. Verstärkt werden die vorangegangenen Überlegungen durch die ausführliche Erläuterung in der Regierungsbegründung in bezug auf das zweite Beispiel einer Bestellung in anderer Weise. Eine statutarische Bestimmung, daß sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt sein sollen, sollte auf kein Fall dazu führen, daß die später in die Gesellschaft eintretenden Gesellschafter automatisch auch das Geschäftsführeramt inne haben sollten (vgl. die deswegen in das Gesetz aufgenommene Bestimmung des § 6 Abs. 4 GmbHG). Neu eintretende Gesellschafter müssen sich daher einer Wahl unterziehen; ohne einen entsprechenden Bestellungsbeschluß erhalten sie nicht das Amt der Geschäftsleitung, es sei denn, es sind zu ihren Gunsten entsprechende statutarische Bestimmungen festgelegt. Umgekehrt gelten, wie es sich aus der einschränkenden Auslegungsvorschrift des § 6 Abs. 4 GmbHG ergibt, die der Gesellschaft angehörigen Personen als die bestellten Geschäftsführer. Der zu Gesetz gewordene Begriff des „gelten" erhebt den Anspruch auf eine unbedingte Regelung: Derjenige Gesellschafter, der der Gesellschaft zum betreffenden Zeitpunkt angehört, ist ohne Wenn und Aber Geschäftsführer. Wird jedoch eine solche Bestimmung in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen, so deutet dies keineswegs auf eine vorangegangene Wahl hin. Ein Bestellungsbeschluß aufgrund einer Abstimmung liegt hier fern. Denn die Gesellschafter „gelten" als die bestellten Geschäftsführer. Auch durch den angenommenen Änderungsvorschlag der 25. Kommission wird diese Trennung der beiden Arten der Bestellung deutlich unterstrichen. Durch die Aufnahme der „entweder - oder"- Gestaltung in § 6 Abs. 2 GmbHG a.F. zeigt sich die klare gesetzliche Vorstellung der beiden verschiedenen Wege der Bestellung. Entweder es erfolgt ein Bestellungsbeschluß aufgrund einer Wahl, oder die Bestellung wird in anderer Weise vorgenommen. Hinzu kommt, daß nach der Begründung des Entwurfs die Möglichkeit einer Wahl des Geschäftsführers durch die Gesellschafter auch vor Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ausdrücklich erörtert und befürwortet worden war. Gerade deshalb kam es ja zu der Regelung, daß die Bestellung auch nach Maßgabe der 3 Müller

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Bestimmungen des dritten Abschnitts, also mittels Gesellschafterbeschluß, erfolgen könne. Auf der anderen Seite sollte auch ein anderer Weg, wie zum Beispiel die namentliche Benennung, den Gesellschaftern eröffnet sein. Der historische Gesetzgeber ging gerade davon aus, daß zwar auch im Errichtungsstadium der Gesellschaft im Zweifel die Bestellung aufgrund einer Wahl erfolgen könne. Die Regierungsbegründung spricht denn auch davon, daß in allen Entwicklungsstufen der Gesellschaft eine Wahl des Geschäftsführers zulässig ist. Hiervon scharf zu trennen war jedoch nach der Überzeugung der Gesetzesverfasser eine Bestellung in anderer Weise. Als ausdrückliches Beispiel wurde die namentliche Bezeichnung des Geschäftsführers genannt. Damit wurde klar zwischen einer Bestellung aufgrund einer Wahl und einer Bestellung in sonstiger Weise unterschieden. Der durch die 25. Kommission vorgeschlagene und angenommene Änderungsvorschlag bezweckte lediglich eine Klarstellung dieser Auffassung. Die statutarische Bestellung wird konsequenterweise von einer Bestellung aufgrund einer Wahl geschieden. f Die historische Auslegung zeigt, daß die Bestellung infolge eines Wahlvorganges nicht mit einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag gleichgesetzt werden kann. Vielmehr ist es den Gründungsgesellschaftern freigestellt, sich vorab auf eine bestimmte Person als Geschäftsführer zu einigen. Diese Einigung erfolgt gerade nicht in einem formalisierten Wahlverfahren sondern kraft der den Gesellschaftern eingeräumten Vertragsfreiheit auf eine andere Art und Weise, nämlich durch namentliche Aufnahme des betreffenden Geschäftsführers in den Gesellschaftsvertrag und zwar, was entscheidend ist, nicht in einer Wahl. Auch in der Sache vermag es nicht zu überzeugen, wenn die statutarische Bestellung als Bestellungsbeschluß charakterisiert wird 5 3 . Der Beschluß als mehrseitiges Rechtsgeschäft ist das rechtstechnische Mittel, durch Abstimmung über einen bestimmten Antrag den organschaftlichen Willen der Gesellschaft zu bilden. Eine vertragliche Einigung ist hierin grundsätzlich nicht zu sehen, weil die ihm zugrundeliegenden Stimmabgaben nicht auf Konsensbildung durch korrespondierende Willenserklärungen gerichtet sind und im allgemeinen auch die Mehrheitsentscheidung bindet. Naturgemäß kann dies für den einzelnen Stimmberechtigten zur Folge haben, daß seine Stimme aufgrund der gegebenen Mehrheitsverhältnisse die auch für ihn verbindliche Entscheidung nicht trägt, eben weil er überstimmt worden ist. Sein Einzelwille gerät in Widerspruch zu dem Willen des Kollektivorgans. Gleichwohl ist die so getroffene Entscheidung grundsätzlich gültig; der Unterlegene ist auch an sie gebunden54.

53 Hachenburg/Ulmer, Rn. 17 zu § 6 GmbHG; Hachenburg/Hüffer, Rn. 40 zu § 46 GmbHG; beide ohne nähere Begründung. 54 Vgl. hierzu eingehend oben.

2. Der interne Akt der Bestimmung des Geschäftsführers

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Führt man sich hingegen die Situation bei der Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag vor Augen, so fordert schon die Unterzeichnung des Vertrages gem. § 2 Abs. 1 GmbHG Einigkeit der Gründer vor dem Abschluß des Vertrages. Diese Vertragssituation mit dem faktischen Zwang zur Einigung läßt sich kaum mit einer Abstimmung in einem Beschlußverfahren vergleichen. Die Vertragssituation erfordert Einigkeit in allen Punkten, auch wenn bei den Vertragsverhandlungen ein gegenseitiges Nachgeben der Gründungsgesellschafter erforderlich gewesen sein mag. Bei der Vertragsunterzeichnung wird die Einigung auch bezüglich der Person des Geschäftsführers besiegelt, da man unterstellen kann, daß diese Frage eine maßgebliche Rolle bei den Vertragsverhandlungen gespielt hat. Mit einer Wahl kann dies nicht verglichen werden, da bei einer statutarischen Bestellung eine Nichteinigung bezüglich der Person des Geschäftsführers den notariellen Vertragsabschluß zur Gründung der GmbH im ganzen gefährden würde. Ist hingegen ein Gesellschafter bei einer Wahl des Geschäftsführers überstimmt worden, kann dies keinesfalls den Bestand des GmbH-Vertrages in Frage stellen. Gerade in der für eine Gesellschaft wesentlichen Frage der Geschäftsleitung müssen die in der Gesellschaft vorhandenen Interessen zusammengeführt werden. Die mitunter gegenläufigen Interessen fokussieren sich in der Entscheidung für den einen oder den anderen Kandidaten. Bei einem Bestellungsbeschluß aufgrund einer vorangegangenen Wahl kommt dies im Abstimmungsverfahren mit dem bestimmten Antrag, den Betreffenden zum Geschäftsführer zu wählen, deutlich zur Geltung. Wird hingegen die Entscheidung dem Gesellschaftsvertrag zugewiesen, so stehen keine bestimmten Anträge zur Geschäftsführerbestimmung zur Debatte, die in einem dialektischen Auswahlverfahren kontradiktorisch im Sinne eines „Für" oder „Wider" abgehandelt werden. Vielmehr liegt dem eine Einigung der Gesellschafter auf eine bestimmte Person als Geschäftsführer zugrunde. Einen „Unterlegenen", der mit seinem Vorschlag in bezug auf die Besetzung des Geschäftsführeramtes nicht durchgedrungen ist, gibt es in dem Sinne nicht. Denn dieser Gesellschafter hat es in der Hand, den Vertrag nicht zu zeichnen und so dem Vorschlag der Mehrheit zu widersprechen. Bei einem Bestellungsverfahren im Rahmen einer Wahl ist dies für den einzelnen Gesellschafter jedoch nicht gangbar, denn er ist an die Mehrheitsentscheidung aufgrund des Beschlußverfahrens gebunden55. Nur dies entspricht der Funktion und dem Verfahren der Bildung des organschaftlichen Willens beim Bestellungsbeschluß aufgrund einer Wahl.

55 Selbst wenn aufgrund eines Stimmbindungsvertrages ein Kandidat gewählt werden soll, ist ein entgegen der Stimmbindungsverpflichtung getroffener Beschluß wirksam; vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 79 zu § 47 GmbHG.

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§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

Erfordern schon der Sinn und Zweck des Beschlußverfahrens, in der statutarischen Bestellung kein Wahlverfahren zu erkennen, so sprechen auch dogmatische Bedenken gegen diese Konstruktion. Man könnte zwar daran denken, daß die statutarische Bestellung sich als einen dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages vorweggenommenen Bestellungsbeschluß, nämlich beurkundet im Gesellschaftsvertrag, qualifiziert. Dies wäre jedoch rechtlich unzutreffend. Denn ein für die GmbH bindender Beschluß kann erst mit Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages gefaßt werden, da erst dann die sogenannte Vor-GmbH als notwendige Vorstufe zur juristischen Person entsteht56. Auf diese Vor-GmbH sind bereits die Regeln des GmbHG insoweit anwendbar, als es mit ihrem besonderen Zweck vereinbar ist, mit Ausnahme derjenigen Vorschriften jedoch, die die Rechtsfähigkeit voraussetzen57. Vor Abschluß des GmbH-Vertrages können demnach die GmbHRegeln noch keine Anwendung finden. Die Vorgründungsgesellschaft und die Vor-GmbH sind nach allgemeiner Meinung 58 nicht identisch. Denn die Vorgründungsgesellschaft wird aufgelöst ohne Liquidation durch Zweckerreichung (vgl. § 726 BGB) 5 9 . Es gibt keine Kontinuität zwischen der Vorgründungsgesellschaft und der Vor-GmbH 60 . Damit kann ein allenfalls für die Vorgründungsgesellschaft verbindlicher Beschluß für die Vor-GmbH keine Geltung beanspruchen. Mithin wäre ein Bestellungsbeschluß, der für die GmbH wirken soll, rechtlich nicht möglich. Aber auch eine Vereinbarung der Gesellschafter, daß der vorher gefaßte Beschluß auch für die Vor-GmbH Geltung beanspruchen soll, erscheint zwar konstruktiv möglich, ist jedoch erheblichen dogmatischen Bedenken ausgesetzt. Denn dogmatisch ist der vorher gefaßte „Gesellschafterbeschluß" mangels Vorliegen einer körperschaftlich strukturierten Gesellschaft noch nicht existent. Dann bleibt aber unklar, wie eine Übertragung eines rechtlich noch nicht existenten „Gesellschafterbeschlusses" nach Eintritt der GmbH als VorGmbH ins Rechtsleben sich vollziehen soll. Denn der Beschluß als rechtstechnisches Mittel zur Bildung des innerverbandlichen Willens setzt denknotwendig den Verband voraus. Dieser körperschaftliche Akt geht jedoch vor Errichtung der GmbH ins Leere. Er ist damit nicht einmal im Ansatz vorhanden. Denn ob die GmbH errichtet wird, ist zum Zeitpunkt des „Gesellschafterbeschlusses" in der Schwebe. Eine Hilfskonstruktion eines etwa bedingten Be-

56 Allgemeine Meinung, vgl. Hachenburg/Ulmer, Rn. 73 zu § 11 GmbHG; BGHZ80, 129, 132. 57 BGHZ 80, 212, 214 f = GmbHR 1982, 67, 68; Lutter-Hommelhoff, Rn. 2 zu § 11 GmbHG. 58 Vgl. Scholz/Schmidt, Rn. 20 zu § 11 GmbHG m.w.N.; BGHZ 91, 148, 151. 59 Scholz/Schmidt, Rn. 19 zu § 11 GmbHG. 60 BGHZ 91, 148, 151.

2. Der interne Akt der Bestimmung des Geschäftsführers

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schlusses für den Fall der Errichtung der Gesellschaft erscheint juristisch zu artifiziell, als daß damit der fehlgegangene „Gesellschafterbeschluß" gehalten werden könnte. Somit bleibt zunächst festzuhalten, daß der „Gesellschafterbeschluß" keine körperschaftlichen Wirkungen zu entfalten vermag. Zwar könnte man daran denken, hierin konkludent schuldrechtliche Verpflichtungen zur Bestellung eines Geschäftsführers zu sehen. Jedoch kann dies insoweit nicht weiterführen, da hier allenfalls eine Verpflichtung hergeleitet werden könnte, einen neuen Beschluß zu fassen. Mithin bleibt lediglich die Möglichkeit, die statutarische Bestellung als einen im Augenblick der Errichtung der GmbH gleichfalls gefaßten Beschluß der Gesellschafter anzusehen. Hiergegen hat sich jedoch schon das Reichsgericht in seinem grundlegenden Urteil gewandt 61 . Dort wird klargestellt, daß die Quelle der Entstehung der Befugnis zur Geschäftsführung sich auf einen Beschluß der Gesellschafter, sich aber auch unmittelbar auf den Gesellschaftsvertrag gründen kann. Jedoch hat es in seinem Urteil hieraus keine unterschiedlichen Rechtsfolgen abgeleitet. In diesem Zusammenhang geht es aber nicht um daraus zu ziehende Folgen sondern um das Grundverständnis einer statutarischen Bestellung, die eben nicht auf einem Beschluß fußt. Gegen den Beschlußcharakter einer im Gesellschaftsvertrag mitbeurkundeten 62 Bestellung spricht im übrigen die in der Praxis bestehende Möglichkeit, die notarielle Urkunde über die Gründung einer GmbH gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 BeurkG in ein Gründungsprotokoll und in eine als Anlage dem Gründungsprotokoll beigefügte und festgestellte Satzung aufzuteilen 63. Im Gründungsprotokoll kann dann gleichzeitig mit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages der Bestellungsbeschluß festgehalten werden. Von einer Bestellung in der Satzung kann dann abgesehen werden. Im Gründungsprotokoll kann die Einberufung einer Gesellschafterversammlung, die Wahl des ersten Geschäftsführers und die Bestellung desselben festgehalten werden. In der als Anlage zum Gründungsprotokoll festgestellten Satzung wird die Bestellung nicht mehr wiederholt. Durch dieses von der Rechtsordnung im Wege der vorsorgenden Rechtspflege entwickelte Verfahren besteht die Möglichkeit, einen Bestellungsbeschluß im Gründungsprotokoll niederzulegen, ohne daß die Bestellung in die Satzung aufzunehmen ist. Soweit hingegen von dieser durch das Beurkundungsgesetz eröffneten Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht wird, kann von einem Bestellungsbeschluß der Gesellschafter nicht ausgegangen werden. Denn die Beteiligten ha-

61

RGZ 44, 95, 98. So Hachenburg/Ulmer, Rn. 17 zu § 6 GmbHG. 63 Vgl. zum Beispiel Haidenhain/Meister in Münchener Vertragshandbuch auf S. 319. 62

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§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

ben es in der Hand, die eine oder die andere Art der notariellen Vorgehensweise zu wählen. Insbesondere den Notar treffen hier Aufklärungs- und Beratungspflichten gemäß § HBeurkG 6 4 . Ist jedoch eine statutarische Bestellung erfolgt, so spricht dies deutlich dafür, daß die Beteiligten eben keinen Bestellungsbeschluß aufgrund einer vorangegangenen Wahl vollzogen haben.

dd) Ergebnis Einer Geschäftsführerbestellung im Gesellschaftsvertrag liegt daher grundsätzlich kein Bestellungsbeschluß der Gesellschafter zugrunde. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn in der Bestellung im Gesellschaftsvertrag klar und deutlich der Wille und die Vorstellung der Gesellschafter zum Ausdruck, daß der statutarischen Bestellung ein Beschluß im Sinne einer Abstimmung zugrundezulegen ist. In diesem Falle vermittelt die Vorstellung einer Abstimmung und einer etwaigen Mehrheitsentscheidung die Legitimationsbasis dafür, die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als einen anläßlich der Satzungsbeurkundung gefaßten Beschluß der Gründer anzuerkennen. Wird jedoch der Abstimmungscharakter dieses Rechtsvorganges nicht deutlich, so ist in diesen Fällen ein Bestellungsbeschluß zu verneinen. Denn ohne vorherige Einigung über die Person des Geschäftsführers wird in den wenigsten Fällen der Gesellschaftsvertrag zustande kommen. Dies wird man insbesondere bei personalistisch strukturierten Gesellschaften annehmen dürfen, da hier regelmäßig die Gesellschafter auch das Geschäftsführeramt inne haben. Die Absprache unter den Gesellschaftern über dieses Amt stellt sich von vornherein als ein wesentlicher Punkt für den Gesellschaftsvertrag dar, der einer Abstimmung und einer daran anknüpfenden Mehrheitsentscheidung entzogen ist. Dem Reichsgericht 65 ist daher insofern zuzustimmen, daß sich die Bestellung im Gesellschaftsvertrag von einer Bestellung aufgrund eines Bestellungsbeschlusses seiner Art nach unterscheidet. Die Bestellung des Geschäftsführers gründet sich daher unmittelbar auf den Gesellschaftsvertrag. Ein Beschluß ist hierin grundsätzlich nicht zu sehen. Damit ist festzuhalten, daß jene Bestellung eine - zumindest tatsächliche - Einigung sämtlicher Gründungsgesellschafter über die Person des Geschäftsführers erfordert.

64 Vgl. Haidenhain/Meister, a.a.O., mit dem Hinweis, aus Gründen der vorsorglichen Streitvermeidung die Bestellung möglichst in das Gründungsprotokoll und nicht in die anbei festgestellte Satzung aufzunehmen. 65 RGZ 44, 95 ff.

3. Die Bestellungserklärung

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3. Die Bestellungserklärung a) Die Bestellung als formeller

Satzungsbestandteil

„Wer zum Geschäftsführer bestimmt ist, ist noch nicht zum Geschäftsführer bestellt 66 ." Man wird dem insoweit vorbehaltlos zustimmen können, als der Geschäftsführer nach Maßgabe der Vorschriften des dritten Abschnitts des GmbH-Gesetzes, also gemäß den §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG, im Wege einer Wahl in einem Beschlußverfahren bestimmt ist. Denn zum Bestellungsbeschluß des zuständigen Verbandsorgans ist noch die Ausführungshandlung, nämlich die Bestellungserklärung, erforderlich 67. Ohne diese Vollzugshandlung ist nach ganz überwiegend vertretener Meinung der Bestellungsvorgang seitens der Gesellschaft noch nicht vollendet 68 . Wird die Bestellung gemäß den Vorschriften der §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG, also aufgrund eines Bestellungsbeschlusses, vorgenommen, so fordert diese Ansicht eine Bestellungserklärung als Ausführungsgeschäft des Beschlusses69. Dem ist zuzustimmen, da ein Gesellschafterbeschluß zunächst eine reine Innenwirkung entfaltet, als er die Gesellschafter bindet, den Gewählten in Ausführung des Bestellungsbeschlusses zum Geschäftsführer zu bestellen70. Für den Gewählten ergeben sich daraus grundsätzlich noch keine Rechtspositionen, denn erst mit der Bestellungserklärung wird der Beschluß dem Betreffenden und dem Rechtsverkehr in für die GmbH bindender Weise nach außen zur

66

280. 67

So Scholz/Schmidt, Rn. 80 zu § 46 GmbHG; vgl. auch BGH GmbHR 1973, 279,

Nachweise sogleich unten in Fußnote 69. Auch im Falle eines Sonderrechts eines Gesellschafters zur Bestimmung des Nachfolgers kann bei entsprechender Satzungsgestaltung noch ein zusätzlicher Bestellungsakt hinzukommen, vgl. BGH WM 1973, 1295, 1296, freilich in einem besonders gelagerten Fall. 69 Hachenburg/Hüffer, Rn. 41, 42 zu § 46 GmbHG; Scholz/Schneider, Rn. 36 zu § 6 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 55 zu § 35 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 5 vor § 35 GmbHG; Baums, Der Geschäftsleitervertrag auf S. 106; Plander, Zur Bestellung der Geschäftsführer einer mehrgliedrigen GmbH, GmbHR 1968, 197, 202 ff.; ders., Die Vertretung der nicht aufsichtsratspflichtigen GmbH bei Begründung, Änderung und Beendigung von Organstellung und Anstellungsverhältnis der Geschäftsführer, ZHR 133 (1970), S. 327, 335. Die ältere Literatur (umfangreiche Nachweise bei Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung auf S. 470, dort Fn. 22) unterschied hierbei nicht so scharf zwischen dem Organverhältnis und dem Anstellungsvertrag; vgl. Brodmannn, Anm. 6a zu § 46 GmbHG, der jedoch ebenfalls zwischen der Entschließung der Gesellschafter über die Bestellung als solche in Form eines Beschlusses und der sich daran anschließenden Willenserklärung zur Begründung der Anstellung trennte, wobei uno actu die von den Gesellschaftern abzugebende Willenserklärung in dem Gesellschafterbeschluß enthalten sein konnte. Aus der Rechtsprechung vgl. RGZ 68, 381, 385 und RG LZ 1920, Sp. 799. 70 Hachenburg/Hüffer, Rn. 45 zu § 46 GmbHG; Roth, Anm. 4.1.zu § 6 GmbHG. 68

§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

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Geltung gebracht. Vor Abgabe der Bestellungserklärung ist dem Beschluß lediglich die Bedeutung eines Entschlusses als eines rein inneren Vorganges der Gesellschaft beizumessen, der ohne weiteres mittels eines gemäß den Vorschriften der § § 4 7 ff. GmbHG entsprechenden actus contrarius, also eines Aufhebungsbeschlusses, seiner ursprünglich für die Gesellschaft bestehenden Bindungswirkung wieder entkleidet werden kann 71 . Es ist daher zwischen dem Akt der körperschaftlichen Willensbildung, dem Bestellungsbeschluß, und der gegenüber dem Gewählten abzugebenden Bestellungserklärung, dem körperschaftlichen Vollzugsakt als Ausfuhrungshandlung der vorangegangenen Willensbildung des zuständigen Bestellungsorgans, zu unterscheiden 72. Die Berechtigung dieser Differenzierung, wonach die Bestellungserklärung für das Außenverhältnis konstituierende Wirkung entfaltet, hat Plander 73 dargelegt: Zum einen erfordern es die Belange der Rechtssicherheit, daß der bei der Beschlußfassung nicht anwesende Gewählte genau wissen muß, ob der Bestellungsbeschluß schon gefaßt ist und ob er daher schon Anlaß hat, die Annahme der Wahl zu erklären. Zum anderen besteht ein anerkennenswertes Bedürfnis der Gesellschaft, den Bestellungsvorgang von ihrer Seite noch hinauszuschieben, da dies für die Gesellschaft mitunter vorteilhafter erscheinen mag. Die Gesellschaft bewahrt sich hierdurch ihre Bestellungsfreiheit, so daß sie mit dem einfachen und sicheren Gestaltungsmittel der Bestellungserklärung es in der Hand hat, ihrem internen Beschluß nach außen hin Wirksamkeit zu verleihen. Entgegen Lenze 74 ist die Rechtssicherheit als Begründung insofern stichhaltig, wenn man sich vergegenwärtigt, daß ein Gesellschafterbeschluß im Regelfall keiner Form bedarf, ja sogar rechtmäßig überall und jederzeit bei Einverständnis aller Gesellschafter getroffen werden kann 75 . Diese im GmbH-Recht im Gegensatz zum Aktienrecht 76 gegebene Möglichkeit eines relativ formfreien Beschluß Verfahrens erfordert im Hinblick auf die Begründung der Organstellung des Geschäftsführers eine klare und sichere Verlautbarung der Gesellschaft. Für den Rechtsverkehr muß eindeutig der Zeitpunkt der Begründung der bedeutenden Stellung des Geschäftsführers bestimmbar sein 77 .

71

RGZ 68, 381, 385 ff.; Hachenburg/Hüffer, Rn. 45 zu § 46 GmbHG. BGHZ 52, 316, 321. Vgl. auch die Regelung in § 83 Abs. 2 AktG, wonach der Vorstand verpflichtet ist, die von der Hauptversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeit beschlossenen Maßnahmen auszuführen. 73 A.a.O. (Fn. 69), GmbHR 1968, S.202 ff. 74 Amtsniederlegung durch das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, S. 77. 75 Vgl. §51 Abs. 3 GmbHG. 76 Gemäß § 130 AktG muß jeder Beschluß der Hauptversammlung durch eine über die Versammlung notariell aufgenommene Niederschrift beurkundet werden. 77 So zutreffend Plander, a.a.O. (Fn. 69), GmbHR 1968, S. 203. 72

3. Die Bestellungserklärung

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Auch das weitere Argument Planders der Bewahrung der Beschlußfreiheit der Gesellschafter ist überzeugend: Man stelle sich nur die Situation in einer größeren, aus einer Vielzahl von Gesellschaftern bestehenden GmbH vor, wenn die Verhandlungen über die Anstellungsbedingungen mit dem in Aussicht genommenen Kandidaten bis auf nebensächliche Fragen vorangebracht sind. Hier kann sich ein legitimes wirtschaftliches Bedürfnis schon nach einem Bestellungsbeschluß ergeben, ohne daß man ihn jedoch vor dem endgültigen Abschluß der Vertragsverhandlungen über die Anstellungsbedingungen vollziehen will. Gerade die noch nicht gegenüber dem Verhandlungspartner ausgesprochene Bestellung kann einen wirksamen Druck auf die Vertragsverhandlungen ausüben. Wäre eine Bestellung von Seiten der Gesellschaft schon durch den Bestellungsbeschluß vollendet, könnte man insoweit eher geneigt sein, die bis dahin nebensächlichen Klauseln dahingestellt sein zu lassen, was sich jedoch später - zum Beispiel bei einer streitigen Auseinandersetzung, wo erfahrungsgemäß jede noch so unbedeutend erscheinende Rechtsposition zur Interessenwahrung eingesetzt wird - als fatal erweisen könnte. Damit schließt sich insoweit der Argumentationskreis: Das Argument der Bestellungsfreiheit gewinnt auch für das der Rechtssicherheit Bedeutung, denn auch insoweit wird eine grundsätzlich zu befürwortende Rechtsklarheit geschaffen. Hinzu kommt noch folgendes: Bei Zugrundelegung dieser eben dargelegten Rechtsauffassung ergeben sich für den Betreffenden keine Rechtsbeeinträchtigungen. Denn der Bestellungsbeschluß ist für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft. Gebunden werden nur die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit, denn zur Beseitigung ihrer internen Bindung bedarf es eines neuen Gesellschafterbeschlusses. Hingegen ist der designierte Geschäftsführer grundsätzlich noch in seiner Entscheidung frei, ob er die ihm angebotene Stellung als Geschäftsführer annehmen will. Im übrigen sind in diesem fortgeschrittenen Verhandlungsstadium die Interessen des Geschäftsführers bei schuldhafter Verletzung der vorvertraglichen Pflichten durch das Rechtsinstitut der culpa in contrahendo hinrei78

chend geschützt .

b) Die Bestellung als materieller Satzungsbestandteil Nunmehr ist der Frage nachzugehen, ob bei einer Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag auch eine Bestellungserklärung als konstitutiver Akt hinzukommen muß, um den Bestellungsvorgang von Seiten der Gesellschaft zu vollenden. In der Literatur wird diese Frage nur am Rande ange-

78

Vgl. Palandt/Heinrichs, Rn. 65 ff., insbesondere Rn. 74.

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§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

schnitten79. Ausdrücklich verlangt lediglich Plander 80 hier eine Bestellungserklärung, ohne jedoch auf die Besonderheiten einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag einzugehen. Nach der hier vertretenen Auffassung 81 ist davon auszugehen, daß eine Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag nicht aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses ergeht, sondern Folge der vorangegangenen Einigung der Gesellschafter bei Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages ist. Formal betrachtet bedürfen nur die Beschlüsse der Ausführung, denen nicht ein self-executing-Charakter beizumessen ist. Bei einer gesellschaftsvertraglichen Bestimmung über die Bestellung des Geschäftsführers liegt jedoch schon kein Beschluß vor; demnach kommt auch keine Bestellungserklärung als Ausführungsgeschäft in Betracht. Im übrigen ist es für die Gesellschafter einer GmbH wohl kaum vorstellbar, daß zu einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag noch eine konstitutive Bestellungserklärung hinzukommen muß. Dies erscheint juristisch als zu gekünstelt. Auch die oben angeführten Argumente für eine Bestellungserklärung nach einem Beschlußverfahren vermögen hier keine Durchschlagskraft zu entfalten. Das Erfordernis der Rechtssicherheit kann hier keine Geltung beanspruchen, da aus dem Wortlaut der notariellen Urkunde eindeutig hervorgeht, daß der Betreffende zum Geschäftsführer bestellt worden ist. Spätestens mit der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister wird die Satzung auch für den Rechtsverkehr allgemein kundgetan. Gemäß § 9 Abs. 1 HGB steht jedem ohne Nachweis eines berechtigten Interesses die Einsicht in die eingereichten Unterlagen frei, also auch in den Gesellschaftsvertrag. Darüber hinaus ist gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 GmbHG jede Änderung in der Person des Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Zweifel bezüglich einer Bestellung können daher insoweit nicht auftauchen. Des weiteren kann hier auch kein wirtschaftliches Bedürfnis für eine Hinauszögerung der Bestellung anerkannt werden. Wenn die Gesellschafter den Weg der statutarischen Bestellung wählen, kann davon ausgegangen werden, daß über die Person des designierten Geschäftsführers unter den Gesellschaftern keinerlei Zweifel mehr bestehen. Sofern Zweifel noch vorhanden sein sollten, können sie ja statt der Bestellung im Gesellschaftsvertrag später die Bestellung in einem Beschlußverfahren vornehmen. Aufgrund der für die Gesellschafter vorhandenen Wahlfreiheit können sie diesen Weg, nämlich den der Wahl eines Geschäftsführers, beschreiten. Ein Bestellungsbeschluß der Gesell-

79

Plander ZHR 133 (1970), S. 335; wohl auch Rowedder/Koppensteiner, Rn. 5 zu § 35 GmbHG. 80 ZHR 133 (1970), S. 335. 81 Vgl. oben § 2 2.

3. Die Bestellungserklärung

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schafter ist auch vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zulässig82. Ein wirtschaftliches Bedürfnis ist im übrigen auch deswegen nicht anzuerkennen, da mit der Verlautbarung der Bestellung im Gesellschaftsvertrag sich der Rechtsverkehr auf den bestimmten Geschäftsführer einstellen kann. Denn gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG kommt der Bestellung im Gesellschaftsvertrag Legitimationswirkung in bezug auf die Bestellung als Geschäftsführer zu 83 . Insoweit muß sich die Gesellschaft daran festhalten lassen. Gerade bei einer statutarischen Bestellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers würde der zusätzliche Akt einer Bestellungserklärung zu einer sinnentleerten Förmlichkeit führen. Haben sich die Gesellschafter bei Errichtung der Gesellschaft auf einen von ihnen als Geschäftsführer geeinigt und diese Einigung im Gesellschaftsvertrag dokumentiert, erscheint es unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Gesichtspunkte unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt, eine weitere Erklärung zu fordern. Dies entspricht auch der Interessenlage der beteiligten Gesellschafter, die sich hier im Zusammenwirken mit dem zukünftigen Geschäftsführer auf diesen Passus in der Satzung ihrer Gesellschaft verständigt haben, zumal die Annahme des Organamtes in einem solchen Falle in der Unterzeichnung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 GmbHG erkannt werden kann 84 . Bedenken gegen diese Auffassung können auch dann nicht hergeleitet werden, wenn die statutarische Bestellung einen Fremdgeschäftsführer betrifft. Denn die Belange der Rechtssicherheit bedingen ebenfalls einen Verzicht auf eine konstitutive Bestellungserklärung, zumal die Legitimationswirkung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG dem Fremdgeschäftsführer in gleicher Weise wie dem Gesellschafter-Geschäftsführer zuteil wird. Ebensowenig ist aus den oben erörterten Erwägungen ein wirtschaftliches Bedürfnis für diese Konstruktion anzuerkennen, insbesondere angesichts des Umstandes, daß in einem solchen Falle die Gesellschafter gerade gegenüber einem Dritten einen Vertrauenstatbestand durch die namentliche Aufnahme des Geschäftsführers geschaffen haben. Zwar muß die Bestellung im Gesellschaftsvertrag dem Betreffenden zur Kenntnis gebracht werden, denn andernfalls wäre eine Annahme 85 nicht denkbar. Jedoch ist dies nur eine tatsächliche Bedingung der Annahme des Organamtes und keine rechtliche Voraussetzung.

82

BGHZ 80, 212, 214 ff Scholz/Winter, Rn. 6 zu § 8 GmbHG. 84 Lutter-Hommelhoff, Rn. 27 zu § 6 GmbHG; Hueck in Baumbach/Hueck, Rn. 14 zu § 6 GmbHG. 85 Zum Erfordernis der Annahme vgl. sogleich unten § 2 4. 83

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§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

Im übrigen erscheint das Erfordernis einer konstitutiven Bestellungserklärung auch insoweit bedenklich, als nicht juristisch vorgebildete Gesellschafter davon kaum ausgehen werden. Wenn man jedoch darauf bestehen will, muß man wohl den Gesellschaftern die Erklärung unterstellen, um nicht zu einem wegen Mangels der Bestellungserklärung fehlerhaften Organverhältnis zu gelangen. Dies wäre jedoch eine bloße Fiktion, um das Dogma der Notwendigkeit einer Bestellungserklärung aufrechtzuerhalten. Gerade unter dogmatischen Gesichtspunkten ist es konsequent, insoweit auf eine konstitutive Bestellungserklärung zu verzichten. Denn hierin zeigt sich wiederum der qualitative Unterschied zwischen einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag und einer Bestellung aufgrund einer Wahl. Die statutarische Bestellung gründet sich unmittelbar auf den Gesellschaftsvertrag. Mit der Bestellung im Gesellschaftsvertrag hat die Gesellschaft alle notwendigen Rechtshandlungen vorgenommen, die von ihrer Seite aus zur Begründung der Organstellung erforderlich sind. Zwar ließe sich dogmatisch vertreten, daß in der statutarischen Bestellung die Bestellungserklärung mitenthalten ist. Jedoch liegt es im Wesen einer auf der Grundlage einer Wahl erfolgten Bestellungserklärung, daß sie sich als eine Ausführungshandlung des internen gesellschaftlichen Willensbildungsprozesses darstellt. Hingegen liegt in der statutarischen Bestellung kein bloßer interner Willensbildungsprozeß der Gesellschafter vor sondern die Einigung der Gesellschafter auf die Person des Geschäftsführers, die durch die Unterschriften gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 GmbHG festgehalten und damit nach außen hin in dem Gesellschaftsvertrag dokumentiert worden ist. Einer etwaigen Ausführungshandlung bedarf es daher unter dogmatischen Erwägungen nicht.

c) Ergebnis Somit zeigt sich auch beim Problemkreis des Erfordernisses einer Bestellungserklärung wie auch zuvor bei der Bestimmung des Geschäftsführers die grundsätzlich andere Qualität der statutarischen Bestellung im Gegensatz zu einer Bestellung aufgrund eines Bestellungsbeschlusses. Eine Bestellungserklärung ist dann nämlich entbehrlich, wenn die Bestellung nicht auf einem Beschluß der Gesellschafter beruht, der lediglich dem formellen Teil der Satzung bei dessen Inkorporation zuzuweisen ist.

4. Die Mitwirkung des Betreffenden

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4. Die Mitwirkung des Betreffenden a) Die Bestellung als formeller

Satzungsbestandteil

Die heute allgemein vertretene Auffassung 86 verlangt für den wirksamen Abschluß des Bestellungsvorganges die Annahme des Organamtes durch den designierten Geschäftsführer. Der Wortlaut des GmbH-Gesetzes ist nicht eindeutig, da nur von der Bestellung im Gesellschaftsvertrag bzw. von der Bestimmung der Gesellschafter über die Bestellung die Rede ist (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 2 einerseits und § 46 Nr. 5 GmbHG andererseits). Sonstige konkrete Anhaltspunkte im Gesetz bezüglich des Erfordernisses einer Annahme fehlen. Begriffsjuristisch diese Frage auf den formalen Gesichtspunkt einer am Wortlaut haftenden Auslegung zu verengen, erscheint unergiebig. Denn ob die Annahme schon begrifflich unter den Terminus Bestellung fällt, ist aus dem Gesetzestext des GmbHG nicht zu erschließen. Es ist daher die aufgeworfene Frage nach Sinn und Zweck des Rechtsinstituts der Bestellung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten zu beantworten. Zwei Meinungen stehen sich im wesentlichen gegenüber: Feine 87 begründet seine Auffassung von der mangelnden Mitwirkungsbedürftigkeit des Betreffenden bei der Bestellung unter dem deutschrechtlichen Einfluß Otto von Gierkes. Die Bestellung des Geschäftsführers sei nämlich ein sozialrechtlicher Akt, durch den sich die Korporation ein Organ schafft und der Bestellte hierdurch seine Organpersönlichkeit erhält. Dieser Fall der Organschöpfung erfordere demnach keine Annahme, da die Bestellung integrierender Bestandteil der Körperschaftsbildung sei. Nach Ansicht Feines wird das Amt dem Geschäftsführer zugewiesen: Die Gesellschaft nimmt einen Verleihungsakt gegenüber dem Geschäftsführer vor, der keiner Annahme seinerseits bedürftig sei. Jedoch billigt Feine dem Geschäftsführer das Recht zu, das verliehene Amt abzulehnen88. Dogmatisch betrachtet hindert die Ablehnung aber nicht den einmal erreichten Rechtszustand, nämlich die Vollendung des Bestellungsvorganges. Konsequenterweise legt Feine dem bestellten Geschäftsführer aufgrund seiner ihm zugewiesenen Amtsstellung die Erfüllung der mehr öffentlich-rechtlich ausgestalteten Organpflichten, wie Buchführungs-, Bilanzierungs- und Anmeldungspflichten, auf. 86

Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 41 zu § 35 GmbHG; Hachenburg/Hüffer, Rn. 44 zu § 46 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 26 zu § 6 GmbHG; Scholz/Schneider, Rn. 36 zu § 6 GmbHG; Scholz/Schmidt, Rn. 79 zu § 46 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 13 zu § 6 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 55 zu § 35 GmbHG; Roth, Anm. 6.1. zu § 6 GmbHG; Hüffer, Rn. 3 zu § 84 AktG; Flume, Die juristische Person, § 10 I auf S. 344; Plander, a.a.O., GmbHR 1968, S. 201 ff. 87 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, S. 470 und 472. 88 A.a.O. auf S. 470.

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§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

Demgegenüber steht die heute einhellig vertretene Meinung 89 auf dem Standpunkt, daß die Bestellung nicht als Verleihung der Organposition begriffen werden darf sondern der Schwerpunkt der Betrachtung ist auf die Übernahme des Organamtes durch den designierten Geschäftsführer zu legen. Demgemäß wird eine Annahme durch den Betreffenden für erforderlich gehalten. Begründet wird diese Ansicht damit, daß das Organamt der Geschäftsführung mit einer Vielzahl von Verpflichtungen verbunden sei, die teils zwingender Natur seien, wie zum Beispiel die strafbewehrte Konkursantragspflicht gemäß § 64 GmbHG 90 . Auch wäre die den Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft treffende Organhaftung gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG ohne eine Bereiterklärung des Betreffenden schwer begründbar. Mit dem dem Privatrecht zugrundeliegenden Prinzip der Privatautonomie sei es unvereinbar, wenn eine nicht mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete Person durch einseitigen Akt für einen außenstehenden Dritten eine derartige Pflichtenstellung begründen könnte 91 . Denn hier würde der Sache nach ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter vorliegen. Hinter den beiden Auffassungen spiegeln sich grundsätzlich verschiedene Betrachtungsweisen bezüglich der Bestellung wider. Während die eine Meinung die Bestellung als eine Verleihung des Organamtes im Sinne eines innerkörperschaftlichen Vorganges sozialrechtlicher Art begreift, erkennt die andere Meinung zwar auch eine Art Zuweisung des Amtes an den Geschäftsführer an 92 , jedoch geht sie ohne Zustimmung des Betreffenden ins Leere. Denn das Organamt muß nach dieser Meinung von dem Geschäftsführer übernommen werden. Der Gedanke der Organschöpfung läßt sich auf die germanistische Genossenschaftstheorie zurückführen, die in der Schaffung eines Verbandes keinen Vertrag, sondern einen schöpferischen Gesamtakt sah93. Durch diese freie Willenstat 94 wird die Körperschaft als reale Gesamtperson gebildet, die nicht bloß rechtsfähig, sondern im Gegensatz zur damals herrschenden romanistischen Lehrmeinung auch willens- und handlungsfähig ist 95 . Das körperschaftliche Wollen und Handeln vollzieht sich durch verfassungsmäßige Aktionen ih89

Vgl. die oben in Fußnote 86 genannten Autoren; differenzierend Plander, a.a.O., GmbHR 1968, S. 201 ff. 90 Vgl. hierzu BGH WM 1976, 1246. 91 Plander, a.a.O., GmbHR 1968, S. 201. 92 Vgl. die Formulierung bei Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 41 zu § 35 GmbH, der die Bestellung als einseitigen, aber mitwirkungsbedürftigen körperschaftlichen Organisationsakt charakterisiert. 93 Vgl. von Gierke, Das Wesen der menschlichen Verbände, S. 31. 94 So von Gierke, a.a.O. 95 Vgl. von Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die Deutsche Rechtsprechung, S. 603 ff.

4. Die Mitwirkung des Betreffenden

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rer Organe 96. Schaffung und Einrichtung dieser Organe ist jedoch ein Satz des objektiven Rechts, der in Ausübung der Rechtsmacht des Verbandes erlassen wird 9 7 . Dem entspricht es dann auch, daß innerhalb der verfassungsmäßigen Einrichtung die Organstellung verliehen wird 98 . Inwieweit diesem Ansatz - die Schaffung einer eigenständigen Rechtsquelle eines körperschaftlichen Sozialrechts neben Gesetz und Rechtsgeschäft - zu folgen ist, kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht vertieft werden. Zutreffend weist Wiedemann 99 jedoch darauf hin, daß das Ziel der von Gierke vertretenen Genossenschaftstheorie, den Verbänden einen staatlich garantierten und weitgehend unkontrollierten Freiraum zu bereiten, mit der verfassungsrechtlichen Anerkennung der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG erreicht worden ist. Insoweit erscheint es unter rechtsdogmatischen Erwägungen durchaus überlegenswert, sich von dem inhaltlich sowieso nur schwer faßbaren Gebilde des Sozialrechts zu verabschieden 100 und die Bestellung als Rechtsgeschäft des Zivilrechts zu begreifen 101 . Der Gedanke der selbständigen Organschöpfung ist daher als überholt anzusehen. Hinzu kommt noch folgendes: Es erscheint zwar grundsätzlich richtig, die Bestellung als einen körperschaftlichen Organisationsakt zu erfassen. Jedoch ist deshalb der Schluß noch nicht zwingend, daß ein solcher körperschaftlicher Akt nicht auch der Mitwirkung eines Dritten bedarf, um sein endgültiges Ziel, die Entstehung der Organstellung, zu erreichen. Es sind daher die weiteren Argumente, die für oder gegen eine Mitwirkung des Betreffenden sprechen, zu untersuchen. Feine sieht eine gewisse Rechtsähnlichkeit der Bestellung mit der Bevollmächtigung 102 . Denn vergleichbar mit der Bevollmächtigung lege die Bestellung dem Geschäftsführer keine privatrechtlichen Pflichten auf, sondern verleihe ihm lediglich die Befugnis, als Organ nach Gesetz und Satzung zu handeln. 96

Vgl. von Gierke, a.a.O., S. 672. Vgl. von Gierke, a.a.O., S. 673. 98 Vgl. von Gierke, a.a.O., S. 674 und S. 678. 99 Gesellschaftsrecht, § 3 II 1 b aa auf S. 161. 100 Vgl. Hachenburg/Hüffer, Rn. 3 zu § 47 GmbHG mit der Bemerkung, daß die Vorstellung eines dritten organisationsrechtlichen Weges neben dem rechtsgeschäftlichen und dem gesetzlichen der Vergangenheit angehört. 101 Eine Rückwanderung ins BGB ist denn auch unverkennbar . Vgl. Hadding, Korporationsrechtliche oder rechtsgeschäftliche Grundlagen des Vereinsrechts, S. 166, insbesonere S. 188 ff; eingehend zur Rechtsnatur der Bestellung Lenze, Amtsniederlegung durch das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, S. 77 ff.; ebenso Hachenburg/Hüffer, a.a.O.; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 38 ff Auch der Bundesgerichtshof spricht in BGHZ 52, 316, 321 aus, daß der Bestellungserklärung rechtsgeschäftlicher Charakter zukomme. 102 Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, S. 470. 97

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§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

Lediglich die öffentlich-rechtlichen Pflichten träfen den Geschäftsführer als Organpflichten 103 . Der Hinweis auf die Ähnlichkeit mit einer Bevollmächtigung im Sinne des § 167 BGB vermag nicht zu überzeugen: Zwar ist zu einer Bevollmächtigung eines Dritten dessen Zustimmung nicht notwendig, denn es steht ihm vorbehaltlich anderweitiger schuldrechtlicher Vereinbarungen frei, von der Vollmacht Gebrauch zu machen. Das Organamt ist jedoch mit einer Vielzahl gesetzlicher Pflichten verbunden: Der Buchführungspflicht des § 41 GmbHG, der Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses gemäß § 264 HGB, der Pflicht zur Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen der GmbH gemäß § 34 Abs. 1 AO in Verbindung mit den einschlägigen Steuergesetzen, der Konkurs- und Vergleichsantragspflicht des § 64 Abs. 1 GmbHG etc. Dies verkennt auch Feine nicht. Entscheidend ist aber folgendes: Handlungspflichten sind mit einer Bevollmächtigung grundsätzlich nicht verbunden, denn diese ergeben sich aus dem der Vollmacht zugrundeliegenden Rechtsgeschäft 104. Nach Ansicht Feines folgen jedoch die gesetzlichen Handlungspflichten schon aus der Bestellung allein. Mit einer Bevollmächtigung ist aber dann eine Bestellung nicht mehr ohne weiteres vergleichbar. Denn das wesentliche Element, aus dem die Handlungspflicht ihre sachliche Berechtigung herleitet, nämlich die Zustimmung auf der Grundlage des abgeschlossenen Kausalverhältnisses, fehlt. Dem könnte man zwar entgegenhalten, daß die gesetzlichen Organhandlungspflichten auf den einschlägigen positiv-rechtlichen Normen beruhen und gerade deswegen nicht dispositiv und somit zustimmungsfrei seien. Jedoch stünde dies einer Übernahme des Amtes nicht im Wege. Denn die Zuweisung des Amtes ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sondern aus der körperschaftlichen Willensbildung und Willensausführung des zuständigen Bestellungsorganes. Des weiteren wird der Vergleich mit der Bevollmächtigung nicht mehr der geltenden Rechtslage gerecht. Denn die Bestellung beinhaltet nicht nur die Befugnis zur organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft sondern bedingt neben den oben aufgeführten gesetzlich geregelten Pflichten spezifische organschaftliche Rechte und Pflichten des Geschäftsführers, worunter insbesondere die Pflicht zur Geschäftsführung aufgrund der Organstellung zu rechnen ist 105 .

103

Die von Feine als privatrechtlich charakterisierten Pflichten ergeben sich aus dem vom Organverhältnis scharf zu unterscheidenden Anstellungsverhältnis, das sich als ein Rechtsgeschäft zwischen zwei Personen darstellt (a.a.O. auf S. 478 ff). 104 Vgl. Staudinger/Dilcher, Rn. 3 zu § 167 BGB. 105 Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 42, da der Bestellungsbeschluß nicht nur auf die Erteilung der Vertretungsmacht abziele, sondern auch auf die „Beauftragung" des Betreffenden mit der Geschäftsleitung. Hierbei bleibt anzumerken, daß Baums von seinem Standpunkt aus, daß Bestellung und Anstellung ein einheitliches Rechtsverhältnis bilden, dem Anstellungsvertrag nur eine die Bestellung ergänzende Funktion zuweist (a.a.O. auf S. 35, 36); demnach setzt Baums insoweit den Schwerpunkt seiner

4. Die Mitwirkung des Betreffenden

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Erfahren nun aber die positiv-rechtlich normierten Pflichten im Wege der Rechtsfortbildung eine Anreicherung insoweit, als weitere allein auf der Organstellung beruhende Pflichten geschaffen werden, so bedarf diese umfängliche Pflichtenstellung der Absicherung durch einen Mitwirkungsakt des betreffenden Kandidaten. Dem kann auch nicht entgegnet werden, daß der Betreffende das ihm verliehene Amt ablehnen kann und so den ihn belastenden Rechtszustand zu beseitigen vermag. Denn die Ablehnung des Amtes könnte unwirksam sein - etwa wegen eines mangelnden Zuganges gemäß § 130 BGB und der Geschäftsführer ginge fälschlicherweise von der Beendigung seiner Organstellung aus. In einem solchen Falle würde der Organwalter gleichwohl in die volle Pflichtenstellung verstrickt sein, zumal sich an die Organstellung die verschiedensten Haftungslagen anknüpfen: Die Gründungshaftung des § 9 a Abs. 1 GmbHG, die Haftung nach § 31 Abs. 6 GmbHG wegen verbotswidriger Zahlungen aus dem Stammkapital, die Organhaftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, die Haftung bei Kapitalerhöhung gemäß § 57 Abs. 4 GmbHG, die Haftung wegen unterlassenem oder verzögertem Konkursantrag gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG, die Steuerhaftung gemäß § 69 AO und sonstige öffentlichrechtliche Haftungs Vorschriften. Angesichts der umfangreichen Pflichtenstellung und Haftungsrisiken des Geschäftsführers liegt eine Schutzbedürftigkeit des Betreffenden vor. Pflichten und Haftungslagen unterliegen durch Gesetz und Rechtsprechung einer ständigen Erweiterung 106, 1 0 7 . Diese Risiken müssen unter sachgerechter Abwägung der Chancen, die das Amt bietet, der eigenverantwortlichen Entscheidung des Bewerbers überlassen werden. Das Amt des Geschäftsführers wird daher überlassen, was eine Annahme bedingt. Die Vorstellung von der Verleihung des Organamtes gehört der Vergangenheit an, denn dem liegt die Auffassung eines privat Beliehenen mit einer quasi öffentlich-rechtlichen Zuweisungsmacht zugrunde. Der Gedanke der freien und eigenverantwortlichen Entscheidung des Betreffenden verdient den Vorzug vor der Entscheidungsautonomie der Gesellschaft. Das Organamt muß daher durch Annahme übernommen werden.

Betrachtung auf die mit der Bestellung verbundenen Rechtsfolgen. Deutlich hingegen Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 18 zu § 35 GmbHG. 106 Man denke nur an die im Umweltbereich zunehmenden Verpflichtungen; vgl. hierzu insbesondere zur strafrechtlichen Seite der Produkthaftung BGHSt 37, 106 ff. 107 Vgl. zur strafrechtlichen Seite der Geschäftsführerhaftung im Überblick, Schäfer, Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des GmbH-Geschäftsführers, GmbHR 1993, S. 717 ff. und S. 780 ff. 4 Müller

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§ 2 Die einzelnen Stufen der Bestellung

b) Die Bestellung als materieller Satzungsbestandteil Für den Bereich einer statutarischen Bestellung lassen sich keine Besonderheiten feststellen. Denn die Schutzbedürftigkeit des Geschäftsführers ist in dem einem wie dem anderen Falle gegeben. Ohne seine Zustimmung kann er nicht die verantwortungsvolle Position des Geschäftsführers mit ihren weiten Pflichten» und Haftungskreisen ausfüllen. Auch die Interessen der Gesellschaft können hier nicht sonderlich ins Gewicht fallen. Hat die Gesellschaft durch eine statutarische Bestellung den Rechtsschein der Übernahme des Organamtes durch den in Aussicht genommenen Kandidaten gesetzt, der designierte Geschäftsführer jedoch das ihm angetragene Organamt abgelehnt, so treffen die Rechtsfolgen dieses Handelns ausschließlich die Gesellschaft. Denn die Gesellschaft hat hier auf eigenes Risiko gehandelt. Ob der Betreffende das Organamt übernimmt, steht grundsätzlich in seinem Belieben. In der Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer liegt zwar kbnkludent die Annahme des Organamtes 108. Dies bedeutet jedoch keine sachliche Besonderheit einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag. Denn die Annahme ist grundsätzlich formfrei möglich 109 . Die Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages durch den GesellschafterGeschäftsführer dokumentiert in jedem Falle sein Einverständnis zur Übernahme der Organposition. Die notarielle Form ist hier insoweit unerheblich.

5. Ergebnis Die erste Annäherung an den Problemkreis der Bestimmung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag einer GmbH führte zur Betrachtung des Vorganges der Bestellung in den einzelnen Stufen. Dabei wurde festgestellt, daß die unterschiedlichen Arten der rechtsgeschäftlichen Bestellung entgegen einer weit verbreiteten Meinung auch rechtlich anders zu fassen sind. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Gestaltungsakt sich gründet unmittelbar auf den Gesellschaftsvertrag in Form einer Einigung aller Gesellschafter bei Errichtung der Gesellschaft. Ein Beschluß ist hierin nicht zu sehen, denn ein dialektisches Wahlverfahren bedingt und erfordert die statutarische Bestellung grundsätzlich nicht. Damit haben die Gesellschafter alles Erforderliche getan, um den Vorgang der Bestellung abzuschließen, denn einer Bestellungserklärung bedarf es nicht. Lediglich das Einverständnis als Mitwirkungsakt des Betreffenden findet seine Parallele im Recht der statutarischen Bestellung. 108 109

Statt aller Lutter-Hommelhoff, Rn. 27 zu § 6 GmbHG. Vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 6b zu § 35 GmbHG.

§ 3 Die statutarische Bestellungsklausel in Abgrenzung zur Bestimmungsklausel Die statutarische Bestellungsklausel zielt grundsätzlich darauf ab, dem Betreffenden die Organstellung eines Geschäftsführers mittels des körperschaftlichen Akts der Bestellung zukommen zu lassen. Dabei liegt der Fall einer statutarischen Bestellungsklausel dann eindeutig vor, wenn im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich von einer Bestellung des Geschäftsführers die Rede ist, d.h. es wird zum Beispiel die Bestimmung wie folgt gefaßt 110 : „Herr N.N. wird zum Geschäftsführer bestellt." Damit ist der körperschaftliche Bestellungsakt von Seiten der Gesellschaft abgeschlossen, so daß der Bewerber nur noch seine Annahme erklären muß, um den Bestellungsvorgang zu vollenden. Inwieweit jedoch in der namentlichen Bestimmung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag auch die statutarische Bestellung erkannt werden kann, kann mitunter zweifelhaft erscheinen, so daß ein Streit aufgrund erheblicher Auslegungsdifferenzen unter den Beteiligten nicht ausgeschlossen werden kann 111 . Die Satzungsklauseln können nämlich lediglich auf eine Benennung im Sinnes eines Bestimmens des Geschäftsführers abzielen, sie können aber auch die Bestellung schon unmittelbar vollziehen 112 . In jenem Falle ist der Geschäftsführer zwar schon durch die Benennung bestimmt, der körperschaftliche Akt der Bestellung steht jedoch noch aus. Hingegen hat in diesem Falle der Betreffende die Organposition der Geschäftsführung bereits aufgrund der Satzungsgestaltung inne 113 . Die verschiedenen Satzungsklauseln müssen daher unter Berücksichtigung des Wortlauts nach Sinn und Zweck ausgelegt werden, damit die statutarische Bestellungsklausel erkannt werden kann.

1. Begriffliche Ausgangslage Auszugehen ist zunächst vom Gesetzeswortlaut des GmbHG, der deutlich die Termini Bestimmung und Bestellung trennt. § 47 Abs. 1 GmbHG ermächtigt die Gesellschafter, die gesellschaftlichen Angelegenheiten durch Beschluß110

Wurm/Wagner/Zartmann, Das Rechtsformularbuch, Kap. 104, Muster 104 c, dort in §7 auf S. 1059. 111 Vgl. etwa BGH GmbHR 1973, 279 ff. 112 Vgl. dazu auch Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 14 zu § 46 GmbHG. 113 Vorbehaltlich seiner Annahme, vgl. oben § 2 4. 4«

52 § 3 Die statutarische Bestellungsklausel in Abgrenzung zur Bestimmungsklausel

fassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu bestimmen. Der den Gesellschaftern kraft Gesetzes zugewiesene Aufgabenkreis in § 46 GmbHG unterliegt der Bestimmung der Gesellschafter. Die Bestellung wird in den §§6 Abs. 3 Satz 2, 8 Abs. 1 Nr. 2, 38 Abs. 1, 46 Nr. 5 GmbHG, sowie in den §§66 Abs. 2 und 3, 67 Abs. 2, 68 Abs. 1 GmbHG angesprochen. Während unter Bestellung einmal der Vorgang des körperschaftlichen Aktes der Bestellung gemeint ist (zum Beispiel in § 6 Abs. 3 Satz 2 oder in § 46 Nr. 5 GmbHG), kann unter den Begriff auch an anderer Stelle die Organstellung als solche fallen (vgl. etwa § 38 Abs. 1 GmbHG). Unter Bestimmen versteht das Gesetz die organschaftliche Willensbildung der Gesellschaft mittels Gesellschafterbeschluß 114 . Ist ein Bestellungsbeschluß der Gesellschafter erfolgt, so liegt darin auch gleichzeitig ein Teilvorgang der Bestellung, nämlich der interne Akt der Bestimmung des Geschäftsführers 115. Insofern können sich die Begriffe decken. Wird daher im Gesellschaftsvertrag scharf zwischen der Bestimmung der Geschäftsführer und ihrer Bestellung unterschieden, so deutet dies auf einen bewußten Gebrauch der einschlägigen gesetzlichen Begriffe hin 1 1 6 . Insbesondere führt dann etwa eine namentliche Bestimmung des Geschäftsführers noch nicht zu seiner Bestellung. Zwar wird man in der namentlichen Bezeichnung des Betreffenden als Geschäftsführer auch seine Bestellung meistens sehen können, jedoch sind insbesondere bei Nachfolgeregelungen Gestaltungen denkbar, in denen der Nachfolger zwar schon namentlich aufgeführt ist, jedoch noch weitere Akte der Gesellschaft - wie zum Beispiel ein Gesellschafterbeschluß zwecks Feststellung der Nachfolgewürdigkeit - erforderlich sind. Gerade dann ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein besonderer Bestellungsbeschluß notwendig. Um nur die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag festzuhalten, konnte sich die Praxis früh auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts einstellen, die aus der Bestellung im Gesellschaftsvertrag keine besonderen Schlußfolgerungen im Hinblick auf eventuelle Einschränkungen des Grundsatzes der freien Widerruflichkeit zog 117 . Danach war es zulässig, den Geschäftsführer jederzeit mit einfacher Mehrheit ohne Vorliegen wichtiger Gründe von seinem Amt abzuberufen. Damit konnte man den Terminus „Bestellung" im Gesellschaftsvertrag unverfänglich benutzen 118 , ohne ein etwaiges Sonderrecht des Geschäftsführers möglicherweise zum Ausdruck zu bringen, wenngleich es trotzdem deswegen zu gerichtlichen Auseinandersetzungen immer wieder 114

Zöllner, Schranken auf S. 9 ff Siehe hierzu oben § 2 2. 1.6 Vgl. den Fall des BGH in WM 1973, 1295, 1296. 1.7 Vgl. oben § 2 2. und RGZ 44, 95 ff 1.8 So schon Goldmann/Heinik/Loewenfeld/Zander, Formularbuch für die freiwillige Gerichtsbarkeit, S. 207. 115

2. Problemlagen

53

kam 1 1 9 . Diese notarielle Verfahrensweise findet sich auch in den für die Rechtspraxis bestimmten Formularbüchern 120.

2. Problemlagen Es kann jedoch auch vorkommen, daß sich in einem Gesellschaftsvertrag Satzungsklauseln etwa folgender Art finden : „Herr N.N. ist Geschäftsführer", oder „Herr N.N. ist zur Geschäftsführung berechtigt", oder „Alleinige Geschäftsführer sind die Gesellschafter" 121. Die Zulässigkeit solcher Klauseln steht zweifelsohne fest, wie dies schon die Gesetzesformulierung des § 6 Abs. 4 GmbHG unter Beweis stellt. Denn insoweit gilt der Grundsatz der Gestaltungsfreiheit von GmbH-Verträgen 122 . Derartige oben angeführte Klauseln können eine bewußte Verwendung dann erfahren, wenn beabsichtigt ist, dem Geschäftsführer eine stärkere Stellung in 123 der Gesellschaft einzuräumen . Um den Grund und den Umfang der Rechtsposition des Geschäftsführers genau abstecken zu können, bedürfen solche geschäftsführerbestimmenden Klauseln freilich einer sorgfältigen Formulierung. Im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch zu fragen, ob hierin auch eine statutarische Bestellung gesehen werden kann. Dies kann zum Beispiel dann von Bedeutung sein, wenn der begünstigte Geschäftsführer sein Amt antreten will, es aber sogleich nach Abschluß des notariellen Vertrages zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten kommt. Dann ist es entscheidend, ob der Geschäftsführer schon bestellt ist und somit lediglich sein Amt annehmen kann und als Organwalter die Geschäfte der Gesellschaft zu führen berechtigt ist oder ob er das zuständige Bestellungsorgan veranlassen muß, seine Bestellung zu bewirken, gegebenenfalls unter Inanspruchnahme von gerichtlichem Rechtsschutz.

119

Vgl. RG JW 1919,313,314; BGHNJW 1960, 131. Heidenhain/Meister in Münchener Vertragshandbuch auf S. 319. 121 So etwa im Fall des RG in RGZ 44, 95, 96. 122 Vgl. statt aller Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 5 zu § 45 GmbHG. 123 So kann in derartigen Klauseln dem Betreffenden etwa ein Sonderrecht im Sinne des § 35 BGB in der Satzung zuerkannt worden sein. 120

54 § 3 Die statutarische Bestellungsklausel in Abgrenzung zur Bestimmungsklausel 3. Heranziehung des § 6 Abs. 4 GmbHG a) Grundsätzliche Bedeutung der Bestimmung In § 6 Abs. 4 GmbHG hat der Gesetzgeber für einen besonderen Fall eine Regelung getroffen: Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt sein sollen, so gelten nur die der Gesellschaft bei Festsetzung dieser Bestimmung angehörigen Personen als die bestellten Geschäftsführer. Mit dieser Norm wollte der historische Gesetzgeber der Konfliktsituation begegnen, die bei einem nach Festsetzung dieser Bestimmung erfolgten Gesellschafterwechsel eintreten kann. Denn es könnte leicht bei Eintritt neuerer Gesellschafter in die Gesellschaft ein Streit zwischen den Gesellschaftern über die bestellten Geschäftsführer entstehen. Denn der neu in die Gesellschaft eintretende Gesellschafter könnte ebenfalls ein Geschäftsführeramt auf der Grundlage dieser Satzungsregelung reklamieren. In diesem Falle hat man eine erläuternde Vorschrift für notwendig erachtet 124, daß nämlich bei Aufnahme einer Bestimmung, nach welcher sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt sein sollen, nur die im Zeitpunkt der Festsetzung dieser Klausel zum Verband gehörigen Mitglieder als die bestellten Geschäftsführer gelten. Werden demnach Geschäftsanteile neu herausgegeben oder übertragen, sind die neuen Gesellschafter grundsätzlich nicht ohne einen entsprechenden Bestellungsakt Geschäftsführer der Gesellschaft 125. Allgemein wird in der Kommentarliteratur zu § 6 Abs. 4 GmbHG die Auf126 fassung vertreten, daß es sich hier um eine Auslegungsregel handele . Dem kann nicht im ganzen zugestimmt werden. Schon der Wortlaut der Norm ordnet als Rechtsfolge an, daß bestimmte Gesellschafter als die bestellten Geschäftsführer gelten. Sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, sind die Gesellschafter als Geschäftsführer bestellt, ohne daß es darauf ankäme, ob faktisch ein Bestellungsakt ausgeführt worden ist. Dies entspricht auch dem Gesetzeszweck, Streit bei einem zukünftigen Gesellschafterwechsel über die Personen der bestellten Geschäftsführer zu vermeiden. Insoweit handelt es sich hier um keine Auslegungsregel, sondern um eine zwingende gesetzliche Vorschrift, die für eine Auslegung keinen Raum läßt. Als Auslegungsregel kann die Bestimmung nur insoweit angesehen werden, als bei einer derartigen Sat124 Stenographische Berichte des Reichstages, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, fünfter Anlagenband, Drucksache Nr. 660 auf S. 3735, rechte Spalte am Ende des ersten Abschnitts. 125 Scholz/Schneider, Rn. 35 zu § 6 GmbHG. 126 Vgl. Hachenburg/Ulmer, Rn. 24 zu § 6 GmbHG; Scholz/Schneider, Rn. 35 zu § 6 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 23 zu § 6 GmbHG; Rowedder/Rittner, Rn. 19 zu § 6 GmbHG; Meyer-Landrut in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, Rn. 20 zu § 6 GmbHG; Roth, Anm. 5.2. zu § 6 GmbHG.

3. Heranziehung des § 6 Abs. 4 GmbHG

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zungsgestaltung von den Gesellschaftern es als gewollt zu betrachten ist, daß nur die bei Festsetzung dieser Klausel der Gesellschaft angehörigen Verbandsmitglieder zum Geschäftsführeramt berufen sein sollen. Rechtsfolge ist, daß diejenigen Gesellschafter statutarisch zur Geschäftsführung bestellt sind, auch wenn tatsächlich ein Bestellungsakt fehlen sollte. Hat man dies erkannt, so knüpft das Gesetz daran die zwingende Rechtsfolge der vollzogenen Bestellung der gegenwärtigen Gesellschafter. Mit andern Worten stellt das Gesetz für die Frage, wer denn als Gesellschafter zugleich auch zum Geschäftsführeramt berufen ist, nur dahingehend eine Auslegungsregel bezüglich der Satzung auf, als es darum geht, auf welche natürliche Person die Satzungsbestimmung anzuwenden ist 127 . Bestätigt werden diese Überlegungen anhand der Gesetzesmaterialien. Die 25. Kommission hat in § 6 Abs.3 GmbHG a.F. (entspricht § 6 Abs. 4 GmbHG n.F.) dem Reichstag als Änderungsvorschlag unterbreitet, das Wörtchen „nur" vor „die der Gesellschaft vor Festsetzung..." einzufügen 128. Dies ist später denn auch Gesetz geworden. Aus der Gesetzesgeschichte ergibt sich, daß sich die Auslegungsregel nur auf die Frage beschränkt, welche namentlich bestimmte oder anderweitig bezeichnete Person als Geschäftsführer anzusehen ist. Die aufgezeigte Differenzierung ist den weiteren Überlegungen zugrundezulegen: § 6 Abs. 4 GmbHG ist nur in einem Teilbereich eine Auslegungsvorschrift, in seiner Rechtsfolge jedoch ordnet er die Bestellung kraft Gesetzes an. Dies bedeutet jedoch, daß die nähere Bezeichnung eines Gesellschafters samt seiner Befugnis zur Geschäftsführung zu seiner Bestellung führt. Genauer ausgedrückt, er ist schon bestellt, da die Gesellschaft alles Notwendige getan hat, den Betreffenden in das Amt des Geschäftsführers einzusetzen. Damit liegt ein Fall einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag vor, so daß sich die Bestellung unmittelbar auf den Gesellschaftsvertrag gründet 129 . Dies bedeutet jedoch auch, daß dieser Rechtsvorgang eher dem materiellen als dem formellen Bestandteil der Satzung zuzuweisen ist. Denn die Befugnis zur Ausübung des Amtes als Geschäftsführer, die in der Satzung verankert ist, ist deutlich dem echten Satzungsbestandteil zuzuordnen. Andernfalls wäre die Vorschrift nicht recht verständlich. Die besondere Vorschrift des § 6 Abs. 4 GmbHG wird nur dann in ihrer vollen Tragweite erfaßt, wenn in einer gesellschaftsvertraglichen namentlichen Bestimmung oder anderweitigen Bezeichnung des Gesellschafters auch seine Bestellung liegt. Denn 127

Vgl. auch Brodmann, Anm. 4 zu § 6 GmbHG. Vgl. Bericht der Reichstagskommission, Stenographische Berichte des Reichstages, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, sechster Anlagenband, Drucksache Nr. 744 aufS. 4015. 129 Vgl. oben § 2. 128

56 § 3 Die statutarische Bestellungsklausel in Abgrenzung zur Bestimmungsklausel

wer bestellt ist, ist für die Gesellschaft und den Rechtsverkehr von einer erheblichen Bedeutung. Das Gesetz hat hier eine klare Regelung bezüglich der Bestellung geschaffen. Eine andere Frage kann sein, inwieweit neu eintretenden Mitgliedern ein Recht auf die Geschäftsführung zusteht. Bei einem Streitfall kann dies gerichtlich geklärt werden. Bis zur Klärung steht aber die organschaftliche Vertretungsbefugnis der Gesellschaft fest: Die neuen Gesellschafter sind vorbehaltlich besonderer in die Satzung aufzunehmender Klauseln nicht als Geschäftsführer bestellt, auch wenn die Satzung den ursprünglichen Gesellschaftern die Berechtigung zur Geschäftsführung einräumte. Über den Bestand einer Bestellung sollte gerade nach dem Gesetzeszweck des § 6 Abs. 4 GmbHG ein möglicher Streit vermieden werden. Nur die ursprünglich bezeichneten Gesellschafter sind als Geschäftsführer bestellt.

b) Erweiternde

Anwendung der Bestimmung

aa) In bezug auf einzelne Gesellschafter Damit stellt sich die Frage, ob die besonders Gesetz gewordene Regelung des § 6 Abs. 4 GmbHG einer erweiternden Anwendung zugänglich ist. Gesetzeszweck der Vorschrift ist, wie dargelegt, Klarheit über den Bestand der jeweiligen Bestellung im Wege einer speziellen Auslegungsregel zu haben. Demzufolge legt die Rechtsfolge der Norm die Bestellung der bezeichneten Person zum Geschäftsführer fest. Zunächst kann es keinen Unterschied machen, ob alle Gesellschafter oder nur einige zur Geschäftsführung berechtigt sind. Im ersteren Falle ergibt sich die notwendige Individualisierung der Geschäftsführer aus der notwendigen gesellschaftsvertraglichen Klausel bezüglich des Betrages der von jedem Gesellschafter auf das Stammkapital zu leistenden Einlage gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG. Die Übernahme der Stammeinlage führt zur notwendigen Individualisierung eines jeden Gesellschafters als Geschäftsführer. Im zweiten Falle, in dem nur einige der Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt sind, muß die Individualisierung durch eine Bezeichnung erfolgen. Die namentliche Bezeichnung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag ist jedoch eine andere Art der Bestellung, nämlich eine Bestellung aufgrund des Gesellschaftsvertrages 130 . Die Gesetzesverfasser gingen nämlich davon aus, daß die Personen der Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag selbst bezeichnet werden können, und es sei auch nicht ausgeschlossen zu bestimmen, daß sämtliche Gesellschafter

130

Vgl. eingehend oben § 2.

3. Heranziehung des § 6 Abs. 4 GmbHG

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zur Geschäftsführung befugt sein sollen 131 . Dann ist in der Bezeichnung eines Geschäftsführers auch dessen Bestellung zu sehen. Gesetzlich bestätigt wird dies durch § 6 Abs. 4 GmbHG, der den allgemeinen Rechtsgedanken voraussetzt, daß in der namentlichen Bestimmung oder jeder anderweitigen Bezeichnung des Geschäftsführers zugleich dessen Bestellung im Gesellschaftsvertrag enthalten ist. Denn die Gesellschaft hat durch die Bezeichnung von ihrer Seite aus alles getan, die Bestellung zu vollenden. Die Bezeichnung der Person des Geschäftsführers wurde als Bestellungsakt zwar begriffen aber als nicht regelungsbedürftig angesehen. Denn mit einer - insbesondere namentlichen - Bezeichnung kann klar zum Ausdruck gebracht werden, daß die Bestellung im Gesellschaftsvertrag erfolgt ist. Eine Bestellung im Gesellschaftsvertrag liegt demzufolge vor. Es ist kein einleuchtender Grund ersichtlich, diese Rechtsfolge nur dann eintreten zu lassen, wenn der Gesellschaftsvertrag nur einige und nicht sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt. Denn in dem einen wie in dem anderen Falle besteht Klarheit über die Person des Geschäftsführers, so daß eine Vergleichbarkeit der Sachlage gegeben ist. Auch eine unbewußte Gesetzeslücke wird man annehmen können, da im Vordergrund der Betrachtung die vorsorgliche Streitvermeidung unter den Gesellschaftern stand. Die Verengung dieser Problematik auf den besonders gelagerten Fall, daß sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung statutarisch berufen sind, ist nicht sachgerecht. Der Schwerpunkt der Überlegungen bezog sich allem Anschein nach deswegen auf diesen besonderen Fall, weil die vom Gesetzgeber neu entwickelte Gesellschaftsform als Mittelstellung 132 zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Offenen Handelsgesellschaft für Personen bereitgestellt werden sollte, die unter Ausschluß ihrer persönlichen Haftung gemeinsam ein Unternehmen betreiben wollten 133 .

131

Vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, fünfter Anlagenband, Drucksache Nr. 660 auf Seite 3735, linke Spalte unten und rechte Spalte oben. 132 Vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, fünfter Anlagenband, Drucksache Nr. 660 auf Seite 3728. 133 Vgl. die Ausführungen des Abgeordneten Oechelhäuser bei der ersten Beratung des Reichstags über den Entwurf eines Gesetzes betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 24. März 1884: „Ich glaube vielmehr, daß der Zug, der unser ganzes modernes Erwerbsleben beherrscht - der Zug nämlich, der von der solidarischen Haftbarkeit der Offenen Handelsgesellschaft zur beschränkten Haftbarkeit hinführt -, uns noch einen bedeutenden Schritt weiter führen muß" (Stenographische Berichte des Deutschen Reichstags, 5. Legislaturperiode, IV. Session 1884, Band 1,S. 220 f.).

58 § 3 Die statutarische Bestellungsklausel in Abgrenzung zur Bestimmungsklausel

bb) In bezug auf Dritte Die Vorschrift des § 6 Abs. 4 GmbHG regelt unmittelbar nur den Fall, daß Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung berechtigt sind; Nichtgesellschafter werden nicht erwähnt. Vom dargelegten Gesetzeszweck ist dies verständlich, denn Streit unter den Gesellschaftern über die bestellten Geschäftsführer sollte ja im Falle eines späteren Gesellschafterwechsels verhindert werden. Jedoch müssen die oben angeführten Erwägungen auch im Falle eines Fremdgeschäftsführers Geltung beanspruchen. In beiden Fällen geht das Gesetz von der Möglichkeit einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag aus (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG); wenn aber die Bestimmung eines GesellschafterGeschäftsführers zu dessen Bestellung führt, muß dies auch bei einem Fremdgeschäftsführer die Konsequenz sein. Im übrigen wird damit auch der Bestellung im Gesellschaftsvertrag Rechnung getragen, welche gerade ein Wahlverfahren seitens der Gesellschafter grundsätzlich nicht erfordert 134 . Denn eine Bezeichnung des Geschäftsführers genügt für dessen Bestellung, da eine Einigung der Gesellschafter bezüglich der Person des Geschäftsführers in diesem Falle vorliegt.

4. Ergebnis Im Regelfalle ist daher in der Bezeichnung des Geschäftsführers auch seine Bestellung zu erkennen. Ausnahmsweise kann jedoch bei klarer Satzungsgestaltung anzunehmen sein, daß die Bestellung durch das zuständige Bestellungsorgan noch zu erfolgen hat. Dies wird dann maßgeblich in Betracht zu ziehen sein, wenn die Satzung detaillierte Voraussetzungen für die Erlangung des Organamtes aufstellt, wie zum Beispiel hinsichtlich der beruflichen Ausbildung oder des Alters. Dann muß erst das zuständige Organ entscheiden, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Als Ergebnis bleibt somit festzuhalten, daß im Regelfalle in der Bezeichnung der Person des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag auch seine Bestellung zu sehen ist.

134

Vgl. oben §21.

§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag - Das kleine Sonderrecht Oben wurden die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen der Bestellung hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Geschäftsführerbestellungsvorgang untersucht 135 ; es wurde dargelegt, daß einerseits in der Bestellung eine zumindest tatsächliche Einigung der Gesellschafter, die nicht in einem Wahlverfahren zustande gekommen ist, zu erkennen ist, und andererseits, daß in einer Benennung oder Bezeichnung des Betreffenden auch grundsätzlich die Bestellung zu sehen ist. Nunmehr ist der Frage des Geltungsgrundes von statutarischen Bestellungsklauseln nachzugehen. Fraglich ist hierbei, ob entgegen der überwiegend vertretenen Auffassung der Bestellung im Gesellschaftsvertrag eine etwaige Bestandskraft deshalb beigemessen werden kann, weil die Bestellung im Gesellschaftvertrag dem materiellen Bestandteil der Satzung zugeordnet werden muß. Dabei ist es zunächst erforderlich, auf die Bedeutung der Satzung und ihrer möglichen Bestandteile einzugehen.

1. Bedeutung und Bestandteile des Gesellschaftsvertrages Durch den in notarieller Form abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag wird die GmbH gemäß § 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 GmbHG errichtet 136 ; es entsteht die sogenannte Vor-GmbH, die sodann durch Eintragung in das Handelsregister als juristische Person ins Rechtsleben eintritt.

a) Bedeutung des Gesellschaftvertrages Dabei kommt dem Gesellschaftsvertrag eine doppelte Bedeutung 137 zu: Zum einen handelt es sich um einen zwischen den Gründern geschlossenen Vertrag 138 zwecks Errichtung einer GmbH, zum anderen wird darüber hinaus auch 135

Vgl. oben § 2 und § 3. Lutter-Hommelhoff sprechen statt „errichten" von „gründen" (vgl. Rn. 1 zu § 1 GmbHG); indes ist die terminologische Abweichung vom Gesetzeswortlaut nicht einzusehen, zumal in der notariellen Praxis durchweg von Errichtung die Rede ist. 137 Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 5 zu § 2 GmbHG; Hachenburg/Ulmer, Rn. 4 ff. zu § 2 GmbHG; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 I auf S. 68. 138 Bei einer Einmanngründung liegt lediglich eine Errichtungserklärung vor. 136

60

§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

zugleich die Verfassung der künftigen GmbH geschaffen. Insoweit kann man dort von einem rechtsgeschäftlichen 139 Handeln, hier von einem Rechtszustand sprechen 140. Der Bundesgerichtshof 141 hat in einer zum Vereinsrecht ergangenen Entscheidung sogar eine Wandlung der Rechtslage bezüglich der Satzung vom Vertrag zur körperschaftlichen Verfassung angenommen142. Der doppelten Funktion des Gesellschaftsvertrags wird man zustimmen können. Denn der Gesellschaftsvertrag entfaltet nicht nur Bindungswirkung für die am Vertragsabschluß beteiligten Gesellschafter, so daß der vertragliche Charakter des Gesellschaftsvertrags jedenfalls bei Errichtung der GmbH nicht in Abrede gestellt werden kann. Darüber hinaus legt er aber auch die Rechte und Pflichten aller späteren Anteilserwerber kraft ihrer künftigen Mitgliederstellung in der GmbH fest. Die Aufnahme späterer Gesellschafter vollzieht sich jedoch durch Abtretung der Geschäftsanteile mittels Abtretungsvertrages zwischen dem weichenden und dem neu eintretenden Gesellschafter; der neue Gesellschafter ist dann an die Satzung, also auch insbesondere an die bestehende Organisation der Gesellschaft, grundsätzlich gebunden. Da der Gesellschaftsvertrag sich insbesondere durch diese organisationsrechtlichen Elemente in bezug auf die Verfassung der Gesellschaft kennzeichnet, wird er als ein Vertrag besonderer Art eingestuft und zumeist als Organisationsvertrag 143 bezeichnet. Dadurch wird zu Recht der den Verband konstituierende Charakter des Gesellschaftsvertrages betont. Jedoch bleibt hiervon seine vertragliche Grundlage bei Errichtung des Verbandes unberührt. Die Bezeichnung als Organisationsvertrag soll denn der Sache nach dazu dienen, weniger den schuldvertraglichen Charakter der Satzung in Abrede zu stellen, als vornehmlich die Anwendung der Regelungen des gegenseitigen Vertrages gemäß den §§ 320-327 BGB auf den Gesellschaftsvertrag im Grundsatz auszuschließen144. Erkennt man dies, ist es zutreffend, wenn man den Gesellschafts-

139

Anders noch von Gierke, der hierin einen sozialrechtlichen Akt sah, der nicht individualrechtlich - also rechtsgeschäftlich - zu erklären sei; vgl. Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 133 ff. 140 Karsten Schmidt, a.a.O. 141 BGHZ47, 172, 179 ff. 142 Kritisch Hachenburg/Ulmer, Rn. 4 zu § 2 GmbHG, der bemerkt, daß die beiden Funktionen - wenn auch in unterschiedlicher Stärke - nebeneinander vom Vertragsschluß bis zur Liquidation der GmbH bestehen. 143 Hachenburg/Ulmer, Rn. 5 zu § 2 GmbHG; Hueck in Baumbach/Hueck, Rn. 5 zu § 2 GmbHG; Rowedder/Rittner, Rn. 2 zu § 2 GmbHG; Scholz/Emmerich, Rn. 7 zu § 2 GmbHG; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 i auf S. 69. 144 Scholz/Emmerich, Rn. 7 zu § 2 GmbHG; a.A. freilich Hammen, Zur Begründung von (organschaftlichen) Rechten Dritter im Gesellschaftsvertrag einer GmbH, WM 1994, S. 765 in Fußnote 7, der seinen Ausführungen eine rein rechtsgeschäftliche Betrachtungsweise der Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrages zugrunde legt.

1. Bedeutung und Bestandteile des Gesellschaftsvertrages

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vertrag als die Grundlage des Verbandes ansieht 145 . Er ist das Lebensgesetz der privatrechtlichen Personenvereinigung, mit der sie sich - in Anlehnung an § 25 BGB - verfaßt. Dabei kann es zu umfangreichen und komplizierten Vertragswerken kommen, in denen Organisation, Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten, Rechte und Pflichten der Beteiligten kautelarjuristisch genau ausformuliert werden. Zur formgültigen Errichtung einer GmbH ist jedoch lediglich die Einhaltung des Mindestinhalts des § 3 Abs. 1 GmbHG erforderlich, so daß Bestimmungen über Firma und Sitz der Gesellschaft, den Unternehmensgegenstand, den Betrag des Stammkapitals und die Stammeinlagen zu treffen sind. Alles übrige ergibt sich dann aus dem im GmbH-Gesetz normierten Regelungswerk. Insoweit könnte es fraglich sein, ob in einem solchen einfachen Gesellschaftsvertrag noch die Bezeichnung eines Organisations- oder Grundgesetzes eines Verbandes gerechtfertigt ist, da sich die maßgeblichen Regelungen dann alle aus dem GmbH-Gesetz ergeben. Andererseits ist jedoch der Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages conditio sine qua non für die Entstehung der Gesellschaft, so daß der Gesellschaftsvertrag zumindest als eine wesentliche Verbandsgrundlage aufgefaßt werden muß 146 .

b) Bestandteile des Gesellschaftsvertrages Allgemein werden die äußerlich in die Satzungsurkunde aufgenommenen Elemente des Gesellschaftsvertrages in materielle und formelle Satzungsbestandteile unterteilt 147 . Der Bundesgerichtshof 148 spricht teilweise - ohne Abweichung in der Sache - auch von echten und unechten Satzungsbestandteilen 149 . Bevorzugt wird jedoch vom Bundesgerichtshof die Unterscheidung in solche Satzungsbestimmungen, die dem körperschaftsrechtlichen Bereich zuzuordnen sind, und in diejenigen Satzungsbestandteile, die dem individualrechtlichen Bereich zugewiesen werden 150 . Diese vom Bundesgerichtshof bevorzugte Unterteilung beruht maßgeblich auf der Erwägung, daß Gesell-

145 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 3 II laauf S. 159; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 I la auf S. 67; Flume, Die juristische Person, § 9 I auf S. 317. 146 Wiedemann, a.a.O. 147 Hachenburg/Ulmer, Rn. 8 ff. zu § 2 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 1 zu § 3 GmbHG; Rowedder/Zimmermann, Rn. 6 ff. zu § 53 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 2 ff. zu § 53 GmbHG; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 I auf S. 70. 148 BGHZ 18, 205, 207; 38, 155, 161; ähnlich RGZ 165, 140, 143. 149 Priester umschreibt den Unterschied mit korporativen und nichtkorporativen Satzungsbestandteilen, vgl. Nichtkorporative Satzungsbestimmungen bei Kapitalgesellschaften in DB 1979, 681; ders. in Scholz, Rn. 6 zu § 53 GmbHG. 150 BGHZ 116,359, 364; BGH WM 1974,372,373 und 1973,510,511.

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

schaftsverträge einer GmbH nur dann der freien Auslegung durch das Revisionsgericht ohne Bindung an die Auslegung durch das Berufungsgericht unterliegen, wenn der - zu prüfenden - Satzungsbestimmung körperschaftlicher und nicht individualrechtlicher Charakter beizumessen ist. In diesem Fall kann der Bundesgerichtshof die Klausel einer eigenen Auslegung ohne Bindung an das Tatsachengericht unterziehen 151. Kraft der dargelegten Einteilung in materielle und formelle Satzungsbestandteile wird der unterschiedliche Geltungsgrund der verschiedenen Satzungsbestandteile zum Ausdruck gebracht. Die materiellen Satzungsbestandteile beanspruchen nicht nur Geltung für die derzeitigen, bei Inkrafttreten der Bestimmung vorhandenen Gesellschafter oder einzelne von ihnen sondern entfalten ihre Wirkungskraft für einen unbestimmten Personenkreis, zu dem sowohl gegenwärtige als auch künftige Gesellschafter und/oder Gläubiger der 152

Gesellschaft gehören . Während demnach die materiellen oder echten Satzungsbestandteile an der Bestandskraft der Satzung teilnehmen und infolgedessen nur im Wege einer Satzungsänderung gemäß den §§53 ff. GmbHG abgeändert werden können, bestimmt sich der Geltungsgrund der formellen oder unechten Satzungsbestandteile und der Umfang ihrer Bindungswirkung nach den für dieses Rechtsverhältnis maßgeblichen Vorschriften und Rechtsgrundsätzen. Folge dieser Unterscheidung ist, daß die Satzungsurkunde bezüglich ihrer formellen Bestandteile mitunter nicht die wahre Rechtslage erkennen läßt. Denn eine Änderung der formellen Bestandteile vollzieht sich wirksam außerhalb einer Änderung des Satzungstextes. Demgemäß spricht man in bezug auf die materiellen Satzungsbestandteile davon, daß ihnen Satzungsqualität zukomme; im Gegenzug hierzu sind die formellen Satzungsbestandteile - wie zum Beispiel im Gesellschaftsvertrag mitbeurkundete schuldrechtliche Nebenabreden - gelegentlich des Vertragsschlusses 153 oder zufällig 154 in die Urkunde mit aufgenommen.

151 So deutlich im Hinblick auf die unterschiedlichen Auslegungsmethoden BGH LM Nr. 25 zu § 549 ZPO; ständige Rechtsprechung, vgl. BGH AG 1994, 78, 79. 152 BGHZ 14, 25, 36 f.; 18, 205, 207 f.; 48, 141, 144; 116, 359, 364; für die Aktiengesellschaft ebenso BGH AG 1994, 78, 79. 153 So Hachenburg/Ulmer, Rn. 9 zu § 2 GmbHG. 154 So Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 4 zu § 53 GmbHG.

2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil

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2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil a) Problemstellung Die statutarische Bestellung des Geschäftsführers kann dem formellen oder dem materiellen Bestandteil der Satzung zugeordnet werden. Denn unstreitig kann die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als echter Satzungsbestandteil aufgenommen werden 155 . Im folgenden sollen die Wirkungen statutarischer Bestellungsklauseln insoweit untersucht werden, ob die Bestellung im Gesellschaftvertrag als materieller Satzungsbestandteil im Sinne einer personellen Festlegung des im Gesellschaftsvertrag bezeichneten Geschäftsführers qualifiziert werden kann. Bejaht man dies, würde eine solche Klausel als echter Satzungsbestandteil einen erhöhten Bestandsschutz genießen; ihre Abänderung käme nur gemäß den §§53 ff. GmbHG in Frage. Plastisch kann hier von einem kleinen Sonderrecht 156 gesprochen werden, indem die als Geschäftsführer bezeichnete Person bis zu dem in der Satzung genannten Zeitpunkt (zum Beispiel Erreichung einer Altersgrenze) oder bis zur Amtsniederlegung oder bis zur Änderung der Satzung Geschäftsführer bleibt 157 . Insbesondere würde eine Abberufung des Geschäftsführers grundsätzlich eine Satzungsänderung erfordern, es sei denn, es bestünde ein wichtiger Grund für den Widerruf der Bestellung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG. Denn nach allgemeiner Meinung kann die Abberufung aus wichtigem Grund nicht durch den Gesellschaftsvertrag eingeschränkt oder ausgeschlossen werden 158 . Bei einer Abberufung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes könnte jeder Gesellschafter einen nicht den Formerfordernissen der §§ 53 f f GmbHG entsprechenden Abwahlbeschluß mit Hilfe einer Anfechtungsklage analog den aktienrechtlichen Vorschriften der §§ 243 ff. AktG mit Aussicht auf Erfolg mit der Begründung anfechten 159, daß ein Verstoß gegen die satzungsrechtliche Bestimmung einer Bestellung im Ge155

Vgl. statt aller Scholz/Schneider, Rn. 30 ff. zu § 6 GmbHG. Im folgenden soll terminologisch zwischen dem kleinen Sonderrecht und dem Sonderrecht gemäß § 35 BGB unterschieden werden. Nur das zuletzt angesprochene Sonderrecht gewährt dem Inhaber einen Anspruch auf Bestellung und Belassung im Amte; wird im Text von einem Sonderrecht gesprochen, ist damit nur dieses gemeint. Ansonsten wird von einem kleinen Sonderrecht die Rede sein. 157 Vgl. Scholz/Schneider, Rn. 30 zu § 6 GmbHG. 158 Vgl. statt aller Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 4 zu § 38 GmbHG. 159 Dies entspricht der überwiegend vertretenen Auffassung bei einem zum Beispiel durch einen Versammlungsleiter festgestellten Beschluß, vgl. Hachenburg/Raiser, Rn. 172 zu Anhang § 47 GmbHG; bei Fehlen einer Feststellung ist der Beschluß mit dem „rechtlich zutreffenden Ergebnis" gefaßt, mit der Folge, daß ein Streit über Beschlußinhalt mit einer Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erledigt werden kann (vgl. BGHZ 51, 209, 211 ff.; 104, 66, 69). A.A. insbesondere Noack, Fehlerhafte Beschlüsse in Gesellschaften und Vereinen, S. 113 ff. 156

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

seilschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil vorliegen würde (vgl. § 243 Abs. 1 AktG analog).

b) Meinungsstand in der Rechtsprechung Die Rechtsprechung steht auf dem Standpunkt, daß eine Bestellung im Gesellschaftsvertrag des Geschäftsführers im Zweifel einen rein formellen Bestandteil der Satzung bildet.

aa) Die Rechtsprechung des Reichsgerichts Den Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung stellt die bis heute als grundlegend erachtete Entscheidung des Reichsgerichts 160 vom 21. Oktober 1899 dar. Der Kläger, ein Minderheitsgesellschafter, focht seine Abberufung von seinem Amt als Geschäftsführer an. Er war bei Gründung der Gesellschaft neben anderen statutarisch als Geschäftsführer bestellt worden, wobei die Zulässigkeit des Widerrufs auf wichtige Gründe im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG beschränkt worden war. Kurze Zeit danach vereinbarte der Kläger mit der Gesellschaft, daß er für die Dauer seines Lebens, eventuell bis zur Auflösung der Gesellschaft deren Geschäftsführer sein sollte, vorbehaltlich des Rechts der Gesellschaft, den Widerruf der Bestellung aus wichtigen Gründen zu erklären. Nach einem Gesellschafterwechsel waren nur noch der Kläger und der zusammen mit der Gesellschaft mitverklagte Mehrheitsgesellschafter Mitglieder der GmbH. Kurz danach wurde eine Statutenänderung in einer Gesellschafterversammlung dahingehend beschlossen,, daß der Kläger und der Mitbeklagte als die beiden alleinigen Gesellschafter alleinige Geschäftsführer der Gesellschaft sind. Nach Auseinandersetzungen zwischen den beiden Gesellschaftern wurde der Kläger in einer Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit mit den Stimmen des Mitbeklagten abberufen. Die Beklagten machten geltend, daß außer dem Recht der Gesellschaft des jederzeitigen Widerrufs auch eine Reihe wichtiger Gründe die Abberufung gerechtfertigt habe. Die Klage wegen Anfechtung des Abwahlbeschlusses und Belassung im Amte als Geschäftsführer blieb in allen Instanzen erfolglos. Das Reichsgericht stellte sich zunächst die Frage, ob für die Abberufung des Klägers eine vorherige Satzungsänderung notwendig gewesen sei. Dies war in den Vorinstanzen weder erörtert noch vom Kläger geltend gemacht worden 161 .

160

RGZ 44, 95 ff. Vgl. RGZ 44, 95, 97; unzutreffend Jung-Senssfelder, Die Erforderlichkeit einer Gesellschaftsvertragsänderung gemäß § 53 GmbHG, S. 39. 161

2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil

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Nach Ansicht des Reichsgerichts war die Frage aus zwei Gesichtspunkten zu verneinen. Zum einen könne nicht aus einer im Gesellschaftsvertrag vollzogenen Bestellung der Schluß gezogen werden, daß eine statutarische Bestellung auch im übrigen nach allen Richtungen das rechtliche Schicksal dieses Vertrages zu teilen habe. Denn wenn auch eine doppelte Art der Bestellung - aufgrund einer Wahl oder statutarisch im Gesellschaftsvertrag - zulässig sei, so werde doch durch diese Verschiedenheit nicht eine der Art nach verschiedene Befugnis zur Geschäftsführung geschaffen. Zum anderen stünden die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und der Gesellschaft immer unter dem gleichen Rechte. Da die den Gesellschaftern zustehende Bestellung nur gleichzeitig mit der Errichtung des Gesellschaftsvertrages geschehen und darum in ihn hinübergenommen sei, könne und solle dadurch das Recht des Widerrufs durch das Aufstellen qualifizierter Mehrheitserfordernisse nicht verkürzt werden. Andernfalls würden die den Gesellschaftern gesetzlich eingeräumten Rechte eine ungerechtfertigte Schmälerung erfahren. In zwei weiteren Entscheidungen162 hielt das Reichsgericht an seiner ursprünglichen Auffassung fest: Lediglich die Bestellung im Gesellschaftsvertrag hindere nicht, den Geschäftsführer von seinem Amt mit einfacher Mehrheit abzuberufen. In der Entscheidung vom 29. November 1918 163 wird dieser Standpunkt bekräftigt und modifizierend ausgeführt, daß die statutarische Geschäftsführerbestellung im Zweifel keinen Bestandteil der Satzung ausmache. In diesem Falle ging es um die Erhöhung eines statutarisch festgesetzten Geschäftsführergehalts. Nach Meinung des Reichsgerichts müsse die in bezug auf die Bestellung formulierte Regel in Anbetracht der Bemessung des Gehalts hier erst recht gelten: „Der Gedanke, daß eine in die Satzung mit hinübergenommene Bestimmung über das Geschäftsführergehalt eine Gesellschaftsregel bilden solle, die für das Rechtsverhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft maßgeblich wäre, erscheint so auffallend, daß sie, wenn wirklich gewollt, des klarsten Ausdrucks bedürfe." Bezüglich eines geltend gemachten Sonderrechts im Sinne des § 35 BGB wird im Urteil des Reichsgerichts vom 26. Mai 1908 164 ausgeführt, daß die im Gesellschaftsvertrag erfolgte Bestellung zum Geschäftsführer noch nicht die Konstituierung eines besonderen dauernden Rechts auf die Geschäftsführung beweise.

162 163 164

5 Müller

Vgl. RG JW 1900, 417 und RG JW 1901, 410. RG JW 1919,313,314. RG LZ 1909, 76.

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

bb) Die obergerichtliche Rechtsprechung Die obergerichtliche Rechtsprechung 165 hat der Entscheidung des Reichsgerichts vorbehaltlos ohne weitere eigene Begründung zugestimmt. Die Bestellung könne ohne Beobachtung der §§53 ff. GmbHG aufgehoben werden, da sie im Zweifel nicht zum materiellen Bestandteil des Gesellschaftsvertrages geworden war. Ohne andere Anhaltspunkte führe die Beurkundung nicht dazu, daß eine Satzungsänderung für ein Widerruf der statutarischen Bestellung erforderlich sei.

cc) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist der eingeschlagenen Linie treu geblieben. Der Bundesgerichtshof steht ebenfalls auf dem Standpunkt, daß Bestellung und Gehalt eines Geschäftsführers, auch wenn sie in den Gesellschafitsvertrag aufgenommen sind, nur tatsächlich nicht aber rechtlich zur Satzung gehören, so daß eine Änderung in Geschäftsführungsbesetzungs- und Gehaltsfragen insoweit nicht der Einhaltung der für eine Satzungsänderung gegebenen Vorschriften bedarf 166 . Begründet wird dies damit, daß nicht alles, was im Gesellschaftsvertrag steht, echter Satzungsbestandteil sei. Folglich sei nicht jede Änderung einer statutarischen Bestimmung eine Satzungsänderung. Denn in den Gesellschaftsvertrag würden auch Vereinbarungen aufgenommen, die nicht das Rechtsverhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft beträfen und gar nicht in der Satzung enthalten zu sein brauchten. Dies treffe insbesondere auf die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag zu. Zwar nimmt der Bundesgerichtshof 167 in seiner Rechtsprechung an, daß Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag, die fakultative Satzungsbestandteile betreffen, sowohl dem körperschaftsrechtlichen wie auch individualrechtlichen Bereich zugewiesen werden können, so daß in jenem Falle zur Abänderung der Abrede eine Satzungsänderung gemäß den §§ 53 ff. GmbHG erforderlich sei, in diesem Falle ein Abänderungsvertrag gemäß § 305 BGB in Frage komme. Der Parteiwille oder die Umstände des Einzelfalles bestimmen dann darüber,

165

KG OLGE Bd.l (1900), 187; KG OLGE Bd.3 (1901), 64, 65; OLG Frankfurt OLGE Bd. 16 (1908), 118, 119; OLG Oldenburg OLGE Bd. 42 (1922), 223. 166 BGHZ 18, 205, 208 unter Hinweis auf RG JW 1919, 313; Bestätigung dieser Rechtsprechung in BGH NJW 1961, 507 und BGH WM 1981, 438, 439. 167 BGHZ 38, 155, 161 zum Fall einer gesellschaftsvertraglichen Schiedsklausel; BGH WM 1970, 246, 247 zur Frage der personellen Zusammensetzung eines Beirats einer KG im Sinne eines echten Satzungsbestandteils unter Hinweis auf BGHZ 18, 205, 207 f.; BGH GmbHR 1993, 641, 642 zum Fall einer Nebenpflicht eines Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft.

2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil

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ob ein materieller Satzungsbestandteil vorliegt 168 . Dabei behandelt der Bundesgerichtshof die Problematik vorrangig unter dem Gesichtspunkt einer Satzungsauslegung. Jedoch wird bezüglich der Bestellung im Gesellschaftsvertrag insoweit eine gewichtige Einschränkung vorgenommen: Die Tatsache einer statutarischen Bestellung lasse nicht den Schluß zu, daß dem in dem Gesellschaftsvertrag als Geschäftsführer Bezeichneten ein Sonderrecht eingeräumt sei, denn ein materieller Satzungsbestandteil könne hierin nicht erblickt werden 169 . Damit kann zusammenfassend festgestellt werden, daß sowohl die Rechtsprechung des Reichsgerichts als auch diejenige des Bundesgerichtshofs in der bloßen Bestellung im Gesellschaftsvertrag keinen Anhaltspunkt für eine materielle Satzungsgestaltung der Bestellung erkennt.

c) Meinungsstand in der Literatur aa) Die überwiegend vertretene Auffassung Die Literatur ist der Rechtsprechung überwiegend gefolgt 170 . Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag ist im Zweifel lediglich formeller Bestandteil der Satzung. Dabei wird überwiegend auf die Rechtsprechung Bezug genommen, ohne eine eigene Begründung abzugeben. Sofern überhaupt ein Begründungsversuch für die Regel unternommen wird, wird angeführt, daß die Bestellung lediglich anläßlich des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages erfolgt und aus Praktikabilitätsgründen gleichzeitig mit in den Gesellschaftsvertrag hinübergenommen und beurkundet worden sei 171 . Es biete sich geradezu an, von der Möglichkeit einer statutarischen Bestellung im Rahmen der Satzungserrichtung Gebrauch zu machen. Da mit der Bestellung lediglich das Organverhältnis geregelt würde und in den meisten Fällen der Abschluß eines gesonderten Anstellungsvertrages noch ausstehe, bestünde eine erhebliche praktische Wahr-

168

So der BGH in BGHZ 38, 155, 161. Vgl. BGHNJW 1969, 131. 170 Vgl. Hachenburg/Ulmer, Rn. 17 zu § 6 GmbHG; Hachenburg/Schilling (6. Aufl.), Anm. 5 zu § 6 GmbHG; Scholz/Schneider, Rn. 29 zu § 6 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 22 zu § 6 GmbHG; Hueck in Baumbach/Hueck, Rn. 14 zu § 6 GmbHG; Rowedder/Rittner, Rn. 18 zu § 6 GmbHG; Fischer, Das Recht der OHG als ergänzende Rechtsquelle zum GmbH-Gesetz, GmbHR 1953, S. 131, 133; Priester, Nichtkorporative Satzungsbestimmungen bei Kapitalgesellschaften, DB 1979, S. 681, 684; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 94, 95; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 95; Jung-Senssfelder, Die Erforderlichkeit einer Gesellschaftsvertragsänderung gemäß § 53 GmbHG, S. 46, 47; a.A. Bürkle, Rechte Dritter in der Satzung der GmbH, S. 85 ff. 171 So Hachenburg/Ulmer, a.a.O.; Scholz/Schneider, a.a.O.; Immenga, a.a.O, S. 94. 169

5*

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scheinlichkeit für die aufgestellte Regel, daß die statutarische Bestellung nicht als materieller Satzungsbestandteil qualifiziert werden kann 172 . Dogmatisch wird diese Begründung dadurch abgestützt, daß in der statutarischen Bestellung ein Bestellungsbeschluß auf der Grundlage einer anläßlich der Errichtung der Gesellschaft stattgefundenen Wahl gesehen wird, der aus Zweckmäßigkeitsgründen im Gesellschaftsvertrag mitbeurkundet worden sei 173 . In Konsequenz dieser Auffassung kann der statutarisch bestellte Geschäftsführer frei nach § 38 Abs. 1 GmbHG abberufen werden, denn ein auf der Grundlage eines einfachen Bestellungsbeschlusses agierender Geschäftsführer könne ja selbstredend mit Hilfe eines mit einfacher Mehrheit gefaßten Abwahlbeschlusses wieder abberufen werden. Damit schließt sich der Argumentationskreis: Demnach könne in der statutarischen Bestellung kein materieller Satzungsbestandteil erkannt werden.

bb) Die Auffassung von Bürkle Bürkle 174 vertritt dagegen den Standpunkt, daß die Gründungsgesellschafter bei einer statutarischen Bestellung diese zum materiellen Teil des Gesellschaftsvertrages mit allen daraus resultierenden Rechtsfolgen machen wollen. Aus dem allgemeinen, auch Laien bekannten Wissen, daß dem Gesellschaftsvertrag als Grundlage für die Tätigkeit der Gesellschaft eine besondere Bedeutung für die GmbH zukomme, folge der Wille der Gesellschafter, die Bestellung satzungsfest zu gestalten. Denn es könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Bestellung nur zufällig, wie es Rechtsprechung und Literatur annähmen, in die Satzung hineingeraten sei.

d) Kritische

Vorüberlegung

Bevor zu der von der überwiegend vertretenen Auffassung aufgestellten Regel, welche die Bestellung im Gesellschaftsvertrag lediglich als formellen Satzungsbestandteil qualifiziert, Stellung genommen werden kann, ist es zunächst erforderlich, das dieser Meinung zugrundeliegende Fallmaterial einer näheren Betrachtung hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit und der Entscheidungstragweite für die zu beurteilende Fragestellung zu unterziehen. Denn nur 172 So Jung-Senssfelder, a.a.O.; ähnlich KG OLGE Bd. 3 (1901), S. 64, 65 mit dem Hinweis, daß das Gesetz in § 2 Abs. 1 GmbHG eben die notarielle Form bei einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag vorschreibe. 173 Hachenburg/Ulmer, Rn. 17 zu § 6 GmbHG; Hachenburg/Hüffer, Rn. 40 zu § 46 GmbHG. 174 Bürkle, Rechte Dritter in der Satzung der GmbH, insbesondere S. 87.

2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil

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dann kann die von der überwiegend vertretenen Ansicht favorisierte Auslegungsregel kritisch bewertet werden. Zum einen ist festzustellen, daß sämtliche in der Rechtsprechung abgehandelten Fälle sich ausschließlich auf einen Gesellschafter-Geschäftsführer beziehen. Ein Fremdgeschäftsführer hat sich bislang noch nicht in einer gerichtlichen Auseinandersetzung auf seine statutarische Bestellung zur Geltendmachung seiner Ansprüche gegen die Gesellschaft bezogen. Zum anderen ist nicht zu verkennen, daß sich die Streitigkeiten zwischen einem GesellschafterGeschäftsführer und seiner GmbH bezüglich seiner Abberufung vornehmlich darauf zuspitzen, ob dem abberufenen Gesellschafter-Geschäftsführer ein Sonderrecht im Sinne des § 35 BGB zusteht. Die Frage nach der materiellen Satzungsqualität der statutarischen Bestellung und einer damit zusammenhängenden erforderlichen Satzungsänderung wurde daher in fast allen Fällen vor diesem Hintergrund erörtert. Insbesondere liegt dem als richtungsweisend betrachteten Urteil des Reichsgerichts aus dem Jahre 1899 175 die Fallgestaltung zugrunde, daß der Kläger Inhaber eines Sonderrechts auf die Geschäftsführung im Sinne des § 35 BGB war. In dem Urteil ist davon zwar nicht ausdrücklich die Rede, jedoch ergibt sich dies eindeutig aus späteren auf diese Entscheidung Bezug nehmende Urteile des Reichsgerichts 176. So wird im Urteil des Reichsgerichts vom 26. Mai 1908 177 ausgeführt, daß die im Gesellschaftsvertrag erfolgte Bestellung zum Geschäftsführer noch nicht die Konstituierung eines besonderen dauernden Rechts auf die Geschäftsführung bedeute (unter Hinweis auf RGZ 44, 98). Im Urteil des Reichsgerichts vom 19. Mai 1914 178 , in welchem dem Kläger ein Sonderrecht auf die Geschäftsführung zugebilligt worden ist, wird unter Verweis auf das oben angeführte Urteil ausgeführt, daß nach Auffassung des Reichsgerichtes in einem solchen Falle ein entsprechendes Sonderrecht des Gesellschafters vorliege, das nicht ohne Zustimmung dem Geschäftsführer-Gesellschafter genommen werden kann. Des weiteren stellt das Reichsgericht in der Entscheidung vom 29. November 1918 179 unter ausdrücklichem Hinweis auf RGZ 44, 98 f., fest, daß eine statutarische Bestellung nebst Widerrufsbeschränkung gemäß § 38 Abs. 2 GmbHG ein Sonderrecht des Gesellschafters auf das Geschäftsführeramt zur Folge habe, nämlich genauso wie im Falle von RGZ 44, 95 ff.

175

RGZ 44, 95 ff.; zum Sachverhalt vgl. oben § 4 2.b)aa). Vgl. RG LZ 1909, 75; RG LZ 1914, 1762; RG JW 1919, 313, 314; RGZ 170, 359, 368. 177 Vgl. RG LZ 1909, 75. 178 Vgl. RG LZ 1914, 1762. 179 Vgl. RG JW 1919,313,314. 176

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

Inwieweit dem damaligen Kläger ein Sonderrecht auf die Geschäftsführung eingeräumt war, ergab sich aus der vom Reichsgericht für die Annahme eines solchen Rechtes aufgestellten Faustregel 180, daß das Bestehen oder Fallen des Vertrages davon abhängig gemacht werde, daß der Betreffende eine der Geschäftsführerstellen verwalte 181 . Darüber hinaus ging das Reichsgericht davon aus, daß das Zusammentreffen von statutarischer Bestellung und Widerrufsbeschränkung gemäß § 38 Abs. 2 GmbHG den Schluß auf ein Sonderrecht auf 182 das Geschäftsführeramt rechtfertige Legt man nun den oben wiedergegebenen Sachverhalt der Reichsgerichtsentscheidung dieser Rechtsauffassung zugrunde, so ist die Annahme eines Sonderrechts in jenem Falle evident. Der Kläger war von Anfang an als Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag bestellt und konnte nur aus wichtigem Grunde abberufen werden. Des weiteren hatte der Kläger mit der Gesellschaft vereinbart, auf Lebenszeit Geschäftsführer der Gesellschaft zu sein. Zwar konnte diese wohl nur schuldrechtliche - der wiedergegebene Sachverhalt ist hier ungenau - Abrede mangels Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag dem Kläger kein körperschaftliches Sonderrecht vermitteln. Jedoch erfolgte kurz danach zwischen den beiden alleinigen Gesellschaftern eine Satzungsänderung dahingehend, daß nur diese beiden die alleinigen Geschäftsführer der Gesellschaft sein sollten. Bei einer derartigen engen Interessenverflechtung zwischen dem Kläger und der Gesellschaft ist die Annahme eines Sonderrechts, jedenfalls nach der später vorgenommenen Satzungsänderung, gerechtfertigt. Denn nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts war insoweit vom Stehen und Fallen des Gesellschaftsvertragsverhältnisses auszugehen, als der Gesellschaftsvertrag davon abhängig gemacht wurde, daß der Kläger eine Geschäftsführerposition inne hatte. Hinzu kommt, daß schon nach dem Wortlaut der Satzungsänderung - „alleinige Geschäftsführer" - die Annahme eines Sonderrechts einen erheblichen Anhaltspunkt dafür lieferte, daß dem Kläger tatsächlich ein Sonderrecht eingeräumt worden war. In jenem als grundlegend angesehenen Falle 183 ging es daher um die Abberufung eines sonderberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführers, dessen Sonderrecht nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch seine Abwahl beeinträchtigt werden konnte. Dieses Sonderrecht des Klägers auf die Geschäftsführung war auch in die Satzung inkorporiert. Hierbei stellte sich für das Reichsgericht die Frage nach einem qualifizierten Mehrheitserfordernis in Gestalt einer Drei-Viertel-Mehrheit der abgegebenen

180 181 182 183

Vgl. Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 95. RG LZ 1909, 76. Vgl. RG JW 1919,313,314. RGZ 44, 95 ff

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Stimmen gemäß § 53 Abs. 2 GmbHG bei Abberufung eines sonderberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführers, da das Sonderrecht des Klägers zum materiellen Satzungsbestandteil des Gesellschaftsvertrages zu rechnen war. Da das Reichsgericht vom zwingenden Charakter des § 38 Abs. 2 GmbHG auch hinsichtlich der Mehrheitserfordernisse, nämlich der einfachen Mehrheit, ausging, verneinte es folgerichtig die aufgeworfene Frage. Diesen Standpunkt vertrat das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung 184. Insbesondere in der späten Entscheidung vom 4. Februar 1943 185 - nach grundsätzlichen Ausführungen über die Anerkennung eines Sonderrechts nach § 35 BGB - wurde wiederum unter Hinweis auf RGZ 44, 95 bemerkt: „Nur insofern waren hierin dem Selbstbestimmungsrecht der Gesellschaft Grenzen gezogen, als sie nach § 38 Abs. 2 GmbHG nicht darauf verzichten konnte, das ihr zustehende Recht, einen Geschäftsführer zu jeder Zeit abzuberufen, beim Vorliegen wichtiger Gründe auch auszuüben." Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, daß das besonders in der Literatur als Leitentscheidung herangezogene Urteil des Reichsgerichts in seinen tragenden Entscheidungsgründen die Frage betraf, ob bei der Abberufung eines sonderberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführers in jedem Falle eine DreiViertel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich sei. Denn der Kläger war in jenem Falle Träger eines Sonderrechts auf die Geschäftsführung, das als selbstverständliche Voraussetzung auch in der Satzung verankert worden war. Das Reichsgericht stellte sich dabei zunächst die Frage, ob ein satzungsgemäßes Sonderrecht ausschließlich durch Satzungsänderung gemäß den §§53 ff. GmbHG seiner Schutzwirkung zugunsten des bestellten Geschäftsführers derogiert werden konnte. Hinsichtlich der Abberufungsmöglichkeiten der Gesellschaft beantwortete das Reichsgericht die aufgeworfene Frage dahingehend, daß dadurch die Abberufung eines untragbar gewordenen Geschäftsführers nicht an den Mehrheitserfordernissen des § 53 Abs. 2 GmbHG scheitern könne. Trotz Satzungsgrundlage in Gestalt eines Sonderrechts kann sich die Gesellschaft nach der Bestimmung des § 38 Abs. 2 GmbHG von dem Geschäftsführer lösen. Dies ist auch der Kerngehalt der Argumentation des Reichsgerichts, daß die Rechte und Pflichten der Gesellschaft gegen ihre Geschäftsführer immer unter dem gleichen Recht stehen mit der Folge, daß das Recht des Widerrufs der Bestellung nicht verkürzt werden könne. Denn eine Verkürzung des Widerrufsrechts der Bestellung erkannte das Reichsgericht auch gerade darin, daß bei Vorliegen wichtiger Gründe für die Abwahl in jedem Falle die einfache Mehrheit ausreichend und genügend für die Abberufung ist. Die Aufstellung qualifizierter Mehrheiten im Falle eines Widerrufs aus wichtigem Grunde stellt eine den zwingenden Charakter des § 38 Abs. 2 GmbHG beschränkende Klausel mit

184 185

Vgl. RGZ 124, 371, 379; ihm folgend KG JW 1937, 549. RGZ 170,358, 368.

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

der Folge dar, daß sich der abberufene Geschäftsführer insoweit nicht auf die erhöhten Mehrheitserfordernisse berufen kann.

e) Stellungnahme Erkennt man den soeben dargelegten Hintergrund jener Reichsgerichtsentscheidung, so ist zu prüfen, ob jene oben angeführten gegen die Satzungsqualität einer Bestellung sprechenden Gründe zu überzeugen vermögen.

aa) Kritische Auseinandersetzung mit der vorwiegend vertretenen Meinung Dogmatischer Ausgangspunkt der reichsgerichtlichen Argumentation ist, daß aus der im Gesellschaftsvertrag vollzogenen Bestellung nicht der Schluß gezogen werden könne, daß dieselbe auch im übrigen nach allen Richtungen das rechtliche Schicksal des Vertrages zu teilen habe. Denn auch wenn eine doppelte Art der Bestellung - aufgrund einer Wahl oder im Gesellschaftsvertrag - zulässig sei, so werde doch durch diese Verschiedenheit nicht eine der Art nach verschiedene Befugnis zur Geschäftsführung geschaffen. Erkennt man jedoch, daß das Reichsgericht vom Vorliegen eines Sonderrechts des Gesellschafter-Geschäftsführers aufgrund der vom Reichsgericht selber aufgestellten Faustregel ausgegangen ist 1 8 6 , so vermag diese Schlußfolgerung nicht zu überzeugen. Denn die statutarische Bestellung liefert gerade in Verbindung mit dem Bestehen einer Abberufungsbeschränkung die Grundlage für eine anderweitige Art der Befugnis zur Geschäftsführung, nämlich das Bestehen eines Sonderrechts auf die Geschäftsführung. Die Argumentationslinie des Reichsgerichts wird denn auch deutlich, wenn im weiteren als Begründung vorgebracht wird, daß die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und der Gesellschaft immer unter dem gleichen Rechte stünden und deshalb durch das Aufstellen qualifizierter Mehrheitserfordernisse das Recht der Gesellschaft zum Widerruf aus wichtigem Grunde eine ungerechtfertigte Schmälerung der Rechte der Gesellschaft erfahren würde. Hieraus ist aber lediglich zu entnehmen, daß ein sonderberechtigter Geschäftsführer seinen Anspruch auf Belassung im Amte nach Meinung des Reichsgerichts nur

186 Das Stehen und Fallen des Gesellschaftsvertrages war davon abhängig, ob der Kläger eine der Geschäftsführerstellen verwaltet; Anhaltspunkt für die Annahme eines Sonderrechts ist es gerade, daß statutarische Bestellung und Widerrufsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG zusammentreffen (vgl. oben § 4 2.d).

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in den Grenzen der zwingenden Vorschrift des § 38 Abs. 2 GmbHG durchzusetzen vermag. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts ist daher der Kritik ausgesetzt, daß das Reichsgericht mehr entschieden hat, als für den vorgegebenen Fall zu ent187

scheiden war . Denn ist die Regelung des § 38 Abs. 2 GmbHG zwingenden Rechts, so kann hieran auch eine materielle Satzungsgestaltung der Bestellung nichts ändern. Des weiteren wird die statutarische Bestellung lediglich als im Gesellschaftsvertrag vollzogen bezeichnet188. Wie sich dies im einzelnen vollzieht, wird nicht näher dargelegt; lediglich wird zumindest die grundsätzliche Unterteilung der beiden Arten der rechtsgeschäftlichen Formen der Bestellung - unter Hinweis auf den Gesetzestext - gebilligt. Folgen werden jedoch hieraus zu Unrecht nicht gezogen. Vielmehr stellt sich das Reichsgericht lediglich auf den Standpunkt, hieraus keine Folgen ableiten zu wollen. Daß sich die statutarische Bestellung als Bestellungsbeschluß qualifizieren könnte, wurde oben schon eingehend zurückgewiesen 189. Damit bleibt als dogmatische Erklärung für die statutarische Bestellung nur noch die schlichte Aussage, daß sich eben diese Art der Bestellung unmittelbar auf den Gesellschaftsvertrag gründet 190 , aber gleichwohl kein materieller Satzungsbestandteil ist. Erkennt man jedoch die grundsätzliche Verschiedenheit der beiden Bestellungsarten an, nämlich einerseits die Bestellung aufgrund einer Wahl und andererseits aufgrund einer Einigung, so erscheint der Schluß auf die rechtliche Unerheblichkeit der beiden Arten der Bestellung nicht gerechtfertigt. Denn Sinn der Wahlentscheidung ist, daß auch der mit seiner Stimme unterlegene Gesellschafter an die von der Mehrheit getroffene Entscheidung gebunden ist, während eine im Gesellschaftsvertrag vollzogene statutarische Bestellung die Einigung der am Vertragsabschluß Beteiligten voraussetzt. Dieser gewichtige dogmatische Unterschied im Zustandekommen der Bestellung des betreffenden Kandidaten kann nicht mit der lapidaren Feststellung übergangen werden, daß eben die unterschiedlichen Arten der Bestellung trotzdem gleiche Abberufungsmöglichkeiten schaffen wollen. Die weitere Rechtsentwicklung führte dann zu der von der heute überwiegend vertretenen Meinung angeführten dogmatischen Begründung. Aus der Unschlüssigkeit der Aussage, daß die beiden Arten der rechtsgeschäftlichen 187 Vgl. auch Bürkle, Rechte Dritter in der Satzung der GmbH, S. 90 f., die von einer Fehlinterpretation durch die spätere Rechtsprechung und Literatur ausgeht, da der Hintergrund der Entscheidung, nämlich die Abberufung aus wichtigem Grund, unberücksichtigt geblieben sei. 188 RGZ 44, 95, 97. 189 Vgl. oben §2 2. 190 Vgl. RGZ 44, 95, 97.

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

Bestellung keine unterschiedlichen Rechtsfolgen auslösen sollten, ergab sich zwanglos der Gedanke, in der Bestellung im Gesellschaftsvertrag einen Bestellungsbeschluß zu erkennen und damit den materiellen Charakter der im Gesellschaftsvertrag vollzogenen Bestellung leugnen zu können. Betrachtet man nun diese Entwicklung vom Ausgangspunkt bis zum Ende, so drängt sich der Vorwurf eines Zirkelschlusses auf: Weil die statutarische Bestellung keine sich unterscheidende Art der Befugnis zur Geschäftsführung begründe, ist eine Abberufung aus wichtigem Grunde mit einfacher Mehrheit möglich. Ist die Abberufung jedoch mit einfacher Mehrheit möglich, so liege in der statutarischen Bestellung keine materielle Satzungsgrundlage. Mangels einer materiellen Satzungsgrundlage können für die statutarische Bestellung auch zugunsten des im Gesellschaftsvertrag bestellten Geschäftsführers keine anderen Regeln gelten, wie wenn der Geschäftsführer aufgrund eines Bestellungsbeschlusses bestellt worden ist. Das Reichsgericht hat denn wohl die aufgezeigte Problematik erkannt, als die Formulierung in dem Urteil, daß „die Übertragung der Geschäftsführung nicht in dem m Sinne ein Teil des Gesellschaftsvertrages wird, daß ihre Entziehung eine Abänderung dieses Vertrages selber bedeuten würde", daraufhindeuten könnte, daß das Gericht die Frage nach der materiellen oder formellen Satzungsqualität der statutarischen Bestellung nicht als Argumentationsgrundlage seinen Überlegungen zugrunde legen wollte. Andererseits war Kernpunkt der Entscheidung, ob die Vorschrift des § 53 Abs. 2 GmbHG Anwendungsvorrang vor der Bestimmung des § 38 Abs. 2 GmbHG genießt. Da beide Vorschriften zwingenden Rechts sind 192 , leitete das Reichsgericht mit seiner Entscheidung die Auffassung, ein, daß in der Bestellung im Gesellschaftsvertrag kein materieller Satzungsbestandteil zu erkennen sei. So konnte das Reichsgericht der ihm sich stellenden Anwendungsvorrangfrage aus dem Weg gehen. Wies man die statutarische Bestellung dem formellen Bestandteil der Satzung zu, konnte sich die Frage nach § 53 Abs. 2 GmbHG erst gar nicht stellen. Mit dem vorgefundenen Ergebnis waren keine Auslegungsdifferenzen zu gegenwärtigen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß sich die Problematik dogmatisch stringenter unter Beachtung der sich im Falle stellenden Entscheidungserheblichkeit lösen läßt. Weist man die statutarische Bestellung dem materiellen Teil des Gesellschaftsvertrages zu, so stellt sich das Problem des Anwendungsvorranges nur dann, wenn es um die Abberufung aus wichtigem Grunde geht.

Die hervorgehobene Schreibweise stammt vom Reichsgericht selbst, vgl. RGZ 44, 95, 98. 192 Zu § 53 Abs. 2 GmbHG: vgl. Scholz/Priester, Rn. 86 zu § 53 GmbHG und KG NJW 1959, 1446, 1447.

2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil

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Denn bis zur zwingenden Grenze des § 38 Abs. 2 GmbHG sind die Gesellschafter frei, Einschränkungen hinsichtlich des Grundsatzes der freien Abberufbarkeit des § 38 Abs. 1 GmbHG im Gesellschaftsvertrag festzulegen 193. Bejaht man den zwingenden Charakter des § 38 Abs. 2 GmbHG wie es auch das Reichsgericht in seinem Urteil vom 21. Oktober 1899 getan hat, so ist daraus die Schlußfolgerung nicht geboten, in der statutarischen Bestellung unter allen Umständen lediglich einen formellen Satzungsbestandteil zu erblicken. Denn auch wenn die im Gesellschaftsvertrag vollzogene Bestellung eine körperschaftsrechtliche Regelung darstellt, bedeutet dies nur, daß die statutarische Bestellung eben nur in den Grenzen des § 38 Abs. 2 GmbHG Bestand haben kann. Dies ist jedoch Folge der gesetzlichen Regelung und nicht denknotwendiges Auslegungsergebnis der Satzung.

bb) Lösungsansatz Hat man dies erkannt, so bietet sich als Lösung an, das in Rechtsprechung und Schrifttum grundsätzlich anerkannte Institut des satzungsdurchbrechenden Beschlusses heranzuziehen 194. Kennzeichen des satzungsdurchbrechenden Beschlusses ist, daß sich die Maßnahme jedenfalls bei grundsätzlichem Festhalten an der Satzung auf den Fall einer punktuellen Regelung im Sinne eines Sonderfalles erschöpft 195 . Im Falle eines statutarisch bestellten Geschäftsführers bedeutet dies, daß er bei Vorliegen wichtiger Gründe trotz Satzungsgrundlage seiner Bestellung mit einfacher Mehrheit durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluß abberufen werden kann. Liegen wichtige Gründe im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG vor, so ist der Beschluß rechtswirksam. Der betreffende Geschäftsführer kann sich nicht auf die materielle Satzungsgestaltung seiner Bestellung berufen, da insoweit die Bestimmung des § 38 Abs. 2 GmbHG dem Beschluß seine legitimierende Kraft zuweist. Damit ist die Gesellschaft insoweit von der zwingenden Regelung des § 53 Abs. 2 GmbHG entbunden. Denn die Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund ist als ein Sonderfall des regelmäßigen gesellschaftlichen Lebens zu qualifizieren, der einen Ausnahmetatbestand in bezug auf die Vorschrift des § 53 GmbHG schafft.

193

Allgemeine Ansicht; vgl. Lutter-Hommelhoff, Rn. 7 zu § 38 GmbHG. Mit zahlreichen Differenzierungen hinsichtlich Voraussetzungen und Folgen: Hachenburg/Ulmer, Rn. 30 ff. zu § 53 GmbHG; Scholz/Priester, Rn. 26 ff. zu § 53 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 23 zu § 53 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 14 zu § 53 GmbHG; Hüffer, Rn. 7 zu § 179 ÄktG; BGHZ 32, 17, 29; BGH WM 1981, 1218, 1219; BGHNJW 1993,2246, 2247. 195 Vgl. die Rechtsprechung und die Autoren in der vorangegangenen Fußnote. 194

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

Unter dogmatischen Gesichtspunkten läßt sich daher die Entscheidung des Reichsgerichts vom 21. Oktober 1899 kaum vertreten. Entscheidungserheblich war lediglich, ob die Gesellschaft ihre Abberufungsfreiheit in den Grenzen des § 38 Abs. 2 GmbHG wahren konnte. Denn nach Ansicht des Reichsgerichts konnte der Geschäftsführer beim Vorliegen wichtiger Gründe mit einfacher Mehrheit abberufen werden. Soweit man in dieser Hinsicht dem Reichsgericht und der heute wohl überwiegend vertretenen Ansicht 196 auch zuzustimmen vermag, so hat doch dies mit der Entscheidung über die Frage nach einem echten Satzungsbestandteil einer statutarischen Bestellung nichts zu tun. Denn nach allgemeiner Meinung muß der Widerruf aus wichtigem Grunde immer gegeben sein. Dies ist jedoch Folge des zwingenden Charakters der Regelung des § 38 Abs. 2 GmbHG. Ob die Bestellung echter Satzungsbestandteil ist, kann dabei keine Rolle spielen und ist für diese sich hier stellende Frage irrelevant. Auch wenn nämlich die Bestellung an der Bestandskraft der Satzung teilnimmt, ist die Abberufung des Geschäftsführers nach ius cogens der einschlägigen Abberufungsvorschrift zulässig und im Falle des Vorliegens eines wichtigen Grundes rechtswirksam. Zu einer Schmälerung der gesetzlichen Rechte der Gesellschafter kommt es daher, auch wenn man in der Bestellung einen echten Satzungsbestandteil erblickt, nicht, wie es das Reichsgericht ani 197 genommen hat Was im Falle des Bestehens eines Sonderrechts im Sinnes des § 35 BGB Geltung beansprucht, muß auch im Falle des kleinen Sonderrechts rechtens sein. Denn in beiden Fällen der Verankerung der Bestellung in den körperschaftlichen Teil der Satzung der GmbH - sei es durch Einräumung eines kleinen oder eines großen Sonderrechts - im Sinne einer materiellen Gesellschaftsvertragsgestaltung bildet die Vorschrift des § 38 Abs. 2 GmbHG die zwingende 196

Vgl. Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 21 zu § 38 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 16 zu § 38 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 17 zu § 38 GmbHG; Miller in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, Rn. 108 zu §§ 35-38 GmbHG; Scholz/Schmidt, Rn. 73 zu § 46 GmbHG, wobei jedoch im Falle eines sonderberechtigten GesellschafterGeschäftsführers dies nicht gelten soll; Harde, Die Abberufung des Geschäftsführers der GmbH von der Geschäftsführung und Vertretung, S. 166 ff.; BGHZ 86, 177, 179; BGH WM 1982, 583, 584; BGH WM 1984, 29 und BGH WM 1988, 23, 25; der BGH konnte jedoch bislang die Streitfrage bei einem sonderberechtigten GesellschafterGeschäftsführer offen lassen; RGZ 124, 371, 379; OLG Düsseldorf GmbHR 1994, 245, 246; a.A. Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 14 zu § 38 GmbHG; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 319; Fischer, Das Recht der OHG als ergänzende Rechtsquelle zum GmbH-Gesetz, GmbHR 1953, S. 131, 134; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 100; wohl auch Schneider, Die Abberufung des GesellschafterGeschäftsführers einer zweigliedrigen GmbH, ZGR 1983, S. 535, 540; OLG Düsseldorf GmbHR 1924, 276; OLG München BB 1956, 938. 197 Insoweit kritisch zu dieser Entscheidung auch Jung-Senssfelder, Die Erforderlichkeit einer Gesellschaftsvertragsänderung gemäß § 53 GmbHG, S. 41 mit seiner Urteilsschelte: „Nicht sein kann, was nicht sein darf."; vgl. auch Bürkle, Rechte Dritte in der Satzung der GmbHG, a.a.O.

2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil

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Grenze der Regelungsmacht der Gesellschafter. Denn hier wie dort besteht die unabdingbare Möglichkeit, den Geschäftsführer bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ohne Satzungsänderung mit einfacher Mehrheit abzuberufen.

cc) Die Praktikabilitätserwägung der vorwiegend vertretenen Meinung Tatsächlich wurde denn auch in der späteren Rechtsprechung auf diese Argumentationsstränge nicht mehr zurückgegriffen. Soweit in neueren Entscheidungen 198 zunächst lediglich auf RGZ 44, 95 verwiesen wurde, gewinnt der Gedanke der Praktikabilität einer statutarischen Bestellung zentrale Bedeu199

tung . Nur ihn kann die überwiegend vertretene Meinung letztendlich für ihre Auffassung ins Feld führen. Schon im Urteil vom 21. Oktober 1899 wurde als weiteres Argument angeführt, daß die im Gesellschaftsvertrag vollzogene Bestellung nur gleichzeitig mit der Errichtung des Gesellschaftsvertrages geschehen und darum in ihn hinübergenommen sei. Da das Gesetz die Möglichkeit einer statutarischen Bestellung in § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG (§ 6 Abs. 2 Satz 2 GmbHG a.F.) eröffne, könnten die Gesellschafter, ohne eine Bindungswirkung zu erzeugen, hiervon ohne Rechtsnachteile Gebrauch machen. Dieser Meinung liegt aber der weitere Gedanke zwingend zugrunde, daß die im Gesellschaftsvertrag vollzogene Bestellung eigentlich nichts anderes darstellt als eine in einer Gesellschafterversammlung getroffene Wahlentscheidung zugunsten der im Gesellschaftsvertrag bezeichneten Person 200. Diese Auffassung wurde schon oben eingehend zurückgewiesen 201; um einen Wahlakt der Gesellschafter handelt es sich bei einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag grundsätzlich nicht. Die Gesellschafter haben sich vielmehr auf die statutarisch bezeichnete Person geeinigt. Daß sie diese Einigung im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben haben, spricht eher für eine körperschaftliche Bindungswirkung denn dagegen. Insoweit erscheint die Auffassung Bürkles 202 berechtigt, welche den Gründungsgesellschaftern wegen des allgemein bekannten Wissens um die Bedeutung des Gesellschaftsvertrages die Absicht einer Bindung in dem dargestellten Umfang unterstellt.

198

Vgl. RG JW 1900, 417; RG JW 1901, 410. Vgl. KG OLGE Bd. 1 (1900), S. 187; KG OLGE Bd. 3 (1901), S. 64, 65; RG JW 1909,76; OLG Frankfurt OLGE Bd. 16 (1908), S. 118, 119; RG JW 1919, 313,314. 200 So auch ausdrücklich Hachenburg/Ulmer, Rn. 17 zu § 6 GmbHG und abschwächend Hachenburg/Hüffer, Rn. 40 zu § 46 GmbHG. 201 Vgl. oben § 2 1. 202 Rechte Dritter in der Satzung der GmbH, S. 87. 199

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

Indessen kann auch das Abstellen auf bloße praktische Gesichtspunkte nicht überzeugen. Denn auch wenn man die Möglichkeit eines in der Satzung beurkundeten Bestellungsbeschlusses mit dem Argument der Praktikabilität für richtig hält, kann man von den Gründungsgesellschaftern auf jeden Fall verlangen, daß der angebliche Wahlbeschluß als solcher in der Satzung kenntlich gemacht wird. Dies könnte unschwer im Gründungsprotokoll mit einer erläuternden Anmerkung vollzogen werden, daß Herr N.N. aufgrund gleichzeitig erfolgter Wahl zum Geschäftsführer bestellt wurde. Insoweit kann deutlich die Bestellung aufgrund einer Wahl in dem Gründungsprotokoll oder in dem Protokoll anläßlich einer Satzungsänderung kenntlich gemacht werden. Gerade wegen dieser leichten Handhabung, die gesellschaftsvertragliche Bestellung eindeutig als Wahlakt zu kennzeichnen, kann sich die überwiegend vertretene Auffassung auch nicht auf Praktikabilitätserwägungen berufen. Daß im übrigen der sonderberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführer durch seine statutarische Bestellung seine ihm eingeräumte Geschäftsführungsbefugnis nicht ausweiten kann, ist einleuchtend. Denn das Sonderrecht folgt insoweit seinen eigenen Regeln; gegen eine Abberufung aus wichtigem Grund muß es sowieso zurücktreten.

dd) Eigene Meinung Kann somit die Argumentation der überwiegend vertretenen Meinung nicht überzeugen, ist nunmehr zu untersuchen, welche Bedeutung der statutarischen Bestellung unter Beachtung der vorgefundenen Ergebnisse beigemessen werden kann. Sowohl die Meinung, die in der statutarischen Bestellung einen formellen Satzungsbestandteil sieht 203 , als auch die entgegengesetzte Ansicht 204 stützen ihre Begründung letztlich auf ein den Interessen der Gesellschafter typischerweise Rechnung tragendes Ergebnis der Satzungsauslegung. Beide Meinungen kommen mit unterschiedlichen Unterstellungen des Willens der Gesellschafter mit Hilfe der von ihnen angewandten Methode einer objektiven Auslegung jeweils zu dem Ergebnis, daß die statutarische Bestellung entweder kein Indiz für eine körperschaftliche Regelung biete oder im Gegenteil dies den zwingenden Schluß auf eine gesellschaftsvertragliche Klausel zulasse. Diese Argumentationsmuster vermögen jedoch nicht zu überzeugen, denn die bisherigen Überlegungen haben die Erkenntnis hervorgebracht, daß die im Statut vollzogene Bestellung sich unmittelbar auf den Gesellschaftsvertrag in

203 204

Insbesondere die Rechtsprechung, vgl. oben § 4 2.a). Bürkle, Rechte Dritte in der Satzung einer GmbH, S. 86 ff.

2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil

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Form einer Einigung aller Gesellschafter bei Errichtung der Gesellschaft grün205

det , dies im strikten Gegensatz zu einer Bestellung aufgrund eines Bestellungsbeschlusses. Die historische Auslegung führte zu dem Ergebnis, daß in der statutarischen Bestellung ein Bestellungsbeschluß grundsätzlich nicht erkannt werden kann, da die beiden Arten der rechtsgeschäftlichen Bestellung - Bestellung aufgrund einer Wahl oder Bestellung im Gesellschaftsvertrag - ihre grundsätzliche Verschiedenheit postulieren 206 . Der Bestellung im Gesellschaftsvertrag kommt eine wesentlich andere Bedeutung zu als der Bestellung aufgrund der Vorschriften der §§46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG, denn das Gesetz geht in strikter Anlehnung an die Begründung zum Regierungsentwurf in § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG davon aus, daß beide Arten der Bestellung nicht vermengt oder gar nivelliert werden dürfen 207 . Da eine Wahlentscheidung der Gesellschafter in der statutarischen Bestellung im Grundsatz nicht erblickt werden kann, liegt in der im Gesellschaftsvertrag vollzogenen Bestellung eine Einigung der Gesellschafter auf die im Statut bezeichnete Person. Denn aufgrund des faktischen Zwanges bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages haben sich die Gesellschafter - insbesondere aufgrund der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 GmbHG - zumindest tatsächlich auf den betreffenden Geschäftsführer als Leitungsorgan der Gesellschaft geeinigt 208 . Unterstützt wird diese Betrachtung noch dadurch, daß bei der statutarischen Bestellung eine Bestellungserklärung als Ausführungshandlung im Gegensatz zu einer Bestellung aufgrund einer Wahl nicht erforderlich ist, da die Einigung der Gesellschafter auf die in der Satzung bezeichnete Person des Geschäftsführers durch die Vertragsunterzeichnung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 GmbHG fest209

gehalten und damit nach außen hin dokumentiert ist Die grundsätzliche Unterschiedlichkeit der beiden Arten der rechtsgeschäftlichen Bestellung findet lediglich dort seine Grenze, als bei beiden Bestellungsarten der Betreffende das Amt annehmen muß 210 . Für den hier interessierenden Fragenkreis nach der materiellen Satzungsqualität der statutarischen Bestellung kann dies jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung haben, denn von Seiten der Gesellschaft ist der Bestellungsvorgang abgeschlossen worden. Die An205

Vgl. oben § 2 1. Vgl. oben § 2 2. 207 Vgl. auch Hachenburg/Ulmer in Fußnote 7 zu Rn. 9 zu § 53 GmbHG, der hier zumindest in Erwägung zieht, daß aus der amtlichen Begründung sich der Schluß ableiten ließe, die statutarische Bestellung dem materiellen Bestandteil der Satzung zuzuweisen. 208 Vgl. oben § 2 2. 209 Vgl. oben § 2 3. 2,0 Vgl. oben § 2 4. 206

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

nähme des Geschäftsführeramtes zum Zeitpunkt der Entstehung der Organstellung des Geschäftsflihreramtes kann als actus posterior die einmal geschaffene Rechtslage in bezug auf die statutarische Bestellung grundsätzlich nicht in Frage stellen. Im Gegenteil zeigt sich vielmehr durch die Mitwirkungsbedürftigkeit des Betreffenden bei der Annahme des Geschäftsführeramtes als einzige Parallele bei beiden Arten der Bestellung, daß das Gesetz beiden Bestellungsarten unterschiedliche Wirkungskraft zuzuweisen gedenkt. Zieht man die grundsätzliche Funktion des Geschäftsführers als notwendiges Handlungsorgan der Gesellschaft in Betracht, so erscheint der Schluß auf die materielle Satzungsqualität der statutarischen Bestellung geboten. Die GmbH als juristische Person bedarf natürlicher Personen, um im Rechtsleben handeln zu können. Sie muß in zurechenbarer Weise am Rechtsverkehr teilnehmen, rechtserhebliches Wissen und Wollen bilden und sich äußern können und deliktsfähig sein 211 . Hierzu ist der Geschäftsführer als das Leitungsorgan der Gesellschaft berufen, ohne den ein Handeln der Gesellschaft nach außen grundsätzlich nicht in Frage kommt 212 . Der Geschäftsführer wird denn auch in der Literatur als ein unentbehrliches 213, unverzichtbares 214 oder notwendiges 215 Handlungsorgan bezeichnet. Aufgrund seines organschaftlichen Rechtsverhältnisses zur GmbH tritt der Geschäftsführer der Gesellschaft nicht als ein Fremder, nämlich willkürlich eingeschalteter Dritter, gegenüber, sondern er ist in die Organisation der juristischen Person als ein ihr zugehöriges Handlungsorgan eingebunden216. Hierin kommt seine hervorgehobene Organstellung als unentbehrlicher Teil der Verbandsorganisation der GmbH zum Ausdruck. Haben nunmehr die Gesellschafter bei der Bestellung ihres Geschäftsführers den Weg über die statutarische Bestellung genommen, so ist die körperschaftliche Einbindung des betreffenden Geschäftsführers in die Organisation der Gesellschaft als Akt der materiellen Satzungsgestaltung zu werten. Zieht man zusätzlich in Betracht, daß der Gesellschaftsvertrag als Organisationsvertrag auf-

211 Dies stellt ein unbestritten gültiges Rechtsprinzip dar, das ungeachtet zahlreicher Theorienstreitigkeiten heute allgemeine Anerkennung genießt, vgl. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 I lauf S. 212; vgl. demgegenüber noch von Savigny, System des heutigen römischen Rechts II, § 95 auf S. 317, nach dessen Ansicht die juristische Person mangels Schuldfähigkeit deliktsunfahig ist. 2,2 Staudinger/Coing, Rn. 50 zu §§ 21-89 BGB. 213 Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 I auf S. 214; Miller in Meyer-Landrut/Miller/ Niehus, Rn. 5 zu §§ 35-38 GmbHG. 2,4 Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 17 zu § 35 GmbHG. 215 Rowedder/Rittner, Rn. 3 zu § 6 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 1 zu § 35 GmbHG. 216 Flume, Die juristische Person, § 11 II auf S. 379.

2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil

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zufassen ist 2 1 7 , ist die körperschaftliche Bindungswirkung zugunsten des statutarisch bestellten Geschäftsführers positiv auszusprechen. Denn mit der Bestellung im Gesellschaftsvertrag haben die Gesellschafter alles Erforderliche getan, um den Vorgang der Bestellung von Seiten der Gesellschaft aus abzuschließen 218 . Da die Gesellschafter den Geschäftsführer gerade nicht gewählt und sich statt dessen auf den Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag geeinigt haben, ist angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der Funktion des Geschäftsführers als notwendiges Handlungsorgan der Gesellschaft die materiellrechtliche Inkorporation der statutarischen Bestellung in die Satzung der GmbH zwingend. Folge der Bestellungsalternative im Sinne eines materiellen Satzungsbestandteils ist die körperschaftsrechtliche Einbindung des Bestellungsvorganges. Aber nicht nur die Begründung sondern auch deren Aufhebung ist ein Akt der Satzungsgestaltung. Die Abberufung des Geschäftsführers ist daher den Regeln der §§53 ff. GmbHG unterworfen. Demgegenüber können rechtssystematische Erwägungen nicht durchgreifen 219 . Zwar ist die Abberufung im dritten Abschnitt des GmbHG in § 46 Nr. 5 GmbHG geregelt, während die Vorschriften über die Abänderung des Gesellschaftsvertrages im vierten Abschnitt des GmbHG niedergelegt sind. Jedoch wird durch die Erwähnung der Abberufung in § 46 Nr. 5 GmbHG eine anderweitige Regelung der Abberufung des Geschäftsführers nicht ausgeschlossen. Denn es ist unbestritten, daß der durch § 46 GmbHG gezogenen Aufgabenkreis der Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag innerhalb der zwingenden Grenzen des Rechts abgeändert werden kann 220 . Gerade § 45 GmbHG in Verbindung mit § 46 GmbHG will nur für den Fall eine Regelung treffen, wo gesellschaftsvertragliche Abreden nicht getroffen worden sind. Hiervon geht auch das Gesetz aus, als es in § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG neben einem Wahlverfahren auch die andere Art der Bestellung im Gesellschaftsvertrag als statutarische Bestellung eröffnet. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht, denn insoweit muß die Vorschrift als zwingend angesehen werden, wofür auch schon der klare Wortlaut des „entweder - oder" spricht. Wird jedoch eine gesellschaftsvertragliche Bestellung vorgenommen, so ist hierin eine materielle Satzungsgestaltung grundsätzlich zu erkennen. Demgegenüber haben es die Gesellschafter in der Hand, die statutarische Bestellung mittels deutlicher Kennzeichnung im Vertragswerk der GmbH als Akt eines Wahlverfahrens zu qualifizieren. Denn das Gesetz stellt beide Wege zur Verfügung: Zum einen 217

Vgl. oben § 4 l.a). Vgl. oben § 2 4. 219 Vgl. Hammen, Zur Begründung von (organschaftlichen) Rechten Dritter im Gesellschaftsvertrag einer GmbH, WM 1994, S. 765, 770. 220 Vgl. statt aller Hachenburg/Hüffer, Rn. 33 zu § 45 GmbHG. 2,8

6 Müller

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

können die Gesellschafter ihren Geschäftsführer mit der Folge wählen, daß sie ihre Wahlentscheidung mittels eines actus contrarius - der Abwahl - in gleicher Form revidieren können. Zum anderen haben die Gesellschafter die Möglichkeit der Bestellung als materieller Satzungsakt, was jedoch die umgekehrte Folge zeitigt, eine Abberufung ebenfalls wie die im Gesellschaftsvertrag bewirkte Bestellung im Rahmen des § 53 GmbHG vollziehen zu können und zu müssen. Nur dadurch erlangen die beiden unterschiedlichen Bestellungsarten die im Gesetz angelegte und ihnen zugedachte Wirkungskraft 221 . Eine nicht gerechtfertigte Nivellierung der beiden unterschiedlichen Bestellungsarten bleibt damit vermieden.

ee) Die Bestellung eines Fremdgeschäftsführers Auch im Falle der statutarischen Bestellung eines Fremdgeschäftsführers kann nichts anderes gelten. In der Literatur wird diesem Gesichtspunkt kaum 222

Beachtung geschenkt , während die Rechtsprechung bisher mit einem solchen Fall noch nicht befaßt worden ist. Ausgehend von dem im GmbH-Gesetz in § 6 Abs. 3 Satz 1 GmbHG niedergelegten Grundsatz der Drittorganschaft ist die Bestellung eines Gesellschafters oder eines Nichtgesellschafters als Geschäftsführer als gleichwertig anzusehen. Bei Kapitalgesellschaften - im Gegensatz zu Personalgesellschaften - spielt die Frage nach der Verbandszugehörigkeit des Geschäftsführers daher im Grundsatz keine ausschlaggebende Rolle 2 2 3 . Auch bei der statutarischen Bestellung eines Fremdgeschäftsführers können sich die Gesellschafter für die eine oder die andere Art der Bestellung entscheiden. An diese Entscheidung sind sie jedoch mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen gebunden. Ein Unterschied zum Gesellschafter-Geschäftsführer liegt daher insoweit nicht vor. Das GmbH-Gesetz stellt dies denn auch systematisch in § 6 Abs. 3 GmbHG durch die Verbindung des Satzes 1 und des Satzes 2 in diesem Absatz klar. Nachdem zunächst geregelt wird, wer bestellt werden kann, wird sodann im Anschluß bestimmt, wie die Bestellung vollzogen wird. Die statutarische Bestellung eines Fremdgeschäftsführers bewirkt da221 Vgl. Hachenburg/Ulmer, Fußnote 9 zu Rn. 7 zu § 53 GmbHG, der die Problematik nicht verkennt. 222 Vgl. Scholz/Schneider, Rn. 27 ff. zu § 6 GmbHG, der wohl die Bestellung in der Satzung überhaupt ablehnt (a.a.O., Rn. 34); Lutter-Hommelhoff, Rn. 22 zu § 6 GmbHG; Rowedder/Rittner, Rn. 18 zu § 6 GmbHG; Hachenburg/Ulmer, Rn. 17 zu § 6 GmbHG, jedoch wohl einschränkend nur auf den Gesellschafter-Geschäftsführer, vgl. dens. in Rn. 18, a.a.O.; eindeutig Hueck in Baumbach/Hueck, Rn. 14 zu § 6 GmbHG: "Auch die Bestellung eines Fremdgeschäftsführers ist im Zweifel nur formeller Satzungsbestandteil". 223 Schlegelberger/Schmidt, Rn. 5 zu § 105 HGB; A. Hueck, Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft, § 20 I auf S. 278 f.; BGHZ 26, 330, 333 und BGHZ 51, 198, 200.

2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil

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her die gleichen Rechtsfolgen wie die Bestellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers. Bedenken gegen eine materielle Satzungsgestaltung eines im Gesellschaftsvertrag bestellten Nichtgesellschafters können auch nicht aus der spezifisch gesellschaftsrechtlichen Überlegung abgeleitet werden, daß in diesem Falle einem Dritten ein satzungsgemäßes Recht - also etwa ein Sonderrecht nach § 35 BGB - eingeräumt werden würde 224 . Denn dem Dritten wird durch die Gestaltung einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materiellem Satzungsbestandteil kein Sonderrecht nach § 35 BGB gewährt, dessen entscheidendes Kriterium gerade in der Unentziehbarkeit der Rechtsposition ohne seine Zustimmung zu erkennen ist. Der Dritte hat bei der gewählten Gestaltung kein Recht auf die Geschäftsführerposition, sondern es wird ihm lediglich ein Rechtsreflex 225 im Sinne eines erhöhten Bestandsschutzes gewährt. Sinn der Gestaltung ist es gerade, daß die Gesellschafter sich auf den so bestimmten Geschäftsführer geeinigt haben. Demgemäß hat es jeder Gesellschafter in der Hand, gegen einen unter Satzungsverstoß zustande gekommenen Abwahlbeschluß mit dem Mittel der Anfechtungsklage vorzugehen 226 , was wiederum dem so abberufenen Geschäftsführer als Rechtsreflex zugute kommt. Auch aus der schuldrechtlichen Bestimmung des § 328 B G B 2 2 7 lassen sich keine durchgreifenden Bedenken gegen den vorgeschlagenen Lösungsweg erkennen. Wie oben dargelegt 228 , ist der Gesellschaftsvertrag nicht lediglich ein Schuldvertrag im Sinne der §§ 305 BGB f f , sondern er stellt einen Organisationsvertrag dar, der die künftige Verfassung der GmbH schafft. Das vertragliche Element des Gesellschaftsvertrags tritt dabei zurück und das körperschaftliche

224

Vgl. aus der umfangreichen Diskussion über die Zulässigkeit der Begründung von Rechten für Dritte in der Satzung einer GmbH insbesondere: Ulmer, Begründung von Rechten für Dritte in der Satzung einer GmbH ?, S. 911 ff; Bai er, Inhalt der GmbH-Satzung, S. 55 ff.; Beuthien/Gätsch, Vereinsautonomie und Satzungsrechte Dritter, ZHR 156 (1992), S. 459, 477 (für die GmbH); Hammen, Zur Begründung von (organschaftlichen) Rechten Dritter im Gesellschaftsvertrag einer GmbH, WM 1994, S. 765 ff; jeweils mit eingehenden Nachweisen zu Rechtsprechung und Literatur. 225 Vgl. hierzu oben § 7 l.c). 226 Vgl. die Rechtsprechung des BGH zur ausschließlichen Anfechtungsbefugnis der Gesellschafter bei Gesetz- oder Satzungsverstößen in BGHZ 154, 159. 227 Siehe hierzu die Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ 169, 65, 82 f.: Das Gericht geht davon aus, daß in der Satzung der GmbH Rechte für Nichtgesellschafter mit unmittelbarer Wirkung gemäß § 328 BGB nicht begründet werden können. Hierzu ist ebenfalls zu sagen, daß es bei der vorliegenden Gestaltungsalternative nicht um die Einräumung von Rechten an Dritten geht, sondern daß der statutarisch bestimmte Geschäftsführer insoweit einem ihm zuteil werdenden Rechtsreflex genießt. 228 Vgl. §4 La). 6*

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

Element der Verfassung des Verbandes bildet den die Gesellschaft konstituierenden Charakter des Gesellschaftsvertrags. Insbesondere wegen seiner Bindungswirkung für die Rechte und Pflichten aller späteren Anteilserwerber ist der Gesellschaftsvertrag als ein Vertrag besonderer Art, mithin als Organisationsvertrag, einzustufen. Wegen dieses Charakters des Gesellschaftsvertrages als Organisationsstatuts müssen die Organisationsakte den körperschaftlichen Prinzipien des Organisationsrechts folgen, so daß das einschränkende Regelungswerk der §§ 328 ff. 229

BGB nicht zur Anwendung gelangen kann . Die Bestellung als Organisationsakt muß daher losgelöst von den schuldrechtlichen Bestimmungen des BGB betrachtet werden. Bei der gesellschaftsvertraglichen Bestellung ist der Organisationsakt der Bestellung Bestandteil des Gesellschaftsvertrages gerade nicht im Sinne eines schuldrechtlichen Vertrages sondern im Sinne des Organisationsstatutes der GmbH. Denn durch die statutarische Bestellung als materiellem Satzungsbestandteil wird die Frage einer Regelung unterworfen, inwieweit die Satzung Organkompetenzen für den Geschäftsführer begründet und ebenfalls die Frage entschieden, daß die Funktion des Geschäftsführeramtes durch einen Nichtgesellschafter ausgeübt wird. Ein ad personam an einen Dritten gewährtes Recht wird 230

durch die im Gesellschaftsvertrag erfolgte Bestellung nicht begründet dern der Rechtsreflex eines erhöhten Bestandsschutzes wird vermittelt.

, son-

f) Das Prinzip der Rechtssicherheit bei Änderung der Rechtsprechung Die hier zugrundegelegte Rechtsauffassung könnte jedoch insoweit Bedenken ausgesetzt sein, als eine Änderung der Rechtsprechung zu einer gewissen Rechtsunsicherheit bei gegenwärtig bestehenden Gesellschaften bezüglich des Rechtszustandes der statutarisch bestellten Geschäftsführer mit sich bringen würde 231 . Insoweit bietet sich jedoch eine Lösung an, wie sie der Zweite für das

229

So auch Beuthien/Gätsch, a.a.O., S. 469 f.; a.A. Ulmer, a.a.O., S. 923 f.; a.A. wohl auch Hammen, a.a.O.; jedoch liegt seinem Beitrag zur Anwendung von § 328 Abs. 1 BGB im Kapitalgesellschaftsrecht die These einer rein rechtsgeschäftlichen Betrachtungsweise des Gesellschaftsvertrages zugrunde (siehe Fußnote 7 in WM 1994, S. 765). 230

2 3 1Deutlich

die Differenzierung bei Ulmer, a.a.O., S. 923. Die Stetigkeit der Rechtsprechung als Element des Rechtsstaatsprinzips wird insbesondere in der Steuerrechtsprechung betont, vgl. die Große Senatsentscheidung bezüglich der Erbauseinandersetzung GrS BFH NJW 1991, 249, 253.

2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil

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Gesellschaftsrecht zuständige Senat des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung zu den Zwei-Mann-Ausschüssen des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft getroffen hat 232 . Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs können nach geltendem Aktienrecht Entscheidungsbefugnisse des Aufsichtsrates nur auf Drei-Mann-Ausschüsse übertragen werden. Demnach waren Entscheidungen von Zwei-Mann-Ausschüssen unzulässig; die von ihnen abgeschlossenen Anstellungsverträge zwischen der Aktiengesellschaft und ihren Vorständen waren somit nichtig. Gleichwohl hat der Bundesgerichtshof die in Unkenntnis dieser Rechtslage abgeschlossenen Verträge als wirksam behandelt, da eine Berufung auf die Nichtigkeit gegen Treu und Glauben verstoßen hätte. Überträgt man diesen Rechtsgedanken auf die Fallgestaltung der Bestellung Im Gesellschaftsvertrag, so können die alten Gesellschaftsverträge in bezug auf die gesellschaftsvertraglich vollzogene Bestellung nicht die Folge zeitigen, daß sich nunmehr die Geschäftsführer auf ihre Satzungsgrundlage berufen können. Zwar wird in der notariellen Praxis aus Gründen der vorsorglichen Streitvermeidung zu Recht darauf hingewiesen, eine Bestellung möglichst nicht in der 233

Satzung festzuschreiben . Jedoch kann angesichts der seit langem insbesondere in der Rechtsprechung vertretenen Meinung in bezug auf eine statutarische Bestellung als lediglich formeller Bestandteil einer Berufung auf Rechtsunkenntnis der Erfolg nicht versagt bleiben. So kann die Gesellschaft der Berufung eines Beteiligten auf die materiell-rechtliche Qualität der statutarischen Bestellung den Einwand eines Treu und Glauben widersprechenden Verhaltens mit Erfolg entgegensetzen. Damit ist dem Gedanken der Rechtssicherheit als Element des Rechtsstaatsprinzips gebührend Rechnung getragen. g) Ergebnis Die enge Verbindung der statutarischen Bestellung zum körperschaftlichen Bereich ist unverkennbar. In der Ablehnung einer Wahl wird durch die Gesellschafter zugleich zum Ausdruck gebracht, daß die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil erfolgt ist. Dies ist jedoch entgegen einer weit verbreiteten Auffassung nicht das Ergebnis einer Satzungsauslegung sondern folgt aus der gesetzlichen Konzeption der beiden unterschiedlichen

232 Vgl. BGHZ 65, 190, 195; ähnlich auch schon BGHZ 41, 282, 285 ff. zur Behandlung eines vom Aufsichtsratsvorsitzenden ohne Aufsichtsratsbeschluß abgeschlossenen und damit fehlerhaften Anstellungsvertrags, der BGH erkennt zwar auf Nichtigkeit des Vertrags, jedoch wird er so behandelt, als wäre er wirksam. 233 Vgl. Haidenhain/Meister in Münchener Vertragshandbuch auf S. 321.

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§ 4 Der Geltungsgrund der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

Arten der rechtsgeschäftlichen Bestellung. Die statutarische Bestellung ist dem echten Bestandteil des Gesellschaftsvertrages zuzuweisen mit der Folge des grundsätzlichen Eingreifens der für Satzungsänderungen geltenden Vorschriften der §§ 53, 54 GmbHG. Wollen die Gesellschafter trotz der statutarischen Bestellung diesen Vorgang als einen Wahlakt qualifizieren, so liegt es an ihnen, dies deutlich in der Satzung zum Ausdruck zu bringen.

§ 5 Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag unter dem Gesichtspunkt der Abberufungsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag hat - wie oben dargelegt - grundsätzlich ihren Geltungsgrund in der Satzung als materieller Bestandteil des Gesellschaftsvertrages. Dieses zugunsten des im Statut der GmbH bezeichneten Geschäftsführers niedergelegte kleine Sonderrecht bewirkt eine Einschränkung des Grundsatzes der freien Abberufbarkeit des Geschäftsführers nach § 38 Abs. 1 GmbHG. Das Leitungsorgan der Gesellschaft ist aufgrund der statutarischen Bestellung in das Organisationsgefüge der GmbH fest eingegliedert, so daß eine Änderung des Amtes des im Statut als Geschäftsführer Bestellten nur in den Grenzen der §§53 ff. GmbHG zulässig ist. Dabei stellt sich sodann die Frage, ob in einer derartigen statutarischen Bestellung auch eine Widerrufsbeschränkung des Amtes des Geschäftsführers im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG gesehen werden kann. Dann wäre der statutarisch bestellte Geschäftsführer nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes abberufbar. Die statutarische Bestellung erwiese sich zugunsten des Geschäftsführers nicht nur als ein formeller - durch das Aufstellen qualifizierter Mehrheitserfordernisse bewirkter - Schutz, sondern auch als materielle Abwehrschranke gegen willkürliche Abwahlentscheidungen der Gesellschafter. Bevor dieser Frage nachgegangen werden kann, ist zunächst eine Untersuchung darüber erforderlich, ob auch zugunsten eines Fremdgeschäftsführers die Abberufung vom Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG im Gesellschaftsvertrag abhängig gemacht werden kann.

1. Die Abberufungsbeschränkung zugunsten eines Fremdgeschäftsführers a) Meinungsstand in Rechtsprechnung und Literatur Inwieweit in der Satzung 234 der GmbH Abberufungsbeschränkungen zugunsten eines Fremdgeschäftsführers im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG getrof-

234 Die heute wohl ganz allgemeine Meinung geht davon aus, daß eine Einschränkung wegen des klaren Wortlauts des § 38 Abs. 2 GmbHG mit gesellschaftlicher Wir-

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§

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Abberufungsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG

fen werden können, ist streitig. Die überwiegende Meinung vertritt den Standpunkt, daß eine Beschränkung der Abberufung auf wichtige Gründe auch bezüglich eines Fremdgeschäftsführers zulässig ist 235 . Dafür streite schon der Wortlaut der Vorschrift, der eine Unterscheidung zwischen Fremdgeschäftsführer und Gesellschafter-Geschäftsführer nicht nahelege. Dies entspreche gerade vielmehr dem im Kapitalgesellschaftsrecht geltenden Grundsatz der Drittorganschaft, der eine organschaftliche Vertretung auch durch Nichtgesellschafter unbeschränkt zulasse. Im übrigen stehe es den Gesellschaftern frei, den Geschäftsführern eine vorstandsähnliche Stellung im Sinne des Leitungsorgans einer Aktiengesellschaft einzuräumen. Demgegenüber vertreten Schönle/Ensslin236 die Ansicht, daß die betreffende Vorschrift nur auf einen Gesellschafter-Geschäftsführer angewendet werden 237

könne . Die Einschränkung der Entziehbarkeit von weitreichenden Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnissen könne grundsätzlich nur in einer Gesellschafterstellung des Begünstigten seine Rechtfertigung finden. Dies ergebe sich aus einer Gesamtschau der einschlägigen Vorschriften. Im Recht der OHG sei eine Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers gemäß §§ 117, 127 HGB nur aus wichtigem Grunde möglich, hingegen sei bei einem geschäftsführenden Nichtgesellschafter der Widerruf jederzeit zulässig. Diese unterschiedliche Behandlung zwischen Gesellschafter und Nichtgesellschafter setze sich beim Widerruf der Prokura fort: Nach der zwingenden Regelung des § 52 HGB könne ein Widerruf gegenüber einem Nichtgesellschafter jederzeit erklärt werden; kung nicht außerhalb der Satzung, etwa in einem Anstellungsvertrag, getroffen werden kann; vgl. Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 31 zu § 38 GmbHG; Scholz/Schneider, Rn. 54 zu § 38 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 8 zu § 38 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 4 zu § 38 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 10 zu § 38 GmbHG; die von Fleck (vgl. Zur Abberufung des GmbH-Geschäftsführers, GmbHR 1970, 221, 224) vertretene Gegenansicht hat ders. in ZGR 1988, 104, 123 (Schuldrechtliche Verpflichtungen der GmbH im Entscheidungsbereich der Gesellschafter) aufgegeben. 235 Vgl. Scholz/Schneider, Rn. 40 zu § 38 GmbHG; Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 70 zu §38 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 8 zu § 38 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 9 zu § 38 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 5a zu § 38 GmbHG; Westermann/Pöllath, Die Abberufung und Ausschließung von Gesellschaftern/Geschäftsführern in Personengesellschaften und GmbH, S. 54; Fleck, a.a.O., GmbHR 1970, S. 221, 222; OLG Köln ZIP 1988, 1122, 1125. 236 Vgl. Nochmals: Zur Abberufung Eines Gesellschafter-Geschäftsführers gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG, GmbHR 1969, S. 103, 104 ff.; zustimmend Reuter, Die „Wesenselemente" der Personengesellschaft in der neueren Rechtsprechung, GmbHR 1981, S. 120, 121. 237 Vgl. auch Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, S. 476, der in einer satzungsmäßigen Beschränkung lediglich eine innergesellschaftliche Regel sieht, die nur einen Gesellschafter in seiner Funktion als Gesellschafter bei Vorliegen eines Satzungsverstoßes zur Anfechtung berechtige; im folgenden Vogel, Anm. 7 zu § 38 GmbHG.

1. Fremdgeschäftsführer

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lediglich bei einer gesellschaftsvertraglich erteilten Prokura sei der Widerruf auf wichtige Gründe beschränkbar. Bei der Aktiengesellschaft sei zwar durch das AktG von 1937 der früher geltende Grundsatz der freien Widerruflichkeit der Vorstandsmitglieder begrenzt worden, jedoch folge aus § 84 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz AktG (Widerruf auch bei Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung), daß der wichtige Grund keine Ausnahme von der aufgestellten Regel darstelle.

b) Stellungnahme Die von Schönle/Ensslin vertretene Ansicht vermag nicht zu überzeugen. Der Hinweis auf die Rechtslage bei der Offenen Handelsgesellschaft fuhrt nicht weiter, denn im Personengesellschaftsrecht gilt der zwingende Grundsatz der Selbstorganschaft 238. Da hiernach nur persönlich haftende Gesellschafter zur organschaftlichen Vertretung der Handelsgesellschaft befugt sind, erübrigt sich insoweit eine Regelung für Nichtgesellschafter. Schlüsse für die GmbH können hieraus nicht gezogen werden, da hier gerade auch Dritte zur organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft bestellt werden können. Denn dies entspricht dem im Recht der Kapitalgesellschaft geltenden Grundsatz der Drittorganschaft. Entgegen Schönle/Ensslin zeigt gerade die aktienrechtliche Regelung, daß das zu Unrecht abberufene Vorstandsmitglied gemäß § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG gegen die Gesellschaft Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufs erheben kann. Dies gilt gerade auch für einen Nichtgesellschafter. Im Recht der GmbH kann jedenfalls ein Gesellschafter den Abberufungsbeschluß unter Geltendmachung eines Satzungsverstoßes anfechten und so die Rechtsstellung des Fremdgeschäftsführers verteidigen. Dies zeigt, daß seine Rechtsposition, wenn auch nicht durch ihn selber aber doch durch einen Gesellschafter, ebenfalls in einem gerichtlichen Verfahren geklärt werden kann. Im übrigen ist der Verweis auf das Aktienrecht nicht zwingend, da nach jetzt geltender Rechtslage im Gegensatz zum Recht der GmbH nicht vom Grundsatz der freien Abberufbarkeit im Aktienrecht ausgegangen werden kann. Im GmbH-Recht kann vielmehr dieser Grundsatz in den Grenzen des § 38 Abs. 2 GmbHG einer abgestuften Regelung zugeführt werden. Insoweit können dem Recht der Aktiengesellschaft für die Auslegung des § 38 Abs. 2 GmbHG wegen der grundsätzlichen Verschiedenheit der Ausgangspositionen keine ausschlaggebenden Argumente entnommen werden. Die Ausführungen von Schönle/Ensslin zielen im Grunde genommen darauf ab, in einer Widerrufsbeschränkung ein unentziehbares Recht des Begünstigten zu sehen. Dies ergibt sich daraus, daß das von ihnen für richtig gehaltene Er238

Vgl. statt aller Schlegelberger/Schmidt, Rn. 5 zu § 125 HGB m.w.N.

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5 Abberufungsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG

gebnis damit bestätigt wird, daß einem Nichtgesellschafter auch kein satzungsgemäßes Sonderrecht eingeräumt werden kann. Um ein Sonderrecht geht es aber bei § 38 Abs. 2 GmbHG nicht, denn diese Satzungsbestimmung kann unter den Voraussetzungen der §§53 ff. GmbHG ohne Zustimmung des Geschäftsführers aufgehoben werden. Ebenso geht der Hinweis auf eine ProkuraErteilung an einen Gesellschafter oder Nichtgesellschafter fehl. Auch hier vermengen die Autoren in unzulässiger Weise ein gesellschaftliches Sonderrecht mit den Abberufungsregeln. Mit dieser Argumentation kann jedoch nicht der Nachweis für ihre Behauptung erbracht werden. Damit tritt das gleiche Mißverständnis offen zu Tage, wie es schon bei der Erörterung der statutarischen Bestellung aufgetreten ist. Statutarische Klauseln, die sich zugunsten des statutarisch bestellten Geschäftsführers auswirken, werden ihrer Satzungsqualität mit dem unzutreffenden Verweis auf ein mögliches Sonderrecht des Begünstigten entkleidet. Kann mithin gegen die Zulässigkeit einer Abberufungsbeschränkung zugunsten eines Fremdgeschäftsführers nichts eingewandt werden, so sprechen neben dem keine Einschränkung andeutenden Wortlaut der Regelung - in der Sache überzeugende Gründe für eine Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 38 Abs. 2 GmbHG auf den Fremdgeschäftsführer. Es stellt ein legitimes Bedürfnis dar, durch eine solche Klausel die Kontinuität der Geschäftsführung sicherzustellen 239. Denn ist dem Fremdgeschäftsführer eine satzungsfeste Regelung zu seinen Gunsten gewährt, so wird seine Position gegenüber der Gesellschaft gestärkt. Er ist hier nicht nur auf schuldrechtliche Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag verwiesen, sondern die Satzungsgrundlage vermittelt jedenfalls einem Gesellschafter die Möglichkeit, gegen Abwahlbeschlüsse, die einen Verstoß gegen die Satzung darstellen, im Wege der Anfechtungsklage vorzugehen. Dieser zugunsten des Fremdgeschäftsführers vorliegende Rechtsreflex sichert naturgemäß dem Geschäftsführer eine starke Machtposition, wenn er nur einen der Gesellschafter auf seine Seite ziehen kann. Die Festigung der Position des Fremdgeschäftsführers kann insbesondere bei einer größeren Zahl von Gesellschaftern wünschenswert sein, um die Geschäftsführung zugunsten des Unternehmens enger an das objektive Gesellschaftsinteresse zu binden. Denn beispielsweise kann es bei einer Erbfolge zu einer Zersplitterung der Gesellschaftsanteile oder zumindest zu einer Aufteilung in verschiedene Gesellschafterstämme kommen, so daß die unterschiedlichen Einzelinteressen schwer zu bündeln oder gar zu einigen sind. Gerade dann ist eine starke Stellung eines Fremdgeschäftsführers im Interesse des Unternehmenserfolges notwendig. Weitere anerkennenswerte Fallgestaltungen sind ebenfalls denkbar: Man denke nur an eine zugunsten eines Kreditgebers ge239 Fleck, a.a.O., S. 222; ebenso OLG Köln, a.a.O. im Anschluß an Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 5a zu § 38 GmbHG.

2. Die Bestellung als Abberufungsbeschränkung

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schaffene Regelung, bei welcher zur Interessenwahrung des Kreditgebers ein Treuhänder als Fremdgeschäftsführer fungiert. Angesichts dessen erfordern es die Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, daß es im Belieben der Gesellschafter stehen muß, aus welchen Erwägungen sie einem Fremdgeschäftsfuhrer den Abberufungsschutz des § 38 Abs. 2 GmbHG gewähren wollen.

2. Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als Abberufungsbeschränkung a) Darstellung der überwiegend vertretenen Auffassung Legt man den Ausgangspunkt der überwiegend vertretenen Ansicht zugrunde, die der statutarischen Bestellung keine besondere Bedeutung beimißt, erscheint es nur folgerichtig, der Bestellung im Gesellschaftsvertrag auch insoweit keinerlei Indizwirkung bezüglich einer Widerrufsbeschränkung gemäß § 38 Abs. 2 GmbHG zukommen zu lassen. Eine Beschränkung des Grundsatzes der freien Widerruflichkeit nach § 38 Abs. 1 GmbHG ergibt sich nach dieser Ansicht aus einer Bestellung im Gesellschaftsvertrag nicht. Diese Feststellung wird ausdrücklich nur von Lutter-Hommelhoff getroffen 240 , die sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs 241 beziehen. Die Bezugnahme überzeugt jedoch nicht: Der Kläger begehrte in diesem Fall die Feststellung eines ihm eingeräumten unentziehbaren Mitgliedschaftsrechtes; der Bundesgerichtshof führte unter Hinweis auf ein älteres Urteil 2 4 2 aus, daß die Tatsache der Bestellung im Gesellschaftsvertrag allein noch kein solches Recht zu begründen vermag. Wiederum zeigt sich hier die Vermischung der Sonderrechtsproblematik mit der körperschaftlichen Regelung der statutarischen Bestellung 243 , die sich schon oben bei der Erörterung des Geltungsgrundes der statutarischen Bestellung gezeigt hat 244 . Die statutarische Bestellung bewirkt die materiell-rechtliche Position des im Statut als Geschäftsführer Bezeichneten. Damit ist er zwar in die Organisationsverfassung der Gesellschaft mit kör-

240

Rn. 9 zu § 38 GmbHG; keine Stellungnahme bei Rowedder/Koppensteiner und Scholz/Schneider. 241 BGH WM 1981,438, 439. 242 BGH WM 1968,1350 = NJW 1969, 131; auch in diesem Falle ging der Streit der Parteien um ein Sonderrecht. 243 Einseitig ebenfalls nur die Sonderrechtsfragen im Auge Miller in MeyerLandrut/Miller/Niehus, Rn. 116 zu §§ 35-38 GmbHG und Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 5 zu § 38 GmbHG. Hachenburg/Mertens (7. Aufl.) verweist gleichfalls auf das Sonderrecht auf Geschäftsführung (Rn. 40 zu § 38 GmbHG). 244 Vgl. oben § 4 2.d).

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§

5 Abberufungsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG

perschaftlicher Wirkung eingebunden, jedoch erlangt er hierdurch noch kein gesellschaftsrechtliches Sonderrecht im Sinne des § 35 BGB. Zu unterscheiden sind hier zwei gesellschaftsrechtliche Institute. Dies ergibt sich schon daraus, daß eine Satzungsregelung nach § 38 Abs. 2 GmbHG im Gegensatz zu einem Sonderrecht auch ohne Zustimmung des Begünstigten aufgehoben werden kann 245 . Denn mangels eines Sonderrechts sind die Gesellschafter in ihrer Satzungsgestaltung im Grundsatz 246 frei.

b) Das Regel-Ausnahme-Prinzip der Abberufung im Sinne des § 38 GmbHG Legt man jedoch die hier vertretene Meinung, die die statutarische Bestellung dem körperschaftlichen Bereich zuordnet und damit einen materiellen Satzungsbestandteil in ihr erkennt 247 , zugrunde, bedarf die eingangs dargelegte überwiegend vertretene Ansicht einer näheren Überprüfung. Die Vorschrift des § 38 GmbHG postuliert in ihrem ersten Absatz als Regel, daß der Geschäftsführer zu jeder Zeit abberufen werden kann. Damit wird der Grundsatz der freien Widerruflichkeit der Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH positiv-rechtlich niedergelegt. Dieser besagt, daß der Geschäftsführer der Gesellschaft ohne Vorliegen von Gründen 248 jederzeit mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen abgewählt werden kann. Der Grundsatz der freien Abberufbarkeit von der Organstellung gemäß §38 Abs. 1 GmbHG beruht auf der Regelungskonzeption des Normalstatuts einer GmbH. Die inneren Verhältnisse der Gesellschaft werden vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelungen vom Gesetz in bezug auf die beiden Gesellschaftsorgane - Gesamtheit der Gesellschafter und Geschäftsführer - hierarchisch ausgestaltet. Der Geschäftsführer als das bestellte Organ der Gesellschaft ist in bezug auf den Umfang und die Ausübung seiner Funk245 Zwar besteht auch beim Sonderrecht die Möglichkeit der Abberufung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes; jedoch ist die Widerrufsbeschränkung des § 38 Abs. 2 GmbHG qualitativ wegen ihrer Aufhebbarkeit in den Formen des § 53 GmbHG schwächer. Dies kann jedoch nicht zu einer Nivellierung der beiden Rechtsinstitute fuhren (den Unterschied zu Recht betonend Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 7 zu § 38 GmbHG). 246 Zu den Einschränkungen vgl. unten § 6. 247 Vgl. oben § 4. 248 Einschränkungen können sich lediglich dann ergeben, wenn die Abberufung sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB ist oder unter das Schikaneverbot des § 226 BGB fällt (vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 2 zu § 38 GmbHG; a.A. Limbach, Nochmals: Zur Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers, GmbHR 1968, S. 181, 182 bei der Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers bei einer personal istisch ausgestalteten zweigliedrigen GmbH).

2. Die Bestellung als Abberufungsbeschränkung

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tionen vom Willen der Gesellschaft, also von der Gesamtheit der Gesellschafter, abhängig 249 . Im Normalstatut der GmbH ist der Geschäftsführer den Gesellschaftern untergeordnet 250. Demgegenüber ist die Gesellschafterversammlung oberstes Organ der Gesellschaft 251. Diese Regelungskonzeption des Normalstatuts einer GmbH schlägt sich in zweifacher Weise bei der Festlegung der inneren Struktur der Gesellschaft im GmbH-Gesetz nieder. Zum einen sichert im Innen Verhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer das Weisungsrecht gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG den Gesellschaftern die Kontrolle über die GmbH. Zum anderen wird bezüglich der Außenwirkungen der organschaftlichen Vertretungsmacht unter demselben Gesichtspunkt der Herrschaftssicherung der Gesellschafter den Gesellschaftern das Recht eingeräumt, den Geschäftsführer jederzeit gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG abzusetzen. Da die Vertretungsmacht des Geschäftsführers gemäß § 37 Abs. 2 GmbHG nach außen unbeschränkt und unbeschränkbar ist, stellt 252

die jederzeitige freie Widerruflichkeit einen Ausgleich für die nach außen unbeschränkbare organschaftliche Vertretungsmacht bereit 253 . Denn durch den Grundsatz der freien Abberufbarkeit sollen die Gefahren abgewendet werden, die der Gesellschaft aus der Machtstellung des Geschäftsführers drohen kön254

nen Eine Abberufungsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG bedeutet dementsprechend eine Abweichung vom gesetzlichen Normalstatut der GmbH 2 5 5 . Denn von der Regel der freien Abberufbarkeit bildet deren Einschränkung die Ausnahme. Die satzungsmäßige Einschränkung des Grundsatzes der freien Widerruflichkeit der Organstellung gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG ist dem körperschaftsrechtlichen Bereich zuzuordnen, da die gesellschaftliche Organisation, nämlich die Frage der Abberufbarkeit aus einer Organstellung, als Teil der körperschaftlichen Verfassung geregelt wird 2 5 6 . Körperschaftliche Satzungsklauseln sind nach überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur rein objektiv auszulegen257. Der Grund hierfür 249

Vgl. Regierungsbegründung zum Gesetzentwurf für das GmbHG, Stenografische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/1892, Fünfter Anlagenband, S. 3748. 250 Hueck, Gesellschaftsrecht, § 36 I auf S. 352. 251 Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 36 I 2 auf S. 892. 252 Schönle/Ensslin, Zur Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG, GmbHR 1968, S. 23, 25. 253 Lutter-Hommelhoff, Rn. 2 zu § 38 GmbHG. 254 Feine, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, S. 475. 255 Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 40 zu § 38 GmbHG. 256 Vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 10 zu § 38 GmbHG. 257 Vgl. statt aller Hachenburg/Ulmer, Rn. 138 ff. zu § 2 GmbHG.

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§ 5 Abberufungsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG

liegt darin, daß der Gesellschaftsvertrag einer GmbH, mindestens soweit er körperschaftliche Angelegenheiten behandelt, für einen unbestimmten Personenkreis, insbesondere für die Gläubiger und künftigen Gesellschafter, bestimmt ist und deshalb nur einheitlich ausgelegt werden kann 258 . Aus dem körperschaftlichen Charakter der Regelung folgt zugleich, daß für ihre Auslegung Umstände, die außerhalb der Vertragsurkunde liegen und nicht allgemein erkennbar sind, ausscheiden müssen 259 . Auch für die Satzung einer FamilienGmbH, die einen strikt personalistischen Einschlag hat, gilt nichts anderes 260. Inwieweit eine Einschränkung des Grundsatzes der freien Widerruflichkeit der Organstellung des Geschäftsführers erfolgt, liegt im Gestaltungsermessen der Gesellschafter. Dabei ist jedoch § 38 Abs. 2 GmbHG als zwingende Grenze zu beachten. Die Abberufung des Geschäftsführers bei Vorliegen eines wichtigen Grundes muß stets zulässig bleiben 261 . Es ist aber allgemein anerkannt, daß bei der satzungsgemäßen Einschränkung der freien Abberufbarkeit des Geschäftsführers Zwischenlösungen zwischen der freien Widerruflichkeit der Organstellung und der Beschränkung auf wichtige Gründe zulässig sind 262 . So muß der Widerruf nicht vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig gemacht werden. Es kann auch zum Beispiel in der Satzung bestimmt werden, daß die Abberufung nur dann zulässig ist, wenn vernünftige sachliche Gründe gegeben sind. Damit steht als Zwischenergebnis fest, daß es sich hier um ein Auslegungsproblem der Satzung handelt. Ob eine Einschränkung der Abberufbarkeit im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG durch den Gesellschaftsvertrag erfolgt ist, ist mangels einer ausdrücklichen Bestimmung nach der objektiven Auslegungsmethode zu entscheiden. Dabei müssen besondere Anhaltspunkte für dessen Vorliegen streiten 263 . Dem ist grundsätzlich zuzustimmen, da eine Abberufungsbeschränkung die Ausnahme von der Regel der freien Abberufung gemäß §38 Abs. 1 GmbHG bildet.

258

BGHZ 14, 25, 36 ff.; so schon RG JW 1919, 313, 314. BGH BB 1974, 431. 260 BGH WM 1981, 438, 439 mit der Begründung, daß angesichts der andernfalls auftretenden Abgrenzungsprobleme zwischen Familien-GmbH und einer sonstigen GmbH die Rechtssicherheit erheblich gefährdet wäre; a.A. Hachenburg, Anmerkung zu RG JW 1919, 313, 314; ebenfalls a.A. Limbach, Nochmals: Zur Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers, GmbHR 1968, S. 181, 182 bei der Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers bei einer personalistisch ausgestalteten zweigliedrigen GmbH). 261 Allgemeine Meinung, vgl. statt aller Rowedder/Koppensteiner, Rn. 9 zu § 38 GmbHG; RGZ 124, 379; 170, 368; BGH WM 1969, 808. 262 Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 4 zu § 38 GmbHG. 263 Allg. Meinung vgl. Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 40 zu § 38 GmbHG. 259

2. Die Bestellung als Abberufungsbeschränkung

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c) Stellungnahme Zu untersuchen ist daher in diesem Zusammenhang, ob - entgegen der überwiegend vertretenen Meinung - die statutarische Bestellung eine Indizkraft insoweit zu entfalten vermag, daß der Grundsatz der freien Abberufbarkeit der Organstellung nach § 38 Abs. 1 GmbHG keine Geltung mehr zu beanspruchen hat. Darüber hinaus ist zu prüfen, welche Regelung an deren Stelle im Sinne einer Einschränkung treten kann.

aa) Einschränkung des Grundsatzes der freien Abberufbarkeit Für die Einschränkung des Grundsatzes der freien Abberufbarkeit spricht, daß die statutarische Bestellung zu einer personellen Eingliederung in das Organisationsstatut der Gesellschaft führt. Ohne Satzungsänderung kann es grundsätzlich nicht zu einer Abberufung des Geschäftsführers kommen 264 . Erkennt man in dem Regelfall der freien Widerruflichkeit der Organstellung gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG und der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG die gesetzliche Wertung, daß den Gesellschaftern die Oberleitung in der Gesellschaft zusteht und der Geschäftsführer den Gesellschaftern untergeordnet ist 2 6 5 , so führt die statutarische Bestellung mit ihren körperschaftlichen Wirkungen zu einer Gewichtsverlagerung zugunsten der bestellten Geschäftsführer. Denn der Geschäftsführer kann sich für seine Amtstätigkeit unmittelbar auf die satzungsmäßige Verankerung seiner Position stützen. Dann ist aber die Regel der freien Widerruflichkeit der Geschäftsführerstellung in ihrer Reinheit nicht mehr vorhanden, denn grundsätzlich bedarf es einer Satzungsänderung zur Durchführung eines Abberufungsverfahrens des Geschäftsführers. Das strenge Regel-Ausnahme-Prinzip ist damit durchbrochen, da eine Einschränkung des Grundsatzes der freien Widerruflichkeit in der statutarischen Bestellung schon begründet ist. Denn mit Hilfe eines Abwahlbeschlusses aufgrund einfacher Mehrheit ist eine Abberufung nicht mehr zulässig. Vielmehr ist die qualifizierte Mehrheit des § 53 Abs. 2 GmbHG notwendig. Im übrigen ist ebenfalls in Rechnung zu stellen, daß der Abberufungsbeschluß einer notariellen Beurkundung bedarf und in das Handelsregister eingetragen werden muß, um Rechtswirksamkeit zu erlangen. Damit liegen erhebliche Beschränkungen in formeller Hinsicht bezüglich der Abberufbarkeit durch die statutarische Bestellung vor. Die Vorschrift des § 38 Abs. 1 GmbHG ist damit durch die materielle Satzungsgestaltung der Bestellung abbedungen.

264

Vgl. oben § 4. Vgl. Lutter-Hommelhoff, Rn. 2 zu § 38 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 2 zu § 38 GmbHG. 265

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6

§

5 Abberufungsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG

Aber auch in materieller Hinsicht kann der Gedanke der personellen Festlegung auf den im Gesellschaftsvertrag bezeichneten Geschäftsführer der Vorstellung Bahn brechen, daß die statutarische Bestellung in der Sache begründbare Abberufungsschranken zugunsten des Geschäftsführers bewirkt. Auszugehen ist dabei von den unterschiedlichen Interessen der Gesellschaft und des bestellten Geschäftsführers. Im Normalstatut der Gesellschaft bewertet das Gesetz das Interesse der Gesellschaft, einen Geschäftsführer, der nicht mehr vom Vertrauen der Mehrheit der Gesellschafter getragen wird, ohne Vorliegen von Gründen abzuwählen, höher als das Bestandsschutzinteresse des Geschäftsführers an seiner Organstellung 266 . Sein Bestandsschutzinteresse wird durch vertragliche Abgeltungs- bzw. Schadensersatzansprüche aufgrund seines in der Regel mit der Gesellschaft geschlossenen Anstellungsvertrages gewahrt, wie es sich allein schon aus der gesetzlichen Formulierung ergibt, daß die Abberufung unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen erfolgt. Er ist vom Vertrauen der einfachen Gesellschaftermehrheit abhängig, die ihn auch ohne weiteres abwählen kann. Durch die statutarische Bestellung wird die gesetzliche Regelungskonzeption der gesellschaftsvertraglichen Einigung auf die Person des Geschäftsführers zunächst in formeller Hinsicht durchbrochen, da eine Abberufung als grundsätzliches Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit bedarf. Damit wird dem Geschäftsführer in der körperschaftlichen Verfassung der Gesellschaft ein erhöhter Bestandsschutz durch die Gesellschafter eingeräumt. Ein bloßer Vertrauensentzug durch die einfache Mehrheit der Gesellschafter genügt für seine Abwahl nicht mehr. Diese Entscheidung haben aber die Gesellschafter durch ihre Einigung auf die Person des Geschäftsführers mit dem Mittel der materiellen Satzungsgestaltung der Bestellung bewußt zum Ausdruck gebracht. Mangelndes Vertrauen auf Seiten der Gesellschafter in die Fähigkeiten des Geschäftsführers kann erst dann eine Absetzung des Geschäftsführers zur Folge haben, wenn die Gesellschafter in qualifizierter Mehrheit den Vertrauensentzug bekunden. Ist das aber so, so verlangt die gebotene objektive Auslegung der statutarischen Satzungsklausel, daß die Gesellschafter mit der im Gesellschaftsvertrag vollzogenen Bestellung ihren Willen bekundet haben, die Abberufung nicht dem freien Belieben der qualifizierten Mehrheit zu unterwerfen. Mit dem Vorhandensein einer qualifizierten Gesellschaftermehrheit wird dem Geschäftsführer durch die Satzung ein verstärkter Vertrauensbeweis, anders als im Normalstatut der GmbH, entgegengebracht. Eine in das nicht nachprüfbare Ermessen

266

Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 382.

2. Die Bestellung als Abberufungsbeschränkung

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gestellte Abwahl durch die Gesellschaft würde dem widersprechen. Die Abberufung eines Geschäftsführers kann daher nicht ohne Gründe erfolgen. Dem kann auch nicht mit dem Hinweis entgegengetreten werden, daß in dem Erfordernis einer materiellen Rechtfertigung der Abberufung - wie auch immer sie dann angesiedelt werden mag - eine qualitative Veränderung von den bloßen, wenn auch erschwerten, formellen Voraussetzungen zu der materiellen Voraussetzung bei der Abwahl zu sehen ist. Denn der Gesellschafterversammlung - auch in qualifizierter Beschlußmehrheit - steht es dann nicht mehr frei, den Geschäftsführer nach Gutdünken abzuwählen. Jedoch verlangt die Verstärkung der Rechtsposition des Geschäftsführers durch die materielle Satzungsgestaltung der Bestellung auch eine Absicherung in sachlicher Hinsicht. Denn der Grundgedanke des § 38 Abs. 1 GmbHG, wonach die Vorschrift zur Herrschaftssicherung der Gesellschafter in der Gesellschaft dient, ist durch die personelle Festlegung der Gesellschafter auf die Person des statutarisch bestellten Geschäftsführers nicht mehr gewahrt. Die Gesellschafter haben sich selbst dieses Rechtes begeben, da eine Abberufung nicht mehr nach den Regelungen der §§ 46 Nr. 5, 47 ff. GmbHG erfolgen kann. Mit dieser Selbstbeschränkung haben sie dokumentiert, daß sie dem Geschäftsführer eine über das Normalstatut der GmbH hinausgehende Amtsstellung gewähren. Hierin ist der Vertrauensbeweis zugunsten des statutarisch bestellten Geschäftsführers zu sehen. Dieses Vertrauen ohne das Vorliegen von einigermaßen substantiierten Gründen zu entziehen, erscheint treuwidrig. In der materiellen Satzungsgestaltung der Bestellung ist demzufolge der Wille der Gesellschafter zum Ausdruck gekommen, die Organstellung des Geschäftsführers körperschaftsrechtlich zu verfestigen. Gerade bezüglich eines Fremdgeschäftsführers ist das gefundene Ergebnis in besonderem Maße gerechtfertigt. Wenn die Gesellschafter sich auf einen Dritten geeinigt haben, so läßt sich dies generell damit erklären, daß die in jeder Gesellschaft vorhandenen Interessengegensätze und -unterschiede durch die Festlegung auf einen neutralen Dritten, dem die Wahrung des Gesellschaftsinteresses insgesamt zugewiesen ist, einem Ausgleich zugeführt werden soll. Dieser Gedanke trifft jedoch auch auf einen Gesellschafter-Geschäftsführer zu, da sich die anderen Gesellschafter im Vertrauen auf die korrekte und am Gesellschaftszweck orientierte objektive Amtsführung des Gesellschafter-Geschäftsführers zurückgezogen haben.

7 Müller

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§ 5 Abberufungsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG

bb) Gründe für die Abberufung in materieller Hinsicht Wie dargelegt, ist in der Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Gestaltungsakt eine Verstärkung der Rechtsposition des Geschäftsführers zu sehen. Die Abberufung erfordert grundsätzlich eine Satzungsänderung 267. Jedoch ist auch ein Widerruf der Bestellung im freien Belieben der Gesellschafter ausgeschlossen268. Dem Geschäftsführer ist durch seine gesellschaftsvertragliche Bestellung ein besonderes Vertrauen von den Gesellschaftern eingeräumt worden. Dies rechtfertigt es, daß besondere Gründe für seine Abberufung streiten müssen. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob derartige Abberufungsgründe die Wertigkeit von wichtigen Gründen im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG haben müssen. Wäre dies zutreffend, so wäre jedoch eine Abberufung mit einfacher Mehrheit in der Gesellschafterversammlung ausreichend. Denn § 38 Abs. 2 GmbHG normiert als zwingende Grenze für die Abberufung, daß bei Vorliegen von wichtigen Gründen die einfache Gesellschaftermehrheit über den Fortbestand der Organstellung des Betreffenden beschließen kann 269 . Es wäre nämlich für die Mehrheit unzumutbar, wenn trotz Vorliegen eines wichtigen Grundes der Geschäftsführer, gestützt von einer Minderheit der Gesellschafter, weiter amtieren könnte. Der Verweis auf die Regeln der Offenen Handelsgesellschaft in den §§ 117, 127 HGB, wonach auf Antrag der übrigen Gesellschafter dem Geschäftsführer die Geschäftsführungs- bzw. Vertretungsmacht durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden kann, vermag auch bei einer personalistisch ausgestalteten GmbH nicht zu überzeugen, da die verschiedenen Haftungslagen, die stärkere Vermögensbindung bei der Offenen Handelsgesellschaft und das anders ausgestaltete Verhältnis von Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung es den Gesellschaften verbieten, die Regeln der Offenen

267

Vgl. oben § 4. Vgl. oben § 5 2.c)aa). 269 Vgl. Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 21 zu § 38 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 16 zu § 38 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 17 zu § 38 GmbHG; Miller in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, Rn. 108 zu §§ 35-38 GmbHG; Scholz/Schmidt, Rn. 73 zu § 46 GmbHG, wobei jedoch im Falle eines sonderberechtigten GesellschafterGeschäftsführers dies nicht gelten soll; Harde, Die Abberufung des Geschäftsführers der GmbH von der Geschäftsführung und Vertretung, S. 166 ff.; BGHZ 86, 177, 179; BGH WM 1982, 583, 584; BGH WM 1984, 29 und BGH WM 1988, 23, 25; der BGH konnte jedoch bislang die Streitfrage bei einem sonderberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführer offen lassen; RGZ 124, 371, 379; OLG Düsseldorf GmbHR 1994, 245, 246; a.A. Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 14 zu § 38 GmbHG; Baums, Der Gechäftsleitervertrag, S. 319; Fischer, Das Recht der OHG als ergänzende Rechtsquelle zum GmbHGesetz, GmbHR 1953, S. 131, 134; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 100; wohl auch Schneider, Die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer zweigliedrigen GmbH, ZGR 1983, S. 535, 540; OLG Düsseldorf GmbHR 1924, 276; OLG München BB 1956, 938. 268

2. Die Bestellung als Abberufungsbeschränkung

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270

Handelsgesellschaft auf die GmbH zu übertragen . Im übrigen würde es der gesellschaftlichen Treuepflicht eines Verbandsmitgliedes widersprechen, wenn sich ein Gesellschafter weigern würde, bei Vorliegen wichtiger Gründe sich dem Abberufungs verlangen der übrigen Gesellschafter nicht anzuschießen271 und für die Abberufung des untragbar gewordenen Geschäftsführers nicht zu stimmen. Eine Blockade durch eine Minderheit ist daher nicht hinzunehmen; jedenfalls soweit kein Sonderrecht zugunsten des Geschäftsführers besteht, kann eine Minderheit der Mehrheit einen Geschäftsführer, der seine Pflichten in grobem Maße verletzt hat, nicht aufzwingen 272 . Berücksichtigt man dies, so kann den Gesellschaftern aber nicht der Wille unterstellt werden, den bestellten Geschäftsführer nur bei Vorliegen wichtiger Gründe seines Amtes entheben zu können. Denn einerseits ist eine Abberufung grundsätzlich nur durch Satzungsänderung möglich, andererseits genügt die einfache Mehrheit, wenn wichtige Gründe für die Abberufung streiten. Legt man diese Rechtslage zugrunde, würden die Gesellschafter, wenn sie den Willen gehabt hätten, durch die statutarische Bestellung auch den Widerruf auf wichtige Gründe zu beschränken, hinsichtlich der erforderlichen Beschlußmehrheiten für die Abberufung des Geschäftsführers zwei unterschiedliche Aussagen treffen. Dies kann ihnen jedoch kaum unterstellt werden, da für eine derartig differenzierte Auslegung der Bestellungsklausel sich kein Anhaltspunkt findet. Wollten die Gesellschafter aber auch für den Fall des wichtigen Grundes eine qualifizierte Beschlußmehrheit bestimmen, wäre dies mit der Vorschrift des § 38 Abs. 2 GmbHG nicht zu vereinbaren. Dann bestünde aber die Gefahr, daß die Satzungsklausel insgesamt der Nichtigkeit unterfiele. Dies kann weder rechtens sein noch vermag es zu überzeugen. Durch die im Gesellschaftsvertrag vollzogene Bestellung ist die Amtsstellung des Geschäftsführers körperschaftlich verfestigt worden. Es liegt im Willen und im Interesse der Gesellschafter, den besonderen Vertrauensbeweis der Bestellung im Gesellschaftsvertrag auch im Hinblick auf materielle Abberufungsschranken niederzulegen. Diese Niederlegung hat notwendigerweise einheitlich in bezug auf die Abberufungsmehrheiten zu erfolgen. Denn Satzungsregeln, die gegen § 38 Abs. 2 GmbHG verstoßen, also insbesondere gegen den Grundsatz der einfachen Abberufungsmehrheit, gelten als nicht geschrieben, da bei Vorliegen wichtiger Gründe, die gegen den Fortbestand der Organstellung des Geschäftsführers sprechen, die einfache Gesellschaftermehrheit den Geschäftsführer seines Amtes entheben kann und gegebenenfalls sogar muß. Da jedoch der durch die materielle Satzungsgestaltung der Bestellung erfolgte Vertrauensbeweis

270

Vgl. Fleck, Zur Abberufung des GmbH-Geschäftsführers, GmbHR 1970, S. 221. BGH WM 1991, 97 mit Anmerkung Soehring, WuB II C. § 46 GmbHG 1.91. 272 Vgl. Wiedemann, Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers aus wichtigem Grund, BB 1957, S. 696. 271

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§ 5 Abberufungsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG

insbesondere in der qualifizierten Mehrheit der Gesellschafter hinsichtlich einer Abberufung gemäß §§53 f f GmbHG in Erscheinung tritt, liegt in der so vorgenommenen Bestellung keine Beschränkung lediglich auf wichtige Gründe bei der Amtsenthebung. Als Lösung bietet sich an, die Abberufung auf „vernünftige, sachliche Gründe" zu beschränken, die nicht Grad und Wertigkeit eines wichtigen Grundes im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG erreichen. Die körperschaftliche Verfestigung der Position des Geschäftsführers findet ihren Niederschlag in dem verstärkten Vertrauen der Gesellschafter zu den Fähigkeiten des Betreffenden. Dem muß es auch entsprechen, daß eine gerichtliche Prüfung bei einer Abberufung insoweit erfolgen muß, als das den Gesellschaftern eingeräumte Ermessen auf sachlicher Grundlage ausgeübt werden muß. Als Abberufungsgrund kann dann etwa in Frage kommen, daß berechtigte Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung bestehen. Dies hat die Gesellschaft im Streitfalle darzulegen und zu beweisen. Die aufgezeigte Lösung erscheint auch interessengerecht, da das Bestandsinteresse des Geschäftsführers an seinem Amt vor der freien Entscheidungsmöglichkeit der Gesellschafter in diesem Fall den Vorrang verdient. Denn die Abberufung als bekundeter Vertrauensentzug der Gesellschafter rechtfertigt sich nur dann, wenn sachliche Gründe für diese Entscheidung gegeben sind 273 .

3. Ergebnis Der Geschäftsführer - sei er Fremdgeschäftsführer oder Gesellschafter-Geschäftsführer - wird durch die Bestellungsklausel im Sinne eines materiellen Gestaltungsakt der Gesellschafter vor willkürlichen Abwählen geschützt. Zwar reicht der Schutzreflex der Bestellung im Gesellschaftsvertrag nicht so weit, daß ein wirksamer Abberufungsbeschluß von dem Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG abhängig gemacht werden kann, jedoch müssen sachliche Gründe für den Widerruf der Bestellung des im Gesellschaftsvertrag berufenen Geschäftsführers sprechen.

273 Vgl. auch die dritte Alternative beim Widerruf der Bestellung eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft: Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung als wichtiger Grund gemäß § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG.

§ 6 Schranken der Satzungsänderung im Falle der Bestellung im Gesellschaftsvertrag 1. Problemstellung Erkennt man in der materiellen Satzungsgestaltung der Bestellung die gesellschaftsvertragliche Verankerung des Geschäftsführers - im formellen Sinne durch Gewährung des kleinen Sonderrechts und im materiellen Sinne durch Statuierung einer besonderen Abberufungsbeschränkung im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG so stellt sich die weitere Frage nach den Schranken einer Satzungsänderung einer solchen statutarischen Bestellungsklausel. Denn die Bestellungsklausel ist grundsätzlich wie jede andere Satzungsbestimmung einer Aufhebung oder Änderung durch die Gesellschafter im Wege der §§53 ff. GmbHG zugänglich, ohne daß damit unmittelbar die Abberufung des Geschäftsführers verbunden wäre. Die durch eine Satzungsänderung mit dem Erfordernis eines sachlichen Grundes zu bewirkende Abberufung des Geschäftsführers könnte dadurch ihrer reflexartigen Schutzwirkung zugunsten des Geschäftsführers entkleidet werden. Denn die Gesellschafter könnten zunächst die statutarische Bestellungsklausel kurzer Hand aus dem Gesellschaftsvertrag streichen. Sodann wären sie frei, den Geschäftsführer im Rahmen des § 38 Abs. 1 GmbHG ohne die Notwendigkeit der Darlegung eines sachlichen Grundes abzuwählen. Wäre dem aber so, ist das Erfordernis eines sachlichen Grundes für die Abberufung obsolet. Denn die Gesellschafter könnten mit qualifizierter Beschlußmehrheit den Geschäftsführer auf dem Umweg einer vorherigen Satzungsänderung von seinem Amt abwählen, soweit sie lediglich die formellen Erfordernisse der Satzungsänderung beachten würden. Zu untersuchen ist demnach, inwieweit die statutarische Bestellungsklausel einer freien Veränderlichkeit durch die Gestaltungsmacht der Gesellschafter unterliegt. Ansatzpunkte für die Schranken der Satzungsänderung sind die gesellschaftsvertragliche Aufstellung zusätzlicher Erfordernisse einer qualifizierten Beschlußmehrheit in notarieller Form (vgl. § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG) und die materielle Beschlußkontrolle eines Satzungsaufhebungs- oder änderungsbeschlusses.

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§ 6 Schranken der Satzungsänderung im Falle der Bestellung

2. Beschlußkontrolle durch qualifizierten Änderungsbeschluß gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG a) Grundsatz Gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG kann der Gesellschaftsvertrag noch andere Voraussetzungen als das Vorliegen einer qualifizierten Beschlußmehrheit in der Form einer notariellen Beurkundung aufstellen. Damit werden statutarisch zusätzliche Wirksamkeitserfordernisse bei einer Satzungsänderung postuliert. Im Falle einer statutarischen Bestellungsklausel heißt dies, daß die Bestimmung der statutarischen Bestellung nur dann abgeändert oder aufgehoben werden darf, wenn die für die Wirksamkeit dieser Änderungen erforderlichen statutarischen Zusatznormierungen eingehalten sind. Grundsätzlich steht es im Gestaltungsermessen der Gesellschafter, inwieweit sie eine Satzungsänderung erschweren wollen. Das Gesetz stellt in § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG lediglich Mindestanforderungen an eine rechtmäßige Satzungsänderung auf 274 . Darüber hinaus sind die Gesellschafter im Rahmen der vorgegebenen zwingenden gesellschaftsrechtlichen Schranken im Grundsatz 275

frei, sich von vornherein zusätzlichen Bindungen zu unterwerfen Diese zusätzlichen Erfordernisse für eine Satzungsänderung können nach allgemeiner Ansicht sowohl für alle Fälle einer Gesellschaftsvertragsänderung als auch für bestimmte, eng umgrenzte Änderungsgegenstände angeordnet werden 276 . Es stellt sich demnach die Frage, ob in der materiellen Satzungsgestaltung der Bestellung ein zusätzliches Erfordernis für eine Satzungsänderung erkannt werden kann. In der im Gesellschaftsvertrag vollzogenen Bestellung wird die körperschaftliche Verfestigung auf die Person des benannten Geschäftsführers insbesondere dadurch sinnfällig zum Ausdruck gebracht, daß für seine Abwahl grundsätzlich neben der Regelung der §§53 ff. GmbHG ein sachlicher Grund sprechen muß. Ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist der Abwahlbeschluß fehlerhaft und damit anfechtbar.

274

Vgl. KG NJW 1959, 1446, 1447. Hachenburg/Ulmer, Rn. 82 zu § 53 GmbHG; vgl. auch die Begründung zum Gesetzesentwurf betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, fünfter Anlagenband, Drucksache Nr. 660 auf S. 3753. 276 Meyer-Landrut in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, Rn. 15 zu § 53 GmbHG; Hachenburg/U lmer, Rn. 82 zu § 53 GmbHG; Scholz/Priester, Rn. 86 zu § 53 GmbHG. 275

2. Beschlußkontrolle durch qualifizierten Änderungsbeschluß

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In Betracht zu ziehen als mögliche zusätzliche Erfordernisse sind deshalb die Einstimmigkeit flir den Satzungsbeschluß oder die Notwendigkeit eines sachlichen Grundes für die Abänderungsregelung.

b) Das Erfordernis

der Einstimmigkeit

Zunächst ist zu untersuchen, ob als zusätzliches Erfordernis einer Gesellschaftsvertragsänderung die Aufnahme einer Satzungsbestimmung in Frage kommt, daß die Gesellschafter einstimmig der Abänderung zustimmen 277 müssen. Dieses Zustimmungserfordernis aller Gesellschafter ist als unentziehbares Mitgliedschaftsrecht der Gesellschafter zu qualifizieren 278 . Demgemäß könnte nur ein einstimmiger Gesellschafterbeschluß zur Abänderung oder Aufhebung der statutarischen Bestellungsklausel führen. Jeder der Gesellschafter hätte gegen einen Abänderungsvorschlag somit ein Vetorecht. In der körperschaftlichen Verfestigung auf die Person des Geschäftsführers wird die statutarische Bestellung zum satzungsmäßigen Bestand der körperschaftlichen Verfassung erhoben. Zwar zeigt sich in der Einigung aller Gesellschafter auf den namentlich Benannten und deren Vollzug im Gesellschaftsvertrag der besondere Vertrauensbeweis zugunsten des betreffenden Geschäftsführers. Jedoch erscheint fraglich, ob die Gesellschafter jedem von ihnen ein Vetorecht gegen die statutarische Bestellungsklausel in der körperschaftlichen Verfassung einräumen wollen. Denn das Interesse der Gesellschafter ist darauf gerichtet, den Geschäftsführer vor willkürlichen Abwählen zu schützen. Dies rechtfertigt zwar ein Mitspracherecht der Gesellschafter, jedoch kein Vetorecht. Ein einzelner Gesellschafter könnte dann einem Umbau der körperschaftlichen Verfassung widersprechen und eine Lähmung der Entwicklung zur Anpassung an geänderte Verhältnisse hervorrufen. Sollte dies ernstlich gewollt sein, würde es eines klaren Ausdrucks in der Satzung bedürfen. Denn bei einem Zustimmungserfordernis aller Gesellschafter würde die mitgliedschaftliche Position jedes Gesellschafters erheblich verstärkt. Ähnlich einem Sonderrecht wäre sein Vetorecht grundsätzlich unentziehbar. Haben sich aber die Gesellschafter nach der hier vertretenen Auffassung aufgrund des dem Geschäftsführer entgegengebrachten Vertrauens darauf verständigt, ihm einen erhöhten Bestandsschutz

277 Allgemein wird anerkannt, daß ein derartiges Zusatzerfordernis rechtlich zulässig ist; vgl. Ivens, Stimmrecht des GmbH-Gesellschafters bei Satzungsänderung, GmbHR 1989, S. 61, 62; Hachenburg/Ulmer, Rn. 82 zu § 53 GmbHG; Scholz/Priester, Rn. 88 zu § 53 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 33 zu § 53 GmbHG; ders. in Kölner Kom. (2. Aufl.), Rn. 176 zu § 179 AktG. 278 Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 42 zu § 53 GmbHG; vgl. auch Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 I 3 auf S. 864.

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§ 6 Schranken der Satzungsänderung im Falle der Bestellung

zu gewähren, ist eine Verstärkung ihrer eigenen gesellschaftsrechtlichen Position hierin nicht zu sehen. Ein qualifiziertes Änderungserfordernis im Sinne des § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG ist deshalb insoweit nicht gegeben.

c) Das Erfordernis

des sachlichen Grundes

Inwieweit in der statutarischen Bestellungsklausel die Aufstellung des Zusatzerfordernisses eines sachlichen Grundes für deren Abänderung erkannt werden kann, erscheint zweifelhaft. Zwar deutet eine Satzungsänderung in Form der Aufhebung der statutarischen Bestellungsklausel ohne gleichzeitige Abwahl des Geschäftsführers daraufhin hin, daß hier ein Umgehungsfall vorliegt: Es wird kaum ein Fall denkbar sein, daß die Gesellschafter hier nicht in einer Vorstufe zur Abwahl zunächst einmal die ihnen nicht mehr konvenierende Satzungsklausel beseitigen, um dann - nach Verstreichen einer Schamfrist den Geschäftsführer mit Hilfe des § 38 Abs. 1 GmbHG absetzen zu können. Demgemäß könnte mit Hilfe der ergänzenden Vertragsauslegung 279 erreicht werden, daß die Gesellschafter bei Festsetzung der statutarischen Bestellungsklausel es in ihren Willen aufgenommen haben, die Klausel selbst nur bei Vorliegen sachlicher Gründe aufzuheben. Denn andernfalls wäre ein Einfallstor für eine Umgehung geradezu geschaffen worden. Dies kann den Gesellschaftern vernünftigerweise jedoch nicht unterstellt werden. Gleichwohl kann der sachliche Grund nicht zum Erfordernis im Sinne des § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG gemacht werden. Diese Bestimmung schließt sich unmittelbar im selben Absatz an die MindestanforderungsVorschrift für Satzungsänderungen des § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG an. Sowohl das Erfordernis der notariellen Beurkundung als auch die Notwendigkeit einer qualifizierten Mehrheit stellen Verfahrensvorschriften dar, deren Einhaltung grundsätzlich zur Wirksamkeit der Satzungsänderung ausreicht. Aus dem Wortlaut des § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG, daß der Gesellschaftsvertrag noch andere Erfordernisse aufstellen kann, ist zu folgern, daß hiermit nur andere formelle Erschwerungen der Satzungsänderung gemeint sein können. Materielle Erschwerungen der Satzungsänderung kommen nicht in Frage. Dies erscheint deshalb gerechtfertigt, weil aus Gründen der Rechtsklarheit es geboten ist, eine eindeutige und klare Abgrenzung vorzunehmen. Denn ob ein sachlicher Grund vorliegt, ist ei-

279

Inwieweit sich zusätzliche Erfordernisse im Sinne des § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG deutlich aus dem Satzungstext ergeben müssen oder auch mittels ergänzender Vertragsauslegung ermittelt werden können, ist streitig (bejahend Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft in der personalistischen GmbH, S. 165 ff.; verneinend Hachenburg/Ulmer, Rn. 85 zu § 53 GmbHG).

3. Materielle Beschlußkontrolle der Satzungsänderung

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ne mitunter schwierig zu entscheidende Wertungsfrage. Demgegenüber gestaltet sich die Nachprüfung der formellen Voraussetzungen einer Satzungsänderung relativ problemlos. Würde man einen sachlichen Grund als Zusatzerfordernis im Sinne des § 53 Abs. 2 Satz GmbHG anerkennen, hätte dies zur Folge, daß im Falle einer Satzungsänderung mit dem zwingenden Erfordernis eines sachlichen Grundes die Rechtmäßigkeit einer Gesellschaftsvertragsänderung bei einem Streit über das Vorliegen des sachlichen Grundes zweifelhaft wäre. Aus den Gesichtspunkten der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ist es aber ein dringendes Postulat, eine hinreichende Klarheit über die Grundlagen der Gesellschaft zu schaffen. Soweit materielle Zulässigkeitsvoraussetzungen dem Normanwendungsbereich zugewiesen werden, bewirkt dies ein Rechtsunsicherheitspotential im Bereich der Verfassung der Gesellschaft, das nicht hingenommen werden kann. Stellt man zudem in Rechnung, daß die Verfassung der Gesellschaft für Gläubiger und zukünftige Gesellschafter einen wichtigen Anhaltspunkt für ihre Investitionsüberlegungen darstellt, so erkennt man, daß tunlichst die Grundlagen der Gesellschaft außer Streit gestellt werden müssen. Den dadurch entstehenden Gefahren für die Gesellschaft, die Gläubiger und die zukünftigen Anteilseigner wird durch die klare Grenzziehung entgegengewirkt 280. Die Bestimmung des § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG ist daher insgesamt nicht einschlägig.

3. Materielle Beschlußkontrolle der Satzungsänderung a) Grundsatz Schranken der Mehrheitsherrschaft ergeben sich aus dem allgemein anerkannten Gedanken der im Mehrheitsprinzip naturgemäß begründeten Machtfülle der Mehrheit, auf Rechtspositionen der Minderheit einseitig zu deren Lasten einzuwirken. Als rechtsethische Forderung muß die Mehrheitsherrschaft auch 280

In der Literatur wird die aufgeworfene Frage unklar behandelt. Zwar wird ausgesprochen, daß der mögliche Inhalt der zusätzlichen Satzungserfordernisse vielfältiger Natur sein kann (vgl. insbesondere Hachenburg/Ulmer, Rn. 82 zu § 53 GmbHG); jedoch werden als Beispiele nur formelle Satzungserschwerungen genannt (Scholz/Priester, Rn. 86 ff. zu 53 GmbHG; Hachenburg/Ulmer, Rn. 82 ff. zu § 53 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 41 ff. zu § 53 GmbHG; Rowedder/Zimmerman, Rn. 43 ff. zu § 53 GmbHG; deutlicher schon Lutter-Hommelhoff, Rn. 7 zu § 53 GmbHG). Aus der Regierungsbegründung (Stenographische Berichte des Deutschen Reichstages, 8. Legislaturperiode, 1. Session 1890/92, fünfter Anlagenband, Aktenstück Nr. 660 auf S. 3753) kann auch nichts Gegenteiliges gefolgert werden, denn dort wird lediglich angeführt, daß „noch weitere Voraussetzungen für Beschlüsse der fraglichen Art aufgestellt werden können".

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§ 6 Schranken der Satzungsänderung im Falle der Bestellung

auf schützenswerte Interessen der Minderheit Rücksicht nehmen. Insoweit ist die Mehrheit daran gehindert, willkürlich von ihrer Macht Gebrauch zu machen 281 . Dies muß um so mehr gelten, als im GmbH-Recht die Dispositionsfreiheit der Gesellschafter in bezug auf die körperschaftliche Verfassung keine wie im Aktien-Recht geltende Beschränkung des § 23 Abs. 5 AktG aufweist. Auf der anderen Seite ist jedoch zu bedenken, daß in der Mehrheitsherrschaft als verfahrensrechtliche Regelung zur Bildung des Verbandswillens sich auch die Autonomie der Gesellschaft verwirklicht. Grundsätzlich frei von äußeren Beeinflussungen kann die Gesellschaft so ihre eigenen Angelegenheiten aus ihrer subjektiven Interessensicht regeln. Verfahrensmäßig ist die Regelungskompetenz der Mehrheit zugewiesen. Jede Einschränkung der Mehrheitsherrschaft fuhrt daher im Rechtsstaat zu einer gerichtlichen Kontrolle mit der nicht von der Hand zu weisenden Gefahr, daß anstelle des durch Mehrheitswillen gebildeten Verbandswillens das Ermessen des entscheidenden Richters tritt und damit im Grunde genommen der Verband einer staatlichen Oberaufsicht unterstellt wird. Dies wiederum ist verbunden mit der notwendigen Folge der Beschränkung der Verbandsautonomie. Es bedarf daher einer sorgfältigen Abwägung der gegenläufigen Interessen, um die Einschränkung der Mehrheitsherrschaft zu rechtfertigen.

b) Beschlußkontrolle

im Rahmen der starren Schranken

Die Mehrheitsherrschaft ist daher im Grundsatz einer Beschränkung fähig und bedürftig. Insbesondere im Anschluß an Zöllner 282 ist dogmatisch zwischen den starren Schranken, die bei Vorliegen ohne eine Wertungsmöglichkeit eingreifen, und den beweglichen Schranken zu unterscheiden, die im Einzelfall eine Bewertung der Interessenlage erfordern. Grundlage der starren Schranken 283

ist die im Gesellschaftsrecht weit verbreitete Kernbereichslehre , die im Ansatz davon ausgeht, daß eine sachlich unbegrenzte Einschränkung der wirtschaftlichen und damit auch der persönlichen Freiheit eines Gesellschafters 281

Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 II auf S. 377 ff; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 130 ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 405 ff.; Martens, Die GmbH und der Minderheitenschutz, GmbHR 1984, S. 265 ff. Aus der Rechtsprechung vgl. RGZ 132, 149, 163; BGHZ 65, 15, 18 f.; BGHZ 70, 117, 121 ff., BHGZ 71, 40, 44 ff.; BGHZ 80, 69, 74; BGHZ 83, 319, 322; BGH AG 1993, 134, 135 ff; einschränkend jedoch im Fall eines Auflösungsbeschlusses BGHZ 76, 352, 353 und ergänzend hierzu BGHZ 103, 184, 190 ff. 282 Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, S. 97, 287 ff. 283 Flume, Die Personengesellschaft, § 14 III auf S. 217 und 219; Robert Fischer, Gedanken über einen Minderheitenschutz bei den Personengesellschaften, S. 33, 43; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 7 I auf S. 360 ff.

3. Materielle Beschlußkontrolle der Satzungsänderung

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dann von der Rechtsordnung nicht mehr sanktioniert werden kann, wenn der Eingriff in die Stellung des Verbandsmitglieds so gewichtig ist, daß seine gesellschaftsrechtlichen Grundmitgliedschaftsrechte in Frage stehen284. Dies ist etwa dann der Fall, wenn dem Gesellschafter das Recht auf Austritt aus der Gesellschaft aus wichtigem Grunde verweigert wird. Demgegenüber wurzeln die beweglichen Schranken zur Kontrolle der Mehrheitsherrschaft im Gleichbehandlungsgrundsatz und in der gesellschaftlichen Treuepflicht 285 . Im Rahmen der vorliegenden Problematik der Einschränkung der Satzungsgewalt der Gesellschafter ist der Tatbestand einer starren Schranke zu verneinen. Denn es handelt sich bei der Aufhebung einer statutarischen Bestellungsklausel nicht um einen Eingriff in den Kernbereich der Mitgliedschaft. Ob die statutarische Bestellungsklausel aufgehoben oder verändert wird, betrifft nicht den unentziehbaren Mitgliedschaftsbereich des einzelnen Gesellschafters. Denn letzten Endes geht es bei der Kernbereichslehre darum, dem Gesellschafter einen Rest materieller Gesellschafterbefugnisse zu belassen, ohne die das einzelne Verbandsmitglied nur noch dem Namen nach als Gesellschafter angesehen werden könnte. Dies wäre etwa dann anzunehmen, wenn gleichzeitig das Stimmrecht und die Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös ausgeschlossen würde 286 . Um einen derartigen schwerwiegenden Eingriff handelt es sich allerdings bei der Aufhebung oder Änderung der statutarischen Bestellungsklausel nicht. Denn die personale Verfestigung des Geschäftsführers und seine eventuelle Lösung läßt dem Gesellschafter kraft seines ihm zustehenden Stimmrechts noch genügend Einflußmöglichkeiten auf die Lenkung der GmbH. Im Kernbereich seiner Mitgliedschaft ist der Gesellschafter daher insoweit nicht berührt. Im übrigen steht dem einzelnen Gesellschafter - wie oben dargelegt 2 8 7 - ja gerade nicht ein mitgliedschaftliches Recht zu, eine Satzungsänderung kraft eines Vetorechts zu verhindern.

c) Beschlußkontrolle

im Rahmen der beweglichen Schranken

Eine Einschränkung der Mehrheitsherrschaft kann sich daher lediglich unter dem Gesichtspunkt einer beweglichen Schranke ergeben. Rechtlicher Ansatzpunkt ist hierbei die gesellschaftliche Treuepflicht der Gesellschafter der 284 Vgl. auch BGHZ 20, 363, 370; zu den Einzelheiten bezüglich des Eingriffs in den Kernbereich Hachenburg/Ulmer, Rn. 57 ff. zu § 53 GmbHG. 285 Hachenburg/Ulmer, Rn. 56 zu § 53 GmbHG. 286 Vgl. BGHZ 14, 270, 273; zustimmend Lutter-Hommelhoff, Rn. 6 zu § 14 GmbHG; Scholz/Priester, Rn. 45 zu § 53 GmbHG; ablehnend Hachenburg/Raiser, Rn. 27 zu § 14 GmbHG und insbesondere Teichmann, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, S. 146. 287 Vgl. oben § 6 2.b).

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§ 6 Schranken der Satzungsänderung im Falle der Bestellung 288

GmbH . Im Grundsatz ist davon auszugehen, daß die Mehrheitsentscheidung im Regelfall zur Legitimation ausreichend und genügend ist. Denn allein schon Gründe der Zweckmäßigkeit 289 gebieten es, die Funktionsfähigkeit des Verbandes durch das Mehrheitsprinzip bei Abstimmungen als rechtlich anzuerkennendes Regulativ zur Entscheidungsfindung bei fehlender Einstimmigkeit zu bewahren. Rechtsethisch mag man dies zusätzlich noch damit begründen, daß man auf die grundsätzliche Richtigkeitsgewähr privatautonomer Entscheidungen abstellt 290 . Jedoch scheint damit nicht viel gewonnen, denn durch den allgemein anerkannten Minderheitenschutz wird ja gerade die eben postulierte „Richtigkeitsgewähr" wieder in Frage gestellt. Im übrigen wird als Argument für die Einschränkung der Mehrheitsherrschaft gerade angeführt, daß das Mehrheitsprinzip nicht immer die Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit der getroffenen Entscheidung bietet 291 . Dann überzeugt es aber eher, auf diesen Gedanken ganz zu verzichten, als hier ein vages Ausnahme-Regel-Prinzip ohne inhaltliche Bestimmtheit zu konstruieren. Das Erfordernis einer materiellen Beschlußkontrolle bildet funktional einen Kompromiß zwischen dem Einstimmigkeits- und dem Mehrheitsprinzip: Denn einerseits wird eine mögliche Entscheidungsblockade beim Einstimmigkeitsprinzip verhindert, andererseits wird den berechtigten Minderheitsinteressen in angemessener Weise Rechnung getragen 292. Abzustellen ist daher auf die gesellschaftliche Treuepflicht 293 der Mehrheit, auf die Interessen der Minderheit, 288

Das Gleichbehandlungsgebot als Beschränkung der Mehrheitsherrschaft ist hier kein geeigneter Ansatzpunkt, da zwischen den einzelnen Gesellschaftern nicht differenziert wird; vgl. Worch, Treuepflichten von Kapitalgesellschaftern untereinander und gegenüber der Gesellschaft, S. 19 ff; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbände, S. 349 ff; a.A. wohl Timm, Sachkontrolle von Mehrheitsentscheidungen, ZGR 1987, 403, 441. 289 Vgl. von Savigny, System des heutigen römischen Rechts II, § 97 auf S. 329; insbesondere unter Hinweis auf das Naturrecht, „weil, wenn man Einstimmigkeit fordern wollte, ein Wollen und Handeln der Corporation ganz unmöglich sein würde." 290 So Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 I 2 auf S. 370. 291 Vgl. nur Ulmer/Hachenburg, Rn. 62 zu § 53 GmbHG. 292 Vgl. Hirte, Bezugsrechtsausschluß und Konzernbildung, S. 148; Priester, Bildung und Auflösung des GmbH-Vertragskonzerns, S. 151, 166. 293 Die Treuepflicht als gesellschaftsrechtliches Prinzip ist im Recht der privaten Verbände allgemein anerkannt (vgl. Hueck, Der Treugedanke im modernen Privatrecht, S. 5; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 IV auf S. 481 ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 3 II auf S. 431 ff; Teichmann, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, S. 168 und Staub/Ulmer, Rn. 234 zu § 105 HGB). Die Geltung der Treuepflicht im GmbH-Recht ist unbestritten; vgl. Hueck in Baumbach/Hueck, Rn. 21 zu § 13 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 9 zu §14 GmbHG; Hachenburg/Raiser, Rn. 52 zu § 14 GmbHG; Scholz/Winter, Rn. 50 zu § 14 GmbHG; Rowedder, Rn. 12 zu § 13 GmbHG; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 264; Wolany, Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH, S. 103 ff.; jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen. Zutreffend bezeichnet Stimpel die Treuepflicht als eine auf Richterrecht beruhende

3. Materielle Beschlußkontrolle der Satzungsänderung

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insbesondere bei der Einwirkung auf Mitgliedschafts- und Vermögensrechte 294

der Minderheit

295

, Rücksicht zu nehmen aa) Meinungsstand in der Rechtsprechung

Der Schutz des Minderheitsgesellschafters vor Mehrheitsentscheidungen ist seit Erlaß des GmbH-Gesetzes durch die Rechtsentwicklung von einer gänzlichen Leugnung des Minderheitenschutzes zu seiner grundsätzlichen Bejahung gekennzeichnet. Zunächst stellte das Reichsgericht in der Hibernia-Entscheidung 296 apodiktisch fest, daß die mit der erforderlichen Mehrheit getroffene Entscheidung auch dann maßgeblich sei, wenn sie der Minderheit als verkehrt, wirtschaftlich nachteilig und den Bestrebungen der Minderheit schädigend erscheine. Denn dies müsse deswegen Geltung beanspruchen, weil es eine unabwendbare Folge des im Gesetz verankerten Mehrheitsprinzips sei. Demgegenüber erkannte das Reichsgericht 297 später in der Victoria-Entscheidung, daß aus der Befugnis, im Wege des Mehrheitsbeschlusses zugleich auch für die Minderheit zu beschließen und damit mittelbar über deren in der Gesellschaft gebundene Vermögensrechte zu verfügen, sich ohne weiteres die gesellschaftliche Pflicht der Mehrheit ergebe, im Rahmen des Gesamtinteresses auch den berechtigten Belangen der Minderheit Berücksichtigung angedeihen zu lassen und deren Rechte nicht über Gebühr zu verkürzen 298 .

Generalklausel (vgl. Aus der Rechtsprechung des II. Zivilsenats, S. 13, 19). Daß Treuebindungen nicht nur zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft, sondern auch zwischen Gesellschaftern untereinander bestehen können, ist spätestens seit der berühmten ITT-Entscheidung des BGH anerkannt (BGHZ 65, 15, 18 f.; vgl. hierzu insbesondere Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 95 ff, 130 ff.). 294 So insbesondere die Rechtsprechung des RG vgl. RGZ 108, 41, 43; 112, 14, 17 ff.; 132, 119 ff. 295 Vgl. BGHZ 65, 15, 18 f.; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, S. 335 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 7 ff., insbesondere § 8 1 2 auf S. 412. 296 RGZ 68, 235, 245 f.; hierzu bereits damals schon kritisch Bondi, Betrachtungen de lege ferenda aus Anlaß der Hibernia-Prozesse, DJZ 1908, S. 1006, 1007 f.; ebenso RGZ 119, 248, 252 ff. 297 RGZ 132, 149, 162 ff. 298 Die Revision gegen das die Anfechtungsklage bestätigende Abweisungsurteil des Oberlandesgerichts hatte insbesondere die Verletzung des § 138 BGB geltend gemacht. Die Ausführungen des Reichsgerichts lassen nicht klar erkennen, ob das Reichsgerichts seine Entscheidung ebenfalls auf § 138 BGB oder auf die Verletzung der gesellschaftlichen Treuepflicht stützte. Denn die Rechtsprechung des Reichsgerichts legte insoweit grundsätzlich den Maßstab des § 138 BGB an, wie es sich zum Beispiel aus der Entscheidung RGZ 112, 14, 17 ergibt, wo eine Kapitalerhöhung lediglich dazu diente, unter ihrem Deckmantel die Interessen der Mehrheit abzustützen (vgl. auch Hachenburg in

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§ 6 Schranken der Satzungsänderung im Falle der Bestellung

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat unter Vorbereitung durch das Schrifttum 299 in einer Reihe von Entscheidungen300 bezüglich des Bezugsrechtsausschlusses von jungen Aktien den Gedanken entwickelt, daß bei einer Kapitalerhöhung die Zulässigkeit des Ausschlusses des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre, der gemäß § 186 Abs. 3 AktG in formeller Hinsicht mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfassen muß, darüber hinaus davon abhängig ist, daß der Ausschluß im Zeitpunkt der Beschlußfassung bei gebührender Berücksichtigung der Folgen für die ausgeschlossenen Aktionäre durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft unter Einbeziehung einer Mittel-Zweck-Relation 301 gerechtfertigt ist. Dem Aktionär wird nämlich durch den Ausschluß seines Bezugsrechts die Möglichkeit genommen, sein ursprüngliches Beteiligungsverhältnis an der Gesellschaft durch Investition von Kapital in das Unternehmen zu wahren. Damit verschiebt sich aber die Beteiligungsquote zugunsten Dritter, so daß die Stimmrechtsmacht und der Gewinn- und Liquidationsanteil zu Lasten des vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionärs relativ absinkt. Tatsächlich kann hier von einer Verwässerung der Beteiligung des einzelnen Verbandsmitglieds an der Gesellschaft gesprochen werden. Tragender Gesichtspunkt der Beschlußkontrolle ist demnach, daß der Ausschluß des Bezugsrechts sich als ein schwerer Eingriff in das Mitgliedschaftsrecht des einzelnen Aktionärs darstellt. In bezug auf den Bezugsrechtsausschluß hat sich mittlerweile die dargelegte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verfestigt 302 . Dies erscheint auch nicht verwunderlich, da hier typischerweise Mehrheits-/Minderheitskonflikte auftreten und ausgetragen werden. Denn gerade mit Hilfe einer Kapitalerhöhung kann ein finanzstarker Kapitalgeber - insbesondere in einer prekären Situation der Gesellschaft - die Mehrheitsverhältnisse zu seinen Gunsten von Grund auf neu zu gestalten versuchen, was regelmäßig ein erhebliches Konfliktpotential in sich birgt. Demgemäß bot sich der Rechtsprechung ein genügendes Fallmaterial zum Ausbau einer überzeugenden Rechtsprechungslinie zur Bewältigung dieses Problemkreises an.

seiner Urteilsanmerkung zu RGZ 132, 149 ff in JW 1931, S. 2951, 2953, der hier einer möglichen Ausweitung der Rechtsprechung entgegen tritt). 299 Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privaten Personenverbänden, S. 352 f.; Wiedemann in Großkommentar zum AktG, § 186 Anm. 2c und 12b; Kölner Kommentar/Lutter (1. Aufl.), Anm. 49 zu § 186 AktG; Kölner Kommentar/Zöllner (1. Aufl.), Anm. 200 f. zu § 243 AktG. 300 BGHZ 71, 40, 46; 83, 319, 322; vgl. auch BGHZ 33, 175, 186 sowie BGHZ 70, 117, 121 ff. 301 Vgl. hierzu insbesondere BGH ZIP 1994, 529, 531. 302 BGH, a.a.O. sowie BGHZ 83,319, 321 f. und BGH AG 1993, 134, 135.

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Auf der anderen Seite sind Entscheidungen zur Kontrolle von Mehrheitsentscheidungen vereinzelt geblieben 303 . So hat der Bundesgerichtshof in einem Falle 304 die Mehrheitsentscheidung insoweit einer materiellen Beschlußkontrolle unterworfen, als die Befreiung von einem laut Satzung bestehenden Wettbewerbsverbot des Gesellschafters dann am Gesellschaftsinteresse zu messen ist, wenn dadurch die GmbH zu einem abhängigen Unternehmen des Mehrheitsgesellschafters wird. Denn die Abhängigkeit der GmbH begründe die Gefahr, daß auf das Unternehmen der Gesellschaft von dem die Gesellschaft beherrschenden Unternehmer nachhaltig Einfluß ausgeübt würde, ohne daß im einzelnen eine konkrete Benachteiligung festgestellt werden könnte. Demgegenüber setzt aber der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs 305 gegebene Schadensersatzanspruch aufgrund Treuepflichtverletzung in einem solchen Falle zumindest voraus, daß die Konzernlage gerade einen ausgleichspflichtigen Nachteil hervorgerufen hat, was jedoch äußerst schwierig feststellbar ist. Bei dieser Abhängigkeit von außergesellschaftlichen Umständen befürwortet der Bundesgerichtshof eine Präventivkontrolle für die Maßnahme, die dann in die Abhängigkeit führt. Denn insoweit kann eine starke Gefahr für die Leistungsund Wettbewerbsfähigkeit im Falle der Abhängigkeit und damit für den Bestand des Unternehmens gegeben sein, so daß die Zustimmung zur Befreiung vom Wettbewerbsverbot nicht in das freie Ermessen der Mehrheit der Gesellschafter gestellt werden kann. Es bedarf vielmehr eines sachlichen Grundes für die Befreiung des Mehrheitsgesellschafters vom Wettbewerbsverbot. Liegt die Entscheidung der Befürwortung der Sachkontrolle im Falle der Befreiung vom Wettbewerbsverbot bei drohenden Abhängigkeitslagen der Gesellschaft auf der Linie der Rechtsprechung zum Bezugsrechtsausschluß, so bilden die maßgeblichen Erkenntnisse zum Auflösungsbeschluß hierzu - jedenfalls prima facie - einen diametralen Gegensatz. Der Bundesgerichtshof steht auf dem Standpunkt, daß der Auflösungsbeschluß einer Gesellschaft keiner sachlichen Rechtfertigung bedürfe, da er seine Rechtfertigung in sich trage 306 . Denn nach Ansicht des Bundesgerichtshofs fuhrt die entgegengesetzte Auffassung, die hier zu einer materiellen Beschlußkontrolle kommt, zu einer nicht mehr vom Gesetz gedeckten Bindung des investierten Kapitals. Es müsse nämlich der Mehrheit freigestellt sein, ob sie das der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Kapital abziehen möchte und es anderweitig zu investieren gedenke. Der

303

In der Literatur wird denn auch regelmäßig die Problematik des Bezugrechtsausschlusses zum Ausgangspunkt der Überlegungen gemacht; vgl. zum Beispiel Hachenburg/Ulmer, Rn. 67 zu § 53 GmbHG. 304 BGHZ 80, 69, 74. 305 Vgl. BGHZ 65, 15, 17 (ITT-Entscheidung). 306 Für die GmbH: BGHZ 76, 352, 353.

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Auflösungsbeschluß unterliege daher lediglich einer allgemeinen Rechtsmißbrauchskontrolle 307.

bb) Meinungsstand in der Literatur In der Literatur haben sich bei grundsätzlicher Zustimmung zur Inhaltskontrolle zwei unterschiedliche Meinungen herausgebildet. Ausgangspunkt der Überlegungen in der Literatur sind zum einen die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Bezugsrechtsausschluß und zum anderen die Entscheidungen zum Auflösungsbeschluß, der ja im Gegensatz zum Beschluß über den Bezugsrechtsausschluß nach Ansicht des Bundesgerichtshofs keiner sachlichen Rechtfertigung bedarf. Die eine Meinung will die Beschlußkontrolle auf alle Arten von Gesellschafterbeschlüssen ausdehnen, während die andere Auffassung im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt, jedoch es als ihr Anliegen versteht, die unterschiedlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs dogmatisch in einen Gesamtzusammenhang zu stellen. Die erstgenannte Meinung fordert bei allen Satzungs- und Strukturänderungsbeschlüssen, daß die qualifizierte Mehrheit eines sachlichen im Gesellschaftsinteresse wurzelnden Grundes bedarf. Denn gerade bei diesen Beschlußgegenständen werde die Verbands- und Unternehmenssphäre der Gesellschaft in seiner Gänze betroffen, so daß auch der Minderheitsgesellschafter einen Anspruch daraufhat, daß die Mehrheit sich ausschließlich vom Gesellschaftsinteresse leiten lasse. Im übrigen werde der Minderheitsgesellschafter durch derartige Beschlüsse in der Regel stärker benachteiligt als der Mehrheitsgesellschafter, und dieser bedürfe deshalb eines besonderen Schutzes308. Demgegenüber steht die andere Ansicht auf dem Standpunkt, daß nicht alle satzungsändernden Beschlüsse einer eingehenden Inhaltskontrolle anhand des Maßstabes des Gesellschaftsinteresses zu unterwerfen sind. Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Auflösungsbeschluß der Gesellschaft wird unterschieden zwischen Beschlüssen, die allein schon daraus ihre sachliche Legitimation entnehmen, daß sie mit der erforderlichen Mehrheit zustande gekommen sind, und Beschlüssen, die zusätzlich eine Inhaltskontrolle

307

BGHZ 103, 184, 190; so auch OLG Frankfurt WM 1991, 681, 684 f. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 8 I 2 auf S. 444 ff; ders., Rechtsethische Maßstäbe im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, ZGR 180 (1980), S. 147, 157; ders. Entwicklungen im Kapitalgesellschaftsrecht, DB 1993, S. 144; Martens, Der Ausschluß des Bezugsrechts, S. 435, 445 f.; ders., Die GmbH und der Minderheitenschutz, GmbHR 1984, S. 265, 269 f.; Bischoff, Sachliche Voraussetzungen von Mehrheitsbeschlüssen in Kapitalgesellschaften, BB 1987, S. 1055, 1061. 308

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am Maßstab des sachlichen Grundes erfahren müssen 309 . Kennzeichen dieser Strömung in der Literatur ist das Bemühen, die sich verbal widersprechenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu harmonisieren und sie in einen dogmatischen Gesamtzusammenhang zu stellen, wobei die Ergebnisse der Rechtsprechung weitgehende Anerkennung finden. Innerhalb dieser Meinung werden unterschiedliche Differenzierungen in bezug auf die gesetzliche Regelungskonzeption und insbesondere in bezug auf die verschiedenen Beschlußgegenstände unternommen. Während Hirte 3 1 0 das maßgebliche Kriterium in einem Eingriff in die Herrschafts Verhältnisse sieht, unterscheidet Lutter 311 zwischen Beschlüssen, die die Gesellschaft von Grund auf umorganisieren, und Beschlüssen, welche die Gesellschaftsstruktur zwar unangetastet lassen, jedoch die Gewichte zu Lasten der Minderheit verschieben. Im ersten Fall hält Lutter eine Beschlußkontrolle nicht für geboten, da das Gesetz den Gesellschaftern insoweit einen unternehmerischen Freiraum zwecks Neugestaltung der Gesellschaftsverhältnisse gestatte, während im zweiten Fall der Beschluß sich an der gesellschaftlichen Treuepflicht messen lassen müsse, da unter Fortbestand der regulären Zusammenarbeit eine ansonsten unzulässige Gewichtsverlagerung erfolgen würde. Ulmer 3 1 2 folgt im Ergebnis Lutter, auch wenn er die Beschlußkontrolle als den Regelfall ansieht. Demzufolge fordert er bei einem Verzicht auf die Inhaltskontrolle besondere Umstände und Anhaltspunkte, die sich aus der Art des Beschlußgegenstandes oder der gesetzlichen Regelungskonzeption ergeben müssen. Priester 313 erkennt kein RegelAusnahme-Prinzip wie Ulmer sondern differenziert nach dem Gegenstand bei der Satzungsänderung: Liegt ein intensiver Eingriff in die Rechtsstellung des Betreffenden vor, so müssen sachliche Gründe für die Änderung sprechen. Betrifft hingegen die Satzungsänderung lediglich organisatorische Bestimmungen, so unterliegen die Gesellschafter in ihrer Änderungskompetenz keinen weitergehenden Schranken, als die Grundsätze der allgemeinen Treuepflicht es vermögen, die Gesellschafter zu binden. Anders wählt Timm 3 1 4 einen konzern309 Timm, Der Mißbrauch des Auflösungsbeschlusses durch den Mehrheitsgesellschafter, JZ 1980, S. 665, 668; ders., Zur Sachkontrolle von Mehrheitsentscheidungen im Kapitalgesellschaftsrecht, ZGR 1987, S. 403, 421 ff.; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 135 ff; Lutter, Zur inhaltlichen Begründung von Mehrheitsentscheidungen, ZGR 1981, S. 171 ff., insbesondere S. 180/181; Hirte, Bezugsrechtsausschluß und Konzernbildung, S. 129 ff; Hüffer, Zur Darlegungs- und Beweislast bei der aktienrechtlichen Anfechtungsklage, S. 151, 165 f.; Hachenburg/Ulmer, Rn. 69 zu § 53 GmbHG; Scholz/Schmidt, Rn. 30 zu § 47 GmbHG; Scholz/Priester, Rn. 59 zu § 52 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 105 zu § 47 GmbHG. 310 A.a.O., S. 138 ff. 3.1 A.a.O., S. 180 f. 3.2 A.a.O, Rn. 69 zu § 53 GmbHG. 3.3 Scholz/Priester, Rn. 59 zu § 53 GmbHG. 3.4 A.a.O., S. 423 ff. 8 Müller

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rechtlichen Ansatz und legt den Schwerpunkt seiner Betrachtung auf einen vorrangigen Präventivschutz vor einer Konzernumorganisationskontrolle, so daß eine Beschlußkontrolle dann zu erfolgen hat, wenn es um den Eingangsschutz in Richtung auf eine Konzernbildung geht.

cc) Wertende Kritik Der oben dargelegten Meinungen zeigen, daß sich ein abschließendes Bild bislang noch nicht ergeben hat. Während sich in der Rechtsprechung die Behandlung des Bezugsrechtsausschlusses als eine in sich geschlossene Lösung darstellt, vermögen die anderen Entscheidungen zur materiellen Beschlußkontrolle sich noch nicht als Gesamtkonzept darzubieten 315. Dies beruht jedoch zum einen auf dem mangelnden Fallmaterial, das sich bislang dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung bot. Zum anderen ist diese vermißte „klare Entscheidungsvorgabe" darauf zurückzufuhren, daß sich der Bundesgerichtshof als Revisionsgericht zu Recht vor allzu genauen Kriterien in diesem Stadium der Rechtsentwicklung zurückhält. Denn andernfalls würde durch ein „Vorpreschen" der Rechtsprechung es eher zu einer Behinderung als zu einer Förderung der Fortbildung der Rechts kommen. Nur als eine ungefähre Leitlinie des Bundesgerichtshofs kann es daher angesehen werden, wenn der Bundesgerichtshof dann eine Inhaltskontrolle des Beschlusses insoweit befürwortet, als durch den Satzungsänderungsbeschluß eine Beeinträchtigung der Mitgliedschaftsstellung erfolgt 316 . Die zum Teil in der Literatur vertretene Ansicht, die grundsätzlich alle Gesellschafterbeschlüsse einer intensiven Sach- und Rechtskontrolle unterzieht, widerspricht in ihrer vollen Tragweite dem Wesen des Verbandes als einem autonomen Entscheidungsträger. Wie oben schon dargelegt 317 , bewirkt eine vollständige Beschlußkontrolle, daß der Freiraum eigenverantwortlicher unternehmerischer Entscheidungsfindung nicht mehr gewährleistet ist. Im Arbeitsrecht ist anerkannt 318 , daß bei der Prüfung betriebsbedingter Kündigungen die eigenverantwortliche Unternehmerentscheidung, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führt, weder auf ihre Notwendigkeit noch auf ihre Zweckmäßigkeit hin einer Überprüfung durch die Arbeitsgerichte unterliegt. Denn dies würde die 315

Vgl. auch die Anmerkung Lutters, der zwischen Chaos, Zufall und System eine Leitlinie des BGH aufzeigen will (a.a.O. ZGR 1981, S. 171, 174). 316 Vgl. insbesondere BGH AG 1993, 134, 135 f. zur Frage des Bezugsrechtsausschlusses bei Genußscheinen einer Bank gemäß § 221 Abs. 4 AktG; ebenso BGH ZIP 1994, 529 ff. 317 Vgl. oben §6 3.a). 318 Kittner/Trittin, Rn. 266 zu § 1 KSchG; Hueck/von Hoyningen-Huene, Rn. 378 zu § 1 KSchG.

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dem Unternehmer zustehende Entscheidungsbefugnis in bezug auf die Organisation seines Betriebes derart einengen, daß an seiner Stelle die Arbeitsgerichte über die „richtige" Führung des Betriebes entscheiden würden 319 . Nichts anderes kann bei der gleichen Sachlage auch im Gesellschaftsrecht gelten, denn das dem Unternehmer aus den Art. 12 und 14 GG garantierte Freiheitsrecht auf eine eigenverantwortliche wirtschaftliche Entscheidungsfindung muß auch bei einem Zusammenschluß mehrerer Verbandsmitglieder zu einer Gesellschaft insbesondere unter Beachtung der Wertung des Art. 9 Abs. 1 GG - zu dem vorgefundenen Ergebnis fuhren. Im übrigen erscheint es äußerst fraglich, ob durch eine Rechtskontrolle aller Satzungsbeschlüsse wirklich dann die für das Unternehmen „richtigere" Entscheidung gefunden wird. Denn was sich als richtige unternehmerische Entscheidung darstellt, wird letztendlich nur durch den Erfolg bestätigt. Ein anstelle der Gesellschafter zur Entscheidung berufenes Gericht muß ebenfalls eine Prognoseentscheidung, wenn auch sachverständig beraten, treffen. Bei dieser Ausgangslage, daß jede - wie auch immer zu treffende - Entscheidung als Prognoseerkenntnis auf einer mehr oder weniger gesicherten Tatsachengrundlage gefällt wird, erscheint es sachgerechter, der Gesellschaftermehrheit im Grundsatz die Verantwortung hierzu zu übertragen. Da insbesondere mit der Stimmenmehrheit in der Regel auch die Kapitalmehrheit mit der Folge verbunden ist, daß die entscheidende Mehrheit auch einen vermögensmäßigen Verlust stärker zu tragen hat, bedarf die Einschränkung der Mehrheitsherrschaft daher einer besonderen Rechtfertigung 320. Die überwiegend in der Literatur vertretene Meinung folgt im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach eine Differenzierung der Kontrolldichte nach den verschiedenen Beschlußgegenständen zu erfolgen 321

hat . Zum Ausgangspunkt dieser Überlegungen wird die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Auflösungsbeschluß gemacht, der nach Ansicht des Bundesgerichtshofs seine Rechtfertigung in sich trage 322 . Gerechtfertigt wird diese Entscheidung maßgeblich damit, daß durch die im Gesetz geschaffene Möglichkeit, mittels Auflösungsbeschluß das zunächst in die Gesellschaft investierte Kapital einer anderen Nutzung zuzuführen, die Minderheit nicht in die Lage versetzt werden könne, den Auflösungsbeschluß mit dem Argument anzugreifen, diese Maßnahme sei nicht sachgerecht oder im Interesse des Verbandes erforderlich, weil andernfalls eine nicht mehr vom Ge-

319 Vgl. das BAG in st. Rspr. EzA § 1 KSchG, Stichwort: Betriebsbedingte Kündigung, Nr. 13 und 54; BAG AP Nr. 6, 8, 12 zu § 1 KSchG 1969, Stichwort: Betriebsbedingte Kündigung. 320 A.A. insbesondere Ulmer, der von einem Regel-Ausnahme-Prinzip ausgeht, a.a.O. 321 Vgl. oben die in Fußnote 309 genannten Autoren. 322 BGHZ 76,352,353. 8*

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setz gedeckte Bindung der Kapitals vorliege 323 . Denn da das Gesetz die Möglichkeit zur Desinvestition mittels Auflösungsbeschlusses schaffe, bedinge dies als zwangsläufige Folge, daß infolge der Liquidation der Gesellschaft die Gesellschaftswerte zerschlagen werden und somit der Gesellschaftszweck einer werbenden Gesellschaft in eine Liquidationsgesellschaft umgewidmet werde. Das „Flüssigmachen" sei das Ergebnis der Liquidation, so daß der Gesichtspunkt der Auflösung der Gesellschaft als Anfechtungsgrund von vornherein ausscheiden müsse 324 . Diese begriffliche Argumentation geht von der Überlegung aus, daß es Beschlüsse - wie etwa den Auflösungsbeschluß - gibt, der vom Ansatz her der Zweckverfolgung des Gesellschaftsinteresses nicht dienlich sein kann, da er gerade auf die Beendigung der Gesellschaft und mithin der Zweckverwirklichung der werbenden Gesellschaft diametral entgegengesetzt ist. Damit kann begrifflich der Auflösungsbeschluß nicht an den Kriterien der Erforderlichkeit und der Geeignetheit des - objektiven - Gesellschaftsinteresses gemessen werden. Dieser Argumentation kann allenfalls in seiner formalen Strenge gefolgt werden. Denn gleichwohl ist Folge der Entscheidung, daß gerade auch die Anteilswerte der Minderheitsgesellschafter in einer werbenden Gesellschaft kraft Mehrheitsverdikts aufgehoben werden. Wenn schon im Rahmen des Bezugsrechtsausschlusses als wesentliches Argument angesehen wird, einer Verwässerung der Beteiligungsverhältnisse kraft bloßer Mehrheitsentscheidung einen Riegel vorzuschieben, so kann im Falle eines Auflösungsbeschlusses erst recht nichts anderes gelten. Denn andernfalls ist das Gebot eines sachlichen Grundes beim Bezugsrechtsausschluß gemäß § 186 Abs. 3 AktG nicht recht verständlich. Die Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluß hat im Regelfall zur Folge, daß einerseits ein finanzstarker Kapitalgeber an entscheidendem Einfluß in der Gesellschaft gewinnt und andererseits das Interesse des Minderheitsgesellschafters an der werbenden Gesellschaft durch die Verwässerung seiner Beteiligung an der Gesellschaft herabsinkt. In der Sache kann daher der vom Bezugsrecht ausgeschlossene Gesellschafter schlechter gestellt sein als derjenige Gesellschafter, der sich einem Auflösungsbeschluß beugen muß. Wiewohl auch das Ergebnis des Bundesgerichtshofs zum Auflösungsbeschluß als vertretbar erscheinen mag, läßt es sich in seiner Begründung nicht aufrecht erhalten 325 . Zum Ausgangspunkt einer Differenzierung von kontrollfreien und am Maßstab des sachlichen Grundes zu messenden Beschlüssen eignet sich daher die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht. Denn als petitium principii wird der Auflösungsbeschluß der Gesellschafter in deren Be323

Vgl. insbesondere Lutter, Begründung von Mehrheitsentscheidungen, ZGR 181, S. 171, 178. 324 Vgl. BGHZ 76, 352, 353 f. 325 A.A. Lutter, a.a.O.; ebenfalls Ulmer, a.a.O.

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lieben gestellt. Diese Wertung ist zwar vertretbar, jedoch keinesfalls zwingend, 326

wie es insbesondere von Lutter betont wird. Hirte sieht eine Sachkontrolle bei Eingriffen in die Herrschaftsverhältnisse für geboten; er wird jedoch seinem eigenen Ansatz nicht gerecht, da er trotz Bejahung eines Eingriffs in die Herrschaftsverhältnisse im Hinblick auf die besondere Lage bei der Auflösung zwecks Ermöglichung der Desinvestition die Auflösung einer Sachkontrolle nicht unterziehen will 3 2 7 . Timm mit seinem konzernrechtlichen Ansatz vermag ebenfalls nicht zu überzeugen, da Konzernrechtslagen gerade nicht die Mehrzahl der Fälle darstellen und sich daher nicht zu einem Grundansatz zu eignen vermögen. Der Ansatz Priesters 328 liegt im Grunde auf der sich im statu nascendi befindlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der zumindest dann eine materielle Beschlußkontrolle in die nähere Betrachtung zieht, wenn eine Beeinträchtigung der mitgliedschaftlichen Stellung des Gesellschafters in Frage kommt 3 2 9 . Wann jedoch nach Ansicht Priesters ein intensiver Eingriff in die Rechtsstellung des Betreffenden vorliegt, bleibt unklar. Die von ihm freigestellten „organisatorischen" Änderungsgegenstände betreffen nach seiner Auffassung wohl nur verfahrensmäßige Ablaufprozesse im gesellschaftlichen Leben der GmbH wie etwa die Änderung von Bilanzierungsfristen oder der Ablauf der Gesellschafterversammlung. Wird jedoch durch verfahrensmäßige Regelungen die Geltendmachung von gesellschaftsrechtlichen Positionen erheblich erschwert - zum Beispiel durch die Festlegung von Ausschlußfristen -, kann ein intensiver Eingriff in die Rechtsstellung des Verbandsmitgliedes vorliegen. Praktisch kann jede organisatorische Regelung die Wertigkeit eines intensiven Eingriffs erlangen, so daß die Abgrenzung fließend und damit schwer handhabbar wird. Lutter 330 will aus einer Gesamtschau der gesetzlichen Vorschriften entnehmen, daß der Mehrheit bei grundlegenden Umorganisationen vom Gesetz ein größerer Freiraum zugestanden werde als bei Entscheidungen, bei denen unter Fortbestand der regulären Zusammenarbeit die Gewichte zu Lasten der Minderheit verschoben würden. Denn durch die normierten Minderheitsschutzvorschriften (wie etwa die Abfindungsregelung in §§ 304 ff. AktG) habe der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, daß er die Abwägung der gegenläufigen Interessen vorgenommen habe. In bezug auf den Auflösungsbeschluß habe der Ge-

326 327 328 329

529 ff

330

A.a.O. A.a.O., S. 143. Scholz/Priester, Rn. 59 zu § 53 GmbHG. Vgl. oben und insbesondere BGH AG 1993, 134, 135 f. und BGH ZIP 1994, A.a.O., S. 180 f.

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setzgeber durch Niederlegung des Gebots der Gleichbehandlung in der Liquidation gleichfalls die Interessen der Minderheit angemessen geschützt. Dem kann jedoch entgegen gehalten werden, daß die gesetzlichen Schutzvorschriften als bloßer Mindeststandard bewertet werden können, so daß ein weitergehender Schutz in Form einer materiellen Beschlußkontrolle nicht ausgeschlossen werden kann. Im übrigen kann gerade die Vorschrift des Gebots der gleichmäßigen Vermögensverteilung nach § 72 Satz 1 GmbHG nicht als gesetzliche Wertung dafür angesehen werden, daß beim Auflösungsbeschluß nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG keine materielle Beschlußkontrolle soll stattfinden können. Denn zum einen läßt das Gesetz in § 72 Satz 2 GmbHG Raum für eine anderweitige Regelung durch die Gesellschafter, so daß von einer zwingenden Minderheitsschutzvorschrift nicht gesprochen werden kann. Zum anderen wird in der anteilsmäßigen Verteilung des Liquidationserlöses gemäß § 72 Satz 1 GmbHG nur der im Gesellschaftsrecht allgemein verwurzelte Gedanke der gleichmäßigen Behandlung aller Verbandsmitglieder ausdrücklich wiederholt 331 . Insoweit kann auch nicht die Rede von einer gesetzlich anerkannten Schutzbestimmung zugunsten der überstimmten Minderheit sein, denn dieser Grundsatz gilt allgemein und kann nicht zum - gesetzlich vorgesehenen Ausgleich etwaiger Nachteile bei der Auflösung der Gesellschaft angenommen werden. Die dargelegten Differenzierungswege vermögen nicht zu überzeugen. Weder aus einer Einzelbestimmung noch im Wege einer Gesamtschau der gesetzlichen Vorschriften kann zwingend gefolgert werden, daß ein Beschlußgegenstand einer verstärkten Rechtmäßigkeitskontrolle unterliegt. Zwar ist es ein allgemeiner Grundsatz, daß der Gesetzgeber frei ist, bestimmte Beschlußgegenstände dem freien Ermessen der Gesellschaftermehrheit zu unterwerfen und bestimmte Beschlußgegenstände einer Rechtskontrolle am Maßstab des sachlichen Grundes zu unterstellen. Jedoch vermag es nicht zu überzeugen, daß in Literatur und Rechtsprechung dieser angebliche gesetzgeberische Wille als vorgebendes Diktum zur Differenzierung genommen wird.

331 Vgl. auch § 53a AktG, dem jedoch nur klarstellender Charakter beigemessen wird (Hüffer, Rn. 1 zu § 53a AktG). Schon vor Erlaß der Bestimmung war der Grundsatz der Gleichbehandlung als allgemeines gesellschaftsrechtliches Prinzip anerkannt, vgl. BGHZ33, 175, 186.

3. Materielle Beschlußkontrolle der Satzungsänderung

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dd) Eigener Ansatz: Beschlußkontrolle unter dem Gesichtspunkt der eigennützigen und uneigennützigen Gesellschafterrechte Der Bundesgerichtshof ist der Rechtsprechung des Reichsgerichts gefolgt, wonach eine intensivere Beschlußkontrolle im Sinne des Vorhandenseins eines sachlichen Grundes anstelle einer allgemeinen Rechtsmißbrauchskontrolle dann stattfindet, wenn die Mitgliedschaftsstellung des einzelnen Gesellschafters eine Beeinträchtigung erfährt. Dieser Ansatz ist grundsätzlich zu billigen, denn in einer Kapitalgesellschaft drückt der Geschäftsanteil die Rechte und Pflichten 332

in der Gesellschaft aus . Eine Verwässerung dieses Beteiligungsverhältnisses kann nur im sachlichen Interesse der Gesellschaft unter Beachtung der Grundsätze der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der Mittel zum angestrebten Zweck geboten sein. Denn die Gesellschafter haben sich in der Gesellschaft zu Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen. Werden nun erhebliche Eingriffe in die Mitgliedschaftsstellung eines Gesellschafters vorgenommen, so erleidet der Gedanke des Zusammenschlusses eine Beeinträchtigung, denn die gemeinsame Ausgangsbasis zur Erreichung des gemeinsamen Zieles wird in Frage gestellt. Das gemeinsame Ziel sollte ja mit einem bestimmten Grad der Beteiligung und demnach der Mitgliedschaft verfolgt werden; da dies jedoch dann nicht mehr der Fall ist, ist eine verstärkte Beschlußkontrolle im Ansatz zu billigen. Grundlage jeglicher Beschlußkontrolle ist die im Gesellschaftsverhältnis wurzelnde Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft und den übrigen Mitgesellschaftern. Insoweit stellt dies den Ausgangspunkt der Beschlußkontrolle dar. Als Inhalt der Treuepflicht wird allgemein anerkannt, die gesellschaftlichen Interessen zu wahren und zu fördern und deren Schädigung zu unterlassen 333; mit anderen Worten, es wird von den Verbandsmitgliedern ein loyales Verhalten gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern gefordert 334 . Inhalt der Treuebindungen der Gesellschafter können Handlungs-, Unterlassungs- und sonstige Loyalitätspflichten sein 335 , so daß die Treuepflicht nicht nur zu einer Beschränkung der Gesellschafterrechte führen kann sondern von den Verbandsmitgliedern im Einzelfall auch ein aktives Handeln fordert.

332

Wolany, Rechte und Pflichten eines Gesellschafters einer GmbH, S. 76; LutterHommelhoff, Rn. 1 zu § 14 GmbHG. 333 Hachenburg/Schilling (7. Aufl.), Rn. 24 zu § 14 GmbHG; Hachenburg/Raiser, Rn. 52 zu § 14 GmbHG; vgl. auch die Parallele im staatsrechtlichen Bereich: Amtseid des Bundespräsidenten in Art. 56 GG. 334 Hachenburg/Raiser, Rn. 52 zu § 14 GmbHG. 335 Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 180 (1980), S. 108 ff.; Münchener Kommentar/Ulmer, Rn. 183 zu § 705 BGB; Hueck, Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft, § 13 lauf S. 192 ff. *

120

§ 6 Schranken der Satzungsänderung im Falle der Bestellung

Die gesellschaftliche Verbindung basiert auf dem Gedanken der gemeinsamen Zweckerreichung 336 in gesellschaftlicher Treuepflichtverbundenheit. Grad und Ausmaß der Treuepflicht bestimmen sich einerseits nach den im Verband herrschenden tatsächlichen Verhältnissen, der sogenannten Realstruktur 337 , und andererseits nach der Art der auszuübenden Gesellschafterrechte. Im Hinblick auf die Art der auszuübenden Gesellschafterbefugnisse ist zwischen eigennützigen und uneigennützigen Gesellschafterrechten zu unterscheiden 338 . Denn der Umfang und die Intensität der Treuepflicht bestimmt sich auch maßgeblich danach, ob der Gegenstand der in Rede stehenden Gesellschafterrechte dem Gesellschafter um seiner selbst willen oder um der Gesell339

schafit willen verliehen ist . Eigennützige Mitgliedschaftsrechte sind dem Gesellschafter zur Wahrung eigener Interessen und Belange eingeräumt, während uneigennützige oder Pflicht-Rechte dem Gesellschafter im Interesse der Gesellschaft zur Förderung des gemeinschaftlichen gesellschaftsvertraglichen Zieles übertragen sind 340 . Bei Kollision zwischen dem Interesse der Gesellschaft und dem Individualinteresse des Gesellschafters hat bei der Ausübung uneigennütziger Gesellschafterrechte das Gesellschaftsinteresse absoluten Vorrang vor dem Eigeninteresse des Verbandsmitgliedes. Stehen jedoch eigennützige Rechte in Rede, geht die gesellschaftliche Treuepflicht des Gesellschafters nicht so weit; er muß aber angemessen Rücksicht auf die Belange der Gesellschaft und seiner Mitgesellschafter nehmen 341 . Bei den in Rechtsprechung und Literatur vorgetragenen Meinungen wird bei der Frage nach der sachlichen Rechtfertigung eines Beschlusses die Erörterung unmittelbar auf den Beschluß als Ganzes gelenkt, ohne eine mögliche Begren-

336 Insoweit dies zu Recht betonend Lutter, Zur inhaltlichen Begründung von Mehrheitsentscheidungen, ZGR 1981, S. 171, 177. 337 Vgl. hierzu Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 180 (1980), S. 105 ff. 338 Grundlegend Hueck, Der Treuegedanke im Recht der OHG, S. 72, 81 ff. 339 Auf diesen Gedanken weist Hachenburg schon frühzeitig hin (vgl. Aus dem Rechte der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, LZ 1907, S. 460, 466); jedoch ist der Ansatz Hachenburgs zu weitgehend, da er aus der Natur der Stimmabgabe als Mitwirkung bei der Bildung des Gemeinschaftswillens ableiten will, daß das Stimmrecht generell im Interesse der Gesellschaft dem Gesellschafter gegeben ist. 340 Soergel/Hadding, Rn. 59 zu § 705 BGB; Münchener Kommentar/Ulmer, Rn. 186 zu § 705 BGB; Staub/Ulmer, Rn. 237 zu § 105 HGB; Hueck, Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft, § 13 I auf S. 194. 341 Siehe die in der vorgehenden Fußnote zitierten Autoren; vgl. im übrigen Staudinger/Keßler, Rn. 49 Vorbem. zu § 705 BGB sowie Rn. 26 Vorbem. zu §§ 709-715 BGB. Für die GmbH: Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, S. 19 ff., 26 ff., 121 ff.; Robert Fischer, Die Grenzen bei der Ausübung gesellschaftlicher Mitgliedschaftsrechte, NJW 1954, S. 777, 779. Vgl. auch dens., Das Recht der OHG als ergänzende Rechtsquelle zum GmbH-Gesetz, GmbHR 1953, S. 131, 133 aus dem Blickwinkel des Geschäftsführers.

3. Materielle Beschlußkontrolle der Satzungsänderung

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zung der Einzelstimmrechtsmacht zu erwägen. Obwohl als Grundlage der materiellen Beschlußkontrolle die Treuepflicht des Gesellschafters gegenüber Mitgesellschaftern und der Gesellschaft anerkannt wird, deren fahrlässige Verletzung ja Schadensersatzansprüche - gerade auch gegenüber Verbandsmitgliedern - auslösen kann, wird besonders in der Literatur der Einschränkung der einzelnen Stimme des Gesellschafters aufgrund des Treuegedankens keinerlei Bedeutung geschenkt. Dies scheint um so auffallender, als die in den Vordergrund gerückte Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs zum Auflösungsbeschluß gerade diesen Auflösungsbeschluß der Gesellschaft für nichtig erklärte, weil die Hauptgesellschafterin ihre gesellschaftliche Treuepflicht sowie ihre Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung verletzt hatte 342 . Auch wenn nicht übersehen wird, daß der Bundesgerichtshof ausdrücklich ausgesprochen hat, daß der Auflösungsbeschluß keiner sachlichen Rechtfertigung bedürfe, so ist das Ergebnis und die Begründung der Entscheidung eine intensive Auseinandersetzung mit der Treuebindung der Hauptgesellschafterin. Ob die Ansicht, daß auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung die Gesellschafter frei sind, ihre ehemals getroffene Investitionsentscheidung rückgängig zu machen, ohne weiteres sich in der Praxis verwirklichen ließe, ist sehr zweifelhaft. Denn ist das Unternehmen im Kern noch als gesund anzusehen, führt eine „Versilberung" zur Zerschlagung von geschaffenen Werten. Folge davon wird sein, daß das Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen kaum gemäß den einschlägigen Liquidationsvorschriften abgewickelt werden wird. Dann stellt sich jedoch die Frage nach der Übernahme des Unternehmens im einzelnen: Wer übernimmt das Unternehmen und insbesondere zu welchem Preis? Das sind jedoch wiederum entscheidende Vorfragen, die vor dem eigentlichen Auflösungsbeschluß sicherlich erörtert und in wesentlichen Teilen vorentschieden werden. Solange sich alle Gesellschafter einig sind, wird dies zu keinen Schwierigkeiten führen. Im Falle des Konflikts - und dies sind die zu entscheidenden Fälle - besteht die sicherlich nicht von der Hand zu weisende Gefahr, daß der Mehrheitsgesellschafter seine Interessen treuwidrig zu Lasten der Minderheitsgesellschafter zu verwirklichen sucht. Damit ist jedoch - und dies ist auch die Quintessenz der BGH-Rechtsprechung -, eine materielle Beschlußkontrolle über das Vehikel der Treuepflicht des einzelnen Gesellschafters eröffnet. Denn daß bei Übernahmeverhandlungen und Übernahmeentscheidungen im Falle einer Konfliktsituation eine Vermutung für eine Treuwidrigkeit des Mehrheitsgesellschafters sprechen kann 343 , bedingt eine verstärkte Pflichtenbindung des Mehrheitsgesellschafters 344. Ob man nun in bezug auf den Auflösungsbeschluß nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG zwar keine sachlichen Gründe im 342

BGHZ 76, 352, 355. In diese Richtung auch Lutter, a.a.O., S. 182. 344 Vgl. nur die intensive Auseinandersetzung des BGH zur Treuepflicht der Mehrheitsgesellschafterin in BGHZ 76, 352, 355 ff. 343

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§ 6 Schranken der Satzungsänderung im Falle der Bestellung

Hinblick auf eine materielle Beschlußkontrolle fordert, aber sodann eine intensivere Treuepflichtuntersuchung anstellt, bleibt im sachlichen Ergebnis gleich. Dabei bleibt jedoch festzuhalten, daß sich der sachliche Prüfungsumfang im wesentlichen auf demselben Niveau einpendelt. Sachgerechter erscheint es daher, auf die Einzelstimmen das Hauptaugenmerk zu richten und sie einer je nach Sachlage verstärkten Rechtskontrolle zu unterwerfen. Denn es ist dogmatisch ein Unterschied, ob der Beschluß eines sachlichen Grundes bedarf oder das Abgeben der einzelnen zu eben diesem Beschluß führenden Stimmen. Durch das Abstellen auf die Einzelstimmen wird erreicht, daß die materielle Beschlußkontrolle sich dogmatisch in den Gesamtzusammenhang der treuwidrigen Stimmabgabe einordnet und sich nicht als ein der Grundlage ermangelndes Sonderinstitut darstellt. Darüber hinaus entfällt die Schematik der Einteilung von sogenannten „freien" Beschlußgegenständen und von Beschlüssen, die einer materiellen Beschlußkontrolle zu unterwerfen sind. Die Stimmabgabe des einzelnen Gesellschafters ist anhand des Kriteriums der eigennützigen und uneigennützigen Gesellschafterrechte zu unterscheiden, je nachdem, ob der Gesellschafter bei seiner Stimmabgabe eigennützige oder uneigennützige Rechte in Anspruch nimmt. Da bei uneigennützigen Gesellschafterrechten das gemeinschaftliche gesellschaftliche Ziel in dem Beschlußgegenstand als Entscheidungsmotivation und als Entscheidungsinhalt besonders stark in den Vordergrund rückt, gewinnt die gesellschaftliche Treuepflicht eine um so größere Bedeutung. Die Treuepflicht entfaltet sich dann bei der Einzelstimmabgabe in der besonderen Betonung des gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Zieles. Die Stimmabgabe hat sich dabei nur am Gesellschaftsinteresse auszurichten, so daß sachliche Gründe für die Zustimmung zum vorgetragenen Beschlußgegenstand sprechen müssen. Demgegenüber kommt bei den eigennützigen Gesellschafterrechten dem Interesse des Gesellschafters in den Grenzen des allgemeinen Treuegedankens der Vorrang zu, obgleich der einzelne Gesellschafter bei seiner Stimmabgabe auch angemessen auf die Interessen der Gesellschaft und seiner Mitgesellschafter Rücksicht nehmen muß. Ob bei einem Aufhebungs- oder Änderungsbeschluß zur statutarischen Bestellungsklausel das Stimmrecht der einzelnen Gesellschafter dem Bereich der eigennützigen oder der uneigennützigen Gesellschafterrechte zuzuschreiben ist, ist daher einer Überprüfung zu unterziehen. Denn je nach dem, welchem Bereich das Stimmrecht der Gesellschafter zugewiesen wird, ist das Ausmaß der Treuepflicht unterschiedlich zu bewerten und demgemäß die Kontrolldichte des Satzungsänderungsbeschlusses verschieden. Inhalt der statutarischen Bestellungsklausel ist die körperschaftliche Einbindung des benannten Geschäftsführers in die Verfassung der GmbH. Der Geschäftsführer als das vertretungsberechtigte Organ der Gesellschaft ist zur un-

3. Materielle Beschlußkontrolle der Satzungsänderung

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eigennützigen Leitung und Lenkung der GmbH im Interesse der Gesellschaft berufen 345 . Die Rechtsprechung steht auf dem Standpunkt 346 , daß der Geschäftsführer bei der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben allein das Wohl und Wehe der Gesellschaft im Auge haben muß und nicht seine eigenen wirtschaftlichen Vorteile suchen darf. In allen Angelegenheiten, die das Betätigungsfeld der Gesellschaft betreffen, hat er ausschließlich deren Interesse zu verfolgen, damit die Gesellschaft den Nutzen davon trägt. Ist das aber so, so berührt die Änderung der statutarischen Bestellungsklausel zumindest mittelbar eine Angelegenheit der Geschäftsführung. Da der Geschäftsführer zur uneigennützigen Geschäftsführung im ausschließlichen Interesse der Gesellschaft ohne Rücksicht auf eigene Belange - sei es in seiner Position als Geschäftsführer oder sei es in seiner Position als Gesellschafter - verpflichtet ist, berührt eine Abstimmung, die die Position des statutarischen Geschäftsführers ändert oder auf deren Änderung abzielt, den Kreis der Geschäftsführungsangelegenheiten, die einer erhöhten Treuebindung der Gesellschafter unterliegen. Denn die Gesellschafter haben durch die materielle Satzungsgestaltung der Bestellungsklausel nach außen das besondere in ihn gesetzte Vertrauen kund getan. Die Geschäfte der GmbH sollen eben durch den so bestellten Geschäftsführer verwirklicht werden und nicht durch einen Geschäftsführer, der der Satzungsgrundlage ermangelt. Durch eine Änderung dieser Satzungsgrundlage wird eine Unsicherheit in die Gesellschaft hineingetragen, die die körperschaftliche Verfestigung des statutarisch bestellten Geschäftsführers in Frage stellt. Darüber hinaus bedingt die enge Verflechtung des statutarisch bestellten Geschäftsführers aufgrund seiner körperschaftlichen Einbindung in das Leben der Gesellschaft seinen erhöhten Abberufungsschutz, der ihm gerade auch im Interesse der Gesellschaft eingeräumt worden ist. Der benannte Geschäftsführer büßt seinen ihm durch die Verfassung der GmbH eingeräumten Bestandsschutz ein, wenn er nach einer Aufhebung der statutarischen Bestellungsklausel frei in den Grenzen des § 38 Abs. 1 GmbHG abberufen werden kann. Wird daher die statutarische Bestellungsklausel geändert oder gar aufgehoben, wird eine das gesellschaftliche Leben erheblich berührende Frage durch einen Satzungsbeschluß grundlegend neu gestaltet. Denn bei Streichung der statutarischen Bestellungsklausel hat der benannte Geschäftsführer nicht mehr die ihm satzungsrechtlich zugute kommende Rechtsposition einer Abwahl gemäß den §§53 ff. GmbHG. Da er frei gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG abberufen werden kann, ist er einem verstärkten Einfluß der Gesellschaftermehrheit aus345

Allgemeine Meinung, vgl. statt aller Hachenburg/Hüffer, Rn. 39 zu § 46 GmbHG, der von fremdnützigen Verwaltungsrechten des Geschäftsführers ausgeht. 346 Ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. WM 1967, 679; 1977, 361, 362; 1985, 1444, 1445; 1992, 691, 693; ZIP 1989, 1390, 1394.

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§ 6 Schranken der Satzungsänderung im Falle der Bestellung

gesetzt, denn die Drohung mit einer Abwahl steht hier - unausgesprochen - im Räume. Damit wird mittelbar auf die Geschäftsführung Einfluß genommen. Insoweit ist das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters dann den uneigennützigen im Gegensatz zu den eigennützigen Gesellschafterrechten zuzuweisen347. Das Stimmrecht bei Aufhebung der gesellschaftsvertraglichen Bestellungsklausel unterliegt daher einer erhöhten Treuebindung; der Gesellschafter hat bei seiner Stimmabgabe sich ausschließlich vom Interesse der Gesellschaft leiten zu lassen. Sein Votum in dieser Angelegenheit muß daher von sachlichen Gründen getragen sein, andernfalls ist es als treuwidrig zu bezeichnen. Letztenendes spricht für die dargelegte Ansicht der Gedanke des Umgehungsschutzes. Hätten die Gesellschafter es in der Hand, zunächst die statutarische Bestellungsklausel aufzuheben und im nächsten Schritt den ehemals so bestellten Geschäftsführer nach § 38 Abs. 1 GmbHG abzuberufen, wäre eine materielle Satzungsgestaltung der Bestellung der Geschäftsführers sinnentleert. Die Verfestigung des Geschäftsführers in der Satzung wäre als ein nudum ius zu bezeichnen, denn jederzeit wäre diese Verfestigung wieder lösbar. Haben sich die Gesellschafter statutarisch auf den benannten Geschäftsführer in der Satzung geeinigt, so sind sie an diese Einigung gebunden, es sei denn, gewichtige Gründe sprechen für eine Änderung dieses Teils der Satzung. Ohne sachliche Änderungsgründe liegt ein venire contra factum proprium der Gesellschafter vor, dem jedoch die gesellschaftliche Treuepflicht entgegensteht348. Ein sachlicher Grund für die Aufhebung oder Änderung der statutarischen Bestellungsklausel ist dann gegeben, wenn die Grundlage für die statutarische Bestellung als materieller Satzungsbestandteil entfallen ist und die weitere Berufung hierauf sich als unvereinbar mit der gebotenen Rücksicht auf die Gesellschaft und die Mitgesellschafter erweist 349 . Zum Beispiel kann die statutarische Bestellung deswegen vorgenommen worden sein, weil der Betreffende besondere Dienste, wie etwa in Form der Zurverfügungstellung eines Patents, der Gesellschaft erbracht hatte; die Patenterteilung stellte sich jedoch nachträglich als unwirksam heraus oder die Vermarktung des Patents erwies sich als wirtschaftlicher Fehlschlag, so daß unter diesen oder ähnlichen Voraussetzungen die Stimmabgabe des einzelnen Gesellschafters für eine Aufhebung der statutarischen Bestellungsklausel unter der gebotenen Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nicht als treuwidrig zu bezeichnen ist.

347

Vgl. auch Hachenburg/Ulmer, Rn. 63 zu § 53 GmbHG. Vgl. hierzu auch Fleck in seiner Urteilsanmerkung zu BGH LM Nr. 2 zu § 186 AktG, der vermerkt, daß es die Rechtsprechung als eine wichtige Aufgabe ansehe, darüber zu wachen, daß die ohnehin auf elementare Angelegenheiten beschränkten Mitspracherechte, die das Gesetz nun einmal zwingend den Anteilseignern vorbehalten hat, nicht unter Ausnutzung formal-rechtlicher Möglichkeiten unterlaufen werden. 349 Vgl. Staub/Ulmer, Rn. 240 zu § 105 HGB. 348

4. Ergebnis

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4. Ergebnis Die materielle Satzungsgestaltung der Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag der GmbH ist als echter Satzungsbestandteil der Änderung oder der Aufhebung unterworfen. Dabei haben die Gesellschafter jedoch die Schranken der Änderungsmöglichkeiten zu beachten. Zwar reicht die Grenzziehung der Abänderungsmöglichkeiten nicht so weit, daß die Beschlußkontrolle unter dem Gesichtspunkt eines qualifizierten Änderungsbeschlusses nach § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG oder im Blickwinkel einer starren Schranke wie im Sinne der Kernbereichslehre zu erfolgen hätte. Jedoch ist den Gesellschaftern im Rahmen der beweglichen Schranken der Satzungsänderungsmöglichkeiten eine Grenze gezogen: Denn die Abstimmung über die Aufhebung oder Änderung der statutarischen Bestellungsklausel ist dem Bereich der uneigennützigen Gesellschafterrechte zugewiesen. Folge dieser Zuordnung ist, daß die Ausübung des Stimmrechts einer verstärkten gesellschaftlichen Treuebindung unterliegt; der Gesellschafter hat sich bei seinem Stimmverhalten ausschließlich am Interesse der Gesellschaft zu orientieren. Er muß daher sachliche Gründe für seine Entscheidung im Bereich der Abänderung oder Aufhebung der statutarischen Bestellungsklausel anführen können. Die dargelegte Meinung erweist sich nicht nur in der dogmatischen Grundkonzeption zur überwiegend vertretenen Ansicht anders, als sie als Ausgangspunkt der Betrachtungen die Einzelstimmabgabe und nicht den Beschluß als Ganzes ansieht, sondern sie kann auch im Ergebnis zu anderen Lösungen führen. Denn gerade in bezug auf die hier interessierende Frage der Abänderung der statutarischen Bestellungsklausel kann die Reichweite der gesellschaftlichen Treuepflicht und damit das Erfordernis eines sachlichen Grundes von den einzelnen Gesellschaftern unterschiedlich beurteilt werden. So ist zum Beispiel beim Abstimmungsverhalten des Gesellschafter-Geschäftsführers, zu dessen Gunsten die statutarische Bestellungsklausel streitet, grundsätzlich ein weniger strenger Maßstab anzulegen, da - sofern der Klausel kein verpflichtender Charakter zuzumessen ist - seine Bereitschaft zur Abänderung oder Aufhebung der Klausel ihn auch für die anderen Gesellschafter ungeeignet zur Ausübung des Geschäftsführersamtes macht.

§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung 1. Problemstellung In der Praxis ist der nicht seltene Fall anzutreffen, daß der Geschäftsführer schon bestellt wurde, ohne daß sich jedoch die Parteien über alle Anstellungsbedingungen im Detail, wie etwa in bezug auf die Vergütung, Altersversorgung, Vertragsdauer, Urlaubsregelungen etc., geeinigt haben. Zum Beispiel ist der bisherige Geschäftsführer aufgrund unvorhergesehener Umstände - Tod oder schwere Erkrankung - ausgefallen und die Gesellschaft bestellt umgehend einen ihrer Prokuristen, um keine Führungskrise heraufzubeschwören. Insbesondere bei größeren Gesellschaften kann auch die Konstellation gegeben sein, daß ein größeres Gremium zur Bestellung ausschließlich zuständig ist, die Einzelfragen bezüglich der Anstellung jedoch einem Ausschuß übertragen werden, der als kleinere Gruppe mit dem in Aussicht genommenen Kandidaten sachkundiger und zielorientierter über die einschlägigen Fragen verhandeln kann. Bei solchen und ähnlichen Sachlagen kann die Bestellung zunächst erfolgt sein. Aus der Rechtsprechung sind derartige Fälle bekannt geworden 350 . Zwar wird es im Regelfall zum Abschluß eines Anstellungsvertrages kommen, jedoch sind gerade problematische Fälle, wie die Rechtsprechung zeigt, nicht auszuschließen. Im folgenden soll zunächst das Verhältnis der Bestellung zur Anstellung untersucht werden. Sodann soll der Frage nachgegangen werden, welche schuldrechtlichen Auswirkungen und Folgen die materielle Satzungsgestaltung der Bestellung zeitigt.

350

Vgl. RG Das Recht 1917, Nr. 1400; OLG München, Urteil vom 19.01.1978 (1U 1292/77); nur teilweise in BB 1978, 471 veröffentlicht. Der insoweit interessierende Urteilsinhalt wird bei Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 48 ff. mitgeteilt.

2. Die Anstellung als schuldrechtliche Grundlage

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2. Die Anstellung als schuldrechtliche Grundlageder Bestellung a) Die grundsätzliche

Trennung von Bestellung und Anstellung

aa) Die Lehre vom Trennungsprinzip Die überwiegend vertretene Ansicht 351 unterscheidet im Recht der Kapitalgesellschaften bei der Berufung zum Leitungsorgan einer juristischen Person zwischen der Bestellung und der Anstellung. Die Bestellung ist der körperschaftliche Organisationsakt der Berufung einer bestimmten natürlichen Person in das Organamt zwecks Leitung der juristischen Person. Rechtsfolge der Bestellung ist die Begründung des organschaftlichen Sonderrechtsverhältnisses, aus welchem die organschaftlichen Rechte und Pflichten entspringen und dem 352

Geschäftsführer die organschaftliche Vertretungsmacht verliehen wird . Dabei obliegt ihm insbesondere als organschaftliche Pflicht, das Unternehmen ordnungsgemäß und gewissenhaft zu lenken und zu leiten 353 . Demgegenüber wird das Anstellungsverhältnis durch eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft oder - im Falle der Drittanstellung - einem Dritten begründet. Wird der Geschäftsführer unentgeltlich tätig, ist in der schuldrechtlichen Abrede ein Auftrag im Sinne des § 662 BGB zu sehen; wird er hingegen entlohnt, qualifiziert sich dies als ein Dienstvertrag, der

351

Für die Aktiengesellschaft: Kölner Kommentar/Mertens (2. Aufl.) Rn. 2 zu § 84 AktG; Hefermehl in Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff, Rn. 5 zu § 84 AktG; Meyer-Landrut in Großkommentar zum AktG, § 84 Anm. 1; Baumbach/Hueck, Rn. 3 zu § 84 AktG. Für die GmbH: Hachenburg-Mertens (7. Aufl.) Rn. 41 zu § 35 GmbHG; Scholz/Schneider, Rn. 150 zu § 35 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 1 im Anhang zu § 6 GmbHG; Rowedder/Rittner, Rn. 16 zu § 6 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 96 zu § 6 GmbHG; Miller in Meyer-Landrut/Niehus/Miller, Rn. 100 zu §§ 35-38 GmbHG; Sudhoff, Die Rechte und Pflichten eines Geschäftsführers einer GmbH und einer GmbH & Co., S. 13 f.; Dernbach, Abberufung und Kündigung des GmbH-Geschäftsführers, BB 1982, S. 1266 ff. 352 BGH WM 1992, 691, 692; Lutter-Hommelhoff, Rn. 1 zu Anh. § 6 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 57 zu § 35 GmbHG. 353 Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 18 zu § 35 GmbHG.

128

§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (vgl. §§ 611, 675 BGB) 3 5 4 . Inhaltlich regelt der Anstellungsvertrag die anstellungsvertraglichen persönlichen Rechte und Pflichten; insbesondere werden hier die das Organverhältnis konkretisierenden und ergänzenden Vereinbarungen - wie etwa die Vergütung oder ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot - getroffen 355 . Nach der überwiegend vertretenen Auffassung gilt grundsätzlich das Trennungsprinzip im Sinne einer Scheidung von Bestellung und Anstellung. Der Bundesgerichtshof formuliert dies in ständiger Rechtsprechung 356 dahin, daß Organbestellung und Organanstellung verschiedene Rechtsverhältnisse begründen, die ein unterschiedliches Schicksal haben können.

bb) Die Lehre vom Einheitsprinzip Demgegenüber geht Schilling 357 in natürlicher Betrachtungsweise unter Hinweis auf das enge Ineinandergreifen von Aufgaben und Tätigkeitsgebiet beider Rechtskreise davon aus, daß hier ein einheitliches zweiseitiges Rechtsgeschäft vorliegt, das durch die Bestellung und dessen Annahme zustande kommt und formuliert damit - insbesondere im scharfen Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - das Einheitsprinzip.

cc) Die Ansicht von Baums 358

Unter teilweisem Rückgriff auf diese ältere Anschauung postuliert Baums anstelle des von ihm als überspitzt empfundenen Trennungsdogmas ein besonderes Geschäftsbesorgungsverhältnis mit differenzierten Lösungsansätzen. Baums begreift einen nach der Bestellung abgeschlossenen Dienstvertrag nicht als ein von der Bestellung zu trennendes Rechtsverhältnis 359, wiewohl er mit der überwiegend vertretenen Ansicht und entgegen Schilling davon ausgeht, daß die Bestellung und der Anstellungsvertrag zwei getrennte Rechtsgeschäfte 354 BGH WM 1963, 161; 1968, 33; 1988, 298; Fleck, Das Dienstverhältnis der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften in der Rechtsprechung des BGH, Sonderbeilage 3 zu WM 1968, S. 3; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 64 zu § 35 GmbHG. 355 Scholz/Schneider, Rn. 151 zu § 35 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 1 zu Anh. § 6 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 67 ff. zu § 35 GmbHG. Inwieweit der Anstellungsvertrag auch Aus- und Einwirkungen auf das Organverhältnis hat, vgl. dazu unten § 7 l.b). 356 BGHZ 19, 187, 191; 36, 142, 143; 79, 38, 41; 89, 48, 52. 357 Hachenburg/Schilling (6.Aufl.), Anm. 40 zu § 35 GmbHG. 358 Der Geschäftsleitervertrag. 359 A.a.O., S. 54 ff.

2. Die Anstellung als schuldrechtliche Grundlage

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bilden 360 . Das besondere Geschäftsbesorgungsverhältnis wird nämlich nach Meinung Baums schon durch die Bestellung begründet, und damit entsteht ein einheitliches Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Organträger. Die im Dienstvertrag getroffenen Vereinbarungen qualifiziert Baums demgegenüber als ergänzende Regelungen, die das Geschäftsbesorgungsverhältnis lediglich konkretisieren. Den zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer abgeschlossenen „Dienstvertrag" bewertet Baums deshalb auch nicht als selbständig sondern als einen die Bestellung ergänzenden Anstellungsver361

trag . Der Ansatz Baums bleibt fraglich. Einerseits geht er von zwei getrennten Rechtsgeschäften aus. Andererseits sollen diese Rechtsgeschäfte nach seiner Ansicht wohl zu einem einheitlichen Rechtsverhältnis verschmelzen. Die dogmatischen Grundlagen bleiben jedoch unklar. Sind Bestellung und Anstellung zwei getrennte Rechtsgeschäfte, ist der Gedanke eines einheitlichen Rechtsverhältnisses nicht konsequent dargelegt und in sich widersprüchlich. Denn fraglich bleibt, worin denn nun die praktischen Konsequenzen für diese neue Lehre zu sehen sind. Denn die gegenwärtige Rechtspraxis wird im Grunde genommen im Ergebnis bestätigt. Dann erscheint es aber dogmatisch klarer, entweder mit Schilling ein einheitliches Rechtsgeschäft oder mit der überwiegend vertretenen Ansicht das Trennungsprinzip zu bejahen.

dd) Stellungnahme Zwar ist beiden vorgenannten Meinungen, die das Einheitsprinzip im Sinne einer Zusammenfassung von Bestellung und Anstellung favorisieren, einzuräumen, daß die positiv-rechtliche historische Ausgangslage das Reichsgericht 3 6 2 zu einer anderen Entscheidung hätte veranlassen können 363 . Denn ähnlich dem heutigen § 38 Abs. 1 GmbHG konnte die Bestellung eines Vorstandsmitgliedes jederzeit widerrufen werden, unbeschadet etwaiger Entschädigungsansprüche (vgl. § 227 Abs. 3 ADHGB). Hieraus zog noch das Reichsoberhandelsgericht den Schluß 364 , daß nämlich das Dienstverhältnis eines Vorstandsmitgliedes jederzeit widerruflich sei und beurteilte demgemäß Bestellung und Anstellung einheitlich. Das Reichsgericht 365 formulierte dem-

360

A.a.O., S. 35. A.a.O., S. 55 f. 362 RG JW 1091,542. 363 Vgl. im einzelnen die Darstellung der Rechtsentwicklung bei Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 9 ff. 364 ROHGE 19,61 f. 365 RG JW 1901,542. 361

9 Müller

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§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

gegenüber bei gleicher Gesetzeslage zum ersten Mal das Trennungsprinzip dahingehend, daß die Frage der Fortdauer des Dienstvertrages bei dem Widerruf der Bestellung nach dem allgemeinen bürgerlichen Rechte zu beurteilen sei. Maßgebend war für das Reichsgericht dabei das Schutzbedürfnis des entlassenen Geschäftsleiters, der eine Entschädigung nach Ansicht des Reichsoberhandelsgerichts nur bei Vorliegen eines Vertragsbruchs geltend machen konnte; ein Vertragsbruch wurde aber schon dann verneint, wenn die Hauptversammlung dem Vorstand das Vertrauen aus sachlichen Gründen entzogen hatte. Angesichts dessen war die wirtschaftliche Absicherung dei4 Vorstandsmitglieder sehr schwach ausgebildet, so daß sich das Reichsgericht zu der Abkehr von der Rechtsprechung des Reichsoberhandelsgerichts gezwungen sah, um dem Geschäftsleiter seine in der Tätigkeit für die Gesellschaft wohlerworbenen Rechte, insbesondere seine persönlichen Ansprüche aus dem Dienstvertrag, belassen zu können. Jedoch wurde diese Rechtsentwicklung und damit das Trennungsprinzip spätestens durch den Gesetzgeber mit dem AktG 1937 sanktioniert, als dort in § 75 Abs. 1 Satz 3 AktG a.F. festgelegt wurde, daß die Vorschriften über die Bestellung auch auf den Anstellungsvertrag anzuwenden seien und aus § 75 Abs. 3 Satz 5 AktG a. F. zu entnehmen war, daß der Widerruf der Bestellung nicht stets auch die Beendigung des Anstellungsverhältnisses herbeiführt. Dabei wurde erkennbar auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts Bezug genommen 366 . Auch der Reformgesetzgeber von 1965 hat diesen erreichten Rechtszustand in § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG n.F. und § 84 Abs. 3 Satz 5 AktG n.F. bestätigt. Im Zuge dieser Reform von 1965 wurde in der Begründung des Regierungsentwurfes vom 3. Februar 1962 ausgeführt, daß der Entwurf an der überkommenen Unterscheidung zwischen Bestellung und Anstellung festhal. 367

te

. Auch der Referentenentwurf der letztendes gescheiterten großen GmbHReform wollte in dem geplanten § 67 Abs. 4 Satz 2 GmbHG die Bestimmungen des Aktiengesetzes hinsichtlich der Bestellung und der Anstellung übernehmen. Hält man sich diese aktienrechtliche Ausgangslage vor Augen, wird die Parallele zum geltenden GmbH-Recht zu Recht gezogen. Denn die Unterscheidung zwischen Bestellung und Anstellung liegt der Vorschrift des § 38 Abs. 1 GmbHG ebenfalls zugrunde 368 . Angesichts dessen läßt sich das von Schilling und Baums vertretene Einheitsmodell mit der positiv-rechtlichen Gesetzeslage nicht mehr vereinbaren.

366

Vgl. dazu auch Schlegelberger-Quassowski , Rn. 2 zu § 75 AktG und GodinWilhelmi, Anm. 2 zu § 75 AktG. 367 BT-Ds. IV 171, S. 125. 368 Hachenburg/Hüffer, Rn. 39 zu § 46 GmbHG.

2. Die Anstellung als schuldrechtliche Grundlage

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Abgesehen davon, daß angesichts des erreichten Rechtszustandes im Laufe der langen Rechtsentwicklung eine Rückbesinnung auf ein Einheitsprinzip als obsolet erscheinen müßte, hat sich die Trennung von Bestellung und Anstellung in der Praxis bewährt, denn wer für ein Organamt vorgesehen ist, wird in aller Regel dieses Organamt nicht annehmen wollen, solange nicht auch die konkreten Bedingungen seiner Anstellung feststehen. Die Praxis stellt dies insbesondere im Falle der Anstellung eines Fremdgeschäftsführers durch einen in einer gesonderten Urkunde niedergelegten Geschäftsführervertrag sicher. Einem solchen Vertragswerk, das bei größeren GmbH einen gewichtigen Umfang annehmen kann, den Charakter eines selbständigen Rechtsverhältnisses absprechen zu wollen, erscheint wirklichkeitsfremd. Im übrigen ergibt sich notwendigerweise eine klare Trennung des Bestellungs- vom Anstellungsrechtsverhältnis in den Fällen der grundsätzlich anerkannten Drittanstellung 369 . Hier wird der Anstellungsvertrag nicht mit der Gesellschaft, dessen Organ er werden soll, sondern mit einem Dritten geschlossen. Hierzu besteht auch ein anerkennenswertes wirtschaftliches Bedürfnis wie etwa in einer GmbH & Co. KG oder in Konzernrechtslagen, wenn die Mutter die Anstellungsverträge mit den Geschäftsführern ihrer Töchter abschließen will. Damit ergeben sich notwendigerweise zwei getrennte Rechtsverhältnisse, nämlich zur Gesellschaft und zum Dritten. Bezüglich des Dritten liegt zweifelsohne eine schuldrechtliche Vereinbarung vor, die zwar Grundlage der Bestellung sein kann, jedoch mangels Identität der Beteiligten auf der dem Geschäftsführer gegenübertretenden Seite nicht mit dem Bestellungsrechtsverhältnis vermengt werden darf. Der überwiegend vertretenen Meinung der grundsätzlichen Geltung des Trennungsprinzips zwischen Bestellung und Anstellung ist demnach zu folgen.

b) Die innere Verbundenheit von Bestellung und Anstellung aa) Grundsatz Andererseits berücksichtigt auch die überwiegend vertretene Auffassung 370 , die das Trennungsprinzip anerkennt, zu Recht die innere Verbundenheit der beiden Rechtsverhältnisse, so daß im sachlichen Ergebnis keine gravierenden Unterschiede zum Einheitsprinzip zu erkennen sind 371 . Der Bundesgerichts-

369

Die grundsätzliche Zulässigkeit der Drittanstellung ist allg. anerkannt; vgl. BGH WM 1964, 1320, 1321 und Rowedder/Koppensteiner, Rn. 65 zu §35 GmbHG. Die Einzelheiten, insbesondere das Verhältnis zur Organstellung, sind jedoch umstritten; vgl. hierzu Fleck, Die Drittanstellung des GmbH-Geschäftsführers, ZHR 149 (1985), 387 ff. 370 Statt aller Rowedder/Koppensteiner, Rn. 56 zu § 35 GmbHG. 371 Dies wird auch von Baums eingeräumt, vgl. a.a.O., S. 2. 9•

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§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

hof 3 7 2 berücksichtigt diesen Zusammenhang in seiner ständigen Rechtsprechung insoweit, daß trotz grundsätzlicher Trennung beide Rechtsverhältnisse tatsächliche und rechtliche Auswirkungen aufeinander haben können. Auch dem wird man zustimmen können, da der Anstellungsvertrag im Regelfall gerade im Hinblick auf die Bestellung abgeschlossen wird. Zwar geht es zu weit, wenn Dernbach 373 die Auffassung vertritt, daß die Bestellung ohne einen - wenn auch nur konkludent geschlossenen Anstellungsvertrag - inhaltslos wäre. Denn mit der Annahme des Organamtes durch den Geschäftsführer sind vielfältige organschaftliche Rechte und Pflichten verbunden, so daß die Bestellung nicht erst durch den Abschluß eines Anstellungsvertrages an materiellem Gehalt gewinnt, abgesehen davon, daß der bestellte Geschäftsführer allein aufgrund seiner Bestellung die organschaftliche Vertretungsmacht der Gesellschaft erhält. In seiner neueren Rechtsprechung betont der Bundesgerichtshof 374 noch stärker die in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht bestehende innere Zusammengehörigkeit der beiden Rechtsverhältnisse. Als Begründung führt der Bundesgerichtshof zu Recht aus, daß derjenige, der als Organmitglied vorgesehen ist, in aller Regel dieses Amt nicht wird annehmen wollen, solange nicht auch die konkreten Bedingungen seiner Anstellung geklärt bzw. keine verbindlichen Abmachungen über sie getroffen sind. Auf der anderen Seite vermöge auch das für die Bestellung zuständige Organ nur dann eine sachgerechte und verantwortungsbewußte Entscheidung zu treffen, wenn es rechtlich in der Lage ist, zugleich die Anstellungsbedingungen in diese Überlegungen miteinzubeziehen und sich mit dem in Aussicht genommenen Kandidaten verbindlich über sie zu einigen 375 . Der innere sachliche Zusammenhang der beiden Rechtsverhältnisse kann daher nicht in Abrede gestellt werden, da nicht zu verkennen ist, daß der Anstellungsvertrag im Regelfall nur um des Organamtes willen abgeschlossen und durch dieses inhaltlich bestimmt wird 3 7 6 . Besonders in der gewerblichen Wirtschaft wird ein Geschäftsführer ohne einen Anstellungsvertrag kaum bereit 377

sein, die Verantwortung des Amtes zu übernehmen 372

Vgl. BGHZ 79, 38, 41; 89, 48, 52. Dernbach, a.a.O., S. 1267. 374 BGHZ 113,237, 242 ff. 375 Aufgrund dieser funktionalen Betrachtungsweise wurde ein Gleichlauf der Zuständigkeiten eines Verbandsorgans zum Abschluß des AnstellungsVertrages und zur Bestellung begründet, jedenfalls vorbehaltlich einer abweichenden Satzungsklausel, vgl. BGH, a.a.O., S. 241. 376 Fleck, Die Drittanstellung des GmbH-Geschäftsführers, ZHR 149 (1985), S. 387, 390. 377 So schon Schlegelberger-Quassowski, a.a.O. 373

2. Die Anstellung als schuldrechtliche Grundlage

133

bb) Die Grundlage der Bestellung Bestellung und Anstellung sind daher als zwei aufeinander bezogene Rechtsverhältnisse zu charakterisieren, so daß sich nunmehr die Frage stellt, ob die Anstellung als die schuldrechtliche Grundlage der Bestellung angesehen werden kann. Zwar spricht das GmbH-Gesetz an keiner Stelle von der Anstellung; Anknüpfungspunkt des Gesetzes ist lediglich die Bestellung (vgl. §§6 Abs. 3, 38, 46 Nr. 5 GmbHG). Jedoch vermag dies kein überzeugendes Argument dafür abzugeben, daß die Anstellung keine Grundlage der Bestellung ist. Denn - wie dargelegt - hat die Rechtsentwicklung dazu gefuhrt, daß einerseits das Anstellungsverhältnis als grundsätzlich selbständiges Rechtsverhältnis anerkannt wird, und andererseits dazu, daß beide Rechtsverhältnisse tatsächliche und rechtliche Auswirkungen aufeinander haben können. Die Nichterwähnung des Anstellungsverhältnisses im GmbH-Gesetz ist daher irrelevant. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts ging davon aus, daß die Beendigung des Dienstvertrages mit Notwendigkeit auch die Beendigung der Organstellung zur Folge hatte 378 . Dem lag der Gedanke zugrunde, daß im Regelfall das Organamt auf dem Dienstverhältnis beruhte und demgemäß die Organstellung notwendigerweise mit ihm ihr Ende erreichte. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes steht auf dem gleichen Standpunkt 379 , auch wenn einzelne Formulierungen dies in Zweifel ziehen könnten 380 . Auch wenn der Bundesgerichtshof davon spricht 381 , daß mit einer wirksamen Kündigung des Dienstverhältnisses regelmäßig zugleich der Organstellung der Boden entzogen wird, so ist damit unzweideutig gemeint, daß hierdurch die Organstellung erlischt 382 . Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann aber entnommen werden, daß die Rechtsfolge des Erlöschens der Organstellung bei Beendigung des Dienstverhältnisses nur dann eintreten soll, wenn der Dienstvertrag die alleinige Grundlage der Bestellung gewesen ist 3 8 3 . Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß das Organmitglied nicht ohne vertragliche Grundlage die Verantwortung des Amtes im allgemeinen weiter tragen wird 3 8 4 . Dann ist jedoch auch die Annahme 378

RGZ 115, 351,354; 140, 314, 315 f.; 144,384,386. BGH LM Nr. 5 zu § 75 AktG; BGHZ 79, 38, 41 f. ; 89, 48, 52 f.; BGH WM 1981, 1200,1201. 380 A.A. Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 19, 363 ff. 381 BGHZ 79,38,41 f. 382 Vgl. die Entscheidungskette in BGHZ 79, 38 ff auf BGH LM Nr. 5 zu § 75 AktG auf RGZ 144, 144,384,386. 383 BGH WM 1981, 1200, 1201 (insoweit in BGHZ 81, 311 ff. nicht abgedruckt). 384 Fleck, a.a.O., S. 390; ders., Das Dienstverhältnis der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer in der Rechtsprechung des BGH, Sonderbeilage 3 zu WM 1968, S. 3, 9 f. sowie Sonderbeilage 3 zu WM 1981, S. 3, 9. 379

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§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

gerechtfertigt, daß die Anstellung Grundlage der Bestellung ist. Denn wenn die Organstellung bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses ihr Ende findet, so muß die Anstellung als wesentliche Grundlage der Organstellung des Geschäftsführers betrachtet werden. Was für die Beendigung des Organamtes aufgrund Erlöschens des Anstellungsverhältnisses gilt, muß auch für den Beginn des Organamtes Geltung beanspruchen. Wenn der designierte Geschäftsführer sein Amt antritt, erfolgt dies auch im Blick auf den Anstellungsvertrag. Bei Übernahme des Geschäftsführeramtes bedarf der bestellte Geschäftsführer daher im Regelfalle einer vertraglichen Grundlage, um die mit dem Amte verbundene Arbeitslast und Verantwortung tragen zu können. Im übrigen ergibt sich dieses Ergebnis auch aus der weiteren Überlegung, daß die Pflicht zur Geschäftsführung nicht nur aus dem aufgrund der Bestellung erfolgten organschaftlichen Sonderrechtsverhältnis entspringt, sondern dies entspricht auch dem Inhalt und Wesen des Anstellungsvertrages. Einerseits wird zwar zum Teil die Ansicht vertreten, daß die Pflicht zur Geschäftsführung ausschließlich auf der Bestellung und nicht auf der Anstellung beruhe 385 . Demgemäß könne der Anstellungsvertrag allenfalls das Recht und die Pflicht zum Amt begründen, Quelle der körperschaftlichen Rechte und Pflichten aus dem Amt sei aber ausschließlich der körperschaftliche Bestellungsakt. Demgegenüber wird andererseits betont, daß das in bezug auf einen Anstellungsvertrag aufgenommene Geschäftsführeramt den Geschäftsführer auch schuldrechtlich verpflichte, die sich aus der Organstellung ergebenden Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt wahrzunehmen 386. Die zuerst wiedergegebene Ansicht erweist sich als zu eng. Hier wird der Anstellungsvertrag lediglich als Grundlage für eine Übernahme, jedoch nicht als Grundlage für den weiteren Bestand der Bestellung gesehen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß im Anstellungsvertrag der Geschäftsführer auch schuldrechtlich an die ordnungsgemäße Pflichterfüllung seiner Organaufgaben gebunden werden soll. Zentraler Gegenstand des Anstellungsvertrages ist in der Regel die Wahrnehmung des Geschäftsführeramtes mit seinen vielfältigen Aufgaben. Denn die verschiedenen Vergütungs- und sonstigen Pflichten der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer werden deswegen vereinbart, damit der Geschäftsführer aufgrund synallagmatischer Verbundenheit eines gegenseitigen Pflichtenerfüllungsprogramms seine ihm anvertrauten Aufgaben gewissenhaft erfüllt. Gerade dieser synallagmatische Zusammenhang zwischen der Vergütungsregelung und der Aufgabenzuweisung an den Geschäftsführer 385

Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 236; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrates, S. 163 ff. 386 Fleck, a.a.O., S. 397; Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 202 zu § 35 GmbHG.

2. Die Anstellung als schuldrechtliche Grundlage

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verstärkt die innere Verbundenheit zwischen den beiden Rechtsverhältnissen, wie sie sich gerade im Bereich der aus der Organstellung resultierenden Aufgabenerfüllung durch den Geschäftsführer ergibt. Diese vertragsmäßige Grundlage ist für den Geschäftsführer wesentlich nicht nur für die Übernahme des Amtes sondern auch für die weitere Entwicklung, nämlich den weiteren Bestand der Bestellung; in der Regel wird daher das organschaftliche Aufgabenfeld des Geschäftsführers wesentlich durch das Anstellungsverhältnis von der Übernahme des Geschäftsführeramtes bis zu dessen Beendigung geprägt. Dies rechtfertigt ebenfalls den Schluß, wegen des gegebenen inneren Sachzusammenhangs zwischen beiden Rechtsverhältnissen die Anstellung als die schuld387

rechtliche Grundlage der Bestellung zu sehen , auch wenn im organschaftlichen Bereich die Bestellung als körperschaftliches Organisationsverhältnis primärer Ansatzpunkt für die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers sein mag und das Anstellungsverhältnis demgemäß vorrangiger Platz für die Regelung vermögensrechtlicher Fragen ist 3 8 8 . Denn die vertragsgemäße Grundlage der Anstellung für die Bestellung wird dadurch nicht berührt. Entscheidend bleibt aber, daß auch im Anstellungsvertrag die organschaftliche Pflichtenbindung, nämlich die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Geschäftsführung, verortet ist, so daß auch der Inhalt und das Wesen des Anstellungsvertrages dafür spricht, daß die Anstellung die schuldrechtliche Grundlage der Bestellung ist. Ausnahmsweise wird man dem Anstellungsverhältnis seine Qualität als schuldrechtliche Grundlage der Bestellung absprechen müssen, wenn zum Beispiel einem Gesellschafter-Geschäftsführer ein eigenes körperschaftliches Recht auf die Geschäftsführung zusteht. In einem solchen Fall ist der gleichwohl geschlossene Anstellungsvertrag nicht die Grundlage der Bestellung, denn das Recht des Gesellschafters auf das Amt kann ihm nicht auf dem Umweg über eine Beeinträchtigung des Anstellungsvertrages genommen werden 389 . Der innere Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung ist dann zu verneinen, wenn der Geschäftsführer aufgrund eines mitgliedschaftlichen Sonderrechts die Leitung des Unternehmens übernommen hat. Auch wenn - etwa aus steuerrechtlichen Erwägungen heraus - ein Anstellungsvertrag abgeschlossen wird, beruht die Amtstätigkeit des Geschäftsführers auf einem gesellschaftsrechtlichen Sonderrecht und nicht auf dem Anstellungsvertrag.

387

Fleck, a.a.O., S. 390; für die Genossenschaft Müller, Rn. 34 zu § 24 GenG. 388 H ü f f e F j Organpflichten- und Haftung in der Publikums-Personengesellschaft, ZGR 1981, S. 348, 356; Fleck, a.a.O., S. 396. 389 Vielfach wird auch, soweit der Gesellschaftsvertrag detaillierte Regelungen trifft, ein Anstellungsvertrag nicht erforderlich sein (vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 8 zu § 35 GmbHG).

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§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

cc) Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag Der Fall einer statutarischen Bestellung bildet einen Grenzfall. Denn einerseits genießt der betreffende Geschäftsführer aufgrund der satzungsmäßigen Regelung einen erhöhten Bestandsschutz, da zum einen seine Abberufung auf das Vorhandensein von sachlichen Gründen gestützt werden muß und zum anderen eine Änderung oder Aufhebung der statutarischen Bestellungsklausel ebenfalls sachliche Gründe erfordert. Gleichwohl hat der Betreffende in seiner Funktion als Geschäftsführer keine zu seinen Gunsten unmittelbar eingreifenden Schutzrechte, denn der oben dargelegte Bestandsschutz wirkt sich für ihn nur mittelbar im Sinne eines Rechtsreflexes aus. Er selbst kann als Geschäftsführer unmittelbar gegen Veränderungen, welche die Gesellschafter des Verbands beschlossen haben, nicht vorgehen. Voller Schutz wird ihm daher nur mit Hilfe der Gesellschafter zuteil. Dem Anstellungsvertrag als denkbare schuldrechtliche Absicherung kann daher auch in diesem Fall eine erhebliche Bedeutung zukommen. Erkennt man im Falle einer statutarischen Bestellung, wie sich aus den bisherigen Darlegungen ergibt, kein Sonderrecht im Sinne des § 35 BGB zugunsten des bestellten Geschäftsführers, so folgt daraus, daß seine Zustimmung zu einer Änderung in bezug auf den seine Person betreffenden körperschaftlichen Bereich nicht notwendig ist. Der dem Geschäftsführer im Sinne eines Rechtsreflexes eingeräumte satzungsmäßige Bestandsschutz kann dem Geschäftsführer unter Einhaltung der notwendigen Mehrheiten bei Vorliegen von sachlichen Erwägungen der abstimmenden Gesellschafter entzogen werden. Ein Anstellungsvertrag verschafft demgegenüber dem Geschäftsführer qualitativ eine zusätzliche Absicherung bezüglich seines Amtes. Denn die Aufhebung einer schuldrechtlichen Bindung der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer erfordert grundsätzlich die Zustimmung des Geschäftsführers. Denn gemäß § 305 BGB bedarf jede Änderung der schuldrechtlichen Regelungen zwischen Parteien der Zustimmung jedes Teils. Der bestellte Geschäftsführer hat daher im Regelfalle ein erhebliches Interesse am Bestand des Anstellungsverhältnisses. Demgemäß ist auch hier im Grundsatz davon auszugehen, daß der mit dem Geschäftsführer geschlossene Anstellungsvertrag im Hinblick auf die Bestellung abgeschlossen wird und so der notwendige innere sachliche Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung gegeben ist. Denn die statutarische Bestellung gibt dem betreffenden Geschäftsführer grundsätzlich weder ein Sonderrecht noch werden dadurch detaillierte, insbesondere seine Vergütung betreffende Regelungen getroffen. Ohne Abschluß eines Anstellungsvertrages oder jedenfalls die konkrete Aussicht auf den Abschluß eines solchen wird daher eine statutarische Bestellung kaum erfolgen.

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Gleichwohl ist im Gegensatz zu einer Bestellung aufgrund einer Wahl die Bestellung als materieller Satzungsbestandteil in der körperschaftlichen Verfassung der GmbH fest verankert. Durch den reflexartigen Bestandsschutz zugunsten des bestellten Geschäftsführers beruht die Amtstätigkeit des Geschäftsführers auch auf der Satzung der GmbH, denn die Bestellung ist zum körperschaftlichen Bestandteil des Gesellschaftsvertrages geworden. Demgemäß ist es gerechtfertigt, die diese Bestellungsform als auf zwei Grundlagen 390 beruhend anzusehen: Die Rechtsstellung des statutarisch bestellten Geschäftsführers gründet sich zum einen auf die Satzung und zum anderen auf den Anstellungsvertrag. Der Anstellungsvertrag bildet daher auch die - schuldrechtliche Grundlage der Bestellung.

3. Die Rechtsfolgen der Bestellung im Gesellschaftsvertrag Ist der Geschäftsführer schon bestellt, hingegen der Anstellungsvertrag noch nicht geschlossen, so ist fraglich, welche Rechtsfolgen in bezug auf das Anstellungsverhältnis daraus abzuleiten sind. Die Bandbreite der verschiedenen denkbaren Möglichkeiten ist groß. Im Grundsatz sollen hier zwei verschiedene Richtungswege untersucht werden: Zum einen könnte die Wirksamkeit der statutarischen Bestellung davon abhängen, daß es zu einem rechtswirksamen Abschluß eines Anstellungsvertrages kommt. Zum anderen besteht die denkbare Möglichkeit, daß die Bestellung im Grundsatz als wirksam angesehen wird, jedoch in bezug auf das Anstellungsverhältnis sich Rechtsfolgen ergeben, die sich von der Annahme eines Vorvertrages bis hin zu einem schuldrechtlichen Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages erstrecken. Bei allen Konstellationen ist zu bedenken, daß der Anstellungsvertrag auch die schuldrechtliche Grundlage der Bestellung bildet und die statutarische Bestellung Teil der körperschaftlichen Verfassung geworden ist.

a) Aufschiebend bedingte Bestellung durch Abschluß eines Anstellungsvertrages Die Bestellung vollzieht sich in zwei Stufen, nämlich dem Akt der internen Bestimmung des Geschäftsführers und der Annahme des Amtes durch den Betreffenden 391 . Somit kann in Erwägung gezogen werden, daß einerseits die materielle Einigung der Gesellschafter auf die Person des Geschäftsführers und 390

Vgl. auch BGH WM 1981, 1200, 1201: Der Bundesgerichtshof ist in diesem Falle zu der Erkenntnis gelangt, daß der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers nicht die alleinige Grundlage der Bestellung ist. 391 Vgl. eingehend oben § 2.

138

§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

andererseits die Annahmeerklärung des Betreffenden unter der aufschiebenden Bedingung vorgenommen wird, daß die Organstellung des Geschäftsführers erst dann zur Rechtswirksamkeit gelangt, wenn der Anstellungsvertrag wirksam zwischen den Parteien abgeschlossen ist. Dabei ist vorrangig die Frage klärungsbedürftig, ob die Bestellung als körperschaftlicher Akt einer rechtsgeschäftlichen Bedingung grundsätzlich zugänglich ist 3 9 2 . Hommelhoff, der als einziger der Autoren eine Begründung gibt, geht von folgendem aus: Grundsätzlich lehnt er die Zulässigkeit einer bedingten Bestellung ab, da durch die Möglichkeit einer Bedingung ein nicht tragbarer Schwebezustand bei der Bestellung entsteht. Eine Ausnahme will er nur dann zulassen, wenn der Schwebezustand der Bestellung bis zu ihrer Annahme durch den 393

Geschäftsführer beendet ist . Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Bestellung unter der Bedingung vorgenommen wird, daß zuvor noch ein anderes Organ der Gesellschaft - zum Beispiel der Aufsichtsrat - der Bestellung zugestimmt hat. Damit wird der rechtstechnischen Möglichkeit der Bedingung ein zeitlicher Rahmen, nämlich der bis zur Annahme der Bestellung durch den betreffenden Geschäftsführer gezogen. Im Grunde genommen ändert sich an der bisherigen Rechtslage nichts: Denn bis zur Annahme der Bestellung durch den Geschäftsführer besteht sowieso ein Schwebezustand, nämlich die Ungewißheit, ob der Betreffende das Amt annimmt oder ablehnt. Durch die einschränkende Auffassung Hommelhoffs werden nur gewisse rechtstechnische Gestaltungswege eröffnet, die Frage einer bedingten Bestellung wird aber im Kern nicht beantwortet. Da die Bestellung ein mitwirkungsbedürftiger Akt aufgrund des Annahmeerfordernisses durch den betreffenden Geschäftsführer ist, wird die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit der bedingten Bestellung erst dann in voller Tragweite erfaßt, wenn der Bestellungsrechtsvorgang mitsamt der Annahme vollendet ist. Der Geschäftsführer einer GmbH hat im öffentlichen Interesse verschiedene Pflichten zu erfüllen, wie beispielsweise die Verpflichtung, für die Buchführung Sorge zu tragen (vgl. § 41 Abs. 1 GmbHG), die Verpflichtung zur Aufstellung des Jahresabschlusses nebst Lagebericht (vgl. § 264 HGB) oder etwa die Konkursantrags Verpflichtung gemäß § 64 GmbHG. Diese, teilweise auch strafbewehrten Vorschriften (vgl. etwa zur Konkursantragsverpflichtung § 84 GmbHG), stellen zwingende Rechtsnormen dar, die den Schutz der Gläubiger und des Rechtsverkehrs bezwecken 394 . Das Interesse der Allgemeinheit an einer 392 Bejahend Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 10 zu § 35 GmbHG; Müller, Rn. 29 zu § 24 GenG. Verneinend im Grundsatz Lutter-Hommelhoff, Rn. 24 zu § 6 GmbHG und Scholz/Schneider, Rn 27 zu § 6 GmbHG; vgl. auch Baums, Der Geschäftsleitervertrag auf S. 49. 393 Lutter-Hommelhoff, a.a.O.

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wirtschaftlich gesunden Gesellschaft ist unmittelbar einleuchtend. Hierfür ist aber unabdingbare Voraussetzung, daß die im öffentlichen Interesse bestehenden Verpflichtungen des Geschäftsführers klar auf eine konkrete Person bezogen sind. Denn nur auf diese Weise wird sichergestellt, daß diese Verpflichtungen erfüllt werden und nicht in einer Zuständigkeits-Gemengelage Beeinträchtigungen erleiden. Bei der Annahme einer aufschiebenden Bedingung durch Abschluß des Anstellungsvertrages könnte man zwar prima vista davon ausgehen, daß hier insoweit eine klare Rechtslage bestehen würde. Denn die im öffentlichen Interesse dem Geschäftsführer auferlegten Verpflichtungen würden erst dann entstehen, wenn ein klar definiertes und deutlich im Rechtsverkehr erkennbares Ereignis, nämlich der Abschluß des Anstellungsvertrages, eintreten würde. Jedoch besteht die Erkennbarkeit nur für den internen Kreis der an der Gesellschaft unmittelbar beteiligten Personen und nicht, was entscheidend sein muß, für den Rechtsverkehr. Diese mangelnde Erkennbarkeit nach außen wird noch dadurch verstärkt, daß der abgeschlossene Anstellungsvertrag mit Mängeln behaftet sein kann, die seine Unwirksamkeit bewirken können, wie etwa bei Geschäftsunfähigkeit des Betreffenden. Aber auch bei einer Anfechtung 395 des Anstellungsvertrages wegen arglistiger Täuschung wäre zu fragen, ob zumindest im Zeitpunkt der Anfechtungserklärung auch das Organ Verhältnis sein Ende finden müßte. Gerade bei einem zu befürchtenden Streit über die Wirksamkeit der Anfechtung würde sich dieser Streit notwendigerweise auch auf die Wirksamkeit der Organstellung übertragen. In derartigen Fällen würde eine nicht zu rechtfertigende Unklarheit über den Bestand der Organstellung entstehen. Dies ist jedoch mit den im öffentlichen Interesse dem Geschäftsführer auferlegten Verpflichtungen nicht in Einklang zu bringen. Die Bestellung ist daher aus Gründen der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit bedingungsfeindlich.

b) Abschluß eines Anstellungsvertrages durch die Bestellung Der Anstellungsvertrag kommt wie jeder andere Vertrag durch Angebot und Annahme gemäß den §§145 ff. BGB zustande. Da der Trennungstheorie bezüglich der Bestellung und der Anstellung im Grundsatz zu folgen ist, ist der 394

Vgl. insbesondere Rowedder/Fuhrmann, Rn. 1 zu § 84 GmbHG. Bei Aufnahme der Dienstgeschäfte durch den Geschäftsführer kann die Anfechtung nur mit ex nunc Wirkung durchdringen, da eine Rückabwicklung des Anstellungsverhältnisses nach Bereicherungsgrundsätzen weder sachgerecht noch in vielen Fällen möglich wäre; vgl. BGHZ 41, 282, 287 f. 395

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§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

Abschluß eines getrennten Anstellungsvertrages erforderlich. Der Anstellungsvertrag kann auch konkludent geschlossen werden, da er keiner Form bedarf 396 . In der Bestellung zum Geschäftsführer der Gesellschaft und deren Annahme durch den Betreffenden kann nicht der konkludente Abschluß eines Anstel397

lungsvertrages erkannt werden . Denn der interne Akt der Bestellung zum Geschäftsführer durch die Gesellschafter erscheint grundsätzlich zu inhaltsarm, um nachträglich deklaratorisch den Inhalt des Anstellungsvertrages festlegen zu können. Man wird dieser Auffassung auch dann zustimmen können, wenn man von einer materiellen Satzungsgestaltung der Bestellung ausgeht. Denn auch wenn dieser statutarischen Bestellung eine erhöhte Bestandskraft zuzuweisen ist, so liegt in der Bestellung noch keine Automatik bezüglich des Abschlusses eines Anstellungsvertrages. Die Bestellung wird in den meisten Fällen, wie ausgeführt, gerade in dem Bewußtsein vorgenommen, noch die Anstellungsbedingungen im einzelnen auszuloten. Der Abschluß eines Anstellungsvertrages kann daher nicht in der Bestellung erkannt werden.

c) Abschluß eines Vorvertrages durch die Bestellung Denkbar ist weiter, daß in der Bestellung und deren Annahme der konkludente Abschluß eines Vorvertrages gesehen werden kann, durch den die Verpflichtung zum späteren Abschluß eines Anstellungsvertrages begründet wird 3 9 8 . Ein wirksamer Vorvertrag setzt unstreitig voraus, daß sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte geeinigt haben und der Inhalt des Hauptvertrages zumindest bestimmbar ist 3 9 9 . Wesentlich ist, daß eine so weitgehende Einigung erzielt wurde, daß sich der Inhalt des Hauptvertrages unter Anwendung des § 287 ZPO in Verbindung mit den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung ermitteln läßt 400 . Entscheidend ist mithin, daß die Parteien des Vorvertrages noch einmal über den Hauptvertrag eine Einigung erzielen müssen. Denn der Hauptvertrag bedarf eines getrennten Vertragsabschlusses im Gefolge zum Vorvertrag.

396

Vgl. statt aller Lutter-Hommelhoff, Rn. 6 zu Anh. § 6 GmbHG. Wohl allg. Meinung im GmbH-Recht, vgl. Scholz/Schneider, Rn. 166 zu §35 GmbHG und Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 94 zu § 35 GmbHG; streitig im Genossenschaftsrecht: zustimmend: Müller, Rn. 37 zu § 24 GenG; verneinend, Meyer/Meulenbergh/Beuthien, Rn. 14 zu § 24 GenG. 398 Vgl. BGHZ 102, 384, 388. 399 Vgl. Palandt/Heinrichs, Rn. 19 zu § 145 BGB mit weiteren Nachweisen. 400 Vgl. RGZ 156, 138. 397

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Im Gegensatz hierzu steht die schon hauptvertraglich getroffene bindende Einigung, bei der zwar der Inhalt des Hauptvertrages in seinen Einzelheiten noch nicht feststeht, jedoch einer der Vertragsparteien das Recht zugestanden wird, den Inhalt des Vertrages im Rahmen des § 315 BGB zu bestimmen. In diesem Falle ist der Anstellungsvertrag bereits geschlossen, lediglich die einzelnen Anstellungsbedingungen bedürfen noch der Konkretisierung, die dann in Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechtes gemäß § 315 BGB durch einen der Vertragspartner zu erfolgen hat 401 . Liegt ein Vorvertrag vor, so ist die Frage der Bestimmbarkeit des Hauptvertrages rechtstheoretisch ein Akt des Erkennens der nunmehr strittigen Punkte. Über diese Punkte wurde jedoch schon eine vorvertragliche Einigung getroffen mit der Folge, daß die Parteien an diese Einigung gebunden sind. Demgegenüber ist die Leistungsbestimmung gemäß § 315 BGB als ein - zwar gerichtlich nachprüfbarer - rechtsgestaltender Akt zu qualifizieren. Beim Vorvertrag geht die Rechtsfindung daher deklaratorisch vor, während bei der Leistungsbestimmung das Recht konstitutiv festgestellt wird. In der Bestellung und deren Annahme kann ebensowenig eine konkludente Einigung auf Abschluß eines Vorvertrages gesehen werden wie auf Abschluß eines Hauptvertrages. Denn in dem einen wie in dem anderen Fall ergeben sich aus dem Bestellungsakt noch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, wie denn die Vertragslücken anhand der dispositiven Gesetzeslage unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben und der Verkehrssitte auszufüllen sind. Von einem deklaratorischen Erkennen des Inhalts des Hauptvertrages kann daher mangels Bestimmbarkeit des Vorvertrages nicht gesprochen werden. Denn die einzelnen Anstellungsbedingungen müssen noch von vagen Ziel vorgaben zur Rechtsverbindlichkeit umgestaltet werden.

d) Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages die Bestellung im Gesellschaftsvertrag

durch

aa) Grundsatz Zu untersuchen bleibt mithin, ob durch die statutarische Bestellung als materiellen Satzungsbestandteil der Geschäftsführer einen Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages erhält. Denn der Anstellungsvertrag bildet nicht nur die schuldrechtliche Grundlage der Bestellung, sondern die statutarische Bestellung ist auch zum Inhalt der körperschaftlichen Verfassung geworden.

401

Zöllner, Der arbeitsrechtliche Vorvertrag, S. 455, 458.

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§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

In der Rechtsprechung wurde diese Frage bislang noch nicht aufgeworfen. In der GmbH-rechtlichen Literatur wird, soweit ersichtlich, diese Frage ebenfalls nicht erörtert. Auch im aktienrechtlichen Schrifttum wird die Problematik nur am Rande gestreift 402 . Hingegen wird in der genossenschaftlichen Literatur ein entsprechender Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages zu angemessenen Bedingungen bejaht 403 , wobei aus den Umständen - wie etwa aus der Größe und der Art der Genossenschaft und aus dem bisherigen beruflichen Werdegang des Betreffenden - der Inhalt des Anstellungsvertrages zu bestimmen ist 404 . Auch wenn die Frage nach einem Anspruch des bestellten Geschäftsführers auf Abschluß eines Anstellungsvertrages in der Literatur im übrigen kaum behandelt wird, so wird das Problem des schon bestellten Geschäftsführers, mit dem aber noch kein Anstellungsverhältnis in Kraft gesetzt worden ist, nicht übersehen. Die überwiegende Meinung in der Literatur ist in diesem Falle der Auffassung, daß der Geschäftsführer sein Amt niederlegen darf, wenn der Anstellungsvertrag nicht in angemessener Frist zustande kommt 4 0 5 . Die Bejahung eines Anspruchs auf Abschluß eines Anstellungsvertrages setzt gemäß § 305 BGB grundsätzlich ein durch Rechtsgeschäft begründetes Schuldverhältnis voraus, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Ohne eine vertragliche Sonderrechtsbeziehung im Sinne einer schuldrechtlichen Bindung beider Parteien kann ein Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages nicht abgeleitet werden. Durch den körperschaftlichen Bestellungsakt und dessen Annahme kommt zwischen den Parteien das Bestellungsrechtsverhältnis zustande. Dies ist eine organschaftliche Sonderrechtsbeziehung 406, aus der die spezifischen organschaftlichen Rechte und Pflichten entspringen sowie die organschaftliche Vertretungsmacht begründet wird 4 0 7 . Inwieweit aus dieser organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung ein Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages hergeleitet werden kann, erscheint zunächst zweifelhaft, da ein solcher Anspruch einen schuldrechtlichen Verpflichtungsgrund voraussetzt. Aus der organschaftlichen Sonderrechtsbezie-

402

Vgl. Lenze, Amtsniederlegung durch das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft auf S. 94. 403 Müller, Rn. 38 zu § 24 GenG; keine Stellungnahme von Meyer/Meulenbergh/ Beuthien; Lang/Weidmüller und von Hettrich/Pöhlmann. 404 Müller, a.a.O. 405 Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 10 zu § 35 GmbHG; Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 109 zu § 35 GmbHG; Scholz/Schneider, Rn. 151 zu § 35 GmbHG. 406 BGH WM 1992, 691,692. 407 Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 7 zu § 35 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 1 zu Anh. § 6 GmbHG.

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hung aufgrund der Bestellung erwachsen zwar organschaftliche Rechte des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft, wie etwa das Recht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung gemäß § 49 GmbHG. Jedoch ist fraglich, ob als organschaftliches Recht des Geschäftsführers und demgegenüber korrespondierend als organschaftliche Verpflichtung der Gesellschaft ein Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages hergeleitet werden kann. Ist die Annahme zutreffend, daß Bestellung und Anstellung zwei getrennte Rechtsverhältnisse begründen 408 , so ist die These eines Anspruchs aus dem Bestellungsrechtsverhältnis auf Abschluß des Anstellungsrechtsverhältnisses anfechtbar. Denn die im Laufe der Rechtsentwicklung vollzogene Trennung zwischen Bestellung und Anstellung wäre in ihrem dogmatischen Grundansatz zugunsten des Einheitsprinzips aufgehoben: Aus der organschaftlichen Ebene der Bestellung wäre der Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages in der schuldrechtlichen Ebene der Anstellung zu folgern. Dies läßt sich indessen nur dann rechtfertigen, wenn sich die organschaftliche Sonderrechtsbeziehung aufgrund der erfolgten Bestellung auch auf der schuldrechtlichen Ebene der Anstellung fortsetzt. Dies ist jedoch unweigerlich mit einer Einschränkung des Grundsatzes des Trennungsprinzips verbunden. Denn leitet man aus der Bestellung, also aus dem organschaftlichen Rechtsverhältnis, einen Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages ab, so nähert man sich dem insbesondere von Baums favorisierten Einheitsprinzip, wonach dem Anstellungsvertrag als Rechtsgeschäft nur ein das Bestellungsrechtsverhältnis ergänzender Regelungscharakter beigemessen werden kann 409 . Andererseits wird man in Rechnung zu stellen haben, daß Bestellung und Anstellung derart innerlich aufeinander bezogen sind, daß diese sich als schuldrechtliche Grundlage jener im Sinne eines Kausalverhältnisses darstellt. Ein möglicher Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen sondern vielmehr denkbar, da die Ebene der Bestellung in vielfältiger Weise mit der Ebene der Anstellung - zumal im Falle der statutarischen Bestellung - verknüpft ist. Es ist somit der Frage nachzugehen, inwieweit in einer materiellen Bestellungsklausel, durch welche die Organstellung des Betreffenden begründet worden ist, ein Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages zu erkennen ist. Im folgenden wird zunächst das Bestehen eines solchen Anspruchs dem Grunde nach untersucht, um sodann die Problematik der inhaltlichen Konkretisierung dieses Anspruchs zu erörtern.

408 409

Vgl. oben § 7 2.a). Vgl. eingehend oben § 7 2.a)cc).

144

§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

bb) Der Anspruch dem Grunde nach Mit seiner Bestellung erlangt der designierte Geschäftsführer eine herausragende Stellung im Organisationsgefüge der GmbH: In seiner wirtschaftlichen Funktion als Repräsentant des Gesellschaftsunternehmens laufen bei ihm die Fäden der geschäftlichen Beziehungen und Kundenkontakte zusammen410. Demgemäß ist ihm treuhänderisch das Gesellschaftsvermögen mitsamt den vielfältigen Interessen und Chancen der Gesellschaft anvertraut 411. Als Geschäftsführer hat er bei der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben allein das Wohl und Wehe des Unternehmens der Gesellschaft im Auge zu halten und darf keinesfalls seine eigenen wirtschaftlichen Vorteile suchen. In allen Angelegenheiten, die das Betätigungsfeld der Gesellschaft betreffen, hat er ausschließlich deren Interesse zu verfolgen, damit die Gesellschaft den Nutzen davon trägt 412 . Demnach schuldet der Geschäftsführer aufgrund seiner Treuebindung der Gesellschaft ein loyales Verhalten in allen gesellschaftlichen Bereichen 4 ' 3 . Auch wenn nicht verkannt werden darf, daß die so umschriebene Treuepflicht des Geschäftsführers unabhängig vom Bestehen eines Anstellungsvertrages besteht 414 , so wird durch die Bestellung die organschaftliche Sonderrechtsbeziehung geschaffen, die Grundlage von gegenseitigen Treuepflichten des Geschäftsführers und der Gesellschaft ist 4 ' 5 . Wie der Geschäftsführer gegenüber seiner Gesellschaft einer Treuebindung unterworfen ist, so ist gleich-

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Vgl. BGHZ 91, 1,4. Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht § 6 IV auf S. 344 ff. 412 Ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. WM 1967, 679; 1977, 361, 362; 1985, 1444, 1445; 1992, 691, 693; ZIP 1989, 1390, 1394. 413 Scholz/Schneider, Rn. 121 und 141 zu § 43 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 14 ff. und 17 ff. zu § 43 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 13 zu § 43 GmbHG; Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 23 zu § 43 GmbHG; Meyer-Landrut in MeyerLandrut/Miller/Niehus, Rn. 10 zu § 43 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 20 zu §35 GmbHG; aus der aktienrechtlichen Literatur vgl. Hefermehl in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropf Rn. 8 zu § 76 AktG und Mertens in Kölner Kommentar zum AktG, Rn. 29 und 57 ff. zu § 93 AktG. 414 Deutlich Zöllner, a.a.O.; Hachenburg/Mertens, a.a.O.; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 55 zu § 35 GmbHG; wohl auch Lutter-Hommelhoff, Rn. 2 zu § 43 GmbHG; unklar Scholz/Schneider, der zwar aus § 43 GmbHG mannigfaltige Pflichten ableitet (vgl. Rn. 25 ff. zu § 43 GmbHG), jedoch dann nachwirkende aus der Organstellung sich ergebende Loyalitätspflichten zu Recht bejaht, aber mit der Begründung, daß diese teilweise mit der Beendigung der Stellung als Geschäftsführer und mit der Beendigung des Anstellungsvertrags entfallen (vgl. Rn. 156 zu § 43 GmbHG). 415 Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 19 zu § 35 GmbHG. 411

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e t s g n der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

falls die Gesellschaft dem Geschäftsführer gegenüber eine Treueverpflichtung 4 1 6 eingegangen. Ausfluß dieser gegenseitigen Treuebindung ist ebenfalls, daß der Geschäftsführer sein Amt niederlegen darf, wenn nach seiner Bestellung ein Anstellungsvertrag in angemessener Frist nicht zustande kommt 417 . Denn es ist dem Geschäftsführer nicht zuzumuten, ohne eine gesicherte schuldrechtliche Grundlage, die insbesondere seine persönlichen Rechte gegen die Gesellschaft festlegt, für die Gesellschaft weiterhin tätig zu sein. Angesichts seiner Verpflichtung zur sorgfältigen und ordnungsgemäßen Geschäftsführung mit der Rechtsfolge, daß ein etwaiger Verstoß Haftungsansprüche der Gesellschaft aus § 43 Abs. 2 GmbHG zeitigen kann - und zwar unabhängig von dem förmlichen Abschluß eines Anstellungsvertrages 418 -, ist das Bestehen eines Anstellungsvertrages ein dringendes Postulat. Hat man den rechtlichen Befund der gegenseitigen Treuepflichtenbindung auch in bezug auf das Anstellungsverhältnis erkannt, so muß dies im Falle der statutarischen Bestellung zu weiteren Folgerungen zwingen. Denn die statutarische Bestellung ist nicht nur materieller Satzungsbestandteil mit der Folge einer Satzungsänderungsmöglichkeit nur gemäß den §§ 53, 54 GmbHG, sondern es müssen auch sachliche Gründe für die Abberufung und für die Änderung beziehungsweise für die Aufhebung der statutarischen Bestellungsklausel sprechen. Folge der Bestellung ist eine Intensivierung der gegenseitigen Treuebindung: Denn der bestellte Geschäftsführer erhält durch seine in die körperschaftlichen Verfassung integrierte Stellung eine Sonderposition, aufgrund derer er nur unter erschwerten Bedingungen abberufen werden kann. Allerdings kann der betreffende Geschäftsführer mangels Gesellschafterstellung die eventuelle Rechtswidrigkeit von satzungswidrigen Beschlüssen nicht im Wege einer Anfechtungsklage geltend machen, denn grundsätzlich ist die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen nur den Gesellschaftern vorbehal.

419

ten Jedoch muß hierbei weiter in Rechnung gestellt werden, daß der Anstellungsvertrag im Falle der Bestellung des Geschäftsführers auch die schuldrechtliche Grundlage des Organverhältnisses bildet, das seinerseits durch die Bestellung in der Satzung körperschaftsrechtlich abgesichert ist. Bei einer der-

416 BGH WM 1975, 761; ebenso die gegenseitige Treueverpflichtung anerkennend im Genossenschaftsrecht: BGH LM Nr. 1 zu § 40 GenG. 417 Vgl. statt aller Scholz/Schneider, Rn. 151 zu 35 GmbHG. 418 Vgl. Fleck, Das Dienstverhältnis der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer in der Rechtsprechung des BGH, Sonderbeilage 3 zu WM 1981, S. 3, 5 unter Hinweis auf ein unveröffentlichtes Urteil des BGH vom 18.03.1976 (II ZR 210/74). 419 Vgl. statt aller Lutter-Hommelhoff, Rn. 31 und 61 zu Anh. § 47 GmbHG. 10 Müller

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§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

artigen durch objektive Umstände rechtlich verfestigten Sonderbeziehung im organschaftlichen Bereich mit der Folge, daß eine Abberufung nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich ist, ist ein Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages aus der gegenseitigen Treuebindung zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer zu bejahen. Dies muß um so mehr Geltung beanspruchen, als durch die körperschaftlich verfestigte statutarische Bestellung die ohnehin gegebene organschaftliche gegenseitige Treuebindung eine schuldrechtliche Ergänzung in bezug auf einen Anstellungsvertrag zwingend erfordert. Denn es ist dem Geschäftsführer nicht zuzumuten, einerseits von der Gesellschaft eine satzungsgemäße Absicherung seines Amtes zu erhalten und andererseits ohne schuldrechtliche Grundlage für die Gesellschaft tätig zu sein. Zwar kann man dem Betreffenden zugestehen, sein Amt rechtmäßig niederzulegen, wenn es nicht in angemessener Frist zum Abschluß eines Anstellungsvertrages kommt. Jedoch stellt dies angesichts seiner in die körperschaftliche Verfassung integrierten Amtszuständigkeit als Leitungsorgan der GmbH ein widersprüchliches Verhalten dar. Denn beide Teile haben durch die statutarische Bestellung und deren Annahme ihren Willen bekundet, der zum Geschäftsführer erkorenen Person dauerhaft die Geschäftsleitung zu überlassen. Dies muß jedoch auch die schuldrechtliche Bindung einschließen, die beide Teile zur Eingehung eines Anstellungsverhältnisses verpflichtet. Die gegenseitige Treuebindung erfordert daher einen Anspruch auf Abschluß eines entsprechenden Anstellungsvertrages, denn die durch die organschaftliche Sonderrechtsbeziehung bewirkte Treuepflicht ist im Falle einer materiellen Satzungsgestaltung der Bestellung als ein ausreichender schuldrechtlicher Verpflichtungsgrund zu qualifizieren. Im Bereich der statutarischen Bestellung setzt sich daher die organschaftliche Sonderrechtsbeziehung auch in der schuldrechtlichen Ebene fort. Die intensivierte Treuebindung führt dazu, daß der bestellte Geschäftsführer von der Gesellschaft den Abschluß eines Anstellungsvertrages fordern kann und die Gesellschaft zu diesem Abschluß verpflichtet ist.

cc) Die inhaltliche Konkretisierung des Anspruchs Ist der Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages zu bejahen, so rückt nunmehr die Frage nach dessen Inhalt in den Vordergrund. Da die Parteien zur Eingehung eines Anstellungsverhältnisses rechtlich verpflichtet sind, ist dabei zunächst zu prüfen, ob das Anstellungsverhältnis dienstvertrags- oder auftragsrechtlich auszugestalten ist. Dies ist ausschließlich davon abhängig, ob der Geschäftsführer entgeltlich oder unentgeltlich für die Gesellschaft tätig werden soll. Im Falle der Besoldung ist ein Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung nach § 675 BGB zum Gegenstand hat, abzuschließen,

3. Die Rechtsfolgen der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

147

andernfalls ist zwischen den Parteien ein Auftrag im Sinne des § 662 BGB zu vereinbaren. Zur Abgrenzung ist insoweit die Vorschrift des § 612 Abs. 1 BGB heranzuziehen, wonach eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Dienstleistung nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Somit kommt es darauf an, ob die Gesellschaft nach objektiven Kriterien eine entgeltliche Tätigkeit zu erwarten hat 420 . Als objektive Kriterien ist hierbei auf Art, Umfang und Dauer der Dienstleistungen, den Berufs- und Erwerbsverhältnissen des Dienstleistenden sowie auf die Beziehungen zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft abzustellen421. Aufschluß hierüber kann auch der Gesellschaftsvertrag geben, soweit in ihm zum Beispiel Vereinbarungen über die Vergütung getroffen wurden. Im Regelfall werden diese aber im Falle einer statutarischen Bestellung fehlen. Auch aus dem Umstand, daß der Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter der Gesellschaft ist 4 2 2 , kann nichts entnommen werden: Denn die Gewinnansprüche eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft können grundsätzlich nicht mit Vergütungsansprüchen eines Gesellschafter-Geschäftsführers verrechnet werden, es sei denn, dies wäre ausdrücklich vereinbart worden. Die Vergütung des Geschäftsführers ist Aufwand, welcher die Gewinn- und Verlustrechnung belastet, während die Gewinnansprüche der Gesellschafter sich gemäß § 29 GmbHG aus dem Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz des festgestellten Jahresabschlusses ergeben. Da die Gesellschafter grundsätzlich nicht verpflichtet sind, ehrenamtlich ohne Entgelt das Amt des Geschäftsführers zu übernehmen 423, ist auch in ihrem Falle davon auszugehen, daß sie entgeltlich für die Gesellschaft tätig werden. Im Falle eines Fremdgeschäftsführers wird grundsätzlich die Entgeltlichkeit zu vermuten sein 424 , denn es ist kein einleuchtender Grund ersichtlich, warum ein fremder Dritter für die Gesellschaft unentgeltlich arbeiten soll. Demnach ist grundsätzlich von der Entgeltlichkeit des Anstellungsverhältnisses auszugehen, mithin ist das Dienstvertragsrecht im Sinne des § 675 BGB einschlägig42 . 420

Vgl. BAG AP Nr. 13 zu § 612 BGB. Münchener Kommentar/Schaub, Rn. 14 zu § 621 BGB; Ermann/Hanau, Rn. 6 zu § 612 BGB; BGH DB 1975, 1982. 422 Lutter-Hommelhoff, Rn. 31 zu Anh. § 6 GmbHG; a.A. wohl OLG Frankfurt GmbHR 1993, 358, 359. In diesem Falle ging es jedoch um erhebliche Nachzahlungsansprüche für einen lange zurückliegenden Zeitraum, so daß hier an die Darlegungslast des Dienstleistenden höhere Anforderungen zu stellen sind. Insoweit ist der Entscheidung im Ergebnis zuzustimmen. 423 BGH WM 1985, 52, 53. 424 So auch OLG Frankfurt, GmbHR 1993, 358, 359. 425 Lutter-Hommelhoff, Rn. 31 zu Anh. § 6 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 34 zu § 35 GmbH; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 72 zu § 35 GmbHG. 421

10»

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§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

Damit richtet sich die Untersuchung auf den Inhalt dieses Dienstverhältnisses, wonach der betreffende Geschäftsführer einen Anspruch auf Abschluß eines Dienstvertrages hat 4 2 6 , wobei zur inhaltlichen Konkretisierung auf das die Gesellschaft und den Geschäftsführer bindende Treuegebot abzustellen ist. Als Ausgangspunkt der inhaltlichen Konkretisierung des Anstellungsvertrages kann der Grundgedanke der anerkannten Berechtigung und Verpflichtung zur Anpassung der Tätigkeitsvergütung bei wesentlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft herangezogen werden. Der Geschäftsführer ist bei einer derartigen für die Gesellschaft ungünstigen Lage aus dem Treuegebot und der sich hieraus herleitenden Verpflichtung zur ausschließlichen Interessenwahrung der Gesellschaft im Gesellschaftsinteresse gebunden, einer Minderung seiner Bezüge in angemessenem Umfange zuzustimmen 427 . Aus der gleichen Überlegung heraus kann die Anpassung auch in einer Heraufsetzung der Bezüge des Geschäftsführers bestehen, soweit nämlich ein unangemessenes Verhältnis zwischen den Aufgaben des Geschäftsführers und dem wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft entsteht428. Auch wenn dies vornehmlich für den Gesellschafter-Geschäftsführer zu gelten hat 429 , kann jedoch die Rechtsfolgenseite für den hier interessierenden Bereich zur Grundlage gemacht werden. Denn bei Veränderungen der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft kann in der wesentlichen Frage der Vergütung eine Anpassung der Bezüge aus dem Gedanken von Treu und Glauben rechtlich geboten sein. Der Inhalt des abgeschlossenen Geschäftsführervertrages unterliegt insoweit Modifikationen aufgrund des Treuegedankens, wobei selbstredend die beiderseitige Interessenlage der Parteien angemessen zu berücksichtigen ist. Überträgt man den Grundgedanken dieser zutreffenden Ansicht auf die inhaltliche Ausgestaltung des Anstellungsvertrages, so muß der Inhalt des Dienstvertrages aufgrund billiger am Wohl der Gesellschaft und am Wohl des Geschäftsführers orientierter und damit den beiderseitigen Interessen dienender Gesichtspunkte ausgestaltet sein. Der bestellte Geschäftsführer, der sein Amt 426 Fragen aus dem Auftragsrecht wird mangels praktischer Relevanz nicht nachgegangen. Im übrigen gelten die für das Dienstverhältnis angestellten Überlegungen auch für das Auftragsrecht. 427 Scholz/Schneider, Rn. 191 zu § 35 GmbHG; Lutter-Hommelhoff, Rn. 34a zu Anh. § 6 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 101 zu § 35 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 85 zu § 35 GmbHG; Hachenburg/Mertens (7. Aufl.), Rn. 117 zu § 35 GmbHG; Fleck, Das Organmitglied - Unternehmer oder Arbeitnehmer?, S. 197, 219; BGHZ 44, 40, 42; BGH WM 1967, 1099, 1101; 1974, 375, 376; BGH GmbHR 1978, 12 (bezüglich der gleichen Rechtslage in einer KG); vgl. auch Münchener Kommentar/Roth, Rn. 120 zu § 242 BGB. Zur Rechtslage im Aktienrecht vgl. § 87 Abs. 2 AktG. 428 Vgl. nur Lutter-Hommelhoff, Rn. 34 zu Anh. § 6 GmbHG. 429 Lutter-Hommelhoff, Rn. 34 zu Anh. § 6 GmbHG; a.A. Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 101 zu § 35 GmbHG.

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e t s g n der Bestellung im Gesellschaftsvertrag

angenommen hat, hat einen Anspruch auf Abschluß eines Dienstvertrages mit angemessenen Bedingungen 430 . In Konkretisierung dieses Rechtsgedankens ist eine entsprechende Anwendung des § 315 BGB geboten, nach der eine Leistungsbestimmung im Zweifel nach billigem Ermessen zu treffen ist.

dd) Die Leistungsbestimmungszuständigkeit der Gesellschaft Fraglich ist freilich, wer von beiden - der Geschäftsführer oder die Gesellschaft - den Inhalt des Vertrages zunächst formulieren und ausgestalten darf, um ihn dann dem anderen Teil zur Zustimmung zu unterbreiten. Der Inhalt der nach billigem Ermessen zu unterbreitenden Vertragsofferte richtet sich nach der Größe der Gesellschaft, insbesondere dem Umfange ihres Unternehmens sowie nach der erforderlichen Qualifikation des Geschäftsführers, wobei auch der bisherige berufliche Werdegang des Geschäftsführers in Rechnung zu stellen ist. Betrachtet man diese entscheidenden Punkte, so ergibt sich zwingend die Leistungsbestimmungszuständigkeit der Gesellschaft, denn nur sie verfügt über die entsprechenden Informationen, insbesondere auch darüber, wie die Vergütung der anderen oder früheren Geschäftsführer geregelt ist. Bezüglich eines Tantiemenanspruchs eines Geschäftsführers gegen die Gesellschaft steht der Bundesgerichtshof auf dem Standpunkt, daß die Höhe der Tantieme ebenfalls dem nach billigem Ermessen auszuübenden Leistungsbestimmungsrecht der Gesellschaft unterliegt, soweit keine abweichenden vertraglichen Vereinbarungen bestehen431. Die Gesellschaft hat demnach dem Geschäftsführer einen Anstellungsvertrag zu angemessenen Bedingungen anzubieten, den der Geschäftsführer im Falle der Billigkeit anzunehmen verpflichtet ist. Sollte der angebotene Vertrag nicht der Billigkeit im Sinne des §315 Abs. 1 BGB entsprechen, so ist der Geschäftsführer analog § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht zur Annahme verpflichtet; er kann vielmehr entsprechend dem in § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB niedergelegten Rechtsgedanken Klage auf Zustimmung zum Abschluß eines Anstellungsvertrages zu angemessenen Bedingungen erheben. Denn Sinn und Zweck der Regelung des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist die endgültige Entscheidung über dasjenige, was der Billigkeit ent-

430

Im GmbH-rechtlichen wie auch im aktienrechtlichen Schrifttum finden sich hierzu, soweit ersichtlich, keine Stellungnahmen; lediglich zur Problematik einer Tantieme wird Stellung bezogen, vgl. hierzu unten im Text. Demgegenüber bejaht Müller einen entsprechenden Anspruch des bestellten Vorstandsmitglieds einer Genossenschaft, vgl. hierzu Müller, Rn. 38 zu § 24 GenG. 431 Vgl. BGH WM 1975, 761, 762 f.; BGH GmbHR 1994, 546 f.

150

§ 7 Die statutarische Bestellung im Verhältnis zur Anstellung

spricht. Dabei entspricht es einem dringenden Interesse des einen Teils, daß der andere Teil die Bestimmung vornimmt. Wird diese Bestimmung nicht getroffen oder entspricht sie nicht der Billigkeit, so eröffnet das Gesetz einen einfachen Weg, um zur Bestimmung der Leistung durch Urteil zu gelangen 432 . Darüber hinaus war man sich aber bei Abfassung des Gesetzestextes darüber einig, daß „vielmehr die richterliche Entscheidung über die Frage, welche Leistung billig sei, regelmäßig in dem Rechtsstreit über die Leistungsfrage zu treffen sein werde" und eine Feststellungsklage auf Feststellung der billigen Leistung nicht durchgeführt werden müsse 433 . Der Geschäftsführer kann daher auf Abschluß eines Anstellungsvertrages klagen, der mit einer der Billigkeit entsprechenden Vertragsofferte geschuldet wird 4 3 4 .

432

Motive II, S. 192. Protokolle I, S. 465 in Erläuterung der vorangegangenen Stelle in den Motiven zur Vermeidung von Mißverständnissen. 434 Vgl. BGHZ41,271,280. 433

§ 8 Die Unwirksamkeit der statutarischen Bestellungsklausel 1. Problemstellung Die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag der GmbH als materieller Satzungsbestandteil kann aus verschiedenen Gründen unwirksam sein. Man denke nur an die gesetzlich vorgeschriebene Voraussetzung der Einigung des Geschäftsführers als einer natürlichen, unbeschränkt geschäftsfähigen Person gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 GmbHG 4 3 5 und die Ausschlußtatbestände der § 6 Abs. 2 Satz 2 bis 4 GmbHG, welche die Bestellung unheilbar nichtig machen 436 . Hier zu erörtern ist der Gesichtspunkt des Fehlens oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Denn im Falle der materiellen Satzungsgestaltung der Bestellung bildet grundsätzlich das Anstellunpverhältnis die rechtliche Grundlage der Organstellung des Geschäftsführers 43 . Die körperschaftliche Bestellung beruht auch auf dem Anstellungsvertrag. Es ist daher zu untersuchen, ob ein von Anfang an fehlerhaftes Anstellungsverhältnis oder der spätere Wegfall des Anstellungsverhältnisses Auswirkungen auf den Bestand der statutarischen Bestellungsregelung zur Folge hat. Denn mit dem Fehlen oder dem Wegfall des Anstellungsverhältnisses sind wegen der engen Verzahnung der Anstellung mit der Organstellung die Rechtsfolgen in bezug auf den rechtlichen Bestand der satzungsmäßigen Verankerung der Bestellung einer Prüfung zu unterziehen.

2. Das unwirksame Anstellungsverhältnis das Fehlen der Geschäftsgrundlage Fehler des Anstellungsverhältnisses können sich aus verschiedenen Gründen ergeben. Das Zustandekommen mag zweifelhaft erscheinen, aber auch Nich-

435 Verliert eine zum Geschäftsführer bestellte Person nachträglich ihre unbeschränkte Geschäftsfähigkeit, so erlischt damit unmittelbar auch die Organstellung des Betreffenden (vgl. BHGZ 115, 78, 80 und BayOblG BB 1982, 1508). 436 Die Amtsunfähigkeit des Geschäftsführers bewirkt ipso iure die unheilbare Unwirksamkeit der Bestellung (vgl. Hachenburg/Ulmer, Rn. 11 ff. zu § 6 GmbHG und Rowedder/Rittner, Rn. 12 zu § 6 GmbHG). 437 Vgl. oben § 7 2.b)cc).

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§ 8 Die Unwirksamkeit der statutarischen Bestellungsklausel

tigkeits- oder Anfechtungsgründe können vorliegen. So kann die Gesellschaft bei Abschluß des Anstellungsvertrages nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sein, weil zum Beispiel für die Gesellschaft ein Organ oder ein Vertreter ohne die notwendige Vertretungsmacht tätig gewesen ist oder etwa ein Mißbrauch der Vertretungsmacht vorgelegen hat 438 . In Fällen der vorliegenden Art unterscheidet die allgemeine Meinung danach, ob der Geschäftsführer sein Amt schon angetreten hat oder nicht 439 . Hat der Betreffende die Dienstgeschäfte noch nicht aufgenommen, kann der Mangel nach den allgemeinen Vorschriften des BGB geltend gemacht werden: Die Parteien können sich sowohl auf den entsprechenden Unwirksamkeitsgrund berufen als auch - bei Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen - die Anfechtung erklären mit der Folge der Nichtigkeit des Anstellungsvertrages ex tunc gemäß § 142 Abs. 1 BGB 4 4 0 . Ist das Amt jedoch mit Wissen des für den Vertragsschluß zuständigen Organs oder auch nur eines Organträgers durch den betreffenden Geschäftsführer angetreten worden, ist der mangelhafte Anstellungsvertrag so zu behandeln, als wäre er mit allen Rechten und Pflichten wirksam zustande gekommen. Den Fehler des Anstellungsverhältnisses können die Parteien nur mit Wirkung für die Zukunft geltend machen. Der Grund für diese Zweiteilung ist darin zu sehen, daß bei bereits erfolgter Bestellung und Ausübung des Amtes durch den Geschäftsführer eine Rückabwicklung des Anstellungsverhältnisses wegen der mit der Geschäftsführerstellung verbundenen Aufgaben weder den Interessen der Parteien entspricht noch eine Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht sachgerecht erscheint 441. Dieser dargestellte Grundsatz erleidet jedoch dann eine Einschränkung, wenn überwiegende Interessen der Allgemeinheit oder der Beteiligten es erforderlich machen, so daß trotz Vollzugs des Anstellungsverhältnisses die Berufung auf die Unwirksamkeit des Anstellungsvertrages sich nicht als treuwidrig erweist 442 und das Anstellungsverhältnis als von Anfang an unwirksam betrachtet werden muß. So kann ein Geschäftsleiter sich zum Beispiel dann nicht auf den Vollzug

438

Vgl. etwa BGHZ 65, 190, 195. Statt aller Scholz/Schneider, Rn. 248 zu § 35 GmbHG; insbesondere zur Frage der Vergütungsabrede Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 195 ff. sowie BGHZ 41, 282, 287, 288. 440 Vgl. etwa OLG Düsseldorf, GmbHR 1990, 134. 441 Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 95 zu § 35 GmbHG; Rowedder/Koppensteiner, Rn. 93 zu § 35 GmbHG; vgl. insbesondere die ausführliche Begründung in BGHZ 41, 282, 287 ff 442 Vgl. hierzu ausführlich die Fallzusammenstellung bei Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 199 ff. 439

2. Das unwirksame Anstellungsverhältnis

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des Anstellungsverhältnisses berufen, wenn er die mangelnde Vertretungsmacht des anderen Teils bei Abschluß des Anstellungsvertrages gekannt hat 443 . Die dargelegten Grundsätze beanspruchen uneingeschränkte Geltung bei einer Bestellung aufgrund einer Wahl, da hier im Gegensatz zum Tatbestand einer statutarischen Bestellung der betreffende Geschäftsführer keine satzungsmäßige Absicherung in der körperschaftlichen Verfassung der Gesellschaft hat. Im Falle einer materiellen Satzungsgestaltung der Bestellung besteht jedoch ein Anspruch und eine Verpflichtung zum Abschluß eines Anstellungsvertrages zu angemessenen Bedingungen 444 . Demgemäß können Mängel, die zur Unwirksamkeit des Anstellungsvertrages führen, zwar nach den eben dargelegten Grundsätzen geltend gemacht werden. Jedoch besteht die Rechtsfolge grundsätzlich nicht in einer Aufhebung des Anstellungsverhältnisses sondern in der beiderseitigen Verpflichtung, die Mängel zu beheben und so dem Geschäftsführer eine sichere schuldrechtliche Grundlage für die Ausübung seines Amtes zu verschaffen. Denn die rechtliche Möglichkeit, sich auf die Unwirksamkeit des Anstellungsverhältnisses zu berufen, kann im Falle der statutarischen Bestellung nicht in Betracht kommen, weil dies ein gegen Treu und Glauben verstoßendes Verhalten wäre. Wenn nämlich der Geschäftsführer einen Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages zu angemessenen Bedingungen hat, sind auch etwaige Mängel des Anstellungsvertrages zu beseitigen, um dem Geschäftsführer die Grundlage seiner weiteren Tätigkeit für die Gesellschaft dauerhaft zu sichern. Die Geltendmachung der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Anstellungsvertrages würde ein venire contra factum proprium darstellen 445. Da demnach der Anspruch des betreffenden Geschäftsführers auf Abschluß eines Anstellungsvertrages zu angemessenen Bedingungen besteht, sind beide Parteien verpflichtet, diese schuldrechtliche Grundlage des Organverhältnisses zu schaffen. Das Fehlen oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage durch einen fehlerhaften Anstellungsvertrag kann insoweit nicht zu einer Unwirksamkeit der statutarischen Bestellungsklausel führen.

443 Vgl. BGH LM Nr. 1 zu § 39 GenG; anders ist jedoch zu entscheiden, wenn die Gesellschaft den Anstellungsvertrag längere Zeit als wirksam behandelt hat, vgl. BGH a.a.O. 444 Vgl. oben § 7 3.d). 445 Etwas anderes mag gelten, wenn die Mängel des Anstellungsvertrages auf Gründe zurückzuführen sind, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnten.

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§ 8 Die Unwirksamkeit der statutarischen Bestellungsklausel

3. Das gekündigte Anstellungsverhältnis der Wegfall der Geschäftsgrundlage Zu untersuchen bleibt damit die Problematik, inwieweit der Ausspruch einer rechtmäßigen Kündigung - sei es fristgemäß oder fristlos - die Unwirksamkeit einer statutarischen Bestellungsklausel nach sich ziehen kann 446 , da durch die Beendigung des Anstellungsverhältnisses der Organstellung des Geschäftsführers regelmäßig der Boden entzogen wird 4 4 7 : Denn der Geschäftsführer als Organmitglied wird in aller Regel nicht ohne Vertragsgrundlage weiter arbeiten wollen. Auch wenn durch eine rechtlich zulässige Kündigung des Anstellungsvertrages dem bestellten Geschäftsführer die schuldrechtliche Grundlage seiner Geschäftsführungstätigkeit für die Gesellschaft entzogen wird, ist damit noch nicht gesagt, daß die körperschaftliche Bestellungsklausel in ihrer rechtlichen Wertigkeit als unwirksam zu behandeln ist. Denn Organverhältnis und Anstellungsverhältnis bilden grundsätzlich zwei verschiedene Rechtsgeschäfte, die jedoch inhaltlich aufeinander bezogen sind 448 . Daher kann es zu Wechselwirkungen zwischen beiden Rechtsverhältnissen kommen. Denn die Funktion der statutarischen Bestellungsklausel hat sich in erheblichem Umfange geändert. Zunächst ist festzustellen, daß bei wirksamer Kündigung des Anstellungsverhältnisses dem Geschäftsführer kein Anspruch auf Neuabschluß eines Dienstverhältnisses mehr zusteht. Denn der Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages war mit dessen Zustandekommen erfüllt und ist damit gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Nur unter besonderen Voraussetzungen kann es einen Anspruch auf nochmaligen Abschluß eines Anstellungsvertrages geben. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn dem Geschäftsführer trotz Kündigung von den zuständigen Gesellschaftsorganen die begründete Vorstellung vermittelt worden ist, daß der Geschäftsführer weiterhin für die Gesellschaft tätig sein soll. In einem derartigen Verhalten der Gesellschaftsorgane ist die rechtliche Verpflichtung zu erkennen, dem Geschäftsführer - und zwar unter Beachtung der veränderten Umstände - einen neuen Anstellungsvertrag zu geänderten angemessenen Bedingungen anzubieten. Liegt hingegen dieser Ausnahmefall der Verpflichtung zum Neuabschluß eines Anstellungsvertrages nicht vor, so wird bei rechtswirksamer Kündigung des Anstellungsverhältnisses dem Geschäftsführer auf Dauer die schuldrechtli446 Gleichgestellt ist dabei der Fall, daß die Unwirksamkeit des Anstellungsvertrages trotz Vollzugs des Anstellungsverhältnisses nach Treu und Glauben gleichwohl geltend gemacht werden kann. 447 Fleck, Die Drittanstellung des GmbH-Geschäftsführers, ZHR 149 (1985), 387, 390; BGHZ 79, 38, 41; OLG Frankfurt GmbHR 1994, 549, 550. 448 Vgl. oben § 7 2.b).

3. Das gekündigte Anstellungsverhältnis

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che Grundlage seiner Tätigkeit entzogen. Ein Anspruch auf Anschluß eines Anstellungsvertrages steht ihm nicht mehr zur Seite. Es ist daher zu untersuchen, ob dies unter dem Gesichtspunkt der Lehre von der Geschäftsgrundlage Auswirkungen auf den rechtlichen Bestand der statutarischen Bestellungsklausel nach sich zieht. Geschäftsgrundlage bilden nach allgemeiner Meinung die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, aber bei dem Vertragsschluß zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftspartner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein, dem künftigen Eintritt oder dem Fortbestand gewisser Umstände 449 . Da die Gesellschaft bei Festsetzung der statutarischen Bestellung in die körperschaftliche Verfassung der Gesellschaft davon ausgegangen ist, dem betreffenden Geschäftsführer eine dauerhafte Absicherung seines Amtes durch Inkorporation der Bestellungsklausel in den Gesellschaftsvertrag zu gewähren und der Geschäftsführer mit Annahme des Amtes und Ausübung seiner Dienstgeschäfte auf dessen Fortbestand mit der zusätzlichen Verschaffung einer schuldrechtlichen Grundlage in Gestalt eines Anstellungsvertrages vertrauen durfte, bildet der Anstellungsvertrag die schuldrechtliche Geschäftsgrundlage des Organverhältnisses. Mit dem rechtswirksamen Wegfall des Anstellungsvertrages wird der Organstellung des Geschäftsführers diese schuldrechtliche Grundlage und damit die Geschäftsgrundlage für die Ausübung seiner Organtätigkeit als Geschäftsführer der GmbH entzogen 450 . Die schuldrechtliche Grundlage der statutarischen Bestellung fällt damit endgültig weg. Die Rechtsfolge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage besteht grundsätzlich in der Anpassung an die wirkliche Sachlage in einer den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung tragenden Form 451 . Mit der rechtmäßigen Kündigung des Anstellungsverhältnisses ist die schuldrechtliche Absicherung der Amtsausübung durch den Geschäftsführer entfallen. Ohne einen angemessenen Anstellungsvertrag ist es dem Geschäftsführer wie auch der Gesellschaft unzumutbar, daß der Betreffende weiterhin für die Gesellschaft tätig ist. Denn die Grundlage der Tätigkeit des Geschäftsführers - nämlich auch der Anstellungsvertrag 452 - ist entfallen. Dies muß Rückwirkungen auf das Abberufungsverfahren haben: Die rechtmäßige Kündigung des Anstellungsvertrages bildet den sachlichen Grund für

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Vgl. nur BGH LM Nr. 91 zu § 242 (Bb) sowie Staudinger/Schmidt, Rn. 836 zu § 242 BGB. 450 Vgl. Fleck, a.a.O.; BGHZ 79, 38, 41 und OLG Frankfurt GmbHR 1994, 549, 550. 451 BGH LM Nr. 80 zu § 242 (Bb); BGHZ 70, 47, 51 f. 452 Vgl. oben § 7 2.b).

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§ 8 Die Unwirksamkeit der statutarischen Bestellungsklausel

den Widerruf der Bestellung 453 . Das Berufen auf die Bestellungsklausel geht ins Leere, da bei der namentlichen Benennung des betreffenden Geschäftsführers diese Satzungsbestimmung die Funktion eines Rechtsreflexes zugunsten des Bestellten verloren hat. Der anstellungsrechtliche Hintergrund ist entfallen, denn für eine Abberufung steht der Gesellschaft jetzt der sachliche Grund des in Wegfall geratenen Anstellungsvertrages zu Seite. Ebenso bedarf auch die Änderung oder die Aufhebung der statutarischen Bestellungsklausel keines weiteren sachlichen Grundes mehr 454 . Betrifft die Bestellungsklausel mit der namentlichen Aufnahme des Benannten nur eine bestimmte Person, so ist sie durch inhaltliche Überholung gegenstandslos geworden 455 , denn die Satzungsregelung weist in diesem Falle keinen materiellen Gehalt im Sinne einer körperschaftsrechtlichen Absicherung des Amtes des Geschäftsführers mehr auf. Wie im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, dem namentlich ein Sonderrecht im Sinne des § 35 BGB in der Satzung zuerkannt worden ist, liegt eine inhaltliche Überholung dieser Satzungsbestimmung vor. Mangels Konkretisierung der Satzungsklausel auf eine bestimmte Person ist diese Bestimmung funktionslos geworden. Eine materielle Bedeutung kann sie nicht mehr haben. Wegen dieser Funktionslosigkeit ist sie als unwirksam zu behandeln. Jedoch bedarf auch die textliche Aufhebung oder Änderung der statutarischen Bestellungsklausel aus Gründen der Rechtssicherheit des förmlichen Satzungsänderungverfahrens gemäß den §§ 53, 54 GmbHG 4 5 6 .

453 Der Geschäftsführer darf auch seinerseits berechtigterweise sein Amt niederlegen, ohne insoweit Schadensersatzansprüche befürchten zu müssen. Jedoch ist zu bedenken, daß nach der Rechtsprechung des BGH der Geschäftsführer auch ohne einen wichtigen Grund sein Amt wirksam niederlegen kann (vgl. BGH WM 1993, 548 f.). Zum sachlichen Grund vgl. oben § 5 2.c)bb). 454 Vgl. hierzu oben § 6 3.c). 455 Vgl. hierzu Hachenburg/Ulmer, Rn. 28 zu § 53 GmbHG. 456 Rowedder/Zimmermann, Rn. 15 zu § 53 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck, Rn. 10 zu § 53 GmbHG; Hachenburg/Ulmer, Rn. 28 zu § 53 GmbHG, der den Gesellschaftern entsprechend § 179 Abs. 1 S. 2 AktG die Rechtsmacht einräumen will, den Geschäftsführern oder dem Notar die Befugnis zu redaktionellen Änderungen zu übertragen.

§ 9 Schlußbetrachtung Die Bestellung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag der GmbH als materieller Satzungsbestandteil ist grundsätzlich von einer anderen Art der rechtsgeschäftlichen Bestellung zu unterscheiden. Denn gegenüber der Bestellung aufgrund einer Wahl gebührt ihr eine erhöhte Wertigkeit im Hinblick auf ihren Bestand. Dabei zeigt die Untersuchung, daß schon im Vorgang der Bestellung sich die Besonderheit dieser statutarischen Bestellung erweist. Bei der gesellschaftsvertraglichen Bestimmung des Geschäftsführers gründet sich die Bestellung unmittelbar auf den Gesellschaftsvertrag. Ein dialektisches Wahlverfahren ist damit nicht verbunden; vielmehr beruht die Bestellung im Gesellschaftsvertrag auf der Einigung der Gesellschafter auf die Person des betreffenden Geschäftsführers. In der Bestellung im Gesellschaftsvertrag kommt sinnfällig das besondere Vertrauen der Gesellschafter in die Person und die Fähigkeiten des designierten Kandidaten zum Ausdruck. Folge davon ist, daß von Seiten der Gesellschaft damit alles Erforderliche getan worden ist, um den Bestellungsvorgang zu vollenden. Da keine Bestellungserklärung der Gesellschaft notwendig ist, bedarf es nur noch der Annahme der Organposition durch den Betreffenden. Unter Heranziehung des § 6 Abs. 4 GmbHG wurde des weiteren festgestellt, daß in der namentlichen Bezeichnung der Person des Geschäftsführers in der Satzung der GmbH im Regelfalle auch seine statutarische Bestellung zu erkennen ist. Damit zeigt sich der weite Anwendungsbereich der Bestellung eines Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag. Haben die Gesellschafter jedoch den Weg der Bestellung des Geschäftsführers über die Satzung beschritten, so sind sie an diese von ihnen getroffene Entscheidung gebunden. Denn die statutarische Bestellung ist dem materiellen Bestandteil des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich zuzuweisen. Damit wird dem Geschäftsführer jedoch lediglich ein kleines Sonderrecht eingeräumt. Ein gesellschaftsvertragliches Sonderrecht im Sinne des § 35 BGB wird hierdurch nicht geschaffen. Gerade diese Blickverengung auf die Möglichkeit der Gewährung eines Sonderrechts gemäß § 35 BGB hat in der Literatur und der Rechtsprechung dazu geführt, in der statutarischen Bestellung überhaupt keinen materiellen Satzungsbestandteil zu erkennen, um auf diese Weise aus dem Geltungsbereich des § 35 BGB zu gelangen. Damit wird jedoch nicht der Bedeutung der statutarischen Bestellung Rechnung getragen, da aufgrund der gesetzlichen Konzeption die gesellschaftsvertragliche Niederlegung der Organ11 Müller

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§ 9 Schlußbetrachtung

Position zugunsten des betreffenden Geschäftsführers den Schluß rechtfertigt, daß sowohl das Bestellungs- wie auch das Abberufungsverfahren dem Regelwerk der §§53 ff. GmbHG unterliegt. Folge der statutarischen Bestellung ist, daß eine Abberufung - vorbehaltlich der zwingenden Bestimmung des § 38 Abs. 2 GmbHG - als Satzungsänderung vollzogen werden muß. Mit dem Akt der Vertrauensbekundung der Gesellschafter in die Person des Geschäftsführers mittels der statutarischen Bestellung treten noch weitere Rechtsfolgen ein. Der Geschäftsführer wird nicht nur in formeller Hinsicht mit Hilfe des Eingreifens der §§53 ff. GmbHG vor einem Widerruf seiner Bestellung geschützt, sondern es greift auch eine materielle Abberufungsschranke zu seinen Gunsten ein. Seine Amtsstellung kann ihm nur dann von der Gesellschaft genommen werden, wenn sachliche Gründe für seine Abberufung sprechen. Damit bietet die statutarische Bestellungsklausel dem Geschäftsführer im Hinblick auf seinen Besitzstand als Geschäftsleitungsorgan der Gesellschaft einen Mittelweg: Vor willkürlichen Abwählen ohne Gründe im Sinne des § 38 Abs. 1 GmbHG ist er zwar geschützt, jedoch müssen die Gründe für den Widerruf seiner Bestellung nicht die Wertigkeit eines wichtigen Grundes im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG erreichen. Die Rechtswirkungen der Bestellungsklausel reichen im körperschaftlichen Bereich der Satzung der GmbH noch weiter. Da dem Geschäftsführer durch die bloße Niederlegung der im Gesellschaftsvertrag vollzogenen Bestellung noch kein Sonderrecht im Sinne des § 35 BGB gewährt worden ist, könnte die Schutzwirkung zugunsten des Betreffenden leicht ihrer Funktion als Abberufungsschutz entkleidet werden, wenn die Gesellschafter frei wären, die statutarische Bestellungsklausel im Wege einer Satzungsaufhebung zu beseitigen, ohne zunächst den Geschäfts-führer von seinem Amte abzuberufen, und alsdann in einem zweiten Schritt den Geschäftsführer gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG abzuwählen. Es wurde zunächst dargelegt, daß in der Bestellung im Gesellschaftsvertrag kein qualifiziertes Änderungserfordernis im Sinne des § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG zu sehen ist. Denn zum einen ist den Gesellschaftern kein Sonderrecht im Sinne eines Vetorechts bei Satzungsänderungen bei Niederlegung der statutarischen Bestellungsklausel eingeräumt worden. Zum anderen ist es aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ausgeschlossen, daß eine Satzungsänderung davon abhängig gemacht werden kann, daß materielle Gründe, wie zum Beispiel ein sachlicher Grund, für die Satzungsänderung streiten. Andererseits vermag eine materielle Satzungsgestaltung der Bestellung jedoch auch eine materielle Beschlußkontrolle zu zeitigen. Ansatz einer materiellen Beschlußkontrolle ist nicht das Aufstellen eines sachlichen Grundes für den Änderungsgegenstand, wie dies vielfach in der Literatur im Hinblick auf die zu § 186 Abs. 3 AktG ergangene Rechtsprechung vertreten wird. Im Blickpunkt steht vielmehr der einzelne Gesellschafter, den wie bei jeder Stimmabgabe die gesellschaftliche Treuepflicht bindet. Da die Abstimmung

§ 9 Schlußbetrachtung

über die Änderung oder die Aufhebung der Bestellungsklausel dem Bereich der uneigennützigen Gesellschafterrechte zugewiesen ist, hat sich der Gesellschafter bei seinem Stimmverhalten ausschließlich am objektiven Interesse der Gesellschaft auszurichten. Nur dann verstößt der einzelne Gesellschafter nicht gegen seine gesellschaftliche Treuebindung. Das Verhältnis der Bestellung im Gesellschaftsvertrag zu der Anstellung wurde im weiteren erörtert. Dabei zeigte sich, daß auch im Falle der im Gesellschaftsvertrag vollzogenen Bestellung der im Regelfall zustande kommende Anstellungsvertrag die schuldrechtliche Grundlage der Organposition des Geschäftsführers bildet. Darüber hinaus zeitigt die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil auch erhebliche Auswirkungen in der Ebene des Anstellungsverhältnisses. Kraft der gegenseitigen Treuebindung zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer sind die Parteien zum Abschluß eines Anstellungsvertrages verpflichtet, um dem Geschäftsführer die schuldrechtliche Grundlage seiner Organtätigkeit zu verschaffen. Dabei ist der Inhalt dieses Anstellungsvertrages unter Berücksichtigung der objektiven Interessenlage beider Parteien zu bestimmen, wobei als Leitlinie ein Geschäftsführervertrag zu angemessenen Bedingungen im Rahmen des billigen Ermessens in analoger Anwendung des § 315 BGB geschuldet wird. Da das Anstellungsverhältnis die schuldrechtliche Grundlage der Bestellung bildet, kann auch das Fehlen oder der Wegfall des Anstellungsvertrages Folgen für die Bestellung als materieller Satzungsbestandteil haben. Fehlt das Anstellungsverhältnis, weil Mängel beim Zustandekommen des Anstellungsvertrages aufgetreten sind, so hat dies grundsätzlich keine Auswirkungen. Denn durch die statutarische Bestellung wird dem Geschäftsführer der Anspruch auf Abschluß eines Anstellungsvertrages zu angemessenen Bedingungen eingeräumt, so daß die Parteien verpflichtet sind, etwaige anfängliche Mängel zu beseitigen. Fällt hingegen das Anstellungsverhältnis aufgrund einer rechtswirksamen Beendigung des Anstellungsvertrages weg, so ist in Anwendung der Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nunmehr ein sachlicher Grund gegeben, den Geschäftsführer auch seines Organamts mittels einer Abwahl zu entheben. Die Bestellungsklausel ist infolgedessen funktionslos geworden und kann im Wege einer Satzungsredaktion ohne weiteres aufgehoben werden. Die vorgefundenen Ergebnisse der Arbeit zeigen, daß die Bestellung im Gesellschaftsvertrag als materieller Satzungsbestandteil zu einer personellen Eingliederung des Organamtes der Geschäftsleitung in die Satzung der Gesellschaft führt. Kraft der gesellschaftsvertraglichen Bestellung sind der Gesellschaft körperschaftliche und schuldrechtliche Bindungen zu Gunsten des betreffenden Geschäftsführers auferlegt, wie auch die Gesellschafter für sich nicht mehr frei die Satzungsautonomie reklamieren können. Gleichwohl ist in der Gestaltung der statutarischen Bestellung kein Sonderrecht im Sinne des §35 BGB zu erkennen. Ii*

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Zur Sachkontrolle von Mehrheitsentscheidungen im Kapitalgesellschaftsrecht - dargestellt am Beispiel „strukturverändernder Entscheidungen" -, ZGR 1987, S. 403 ff.

Ulmer, Peter: Begründung von Rechten für Dritte in der Satzung einer GmbH?, in Festschrift für Winfried Werner, Berlin New / York 1984, S. 911 ff. -

Verletzung schuldrechtlicher Nebenabreden als Anfechtungsgrund im GmbHRecht?, NJW 1987, S. 1849 ff.

Vogel, Hermann: GmbH-Gesetz, Kommentar, 2. Aufl., Berlin / Frankfurt 1956. Westermann, Harm Peter / Pöllath, Reinhard: Die Abberufung und Ausschließung von Gesellschaftern/Geschäftsführern in Personengesellschaften und GmbH, 4. Aufl., Köln 1988. Wiedemann, Herbert: Abberufung eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsfiihrers aus wichtigem Grund, BB 1957, S. 696 ff. -

Gesellschaftsrecht, Band I, München 1980 (zitiert Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 3 II laauf S. 159).

-

Rechtsethische Maßstäbe im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, ZGR 180 (1980), S. 147 ff.

-

Entwicklungen im Kapitalgesellschaftsrecht, DB 1993, S. 141 ff.

Winter, Martin: Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, Diss. Heidelberg 1988. Wolany, Josef: Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH, Köln 1964. Worch: Treuepflichten von Kapitalgesellschaftern untereinander und gegenüber der Gesellschaft, Frankfurt 1983. Wurm / Wagner / Zartmann: Das Rechtsformularbuch, 12. Aufl., Köln 1989. Zöllner, Wolfgang: Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, München / Berlin 1963. -

Der arbeitsrechtliche Vorvertrag, Arbeitsrecht und soziale Grundrechte, in Festschrift für Hans Florette, Wien 1983, S. 455 ff.

arverzeichnis Abberufung 69 ff., 81

Bestellung

-

- Abberufungsbeschränkung 91 ff.

Wichtiger Grund 87 ff.

Abberufungsbeschränkung 87 ff.

-

als Interner Akt 25 ff.

Abberufungsgründe 98 ff.

-

als Wahlakt 24, 44

Annahme des Organamtes 45 ff.

- Anspruch auf Anstellung 141 ff.

Anstellung 126 ff.

- Anstellung 126 ff.

- Bedingte Bestellung 137

- Anstellungsbedingungen 146 ff.

- Einheitsprinzip 128

-

-

Fehlen der Geschäftsgrundlage 151 ff.

- Bestellungserklärung 39 ff.

-

Fehlerhafter Anstellungsvertrag 153

-

Leistungsbestimmungsrecht 146 ff.

Bedingte 137

-

Bestimmungsklausel 51 ff.

-

Geltungsgrund der Bestellung 78 ff.

-

Geschäftsgrundlage 151 ff.

- Trennungsprinzip 127

-

Kleines Sonderrecht 78 ff.

-

Unwirksamkeit 151 ff.

-

Materieller Gestaltungsakt 50

-

Wegfall 154 ff.

- Materieller Satzungsbestandteil 59, 63 ff., 95 ff., 101

der

Geschäftsgrundlage

Anstellungsbedingungen 146 ff.

-

Mehrstufigkeit 23 ff.

Aufhebungsbeschluß 40

-

Mitwirkung des Geschäftsführers 45 ff.

Auflösungsbeschluß 111 -

Satzungsänderung 101 ff.

Bedingte Bestellung 137

-

Schuldrechtliche Grundlage 129 ff.

Beschluß

-

Sonderrechtsbeziehung 142

-

-

Statutarisch (im Gesellschaftsvertrag) 24,44

-

Unwirksamkeit 151 ff.

Satzungsdurchbrechender 75 f.

Beschlußkontrolle 101 ff. -

Bewegliche Schranken 107

- Vorvertrag 140

-

Einstimmigkeit 103

-

gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG 102 ff.

-

Materielle 105 ff.

Bestellungsfreiheit 41

-

Sachlicher Grund 104

Bestellungsklausel 51 ff

-

Starre Schranken 106

Bestimmungsklausel 51 ff.

Bestellungsbeschluß 25 ff, 36 Bestellungserklärung 39 ff.

168

arverzeichnis

Bevollmächtigung 47 ff.

-

Mitwirkung bei Bestellung 45 ff.

Bezugsrechtsausschluß 111

-

Organamt 142

- Pflichtenkreis 48 f. Culpa in Contrahendo 41 Dienstvertrag 128 Echte Satzungsbestandteile 61 ff. Eigennützige Gesellschafterrechte 119 ff. Einheitsprinzip 128, 131 ff. Einstimmigkeitserfordernis 103 Einstimmigkeitsprinzip 108 Fehlen der Geschäftsgrundlage 151 ff. Formelle Satzungsbestandteile 61 ff. Fremdgeschäftsfuhrer 82 -

Abberufungsbeschränkung 87 ff.

Genossenschaftstheorie 46 f. Geschäftsführer -

Abberufung 69 ff, 81

- Abberufungsbeschränkung 87 ff. - Anspruch auf Anstellung 141 ff. -

Anstellung 126 ff

- Anstellungsbedingungen 146 ff. -

Bedingte Bestellung 137

-

Bestellung 23 ff

-

Dienstvertrag 128

-

Faktischer 23

-

Fremdgeschäftsführer 82, 87 ff.

-

Geschäftsgrundlage der Bestellung 151 ff.

-

Haftungslagen 49

-

Handlungsorgan der GmbH 80

-

Kleines Sonderrecht 63

-

Satzungsänderung bei Abberufung 63

-

Satzungsgrundlage 59 ff.

-

Sonderrecht 69 ff.

-

Sonderrechtsbeziehung 142

- Treuepflicht 144 Geschäftsgrundlage der Bestellung 151 ff. Gesellschafter-Geschäftsführer 69 ff. Gesellschafterrechte 119 ff. Gesellschaftsvertrag 59 ff. - Bedeutung 59 -

Bestandteile 61

-

Organisationsvertrag 60

-

Rechtsnatur 60

-

Satzungsbestimmungen 61

-

Vertrag zugunsten Dritter 83 f.

Handlungsorgan 80 Hibernia-Entscheidung 109 ITT-Entscheidung 111 Kernbereich der Mitgliedschaft 107 Kleines Sonderrecht 59 ff, 63 Körperschaftliche Satzungsbestandteile 61 ff Leistungsbestimmungsrecht 146 ff. Materielle Beschlußkontrolle 105 ff. Materielle Satzungsbestandteile 61 ff. Mehrheitsherrschaft 105 Mehrstimmigkeitsprinzip 108

Sachwortverzeichnis

Minderheitenschutz 105 ff.

Sonderrecht

Mittel-Zweck-Relation 110

-

Geltungsgrund der Bestellung 78 ff.

-

Kleines 59 ff., 63

Nachfolgeregelungen 52 Nebenabreden 62 Organamt 23, 142 - Annahme 45 ff. - Verleihung der Organposition 45 Organisationsvertrag 60, 80, 84 Organschöpfung 46 ff. Rechtsprechungsänderung 84 Rechtssicherheit 84

169

- nach § 35 BGB 63 Sonderrechtsbeziehung 142 Trennungsprinzip 127, 131 ff. Treuepflicht 108, 111, 119 f. -

Geschäftsführer 144

Unechte Satzungsbestandteile 61 ff. Uneigennützige Gesellschafterrechte 119 ff. Unwirksamkeit der Anstellung 151 ff Unwirksamkeit der Bestellung 151 ff.

Sachlicher Grund 104 Satzung (vgl. auch Gesellschaftsvertrag) 59 ff. Satzungsänderung 101 ff. - Abberufung des Geschäftsführers 63 ff., 81 -

Geltungsgrund der Bestellung 63 ff.

-

Materielle Beschlußkontrolle 105 ff.

Satzungsbestandteile 61 ff.

Verbandsautonomie 106 Verfassung der GmbH 60 Vertrag zugunsten Dritter 83 f. Verwässerungsschutz 110 Viktoria-Entscheidung 109 Vor-GmbH 36 Vorgründungsgesellschaft 36 Vorvertrag 140

- Auslegung 93 f. Satzungsdurchbrechender Beschluß 75 f.

Wegfall der Geschäftsgrundlage 154 ff.

Schranken der Mehrheitsherrschaft

Wettbewerbsverbot 111

- Bewegliche 107

Wichtiger Grund bei Abberufung 87 ff.

-

Starre 106

Schuldrechtliche Nebenabreden 62

Widerruf (vgl. auch Abberufung) 69 ff.