Die Übermittlung und Veröffentlichung statistischer Daten im Lichte des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung [1 ed.] 9783428483389, 9783428083381


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German Pages 247 Year 1995

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Die Übermittlung und Veröffentlichung statistischer Daten im Lichte des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung [1 ed.]
 9783428483389, 9783428083381

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HOLGER POPPENHÄGER Die Übermittlung und Veröffentlichung statistischer Daten im Lichte des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung

Schriften zum Recht des Informationsverkehrs und der Informationstechnik Herausgegeben von Prof. Dr. Horst Ebmann und Prof. Dr. Rainer Pitscbas

Band 12

Die Übermittlung und Veröffentlichung statistischer Daten im Lichte des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung

Von

Dr. Holger Poppenhäger

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CW-Einheitsaufnahme

Poppenhäger, Holger: Die Übennittlung und Veröffentlichung statistischer Daten im Lichte des Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung I von Holger Poppenhäger. - Berlin : Duncker und Humblot, 1995 (Schriften zum Recht des Informationsverkehrs und der Informationstechnik ; Bd. 12) Zugl.: Giessen, Univ., Diss., 1994 ISBN 3-428-08338-5 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1995 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0940-1172 ISBN 3-428-08338-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier gemäß der ANSI-Norm für Bibliotheken

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1993/1994 von der juristischen Fakultät der Justus-Liebig-Universität Gießen als Dissertation angenommen. Literatur, Rechtsprechung und Stand der Gesetzgebung sind bis Ende 1993 berücksichtigt. Das Promotionsverfahren wurde im Juli 1994 mit der Disputation abgeschlossen. Mein besonderer Dank gilt meinem geschätzten Doktorvater, dem Richter am Hessischen Staatsgerichtshof, Herr Prof. Dr. Lange, der mich hilfreich unterstützt hat. Seine fachkundige Durchsicht des Manuskripts wie auch die daraus resultierenden Hinweise eröffneten auch dem mit der Materie vertrauten Bearbeiter neue Einblicke. Danken möchte ich auch Herrn Prof. Dr. Höfling für die kurzfristige Erstellung des Zweitgutachtens. Die Arbeit ist aus der mehrjährigen Praxis des Verfassers als Referatsleiter in der Gruppe "Statistikrelevante Rechtsangelegenheiten" des Statistischen Bundesamtes entstanden. Anstoß filr den Versuch einer wissenschaftlichen Durchdringung der verschiedenen Aspekte des sog. Statistikgeheimnisses - und hier insbesonders der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben auf Bundesebene wie auch im Bereich der Europäischen Gemeinschaft - war die Tatsache, daß aus diesem Spektrum des bereichsspezifischen Datenschutzes kaum rechtswissenschaftliche Literatur vorlag; das Vorhandene wiederum beschränkte sich nahezu ausschließlich auf den (engeren) Bereich des Bundesstatistikgesetzes. Zu danken habe ich an dieser Stelle meinen Kollegen, von denen die Referatsleiter Frau Engelter sowie die Herren Herhertz und Meyer besonders genannt seien, filr die stets weiterruhrenden Gespräche und Anregungen auf hohem fachlichen Niveau. Last but not least danke ich meiner Freundin Birgit sowie meinen Mitbewohnern Christiane, Tina und Michel für die solidarische Unterstützung und die gezeigte Geduld. Herr Seifert hat mit großem Sachverstand sowohl das Manuskript als auch die Druckvorlage für diese Arbeit erstellt. Schließlich ist dem Verlag Duncker & Humblot sowie den Herausgebern Prof. Dr. Ehmann und Prof. Dr. Pitschas für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe "Recht des Informationsverkehrs und der Informati-

8

Vorwort

onstechnik" Dank zu sagen. Es bleibt zu hoffen, daß die Veröffentlichung der vorliegenden Arbeit fllr die Praxis der Statistikdurchführung aber auch sonstiger Rechtsfindung hilfreich sein kann. Hierfür wurde die Arbeit um ein Stichwortverzeichnis ergänzt. Langgöns, im Oktober 1994

Holger Pappenhäger

Inhaltsübersicht

A. Vorbemerkung

19

B. Der Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

22

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

25

I. Allgemeine Grundsätze ................................................................................. 25 II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben .................... 29 III. Rechtlich zulässige Übermittlungen von statistischen Einzelangaben (an einen beschränkten Empflingerkreis) ........................................................ 66 IV. Sonderfälle statistischer Aufbereitung bzw. Erhebung ................................. 119 D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des Bundesstatistikgesetzes

123

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes ...................... 123 II. Statistiken der Länder ................................................................................. 146 E. Geheimhaltungspflicht gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafgerichtsbarkeit

149

I. Ermittlungsverfahren in Strafsachen .................. .......................................... 149 II. Durchführung von Ordnungswidrigkeiten- und Zwangsgeldverfahren durch die Statistikbehörden ......................................................................... 155 F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

157

I. Einze1statistische Gesetze ............................................................................ 157 II. Nichtstatistische Rechtsnormen ...................... ...................... ....................... 166 G. Unterrichtungspflichten der die Statistik durchführenden Behörden

192

I. Auskunftsanspruch des Betroffenen nach dem Bundesdatenschutzgesetz? .... 192 II. Informationspflichten des Statistikrechts ..................................................... 199

10

InhaltsUbersieht

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften

210

I. Vorbemerkung ............................................................................................ 210

II. Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften ....................................................... 214 III. Das Gesetz zur Gewährleistung der Geheimhaltung der dem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften übermittelten vertraulichen Daten ... 230 Literaturverzeichnis

234

Stichwortverzeichnis

244

Inhaltsverzeichnis

A. Vorbemerkung

19

B. Der Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

22

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

25

I. Allgemeine Grundsätze ................................................................. ................25

1. Aufgabe der Bundesstatistik .................................................... ................ 25

2. Gegensatz zum allgemeinen Datenschutzrecht.. ........................................ 26 3. Amtshilfefestigkeit ....... ........................................................................... 27 II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben .................... 29

1. Weiterleitung von Erhebungsmerkmalen .................................................. 29

2. Ausnahmeregelungen durch besondere Rechtsvorschriften ....................... 30 3. Einwilligung zur Übermittlung oder Veröffentlichung von Einzelangaben .................................................................. ................ 32 a) Einwilligung des Befragten und/oder Betroffenen .............. ................ 32 b) Verfassungskonforme Auslegung ....................................... ................ 34 c) "Informierte" Einwilligung, Schriftlichkeil ........................................ 36 4. Einzelangaben aus allgemein zugänglichen Quellen ................................. 37 5. Offenkundige Einzelangaben ..................................... .............................. 38 6. Voll anonymisierte Einzelangaben ............. .............................................. 39 a) Normbereich ...................................................... oooooooo ... oo.. oooOOoo oooooooo oo39 b) Anonymisierung 00.. 0.. 0000.... 000.. 000.. o0.. 00000000000000.. 00000000000000....... 0.. 00000000.. .41 aa) Beseitigung der Personen- bzwo Institutionenbeziehbarkeit.. ........ o41 bb) Terminologie der Rechtsprechung ............................................... 042 aaa) Bundesverfassungsgericht oo...... oooooooooooooooooooo.oooo ooooooo .. ooooooo ... 42 bbb) Rechtsprechung anderer Gerichte .......................... .............. .44 cc) Literatur ooooooooooooo ooooo.. ooooo.... o.. oo .. ooo oo.. ooo oo.... ooooo.. ooo o.. ooooooo ooooooooooooo oo45 c) Differenzierung zwischen der sogenannten Innen- bzwo Außenanonymisierung o.... o.... oo ....... oo .. oo .. oo.. ooooo .. oooooo .. oooooo.o .. oo .... ooo.ooooo47 aa) Innenanonymisierung 0"0 000 00.. 0000000000 .. oooo ooo oooooo oo.. ooo.. ooooooo0000000 o... oo. .47 bb) Außenanonymisierungoooo .... o.. oo.. oo oo o.. ooooooo .. ooooo .. ooo oo.. oo.. ooo0.... 000000 00.48

12

Inhaltsverzeichnis d) § 11 Abs. 5 BStatG 1980 .................................................................. .49 aa) Enge Auslegung .............................. ............................... .............. 49 bb)Die sogenannte formale Anonymisierung .................................... .50 e) Maß an Re-IdentifikationssicherheiL ................................................ .51 aa) Ausschluß der Möglichkeiten der Deanonymisierung .................... 51 bb)Regelung des§ 11 Abs. 5 BStatG 1980 ........................................ 53 cc) Anonymisierungsmaßnahmen ....................................................... 53 dd)Eindeutige Zuordnung .................................................................. 54 7. Aggregate ................................................... ............................................. 56 a) Normbereich ................................................... ,.................................. 56 b) Dreier-Aggregation ............................................................................ 57 c) Das Problem der sogenannten "Tabellen-Eins" ................................... 51 d) Primäre und sekundäre Geheimhaltung .............................................. 60 e) Die sogenannte qualifizierte Geheimhaltung ...................................... 61 aa) Dominanzregelungen bei Wertfeldern ........................................... 61 bb)Philologische, historische und systematische Auslegung ............... 62 f) Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ...... 64

III. Rechtlich zulässige Übermittlungen von statistischen Einzelangaben (an einen beschränkten Empfängerkreis) ........................................................ 66 1. Übermittlung an mit der Durchführung von Statistiken betraute Stellen ... 66 a) Daten zur Durchführung einer Bundesstatistik.................................... 66 b) Zweckbestimmung ............................................................................. 67 c) Übermittlung von Hilfsmerkmalen? ...................................................68 2. Übermittlung an Gemeinden und Gemeindeverbände ............................... 70 a) Die Regelung des Volkszählungsgesetzes 1983 .................................. 70 b) Abschottung der kommunalen Statistikstellen .................................... 70 c) § 16 Abs. 5 BStatG als Rahmengesetzgebung ..................................... 72 d) Verfassungsrechtliche Anforderungen ................................................ 73 3. Übermittlungen für die Durchführung wissenschaftlicher Vorhaben .........75 a) Historische Entwicklung .................................................................... 75 b) Begriff des "wissenschaftlichen Vorhabens" ...................................... 78 c) Übermittlungsadressaten ....................................................... ............. 80 aa) Hochschulen ................................................................................ 80 bb) Sonstige Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung ................................................................. 81 aaa) Wissenschaftliche Forschung ............................................... 81 bbb) Unabhängigkeit. ................................................................... 82 ccc) Einrichtungen staatlicher Ressortforschung .......................... 83 a) WeisungsgebundenheiL ................................................. 84 ß) Verfassungsrechtlicher Wissenschaftsbegriff und Bundesstatistikgesetz .....................................................85 y) Gleichstellung mit Einrichtungen unabhängiger wissenschaftlicher Forschung ......................................... 86 ddd) Verfassungskonforme Auslegung ......................................... 89 eee) § 9 Abs. 4 Volkszählungsgesetz 1983 .................. ................ 91

Inhaltsverzeichnis

13

d) Begriff der sogenannten faktischen Anonymität ................... .............. 93 aa) Terminologie des Bundesstatistikgesetzes................................. .... 93 bb)Terminologie des Bundesverfassungsgerichtes ............................. 94 cc) Bestimmungsfaktoren fllr sogenannte faktische Anonymität ......... 96 aaa) Zuordnungsaufwand ............................................................ 96 bbb) Affektionsinteresse ................ .............................................. 98 ccc) Wert der zu erlangenden Information ................................... 99 dd) Verhältnismäßigkeitsprüfung ...................................................... 100 e) Verhältnismäßigkeit und Ermessensgebundenheit der Übermittlung . 101 aa) Verhältnismäßigkeit der Datenübermittlung ................................ lOl bb) Rechtsfolgeermessen .................................................................. 102 f) Verpflichtung der Empfänger aufdas Statistikgeheimnis .................. l03 g) Löschungspflichten .......................................................................... 103 4. Übermittlungen an oberste Bundes- oder Landesbehörden ..................... 104 a) Konkretisierung der Zweckbestimmung ........................................... 104 b) Tabellen mit statistischen Ergebnissen ............................................. 106 aa) Tabellenfelder, die nur einen einzigen Fall ausweisen ................. 106 bb) Gliederungstiefe der zu übermittelnden Tabellen ........................ 108 cc) Verfassungsrechtliche Anforderungen ........................................ 109 c) Anordnung in einer eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift .............................................................................. 110 d) Offenkundige Tatsachen .................................................................. 112 5. Die Überleitungsvorschrift des§ 26 Abs. 3 BStatG ................. ............... ll2 a) Normhistorie .................................................................................... ll2 b) Normenklarheit ................................................................................ ll3 c) Regelungen in einzelstatistischen Gesetzen ...................................... 114 d) § 5 Abs. 2 des 2. Baustatistikgesetzes .............................................. 115 aa) Ausklammerung der Übermittlung an Gemeinden in§ 26 Abs. 3 BStatG ................................................................ 115 bb) Grammatikalische und historische Auslegung ............................. 116 cc) Weiterleitung von Einzelangaben ab dem 31.1.1991 ................... 117 6. Gemeinsame Sicherungsmaßnahmen f\ir Empfänger von Einzelangaben nach § 16 Abs. 4-6 BStatG ....................................................... 118 a) Schutz gegen Zweckentfremdung ..................................................... ll8 b) Aufzeichnung erfolgter Übermittlungen ........................................... 118 c) Die sogenannte verlängerte Geheimhaltung ...................................... ll8 IV. Sonderfälle statistischer Aufbereitung bzw. Erhebung ................................. 119 1. Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung von Bundesstatistiken 119 a) Normbereich .................................................................................... ll9 b) Unterfall der in§ 16 BStatG enthaltenen Regelungen? ..................... 120 c) Keine Schlechterstellung der gemäß § 6 BStatG erhobenen Einzelangaben ................................................................. l21 2. Aufbereitung von Daten aus dem Verwaltungsvollzug ........................... 121

14

Inhaltsverzeichnis D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des Bundesstatistikgesetzes

123

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes ...................... 123

1. Statistik der Nichteisen- und Edelmetalle des Bundesamtes für Wirtschaft ........................................................................................ 124 2. Verfahrens- und Meldevorschriften nach dem Außenwirtschaftsgesetz ... 125 a) Statistik für Bundeszwecke? ............................................................. 125 b) Verweisung auf Rechtsnormen des Bundesstatistikgesetzes von 1980 ..................................................... 126 aa) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ......................... 126 bb) Unterscheidung zwischen dynamischer und statischer Verweisung .......................................................... 127 aaa) Die sogenannte dynamische Verweisung ............................ 127 bbb) Die sogenannte statische Verweisung ................................. 127 c) Regelungsinhalt der Verweisung ...................................................... 128 aa) Historische Auslegung ............................................................... 128 bb) Grammatikalische Auslegung ..................................................... 129 d) Zwischenergebnis ............................................................................ 130 e) Anwendung des § 11 BStatG 1980 ................................................... 131 aa) Sinngemäße Anwendung ............................................................ 131 bb) § 11 Abs. 1 und 2 BStatG 1980 .................................................. 132 cc) § 11 Abs. 3 BStatG 1980 ............................................................ 132 dd) § 11 Abs. 4- 7 BStatG 1980 ....................................................... 133 3. Erhebungen der Deutschen Bundesbank aufgrund des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank .............................................................. 134 a) Direkte Anwendung bundesstatistischer Regelungen? ...................... 134 b) Statische Verweisungen auf Rechtsnormen des Bundesstatistikgesetzes .................................................................... 134 c) Veröffentlichungsklausel des Bundesbankgesetzes ........................... 136 d) Übermittlung von Einzelangaben an die Bundesregierung ................ 136 e) Übermittlung an das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen ................ 137 4. Statistische Erhebungen der Bundesanstalt für Arbeit ............................ 138 a) Rechtscharakter der Beschäftigtenstatistik.. ...................................... 138 b) Statistische Erhebungen nach § 6 Abs. 4 AFG .................................. 139 c) Regelung der Geheimhaltung in § 7 Abs. 4 AFG .............................. 140 aa) Anwendung des Bundesstatistikgesetzes ..................................... 140 bb) Schutzstandard gegenüber Finanzbehörden ................................. 140 cc) Weiterleitung von Einzelangaben im Rahmen einer "Güterabwägung" ....................................................................... 141

5. Erhebungen des Bundesamtes für Güterverkehr und des KraftfahrtBundesamtes ................. .................................................................. ...... 143 6. Statistiken des Kraftfahrt-Bundesamtes .................................................. 144 a) Statistik des Kraftfahrzeug- und Anhängerbestandes ........................ 144 b) Statistik des grenzüberschreitenden Straßengüterverkehrs .. .............. 145

Inhaltsverzeichnis

15

c) Organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen ................ 145

li. Statistiken der Länder ................................................................................. 146 E. Geheimhaltungspflicht gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafgerichtsbarkeit

149

I. Ermittlungsverfahren in Strafsachen ................................................ ............ l49

I. Erforschung des Sachverhalts durch die Strafverfolgungsbehörden und bereichsspezifische Datenschutzregelungen ..................................... 149 a) Auskunftspflichten der Strafprozeßordnung ..................................... 149 b) Bereichsspezifische Datenschutzregelungen ..................................... 150 2. Das Statistikgeheimnis als gesteigerte Geheimhaltungspflicht.. .............. 150 3. Beschlagnahme von Behördenakten ....................................................... 153 4. Sperrerklärung der obersten Dienstbehörde ............................................ I 54 Il. Durchführung von Ordnungswidrigkeiten- und Zwangsgeldverfahren durch die Statistikbehörden ......................................................................... 155

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

157

I. Einzelstatistische Gesetze ............................................................................ I 57

1. Veröffentlichung von Einzelangaben der Hochschulen ........................... 157 a) Ausnahmeregelung zum Bundesstatistikgesetz ................................. 157 b) Inhalt der Vorschrift des§ 6 HStatG ................................................ 158 2. Veröffentlichung von Ergebnissen der Bodennutzungserhebung ............ 159 3. Veröffentlichung von Ergebnissen der Statistiken der öffentlichen Finanzen und des Personals im öffentlichen Dienst.. ..... 160 4. Veröffentlichung von Ergebnissen der Asylbewerberleistungsstatistik ... 162 5. Veröffentlichung von Ergebnissen der Sozialhilfestatistik...................... 163 6. Übermittlung von Einzelangaben der Wohngeld-Statistik ...................... 163 a) Inhalt und Umfang der Übermittlung ................................................ 163 b) Abschottung der fachlich zuständigen obersten Bundesbehörde ........ 164 Il. Nichtstatistische Rechtsnormen ................................................................... 166 1. Lieferung von zusammengefaßten Einzelangaben an die Monopolkommission ................................................................... 166 a) Historie der Norm ............................................................................ 166 b) Die Übermittlungsregelung im einzelnen .......................................... 167 aa) Befugnis der statistischen Ämter ................................................ 167 bb)Abschließende Regelung ............................................................ 168 cc) Erweiterung des Bundesstatistikgesetzes? ................................... 168 aaa) Grammatikalische Auslegung ............................................. 169

16

Inhaltsverzeichnis bbb) Die Praxis der sogenannten qualifizierten Geheimhaltung .. 169 ccc) Dieratio legis des § 24c GWB ........................................... 170 c) Zweckbegrenzung ............................................................................ 171 d) Geheimhaltungs- und Dokumentationspflichten ................... ............ 171 e) Verfassungsrechtliche Bedenken ...................................................... 172 aa) Zweckbestimmung der Übermittlungsvorschrift des § 24c GWB.172 aaa) Normbereich ...................................................................... 172 bbb) Begutachtung der Entwicklung der Unternehmenskonzentration ..................................................................... 173 ccc) Untersuchung und Würdigung der Anwendung der für marktbeherrschende Unternehmen geltenden Vorschriften .. 173 ddd) Ministererlaubnisverfahren für Fusionen ............................ 173 bb)Auslegung des Normtextes ......................................................... 174 cc) Verbot der Zweckentfremdung statistischer Daten ...................... 174 dd) Ergebnis ..................................................................................... 176 2. Archivgut des Bundes ............................................................................ 177 a) Die Anbietepflicht der statistischen Ämter ....................................... 177 b) Charakter der zu übermittelnden Daten ............................................ 178 aa) Art und Umfang der anzubietenden Unterlagen ........................... l78 bb) Vorrang bereichsspezifischer Löschungs- und Vernichtungsvorschriften ................................................................................ l79 c) Anbietezeitpunkt. ............................................................................. l81 d) Erforderlichkeil der Übermittlung von statistischen Einzelangaben .. 182 e) Verlängerte statistische Geheimhaltung ............................................ 183 aa) Der Normtext des Bundesarchivgesetzes..................................... 183 bb) Schutzfristen für übermittelte Unterlagen ................................... 183 cc) Der Verweis des§ 5 Abs. 6 Nr.5 BArchG auf Rechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung .................................. 185 aaa) Grammatikalische Auslegung ............................................. 185 bbb) Historische Auslegung ....................................................... 185 ccc) Teleologische Auslegung ................................................... 186 ddd) Systematische Auslegung ................................................... l87 dd) Zwischenergebnis ....................................................................... 188 ee) Personenbezogenes Archivgut.. .................................................. 189 ff) Ergebnis ..................................................................................... 190 aaa) Statistische Tabellen und Einzelangaben nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BStatG .................................................. 190 bbb) Nicht voll anonymisierte Einzelangaben ............................. 190 ccc) Personenbezogene Einzelangaben ...................................... 191 G. Unterrichtungspflichten der die Statistik durchführenden Behörden

192

I. Auskunftsanspruch des Betroffenen nach dem Bundesdatenschutzgesetz? .... 192 1. Schutzbereich des Bundesdatenschutzgesetzes ....................................... 192

a) Speicherung personenbezogener Daten ............................................. 192

Inhaltsverzeichnis

17

b) Die Speicherung statistischer Einzelangaben im Bereich der amtlichen Statistik ........................................................................... 192 2. Der Vorrang bereichsspezifischer Regelungen ....................................... 193 a) Das Auskunftsrecht im Bereich der amtlichen Statistik ..................... 193 aa) Die Subsidiaritätsklausel des Bundesdatenschutzgesetzes ........... 194 bb) Der Vorrang bundesstatistischer Rechtsvorschriften ........ ........... 194 cc) Substitution durch die Unterrichtungspflicht des Bundesstatistikgesetzes .............................................................. 196 aaa) Gebot der möglichst frühzeitigen Anonymisierung ............. l96 bbb) Datenübermittlungen an oberste Bundes- oder Landesbehörden und Gemeinden ........................................ l97 b) Ergebnis .......................................................................................... 198 II. Informationspflichten des Statistikrechts ..................................................... 199 I. Die Unterrichtungspflichten des Bundesstatistikgesetzes........................ l99 a) Der Normbereich des § 17 BStatG ................................................... 199 b) Die Unterrichtung über die statistische Geheimhaltung ....................200 aa) Normbereich ................................................................... ........... 200 bb)§ l6Abs.l Satz2Nr.l-4BStatG ............................................ 20l cc) § 16 Abs. 2 und 3 BStatG ........................................................... 20l dd) § 16 Abs. 4 und 5 BStatG ........................................................... 201 ee) § 16 Abs. 6 BStatG ....................................................... ............. 202 ff) Durch besondere Rechtsvorschriften angeordnete Ausnahmen vom Grundsatz der Geheimhaltung ............................................. 203 c) Ort und Zeitpunkt der Unterrichtung ................................ ................ 204 d) Von der Unterrichtungspflicht betroffene Erhebungen ...................... 204 2. Unterrichtungspflichten nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ..................................................................................... 205 a) Adressaten der Unterrichtungsverpflichtung ..................................... 205 b) Adressaten der Unterrichtung ........................................................... 206 aa) Bereich der Steuerstatistiken ...................................................... 206 bb) Außenhandelsstatistik ................................................................. 206 3. Die Belehrung nach dem Wohngeldgesetz ........................................... .. 207 4. Unterrichtung als konstitutive Bedingung der Übermittlung statistischer Daten ................................................................................. 208 H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften

210

I. Vorbemerkung ..................... ............................. .......................................... 210 I. Aufgabenbereich des Statistischen Bundesamtes ........................... ......... 210

2. Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften ......................... 212 II. Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften ................................................... ....... ..... 214 2 Poppenhäger

18

Inhaltsverzeichnis 1. Die Verordnung über die Übermittlung von unter die Geheimhaltungspflicht fallenden Informationen an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften ............................................................... 214 a) Übermittlung vertraulicher statistischer Daten .................................. 214 b) Suspendierung der nationalstaatliehen Vorschriften zur statistischen Geheimhaltung ............................................................. 214 c) Übermittlungsvorschriften in einem eine Gemeinschaftsstatistik regelnden Rechtsakt ......................................................................... 216 d) Anonymisierungsniveau ................................................................... 217 e) Die Übermittlung personenbezogener Daten ..................................... 218 f) Die sogenannte verlängerte Geheimhaltung statistischer Daten durch EUROSTAT............................................................................... 219 g) Ausschuß für die statistische Geheimhaltung .................................... 220 2. Übermittlungsvorschriften in einzelnen eine Gemeinschaftsstatistik regelnden Rechtsakten der Gemeinschaft ............................................... 221 a) Statistik des Außenhandels der Gemeinschaft ................................... 221 b) Erhebung über die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe .......... 222 aa) Projekt EUROFARM .................................................................. 222 bb) Sonderregelung ftlr den Bereich der Bundesrepublik Deutschland ...................................................... 223 c) Intrahandei-Statistik .........................................................................224 d) Arbeitskräftestichprobe .................................................................... 225 aa) Übermittlung statistischer Einzeldatensätze ................................ 225 bb) Zweckbegrenzung ...................................................................... 226 e) Erhebung über die Produktion des verarbeitenden Gewerbes ............ 226 aa) Übermittlung ausschließlich von Aggregaten .............................. 226 bb) Vertraulichkeit der übermittelten Daten ...................................... 228 f) Arbeitskostenerhebung ..................................................................... 228 aa) Aggregationsniveau der übermittelten Daten .............................. 228 bb) Zweckbegrenzung ...................................................................... 229

111. Das Gesetz zur Gewährleistung der Geheimhaltung der dem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften übermittelten vertraulichen Daten ... 230 1. Normbereich .......................................................................................... 230 a) Die Verpflichtung des Art. 6 SAEG-Übermittlungs-VO ................... 230 b) Beamte und sonstige Bedienstete des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften .................................................... 231 2. Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum ....................... 232 Literaturverzeichnis

234

Stichwortverzeichnis

244

A. Vorbemerkung Die amtliche Statistik befindet sich seit dem Urteil des BVerfG zum Volkszählungsgesetz vom 15. Dezember 1983 1 in einer stetigen Diskussion nicht nur fachstatistischer Kreise. Die juristische Diskussion (wie auch das in erneuten Beschlüssen des BVerfG sich dokumentierende "öffentliche Interesse") befaßte sich dabei schwerpunktmäßig mit Fragen der Abschottung der statistischen Ämter und Erhebungsstellen, ferner der notwendigen Vorkehrungen für Durchführung und Organisation amtlicher Datenerhebung und -Verarbeitung, namentlich dem Gebot der möglichst frühzeitigen, sog. faktischen Anonymisierung2• Die Konzentration auf Fragen des Organisations- und Verfahrensrechts und in dessen Folge datenschützender Vorkehrungen in den statistischen Ämtern ist angesichts der spätestens seit dem Volkszählungsurteil allgemein anerkannten Grundrechtsrelevanz des Umgangs mit statistischen Daten (insbesondere deren Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe) durchaus verständlich. Möglicherweise wurde die Richtung der juristischen Diskussion auch durch den Siegeszug der automatischen Datenverarbeitung in allen Bereichen und die damit verbundene Tatsache bestimmt, daß die "Kapazitäten des Computers die überschaubaren gesellschaftlichen Dimensionen überschreiten" . Heute ist es technisch möglich, nahezu jede gewünschte Menge an Informationen elektronisch zu speichern, miteinander zu verknüpfen und über Datenfernleitungen weltweit zu übertragen4 • Dennoch bleibt es für den in der Praxis mit Statistik Befaßten erstaunlich, daß die Diskussion der Fragen um Abschottung und möglichst frühzeitige Anonymisierung, d. h. Fragen der Durchführung der Erhebungen 1

BVerfUE 65, I ff. (im folgenden: Volkszählungsurteil).

Vgl. hierzu BVerfUE 65, I (49 ff.); BVerfU, NJW 1988, 959 ff.; 1988, 962 ff. ; BVerfU, Beschluß vom 15. April 1988- I BvR 222/88-, S. 5 ff.; BVerfU, Beschluß vom 25. Februar 1988- 1 BvR 151188 -; BVerfU, Datenschutz und Datensicherung (DuO) 1992, 94; zur Notwendigkeit besonderer Verarbeitungsvoraussetzungen bei statistischen Erhebungen vgl. auch Heußner, SGb 1984, 279, 283. 2

2*

3

Sch/ink, Der Staat 25 (1986), 246.

4

Vgl. Tinnef eld, DuD 1992, 456.

20

A. Vorbemerkung

und Verarbeitung der statistischen Daten innerhalb der statistischen Ämter, mehr Raum einnimmt als die Erörterung des eigentlichen Endprodukts (und damit der "Sinngeber") jeder statistischen Erhebung, die zur Veröffentlichung vorgesehenen Ergebnisse. Diese sind von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder in der erforderlichen sachlichen und regionalen Gliederung zusammenzustellen und für allgemeine Zwecke zu veröffentlichen und darzustellen. Hierfür ist für die Statistik auch die Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat, d.h. ohne konkrete vorherige Zweckbindung erlaubt; Weitergabe- und Verwertungsverbote für statistisch aufbereitete Daten wären insoweit zweckwidrigs. Dies ist der unverzichtbare Beitrag der amtlichen Statistik zur informationellen Infrastruktur der Bundesrepublik Deutschland bzw. -um mit dem BVerfG zu sprechen - deren ökonomischer und sozialer Entwicklung, die, soll sie "nicht als unabänderliches Schicksal hingenommen, sondern als permanente Aufgabe verstanden werden ( ... )", einer umfassenden, kontinuierlichen sowie laufend aktualisierten Information über die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Zusammenhänge bedarf. Dieser Bereich des Datenverarbeitungsprozesses, an dem die statistischen Individualdaten (nach Erhebung und Aufbereitung) den abgeschotteten Bereich der statistischen Ämter wieder verlassen, um als Ergebnisse ausgewertet bzw. veröffentlicht zu werden, hat bisher in Literatur und Rechtsprechung relativ wenig Beachtung gefunden. In der folgenden Untersuchung sollen im einzelnen die für die Übermittlungs- und Veröffentlichungspraxis relevanten Fragen des notwendigen Aggregationsniveaus sowie die zahlreich bestehenden Ausnahmen zur grundsätzlichen Geheimhaltungspflicht statistischer Einzelangaben untersucht werden. Ob dabei Datenschutz und Statistik keineswegs Gegensätze, sondern "im Prinzip natürliche Verbündete"7 sind, soll an dieser Stelle nicht beantwortet werden; erwähnenswert ist allerdings die Auffassung Hölders, wonach es diesbezüglich in der Praxis "mancherlei Probleme, Abgrenzungsfragen, Auslegungsschwierigkeiten, Diskussionen über Kleinigkeiten und s BVerfGE 65, I (47). BVerfGE 65, I (45); ähnlich auch Simitis, NJW 1984, 398 (403); zur Relevanz der amtlichen Statistik ftir die Bereitstellung der notwendigen informationeBen Infrastruktur vgl. auch Stäglin!Wagner, Allgemeines Statistisches Archiv, 75. Band (1991), 208 ff.; Vage/gesang, 57 f.; vgl. auch schon Hiller, S. 10, die es als Grundaufgabe der Bundesstatistik bezeichnet, die "Grundlagen und Funktionen des staatlichen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens zu erfassen und in ihren Wechselbeziehungen größenordnungsmäßig darzustellen". 6

7

Hölder, Durchblick ohne Einblick, S. 56.

A. Vorbemerkung

21

Ärger mit Kleinlichkeiten" gibt8 . Diese sollten allerdings angesichts der Bedeutung des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung ftlr die verfassungsrechtlich garantierte freie Entfaltung der Persönlichkeit durchaus ernst genommen werden.

8

Hölder, ebenda.

B. Der Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben Das BVerfG hat im Volkszählungsurteil ausgeführt, daß für den Schutz des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung die "strikte Geheimhaltung der zu statistischen Zwecken erhobenen Einzelangaben unverzichtbar sei, solange ein Personenbezug noch besteht oder herstellbar ist (Statistikgeheimnis)"1. Erst dies eröffne den Zugang der staatlichen Organe zu den für die Planungsaufgaben erforderlichen Informationen. Insoweit sei das Prinzip der Geheimhaltung und möglichst frühzeitigen Anonymisierung der Daten nicht nur zum Schutz des Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung des Einzelnen vom Grundgesetz gefordert, sondern auch für die amtliche Statistik selbst konstitutiv2 • Groß 3 weist darauf hin, daß der Klammerzusatz im Zitat des Bundesverfassungsgerichts mißverstanden werden könne, da das Statistikgeheimnis sich nicht nur auf personenbezogene sondern auch institutionenbezogene Daten bezieht. Die Geheimhaltung der zu statistischen Zwecken erhobenen Einzelangaben ist für die Bundesstatistik im wesentlichen im Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke vom 22. Januar 1987 (Bundesstatistikgesetz BStatG) geregelt4 • Weitere Verarbeitungs- und Veröffentlichungsvorschriften finden sich in einer ganzen Reihe einzelstatistischer Gesetze, aber auch u.a. in § 18 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank vom 26. Juli 1957

1

BVerfGE 65, I (49 ff.).

BVerfGE 65, I (51); Benda, DuO 1984, 86 f., bezeichnet den Begriff "Recht auf informationeHe Selbstbestimmung" als Kurzformel filr das "komplexe Geflecht von Rechten und Pflichten, die der BUrger im Hinblick auf das durch Art. 2 des Grundgesetzes geschUtzte Persönlichkeitsrecht im Bereich des neuen Gebietes der elektronischen Datenverarbeitung hat" . Schon Hiller, S. 17, vertrat die Auffassung, daß die "Grundsätze des Rechtsstaates und die Gewährleistung der persönlichen Freiheit des StaatsbUrgers durch das Grundgesetz ( ...) die gesetzliche Umgrenzung der allgemeinen Erhebungs-, also Eingriffsgewalt in die persönliche Sphäre des Einzelnen und, als Korrelat zu der damit verbundenen Auskunftspflicht ( ...), seinen Schutz durch gesetzliches Gebot zur Geheimhaltung" verlange. 2

3

Groß, AöR 113 (1988), 161 (187).

4

BGBI. I S. 462, 565, geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 1990 (BGBI. I

s. 2837).

B. Der Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

23

s (BBankG) oder § 24c des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Februar 1990 (GWB)6 .

Das Bundesstatistikgesetz, gelegentlich auch als "Grundgesetz der amtlichen Statistik" bezeichnee, gilt insoweit auch für die statistischen Ämter der Länder, als diese im Rahmen der grundgesetzliehen Aufgabenzuweisung (nach Art. 84 GG) an der Erstellung von Bundesstatistiken (für die im übrigen gern. Art. 73 Nr. 11 GG der Bund die alleinige Gesetzgebungskompetenz innehat) mitwirken. Diese Vorschriften zur statistischen Geheimhaltung gehen als Ieges speciales den allgemeinen Datenschutzgesetzen vor. So enthält § 1 Abs. 4 des Bundesdatenschutzgesetzes vom 20. Dezember 1990 (BDSG)8 den Grundsatz, daß die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes nur subsidiär und nur insoweit eingreifen, als andere Rechtsvorschriften des Bundes auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung nicht anzuwenden sind. Statistische Daten sind insofern nicht durch die allgemeinen Datenschutzgesetze geschützt9 • In § 45 Satz 2 Nr. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes vom 27. Januar 1977 (BDSG 1977) 10 war der Grundsatz der Subsidiarität des Bundesdatenschutzgesetzes gegenüber den Regelungen der statistischen Geheimhaltung noch durch die ausdrückliche Erwähnung des § 12 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke vom 3. September 1953 (StatGes 1953) 11 klargestellt. Bei § 12 StatGes 1953 handelte es sich um eine VorläuferNorm des heutigen § 16 BStatG, der die Geheimhaltung statistischer Einzelangaben grundsätzlich regelt. Mit dem Wegfall der diesbezüglichen Auflistung im Rahmen des § 45 BDSG 1977 hat sich jedoch materiellrechtlich am Grundsatz der Subsidiarität des Bundesdatenschutzgesetzes gegenüber dem Bundesstatistikgesetz (wie auch anderen Rechtsvorschrif-

5

BGBI. 111 7620-1, in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 1992 (BGBI. I

s. 1782). 6

BGB1. 1. S. 235, zuletztgeändert durch Gesetz vom 21.12.1992 (BGBI.I S. 2133).

7

Dorer/Mainusch/l'ubies, BStatG, Vor § 1 Rdnr. 6.

8 Verkündet als Art. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20. Dezember 1990 (BGBI.I S. 2954). 9

10

Ebenso Berg, Jahrbuch des öffentlichen Rechts, Bd. 33, S. 63, 83. BGBI.I S. 201.

BGBI. lii 29-1, zuletzt geändert durch Art. 52 des Einfilhrungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14. Dezember 1976 (BGBI. I S. 3341). 11

24

B. Der Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

ten des Bundes betreffend die statistische Geheimhaltung) nichts geändert12.

12 Vgl. auch Dörr/Schmidt, Neues BDSG, § I Rdnr. 19, der das Bundesstatistikgesetz expressis verbis als Beispiel ftlr eine dem Bundesdatenschutzgesetz vorrangige Rechtsvorschrift nennt; Ordemann/Schomerus, § I Ziffer 7.I .

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz I. Allgemeine Grundsätze l. Aufgabe der Bundesstatistik

Gemäß § l Satz 1 BStatG ist es die Aufgabe der Statistik für Bundeszwecke, laufend Daten über Massenerscheinungen zu erheben, zu sammeln, aufzubereiten, darzustellen und zu analysieren. Dabei sollen die Partner der amtlichen Statistik auf der Seite der Informationsgewinnung, also Bürger und Unternehmen, die Sicherheit haben, daß die von ihnen erteilten Informationen dem Statistikgeheimnis unterliegen bzw. bildlich ausgedrückt, den "Tresor" der abgeschotteten amtlichen Statistik nicht verlassen 1 und Einzelangaben ausschließlich fllr statistische Zwecke verwendet werden. Zu den Aufgaben der Bundesstatistik zählt auch die Weitergabe (Veröffentlichung und Übermittlung) der für eine Bundesstatistik erhobenen Daten als gesetzlicher Auftrag (§§ l, 3 Abs. 1 Nr. l Buchstabe c, 16 Abs. 2-6 BStatG). Der Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Angaben läßt die Weitergabe allerdings nur als Ausnahme zu. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Volkszählungsurteils betreffend die Geheimhaltung statistischer Angaben wurden einfachgesetzlich im wesentlichen in § 16 BStatG niedergelegt, der gegenüber den früheren Bestimmungen bezüglich der Ausnahmeregelungen zur statistischen Geheimhaltung - § 11 des Gesetzes über die Statistik fllr Bundeszwecke vom 14. März 1980 (BStatG 1980)2 bzw. § 12 StatGes 1953- weitergehenden Restriktionen unterworfen wurde3 .

1

Hö/der in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 134 f.

Gesetz über die Statistik ftlr Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz- BStatG) vom 14. März 1980 (BGBI. I S. 289). 2

3 In der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik ftlr Bundeszwecke wird ausgeftlhrt, daß die Geheimhaltung der statistischen Einzelangaben seit jeher das Fundament der Bundesstatistik bilde, BT-Drucksache 10/5345, S. 20 ff.; Vgl. auch BVerwG, NJW 1991, 1246 (1249); zu der Geschichte der statistischen Geheimhaltung als Vorläufer des erst

26

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

2. Gegensatz zum allgemeinen Datenschutzrecht Gemäß § 16 Abs. I Satz I BStatG sind Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die fllr eine Bundesstatistik gemacht werden, von den Amtsträgem und fllr den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, die mit der Durchführung von Bundesstatistiken betraut sind, geheimzuhalten, soweit durch besondere Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. Der Begriff der Einzelangabe wird in der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke4 definiert als Erklärung, die von einem Auskunftspflichtigen oder Befragten in Erfüllung seiner statistischen Auskunftspflicht oder - bei Erhebung ohne Auskunftspflicht - freiwillig abgegeben wird. Diese Einzelangaben sind grundsätzlich dazu bestimmt, in einem statistischen Ergebnis unter:Zugehen5. Damit sind durch das Statistikgeheimnis die Angaben aller Auskunftspflichtigen geschützt. Nach § 15 BStatG können dies alle natürlichen und juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts, Personenvereinigungen, Behörden des Bundes und der Länder sowie Gemeinden und Gemeindeverbände sein. Das Bundesdatenschutzgesetz schützt demgegenüber gern. § I Abs. I BDSG (nur) den einzelnen vor Beeinträchtigungen seines Persönlichkeitsrechts durch den Umgang mit personenbezogenen Daten. Gemäß § 3 Abs. I BDSG sind diese definiert als Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die nach bisherigem Recht vorgesehene Einschränkung des Schutzes auf die Speicherung personenbezogener Daten in Dateien (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BDSG 1977) ist mit der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes weggefallen. Dennoch ist durch den weitergehenden Schutzbereich die statistische Geheimhaltung unverändert strenger als die allgemeinen Datenschutzregelungen6. Dies wird besonders durch § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BStatG deutlich: danach unterliegen auch die im Rahmen einer Bundesstatistik gespäter sich entwickelnden Begriffes des Datenschutzes Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 1 ff. sowie lieg/er, S. 44 ff. 4

BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21, Zu§ 16, Zu Absatz l.

5

Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf, ebenda.

Vgl. Tinnefeld/Tubies, S. 22; Dammann in: Simitis u.a., BDSG, 3. Aufl., § 2 Rdnr. 18 (zu § 12 StatGes 1953). 6

I. Allgemeine Grundsätze

27

machten Einzelangaben von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, aber auch von Behörden des Bundes und der Länder sowie Gemeinden und Gemeindeverbänden - und nicht etwa (nur) die Einzelangaben dahinterstehender Betroffener- der statistischen Geheimhaltung7 . Dies gilt jedenfalls gern. § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BStatG dann, wenn die fraglichen Einzelangaben sich nicht auch identisch in allgemein zugänglichen Quellen befinden (argumentum e contrario). Neben den Daten von juristischen Personen unterfallen schließlich (im Gegensatz zum Schutzbereich des Bundesdatenschutzgesetzes) auch die Einzelangaben Verstorbener unstreitig der statistischen Geheimhaltung8 •

3. Amtshilfefestigkeit

Das BVerfG hat im Volkszählungsurteil angemerkt, daß ein Zwang zur Angabe personenbezogener Daten gesetzlich auf den bereichsspezifisch bestimmten Zweck begrenzt sein müsse9 • Schon angesichts der Gefahren der automatischen Datenverarbeitung sei ein amtshilfefester Schutz gegen Zweckentfremdung durch Weitergabe- und Verwertungsverbote erforderlich. Für den Bereich der Statistik kann dies jedoch keine unmittelbare Geltung beanspruchen, da bei Datenerhebungen für statistische Zwecke Weitergabe- und Verwertungsverbote geradezu zweckwidrig wären 10• Für die Übermittlung personenbezogener Angaben im zwischenbehördlichen Verkehr hat sich der Begriff "Informationshilfe" eingebürgert 11 • Der Grundsatz der Amtshilfe ist in Art. 35 GG niedergelegt und in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder konkretisiert worden. § 4 des Verwaltungsverfahrengesetzes des Bundes vom 25. Mai 1976

7 Ebenso Dorer/Mainusch!Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 14, die aufweitere nicht im Bereich der statistischen Geheimhaltung, daftlr aber im allgemeinen Datenschutzrecht umstrittene Grenzen des Schutzbereichs hinweisen (z.B. ob Daten Verstorbener von der Geheimhaltungspflicht erfaßt werden). 8 Vgl. Dammann in: Simitis u.a., BDSG, 3. Aufl., § 2 Rdnr. 16; Dorer!Mainusch!Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 14. 9 BVerfGE 65,1 (46); auch Schenke, NJW 1987, 2777 (2785), geht davon aus, daß die zitierte Stelle im Volkszählungsurteil sich direkt nur auf die Weitergabe von Daten zum Zwecke des Verwaltungsvollzugs, nichtjedoch filr statistische Zwecke bezieht. 10

Ebenso BVerfGE 65, 1 (47).

Vgl. Groß, AöR 113 (1988), 161 (205) mit Hinweis auf W. Schmidt, sowie zur aktuellen Diskussion um den Begriff der Amtshilfe unter den Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung. 11

28

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

(VwVfG) 12 bestimmt, daß jede Behörde anderen Behörden auf Ersuchen ergänzende Hilfe zu leisten hat. Dies beträfe somit nach § 1 Abs. 1 VwVfG auch das Statistische Bundesamt sowie die statistischen Ämter der Länder soweit diese (gern. § 1 Abs. 2 VwVfG) Bundesrecht als eigene Angelegenheit vollziehen 13 und - wie dies in einigen der neuen Bundesländer z. Z. noch der Fall ist - nicht über eigene Landesverwaltungsverfahrensgesetze verfügen (§ 1 Abs. 3 VwVfG). Im übrigen enthalten die Landesverwaltungsverfahrensgesetze der Länder im wesentlichen mit § 4 VwVfG gleichlautende Vorschriften 14 • Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist die ersuchte Behörde zur Erteilung von Auskünften jedoch nicht verpflichtet, wenn die Vorgänge nach einem Gesetz (oder ihrem Wesen nach) geheimgehalten werden müssen. § 5 Abs. 2 Satz 2 knüpft dabei an § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG an 15 • Dabei handelt es sich dann um einen zwingenden Weigerungsgrund 16, wenn die ersuchte Behörde aus rechtlichen Gründen zur Hilfe nicht in der Lage ist (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG). Die Unzulässigkeit muß sich grundsätzlich aus dem für die ersuchte Behörde geltenden Recht ergeben 17• Für die statistischen Ämter des Bundes sowie der Länder (soweit sie Bundesstatistiken durchführen) beinhaltet § 16 BStatG eine derartige bereichsspezifische Geheimhaltungspflicht bezüglich statistischer Einzelangaben. Amtshilfe durch Informationshilfe ist somit für den Bereich der Statistik unzulässig, soweit die Übermittlung durch die Geheimhaltungsvorschriften des Bundesstatistikgesetzes ausgeschlossen ise 8 .

12 BGBI. I S. 1253, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 12. September 1990 (BGBI. I S. 2002). 13

Vgl. Art. 83 ff. GO.

14

Vgl. Kopp, VwVfG, § 4 Rdnr. 15.

15

Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 5 Rdnr. 25.

16

Kopp, VwVfG, § 5 Rdnr. 11; Ste/kens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 5 Rdnr. 25.

17 Kopp, VwVfG, § 5 Rdnr. 13; vgl. auch Heußner, SGb. 1984, 279 (282): Datenübermittlung sei in keinem Fall allein mit der BegrUndung zu rechtfertigen, es bestehe die Pflicht zur Amtshilfe. 18 Im Ergebnis ebenso Tinnefeld/Tubies, S. 22; Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 5 Rdnr. 27 (allerdings noch unter Verweis auf § 11 BStatG 1980);.Knack-Schwarze, VwVfG, § 5 Rdnr. 5.2.3.1; Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 19, die allerdings § 4 VwVfG nicht anwenden wollen ("4 VwVfG gilt nicht"); § 34 StOB soll eine entsprechende Amtshilfe in Fällen des rechtfertigenden Notstands ermöglichen. Vgl. auch Dreher/Trönd/e, StOB, § 203 Rdnr. 32, der als Schranke einer kompetenzmäßigen Informationshilfe zwischen den Behörden das Geheimhaltungsgebot "des § 11 BStatG" nennt. § II BStatG 1980 war die Vorläufernorm des heutigen§ 16 BStatG.

li. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

29

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben 1. Weiterleitung von Erhebungsmerkmalen

Gemäß § 16 Abs. I Satz I BStatG sind Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die für eine Bundesstatistik gemacht werden, von den mit der Erstellung einer Statistik betrauten Personen grundsätzlich geheimzuhalten. Die Definition, wonach Einzelangaben Erklärungen sind, "die von einem Auskunftspflichtigen in Erfüllung seiner statistischen Auskunftspflicht nach § I5 oder - bei Erhebung ohne Auskunftspflicht - freiwillig abgegeben werden" 19, läßt vom Wortlaut her offen, ob diese Einzelangaben, die der Regelung des § I6 BStatG unterfallen, neben den Erhebungsauch die Hilfsmerkmale (Identifikationsmerkmale) umfassen. Gemäß § IO Abs. I Satz I BStatG werden Bundesstatistiken auf der Grundlage von Erhebungs- und Hilfsmerkmalen erstellt, wobei letztere nur der technischen Durchführung von Bundesstatistiken dienen (§ I 0 Abs. I Satz 3 und 4 BStatG). Die Erhebungsmerkmale umfassen Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die zur statistischen Verwendung bestimmt sind(§ IO Abs. I Satz 2 BStatG). Die in § 16 BStatG geregelten Ausnahmen von der statistischen Geheimhaltung betreffen allerdings nur die Erhebungsmerkmale. Dies ergibt sich zum einen aus der Regelung des § 10 Abs. I Satz 3 BStatG, wonach Hilfsmerkmale nur für die technische Durchführung der Qeweiligen) Bundesstatistik verwandt werden dürfen, zum anderen aus einer systematischen Auslegung verschiedener Normen des Bundesstatistikgesetzes, die die Weitergabe (d.h. Veröffentlichung oder Übermittlung) von Hilfsmerkmalen grundsätzlich ausschließen. Gemäß § 12 Abs. I Satz I BStatG sind Hilfsmerkmale grundsätzlich zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Diese Vorschrift trägt der Forderung des BVerfG im Volkszählungsurteil Rechnung, wonach die zur Identifizierung der Befragten dienenden Merkmale zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu löschen sind20: Begrenzte Ausnahmen hierzu sind in § 12 Abs. 2 BStatG (flir periodische Erhebungen), in § 10 Abs. 2 BStatG 19 BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik ftlr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21 , Zu§ 16, Zu Absatz I. 20 Vgl. BVerfGE 65, I (49 ff.); BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik ftlr Bundeszwecke, ebenda, S. 18, Zu § 12, Zu Absatz I.

30

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

(Blockseitenregelung für Gemeinden) sowie in § 13 BStatG (Adreßdateien) geregelt. Daraus ergibt sich, daß die Systematik des Bundesstatistikgesetzes eine Weiterleitung (Übermittlung oder Veröffentlichung) statistischer Hilfsmerkmale wie Name, Anschrift, Telefonnummer über § 16 BStatG nicht zuläßt; die Ausnahmen von der Geheimhaltungsvorschrift des § 16 Abs. I Satz I BStatG beziehen sich nur auf Erhebungsmerkmale. Die Hilfsmerkmale dürfen wegen ihres grundsätzlich identifizierenden Charakters nur in dem unumgänglich notwendigen Umfang und innerhalb vorgeschriebener Fristen mit den Erhebungsmerkmalen verbunden bleiben bzw. aufbewahrt werden21 • Sie sollten daher nach der ratio legis der§§ 10 Abs. I und 2, 12 Abs. I und 2 sowie § 13 BStatG zum Zeitpunkt der Anwendung des § 16 BStatG im Datensatz nicht mehr vorhanden sein und dürfen allenfalls von diesem Datensatz getrennt und gesondert aufbewahrt werden; nach Abschluß der Plausibilitätsprüfungen in den statistischen Ämtern müssen die Hilfsmerkmale grundsätzlich gelöscht sein(§ 12 Abs. 1 und 2 BStatG). Der tatbestandliehe Ausschluß der Geheimhaltungsregelungen in § 16 Abs. I Satz 2 Nr. l-4 BStatG umfaßt daher nur die Erhebungsmerkmale22• Hilfsmerkmale dürfen nur fnr die technische Durchführung der Bundesstatistik verwandt werden. Für andere Zwecke- wozu auch eine Weiterleitung außerhalb des Bereichs der amtlichen Statistik zählt - dürfen sie nur verwandt werden, soweit eine besondere Rechtsvorschrift dies zuläßt ( § l 0 Abs. l Satz 4, Abs. 2 BStatG).

2. Ausnahmeregelungen durch besondere Rechtsvorschriften Gemäß § 16 Abs. l Satz I, 2. Halbsatz BStatG gilt der Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben nur, "soweit durch besondere Rechtsvorschrift nichts anderes" bestimmt ist. Unstreitig ist, daß trotz des zusammenfassenden Ausdrucks "Rechtsvorschrift" für eine Durchbrechung der statistischen Geheimhaltung nicht jede Art von Gesetzen (im materiellen Sinn), sondern nur ein förmliches 21 Pohl in: Das Deutsche Bundesrecht, VIII Z 10, S. 19, Erläuterung zu §§ 9, 10 BStatG, 2. Absatz. 22 Vgl. hierzu auch Heinemann, Harnburg in Zahlen 1987, 311 f., der am Rande von Erörterungen zu Anonymisierungsanstrengungen der statistischen Ämter anmerkt, es gehe beim Abändern von Merkmalen jedenfalls "nicht darum, den Namen wegzunehmen, denn der ist bereits weg".

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

31

Gesetz in Frage kommt23 • Fraglich ist jedoch, ob weitere Ausnahmen von der statistischen Geheimhaltung - soweit sie nicht durch das Bundesstatistikgesetz selbst geregelt sind - einer "ausdrücklichen Zulassung in einem eine Bundesstatistik anordnenden Bundesgesetz" bedürfen24• Dies hätte zur Folge, daß als "besondere Rechtsvorschrift" nicht auch nichtstatistische Regelungen angesehen werden könnten, sondern nur diejenigen statistischen Gesetze, um deren Daten es jeweils ginge. Entgegen der Auffassung von Dorer/Mainusch/Tubies25 bleibt nach dem Gesetzeswortlaut diese Frage jedoch nicht offen: An mehreren Stellen spricht das Bundesstatistikgesetz bei einer angestrebten Zweckbegrenzung durchaus von der Notwendigkeit einer "eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift" (vgl. § 1 Satz 6, § 6 Abs. 2 Satz 1, § 26 Abs. 4 Satz 1 BStatG)/6 so daß von einer außerplanmäßigen Lücke resp. einer "Normlücke" im Gesetzestext nicht ausgegangen werden kann. Es besteht eine Norm, die durchaus eine nach ihrem Wortsinn anwendbare Regelung enthält und auch nicht jeglichen Sinns entbehrt oder der immanenten Teleologie des Gesetzes widerspriche7. Es ist daher davon auszugehen, daß besondere Veröffentlichungs- oder Übermittlungsbefugnisse durchaus auch in nichtstatistischen Rechtsnormen 23 Dies ergab sich noch nicht eindeutig aus der Rechtsprechung des BVerfG im Volkszählungsurteil, wonach Beschränkungen des Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung einer (verfassungsmäßigen) gesetzlichen Grundlage bedürfen, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und ftlr den Bürger erkennbar ergeben, vgl. BVerfGE 65, I (Leitsatz 2), 44; daß Eingriffe in das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung "materiell rechtlich einer (verfassungsgemäßen) förmlichen gesetzlichen Grundlage bedürfen", wurde durch das BVerfG allerdings durch Kammerbeschluß vom 25. September 1987 -I BvR 936/87 -, Umdruck S. 3, klargestellt. Auch in den Beratungen des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Bundesstatistikgesetz im Innenausschuß des Deutschen Bundestages wurde immer nur von einer Durchbrechung des Grundsatzes der statistischen Geheimhaltung des § 16 Abs. l Satz I BStatG durch ein förmliches Bundesgesetz ausgegangen, vgl. BT-Drucksache 10/6666, S. 18 f., Ziffer 15.14; vgl. auch BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik ftlr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21, Zu § 16, Zu Absatz l. 24 So ausdrücklich die BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf des BStatG, BTDrucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21, Zu§ 16, Zu Absatz l.

25

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 19.

Vgl. auch Artikel 3 Abs. 2, 4 Abs. 2 der Verordnung (Euratom, EWG) Nr. 1588 des Rates vom 11. Juni 1990 über die Übermittlung von unter die Geheimhaltungspflicht fallenden Information an das statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften (ABI. der EG Nr. L 151 S. 1), die insoweit übereinstimmend die Übermittlung vertraulicher Daten nur "in einem eine Gemeinschaftsstatistik regelnden Rechtsakt'' ftlr zulässig erklären. 26

27 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 370 ff.; eine aitdere Frage wäre insoweit, ob die getroffene Regelung einer rechtspolitischen Kritik standhält.

32

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

vorgesehen sein können28 • Im übrigen könnte eine andere Auslegung trotz des Charakters des Bundesstatistikgesetzes als sog. Grundgesetz der amtlichen Statistik und Iex generalis29 den Grundsatz des Iex posterior derogat Iegi priori nicht überwinden und den späteren Gesetzgeber insoweit festlegen.

3. Einwilligung zur Übermittlung oder Veröffentlichung von Einzelangaben a) Einwilligung des Befragten und/oder Betroffenen

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BStatG gilt der Grundsatz der statistischen Geheimhaltung nicht fllr Einzelangaben, in deren Übermittlung oder Veröffentlichung der Befragte schriftlich eingewilligt hat. In der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes30 wird allerdings davon ausgegangen, daß Gedenfalls auch) die Einwilligung "des Betroffenen" für eine Übermittlung oder Veröffentlichung der infragestehenden Daten ausreiche•. Dies stünde dann im Einklang sowohl mit der Interessengewichtung des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG, wonach die statistische Geheimhaltung für Einzelangaben nicht gilt, die dem "Befragten" oder "Betroffenen" nicht zuzuordnen sind, wie auch mit der Vorläuferregelung des § 11 Abs. 1 des Gesetzes über die Statistik fllr Bundeszwecke vom 14. März 1980 (BStatG 1980)32, der auch nur von der notwendigen Einwilligung des "Betroffenen" spricht.

28 Davon geht ersichtlich auch der Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Statistik fllr Bundeszwecke aus, der bezüglich einer Ausnahmevorschrift fllr Datenübermittlungen an die Monopolkommission berichtet, daß man sich (gemeinsam mit dem Bundesbeauftragten fllr Datenschutz) fllr eine Lösung - außerhalb des Bundesstatistikgesetzes - in dem den entsprechenden Spezialbereich regelnden Gesetz über Wettbewerbsbeschränkungen entschieden hätte. Derartige Fälle könnten sachgerechter und jeweils im konkreten Einzelfall spezialgesetzlich geregelt werden (BT-Drucksache 10/6666, S 18 f., Ziffer 15.14). Zu den einzelnen Sonderregelungen vgl. auch unten F. 29

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, Vor§ I Rdnr. 6.

Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik fllr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21 , Zu§ 16, Zu Absatz I. 30

31 Ebenso, allerdings ohne Begründung fllr die Abweichung vom Gesetzeswortlaut, Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 22. 32 Gesetz über die Statistik fllr Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz- BStatG) vom 14. März 1980 (BGBI. I S. 289).

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

33

Auch die Tatbestandsmerkmale der entsprechenden Vorschriften der Landesstatistikgesetze sind keineswegs einheitlich33 • Es stellt sich daher die Frage, ob der Auslegung zu folgen ist, wonach ftlr die Durchbrechung des Grundsatzes der statistischen Geheimhaltung gern. § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BStatG die Einwilligung des Betroffenen als hinreichend anzusehen ist. Man wird aber angesichts der Uneinheitlichkeit der gesetzlichen Termini und trotz der Ausruhrungen in der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes34 nicht ohne weiteres von einer außerplanmäßigen Gesetzeslücke oder gar einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers ausgehen und anstelle der Zustimmung des Befragten allein die Zustimmung des Betroffenen ftlr ausreichend ansehen können35 • Die Grenze des im allgemeinen juristischen Sprachgebrauch liegenden Wortsinns (resp. im fraglichen Fall des besonderen Sprachgebrauchs des Bundesstatistikgesetzes) und nicht solche der Zweckmäßigkeit stecken die Grenze der Auslegungsfähigkeit ab 36• Die Begriffe "Befragter" und "Betroffener" haben deutlich unterschiedliche, wenn auch z. T. übereinstimmende Regelungsinhalte. Die philologische Interpretation ist insoweit eindeutig und hat Vorrang; die Historie muß dahinter zurücktreten 37•

33 So fordern§ 14 Abs. 1 Nr.l des Landesstatistikgesetzes Baden-WUrttemberg (LStatG) vom 24. April 1991 (GBI. S. 215), § 16 Abs. 2 Nr.l des Gesetzes Ober die Statistik im Land Hessen (Hessisches Landesstatistikgesetz- Hess LStatG) vom 19. Mai 1987 (GVBI. I S. 67) sowie§ 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Sächsischen Statistikgesetzes (SächsStatG) vom 17. Mai 1993 (GVBI. Nr. 24 S. 453) die Einwilligung des Befragten oder des Betroffenen; Art. 17 Abs. 1 Nr.l des Bayerischen Statistikgesetzes (BayStatG) vom 10. August 1990 (GVBI. S. 270) und§ 18 Abs. 2 Nr.l des Gesetzes Nr. 1249, Saarländisches Landesstatistikgesetz (SLStatG) vom 24. Oktober 1989 (ABI. S. 1570) sowie § 17 Satz 2 Nr. 1 des Thüringer Statistikgesetzes (ThUrStatG) vom 21. Juli 1992 (GVBI. S. 368) sprechen von der notwendigen Einwilligung der Auskunftgebenden oder der betroffenen Personen; die anderen bisher in Kraft getretenen Landesstatistikgesetze sehen die Einwilligung des Befragten zur Übermittlung oder Veröffentlichung vor oder beziehen sich auf die Regelungen des Bundesstatistikgesetzes. 34

BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21, Zu§ 16, Zu Absatz 1.

So aber offenbar Dorer/MainuschiFubies, BStatG, § 16 Rdnr. 22; auch der Bundesrat war in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes auf das skizzierte Problem eingegangen und hatte die Ersetzung des Wortes .,der Befragte" durch die Worte .,Auskunftspflichtige oder Betroffene" gefordert, BT-Drucksache 10/5345, S. 26, Ziffer 15; die Bundesregierung hatte dies in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucksache 10/5345, S. 29, Zu 15, nicht ftlr erforderlich gehalten und die Auffassung vertreten, die Einwilligung des unmittelbar Befragten sei ausreichend. 35

36 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 320 ff., 324; Gern, VerwArchiv Bd. 80 (1989), 415 (432) spricht vom .,geäußerten" Willen des Gesetzes als Grenze der Auslegung. 37

Vgl. Gern, VerwArchiv Bd. 80 (1989), 415 (436).

3 Pappenhäger

34

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

b) Verfassungskonforme Auslegung

Zu erwägen wäre jedoch, für bestimmte Fälle neben der notwendigen Einwilligung des Befragten auch diejenige des potentiell Betroffenen einzuholen. Deutlich wird die Notwendigkeit der Differenzierung bei der unterschiedlichen Erhebungspraxis der statistischen Ämter des Bundes und der Länder bei sog. Primär- und Sekundärstatistiken. Während bei den Primärstatistiken die Daten (schriftlich oder mündlich) originär bei den Erhebungseinheiten (Befragten) ermittelt werden, wird bei sekundärstatistischen Erhebungen auf aufwendige originäre Erhebungen verzichtet und stattdessen auf Unterlagen, die ohnehin bei Dienststellen der öffentlichen Verwaltung vorliegen, zurückgegriffen. Diese Angaben, zunächst für Zwecke etwa des Verwaltungsvollzugs erhoben38, werden dann (auch) ftlr statistische Zwecke genutzt39• Während bei den Primärstatistiken in aller Regel der Befragte und der Betroffene identisch sein werden40, wird bei Sekundärstatistiken allenfalls vom Bild zweier sich schneidender Kreise ausgegangen werden können; eine Personenidentität ist insoweit nicht gegeben. Deutlich wird dies etwa bei der Statistik der Ausbildungsförderung gern. § 55 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz -BAföG-) vom 6. Juni 1983 41 sowie der Hochschulstatistik42 : Im ersten Fall sind gern. § 55 Abs. 4 BAföG die Ämter ftlr Ausbildungsförderung, im zweiten gern. § 2 HStatG die Leiter der Hochschulen, Prüfungsämter oder Studentenwerke auskunftspflichtig. Die zu erfragenden Tatbestände wie Art des berufsqualifizierenden Ausbildungsabschlusses, Staatsangehörigkeit, Alter oder Einkommen beziehen 38 Anders als der umgekehrte Weg der Datennutzung ist dies verfassungsrechtlich unproblematisch, vgl. Poppenhäger, NVwZ 1992, 149 ff.

39 Vgl. hierzu Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Arbeitsgebiet der Bundesstatistik, S. 30; Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 1 Rdnr. 8 f. 40 An eine Ausnahme wäre z.B. in den Fallen zu denken, in denen ein Auskunftspflichtiger etwa gern. § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Dl!l'chfilhrung einer Repräsentativstatistik Ober die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt (Mikrozensusgesetz) vom 10. Juni 1985 (BGBI. I S. 955), gelindert durch Art. I des Gesetzes vom 17. Dezember 1990 (BGBI. I S. 2837), ftlr ein weiteres Haushaltsmitglied Auskonfte erteilt hat, jedenfalls wenn dieses zwischenzeitlich volljährig geworden ist. 41

BGBI. I S. 645, zuletzt gelindert durch Art. 16 des Gesetzes vom 21.12.1992 (BGBI. I

s. 2266).

42 Vgl. Gesetz Ober die Statistik filr das Hochschulwesen (Hochschulstatistikgesetz- HStatG) vom 2. November 1990 (BGBI. I S. 2414).

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

35

sich jedoch auf den einzelnen Geförderten oder aber die Studenten resp. das Personal der Hochschulen. So sind z.B. die gern. § 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b HStatG für das wissenschaftliche Hochschulpersonal zu erhebenden Merkmale: Geburtsmonat und -jahr, Bezeichnung der Hochschule sowie Jahr und Fachgebiet einer Habilitation sowie Jahr der ersten Berufung zum Professor nicht nur an kleinen Hochschulen oder Fachbereichen und auch ohne spezielles Zusatzwissen oder Hilfsmerkmale zur Identifikation geeignet. Der Grundsatz der statistischen Geheimhaltung umfaßt jedoch nicht nur diejenigen Angaben, die aufgrund von Erklärungen eines Auskunftspflichtigen oder Befragten43 und damit in aller Regel44 von dem Betroffenen selbst (bei Primärstatistiken) abgegeben werden, sondern auch solche Einzelangaben (von Betroffenen), die im Rahmen etwa einer Sekundärstatistik von einer Behörde zu den statistischen Ämtern gelangen45 . Eine Freigabe dieser Einzelangaben kann daher nicht in der Verfügungsmacht der auskunftspflichtigen Leiter der Hochschulen (vgl. § 5 Abs. 2 HStatG) liegen46. Das Recht auf informationeile Selbstbestimmung wäre jedenfalls dann tangiert, wenn die strikte Geheimhaltung der zu statistischen Zwecken erhobenen Einzelangaben durch einen jederzeit herstellbaren Personenbezug47 durchbrochen werden könnte. Angesichts des hohen Ranges der statistischen Geheimhaltung, die das BVerfG im Volkszählungsurteil als für die Statistik selbst konstitutiv bezeichnet48, ist daher in Fällen der vorliegenden Art, in denen im Rahmen von Sekundärstatistiken Befragter und Betroffener auseinanderfallen, im Zuge einer verfassungskonformen Auslegung zusätzlich die Einwilligung des Betroffenen zu einer Übermittlung oder Veröffentlichung49 der ent43 Vgl. Definition der statistischen Einzelangabe in der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes ftlr die Statistik ftlr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21, Zu§ 16, Zu Absatz I. 44

Vgl. aber etwa die oben C. Fußnote 40 genannte Ausnahme.

So ausdrücklich Begründung zum Landesstatistikgesetz (LStatG) Schleswig-Holstein vom 8. März 1991 (GVBI. S. 131), LT-Drucksache 12/975, S. 22 f., Zu§ 13. 45

46 Vgl. auch Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des HStatG, BT-Drucksache 11/5832 vom 27. November 1989, B. Besonderer Teil, Zu § 8, in der darauf hingewiesen wird, daß, soweit die Auskünfte einzelne Personen (Studenten, Personal) betreffen, sie gern. § 16 BStatG (weiterhin) der Geheimhaltung unterliegen. 47

BVerfUE 65, I (51).

48

BVerfUE, ebenda.

Übermittlung resp. Veröffentlichung meint hier noch nicht die Auskunft an die statistischen Ämter des Bundes und der Länder; § 16 BStatG bezieht sich erst auf die Weitergabe (Übermittlung oder Veröffentlichung) der statistischen Daten, sobald sie den abgeschotteten Bereich der amtlichen Statistik wieder verlassen. 49

3*

36

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

sprechenden Einzelangaben zu fordern. Will man dem nicht folgen, weil der mögliche Wortsinn und Bedeutungszusammenhang des Gesetzes überschritten wäre50, so ist die Norm als verfassungswidrig anzusehen. Eine entsprechende teleologische Reduktion erscheint daher geboten.

c) "Informierte" Einwilligung, Schriftlichkeit

Die Einwilligung muß schriftlich erfolgen. Zur Frage der Form und Abgabe einer derartigen Willenserklärung kann auf die im Zivilrecht bestehenden Grundsätze zurückgegriffen werden; bei der Auslegung der Formvorschriften ist auf die jeweils vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke besonderes Gewicht zu legen51 • Im vorliegenden Fall wird dabei wohl die Beweissicherung fllr die statistischen Ämter hinsichtlich der erfolgten Einwilligung (und damit der Ausschluß der Rechtswidrigkeit der in Frage kommenden Straftatbestände, vgl. §§ 22, 21 BStatG, 203 ff., 353 b StGB) im Vordergrund gestanden haben. Zu denken wäre auch an einen gewissen Übereilungsschutz52 sowie an einen Hinweis auf die Notwendigkeit der vorherigen (schriftlichen) Information durch die statistischen Ämter53 • Der Einwilligende muß vorher konkret über die Folge der Erklärung und die beabsichtigte Verwendung, d.h. die vorgesehene Veröffentlichung oder Übermittlung der betreffenden Einzelangaben unterrichtet worden sein54 .

so Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 340 ff. s1 Vgl. Larenz, Allgerneiner Teil des BGB, § 21 I. sz Larenz, Allgerneiner Teil des BGB, § 21 I Buchstabe a. SJ Das Minimum der Unterrichtungsverpflichtung der statistischen Ämter ftlr die zu Befragenden ist in § 17 BStatG festgelegt. Die Einwilligung sollte nur fallweise und nicht pauschal ftlr zukünftige Fälle eingeholt werden, vgl. Ziegler, S. 62.

s4 Dorer/MainuschiFubies, BStatG, § 16 Rdnr. 23; die Einwilligungserklärung darf nicht etwa im "Kleingedruckten" der Erhebungsbögen untergebracht (vgl. auch § 3 AGB-Gesetz) oder pauschal allen Auskunftspflichtigen zur Unterschrift vorgelegt werden. Auch die Möglichkeit der Einwilligung ist vielmehr (als Ausnahme vom Grundsatz der statistischen Geheimhaltung) restriktiv auszulegen. Für die Form der Erklärung ist insoweit § 4 Abs. 2 Satz 3 BDSG ergllnzend heranzuziehen, der bestimmt, daß z.B. dann, wenn die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden soll, die Einwilligungserklärung im äußeren Erscheinungsbild der Erklärung hervorzuheben ist. Eine vorgedruckte Erklärung etwa im allgemeinen Informationsteil der Erhebungsbögen oder an versteckter Stelle reicht hierzu nicht aus. Die Formulierung des § 4 Abs. 2 BDSG ist § 3 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) angepaßt worden, Begründung zum Entwurf des Bundesdatenschutzgesetzes in: Auernhammer, BDSG vorn 20. Dezember 1990, § 4 Rdnr. 4; zur Frage einer notwendigen drucktechnischen Hervorhebung, vgl. insoweit auch Palandt-Heinrichs, AGBG 3, Anm. 2.

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

37

Entgegen der Auffassung von Dorer/Mainusch/Tubies55 muß die Einwilligungserklärung grundsätzlich schriftlich, d.h. durch eigenhändige Namensunterschrift des Erklärenden oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens, § I26 Abs. I BGB56, erfolgen. So reicht etwa eine konkludente oder durch (vermeintlich) schlüssiges Handeln erfolgte Einwilligung nicht aus 57 . Im Gegensatz zur allgemeinen Datenschutzgesetzgebung sind auch hier die Anforderungen des Statistikrechts strenger: § 4 Abs. 2 BDSG sieht, ebenso wie schon § 3 Satz 2 BDSG I977, die Schriftlichkeit der Einwilligung nur dann vor, wenn "nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen" sei. Als besonderer Umstand wird dann in § 4 Abs. 3 BDSG z.B. die Gefährdung von Forschungszwecken genannt. In § I6 Abs. I Satz 2 Nr. I BStatG sind indessen von der notwendigen Schriftlichkeit der Einwilligung keine Ausnahmen vorgesehen.

4. Einzelangaben aus allgemein zugänglichen Quellen Gemäß § I6 Abs. I Satz 2 Nr. 2 BStatG sind Einzelangaben dann von der statistischen Geheimhaltung ausgenommen, wenn sie aus "allgemein zugänglichen Quellen" stammen und sich auf die in § I5 Abs. I BStatG genannten öffentlichen Stellen beziehen. Dabei handelt es sich um alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Behörden des Bundes und der Länder sowie Gemeinden und Gemeindeverbände. Welcher Personenkreis betroffen ist, ist den jeweiligen einzelstatistischen Gesetzen zu entnehmen. Unerheblich ist dabei, ob die Einzelangaben aufgrund einer in einem einzelstatistischen Gesetz angeordneten Auskunftspflicht in den Bereich der statistischen Ämter gelangt sind. Gern. § I6 Abs. I Satz 2 Nr. 2 BStatG gilt die Ausnahme von der statistischen Geheimhaltung der genannten Einzelangaben der in § I5 Abs. I BStatG bezeichneten öffentlichen Stellen "auch soweit eine Auskunftspflicht aufgrund einer eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift besteht". 55

Dorer/Mainusch!Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 24.

Zur Schriftform und den Anforderungen im Einzelnen vgl. Larenz, Allgemeiner Teil des BGB, § 21 I Buchstabe a. 56

57 A. A.: Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 24 unter Hinweis auf die "Vorgaben" der Datenschutzgesetze; als Beispiel aus der statistischen Praxis vgl. hierzu auch Dreizehnter Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten ftlr den Datenschutz Baden-WUrttemberg, LandtagsDrucks. 11/1060 vom 10.12.1992, 7. Teil, Ziffer 1.2.: Einwilligung zur Übermittlung statistischer Einzelangaben durch das statistische Landesamt an die Tierseuchenkasse als (zulässige) Durchbrechung des Statistikgeheimnisses.

38

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Entgegen der Regelung in einigen Landesstatistikgesetzen58 unterliegen demnach die Einzelangaben von natürlichen oder juristischen Personen sowie sonstigen Personenvereinigungen des Privatrechts gern. § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 2 BStatG (argumentum e contrario) auch dann der statistischen Geheimhaltung, wenn sie inhaltsgleich aus allgemein zugänglichen Quellen, etwa den Massenmedien, aber auch Adreß- und Telefonbüchern59 entnommen werden können. Informationsquellen sind allgemein zugänglich, wenn sie sich sowohl nach ihrer technischen Ausgestaltung als auch ihrer Zielsetzung dazu eignen, einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu vermitteln60• Der Begriff ist nicht identisch mit dem der offenkundigen Tatsache, auf die § 16 Abs. 10 BStatG abstellt61 •

5. Offenkundige Einzelangaben

Daten öffentlicher Stellen, die nicht in allgemein zugänglichen Quellen der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, sowie alle Einzelangaben privater Betroffener, die inhaltsgleich auch allgemein zugänglich sind, sind nach der Regelung des Bundesstatistikgesetzes von der Geheimhaltung nicht ausgeschlossen62 • Für offenkundige Tatsachen63 bei Übermittlungen nach § 16 Abs. 4 BStatG war aber nach Auffassung der Koalitionsfraktionen wie auch der Fraktion der SPD eine Geheimhaltung für überflüssig erachtet worden 64• Diese Auffassung hat dann in § 16 Abs. 10 Satz 2 BStatG ihren Niederschlag gefunden. Dorer/Mainusch/Tubies65 stellen nun zumindest für den Bereich der sog. Dominanzfälle66 die Frage, ob diese bei vorliegender Offenkundigkeit 58 Vgl. z.B. § 14 Abs. I Nr.2 LStatG Baden-Württemberg, der grundsätzlich alle Einzelangaben aus allgemein zugänglichen Quellen von der statistischen Geheimhaltung ausnimmt; ebenso§ 16 Abs. 2 Nr.3 HessLStatG, Art. 17 Abs. I Nr.3 BayStatG.

59

Vgl. Dorer!Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 26.

BVertGE 27, 71 (81, 83); 88 (108); zur weiteren Kasuistik vgl. Dorer!Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 25 f. 60

61

Vgl. unten C.III.4. Buchstabe d.

Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik ftlr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21 , Zu§ 16, Zu Absatz I. 62

63

Naheres vgl. unten C.III.4. Buchstabe d.

Bericht des Innenausschusses zum Entwurf eines BStatG, BT·Drucksache I 0/6666, S. 16, Zu§ 16, Ziffer 15.5; s.a. § 16 Abs. 10 BStatG. 64

65

Dorer!Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 27.

Als sog. Dominanzflllle werden Angaben in statistischen Tabellenwerken verstanden, die trotz Zusammenfassung von Daten mehrer Befragter oder Betroffener diese - etwa aufgrund einer 66

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

39

keiner Geheimhaltung mehr bedürften. § 16 Abs. 10 Satz 2 BStatG bezieht sich jedoch ausdrücklich nur auf die Tabellenwerke nach § 16 Abs. 4 BStatG (vgl. § 16 Abs. 10 Satz 1 BStatG) und damit nur auf die (gesondert durch Rechtsvorschrift anzuordnende) Übermittlung von Tabellen an oberste Bundes- oder Landesbehörden, auch soweit darin Tabellenfelder enthalten sind, die nur einen einzigen Fall aufweisen. Diese Privilegierung der obersten Bundes- oder Landesbehörden kann nicht ohne weiteres auf sämtliche infragekommenden Nutzer der amtlichen Statistik ausgeweitet werden; vielmehr läßt sich der Regelung des § 16 Abs. 10 Satz 2 BStatG (mittels argurnenturn e contrario) entnehmen, daß außer im Falle einer Übermittlung nach § 16 Abs. 4 BStatG auch offenkundige Tatsachen grundsätzlich durch die statistischen Ämter des Bundes und der Länder nicht weitergeleitet werden dürfen, sondern, wenn es sich um Einzelangaben handelt, den Regelungen der statistischen Geheimhaltung unterfallen. Eine ratio legis des Bundesstatistikgesetzes, wonach etwa offenkundige Angaben nicht schutzwürdig seien und aus der statistischen Geheimhaltung herausfielen, gibt es nicht.

6. Voll anonymisierte Einzelangaben a) Normbereich

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG unterfallen Einzelangaben dann nicht (mehr) der statistischen Geheimhaltung, wenn sie dem Befragten oder Betroffenen nicht zuzuordnen sind. Die Regelung entspricht § 11 Abs. 5 BStatG 198067, der schon eine entsprechende Anonymisierung der statistischen Einzelangaben vorausgesetzt hatte68• marktbeherrschenden regionalen Stellung - noch erkennen lassen, vgl. Dorer/Mainusch/Tubies, ebenda; Mainusch, Staat und Wirtschaft in Hessen 1988, 292; näheres hierzu unten C.II.7. Buchstabe e. 67 Vgl. BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik ftlr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21, Zu § 16, Zu Absatz 4. § 16 Abs. 4 Satz I des Entwurfs der Bundesregierung eines Gesetzes über die Statistik fllr Bundeszwecke wurde im Zuge der Beratungen als Nr.4 in § 16 Abs. I Satz 2 BStatG integriert; Mainusch, Staat und Wirtschaft in Hessen 1988, 292. 68 Vgl. BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, Zu § 11 Abs. 1, BT-Drucksache 8/2517, S. 17, worin ausgefilhrt wird, daß zu den in der Regel geheimzuhaltenden Einzelangaben auch alle "nicht einwandfrei anonymisierten Einzelangaben" gehörten; ähnlich schon Monz, StatGes 1953, § 12 Anm. 1 Buchstabe f: "Wenn aber die sachlichen Angaben selbst so verändert werden, daß keine Rückschlüsse mehr möglich sind (was noch zu beweisen wäre), mag es sich gar nicht mehr um geheimzuhaltende Einzelangaben handeln".

40

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Der Normbereich des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG bezieht sich im Gegensatz zu § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG, der auf Aggregate abstellt, auf die Weitergabe statistischer Einzeldatensätze69 • Derartige Mikrodaten sind in der wissenschaftlichen Forschung und politischen Praxis die Grundlage für Fragestellungen, für die evt. vorhandene, aggregierte Angaben nicht oder nur unzureichend brauchbar sind70• So greift die empirische Forschung die z. B. in der Wirtschaftstheorie entwickelten Hypothesen auf und überprüft sie an Hand von Daten der amtlichen Statistik. Die Ergebnisse empirischer Forschung können dabei desto überzeugender sein, je disaggregierter das Datenmaterial der amtlichen Statistik ist71 . Der Zugang zu Individualdaten der amtlichen Statistik ermöglicht dann z.B. der Wissenschaft (im Unterschied zu aggregierten Ergebnissen) den Zusammenhang sozialer Strukturen wie auch (individueller) Lebensverhältnisse und Lebensläufe aufzuzeigen 72 • Die Lieferung von statistischen Einzeldatensätzen eröffnet insoweit einen Weg, mittels der übermittelten Mikrodatenfiles und anband der individuellen Merkmalskombinationen, d.h. der Individualdaten, Analysen zu erstellen73, die

69 Ebenso Mainusch, Staat und Wirtschaft in Hessen 1988, 292; Dorer/Mainusch/J'ubies, BStatG, § 16 Rdnr. 30, die auf§ 31 Abs. I Nr.2 BDSG 1977 als Legaldefinition verweisen, der die Anonymisierung als Verlinderung personenbezogener Daten mit dem Ergebnis, daß sich diese Daten weder auf eine bestimmte Person beziehen, noch eine solche erkennen ließen, ansah. Eine Deanonymisierung der Daten oder Rückschlüsse auf den Betroffenen mußten demnach ausgeschlossen sein, Mallmann in: Similis u.a., BDSG, 3. Auflage, § 31 Rdnm. 26 f. , 29, § 36 Rdnm. 9ff. Eine Heranziehung der derzeit gültigen Legaldefinition des Bundesdatenschutzgesetzes filr den Begriff des "Anonymisierens" filr die Auslegung des § 16 Abs. I Satz 2 Nr.4 BStatG ist allerdings nicht möglich, da § 3 Abs. 7 BDSG gerade aus dem Statistikrecht in das Bundesdatenschutzgesetz übernommen wurde, vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesdatenschutzgesetzes, BT-Drucksache 618/88, S. 106, Zu § 3 Abs. 5; Vorbild filr die Regelung des § 3 Abs. 7 BDSG war§ 16 Abs. 6 BStatG, gegenüber dem§ 16 Abs. I Satz 2 Nr.4 BStatG allerdings gesteigerte Anforderungen enthält, vgl. Auemhammer, Textausgabe BDSG, § 3 Rdnm. 17 ff. sowie unten C.III.3. 70 Bei Mikrodaten handelt es sich um (meist computerlesbare) Daten, die sich unmittelbar auf die Erhebungseinheiten beziehen. Handelt es sich z.B. um Personen, so sind dies alle Daten, die sich auf die Personen direkt beziehen, Brennecke, in: Stäglin/Wagner u.a., Tagungsbericht, S. 91, 94 FN 1). 71 Schwa/bach in: Stäglin/Wagner u.a., Tagungsbericht, S. 95; vgl. auch Dammann in: Similis u.a., BDSG, 3.Autl., § 2 Rdnr. 23.

72 Zapf in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 3, S. 38 (45 f.) verweist z.B. auf sog. "PfadAnalysen oder log-lineare Modelle" die aufgrund des üblichen Tabellenprogramms der amtlichen Statistik nicht erstellt werden können. 73

Zapf, ebenda.

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

41

ohne Zugang zu Mikrodatenbeständen der amtlichen Statistik nur durch eigene (zusätzliche) Erhebungen ermöglicht würden 74. Die gern. § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG nicht (mehr) zuzuordnenden statistischen Einzelangaben dürfen an einen unbegrenzten Empfängerkreis und ohne weitere Verwendungsschranke weitergegeben werden 75 . Es liegt auf der Hand, daß an derartige Mikrodatensätze, die für einen nicht abgegrenzten und in seiner Zusammensetzung nicht bekannten Kreis von Personen zugänglich sein sollen, andere Kriterien bezüglich einer möglichen Zuordnung zu stellen sind, als an einen Datensatz, der nur fur einen abgegrenzten Empfängerkreis bestimmt ise6 .

b) Anonymisierung

aa) Beseitigung der Personen- bzw. Institutionenbeziehbarkeil

Die Veränderung von Datensätzen von der Individualität einer einzelnen Person - im Statistikrecht einer befragten natürlichen oder juristischen Person oder eines "Betroffenen" - hin zu einem Datensatz, der diesen nicht mehr zuzuordnen ist, wird als "anonymisieren" bezeichnet77 • Die Anonymisierung hat folgedessen die Aufgabe, die Personen- resp. lnstitutionenbeziehbarkeit von Datensätzen zu beseitigen und dabei deren Informationsgehalt betreffend die einzelnen Merkmalsträger weitestgehend zu erhalten78. Das bedeutet in der Regel Verkürzung, nicht Veränderung der Mikrodaten.

74 Vgl. Preißl in: Stäglin/Wagner u.a., Tagungsbericht, S. 99. Stäglin!Wagner, Allgemeines Statistisches Archiv, 75. Band (1991), 208 (212), ftlhren aus, daß Mikrodatennutzung schon deshalb nicht das Monopol der amtlichen Statistik sein könne, weil sie dadurch weder ihrem Auftrag nach minimaler Belastung der Auskunftspflichtigen noch dem Anspruch, Bestandteil der informationeilen Infrastruktur der Gesellschaft zu sein, gerecht werden könne.

15 Anders die Übermittlungsregelungen der Absätze 2 bis 6 des § 16 BStatG, die neben den jeweiligen Verwendungsschranken ftlr Empfllnger außerhalb der amtlichen Statistik noch die verlängerte Geheimhaltung nach § 16 Abs. 10 BStatG vorsehen; zur Übermittlung der sog. faktisch anonymisierten Einzelangaben an Hochschulen und sonstige Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung, s.u. C.III.3. 76

Vgl. Hammerbacher ,DuD 1982,284.

Vgl. Dammann in: Simitis u.a., BDSG, 3. Auflage, § 2 Rdnr. 38; Auernhammer, BDSG, § 31 Rdnr.5; vgl. aber jetzt Legaldefinition des§ 3 Abs. 7 BDSG; Rihaczek, DuD 1987, 137, weist darauf hin, daß der griechische Ursprungsbegriff "ohne Namen" bedeute, gemeint sei aber "dem Namen nach unbekannt". 77

78

Vgl. Ziegler, S. 66.

42

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Fraglich ist jedoch, welcher Grad an Anonymität geboten ist, d.h. mit welchem Maß an Sicherheit Reidentifikationsmöglichkeiten ausgeschlossen werden müssen. Ein erster Blick in die diesbezügliche juristische Begriffswerkstatt79 läßt eine weitgehende Unschärfe bis hin zur unterschiedlichen rechtlichen Auslegung der in Frage stehenden Begrifflichkeilen erkennen.

bb) Terminologie der Rechtsprechung Die Terminologie der Rechtsprechung erscheint uneinheitlich. aaa) Bundesverfassungsgericht So spricht das BVerfG im Volkszählungsurteil davon, daß für den Schutz des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung die strikte Geheimhaltung der zu statistischen Zwecken erhobenen Einzelangaben unverzichtbar sei, "solange ein Personenbezug noch besteht oder herstellbar ist"80; erst die gesetzlich abzusichernde Abschottung der Statistik "durch Anonymisierung der Daten und deren Geheimhaltung, soweit sie zeitlich begrenzt noch einen Personenbezug aufweisen, öffnet den Zugang der staatlichen Organe zu den fllr die Planungsaufgaben erforderlichen Informationen"81. Das "Prinzip der Geheimhaltung und möglichst frühzeitigen Anonymisierung der Daten" sei nicht nur zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung vom Grundgesetz gefordert, sondern auch fllr die Statistik selbst konstitutiv82. Mit Hinweis auf das Volkszählungsurteil wird dann später83 ausgefllhrt, daß das Recht auf informationeile Selbstbestimmung angesichts der verfassungsrechtlichen Bedeutung der amtlichen Statistik (Art. 73 Nr. 11 GG) nicht absoluten Geheimnisschutz fordern könne, "sondern die Herstellung relativer, faktischer Anonymisierung ausreichen läßt, aber auch verlangt". So trage z.B. das Volkszählungsgesetz 198784 dem "Gebot der möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung grundsätzlich hinreichend Rech79

Wdchter, DuD 1990, 343 (344).

80

BVerfGE 65, I (49).

81

BVerfGE 65, I (49f.).

BVerfGE 65, 1 (51). BVerfG, Beschluß vom 15. Apri11988- I BvR 222/88- UmdruckS. 5 f. 84 Gesetz Ober eine Volks-, Berufs-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung (Volkszählungsgesetz 1987- VZG) vom 8. November 1985 (BGBI. I S. 2078). 82 83

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

43

nung"85 . Auch erlaubten die abschließenden Weitergabe- und Veröffentlichungsregelungen des Volkszählungsgesetzes 1987 grundsätzlich keine Weitergabe oder Veröffentlichung "personenbeziehbarer Einzeldaten" an nicht dem Statistikgeheimnis und sonstigen Sicherheitsvorkehrungen unterworfene Dritte86. Völlig im Dunkeln bleibt der Sinn der Ausruhrungen des BVerfG87 zu § 14 Abs. 5 VZG, wonach diese Vorschrift - ähnlich wie § 15 Abs. 4 Satz 4 VZG - die Bekanntgabe "nicht (unmittelbar) personenbezogener Einzeldatensätze" regele und das "vorgegebene Mindestaggregationsniveau eine Deanonymisierung faktisch ausschließt". § 14 Abs. 5 VZG regelt die Veröffentlichung statistischer Daten durch die statistischen Ämter bis zur Ebene der Gemeinden bzw. der Gemeindeteile mit mindestens filnfzig Arbeitsstätten, und zwar insoweit, daß diese statistischen Ergebnisse auch dann veröffentlicht werden dürfen, wenn sie Einzelangaben enthalten88. Bei der Veröffentlichung von statistischen Einzelangaben kann jedoch von einem "Mindestaggregationsniveau" nicht mehr gesprochen werden89. Schließlich spricht das BVerfG davon, daß das Recht auf informationeile Selbstbestimmung den einzelnen nicht davor schütze, daß "hinreichend anonymisierte" Ergebnisse statistischer Erhebungen filr Planungen (oder nicht unmittelbar personenbezogene Verwaltungsvollzugsmaßnahmen) verwendet würden 90• Von Verfassungs wegen gefordert sei lediglich "eine

85

BVerfG, NJW 1988,959.

BVerfG, NJW 1988, 961 (962); BVerfG, Beschluß vom 28. September 1987- I BvR 1148/87- UmdruckS. 4 f. 86

87

BVerfG, ebenda.

Hierin unterscheidet sich § 15 Abs. 4 VZG grundlegend von § 14 Abs. 5 VZG. Während letzterer tatsächlich die Veröffentlichung von Einzelangaben (bestimmter Erhebungsmerkmale und unter bestimmten Voraussetzungen) normiert, untersagt§ 15 Abs. 4 Satz 3 VZG gerade eine uneingeschränkte Veröffentlichung. § 15 Abs. 4 Satz 3 VZG sieht zwar eine Veröffentlichungsmöglichkeit bis auf die Ebene einer Blockseite (d.h. innerhalb eines Gemeindegebietes die Seite mit gleicher Straßenbezeichnung von der durch Straßeneinmündungen oder vergleichbarer Begrenzungen umschlossenen Fläche) vor; gern. § 15 Abs. 4 Satz 4 VZG müssen die Gliederungseinheiten Blockseite aber jedenfalls dann, wenn sie Einzelangaben enthalten, die dem Auskunftspflichtigen oder Betroffenen zuzuordnen sind, zu höheren Einheiten zusammengefaßt werden. Eine derartige Restriktion beinhaltet § 14 Abs. 5 VZG gerade nicht. 88

89 Aggregation bedeutet immer Zusammenfassung von Einzelangaben. So versteht man unter Aggregation verschiedene Verfahren, Mikrodaten so zusammenzufassen, daß sie sich auf Teilgruppen (Mesodaten) oder eine Gruppe (Makrodaten) beziehen, vgl. Brennecke in: Stäglin/Wagner u.a., Tagungsbericht, S. 91 FN 2. 90

BVerfG, NJW 1988,962 (964).

44

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

faktische Anonymität" der Daten91 . Andererseits soll jedoch die "Grenze der Reanonymisierbarkeit" nicht überschritten werden92 •

bbb) Rechtsprechung anderer Gerichte Das Harnburgische Oberverwaltungsgericht93 führt (für den Bereich des Mikrozensusgesetzes94) aus, daß hier die Anonymität "hinreichend gewährleistet" sei; die Beurteilung, ob die Identifizierung des Auskunftspflichtigen und die mißbräuchliche Verwendung der von ihm erteilten Auskünfte ausgeschlossen sei, habe sich allein an der Lebenswirklichkeit zu orientieren. Theoretische Berechnungen und Experimente von Informatikern vernachlässigten die tatsächlichen Bedingungen und Möglichkeiten einer Reidentifizierung, insbesondere die organisatorischen und technischen Vorkehrungen zur Datensicherung innerhalb der statistischen Ämter und das Erfordernis, daß Zusatzwissen zur Verfügung zu stehen habe, und unterstellten regelmäßig strafbare und amtspflichtwidrige Handlungen von Bediensteten. Die (sehr naheliegende) Möglichkeit, aufgrund der Kenntnis des Geburtsdatums einer Person sowie weiterer Erhebungsmerkmale wie Jahr der Eheschließung, Geburtsjahr der Kinder, diese aus einem Datenbestand herauszufiltern, sei als eine "derart fernliegende, durch Auswertung des anonymisierten Materials eröffnete Möglichkeit der Reidentifikation hinzunehmen"95 • Der VGH München96 führt (am Beispiel der Volkszählung) aus, daß eine statistische Erhebung in drei Phasen verlaufe: Erstens der eigentliche Erhebungsvorgang, zweitens eine Ordnung des Materials nach regionalen Kriterien, drittens die Erstellung von Tabellenwerken als eigentliches Ziel statistischer Bemühungen. So beinhalteten die Datensätze schon in Phase 2 keine Namen und Anschriften mehr; erst in Phase 3 sei jedoch jeder Individualbezug verschwunden, und es lägen "nur noch anonyme Daten" vor.

91

BVerfG, NJW 1987,2805 (2807); 1988, 962 (963).

92

BVerfG, NJW 1988, 962 (964).

OVG Hamburg, Beschluß vom 3. Mai 1990- OVG BS 111351/89- UmdruckS. 4 f.; OVG Hamburg, Beschluß vom 12. Juli 1989 - OVG Bs 111 218/89 - Umdruck S. 5; OVG Hamburg, Beschluß vom 31. Mai 1988 - OVG Bs IV 31/88 - Umdruck S. 8. 93

94 Mikrozensusgesetz vom 10. Juni 1985 (BGBI. I S. 955), geändert durch Art. I des Gesetzes vom 17. Dezember 1990 (BGBI. I S. 2837). 95

OVG Hamburg, NJW 1986,3100 (3101).

96

VGH München, NJW 1987, 2831 ff.

Il. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

45

Das VG Stuttgart97 will gar die Datensätze der Mikrozensuserhebung nach Trennung der Hilfs- und Erhebungsmerkmale und Löschung der Ordnungsnummern gern. § 11 Abs. 3 MZG "als nicht reidentifizierbar" ansehen. Das VG Hannover98 meint, "im nicht 'aggregierten' Zustand" gelangten statistische Daten "nicht aus dem Bereich von besonders filr die Aufbereitung filr zuständig erklärten Beschäftigten des öffentlichen Dienstes hinaus"99.

cc) Literatur

Auch die Ausfilhrungen in der Literatur zu diesem Problemkreis sind uneinheitlich. So wird z. T. unter Berufung auf Brunnstein 100 die These vertreten, daß nur ganz wenige Merkmale genügten, Einzelpersonen aus sehr großen Populationen herauszufiltem. Die Möglichkeiten einer solchen Deanonymisierung seien hinreichend deutlich gemache01 • 97 VG Stuttgart, Urteil vom 15. September 1987 - 13 K 1185/87 - Umdruck S. 7. Das VG Stuttgart scheint anzunehmen, daß nach der Löschung der Ordnungsnummer gern. § 11 Abs. 3 MZG auch jeder Bezug zwischen Person, Haushalt und Wohnung gelöscht wird. Eine Löschung der Ordnungsnummer kann jedoch erst erfolgen, wenn feststeht, welche Haushalte in einer Wohnung leben und aus wie vielen Personen sich ein Haushalt zusammensetzt; diese Zusammenhänge müssen ftlr die statistische Auswertung auf Dauer erhalten bleiben, vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Mikrozensusgesetzes, BT-Drucksache 10/2600 vom 10. Dezember 1984, Zu§ II , Zu Abs. 3. 98

VG Hannover, Beschluß vom 4. Mai 1987-10 VG A 121/87- UmdruckS. 5 f.

Dies ist bezüglich der Regelungen des § 16 Abs. I Satz 2 Nr.l, 2 und 4 sowie Abs. 6 BStatG jedenfalls insoweit rechtsirrig, als eine Aggregierung der zu übermittelnden oder dem Statistikgeheimnis nicht unterfallenden Einzelangaben nicht vorgesehen ist. 99

100

Appe/ in: Kutscha/Paech u.a., S. 45,51 f., ebenso Hauck-Scho/z, NJW 1987, 2769,2772.

Dähne/Holländer/Kutscha in: Kutscha/Paech u.a., S. 235, 242; a.A. OVG Koblenz, Beschluß vom 9. November 1987 -13 B 390/87- UmdruckS. 18, das unter Hinweis auf empirische Untersuchungen von Brunnstein, wonach Personen zum Teil mit sehr wenigen Merkmalen zu reidentifizieren seien, diese als nicht überzeugend verwirft. Insbesondere gäben derartige Modellversuche die technischen Möglichkeiten zwar zutreffend wieder, vernachlässigten aber gänzlich die vielfllltigen Sicherungssysteme bei den statistischen Ämtern, die solchen Mißbrauch gerade ausschlössen. Kritisch auch Seegmüller, DuD 1987, 329, der den Autoren Fischer-Hübner und Brunnstein entgegenhält, ihr Recherche-Experiment an einem synthetischen Bevölkerungsmodell sei lediglich eine Fleißarbeit zur Reproduktion ohnehin bekannter Sachverhalte. Insbesondere die unterstellte kriminelle Handlungsweise von Mitarbeitern der statistischen Ämter entbehre jeder sachlichen Grundlage. 101

46

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Die Vorschrift des § 9 Abs. 4 VZG 1983, Einzelangaben ohne Namen und Anschrift für wissenschaftliche Zwecke weiterzugeben, wird von Hase102 als Möglichkeit bezeichnet, "schwach anonymisierte Daten" weiterzugeben. Simitis 103 bezeichnet hingegen die Übermittlung von personenbezogenen Daten im Rahmen von Forschungsvorhaben als "zumeist nur Durchgangsstation zu dem eigentlichen, streng anonymisierten Informationsmaterial". Andere sprechen von der Notwendigkeit einer "ausreichenden" bzw. ,juristisch ausreichenden" Anonymisierung 104 oder sehen fllr den Bereich der empirischen Sozialforschung bzw. dort übliche Umfragen das "Restrisiko einer Entanonymisierung als praktisch gleich Null" 105 an. Karaus wiederum spricht (im Zusammenhang mit § 11 Abs. 5 BStatG 1980) von der Notwendigkeit, eine "ausreichende Anonymität des einzelnen"106 zu garantieren, Müller u.a. 107 bezeichnen die "absolute" Anonymität als Voraussetzung einer Datenweitergabe nach § II Abs. 5 BStatG 1980. Tinnefeld/Tubies regen an, nur von einer "relativen bzw. faktischen Anonymisierung" zu sprechen, da sich eine "absolute Anonymisierung" nie erzielen lasse 108• Grobmann spricht (im Zusammenhang mit der Regelung des späteren § 16 Abs. 6 BStatG) vom Erfordernis faktischer anstelle "totaler Anonymität"109; weiter wird ausgeführt, je deutlicher der Akzent in Richtung auf die Mikroplanung verschoben werde, desto schwieriger sei es, die statistischen Daten "wirklich zu anonymisieren" 110. Der Begriff der faktischen Anonymisierung sei sowohl von dem der "völligen (mathematischen) Anonymisierung"111 wie auch einer sog. "statistischen Anonymisierung", bei der lediglich einer oder alle ldentifikatoren (Name, Adresse, etc.) aus dem Datensatz entfernt würden, zu unterscheiden.

102

Hase, DuR 1984,39 (44).

103

Similis in: Meyer/Siolleis u.a., HessStVwR, I. Aufl., S. III (123).

104

Paaß in: Forum der Bundesstatistik Bd. 5, S. 89 (100); Hammerbacher, DuD 1984, 181.

105

Scheuch in: Forum der Bundesstatistik Bd. 5, S. 121 (129 f.).

106

Karaus, 137.

107

Müller u.a. in: Forum der Bundesstatistik Bd. 19, S. 8.

108

Tinnefeld/Tubies, 41.

109

Grohmann in: Forum der Bundesstatistik Bd. 9, S. 210 (214).

110

Vgl. Similis, NJW 1984, 398 (404).

111

Hauck-Scho/z, NJW 1987, 2769 (2772).

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

47

Lullies 112 will gar statistisch aufbereitete mit anonymisierten Daten gleichsetzen. Vor einer "endgültigen Anonymisierung seien die Daten innerhalb eines abgegrenzten Bereichs zu halten, die Veröffentlichung solle dann nur in "absolut anonymisierter und aggregierter Form" 113 erfolgen.

c) Differenzierung zwischen der sogenannten Innen- bzw. Außenanonymisierung

aa) Innenanonymisierung

In Anlehnung an die Terminologie des Innenausschusses des Deutschen Bundestages 114 soll der nach § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 4 BStatG notwendige Grad der Anonymität von statistischen Einzeldatensätzen im folgenden als "voll anonymisierte Einzelangaben" bezeichnet werden. Angesichts der terminologischen Vielfalt in Literatur und Rechtsprechung erscheint es notwendig, zunächst - in Anlehnung an v. Amim 115zwischen einer sogenannten Innen- resp. Außenanonymisierung als zwei Kategorien zu differenzieren. Die "Innenanonymisierung" soll die Gefahr mindern, daß es trotz Statistikgeheimnis und Abschottung der statistischen Ämter des Bundes und der Länder durch organisatorische und verfahrensrechtliche Refelungen zu einem Mißbrauch von statistischen Einzelangaben kommt 11 • Sie stellt daher lediglich einen zusätzlichen Schutz gegen Mißbrauchsmöglichkeiten dar und erfordert zunächst die möglichst frühzeitige Trennung der Hilfsmerkmale (von den Erhebungsmerkmalen), deren gesonderte Aufbewahrung sowie Löschung nach Abschluß der Plausibilitätsprüfungen, §§ 10 Abs. 1, 12 BStatG. Diese Verpflichtung der statistischen Ämter während der "Durchfilhrung und Organisation der Datenerhebung und - ver112 Lu/lies, Beiträge zur Hochschulforschung 1985, I (41 ), der ausfuhrt, daß bei Daten die "bereits statistisch aufbereitet, d.h. anonymisiert sind", Weiterleitungs- und Verwertungsverbote zweckwidrig wären. Er beruft sich hierbei allerdings zu Unrecht auf das Volkszahlungsurteil des BVerfD, das sehr deutlich zwischen einer Weitergabe von erhobenen Daten ..~ ihrer Anonymisierung ~statistischen Aufbereitung" unterscheidet; vgl. BVerfDE 65, I (51).

113

Lullies, Beiträge zur Hochschulforschung 1985, 1,(59).

114

Vgl. BT·Drucksache 10/6666, S. 15, Ziffer 15.2; ebenso Groß, AöR 113 (1988), 161

(190).

115 Vgl. v. Arnim, Volkszahlungsurteil und Stlldtestatistik, 64 ff., ihm folgend Groß, AöR 113 (1988), 161 (190 f.). 116

BVerfDE, 65, I (49).

48

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

arbeitung" wird vom BVerfG als "Gebot einer möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung, verbunden mit Vorkehrungen gegen eine . . "beze1c . hnet 117. Deanonymisierung Daß diese so zu definierende Innenanonymisierung einen anderen Stellenwert118 besitzt als die Außenanonymisierung, die die Übermittlung und Veröffentlichung von statistischen Angaben betrifft, wird auch vom VGH Mannheim 119 bestätigt, wonach zu berücksichtigen ist, daß die reidentifizierbaren Daten sich während dieser Phase des Datenverarbeitungsprozesses noch im Bereich von abgeschotteten statistischen Ämtern befinden.

bb) Außenanonymisierung Wenn statistische Daten aus dem abgeschotteten Bereich der statistischen Ämter übermittelt oder veröffentlicht werden sollen, ist in den Fällen, in denen die statistische Einzelangabe nicht mehr (oder nur unter unverhältnismäßig großem Aufwand) zuzuordnen sein soll, von "Außenanonymisierung"120 zu sprechen, § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Abs. 6 BStatG. Eine mangelhafte Anonymisierung ist in diesem Bereich daher gleichbe117 BVerfG, ebenda. Im Gegensatz zur Auffassung von Groß, AöR 113 (1988), 161 (190 FN 135), gebraucht das BVerfG den Begriff "einer möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung" nicht "auch", sondern mu: filr den Bereich der Innenanonymisierung. Dies wird neben den Äußerungen im Volkszählungsurteil auch in späteren Kammerbeschlüssen deutlich, wo das "Gebot der möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung" mit dem Datenverarbeitungsprozeß innerhalb der statistischen Ämter, nichtjedoch im Zusammenhang mit der Weitergabe (Veröffentlichung oder Übermittlung) statistischer Ergebnisse erörtert wird, vgl. BVerfG, Beschluß vom 15. April 1988 -1 BvR 222/88- Umdruck S. 5 f.; BVerfG, NJW 1988, 959, 963; insoweit wird dann vom BVerfG auch nicht das ,,herkömmliche Verständnis des Begriffs der faktischen Anonymität aufgegeben" (so aber Groß, AöR 113 (1988), 161 (190 FN 135), Ziegler, 67), sondern es äußert lediglich explizit die Selbstverständlichkeit, daß die in den statistischen Ämtern vorgehaltenen Daten auch nach Trennung der Hilfs- von den Erhebungsmerkmalen personenbeziehbar (oder auch institutionenbeziehbar) bleiben. Dies gilt jedenfalls filr diejenigen Mitarbeiter, die datensicherungstechnisch die Möglichkeit der (Wieder)-Zusammenfilhrung einzelner Datensätze mit den Hilfsmerkmalen besitzen, vgl. BVerfG, NJW 1987, 2805 (2807); 1988, 959; 1988, 962 (963). Vgl. hierzu auch Zehnter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten filr den Datenschutz vom l. Januar 1988, BT-Drucksache 1111693, Ziffer 10.1.9, der davon ausgeht, daß das hierzu notwendige Korrektiv die Strafbarkeit der Reidentifizierung sowie die Verpflichtung der Mitarbeiter in den Ämtern auf das Statistikgeheimnis (§ 9 Abs. 2 VZG bzw. § 16 BStatG) sowie die Strafbarkeit einer unbefugten Offenbarung (§ 203 Abs. 2 StGB) sei; vgl. auch Schenke, NJW 1987,2777 (2781).

118

V. Arnim, Volkszählungsurteil und Städtestatistik, S. 65.

119

Vgl. VGH Mannheim, NJW 1988,986.

120 Vgl. v. Arnim, Volkszählungsurteil und Städtestatistik, 64 ff., der auch von "außengerichteter Anonymisierung" spricht.

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

49

deutend mit der Gefahr der Reidentifikation, des Bekanntwerdens von statistischen Einzelangaben 121 . Für den Regelungsbereich der "Außenanonymisierung" von Mikrodaten enthält das Volkszählungsurteil des BVerfG jedoch nur die Äußerung (unter Hinweis auf§ II Abs. 5 BStatG 1980), daß es nicht erkennbar sei, daß das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt sein könnte, "wenn die erhobenen Daten nach ihrer Anonymisierung ( ... )von statistischen Ämtern anderen staatlichen Organen oder sonstigen Stellen zur Verfügung gestellt" 122 würden. Unter Bezugnahme auf die Erstellung von Persönlichkeitsbildern geht das BVerfG weiterhin davon aus, daß die Aufbereitung der Individualdaten durch die amtliche Statistik "immer zu einer ,strukturierten' anonymen Form führen muß" 123 • Alle sonstigen, im Zusammenhang mit dem "Gebot möglichst frühzeitiger (faktischer) Anonymisierung" stehenden Äußerungen im Volkszählungsurteil und den nachfolgenden Kammerbeschlüssen des BVerfG 124 stehen nicht in Zusammenhang mit der hier zu erörternden "Außenanonymisierung" von Mikrodatensätzen 125 .

d) § 11 Abs. 5 BStatG 1980

aa) Enge Auslegung

Die Ausnahmeregelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG, wonach statistische Einzeldatensätze dann nicht geheimzuhalten sind, wenn sie dem Befragten oder Betroffenen nicht (mehr) zuzuordnen sind, ist die Nachfolgenorm des § 11 Abs. 5 BStatG 1980 126 • Schon nach der damali121

V. Arnim, ebenda.

122

BVerfUE 65, I (51).

123

BVerfUE 65, I (53 t).

124

Rechtsprechungsnachweise s. o . C. Fußnote 117.

Zur Bezugnahme des BVerfU in diesem Zusammenhang auf§ 16 Abs. 6 BStatG vgl. unten C.III 3. Buchstabe d; zweifelnd filr den Bereich der Weiterleitung von Einzelangaben auch Schenke, NJW 1987, 2777 (2781); a.A. Ziegler, 66 f. der annimmt, die Äußerungen des BVerfU in den jüngeren Kammerbeschlüssen zum Volkszählungsgesetzes 1987 bezögen sich (im Gegensatz zum Volkszählungsurteil) nicht mehr auf die Innen-, sondern die Außenanonymisierung. 125

126 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik filr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21, Zu § 16, Zu Absatz 4; § 16 Abs. I Satz 2 Nr.4 BStatG entspricht§ 16 Abs. 4 Satz 1 des Entwurfs der Bundesregierung, vgl. Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucksache 10/6666, Ziffer 15.2. Eine materielle Änderung war damit nicht bezweckt. Seinerzeit entwickelte Anonymisierungsrichtlinien können daher weiter berücksichtigt werden.

4 Pappenhäger

50

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

gen Grundsatzregelung durften die so anonymisierten Einzelangaben an einen unbegrenzten Empfängerkreis weitergegeben werden; das BVerfG hat durch die Bezugnahme auf § 11 Abs. 5 BStatG 1980 127 deutlich gemacht, daß hiergegen verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen. Derart anonymisierte statistische Einzelangaben unterfallen nicht mehr dem Schutzbereich des Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung resp. des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Angesichts des hohen Stellenwertes des Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung und der statistischen Geheimhaltung - vom BVerfG selbst als konstitutiv für die amtliche Statistik bezeichnee28 - ist § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG als Ausnahmeregelung zur statistischen Geheimhaltung jedenfalls eng auszulegen 129• Zu beachten ist weiterhin, daß § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG- im Gegensatz zu den Übermittlungsregelungen des § 16 Abs. 2 bis 6 BStatG - einen unbeschränkten Zugang für jedermann, gleich ob Behörden, Wissenschaft, Wirtschaft oder Privatpersonen, ermöglicht 130.

bb) Die sogenannte formale Anonymisierung

Ausgeschlossen werden kann zunächst eine dem Schutzstandard des

§ 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG genügende Anonymität durch eine gele-

gentlich so genannte "formale Anonymisierung" 131, etwa die Entfernung von sog. direkten Identifikationsmerkmalen bei statistischen Einzelangaben aus dem Datensatz eines Haushalts bei der Mikrozensuserhebung (z. B. Vor- und Familienname der Haushaltsmitglieder, Telefonnummer, 127 Vgl. BVertUE 65, 1 (51); ähnlich schon Hammerbacher, DuD 1982,284, der ausftlhrt, daß es nach erfolgter Anonymisierung einen Betroffenen nicht mehr geben könne. 128

BVertU, ebenda.

129

Vgl. Karaus, 128.

° Karaus, 123, 127 f. zieht daraus den Schluß, daß bei einer Veröffentlichung dem Recht des

13

einzelnen auf Anonymitll.t eine größere Bedeutung zukommen müsse als bei der Weitergabe von Daten an eine anfordernde Stelle. Die Veröffentlichung von Daten stelle ftlr den einzelnen "den intensivsten Eingriff" dar. Für die gern. § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr.4 BStatG anonymisierten Einzelangaben ist dieser Gedankengang jedenfalls dann nicht zutreffend, wenn man sich auf den Standpunkt des BVertU stellt, wonach die Veröffentlichung oder Weiterleitung anonymer Daten keinen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des einzelnen mehr darstellt, vgl. BVertUE 65, 1 (51). 131 Paaß, Forum der Bundesstatistik, Bd. 5, S. 89; Paaß/Wauschkuhn, S. 1, 9; Bizer, S. 151 f.; Hauck-Scholz, NJW 1987, 2769 (2772 f.), bezeichnet die Entfernung lediglich der Identifikatoren aus dem Datensatz als "statistische Anonymisierung", kommt aber gleichwohl zu dem Ergebnis, daß jedenfalls bezogen auf eine Weiterleitung von statistischen Daten dieser Prozeß nicht als Anonymisierung bezeichnet werden kann.

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

51

Straße und Hausnummer). Daß eine derartige "formale" Anonymisierung an der Personenbezogenheit von statistischen Einzelangaben (insbesondere von Mikrodatensätzen) noch nichts ändert, läßt sich auch an den Ausführungen des BVerfG im Volkszählungsurteil zu § 9 Abs. 3 VZG 1983 erkennen132, wonach die "erhobenen personenbezogenen Daten ohne Namen" den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden sollten und dies als Übermittlung von "(personenbezogenen) Einzelangaben" gewertet wurde. Anläßtich des Projektes AIMIPH 133 wurde von Paaß/Wauschkuhn ohnehin empirisch nachgewiesen, daß Mikrodaten auch ohne Identifikationsmerkmale mit Reidentifikationsrisiken behaftet sind. So zeigte sich u.a., daß eine Freigabe der Ergebnisse der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe mit sämtlichen (Erhebungs-) Merkmalen dann zu einem hohen Identifikationsrisiko führt, wenn der Angreifer über umfangreiches Zusatzwissen verfüge34 • Da der Empfängerkreis von Einzelangaben nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG jedoch keinerlei Restriktionen unterliegt, läßt sich der Umfang evtl. vorhandenen Zusatzwissens nicht einschätzen oder gar einschränken.

e) Maß an Re-Identifikationssicherheit

aa) Ausschluß der Möglichkeiten der Deanonymisierung

Zu fordern ist daher für die Herausnahme der gern. § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG voll anonymisierten Einzelangaben 135 aus der statistischen Geheimhaltung ein jedenfalls gegenüber den Anforderungen des § 16 Abs. 6 BStatG gesteigerter Grad an Anonymisierung 136 Warum dies "bei Anlegung vernünftiger Maßstäbe" nach Dorer/ Mainusch/Tubies 137 allerdings "keine absolute Anonymisierung in dem Sinn, daß jede theoretisch denkbare Wiederherstellung des Personenbezugs ausgeschlossen" sein müsse, verlangt, bleibt unklar. Auch wenn man da132 BVerfUE 65, 1 (66); im Ergebnis ebenso: Bu/1/Dammann, DÖV 1982, 213 (216); a.A. offenbar Schneider, DÖV 1984, 161 (163), der die diesbezUgliehen Ausftlhrungen des BVerfU kritisiert. 133

Paaß!Wauschkuhn, S. V, zu den einzelnen Reidentifikationsexperimenten s. S. l2 ff.

134

Paaß!Wauschkuhn, S. 14.

Vgl. Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Gesetzes Uber die Statistik filr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/6666, Ziffer 15.2. 135

4*

136

Ebenso Dorer/Mainuschffubies, BStatG, § 16 Rdnr. 28; Ziegler, S. 66.

137

Dorer/Mainuschffubies, ebenda.

52

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

von ausgeht, daß § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 4 BStatG die verfassungsrechtlichen Anforderungen bei weitem übertrifft 138, weil der vom BVerfG geforderte Grad der Anonymität sich eher in der Formulierung des § 16 Abs. 6 BStatG wiederfinde, so ist der Wortlaut als Grenze der eigentlichen Auslegung139 im vorliegenden Fall jedenfalls nicht mittels einer "verfassungskonformen" Auslegung zu unterschreiten, die den Anonymisierungsstandard in Richtung auf die Regelung des § 16 Abs. 6 BStatG senkt. Der Gesetzgeber hat hier vielmehr sein Konkretisierungsprimae 40 dergestalt wahrgenommen, daß er statistische Einzelangaben nur dann generell von der Geheimhaltung ausnehmen wollte, wenn diese dem Befragten oder Betroffenen nicht mehr zuzuordnen sind. Der philologische Wortsinn des Normtextes unterscheidet sich insoweit deutlich von dem des § 16 Abs. 6 BStatG, der auch systematisch in einem anderen Zusammenhang steht und die Übermittlung an einen begrenzten Kreis von Amtsträgern, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder gesondert auf das Statistikgeheimnis zu verpflichtenden Empfangerkreis regelt (vgl. § 16 Abs. 6 letzter Halbsatz, Abs. 7 BStatG). Es kann dahingestellt bleiben, ob man diesen Grad an Anonymität als "völlige (mathematische) Anonymisierung" 141 bezeichnen will; jedenfalls ist, angesichts des Charakters der Norm als Ausnahmevorschrift zur Weitergabe auch statistischer Mikrodaten an jedermann, ein Maß an Reidentifikationssicherheit zu fordern, das - unabhängig von dem beim Datenempfänger vorhandenen Zusatzwissen oder den beim Empfänger gegebenen technischen Möglichkeiten sowie unabhängig vom Verwendungszweck eine Deanonymisierung unter allen denkbaren Umständen ausschließt. Der insoweit "voll anonymisierte" Datensatz darf dann allenfalls noch für denjenigen reidentifizierbar sein, der den ursprünglichen identifizierbaren (personen- oder institutionenbezogenen) Datensatz kennt und weiß, wie dessen Anonymisierung bewirkt wurde 142• Da sich derartige Kriterien nicht generell fur alle infragekommenden Statistiken aufstellen lassen, bedarf es jeweils der Prüfung im Einzelfall. 138

Zieg/er, S. 67; Groß, AöR 119 (1988), 161 (190).

Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 324; vgl. auch Gern, VerwArchiv 80. Band (1989), S. 415 (426 f.). 139

140

Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 341.

Hauck-Scholz, NJW 1987, 2769 (2779); ablehnend Hammerbacher, DuD 1984, 181 (182), der meint, daß nicht eine "etwa mathematisch-theoretische exakte (absolute) Anonymisierung", sondern eine ,juristisch ausreichende, d. h. gemäß der Rechtsordnung ausreichend sichere Anonymisierung" zu fordern sei. 141

142

Hammerbacher, DuD 1982, 284 (285).

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

53

bb) Regelung des§ 11 Abs. 5 BStatG 1980 Diese Auslegung steht auch im Kontext zur Regelung des § 11 Abs. 5 BStatG 1980 als Vorläufernorm 143 des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG: auch danach mußte vor der Übermittlung voll anonymisierter Daten sichergestellt sein, daß die Möglichkeit der Deanonymisierung der den abgeschotteten Bereich der statistischen Ämter verlassenden, nach deren Kenntnissen voll anonymisierten Einzelangaben "zweifelsfrei ausgeschlossen ist" 144•

cc) Anonymisierungsmaßnahmen Die Prüfung der statistischen Ämter hat sich demnach vor einer Weitergabe von Daten gern. § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG darauf zu erstrecken, ob eine Deanonymisierung Befragter oder Betroffener mit Sicherheit, d.h. nach den Kenntnissen in den statistischen Ämtern subjektiv zweifelsfrei 145, 146 ausgeschlossen 1st . 0

Dies kann durchaus umfangreiche Anonymisierungsmaßnahmen über die Entfernung der direkten Identifikationsmerkmale hinaus erfordern 147, 143 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines BStatG, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21, Zu § 16, Zu Absatz 4; Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucksache 10/6666, Ziffer 15.2. Diese Norm war im Zuge der parlamentarischen Beratungen des BStatG 1980 aufgrund einer Beschlußempfehlung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages eingeftlhrt worden, vgl. Hölder, Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 134 (148); § 11 Abs. 5 BStatG 1980 betraf allerdings schon immer die Übermittlung voll anonymisierter und nicht, wie das BverfG, BVerfGE 65, 1 (67 f.), irrtUmlieh ausftlhrt, die "Übermittlung faktisch-anonymisierter Einzelangaben". 144 Vgl. Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucksache 8/3413, S. 13 f.; ebenso Hölder in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 134, (148); Südfeld in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 5, S. 146 f.; vgl. Hammerbacher, DuO 1982, 284 (285); auch Dammann in: Similis u.a., BDSG, 3. Aufl., § 2 Rdnr. 28 f. will auf "die objektive Bestimmbarkeit des Betroffenen im konkreten Fall" abstellen; verlangt sei eine streng objektive Interpretation unter Einbeziehung des wissenschaftlich-technischen Standes. Vgl. insoweit auch§§ 31 Abs. 1 Nr.2, 36 BDSG 1977, die auf die objektive Bestimmbarkeit der Daten abstellten. 145

Südfeld in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 5, S. 146 (153).

Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Das Arbeitsgebiet der Bundesstatistik, S. 24; a.A. offenbar Ziegler, S. 64, 66 f., der eine Absenkung des Anonymisierungsstandards beftlrwortet, obwohl er bezUglieh der -insoweit identischen- Vorläufernorm des § 11 Abs. 5 BStatG 1980 richtigerweise von der Prämisse absoluter Unmöglichkeit einer Deanonymisierung ausgeht (vgl. Ziegler, S. 176). 146

147 Vgl. Südfeld in: Forum der Bundesstatistik Bd. 5, S. 146 ff., Dammann in: Similis u.a., BDSG, 3. Aufl., § 2 Rdnm. 38 ff., 46 ff.; vgl. auch die Darstellung ausgewählter Anonymisierungsverfahren in: Müller u.a. , Forum der Bundesstatistik, Bd. 19, S. 25 ff., 391 ff.

54

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

die sich auf die Regionalangaben oder regionale Kennziffern, einzelne Merkmalsausprägungen, besonders sensible oder seltene Merkmale, aber auch auf eine möglicherweise notwendige Verkürzung von Einzeldatensätzen erstrecken können 148• Gegebenenfalls sind Stichproben aus dem ursprünglichen Datenmaterial zu ziehen oder bereits durch neue Erhebungen überholte Daten zu verwenden 149• Bei der Prüfung der Reidentifizierbarkeit der Einzelangaben, d.h. der Frage, ob der Mikrodatensatz einer bestimmten Person (oder Institution) in einer eins-zu-eins Entsprechung 150 zuzuordnen ist, wird der jeweilige Stand von Wissenschaft und Technik hinsichtlich der Möglichkeiten der Deanonymisierung von Datensätzen von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder zu beachten sein 151 ; daß die angewandten Verfahren zu einer Einschränkung des Analysepotentials des Nutzers fUhren können, ist in die Rechtsauslegung nicht einzubeziehen.

dd) Eindeutige Zuordnung

Voraussetzung für die Annahme einer möglichen Reidentifikation eines bestimmten Einzeldatensatzes ist allerdings, daß eine eindeutige (eins-zu148

Vgl. Südfeld in: Forum der Bundesstatistik, Bd.5, S. 146 (148 f.).

Im Statistischen Bundesamt ist ftlr Übermittlungen gern.§ 16 Abs. I Satz 2 Nr.4 BStatG ein "Leitfaden zur Anonymisierung statistischer Einzelangaben" zugrunde zu legen. Dieser sieht eine Reihe von Empfehlungen vor, die in Kombination miteinander zur Anwendung kommen sollen: 149

I. Der zu übermittelnde Datenbestand soll jeweils nur eine Stichprobe aus der jeweiligen Statistik sein. 2. Der zu übermittelnde Datenbestand soll ein gewisses Mindestalter aufweisen. 3. Die Anordnung der Datensätze muß systemfrei sein. 4. Direkte Identifikationsmerkmale dürfen im Datenbestand nicht enthalten sein. 5. Regionalangaben sollten nur als Typisierungsangaben im Datenbestand belassen werden (z.B. ländlicher Raum, mittelgroßer Regierungsbezirk, etc.). 6. Jede Ausprägung eines einzelnen Merkmals soll mindestens ftlnffach besetzt sein. 7. Sensible Daten und Merkmale, Ober die sehr einfach Zusatzinformationen zu erhalten sind (z.B. Geburtsdatum), sollen allenfalls klassifiziert übermittelt werden. 8. Die Kombination sensibler Merkmale und von Merkmalen, Ober die sehr einfach Zusatzinformationen zu erhalten sind, sollen mindestens dreifach besetzt sein. Darüberhinaus soll auf die im Bestand verbliebenen Datensätze ,,Zusatzwissen einschließlich bekannter Schnüffeltechniken versuchsweise mit dem Ziel der Deanonymisierung angesetzt" werden. Die Datensätze dürfen nicht mit bereits vorher übermittelten voll anonymisierten Einzelangaben verknüpfbar sein. 150

Müller u.a., Forum der Bundesstatistik, Bd. 19, S. X, II.

151

Vgl. BVertU, NJW 1988,961 (962); 962 (964).

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

55

eins) Zuordnung, nicht nur eine mehrdeutige Zuordnung 152 durch einen Angreifer möglich ist. Eine mehrdeutige Zuordnung setzt (im Gegensatz zu einer eindeutigen Zuordnung) voraus, daß die in den Einzeldatensätzen enthaltenen Merkmale bzw. Merkmalskombinationen filr eine Mehrzahl von Einzeltallen identisch sindlS3. Liegt daher aufgrund von "statistischen Doppelgängern" eine mehrdeutige Zuordnung vor, ist es z.B. nicht mehr möglich, filr einen Einzeldatensatz einen spezifischen Personen- oder Institutionenbezug herzustellen 154 • Mehrdeutig zuzuordnende Datensätze wären daher noch keine Zuordnung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG. Ergibt sich aufgrund der einzelfallbezogenen Prüfung der statistischen Ämter, daß bei bestimmten Datenbeständen nur eine begrenzte Anzahl von Merkmalen oder Merkmalsausprägungen für Personen bzw. Haushalte so zu anonymisieren ist, daß eine Reidentifizierung auszuschließen ise55, oder erscheint nur die Lieferung von Kurzdatensätzen und nicht von Langdatensätzen möglichiS6, so beschränkt sich die Lieferung auf die so reduzierten Einzeldaten. Weitergehende Anforderungen nach bestimmten Datenbeständen können dann nicht mehr im Rahmen des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG, sondern nur noch als aggregierte Datenlieferungen gern. § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG erfüllt werden.

ISl Müller u.a., Forum der Bundesstatistik, Bd. 19, S. 42 f., 50 ff.; in der Mengenlehre wird die hier so genannte eindeutige Zuordnung dann als eineindeutige (oder umkehrbar eindeutige) Abbildung vom M 1 auf M2 bezeichnet (vgl. Dallmann/Elster, 41 f.), wenn jede Vorschrift f die Eigenschaften

A) jedem a e M 1 ist genau ein b e M2 zugeordnet, B) jedes b e M2 ist Bild genau eines a e M1 besitzt; oder anders ausgedrückt, wenn aus f{x 1)= f(x2) stets x 1=x2 folgt. ISJ

Hammerbacher, DuO 1982, 284 (288 f.) bezeichnet dies als "Datensatzmehrmaligkeit".

1s4

Müller u.a., Forum der Bundesstatistik Bd. 19, S. 42 f., 50 ff. Allerdings setzt der Zuordnungsbegriff des Bundesstatistikgesetzes keineswegs immer einen "eindeutigen Personenbezug" voraus (so aber Müller u.a., Forum der Bundesstatistik, Bd. 19, S. 44); Befragter im Sinne des § 16 Abs. I Satz2 Nr. 4 BStatG können alle gern. § 15 Abs. 1, 2 BStatG Auskunftspflichtigen, aber auch freiwillig Befragte sein. ISS

Südfeld in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 5, S. 146 (154).

1s6

Südfeld, ebenda; vgl. auch Ziegler, 176 f.

56

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

7. Aggregate a) Normbereich

Gemäß § I6 Abs. I Satz 2 Nr. 3 BStatG unterfallen statistische Einzelangaben dann nicht der statistischen Geheimhaltung, wenn sie vom Statistischen Bundesamt oder den statistischen Ämtern der Länder mit den Einzelangaben anderer Befragter zusammengefaßt und in statistischen Ergebnissen dargestellt sind. Diese Regelung stellt die Nachfolgenorm der §§ 1I Abs. 6 BStatG I980 und I2 Abs. 3 StatGes 1953 dar, die zwar nicht wortgleichlS7, aber doch sinngemäß mit § I6 Abs. I Satz 2 Nr. 3 BStatG übereinstimmend 158 klarstellten, daß die Zusammenfassung (und darauf folgende Übermittlung bzw. Veröffentlichung) von mehreren Erhebungseinheiten nicht als statistische Einzelangabe zu gelten hat. Die Vorschrift grenzt das statistische Aggregat von der Einzelangabe eines Befragten ab 159 und bezieht sich insoweit auf das eigentliche Endprodukt der amtlichen Statistik, die aus den einzelnen Erhebungseinheiten (z.B. Personen, Haushalte, Betriebe, Unternehmen etc.) erstellten Tabellen mit aggregierten Daten. Unter Aggregation versteht man Verfahren, Mikrodaten (statistische Einzelangaben) so zusammenzufassen, daß sie sich auf Teilgruppen (Mesodaten) oder eine Gruppe (Makrodaten) beziehen 160• Diese Zusammenfassung kann durch Aggregierungen unterschiedlicher Art geschehen, z.B. durch Bildung der Summe oder des Mittelwertes sämtlicher Merkmale oder der Merkmalsausprägungen 161 mehrerer Datensätze 162 •

1s1

Vgl. Hölder in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 134 (154).

Im Gegensatz zu§ 16 Abs. I Satz2 Nr.3 BStatG stellten die Vorläufernonnen allerdings nicht auf den "Befragten", sondern den "Auskunftspflichtigen" ab; § II Abs. 6 BStatG 1980 und § 12 Abs. 3 StatGes 1953 lauteten: "Eine Zusammenfassung von Angaben mehrerer Auskunftsptliehtiger ist keine Einzelangabe im Sinne des Gesetzes". 158

159

160

Hölder in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 134 (154). Brennecke in: Stäglin/Wagner u.a., Tagungsbericht, S. 91 (94 FN 2).

161 Zum Begriffvgl. Schlörer, Datenverarbeitung im Recht 1976, 203 (206); zu den Voraussetzungen einer Normierung in einer statistischen Rechtsgrundlage vgl. Poppenhäger, NVwZ 1992,241 ff. 162 Vgl. auch die Kritik von Paaß/ Wauschkuhn, S. 15 f. an der sog. Tripelaggregation, allerdings bezogen auf Herstellung künstlicher Mikrodatensätze.

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

57

b) Dreier-Aggregation

Veröffentlichungen dürfen grundsätzlich keine Angaben über weniger als drei Auskunftspflichtige oder Betroffene enthalten 163 (sog. DreierAggregation), wobei es unerheblich ist, ob es sich um Tabellen mit Wertfeldern oder um Fallzahlentabellen164 handelt. Dies ergibt sich nicht nur daraus, daß bei weniger als drei zusammengefaßten Angaben jeder Beteiligte durch Subtraktion die Angaben des jeweils anderen errechnen kann 165, sondern auch aufgrund philologischer Auslegung: wenn die fragliche Einzelangabe, um aus dem Geltungsbereich des § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG herauszufallen, mit "den Einzelangaben anderer Befragter zusammengefaßt" werden muß, so läßt schon der Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG die Zusammenfassung einer Einzelangabe mit der Einzelangabe . . ht zu 166. nur emes an d eren Bet1ragten mc

c) Das Problem der sogenannten "Tabellen-Eins"

Fraglich könnte sein, ob die Dreier-Aggregation in der Weise erfolgen muß, daß sich die Ergebnisse jeder Variablen 167 auf mindestens drei Erhebungseinheiten beziehen 168, d.h., daß für jedes einzelne Feld einer Tabelle die Dreier-Aggregation vorliegen muß. Wären Erhebungseinheiten z.B. Personen und wollte man die Ergebnisse nach den Variablen "Alter, Ge-

163 BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines BStatG, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 22, Zu § 16, Zu Absatz 8; Benlrer in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 118 (128); Schiedermaier in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 169 (177); vgl. hierzu auch die Ausruhrungen oben C.II.3.

164 Zu unterscheiden sind Tabellen mit Wertfeldern sowie Fallzahlentabellen. Letztere enthalten sog. Zählfelder (5 Personen mit dem Merkmal x), erstere beinhalten auch Felder mit quantitativen Merkmalen (wie z.B. Umsatz, Investitionen von x Erhebungseinheiten). 165 Dammann in: Simitis u.a., BDSG, 3. Aufl., § 2 Rdnr. 15; ebenso schon Monz, StatGes 1953, § 12 Anm. 4 Buchstabe b; vgl. auch Hammerbacher, DuD 1982, 284 (289), der anmerkt, daß es im "Einzelfall durchaus geboten sein" könne, aus Gründen einer (sicheren) Anonymisierung, den Datensatz eines Betroffenen mit "mehr als nur einem Datensatz einer weiteren Person zusammenzufassen". 166 A.A. offenbar Krupp, Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 97 (99), der in diesem Zusammenhang von der Zusammenfassung von "zwei oder mehr Beobachtungseinheiten" spricht. 167 Zum Begriffvgl. Schlörer, Datenverarbeitung im Recht 1976, 203 (206) der diese als beschreibbare, meßbare oder zählbare Größen umschreibt, die verschiedene Werte annehmen können. 168

Brennecke in: Stäglin/Wagner u.a., Tagungsbericht, S. 91 (94 FN 8).

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C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

schlecht und Bildungsstand" untergliedern, so müßte sich dann jede Angabe auf mindestens drei Personen beziehen 169. Die summenmäßige Zusammenfassung von Einzelangaben kann allerdings auch in der Weise geschehen, daß das Ergebnis nur eines Tabellenfeldes die Summe nur eines Einzelfalles darstellt 170• Die sog. "TabellenEins"171 setzt demnach nicht voraus, daß in der fraglichen Tabelle die Zahl "I" erscheint (sog. Zählfeld), sondern daß hinter der betreffenden Angabe nur eine Erhebungseinheit steht. Ob derartige Angaben einzelner Befragter in Feldern von Ergebnistabellen auftauchen, hängt regelmäßig von der Gliederungstiefe des jeweiligen Aggregats ab.

§ 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG, wonach Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermittelt werden dürfen, "auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen" bezieht sich nur auf die Übermittlung an die obersten Bundes- oder Landesbehörden und unterliegt darüberhinaus der verlängerten Geheimhaltung des § 16 Abs. I 0 BStatG sowie der gesonderten Zulassung in einer eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift (§ 16 Abs. 4 Satz 2 BStatG). Aus der systematischen Stellung des § 16 Abs. 4 BStatG unter den Übermittlungsregelungen statistischer Einzelangaben an einen begrenzten Empfängerkreis (§ 16 Abs. 2-6 BStatG) sowie der gesonderten Regelung der "Tabellen-Eins" für diesen abgegrenzten Tatbestand ergibt sich (argumentum e contrario), daß im Rahmen des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG die statistische "Eins" (resp. "Zwei") in Tabellenwerken nicht veröffentlicht oder übermittelt werden darf; sie unterliegt als Einzelangabe grundsätzlich der statistischen Geheimhaltung gern. § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, daß jedes Feld einer gern. § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG zur Veröffentlichung (oder Übermittlung) vorgesehenen Tabelle die Angaben von mindestens drei Befragten oder

169 Vgl. Brennecke, ebenda; Die Totalbesetzung eines Merkmals stellt allerdings ebenfalls eine statistische Eins dar: "alle Bewohner des Dorfes x sind evangelisch", vgl. auch Dammann in: Similis u.a., BDSG, 3. Aufl., § 2 Rdnr. 15. 170 So könnte in dem o.g. Beispiel einer Personenerhebung mit den Variablen ,,Alter, Geschlecht und Bildungsstand" unschwer etwa eine weibliche Abiturientin, Alter 18 Jahre, in einer Tabelle ausgewiesen werden. Ob in Tabellen "Einer"- oder ,,Zweier''- Fälle enthalten sind, hängt im allgemeinen nur von der fachlichen und/oder regionalen Tiefengliederung ab. 171 Vgl. § 16 Abs. 4 BStatG, Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BTDrucksache 10/6666, S. 18, Ziffer 15.13 sowie unten C.III.4.

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

59

Betroffenen aufweisen muß 172, gleich, ob es sich um Zählfelder oder um Wertfelder handelt 173 • Diese Dreier-Aggregation hat sicherzustellen, daß sich die Ergebnisse jeder Variablen auf mindestens drei Erhebungseinheiten beziehen 174• § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 3 BStatG eliminiert die statistische "Eins" (resp. "Zwei") insoweit auch als Exzerpt aus der Zusammenfassung von statistischen Einzelangaben und untersagt generell eine derartige Einzelfallbesetzung 175 • 172 Ebenso Hölder in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 134 (154 f.). Dieses Ergebnis läßt sich auch der Systematik des § 8 Abs. 2 des Gesetzes Ober die Luftfahrtstatistik vom 30. Oktober 1967 (BGBI. I S. 1053) entnehmen, der als Iex specialis eine Veröffentlichung von Ergebnissen der Luftverkehrsstatistik, "auch wenn sie Einzelangaben enthalten, nach Flugstrecken und GUtem gegliedert", vorsah. Der Gesetzgeber ging seinerzeit (vgl. BegrUndung der Bundesregierung, BTDrucksache V/1702, Zu § 8) zu Recht davon aus, daß eine Veröffentlichung von Einzelangaben (auch im Rahmen statistischer Ergebnisse) durch§ 12 Abs. 4 StatGes 1953 untersagt war. Dieses (Zwischen-) Ergebnis, wonach Tabellenwerke eine auf jedes Tabellenfeld bezogene DreierAggregation der Befragten (wie auch etwaiger Betroffener) aufweisen muß, wird auch durch die BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Finanz- und Personalstatistikgesetzes (FPStatG) gestUtzt: dort wird ausgeftlhrt, daߧ 15 FPStatG, der die Veröffentlichung von Ergebnissen auf der Ebene der Erhebungseinheit (der Befragten) zuläßt, nicht bedeute, daß die statistische Geheimhaltung damit auch ftlr hinter Ergebnissen der Erhebungseinheiten stehende Betroffene entfalle. Soweit personenbezogene Einzelangaben betroffen seien, besäßen die Geheimhaltungsvorschriften des § 16 BStatG weiterhin Geltung, vgl. BT-Drucksache 12/3256 vom 15.9.92, B. Besonderer Teil, S. 18, Zu§ 15: Veröffentlichungen; vgl. auch die diesbezogliehe Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucksache 1213256, Anlage 3, S. 23, Zu Nummer 7 - § 15, in der noch einmal klargestellt wird, daß § I S FPStatG eine Ausnahmevorschrift nur in Bezug auf die einzelne Erhebungseinheit enthält. Der Normbereich des § 16 BStatG umfasse weiterhin die bei den Erhebungseinheiten beschäftigten Personen oder, anders ausgedrUckt, die hinter der Auskunft der befragten Einheit stehenden Betroffenen. 173 Diese Restriktion gilt grundsätzlich auch ftlr Stichprobenerhebungen. Die Stellungnahme des Bundesrates vom 3. 4. 1992 zu § II Abs. 2 des Entwurfs eines Wohnungsstatistikgesetzes (SR-Drucksache 122/92, S. 17, Ziffer 21), wonach bei einer Stichprobe "durch das Verfahren der Hochrechnung keine Einzelwerte" aufträten, trifit nicht uneingeschränkt zu: auch bei Stichprobenerhebungen sind Tabeliierungen möglich, in denen Tabellenfelder nur einen einzigen Fall nachweisen. Im übrigen ist es auch bei Stichproben (z.B. im Bereich der Wirtschaftsstatistiken) durchaus üblich, daß in einzelnen Schichten SO% oder auch I 00% der tatsächlich vorhandenen Betriebe zur Statistik herangezogen werden. Die Erstellung eines Stichprobenplanes unterliegt insoweit dem pflichtgemäßen Ermessen der statistischen Ämter. 174 Vgl. Brennecke in: Stäglin/Wagner u.a., Tagungsbericht, S. 91 (94 FN 8); anders indessen in nicht unerheblichem Umfang die Veröffentlichungspraxis der Statistischen Ämter: so enthalten z.B. die Fachserien 12, Reihe 4, Todesursachen sowie Reihe 2, Meldepflichtige Krankheiten, Stuttgart 1989, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt, eine Vielzahl von "TabellenEinsen" bzw. -"Zweien" in den Rubriken "Sterbeflllle nach Altersgruppen, ausgewählten Todesursachen und Geschlecht" bzw. ,,Zugänge der Tuberkuloseerkrankten 1988", obwohl der Intention des § 1 BStatG eigentlich die Lieferung von Strukturdaten zugrunde liegt; vgl. auch Fachserie 12, Reihe 4, Todesursachen 1990, Stuttgart 1992, Tabellenwerke Nr. 2.2 (Ausftlhrliche Systematik)2.6, S. 22 ff. 175 Dies gilt unabhängig davon, ob die fragliche "Tabellen-Eins" eine zuordenbare oder möglicherweise nicht zuordenbare statistische Eins darstellt. Wie bereits unter C.II.6. ausgeftlhrt, bezieht sich § 16 Abs. I Satz 2 Nr.4 BStatG auf die Anonymisierung von Mikrodatensätzen; diese

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C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

d) Primäre und sekundäre Geheimhaltung

Neben der bereits erwähnten Gefahr der Identifizierung bei ZweierAggregation durch einfache Subtraktion der Angaben eines Beteiligten von denen des jeweils anderen gibt es jedoch noch weitere denkbare Möglichkeiten der Identifizierung statistischer Einzelangaben durch Differenzbildung176; auch die Dreier-Aggregation hat grundsätzlich die Aufgabe, der Möglichkeit entgegenzuwirken, daß ein eventueller Konkurrent oder Insider die Differenz berechnen kann. Entfallen weniger als drei Einheiten auf ein Tabellenfeld, werden z.B. Merkmalswerte in einer Tabelle aufgeführt, die nur von einem oder zwei Befragten gemeldet wurden, so sind diese gern. § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG geheimzuhalten. Dieses geschieht in der Regel durch Sperrung der entsprechenden Tabellenfelder, aber auch durch Runden oder die Zusammenfassung verschiedener Felder. Dieses Verfahren wird als Geheimhaltung primärgeheimer Werte 177 oder "primäre Geheimhaltung" bezeichnet. Die Verhinderung einer Reidentifikation durch Differenzbildung verschiedener Tabellenwerte wird als "sekundäre Geheimhaltung" bezeichnet. Dabei ist davon auszugehen, daß das Sperren einzelner Tabellenfelder nicht immer ausreicht, um diese Werte auch in ihrer Tabellenumgebung geheimzuhalten. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der betreffende (und gesperrte) geheimzuhaltende Wert zu einer Summe bezUglieh eines der Gliederungskriterien mit sonst nur nicht geheimen Tabellenwerten als Summand beiträgt, und er sich dann durch Differenzbildung aus dem betreffenden Summenwert und den anderen Summanden berechnen läßt 178 • Dies würde die Substanz der "primären Geheimhaltung'' geflihrden. Das Prinzip der "sekundären Geheimhaltung" ist vielleicht an folgendem Beispiel zu verdeutlichen: Die SYPRO-Nummer 2400 179 (Herstellung ist zu unterscheiden von der lediglich Aggregate betreffenden Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr.3 BStatG. Diejeweiligen Verfahren sind alternativ, nichtjedoch kumulativ anzuwenden. 176 Vgl. Benker in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 118 (128); Hammerbacher, DuD 1982, 284 (289 f.); Schlörer, Datenverarbeitung im Recht 1976, 203 (211 f.). 177 Repsilber, Statistische Rundschau Nordrhein-Westfalen, Heft 2/91, S. 78, der in seinem Beitrag die sekundäre Geheimhaltung bei bis zu siebendimensionalen Tabellen behandelt, vgl. S. 82.

178 Repsilber, ebenda. Als einfaches Beispiele möge die Veröffentlichung einer Tabelle mit den Summanden a, b, c sowie der Sperrung von d unter gleichzeitiger Veröffentlichung des Summenwertes f dienen: um eine einfache Gegenrechnung zu verhindern, mUßte z.B. Buchstabe a ebenfalls abgedeckt (bzw. ausgepunktet) werden.

179 Systematik der Wirtschaftszweige, Ausgabe 1979, Fassung filr die Statistik im Produzierenden Gewerbe (SYPRO).

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

61

und Verarbeitung von Spalt- und Brutstoffen) umfaßte im Jahre 1989 lediglich zwei Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland. Die SYPRONummer 2145 (Gewinnung von spalt- und brutstoffhaltigen Erzen) könnte mit der SYPRO-Nummer 2400 als Kernbrennstoffindustrie zusammengefaßt werden. Aus einer derartigen Zusammenfassung könnte jedoch durch einfache Subtraktion die SYPRO-Nummer 2400 (Zweier-Aggregat) herausgerechnet werden. Auch ein derartiger, zusammengefaßter Wert der SYPRO-Nummem 2400, 2145 ist daher geheimzuhalten. Statistische Einzelangaben dürfen auch durch Differenzbildung nicht offengelegt werden. Die gleiche Regelung wie für "Tabellen-Einsen" und "-Zweien" muß daher auch fllr die Differenzen und Komplemente innerhalb eines Tabellenwerkes gelten. Dabei bieten sich neben dem Sperren einzelner Felder als Möglichkeit auch das Zusammenlegen, Runden oder die Unkenntlichmachung einzelner Tabellenfelder sowie die Neuspezifizierung der fraglichen Tabelle an. Beim Sperren von Tabellenwerten (Sekundärsperrungen) ist jedenfalls sicherzustellen, daß geheimzuhaltende statistische Angaben (Primärsperrungen) nicht mit Hilfe anderer Werte der Tabelle berechnet werden können 180•

e) Die sogenannte qualifizierte Geheimhaltung

aa) Dominanzregelungen bei Wertfeldern

Der Normtext des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG ermöglicht demnach die Herausnahme von aggregierten Daten aus der statistischen Geheimhaltung sowie deren freie Verwendung immer dann, wenn sich die einzelnen Tabellenfelder auf aggregierte Angaben mindestens dreier Befragter oder Betroffener beziehen und sich eventuell gesperrte Felder auch nicht durch Differenzbildung ermitteln lassen. Darüberhinaus soll (ausnahmsweise) die Zusammenfassung der "Angaben von mehr als drei Personen erforderlich sein (sog. qualifizierte Geheimhaltung) 181 , wenn die Größenverhältnisse sehr heterogen sind 182 oder trotz Zusammenfassung einen Befragten auf-

180

Repsilber, Statistische Rundschau Nordrhein-Westfalen, Heft 2/91, S. 78 (79).

181

Schiedermaier in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 169 (177).

Dammann in: Simitis u. a., BDSG, 3. Aufl., § 2 Rdnr. 15 nennt als Beispiel die Summe der Monatseinkommen des Vorstandsmitglieds A, seiner Sekretärin B sowie seines Fahrers C. 182

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C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

grund seiner Dominanz - zum Beispiel seiner marktbeherrschenden regio,. nalen Stellung- noch erkennen lassen 183 • Bezüglich dieser "qualifizierten Geheimhaltung" haben die statistischen Ämter des Bundes und der Länder sog. Dominanzregelungen 184 entwickelt, wonach auch die Zusammenfassung von 3-9 Einzelangaben nur dann nicht geheimgehalten zu werden braucht, wenn kein Übergewicht einer Einzelangabe zu den übrigen miteinbezogenen Einzelangaben besteht. Diese Dominanzregelungen beziehen sich (der Natur der Sache nach) nur auf "Wertfelder" wie z.B. Einkommen, Umsatz, Investitionen etc., nicht jedoch auf "Zählfelder" 185 • bb) Philologische, historische und systematische Auslegung

Die rechtliche Notwendigkeit derartiger Dominanzregelungen wird in Teilen der Literatur in der latenten "Gefahr einer Deanonymisierung" 186 bzw. in einem "Gefährdungspotential" 187 gesehen, dem nur aufgrund fallweiser Prüfung der Geheimhaltungspflicht begegnet werden könne. Im Grunde genommen liege bei einer derartigen Konstellation, trotz der Tatsache, daß es sich um Tabellen mit statistischen Aggregaten handele, eine bestimmbare Einzelangabe vor 188 • 183 Mainusch, Staat und Wirtschaft in Hessen 1988, 292; Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 27. 184 Vgl. Hölder in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 134 (!54 f.); Benker in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 118 (128), der ausfuhrt, daß in Nordrhein-Westfalen diesbezUglieh ftlr jede Erhebung eine Dominanzgrenze zu bestimmen, im einzelnen zu begrUnden und im Hinblick auf die Sicherung der Geheimhaltung standig zu überprüfen und ggf. zu berichtigen ist. 185 Zur Unterscheidung vgl. oben C. Fußnote 164; im Statistischen Bundesamt ist die Behandlung von Dominanzfll11en in §75 der Geschäftsordnung ftlr das Statistische Bundesamt (Stand: Juni 1985) sowie der hierzu ergangenen Dienstanweisung, Teil A Nr.l zu§ 75 (DA 75) verbindlich geregelt. Nach Ziffer 2.1 DA 75 gilt als Regel, daß aggregierte Daten ftlr drei bis zu neun Einheiten grundsätzlich nicht geheimzuhalten sind, "wenn der Anteil eines Auskunftspflichtigen/Betroffenen an der zusammengefaßten Angabe 50% nicht übersteigt. Beträgt der Anteil eines Auskunftspflichtigen/Betroffenen an der zusammengefaßten Angabe mehr als 85%, so ist diese geheimzuhalten. Liegt der Anteil eines Auskunftspflichtigen/Betroffenen zwischen 50 und 85%, ist die zusammengefaßte Angabe dann geheimzuhalten, wenn die Gefahr besteht, daß dadurch die Verhältnisse eines einzelnen Auskunftspflichtigen/Betroffenen offenbart werden". 186

Mainusch, Staat und Wirtschaft in Hessen 1988,292.

Ziegler, S. 65, wobei die Ausftlhrungen des in Bezug genommenen Sirnon (Ziegler, S. 66, FN 22) sich allerdings nicht auf Aggregate gern. § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr.3 BStatG, sondern auf das Gefährdungspotential bei der Übermittlung statistischer Einzeldatensätze an Gemeinden, mittlerweile geregelt in § 16 Abs. 5 BStatG, bezieht. 187

188

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 27.

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

63

Dies kann indessen ebenso wie die Frage, ob es sich bei mit statistischen Methoden hergestellten Tabellenwerken denn um "anonyme Daten" 189 handelt, dahingestellt bleiben. Der Normtext des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG sieht flir den Fall der (wie oben dargelegt, auf jede Variable bezogenen) Dreier-Aggregation, den tatbestandliehen Ausschluß von statistischen Ergebnissen aus der grundsätzlichen Geheimhaltungspflicht des § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG vor. Derartige Aggregate stellen dann eben keine geheimzuhaltenden statistischen Einzelangaben mehr dar. Wollte man erneut die statistischen Ergebnisse des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG den Anforderungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG unterwerfen, so könnte dies nur durch Auslegung contra Iegern 190 oder - bei nicht vollständigem Ausschluß sämtlicher Reidentifikationsmöglichkeiten durch kumulative "Hinzuziehung" der Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG geschehen. Wie bereits ausgetllhrt, sind statistische und aggregierte Ergebnisse jedoch von (voll) zu anonymisierenden (Mikro-) Datensätzen grundsätzlich zu unterscheiden. Im übrigen liegt auch die Wahrscheinlichkeit der Reidentifikation eines Befragten bei Aggregaten deutlich unter der bei Einzeldatensätzen 191 ; das Gefährdungspotential der Übermittlung von statistischen Einzelangaben geht über das der Übermittlung von Tabellen hinaus 192 • Der Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages 193 läßt erkennen, daß der Gesetzgeber sich der unterschiedlichen Anonymisierungsvoraussetzungen der § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 4 BStatG durchaus bewußt gewesen ist und das Gefährdungspotential von Mikrodatensätzen 119 So Seegmüller, DuD 1987, 329 (331); ebenso Sch/örer, Datenverarbeitung im Recht 1976, 203 (204 f.), der Anonymität bei aggregierten Daten aufgrund der fehlenden ! :I-Beziehung zwischen Datensatz und Person (Institution) annimmt. 190 A.A. Badura in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 107 (115 f.), der meint, daß die (jetzige Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr.3 BStatG) dem Wortsinn nach Mißverständnisse ermögliche, denn dadurch solle offensichtlich nicht gesagt werden, daß allein durch die Zusammenfassung der Angaben mehrerer Befragter, "der Geheimhaltungsschutz und die Übermittlungsbindungen des Bundesstatistikgesetzes (§ 16 des Entwurfs) entfallen würden." Die angefilhrte Funktion des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr.3 BStatG im Hinblick auf eine Haftungsfreistellung von Sanktionen des Statistikrechts ist in diesem Zusammenhang nicht tragfllhig, da eine derartige, vom Gesetzgeber beabsichtigte (vgl. Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucksache 10/6666, S. 15, Ziffer 15.1) Haftungsfreistellung insoweit auch logische Folge der Herausnahme der statistischen Aggregate aus der grundsätzlichen Geheimhaltungspflicht des § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG ist. . 191

Krupp in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 97 (99).

Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucksache 10/6666, S. 16, Ziffer 15.5. 192

193

BT-Drucksache 10/6666, S. 15, Ziffer 15.1; S. 16, Ziffer 15.5.

64

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

als bedenklicher ansah als das von Aggregatdaten. Im Gegensatz zu den voll anonymisierten Daten (gern. § 16 Abs. l Satz 2 Nr. 4 BStatG), die nicht mehr zuzuordnen sein dürfen, ging der Innenausschuß des Deutschen Bundestages davon aus, daß "zusammengeführte Daten im Einzelfall später evt. doch zugeordnet werden können" 194, d.h., daß § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG nicht absolut ausschließt, daß "(ausnahmsweise einmal) aus einem statistischen Aggregat Rückschlüsse auf eine Einzelangabe möglich sind" 195. Mit dieser unterschiedlichen Behandlung von Aggregatdaten und statistischen Mikrodatensätzen befindet sich das Bundesstatistikgesetz durchaus in Kontinuität zum historischen Gesetzgeber, der schon anläßlich der Beratungen zu § 12 StatGes 1953 eine Klausel verworfen hatte, wonach Veröffentlichungen statistischer Ergebnisse davon abhängig gemacht werden sollten, daß "Rückschlüsse auf Einzelangaben nicht möglich" seien 196. Die von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder entwickelten und durchgängig praktizierten sog. Dominanzregelungen sind daher einfachgesetzlich (und insbesondere durch § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG) nicht geboten.

f) Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung

Anderes ergibt sich auch nicht aus den vom BVerfG im Volkszählungsurteil197 konkretisierten verfassungsrechtlichen Anforderungen zum Schutz des einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten: Von Verfassungs wegen gefordert ist lediglich, der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts "entgegenzuwirken" 198. Ist dies erfolgt, so kann der einzelne indes solche organisatorischen oder verfahrensrechtlichen Vorkehrungen nicht verlangen, die darauf abzielen, alle nur denkbaren Gefährdungen des informatio-

194

BT-Drucksache 10/6666, S. 15, Ziffer 15.1.

Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines BStatG, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 22, Zu§ 16, Zu Abs. 8. 195

196 Der Abgeordnete Dr. Fricke (DP) hatte zu§ 12 Abs. 3 StatGes 1953 folgende Fassung beantragt: "Die Veröffentlichung von Statistiken darfnur in der Weise erfolgen, daß bei der Zusammenfassung von Angaben RückschlUsse auf Einzelangaben nicht möglich sind(...)"; vgl. Kurzprotokoll des BT-Ausschusses ftlr Wirtschaftspolitik, Sitzung am 24. Juni 1953, S.7. 197

BVerfGE 65, 1 ff.

198

BVerfGE 65, 1 (44).

II. Ausnahmen von der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben

65

nellen Selbstbestimmungsrechts völlig auszuschließen 199• Ein etwa verbleibendes Risiko einer Reidentifizierung ist als notwendige Folge einer im überwiegendem Allgemeininteresse angeordneten Statistik hinzunehmenzoo An anderer Stelle führt das BVerfG201 dann explizit aus, daß nicht erkennbar sei, "daß das Persönlichkeitsrecht der Bürger beeinträchtigt werden könnte, wenn die erhobenen Daten nach ihrer(... ) statistischen Aufbereitung" von den statistischen Ämtern staatlichen Organen oder sonstigen Stellen zur Verfügung gestellt würden. Damit wird deutlich, daß die herkömmlichen statistischen Tabellenwerke vom BVerfG im Volkszählungsurteil grundsätzlich nicht problematisiert wurden 202• Die Bezugnahme des BVerfG auf§ ll Abs. 6 BStatG 1980203 läßt auch § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG als Nachfolgenorm als verfassungsrechtlich unbedenklich erscheinen. Eine "verfassungskonforme Auslegung"204 des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG unter Einbeziehung der o.g. Dominanzregelungen ist daher nicht geboten.

199 BVeriD, NJW 1988,959 (960); ebenso OVG Hamburg, Beschluß vom 3. Mai 1990- OVG Bs III 351/89 - Umdruck S. 4 f., das aus diesem Grund auch die Argumentation mit datentechnischen Modellversuchen verwirft. 200 OVG Hamburg, ebenda; vgl. auch OVG Hamburg, NJW 1986, 3100, (3101 f.) sowie Beschluß vom 12. Juli 1989 -OVG Bs 111218/89- UmdruckS. 5 f. 201

BVeriDE 65, 1 (51); ebenso Groß, AöR 113 (1988), 161 (196).

So auch der Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucksache 10/6666, S. 18, Ziffer 15.13; vgl. aber BVeriDE 65, I (68 f.), wo das BVeriD versucht, "herkömmliche Tabellenwerke" von "Spezialaufbereitungen ftlr Planungszwecke" zu unterscheiden, und ftlr letztere die Trennung der Kommunalstatistik von anderen Aufgabenbereichen der Gemeinden fordert. 202

203 BVeriDE 65, I (51); vgl. auch BVerwG, NJW 1991, 1246 (1249) mit Besprechung Poppenhäger, NVwZ 1992, 241 ff., wonach die Übermittlungsermächtigungen des § II Abs. 2, 5, 6 BStatG 1980 jedenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich waren. Auch in späteren, auf das Volkszählungsurteil folgenden Beschlüssen hat das BVeriD dann das ,,Aggregationsniveau" z.B. des § 14 Abs. 5 VZG ftlr verfassungsrechtlich ausreichend erachtet, obwohl die Vorschrift sogar die Veröffentlichung statistischer Ergebnisse bezUglieh einzelner Erhebungsmerkmale auch dann vorsieht, wenn sie Einzelangaben enthalten. § 14 Abs. 5 VZG ist insofern eher mit § 16 Abs. 4 BStatG zu vergleichen, der die Übermittlung von Aggregaten einschließlich "Tabellen-Einsen" regelt und insoweit Uber § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr.3 BStatG hinausgeht, vgl. BVeriD, NJW 1988, 961 (962); 1988,962 (946). 204 So aber Karaus, S. 131, der die Voraussetzungen der Absätze 5 und 6 des seinerzeitigen § II BStatG 1980 kumulativ verwirklicht sehen wollte.

5 Puppenhäger

66

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

m.

Rechtlich zulässige Übermittlungen von statistischen Einzelangaben (an einen beschränkten Emptängerkreis) Ausnahmen von der statistischen Geheimhaltung bedürfen, soweit sie nicht durch das Bundesstatistikgesetz selbst geregelt sind, einer ausdrücklichen Zulassung durch besondere Rechtsvorschriften (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG). Den Ausnahmeregelungen des § 16 BStatG, die eine Übermittlung von statistischen Einzelangaben zulassen, ist gemeinsam, daß als Adressat jeweils nur ein beschränkter Personenkreis in Frage kommt: die mit der Durchfilhrung von Bundesstatistiken betrauten Personen und Stellen, die gesetzgebenden Körperschaften, die Gemeinden sowie Hochschulen und sonstige Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung(§ 16 Abs. 2-6 BStatG). Eine Definition der Übermittlung von Daten findet sich in § 3 Abs. 5 Nr. 3 BDSG. Danach ist Übermitteln das Bekanntgeben gespeicherter Daten an einen Dritten in der Weise, daß die Daten an den Empfänger weitergegeben werden oder dieser von der speichernden Stelle zur Einsicht oder zum Abruf bereitgehaltene Daten einsieht oder abruft. Die alte Definition (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 1 BDSG 1977), wonach Übermittlung bereits das Bereithalten zur Einsichtnahme, namentlich zum Abruf bedeutete, dürfte daher auch filr den Bereich der Statistik überholt sein205 • Bei Online-Verfahren ist damit erst der konkrete Abruf im Einzelfall, nicht jedoch schon die Einrichtung eines automatisierten Abrufverfahrens als Übermittlung anzusehen.

1. Übermittlung an mit der Durchführung von Statistiken betraute Stellen a) Daten zur Durchführung einer Bundesstatistik

Die Übermittlung von Einzelangaben zwischen den mit der Bundesstatistik betrauten Personen und Stellen ist gern. § 16 Abs. 2 BStatG "zulässig, soweit dies zur Erstellung der Bundesstatistik erforderlich ist". Unter Erstellung ist dabei das gesamte Erhebungs-, Aufbereitungs-, Dar205 Riegel, Recht im Amt 1990, 180 (185), nennt die neue Definition des Bundesdatenschutzgesetzes ein Beispiel, wie sehr die Technik das Recht aufweiche; die alte Definition sei ftlr die Einrichtung von Online-AnschiOssen bzw. automatisierten Abrufverfahren hinderlich gewesen, da schon die Einrichtung des Zugriffs als Übermittlung galt.

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

67

stellungs- und Analyseverfahren ebenso wie methodisches Verarbeiten zu verstehen206• Dabei kann es sich z.B. um Einzelangaben zur Planung und Durchführung einer Stichprobe handeln. Übermittelt werden dürfen nur Daten zur Durchführung einer Bundesstatistik; eine Übermittlung ist nicht generell zulässig, da § l3 Abs. 3 BStatG (Adreßdateien) ansonsten überflüssig wäre. Auch sieht § 16 Abs. 2 BStatG die amtliche Statistik nicht als Gesamtheit an, sondern behandelt jede einzelne Bundesstatistik für sich207• § 16 Abs. 3 BStatG konkretisiert Abs. 2 insoweit, als auch regionale Sonderaufbereitungen sowie die Erstellung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen in die Übermittlungen einbezogen werden dürfen.

Eher in diesen systematischen Zusammenhang gehört auch § 3 Abs. 2 BStatG, wo unter der (irreführenden) Überschrift "Aufgaben des Statistischen Bundesamtes" die Befugnis der statistischen Ämter der Länder sowie sonstiger mit der Durchführung von Bundesstatistiken betrauten Stellen normiert ist, dem Statistischen Bundesamt Einzelangaben zuzuleiten, soweit dies für (dort näher bestimmte) Aufgaben im nationalen wie auch supra- und internationalen Bereich erforderlich ist.

b) Zweckbestimmung

Auf die Regelungen des § 16 Abs. 2 BStatG werden in der Praxis Übermittlungen von Landesergebnissen an das Statistische Bundesamt (auch im Rahmen sog. koordinierter Landesstatistiken, § 3 Abs. 3 BStatG) wie auch Übermittlungen von kommunalen Statistikstellen an die statistischen Landesämter gestützt. Nicht unter § 16 Abs. 2 BStatG zu subsumieren dürfte dagegen die Übermittlung von statistischen Einzelangaben von einem Landesamt zu einem anderen (z.B. koordinierenden) Landesamt sein208 • Die Zweckbestimmung des § 16 Abs. 2 BStatG bezieht sich auf die Übermittlung zur Erstellung einer Bundesstatistik. Sie stellt keine generelle Übermittlungsnorm zwischen allen statistischen Ämtern dar, auch wenn die Bundesstatistik durchaus auch Landesbedürfnisse zu berücksichtigen hat (vgl. §§ 1 Satz 4, 3 Abs. 3, 5 Abs. 1 Satz 2 BStatG). Übermittlungen von Einzelanga-

5*

206

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 30.

207

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 31; Ziegler, S. 143.

208

A.A.: Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 30.

68

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

ben, die für eine Bundesstatistik gemacht worden sind, sind aufgrund des § 16 Abs. 2 BStatG zwischen den statistischen Landesämtern nur dann zulässig, soweit dies - im konkreten Fall - ftlr die Erstellung einer Bundesstatistik erforderlich ist. Tatbestandsmäßige Voraussetzung ftlr die Übermittlungen nach § 16 Abs. 2 und 3 BStatG ist immer die konkrete Zweckbestimmung der zu übermittelnden Daten; d. h. ftlr die Übermittlung nach § 16 Abs. 2 BStatG die Erstellung einer bestimmten Bundesstatistik, für Übermittlungen nach § 16 Abs. 3 Satz 1 BStatG die Erstellung bestimmter regionaler Sonderaufbereitungen. Verlangt wird damit eine vom Datenlieferanten anzustellende Einzelfallbetrachtung hinsichtlich des vorgesehenen Verwendungszwecks. Dies schließt z.B. laufende Datenlieferungen ohne Begrenzung auf einen bestimmten Zweck aus. Im übrigen muß davon ausgegangen werden, daß § 16 Abs. 3 BStatG durch die gesonderte Nennung zweier weiterer Übermittlungskonstellationen (Sonderaufbereitungen auf regionaler Ebene, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen) insoweit abschließenden Charakter hat. Übermittlungen zwischen dem Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder etwa fur die Durchführung sonstiger Arbeiten statistischer und ähnlicher Art (vgl. § 3 Abs. I Nr. 10 BStatG) könnten daher mangels Tatbestandmäßigkeitnicht auf§ 16 Abs. 3 BStatG gestützt werden.

c) Übermittlung von Hilfsmerkmalen?

Aus dem Volkszählungsurteil läßt sich entnehmen, daß die Übermittlung von Einzelangaben allgemein den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Erforderlichkeit zu beachten hae09 und somit unzulässig ist, wenn der Übermittlungszweck auf andere, den Auskunftspflichtigen weniger belastende Art erftlllt werden kann210• Für die Feststellung, daß in den vorgenannten Fällen die Weitergabe vollständig ausgeftlllter "Erhebungsvordrucke mit Identifikationsteil" (Hilfsmerkmalen) unzulässig ist, muß man allerdings nicht den Erforderlichkeitsgrundsatz des BVerfG bemühen211 : dies ergibt sich bereits aus den 209 BVerfUE 65, I (68 ff.); zum Kriterium der Erforderlichkeit bei DatenUberrnittlungen, vgl. auch Dörr/Schmidt, Neues BDSG, § 13 Rdnr. 4 sowie zur Abgrenzung Erforderlichkeit!Unerläßlichkeit, Dörr/Schmidt, ebenda, § 36 Rdnr. 23. 210

Ebenso Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 30.

211

So aber Dorer/Mainusch/Tubies, ebenda

111. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

69

einfachgesetzlichen Normen des Bundesstatistikgesetzes sowie dessen Systematik, die die Weitergabe von Hilfsmerkmalen (d.h. Identifikationsmerkmalen, die nur der technischen Durchführung der Erhebung dienen, § 10 Abs. 1 Satz 3 BStatG) ausschließt. Ausnahmen von der Bestimmung des § 10 Abs. 1 Satz 3 BStatG, wonach Hilfsmerkmale lediglich der technischen Durchführung der Erhebung dienen, bedürfen der gesetzlichen Anordnung (§ 10 Abs. 1 Satz 4 BStatG)212• Eine Übermittlung von Hilfsmerkmalen ist damit durch § 16 Abs. 2 BStatG nicht legitimiere 13 • Die Hilfsmerkmale dürfen (wegen ihres grundsätzlich identifizierenden Charakters) zum Zeitpunkt der Anwendung des § 16 BStatG im Datensatz nicht mehr vorhanden sein. Sie dürfen nur innerhalb vorgeschriebener Fristen mit diesem verbunden bleiben und dürfen allenfalls getrennt und gesondert aufbewahrt werden (§ 12 Abs. 1 und 2 BStatG). Durch eine derartige systematische Auslegung des Bundesstatistikgesetzes dürfte auch die Kritik des Bundesbeauftragten für den Datenschutz an der Übermittlungsbefugnis von Einzelangaben für regionale Sonderaufbereitungen bzw. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen214 weitgehend gegenstandslos geworden sein; im übrigen ist bei den Übermittlungsvorschriften der§§ 16 Abs. 2, 3 und 3 Abs. 2 BStatG zu berücksichtigen, daß die Einzelangaben nur innerhalb des abgeschotteten statistischen Bereichs ausgetauscht werden und somit den "Tresor"215 der amtlichen Statistik nicht verlassen.

212 Vgl. hierzu auch oben C.II.I sowie Pohl in: Das Deutsche Bundesrecht, VIII Z 10, S. 19, Erläuterungen zu§§ 9, 10 BStatG, 2. Absatz.

213 Vgl. aber § 13 Abs. 3 BStatG, wonach das Statistische Bundesamt und die statistischen Ämter der Länder sich die Merkmale der Adreßdatei nach § 13 Abs. 2 BStatG mitteilen, so daß unter Berücksichtigung des§ 13 Abs. 2 Nr. 1 BStatG durchaus auch Namen und Anschriften von Unternehmen, Betrieben und Arbeitsstätten sowie deren Inhabern oder Leitern ausgetauscht werden dürfen. 214 Vgl. Neunter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten ftlr den Datenschutz gern. § 19 Abs. 2 Satz 2 des BDSG 1977, BT-Drucksache 10/6816, S. 43, in dem der angeblich fehlende Ausschluß der Weitergabe von Identifikationsmerkmalen gerügt wird. 215

Hölder in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 134 (135).

70

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

2. Übermittlung an Gemeinden und Gemeindeverbände a) Die Regelung des Volkszählungsgesetzes 1983

Das BVerfG hatte in seinem Volkszählungsurteil mit § 9 Abs. 3 VZG 1983 216 die Übermittlungsvorschrift an Gemeinden zur Nutzung der erhobenen Daten flir deren eigenen Bedarf mit der Begründung für nichtig erklärt, daß diese Vorschrift es ermöglicht hätte, die personenbezogenen Einzelangaben von Übermittlungsadressaten nicht nur zu statistischen sondern ebenso zu Verwaltungsvollzugszwecken zu verwenden 217. Zu welchem konkreten Zweck die Daten jedoch weitergegeben werden sollten, sei nicht hinreichend erkennbar gewesen. Bei dem für nichtig erklären § 9 Abs. 3 VZG 1983 ging es in Satz 1 darum, den Gemeinden Teile218 der (mit ihrer Hilfe ermittelten) Daten flir bestimmte Verwaltungszwecke (Regionalplanung, Umweltschutz) wieder zur Verfugung zu stellen. Gemäß Satz 2 des § 9 Abs. 3 VZG 1983 sollten die gern. §§ 2 - 4 VZG 1983 erhobenen Merkmale den Gemeinden für eigene statistische Aufbereitungen sogar einschließlich Name und Anschrift zur Verfügung gestellt werden: Durch den Begriff "statistische Aufbereitungen" war nach Auffassung des BVerfG jedoch der Datenfluß personenbezogener Daten innerhalb der Kommunen und ihrer Verbände nur unzureichend gehemmt219.

b) Abschottung der kommunalen Statistikstellen

Die Übermittlung von statistischen Einzelangaben an Gemeinden und Gemeindeverbände ist inzwischen in § 16 Abs. 5 BStatG geregelt. Danach dürfen vom Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der 216 Gesetz Uber eine Volks-, Berufs-, Wohnungs- und Arbeitsstattenzählung (Volkszählungsgesetz 1983) vom 25. März 1982 (BGBJ. I S. 369). 217 BVertDE 65, I (66 ff.); kritisch hierzu Schneider, DÖV 1984, 161 (163), der bemängelt, daß diese BegrUndung sich nicht mit dem zuvor anerkannten Satz vertrage, daß bei einer Datenerhebung fllr statistische Zwecke "eine enge und konkrete Zweckbindung der Daten nicht verlangt werden" könne. Dies mUsse dann auch fllr die Kommunen gelten. 218 Übermittelt werden sollten die nach §§ 2-4 VZG 1983 erfaßten Erhebungsmerkmale mit Ausnahme der nach§ 4 Nr. I Buchstabe c und§ 4 Nr. 3 Buchstabe c VZG 1983 zu erhebenden Merkmale sowie die rechtliche Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft. 219

BVertDE 65, I (68 f.).

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfllngerkreis

71

Länder Einzelangaben nur für statistische Zwecke und nur dann an die zur Durchführung statistischer Aufgaben zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände übermittelt werden, wenn durch Landesgesetz die Trennung dieser Stellen von anderen kommunalen Verwaltungsstellen sichergestellt und das Statistikgeheimnis durch Organisation und Verfahren gewährleistet ist(§ 16 Abs. 5 Satz 2 BStatG)220. Der Vorgabe einer Schaffung landesgesetzlicher Regelungen als Voraussetzung einer Übermittlung von statistischen Einzelangaben aus Bundesstatistiken sind zumindest die Alt-Bundesländer inzwischen fast vollzählig nachgekommen221 . Dabei reicht es aus, wenn das Landesgesetz für die Anforderungen an die Abschottung und Gewährleistung des Statistikgeheimnisses durch Organisation und Verfahren die wesentlichen Vorgaben gibt; die Einzelheiten können in einer Rechtsverordnung, Satzung oder Verwaltungsvorschrift niedergelegt sein222• Diese abgeschotteten Stellen können dann in allen Gemeinden oder auch Gemeindeverbänden errichtet werden. Kleinere Gemeinden können - etwa aus finanziellen Gründen - die gesetzlichen Auflagen durch Gründung

220 Wie oben an anderer Stelle (vgl. C.II.l .) ausgefllhrt, beschränkt sich auch § 16 Abs. 5 BStatG grundsätzlich auf die Weitergabe ausschließlich von Erhebungsmerkmalen, nicht dagegen von Hilfsmerkmalen wie Name, Anschrift, Telefonnummer. Die Ausfllhrungen des BundestagsInnenausschusses, wonach gern. § 16 Abs.5 BStatG die Übermittlung "nicht von vomherein auf die Weitergabe von Erhebungsmerkmalen ohne Hilfsmerkmale" beschränkt sei, bezieht sich auf die Möglichkeit (und Notwendigkeit) einer entsprechenden Anordnung in einem anderweitigen, einzelstatistischen Gesetz; vgl. BT-Drucksache 10/6666, S. 16, Ziffer 15.6. 221

-

222

Derzeit liegen folgende landesgesetzliche Regelungen vor: Landesstatistikgesetz Baden-Württemberg (LStatG) vom 24. April 1991 (GBI. S. 215); Bayerisches Statistikgesetz (BayStatG) vom 10.August 1990 (GVBI. S. 270}; Gesetz über die Statistik im Land Berlin (Landesstatistikgesetz- LStatG) vom 9. Dezember 1992 (GVBI S. 365}; Landesstatistikgesetz Bremen (LStatG) vom 11. Juli 1989 (GVBI. S. 277}; Hamburgisches Statistikgesetz (HmbStatG) vom 19. März 1991 (GVBI. S. 79); Gesetz über die Statistik im Land Hessen (Hessisches Landesstatistikgesetz - HessLStatG} vom 19. Mai 1987 (GVBI. I S. 67}; Niedersächsisches Statistikgesetz (NStatG) vom 27. Juni 1988 (GVBI. S. 113); Landesstatistikgesetz Rheinland-Pfalz (LStatG} vom 27. März 1987 (GVBI. S. 57), geändert durch Art. 8 des Siebten Rechtshereinigungsgesetzes vom 5. Oktober 1990 (GVBI. s. 289); Gesetz Nr. 1249, Saarländisches Landesstatistikgesetz (SLStatG) vom 24. Oktober 1989 (ABI. S. 1570); Sächsisches Statistikgesetz (SächsStatG} vom 17. Mai 1993 (SächsGVBI. S. 453); Landesstatistikgesetz Schleswig-Holstein (LStatG) vom 8. März 1991 (GVBI. S. 131); Thüringer Statistikgesetz (ThürStatG) vom 21. Juli 1992 (GVBI. S. 368). OVG Koblenz, NJW 1987, 2533; ebenso Zieg/er, S. 166.

72

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

eines entsprechenden Gemeindeverbandes nach Maßgabe der Gesetze über kommunale Zusammenarbeit erfllllen223 . Damit ist der Gesetzgeber der Forderung des BVerfG224 nachgekommen, gerade im gemeindlichen Bereich müsse für organisatorische Vorkehrungen gesorgt sein, welche die Zweckbindung der Daten garantierten; dafür sei die Trennung der Kommunalstatistik von anderen Aufgabenbereichen der Gemeinde und ihrer Verbände ("informationelle Gewaltenteilung") unerläßlich. Die Einheit der Gemeindeverwaltung begründet infolgedessen keine "informationelle Einheit"; der Grundsatz der informationeilen Gewaltenteilung gilt auch innerhalb der Gemeindeverwaltung 225 • Die Abschottung statistischer Aufgaben von anderen Verwaltungsaufgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände ist nur ein Beispiel für die Sicherung des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung außerhalb der statistischen Ämter des Bundes und der Länder226. Die vom BVerfG geforderte informationeile Gewaltenteilung durch organisatorische Aufgabentrennung geht als allgemeine Schranke staatlicher Datenverarbeitung und organisatorisches Korrelat zum Recht auf informationeile Selbstbestimmung227 über den Bereich der Statistik weit hinaus.

c) § 16 Abs. 5 BStatG als Rahmengesetzgebung

Die Übermittlung ist darüber hinaus gern. § 16 Abs. 5 Satz I, 2. Halbsatz BStatG nur zulässig, wenn diese in einem eine Bundesstatistik anordnenden Gesetz vorgesehen ist sowie Art und Umfang der zu übermittelnden Einzelangaben bestimmt sind228. § 16 Abs. 5 BStatG steckt inso223

Mainusch, Staat und Wirtschaft in Hessen 9/10 (1988), S. 292 (294).

BVertGE 65, 1 (69); zu den Grenzen der Trennung von Statistik und Verwaltungsvollzug sowie zur Reichweite der informationeilen Gewaltenteilung vgl. Poppenhäger, NVwZ 1992, 149 ff.. 224

225

Vgl. BVertG, NJW 1988,959 (961).

226

Baumann, DVBI. 1984,612 (618).

Steinmüller, DuD 1984, 91 (93), nennt dies die "Aufsplitterung geballter Informationsmacht durch informationeile Gewaltenteilung" und folgert daraus, daß das dreifache staatliche Organisationsprinzip der horizontalen, vertikalen und funktionalen Aufteilung (in Ressorts einerseits, Bund, Länder und Gemeinden andererseits und Funktionsbereiche dritterseits) zum konstituierenden Prinzip staatlicher Datenverarbeitung geworden sei. 227

228 Vgl. z.B. § 14 des Gesetzes Uber eine Volks-, Berufs-, Gebäude-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung (Volkszählungsgesetz 1987 - VZG) vom 8. November 1985, (BGBI. I S. 2078); nach § 14 Abs. I VZG kann allerdings die Übermittlung (ohne Hilfsmerkmale) nur auf der Grundlage von Blockseiten (§ 15 Abs. 4 Satz 3 VZG) erfolgen.

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

73

weit nur den "Rahmen" ab229; Voraussetzung der Übermittlung ist eine entsprechende Rechtsgrundlage in einem einzelstatistischen Gesetz230• Soweit entsprechende Rechtsvorschriften bereits vor lokrafttreten des Bundesstatistikgesetzes bestanden haben, sind sie im Hinblick auf §§ 26 Abs. 3 und 16 Abs. 5 BStatG auf ihre inhaltliche Anwendbarkeit zu prüfien231 . d) Verfassungsrechtliche Anforderungen

Die Frage, ob die Vorgaben des BVerfG im Volkszählungsurteil zur Notwendigkeit informationeUer Gewaltenteilung auch im gemeindlichen Bereich überhaupt zu verwirklichen seien, ist unterschiedlich beantwortet worden. So geht Hans Schneider232 davon aus, daß das BVerfG bei der Forderung nach einer Trennung der Kommunalstatistik von anderen Verwaltungsbereichen der Gemeinden von Illusionen ausgehe, "seien es nun Schreckensbilder oder Wunschträume". Die Möglichkeiten, in mittleren und kleineren Gemeinden eine selbständige, weisungsfreie statistische Stelle mit einem fachkundigen Beamten einzurichten, sei gering. Bei einem bundesgesetzliehen Gebot solcher Art müßten erhebliche rechtliche wie finanzielle Probleme auftreten. Auch der Bundesbeauftragte fur den Datenschutz233 bezeichnet die Weitergabe statistischer Daten an die Gemeinden als Schwachstelle des Statistikgeheimnisses. In diesem Zusammenhang wirke sich die Bürgemähe ausnahmsweise einmal nachteilig aus.

229

Dorer/Mainusch!Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 49.

Nach dem lokrafttreten des Bundesstatistikgesetzes sind mehrere Übermittlungsvorschriften i. S. des § 16 Abs. 5 Satz 2 BStatG (Übermittlung an Gemeinden und Gemeindeverbände) erlassen worden. Dabei handelt es sich im einzelnen um: - § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Statistik der Straßenverkehrsunfälle (Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz - StVUntStatG) vom 15. Juni 1990 (BGBI. I. s. 1078); - § II Abs. I des Gesetzes über gebäude- und wohnungsstatistische Erhebungen (Wohnungsstatistikgesetz- WoStatG) vom 18. März 1993 (BGBI. I. S. 337); - § 133 des Bundessozialhilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10 Januar 1991 (BGBI. I. S. 94, 808), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 30. Juni 1993 (BGBI. I. S. 1074). 230

231 Dorer/Mainusch!Tubies, ebenda; zur Problematik einer Inanspruchnahme von Übermittlungsvorschriften auch über die in § 26 Abs. 3 BStatG gesetzte Vier-Jahres-Frist hinaus, s.u. C.Ill.5. In § 26 Abs. 3 BStatG sind allerdings Übermittlungen an Gemeinden nach § 16 Abs. 5 BStatG nicht expressis verbis aufgeftlhrt. Zur Übermittlung von Einzelangaben an Gemeinden ab dem 31.01. 1991 in diesem Zusammenhangs. u. C.III.5. Buchstabe d. 232 233

Schneider, DÖV 1984, 161 (163 f.). Baumann in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 3, S. 21 (24 ff.).

74

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Von Arnim 234 hingegen hält besondere organisatorische Vorkehrungen, die zu einer (zumindest partiellen) Herauslösung der kommunalen Statistikstellen aus der allgemeinen Hierarchie führten, durchaus flir möglich. Dies zeige schon das Beispiel der kommunalen Rechnungsprüfungsämter2Js. Der Grundsatz der Einheit der Kommunalverwaltung Kommunalverwaltung, ist somit nur eine regulative ldee236, von der Abweichungen nicht unzulässig sind237• Eine derartige organisatorische, personelle und räumliche Trennung von anderen Verwaltungsstellen setzt allerdings im Hinblick auf die Übermittlung statistischer Einzelangaben durch die statistischen Ämter des Bundes und der Länder gern. § 16 Abs. 5 Satz 2 BStatG eine landesgesetzliche Regelung voraus238 . Den Bedenken, daß kleinere Gemeinden den Abschottungsanforderungen nur schwer nachkommen können, kann dadurch begegnet werden, daß mehrere Gemeinden gemeinsam ein statistisches Amt bzw. eine abgeschottete Statistikstelle einrichten239• Das BVerfG hat zwischenzeitlich die Ausruhrungen des Volkszählungsurteils, wonach aus der Einheit der Gemeindeverwaltung keine informationelle Einheit folge, bestätige40• Der Grundsatz der informationeilen Gewaltenteilung gelte auch innerhalb der Gemeindeverwaltung. In einem weiteren Beschluß zum Volkszählungsgesetz 1987 hat das BVerfG ausgeflihrt241, daß aus seiner Sicht die Übermittlung von statistischen Einzelan234

V. Arnim, Volkszählungsurteil und Städtestatistik, S. 53 ff., 113.

Vgl. z.B. § 130 Abs. I Hess. Gemeindeordnung (HGO) in der Fassung vom I. April 1981 (GVBI. I S. 66), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.05.1992 (GVBI. I S. 170), der ausdrücklich bestimmt, daß das Rechungsprüfungsamt bei der Durchftlhrung von Prüfungen unabhängig und an Weisungen nicht gebunden ist. 235

236

V. Arnim, Volkszählungsurteil und Städtestatistik, S. 56 f.

Heußner, SGb 1984, 279 (282); schon lange vor dem Volkszählungsurteil des BVerfG vertrat Monz, StatGes, § 12 Anm. 3 Buchstabe a, zu der damaligen Geheimhaltungsvorschrift des § 12 StatGes 1953 die Auffassung, daß die Weitergabe statistischer Einzelangaben auch innerhalb der gleichen Gemeinde verboten sei. Die Angaben dUrften nur zu statistischen Zwecken verwandt werden. Wenn eine andere Abteilung trotzdem die Angaben verlange, müsse "von vomherein damit gerechnet werden, daß diese zu anderen Zwecken verwandt werden.". 237

238 Vgl. auch v. Arnim, Volkszählungsurteil und Städtestatistik, S. 57; Similis in: Meyer/Stolleis u. a., HessStVwR, S. 108 (113). 239 Nicht zu begründen und wohl auch nicht haltbar ist in diesem Zusammenhang die Auffassung v. Arnims (Volkszählungsurteil und Städtestatistik, S. 60), wonach bei "kleineren Gemeinden" eine Senkung des Abschottungsstandards möglich sei. 240

BVerfG, NJW 1988, 959 (961).

241

BVerfG, NJW 1988,962 (964).

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfllngerkreis

75

gaben - ohne Hilfsmerkmale - an kommunalstatistische Stellen als solche keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegne. In der Tat hat das Volkszählungsurteil des BVerfG242 die Übermittlungsvorschrift des § 9 Abs. 3 VZG 1983 nur im Hinblick darauf aufgehoben, daß Zweckbindung und Abschottung, vor allem aber der Grundsatz der Normenklarheie43 nicht ausreichend gewährleistet seien; diesen Beanstandungen trage § 14 Abs. l Satz 2 VZG grundsätzlich hinreichend Rechnung244. Angesichts des Vorbildcharakters des § 14 Abs. l VZG für die Formulierung des § 16 Abs. 5 BStatG- deren Normbereich sich im wesentlichen darin unterscheidet, daß § 14 Abs. 1 VZG für die sog. Blockseite245 eine gesonderte Regelung trifft- sind diese Ausführungen des BVerfG auch auf die Übermittlungsregelung des § 16 Abs. 5 BStatG zu übertragen. Die Vorschrift, die allerdings die Umsetzung der Abschottung der gemeindlichen Statistikstelle dem Landesgesetzgeber überläßt und diese voraussetzt, ist somit verfassungsrechtlich nicht angreifbar.

3. Übermittlungen für die Durchführung wissenschaftlicher Vorhaben a) Historische Entwicklung

Art. 5 Abs. 3 GG erklärt Wissenschaft, Forschung und Lehre für frei. Damit gewährt die Verfassung für jeden, der in diesem Bereich tätig ist, ein individuelles Freiheitsreche46. Das BVerfG will diese Freiheitsgarantie auf jede wissenschaftliche Tätigkeit erstreckt wissen, d.h. auf alles, was nach Inhalt und Form als ernst242

BVerfGE 65, 1 (Leitsatz 5, 61,68 ff.)

243

Vgl. Poppenhäger, NVwZ 1992, 149 (150).

BVerfG, NJW 1988,962 (964); die Ausftlhrungen, die das BVerfG an dieser Stelle macht, wonach das Recht auf informationelle Selbstbestimmung den einzelnen nicht davor schütze, daß "hinreichend anonymisierte Ergebnisse statistischer Erhebungen ftlr Planungen oder nicht unmittelbar personenbezogene Verwaltungsvollzugsmaßnahmen verwendet werden", sind in diesem Zusammenhang mißverständlich. Gemeint sind wohl nicht die Übermittlungen der statistischen Ämter an die Gemeinden- diese sind nicht "anonymisiert", sondern nur ohne Name und Anschrift übermittelt - sondern mögliche Weiterleitungen (oder Veröffentlichungen) der statistischen Stellen der Gemeinden nach Aufbereitung und Verarbeitung der statistischen Einzelangaben (vgl. § 16 Abs. 10 BStatG). 244

245

Vgl. Definition§§ 10 Abs. 3 BStatG, 15 Abs. 4 Satz 3 VZG.

Leibho/z!Rinck/Hesselberger, GG, Art. 5 Rdnr. 1081 (mit Hinweis auf BVerfUE 35, 112); zum Diskussionsstand im Hinblick auf einen grundrechtliehen Datenzugangsanspruch der Forschung vgl. Bizer, S. 41 ff. 246

76

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

hafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Dies folge unmittelbar aus der frinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnis24 • Zwischen Forschungsfreiheit resp. dem Interesse der Grundrechtsträger auf Zugang zu Informationen einerseits und Datenschutzbelangen andererseits können sich jedoch Kollisionen ergeben. Das Recht auf informationeile Selbstbestimmung ist vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 i.V. mit Art. 1 Abs. I GG umfaße48 • Dabei können weder das wissenschaftliche Informationsinteresse noch das Persönlichkeitsrecht im Hinblick auf die Geheimhaltung von Daten generell und abstrakt einen Vorrang beanspruchen. Es ist vielmehr Sache des Gesetzgebers, die Kriterien für eine sachgerechte Abwägung im Einzelfall zu normieren249• In § 16 Abs. 6 enthält das Bundesstatistikgesetz - im Gegensatz zu den Vorläufern BStatG 1980 und StatGes 1953 - erstmals eine spezielle WissenschaftsklauseL Danach dürfen an Hochschulen und sonstige Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung sog. faktisch anonymisierte Einzelangaben übermittelt werden, wenn die Ernptanger Amtsträger, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete oder Verpflichtete nach § 16 Abs. 7 BStatG sind. Vor lokrafttreten des Bundesstatistikgesetzes durften auch "der Wissenschaft" (im allgemeinen) nur voll anonymisierte Einzelangaben (gern. § 11 Abs. 5 BStatG 1980) übermittelt werden, obwohl seinerzeit im Zuge der Beratungen des BStatG 1980 an den Innenausschuß des Bundestages Wünsche von Vertretern der Wissenschaft nach Schaffung einer gesonderten Regelung für wissenschaftliche Vorhaben - außerhalb der Hochschulen herangetragen worden waren250• Die wissenschaftlichen Hochschulen waren insoweit unter der Geltung des BStatG 1980 privilegiert, als sie sogar Einzelangaben gern. § 11 Abs. 3 247 BVerfGE 35, 112 f.; kritisch hierzu Denninger in: AKGG, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 14 ff., der aufgrund der Begriffe "ernsthaft" und "wissenschaftlich" derartige Definitionen als circulus vitiosus bezeichnet. Diese erwiesen sich allesamt als wenig tauglich, die kritischen Grenzflllle eindeutig zu bewältigen; stets bleibe - unter Hinweis auf Toulmin - nur eine "NußschalenDefinition von Wissenschaft", die unvermeidlich hilflos auf der Oberfläche der Sache herumtreibe. 248

BVerfGE 65, 1 ff.

Denninger in: AKGG, Art. 5 Abs. 3 I Rdnr. 54; vgl. auch Berg in: Jehle (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz in der kriminologischen Forschung, S. 30 (43), der die Auffassung vertritt, bei diesem gesetzgeberischen Abwägungsvorgang müsse die Forschungsfreiheit umso schwerer wiegen, je wichtiger die Forschung ftlr essentielle Güter des Gemeinwesens sei. 249

250

Vgl. BT-Drucksache 8/3413, S. 13.

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empßtngerkreis

77

BStatG 1980 erhalten konnten, die nicht anonymisiert waren und - nach Anordnung in einer entsprechenden, eine Statistik anordnenden Rechtsvorschrift- u.U. sogar mit Nennung von Name und Anschrift übermittelt werden durften. Insofern trifft es nur teilweise zu, daß "der Wissenschaft" vor lokrafttreten des neuen Bundesstatistikgesetzes nur voll anonymisierte Daten auf der Grundlage des § 11 Abs. 5 BStatG 1980 übermittelt werden konnten251 ; auch nach Auffassung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages gehörten zumindest die Hochschulen zu den "Amtsträgern und fllr den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten" und damit zum Empfängerkreis des § 11 Abs. 3 BStatG 1980252• Auch der Entwurf des Bundesstatistikgesetzes der Bundesregierung von 1986 beschränkte die Übermittlung von Einzelangaben für die Wissenschaft wiederum auf Amtsträger und fllr den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete253 • Dies wurde mit Rücksichtnahme auf das vorhandene Restrisiko einer Deanonymisierung begründet sowie damit, daß dieser Personenkreis bei unbefugter Offenbarung strafrechtlich belangt werden könne254• In den weiteren Gesetzesberatungen wurde die Übermittlungsmöglichkeit des § 16 Abs. 6 BStatG auf privatrechtlich organisierte Forschungseinrichtungen ausgedehnt. Damit wurden diese in das Übermittlungsprivileg für Forschungszwecke einbezogen255, obwohl noch in der Beratung des Entwurfs des Bundesstatistikgesetzes im Bundestag Zweifel geäußert worden waren, ob den Wünschen der Wirtschaft bzw. freier Forschungsinstitute nach mehr Einzelangaben entsprochen werden könne256• Von Vertretern der universitären wie auch außeruniversitären Wissenschaft war immer wieder die Verftlgbarkeit "echter" Mikrodaten als "wertvollste" statistische Informationen für die Forschung als notwendig

251 So aber Groß, AöR 113 (1988), S. 161 (203); ebenso offenbar Ziegler, S. 174 ff., der§ 11 Abs. 5 BStatG 1980 im Kontext des § 16 Abs. 6 BStatG erörtert. Das derzeitige Pendant zu§ 11 Abs. 5 BStatG 1980 ist allerdings§ 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG. 252

BT-Drucksache 8/3413, S. 13.

Vgl. hierzu §§ 203 - 205, 353 StGB; Verpflichtungsgesetz vom 2. März 1974 (BGBI. I S. 469), geändert durch Gesetz vom 15. August 1974 (BGBI. I S. 1942). 253

254

BT-Drucksache 10/5345, S. 21 , Zu§ 16 Abs. 4.

255

Vgl. BT-Drucksache 10/6666, S. 16, Ziffer 15.7.

Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 10/222, S. 17243 ff. So trug der Abg. Broll (CDU/CSU) vor, daß Einzelangaben nur demjenigen gegeben werden sollten, "der im Dienste des Staates, also auch vom Staat besonders greifbar, wenn er Mißbrauch betreibt, steht und im Auftrag des Staates arbeitet". 256

78

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

bezeichnet worden 257• Die Wissenschaft könne sich nicht mit dem Tabellenprogramm der amtlichen Statistik begnügen, sondern brauche den Zugang zu Individualdaten, um den Zusammenhang sozialer Strukturen und individueller Lebensverhältnisse und Lebensläufe aufzeigen zu können258 . Ob dazu tatsächlich ein unmittelbarer Zugang zu Mikrodaten notwendig war oder aber - wie an anderer Stelle vorgeschlagen259 - der Wissenschaft anstatt des Zugangs zu Individualdaten lediglich die Möglichkeit hätte eingeräumt werden sollen (gegebenenfalls mittels Online-Verbindung) zwar mit auf Individualdaten zugreifenden Programmen zu arbeiten, als Ergebnis jedoch nur aggregierte Daten zu erhalten, kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben; der Gesetzgeber hat sich trotz der geäußerten Bedenken260 ftir die Möglichkeit der Übermittlung von Einzelangaben über die staatlichen Amtsträger bzw. ftir den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten hinaus an privatrechtlich organisierte Forschungseinrichtungen entschieden.

b) Begriff des "wissenschaftlichen Vorhabens"

Die Einzelangaben dürfen vom Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder nur "filr die Durchfilhrung wissenschaftlicher Vorhaben" übermittelt werden. Geht man vom Wissenschaftsbegriff des BVerfG (s.o. 3. Buchstabe a) bzw. auch der Definition v. Münchs261 , wonach es sich hierbei um einen komplexen Sachverhalt handelt, "der durch individuelles oder gemeinschaftliches, auf einen Bestand an Erkenntnissen aufbauendes, methodisch vorgehendes, denkendes und auf neue Erkenntnisse gerichtetes Verhalten geprägt ist", aus, so wird rasch deutlich, daß

251 Vgl. hierzu Wingen, Österreichische Zeitschrift ftlr Statistik und Informatik, 20 Jg. (1990), S. 3, 21, mit dem Hinweis, daß der§ 16 Abs. 6 BStatG die Situation ftlr die an die strikte statistische Geheimhaltung gewöhnten statistischen Ämter "nicht leichter gemacht" habe; vgl. auch Groß, AöR 113 (1988), S. 161 (204). 258

Zapf in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 3, S. 38 (45 ff.).

259

Deininger in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 5, S. 172 ff.

Badura in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 107 (113 ff.) äußert Bedenken, ob eine Erweiterung des Empfängerkreises von (faktisch anonymisierten) Einzelangaben auf private oder privatwirtschaftliche Einrichtungen oder Gruppen "unabhängiger wissenschaftlicher Forschung" durch eine neu einzufUhrende Form besonderer Verpflichtung von Personen außerhalb des öffentlichen Dienstes- jetzt§ 16 Abs. 7 BStatG- kompensiert werden könne. 260

261 Von Münch, Grundgesetz, 3. Auflage, Art. 5 Rdnr. 66; ebenso Wendt in: v. Münch, Art. 5 Rdnr. 100.

111. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfllngerkreis

79

einer Prüfung der statistischen Ämter, ob die Verwendung der Daten "für wissenschaftliche Zwecke" vorgesehen ist, enge Grenzen gesetzt sind262• An den Vorschlag von Grohmann263 , vor einer eventuellen Übermittlung die Prüfung eines (vorzulegenden) Forschungsplans vorzusehen, aus dem die Notwendigkeit der VerfUgung über Einzeldaten hervorgeht, wird daher eher im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung der Datenanfrage zu denken sein, d.h. der Frage, ob nicht auch aggregierte oder aber voll anonymisierte Daten(§ 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 BStatG) ausreichend wären 264• Wenn der Wissenschaftsbegriff "nur der Wissenschaft zur Verfügung" steht265, so ist jedenfalls der "wissenschaftswissenschaftliche" Streit um "Enge" oder "Weite" des Wissenschaftsbegriffs nicht durch politische (oder verwaltungsbehördliche) Instanzen zu entscheiden266• Immerhin deuten der Terminus "wissenschaftliches Vorhaben" in § 16 Abs. 6 BStatG sowie die Verpflichtung in§ 16 Abs. 8 BStatG, die übermittelten Einzelangaben zu löschen, sobald das wissenschaftliche Vorhaben durchgeftlhrt worden ist, darauf hin, daß nicht jede und auf Dauer ausgerichtete wissenschaftliche Tätigkeit hierunter subsumierbar ist. Das wissenschaftliche Vorhaben muß vielmehr inhaltlich wie auch zeitlich begrenzt sein, und dies muß in der Datenanforderung durch Beschreibung des Forschungsprojekts deutlich werden 267• Daß eine derartige, projektbezogene Datenanforderung anstelle eigener, auf Dauer angelegter Datenvorhaltung bei längerfristigen wissenschaftlichen Vorhaben ftlr die Forschung Restriktionen mit sich bringt, liegt auf der Hand268 •

262 Kritisch zum Terminus auch Schiedermaier in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 169 (174 ff.), der im übrigen davon ausgeht, daß die Verwendung der Daten von Datenschutzbeauftragten und nicht von den statistischen Ämtern zu kontrollieren sei; a.A.: Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 70. 263

Grohmann in: Forum der Bundesstatistik Bd. 9, S. 214 ff.

Vgl. hierzu unten C.III.J . Buchstabe e sowie zur Notwendigkeit der Erforderlichkeitsprüfung auch BVerfGE 65, 1 (67 ff.), wobei das BVerfG allerdings die Weitergabe (voll) anonymisierter Einzelangaben gern. § 11 Abs. 5 BStatG 1980 (begriffsverwirrend) als "Übermittlungfaktisch - anonymisierter Einzelangaben" bezeichnet. 264

265

Ridder, S. 135.

266

Ridder, ebenda.

267

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 54.

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 74; insoweit ist § 16 Abs. 6 BStatG das gesetzgeberische Abwägungsergebnis zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit, vgl. Weberling, DVBI. 1991, 681 (684.). 268

80

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

c) Übermittlungsadressaten

aa) Hochschulen

Die Einzelangaben dürfen an "Hochschulen oder sonstige Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung" übermittelt werden. Bei den in Frage kommenden Hochschulen handelt es sich in erster Linie um staatliche Hochschulen, nicht aber um ausschließlich wissenschaftliche Hochschulen oder Universitäten. Die Qualifizierung einer Einrichtung als "Hochschule" läßt sich aus den einschlägigen Hochschulgesetzen der Länder entnehmen269• Dabei werden sowohl Universitäten, Gesamthochschulen, als auch staatliche und kirchliche Fachhochschulen in Betracht kommen270; nicht automatisch jedoch nichtstaatliche Bildungseinrichtungen. Diese bedürfen in der Regel staatlicher Anerkennung, die nur beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen erteilt wird271 • Dabei sind unter Hochschule nicht allein die Hochschulen als Institutionen, sondern insbesondere auch die dort wissenschaftlich Tätigen zu verstehen. Neben den Hochschullehrern können dies unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 3 GG auch wissenschaftliche Mitarbeiter und Studenten sein, jedenfalls soweit sie im Rahmen von Diplomarbeiten, Promotionen etc. eigenverantwortlich wissenschaftlich tätig werden272•

269 Vgl. z.B. §§ I, 2 Abs. 1 Hess. Hochschulgesetz (Hochschulgesetz - HHG -)vom 6. Juni 1978 (GVBI. I S. 319), zuletzt gelindert durch Gesetz vom 17. Juni 1992 (GVBI. I. S. 233); § 1 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) in der Fassung vom 14. Juni 1989 (Nieders. GVBI. S. 233), zuletzt gelindert durch Gesetz vom 25. April 1991 (Nieders. GVBI. S. 173); zur Begrifflichkeit vgl. auch Leibholz/Rinck/Hesselberger, Grundgesetz, Art. S Rdnm. 1121 ff. 270

Vgl. §§ 1 Abs. 1 und 4 NHG, § 131 NHG.

271

Vgl. § 126 NHG.

272

Vgl. Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. S Abs. 3, Rdnr. 122; Bizer, S. 130.

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

81

bb) Sonstige Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung

aaa) Wissenschaftliche Forschung Die Übermittlung darf (neben den Hochschulen) auch an "sonstige Einrichtungen" mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung erfolgen. Der Bericht des Innenausschusses des Bundestages273 nennt als Grund für die gegenüber dem Regierungsentwurf erfolgte Erweiterung des Empfängerkreises (der sich ursprünglich auf Amtsträger und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete beschränkte), daß auch privatrechtlich organisierte Forschungseinrichtungen in das Übermittlungsprivileg für Forschungszwecke einbezogen werden sollten. Diese Argumentation trifft jedenfalls auf diejenigen privatrechtliehen Einrichtungen zu, die nicht über eine staatliche Anerkennung als "Hochschule" nach den entsprechenden landesrechtliehen Vorschriften verfügen. Da durch Art. 5 Abs. 3 GG jeder wissenschaftliche Erkenntnisprozeß geschützt werden soll274, kann es bei den Forschungseinrichtungen auch nicht primär auf die Größe, Organisationsform oder etwa Reputation im Wissenschaftsbetrieb ankommen275 ; zur Ermittlung, ob im Einzelfall eine Einrichtung i.S. der gegebenen Definition "Wissenschaft" betreibt, ist indessen auch die Anerkennung durch Dritte nicht ohne jegliche Bedeutung. So wird die bloße Behauptung, man betreibe Wissenschaft, für eine angestrebte Datenübermittlung nicht genügen276• Bei der Erweiterung des Empfängerkreises wurde auch darauf verzichtet, nur auf solche Institute abzustellen, die etwa in der sog. "Blauen Liste" (der gemeinsamen Forschungsförderung durch Bund und Länder) enthalten sind277, und damit auf den Versuch, etwa die Übermittlung nach § 16 Abs. 6 BStatG z.B. auf größere Wirtschaftsforschungsinstitute zu beschränken.

273

BT-Drucksache 10/6666, S. 16, Ziffer 15.7.

274

Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 5 Rdnrn. 98 ff.

A.A. offenbar Schiedermaier in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 175, der konstatiert, daß die Öffentlichkeit seit langem unter einer "Vielzahl selbsternannter Wissenschaftler leide" und nennt als Beispiel (wohl dessen was er nicht unter "wissenschaftlicher Einrichtung" subsumiert sehen möchte) ein "Öko-Institut, das von einem Grundschullehrer, einer Krankenschwester, einem Landwirtschaftsrat und einem Rechtsreferendar geleitet wird". 275

276

V. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Bd. I, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 222.

277

Vgl. Hölder in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 15 I.

6 Pappenhäger

82

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Unter die Wissenschaftsklausel des § 16 Abs. 6 BStatG fällt somit auch der "Privatgelehrte" als Teil oder Betreiber einer privaten bzw. überwiegend privat finanzierten Forschungseinrichtung. Der Gesetzgeber hat eine Zweckbeschränkung ebenfalls nicht vorgesehen. So wird man wohl auch kaum einem "Öko-Institut, das von einem Grundschullehrer, einer Krankenschwester, einem Landwirtschaftsrat und einem Rechtsreferendar geleitet wird"278, per se absprechen können, daß es sich um eine Einrichtung handelt, die wissenschaftlichen Zwecken dient. Allenfalls ein Mindestmaß an organisatorischer und personeller Konstanz wird man dem Begriff "Einrichtung" entnehmen können279.

bbb) Unabhängigkeit Erscheint der Begriff "wissenschaftliche Forschung" noch relativ klar definierbar280, so ist das Adjektiv "unabhängig" an dieser Stelle auslegungsbedürftig. Im Gegensatz zu dem in der öffentlichen Anhörung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes vor dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages am 8. September 1986 geäußerten Wunsch 281 hat der Gesetzgeber nicht versucht, zu klären, was "unabhängige" Forschung (oder auch "wissenschaftliche Zwecke") sind.

278 Schiedermaier in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 169 (175), nennt dies als ein- seiner Meinung nach wohl kaum ftlr eine Übermittlung in Frage kommendes -Beispiel. Vgl. aber Ridder, 134 ff., Denninger in: AKGG, Art. 5 Abs. 3 I, Rdnr. 27 resp. deren Ausftlhrungen zur Wissenschaftsfreiheit als "Jedermanns-Grundrecht". 279 So verwendet z.B. der Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, BT-Drucksache 10/6666, S. I, den Begriff "private Forschungsinstitutionen", auf die die Übermittlungsmöglichkeit des § 16 Abs. 6 BStatG ausgedehnt worden sei. 280 Vgl. die Definition von Maunz/Dürig/Hen:og/Scho/z, Grundgesetz, Art. 5 Rdnr. 101, wonach Wissenschaft als autonomer, geistiger Prozeß "planmäßiger, methodischer und eigenverantwortlicher Suche nach Erkenntnissen sachbezogen-objektiver Wahrheit sowie kommunikativer Vermittlung solcher Erkenntnisse" besteht. 281 So Schiedermaier in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 169 (174), der auch auf Abgrenzungsschwierigkeiten hinweist, etwa wenn ein Forschungsinstitut, das von einer bestimmten Interessengruppe eingerichtet und betrieben wird, die Lieferung von Daten nach § 16 Abs. 6 BStatG beantragt. Jedenfalls geht auch Schiedermaier nicht davon aus, daß dem Wort "unabhängig" als einem dem Wissenschaftsbegriff inhärenten Adjektiv keine eigenständige Bedeutung mehr zukomme, es gleichsam etwa als Tautologie die Unabhängigkeit der Wissenschaft betont.

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfllngerkreis

83

Nach Dorer/Mainusch/Tubies282 soll das Ergebnis der Auslegung allein davon abhängig sein, ob das Ergebnis der Forschung frei von Fremdbestimmung oder Zensur ist. Dies kann jedoch nicht gleichbedeutend mit "zweckfreier Forschung" sein, würde dies doch weite Bereiche der über Kirchen, Unternehmen oder Parteien finanzierten Forschung aus dem Empfängerkreis des § 16 Abs. 6 BStatG ausschließen, obwohl grundsätzlich auch auftrags- oder zweckgebundene Industrieforschung wie von der öffentlichen Hand geförderte Forschung ebenso (verfassungsgeschützte) Wissenschaft sein kann, wie ungebundene Forschung etwa an einer Universität283. Ein genereller Ausschluß dieser Forschungsbereiche aus dem Adressatenkreis des § 16 Abs. 6 BStatG kommt daher nicht in Betracht284; auch Zweck- und Auftragsforschung kann Wissenschaft sein. Voraussetzung ist jedoch, daß "wirklich" Wissenschaft betrieben wird, wozu das dafür notwendige Mindestmaß an Freiheit des Wissenschaftlers gegenüber dem Träger der Forschungsstätte gehört285 •

ccc) Einrichtungen staatlicher Ressortforschung Ist somit auftrags- oder zweckgebundene Industrieforschung ebenso unter den Wissenschaftsbegriff des GG zu fassen wie die ungebundene Forschung an einer staatlichen Universität286, so trifft dies prinzipiell auch 282 Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 57; ebenso Zieg/er, S. 186 unter Berufung auf die Vorgenannten. 283

Vgl. Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 99; Denninger in: AKGG,

Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 16.

284 Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 57, fordern an dieser Stelle die Anlegung eines strengen Prüfungsmaßstabs durch die statistischen Ämter, um so den Gefahren einer Aushöhlung der statistischen Geheimhaltung durch einen (denkbaren) Mißbrauch des§ 16 Abs. 6 BStatG entgegenzuwirken. Angesichts der verfassungsrechtlichen Bedenken einer zu tiefgehenden inhaltlichen Prüfung einzelner Forschungsvorhaben oder Institute erscheint dieser Ansatz wenig tauglich. 285 V. Mango/dt/K/ein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnm. 224, 253; a. A. wohl Bizer, S. 132 f. , der auf gegenteilige Auffassungen bei Vorhaben, "bei denen die Forschungsziele vom Projektträger bereits unter Gewinngesichtspunkten vorgegeben werden" sowie zweckgebundener Unternehmensforschung und kommerzieller Marktforschung verweist. 286 Vgl. hierzu aber Mallmann in: Similis u.a., BDSG, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 52 ff., ftlr den jedenfalls Tätigkeiten, z.B. der Marktforschung, die eine Forschungseinrichtung im Auftrag eines Wirtschaftsunternehmens durchfUhrt, angesichts deren wirtschaftlicher Unterordnung nicht unter die wissenschaftlichen Zwecke des § 14 BDSG 1977 (entspricht § 20 BDSG) fallen; ähnlich Gallwas/Schweinoch, BDSG, § 14 Rdnr. 40; Bizer, S. 132, weist auf eine gelegentlich engere Auslegung des datenschutzrechtlichen gegenüber dem verfassungsrechtlichen Forschungsbegriff hin.

6*

84

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

auf die von der öffentlichen Hand geförderte Forschung zu287; unabhängig von den jeweiligen Interessen soll jeder wissenschaftliche Erkenntnisprozeß geschützt sein. Fraglich ist jedoch, ob z.B. auch die Einrichtungen der staatlichen Ressortforschung uneingeschränkt unter den Empfiingerkreis der Übermittlungsregelung des § 16 Abs. 6 BStatG filr die wissenschaftliche Forschung fallen.

a.) Weisungsgebundenheit

Die Aufgabe der Ressortforschungseinrichtungen des Bundes besteht darin, fllr die Bundesregierung wissenschaftliche Grundlagen fllr ihre politischen und administrativen Aufgaben zu erarbeiten288, wobei ihnen ein bestimmtes, auf die Ziele und Aufgaben der jeweiligen Bundesressorts ausgerichtetes Aufgabenfeld zugewiesen ist. Geht man allein davon aus, ob an der infragestehenden Einrichtung "das Ergebnis der Forschung frei von Fremdbestimmung oder Zensur" ise89, so wird man z.B. die Ressortforschungseinrichtungen des Bundes und der Länder kaum aus dem potentiellen Empfiingerkreis des § 16 Abs. 6 BStatG ausschließen können: die Forschungseinrichtungen des Bundes sind insoweit und im Hinblick auf Art. 5 Abs. 3 GG bei ihrer Methoden- und Ergebnisfindung frei. Weisungsgebunden sind sie nur was das Ziel und den Gegenstand ihrer Arbeiten angehe90• Noch deutlicher wird die Problemstellung, wenn man die gesetzlichen Aufgabenkataloge z.B. der Bundesanstalt fiir Arbeit oder auch des Bundeskriminalamtes zum Maßstab nimmt: Die Bundesanstalt hat gern. § 6

287 Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 98 ff.; vgl. aber Bizer, S. 132, 173 f., der behördeneigene Forschung oder Planung, jedenfalls wenn sie von staatlichen Stellen zur Unterstützung ihrer Aufgaben selbst durchgeftlhrt wird, nicht zur unabhängigen Forschung zählt. 288 Bundesbericht Forschung 1984, Unterrichtung durch die Bundesregierung, BT-Drucksache 10/1543, S. 37. Der Bericht nennt ftlr das Jahr 1984 ftlr den Bund 41 solcher Ressortforschungseinrichtungen mit insgesamt 14.500 Mitarbeitern. Im Inhaltsverzeichnis läßt sich unter der Ziffer 4 eine repräsentative Auflistung fast aller in Frage kommender Einrichtungen des Bundes entnehmen, die vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI), Berlin, bis zur Bundesanstalt ftlr Wasserbau (BAW), Karlsruhe, reicht. 289

Dorer!Mainusch!Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 57.

Bundesbericht Forschung 1984, Unterrichtung durch die Bundesregierung, BT-Drucksache 10/1543, s. 38. 290

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfllngerkreis

85

Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) 291 die Aufgabe einer kontinuierlichen Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, dem Bundeskriminalamt kommt gern. § 2 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes über die Errichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes292 als Zentralstelle die Aufgabe zu, "Forschung zur Entwicklung polizeilicher Methoden und Arbeitsweisen der Verbrechensbekämpfung" zu betreiben. Auch den Forschungsinstituten bzw. -abteilungen dieser beiden Einrichtungen wird kaum ein "individuelles oder gemeinschaftliches, auf einen Bestand an Erkenntnissen aufbauendes, methodisch vorgehendes, denkendes und auf neue Erkenntnisse gerichtetes Verhalten"293 abzusprechen sein. Demnach wären sowohl die staatlichen Ressortforschungseinrichtungen wie auch Forschungsabteilungen nachgeordneter Behörden trotz grundsätzlicher Weisungsgebundenheit und Einordnung in die Behördenhierarchie jedenfalls Teilhaber des verfassungsrechtlichen Wissenschaftsbegriffs und Adressaten des§ 16 Abs. 6 BStatG.

ß) Verfassungsrechtlicher Wissenschaftsbegriffund Bundesstatistikgesetz

Dieses Ergebnis der Auslegung des § 16 Abs. 6 BStatG würde nicht unterscheiden zwischen Ressortforschung und unabhängiger privater oder universitärer Forschung. Die Notwendigkeit einer diesbezüglichen Differenzierung294 erscheint allerdings nicht zuletzt aufgrund der im Vorfeld der 291 Arbeitstbrderungsgesetz vom 25. Juni 1969 (BGBI. I S. 582), zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes vom 27. Juni 1993 (BGBI. I S. 944); die Bundesanstalt filr Arbeit erfllllt ihren Forschungsauftrag vornehmlich durch das Institut fllr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (lAB), das allerdings organisatorisch eine Abteilung der Hauptstelle der Bundesanstalt ist, vgl. Schieckei/Grüner/Dalichau, AFG, § 6 Anm. II. 292 Gesetz Ober die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Bundeskriminalamtes) in der Fassung vom 29. Juni 1973 (BGBI. I S. 704), zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 9. Dezember 1974 (BGBI. I S. 3393). 293 Von Münch, GG, 3. Auflage Art. 5 Rdnr. 66, Definitionsversuch des komplexen Sachverhaltes "Wissenschaft"; so im Ergebnis schon Hase, DuR 1984, 39 (44), mit (sachlich gerechtfertigter) Kritik an der seinerzeitigen Wissenschaftsklausel des § 9 Abs. 4 VZG 1983 sowie Mükkenberger, Kritische Justiz 1984, I (21 ff.), der diesbezUglieh die fehlende datenschutzrechtliche Sensibilität des Bundesverfassungsgerichtes kritisiert: ausgeblendet werde (im Zusammenhang mit§ 9 Abs. 4 VZG 1983), daß Wissenschaft- etwa im Rahmen des Bundeskriminalamtes oder der Verfassungsschutzbehörden- "durchaus exekutivstrategisch und im Verbund mit akkumuliertem Zusatzwissen" betrieben werden könne. Zu fordern seien daher dem gemeindlichen Bereich vergleichbare Abschottungsregelungen. 294 Vgl. hierzu auch Stollenberg in: Jehle, Kriminologie und Praxis, Bd. 2, S. 178 (196 ff.), der bezUglieh des damaligen Entwurfs eines Bundesdatenschutzgesetzes darauf hinwies, daß das Argument von Vertretern der Wissenschaft, die Geßhrdung des Persönlichkeitsrechts der Betrof-

86

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Verabschiedung des Bundesstatistikgesetzes geäußerten Prämissen betreffend die infragestehende Wissenschaftsklausef95 nicht nur aus Akzeptanzgründen296, sondern auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen geboten. Geht man davon aus, daß die Unabhängigkeit der Wissenschaft dem verfassungsrechtlichen Wissenschaftsbegriff immanent ise97, so erscheint es sowohl grammatikalisch als auch bei systematischer Auslegung (im Vergleich zu dem alternativen Tatbestandsmerkmal "Hochschule") angezeigt, dem Adjektiv "unabhängig" im Zusammenhang mit "wissenschaftlicher Forschung" nicht nur tautologischen, sondern den Empfängerkreis einschränkenden Inhalt zuzugestehen; eine besondere Erwähnung der notwendigen Unabhängigkeit der "wissenschaftlichen Forschung" wäre ansonsten überflüssig gewesen.

y) Gleichstellung mit Einrichtungen unabhängiger wissenschaftlicher Forschung

Geht man weiter davon aus, daß der Gesetzgeber die Hochschulen exemplarisch als besondere Ausprägung einer Einrichtung mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung genannt hat, so wäre dementsprechend sowohl die rechtliche Struktur (gegenüber Dritten) wie auch die innere Organisationsstruktur zur Auslegung heranzuziehen. Einrichtungen, die auf Prinzipien hierarchischer Gliederung, hoheitlichen Zwangs oder weisungsrechtlicher Abhängigkeit beruhen, sind diesem Leitbild "Hochschule" der Wissenschaftsklausel des § 16 Abs. 6 BStatG nicht ohne weiteres gleichzustellen298• fenen sei durch zweckfremde Nutzung bei Wissenschaftlern viel geringer als bei Behörden, jedenfalls fllr den Bereich der staatlichen Ressortforschung nicht überzeuge. Deshalb sei es überlegenswert, eine entsprechende gesetzliche Differenzierung anzustreben. 295 Vgl. hierzu Hölder in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 134 (150), der ausfUhrt, daß in jedem Fall vermieden werden müsse, daß die statistischen Ämter in Verdacht gerieten, über die Regelungen zur Übermittlung faktisch anonymisierter Einzelangaben fllr wissenschaftliche Zwekke Einzelangaben an Stellen im öffentlichen Bereich zu liefern, bei denen aufgrundihrer Verwaltungsaufgaben in der Behördenorganisation nicht unerhebliches Zusatzwissen und damit hohe Chancen der Reidentifitkation der Einzelangaben vermutet werden dürften. 296

Hölder, ebenda.

297

Vgl. Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Art. 5 Abs. 3 Rdnm. 98 ff.

Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Überleitungsvorschrift des § 26 Abs. I BStatG, wo die verfassungsrechtliche Bedeutung von organisatorischen und verfahrensmäßigen Abschottungsregelungen deutlich wird. In der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes wird hierzu darüber hinaus ausgefllhrt, daß die mit statistischen Aufgaben 298

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

87

Der Wissenschaftler an einer Hochschule ist hinsichtlich seiner wissenschaftlichen Tätigkeit nicht weisungsgebunden. Bei Ressortforschungseinrichtungen ist indessen die Weitergabe statistischer Einzelangaben z.B. durch eine möglicherweise rechtswidrige, aber nach beamtenrechtlichen Grundsätzen dennoch zu befolgende Weisung durch höhere Vorgesetzte organisationsrechtlich nicht ausgeschlossen 299• Dem Angewiesenen bliebe insoweit nur die allgemeine beamtenrechtliche Remonstration nach § 3 8 Abs. 2 Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) bzw. §56 Abs. 2 Bundesbeamtengesetz (BBG)300• Grundsätzlich hat der Beamte jedoch - außer bei einer für ihn erkennbaren Strafbarkeit, Ordnungswidrigkeit oder Verletzung der Menschenwürde - den zu dienstlichen Zwecken und in der gehörigen Form erteilten Weisungen des Vorgesetzten Folge zu leisten301 • Zwar ist die Weitergabe von nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG geschützten statistischen Einzelangaben grundsätzlich nach den Vorschriften der §§ 203 - 205 StGB als Verletzung von Privatgeheimnissen bzw. § 353b Abs. 1 StGB als Verletzung von Dienstgeheimnissen strafbar; die Weitergabe von Daten auf dem Dienstweg wird jedoch qedenfalls innerhalb derselben Behörde) nicht als "offenbaren" angesehen °2 • Darüber hinaus wirkt § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB bei einer Weitergabe an andere Behörden partiell tatbestandsausschließend; ebenso die neben der Mitteilung der "geheimen Tatsache" darüber hinaus geforderte Mitteilung der betroffenen Person303 •

befaßte Organisationseinheit organisatorisch und personell von anderen Bereichen getrennt und die in der Behördenhierarchie angelegten Aufsichts- und Weisungsbefugnisse durch das Statistikgeheimnis begrenzt wUrden (BT-Drucksache 10/5345, Zu§ 25, Zu Abs. I, S. 23). 299 Vgl. hierzu auch die Ausruhrungen von Enge/age, 140 (141 f.), der -allerdings im Hinblick auf Weisungsbefugnisse von Dienstaufsichtsbehörden - die Auffassung vertritt, daß im Statistikproduktionsprozeß kaum Felder verbleiben, in denen Dienstaufsicht und Weisungsgebundenheit materiell und aus Akzeptanzgründen angezeigt erscheinen. Eine generelle Begrenzung der Weisungsbefugnisse ergebe sich schon daraus, daß die vorgesetzte Behörde gleichermaßen dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung unterliege. 300 Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz BRRG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1985 (BGBI. I S. 462), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.03.1993 (BGBI. I S. 391). 301 Vgl. dazu im einzelnen Depenheuer, DVBI. 1992, 404 ff. (413), der als Ergebnis einer Auslegung des § 38 Abs. 2 BRRG fordert, daß der Amtswalter einer dienstlichen Anordnung seines Vorgesetzten den Gehorsam nur dann verweigern darf, wenn die Strafbarkeit, Ordnungswidrigkeit oder Verletzung der Menschenwürde "offensichtlich" ist. Eine solche Annahme erscheint jedoch nach einem durchgeftlhrten, behördeninternen Remonstationsverfahren und Bestätigung (der Rechtsmäßigkeit der Anordnung) durch einen Vorgesetzten, kaum noch vertretbar. 302

Vgl. Schönke/Schröder/Lenckner, StGB, § 203, Rdnr. 45.

303

Schönke/Schröder/Lenckner, StGB, § 203, Rdnr. 19.

88

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Bei der Weitergabe von (faktisch) anonymisierten Einzelangaben wäre jedenfalls die dahinterstehende Person nicht ohne weiteres erkennbar, so daß eine entsprechende Anordnung eines Dienstvorgesetzten mangels Verwirklichung eines Straftatbestandes - auch bei erfolgter Remonstration, § 56 Abs. 2 Satz 3 BBG - ausgeflihrt werden müßte. Insoweit beantwortet die Vorgesetztenweisung zwar nicht die Rechtsfrage, beendet aber den verwaltungsinternen Willenbildungsprozeß304• Daß diese Problematik im Bereich der statistischen Geheimhaltung durchaus gesehen wird, ist auch aus der Regelung des § 2 Abs. 2 des Saarländischen Landesstatistikgesetzes (SLStatG)305 ersichtlich; dort wird bestimmt, daß das Weisungsrecht gegenüber dem Statistischen Landesamt - dieses ist gern. § 1 Abs. 1 SLStatG eine Landesbehörde im Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten - sich nicht auf die Weitergabe von Einzelangaben erstreckt, die der statistischen Geheimhaltung unterliegen. Aus dem bislang Gesagten ergibt sich, daß jedenfalls die Behörden bzw. Ressortforschung - nicht ohne weiteres den Einrichtungen mit der Aufgabe "unabhängiger wissenschaftlicher Forschung" des § 16 Abs. 6 BStatG gleichzustellen ise06• Diese Erwägungen werden gestützt auch durch die Regelungen, die das Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz (StVUnfStatGi07 für die Übermittlung von Einzelangaben an die Bundesanstalt für Straßenwesen trifft. § 5 Abs. 3 Satz 1 StVUnfStatG erlaubt die Übermittlung bestimmter Einzelangaben durch die statistischen Ämter der Länder. Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 3-6 StVUnfStatG ist vor der Übermittlung von statistischen Einzelangaben in der Bundesanstalt für Straßenwesen eine Organisationseinheit einzurichten, die organisatorisch und personell von anderen Aufgabenbereichen der Bundesanstalt zu trennen ist. Die dort tätigen Personen dürfen die aus ihrer 304

Vgl. Depenheuer, DVBI. 1992, 404 (409).

30s

Gesetz Nr. 1249, Saarländisches Landesstatistikgesetz (SLStatG) vom 24. Oktober 1989 (ABI. S. 1570); ebenso § 3 Abs. I Satz 2 des Gesetzes über die Statistik im Land Berlin vom 9. Dezember 1992 (GVBI. Nr. 58 S. 365), der bestimmt, daß das Weisungsrecht gegenüber dem Statistischen Landesamt sich nicht auf die Weitergabe von Einzelangaben erstreckt, die der statistischen Geheimhaltung unterliegen. 306 Im Ergebnis namentlich fllr wissenschaftliche Arbeit im Bereich der Nachrichtendienste, Verfassungsschutzbehörden, der Behörden der Polizeien des Bundes und der Länder ebenso Mayer in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 101 (105); Mallmann in: Similis u.a., BDSG, 3. Auflage, § 14, Rdnr. 54 ff., der allerdings bei der Forschungstätigkeit von Behörden grundsätzlich keine Unabhängigkeit von wissenschaftsfremden Zielvorgaben sieht, so daß insofern von vorneherein diese Tätigkeit nicht unter "unabhängige wissenschaftliche Forschung" subsumiert werden kann. 307 Gesetz über die Statistik der Straßenverkehrsunfillle (Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz StVUnfStatG) vom 15. Juni 1990 (BGBI. I S. 1078).

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfltngerkreis

89

Tätigkeit gewonnenen Erkenntnisse nur für Zwecke der Unfallforschung verwenden; die übermittelten statistischen Angaben dürfen nicht mit anderen personenbezogenen Daten zusammengeführt werden. In § 5 Abs. 4 StVUnfStatG wird darüber hinaus festgestellt, daß die Übermittlung von Einzelangaben an "Hochschulen und sonstige Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung" unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 6 BStatG erfolgt. Diesen zusätzlichen Vorkehrungen zur Geheimhaltung vorausgegangen war die Beanstandung einer Datenlieferung des Statistischen Bundesamtes an die Bundesanstalt für Straßenwesen durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz308• Daraus, daß hier in einem einzelstatistischen Gesetz eine besondere Weiterleitungsvorschrift normiert wurde, sowie aus der besonderen Erwähnung der Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung (sowie dem Verweis auf§ 16 Abs. 6 BStatG) in § 5 Abs. 4 StVUnfStatG läßt sich im Umkehrschluß folgern, daß der Gesetzgeber jedenfalls nicht die Bundesanstalt für Straßenwesen als exemplarische Adressatin der Übermittlungsvorschrift des § 16 Abs. 6 BStatG im Auge hatte. Zu unterstellen ist eher die Vorstellung mangelnder Einschlägigkeit dieser Vorschrift des Bundesstatistikgesetzes.

ddd) Verfassungskonforme Auslegung Will man die Einrichtungen der Ressortforschung sowie die Behördenforschung nicht gänzlich aus dem Empfängerkreis des § 16 Abs. 6 BStatG ausschließen, so erscheint jedenfalls eine (verfassungskonforme) Auslegung des Tatbestandmerkmals "unabhängige wissenschaftliche Forschung" geboten, die sich an den Vorgaben des Volkszählungsurteils des BVerfG309, insbesondere am verfassungsrechtlichen Grundsatz der Trennung von Statistik und Vollzug310, orientiert.

308 Vgl. Zehnter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten fllr den Datenschutz, gern. § 19 Abs. 2 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz dem Deutschen Bundestag vorgelegt am I. Januar 1988, Ziffer 10.2.2 (BT-Drucksache 11/1693 vom 20. Januar 1988). 309

BVerfDE 65, 1 ff.

BVerfDE 65, I (61, 66 ff.); zum Problem der Trennung von Statistik und Verwaltungsvollzug vgl. auch Poppenhäger, NVwZ 1992, 149 ff.; Karaus, S. 148, 152, will statistische Einzelangaben überhaupt nur an Behörden Ubennittelt wissen, die "keine (auch nicht mittelbare) Berührung zu Aufgaben des Verwaltungsvollzugs aufweisen". Vgl. neuerdings auch die Regelung des§ 35 Abs. 6 Satz 3 des Wohngeldgesetzes vom 4. Juli 1991 (BGBI. I S. 1433), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 27. Juni 1993 (BGBI. I S. 944), wonach bei der Übennittlung bestimmter Einzelangaben an die fachlich zuständige oberste Bundesbehörde dort eine abgeschot310

90

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Bei Übermittlungen statistischer Einzelangaben für Zwecke der Behörden- bzw. Ressortforschung kann der Erlaß von belastenden Verwaltungsakten oder aber auch einzelfallbezogene Planung - und sei es auch nur durch andere Abteilungen der Behörde - nicht generell ausgeschlossen werden. Für eine unbedenkliche Weitergabe von Einzelangaben nach § 16 Abs. 6 BStatG auch an Ressortforschungseinrichtungen könnten daher die (mittlerweile in § 16 Abs. 5 BStatG festgeschriebenen) Ausführungen des BVerfG zur notwendigen Abschottung als Teil der organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen zur Sicherung des Rechtes auf informationeile Selbstbestimmung311 wie auch die Regelungen des StVUnfStatG (§ 5 Abs. 3 und 4) fruchtbar gemacht werden. Danach wäre zu fordern, daß innerhalb der beantragenden behördlichen Stelle, also z. B. einer Bundesanstalt, Bundesforschungsanstalt oder auch des Bundeskriminalamtes, die Erfüllung der wissenschaftlichen Zwecke organisatorisch von anderen Verwaltungsstellen getrennt, d. h. bis hin zur ansonsten weisungsberechtigten Leitung der Einrichtung, der Behörde oder des Amtes wissenschaftliche Arbeit von den Stellen trennbar bzw. abschottbar wäre, die Verwaltungsvollzugsaufgaben wahrnehmen312• Die Maßnahmen müssen eine funktionale Trennung der die Daten verarbeitenden Stelle von anderen Stellen bewirken; dies gilt nicht nur nach außen gegenüber Dritten, sondern auch und gerade nach innen313 • Der Empfänger sollte garantieren können, daß die Angaben allein flir Forschungszwecke Verwendung finden. Eine derartige Abschottung zur Sicherung der Zweckbindung der Statistikdaten durch organisatorische, personelle bzw. technische Maßnahmen könnte z.B. auch im Rahmen von einzelnen Errichtungserlassen bzw. Er314 lassen der übergeordneten Ressorts gescbehen .

tete Organisationseinheit einzurichten ist, die räumlich, organisatorisch und personell von anderen Aufgabenbereichen der Dienststelle zu trennen ist, vgl. auch unten F.l.6. Buchstabe b. 311

BVerfGE 65, I (58, 66 ff.).

Ebenso Badura in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 107 (114 ff.); vgl. hierzu auch Karaus, S. 148, 150, der seinerzeit - vor Erlaß des Bundesstatistikgesetzes - de lege ferenda filr die Übermittlung von Einzelangaben an oberste Bundes- und Landesbehörden forderte, daß im Hinblick auf das Volkszählungsurteil Einzelangaben nur an Stellen weitergegeben werden dürften, bei denen (schon im Zeitpunkt der Übermittlung) durch organisatorische Vorkehrungen die Gewähr gegeben sei, "daß bei der Verarbeitung die statistische Zweckbindung eingehalten und dem Anonymitätsinteresse des einzelnen Rechnung getragen wird". 312

313

Bizer, S. 218 f.; vgl. auch BVerfUE 65, I (69)- "informationelle Gewaltenteilung".

Im Gegensatz zu § 16 Abs. 5 BStatG ist eine gesetzliche Abschottung nicht angeordnet und daher auch nicht als erforderlich anzusehen. Vgl. insoweit auch den Ausfilhrungserlaß gern. § 6 Abs. 2 des Rohstoffstatistikgesetzes vom 5. Januar 1990 (Bundesanzeiger Nr. 9 vom 13. 314

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

91

Unter der Voraussetzung einer derartigen Sicherstellung des Statistikgeheimnisses durch Organisation und Verfahren erscheint dann auch eine Übermittlung nach § 16 Abs. 6 BStatG an Behörden oder Ressortforschungseinrichtungen verfassungsrechtlich vertretbar.

eee) § 9 Abs. 4 Volkszählungsgesetz 1983 Die hier vertretene Auffassung steht auch nicht im Widerspruch zu den Äußerungen des BVerfG im Volkszählungsurteil, wonach die in § 9 Abs. 4 des Volkszählungsgesetzes vom 25. März 1982 (VZG 1983i 15 vorgesehene Regelung für die Weitergabe von statistischen Einzelangaben zu wissenschaftlichen Zwecken mit dem Grundgesetz vereinbar gewesen see 16. Schon ein formaler Vergleich zwischen § 16 Abs. 6 BStatG und § 9 Abs. 4 VZG 1983 erscheint problematisch, da § 9 Abs. 4 VZG 1983 die Übermittlung bestimmter, enumerativ aufgeführter (und daher gesetzlich festgelegter) Angaben nur an Amtsträger sowie ftir den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete regelte, während § 16 Abs. 6 BStatG die Übermittlung einer Vielzahl unbestimmter Einzelangaben vorsieht. Darüber hinaus sind die Äußerungen des BVerfG zu § 9 Abs. 4 VZG 1983 äußerst unklar317• Zum einen ging das BVerfG davon aus, daß bei den Übermittlungsadressaten des § 9 Abs. 4 VZG 1983 regelmäßig kaum Zusatzwissen vorhanden see 18 -was gerade auf die Behörden- bzw. Ressortforschung nicht zutrifft -, zum anderen wird ausgeführt, daß der Schutz des informationeilen Selbstbestimmungsrechts bei einer Übermittlung nach § 9 Abs. 4 VZG 1983 (u.a.) durch § 11 Abs. 5 BStatG 1980 gewährleistet sei319 • § 11 Abs. 5 BStatG 1980 regelte aber gerade die Übermittlung von voll anonymisierten Einzelangaben320• Da man angesichts der sonstigen Januar 1990), der die Abschottung des Bundesamtes ftlr Wirtschaft im Hinblick auf die Durchftlhrung statistischer Aufgaben regelt.

m Gesetz über eine Volks-, Berufs-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung (Volkszählungsgesetz 1983- VZG 1983) vom 25. März 1982 (BGBI.1 S. 369). 316

Vgl. BVerfGE 65, 1 (Leitsatz 5), 69 ff.

Vgl. auch Badura in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 107, 113, der anmerkt, daß die "kargen Darlegungen" des Volkszählungsurteils zu § 9 Abs. 4 VZG 1983 nicht als generelle Privilegierung "wissenschaftlicher Zwecke" verstanden werden könne. 317

318

BVerfGE 65, 1 (69).

319

BVerfGE, ebenda.

Vgl. auch Groß, AöR 113 ( 1988), 162 (203), wonach bei Übermittlungen nach § 11 Abs. 5 BStatG 1980 jede Deanonymisierung der übermittelten Einzelangaben "zweifelsfrei ausgeschlossen" sein mußte. 320

92

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Äußerungen des BVerfG im Volkszählungsurteil321 auch nicht davon ausgehen kann, daß dieses unterstellte, eine sichere Anonymisierung könne schon durch das Weglassen von Name und Anschrift erfolgen, ist vielmehr davon auszugehen, daß das BVerfG § 11 Abs. 5 BStatG 1980 neben § 9 Abs. 4 VZG 1983 angewandt sehen wollte. Eine derartige Auslegung steht auch im Kontext zu den Überlegungen, die das BVerfG im Rahmen der seinerzeit vorgesehenen Übermittlungen an Gemeinden angestellt hatte: Dort wurde selbst eine auf statistische Zwecke beschränkte Übermittlung filr verfassungswidrig angesehen, weil bei den Gemeinden keine den statistischen Ämtern adäquate Organisation bzw. Abschottung existiere322• Die Verwendungsschranke "zu statistischen Zwecken" des § 9 Abs. 4 VZG 1983 323 sei zu unbestimmt324 • Eine qualifiziert andere Verwendungsschranke ("zu wissenschaftlichen Zwecken") beinhaltet allerdings auch § 9 Abs. 4 VZG 1983 nicht. Es kann daher - ungeachtet der Schwierigkeiten eines formalen Vergleichs der Normen des§ 9 Abs. 4 VZG 1983 und des§ 16 Abs. 6 BStatG - auch nicht davon ausgegangen werden, das BVerfG sei bei der Rechtsauslegung bezüglich der Absätze 3 und 4 des § 9 VZG 1983 von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgegangen, insbesondere nicht davon, daß bei Übermittlungen nach§ 9 Abs. 4 VZG 1983 auch Behörden des Verwaltungsvollzugs als Adressaten unproblematisch seien, die die zuvor für § 9 Abs. 3 VZG 1983 geforderten Voraussetzungen, also insbesondere die statistische Zweckbindung durch Organisation und Abschottung, nicht erfilllten.

321 Vgl. BVerfUE 65, 1 (65), wo das BVerfU zum Problembereich der Übermittlung von Einzelangaben an oberste Bundes- oder Landesbehörden ausfilhrt, daß diese Datenübermittlungen "lediglich ohne Namen" erfolgen sollten,(...) "und den Betroffenen daher noch ohne Schwierigkeiten zuzuordnen sind". 322

BVerfUE 65, 1 (68 ff.).

In der BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf des VZG 1983 war (zu § 9 Abs. 5) dagegen ausdrUcklieh festgestellt worden, daß die nach § 9 Abs. 4 VZG 1983 übermittelten Einzelangaben insbesondere nicht filr die Verwendung ftlr steuerliche Zwecke oder ftlr belastende Verwaltungsakte sondern nur im Rahmen der Verwendungszwecke des VZG 1983 genutzt werden durften (BT-Drucksache 9/451, S. 11). Im Ubrigen ist eine vergleichbare "Wissenschaftsklausel" im Gesetz über eine Volks-, Berufs-, Gebäude-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung (Volkszählungsgesetz 1987- VZG) vom 8. November 1985 (BGBI. I S. 2078) nicht mehr enthalten. 323

324

BVerfUE 65, 1 (68 ff.).

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

93

d) Begriff der sogenannten faktischen Anonymität

aa) Terminologie des Bundesstatistikgesetzes

Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder dürfen aufgrund der Wissenschaftsklausel des § 16 Abs. 6 BStatG Einzelangaben dann an die o.g. Einrichtungen übermitteln, wenn diese "nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft zugeordnet werden können( ... )". In der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes325 wird dieser Grad an Anonymisierung der statistischen Einzelangaben (im Gegensatz zu den voll anonymisierten Daten nach § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 4 BStatG) als "faktische Anonymität" bezeichnet. Die gesetzliche Regelung knüpft dabei an den Begriff der sog. faktischen Anonymität an, wie er durch die European Science Foundation definiert worden ise 26. Der die faktische Anonymität definierende unbestimmte Rechtsbegriff "unverhältnismäßig großer Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeits-

325

BT-Drucksache 10/5345, S. 21, Zu§ 16 Abs. 4.

Begrundung der Bundesregierung zum Entwurf eines BStatG, BT-Drucksache 10/5345, S. 21, Zu§ 16 Abs. 4; vgl. auch die fast wörtlich identische Formulierung in der als Anlage 3 zum Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten filr den Datenschutz zum l. Januar 1984, S. 70, abgedruckten Buroparats-Empfehlung "No. R (83) 10 des Ministerkomittees an die Mitgliedsstaaten zum Schutz personenbezogener Daten filr Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und Statistik", Anhang, Ziffer 1.2, wonach im Sinne der Empfehlung eine natürliche Person als bestimmbar gilt, "wenn die Feststellung der Identität einen unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft erfordert". Ungeachtet der zutreffenden semantischen Kritik von Heinemann, Harnburg in Zahlen 1987, 311 ff., hat sich an Stelle der "faktisch unbeziehbaren Einzelangabe" der Begriff der "faktisch anonymisierten Einze1angabe" durchgesetzt. In Anlehnung an § 16 Abs. 6 BStatG ist mittlerweile auch § 3 Abs. 7 BDSG formuliert worden. Verfehlt ist allerdings das von Dö"/Schmidt, Neues BDSG, Anmerkungen zu § 3, Rdnr. 27 gewählte Beispiel einer "anonymen" Erhebung von Angaben z.B. der Passagiere eines bestimmten Flugzeuges; derartige Angaben sind - auch ohne Namensnennung- weder nach dem Statistikrecht faktisch (oder gar voll) anonymisiert noch nach§ 3 Abs. 7 BDSG. Daß allein das Weglassen von Namen an der Personenbezogenheil von Mikro-Datenslltzen noch nichts ändert, lassen auch die Ausruhrungen des BVerfG im Volkszählungsurteil zu § 9 Abs. 3 VZG 1983 erkennen (BVerfGE 65, 1, [66]), wonach dies als Übermittlung von "(personenbezogenen) Einzelangaben" gewertet wurde; im Ergebnis ebenso: Bu/VDammann, DÖV 1982, 213 (216). Unklar neuerdings wieder BayVGH, Urteil vom 4. Mai 1993 -5 B 90.2437- Umdruck S. 7, der im Zusammenhang mit der Abtrennung der Kopfleiste eines Erhebungsbogens der Statistik im Produzierenden Gewerbe und der nachfolgenden Vernichtung im statistischen Landesamt - zumindest mißverständlich - anmerkt, die filr die Statistik relevanten Daten seien "dadurch anonymisiert". 326

94

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

kraft" ist gerichtlich nachprüfbar und soll sich an dem Verhältnis von Aufwand und Wert der zu erlangenden Information bemessen327•

bb) Terminologie des Bundesverfassungsgerichtes

Der Begriff der "faktischen Anonymität" ist nahezu identisch mit der im Volkszählungsurteil - wie auch in späteren Beschlüssen - durch das BVerfG verwandten Terminologie, wonach fur den Schutz des Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung neben einer strikten Geheimhaltung der Einzelangaben "das Gebot einer möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung, verbunden mit Vorkehrungen gegen eine Deanonymisie. htb ar se1·328. rung" , unverz1c Dabei ist, wie oben dargelegt329, bei dem Begriff der "faktischen Anonymität" zwischen "Innen- und Außenanonymisierung" zu unterscheiden33o. Die Äußerungen des BVerfG im Volkszählungsurteil zur "möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung" beziehen sich auf die Sicherung des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung bei der "Durchführung und Organisation der Datenerhebung und -verarbeitung"331 , mithin lediglich auf die Innenanonymisierung während der Phase der Erhebung bzw. Speicherung. Insbesondere sind die zur Identifizierung dienenden Merkmale (Namen, Anschriften, Kennummem, Zählerlisten) zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu löschen und bis dahin von den übrigen Angaben getrennt unter Verschluß zu halten332• Die Innenanonymisierung hat im wesentlichen die Funktion, als zusätzliche Sicherung die Gefahr zu vermindern, daß personenbezogene statistische Einzelangaben aus dem abgeschotteten statistischen Bereich (mißbräuchlich) nach außen gelangen333 • 327 Mainusch, Staat und Wirtschaft in Hessen 9/10 (1988), 292 (295) unter Berufung auf BVerfG, DVBI. 1987, 1207 (1210); ebenso Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 60. 328

Vgl. BVerfGE 65, 1 (49 ff.); NJW 1988,959 (960); BVerfG, NJW 1987, 2805, (2807).

329

Vgl. C.ll.5. Buchstabe b.

V. Arnim, Volkszählungsurteil und Städtestatistik, S. 64 ff.; ebenso Dorer/MainuschiTubies, BStatG, § 16 Rdnr. 59. 331 BVerfGE 65, 1 (49). 330

332 BVerfGE 65, 1 (59 ff.); vgl. auch §§ 10 Abs. 1, 12 BStatG sowie Poh/ in: Das Deutsche Bundesrecht, VIII Z 10, Erläuterungen, Zu§§ 9, 10 BStatG, 2. Absatz a. E. 333 V. Arnim, Volkszählungsurteil und Städtestatistik, S. 64; ebenso Seegmüller, DuD 1987, 329 unter zutreffender Berufung auf das VolkszählungsurteiL Das OVG Koblenz, NJW 1987, 2533 (2536), verdeutlicht dies, indem es ausftlhrt, daß der Gedanke der faktischen Anonymisie-

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

95

Daß die genannten Äußerungen des Volkszählungsurteils des BVerfG sich nur auf den Bereich der Innenanonymisierung beziehen, wird durch spätere Beschlüsse bestätigt; hier steht die Erörterung des Gebotes einer "möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung" entweder im Zusammenhang mit den innerhalb der statistischen Ämter notwendigen Vorkehrungen organisatorischer und verfahrensrechtlicher Art334, oder aber es wird z.B. direkt ausgeführt, daß dem Gebot der möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung ,jedenfalls dann hinreichend Rechnung getragen" wird, wenn die Anschrift der Arbeitsstätte (bei selbständig Tätigen) nicht auf die für die maschinelle Weiterverarbeitung bestimmten Datenträger übernommen wird335 • Zwar nimmt das BVerfG sogar Bezug auf§ 16 Abs. 6 BStatG, wenn es"in Anlehnung" an dessen Tatbestand - die von Verfassungs wegen geforderten Voraussetzungen der (Innen- )Anonymisierun~ bzw. das für den Auskunftspflichtigen verbleibende Risiko eingrenze 6 ; insbesondere die Einbeziehung von "sonstigen Ressourcen (etwa Risiko einer Bestrafung)" neben den Tatbestandsmerkmalen Zeit, Kosten und Arbeitskraft des § 16 Abs. 6 BStatG läßt sich mangels Tatbestandsmäßigkeit aber nicht für eine Auslegung der Übermittlungsvorschrift des § I 6 Abs. 6 BStatG umkehren. Das BVerfG hat sich vielmehr hier an den erst I 987 in Kraft getretenen § I 6 Abs. 6 BStatG angelehnt. Für den Bereich der Übermittlung von statistischen Angaben wird der Begriff "faktische Anonymität" vom BVerfG auch in der Folge des Volkszählungsurteils nicht verwendet. Die vom BVerfG bzw. in der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes verwandten Begriffe der "Faktischen Anonymität"337 haben keinen identischen Regerung bei der Auswertung der Volkszählungsdaten "nicht zum Tragen kommt". Dieses Prinzip meine die möglichst frühzeitige Anonymisierung durch Trennung der Hilfsmerkmale bzw. deren Löschung, wie es in § 15 Abs. 1 und 2 VZG verwirklicht sei. 334 BVerfU, NJW 1987, 2805 (2807); in dem Beschluß erörtert das BVerfU die Probleme der möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung unter Punkt 3 der Entscheidungsgrtlnde, der sich mit den in § 15 VZG geregelten Löschungs- und Vernichtungsgeboten beschäftigt. Die Weitergabe und Veröffentlichung statistischer Angaben wird gesondert unter Punkt 5 der Entscheidungsgründe erörtert; vgl. auch Stollenberg in: Jehle, Kriminologie und Praxis, Bd. 2, 178 (192); vgl. auch BVerfU, NJW 1988, 962 (963); der VGH Mannheim, NJW 1988, 986, macht geltend, daß beim Gebot der faktischen Anonymisierung vor allem zu berücksichtigen sei, "daß sich die reidentifizierbaren Daten im Bereich von abgeschotteten Verwaltungsstellen befinden, die nur mit statistischen Aufgaben betraut sind und sein dürfen".

335 BVerfU, NJW 1988, 959 (960); vgl. auch BayVGH, Urteil vom 4. Mai 1993 - 5 B 90.2437 -,UmdruckS 7. 336

BVerfU, NJW 1988,959 (963); BVerfU, NJW 1987,2805 (2807).

Vgl. BVerfUE 65, 1 (49), einerseits, BT-Drucksache 10/5345, S. 21, Zu§ 16 Abs. 4, andererseits. 337

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C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

lungsinhale38 ; aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtung {Innen- resp. Auenanonymisierung)339 entspricht die Legaldefinition des § 16 Abs. 6 BStatG eben nicht dem Begriff der möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung, wie er im Volkszählungsurteil vom BVerfG verwendet wurde 340• Dies wird auch am Mindeststandard des geforderten Schutzes der statistischen Einzelangaben deutlich: Während das Prinzip der möglichst frühzeitigen (faktischen) Anonymisierung die Trennung - und bis zu einer Löschung getrennte Aufbewahrung - der Hilfsmerkmale innerhalb der statistischen Ämter ausreichen läßt, gilt dies für eine Übermittlung von statistischen Einzelangaben nach § 16 Abs. 6 BStatG in keinem Fall; die Übermittlung etwa ohne Name oder Anschrift beseitigt nicht die Qualifizierung z. B. eines Mikrodatensatzes als statistische Einzelangabe341 • Die Ausführungen des BVerfG können somit nicht zur Auslegung des § 16 Abs. 6 BStatG - betreffend die Außenanonymisierung bei Übermittlungen an die Wissenschaft- herangezogen werden342•

cc) Bestimmungsfaktoren für sogenannte faktische Anonymität

aaa) Zuordnungsaufwand Die Bestimmungsfaktoren fur die geforderte faktische Anonymität der gern. § 16 Abs. 6 BStatG weiterzugebenden Einzelangaben lauten "unverhältnismäßig großer Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft". Angesprochen ist damit das Verhältnis von Aufwand und Wert der zu erlangenden Informationen343 fur den Fall einer Zuordnung, d.h. für den Fall 338

Ebenso Schenke, NJW 1987, 2777 (2781 ).

339

Vgl. Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 59.

340

So aber offenbar Dorer!Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 58.

Ebenso Bu/VDammann, DÖV 1982, 213 (216) sowohl ftlr statistische Einzelangaben als auch ftlr personenbezogene Daten nach dem Bundesdatenschutzgesetz. Deutlich in diese Richtung auch schon Monz, Kommentar zum StatGes 1953, § 12 Anm. I f): "Die Weglassung von Namen und Anschriften läßt ftlr den mit den Verhältnissen Vertrauten immer die Möglichkeit eines Rückschlusses zu". 341

342 Vgl. Groß, AöR 113 (1988), S. 161 ff., der auf Schwierigkeiten hinweist, den durch die genannten Kammerentscheidungen des BVertU "erweiterten" Begriff der faktischen Anonymitat in die einfachgesetzliche Definition einfließen zu lassen. 343 Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 60; die Ausftlhrungen von Ordemann/Schomerus, BDSG, 4. Auflage, § 2 Rdnr. 1.4, wonach "statistische oder anderweitig anonymisierte Daten", die "mit Hilfe bekannter Teilangaben und mathematischen Spezial-

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfltngerkreis

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der erfolgreichen Deanonymisierung der übermittelten Datensätze. Kosten und Aufwand hierftir werden somit in Bezug gesetzt zu dem wirtschaftlichen Wert, den die reidentifizierten Datenfiles darstellen 344• Gesetzlich vorgesehenes Kriterium für die einzelfallbezogene Abwägung ist zunächst der Zuordnungsaufwand, sind genauer, die Kosten für den Aufwand der Zuordnung zu einer bestimmten (oder bestimmbaren) Person oder Institution. Dabei muß der konkrete Nutzen der Zuordnung als zunächst nicht objektivierbare Größe außer acht bleiben; der konkrete Nutzen ließe sich ohnehin erst ermitteln, indem man den Zuordnungsaufwand ins Verhältnis zu einem bestimmten Wert setzt. Bei Zugrundelegung eines objektiven Wertbegriffs345 bemißt sich der Zuordnungsaufwand ausschließlich nach den in § 16 Abs. 6 BStatG genannten Faktoren: Zeit, Kosten und Arbeitskraft. Diese Tatbestandsmerkmale sind als letztlich betriebswirtschaftliche Herstellungskosten konkret ermittelbar. Die Verwendung eines objektiven Wertbegriffs verunmöglicht nicht grundsätzlich, auch in bestimmtem Umfang individuelle Verhältnisse des Empfängers der Einzelangaben - soweit sie kostenrelevant sind - im Zuge der Einzelfallabwägung zu berücksichtigen. Einen solchen Faktor könnte u.a. das beim Empfänger vorhandene Zusatzwissen darstellen. Einer derartigen einzelfallbezogenen Betrachtungsweise der statistischen Ämter bei Datenübermittlungen im Rahmen des § 16 Abs. 6 BStatG steht jedoch zum einen die Tatsache entgegen, daß die jeweils entscheidende Behörde die konkreten Verhältnisse der anfragenden Einrichtungen nicht immer hinreichend kennen kann; zum anderen erfordern sowohl die konkrete Praxis wie

kennmissen deanonymisiert werden können", dann nicht zu personenbezogenen Daten werden, da der zur Deanonymisierung erforderliche Aufwand über das Normalmaß hinausgehe, sind auf den Bereich der amtlichen Statistik nicht zu übertragen. Im Gegensatz zum Bundesdatenschutzgesetz, in das mittlerweile die Definition der faktischen Anonymität des § 16 Abs. 6 BStatG aus diesem übernommen wurde (vgl. Auernhammer, Textausgabe BDSG, § 3 Rdnm. 17 ff.; Scha.ffland/ Wiltfang, BDSG., § 4 Rdnr. 107; BegrUndung der Bundesregierung zu§ 3 Abs. 5, SR-Drucksache 618/88, S. 106), bleiben ftlr die Bundesstatistik die strengeren Vorschriften des Bundesstatistikgesetzes, wonach es sich auch bei sog. faktisch anonymisierten Angaben nach § 16 Abs. 6 BStatG um weiter dem Statistikgeheimnis unterliegende statistische Einzelangaben handelt, als Iex specialis verbindlich; vgl. hierzu auch Dammann, in: Simitis u.a., BDSG, § 3 Rdnr. 202, der die Auffassung vertritt, daß nur in der ersten Alternative des § 3 Abs. 7 BDSG, also wenn die Einzelangaben nicht mehr zugeordnet werden können, eine Beseitigung des Personenbezugs liegt und die Daten nur dann nicht mehr § 3 Abs. 1 BDSG unterfallen. 344

Tinnefeld!Tubies, S. 41.

Vgl. auch Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts Bd. 1, § 29 I b); Meyer, S. 3, unter Verweis auf Freudling, DÖV 1970, 308; Hammerbacher, DuD 1984, 181 (186), spricht von der Notwendigkeit einer (gewissen) Objektivierung bezüglich der Relation zwischen dem Kostenaufwand ftlr die Identifizierung und dem aus der Identifizierung gezogenen Nutzen. 345

7 Puppenhäger

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C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

auch die Operationalisierbarkeit von Anonymisierungsregeln mittels Leitfäden etc. die Entwicklung genereller Verfahren 346• Aus den genannten Gründen erscheint eine objektiviert - abstrakte Betrachtungsweise geboten, die auf entsprechend objektivierbare Kriterien zurückgreift. Im Hinblick auf das o. g. und für eine Deanonymisierung erforderliche Zusatzwissen würde man daher wohl eher etwa auf das öffentlich zugängliche Wissen (wie z. B. Adreßdateien) oder aber in bestimmten Wissenschaftsbereichen typischerweise vorhandene Zusatzwissen abstellen.

bbb) Affektionsinteresse Nicht einzubeziehen wären danach allerdings über den Tatbestand des § 16 Abs. 6 BStatG hinausgehende, d.h. die Legaldefinition des Bundesstatistikgesetzes erweiternde Merkmale wie etwa das Risiko einer Bestrafung (bei erfolgter Deanonymisierung, §§ 21, 22 BStatG) resp. "sonstige Ressourcen"347 oder auch z.B. ein bei Entdeckung der Deanonymisierung evtl. drohender Verlust an wissenschaftlicher Reputation 348 • Abgesehen davon, daß die genannten Konsequenzen durchgängig hypothetisch sind, würde die Einbeziehung derartiger subjektiv-individueller Motive das Deanonymisierungsrisiko - z.B. bei "Überzeugungstätern"unkalkulierbar erhöhen und damit bei der gebotenen Abwägung eine möglicherweise nicht mehr nur faktische, sondern (gern. § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 4 BStatG) sichere Anonymisierung "erzwingen". Dies widerspräche jedoch genau der Intention des Gesetzgebers, der das bestehende Restrisiko in Kauf genommen wissen wollte, und u.a. durch die§§ 21, 22 BStatG kompensierte.

346

Ähnlich schon Czapski, ÖVD 1975, 163 (164).

So aber Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 58 unter Berufung aufBVerfU, NJW 1988, 963, das an dieser Stelle allerdings - wie oben ausgeftlhrt -, sich lediglich auf die Kriterien ftlr die sog. Innenanonymisierung bezieht; offen gelassen von Groß, AöR 113 (1988), 161 (204). 347

348 Ungeachtet der lediglich hypothetischen Annahme eines "Reputationsverlustes" wollen Müller u.a. in: Forum der Bundesstatistik Bd. 19, S. XVII, diesen zu den "denkbaren Kosten der Konsequenzen"(?) des Angriffs zählen. Dem müsse wiederum ein "objektives Interesse" des betreffenden Forschers entgegengestellt werden, damit ein Deanonymisierungsangriff Oberhaupt denkbar sei. Die Einbeziehung derartiger subjektiver Motivationen verläßt die Voraussetzungen des § 16 Abs. 6 BStatG und wirkt im übrigen einer Operationalisierbarkeit der Übermittlung faktisch anonymer Mikrodaten geradezu entgegen.

111. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

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Daraus ergibt sich als Zwischenergebnis, daß der zu prüfende Zuordnungsaufwand sich nach den (üblicherweise) bei der zu unterstellenden Deanonymisierung anfallenden und berechenbaren Kosten bemißt. Ein bloßer Geftlhlswert, das sog. Affektionsinteresse349, hat keinen Vermögenswert (und ist auch bei der sonstigen Schadensberechnung rechtlich nicht von Belang).

ccc) Wert der zu erlangenden Information Der Zuordnungsaufwand ist in das Verhältnis "zum Wert der zu erlangenden Information" zu setzen350• Auch hier sollte - wie ausgeflihrt - der objektiv-rechtliche Wertbegriff zugrunde gelegt werden, d.h. der subjektive Erwartungshorizont des möglichen Täters bzw. dessen Motivation außer acht bleiben: Zum einen würde die Einbeziehung subjektiver Motive unkalkulierbar das Deanonymisierungsrisiko erhöhen ("Überzeugungstäter")351, zum anderen wäre infolgedessen jeder Zuordnungsaufwand als nicht unverhältnismäßig anzusehen. Einzubeziehen sind demnach in die Abwägung die üblicherweise bei einer vorstellbaren sonstigen Datenbeschaffung anfallenden "Produktionskosten", d. h. der Substanzwert der nicht anonymisierten Einzelangaben. Analog zur Berechnung des Zuordnungsaufwands wären hier die Faktoren: Zeit, Kosten und Arbeitsaufwand einzubeziehen, die z.B. entstünden, wenn ein Meinungsforschungsinstitut die betreffende Erhebung selbst hätte durchfUhren müssen352•

349

Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts Bd. 1, § 29 I b) m.w.N.

350

BVerfG, NJW 1987,2805 (2807); BVerfG, NJW 1988,962 (963).

351 Das hieraus entstehende Restrisiko der Deanonymisierung wurde vom Gesetzgeber durchaus gesehen und ftlr den Bereich der Wissenschaftsklausel in Kauf genommen, wobei die Bundesregierung zum einen davon ausging,daß sich wirtschaftsstatistische Angaben "zumindest nicht generell" ftlr eine Anonymisierung eignen und zum andem als Mindestsicherung lediglich Stichproben des Datenmaterials übermittelt werden sollten; vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurfeines BStatG, BT-Drucksache 10/5345, S. 21 ff.; Meyer, S. 5. 352 Bei der Quantifizierung des Ersatzbeschaffungsaufwands ergibt sich das Problem, daß bestimmte Einzelangaben den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder nur unter Durchbrechung bereichsspezifischer Geheimhaltungsvorschriften - etwa §§ 35 SGB I (Sozialgeheimnis) oder 30 AO 1977 (Steuergeheimnis)- zur VerfUgung stehen. Daher besteht ftlr derartige statistische Einzelangaben ftlr einen sonstigen Empfllnger jedenfalls keine legale Beschaffungsmöglichkeit der Daten - ausgenommen vielleicht eine Befragung der direkt Betroffenen. Man wird daraus bei der notwendigen Abwllgung den Schluß zu ziehen haben, daß bei derartigen statistischen Angaben der Zuordnungsaufwand (angesichts der faktisch nicht möglichen Ersatzbeschaffung) kaum unverhllltnismaßig groß sein kann. In Frage kllme demnach bei der Anforderung derartiger

7*

100

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Entscheidendes Kriterium ist somit der Ersatzbeschaffungsaufwand, wobei zu berücksichtigen ist, daß viele Daten in ihrer konkreten Tiefengliederung, ihrem Umfang sowie ihrer statistischen Exaktheit nur den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder (als Hoheitsträgern) zur Verfügung stehen. Bei der Abwägung des Zuordnungsaufwands zum Ersatzbeschaffungsaufwand wird somit auch die Datenqualität von Erhebungen mit Auskunftspflicht bei letzterem aufwandserhöhend zu berücksichtigen sein. Man wird daher z. B. bei der Gegenüberstellung von Daten der amtlichen Statistik, die auf einer Stichprobenerhebung basieren, mit Daten, die aufgrundprivater Recherchen z. B. eines Forschungsinstituts zu erstellen sind bzw. erstellt werden könnten, bei letzteren einen erheblich größeren Stichprobenumfang mit entsprechenden Antwortausfällen sowie höhere Beschaffungskosten zugrunde legen müssen. Um eine gleiche Anzahl Datensätze mit gleicher Qualität wie die der amtlichen Statistik zu erhalten, steigt somit bei privater (und daher auf freiwilliger Grundlage basierender) Datenbeschaffung - etwa durch sozialwissenschaftliche Interviews - der Ersatzbeschaffungsaufwand an.

dd) Verhältnismäßigkeilsprüfung

Gemäß § 16 Abs. 6 BStatG dürfen die statistischen Daten demnach an die Wissenschaft übermittelt werden, wenn das Verhältnis des Zuordnungsaufwands zum Ersatzbeschaffungsaufwand "unverhältnismäßig" groß ist. Bei der hier geforderten ökonomischen Betrachtungsweise wäre dies dann als gegeben anzusehen, wenn ein wirtschaftlich denkender Dritter den Zuordnungsaufwand als unökonomisch, d. h. deutlich höher als den Ersatzbeschaffungsaufwand ansehen würde und dies auch den üblicherweise entstehenden (und objektiv ermittelbaren) Kosten entspräche. Eine Übermittlung hat daher immer dann zu unterbleiben, wenn der Zuordnungsaufwand in einer ähnlichen Größenordnung (oder aber geringer) wie der Ersatzbeschaffungsaufwand zu veranschlagen wäre. Illegale Ersatzbeschaffungsmöglichkeiten sind auch hier nicht einzubeziehen. Dies ergibt sich schon daraus, daß eine Einbeziehung von bei illegaler Ersatzbeschaffung in Frage kommenden Straftatbeständen, etwa § 43 Abs. 1 Nr. 3 BDSG (Unbefugtes Abrufen oder Verschaffen von personenbezogenen Daten aus Dateien), §§ 202a, 203 StGB (Ausspähen von Daten, Verletzung von Privatgeheimnissen) sich im Strafrahmen der §§ 21, 22 Mikrodaten nur die Lieferung sicher anonymisierter Einzelangaben nach§ 16 Abs. l Satz 2 Nr. 4 BStatG; im Ergebnis ebenso Meyer, S. 5.

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfllngerkreis

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BStatG bewegen. Letztere würden insoweit den Zuordnungsaufwand erhöhen, so daß auf beiden Seiten der Abwägung wieder gleichgewichtige Aufwandserhöhungen vorlägen. Im Ergebnis ist festzustellen, daß es sich bei den sog. faktisch anonymisierten Einzelangaben für den Bereich der wissenschaftlichen Forschung um Datenmaterial handelt, das den voll anonymisierten Einzelangaben des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG wesensverwandt ist und sich nur durch das Restrisiko der Deanonymisierung von diesen unterscheidee53 •

e) Verhältnismäßigkeit und Ermessensgebundenheit der Übermittlung

aa) Verhältnismäßigkeit der Datenübermittlung

Die für eine Übermittlung von sog. faktisch anonymisierten Angaben zuständigen statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben zum einen die Verhältnismäßigkeie54 der Anforderung zu überprüfen, zum anderen ist ihnen ein Rechtsfolgeermessen eingeräumt. Das übermittelnde statistische Amt hat im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu untersuchen, ob die angeforderten Einzelangaben zur 353 Das Statistische Bundesamt hat als Bd. 19 der Schriftenreihe "Forum der Bundesstatistik" (Die faktische Anonymität von Mikrodaten, Stuttgart 1991) die Untersuchungsergebnisse eines Forschungsprojektes veröffentlicht, dessen Ziel es war (zunächst filr den Bereich des Mikrozensus und der sog. Einkommens- und Verbrauchsstichprobe), die Übermittlung von sog. faktisch anonymen Mikrodaten operationalisierbar zu machen, d.h. eine Basis filr die praktische Umsetzung des§ 16 Abs. 6 BStatG zu schaffen. Hierzu wurde auf der Grundlage von filnf Szenarien das Reidentifikationsrisiko und der damit verbundene Aufwand überprüft. Dabei wurden drei dieser Szenarien unter Zugrundelegung von plausiblen Randbedingungen einer "argumentativen Aufwandsanalyse" (S. XII) unterzogen, filr zwei Szenarien wurde das Reidentifikationsrisiko empirisch überprüft. Mikrodatenfiles und Identifikationsfiles bestanden aus empirischen Daten.Ais Ergebnis wurden zur Sicherstellung der faktischen Anonymität sowohl allgemeine Schutzvorkehrungen wie auch datenfile-spezifische Maßnahmen empfohlen. Diese betreffen u.a. die Regionalisierung, die Geheimhaltung der lokalen Umsetzung der Stichprobenpläne, eine systemfreie Sortierung der Datenfiles, die Weitergabe nur von Substichproben bis hin zur vertraglichen Bindung von Empfängern von statistischen Einzelangaben nach § 16 Abs. 6 BStatG, vgl. Forum der Bundesstatistik, Bd. 19, S. 440 ff.; Helmcke/Knoche, Wirtschaft und Statistik 1992, 139 ff. 354 Hölder in: Forum der Bundesstatistik Bd. 9, S. 134 (152). Gemeint ist an dieser Stelle die Verhältnismäßigkeit der Übermittlung selbst, nicht die soeben erörterte Abwägung zwischen Zuordnungsaufwand und Ersatzbeschaffungsaufwand. BVerfGE 65, 1 (67 f.) setzt offenbar eine grundsätzliche Rechtspflicht der statistischen Ämter des Bundes und der Länder voraus, vor der Übermittlung statistischer Einzelangaben zu prüfen, ob zur Erftlllung der jeweiligen Zwecke nicht auch aggregierte oder voll anonymisierte Daten genügen. Die vorzunehmende Prüfung orientiert sich insoweit am geringstmöglichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

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C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Durchführung des wissenschaftlichen Vorhabens geeignet, erforderlich und verhältnismäßig (im engeren Sinne)355 sind. Eine Übermittlung kommt nur dann in Betracht, wenn die angeforderten Einzelangaben überhaupt ein Ergebnis im Sinne des Forschungsvorhabens erbringen können. Die Übermittlung kann nur dann erforderlich sein, wenn das Forschungsvorhaben nicht auf andere Art und Weise -etwa mit aggregierten oder voll anonymisierten Einzelangaben - durchgeführt werden kann356• Gefordert ist ein sachlicher innerer Zusammenhang zwischen den angeforderten Mikrodatensätzen und den Zielen des Forschungsvorhabens. Ist dies nicht der Fall oder besteht ein deutliches Mißverhältnis, so ist die Übermittlung der angeforderten Daten unverhältnismäßig und damit (auf dem geforderten Anonymisierungsniveau) unzulässig.

bb) Rechtsfolgeermessen

Gemäß § 16 Abs. 6 BStatG "dürfen" die statistischen Ämter Einzelangaben übermitteln, d.h. es ist ihnen insoweit ein Rechtsfolgeermessen eingeräumt. Ermessen bedeutet immer "rechtlich gebundenes Ermessen"357; zu treffende Entscheidungen müssen daher ihre Rechtfertigung im Zweck des Gesetzes und der vom Gesetzgeber gewollten Ordnung der Materie finden und dürfen nicht etwa auf selbständigen, außerhalb des Zwecks der Ermächtigung liegenden Erwägungen beruhen358 • Für die Ermessensausübung im Rahmen des§ 16 Abs. 6 BStatG hat dies u. a. zur Folge, daß eine generelle Entscheidung, den Hochschulen und sonstigen in § 16 Abs. 6 BStatG genannten Einrichtungen etwa aufgrund eines weiterhin bestehenden Deanonymisierungsrisikos keine faktisch anonymen Mikrodatenfiles mehr zu übermitteln, vom Zweck der Ermächtigung nicht mehr gedeckt wäre; sowohl der Wortlaut als auch die Begründung zu § 16 Abs. 6 BStatG gehen bei der Übermittlung der faktisch anonymen Daten von einem gewissen Restrisiko aus359• 355

Vgl. auch v. Mango/dt/Kiein/Starck, GG, Bd. 1, Art. 2, Abs. 1 Rdnr. 80 a.E.

Vgl. BVerfGE 65, 1 (67 ff.)zur Frage der Verhältnismäßigkeit der seinerzeit vorgesehenen Übermittlungsvorschrift des § 9 Abs. 3 VZG 1983; vgl. auch Badura in: Forum der Bundesstatistik Bd. 9, S. 107 (113); Zieg/er, 183. 356

357

Maurer, § 711. 4., Rdnr. 17.

358

Kopp, VwVfU, § 40 Rdnr. 12; vgl. auch Stelkens, Rdnr. 446.

359 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, S. 21 ff., Zu§ 16 Abs. 4. Es versteht sich von selbst, daß die Ermessenseinräumung sich nicht auf eine Senkung des Anonymisierungsstandards erstreckt. Insofern ist die

111. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

103

t) Verpflichtung der Empflinger auf das Statistikgeheimnis

§ 16 Abs. 7 BStatG ordnet an, daß Personen, die faktisch anonymisierte Einzelangaben erhalten sollen, vor der Übermittlung besonders zu verpflichten sind, wenn sie nicht zu den Amtsträgern oder fllr den öffentlichen Dienst bereits Verpflichteten gehören. Im Entwurf des Bundesstatistikgesetzes war die Übermittlung noch auf Amtsträger oder fllr den öffentlichen Dienst Verpflichtete beschränkt gewesen, da dieser Personenkreis (mit Rücksicht auf das Restrisiko einer Deanonymisierung) strafrechtlich belangt werden kann360. Durch § 16 Abs. 7 BStatG werden die so Verpflichteten361 im Hinblick auf die Anwendung des Strafgesetzbuches über die Verletzung von Privat- und Dienstgeheimnissen den für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten gleichgestelle62.

Die Verpflichtung ist gern. § I Abs. 4 Nr. 2 Verpflichtungsgesetz (analog) i. V. m. § 16 Abs. 7 Satz 2 BStatG durch diejenige Behörde durchzufllhren, die von der jeweiligen Landesregierung durch Rechtsverordnung hierzu bestimmt worden ist. Dies gilt jedenfalls fllr den Regelfall, wonach die angeforderten Einzelangaben auf Landesebene vorrätig gehalten werden. Die Verpflichtung muß sich über die Antragsteller resp. die Projektverantwortlichen hinaus auf alle Personen erstrecken, die zu den übermittelten Einzelangaben im Verantwortungsbereich der privaten Forschungseinrichtung Zugang haben sollen.

g) Löschungspßichten

Für die gern. § 16 Abs. 6 BStatG übermittelten Angaben enthält § 16 Abs. 8 Satz 2 BStatG eine besondere Löschungspflicht. Danach sind die übermittelten Angaben zu löschen363, sobald das wissenschaftliche VorhaÜbermittlung nicht faktisch anonymer statistischer Einzelangaben an die Wissenschaft gern. § 16 Abs. 6 BStatG nicht nur "an sich" (Zieg/er, S. 190), sondern ausnahmslos ausgeschlossen. 360 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, S. 21 ff., Zu§ 16 Abs. 4. 361 § I Abs. 2, 3 und 4 Nr. 2 des Gesetzes über die fbrmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (Verpflichtungsgesetz) vom 2. März 1974 (BGBI. I S. 469), geändert durch Gesetz vom 15. August 1974 (BGBI. I S. 1942), ist entsprechend anzuwenden. 362 Bericht des Innenausschusses des Bundestages zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, BT-Drucksache 10/6666, Ziffer 15.8. 363 In Anlehnung an die Definition des § 3 Abs. 5 Nr. 5 BDSG ist unter Löschen der Daten das Unkenntlichmachen gespeicherter - allerdings nicht nur personenbezogener - Daten zu verstehen. Die speichernde Stelle, im vorliegenden Fall die wissenschaftliche Einrichtung, muß einen Zustand herstellen, in dem sie die betreffene Information nicht mehr aus von ihr gespeicherten

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C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

ben durchgeführt ist. Dieser Regelung liegt der Gedanke der projektbezogenen Datenanforderung bei den statistischen Ämtern zugrunde; eine auf Dauer angelegte eigene Datenvorhaltung der Wissenschaft soll nicht erfolgen.

4. Übermittlungen an oberste Bundes- oder Landesbehörden a) Konkretisierung der Zweckbestimmung

Das Statistische Bundesamt und die statistischen Ämter der Länder dürfen für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung gern. § 16 Abs. 4 BStatG den obersten Bundes- oder Landesbehörden Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermitteln, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Die Norm stellt einen im Gesetzgebungsverfahren gefundenen Kompromiß dar. Nachdem zunächst ein Übermittlungsvorschlag des Bundesrates364 bei der Bundesregierung auf verfassungsrechtliche Bedenken gestossen war365), wurde die jetzige Fassung vom Innenausschuß des Deutschen Bundestages in den Gesetzentwurf aufgenommen. Im Unterschied zum Vorschlag des Bundesrates wurden einerseits zwar die Verwendungszwekke erweitert, andererseits wurde jedoch die Übermittlung auf Tabellen beschränke66. Die Verwendung der übermittelten Tabellen ist für die Empfänger gern. § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG beschränkt auf Zwecke der Planung sowie die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften, nicht jedoch zulässig für die Regelung von Einzelfällen. Sie ist damit nicht mehr für ausschließlich statistische Zwecke bestimmt. Ausdrücklich ausgenommen Daten gewinnen kann, d.h. die Kenntnisnahme unmöglich ist; vgl. hierzu und zu Mitteln und Verfahren der Unkenntlichmachung von Datenbestanden, Dammann in: Similis u.a., BDSG, § 3 Rdnm. 182 ff.; Schaffland/Wiltfang, BDSG, § 3 Rdnm. 74 ff. 364 Vgl. BT-Drucksache 10/5345, S.26, Zu § 16 Abs. 3a -neu -; danach sollten den fllr die Durchfllhrung statistischer Aufgaben eingerichteten Stellen bei den fachlich zuständigen obersten Landesbehörden oder Gemeinden und Gemeindeverbänden Einzelangaben fllr ihren Zustandigkeitsbereich übermittelt werden dürfen. 365

Vgl. BT-Drucksache 10/5345, S. 29, Zu§ 16 Abs. 3a- neu-.

Kritisiert wurde die gefundene Regelung vom Bundesbeauftragten fllr den Datenschutz: § 16 Abs. 4 BStatG bleibe fllr ihn unverständlich. So sei u.a. nicht zu verstehen, warum an dieser Stelle mit dem Begriff einer Tabelle, auch soweit ein Tabellenfeld nur einen einzigen Fall enthalte, gearbeitet werde, der ansonsten im gesamten Gesetz nicht auftauche, BT-Drucksache I 0/6666, S. 17, Ziffer 15.12. 366

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

105

wurde jedoch die Möglichkeit, die Übermittlung zur Entscheidung eines konkreten Verwaltungsfalles zu nutzen. Allerdings scheint hier die Grenzziehung fließend zu sein, wenn der Innenausschuß des Deutschen Bundestages die Auffassung vertritt, daß "natürlich die Statistik als solche auch für die Regelung eines Einzelfalles insoweit herangezogen werden" dürfe, als die statistische Aussage "eine Entscheidungsgrundlage bilden könne"367. Es erscheint angezeigt, die Verwendung der übennittelten Informationen neben den zulässigen Zwecken gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften (z.B. im Rahmen einzelner Gesetzgebungsvorhaben) im Bereich der Planung einzugrenzen: Zwar wird neben der überregionalen Planung auch eine den Ländern obliegende Regionalplanung nicht als zulässiger Zweck auszuschließen sein; die Verwendung der übennittelten Angaben darf jedoch nur zu abstrakten und generellen Nonnen genutzt werden 368 . Sie muß dort ihre Grenzen finden, wo Verwaltungsentscheidungen nur noch einzelne Bürger betreffen369. Mit einer derartig konkretisierten Zweckbestimmung kann auch Bedenken begegnet werden, wonach die seinerzeitige Vorschrift des § 9 Abs. 2 VZG 1983, die die Übennittlung von statistischen Einzelangaben {lediglich ohne Namen) an die obersten Bundes- oder Landesbehörden vorsah und die das BVerfG im Volkszählungsurteil mangels klarer Zweckbestimmung370 für verfassungswidrig erklärte, vergleichbar mit der Regelung des § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG sein soll371 . Die Bundesregierung hatte zu Recht im Gesetzgebungsverfahren darauf hingewiesen, daß die Ausführungen des BVerfG im Volkszählungsurteil sich nicht auf Übennittlungen in Tabellenfonn, sondern auf statistische Einzelangaben in Fonn von Einzeldatensätzen beziehen; herkömmliche Tabellenwerke würden vom BVerfG überhaupt nicht problematisiert372•

367

BT-Drucksache 10/6666, S. 18, Ziffer 15.13.

368

Mainusch, Staat und Wirtschaft in Hessen 1988, 292,294.

369

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 39.

370

Vgl. BVertUE 65, 1(65 f.).

Vgl. zur Problematik Ziegler, S. 152 ff.; Groß, AöR 113 (1988), 161 (200 ff.); BVertUE 65, I (65 ff.). 371

372 Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Gesetzes Ober die Statistik filr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/6666, S. 18, Ziffer 15.13; vgl. hierzu auch BVertUE 65, I (51), wonach das Persönlichkeitsrecht der BUrger nicht verletzt werden kann, wenn die erhobenen Daten ~ ihrer statistischen Aufbereitung von den statistischen Ämtern anderen staatlichen Organen zur VerfUgung gestellt werden.

106

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Im übrigen waren die Ausruhrungen des BVerfG zu § 9 Abs. 2 VZG 1983 wesentlich auf den Gesichtspunkt der mangelnden Normenklarheit gestützt373 • Insofern stellt die Regelung des § I 6 Abs. 4 BStatG neben einer konkretisierten Zweckbindung (sowie dem Geheimhaltungsgebot des § 16 Abs. I 0 BStatG) vor allem durch die nicht vorgesehene Übermittlung von Mikrodatensätzen ein aliud zu § 9 Abs. 2 VZG 1983 dar, so daß hieraus Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung nicht hergeleitet werden können 374 •

b) Tabellen mit statistischen Ergebnissen

aa) Tabellenfelder, die nur einen einzigen Fall ausweisen

Die Übermittlung ist auf "Tabellen mit statistischen Ergebnissen" beschränkt, "auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen". § 16 Abs. 4 BStatG stellt damit eine Ausnahme zur Regel des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG375 dar, der die grundsätzliche Eliminierung der sog. Tabellen-Eins, d.h. aller Angaben, die eine einzige statistische Einheit repräsentieren, bei der summenmäßigen Zusammenfassung von statistischen Einzelangaben vorsieht. Die Ausnahme bezieht sich nur auf die Übermittlung der Tabellenwerke an oberste Bundes- oder Landesbehörden, nicht jedoch auf deren Veröffentlichungspraxis: gern. § 16 Abs. 10 BStatG unterliegen auch Tabellen "nach Abs. 4" weiterhin der statistischen Geheimhaltung, d.h., eine Veröffentlichung der Tabellen wäre nur auf dem Aggregationsniveau des § I 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG zulässig. Bei der "Tabellen-Eins" handelt es sich nicht - wie bei den übrigen Übermittlungsvorschriften des § 16 BStatG - um die Weiterleitung vollständiger Einzeldatensätze. Schon das BStatG I 980 hatte die bis dahin übliche sog. Dienstberichterstattung376 an die obersten Bundes- oder Landesbehörden "im Hinblick auf den Schutz des Betroffenen"377 durch eine direkte Übermittlung der Daten durch die statistischen Ämter ersetzt. Die 373

Vgl. BVerfDE 65, I (65 ff.).

374

Im Ergebnis ebenso Groß, AöR 113 (1988), 161 (201).

375

Vgl. oben C.II.7.

376

Vgl. § 12 Abs. 3 StatGes 1953; Hammerbacher, DVBI. 1972, 410 (413).

Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des BStatG 1980; BT-Drucksache 8/2117, S. 18, Zu § 11 Abs. 3. 377

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis

I 07

Übermittlungsvorschrift des § 12 Abs. 3 BStatG 1980 bezog sich allerdings weiterhin auf die Übermittlung ganzer Einzeldatensätze. Mit der Beschränkung der Übermittlung auf Tabellen (einschließlich der in ihnen enthaltenen etwaigen Tabellen-Einsen) sollte ein die Übermittlung von Einzeldatensätzen unterschreitender Eingriff in das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung konstituiert werden378• Der Begriff der "Tabellen-Eins" setzt jedoch - wie bereits ausgeftlhrt379 nicht voraus, daß die Zahl "1" in der zu übermittelnden Tabelle auftaucht (sog. Zählfeld), sondern daß hinter der betreffenden Angabe eine einzige statistische Einheit steht. Dies schließt die sog. Wertfelder in die Definition der "Tabellen-Eins" ein. Diese Tabellenfelder sind den Einzelangaben gern. § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG grundsätzlich gleichgestellt und wie diese geheimzuhalten. Dies ergibt sich schon aus der systematischen Zuordnung der Regelung zu dem Katalog der Ausnahmeregelungen zur statistischen Geheimhaltung der Absätze 3 bis 6 des§ 16 BStatG. Im Gesetzgebungsverfahren war sowohl vom Bundesrae80 als auch von den obersten Bundes- und Landesbehörden darauf hingewiesen worden, daß sie für die Erftlllung ihrer gesetzlichen Aufgaben vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge auf die Übermittlung auch tiefgegliederter Informationen nicht verzichten könnten 381 • Die Unterdrückung, Zusammenfassung oder auch Verfremdung von Tabellen-Einsen bedeutet jedoch immer auch Informationsverlust. Das als Argument daher mehrfach genannte Beispiel aus dem Bereich der Außenhandelsstatistik, wonach es den zuständigen Behörden nicht vorenthalten werden dürfe, daß es z.B. einen Einzelimporteur aus einem bestimmten Land gebe382, ist allerdings unzutreffend: Die gemäß § 11 Abs. 1 des Gesetzes über die Statistik des grenzüberschreitenden Warenverkehrs vom 1. Mai 1957 (Außenhandelsstatistikgesetz- AHStatGes)383 378 Vgl. Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, BT-Drucksache 10/6666, S. 16, Ziffer 15.5, wo zutreffend davon ausgegangen wird, daß grundsätzlich die Übermittlung von Einzeldatensätzen über die von Tabellen hinaus geht. 379

Vgl. oben C.II.7. Buchstabe c.

380

BT-Drucksache 10/5345, Anlage 2, S. 26, Stellungnahme des Bundesrates, Ziffer 16.

381

Groß, AöR 113 (1988), 161 (200).

Vgl. Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik ftlr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/6666, S. 18, Ziffer 15.13; ebenso Groß, AöR 119 (1988), 161 (200); Ziegler, S. 151. 382

383 AHStatGes vom I. Mai 1957 (BGBI. III Gliederungs-Nr. 7402-1), geändert durch Art. 9 des I. Statistikbereinigungsgesetzes vom 14. M!lrz 1980 (BGBI. I S. 294).

108

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

vorgesehene Übermittlung von Einzelangaben an die obersten Bundesoder Landesbehörden lediglich ohne den Namen des Auskunftspflichtigen ist zwar gemäß § 26 Abs. 3 BStatG außer Kraft getreten; die Ergebnisse der Außenhandelsstatistik dürfen gern. § 11 Abs. 2 AHStatGes jedoch nach Waren, nach fremden Ländern und nach Bundesländern gegliedert veröffentlicht werden. Infolge dieser Gliederung, die nicht nach Einfuhrern oder Ausftihrern 384 sondern nach Waren gegliedert erfolgt, ist nach Trennung der Hilfs- von den Erhebungsmerkmalen auch ftir die statistischen Ämter ein einzelner, etwa hinter einem Warenwertfeld stehender Einführer nicht mehr erkennbar und eine Veröffentlichung (auch von möglichen statistischen Einzelangaben) daher kaum zu kontrollieren385 • Eine Unterdrückung von einzelnen Warenpositionen findet somit nicht statt. Im Grundsatz ist jedoch bei der Erstellung von Tabellen außerhalb der Ausnahmevorschrift des § 16 Abs. 4 BStatG ein möglicher Informationsverlust durch das rechtlich zulässige Aggregationsniveau des § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 3 BStatG und die Eliminierung der "Tabellen-Einsen" nicht auszuschließen, der § 16 Abs. 4 BStatG infolgedessen durchaus geeignet, das Aggregationsniveau insoweit zu senken.

bb) Gliederungstiefe der zu übermittelnden Tabellen

Die grammatikalische Auslegung des § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG läßt jedoch erkennen, daß die Ausnahmevorschrift zwar (aufgrund ihrer systematischen Stellung) die "Tabellen-Einsen" als statistische Einzelangaben ansieht, auf die die Prinzipien der statistischen Geheimhaltung grundsätzlich anzuwenden sind; angesprochen sind die "Tabellen-Einsen" jedoch lediglich in ihrer Funktion als Teil der Gesamtinformation eines Tabellenwerkes, soweit Tabellenfelder einen einzigen Fall ausweisen, nicht als statistische Einzelangabe als solche. Daraus ergeben sich für das Aggregationsniveau resp. die Gliederungstiere der zu übermittelnden Tabellen an die obersten Bundes- oder Landesbehörden wesentliche Konsequenzen. Statistische Tabellenwerke 384 Vgl. § 4 Abs. 2 AHStatGes, § 14 Außenhandelsstatistik-Durchftlhrungsverordnung vom 8. Februar 1989 (BGBI. I S. 203), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. Juni 1991 (BGBI. I s. 1268). 385 In der Praxis wird diesem Problem der Aufbereitung der Daten dadurch Rechnung getragen, daß der Auskunftspflichtige in den Erläuterungen zu den Erhebungspapieren gebeten wird, bei tatsächlichem oder vermutetem Deanonymisierungsrisiko eine Sperrung der von ihm erbrachten statistischen Einzelangaben zu veranlassen. Diese Erklärung wird vom Statistischen Bundesamt dann bei den folgenden Veröffentlichungen berllcksichtigt.

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfllngerkreis

109

bestehen im allgemeinen aus einer summenmäßigen Zusammenfassung von Einzelangaben. Die sog. Tabellen-Eins tritt dann auf, wenn das Ergebnis eines Tabellenfeldes die Summe nur eines Einzelfalles ist. Auch wenn die Beschränkung der Übermittlung auf die tabellarische Darstellung das Deanonymisierungsrisiko durchaus reduziert, so erscheint jedenfalls eine Tabeliierung rechtlich problematisch, deren einzelne Felder nahezu ausschließlich aus "Tabellen-Einsen" bestehen. Theoretisch und auch nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG könnten durchaus Tabellen übermittelt werden, die fachlich und regional so tief gegliedert sind, daß sie praktisch nur noch aus Tabellenfeldern bestehen, die "Tabellen-Einsen" (oder auch "Zweier-Fälle") enthalten. Dieselbe Folge entsteht durch eine entsprechende Auswahl und Anordnung einer Vielzahl von Merkmalen. Je stärker nun eine Tabelle aus Feldern besteht, die "Tabellen-Einsen" enthalten -oder auch durch kumulative Anforderungen entsprechend aufgebauter Tabellen -, desto eher nähert sich ein solches Tabellenwerk der Übermittlung von kompletten Einzeldatensätzen. Eine derartige Übermittlung von statistischen Einzeldatensätzen an die obersten Bundes- oder Landesbehörden war jedoch im Gesetzgebungsverfahren von der Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Gründen abgelehnt worden 386•

cc) Verfassungsrechtliche Anforderungen

Man wird daher die Vorschrift des § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG verfassungskonform dahin auslegen müssen, daß "Tabellen-Einsen" nur in ihrer Funktion als Teil der Gesamtinformation der Tabelle, nicht jedoch als deren dominierender Inhalt oder gar als (verkappte) statistische Einzeldatensätze übermittelt werden dürfen. Infolge einer derartigen Auslegung würde z.B. dem Ausnahmecharakter der Vorschrift die Übermittlung von Tabellen in so tiefer regionaler oder fachlicher Gliederung widersprechen, daß das Ergebnis überwiegend aus Einzelfällen, in der Tabelle repräsentiert durch "Tabellen-Einsen", bestünde387. Zwar dürfen die "Tabellen-Einsen" nach § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG durchaus noch theoretisch zuordenbar sein (§ 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG hat einen anderen Regelungsinhalt), jedoch gilt auch für die Übermittlung an oberste Bundes- oder Landesbehörden der die Statistik 386 Vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik ftlr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, S. 29, Zu 16. 387

Ebenso Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 40.

110

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

"generell verpflichtende Grundsatz, daß die Aufbereitung der Individualdaten immer zu einer "strukturierten" anonymen Form fuhren muß388". Die Erstellung von "Tabellenbildem", deren einzelne Felder aber nahezu aus Einzelangaben bestehen, genügt diesen Anforderungen nicht. Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder sind daher verpflichtet, zu prüfen, ob die Übermittlung von angeforderten Tabellenwerken in ihrer jeweiligen konkreten Gliederung noch den an derartige Tabellen zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Ist z.B. die Prozentzahl der in der Tabelle enthaltenen "Einsen" zu hoch, muß eine Zusammenfassung, Rundung o.ä. erfolgen389. Eine derartige, durchaus restriktive Auslegung der Übermittlungsvorschrift des § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG drängt sich schon deshalb auf, weil für die Übermittlung keineswegs "nur wirtschaftsstatistische Daten" in Betracht kommen390, sondern die Vorschrift vielmehr keinerlei derartige Einschränkungen - etwa bezüglich Bevölkerungs- oder Sozialstatistiken beinhaltet.

c) Anordnung in einer eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift

Die Übermittlung der Tabellen ist gern. § 16 Abs. 4 Satz 2 BStatG nur zulässig, wenn diese in einer eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift, die den Empfängerkreis (oberste Bundes- und/oder Landesbehörden) benennt, zugelassen ise91 •

388

BVerfUE 65, I (53 ff.).

Das Statistische Bundesamt hat versucht, mit der Erstellung von "generellen Tabellenstandards ftlr Tabellen nach § 16 Abs. 4 BStatG" die Erstellung und Übermittlung derartiger Tabellenwerte operationalisierbar zu machen. Danach sollen z.B. die folgenden drei Kriterien ftlr die Tabeliierung erftlllt sein: - einer einzelnen statistischen Einheit sollen nicht mehr als 4 Merkmale zugeordnet werden können, - höchstens 10 v. Hundert der Felder einer Tabelle soll aus "Tabellen-Einsen" bestehen, - ein Wertfeld soll nicht (durch gleichzeitige Angabe der Fallzahl) als "Tabellen-Eins" identifizierbar sein. 389

390 Von einer derartigen Beschränkung geht Zieg/er, S. 153, unter Berufung auf Groß, AöR 119 (1988), 161 (201), jedoch offenbar aus. Letzterer wiederum fUhrt aus, daß sich Übermittlungen nach§ 16 Abs. 4 BStatG "überwiegend aufwirtschaftsstatistische Daten" bezögen. Derartige Mutmaßungen zur Quantität bieten jedoch ftlr die rechtliche Qualifizierung der Übermittlungen kaum Anhaltspunkte. 391 Diese zusätzliche Voraussetzung, die dem Gesetzgeber eine Abwägung im Einzelfall und auf die jeweilige Statistik bezogen ermöglicht, ist aus § II Abs. 3 BStatG 1980 übernommen

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfllngerkreis

111

Gern. § 26 Abs. 3 BStatG sind Übermittlungsregelungen in Rechtsvorschriften, die vor dem 31. Dezember 1984 in Kraft getreten waren und eine über§ 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG hinausgehende Übermittlung vorsahen, am 22. Januar 1991 außer Kraft getreten392 •

worden. Auf der Grundlage des § 16 Abs. 4 Satz 2 BStatG wurden bisher folgende Übermittlungsklauseln verabschiedet: -

392

§ 7 des Gesetzes über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Rohstoffstatistikgesetz) vom 15. Dezember 1989 (BGBI. I S. 2201) - Übermittlung an den Bundesminister filr Wirtschaft und die fachlich zuständigen obersten Landesbehörden -; § 5 Abs. I des Gesetzes über die Statistik der Straßenverkehrsunfltlle (Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz) vom 15. Juni 1990 (BGBI. I S. 1078) -Übermittlung an die fachlich zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden; § 103 des Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (Kinder- und Jugendhilfegesetz) vom 26. Juni 1990 (BGBI. I S. 1163) geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 27.7.1992 (BGBI. I S. 1398) - Übermittlung an die fachlich zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden mit der Einschränkung, daß Tabellen, deren Tabellenfelder (tatsächlich) nur einen einzigen Fall ausweisen, nur dann übermittelt werden dürfen, wenn sie nicht differenzierter als auf Regierungsbezirksebene, im Fall der Stadtstaaten auf Bezirksebene, aufbereitet sind; § 7 der Dritten Verordnung zur Durchfilhrung einer Bundesstatistik über Art und Umfang der betrieblichen Altersversorgung (3. Betriebliche Altersversorgungsstatistikverordnung) vom 31. August 1990 (BAnzeiger Nr. 168 S. 4613)- Übermittlung an den Bundesminister filr Arbeit und Sozialordnung und die fachlich zuständigen obersten Landesbehörden soweit "Tabellen-Einsen" sich auf ein Unternehmen beziehen; § 14 des Gesetzes über die Statistiken der öffentlichen Finanzen und des Personals im öffentlichen Dienst (Finanz- und Personalstatistikgesetz- FPStatG) vom 21. Dezember 1992 (BGBI. I S. 2119)- Übermittlung an oberste Bundes- oder Landesbehörden mit der Einschränkung, daß Tabellen, deren Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen und die Erhebungseinheiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 FPStatG betreffen (bestimmte rechtlich selbständige Organisationen filr Wissenschaft, Forschung und Entwicklung) nur dann übermittelt werden dürfen, wenn sie nicht in tieferer regionaler Gliederung als auf Regierungsbezirksebene, im Falle der Stadtstaaten auf Bezirksebene, aufbereitet sind (§ 14 Satz 2 FPStatG); § 98 Abs. 1 des Gesetzes über Agrarstatistiken (Agrarstatistikgesetz -AgrStatG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1992 (BGBI. I S. 1632)- Übermittlung an die zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden; § 132 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) vom 10. Januar 1991 (BGBI. I S. 94, 808), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 30. Juni 1993 (BGBI. I S. 1074) Übermittlung an die fachlich zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden mit der Einschränkung, daß Tabellen, deren Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen, nur dann übermittelt werden dürfen, wenn sie nicht differenzierter als auf Regierungsbezirksebene, im Falle der Stadtstaaten auf Bezirksebene, aufbereitet sind (§ 132 Abs. 1 Satz 2 BSHG). Vgl. hierzu unten C.III.5.

112

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

d) Offenkundige Tatsachen

Für die nach § 16 Abs. 4 BStatG übermittelten Tabellen gilt gern. § 16 Abs. I 0 BStatG die sog. verlängerte Geheimhaltung (für die Empfänger, im vorliegenden Fall die obersten Bundes- oder Landesbehörden) dann nicht, wenn es sich um offenkundige Tatsachen handelt. Der Begriff der "offenkundigen Tatsache" ist weiter als der der Einzelangaben, die aus "allgemein zugänglichen Quellen" (§ 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BStatG) entnommen worden sind. Die Tatsache muß einer nicht beschränkten Anzahl von Personen bekannt oder ohne besondere Anstrengung zugänglich sein 393 • Offenkundig sind daher Tatsachen, über die sich jedermann ohne besondere Fachkunde aus zuverlässigen Quellen unterrichten kann394 ; Veröffentlichungen in einer Zeitschrift sollen noch nicht automatisch die Offenkundigkeit der fraglichen Tatsache begründen39s.

5. Die Überleitungsvorschrift des § 26 Abs. 3 BStatG a) Normhistorie

Gemäß § 26 Abs. 3 BStatG treten Regelungen in eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschriften, in denen eine "über § 16 Abs. 4 Satz 1 oder Abs. 6 hinausgehende Übermittlung von Einzelangaben" vorgesehen ist (und die vor dem 31. Dezember 1984 in Kraft getreten sind) spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten des Bundesstatistikgesetzes außer Kraft. Die in verfassungskonformer Anwendung dieser Regelung396 durch die statistischen Ämter praktizierten Übermittlungen, die über § 16 Abs. 4 Satz I 393 Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 78 m.w.N.; nach Auffassung der Koalitionsfraktionen wie auch der SPD wurde in diesen Fällen (der in Tabellenwerken nach § 16 Abs. 4 BStatG enthaltenen offenkundigen Tatsachen) eine verlängerte Geheimhaltung ftlr überflüssig gehalten, vgl. Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucksache 10/6666, S. 16, Ziffer 15.5. 394 Kopp, VwVlG, § 26 Rdnr. 6; vgl. auch Arens/Lüke, Rdnr. 265 (zu § 291 ZPO), van Rienen, S. 187, der anmerkt, daß auch ein "Gerücht oder offenes Geheimnis" durch amtliche Bestätigung zur Gewißheit werden könnte.

395 Kopp, VwGO, § 98 Rdnr. 23 mit Hinweis auf Kammergericht Berlin, NJW 1972, 1909; BVerwG, NVwZ 1983, 99, will die Veröffentlichung einer Tatsache nicht einmal als Indiz ftlr die Allgemeinkundigkeit anerkennen. 396 Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 26 Rdnr. 15; kritisch zu der gesamten Übergangsvorschrift des § 26 Abs. 3 BStatG: Mainusch, Staat und Wirtschaft in Hessen 1988, 292 (296).

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfllngerkreis

113

oder Abs. 6 BStatG hinausgingen, waren daher mit Ablauf des 30. Januar 1991 397 einzustellen. In der öffentlichen Anhörung zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke war die vorgesehene Aufbebung der Übermittlungsregelungen für Einzelangaben in einzelstatistischen Gesetzen durch das Bundesstatistikgesetz unterschiedlich bewertet worden: Während Badura398 aufgrund der Verschiedenartigkeit der betroffenen einzelstatistischen Regelungen eine derartige Norm nicht empfehlen wollte, hatte Hölder399, angesichts der notwendigen Überprüfung zahlreicher derartiger Übermittlungsregelungen auf deren verfassungsrechtliche Zu1ässigkeit unter dem Gesichtspunkt der Rechtsklarheit, sämtliche derartige Regelungen aufgehoben wissen wollen.

b) Normenklarheit

Die schließlich Gesetz gewordene Überleitungsvorschrift ist indessen trotz der Forderung Schiedermaiers nach einer unzweideutigen Regelung400 -auf den ersten Blick keineswegs normenklar. Fraglich ist, ob die in Bezug genommenen Übermittlungsregelungen401 vollständig oder nur hinsichtlich ihres Aggregations- bzw. Anonymisierungsniveaus außer Kraft getreten sind, d.h., daß lediglich Einzelangaben nicht mehr übermittelt werden dürfen. Der Wortlaut des § 26 Abs. 3 BStatG läßt zwei Auslegungen zu: Der letzte Halbsatz "(... ), treten diese Regelungen außer Kraft" kann sich sowohl auf die jeweiligen "Rechtsvorschriften" als auch auf die "über § 16 Abs. 4 Satz 1 oder Abs. 6 hinausgehende Übermittlung" beziehen. Zumindest die Übermittlung von Tabellen mit statistischen Ergebnissen, deren Tabellenfelder sich auf die Ausweisung eines einzigen Falles beschränken dürfen (vgl. § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG), wäre jedoch bei einem völligen Wegfall aller infragestehenden Übermittlungsregelungen in 397 Das Gesetz über die Statistik ftlr Bundeszwecke vom 22. Januar 1987 wurde im Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1987, Teil I, Nr. 8 vom 29. Januar 1987, verkündet und trat nach seinem§ 28 Satz I - mit Ausnahme des § 26 Abs. I - am Tag nach der Verkündung in Kraft. 398

Badura in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 107 (116).

Hölder in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 134 (156 ff.); auch Benleer in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 118 (129) bejahte die Notwendigkeit einer derartigen Regelung. 399

400

Schiedermaier in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 169 (177).

Zusammenstellung der Übermittlungsregelungen, Stand: I. 8. 1986, bei Schiedermaier, ebenda, Anlage 5. 401

8 Poppcnhäger

114

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Rechtsvorschriften, die eine Bundesstatistik anordnen und vor dem 31. Dezember 1984 in Kraft getreten sind, nicht möglich, da diese zum einen eine Regelung in einem eine Bundesstatistik anordnenden Gesetz voraussetzt und zum anderen als Übermittlungsadressaten lediglich oberste Bundes- bzw. Landesbehörden vorsieht. Die Beratungen im Innenausschuß des Deutschen Bundestages, wo die Regelung des § 26 Abs. 3 BStatG in den Gesetzentwurf der Bundesregierung eingefügt wurde402, lassen jedoch erkennen, daß im Gesetzgebungsverfahren nicht von einem völligen Wegfall der infragestehenden Vorschriften nach vier Jahren ausgegangen wurde. Vielmehr sollten die Übermittlungsvorschriften in der Form in Kraft bleiben, "daß ausschließlich Tabellen übermittelt werden dürfen"403 • Von einem völligen Außerkrafttreten aller fraglichen Überm ittlungsvorschriften muß daher nicht zwingend ausgegangen werden; vertretbar erscheint eine Auslegung, nach der lediglich die über die Absätze 4 und 6 des § 16 BStatG hinausgehenden Verwertungsmöglichkeiten und Zweckbestimmungen sowie das Aggregationsniveau des § 16 Abs. 4 Satz 1 resp. das Anonymisierungsniveau des § 16 Abs. 6 BStatG unterschreitende Übermittlungen nach Ablauf der Übergangszeit nicht mehr zulässig sind.

c) Regelungen in einzelstatistischeR Gesetzen

Die eben angestellten Überlegungen gelten (a maiore ad minus) selbstverständlich nicht nur für Übermittlungen von statistischen Einzelangaben, sondern ebenso für Regelungen in einzelstatistischen Gesetzen, die eine Veröffentlichung von Einzelangaben vorsahen404• Die Veröffentlichung bedeutet, wie bereits ausgeführt, gegenüber der Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfängerkreis den stärkeren Eingriff in das Recht auf informationeile Selbstbestimmung, wobei die Regelung des § 26 Abs. 3 BStatG einen derartigen Eingriff nicht voraussetzt. Man wird aber auch in denjenigen Fällen, in denen ein Eingriff in das Recht auf informationeile Selbstbestimmung nicht in Frage 402

Vgl. BT-Drucksache 10/6666, S. 19, Ziffer 20.2.

403

BT-Drucksache 10/6666, S. 16, Ziffer 15.5.

404 Vgl. insoweit z.B. § 6 Abs. 2 des Gesetzes über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes vom 14. Man 1980 (BGBI. I S. 308); § 8 Abs. 2 des Gesetzes über die Luftfahrtstatistik vom 30. Oktober 1967 (BGBI. I S. 1053), geändert durch Art. 15 des Gesetzes vom 14. Man 1980 (BGBl. I S. 294).

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschrankten Empfllngerkreis

115

steht, aufgrund der dem Bundesstatistikgesetz immanenten Teleologie nicht von einer Unzulässigkeit von Übermittlungen, aber von einer weiteren Zulässigkeit von Veröffentlichungen ausgehen können.

d) § 5 Abs. 2 des 2. Baustatistikgesetzes

aa) Ausk/ammerung der Übermittlung an Gemeinden in§ 26 Abs. 3 BStatG

In den Beratungen des Innenausschusses des Deutschen Bundestages wurde von Seiten des Statistischen Bundesamtes am Beispiel der Bautätigkeitsstatistik (aus der die Kommunen z.B. Stadtteilergebnisse erstellen können) die Notwendigkeit der Blockseitenregelung des§ 10 Abs. 2 und 3 BStatG unterstrichen405• Die seinerzeitigen Ausruhrungen nahmen Bezug auf § 5 Abs. 2 des zweiten Gesetzes über die Durchftlhrung von Statistiken der Bautätigkeit und die Fortschreibung des Gebäudebestandes (2. BauStatG) vom 27. Juli 1978406, der auch zwischenzeitlich nicht novelliert wurde. Danach dürften die statistischen Ämter u.a. den jeweils zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände die erfaßten Einzelangaben "in geeigneter Form" zur VerfUgung stellen. Fraglich könnte sein, ob neben § 5 Abs. 5 des 2. BauStatG407 auch § 5 Abs. 2 des 2. BauStatG mit Ablauf des 30. Januar 1991 außer Kraft getreten ist. In § 26 Abs. 3 BStatG sind Übermittlungen an Gemeinden nach § 16 Abs. 5 BStatG nicht expressis verbis aufgeftlhrt. Die in Bezug genommenen Übermittlungen nach den Absätzen 4 Satz I und 6 des § 16 BStatG betreffen Übermittlungen außerhalb des statistischen Bereichs (oberste Bundes- bzw. Landesbehörden, wissenschaftliche Einrichtungen); die Übermittlung an Gemeinden ist seit dem Volkszählungsurteil ohnehin nur unter restriktiven Bedingungen möglich (Einrichtung einer Statistikstelle, Abschottung, Sicherung der Zweckbindung wie innerhalb der statistischen Ämter). Die Übermittlung ftlr Zwecke der Kommunalstatistik ist unter den 405

Vgl. BT-Drucksache 10/6666, Zu§ 10, Ziffer 9.5, S. 11 r.Sp. .

406

BGBI. I S. 1118.

407 § 5 Abs. 5 des 2. BauStatG bestimmte, daߧ 12 Abs. 4 StatGes 1953 nicht ftlr bestimmte statistische Tabellen mit Bundes- oder Landesergebnissen gelten sollte, soweit Einzelangaben zur vollstandigen Darstellung der Ergebnisse in den Tabellen erforderlich sind. Das Aggregationsniveau entsprach insoweit dem heutigen § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG; allerdings waren seinerzeit nicht nur Übermittlungen an oberste Bundes- oder Landesbehörden vorgesehen, sondern eine uneingeschrllnkte Veröffentlichung dieser Tabellen.

s•

116

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

genannten Voraussetzungen nicht identisch mit sonstigen Übermittlungen aus dem Bereich der amtlichen Statistik, so daß eine Einbeziehung der Kommunalstatistik in den Anwendungsbereich des § 26 Abs. 3 BStatG auch nicht zwingend geboten erschiene. Folgt man dieser Auslegung, so ergäbe sich z.B. für den infragestehenden § 5 Abs. 2 des 2. BauStatG, daß er von der Überleitungsvorschrift nicht erfaßt und somit weiterhin in Kraft wäre.

bb) Grammatikalische und historische Auslegung Für eine derartige Privilegierung einzelner Empfänger von statistischen Einzelangaben durch die Überleitungsnorm des § 26 Abs. 3 BStatG bietet indessen weder eine grammatikalische noch historische Auslegung hinreichende Anhaltspunkte. Die grammatikalische Auslegung ergibt, daß § 26 Abs. 3 BStatG nicht nur die Übermittlungen nach Abs. 4 und 6 des § 16 BStatG zitiert, sondern alle Rechtsvorschriften, in denen "eine über § 16 Abs. 4 Satz I oder Abs. 6 BStatG hinausgehende Übermittlung" vorgesehen ist. Der Normtext stellt primär auf die Übermittlung, nicht auf die Adressaten der Übermittlungen ab. Mit den Worten "über(... ) hinausgehende Übermittlung" werden wohl eher eine die inhaltlichen Vorgaben der Absätze 4 und 6 des § 16 BStatG (Übermittlung der "Statistischen Eins" in Tabellen/Voraussetzung sog. faktischer Anonymität) "überschießende" Übermittlungsnorm in Bezug genommen. Durch den Normtext wäre damit das einzuhaltende Aggregationsniveau des § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG bzw. das Anonymisierungsniveau des § 16 Abs. 6 BStatG angesprochen, nicht aber der Empfängerkreis der beiden Vorschriften. Legt man die Gesetzesmaterialien zugrunde, so ergibt sich ebenfalls kein Hinweis auf eine gewollte Privilegierung der Gemeinden. In den Beratungen des Innenausschusses wurde vielmehr davon ausgegangen, daß (auch schon) während der Übergangszeit und darüber hinaus Übermittlungsregelungen nur in der Form in Kraft blieben, "daß ausschließlich Tabellen übermittelt werden dürfen"408• Durch § 26 Abs. 3 BStatG sollte "sichergestellt werden, daß( ... ) der Einzelgesetzgeber innerhalb eines Zeitraumes von 4 Jahren tätig werden muß, wenn die Möglich-

408 BT-Drucksache 10/6666, S. 16, Ziffer 15.5; ebenso Dorer/Mainuschffubies, BStatG, § 26 Rdnr. 15, Zieg/er, S. 155.

III. Übermittlung von Einzelangaben an einen beschränkten Empfllngerkreis

117

keit der Übermittlung bestimmter Einzelangaben aufrechterhalten werden soll"409• Dies ist im Falle der Bautätigkeitsstatistik nicht geschehen. § 16 Abs. 5 BStatG hat nicht die Funktion, die (gewollte und vorausgesetzte) Novellierung der einzelstatistischen Gesetze mit Weiterleitungsvorschriften zu ersetzen. Ein Hinweis darauf, daß Gemeinden auch nach Ablauf der Übergangszeit statistische Einzelangaben weiterhin erhalten sollten, ist nicht ersichtlich. Es wäre angesichts des Empfängerkreises des § 16 BStatG insoweit auch inkonsequent gewesen, die Übermittlungsregel des § 26 Abs. 3 BStatG nur an zwei Empfängern (die des§ 16 Abs. 4 und Abs. 6 BStatG) auszurichten. Zwar besteht mittlerweile auch einfachgesetzlich durch § 16 Abs. 5 Satz 2 BStatG das Gebot der informationeilen Gewaltenteilung innerhalb der Gemeinden sowie die statistische Zweckbindung übermittelter statistischer Einzelangaben; ein genereller Unterschied gerade im Hinblick auf die statistische Zweckbindung sowie verlängerte Geheimhaltung des § 16 Abs. 810 BStatG gegenüber den Übermittlungsadressaten oberste Bundes- oder Landesbehörden bzw. Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen besteht jedoch nicht.

cc) Weiterleitung von Einzelangaben ab dem 31.1.1991

Daraus folgt, daß eine Berufung auf eine vor dem Stichtag 31. Dezember 1984 ergangene Übermittlungsregelung für Einzelangaben an Gemeinden oder Gemeindeverbände nicht möglich ist. Sollte in der Übergangszeit (in verfassungskonformer Auslegung und unter entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 5, Abs. 8-10 BStatG die Weitergabe von Einzelangaben z.B. gern. § 5 Abs. 2 des 2. BauStatG noch möglich gewesen sein- was hier nicht zu untersuchen ist-, so ist jedenfalls ab dem 31. Januar 1991 eine Weiterleitung von Einzelangaben auch an Gemeinden nur noch unter den Bedingungen des § 16 Abs. 6 BStatG ("faktische Anonymität") bzw. in Tabellenform (§ 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG) zulässig.

409 Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines BStatG, BTDrucksache 10/6666, S. 19, Ziffer 20.2.

118

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

6. Gemeinsame Sicherungsmaßnahmen für Empfänger von Einzelangaben nach§ 16 Abs. 4-6 BStatG a) Schutz gegen Zweckentfremdung

Nach § I 6 Abs. 8 Satz I BStatG dürfen die übermittelten Einzelangaben nur für die Zwecke verwendet werden, für die sie übermittelt wurden410• Dieser Schutz gegen Zweckentfremdung verpflichtet vor allem den Adressatenkreis der verschiedenen Übermittlungsvorschriften, die Zweckbindung statistischer Einzelangaben sicherzustellen. Darüberhinaus obliegt den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder eine Prüfungspflicht411, ob der jeweilige Empfänger die gern. § 16 Abs. 8 Satz 3 BStatG geforderten Voraussetzungen erfüllt, wonach durch technische und organisatorische Maßnahmen sichergestellt sein muß, daß nur Amtsträger, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete oder Verpflichtete nach § I 6 Abs. 7 BStatG Empfänger von Einzelangaben sind.

b) Aufzeichnung erfolgter Übermittlungen

§ I 6 Abs. 9 BStatG sieht die Aufzeichnung erfolgter Übermittlungen nach Inhalt, Stelle, der übermittelt wird, Datum und Zweck der Weitergabe durch die statistischen Ämter vor. Die Regelung soll einerseits eine effektive Kontrolle der Einhaltung der Übermittlungsvorschriften durch die Datenschutzbeauftragten gewährleisten, andererseits einem evtl. Betroffenen die Verfolgung seiner Rechte erleichtern412• Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre aufzubewahren.

c) Die sogenannte verlängerte Geheimhaltung

§ 16 Abs. 10 BStatG konstituiert die sog. verlängerte Geheimhaltung413 , wonach auch die Empfänger von statistischen Einzelangaben nach den 410

Vgl. in diesem Zusammenhang auch das Verbot der Reidentifizierung, §§ 21,22 BStatG.

411

Ziegler, S. 141; Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 70.

Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, S. 22, Zu§ 16, Zu Abs. 5; Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 76, nennen weiterhin Gründe der "Eigenkontrolle" der statistischen Ämter; vgl. auch BVerfDE 65, I (70). 412

41 3

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 78.

IV. Sonderflllle statistischer Aufbereitung bzw. Erhebung

119

Absätzen 4-6 des § 16 BStatG die allgemeinen Geheimhaltungsgrundsätze der Bundesstatistik zu beachten haben. Die Geheimhaltungspflicht gilt für die Mitarbeiter von obersten Bundesoder Landesbehörden, Gemeinden und wissenschaftlichen Einrichtungen insbesondere bei der Weitergabe von statistischen Daten an Dritte (für die die Privilegierung durch die Absätze 4-6 des § 16 BStatG dann nicht mehr zutrifft), sowie, entgegen Ziegler414, auch grundsätzlich dann, wenn es sich bei den statistischen Einzelangaben um (vermeintlich) offenkundige Tatsachen handeln sollte: die Ausnahmeregelung des § 16 Abs. 10 Satz 2 BStatG, wonach die "verlängerte Geheimhaltung" nicht für offenkundige Tatsachen gilt, bezieht sich lediglich auf die Übermittlung von Tabellen gern. § 16 Abs. 4 BStatG415• Nur wenn und soweit diese Tabellenwerke offenkundige Tatsachen enthalten, entfällt daher für die obersten Bundesoder Landesbehörden die (verlängerte) Geheimhaltungspflicht

IV. Sonderfälle statistischer Aufbereitung bzw. Erhebung 1. Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung von Bundesstatistiken a) Normbereich

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG sind Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die für eine Bundesstatistik gemacht werden, geheimzuhalten. Damit sind schon terminologisch die aufgrund der §§ 5 und 7 BStatG durchgeführten Bundesstatistiken von der Geheimhaltungsvorschrift des § 16 BStatG mit umfaßt416 • Fraglich scheint eine derartige Auslegung indessen bei Maßnahmen zur Vorbereitung der Durchführung von Bundesstatistiken nach § 6 BStatG. Gern. § 6 Abs. 1 BStatG dürfen das Statistische Bundesamt und die statistischen Ämter der Länder zur Vorbereitung und Durchführung durch 414

Zieg/er, S. 142.

415

Ebenso Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 78.

A.A. bezüglich der Erhebung von Daten nach § 5 Abs. 5 BStatG, Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. I 5, die hier lediglich "bereichsspezifische oder allgemeine datenschutzrechtliche Regelungen" gegeben sehen. 416

120

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

Rechtsvorschrift angeordneter Bundesstatistiken zum einen zur Klärung des Kreises der zu Befragenden und deren statistischer Zuordnung Angaben erheben und zum anderen Fragebogen und Erhebungsverfahren auf ihre Zweckmäßigkeit erproben. Gern. § 6 Abs. 2 BStatG gilt dies auch zur Vorbereitung einer eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift.

b) Unterfall der in§ 16 BStatG enthaltenen Regelungen?

Unter diejenigen Einzelangaben, "die für eine Bundesstatistik gemacht werden" und daher den Regelungen des § 16 BStatG unterfallen, wollen Dorer/Mainusch/Tubies417 offenbar auch die aufgrund von Erhebungen nach § 6 BStatG anfallenden Angaben subsumieren. Die §§ 6 und 16 BStatG stimmen insoweit jedoch schon tatbestandsmäßig nicht überein: während § 16 BStatG nur Angaben aus Bundesstatistiken erfaßt, bezieht sich § 6 BStatG lediglich auf Vorarbeiten zur Durchführung von Bundesstatistiken. Nichts anderes ergibt sich auch aus der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes. Dort wird u. a. ausgeführt, daß z. B. die Klärung des Kreises der zu Befragenden sichert, daß alle Auskunftspflichtigen vollständig erfaßt werden und die eigentliche Erhebung zügig innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Befragungszeiträume durchgeführt werden kann 418 • Dem Charakter des § 6 BStatG als Vorschrift zur Durchführung lediglich notwendiger Vorarbeiten tragen insoweit auch die gesonderten Löschungsregelungen des § 6 Abs. 1 und 2 BStatG Rechnung. Erst von Beginn der Durchführung der eigentlichen Bundesstatistik an gelten die allgemeinen Trennungs- und Löschungsvorschriften419 •

417

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 15 (Hinweis auf§§ 6, 7 BStatG).

418

BT-Drucksache 20/5345, S. 15f., Zu§ 6.

Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, ebenda, S. 16, Zu§ 6, Zu Absatz 2. 41 9

IV. Sonderflllle statistischer Aufbereitung bzw. Erhebung

121

c) Keine Schlechterstellung der gemäß § 6 BStatG erhobenen Einzelangaben

Bei den Erhebungen nach § 6 Abs. 1 und 2 BStatG handelt es sich somit aufgrund ihres ergänzenden bzw. vorbereitenden Charakters nicht um Bundesstatistiken420• § 16 BStatG findet keine Anwendung auf Erhebungen nach§ 6 BStatG. Eine Schlechterstellung der Einzelangaben, die aufgrund einer Erhebung gern, § 6 BStatG anfallen, gegenüber solchen, die ftir eine Bundesstatistik erhoben werden, erfolgt hierdurch allerdings nicht. Eine statistische Erhebung muß sich grundsätzlich innerhalb des gesetzlich festgelegten Zwekkes der Befragung bewegen421 • Dieser ist in § 6 Abs. 1 und 2 BStatG abschließend festgelegt. Eine sonstige, aufgrund des Charakters der amtlichen Statistik als Eingriffsverwaltung notwendige (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG, § 16 Abs. 2-6 BStatG), eine Weitergabe (Übermittlung oder Veröffentlichung) legitimierende Vorschrift existiert bezüglich der Erhebungen nach § 6 BStatG nicht. Die aufgrund von Erhebungen nach § 6 Abs. 1 und 2 BStatG anfallenden Angaben dürfen daher ausschließlich innerhalb ihrer in § 6 BStatG festgelegten Zweckbestimmung verwandt werden. Darüber hinaus sind sie ausnahmslos geheimzuhalten422 •

2. Aufbereitung von Daten aus dem Verwaltungsvollzug Gemäß § 8 BStatG - der insoweit dem Grundsatz der fachlichen Konzentration statistischer Arbeiten im Statistischen Bundesamt Rechnung trägt423 - können Daten von Verwaltungsstellen des Bundes, auch soweit 420 So auch Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 6 Rdnr. 7 im Zusammenhang mit einer Aufnahme der Daten in die Adressdatei nach § 13 BStatG, allerdings im Widerspruch zur Kommentierung zu§ 16 Rdnr. 15. 421

Vgl. BVerfGE 65, I (53).

Für die auf der Grundlage des § 6 Abs. 2 Nr. 2 BStatG im Jahre 1988 durchgeftlhrte sog. Testerhebung über "Dienstleistungen im produzierenden Gewerbe", veröffentlicht in der Fachserie 4, Reihe S. 12 des Statistischen Bundesamtes, Juli 1989, ist daher eine Rechtsgrundlage ftlr die Veröffentlichung nicht ersichtlich. 422

423 BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, S. 16, Zu§ 8; vgl. insoweit auch§§ 2 Nr. 3, 9 Abs. I StatGes 1953, wonach schon seinerzeit die Bearbeitung bestimmter Geschäftsstatistiken ganz oder teilweise dem Statistischen Bundesamt übertragen werden konnte. Als Gründe wurden auch damals organisatorische Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis angeftlhrt, vgl. Monz, StatGes, § 9 Anm. I.

122

C. Die Regelung der statistischen Geheimhaltung im Bundesstatistikgesetz

sie aufgrund nicht-statistischer Rechts- oder Verwaltungsvorschriften erhoben oder auf sonstige Weise angefallen sind, dem Statistischen Bundesamt zur Aufbereitung übermittelt werden. Die Vorschrift enthält somit eine besondere Form der Datenverarbeitung im Auftrag, die sog. Geschäftsstatistiken424• Gemäß § 8 Satz 2 BStatG ist das Statistische Bundesamt mit Einwilligung der auftraggebenden Stelle berechtigt, aus den aufbereiteten Daten statistische Ergebnisse für allgemeine Zwecke darzustellen und zu veröffentlichen. Die auftraggebende Verwaltungsstelle des Bundes bleibt allerdings Herrin der Daten; daraus folgt, daß die Übermittlung oder Veröffentlichung der Angaben durch das Statistische Bundesamt in derartigen Fällen nicht dem Bundesstatistikgesetz, sondern den allgemeinen datenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes bzw. bereichsspezifischen Rechtsnormen unterfällt Die auftraggebende Stelle hat diese Regelungen für eine eventuelle Veröffentlichungs- oder Weiterleitungsermächtigung zugrunde zu legen425 • Da es sich in Fällen der vorliegenden Art um die statistische Aufbereitung von Daten aus dem Verwaltungsvollzug handelt, ist der Grundsatz der Trennung von Statistik und Verwaltungsvollzug - anders als möglicherweise beim umgekehrten Fall der Datenübermittlung426 - nicht tangiert427•

424

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 8 Rdnm. I ff.

Vgl. BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, S. 16, Zu§ 8. 425

426 Der (umgekehrte) Fall einer Weiterleitung von ftlr statistische Zwecke erhobenen Daten ftlr Zwecke des Verwaltungsvollzugs "kann hingegen in unzulässiger Weise in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen", BVerfGE 65, I (SI f.); zur verfassungsrechtlichen Problematik und zum Grundsatz der Trennung von Statistik und Vollzug, vgl. Poppenhdger, NVwZ 1992, 149 ff. 427

Ebenso Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 8 Rdnr. 8.

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des Bundesstatistikgesetzes I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes Die Durchfilhrung von Bundesstatistiken erfolgt nicht ausschließlich durch die statistischen Ämter des Bundes und der Länder. Das Bundesstatistikgesetz enthält keine abschließende Definition der (in der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes, Art. 73 Nr. 11 GG, liegenden) Statistik flir Bundeszwecke, sondern lediglich eine Aufgabenbeschreibung in § 1 BStatG. Entscheidend flir die Beurteilung der Frage, ob es sich bei einer gesetzlich angeordneten Erhebung um eine Bundesstatistik handelt, ist daher, ob die Erhebung der Erfilllung einer Bundesaufgabe dient', an die sich die Möglichkeit, flir die Erfilllung dieser Aufgaben die nötigen statistischen Unterlagen zu beschaffen, als Annexkompetenz anschließt. Eine derartige Bundesstatistik muß nicht zwingend vom Statistischen Bundesamt oder den statistischen Ämtern der Länder durchgefilhrt werden. Nach dem Prinzip der fachlichen Konzentration2 besteht lediglich eine Regelvermutung für die Durchführung der Bundesstatistik bei den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder, wenngleich hierdurch Anforderungen des Datenschutzes durch Abschottung und auch der Koordinierung der durchgefilhrten Statistiken am ehesten Rechnung getragen würde. In der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes3 wird der Anspruch erhoben, daß die Regelungen des Bundesstatistikgesetzes nunmehr filr alle die einzelnen Bundesstatistiken anordnenden Rechtsvorschriften Geltung besäßen und eine Änderung in jedem Einzelfalle daher nicht erforderlich sei. 1 Vgl. BVertUE 65, I (38 f.); Maunz in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 73, Rdnr. 618, Art. 44 Rdnr. 16. 2 Vgl. BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 13 f., Zu §I.

3 Vgl. BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, ebenda, A. Allgemeiner Teil, S. 12, Ziffer I.

124

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

1. Statistik der Nichteisen- und Edelmetalle des Bundesamtes für Wirtschaft

Das Gesetz über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Rohstoffstatistikgesetz - RohstoffStatG) vom I5. Dezember I989 4 sieht neben der Statistik der Eisen- und Stahlwirtschaft (§§ I Abs. I Nr. I, 6 Abs. 1 RohstoffStatG), die durch das Statistische Bundesamt durchgeführt wird, weiterhin eine Erhebung in der Nichteisen- und Edelmetallwirtschaft gern. § I Abs. 1 Nr. 2 RohstoffStatG vor. Die Durchführung dieser Statistik obliegt nach § 6 Abs. I Nr. 2 RohstoffStatG dem Bundesamt ftlr Wirtschaft. Gern. § I Abs. I RohstoffStatG handelt es sich bei beiden Erhebungen um Bundesstatistiken. Um dem verfassungsrechtlichen Gebot wirksamer Abschottungsregelungen nach außen sowie einer den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder vergleichbaren Sicherung des Statistikgeheimnisses durch Organisation und Verfahren entsprechen zu können5, sieht § 6 Abs. 2 RohstoffStatG vor, zur Durchführung der Nichteisen- und Edelmetallstatistik im Bundesamt für Wirtschaft eine Organisationseinheit einzurichten, die räumlich, organisatorisch und personell von anderen Aufgabenbereichen des Bundesamtes (insbesondere denen, die primär Verwaltungsvollzugszwecken dienen) zu trennen ist. Nähere Abschottungsregelungen hat der Bundesminister für Wirtschaft gern. § 6 Abs. 3 RohstoffStatG durch Erlaß6 geregelt. Angesichts des festgelegten Charakters der Nichteisen- und Edelmetallstatistik als Bundesstatistik bestehen keine Bedenken gegen die direkte Anwendung der l3estimmungen des Bundesstatistikgesetzes auf die Durchführung der Erhebung, der Aufbereitung und auch Veröffentlichung der Daten durch das Bundesamt ftlr Wirtschaft.

4

BGBI.I S. 2201.

5

BVertGE 65; I (49, 51).

Bekanntmachung des Ausftlhrungserlasses gemäß § 6 Abs. 2 des Rohstoffstatistikgesetzes vom 5. Januar 1990, BundesanzeigerNr. 9 vom 13. Januar 1990. 6

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes

125

2. Verfahrens- und Meldevorschriften nach dem Außenwirtschaftsgesetz a) Statistik für Bundeszwecke?

Gern. § 26 Abs. 2 und 3 des Außenwirtschaftsgesetzes (A WG) vom 28. April 1961 7 kann durch Rechtsverordnung angeordnet werden, daß bestimmte Rechtsgeschäfte und Handlungen im Außenwirtschaftsverkehr, bestimmte Vermögenspositionen Gebietsansässiger in fremden Wirtschaftsgebieten sowie Gebietsfremder im Wirtschaftsgebiet zu melden sind. Als Zweckbestimmung hierfür ist in § 26 Abs. 2 A WG u. a. die laufende Erstellung der Zahlungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland genannt, aber auch Feststellungen, ob die Voraussetzungen für die Aufhebung, Erleichterung oder Anordnung von Beschränkungen im Außenwirtschaftsverkehr vorliegen (§ 26 Abs. 2 Nr. 1 A WG). Nach § 26 Abs. 4 Satz 2 A WG sind in diesen Fällen (des Absatzes 2 Nr. 1 bis 4 und des Absatzes 3 des§ 26 AWG) die§ 7, 10 und 11 des Bundesstatistikgesetzes "entsprechend anzuwenden". Von der Ermächtigung des § 26 Abs. 1 A WG hat die Bundesregierung durch Erlaß der Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes8 Gebrauch gemacht. Fraglich ist, ob es sich bei diesen Erhebungen aufgrund der Meldepflichten des § 16 A WG um bundesstatistische Erhebungen handelt: bei den in den Bestimmungen der Außenwirtschaftsverordnung festgelegten Zwecken handelt es sich überwiegend um Zwecke des Verwaltungsvollzugs bzw. der-kontrolleund damit nicht um statistische Zwecke. So sollen die zu erstellenden Meldungen u. a. dazu dienen, die Einhaltung der geltenden außenwirtschaftliehen Vorschriften zu überprüfen. Deiters9 will daher die aufgrund derartiger Meldepflichten erstellten Daten nicht als "echte Statistiken", sondern "Feststellungen eigener Art im Bereich der Wirtschaftsverwaltung" sehen. Zu Recht wird man wohl eher davon ausgehen können, daß es sich bei den Erhebungen, die aufgrund der Außenwirtschaftsverordnung in Verbindung mit § 26 A WG durchgeführt werden, nicht um Bundesstatistiken im Sinne des BStatG handelt, auf die das geltende Bundesstatistikgesetz unmittelbar angewandt werden müßte.

7

BGBI.I. S. 481,495, 1555, zuletzt gelindert durch Gesetz vom 7.7. 1992 (BGBI.I S. 1222).

Außenwirtschaftsverordnung (AWV) vom 18. Dezember 1986 (BGBI.I S. 2671), zuletzt gelindert durch Verordnung vom 11. März 1992 (Bundesanzeiger Nr. 52 vom 14.3.1992). 8

9

Deiters in: Das Deutsche Bundesrecht, 111 H 50, S. 45, zu § 26 a. E.

126

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

b) Verweisung auf Rechtsnormen des Bundesstatistikgesetzes von 1980

aa) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

§ 26 Abs. 4 Satz 2 AWG wurde zuletzt durch das 1. Rechtshereinigungsgesetz vom 24. April 1986 10 geändert und die ursprüngliche Verweisung auf Vorschriften des StatGes 1953 durch die jetzige auf die "§§ 7, l 0 und 11 des Bundesstatistikgesetzes" ersetzt.

Gern. § 26 Abs. 4 Satz 2 AWG sind die §§ 7, 10 und § 11 des Bundesstatistikgesetzes jedoch nur entsprechend anzuwenden 11 • Von der Möglichkeit einer direkten Anwendung der bundesstatistischen Rechtsvorschriften ging der Gesetzgeber offenbar nicht aus. Die Verweisung bezieht sich jedoch möglicherweise nicht auf Vorschriften des geltenden Bundesstatistikgesetzes sondern auf solche des BStatG 1980, die mit lokrafttreten des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz BStatG) vom 22. Januar 1987 12 außer Kraft getreten sind. Nach der Rechtsprechung des BVerfG handelt es sich bei Verweisungen um zulässige Fixierungen gesetzlicher Tatbestände durch Bezugnahme auf bereits erlassene Rechtsvorschriften 13 • Der Gesetzgeber muß die jeweils neuen Tatbestände nicht jeweils neu umschreiben, sondern kann mit Hilfe der Technik der Verweisung die in Bezug genommene Norm zum Bestandteil der verweisenden Norm erklären. Rechtlich bedeutet eine solche Verweisung lediglich den Verzicht, den Text der in Bezug genommenen Vorschriften in vollem Wortlaut in die Verweisungsnorm aufzunehmen 14• Der Regelungsinhalt der verweisenden Norm ergibt sich dann aus dem Zusammenwirken der beiden Rechtssätze 1s.

10

BGBl. I S. 560.

Die Verweisung wurde zuletzt gelindert durch Gesetz vom 24. 4. 1986 (BGBI. I S. 560). Sie konnte sich daher seinerzeit nur auf das Gesetz über die Statistik filr Bundeszwecke (BStatG 1980) vom 14. März 1980 (BGBl. I S. 289) beziehen. Das BStatG 1980 istjedoch am 21. Januar 1987 außer Kraft getreten (vgl. § 28 Satz 3 Nr. 1 BStatG). 11

12

BGBl. I S. 462,565, gelindert durch Art. 2 des Gesetzes vom 17.12.1990 (BGBI. I S. 2837).

13

Vgl. BVerfGE 47, 285 (311); 60, 135 (155); vgl. auch BVerfGE 41, 29, zu einer mehr als hundertjahrigen Verweisungskette. 14

BVerfGE 47, 285 (312).

15

Vgl. Schneider, Rdnr. 578; BVerfGE 60, 135 (155).

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes

127

bb) Unterscheidung zwischen dynamischer und statischer Verweisung

aaa) Die sogenannte dynamische Verweisung Das BVerfG unterscheidet dabei zwischen einer sog. dynamischen resp. statischen Verweisung. Soll nach der Verweisungsnorm die in Bezug genommene Vorschrift (das Verweisungsobjekt) in seiner jeweiligen Fassung gelten, so handelt es sich um eine "dynamische Verweisung". Die sog. dynamische Verweisung wird von Teilen der Literatur und Rechtsprechung als verfassungswidrig oder jedenfalls verfassungsrechtlich bedenklich angesehen 16• Der BayVerfGH 17 kommt am Beispiel einer dynamischen Verweisung von Landes- auf Bundesrecht zu dem Ergebnis, daß diese unter dem Blickwinkel des Demokratieprinzips verfassungsrechtlich bedenklich sein könne; dies gelte vor allem dann, wenn es sich um grundrechtsrelevante Regelungen handele, bei denen der Gesetzesvorbehalt eine eigenverantwortliche Prüfung durch den zuständigen Gesetzgeber erfordere oder wenn die verweisende und die in Bezug genommene Norm zu ganz unterschiedlichen Rechtsbereichen gehörten. Auch das BVerfG 18 äußert sich zurückhaltend zu der Möglichkeit des Gesetzgebers zur Verweisung auf andere Vorschriften in ihrer jeweils geltenden Fassung: zwar seien dynamische Verweisungen nicht schlechthin ausgeschlossen, aber nur in dem Rahmen zulässig, den die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Bundesstaatlichkeit zögen.

bbb) Die sogenannte statische Verweisung Die Verweisung auf einen früher geltenden bzw. bei Erlaß der Verweisungsnorm geltenden, bestimmten Normtext wird dagegen als "statische Verweisung" bezeichnet 19• Im Gegensatz zur dynamischen Verweisung werden in Fällen sog. statischer Verweisungen verfassungsrechtliche Bedenken nicht geltend ge16 Vgl. Schenke, NJW 1980, 743 ff.; Sachs, NJW 1981, 1651 f.; vgl. insoweit auch BayVerfUH, NVwZ 1989,1053 f. mit zahlreichen weiteren Literaturangaben. 17

BayVerfUH, ebenda.

18

BVerfUE 73, 32 (36).

19

BVerfUE 60, 135 (155).

128

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

mache0 . Vielmehr ist eine derartige statische Verweisung (bzw. die mit ihr in aller Regel verbundene gesetzestechnische Vereinfachung) dann von Verfassungs wegen unbedenklich, wenn der verweisende Gesetzgeber sich den Inhalt von Rechtsvorschriften auch eines anderen Normgebers "nur in der Fassung zu eigen macht, wie sie bei Erlaß seines Gesetzesbeschlusses galt (statische Verweisung/\,. Allerdings muß auch eine derartige Bezugnahme auf einen anderen Normtext durch statische Verweisung hinreichend klar erkennen lassen, welche Vorschrift im einzelnen gelten soll22• Aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich, daß der Bürger die in Bezug genommenen Regelungen und deren Inhalt mit hinreichender Sicherheit feststellen können muß23 •

c) Regelungsinhalt der Verweisung

aa) Historische Auslegung

Der Regelungsgehalt der in Bezug genommenen Vorschriften der"§§ 7, I 0 und § II des Bundesstatistikgesetzes" bezog sich beim BStatG 1980 auf die Auskunftspflicht, den Regelungsumfang bundesstatistischer Rechtsvorschriften sowie die statistische Geheimhaltung; es kann aber wohl davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber sich seinerzeit mit Hilfe der Verweisung gerade diese spezifischen Inhalte der Verweisungsobjekte zu eigen machen wollte24, die in den §§ 7, I 0 und II BStatG 1980 bei Erlaß des Gesetzesbeschlusses geregelt waren und nicht die "§§ 7, 10 und 11" eines jeweils geltenden Bundesstatistikgesetzes, unabhängig von deren Regelungsinhalt Denkbar wäre es darüber hinaus, daß der Gesetzgeber die Regelung der statistischen Auskunftspflicht bzw. Geheimhaltung ihrer jeweiligen Fassung in einem Gesetz der Bundesstatistik durch die Verweisung in das Außenwirtschaftsgesetz einbeziehen wollte. 20

Vgl. insoweit die Entscheidungen BVerfUE 47, 285 (3ll ff.); 60, 135 (155 ff.); 78, 32

(35 f.). 21

BVerfUE 78, 32 (35 f.).

22

Vgl. BVerfUE, ebenda.

23

Jarass/Pieroth, GG, Art 20 Rdnr. 44.

Die §§ 7, 10 und ll BStatG beinhalten heute überdies Regelungen zu Erhebungen filr besondere Zwecke, zu Erhebungs- und Hilfsmerkmalen sowie zum Ausfilllen von Erhebungsvordrucken, nicht jedoch unmittelbar zur Geheimhaltung statistischer Einzelangaben. 24

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes

129

In der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Außenwirtschaftsgesetzes25 wurde nur allgemein ausgefllhrt, daß der Verweis auf das Gesetz über die Statistik fllr Bundeszwecke der Wahrung der Grundsätze über die Auskunfts- und Geheimhaltungspflicht sowie einer möglichst genauen Begrenzung der zu erfassenden Tatbestände und der betroffenen Personen dienen sollte26. Eine Einschränkung, etwa in Gestalt eines Hinweises auf das seinerzeit geltende Recht der Bundesstatistik erfolgte nicht. Auch die Änderung der Verweisung (des jetzigen § 26 Abs. 4 Satz 2 AWG) im Zuge des I. Rechtshereinigungsgesetzes vom 24.4. 198627 auf die "§§ 7, 10 und 11 des Bundesstatistikgesetzes" deutet darauf hin, daß der Gesetzgeber die seinerzeit aktuellen statistikrechtlichen Regelungen über die statistische Auskunftspflicht und Geheimhaltung angewandt wissen wollte. Die erfolgte Anpassung der Verweisungsnormen wurde damit begründet, daß die bisherige Zitierung des "§ 12 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke" irreführend gewesen sei. Der Inhalt des ursprünglichen § 12 StatGes 1953 sei "heute in § II BStatG 1980 enthalten"28.

bb) Grammatikalische Auslegung

Ein auf eine derartige Kontinuität gerichteter, möglicherweise vorhandener subjektiver Wille des Gesetzgebers hat jedoch im Wortlaut des (geänderten) § 26 Abs. 4 Satz 2 AWG keinen Ausdruck gefunden. Für eine derartige, auf eine dynamische Verweisung hindeutende Auslegung läßt der Normtext indes keinen Raum: § 26 Abs. 4 Satz 2 AWG verweist weiterhin auf konkrete Normen des BStatG 1980, nicht etwa pauschal auf jeweils geltende bundesstatistische Regelungen über die Auskunftspflicht bzw die statistische Geheimhaltung. Ein Hinweis auf etwaige spätere Normtexte als die konkreten Verweisungsobjekte (soweit sie entsprechende Regelungen enthalten) besteht nicht. Der im Gesetzestext zum Ausdruck kommende objektivierte Wille 25

BT-Drucksache 1285 vom 15. Oktober 1959, B. Besonderer Teil, S. 250, Zu§ 24 Ziffer 3.

Die Bezugnahme erfolgte seinerzeit auf die §§ 7, 10 und 12 Abs. I StatGes 1953, die ebenso die Anordnung von Statistiken, die Auskunftspflicht sowie die Verpflichtung des Auskunftsberechtigten zur Geheimhaltung von Einzelangaben regelten wie die später in Bezug genommen Paragraphen des BStatG 1980. 26

27

BGBI. I S. 560.

Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des I. Rechtshereinigungsgesetzes vom 24.4. 1986, BT-Drucksache I 0/3290, S. 17, Zu Artikel 5, Zu Nummer 1; S. 24, Zu Artikel 32. 28

9 Pappenhäger

130

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

des Gesetzgebers ist primär aus dem Wortsinn der Norm 29 als allgemeiner Ausgangspunkt und zugleich Grenze der Auslegung zu entnehmen. Regelungsabsieht und Zwecke des Gesetzgebers sind demnach erst dann heranzuziehen, wenn die grammatikalische Auslegung des Normtextes keinen Aufschluß geben kann30•

d) Zwischenergebnis

Neben der grammatikalischen Auslegung zeigt die erfolgte Verweisung nunmehr auf das BStatG 1980 anstelle des StatGes 1953, daß auch der Gesetzgeber eine derartige Änderung ftlr notwendig hielt und eben nicht eine dynamische Verweisung auf die jeweils geltenden statistikrechtlichen Bestimmungen unterstellte. Auszugehen ist daher von § 26 Abs. 4 Satz 2 AWG als einer statischen Verweisung, bei der lediglich die bei der Verabschiedung der diesbezüglichen Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes31 geltende Fassung der§§ 7, 10 und § 11 BStatG 1980 in Geltung gesetzt werden sollte. Die erfolgte Änderung des in Bezug genommenen Rechts der Bundesstatistik durch das lokrafttreten des Bundesstatistikgesetzes am 22. Januar 1987 hat insoweit - aufgrund der vorliegenden statischen Verweisung keinen Einfluß auf den Inhalt der Verweisungsnorm32• Der Gesetzgeber kann durchaus auf nicht mehr in Kraft befindliche Normen Bezug nehmen,

29

Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 320 ff., 343.

Vgl. Larenz, ebenda, 343; BVerfUE 60, 135 (155 f.) ftlr eine Verweisungsnorm, deren Wortlaut den Charakter der Verweisung nicht erkennen ließ. 30

31 § 26 Abs. 4 Satz 2 AWG wurde zuletzt geändert durch das 1. Rechtshereinigungsgesetz vom 24.4. 1986 (BGBI. I S. 560);.

32 Vgl. BVerfUE 47, 285 (312); Ossenbühl, DVBI. 1967, 401; demgegenuber meint Schneider, Rdnr. 386, daß es sich bei der Auffassung, wonach eine in Bezug genommene und später außer Kraft getretene Vorschrift dennoch in der verweisenden Norm ihre GUitigkeit behalte, um einen "kuriosen Anachronismus" handele. Vielmehr werde die Verweisung obsolet; dem Gesetzgeber erwachse im folgenden die Pflicht, frUhere Verweisungen dem aktuellen Rechtszustand anzupassen (sog. VerweisungsverjUngung). Eine derartige Auslegung statischer Verweisungen genUgt jedoch kaum den (aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden) Geboten der Bestimmtheit und der Normenklarheit, die auch ftlr Verweisungen gelten (vgl. BayVerfUH, NVwZ 1989, 1053, 1054). So bliebe u. a. unklar, welche Rechtsnormen im Zeitraum zwischen dem Wegfall der ehemaligen Bezugsnorm und der Novellierung durch den Gesetzgeber gelten; auch muß es diesem unbenommen bleiben, unbeschadet von Änderungen der Bezugsnorm eine Regelung in einer bestimmten Fassung ftlr die durch die verweisende Vorschrift geregelte Rechtsmaterie zu Ubemehmen und dieses dabei auch zu belassen.

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes

131

solange klar erkennbar bleibt, welche Regelungen (noch) Gesetzeskraft beibehalten sollen 33 •

e) Anwendung des § 11 BStatG 1980

aa) Sinngemäße Anwendung

Die in § 26 Abs. 4 Satz 2 AWG angeordnete Gesetzesanalogie ftlhrt allerdings nur zu einer sinngemäßen, nicht uneingeschränkten Anwendung der in Bezug genommenen Vorschriften. Für die hier interessierende, entsprechend anzuwendende Norm des § 11 BStatG 198034 bedeutet dies im einzelnen:

33

BVeriDE 8,274 (302 f.).

§ II Bundesstatistikgesetz vom 20. März 1980 (BGBI. I S. 289) lautete: (I) Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die ftlr eine Bundesstatistik gemacht werden, sind, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist, von den Amtsträgem und ftlr den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, die mit der Durchftlhrung von Bundesstatistiken betraut sind, geheirnzuhalten, es sei denn, daß der Betroffene im Einzelfall in die Übermittlung oder Veröffentlichung der von ihm gemachten Einzelangaben ausdrücklich einwilligt. Die§§ 93, 97, 105 Abs. I, § 111 Abs. 5 in Verbindung mit§ 105 Abs. I sowie § 116 Abs. I der Abgabenordnung vom 16. März 1976 (BGBI. I S. 613), zuletzt geändert durch Zweites Kapitel Artikel! des Gesetzes vom 26. November 1979 (BGBI. I S. 1953), gelten nicht ftlr Personen und Stellen, soweit sie mit der Durchftlhrung von Bundes- und Landesstatistiken betraut sind. (2) Die Übermittlung von Einzelangaben zwischen den mit der Durchftlhrung einer Bundesstatistik betrauten Personen und Stellen ist zulässig, soweit dies zur Erstellung der Bundesstatistik erforderlich ist. (3) Das Statistische Bundesamt, die Statistischen Landesämter und die sonstigen erhebenden Stellen und Behörden sind berechtigt und verpflichtet, den fachlich zuständigen obersten Bundesund Landesbehörden, den von ihnen bestimmten Stellen sowie sonstigen Amtsträgem und ftlr den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten auf Verlangen statistische Einzelangaben zu übermitteln, wenn und soweit diese Übermittlung unter Angabe des Empfllngerkreises und der Art des Verwendungszweckes in der die Statistik anordnenden Rechtsvorschrift zugelassen und in den Erhebungsvordrucken bekanntgegeben ist. In dieser Rechtsvorschrift und den Erhebungsvordrukken ist auch anzugeben, ob die Übermittlung mit oder ohne Nennung von Namen oder von Namen und Anschrift zugelassen ist. Aus den Angaben gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht zu Maßnahmen gegen den Betroffenen verwendet werden. (4) Die Geheimhaltungspflicht nach Absatz 1 gilt auch ftlr die Personen, denen nach Absatz 3 Einzelangaben zugeleitet werden. (5) Einzelangaben, die so anonymisiert werden, daß sie Auskunftspflichtigen oder Betroffenen nicht mehr zuzuordnen sind, dürfen vom Statistischen Bundesamt und von den Statistischen Landesämtern übermittelt werden. (6) Eine Zusammenfassung von Angaben mehrerer Auskunftspflichtiger ist keine Einzelangabe im Sinne dieses Gesetzes. 34

9*

132

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

bb) § 11 Abs. 1 und 2 BStatG 1980

Gegen eine entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 1 und 2 BStatG 1980, der den Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben sowie die Zulässigkeil der Übermittlung derartiger Daten zwischen den mit der Erstellung der Statistik betrauten Personen und Stellen regelt, auf die Erhebungen gern. § 26 A WG bestehen keine Bedenken. Dies gilt auch flir den Ausschluß der Beistands- und Anzeigepflichten gegenüber den Finanzämtern.

cc) § 11 Abs. 3 BStatG 1980

Problematischer erscheint eine entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 3 BStatG 1980 auf die Erhebungen gern. § 26 AWG. Dies gilt nicht flir § 11 Abs. 3 Satz 3 BStatG 1980, wonach aus der Übermittlung von statistischen Einzelangaben gewonnene Erkenntnisse nicht zu Maßnahmen gegen den Betroffenen verwendet werden dürfen: eine entsprechende Zweckbindung ist auch in der geltenden Übermittlungsnorm des § 16 Abs. 4 BStatG (betreffend die Übermittlung an oberste Bundes- oder Landesbehörden) enthalten. Im Bundesstatistikgesetz vom 22. Januar 1987 sind allerdings (gerade im Hinblick auf die vorhergehende Regelung des § 11 Abs. 3 BStatG 1980) bezüglich der Weiterleitung von Einzelangaben an bestimmte Dienststellen erhebliche Restriktionen35 festgeschrieben worden36. Die seitherige Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 1 und 2 BStatG 1980, wonach unter bestimmten Umständen den obersten Bundes- oder Landesbehörden, von ihnen bestimmten Stellen sowie sonstigen Amtsträgem und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten statistische Einzelangaben auch mit Nennung von Namen und Anschriften übermittelt werden durften, wurde in dieser Form nicht mehr aufrechterhalten.

(7)Die zur Identifizierung der Auskunftspflichtigen sowie sonstiger Betroffener dienenden Daten, insbesondere Namen und Anschriften, sind zu löschen, wenn ihre Kenntnis ftlr die Erftlllung der Aufgaben auf dem Gebiet der Statistik ftlr Bundeszwecke nicht mehr erforderlich ist. Namen und Anschriften der Auskunftspflichtigen sollen von den Ubrigen Angaben getrennt und unter besonderem Verschluß gehalten werden. 35 So die BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 20, Zu§ 16. 36

Vgl. insoweit oben C.III.4.

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes

133

Dies steht insoweit auch im Kontext zu der Rechtsprechung des 37 • BVerfG , das deuthch zu erkennen gegeben hat, daß es in der Ubermittlung weder anonymisierter noch statistisch aufbereiteter Daten besondere Probleme sieht. Dies gilt auch für eine Übermittlung von Einzelangaben lediglich ohne Namen, da derartige Angaben den Befragten oder Betroffenen in aller Regel noch ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können38• § 11 Abs. 3 BStatG 1980 sah die Übermittlung von nicht anonymisierten bzw. aggregierten Einzelangaben an die obersten Bundes- und Landesbehörden bzw. von ihnen bestimmte Stellen vor. § 11 Abs. 3 Satz 2 BStatG 1980 ging sogar von Übermittlungen mit Nennung von Name und Anschrift aus. Vor dem Hintergrund der o. a. Rechtsprechung des BVerfG wäre eine solche Regelung heute als verfassungswidrig anzusehen, da eine die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts ausschließende Anonymisierung oder statistische Aufbereitung der Daten39 im Normtext nicht vorgesehen war.

Von Bedeutung ist insoweit für eine entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 3 Satz 1 und 2 BStatG 1980 die Regelung der Überleitungsvorschrift des § 26 Abs. 3 BStatG40 wonach bestimmte Rechtsvorschriften, die die Übermittlung von Einzelangaben vorsahen, am 22. Januar 1991 außer Kraft getreten sind. Daraus wäre im Umkehrschluß zu folgern, daß gegen eine entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 3 BStatG 1980 auf die Erhebungen nach § 26 A WG jedenfalls dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, wenn darauf sich stützende Übermittlungen sich im Rahmen des § 16 Abs. 4 Satz 1 resp. des § 16 Abs. 6 BStatG bewegen. § 26 Abs. 4 A WG i. V. m. § 11 Abs. 3 BStatG 1980 ist insoweit verfassungskonform auszulegen.

dd) § I I Abs. 4 - 7 BStatG 1980

Gegen eine entsprechende Anwendung der Vorschriften der Absätze 4 bis 7 des § 11 BStatG 1980, ( die in § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 4, Abs. 10 BStatG entsprechende Regelungen gefunden haben), bestehen keine Bedenken. 37

Vgl. BVerfGE 65, I (51 ff.).

38

BVerfGE 65, I (65); vgl. insoweit auch oben C.III.3. Buchstabe c, Doppelbuchstabe bb,

ccc. 39

Vgl. BVerfGE 65, I (51 f.).

40

Vgl. oben C.III.S.

134

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

3. Erhebungen der Deutschen Bundesbankaufgrund des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank a) Direkte Anwendung bundesstatistischer Regelungen?

Die Deutsche Bundesbank ist gern. § 18 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank vom 26. Juli 1957 (BBankG)41 berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben statistische Erhebungen durchzuführen, deren Anordnung gern. § 33 BBankG im Bundesanzeiger zu veröffentlichen ist. Die Errichtung einer Bundesbank ist in Art. 88 GG als Aufgabe des Bundes festgeschrieben. Bei statistischen Erhebungen, die im Aufgabenbereich der Bundesbank durchgeführt werden und diese berechtigen, Statistiken auf dem Gebiet des Bank- und Geldwesens bei allen Kreditinstituten anzuordnen und durchzuführen, könnte es sich daher - mit der Folge einer direkten Anwendung des Bundesstatistikgesetzes - um Statistiken für Bundeszwecke handeln. Gern.§ 18 Satz 2 BBankG sind die§§ 9, 15 und 16 des Bundesstatistikgesetzes jedoch nur entsprechend anzuwenden42. Von einer direkten Anwendung der bundesstatistischen Rechtsvorschriften auf die Erhebung der Bundesbank ging der Gesetzgeber offenbar nicht aus.

b) Statische Verweisungen auf Rechtsnormen des Bundesstatistikgesetzes

In der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Deutsche Bundesbank43 wurde ausgeführt, daß die Grundsätze des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke gewahrt werden sollten44• 41 BGBI. I S. 745 in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 1992 (BGBI. I S. 1782). 42 Die Verweisung des § 18 BBankG wurde zunächst geändert durch Gesetz vom 24. 4. 1986 (BGBI. I S. 560). Sie konnte sich daher nur auf das Gesetz Ober die Statistik ftlr Bundeszwecke (BStatG 1980) vom 14. März 1980 (BGBI. I S. 289) beziehen. Das BStatG 1980 istjedoch am 21. Januar 1987 außer Kraft getreten (vgl. § 28 Satz 3 Nr. 1 BStatG). Die Verweisung wurde dann erneut geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes Ober die Deutsche Bundesbank (4. BBankGÄndG) vom 22. Oktober 1992 (BGBI. I S. 1782). Dies wurde mit der erfolgten "Änderung des Bundesstatistikgesetzes" begrUndet (BT-Drucksache 12/1869, S. 8, Zu Art. 1, Zu Nummer4).

43

BT-Drucksache 2/2781 vom 18. Oktober 1956, S. 1, 38, Zu§ 14.

Die Bezugnahme erfolgte seinerzeit auf die §§ 7, 10 und 12 Abs. 1 StatGes 1953, die ebenso die Anordnung von Statistiken, die Auskunftspflicht sowie die Verpflichtung des Auskunftsberechtigten zur Geheimhaltung von Einzelangaben regelten wie die später in Bezug genommen Paragraphen des BStatG 1980 resp. 1987. 44

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes

135

Auch die Änderung der Verweisung (des jetzigen § 18 Satz 2 BBankG) im Zuge des 1. Rechtshereinigungsgesetzes vom 24.4. 198645 auf die§§ 7, 10 und 11 Abs. 1 und 2 (BStatG 1980) könnte möglicherweise darauf hindeuten, daß der Gesetzgeber die jeweils aktuellen statistikrechtlichen Regelungen über die statistische Auskunftspflicht und Geheimhaltung angewandt wissen wollte46• Ein auf eine derartige Kontinuität gerichteter, möglicherweise vorhandener subjektiver Wille des Gesetzgebers hat jedoch im Wortlaut des (geänderten) § 18 Satz 2 BBankG keinen Ausdruck gefunden. Für eine derartige, auf eine dynamische Verweisung hindeutende Auslegung läßt der Normtext indes keinen Raum: § 18 Satz 2 BBankG verweist weiterhin auf bestimmte Normen des Bundesstatistikgesetzes, nicht etwa pauschal auf jeweils geltende bundesstatistische Regelungen über die Auskunftspflicht bzw. die statistische Geheimhaltung. Diesem Wortsinn der Norm steht nicht unbedingt die Regelungsabsicht des Gesetzgebers entgegen. Neben der grammatikalischen Auslegung zeigt die erfolgte Verweisung nunmehr auf das Bundesstatistikgesetz vom 22. Januar 1987 auch, daß der Gesetzgeber eine Änderung filr notwendig hielt und eben nicht von einer (dynamischen) Verweisung auf die jeweils geltenden statistikrechtlichen Bestimmungen, die ein weiteres Tätigwerden des Gesetzgebers erübrigt . h ätte47, ausgmg. Bei der Regelung des § 18 Satz 2 BBankG handelt es sich daher - wie bei § 26 Abs. 4 Satz 2 A WG- um eine statische Verweisung; im vorliegenden Fall jedoch auf Vorschriften des Bundesstatistikgesetzes vom 22. Januar 1987. Die in § 18 Satz 2 BBankG angeordnete Gesetzesanalogie 45

BGBL I S. 560.

Die erfolgte Anpassung der Verweisungsnormen wurde damit begründet, daß die bisherige Zitierung des "§ 12 des Gesetzes über die Statistik filr Bundeszwecke" irrefilhrend gewesen sei. Der Inhalt des ursprünglichen § 12 StatGes 1953 sei "heute" in § 11 BStatG 1980 enthalten, Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des l. Rechtshereinigungsgesetzes vom 24.4. 1986, BT-Drucksache 10/3290, S. 24, Zu Artike132. 46

47 Als rechtsirrig ist daher der Hinweis in der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des 4. BBankGÄndG, BT-Drucksache 12/1869, Zu Art. 1, Zu Nummer 4 (§18) anzusehen, bei der Änderung der Verweisung auf die §§ 9, 15 und 16 BStatG handele es sich um eine lediglich redaktionelle Änderung. Durch den Charakter als statische Verweisung wllren im Hinblick auf die statistischen Erhebungen der Deutschen Bundesbank die §§ 7, 10 und 11 Abs. 1 und 2 BStatG 1980 weiterhin in Kraft geblieben. Die zwischenzeitliche Änderung des Rechts der Bundesstatistik durch das Bundesstatistikgesetz vom 22. Januar 1987 hatte auf die Verweisungsvorschrift des § 18 Satz 2 BBankG keinen Einfluß. Bis zur erfolgten Änderung des § 18 Satz 2 BBankG durch Art. 1 des 4. BBankGÄndG waren die §§ 7, 10 und 11 Abs. 1 und 2 BStatG 1980 Teil der Verweisungsnorm; a. A. (zur damaligen Rechtslage) offenbar Szagunn!Woh/schieß, KWG, § 7 Rdnr. 9, wonach die Bundesbank durch die in§ 18 Satz 2 BBankG enthaltene Verweisung "Getzt § 16 Abs. 1 Nr. 1 BStatG)" zur Geheimhaltung verpflichtet sei.

136

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

führt allerdings nur zu einer sinngemäßen, nicht uneingeschränkten Anwendung der in Bezug genommenen Vorschriften des Bundesstatistikgesetzes.

c) Veröffentlichungsklausel des Bundesbankgesetzes

Gern. § 18 Satz 3 und 4 BBankG darf die Bundesbank die Ergebnisse der Statistiken fllr allgemeine Zwecke veröffentlichen; die Veröffentlichungen dürfen keine Einzelangaben enthalten. Die Veröffentlichungsbefugnisse unterscheiden sich insoweit nicht von den sonstigen, z. B. fllr das Statistische Bundesamt geltenden statistikrechtlichen Bestimmungen. Die oben (unter B., C. II. 7.) erörterten Problemfelder betreffen daher auch die Veröffentlichungen der Deutschen Bundesbank. Das Verbot der Veröffentlichung von Einzelangaben ergibt sich allerdings nicht nur aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsschädigung48, sondern schon durch den erfolgten Verweis auf die Bestimmungen des § 16 BStatG über die statistische Geheimhaltung (vgl. insoweit § 16 Abs. I Satz I und 3 BStatG).

d) Übermittlung von Einzelangaben an die Bundesregierung

Gern. § § I8 Satz 5, I3 Abs. I BBankG darf die Bundesbank allerdings der Bundesregierung in Angelegenheiten von wesentlicher währungspolitischer Bedeutung statistische Einzelangaben mitteilen, wenn und soweit es in der entsprechenden Anordnung über die Statistik vorgesehen ist49. § 18 Satz 5 BBankG ist insoweit als Ausnahmevorschrift zu dem gern. § I8 Satz 2 BBankG entsprechend anzuwendenden § I6 Abs. I Satz I und 3 BStatG zu betrachten, der grundsätzlich bestimmt, daß statistische Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse geheimzuhalten sind. Um verfassungsrechtlichen Bedenken zu begegnen, sollten Übermittlungen der Bundesbank nach § I8 Abs. 5 BBankG jedenfalls nicht unter dem Aggregationsniveau des § 16 Abs. 4 Satz I BStatG oder aber dem

48

Spindler/Becker/Starke, Die Deutsche Bundesbank,§ 18 Anm. 43.

Unklar insoweit Spindler/Becker/Starke, ebenda, die offenbar den Ausnahmecharakter des § 18 Satz 5 BBankG Obersehen und ausfilhren, gern. § 18 Satz 5 BBankG seien die Ergebnisse der Statistiken "abgeschirmt gegen die Kenntnisnahme der Mitglieder der Bundesregierung". 49

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes

13 7

Anonymisierungsniveau des§ I6 Abs. 6 BStatG erfolgen (vgl. § 26 Abs. 3 BStatG sowie oben D.I.2. Buchstabe e, Doppelbuchstabe cc).

e) Übermittlung an das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen

Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben (im Hinblick auf die Erhebungen der Bundesbank gern. § I8 BBankG) enthält § 7 Abs. I des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) in der Fassung vom 30. Juni I993 50. Gern. § 7 Abs. I Satz 3 KWG hat die Deutsche Bundesbank dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen "auch die Angaben zur Verfugung zu stellen, die sie aufgrund statistischer Erhebungen" nach § I8 BBankG erlangt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Feststellungen "für die Erfüllung der beiderseitigen Aufgaben von Bedeutung sein können". Dies stellt in der Tat eine "Unterrichtung im weitesten Umfang" 51 sicher. § 7 Abs. I Satz 4 KWG konkretisiert jedoch die nach § 7 Abs. I Satz 3 KWG vorgesehenen Übermittlungen der aufgrund von Erhebungen nach § I8 BBankG erlangten Daten an das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen. Gern. § 7 Abs. 1 Satz 4, 2. Halbsatz KWG gilt § I8 Satz 5 BBankG bei der Anordnung einer solchen Erhebung entsprechend, d. h., daß statistische Einzelangaben (nur) dann an das Bundesaufsichtsamt filr das Kreditwesen übermittelt werden können, wenn dies in der Anordnung der Bundesbank über die Durchführung der jeweiligen Statistik vorgesehen ist. Die Verpflichtung, gern. § 7 Abs. 1 Satz 3 KWG dem Bundesaufsichtsamt grundsätzlich "die Angaben" statistischer Erhebungen mitzuteilen, soweit diese für das Bundesaufsichtsamt von Bedeutung sein können, bezieht sich daher nur auf die Übermittlung statistischer Aggregate 52; § 7 Abs. 1 Satz 4, 2. Halbsatz KWG wäre ansonsten überflüssig.

50

BGBI. I S. 1082.

51

Szagunn/Wohlschieß, KWG, §7 Rdnm. 4, 6.

Im Ergebnis ebenso Goose, in: Das Deutsche Bundesrecht III H 20, S. 34, zu § 18; unklar Schneider in: Bähre/Schneider, KWG, § 7 Ziffer 4, der meint, bereits durch § 7 Abs. 1 Satz 3 KWG werde der Bundesbank aufgegeben, dem Bundesaufsichtsamt ftlr das Kreditwesen die ftlr seine Tätigkeit bedeutsamen statistischen Einzelangaben zur VerfUgung zu stellen; Szagunn/Wohlschieß, KWG, § 7 Rdnr. 8 verweisen in diesem Zusammenhang auf den Grundgedanken, wonach jeder Verpflichtete wissen solle, wem seine Einzelangaben zur Kenntnis gelangen. Dies läßt sich in der Tat den Ausruhrungen des Volkszählungsurteils des BVerfG (E 65, 1, [61 ff.]) so entnehmen. Im Bereich der Bundesstatistik wäre eine derartige Übermittlungsvor52

138

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

4. Statistische Erhebungen der Bundesanstalt für Arbeit a) Rechtscharakter der Beschäftigtenstatistik

Gern. § 6 Abs. 3 Arbeitsf'örderungsgesetz (AFG) vom 25. Juni 196953 hat die Bundesanstalt für Arbeit aus den in ihrem Geschäftsbereich anfallenden Unterlagen Statistiken insbesondere über Beschäftigung und Arbeitslosigkeit der Arbeitnehmer aufzustellen. Bei dieser sog. Beschäftigtenstatistik der Bundesanstalt für Arbeit handelt es sich um den typischen Fall einer Geschäftsstatistik im Sinne des § 8 BStatG. Die im Rahmen des Datenverbundes zwischen den gesetzlichen Krankenkassen, den Rentenversicherungsträgern und der Bundesanstalt filr Arbeit anfallenden Daten werden von der Bundesanstalt für Arbeit dem Statistischen Bundesamt und über dieses den statistischen Ämtern der Länder für arbeitsteilige Auswertungen zur Verfügung gestellt54• Das Statistische Bundesamt erhält die Angaben der Beschäftigten ohne Namen und Anschriften auf Magnetband, führt die Aufbereitung durch und veröffentlicht Ergebnisse55• Es handelt sich damit bei dieser Erhebung bzw. der entsprechenden Auswertung durch die statistischen Ämter des Bundes und der Länder um eine spezielle Form der Datenverarbeitung im Auftrag, filr deren Darstellung und Veröffentlichung der Ergebnisse nicht das Recht der Bundesstatistik Anwendung findet, sondern die datenschutztechtlichen Regelungen der jeweils auftraggebenden Verwaltungsstelle56• Für die Beschäftigtenstatistik der Bundesanstalt für Arbeit gern. § 6 Abs. 3 AFG bzw. deren Darstellung und Veröffentlichung gelten somit nicht die Bestimmungen des Bundesstatistikgesetzes, sondern die der §§ 35 SGB I, 22 AFG sowie des Bundesdatenschutzgesetzes.

schrift wohl verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, da aufgrund des Aufgabenbereichs des Bundesaufsichtsamtes filr das Kreditwesen (vgl. § 6 KWG) der Grundsatz der Trennung von Statistik und Verwaltungsvollzug tangiert wäre. 53 BGBI. I S. 582, zuletzt geändert durch Art. II des Gesetzes vom 27. Juni 1993 (BGBI. I S. 944).

54

Vgl. Statistisches Bundesamt, Katalog, S. 30, Ziffer 3.3.

Vgl. Bericht des Innenausschusses des Bundestages zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, BT-Drucksache 10/6666, S. 9, Ziffer 7.1, Zu§ 8. 55

56

Dorer/Mainusch!fubies, BStatG, § 8 Rdnm. I, 3, 8.

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes

139

b) Statistische Erhebungen nach§ 6 Abs. 4 AFG

Im Gegensatz zur Beschäftigtenstatistik gern. § 6 Abs. 3 AFG bezieht sich § 6 Abs. 4 AFG nicht auf Erhebungen aus den Unterlagen der Bundesanstalt für Arbeit57, sondern auf besondere statistische Erhebungen als Primärstatistiken (in der Bevölkerung). Folgerichtig bedürfen diese statistischen Erhebungen über Beschäftigte, berufliche Tätigkeiten und Bildungsmöglichkeiten einer Rechtsverordnung der Bundesregierung, in der gern. § 6 Abs. 4 Satz 2 AFG die zu erfassenden Tatbestände und der Kreis der Befragten bestimmt sein müssen58• Zwar obliegt die Durchführung von Bundesstatistiken nach dem Prinzip der fachlichen Konzentration in der Regel den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder59; dieses Prinzip ist jedoch nicht lückenlos vom Gesetzgeber durchgehalten worden, wie die Durchftlhrung der Nichteisenund Edelmetallstatistik beim Bundesamt fUr Wirtschaft60 zeigt. Die Kompetenz zur Anordnung von Bundesstatistiken ergibt sich aus der Gesetzgebungskompetenz des Bundes61 ; ftlr die Beurteilung der Bundeskompetenz wiederum ist entscheidend, ob die fragliche Erhebung der Erftlllung einer Bundesaufgabe dient62. Das Arbeitsrecht - einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung - sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung ist gern. Art. 74 Ziffer 12 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes63, so daß insoweit Bedenken gegen die Qualifizierung der statistischen Erhebungen der Bundesanstalt für Arbeit gern. § 6 Abs. 4 AFG als Statistiken fUr Bundeszwecke nicht bestehen. Die Regelungen des Bundesstatistikgesetzes finden demnach direkte Anwendung auf die gern. § 6 Abs. 4 AFG von der Bundesanstalt fUr Arbeit durchgeführten Statistiken.

57

Gagel/Bieback/Ebsen, AFG, § 6 Rdnr. 15.

Vgl. insoweit auch § 9 BStatG im Hinblick auf den Regelungsumfang bundesstatistischer Rechtsvorschriften. 58

59 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, S. 13, Zu§ 1. 60

Vgl. hierzu oben D. I. 1.

61

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 1 Rdnr. 3.

62

BVerfGE 65, 1 (39, 63).

Vgl. Maunz in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 74 Rdnm. 162 ff., 164; Leibholz/Rinck/Hesselberger, GG, Art. 74 Rdnm. 461 ff.; BVerfGE 81, 156 (184 ff.). 63

140

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

c) Regelung der Geheimhaltung in § 7 Abs. 4 AFG

aa) Anwendung des Bundesstatistikgesetzes Die Regelung der Geheimhaltungsbestimmungen in § 7 Abs. 4 AFG bezieht sich nicht auf die Durchfilhrung der Beschäftigtenstatistik nach § 6 Abs. 3 AFG 64, sondern nur auf Erhebungen nach § 6 Abs. 4 i. V. m. § 7 Abs. I bis 3 AFG als besondere Erhebungen bei der Bevölkerung sowie nach § 11 Abs. 3 AFG (entsprechend) auf die Mitteilungen gern. § 11 Abs. 1 und 2 AFG. Die gesonderte Regelung der Geheimhaltung von Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse in § 7 Abs. 4 AFG, die filr die statistischen Erhebungen u. a. nach § 6 Abs. 4 AFG65 gemacht werden, steht zu einer direkten Anwendung des Bundesstatistikgesetzes nicht im Widerspruch. Die Regelung des § 7 Abs. 4 AFG ist - soweit sie über die des Bundesstatistikgesetzes hinausgeht bzw. von denen des § 16 BStatG abweicht - als Iex specialis zu betrachten. 66 Auch steht der Grundsatz der Geheimhaltung der erhobenen Einzelangaben gern. § 7 Abs. 4 Satz I AFG unter dem Vorbehalt anderweitiger gesetzlicher Regelung. Daher finden z. B. auch die Übermittlungs- und Veröffentlichungsregeln des § 16 Abs. 4 bis 6 BStatG auf die statistischen Erhebungen der Bundesanstalt filr Arbeit gern. § 6 Abs. 4 AFG Anwendung67.

bb) Schutzstandard gegenüber Finanzbehörden Einen geringeren Schutzstandard als flir sonstige Bundesstatistiken enthält die Regelung des § 7 Abs. 4 AFG jedoch gegenüber den Finanzbehörden.

64

Ebenso Gagei/Bieback/Ebsen, AFG, § 7 Rdnr. 6.

65

Vgl. insoweit Gagei/Bieback/Ebsen, ebenda.

Vgl. auch die insoweit identische Vorschrift des § 8 Abs. 4 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG) vom 7. August 1972 (BGBI. I S. 1393), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9.7.1990 (BGBI. I S. 1354). 66

67 Vgl. insoweit die Ausftlhrungen oben C.III.2.-4.; Gagei/Bieback/Ebsen, AFG, § 7 Rdnr. 6 sprechen von Ausnahmebestimmungen, die sich "in der Vorschrift selbst oder anderen Rechtsvorschriften befinden".

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes

141

Gern. § 7 Abs. 4 Satz 2 AFG finden die §§ 93, 97, 105 Abs. 1, § 111 Abs. 5 i. V. m. § 105 Abs. 1 sowie§ 116 Abs. 1 der Abgabenordnung68 auf statistische Einzelangaben, die im Rahmen der Erhebungen nach § 6 Abs. 4 AFG gemacht werden, keine Anwendung. Diese Regelung ist insoweit identisch mit der des § 16 Abs. 1 Satz 3 BStatG als lex generalis. Die zitierten und in Bezug genommenen Vorschriften der Abgabenordnung sehen Anzeige- und Mitteilungspflichten vor, deren Anwendung fur die jeweiligen, mit der Erstellung der Statistik betrauten Personen und Institutionen dadurch ausgeschlossen ist. Dies gilt insbesondere für die Heranziehung statistischer Einzelangaben fur steuerliche Zwecke, z. B. zur Abwicklung kommunaler Steuem69• Nach § 7 Abs. 4 Satz 3 AFG gilt dieser Grundsatz der statistischen Geheimhaltung des § 16 Abs. 1 Satz 1 und 3 BStatG jedoch fur die statistischen Erhebungen der Bundesanstalt für Arbeit gern. § 6 Abs. 4 AFG nur insoweit, als die Finanzbehörden die Kenntnisse nicht für die Durchführung eines Verfahrens wegen einer Steuerstraftat sowie eines damit zusammenhängenden Besteuerungsverfahrens benötigen, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, oder soweit es sich nicht um vorsätzlich falsche Angaben des Auskunftgebenden handelt. Die Steuerbehörden können sich auf diese in § 7 Abs. 4 Satz 3 AFG geregelte Ausnahmevorschrift berufen; Voraussetzung für den Auskunftsanspruch ist weiter, daß andere Feststellungen bereits den begründeten Verdacht einer Steuerstraftat ergeben haben und der erforderliche Nachweis durch andere (zumutbare und gleichermaßen beweiskräftige) Maßnahmen nicht möglich ist70•

cc) Weiterleitung von Einzelangaben im Rahmen einer" Güterabwägung"

Weitere Einschränkungen gegenüber den in § 16 BStatG geregelten und für alle Bundesstatistiken geltenden Ausnahmen vom Grundsatz der statistischen Geheimhaltung enthält § 7 Abs. 4 AFG nicht. Die Regelung des § 7 Abs. 4 Satz 4 und 5 AFG, wonach Veröffentlichungen von Ergebnissen keine Einzelangaben enthalten dürfen, daß als Einzelangabe allerdings 68 Abgabenordnung (AO 1977) vorn 16. März 1976 (BGBI. I S. 613; 1977 I S. 269), zuletzt geändert durch Art. 17 des Gesetzes vorn 27. Juni 1993 (BGBI. I S. 944).

69

Dorer/Mainusch!Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 29.

GageVBieback/Ebsen, AFG, § 7 Rdnr. 14; zu den Anforderungen an ein substantiiertes, mit Tatsachen belegtes Auskunftsersuchen der Finanzbehörden vgl. GageVBieback/Ebsen, ebenda, Rdnr. 13. 70

142

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

nicht die Zusammenfassung der Angaben mehrerer Auskunftspflichtiger gilt, ist ebenso in§ 16 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG enthalten. Das oben71 Ausgeführte gilt daher flir die statistischen Erhebungen der Bundesanstalt flir Arbeit gern. § 6 Abs. 4 AFG entsprechend. Nicht gefolgt werden kann insoweit den Ausführungen von Gagel/Bieback/Ebsen72, die zunächst zwar eine Weitergabe von Einzelangaben (aufgrund allgemeiner Rechtsgrundsätze) von der vorherigen, schriftlichen Einwilligung des Betroffenen abhängig machen73 , dann aber zum einen auch ohne Vorliegen der schriftlichen Einwilligung durch Konstruktion einer mutmaßlichen Einwilligung sowie zum anderen im Rahmen einer "Güterabwägung zwischen dem zu schützenden privaten Interesse und den durch Verweigerung der Auskunft gefährdeten öffentlichen Interessen"74 doch die Weitergabe statistischer Einzelangaben rechtfertigen. Die dabei in Bezug genommene Entscheidung des BVerfG vom 15.01.197075, wonach jedermann staatliche Maßnahmen hinnehmen müsse, die im "überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit erfolgen", erging lange vor dem insoweit relevanten sog. Volkszählungsurteil des BVerfG vom 15.12.1983 76; darüberhinaus bezog sich dieser Grundsatz auf die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen von Gesetzen und von Verwaltungshandeln, nicht jedoch auf gesetzliche Geheimhaltungsbestimmungen im Rahmen der Eingriffsverwaltung, zu der auch die Bundesstatistik zählt. Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BStatG der Einwilligung für eine Übermittlung oder Veröffentlichung von Einzelangaben77 gelten insoweit auch für die statistischen Erhebungen der Bundesanstalt für Arbeit gern. § 6 Abs. 4 AFG uneingeschränkt.

71

Vgl. hierzu oben C.ll.2., C.ll.7.

72

Gagei/Bieback/Ebsen, AFG, § 7 Rdnm. 16 ff.

73

Vgl. insoweit§ 16 Abs. I Satz 2 Nr. I BStatG sowie oben C.ll.3.

74

Gagei/Bieback/Ebsen, AFG, § 7 Rdnm. 18 f.

15

BVerfGE 27, 344 (351).

76

BVerfGE 65, I ff., insbesondere S. 49 ff.

77

Vgl. hierzu oben C.ll.3.

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes

143

5. Erhebungen des Bundesamtes für Güterverkehr und des KraftfahrtBundesamtes Gern. § 58 Abs. 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG)78 sind zur Beurteilung der Struktur und der Entwicklung des Straßenverkehrs bei Unternehmen, die Straßengüterverkehr betreiben, durch das Bundesamt ftlr Güterverkehr und durch das Kraftfahrt-Bundesamt repräsentative Erhebungen von Verkehrsleistungs-, Preis- und Unternehmensangaben über wirtschaftliche Tätigkeiten, Umsatz, Beschäftigte, Investitionen und Fuhrpark als Bundesstatistik mit Auskunftspflicht durchzuftlhren. Aufgrund der Novellierung des §58 GüKG vom 13.08.1993 79 ist nunmehr aufgrundder o. g. Durchführung der Erhebungen "als Bundesstatistik" klargestellt, daß die Bestimmungen des Bundesstatistikgesetzes direkte Anwendung finden. Nach §58 Abs. 2 GüKG sind zur Durchftlhrung der Statistik nach §58 Abs. 1 GüKG im Bundesamt ftlr Güterverkehr und im KraftfahrtBundesamt Organisationseinheiten einzurichten, die räumlich, organisatorisch und personell von anderen Aufgabenbereichen zu trennen sind. Die dort tätigen Personen müssen Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete sein. Sie dürfen die aus ihrer Tätigkeit gewonnenen Erkenntnisse über Auskunftspflichtige nicht für andere Aufgaben verwenden.

78 GUterkraftverkehrsgesetz in der Fassung vom 10. März 1983 (BGBI. I S. 256), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 13.08.1993 (BGBI. I S. 1489).

79 § 58 GOKG wurde durch Art. I Nr. 38 des Gesetzes zur Aufhebung der Tarife im GUter· verkehr (Tarifaufhebungsgesetz- TAufhG) vom 13. August 1993 (BGBI. I S. 1489) neu gefaßt. Die gemeinsame Durchftlhrung der Bundesstatistik durch das Bundesamt ftlr GUterverkehr und das Kraftfahrt-Bundesamt war im Entwurf der Bundesregierung vom 6.11.1992 (SR-Drucksache 758/92) noch nicht enthalten. Die Beteiligung des Kraftfahrt-Bundesamtes wurde aufgrund der Stellungnahme des Bundesrates und unter Hinweis auf die bewährte Zusammenarbeit der beiden Behörden im Gesetz verankert (vgl. BT-Drucksache 12/4231, Anlage 2, S. 7, zu Nummer 35 sowie Anlage 3, S. 11, zu Nummer 10). Vor der Novellierung hatte §57 Abs. 1 GOKG ftlr die statistische Erfassung aller Beilirderungsleistungen im Güterfernverkehr durch die (ehemalige) Bundesanstalt ftlr den Güterfernverkehr eine (dynamische) Verweisung auf die "ftlr die Bundesstatistik vorgesehenen Bestimmungen" enthalten.

144

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

6. Statistiken des Kraftfahrt-Bundesamtes a) Statistik des Kraftfahrzeug- und Anhängerbestandes

Gern. § 2 Nr. 5 des Gesetzes über die Errichtung eines KraftfahrtBundesamtes vom 4. August 1951 80 hat das Kraftfahrt-Bundesamt die Aufgabe der statistischen Bearbeitung der bei dem Kraftfahrt-Bundesamt gesammelten Meldungen und Nachrichten. Gern. § 2 Nr. 5 Satz 1 des Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes geschieht dies entsprechend den Anforderungen der Länder und im Rahmen der ftlr die Bundesstatistik geltenden Bestimmungen. Im Rahmen der "Statistik des Kraftfahrzeug- und Anhängerbestandes und seiner Veränderungen" veröffentlicht das Kraftfahrt-Bundesamt auf der o. g. Rechtsgrundlage Ergebnisse der Erhebungen des Bestandes, der Neuzulassungen und Neuanmeldungen, der Besitzumschreibungen sowie Löschungen81 . Unabhängig von der Frage, ob es sich hier um eine originäre Bundesstatistik oder eine solche sui generis handelt, gelten jedenfalls durch die (dynamische) Verweisung des § 2 Nr. 5 Satz 1 des Gesetzes über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamtes auf das Recht der Bundesstatistik die Regelungen des Bundesstatistikgesetzes in seiner jeweiligen Fassung82. Die vom BayVerfGH83 geltend gemachten Bedenken gegen die Verwendung sog. dynamischer Verweisungen bezogen sich im wesentlichen auf die Problematik der Verweisung von einem Landesgesetz auf Bundesrecht; dadurch könne eine "versteckte Verlagerung von Gesetzgebungsbefugnissen" bewirkt werden Eine derartige Problemstellung liegt im vorliegenden Fall der Verweisungsregelung des § 2 Abs. 5 Satz 1 des Gesetzes über die Errichtung des Kraftfahrt-Bundesamtes nicht vor. Sowohl die verweisende als auch die in Bezug genommene Norm liegt in der konkurrierenden bzw. ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes (vgl. Art. 73 Nr. 11, 74 Nr. 22 GG). Auch handelt es sich bei dem in Bezug genommenen Recht der Bundesstatistik um einen bereichsspezifisch im Bundessta-

80

BGBI. I S. 488, gelindert durch Gesetz vom 22.12.1971 (BGBI. I S. 2086).

Vgl. insoweit Statistisches Bundesamt, Katalog, S. 123, Ziffer 10.2.2 sowie die "Statistischen Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes und der Bundesanstalt fllr den Güterfemverkehr". 81

82 Z. Z. Gesetz über die Statistik fllr Bundeszwecke vom 22. Januar 1987 (BGBI. I S. 462, 565), gelindert durch Art. 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 1990 (BGBI. I S. 2837).

83

Vgl. BayVerfGH, NVwZ 1989, 1053 (1054).

I. Zentrale Statistiken außerhalb des Statistischen Bundesamtes

145

tistikgesetz geregelten und daher begrenzten Rechtsbereich, der für den Nanoadressaten noch überschaubar bleibt. Die Regelung genügt insoweit noch den aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Geboten der Bestimmtheit und Nonnenklarheit, die auch für Verweisungsregelungen zu fordern sind84•

b) Statistik des grenzüberschreitenden Straßengüterverkehrs

Gern. § I des Gesetzes über eine Statistik des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs vom 21. Dezember 1973 85 wird über den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr eine Bundesstatistik durchgeführt. Gern. § 7 des Gesetzes über eine Statistik des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs obliegt im Rahmen der für die Bundesstatistiken geltenden Bestimmungen die Durchführung dieser Statistik ebenfalls dem KraftfahrtBundesamt. Da es sich bei der Statistik des grenzüberschreitenden Straßengüterverkehrs um eine Bundesstatistik handelt, finden die Bestimmungen des Bundesstatistikgesetzes direkte Anwendung. Die (dynamische) Verweisung in § 7 des Gesetzes über eine Statistik des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs hat insoweit lediglich deklaratorische Bedeutung. § 6 ·Abs. 1 des Gesetzes über eine Statistik des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs, der eine Weiterleitung von Einzelangaben an die fachlich zuständigen obersten Bundes- und Landesbehörden vorsah, ist gern. § 26 Abs. 3 BStatG am 22. Januar 1991 außer Kraft getreten.

c) Organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen

Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang die organisationsrechtliche Verwirklichung der Forderung des BVerfG im Volkszählungsurteil86, wonach angesichts der Gefährdungen durch die Nutzung der automatischen Datenverarbeitung der Gesetzgeber organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen habe, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechtes entgegenwirken.

84

BayVertUH, NVwZ 1989, 1053 f.

85

BGBI. I S. 1987.

86

BVertGE 65, I (44).

10 Puppenhäger

146

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

Bei der - ebenfalls außerhalb der statistischen Ämter - beim Bundesamt fllr Wirtschaft durchgefllhrten Statistik der Nichteisen- und Edelmetallwirtschaft hat der Gesetzgeber (vergleichbar mit der Regelung in § 58 Abs. 2 GükG) im§ 6 Abs. 2 des Rohstoffstatistikgesetzes vom 15. Dezember 198987 angeordnet, daß im Bundesamt fllr Wirtschaft eine Organisationseinheit einzurichten ist, die räumlich, organisatorisch und personell von anderen Aufgabenbereichen des Bundesamtes zu trennen ist. Diese Vorschrift wurde in der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Rohstoffstatistikgesetzes88 als gesetzliche Voraussetzung fllr die weitere Übertragung der statistischen Aufgaben an das Bundesamt fllr Wirtschaft und als notwendig ftlr die Wahrung des Statistikgeheimnisses durch Organisation und Verfahren bezeichnet. Einzelheiten der Abschottungsmaßnahmen werden darüberhinaus im Ausftlhrungserlaß gern. § 6 Abs. 2 des Rohstoffstatistikgesetzes des Bundesministers ftlr Wirtschaft vom 5. Januar 199089 festgelegt. Vergleichbare Regelungen ftlr die unter Buchstabe a und b genannten Statistiken des Kraftfahrt-Bundesamtes sind jedoch nicht ersichtlich; die Vorschrift des §58 Abs. 2 GüKG bezieht sich nach dem Normtext lediglich auf die Durchftlhrung der Statistik nach § 58 Abs. I GüKG. Angesichts der Forderung des BVerfG90, wonach bei der statistischen Aufbereitung durch andere Behörden als die der amtlichen Statistik insbesondere das Statistikgeheimnis und das Gebot der frühzeitigen Anonymisierung ebenso durch Organisation und Verfahren sichergestellt sein muß wie bei den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder, sind den Regelungen des Rohstoffstatistikgesetzes bzw. Güterkraftverkehrsgesetzes vergleichbare Vorschriften fllr die Durchftlhrung der Statistiken des KraftfahrtBundesamtesjedoch unverzichtbar.

II. Statistiken der Länder Das Bundesstatistikgesetz enthält neben den einzelstatistischen Gesetzen die Regelungen ftlr die Durchfllhrung der jeweiligen Bundesstatistiken sowohl auf Landes- wie auch auf Bundesebene, d. h. fiir das Gesamtsystem der Bundesstatistik Die Durchftlhrung der Statistiken ftlr Bundeszwecke 87

BGBI.I S. 220 l.

88

SR-Drucksache Nr. 125/89, Besonderer Teil, Zu § 6.

89

Vgl. Bundesanzeiger Nr. 9 vom 13. Januar 1990.

90

BVerfGE 65, l (44, 51).

Il. Statistiken der Länder

147

erfolgt sowohl auf Landesebene (Art. 83 GG) wie auch auf Bundesebene auf diesen gesetzlichen Vorgaben. Wenngleich die Anforderungen an die amtliche Statistik weitgehend durch Bundesstatistiken, die gern. § 1 Satz 4 BStatG die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Zusammenhänge auch für Belange der Länder und Gemeinden berücksichtigen sollen, abgedeckt werden, so ist die Statistik für Bundeszwecke doch nur Teil des föderativ gegliederten Gesamtsystems der amtlichen Statistik der Bundesrepublik Deutschland. Daneben bestehen als weitere Bereiche die Landes- bzw. Kommunalstatistiken9\ die von der Gesetzgebungskompetenz des Art. 73 Nr. 11 GG nicht mit umfaßt sind. Für derartige Statistiken der Länder besteht eine Kompetenzzuweisung für das Statistische Bundesamt nur in eingeschränktem Umfang (sofern an deren Zusammenstellung ein Bundesinteresse besteht) und gern. § 3 Abs. 3 BStatG nur dann, wenn die jeweils beteiligten Länder zustimmen. Auch wenn man konzediert, daß das Bundesstatistikgesetz mittelbar den Rahmen bildet, an dem sich Iandes- wie auch kommunalstatistikrechtliche Regelungen orientieren92, so erstreckt sich diese Bindung jedoch wohl kaum rechtlich zwingend auf die Durchführung von entsprechenden Landesstatistiken93. Auch erscheint zweifelhaft, ob die Regelungen des Bundesstatistikgesetzes "in Ermangelung besonderer Landesstatistikgesetze"94 auch für Landestatistiken analog gelten: gern. §Art. 84 Abs. 1 GG können zwar die Länder die Einrichtung von Behörden und Verwaltungsverfahren regeln, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen; eine ergänzende Anwendung von landesstatistikgesetzlichen Regelungen widerspräche insoweit nicht der grundgesetzliehen Korn91 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes Ober die Statistik ftlr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 13, Zu § I.

92

Vgl. Dorer/Mainusch/l'ubies, BStatG, vor§ 1 Rdnr. 7.

Zur Definition von Landesstatistiken vgl. insoweit § 2 Abs. 2 des Thüringer Landesstatistikgesetzes vom 21. Juli 1992 (GVBI. S. 366) wonach als solche diejenigen Statistiken bezeichnet werden, die von Organen des Landes Thüringen angeordnet und von staatlichen Stellen durchgeftlhrt werden; vgl. auch die Ausftlhrungen des Landesbeauftragten ftlr Datenschutz in Schleswig-Holstein, der in seinem 13. Tätigkeitsbericht (Landtags-Drucksache 12/1415, Ziffer 4.1.5.1) das mit Datum vom 8. März 1991 beschlossene Landesstatistikgesetz (GVBI. S. 131) u. a. deshalb begrüßt, weil es notwendig gewesen sei, .,um unterhalb der Ebene von Bundesstatistiken, die durch Bundesgesetze geregelt sind, einen rechtlichen Rahmen ftlr Landes- und Kommunalstatistiken zu schaffen". 93

94 Ziegler, S. 7; Tinnefeld/I'ubies, S. 22; a. A. Karaus, S. 170. Es existieren inzwischen allerdings in zwölf Bundesländern Landesstatistikgesetze, vgl. oben C. Fußnote 221.

10*

148

D. Analoge Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften des BStatG

petenzordnung. Diese Regelung läßt sich jedoch nicht umkehren, so daß bei mangelhafter (oder fehlender) landesgesetzlicher Regelung das Bundesstatistikgesetz eine subsidäre Rechtsgrundlage etwa für die Anordnung von Landesstatistiken böte. Eine insoweit fehlende Rechtsgrundlage für die Durchführung von landesstatistischen Erhebungen95 kann daher nicht durch den Rückgriff auf das Bundesstatistikgesetz bzw. analoge Anwendung der Regeln der Bundesstatistik geheilt werden. Das Bundesstatistikgesetz besitzt Geltung ausschließlich für die Statistik für Bundeszwecke (§ I Satz 1 und Satz 6 BStatG).

95 So sieht z. B. § 7 des Hessischen Landesstatistikgesetzes vom 19. Mai 1987 (GVBI. S. 67) vor, daß Landesstatistiken, soweit im Landesstatistikgesetz oder einer sonstigen Rechtsvorschrift nichts anderes angeordnet ist, durch Gesetz angeordnet werden. Eine entsprechende Regelung enthält§ 6 Abs. I des Landesstatistikgesetzes von Baden-WUrttemberg vom 24. April 1991 (OBI. S. 213). Demgegenüber enthält§ 9 Abs. I Satz I des Thüringer Landesstatistikgesetzes vom 21. Juli 1992 (GVBI. S. 366) die Ermächtigung zur Anordnung von Landesstatistiken entweder durch Gesetz oder Rechtsverordnung. Vgl. auch Gallwas, NJW 1992, 2785,2787, der unter Bezugnahme auf das informationeile Selbstbestimmungsrecht als Informationszugangsbeschränkung darauf hinweist, daß Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten filr die Träger öffentlicher Gewalt die Einwilligung des Betroffenen oder aber eine gesetzliche Grundlage voraussetze.

E. Geheimhaltungspflicht gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafgerichtsbarkeit I. Ermittlungsverfahren in Strafsachen 1. Erforschung des Sachverhalts durch die Strafverfolgungsbehörden und

bereichsspezifische Datenschutzregelungen

a) AuskunftspOichten der Strafprozeßordnung

Die Strafverfolgungsbehörden sind zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch auf Informationen staatlicher Einrichtungen angewiesen; diesen Informationsquellen kommt eine zunehmende Bedeutung zu, da hier, insbesondere auch im Bereich der staatlichen DaseinsfUrsorge, umfassend persönliche Daten und Fakten gesammelt und gespeichert werden'. Für den Bereich der amtlichen Statistik betrifft dies vor allem den Zeitraum, in dem die Hilfs- von den Erhebungsmerkmalen noch nicht getrennt und die Hilfsmerkmale noch nicht gelöscht(§§ 10 Abs. 1, 12 BStatG) oder aber weiterhin mit Hilfe eines Schlüssels zusammenfUhrbar sind. Denkbar als Informationsquelle erscheinen auch die bei den statistischen Ämtern geführten Adreßdateien nach § 13 BStatG. Als Rechtsgrundlage, auf die die Strafverfolgungsbehörden ein Informationsersuchen stützen könnten, kommen die Auskunftspflichten der §§ 160 Abs. I, 161, 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung (StP0)2 in Betracht. Die Staatsanwaltschaft hat den Sachverhalt zu erforschen; dabei kann sie Ermittlungen jeder Art vornehmen oder vornehmen lassen (§§ 160, 161 StPOf Einschränkungen der Datenweitergabe ergeben sich dabei nicht aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz, da gern. § 2 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG Verfahren 1

Vgl. Ostendorf, DRiZ 1981,4.

Strafprozeßordnung (StPO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBI. I S. 1074,1319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.01.1993 (BGBI. I S. 50). 2

3

Vgl. Roxin, § 37 C.

150

E. Geheimhaltungspflicht gegenüber Strafverfolgungsbehörden

der Strafverfolgung ausdrücklich aus dem Geltungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen sind. Ebensowenig existiert - entsprechend der Regelung des § 53 StPO eines Zeugnisverweigerungsrechts aus bestimmten beruflichen Gründen - ein allgemeines Zeugnisverweigerungsrecht für Amtsträger im öffentlichen Dienst, die sich wegen einer Geheimnisverletzung gern. §§ 203, 353 b, 354, 355 StGB strafbar machen könnten4 • Das BVerfG hat - trotz der Regelung des §55 Abs. I StPO, wonach jeder Zeuge die Auskunft über solche Fragen verweigern kann, deren Beantwortung ihm selbst die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden - einem staatlich anerkannten Sozialarbeiter ein entsprechendes Zeugnisverweigerungsrecht versagt, obwohl dessen Aussage den Tatbestand des § 203 Abs. 1 Nr. 5 StGB erfüllte5

b) Bereichsspezifische Datenschutzregelungen

Das Auskunftsrecht der Staatsanwaltschaft sowie das durch § 161 StPO verbürgte Recht, von allen öffentlichen Behörden Auskünfte zu verlangen, findet seine Grenze allerdings in bereichsspezifischen Datenschutzregelungen wie dem Steuergeheimnis nach § 30 der Abgabenordnung oder dem Sozialgeheimnis nach § 35 des Sozialgesetzbuches -Allgemeiner Teil(SGB 1)6 , soweit nicht besondere Rückausnahmen für die Offenbarung bestehen, vgl. §§ 67, 73 SGB X.

2. Das Statistikgeheimnis als gesteigerte Geheimhaltungspflicht Eine derartige gesetzliche Geheimhaltungspflicht auch gegenüber den Strafverfolgungsbehörden stellt für die statistischen Ämter des Bundes und der Länder das Statistikgeheimnis des § 16 BStatG dar. Es handelt sich hierbei um eine sog. gesteigerte Geheimhaltungspfliche, die einem Infor4

Große/Rösemann, Die Polizei 1988,71 (75).

s Vgl. BVertUE 33, 367 (374); Große/Rösemann, ebenda. 6 Sozialgesetzbuch (SGB) -Allgemeiner Teil- vom 11. Dezember 1975 (BGBI. I S. 3015), zuletzt geändert durch Art 4 des Gesetzes vom 20.06.1991 (BGBI. I S. 1250); vgl. Kramer, NJW 1984, 1503 (1504); Kleinknecht/Meyer, StPO, § 161 Rdnm. I ff.; Löwe/Rosenberg/Schäfer, StPO, § 96 Rdnr. 20; 14. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten fllr den Datenschutz - Berichtszeitraum Anfang 1991 bis Anfang 1993- BT-Drucksache 12/4805, Ziffer 10.5.1 , vierter Absatz.

7

Große/Rösemann, Die Polizei 1988, 71 (75, 77).

I. Ermittlungsverfahren in Strafsachen

151

malionsersuchen der Strafverfolgungsbehörden entgegensteht und über die allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit hinausgeht8 • Im Gegensatz zu Angaben, die dem Steuer- oder Sozialgeheimnis unterliegen9, ist flir statistische Angaben, die der statistischen Geheimhaltung gern. § 16 BStatG unterliegen, eine Durchbrechung flir bestimmte Zwecke der Strafverfolgung nicht vorgesehen 10• Die Nichteinräumung von entsprechenden Übermittlungsbefugnissen im Statistikrecht bedeutet zugleich, daß hier kein Raum für die ansonsten bei der Heranziehung von Beweismitteln übliche Abwägung zwischen Persönlichkeitsschutz und Strafverfolgungsinteresse besteht. Die Ermittlungsbefugnisse der Strafverfolgungsbehörden sind durch das Statistikgeheimnis begrenzt. Der Gesetzgeber hat durch das Weglassen jeglicher Übermittlungsbefugnisse die gegensätzlichen Interessen abschließend zugunsten der strikten statistischen Geheimhaltung entschieden; das Strafverfolgungsinteresse hat damit hinter dem Interesse der in Art. 73 Nr. 11 GG vorgesehenen und damit schutzwürdigen, amtlichen Statistik 11 auf Geheimhaltung der den Ämtern übermittelten statistischen Einzelangaben zurückzutreten. Das Statistikgeheimnis ist insofern polizeifest; es gilt auch dann, wenn Angaben zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die Strafverfolgung angefordert werden 12 • 8 Ebenso Löwe/Rosenberg/Rieß, StPO, § 161 Rdnr. 26; Ostendorj, DRiZ 1981, 4 (7); Große/Rösemann, Die Polizei 1988, 71 (75), noch unter Berufung auf§ 11 BStatG 1980.

9

Vgl. Löwe/Rosenberg/Rieß, StPO, § 161 Rdnr. 20 ff.; Kunckel, ZfSHISGB 1990, 337 (342).

° Konsequenterweise vertritt der VGH Kassel, NJW 1993, 497 mit Besprechung Poppenhä-

1

ger, ebenda, 444, im Hinblick auf eine Überprüfung der amtlichen Bevölkerungszahl vor Gericht die Auffassung, im Hinblick auf das in § 16 BStatG normierte Statistikgeheimnis bedürfe es nicht einer Vorlage der Erhebungsunterlagen in gerichtlichen Verfahren. Es genüge ebenso, daß das Ergebnis einer erneuten Überprüfung mit einer amtlichen Auskunft in das Verfahren eingeftlhrt werde. 11

BVerfUE 65, I (50).

Baumann in: Forum der Bundesstatistik Bd. 3, S. 21 (24); Zieg/er, S. 50; im Ergebnis ebenso Große/Rösemann, Die Polizei 1988, 71 (75).; Ostendorj, DRiZ 1981, 4 (7); Löwe/Rosenberg/Rieß, StPO, § 161 Rdnr. 26; a. A. wohl Dorer/Mainusch/Tubies, §16 Rdnr. 29, § 23 Rdnr. 11 ff.; vgl. auch den Hinweis des BVerfU auf die Geheimhaltungsregeln des Bundesstatistikgesetzes im Zusammenhang mit Erörterungen zum notwendigen Schutz gegen Selbstbezichtigungen des Gemeinschuldners im Konkursverfahren, BVerfUE 56, 37 ff.: Ältere Gesetze begnügten sich durchweg damit, lediglich eine uneingeschränkte Auskunftspflicht vorzuschreiben und Maßnahmen zur Bekräftigung oder Erzwingung der Auskünfte vorzusehen. In neueren Regelungen dieser Art habe der Gesetzgeber diese Konfliktlage anders gelöst. "Soweit das Bundesstatistikgesetz eine uneingeschränkte Auskunftspflicht vorsieht, unterliegen die Angaben grundsätzlich der Geheimhaltung", BVerfUE 56, 37 (45 ff.). Abzulehnen (und durch diese verfassungsgerichtliche Rechtsprechung wohl auch überholt) ist daher die Auffassung des LG Koblenz, Beschluß vom 22. Juli 1982 -I 05 Js (Wi) 21.604/82 -, S. 5, 12

152

E. Geheimhaltungspflicht gegenüber Strafverfolgungsbehörden

Nur eine derartige Auslegung des Statistikgeheimnisses steht darüber hinaus im Einklang mit den durch das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung gezogenen verfassungsrechtlichen Schranken. Schon bislang war anerkannt, daß die zwangsweise Erhebung personenbezogener Daten nicht unbeschränkt statthaft ist. Dies wurde durch das BVerfG im Volkszählungsurteil13 noch einmal bestätigt. Ein überwiegendes Allgemeininteresse werde regelmäßig nur an Daten mit Sozialbezug und unter Ausschluß von Selbstbezichtigungen bestehen. Dieser Grundsatz ist als "Nemo-tenetur-Prinzip" auch in der strafprozessualen Literatur14 anerkannt. Danach führt das Prinzip, sich durch eigene Aktivität nicht belasten zu müssen, zu Beschlagnahmeverboten von Schriftstücken oder sonstigen Gegenständen, die in Erfüllung gesetzlicher Auskunftspflicht entstanden sind. Es wird zu Recht als widersprüchlich angesehen, einerseits ein Recht anzuerkennen, nicht zur Selbstbelastung im Strafprozeß tätig werden zu müssen, andererseits aber gestatten zu wollen, Handlungen, zu denen der Beschuldigte aufgrund anderer rechtlicher Regelungen verpflichtet ist, im Strafprozeß gegen ihn zu verwenden 15. Dabei muß es sich allerdings um gewichtige rechtliche Auskunftspflichten handeln, deren Verletzung unter Straf- oder Zwangsandrohung stehe 6 . Dies trifft in aller Regel auf die Erhebungen der amtlichen Statistiken zu, jedenfalls soweit die die Bundesstatistik anordnende Rechtsvorschrift eine Erhebung mit Auskunftspflicht festlegt (vgl. § 15 Abs. 1 BStatG). Gern. § 15 Abs. 3 Satz 1 BStatG ist die Antwort dann wahrheitsgemäß, vollständig und innerhalb der von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder gesetzten Fristen zu erteilen. Nach § 23 Abs. 1 BStatG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 15 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 Satz 1 BStatG eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt. Nach § 23 Abs. 3 BStatG kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Deutsche Mark geahndet werden 17 •

das davon ausgeht, daß nach dem Sinn der Vorschrift des § ll Abs. I BStatG 1980 die Geheimhaltungspflicht nur filr solche Auskünfte gelte, die ausschließlich ftlr statistische Zwecke abgegeben werden. Dies würde jedoch eine willkürliche Ungleichbehandlung der statistischen Einzelangaben, die als Sekundärstatistiken übermittelt werden, bedeuten. 13

BVerfDE 65, I (45 f.).

14

Ranft, S. 205; Löwe/Rosenberg/Schäfer, StPO, § 97 Rdnr. 10.

15

Ranft, S. 205.

16

Löwe/Rosenberg/Schäfer, StPO, § 97 Rdnr. 10.

Darüberhinaus besteht ftlr die statistischen Ämter des Bundes und der Länder die Möglichkeit der Verhängung von Zwangsgeld in Höhe von 3 - 2000 DM nach dem Verwaltungsvollstrek17

I. Ermittlungsverfahren in Strafsachen

153

Der Grundsatz des "Nemo-tenetur-Prinzips" verlangt daher ebenso wie der Normtext der §§ 1 Satz 6, 16 BStatG die strikte Geheimhaltung der durch Auskunftspflicht erlangten statistischen Einzelangaben.

3. Beschlagnahme von Behördenakten Das bislang gefundene Ergebnis bleibt auch dann gültig, wenn man die Auffassung vertritt, wonach eine Beschlagnahme von Behördenakten gern. §§ 94 ff. StPO grundsätzlich zulässig sein soll 18 • Die Anwendung von Zwangsmitteln kommt überhaupt nur bei der Nichterfüllung eines rechtmäßigen Auskunftsverlangens der Strafverfolgungsbehörden in Betracht. Ebenso wie das Auskunftsrecht der Staatsanwaltschaft findet auch die Beschlagnahmemöglichkeit nach §§ 94 ff. StPO seine Grenze in der gesteigerten Geheimhaltungspflicht der statistischen Ämter des Bundes und der Länder. Dies gilt auch für das Recht der Staatsanwaltschaft gern. §§ 48, 161 a StPO auf Ladung und Befragung von Bediensteten der betroffenen Behörden zu Angaben, die der statistischen Geheimhaltung unterliegen. Auch hier ist eine Suspendierung der Geheimhaltungsvorschrift des § 16 BStatG gesetzlich nicht vorgesehen 19• Ein etwaiger Auskunftsanspruch findet seine Grenzen an der Geheimhaltung der dem Statistikgeheimnis unterfallenden Angaben.

kungsgesetz des Bundes vom 27.04.1953 (BGBI. I S. 157) bzw. den entsprechenden Gesetzen der Länder. 18 Gegen die Zulllssigkeit der Beschlagnahme von Behördenakten wird vor allem eingewandt, ein derartiger Eingriff der Rechtsprechung in einen Bereich der Verwaltung widerspreche dem konstitutionellen Gleichrang der drei Staatsgewalten; vgl. zum Streitstand BGH NJW 1992,1973 ff.; LG Wuppertal, NJW 1992, 770; Kramer, NJW 1984, 1502; Ranft, S. 202, erwähnt in diesem Zusammenhang sogar ausdrücklich die Beschlagnahme von Akten des Statistischen Bundesamtes, allerdings ohne die Problematik der statistischen Geheimhaltung zu erkennen bzw. zu thematisieren. 19 Vgl. Große/Rösemann, Die Polizei 1988, 71 (75); Löwe/Rosenberg/Schäfer, SlPO, § 161 Rdnr. 26; Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 23 Rdnr. 11 nehmen allerdings an, daߧ 161 a StpO i. V. m. § 46 OWiG eine besondere Rechtsvorschrift i. S. des§ 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG sei (dies wird allerdings im Zusammenhang mit der Durchftlhrung von Ordnungswidrigkeiten nach § 23 BStatG erörtert); der VGH Mannheim, NJW 1988, 988 (989), ftlhrt im Zusammenhang mit der Feststellung der amtlichen Bevölkerungszahl aus, daß das in § 16 BStatG normierte Statistikgeheimnis eine Wahrheitstindung nicht ausschließe. Soweit dabei auf "die dem Statistikgeheimnis unterliegenden Erhebungsunterlagen" zurückgegriffen werden müsse, bedürfe es nicht unbedingt ihrer Vorlage im gerichtlichen Verfahren; vielmehr könne das Resultat einer erneuten Überprüfung auch mit einer amtlichen Auskunft eingeftlhrt werden, bei der dem Statistikgeheimnis Rech-

154

E. Geheimhaltungspflicht gegenüber Strafverfolgungsbehörden

4. Sperrerklärung der obersten Dienstbehörde Besteht zwischen einer Verwaltungsbehörde und der Strafjustiz bzw. den Justizbehörden Uneinigkeit über die Verpflichtung, bestimmte Akten resp. Unterlagen herauszugeben, z. B. weil umstritten ist, ob die angeforderten Unterlagen der statistischen Geheimhaltung gern. § 16 BStatG unterfallen, so ist durch die anfordernde Stelle zunächst die Dienstaufsicht einzuschalten20 . Diese hat dann die Möglichkeit, die Abgabe einer Sperrerklärung gern. § 96 StPO zu prüfen; bei Vorliegen einer wirksamen Sperrerklärung verbietet § 96 StPO nicht nur die Herausgabe von Akten, Schriftstücken oder sonstigen Unterlagen, sondern ebenso deren Beschlagnahme, weil nur auf diese Weise der Schutz der dort genannten Rechtsgüter gewährleistet ise'. Die oberste Dienstbehörde ist nun gern. § 96 StPO dazu berufen, im Einzelfall zu entscheiden, welchem Interesse im Zielkonflikt zwischen Strafverfolgungsinteresse und behördlichem Geheimhaltungsinteresse der Vorrang gebührt22 . Im Bereich der amtlichen Statistik liegt diese Entscheidung allerdings nicht lediglich im Ermessen der obersten Dienstbehörde: § 96 StPO untersagt das Herausgabeverlangen ftlr Behördenakten oder andere Schriftstükke, wenn das Bekanntwerden dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde. Für eine Abwägung der Rechtsgüter bei der Abgabe einer Sperrerklärung gern. § 96 StPO ist aus zwei Gründen wenig Raum: zum einen hat der Gesetzgeber den Konflikt zwischen Strafverfolgungsinteresse und Statistikgeheimnis bereits durch die Fassung des § 16 BStatG ohne entsprechende Ausnahmetatbestände23 zugunsten der statistischen Geheimhaltung entschieden, zum anderen handelt es sich bei der amtlichen Statistik um eine verfassungsrechtlich legitimierte staatliche

nung zu tragen sei. Ebenso VGH Kassel, NVwZ 1993, 497 mit Besprechung Poppenhäger, NVwZ 1993, 444. 20 LG Wuppertal, NJW 1992, 770 (771); Brodag, Rdnr. 224; Karlsruher Kommentar- Müller, StPO, § 161 Rdnr. 5 m. w. N. 21 Vgl. BGH, NJW 1992, 1973 (1975); in der Tat besteht zwischen dem Verlangen nach Vorlage der Akten und einem Auskunftsersuchen kein wesentlicher Unterschied, so daß das, was nach § 96 StPO filr die Vorlegung von Akten gilt, auch entsprechend filr die Mitteilung dessen gelten muß, was im Einzelfall den Inhalt der Akten ausmacht, Große/Rösemann, DRiZ 1988, 71 (75). 22

Vgl. Kramer, NJW 1984, 1502 ( 1505).

23

Vgl. insoweit§ 30 Abs. 4 Nr. 4 und 5 AO 1977.

II. Durchführung von Ordnungswidrigkeiten- und Zwangsgeldverfahren

155

Aufgabe24, für die das "Prinzip der Geheimhaltung und möglichst frühzeitigen Anonymisierung der Daten nicht nur zum Schutz des Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung des Einzelnen vom Grundgesetz gefordert, sondern auch für die Statistik selbst konstitutiv"25 ist. Man wird daher grundsätzlich davon auszugehen haben, daß etwa die Herausgabe statistischer Einzelangaben aus dem abgeschotteten Bereich der amtlichen Statistik für Zwecke der Strafverfolgung dem Wohl des Bundes oder auch eines Landes i. S. des § 96 StPO Nachteile bereiten würde.

ll. Durchführung von Ordnungswidrigkeiten- und Zwangsgeldverfahren durch die Statistikbehörden Die statistische Geheimhaltung des § 16 BStatG gilt bei der Durchführung von Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 23 BStatG (ebenso wie für entsprechende Zwangsgeldverfahren nach §§ 9 ff. Verwaltungsvollstrekkungsgesetz (VwVG) vom 27. April 1953 26) jedenfalls nicht für die Vorlage von Erhebungsunterlagen vor Gericht, zur Glaubhaftmachung, daß eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt wurde oder die Antworten nicht auf den Erhebungsvordrucken in der vorgegebenen Form erteilt wurden (vgl. § 23 Abs. I und 2 BStatG)27• Diese Vorgehensweise ermöglicht erst die Durchführung der gesetzlichen Verfahren wegen falscher Auskunfterteilung28 • Dies vorausgesetzt wird man auch unter Zugrundelegung objektiv-teleologischer Kriterien29 jedenfalls zu einer teleologischen Reduktion des Statistikgeheimnisses in Bußgeldoder Zwangsgeldverfahren kommen müssen: der Gesetzgeber wollte die Zwecke, die bisher durch die Ordnungswidrigkeitsverfahren verfol~t wurden erhalten, und hat die Bußgeldvorschrift sogar noch ausgeweitet. 0

24 Löwe/Rosenberg/Schäfer, StPO, § 97 Rdnr. 28, nennt dies als Beispiel ftlr öffentliche Interessen, die unter den Begriff "Staatswohl" eine Geheimhaltung nach § 96 StPO rechtfertigen können. 25

BVerfDE 65, 1 (51).

26

BGBI. I S. 157, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.02.1976 (BGBI. I S. 3341).

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 23 Rdnr. 11 f., geben allerdings zur Begründung an, daß der Gesetzgeber aus § 203 StOB wie auch aus § 16 BStatG "keine Folgerungen ftlr das Zeugnisverweigerungsrecht in der StPO gezogen" habe. Dies war jedoch nicht notwendig, vgl. oben E. I. 27

28

Dorer/Mainusch/Tubies, ebenda.

29

Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 333 ff.

Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 23, Zu§ 23. 30

156

E. Geheimhaltungspflicht gegenüber Strafverfolgungsbehörden

Die statistischen Ämter sind daher berechtigt, als Beleg für die Fehlerhaftigkeit eingereichter Erhebungsunterlagen diese im Rahmen von Ordnungswidrigkeitsverfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten31 bzw. von Zwangsgeldverfahren nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz zu den Gerichtsakten zu reichen. Das Statistikgeheimnis oder eine sonstige Pflicht der statistischen Ämter zum Umgang mit statistischen Einzelangaben wird hiervon nicht berührt32• Die Pflicht zur möglichst frühzeitigen Trennung der Hilfs- von den Erhebungsmerkmalen und Löschung der Hilfsmerkmale (vgl. §§ 10 Abs. l, 12 BStatG) wird durch den vom Auskunftspflichtigen eingelegten Rechtsbehelf suspendiert33 •

31 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBI. I S. 602), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.7.1992 (BGBI. I S. 1302). 32

licht). 33

VG Berlin, Beschluß vom 5. Juli 1988,- VG 7 X 260.88- UmdruckS. 2 (nicht veröffentVG Berlin, ebenda.

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung I. Einzelstatistische Gesetze 1. Veröffentlichung von Einzelangaben der Hochschulen a) Ausnahmeregelung zum Bundesstatistikgesetz

Gern. § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG sind Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die filr eine Bundesstatistik gemacht werden, von denjenigen, die mit der Durchfilhrung von Bundesstatistiken betraut sind, geheimzuhalten, soweit durch besondere Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. Bei solchen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse handelt es sich um Erklärungen, die von einem Auskunftspflichtigen oder Befragten in Erfüllung seiner statistischen Auskunftspflicht oder - bei Erhebungen ohne Auskunftspflicht - freiwillig abgegeben werden 1. Gern. § 5 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Statistik filr das Hochschulwesen (Hochschulstatistikgesetz - HStatG) vom 2. November 19902 sind filr die Erhebung bei den Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken und sonstiger der Ausbildung von Studenten dienender Krankenanstalten deren Leiter auskunftspflichtig. Zwar beschränkt sich die Auskunftspflicht auf die bei den Hochschulen vorhandenen Verwaltungsdaten3; es handelt sich aber dennoch bei den Auskünften der Leiter der Hochschulen um Erklärungen, die von einem Auskunftspflichtigen in Erfilllung seiner statistischen Auskunftspflicht abgegeben werden und damit um nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG grundsätzlich geheimzuhaltende Einzelangaben. Diese Regelung wird durch § 6 HStatG durchbrochen, wonach 1 Begrundung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik filr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, S. 21, Zu § 16, Zu Absatz 1; Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 13.

2

BGBI. I S. 2414.

Vgl. Begrundung der Bundesregierung zum Entwurf eines Hochschu1statistikgesetzes, BTDrucksache 11/5832, B. Besonderer Teil, Zu § 5. 3

158

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

Ergebnisse der Hochschulstatistik auf die einzelne Hochschule und einzelne Hochschulstandorte bezogen veröffentlicht werden dürfen.

b) Inhalt der Vorschrift des§ 6 HStatG

Nach dem Wortlaut der Norm dürfen nur Ergebnisse der Hochschulstatistik bezogen auf einzelne Hochschulen und Hochschulstandorte veröffentlicht werden. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich jedoch um eine Veröffentlichungsbefugnis für statistische Einzelangaben, nicht für statistische Ergebnisse4 • Die Notwendigkeit einer derartigen Sonderregelung wurde von der Bundesregierung damit begründet5, daß sichergestellt werden müsse, daß Ergebnisse der Hochschulstatistik den für die Hochschulpolitik und -planung zuständigen Stellen auch in einer tief differenzierten Aufgliederung bis zur Ebene der einzelnen Hochschulen zur Verfügung gestellt werden könnten. Zulässig ist trotz der genannten tief differenzierten Aufgliederung bis auf die Ebene einzelner Hochschulstandorte allerdings nur die Veröffentlichung von Tabellen mit dem üblichen Aggregationsniveau6 , die sich zwar auf einzelne Hochschulen bzw. Hochschulstandorte beziehen können, für die - unterhalb der Ebene der Hochschule - jedoch die Notwendigkeit der Dreier-Aggregation (§ 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG) nicht außer Kraft gesetzt wurde. Die Vorschrift des § 8 HStatG nimmt nur die Auskünfte, die der Leiter der Hochschule (oder eines Prüfungsamtes) für seine Einrichtung erteilt hat, als Einzelangabe des Auskunftspflichtigen, die ansonsten geheimzuhalten wäre, von der statistischen Geheimhaltung aus. Soweit die Auskünfte z. B. Studenten oder Personal betreffen (vgl. insoweit die in § 3

4 Die Norm wäre andernfalls UberflUssig, da die Veröffentlichung statistischer Ergebnisse bereits in § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 geregelt ist. Auffllllig ist allerdings die unzutreffende Kasuistik sowohl in der Wortwahl der vorliegenden Norm des§ 6 HStatG (Ergebnisse statt Einzelangaben) als auch - umgekehrt- in § 24c GWB, wo von (zusammengefaßten) Einzelangaben die Rede ist, die wiederum nichts anderes als statistische Ergebnisse darstellen.

s BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf des Hochschulstatistikgesetzes, BTDrucksache 11/5832, A. Allgemeiner Teil, Ziffer 5. 6 Die in der BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf des Hochschulstatistikgesetzes, ebenda, geäußerte Auffassung, wonach "im Rahmen von tiefgegliederten Tabellen auch die Veröffentlichung von Tabellen mit "Tabelleneinsen" nicht grundsätzlich ausgeschlossen" sei, wird vom Verfasser nicht geteilt. Dies ergibt sich schon aus der gesonderten Regelung der sog. Tabellen-Eins im Rahmen des abgegrenzten Tatbestandes des § 16 Abs. 4 BStatG, vgl. insoweit die Ausfllhrungen oben C.II.7. Buchstabe c.

I. Einzelstatistische Gesetze

159

HStatG genannten Erhebungsmerkmale), unterliegen sie weiterhin gern. § 16 BStatG der statistischen Geheimhaltung7• Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben daher bei Veröffentlichungen von Ergebnissen der Hochschulstatistik unter Zugrundelegung der sog. Dreier-Aggregation sicherzustellen, daß in derartigen, auf einzelne Hochschulen oder Hochschulstandorte bezogenen Tabellen sich die Ergebnisse jeder Variablen auf mindestens drei Personen oder Erhebungseinheiten beziehen8 •

2. Veröffentlichung von Ergebnissen der Bodennutzungserhebung Gern. § 2 des Gesetzes über die Agrarstatistiken (AgrarstatistikgesetzAgrStatG) vom 23. September 19929 umfaßt die Bodennutzungserhebung neben der sog. Flächenerhebung noch die Bodennutzungshaupterhebung, die Gemüseanbau- und Zierpflanzenerhebung, die Baumschulenerhebung sowie die Obstanbauerhebung. Nach § 98 Abs. 3 AgrStatG ist die Veröffentlichung der Ergebnisse ftlr jede Gemeinde jedoch nur ftlr die Ergebnisse der Flächenerhebung zulässig. Diese besondere Rechtsvorschrift im Sinne des § 16 Abs. I Satz 1 BStatG war notwendig, weil ftlr die Erhebungsmerkmale der Flächenerhebung gern. § 5 Nr. 2 AgrStatG, die Bodenflächen nach der in einem Flächennutzungsplan dargestellten Art der Nutzung, die Gemeinden, bzw. für die gemeindefreien Gebiete die nach Landesrecht zuständigen Verwaltungsbehörden, auskunftspflichtig sind (§ 93 Abs. 2 Nr. 2 AgrStatG). Damit handelt es sich bei den Angaben der Gemeinden für die Flächenerhebung - ebenso wie oben dargestellt bei den Angaben der Hochschulen für die Hochschulstatistik - um Erklärungen, die von einem Auskunftspflichtigen oder Befragten in Erfüllung seiner statistischen Auskunfts-

7 V gl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Hochschulstatistikgesetzes, ebenda, B. Besonderer Teil, Zu § 8.

8 Vgl. oben C.II.7. Buchstabe c; eine derartige Auslegung trägt im übrigen den Bedenken des Bundesbeauftragten ftlr den Datenschutz Rechnung, der die Regelung des § 6 HStatG filr "nicht unproblematisch" ansieht. Gerade bei Studienfliehern mit geringer Studentenzahl an kleineren Hochschulen könnten den statistischen Ergebnissen so kleine Mengen zugrundeliegen, daß mit geringem Zusatzwissen auf einzelne Studenten zurückgeschlossen werden könne, (Zwölfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten filr den Datenschutz, BT-Drucksache 11/6458, S. 56, Ziffer 9.6); gerade diese Ergebnisse dürfen jedoch nur unter der Voraussetzung des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG veröffentlicht werden und sind ansonsten geheirnzuhalten. 9

BGBI. I S. 1632.

160

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

pflicht abgegeben werden 10• Derartige Einzelangaben sind nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG grundsätzlich geheimzuhalten. Durch die Regelung des § 98 Abs. 3 AgrStatG wird diese Geheimhaltungspflicht fur die Flächenerhebung im Rahmen der Bodennutzungserhebung durchbrochen und dadurch die Veröffentlichung der Ergebnisse bezogen auf jede Gemeinde ermöglicht 11 • Die Veröffentlichungsbefugnis betrifft allerdings nur die Einzelangaben, die sich unter Zugrundelegung einer gemeindlichen Auskunftspflicht als Einzelangabe einer Gemeinde darstellen, nicht jedoch die hinter dieser Angabe stehenden einzelbetrieblichen Daten 12. Diese hinter den Angaben der Gemeinden und gemeindefreien Gebiete als Erhebungseinheiten der Flächenerhebung (vgl. § 3 AgrStatG) stehenden Einzelangaben unterliegen weiterhin der statistischen Geheimhaltung gern. § 16 BStatG. Insofern und zum weiterhin notwendigen Aggregationsniveau der auf eine Gemeinde bezogenen Ergebnisse gelten die oben zur Hochschulstatistik gemachten Ausruhrungen 13 entsprechend.

3. Veröffentlichung von Ergebnissen der Statistiken der öffentlichen Finanzen und des Personals im öffentlichen Dienst Nach § I Nr. 1-6 des Gesetzes über die Statistiken der öffentlichen Finanzen und des Personals im öffentlichen Dienst (Finanz- und Personatstatistikgesetz - FPStatG) vom 21. Dezember 1992 14 werden neben drei Statistiken der öffentlichen Finanzwirtschaft die Personalstandstatistik, die Versorgungsempfänger- sowie die Sonderversorgungsempfängerstatistik als Bundesstatistiken durchgefuhrt. 10 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik filr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, S. 21, Zu § 16, Zu Absatz I; Dorer/Mainusch!fubies, § 16 Rdnr. 13. 11 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Agrarstatistikgesetzes, BTDrucksache 11/285 I vorn I. September 1988, Zu § 58; die Ausruhrungen in der Begründung der Bundesregierung, wonach Gemeindeergebnisse (im Gegensatz zu einzelbetrieblichen Daten) nicht als Einzelangaben anzusehen seien, filhren allerdings in die Irre: gerade weil es sich bei den fraglichen Gemeindeergebnissen um statistische Einzelangaben handelt, die gern. § 16 Abs. I Satz I BStatG grundsätzlich geheimzuhalten sind, war die Veröffentlichungsklausel des § 98 Abs. 3 AgrStatG notwendig. 12

Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Agrarstatistikgesetzes, ebenda.

13

Vgl. oben F.l. I. Buchstabe b.

14

BGBI. I S. 2119.

I. Einzelstatistische Gesetze

161

Gern. § I5 FPStatG dürfen die Ergebnisse der Statistiken auf der Ebene der Erhebungseinheiten veröffentlicht werden, soweit nicht Erhebungseinheiten nach § 2 Abs. I Nr. 7 FPStatG betroffen sind 15. Bei den Erhebungseinheiten gern. § 2 Abs. I Nr. 1-6, 8-10 FPStatG, deren Ergebnisse gern. § 15 FPStatG veröffentlicht werden dürfen, handelt es sich neben verschiedenen Gebietskörperschaften auch um die Sozialversicherungsträger sowie Institutionen wie die Bundesanstalt für Arbeit, die Deutsche Bundespost POSTDIENST, -POSTBANK, -TELEKOM, die Deutsche Bundesbank oder auch bestimmte Krankenhäuser und Hochschulkliniken mit kaufmännischem Rechnungswesen. Dabei betrifft die Veröffentlichungsbefugnis des § I5 FPStatG zwar die Einzelangaben der genannten Institutionen, nicht jedoch die hinter diesen Angaben stehenden Einzelangaben betroffener Personen. Soweit deren personenbezogene Einzelangaben zu verarbeiten sind, gelten die Geheimhaltungsvorschriften des Bundesstatistikgesetzes uneingeschränkt weiter 16. Die Veröffentlichung von Einzelangaben, die eine Identifizierung einzelner Personen, die bei den Erhebungseinheiten beschäftigt sind oder von ihnen Versorgungsbezüge erhalten, ermöglichen könnte, ist nicht zulässig17. Die hinter den Angaben der genannten Erhebungseinheiten stehenden Einzelangaben Betroffener unterliegen weiterhin der statistischen Geheimhaltung gern. § 16 BStatG. Insofern und zum weiterhin notwendigen Aggregationsniveau der auf eine Erhebungseinheit bezogenen .Ergebnisse gelten die (oben) zur Hochschulstatistik gemachten Ausführungen entsprechend18.

15 Bei den Erhebungseinheiten nach § 2 Abs. I Nr. 7 FPStatG handelt es sich um rechtlich selbständige Organisationen ohne Erwerbszweck filr Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, soweit bestimmte Zuwendungen (z. B. der Europäischen Gemeinschaften) den Betrag von 300 000 DM jährlich übersteigen, sowie die Bundes-, Landes- und anderen öffentlichen Forschungsanstalten bzw. Institute an Hochschulen. 16 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Finanz- und Personalstatistikgesetzes, BT-Drucksache 12/3256, S. 18, Zu§ 15. Die Weitergeltung des § 16 BStatG war vom Bundesrat allerdings bezweifelt worden, der anregte, § 16 BStatG expressis verbis in § 15 FPStatG zu erwähnen (Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Finanz- und Personalstatistikgesetzes, BT-Drucksache 12/3256, Anlage 2, S. 21, Ziffer 7). Dieser Auffassung ist die Bundesregierung zu Recht entgegengetreten, vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucksache 12/3256, Anlage 3, S. 23, Zu Nummer 7. Die Vorschrift enthält in der Tat nur im Hinblick auf die genannten Erhebungseinheiten eine Ausnahme von der grundsätzlichen Geheimhaltungspflicht des § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG. Ansonsten bleibt § 16 BStatG unberührt. 17 Vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucksache 12/3256, Anlage 3, S. 23, Zu Nummer 7. 18

Vgl. oben F.I.l. Buchstabe b.

II Puppenhäger

162

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

4. Veröffentlichung von Ergebnissen der Asylbewerberleistungsstatistik Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber vom 30. Juni 1993 19 werden zur Beurteilung der Auswirkungen dieses Gesetzes Erhebungen über die Empfänger von Leistungen sowie die Ausgaben und Einnahmen nach diesem Gesetz als Bundesstatistik durchgeführt. Gern. § 12 Abs. 6 des Gesetzes zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber dürfen die Ergebnisse der Asylbewerberleistungsstatistik auf die einzelne Gemeinde bezogen veröffentlicht werden. Diese besondere Rechtsvorschrift im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BStatG war notwendig, weil es sich bei den für die Durchführung des Gesetzes auskunftspflichtigen Stellen - landesrechtlich unterschiedlich geregelt - durchaus um einzelne Gemeinden handeln kann. Dabei handelte es sich dann bei deren Angaben um Erklärungen, die von einem Auskunftspflichtigen oder Befragten in Erfüllung seiner statistischen Auskunftspflicht abgegeben wurden 20• Derartige Einzelangaben wären nach § 16 Abs. I Satz I BStatG grundsätzlich geheimzuhalten. Die hinter den Angaben einer einzelnen Gemeinde stehenden statistischen Einzelangaben von Asylbewerbern sind allerdings nicht von der Ausnahmevorschrift des § 12 Abs. 6 des Gesetzes zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber erfaßt und unterliegen weiterhin der statistischen Geheimhaltung. Bei Veröffentlichungen auf Gemeindeebene ist daher auch weiterhin das ansonsten für die amtliche Statistik geltende Aggregationsniveau für Tabellenwerke zu beachten. Insofern gelten auch für die Asylbewerberleistungsstatistik die oben zur Hochschulstatistik gemachten Ausführungen entsprechend21 •

19

BGBI. I S. 1074.

BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik fllr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21, Zu § 16, Zu Absatz I; Dorer/Mainuschll'ubies, BStatG, § 16 Rdnr. 13. 20

21

Vgl. oben F.l.l. Buchstabe b.

I. Einzelstatistische Gesetze

163

5. Veröffentlichung von Ergebnissen der Sozialhilfestatistik Nach § 127 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG/2 werden zur Beurteilung der Auswirkungen dieses Gesetzes und zu seiner Fortentwicklung Erhebungen über die Empfänger von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt und von Hilfe in besonderen Lebenslagen sowie über die Ausgaben und Einnahmen der Sozialhilfe als Bundesstatistik durchgeführt. Gern. § 132 Abs. 3 BSHG dürfen die Ergebnisse der Sozialhilfestatistik auf die einzelne Gemeinde bezogen veröffentlicht werden. Auskunftspflichtig für die Erhebungen sind nach § 131 Abs. 2 BSHG die zuständigen örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie die kreisangehörigen Gemeinden und Gemeindeverbände, soweit sie Aufgaben nach dem Bundessozialhilfegesetz wahrnehmen. Die Ausnahmebefugnis zur Veröffentlichung der Ergebnisse der Sozialhilfestatistik auf Gemeindeebene sowie die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen sind insoweit identisch mit der in § 12 Abs. 6 des Gesetzes zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber normierten Veröffentlichungsbefugnis. Die dort sowie für die Hochschulstatistik zum notwendigen Aggregationsniveau der zu veröffentlichenden Tabellenwerke gemachten Ausführungen gelten für die Sozialhilfestatistik entsprechend23 •

6. Übermittlung von Einzelangaben der Wohngeld-Statistik a) Inhalt und Umfang der Übermittlung

Nach§ 35 Abs. 1 des Wohngeldgesetzes vom 4. Juli 1991 24 ist über die Anträge und Entscheidungen nach dem Wohngeldgesetz sowie über die persönlichen und sachlichen Verhältnisse der Wohngeldempfänger, die für die Berichterstattung, die Beurteilung der Auswirkungen des Wohngeldgesetzes und zu seiner Fortentwicklung erforderlich sind, eine Bundesstatistik durchzuführen. Gern. § 35 Abs. 6 Wohngeldgesetz dürfen Einzelangaben der Wohngeldstatistik aus einer dem Statistischen Bundesamt zur Verfügung stehen22 Fassung der Bekanntmachung vom 10. Januar 1991 (BGBI. I S. 94, 808), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 30. Juni 1993 (BGBI. I S. 1074). 23

Vgl. oben F.I.4., F.I.I. Buchstabe b.

Bekanntmachung der Neufassung des Wohngeldgesetzes vom 4. Juli 1991 (BGBI. S. 1433), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 27. Juni 1993 (BGBI. I S. 944). 24

II*

164

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

den Zufallsstichprobe mit einem Auswahlsatz von 25 vom Hundert der fachlich zuständigen obersten Bundesbehörde filr Zusatzaufbereitungen zur Verfilgung gestellt werden. Für diesen Zweck sind die Einzelangaben, bei denen Haushalte mit mehr als filnf Familienmitgliedern in einer Gruppe zusammenzufassen sind, ohne Wohngeldnummer zu übermitteln (§ 35 Abs. 6 Satz 2 Wohngeldgesetz25). Die Übermittlung soll insbesondere für wissenschaftliche Auswertungen zur Fortentwicklung des Wohngeldrechts dienen26• Die Übermittlungsvorschrift bezieht sich auf statistische Einzeldatensätze- wenn auch ohne Hilfsmerkmale und Wohngeldnummer und unter Zusammenfassung der Datensätze von Haushalten mit mehr als filnf Familienmitgliedern- und geht damit über die in § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG geregelte Übermittlung von Tabellen mit statistischen Ergebnissen, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen, hinaus. § 35 Abs. 6 Wohngeldgesetz beinhaltet jedoch keine Veröffentlichungsbefugnis ftlr statistische Einzelangaben. Die empfangende Stelle bzw. oberste Bundesbehörde unterliegt insoweit der sog. verlängerten statistischen Geheimhaltung des§ 16 Abs. 10 Satz I BStatG27, wonach die Pflicht zur Geheimhaltung nach § I6 Abs. I BStatG auch für Personen gilt, die Empfänger von Einzelangaben aufgrund einer besonderen Rechtsvorschrift sind. Für Weiterleitungen (Übermittlungen oder Veröffentlichungen) der empfangenden Behörde an Dritte gelten daher die Regeln der statistischen Geheimhaltung gern. § I6 BStatG uneingeschränkt.

b) Abschottung der fachlich zuständigen obersten Bundesbehörde

Gern. § 35 Abs. 6 Satz 3 Wohngeldgesetz ist bei der fachlich zuständigen obersten Bundesbehörde als empfangende Stelle eine Organisationseinheit einzurichten, die räumlich, organisatorisch und personell von ande25 Der Inhalt der Übermittlungsnorm des § 35 Abs. 6 Wohngeldgesetz ist identisch mit der Regelung des § 23 Abs. 6 des Gesetzes Uber Sondervorschriften ftlr die vereinfachte Gewährung von Wohngeld in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Wohngeldsondergesetz- WoGSoG) vom 20. Juni 1991 (BGBI. I S. 1250), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 27. Juni 1993 (BGBI. I S. 944). Die Ausruhrungen zur Übermittlungsregelung des § 35 Abs. 6 Wohngeldgesetz gelten insofern auch ftlr die Übermittlungsregeln der Wohngeld-Statistik nach dem Wohngeldsondergesetz.

26 Vgl. BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf des Achten Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes vom 10. August 1990, BT-Drucksache 11/6930 vom 23. April 1990, Zu 8 (§ 35). 27

Vgl. hierzu oben C.III.6. Buchstabe c.

I. Einzelstatistische Gesetze

165

ren Aufgabenbereichen zu trennen ist. Die in dieser Organisationseinheit tätigen Personen müssen Amtsträger oder fllr den öffentlichen Dienst besonders verpflichtet sein und dürfen die aus ihrer Tätigkeit gewonnenen Erkenntnisse nur für Zwecke der Wohngeld-Statistik verwenden (§ 35 Abs. 6 Satz 4 und 5 Wohngeldgesetz). Diese Voraussetzungen ftlr eine Übermittlung statistischer Einzelangaben an die fachlich zuständige oberste Bundesbehörde sind insoweit angelehnt an die Regelungen des § 16 Abs. 7 und 8 BStatG. Die Abschottungsregelung des § 35 Abs. 6 Satz 3 Wohngeldgesetz, wonach bei der fachlich zuständigen obersten Bundesbehörde eine organisatorisch und personell von anderen Aufgabenbereichen zu trennende Organisationseinheit einzurichten ist, geht über die Sicherungsmaßnahmen des Bundesstatistikgesetzes im Zusammenhang mit Übermittlungen nach § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG an oberste Bundes- und Landesbehörden allerdings hinaus. Der Gesetzgeber hat die Grenze zwischen einer Übermittlung an (oberste) Behörden unter Zugrundelegung (lediglich) der sog. verlängerten Geheimhaltung oder aber einer zusätzlichen Sicherung des Statistikgeheimnisses durch Organisation und Verfahren28 offenbar genau an der Grenze zwischen den in § 35 Abs. 6 Satz 2 Wohngeldgesetz genannten Einzelangaben und den in § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG genannten schwach aggregierten Tabellen mit möglichen "Tabellen-Einsen" gezogen. Die der fachlich zuständigen obersten Bundesbehörde übermittelten Einzelangaben der Wohngeldstatistik dürfen mit anderen Daten nicht zusammengefllhrt werden(§ 35 Abs. 6 Satz 6 Wohngeldgesetz).

28 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Achten Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes vom 10. August 1990, Zu 8 (§ 35). Zum Hintergrund bzw. der Notwendigkeit derartiger Abschottungsregelungen vgl. auch die Ausftlhrungen von Enge/age, 140 (141 f.), der - allerdings im Zusammenhang mit Fragen der Dienstaufsicht und den Grenzen der Weisungsbefugnis - ausfUhrt, daß der Grundsatz der Trennung von Statistik und Verwaltungsvollzug die Statistikbehörden (weitestgehend) im Verhältnis zu den dem Vollzugsbereich zuzuordnenden Aufsichtsbehörden zum aliud qualifiziert.

166

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

D. Nichtstatistische Rechtsnormen 1. Lieferung von zusammengefaßten Einzelangaben an die Monopolkommission a) Historie der Norm

Nach § 24c Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vom 20. Februar 199029 dürfen der Monopolkommission30 fllr die Begutachtung der Entwicklung der Unternehmenskonzentration vom Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder aus den von diesen gefllhrten Wirtschaftsstatistiken zusammengefaßte Einzelangaben bestimmter Erhebungsmerkmale über die Vom-Hundert-Anteile der drei, sechs und zehn größten Unternehmen oder Betriebe des jeweiligen Wirtschaftsbereichs31 übermittelt werden. Der Innenausschuß wie auch der Ausschuß fllr Wirtschaft des Deutschen Bundestages hatten bereits anläßlich der Beratungen des Entwurfs der Bundesregierung fllr ein Gesetz über die Statistik fllr Bundeszwecke im Jahre 198632 einen Vorschlag der Monopolkommission erörtert, § 16 BStatG insoweit zu beschränken, daß die Geheimhaltung statistischer Einzelangaben "nicht gegenüber Sachverständigenkommissionen" gelten sollte, deren ausdrücklicher gesetzlicher Auftrag die wissenschaftliche Auswertung bestimmter statistischer Angaben erforderlich macht und die selbst besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterstehen. Damals wurde eine Lösung des Problems nicht im Bundesstatistikgesetz verwirklicht. Es wurde die Auffassung vertreten, dem Anliegen der Monopolkommission könne in dem Gesetz, das den entsprechenden Spezialbereich regele, besser Rechnung getragen werden 33 .

29

BGBI.I. S. 235, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.12.1992 (BGBI.l S. 2133).

Bei der Monopolkommission handelt es sich um eine unabhängige Kommission bestehend aus fllnf Mitgliedern, die Ober besondere volks- und betriebswirtschaftliche, sozialpolitische, technologische oder wirtschaftsrechtliche Erfahrungen verfUgen müssen (§ 24 b Abs. I Satz 2 GWB). Ihre Mitglieder werden auf Vorschlag der Bundesregierung durch den Bundespräsidenten berufen (§ 24 b Abs. 6 Satz I GWB). Die Aufgaben der Monopolkommission sind in § 24 b Abs. l Satz l, Abs. 3 und Abs. 5 GWB festgelegt. 30

31 Sog. CR-3-, CR-6- und CR-10- Werte (concentration rate). 32

Vgl. BT-Drucksache 10/6666, S. 18, Zu§ 16, Ziffer 15.14.

Zu den damit verbundenen Wertungswidersprochen zur Begrundung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes Ober die Statistik fllr Bundeszwecke (BT-Drucksache 10/5345, Teil B., Zu § 16 , Zu Abs. 1), in der die Auffassung vertreten wird, eine Ausnahme von der statisti33

II. Nichtstatistische Rechtsnormen

167

Der jetzige § 24c GWB wurde dann während der Beratung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 22. Dezember 198934 durch den Bundestagsausschuß für Wirtschaft35 in den Entwurf eingefügt. Weitergehende Vorstellungen der Monopolkommission36, die neben der Lieferung von statistischen Einzelangaben in einem neu zu schaffenden § 24d GWB ein eingeschränktes Enquete-Recht verankert wissen wollte, wurden von der Ausschußmehrheit abgelehne7 . § 24c GWB enthält daher keine Auskunftsbefugnisse der Monopolkommission gegenüber einzelnen Untemehmen38.

b) Die Übermittlungsregelung im einzelnen

aa) Befugnis der statistischen Amter

Das Statistische Bundesamt und die statistischen Ämter der Länder "dürfen" der Monopolkommission die zusammengefaßten Einzelangaben bestimmter Größen übermitteln. Damit handelt es sich bei der infragestehenden Vorschrift nicht um einen Rechtsanspruch der Monopolkommission auf Übermittlung39, sondern nur um die Erlaubnis40 für die statistisehen Geheimhaltung bedürfe einer ausdrUckliehen Zulassung in einem ein Bundesstatistik anordnenden Bundesgesetz sowie zu§ I Satz 6 BStatG, vgl. oben C.II.l. 34

BGBI. I S. 2486.

Vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses fllr Wirtschaft zum Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BT-Drucksache 11/5949, S. 18, Ziffer I, S. 20, Zu Nummer 7a. Ein weitergehender Antrag der Grünen (BTDrucksache 11/6357, S. I ff.) wonach die Weitergabe von statistischen Einzelangaben über die zehn größten Unternehmen, Betriebe oder deren Teile des jeweiligen Wirtschaftsbereichs gesetzlich vorgesehen werden sollte, wurde von der Ausschußmehrheit aus Datenschutzgründen abgelehnt. Die Beschränkung auf aggregierte Daten sei nach dem Volkszählungsurteil des BVertG unverzichtbar. Demgegenüber ging der Alternativantrag davon aus, das Datenschutzinteresse von Großunternehmen müsse hinter dem Interesse der Allgemeinheit an einen Schutz des Wettbewerbs zurücktreten (vgl. BT-Drucksache 11/5949, S. 20, Zu Nummer 7a). In der vorliegenden Form wirke die amtliche Praxis der statistischen Geheimhaltung dem gesetzlichen Auftrag der Monopolkommission direkt entgegen (BT-Drucksache 11/6357, S. 4, Zu Artike12 Nr. 1). 35

36

Monopolkommission, Hauptgutachten VIII, 1990, Tz. 50 ff.

Dieses eingeschränkte Enquete-Recht der Monopolkommission sollte dort ansetzen, wo die amtlichen Erhebungsprogramme bzw. die allgemeinen Publizitätspflichten der Unternehmen enden (Hauptgutachten VIII, ebenda); vgl. insoweit auch BT-Drucksache 11/5949, S. 29, Zu Nummer7a. 37

38

Bechto/d, Kartellgesetz, § 24c GWB, Rdnr. I.

Vgl. hierzu auch Mestmticker in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 24c Rdnr. 3, der ebenfalls davon ausgeht, daß ein unmittelbarer Rechtsanspruch der Monopolkommission auf Übermittlung nicht besteht. 39

168

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

sehen Ämter des Bundes und der Länder, die genannten Aggregate an die Monopolkommission weiterzuleiten.

bb) Abschließende Regelung

Materiell erstreckt sich die Regelung des § 24c Abs. I Satz 1 GWB auf die Vom-Hundert-Anteile der drei, sechs und zehn größten Unternehmen oder Betriebe des jeweiligen Wirtschaftsbereiches. Die Übermittlung ist auf statistische Angaben von durch die statistischen Ämter bereits durchgeführte, bestimmte Wirtschaftsstatistiken beschränkt; diese sind in § 24c Abs. I Satz I GWB ebenso abschließend aufgezählt4 \ wie der Kanon der unter § 24c Abs. I Satz I Buchstabe a bis h aufgelisteten Ergebnisse, deren Übermittlung zulässig ist. Ein Einsichtsrecht in nicht aggregierte Datenbestände des Statistischen Bundesamtes ist mit der erfolgten Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht verbunden42•

cc) Erweiterung des Bundesstatistikgesetzes?

Harms43 führt aus, § 24c GWB enthalte eine Erweiterung des Bundesstatistikgesetzes und zugleich eine Einschränkung des Datenschutzes, da durch die Vorschrift die Verwendung bestimmter, aggregierter Daten von rein statistischen auf die Zwecke der Monopolkommission ausgedehnt 40

Harms in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24c Rdnr. I.

Es handelt sich um Daten aus der Statistik im produzierenden Gewerbe, der Handwerksstatistik, Außenhandelsstatistik, Steuerstatistik, Verkehrsstatistik, der Statistik im Handel und Gastgewerbe sowie der Pressestatistik. Nicht unter die Übermittlungsregel des § 24c GWB fallen daher statistische Angaben, die aufgrunddes Volkszählungsgesetzes 1987 vom 8. November 1985 (BGBI. I S. 2078) erhoben wurden. Die in der BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Volkszählungsgesetzes filr die Notwendigkeit einer Arbeitsstättenzählung angefilhrten Gründe, wonach u. a. durch Arbeitsstättenzählungen "Konzentrationsvorgänge in einem wirtschaftssystematisch umfassenden Gesamtbild nach Beschäftigten aufgezeigt werden können" und daher auch die Monopolkommission auf diese Ergebnisse zurückgreife (BR-Drucksache Nr. 553/84 vom 13. November 1984, Teil A.II.2. Buchstabe c) können sich daher nur auf die allgemeinen Übermittlungs- und Veröffentlichungsbestimmungen des § 16 BStatG beziehen. Nach§ 24c Abs. I GWB sindjedenfalls Übermittlungen von Volkszählungsdaten nicht möglich. 41

42 Harms in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24c Rdnr. 3; Mestmäcker in: lmmenga/Mestmäcker, GWB, § 24c Rdnr. 2.

43

Harms in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24c Rdnr. 2.

II. Nichtstatistische Rechtsnormen

169

werde. Auch Mestmäcker44 geht davon aus, daß die Norm des § 24c GWB als Ausnahmevorschrift zum Bundesstatistikgesetz anzusehen sei.

aaa) Grammatikalische Auslegung Zunächst erscheint es überraschend, daß die der Monopolkommission nunmehr zu übermittelnden, sog. CR-3-, CR-6- oder CR-IO-Werte in die statistische Geheimhaltung des § I6 BStatG einbezogen sein sollen: Gern. § I6 Abs. I Satz 2 Nr. 3 BStatG fallen Einzelangaben, die vom Statistischen Bundesamt oder den statistischen Ämtern der Länder mit den Einzelangaben anderer Befragter zusammengefaßt und in statistischen Ergebnissen dargestellt sind, nicht unter die statistische Geheimhaltung. Dies schließt nur aus, daß Veröffentlichungen grundsätzlich Angaben über weniger als drei Auskunftspflichtige oder Betroffene enthalten (sog. DreierAggregation/5. Nach dem Wortlaut des § I6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG ergäben sich jedenfalls dann keine Übermittlungsprobleme der VomHundert-Anteile der drei, sechs und zehn größten Betriebe eines bestimmten Wirtschaftsbereiches, wenn durch die statistischen Ämter des Bundes und der Länder sichergestellt wäre, daß jedes Feld von derartigen, zur Übermittlung an die Monopolkommission vorgesehenen Tabellen, die Angaben von mindestens drei Auskunftgebenden oder Betroffenen aufweist.

bbb) Die Praxis der sogenannten qualifizierten Geheimhaltung Der Hintergrund der Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Hinblick auf die Lieferung von statistischen Angaben durch das Statistische Bundesamt an die Monopolkommission wird nur dann deutlich, wenn man die von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder praktizierte, und über den Wortlaut des § I6 Abs. I Satz 2 Nr. 3 BStatG hinausgehende, sog. qualifizierte Geheimhaltung46 mit einbezieht. Danach wird die Zusammenfassung von Angaben von mehr als drei Auskunftgebenden dann für notwendig gehalten, wenn (trotz DreierAggregation) ein Befragter z. B. aufgrund einer marktbeherrschenden regionalen Stellung noch zu erkennen ist. Die Regel, wonach z. B. aggregier44

Mestmäcker in: lmmenga/Mestmäcker, GWB, § 24c Rdnr. 2.

45

Zu den Einzelheiten vgl. oben C.ll.7.

46

Vgl. hierzu oben C.Il.7. Buchstabe e.

170

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

te Daten auch für drei bis zu neun Einheiten nur dann nicht geheimzuhalten seien, wenn der Anteil eines Befragten an der zusammengefaßten Angabe 50% nicht übersteigt47, betrifft exakt die Datenbasis fUr den Aufgabenbereich der Monopolkommission, Gutachten über den jeweiligen Stand der Unternehmenskonzentration sowie dessen absehbare Entwicklung (§ 24b Abs. 3 und 5 GWB) zu erstellen.

ccc) Dieratio legis des§ 24c GWB Bei der EinfUgung des § 24c GWB in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen handelte es sich somit weniger um eine Reaktion des Gesetzgebers auf die infolge der gern. § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG praktizierte Geheimhaltung von Einzelangaben, soweit sie den Befragten oder Betroffenen noch zugeordnet werden können48, als vielmehr um die uneingeschränkte Anwendung des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG, d. h. die Übermittlung von statistischen Aggregaten an die Monopolkommission ohne Zugrundelegung der sog. Dominanzregelungen der statistischen Ämter des Bundes und der Länder. Die ratio legis des § 24c BStatG ist somit nicht in einer Ausnahmeregelung zu den Geheimhaltungsvorschriften des Bundesstatistikgesetzes zu sehen49, sondern in einer (ausdrücklichen) Befugnis des Statistischen Bundesamtes, der Monopolkommission aggregierte Daten der Vom-HundertAnteile der drei, sechs und zehn größten Unternehmen und Betriebe bestimmter Wirtschaftsbereiche zu liefern, unabhängig davon, wieviel Prozent der Anteil eines Befragten oder Betroffenen an der jeweiligen zusammengefaßten Angabe beträgt50• 47 Hölder in: Forum der Bundesstatistik, Bd. 9, S. 134 (1 55); die Einzelheiten der Behandlung von sog. Dominanzfllllen ist ftlr das Statistische Bundesamt in § 75 der Geschllftsordnung ftlr das Statistische Bundesamt (Stand: Juni 1985) sowie der hierzu ergangenen Dienstanweisung, Teil A Nr. 1 zu§ 75 (DA 75) geregelt; Einzelheiten s. auch oben C.II.7., Fußnote 185 48 So aber Harms in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24c Rdnr. 6; vgl. allerdings Harms, ebenda, Rdnr. 12 , wo er zum Gegenstand und der Art der nun an die Monopolkommission zu liefemden Angaben richtigerweise nur von aggregierten Daten, d. h. zusamrnengefaßten Einzelangaben, ausgeht. Das Verbot des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG ftlr die statistischen Ämter, Einzelangaben , die den Befragten oder Betroffenen noch zuzuordnen sind, zu übermitteln oder zu veröffentlichen (vgl. hierzu oben C.ll.6.), ist damit durch§ 24c GWB nicht tangiert.

49 Vgl. aber Mestmttcker in: Immenga/Mestmticker, GWB, § 24c Rdnr. 2, der die Vorschrift des § 24c GWB (allerdings ohne nähere Begründung) als ,,Ausnahme vom Bundesstatistikgesetz" ansieht. 50 Der Begriff "anonym" als Bezeichnung ftlr derartige Dreier-Aggregate (zumal ohne Anwendung der Dominanzregeln der statistischen Ämter) erscheint in diesem Zusammenhang aller-

II. Nichtstatistische Rechtsnormen

171

c) Zweckbegrenzung

Die Verwendung der vom Statistischen Bundesamt an die Monopolkommission übermittelten Daten ist gern. § 24c Abs. I Satz I GWB auf den Zweck der Begutachtung der Entwicklung der Unternehmenskonzentration beschränkt51 • Die Zweckbegrenzung ist somit eine doppelte: die in § 24c Abs. I Satz I GWB aufgefilhrten Daten dürfen von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder nur filr die Begutachtung der Entwicklung.der Unternehmenskonzentration der Monopolkommission übermittelt, von dieser wiederum nur filr diesen Zweck verwandt werden.

d) Geheimhaltungs- und Dokumentationspflichten

Bei der Monopolkommission muß gern. § 24c Abs. 4 GWB durch organisatorische und technische Maßnahmen sichergestellt sein, daß nur Amtsträger, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete oder Verpflichtete nach § 24c Abs. 2 GWB Empfänger der zusammengefaßten Einzelangaben sind. Gern. § 24c Abs. 5 GWB sind die erfolgten Übermittlungen nach Maßgabe des § I6 Abs. 9 BStatG aufzuzeichnen und mindestens fünf Jahre aufzubewahren 52• Die übermittelten Daten sind zu löschen53, sobald der der Übermittlung zugrundeliegende Zweck erfilllt ist (§ 24c Abs. 3 Satz 2 GWB).

dings irrefllhrend, vgl. aber Harms in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24c Rdnr. 12. Auch ist eine Rechtsgrundlage fllr weitergehende Informationen des Statistischen Bundesamtes an die Monopolkommission nicht ersichtlich, insbesondere bestehen keine Informationspflichten oder -rechte im Hinblick auf mögliche "Identitätsabweichungen" der übermittelten Aggregate; die von Harrns, ebenda, Rdnr. 13 angefllhrte Pflicht zur Amtshilfe in solchen Fällen ist begrenzt durch die §§ 16 Abs. I Satz 2 Nr. 3 BStatG, 24c Abs. I GWB, die die Informationsrechte der Monopolkommission gegenüber den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder abschließend regeln, vgl. insoweit auch die Strafvorschrift der§§ 21, 22 BStatG. 51 Die Zweckbegrenzung betriffijedenfalls die Verwendung der aggregierten Daten durch die Monopolkommission sowie die Zulässigkeil der Übermitdung selbst, nicht jedoch "den Umfang der Amtshilfe" der statistischen Ämter, so Mestmäclrer in: lmmenga/Mestmäclrer, GWB, § 24c Rdnr. 3.

52 Vgl. insoweit auch§ 16 Abs. 7-10 BStatG, der fllr die Formulierung der Absätze 2 bisS des § 24c GWB die Richtschnur darstellte; zu Einzelheiten der materiellen Regelung vgl. daher oben C.III.3. Buchstabefund C.III.6. § 16 Abs. 9 BStatG sieht die Aufzeichnung erfolgter Übermittlungen nach Inhalt, Stelle, der übermittelt wird, Datum und Zweck der Weitergabe vor. 53

Vgl. hierzu oben C.III.3. Buchstabe g.

172

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

e) Verfassungsrechtliche Bedenken

aa) Zweckbestimmung der Übermittlungsvorschrift des§ 24c GWB

aaa) Normbereich Die Monopolkommission führt in ihrem Achten Hauptgutachten54 aus, daß das Statistische Bundesamt gegen die in § 24c GWB getroffene Regelung verfassungsrechtliche Bedenken hege, diese allerdings nicht hinreichend konkretisiert habe. Verfassungsrechtliche Bedenken könnten sich aus der Zweckbestimmung der Übermittlungsvorschrift des § 24c Abs. 1 GWB ergeben. Die Monopolkommission vertritt hierzu die Auffassung55, § 24c GWB erlaube (nun) der Monopolkommission, die ihr aufgrunddieser Vorschrift übermittelten Daten "zu ihren Zwecken statistisch auszuwerten", wenn auch nicht zu veröffentlichen. Harms56 führt aus, materiell erstrecke § 24c GWB die Verwendung der zu übermittelnden Aggregate von "den rein statistischen Zwecken auf die Zwecke der Monopolkommission" und enthalte insofern eine Einschränkung des Datenschutzes. Soweit diese Ausführungen nahelegen, die aufgrund des § 24c GWB übermittelten statistischen Ergebnisse seien nunmehr für alle Zwecke des Aufgabenbereiches der Monopolkommission zur Auswertung zugelassen, wären sie sowohl vom Normbereich der Vorschrift des § 24c Abs. 1 GWB als auch aus verfassungsrechtlichen Gründen wohl nicht haltbar. Der Monopolkommission sind im wesentlichen drei Aufgabenbereiche57 übertragen:

54 Monopolkommission, Hauptgutachten VIII, 1990, Tz. 48. Darüberhinaus wird ausgefilhrt, das Statistische Bundesamt befilrchte, daß "durch die gesetzliche Unterrichtungspflicht der betroffenen Unternehmen die Akzeptanz der amtlichen Statistik in der Wirtschaft leidet". Gemeint ist wohl eher die der Unterrichtung zugrundeliegende Übermittlungsvorschrift des § 24c Abs. 1 GWB, nichtjedoch die Unterrichtung darüber.

55

Monopolkommission, Hauptgutachten VIII, 1990, Tz. 47.

56

Harms in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24c Rdnr. 2.

57

Ebenso Harms/Richter in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24b Rdnm. 27 ff.

II. Nichtstatistische Rechtsnormen

173

bbb) Begutachtung der Entwicklung der Unternehmenskonzentration Gern. § 24b Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz GWB hat die Monopolkommission die Aufgabe der regelmäßigen Begutachtung der Entwicklung der Unternehmenskonzentration. Diese sog. Hauptaufgabes8 wird in § 24b Abs. 3 und 5 GWB präzisiert. Danach erstellt die Monopolkommission alle zwei Jahre bis zum 30. Juni, erstmals zum 30. Juni 1976 ein Gutachten, das sich auf die Verhältnisse der letzten beiden abgeschlossenen Kalenderjahre erstreckt und leitet es der Bundesregierung zu.

ccc) Untersuchung und Würdigung der Anwendung der für marktbeherrschende Unternehmen geltenden Vorschriften Als zweite Aufgabe hat die Monopolkommission gern. § 24b Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz GWB den Auftrag der Untersuchung und Würdigung der Anwendung der filr marktbeherrschende Unternehmen geltenden Vorschriften, einschließlich der Mißbrauchskontrolle durch die Kartellbehörden und Gerichte. Diese Aufgabenzuweisung überschneidet sich mit der sog. Hauptaufgabe, hat aber insbesondere durch die Mißbrauchsaufsicht eine eigene Bedeutungs9 • Durch die regelmäßige Untersuchung und Würdigung der Entscheidungspraxis des Bundeskartellamts wie auch des Bundesministeriums fllr Wirtschaft nimmt die Monopolkommission hier die Funktion einer Beratungs- wie auch Kontrollinstanz ein60.

ddd) Ministererlaubnisverfahren für Fusionen Die dritte Aufgabe der Monopolkommission betrifft die sog. Ministererlaubnisverfahren für Fusionen, die dem Bundesministerium ftlr Wirtschaft gern. § 24 Abs. 3 GWB vorgelegt werden61 • Nach § 24b Abs. 5 Satz 7 58

Harms/Richter, ebenda, Rdnr. 27; Bechtold, Kartellgesetz,§ 24b GWB, Rdnr. I.

Näheres vgl. Harms/Richter, ebenda, Rdnr. 28; Mestmäcker in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 24b Rdnr. I. 59

60 Harms/Richter erörtern darüberhinaus das Problem, daß selbst Entscheidungen der Rechtsprechung in die Würdigung einbezogen sind und kommen insoweit zu dem Ergebnis, daß die Monopolkommission keinesfalls mit Vorschlägen oder Würdigungen in schwebende Einzelverfahren eingreifen dürfe, vgl. Harms/Richter in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24b Rdnr. 29. 61 Vgl. Hamm in: Das Deutsche Bundesrecht, GWB, Zu§ 24a, S. 89; Bechtold, Kartellgesetz, § 24b GWB, Rdnr. I.

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F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

GWB hat der Bundesminister filr Wirtschaft in derartigen Einzelfällen, die ihm zur Entscheidung vorliegen, eine "gutachtliche Stellungnahme" der Monopolkommission einzuholen.

bb) Auslegung des Normtextes

Der Normtext des § 24c Abs. 1 GWB erlaubt die Übermittlung der CR-3-, CR-6- und CR-10-Werte durch die statistischen Ämter filr die Begutachtung der Entwicklung der Unternehmenskonzentration und damit filr die erste, sog. Hauptaufgabe der Monopolkommission. Fraglich ist, ob darüberhinaus Übermittlungen auch filr die weiteren Aufgaben der Monopolkommission, die Untersuchung und Würdigung der Anwendung der für marktbeherrschende Unternehmen geltenden Vorschriften sowie die sog. Ministererlaubnisverfahren für Fusionen, zulässig sind.

cc) Verbot der Zweckentfremdung statistischer Daten

Eine Zweckbegrenzung der Übermittlungsvorschrift des § 24c Abs. 1 GWB auf Übermittlungen für die Begutachtung der Entwicklung der Untemehmenskonzentration ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Auch wenn unterschiedlich beurteilt wird, ob juristische Personen sich auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen können62, so wird man das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung im Bereich gewerblicher Tätigkeit jedenfalls für einzelne Gewerbetreibende nicht von vomeherein negieren können und Daten, die die gewerbliche Betätigung betreffen, dem Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts nicht zur Gänze entziehen können63 • Die fraglichen Aggregate werden an die Monopolkommission übermittelt, der nicht nur statistische, sondern auch andere Aufgabenbereiche übertragen sind. Dies mag im Ergebnis für die sog. Hauptgutachten der Monopolkommission unbedenklich sein, die in der Regel einen makroökonomischen, generalisierenden Charakter aufweisen. Anders stellt sich die Situation bei der Erstellung der Gutachten gern. § 24b Abs. 5 Satz 7 GWB im sog. Ministererlaubnisverfahren dar: diese Gutachten sind prinzipiell 62

Zum Meinungsstand vgl. Kunig in: v. Münch, GG, Bd. 1, Art. 2 Rdnr. 39.

Vgl. BVerlG, Beschluß vom 25. Juli 1988 - 1 BvR 109/85- Umdruck S. 3; BVerlGE 67, 100 (142 f.); BVerlGE 82, 76 (78). 63

II. Nichtstatistische Rechtsnormen

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auf einen einzelnen Fall bezogen, bei dem eine (bereits durch das Bundeskartellamt festgestellte) Wettbewerbsbeschränkung noch einmal im Lichte der gesamtwirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses und des Interesses der Allgemeinheit betrachtet wird(§ 24 Abs. 3 Satz 1 GWB). Durch die gutachtliche Stellungnahme der Monopolkommission wird hier die Erteilung oder Versagung eines entsprechenden Verwaltungsaktes in Ministererlaubnisverfahren unmittelbar vorbereitet. Auch wenn die Monopolkommission über direkte Untersagungs- resp. Genehmigungsbefugnisse nicht verfügt, ist ihr wettbewerbspolitischer Einfluß jedoch hoch einzuschätzen64. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die gutachtlichen Stellungnahmen der Monopolkommission im Rahmen der sog. Ministererlaubnisverfahren noch keinen direkten Verwaltungsvollzug darstellen, so bewegen sie sich auch keinesfalls nur im Rahmen wissenschaftlicher Auswertung statistischer Aggregate, sondern bereits im Vorfeld und der unmittelbaren Vorbereitung der entsprechenden Verwaltungsvollzugshandlung. Hieraus ergäben sich bei einer Verwendung der von den statistischen Ämtern der Monopolkommission aufgrund des § 24c Abs. 1 GWB übermittelten Daten für Stellungnahmen in sog. Ministererlaubnisverfahren jedenfalls Bedenken, ob dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Verbotes der Zweckentfremdung statistischer Daten65 durch eine derartige Auslegung der Übermittlungsvorschrift des § 24c GWB hinreichend Rechnung getragen würde. Auch wäre wohl der die amtliche Statistik generell verpflichtende Grundsatz tangiert, wonach die Aufbereitung der Individualdaten immer zu einer "strukturierten" Form66 führen soll und jedenfalls nicht für die Regelung von Einzelfällen vorgesehen ist67• Eine Übermittlung von Daten der amtlichen Statistik aufgrund des § 24c GWB für die über das sog. Hauptgutachten hinausgehenden Aufgaben der Monopolkommission wäre schließlich dann verfassungsrechtlich bedenklich, wenn die Übermittlung für die Wahrnehmung dieser Aufgaben nicht

64 Schwintowski, Rdnr. 313, fUhrt dies auf die Neutralität der Monopolkommission zurück; vgl. auch Mestmäcker in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 24 Rdnr. 295, der (bei insgesamt bisher 13 Anträgen in Ministererlaubnisverfahren nach § 24 Abs. 3 GWB) auf 4 RUcknahmen wegen mangelnder Erfolgsaussicht, davon mindestens 2 nach negativen Stellungnahmen der Monopolkommission, hinweist.

65

Vgl. BVerfUE 65, 1 (61 ff.).

66

BVerfUE 65, I (53 f.).

67 Vgl. insoweit auch§ 16 Abs. 4 Satz I BStatG und§ I Satz I BStatG, wonach die Statistik fllr Bundeszwecke die Aufgaben hat, laufend Daten über Massenerscheinungen zu erheben, zu sammeln, aufzubereiten, darzustellen und zu analysieren. Sie hat folglich nicht Individual- sondern Strukturdaten zu liefern, ebenso Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 1 Rdnr. 7.

176

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

erforderlich wäre68 : dies würde den mit Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit tangieren69 • Harms/Richter vertreten hierzu die Auffassung, daß nur zur Begutachtung der Unternehmenskonzentration die durch § 24c GWB eröffneten zusätzlichen Informationsrechte der Monopolkommission notwendig sind; ftir die beiden anderen Aufgaben, nämlich die Beobachtung der Anwendungspraxis und die Stellungnahmen zu Ministererlaubnisverfahren, reicht die Kenntnis der Akten von Bundeskartellamt und Bundesministerium ftir Wirtschaft aus70•

dd) Ergebnis

Eine verfassungskonforme Auslegung der Zweckbegrenzung des § 24c Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 GWB erfordert daher die Begrenzung der Datenübermittlung auf die sog. Hauptaufgabe der Monopolkommission, die Begutachtung der Entwicklung der Unternehmenskonzentration in der Bundesrepublik Deutschland71 • Für andere Zwecke als die Erstellung der sog. Hauptgutachten72 muß die Monopolkommission auf andere Erkenntnisquellen als die aufgrund des § 24c G WB übermittelten Daten der amtlichen Statistik zurückgreifen.

68

Vgl. Harms in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24c Rdnr. 8.

69

Vgl. BVerfGE 65, I (44); 65, I, (67 f.).

70 So Harms in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24c Rdnr. 8; dies steht allerdings in gewissem Widerspruch zu den Ausftlhrungen von Harms/Richter in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24b ·Rdnr. 30, wo im Hinblick auf die sog. Ministererlaubnisverfahren die Auffassung vertreten wird, die Monopolkommission verftlge ftlr ihre Stellungnahme Uber alle ihr gern. § 24c GWB zur Verftlgung stehenden Aufklärungsbefugnisse. 71 Ob durch den Hinweis auf die dieserart mögliche verfassungskonforme Auslegung des § 24c Abs. 1 und 3 GWB auch Einwänden gegen eine mangelnde Normenklarheit dieser gesetzlichen Regelung begegnet werden kann, soll an dieser Stelle nicht entschieden werden. Nach Auffassung des BVerfG (E 65, 1 [44]) bedürfen jedenfalls Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht nur einer (verfassungsmäßigen) gesetzlichen Grundlage, die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen müssen ftlr den BUrger klar und deutlich erkennbar sein; vgl. insoweit auch Poppenhdger, NVwZ 1992, 149 (150), sowie Baumann, DVBI. 1984, 612 (616), der darauf hinweist, daß das Gebot der Normenklarheit auch die Pflicht zur Normen- "Wahrheit" mit umfasse und daß daher Widerspruchlichkeiten innerhalb einer gesetzlichen Regelung mit dem Recht auf informationeHe Selbstbestimmung nicht vereinbar sind. 72

Vgl. Harms!Richter in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24b Rdnr. 37.

II. Nichtstatistische Rechtsnormen

177

2. Archivgut des Bundes a) Die Anbietepflicht der statistischen Ämter

Nach § 2 Abs. 1 Satz I des Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz - BArchG) vom 6. Januar 198873 haben die Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte des Bundes, die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wie auch "die sonstigen Stellen des Bundes" alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Bundesarchiv zur Übernahme anzubieten. Das Bundesarchiv entscheidet dann gern. § 3 BArchG im Benehmen mit der anbietenden Stelle, ob den Unterlagen bleibender Wert u. a. für die Erforschung oder das Verständnis der deutschen Geschichte zukommt. Unterlagen, hinsichtlich deren das Bundesarchiv diese Frage bejaht, sind gern. § 2 Abs. 1 Satz 2 BArchG als Archivgut des Bundes dem Bundesarchiv zu übergeben. Die Anbietepflicht erstreckt sich auf alle Stellen des Bundes einschließlich der Verfassungsorgane und Selbstverwaltungskörperschaften74 . Die Unterlagen sind auch dann anzubieten, wenn sie (bereichsspezifischen) Rechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung unterliegen(§ 2 Abs. 4 Satz I Nr. 2 BArchG). Die Anbietepflicht erstreckt sich damit für das Statistische Bundesamt als "sonstige Stelle des Bundes" auch auf diejenigen statistischen Daten, die vor lokrafttreten des Bundesarchivgesetzes aufgrund der Geheimhaltungsvorschriften des § 16 BStatG nicht hatten übermittelt werden dürfen75. Dies steht im Kontext zur ratio legis des Bundesarchivgesetzes, den 73

BGBI. I S. 62, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.03.1992 (BGBI. I S. 506).

74

Oldenhage, Der Archivar 1988, Sp. 477 (480).

75 Die statistische Geheimhaltung des Bundesstatistikgesetzes als bereichsspezifische Geheimhaltungsvorschrift ist zwar im Text des Bundesarchivgesetzes nicht expressis verbis erwähnt, wurde aber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zum Bundesarchivgesetz mehrfach in Bezug genommen; vgl. insoweit die BegrUndung zum Entwurf der Bundesregierung eines Bundesarchivgesetzes, (BT-Drucksache 111498, S. 9, Zu § 2, Zu Absatz 3); die dortigen Ausfllhrungen zur Übermittlung sind allerdings durch die Beratungen im Gesetzgebungsverfahren überholt. Der Bundesbeauftragte fllr den Datenschutz hatte im Gesetzgebungsverfahren angeregt, aufzuzählen, welche konkreten Geheimhaltungsbestimmungen durch das Bundesarchivgesetz verdrängt wUrden. Dies sollte insbesondere fllr die durch § 203 StGB geschützten Geheimnisse und fiir das Statistikgeheimnis gelten (vgl. Zehnter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten fllr den Datenschutz gern. § 19 Abs. 2 Satz 2 BDSG 1977 dem Deutschen Bundestag vorgelegt zum I . Januar 1988, BT-Drucksache 1111693, Ziffer II , S. 58). Vgl. auch die Ausruhrungen Booms zum BStatG 1980, der allerdings - nur fllr die Rechtslage vor Verabschiedung des Bundesarchivgesetzes zutreffend - davon ausging, Statistikmaterial käme ohne Änderung der statistikrechtlichen Grundlagen nur anonymisiert in die Archive oder Oberhaupt nicht, Stenographisches Protokoll über die 80. Sitzung des Innenausschusses des Bundestages, S. 80/7, 80/25 in: Deutscher Bundes-

12 Puppenhäger

178

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

Archiven auch solches Material zu eröffnen, das bisher aufgrund von Geheimhaltungsvorschriften nicht zugänglich war76, da diese bereits einer Abgabe an öffentliche Archive entgegenstanden77• Insofern besteht nunmehr ein gesetzlicher Anspruch der Archive gegenüber der Verwaltung, auf Abgabe auch solcher Unterlagen, die nach bereichsspezifischen Geheimhaltungsvorschriften verweigert werden könnten78 • Das Bundesstatistikgesetz kann daher nicht als Iex specialis angesehen werden, das eine Anbietepflicht der statistischen Ämter gegenüber dem Bundesarchiv ausschlösse. Die Vorschriften über die statistische Geheimhaltung finden vielmehr gern. § 2 Abs. 4 Satz I Nr. 2 BArchG bei der Anbietepflicht gegenüber dem Bundesarchiv keine Anwendung.

b) Charakter der zu übermittelnden Daten

aa) Art und Umfang der anzubietenden Unterlagen

Die Außerkraftsetzung der Geheimhaltungsvorschriften des Bundes in § 2 Abs. 4 Satz I Nr. 2 BArchG hat fl.lr den Bereich der Archivabgabe zur Folge, daß auch statistische Einzelangaben, die der Geheimhaltung gern. § I6 BStatG unterliegen, dem Bundesarchiv von den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder anzubieten sind79• Die Anbietepflicht der statistischen Ämter gegenüber dem Bundesarchiv erstreckt sich daher - neben den statistischen Einzelangaben bzw. Aggregaten nach § I6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 BStatG, die auch bisher schon übermittelt werden durften-

tag, Veröffentlichte Gesetzesmaterialien des Parlamentsarchivs Nr. 23; vgl. auch Bu/1/Dammann, DÖV 1982, 213 (222 FN 44). 76 Freys, S. 56; vgl. auch Bizer, Der Archivar 1993, 409 (414); Polley, NJW 1988, 2026 (2027). 77 Vgl. BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesarchivgesetzes, BTDrucksache ll/498, S. 7, Ziffer 4. In diesen Fällen sei unabhängig davon, ob das Bundesarchiv oder ein anderes öffentliches Archiv zuständig ist, durch Bundesgesetz dafilr Sorge zu tragen, daß ein sachgerechtes Verhältnis zum Nutzungsrecht und Persönlichkeitsschutz gewahrleistet wird.

78

Vgl. Polley, NJW 1988,2026 (2027).

Damit wird die in § 1 Satz 6 BStatG festgelegte Zweckbindung, wonach statistische Einzelangaben ausschließlich den durch das Bundesstatistikgesetz oder eine andere eine Bundesstatistik anordnende Rechtsvorschrift festgelegten Zwecken dienen, durchbrachen. Die Kollision der Norm mit der Anbietepflicht des Bundesarchivgesetzes nach § 2 Abs. 4 Satz 2 Nr. l BArchG ist allerdings unter Zugrundelegung des Grundsatzes des Iex posterior derogat legi priori dahingehend zu lösen, daß § 1 Satz 6 BStatG ftlr den Geltungsbereich des Bundesarchivgesetzes verdrängt wird. 79

II. Nichtstatistische Rechtsnormen

179

auch auf diejenigen statistischen Einzelangaben, die der Geheimhaltung nach§ 16 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 6 BStatG unterliegen80• Anzubieten sind dem Bundesarchiv grundsätzlich (auch) die Originale der Unterlagen der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BArchG genannten Stellen des Bundes. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach alle Unterlagen, die die genannten Stellen des Bundes zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe nicht mehr benötigen, dem Bundesarchiv anzubieten sind; zum anderen soll die Regelung des § 2 Abs. 1 BArchG sicherstellen, daß keinerlei amtliche Unterlagen des Bundes, die von bleibendem Wert für die deutsche Geschichte sind, unkontrolliert vernichtet oder zersplittert werden 81 .

bb) Vorrang bereichsspezifischer Löschungs- und Vernichtungsvorschriften

Gern. § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt. Die Vorschrift wurde erst im Zuge der Gesetzesberatungen eingefllgt; sie soll sicherstellen, daß bereichsspezifische Regelungen der genannten Art nicht hinter die Regelungen des Bundesarchivgesetzes zurückweichen, d. h. daß alle derartigen

so Auf eine Pflicht zur vorherigen Anonymisierung vor Übergabe der Unterlagen wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens bewußt verzichtet; vor allem sollten in Originalakten weder Veränderungen noch Beschädigungen vorgenommen werden, vgl. Bericht der Abgeordneten des Innenausschusses des Deutschen Bundestags Hämmerte, Neumann, Hirsch und Schmitt-Bott, BTDrucksache 11/1215, S. II, 12; Wyducke/, DVBI. 1988, 327 (330 f.). Nicht zutreffend insofern auch die von Booms, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Innenausschusses zum Entwurf des Bundesarchivgesetzes, S. 5 f., in: Veröffentlichte Gesetzesmaterialien des Parlamentsarchivs Nr. 23, vertretene Auffassung, wonach bei einem Verzicht auf die Anonymisierungsvorschrift des Entwurfs eines Bundesarchivgesetzes die Übernahme von statistischen Unterlagen in Archive verhindert werde, da mit einer Änderung von§ 11 BStatG 1980, (der die Weitergabe von Einzelangaben untersagte), nicht zu rechnen sei. SI BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, BT-Drucksache 11/498, S. 8, Zu § 2, Zu Absatz I; kritisiert wird der Verzicht auf eine vorhergehende Anonymisierung durch den Bundesbeauftragten filr Datenschutz, der an der erfolgten Regelung bemängelt, daß jetzt das Bundesarchiv Material erhalte, ohne daß "datenschutzrechtlich an sich gebotene Maßnahmen- wie Zusammenfassung, Veränderung, Vergröberung, Kürzung oder Weglassung einzelner sensitiver Daten oder Verknüpfungsmerkmale- getroffen werden oder die Einwilligung Betroffener eingeholt wird", Zehnter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten filr den Datenschutz vom 20.01.1988 , BT-Drucksache 11/1693, Ziffer II, S. 58.

12*

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F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

Rechtsvorschriften über die Vernichtung wie auch Löschung von Unterlagen vom Bundesarchivgesetz unberührt bleiben82• Die Bestimmungen des Statistikrechts bezüglich der frühestmöglichen Trennung der Hilfs- von den Erhebungsmerkmalen und Löschung der Hilfsmerkmale bleiben daher im vollem Umfange anwendbar. Nach dem Grundsatz des § 12 Abs. 1 Satz 1 BStatG sind die Hilfsmerkmale zu löschen, sobald bei den statistischen Ämtern die Überprüfung der Erhebungs- und Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeil und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Bei periodischen Erhebungen gilt dies gern. § 12 Abs. 2 Satz 2 BStatG nach Beendigung des Zeitraumes der wiederkehrenden Erhebungen. Die Anbietepflicht für statistische Unterlagen gern. § 2 Abs. 1 Satz 1 BArchG bezieht sich daher grundsätzlich nur auf Erhebungsmerkmale durchgeführter Statistiken. Dies gilt auch für die in § 12 Abs. 1 Satz 1 BStatG genannte Ausnahme vom Grundsatz der (frühestmöglichen) Trennung und Löschung bei der Führung von Adressdateien, soweit sie Wirtschafts- und Umweltstatistiken bei Unternehmen, Betrieben und Arbeitsstätten betreffen: gern. § 13 Abs. 4 BStatG sind die Merkmale nach § 13 Abs. 2 zu löschen, sobald die im Absatz 1 des § 13 BStatG genannten Zwecke (Vorbereitung, Erhebung und Aufbereitung von Bundesstatistiken) erftlllt sind. Nicht berührt von der grundsätzlichen Anbietepflicht sind daher gern. § 2 Abs. 7 BArchG auch die Löschungsvorschriften für nach § 16 Abs. 6 BStatG übermittelte sog. faktisch anonymisierte Einzelangaben, die gern. § 16 Abs. 8 Satz 2 BStatG dann zu löschen sind, wenn das wissenschaftliche Vorhaben, ftlr das sie übermittelt werden, durchgeftlhrt ist. Schließlich sind auch von der Monopolkommission die erhaltenen sog. zusammengefaßten Einzelangaben gern. § 24c Abs. 3 Satz 2 GWB zu löschen, sobald der der Übermittlung zugrundeliegende Zweck - die Begutachtung der Entwicklung der Unternehmenskonzentration - erfüllt ist. Eine Übermittlung dieser Daten etwa an das Bundesarchiv ist nicht zulässig.

82 Bericht der Abgeordneten des Innenausschusses Hämmerle, Neumann, Hirsch und SchmittBott, BT-Drucksache 1l/1215, S. 13, zu § 2 Abs. 7; Zehnter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten filr den Datenschutz, BT-Drucksache ll/1693 vom 20.0l.l988, Ziffer 11, S. 57:

II. Nichtstatistische Rechtsnormen

181

c) Anbietezeitpunkt

Im Bundesarchivgesetz ist die Frage, wann die dem Gesetz unterfallenden Stellen des Bundes die dem Bundesarchiv anzubietenden Unterlagen anzubieten und zu übergeben haben, nicht ausdrücklich geregelt83 . Der bewußte Verzicht auf die Festlegung einer entsprechenden Frist84 hat zur Folge, daß die Entscheidungsprärogative, wann die Unterlagen der im Bundesarchivgesetz bezeichneten Stellen von diesen zur Erfüllung amtlicher Aufgaben nicht mehr benötigt und daher dem Bundesarchiv anzubieten sind, den Stellen, die zur Anbietung verpflichtet sind, selbst obliegt85 . Bedenken, daß durch eine entsprechend restriktive Behördenpraxis der verfügungsberechtigten Stellen eine Einsichtnahme in bestimmte Unterlagen gänzlich verhindert oder verzögert werden könnte, wirkt die Regelung des § 5 Abs. 8 BArchG entgegen, wonach für Unterlagen, die älter als dreißig Jahre sind und noch der Verfügungsgewalt der abgebenden Stelle unterliegen, die für die Benutzung des Archivguts geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind86• Das sog. Jedermannrecht, wonach gern. § 5 Abs. I Satz I BArchG jedermann das Recht zusteht, Archivgut des Bundes aus einer mehr als 30 Jahre zurückliegenden Zeit auf Antrag zu nutzen, wäre dann durch diejenigen Stellen, die auch nach Ablauf der 30Jahre-Frist die fraglichen Unterlagen nicht dem Bundesarchiv angeboten haben, selbst zu gewährleisten.

83 Vgl. Wyduckel, DVBI. 1989, 327 (329), der dies als "Schwachstelle" bezeichnet und eine einheitliche Regelfrist von etwa 30 Jahren präferiert hätte; Bizer, Der Archivar 1993, 409 (413). 84 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, BT-Drucksache 11/498, S. 8, Zu§ 2, Zu Absatz 1; S. 12, Zu § 5, Zu Absatz 8. 85 Exakter insoweit die später entstandenen Landesstatistikgesetze von Bayern und Thüringen: Art. 6 Abs. I Satz 2 des Bayerischen Archivgesetzes (BayArchG) vom 22. Dezember 1989 (GVBI. Nr. 30/1989) bestimmt, daß in der Regel 30 Jahre nach Entstehung der Unterlagen anzunehmen ist, daß diese zur Erfilllung ihrer ursprünglichen Aufgaben nicht mehr benötigt werden. Nach § 11 Abs. I Satz 2 des Thüringer Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut vom 23. April 1992 (GVBI. Nr. 10 S. 139) soll die Aussonderung und das Angebot zur Übernahme gegenüber dem zuständigen Archiv im Regelfall 30 Jahre nach Schließung der Unterlagen erfolgen. Vgl. auch Bizer, S. 280 ff., 341 ff. 86 Vgl. Wyduckel, DVBI. 1989, 327 (330); Polley, NJW 1988, 2026 (2027); Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, BT-Drucksache 11/498, Zu§ 5, Zu Absatz 7.

182

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

d) Erforderlichkeit der Übermittlung von statistischen Einzelangaben

Das Volkszählungsurteil des BVerfG87 verpflichtet sowohl den Gesetzgeber wie den Rechtsanwender, die Übermittlung statistischer Einzelangaben davon abhängig zu machen, daß der Übermittlungszweck im Einzelfall nicht auf andere, den Betroffenen weniger belastende Art erfüllt werden kann 88 • Eine Übermittlung statistischer Einzelangaben wäre danach immer unverhältnismäßig, wenn Aggregate oder voll anonymisierte Einzelangaben für den beabsichtigten Informationszweck ausreichten. Nach § 2 Abs. 5 Satz I und 2 BArchG ist bei gleichf'örmigen Unterlagen, die in großer Zahl anfallen, im Hinblick auf Art und Umfang der zu übergebenden Unterlagen zwischen der abgebenden Stelle und dem Bundesarchiv eine Vereinbarung zu treffen. Im Rahmen dieser zu treffenden Vereinbarung obliegt sowohl der anzubietenden Stelle, wie z. B. dem Statistischen Bundesamt, als auch dem Bundesarchiv die Pflicht zur Prüfung, ob gerade die Übermittlung von statistischen Einzelangaben erforderlich ist oder der "bleibende Wert" der statistischen Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. I Satz I, Abs. 5 und § 3 BArchG nicht auch bei aggregierten oder voll anonymisierten Einzelangaben gewährleistet bleibt89• Es ist grundsätzlich nicht die Aufgabe der Bundesstatistik, personenoder institutionenbezogene Nachweise zu liefern, sondern sich mit Massenerscheinungen auseinanderzusetzen90 • Auch diese Zweckbestimmung wird im Rahmen der Prüfung durch das Bundesarchiv nach § 3 BArchG im Benehmen mit der anbietenden Stelle, ob den statistischen Unterlagen bleibender Wert für die Erforschung oder das Verständnis der deutschen Geschichte, die Sicherung berechtigter Belange der Bürger oder die Bereitstellung von Informationen für Gesetzgebung, Verwaltung oder Rechtsprechung zukommt, zu berücksichtigen sein.

87

BVerfGE 65, 1 (44, 67 f.).

BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik ftlr Bundeszwecke, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21, Zu § 16, Zu Absatz 1. 88

89 Im Ergebnis ebenso Herbertz, S. 6, Ziffer 4. Buchstabe a; vgl. auch Enge/age, S. 140 (141), Ziffer II.5. 90 BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Statistik ftlr Bundeszwecke, BT-Drucksache 19/5345, S. 13, B. Besonderer Teil, Zu§ I.

Il. Nichtstatistische Rechtsnormen

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e) Verlängerte statistische Geheimhaltung

aa) Der Normtext des Bundesarchivgesetzes

Nach§ 2 Abs. 4 Satz 2 BArchG hat das Bundesarchiv von der Übergabe der Unterlagen an - ebenso wie die abzugebende Stelle - die schutzwürdigen Belange Betroffener zu berücksichtigen; insbesondere hat es bei Unterlagen mit personenbezogenen Daten bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Vorschriften über die Verarbeitung und Sicherung dieser Unterlagen zu beachten, die für die abgebende Stelle gelten91 • In § 9 BArchG ist darüberhinaus geregelt, daß Amtsträger und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete in öffentlichen Archiven allen für die Bediensteten der abgebenden Stellen geltenden Geheimhaltungsvorschriften unterliegen. Damit ist hinreichend klargestellt, daß die einschlägigen Vorschriften über die statistische Geheimhaltung (vgl. § 16 Abs. 1 BStatG) bzw. die Ausnahmen hiervon (vgl. § 16 Abs. 2- 6 BStatG) auch nach Übernahme des statistischen Materials durch das Bundesarchiv grundsätzlich Geltung behalten.

bb) Schutzfristenfür übermittelte Unterlagen

Die Geheimhaltungsvorschriften des Bundesstatistikgesetzes sind zeitlich nicht begrenzt. Demgegenüber steht die Intention des Bundesarchivgesetzes, wonach das Recht auf Nutzung der Archivalien nicht nur Wissenschaftlern zukommt, sondern auch Publizisten oder anderen einzelnen Staatsbürgern nicht vorenthalten werden darf2 • In § 5 Abs. 1 Satz 1 BArchG ist daher erstmals als subjektiv-öffentliches Recht93 der Grundsatz 91 Die Bestimmung wurde auf Wunsch des Bundesbeauftragten fllr den Datenschutz in den Entwurf eingefllgt, der dies zu Klarstellung dessen fllr erforderlich hielt, daß das Bundesarchiv bei der Erfllllung seiner Aufgaben hinsichtlich solcher Unterlagen, die Geheimhaltungsvorschriften unterliegen, diejenigen Vorschriften Uber die Verarbeitung und Sicherung zu beachten hat, die fllr die abgebende Stelle gelten, vgl. 10. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten fllr den Datenschutz, BT-Drucksache 11/1693, Ziffer 11, S. 58; Freys, S. 57. 92 Vgl. BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes Uber die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, BT-Drucksache 11/498, S. 11 , Zu § 5, Zu Absatz 1; S. 7, Ziffer 2: "Es ist an der Zeit, das schon in der französischen Revolution postulierte und anerkannte Recht des BUrgers auf Einsichtnahme in Archivalien amtlichen Ursprungs und die Betätigung dieses Rechts fllr den Bereich des Bundes rechtsverbindlich zu gewährleisten". 93

Freys, S. 68.

184

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

normiert, wonach die Nutzung von Archivgut des Bundes aus einer mehr als 30 Jahre zurückliegenden Zeit, jedermann auf Antrag zusteht, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. Im Zuge der Beratungen des Entwurfs eines Bundesarchivgesetzes wurden jedoch die Schutzfristen für Unterlagen, die der Geheimhaltung nach § 2 Abs. 4 BArchG unterliegen, von 60 auf 80 Jahre verlängert (§ 5 Abs. 3 BArchG)94 • Diese Regelung betrifft auch das statistische Material, das dem Bundesarchiv gern. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BArchG übergeben wurde. Die Schutzfrist nach § 5 Abs. 3 BArchG kann im Gegensatz zu allen anderen Fristen (vgl. z. B. § 5 Abs. 5 BArchG) nicht verkürzt werden 95 . Sie kann allerdings nach § 5 Abs. 5 Satz 5 BArchG um (höchstens) weitere 30 Jahre verlängert werden, soweit dies im öffentlichen Interesse liegt. Gern. § 5 Abs. 5 Satz 6 BArchG bedarf eine derartige Verlängerung der Schutzfrist der Einwilligung der abgebenden Stelle. Die Regelung des § 5 Abs. 3 BArchG findet allerdings nur Anwendung auf Unterlagen, die der Geheimhaltung nach § 2 Abs. 4 BArchG unterliegen. Für den Bereich der amtlichen Statistik bedeutet dies, daß für statistische Daten, die nicht (mehr) der statistischen Geheimhaltung unterfallen (vgl. etwa § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1-4 BStatG), § 5 Abs. 5 BArchG im vollen Umfang anwendbar ist.

94 Vgl. Dr. Waffenschmidt, 2. Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, stenographisches Protokoll, Deutscher Bundestag, II. Wahlperiode, 46. Sitzung, S. 3228; im ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung war in § 5 Abs. I lediglich eine 60jährige Sperrfrist und auch nur filr Unterlagen, die dem Steuergeheimnis, dem Sozial- oder Bankgeheimnis sowie der Schweigepflicht nach dem Gesetz über das Kreditwesen unterliegen, vorgesehen, vgl. BI-Drucksache 11/498, S. 5, S. II, Zu § 5, Zu Absatz I ; Freys, S. 92; unrichtig insoweit Wyduckel, DVBI. 1989, 327 (330), der die Regelung des § 5 Abs. 3 BArchG nur auf die Geheimhaltungsvorschriften des § 4 Abs. I Satz I Nr. I BArchG bezieht und damit lediglich den Stand des Entwurfs der Bundesregierung, nicht aber die Veränderungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens dokumentiert. 95

Oldenhage, Der Archivar 1988, Spalte 477 (489); Wyduckel, DVBI. 1989,327 (330).

II. Nichtstatistische Rechtsnormen

185

cc) Der Verweis des§ 5 Abs. 6 Nr.5 BArchG aufRechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung aaa) Grammatikalische Auslegung Vom Normtext her gesehen, widersprechen sich die Regelungen der §§ 5 Abs. 3 und 5 Abs. 6 Nr. 5 BArchG96 • Allerdings wird die Regelung des § 5 Abs. 3 BArchG nicht "offenbar" durch § 5 Abs. 6 Nr. 5 BArchG verdrängt97 ; die vermeintliche Vorrangigkeit der Ausschlußlösung des § 5 Abs. 6 BArchG ist eben nicht durch den Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht worden 98 •

bbb) Historische Auslegung Auch die Gesetzgebungsmaterialien lassen eindeutige Rückschlüsse auf das Verhältnis der beiden o. a. Normen nicht zu: Die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des jetzigen § 5 Abs. 6 BArchG99 führt im Hinblick auf die hier interessierende Problematik lediglich aus, daß durch die Vorschrift klargestellt werden sollte, daß Geheimhaltungsvorschriften des Bundes bei der Benutzung nicht verletzt werden dürfen. Im Hinblick auf Unterlagen, die dem Steuer-, Sozial- oder Bankgeheimnis resp. der Schweigepflicht nach dem Gesetz über das Kreditwesen unterworfen sind, wird ausgeführt, diese bedürften einer längeren als dreißigjährigen Schutzfrist, um u. a. juristische Personen gegen eine unvertretbar frühe Offenba-

96 Vgl. Bundesbeauftragter fllr den Datenschutz, Zehnter Tätigkeitsbericht vom I. Januar 1988, BT-Drucksache 11/1693, Ziffer II, S. 58; Polley NJW 1988, 2026 (2027), merkt an, daß im Hinblick auf die Benutzungsregeln "durch die Nichtarchivare des Bundesinnenministeriums und des Parlaments" hier Vorschriften geschaffen worden seien, "die der archivarischen Theorie und Praxis - im Bund wie in den Ländern - noch manche Nuß zu knacken geben werden (z. B. § 5 111 im Verhältnis zu Absatz 2 , Absatz 6 vor allem Nr. 5 und Absatz 7)". Die Realität werde in Zukunft auf "den Juristen-Archivar, bisher einen weißen Raben", wohl nicht mehr verzichten können. 97 So aber der Bundesbeauftragte ftlr den Datenschutz, Zehnter Tätigkeitsbericht vom I. Januar 1988, BT-Drucksache 11/1693, Ziffer II, S. 58. 98 Der Bundesbeauftragte ftlr den Datenschutz, ebenda, meint die "Ausschlußlösung des Absatzes 6" hätte "deutlicher zum Ausdruck gebracht werden mUssen". 99 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes Uber die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, BT-Drucksache 11/498, S. 12, Zu§ 5, Zu Absatz 5.

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F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

rung - z. B. von Betriebsgeheimnissen - zu schützen. Schließlich sei "ganz allgemein" Absatz 5 zu beachten 100• Diesen Ausführungen läßt sich jedenfalls nicht entnehmen, daß z. B. Unterlagen, die dem Steuergeheimnis des § 30 AO 1977 unterliegen, auch nach Ablauf einer (verlängerten) Schutzfrist unter keinen Umständen einer Nutzung zugänglich sein sollen. Aus der Besorgnis einer Offenbarung von evt. Betriebsgeheimnissen sowie der aus diesem Grund verlängerten Schutzfrist gegenüber der Regelung des § 5 Abs. I BArchG läßt sich eher das Gegenteil schließen. Darüberhinaus wurde im Gesetzgebungsverfahren die Schutzfrist für Unterlagen, die den in § 2 Abs. 4 BArchG genannten Geheimhaltungsvorschriften unterliegen, durch Einfügung des § 5 Abs. 3 BArchG von 60 auf 80 Jahre verlängert 101 • Auch dies deutet darauf hin, daß man der Besorgnis einer zu frühen Nutzung von (vordem) Geheimhaltungsvorschriften des Bundes unterfallenden Unterlagen des Bundesarchivs entgegenwirken wollte.

ccc) Teleologische Auslegung Nach § 5 Abs. 6 Nr. 5 BArchG soll die Benutzung des Archivguts nicht zulässig sein, soweit die Geheimhaltungspflicht nach § 203 Abs. 1 bis 3 StGB oder andere Rechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung verletzt würde. Da die Geheimhaltungsvorschriften des Bundesstatistikgesetzes im Hinblick auf die Geheimhaltung statistischerEinzelangaben keine zeitliche Einschränkung enthalten, wäre die Benutzung von Material, das unter das Statistikgeheimnis fiele, ebenfalls auf Dauer unzulässig - wie auch die Nutzung anderer, von Rechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung betroffener Unterlagen durch Dritte auch nach Ablauf jeglicher Sperrfristen ausgeschlossen wäre 102•

100

BT-Drucksache 11/498, S. 11, Zu§ 5, Zu Absatz l.

Vgl. Dr. Waffenschmidt, 2. Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, Stenographisches Protokoll, Deutscher Bundestag, 11. Wahlperiode, 46. Sitzung, S. 3228. 101

102 So die Auffassung des Bundesbeauftragten filr den Datenschutz, Zehnter Tätigkeitsbericht vom l. Januar 1988, BT-Drucksache 11/1693, Ziffer 11, S. 58; unklar insoweit Bizer, S. 342 FN 91, S. 344, der§ 5 Abs. 6 BArchG als Norm auffilhrt, nach der eine Nutzung generell unzulässig sei oder aber versagt werden könne. Bizer, S. 344 scheint allerdings in Fällen einer befilrchteten Verletzung der Geheimhaltungspflichten nach § 203 Abs. 1 bis 3 StGB nicht nur eine Ver-

Il. Nichtstatistische Rechtsnormen

187

Eine derartige Auslegung des § 5 Abs. 6 Nr. 5 BArchG wäre allerdings nicht nur vom Ergebnis her unbefriedigend. Bei einer Verdrängung der Regelung des § 5 Abs. 3 durch § 5 Abs. 6 Nr. 5 BArchG 103 hätte dies zwar ein Nutzungsverbot für die betroffenen Unterlagen zur Folge und wäre insofern die Garantie, daß ein möglicher Betroffener durch die Archivierung dieser Unterlagen keine Schmälerung seiner ursprünglichen Rechtsposition erfllhrt 104; es wäre aber gleichzeitig, nach der Öffnung des Bundesarchivs für Unterlagen, die aufgrund bereichsspezifischer Geheimhaltungsvorschriften des Bundes einer bisherigen Übernahme durch das Bundesarchiv entgegenstanden 105, die Aufhebung des grundsätzlichen Zugangs- und Nutzungsrechts des§ 5 Abs. 1 Satz 1 BArchG auch im Rahmen großzügiger Sperrfristen. Freys 106 ist darin zuzustimmen, daß es dem Staat verwehrt sein sollte, den Archiven - und damit auch den nutzungsberechtigten Bürgern- Freiheitsräume zu verschaffen, die er im gleichen Atemzug wieder nahezu vollständig beschränkt. Eine teleologische Auslegun~ gemäß den erkennbaren Zielen sowie den Grundgedanken der Regelung 10 käme so zu dem Ergebnis, daß die in § 5 Abs. 6 Nr. 5 BArchG genannten Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung zeitlich durch die Frist des § 5 Abs. 3 BArchG begrenzt werden.

ddd) Systematische Auslegung Auch eine systematische Auslegung des Bedeutungszusammenhangs der infragestehenden Normen im Kontext mit anderen Bestimmungen des Gesetzes kommt zu diesem Ergebnis: Gern. § 5 Abs. 7 BArchG kann die Benutzung von Unterlagen, die der Geheimhaltung nach § 203 Abs. 1 oder 3 StGB unterlegen haben, eingeschränkt oder versagt werden, soweit dies zur Wahrung schutzwürdiger Belange Betroffener erforderlich ist. kUrzung der Schutzfristen, sondern eine Benutzung gänzlich ausschließen zu wollen; ebenso Bizer, Der Archivar 1993, 409 (421). 103

Der Bundesbeauftragte filr den Datenschutz, ebenda.

104

Vgl. Freys, S. 57; vgl. auch§ 2 Abs. 4 Satz 2 BArchG.

105

01denhage, Der Archivar 1988, Spalte 478 (483 f.); Freys, S. 56.

106 Freys, S. 56 f., im Hinblick auf die im Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes Uber die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, BT-Drucksache 11/498, S. 4, noch vorgesehene Zugriffsmöglichkeit des Bundesarchivs auf Sozialdaten bei gleichzeitiger Pflicht zur Anonymisierung vor Abgabe an das Bundesarchiv. 107

Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 322.

188

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

Der Wortlaut der Norm mit der Möglichkeit der Versagung einer Benutzungsgenehmigung setzt ein vorheriges Auslaufen der Geheimhaltungsfristen auch fllr Unterlagen, die § 203 Abs. 1 und 3 StGB unterfallen, voraus 108 - ein Ergebnis, das bei der durch den Bundesbeauftragten fur den Datenschutz 109 vertretenen Auffassung, wonach auch die Fristregelung für der Geheimhaltung unterworfene Unterlagen durch § 5 Abs. 6 Nr. 5 BArchG verdrängt würde 110, nicht vorkommen könnte. Neben der Regelung des § 5 Abs. 3 BArchG - soweit er sich auf die Geheimhaltungspflichten des § 203 Abs. 1 oder 3 StGB bzw. andere Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung bezieht - wäre dann auch § 5 Abs. 7 BArchG durch § 5 Abs. 6 Nr. 5 BArchG verdrängt und damit ohne eigenen Norminhalt; ein Auslegungsergebnis, das angesichts des Umstandes, daß jedenfalls die Fristen des § 5 Abs. 3 BArchG erst im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens aufgrund von Beratungen im Innenausschuß verändert (Erhöhung der Schutzfristen von 60 auf 80 Jahre nach Entstehen) urid als eigener Absatz 3 des § 5 BArchG formuliert wurden, nicht vertretbar erscheint.

dd) Zwischenergebnis Eine Wahrung der sachlichen Übereinstimmung mit anderen Gesetzesbestimmungen (und der diesen damit zugrundeliegenden Systematik) läßt sich nur erreichen, wenn die Vorschrift des § 5 Abs. 6 Nr. 5 BArchG - im Gegensatz zu § 5 Abs. 7 BArchG - nur auf eine Nutzung innerhalb der im Bundesarchivgesetz festgelegten Sperrfristen angewandt wird 111 • Vor Ablauf dieser Zeiträume behält dann für die hier interessierenden, vom Bun108 Die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, BT-Drucksache 11/498, S. 12, zu§ 5, zu Absatz 5, nennt als Schutzzweck der Vorschrift, daß solche sensiblen Unterlagen möglicherweise auch "nach Erlöschen der Geheimhaltungspflicht noch Informationen enthalten, deren Benutzung schutzwürdige Belange Betroffener entgegenstehen". 109 Der Bundesbeauftragte ftlr den Datenschutz, Zehnter Tätigkeitsbericht vom I. Januar 1988, BT-Drucksache 1111693, Ziffer II, S. 58. 110 Unklar insofern Oldenhage, Der Archivar 1988, Spalte 477 (498), der ausfUhrt, daß durch die Norm klargestellt werde, daß die genannten Geheimhaltungspflichten dem Recht auf Benutzung so lange vorgingen, "bis eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht nicht mehr zu besorgen ist". In der Einftlhrung zu seinem Beitrag geht Oldenhage, ebenda, Spalte 4 77 allerdings auch davon aus, daß Unterlagen, die Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung unterliegen, (jedenfalls grundsätzlich) einer Benutzung nach 80 Jahren offenstehen. 111 Die Norm des § 5 Abs. 6 Nr. 5 BArchG ist wohl eher im Kontext mit der Regelung des § 5 Abs. 5 Satz 5 BArchG zu sehen, wonach die Schutzfristen u. a. nach Absatz 3 um höchstens 30 Jahre verlängert werden können, soweit dies im öffentlichen Interesse liegt.

II. Nichtstatistische Rechtsnormen

189

desarchiv übernommenen statistischen Unterlagen das Statistikgeheimnis in vollem Umfange Geltung.

ee) Personenbezogenes Archivgut

Nach § 5 Abs. 2 BArchG darf Archivgut, das sich auf natürliche Personen bezieht, erst 30 Jahre nach dem Tode oder, soweit das Todesjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festzustellen ist, 110 Jahre nach der Geburt des Betroffenen durch Dritte benutzt werden. Es hängt somit von den Umständen des Einzelfalles ab, ob diese Sperrfrist oder die (für das dem Statistikgeheimnis unterfallende Material geltende) des § 5 Abs. 3 BArchG die längere ist 112• Wie bereits ausgeführt 113 bezieht sich die Anbietepflicht statistischer Unterlagen nur auf Erhebungsmerkmale durchgeführter Statistiken. Hilfsmerkmale, die vor allem der Identifikation der Befragten dienen 114, werden dem Bundesarchiv nicht übermittelt. Denkbar ist allerdings die Übermittlung kompletter statistischer Einzeldatensätze oder auch OriginalErhebungsunterlagen nach Entfernung der sog. ldentifikationsmerkmale. Eine derartige "formale" Anonymisierung ändert jedoch grundsätzlich noch nichts an der Personenbezogenheit dieser statistischen Einzelangaben115. Erst bei statistischen Einzelangaben, die dem Anonymisierungsniveau des § 16 Abs. 6 BStatG - und damit auch den Anforderungen des insoweit identischen § 3 Abs. 7 BDSG - entsprechen, wird man davon ausgehen können, daß es sich nicht mehr um personenbezogene Daten i. S. des § 3 Abs. I BDSG und damit wohl auch des § 5 Abs. 2 BArchG handelt.

112 Oldenhage, Der Archivar 1988, Spalte 477 (489). Eine Verkürzung der Schutzfristen, die gern. § 5 Abs. 5 BArchG grundsätzlich möglich ist, istjedoch ftlr solche statistischen Unterlagen, die der statistischen Geheimhaltung unterliegen, nicht möglich, vgl. § 5 Abs. 5 Satz I und Satz 5 BArchG. Bei statistischem Material, das gern. § 5 Abs. 2 BArchG als noch personenbezogen einzustufen wäre, kann insoweit nur die Frage der Verlängerung der 80jährigen Sperrfrist des § 5 Abs. 3 BArchG aufgrund der Regelung des § 5 Abs. 2 BArchG zu prüfen sein.

113

Vgl. oben F.ll.2. Buchstabe b.

114

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 10 Rdnr. 5.

115

Vgl. die Ausftlhrungen hierzu oben C.II.6. Buchstabe d, Doppelbuchstabe bb.

190

F. Einschränkungen der statistischen Geheimhaltung

jj) Ergebnis

aaa) Statistische Tabellen und Einzelangaben nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BStatG Im Ergebnis ist daher im Hinblick auf die sog. verlängerte statistische Geheimhaltungspflicht des Bundesarchivs zwischen dem unterschiedlichen Anonymisierungs- bzw. Aggregierungsniveau der ftlr eine Übermittlung in Frage kommenden statistischen Unterlagen zu unterscheiden. Keiner Geheimhaltung durch das Bundesarchiv bedürfen statistische Tabellen, die dem Aggregationsniveau des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG entsprechen sowie statistische Einzeldatensätze, die gern. § I6 Abs. I Satz 2 Nr. 4 BStatG voll anonymisiert sind, auch soweit sie nicht unter § 5 Abs. 4 BArchG fallen. Dies gilt auch ftlr die Einzelangaben gern. § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 1 und 2 BStatG. Die gesetzlichen Schutzfristen des Bundesarchivgesetzes fllr derartige statistische Angaben, die nicht unter die statistische Geheimhaltung fallen, können daher (bei Einwilligung der abgebenden Stelle) aufNull verkürzt werden, vgl. § 5 Abs. 5 BArchG.

bbb) Nicht voll anonymisierte Einzelangaben Der 80jährigen Schutzfrist des § 5 Abs. 3 BArchG unterfallen grundsätzlich alle statistischen Unterlagen, die auch bei den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder der Geheimhaltung nach § I6 Abs. I Satz I BStatG unterliegen. Dabei handelt es sich insbesondere um alle statistischen Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die ftlr eine Bundesstatistik gemacht wurden und die nicht das Anonymisierungsniveau des § I6 Abs. I Satz 2 Nr. 4 BStatG erreichen - also auch die sog. faktisch anonymisierten Einzelangaben nach § I6 Abs. 6 BStatG- sowie um schwach aggregierte Tabellen mit statistischen Ergebnissen, die Tabellenfelder mit nur einem einzigen Fall 116 enthalten, vgl. § I6 Abs. 4 Satz 1 BStatG. Die Schutzfrist des § 5 Abs. 3 BArchG kann nicht verkürzt werden. Sie kann - bei Einwilligung der abgebenden Stelle - um höchstens 30 Jahre verlängert werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt, § 5 Abs. 5 Satz 6 BArchG. 116 Sog. Tabellen-Eins; dies gilt ebenso ftlr die Fälle der "Tabellen-Zwei", vgl. oben C.II.7. Buchstabe c.

II. Nichtstatistische Rechtsnormen

191

ccc) Personenbezogene Einzelangaben Gern. § 5 Abs. 2 Satz I BArchG darf Archivgut des Bundes, das sich auf natürliche Personen bezieht, erst 30 Jahre nach dem Tode der Betroffenen durch Dritte benutzt werden. Ist das Todesjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist II 0 Jahre nach der Geburt des Betroffenen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 BArchG). Statistische Einzelangaben, die sich auf persönliche und sachliche Verhältnisse beziehen, sind daher durch das Bundesarchiv u. U. auch über die Schutzfrist des § 5 Abs. 3 BArchG hinaus geheimzuhalten, wenn sie sich auf natürliche Personen beziehen. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn es sich um nicht anonymisierte statistische Einzeldatensätze z. B. aus Bevölkerungsstatistiken handelt, bei denen lediglich nach §§ IO Abs. I Satz 2 , 12 Abs. 1 BStatG die Identifikatoren abgetrennt und gelöscht wurden. Nicht unter § 5 Abs. 2 BArchG zu subsumieren sind allerdings die sog. faktisch anonymisierten Einzelangaben gern. § I6 Abs. 6 BStatG: diese beziehen sich - in Übereinstimmung mit der Definition des § 3 Abs. I und 7 BDSG - nicht mehr auf die persönlichen oder sachlichen Verhältnisse einer natürlichen Person. Bei den dem § 5 Abs. 2 BArchG unterfallenden statistischen Einzelangaben ist durch das Bundesarchiv zu prüfen, ob die Nutzungsvoraussetzungen bereits vorliegen. Eine kürzere Sperrfrist als die SO-Jahre-Frist des § 5 Abs. 3 BArchG ist unzulässig, da die hier infragestehenden Daten immer auch den§§ 2 Abs. 4, 5 Abs. 3 BArchG unterfallen.

G. Unterrichtungspflichten der die Statistik durchführenden Behörden I. Auskunftsanspruch des Betroffenen nach dem Bundesdatenschutzgesetz? 1. Schutzbereich des Bundesdatenschutzgesetzes a) Speicherung personenbezogener Daten

Gern. § 19 Abs. I Satz I BDSG ist dem Betroffenen auf Antrag Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten, auch soweit sie sich auf Herkunft oder Empfänger dieser Daten beziehen, sowie den Zweck der Speicherung zu erteilen. Voraussetzung des Auskunftsanspruchs ist, daß über den Betroffenen personenbezogene Daten gespeichert sind 1• Dies ergibt sich schon aus dem Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes, das als Schutzzweck die Beeinträchtigung des einzelnen durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten nennt (§ I Abs. I BDSG).

b) Die Speicherung statistischer Einzelangaben im Bereich der amtlichen Statistik

Die amtliche Statistik ist allerdings generell dem Grundsatz verpflichtet, Individualdaten zu einer strukturierten Form aufzubereiten; es ist nicht Aufgabe der Bundesstatistik, personen- oder institutionsbezogene Nachweise zu liefern2 • Dazu im Kontext stehen die Regelungen der §§ 10, 12 BStatG, die die Verwendung der Hilfs-und Erhebungsmerkmale sowie den Grundsatz der frühestmöglichen Trennung der Hilfs- von den Erhebungsmerkmalen und Löschung der Hilfsmerkmale regeln. Hilfsmerkmale dürfen wegen ihres grundsätzlich identifizierenden Charakters nur in dem 1

Ordemann/Schomeros, BDSG, § 19 Ziffer 2.1.

Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 13, Zu§ I. 2

I. Auskunftsanspruch des Betroffenen nach dem BDSG?

193

unumgänglich notwendigen Umfang und innerhalb vorgeschriebener Fristen mit den Erhebungsmerkmalen verbunden bleiben bzw. aufbewahrt werden3 . Jedenfalls bis zum Abschluß der Plausibilitätsprüfungen werden die Hilfsmerkmale allerdings von den statistischen Ämtern (bzw. anderen, eine Bundesstatistik durchführenden Behörden) vorgehalten. Aber auch nach Trennung der Hilfs- von den Erhebungsmerkmalen und Löschung der Hilfsmerkmale sind die in den Ämtern verbleibenden Einzeldatensätze (der Erhebungsmerkmale) jedenfalls nicht anonymisiert i. S. des § I6 Abs. I Satz 2 Nr. 4 BStatG oder der §§ I6 Abs. 6 BStatG, 3 Abs. 7 BDSG4 • Diese Daten bleiben als Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmbaren natürlichen Person weiterhin personenbezogenen, weil personenbeziehbar i. S. des § 3 Abs. 1 BDSG. Auch die Auskunftsverpflichtung bezüglich der Empfänger von Daten gern. § 19 Abs. I Nr. 1 BDSG käme im Hinblick auf die Übermittlung statistischer Daten an oberste Bundes- oder Landesbehörden (gern. § 16 Abs. 4 Satz I BStatG) bzw. Gemeinden oder Gemeindeverbände (§ 16 Abs. 5 Satz 1 BStatG) in Frage, da diese auch unterhalb des Anonymisierungsniveaus der§§ 16 Abs. 6 BStatG, 3 Abs. 7 BDSG zulässig sind.

2. Der Vorrang bereichsspezifischer Regelungen a) Das Auskunftsrecht im Bereich der amtlichen Statistik

Voraussetzung für einen Auskunftsanspruch des Betroffenen wäre allerdings, daß das Auskunftsrecht des § I9 BDSG im Bereich der amtlichen Statistik Anwendung fände. Zwar gehört das Auskunftsrecht an die erste Stelle der Betroffenenrechte zur Sicherung des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung5 , da sich in ihm eine der Kernaussagen des Volkszählungsurteils konkretisiert, wonach eine Gesellschaftsordnung, in der Bürger nicht mehr wissen könnten, "wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß", mit dem Recht auf informationeile Selbstbestimmung nicht mehr vereinbar wäre6 . Art, Umfang und Verfahren eines derartigen Auskunftsrechtes kann 3

Pohl in: Das Deutsche Bundesrecht, VIII Z I 0, S. 19, Erläuterungen zu §§ 9, I 0 BStatG a. E.

4

Vgl. hierzu oben C.II.5. bzw. C.III.3.

Ordemann!Schomerus, BDSG, § 19 Ziffer 1.1; Gallwas, NJW 1992, 2785 (2789); VGH Kassel, DÖV 1991, 806; vgl. auch BVerwG, DVBI. 1992,298 f. 5 6

BVerfGE 65, I (43); vgl. auch Groß, AöR 113 (1988), S. 161 (210 f.).

13 Poppcnhägcr

194

G. Unterrichtungspflichten der Behörden

der Gesetzgeber allerdings einfachgesetzlich und bereichsspezifisch regeln7.

aa) Die Subsidiaritätsklausel des Bundesdatenschutzgesetzes

§ I Abs. 4 Satz I BDSG legt fest, daß das Bundesdatenschutzgesetz gegenüber bereichsspezifischen Regelungen nachrangig ist; danach gehen andere Rechtsvorschriften des Bundes, soweit sie auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind, den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes vor.

Die Subsidiarität des Bundesdatenschutzgesetzes ist nicht davon abhängig, wie sich die konkurrierende Vorschrift zum Datenschutz verhält oder ob die Rechte des Betroffenen im Spezialgesetz besser geschützt sind8• Wichtig ist lediglich, daß die Iex specialis auch Vorschriften beinhaltet, die sich auf den Umgang mit personenbezogenen Daten beziehen9• Allerdings ist in § I Abs. 4 Satz l BDSG die Subsidiarität des Bundesdatenschutzgesetzes dergestalt geregelt, daß Spezialgesetze diesem nur insoweit vorgehen, als sie entsprechende bereichsspezifische Regelungen enthalten. Fehlen derartige Vorschriften, dann gilt regelmäßig für die im Spezialgesetz nicht geregelten Komplexe wieder das Bundesdatenschutzgesetz 10•

bb) Der Vorrang bundesstatistischer Rechtsvorschriften

Das Bundesstatistikgesetz enthält derartige Regelungen, die sich auf den Umgang mit personenbezogenen Daten beziehen. Daraus ergibt sich allerdings nicht die Vorrangigkeit der Statistikregelungen bzw. des Bundesstatistikgesetzes überhaupt, sondern lediglich die der einschlägigen Bestimmungen im Bundesstatistikgesetz bzw. den einzelstatistischen Rechtsvorschriften11. Der Vorrang bereichsspezifischer Normen ist daher nur gege-

7

V gl. Ordemann/Schomerus, BDSG, § 19 Ziffer 1.1.

8

Similis in: Similis u. a., BDSG, 3. Aufl., § 45 Rdnr. 17.

9

Vgl. Similis, ebenda, § 45 Rdnr. 14.

10

Bergmann/Möhrle/Herb, BDSG, §I Rdnm. 47, 49.

Similis in: Similis u. a., BDSG, 3. Aufl., § 45 Rdnr. 14; vgl. auch Dörr/Schmidl, Neues BDSG, § I Rdnr. 19 f.; Dorer/Mainusch!l'ubies, BStatG, Vor§ I Rdnr. 8. 11

I. Auskunftsanspruch des Betroffenen nach dem BDSG?

195

ben, wenn in ihnen ein Tatbestand geregelt ist, der auch vom Bundesdatenschutzgesetz erfaßt ist 12• Das Bundesstatistikgesetz enthält keine bereichsspezifische Regelung zum Auskunftsrecht der Befragten resp. Betroffenen, die mit der Norm des § 19 BDSG identisch wäre. Eine Tatbestandskongruenz mit der Folge einer möglichen Subsidiaritätswirkung13 läßt sich allerdings im Hinblick auf die in § 17 BStatG geregelten Unterrichtungspflichten der statistischen Ämter des Bundes und der Länder feststellen. Die Vorschrift dient mit ihrer Verpflichtung zur schriftlichen Unterrichtung über eine Reihe enumerativ aufgefllhrter Tatbestände der Aufklärung der zu Befragenden 14 • Durch § 17 BStatG wurde der Forderung des BVerfG im Volkszählungsurteil nach verfahrensrechtlichen Schutzvorkehrungen 15 durch verstärkte Aufklärung entsprochen und die Verpflichtung zur Unterrichtung gegenüber dem bisherigen Recht ausgeweitee6. Gewährleistet wird hierdurch weiterhin eine erhöhte Transparenz des Datenverarbeitungsprozesses im Hinblick auf das Entstehen einer Bundesstatistik. Der Gesetzgeber kann Art, Umfang und Verfahren einer Auskunfterteilung einfachgesetzlich regeln 17• Dabei ist anerkannt, daß eine Auskunftserteilung durchaus auch eingeschränkt werden kann, wenn eine aufgrund des Subsidiaritätsgrundsatzes des Bundesdatenschutzgesetzes vorrangige bereichsspezifische Rechtsvorschrift den Auskunftsanspruch enger faße 8•

12 Dörr!Schmidt, Neues BDSG, § I Rdnr. 20. In§ 45 Satz 2 Nr. I BDSG 1977 war der Grundsatz der Subsidiaritat der Bestimmungen des Datenschutzgesetzes gegenOber den Regeln der statistischen Geheimhaltung noch durch die Erwähnung des § 12 StatGes 1953 als vorrangige Rechtsvorschrift des Bundes klargestellt. Die Rechtslage hat sich insoweit im Hinblick auf die Regeln der statistischen Geheimhaltung, heute im wesentlichen in § 16 BStatG niedergelegt, durch die Neuformulierung des Subsidiaritatsgrundsatzes in § I Abs. 4 BDSG nicht geändert.

13

Ordemann!Schomerus, BDSG, § I Ziffer 7 .2.

14

Vgl. BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache I 0/5345, A. Allgemeiner Teil, S. 13, Überschrift Ziffer e). 15

Vgl. BVerfOE 65, 1 (46).

Dorer!Mainuschlfubies, BStatG, § 17 Rdnr. I; BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurfdes Bundesstatistikgesetzes, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 22, Zu§ 17; vgl. allerdings Pohl, DuD 1981, 68, der schon unter der Geltung des BStatG 1980 eine "sehr sorgfltltige Aufklärung der Befragten Ober die gesetzlichen Grundlagen der Statistik, Ober Auskunftspflichten, die ausschließlich statistische Verwertung der zu erhebenden Daten und den geltenden Geheimhaltungsschutz" fordert. 16

17

Ordemann!Schomerus, BDSG, § 19 Ziffer 1.1.

Dommann in: Similis u. a., BDSG, 3. Aufl., § 13 Rdnr. 19; vgl. auch Geiger, DVBI. 1990, 748 (757), der ebenfalls eine Einschränkung des Auskunftsanspruchs. den er direkt aus Art. 2 18

13*

196

G. Unterrichtungspflichten der Behörden

cc) Substitution durch die Unterrichtungspflicht des Bundesstatistikgesetzes

aaa) Gebot der möglichst frühzeitigen Anonymisierung Dorer/Mainusch/Tubies 19 vertreten die Auffassung, daß nach dem Grundsatz des Iex specialis derogat legi generali die Unterrichtungspflicht des § 17 BStatG einen spezifischen Ersatz für das Auskunftsrecht des Bundesdatenschutzgesetzes (bzw. der entsprechenden Datenschutzgesetze der Länder) darstellt. Dabei unterscheiden sie zwischen der internen Datenverarbeitung innerhalb der statistischen Ämter und der Übermittlung statistischer Angaben nach außen. Bei der internen Datenverarbeitung widerspräche ein Auskunftsanspruch dem verfassungsrechtlichen Gebot der möglichst frühzeitigen Anonymisierung (insbesondere der Vernichtung der Hilfsmerkmale). Auch wird aus dem Anonymisierungsgebot, das das BVerfG im Volkszählungsurteil aufgestellt hat, geschlossen, daß der Bürger davon ausgehen müsse, daß Hilfsmerkmale lediglich als Hilfsmittel für das Erhebungsverfahren dienten20. Reidentifizierungsmaßnahmen zum Zwecke der Auskunftserteilung in den statistischen Ämtern widersprächen diesem Rechtsgedanken21 • Schließlich geben Dorer/Mainusch/Tubies22 zu bedenken, daß der Schutzzweck der Auskunftspflicht des Bundesdatenschutzgesetzes, nämlich Rechtsnachteile durch Verwendung unrichtiger Daten im Verwaltungsvollzug zu vermeiden, aufgrund der Ausgestaltung der statistischen Geheimhaltung nicht zum Tragen komme23 . Dieser Auffassung ist angesichts der Tatsache, daß Daten der amtlichen Statistik nur im Rahmen spezieller Gesetze unter eng begrenzten Voraussetzungen verarbeitet werden dürfen, zu folgen. Dagegen spricht auch Abs. I, I Abs. I GG herleitet, ftlr zulässig halt. Dies dürfe allerdings nicht dazu ftlhren, daß der Auskunftsanspruch generell (oder faktisch) ausgeschlossen werde. 19

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, §§ 17 Rdnm. 11 f., 16 Rdnr.76.

Vgl. insoweit auch Hauck-Scholz, NJW 1987, 2769 (2774); Pohl in: Das Deutsche Bundesrecht, VIII Z 10, Erläuterungen zu§§ 9, 10 BStatG, 2. Absatz a. E. 20

2 1 Vgl. auch§ 21 BStatG (Verbot der Reidentifizierung), der die Zusammenftlhrung von Einzelangaben aus Bundesstatistiken zum Zwecke der Herstellung eines Personen-, Unternehmens-, Betriebs- oder Arbeitsstättenbezugs außerhalb der Aufgabenstellung des Bundesstatistikgesetzes oder der eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift untersagt.

22

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 17 Rdnr. 11.

Ebenso ftlr eine Berücksichtigung von Gefllhrdungspotentialen Vogelgesang, S. 244, der eine Auskunftspflicht allgemein nur ftlr gegeben halt, wenn "tatsächliche und rechtliche Nachteile drohen". 23

I. Auskunftsanspruch des Betroffenen nach dem BDSG?

197

nicht die Auffassung von Dammann24, wonach ein Auskunftsantrag nicht bei einer (theoretisch vorliegenden) Deanonymisierungsmöglichkeit abgelehnt werden dürfe: Selbst wenn man dem zustimmen wollte, so gilt diese Aussage nur für den Fall, daß ein Auskunftsanspruch nach § 19 BDSG grundsätzlich vorliegt. Dies ist für den Bereich der statistischen Ämter nach der hier vertretenen Auffassung jedoch abzulehnen.

bbb) Datenübermittlungen an oberste Bundes- oder Landesbehörden und Gemeinden Gleiches gilt für den Fall der Übermittlung von Daten nach § 16 Abs. 4 und 5 BStatG: Selbst wenn man solche Übermittlungenaufgrund der Personenbeziehbarkeit der Einzelangaben grundsätzlich von einer möglichen Auskunftspflicht umfaßt ansehen sollte25, so ersetzen auch hier die Protokollierungspflichten der statistischen Ämter den Auskunftsanspruch nach § 19 BDSG26. Der Befragte erhält im Rahmen der Belehrung nach § 17 Nr. 2 BStatG Kenntnis von einer möglichen Übermittlung27. Er kann dann durch eine Anfrage beim zuständigen statistischen Landesamt oder ggfs. beim Statistischen Bundesamt über die Protokollierungspflicht in Erfahrung bringen, ob solche Übermittlungen konkret erfolgt sind und ggfs. den Rechtsweg beschreiten28 . § 19 BDSG ist daher auch für den Bereich der Übermittlung statistischer Daten an Stellen außerhalb der amtlichen Statistik nicht entsprechend anzuwenden. Dem stehen auch nicht die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts entgegen29, wonach Art. 19 Abs. 4 GG die statistischen Ämter verpflichtete, "die Übermittlung personenbezogener Daten zu protokollieren, so daß der Bürger von der Weitergabe seiner Daten gemäß § 13 BDSG ( ... ) Kenntnis erlangen ( ... ) kann". Diese Aussagen beziehen sich auf die

24

Dammann in: Simitis u. a., BDSG, 3. Aufl., § 13 Rdnr. 18.

25

Hiergegen (im Hinblick aufdas BDSG 1977) Sasse/Abel, NJW 1979,352 f.

Dorer/Mainuschffubies, BStatG, § 17 Rdnr. 12; vgl. insoweit auch Voge/gesang, S. 244, sowie oben C.III.6. Buchstabe b. 26

27 Dorer/Mainuschffubies, BStatG, § 16 Rdnr. 76. Der Befragte im Rahmen einer Bundesstatistik ist allerdings nicht notwendigerweise identisch mit einem (denkbaren) Betroffenen, auf den § 19 BDSG abstellt. 21 Dorer/Mainuschffubies, ebenda. Vgl. auch BI-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 22, Zu§ 16, Zu Absatz 5. 29 BVerfGE 65, I (70); zur fehlenden Protokollierungspflicht der statistischen Ämter im Hinblick auf§ 9 Abs. I VZG 1983 vgl. auch die Kritik von Frohn, DÖV 1984, 458 f.

198

G. Unterrichtungspflichten der Behörden

Pflicht der statistischen Ämter zur Protokol/ierung (vgl. § 16 Abs. 9 BStatG), nicht jedoch auf die Dokumentierung jedes Einzelfalles30•

b) Ergebnis

Die Unterrichtungspflichten des § 17 BStatG stellen damit (im Kontext mit der Aufzeichnungspflicht des § 16 Abs. 9 BStatG) im Gegensatz zu den Auskunftspflichten des Bundesdatenschutzgesetzes ein spezielleres Schutzkonzepe 1 dar, dem als fach- und bereichsspezifische Regelung im Hinblick auf die Struktur der Bundesstatistik wie auch der vom BVerfG postulierten Priorität bereichsspezifischer Regelungen32 gegenüber § 19 BDSG Priorität zukommt.

30 Ebenso Vogelgesang, S. 80; Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, §§ 16 Rdnr. 76, 17 Rdnr. 12; vgl. auch Schenke, NJW 1987,2777 (2784), sowie Hauck-Scholz, NJW 1987,2769 (2775), der im Hinblick auf das Volkszahlungsgesetz 1987 die dort fehlende gesetzliche Regelung einer einzelfallbezogenen Benachrichtigungspflicht im Falle der Übermittlung statistischer Einzelangaben durch die statistischen Ämter als verfassungswidrig ansieht. Bezüglich der hier vertretenen Auffassung, wonach die Protokollierungspflichten der statistischen Ämter gern.§ 16 Abs. 9 BStatG in Verbindung mit der statistischen Geheimhaltung sowie die Unterrichtungspflicht des § 17 BStatG das Auskunftsrecht des § 19 BDSG verdrängen, vgl. insoweit auch Art. 23 des Bayerischen Gesetzes zum Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bayerisches Datenschutzgesetz- BayDSG) vom 28. April 1978 (GVBI. S. 165) sowie § 24 des Gesetzes Nr. 1075 (Saarländisches Datenschutzgesetz- SDSG) vom 17. Mai 1978 (ABI. des Saarlandes S. 581), die die amtliche Statistik ausdrUcklieh von der Auskunftsverpflichtung des Bundesdatenschutzgesetzes (bzw. der entsprechenden Landesgesetze) ausgenommen haben. 31

Vgl. Rüpke, NJW 1991, 548 f.

Similis in: Similis u. a., BDSG, § I Rdnr. 33. Das gefundene Ergebnis gilt auch filr die Fälle, in denen (z. B. bei Sekundllrstatistiken) Befragte und Betroffene/r auseinanderfallen können; zwar werden auch dort Kennzeichnungen verwendet, die im Rahmen von PlausibilitätsprUfungen benötigt werden, die Übermittlung von Name, Geburtsdatum, usw. als eigentliche ldentifikatoren findet jedoch nicht statt (vgl. Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, §§ I Rdnr. 9, 26 Rdnr. 12). Eine Auskunfterteilung der statistischen Ämter über die etwa zur Person eines insoweit Betroffenen gespeicherten Einzeldatensätze wUrden schon am Verbot der Reidentifizierung gern. §§ 21, 22 BStatG scheitern. 32

II. Informationspflichten des Statistikrechts

199

II. Informationspflichten des Statistikrechts 1. Die Unterrichtungspflichten des Bundesstatistikgesetzes a) Der Normbereich des§ 17 BStatG

UnterrichtungsverpflichtungGem. § I7 BStatG sind die zu Befragenden - neben der im vorliegenden Zusammenhang relevanten Unterrichtung über die statistische Geheimhaltung (§ 17 Nr. 2 BStatG)- über Zweck, Art und Umfang der Erhebung, die Auskunftspflicht oder die Freiwilligkeit der Auskunftserteilung, die Trennung und Löschung, die Rechte und Pflichten der Erhebungsbeauftragten, den Ausschluß der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Aufforderung zur Auskunftserteilung, die Hilfs- und Erhebungsmerkmale zur Führung von Adreßdateien sowie die Bedeutung und den Inhalt von laufenden Nummern und Ordnungsnummern schriftlich zu unterrichten 33 • Der Umfang der Unterrichtungspflicht der die Statistik durchführenden Behörde wird im einzelnen nach der der jeweiligen Erhebung zugrunde liegenden Rechtsvorschrift differieren. Aufgeklärt werden soll über die Rechte und Pflichten der Betroffenen sowie über die wesentlichen Elemente der jeweiligen, konkret durchgeführten Erhebung34• Der Kreis der zu Unterrichtenden erstreckt sich tatbestandlieh auf "die zu Befragenden". Entgegen Dorer/Mainusch/Tubies35 ergibt sich weder aus dem Normtext noch der Entstehungsgeschichte des § I7 BStatG, daß zwar juristische Personen, nicht aber juristische Personen des öffentlichen Rechts in die Unterrichtungspflicht einbezogen seien. Selbst wenn z. B. für Gemeinden Art. 2 Abs. I und Art. I GG keine Geltung besitzen36, so kann 33 Die §§ 16 VZG sowie 12 des Mikrozensusgesetzes (MZG) vom 10. Juni 1985 (BGBI. I S. 955), gelindert durch Art. 1 des Gesetzes vom 17.12.1990 (BGBI. I S. 2837), enthalten im wesentlichen identische Kataloge von Unterrichtungspflichten. Eine Unterrichtung Uber die sog. Ordnungsnummern sehen § 16 VZG und § 12 MZG allerdings nicht vor. Nach Auffassung des VGH München, NJW 1987, 2831, hat der Gesetzgeber durch§ 16 VZG die Vorgaben des Volkszählungsurteils des BVerfG offenkundig erfilllt, vgl. Meissner, NVwZ 1989, 1 (4), Ziffer 4. Buchstabe a; zur Problematik einer möglichst "wasserdichten" Unterrichtung der zu Befragenden einerseits und der Notwendigkeit (im Interesse der Erhaltung der Akzeptanz) einer noch "lesbaren" Information bei gleichzeitig wachsender Verrechtlichung, vgl. auch Wingen, ZSI 1990, s. 3 (23 f.). 34 Begrundung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345 B. Besonderer Teil, S. 22, Zu § 17. 35

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 17 Rdnr. 3.

36

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, ebenda.

200

G. Unterrichtungspflichten der Behörden

dies nicht als ausreichender Grund für eine derartige teleologische Reduktion des Normbereichs des § I7 BStatG angesehen werden. Dies entspräche weder dem Wortsinn der Norm noch dem sonstigen Bedeutungszusammenhang des Bundesstatistikgesetzes37• Die gesetzliche Unterrichtungsverpflichtung der die jeweilige Bundesstatistik durchführenden Behörden ist somit im Hinblick auf alle zu Befragenden zu beachten. Die Frage der Auskunftspflicht (vgl. § I5 BStatG) oder Freiwilligkeit der Erhebung spielt dabei keine Rolle. Der jeweilige Personenkreis oder auch die zu unterrichtenden juristischen Personen ergeben sich aus der die einzelne Statistik anordnenden Rechtsvorschrift (§ 9 Abs. I BStatG).

b) Die Unterrichtung über die statistische Geheimhaltung

aa) Normbereich Wesentlich im Hinblick auf die Übermittlung statistischer Einzelangaben wie auch die Transparenz des Datenverarbeitungsprozesses ist die Unterrichtung der zu Befragenden gern. § I7 Nr. 2 BStatG über "die statistische Geheimhaltung (§ I6)" 38 • Dabei sind im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung die zu Befragenden nicht nur über den in § I6 Abs. I Satz I und 3 BStatG niedergelegten Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben, sondern vor allem über die in § 16 Abs. 2-6 BStatG enthaltenen Ausnahmen von diesem Grundsatz schriftlich zu unterrichten. Für die Unterrichtungspflicht der die Statistik durchführenden Behörden über den Inhalt der statistischen Geheimhaltung ergibt sich im einzelnen folgendes:

37 Vgl. z. B. § 15 Abs. I Satz 2 BStatG, der eine Auskunftspflicht ftlr alle natUrliehen und juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts vorsieht;§ 16 Abs. I Satz 2 Nr. 2 BStatG unterwirft auch die Einzelangaben der in § 15 Abs. I BStatG genannten öffentlichen Stellen grundsätzlich der statistischen Geheimhaltung (argumentum e contrario). Eine andere Frage ist, ob etwa bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts eine verkürzte Form der Unterrichtung (etwa bei der Unterrichtung über die statistische Geheimhaltung: der Hinweis auf die einschlägigen Rechtsnormen) angezeigt sein kann, vgl. auch oben C.l.2. 38 Die Klammerzusätze wurden im Gesetzgebungsverfa!Jren als Hinweis auf die in Betracht kommenden Vorschriften hinzugeftlgt, vgl. Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, BT-Drucksache I0/6666, S. 19, Zu § 17, Ziffer 16.1.

II. Informationspflichten des Statistikrechts

201

bb) § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 4 BStatG

Der Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben ist in § 16 Abs. 1 Satz 1 und 3 BStatG niedergelegt. Die Geheimhaltungspflicht "gilt nicht" für die in § I6 Abs. I Satz 2 Nr. I-4 BStatG aufgeführten Einzelangaben und Aggregate. Damit unterfallen diese schon tatbestandlieh nicht mehr dem in § 16 Abs. 1 Satz 1 und 3 BStatG niedergelegten Grundsatz der statistischen Geheimhaltung. Eine Unterrichtungspflicht über die Veröffentlichungs- bzw. Weiterleitungsmöglichkeiten des § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 1-4 BStatG ist daher nicht zwingend notwendig39•

cc) § 16 Abs. 2 und 3 BStatG

Ebenso entbehrlich erscheinen Unterrichtungen im Hinblick auf Übermittlungen innerhalb des abgeschotteten Bereichs der amtlichen Statistik40. Die statistische Zweckbestimmung erhobener Daten ist hierdurch nicht tangiert. Dies betrifft vor allem die in § I6 Abs. 2 BStatG geregelte Übermittlung von Einzelangaben zwischen den mit der Durchführung der Bundesstatistik betrauten Personen und Stellen sowie die in § 16 Abs. 3 Satz 1 und 2 BStatG enthaltene Übermittlungsbefugnis an die statistischen Ämter der Länder sowie für Zwecke der Erstellung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung des Bundes und der Länder.

dd) § 16 Abs. 4 und 5 BStatG

Zu unterrichten ist hingegen über die Übermittlungsvorschriften der Absätze 4 und 5 des § 16 BStatG an die obersten Bundes- bzw. Landesbehörden sowie an die Gemeinden und Gemeindeverbände41 . Diese Regelungen betreffen die Übermittlung von statistischen Einzelangaben bzw. schwach 39 Dies gilt selbstverständlich im Hinblick auf die Einwilligungsmöglichkeit des § 16 Abs. I Satz 2 Nr. I BStatG nur dann, wenn die die Statistik durchfUhrende Behörde hiervon keinen Gebrauch machen will; vgl. insoweit oben C.II.3. sowie § 7 Abs. 2 der Verordnung über die Bundesstatistik ftlr Krankenhäuser (Krankenhausstatistik-Verordnung- KHStatV) vom 10. April 1990 (BGBI. I S. 730) betreffend die Veröffentlichung eines Krankenhausverzeichnisses durch die statistischen Ämter der Länder.

40

(50).

Ebenso Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 17 Rdnr. 15; vgl. insoweit auch BVerfGE 65, I

41 Für eine Unterrichtungspflicht im Hinblick auf§ 16 Abs. 5 BStatG auch Dorer/MainuschiTubies, BStatG, § 17 Rdnr. 15 a. E.

202

G. Unterrichtungspflichten der Behörden

aggregierten Tabellen mit Tabellen-Einsen außerhalb des Bereichs der amtlichen Statistik42• Dies gilt allerdings nur für den Fall, daß die betreffende Übermittlung in der jeweiligen einzelstatistischen Rechtsgrundlage zugelassen worden ist (§ 16 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz BStatG). Im Falle einer zulässigen Übermittlung statistischer Einzelangaben an Gemeinden und Gemeindeverbände43 ist darüberhinaus auf das jeweilige Landesgesetz hinzuweisen, das eine Trennung der für die Durchfllhrung statistischer Aufgaben zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände von anderen kommunalen Verwaltungsstellen und die Gewährleistung des Statistikgeheimnisses durch Organisation und Verfahren sicherstellt(§ 16 Abs. 5 Satz 2 BStatG).

ee) § 16 Abs. 6 BStatG

Ebenfalls zu unterrichten ist über die Übermittlungsregelung des § 16 Abs. 6 BStatG für die Durchführung wissenschaftlicher Vorhaben an Hochschulen oder sonstige Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung. Im Gegensatz zu den voll anonymisierten Einzelangaben gern. § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 4 BStatG unterliegen die sog. faktisch anonymisierten Einzelangaben nach § 16 Abs. 6 BStatG weiterhin dem Grundsatz der statistischen Geheimhaltung44• Darüberhinaus ist über die in § 16 Abs. 8 Satz 2 BStatG45 niedergelegte besondere Löschungsptlicht der Empfänger der statistischen Einzelangaben zu unterrichten.

42 Unklar insoweit Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 17 Rdnr. 15, die eine Unterrichtung immer dann ftlr geboten erachten, wenn eine Übermittlungsvorschrift die Weiterleitung von Daten außerhalb des Bereichs der amtlichen Statistik "in einer nicht ausreichend anonymisierten Form" erlaubt. Dabei bleibt offen, ob etwa das Anonymisierungsniveau des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 · BStatG oder des § 16 Abs. 6 BStatG gemeint sein soll. 43 Vgl. z. B. § II des Gesetzes über gebäude- und wohnungsstatistische Erhebungen (Wohnungsstatistikgesetz -WoStatG) vom 18. März 1993 (BGBI. I S. 337). Nach § 11 Abs. l Satz I WoStatG dürfen den Gemeinden und Gemeindeverbänden ftlr statistische Zwecke bestimmte Erhebungsmerkmale aus der im Jahre 1995 in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet stattfindenden Gebäude- und Wohnungszählung übermittelt werden. In § 11 Abs. I Satz 2 WoStatG wird sogar die Übermittlung bestimmter Hilfsmerkrnale nach § 5 Nr. 2 WoStatG (Straße und Hausnummer des Gebäudes) zur Bildung kleinräumiger Gliederungssysteme ftlr zulässig erklärt. Hierüber, wie auch über angeordnete Löschungsfristen (§ II Abs. 1 Satz 3 WoStatG) sind die Befragten zu unterrichten (vgl. auch§ 17 Nr. 4 BStatG). 44

S. § 16 Abs. 10 Satz I BStatG sowie oben C.II.6., C.III.3.

45

Vgl. hierzu C.III.3. Buchstabe g.

II. Informationspflichten des Statistikrechts

203

Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Unterrichtung der zu Befragenden im Hinblick auf die Übermittlungsmöglichkeit des § 16 Abs. 6 BStatG wird allerdings - trotz eines ermessensgebundenen Anspruchs der wissenschaftlichen Forschung auf Übermittlung sog. faktisch anonymisierter Einzelangaben46 - dann anzunehmen sein, wenn unter Berücksichtigung der zur Verfilgung stehenden Anonymisierungsmöglichkeiten sowie des fachlichen Wissens der statistischen Ämter eine dem Anonymisierungsniveau des § 16 Abs. 6 BStatG entsprechende sog. faktische Anonymisierung (im Hinblick auf eine bestimmte Statistik) definitiv ausgeschlossen werden kann47. In solchen Fällen fllhrte ein Hinweis auf § 16 Abs. 6 BStatG - mangels Zulässigkeit der Übermittlung - eher zur Verunklarung der Rechtslage denn zur Aufklärung der Befragten.

jJ) Durch besondere Rechtsvorschriften angeordnete Ausnahmen vom Grundsatz der Geheimhaltung

Schließlich ist von den die jeweilige Statistik durchruhrenden Behörden über die durch besondere Rechtsvorschrift angeordneten Ausnahmen vom Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben (§ 16 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz BStatG) zu unterrichten. Zu berücksichtigen ist hier insbesondere die Befugnis zur Veröffentlichung von Ergebnissen der Hochschulstatistik bezogen auf die einzelne Hochschule und einzelne Hochschulstandorte gern. § 6 HStatG, die Befugnis zur Veröffentlichung der Ergebnisse der Flächenerhebung im Rahmen der Bodennutzungserhebung gern. § 98 Abs. 3 AgrStatG sowie die Übermittlung von Einzelangaben der Wohngeld-Statistik nach § 35 Abs. 6 Satz 2-6 des Wohngeldgesetzes vom 4. Juli 1991 48 an die fachlich zuständige oberste Bundesbehörde49 •

Vgl. oben C.III.3. Buchstabe e. Vgl. insoweit auch .den Hinweis auf das Protokoll der Sitzung des Ausschusses ftlr Wirtschaft des Deutschen Bundestages, Arbeitsgruppe Statistik vom 17. September 1979 in der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 21, Zu § 16, Zu Absatz 4, in dem davon ausgegangen wird, daß sich wirtschaftsstatistische Daten "zumindest generell nicht ftlr eine Anonymisierung" eigneten. 46 47

48 Bekanntmachung der Neufassung des Wohngeldgesetzes vom 4. Juli 1991 (BGBI. I. S. 1433), gelindert durch Art. 5 des Gesetzes vom 27. Juni 1993 (BGBI. I S. 944); vgl. auch die insoweit identische Regelung des § 23 Abs. 6 Satz 2 des Gesetzes über Sondervorschriften ftlr die vereinfachte Gewährung von Wohngeld in dem in Artikel3 des Einigungsvertrages genannten

204

G. Unterrichtungspflichten der Behörden

Zu unterrichten ist schließlich auch über vorgesehene Übermittlungsmöglichkeiten der statistischen Ämter des Bundes und der Länder an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften (EG), soweit EGRechtsnormen dies vorsehen. So ist z. B. nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3924/91 des Rates vom 19. Dezember 1991 50 eine Übermittlung der erhobenen Angaben an EUROSTAT in der Form von Tabellen mit statistischen Ergebnissen vorgesehen, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen.

c) Ort und Zeitpunkt der Unterrichtung

Die schriftliche Unterrichtung der zu Befragenden nach § 17 BStatG muß nicht direkt auf dem Erhebungsvordruck, sie kann auch auf einem hinzugefügten Beiblatt erfolgen51 (argumentum e contrario zu § 11 Abs. 4 BStatG). Der Begriff der "zu Befragenden" verdeutlicht, daß die Unterrichtung vor dem Beginn der eigentlichen Befragung - spätestens mit der Aufforderung zur Auskunfterteilung - zu erfolgen hat.

d) Von der Unterrichtungspflicht betroffene Erhebungen

Die schriftliche Unterrichtung der zu Befragenden über die statistische Geheimhaltung gern. § 17 Nr. 2 BStatG hat grundsätzlich bei jeder Erbe-

Gebiet (Wohngeldsondergesetz- WoGSoG) vom 20. Juni 1991 (BGBI. I S. 1250), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 27. Juni 1993 (BGBI. I S. 944). 49 Vgl. im einzelnen hierzu F.l.; vgl. in diesem Zusammenhang auch die Unterrichtungspflicht der auskunftspflichtigen Arbeitgeber gegenUber den betroffenen Arbeitnehmern falls im Rahmen der Lohnstatistik an Stelle einer betrieblichen Kennziffer der Name der einzubeziehenden Arbeitnehmer verwendet wird, § 11 Abs. 2 des Gesetzes Uber die Lohnstatistik vom 10. Mai 1956 (BGBI. 111, Gliederungs-Nr. 800-16), zuletzt geändert durch Art. 8 der Statistikanpassungsverordnung vom 26. Mllrz 1991 (BGBI. I S. 846).

so ABI. EG Nr. L 293, S. 1; vgl. auch unten F.II.2. Buchstabe e.

Ebenso Dorer/Mainuschifubies, BStatG, § 17 Rdnr. 6. Ob man allerdings mit dem Hinweis, das hinzugefUgte Beiblatt sei "Bestandteil der Erhebungsunterlagen", sich Uber den Wortlaut des § 11 Abs. 4 BStatG, wonach die Rechtsgrundlage der jeweiligen Bundesstatistik und die bei ihrer Durchfilhrung verwendeten HUfsmerkmale auf den Erhebun&svordruclren anzugeben sind, mit rechtlichem Erfolg hinwegsetzen kann, erscheint eher zweifelhaft, vgl. Dorer/ Mainuschifubies, BStatG, § 11 Rdnr. 16, § 17 Rdnr. 6. SI

II. Informationspflichten des Statistikrechts

205

bung im Rahmen des Bundesstatistikgesetzes stattzufinden52 . So ist z. B. bei den Erhebungen für besondere Zwecke gern. § 7 BStatG über die Weiterleitungsmöglichkeiten nach § 16 Abs. 6 BStatG zu unterrichten. Bei einer Erhebung nach § 6 Abs. I BStatG zur Vorbereitung und DurchfUhrung angeordneter Bundesstatistiken oder gern. § 6 Abs. 2 BStatG zur Vorbereitung einer eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift wäre insoweit darüber zu unterrichten, daß Weiterleitungsmöglichkeiten fUr die gemachten Angaben nicht bestehen, diese nur statistischen Zwekken dienen und ausnahmslos geheimgehalten werden (vgl. oben C.IV .1. Buchstabe c).

2. Unterrichtungspflichten nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen a) Adressaten der Unterrichtungsverpflichtung

Unterrichtungsverpflichtung: -Nach § 24c Abs. 6 GWB sind die befragten Unternehmen schriftlich darüber zu unterrichten, daß zusammengefaßte Einzelangaben bestimmter Erhebungsmerkmale über die VomHundert-Anteile der drei, sechs und zehn größten Unternehmen oder Betriebe des jeweiligen Wirtschaftsbereichs fUr die Begutachtung der Entwicklung der Unternehmenskonzentration der Monopolkommission übermittelt werden dürfen 53 • Adressaten der Unterrichtungsverpflichtung sind die statistischen Ämter des Bundes und der Länder54, und zwar grundsätzlich nur im Hinblick auf die von ihnen durchgeführten, in§ 24c Abs. I GWB enumerativ aufgezählten Wirtschaftsstatistiken: Statistik im produzierenden Gewerbe, Handwerksstatistik, Außenhandelsstatistik, Steuerstatistik, Verkehrsstatistik, Statistik im Handel und Gastgewerbe sowie Pressestatistik. Dabei ergänzt die Unterrichtungspflicht des § 24c Abs. 6 GWB die fUr die o. g. Statistiken geltende Regelung des § 17 BStatG55 , und ersetzt auch insoweit, im 52 Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 17 Rdnr. 2; unklar insoweit die BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, BT-Drucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 22, Zu § 17, die unter beispielhafter Nennung des § 7 Abs. 5 BStatG als zwingend fllr alle Erhebungsformen nur die Unterrichtung gern. § 17 Nr. 1 BStatG anfUhrt.

53

Vgl. oben F.II.t.

54

Mestmticker in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 24c Rdnr. 9.

55 Ebenso Harms in: Gemeinschaftskommentar, GWB, § 24c Rdnr. 15. Im Gegensatz zu den Unterrichtungspflichten der §§ 12 MZG sowie 17 VZG handelt es sich im vorliegenden Fall des § 24c Abs. 6 GWB nicht um die Unterrichtungsverpflichtung eines einzelstatistischen Gesetzes

206

G. Unterrichtungspflichten der Behörden

Zusammenspiel mit der Verpflichtung der statistischen Ämter zur Aufzeichnung der Übermittlungen an die Monopolkommission gern. § 24c Abs. 5 GWB, den Auskunftsanspruch des§ 19 BDSG.

b) Adressaten der Unterrichtung

aa) Bereich der Steuerstatistiken

Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben bei der Durchführung der in § 24c Abs. I GWB genannten Statistiken die befragten Unternehmen zu unterrichten. Bereits aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich, daß insoweit bei der Durchführung der Steuerstatistiken auf eine Unterrichtung verzichtet werden kann: bei den Steuerstatistiken handelt es sich um vom Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder durchgeführte Sekundärstatistiken. Befragt werden die Finanzbehörden. Erfaßt und statistisch aufbereitet werden Daten aus den Finanzbehörden vorliegenden Steuerunterlagen, vgl. §§ I Abs. l, 3 des Gesetzes über Steuerstatistiken vom 6. Dezember 196656. Unternehmen werden nicht befragt.

bb) Außenhandelsstatistik

Ebenso verzichtet werden kann auf eine Unterrichtung gern. § 24c Abs. 6 GWB bei der Erhebung der (ebenfalls in § 24c Abs. I GWB genannten Außenhandelsstatistik. Ungeachtet der nach Verabschiedung des § 24c GWB mittlerweile erfolgten Differenzierung der ehemali~en Außenhandelsstatistik in eine Intrahandel- resp. Extrahandel-Statistik5 liegen die (vgl. Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 17 Rdnr. 1), hinter die § 17 BStatG als Iex generalis möglicherweise zurückträte, so daß die einzelstatistischen Rechtsvorschriften betreffend die in § 24c Abs. 1 GWB aufgefilhrten Statistiken sowie die Regelungen des Bundesstatistikgesetzes insoweit unberührt bleiben. 56 BGBI. I S. 665, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 19.12.1986 (BGBI. I S. 2555). 57 Vgl. Art. I, 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3330/91 des Rates vom 7. November 1991 über die Statistik des Warenverkehrs zwischen Mitgliedsstaaten (ABI. der EG Nr. 316 S. 1), geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3046/92 der Kommission vom 22.10.1992 (ABI. der EG Nr. L307 S. 27) sowie§§ 1, 11 Abs. 2 des Gesetzes über die Statistik des grenzüberschreitenden Warenverkehrs vom I. Mai 1957 (BGBI. II[ Glied.-Nr. 7402-1), geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 14.03.1980 (BGBI. I S. 294).

II. Informationspflichten des Statistikrechts

207

vom Statistischen Bundesamt monatlich zentral aufbereiteten Ergebnisse auch weiterhin nicht unternehmensbezogen vor. So werden z. B. für die Ein- und Ausfuhr Mengen und Werte in tiefer fachlicher Gliederung nach Ursprungs-, Einkaufs-, Versendungs- und Zielland bzw. nach Bestimmungs-, Käufer- und Ursprungsland unter Kennzeichnung der Ein- und Ausfuhrarten nachgewiesen 58• Die Ergebnisse betreffend den grenzüberschreitenden Warenverkehr der Bundesrepublik Deutschland liegen nicht bezogen auf den jeweiligen Ein- oder Ausführer vor. Eine Übermittlung der sog. CR-3-, CR-6- und CR-10-Werte59 gern. § 24c Abs. 1 GWB an die Monopolkommission setzte jedoch für die Bildung der entsprechenden Aggregate eine unternehmensbezogene Auswertung der statistischen Angaben voraus. Solange eine derartige unternehmensbezogene Auswertung im Statistischen Bundesamt nicht vorliegt, erübrigt sich - aufgrund der fehlenden Übermittlungsmöglichkeit - auch eine Unterrichtung gern. § 24c Abs. 6 GWB.

3. Die Belehrung nach dem Wohngeldgesetz Nach § 35 Abs. 9 Wohngeldgesetz (bzw. der identischen Regelung des § 23 Abs. 9 WoGSoG) ist der Antragsteller sowie- unter bestimmten Umständen- der Mieter oder mietähnlich Nutzungsberechtigte über die Verwendung der aufgrund der Bearbeitung bekannten Daten fllr die Wohngeldstatistikund die Möglichkeit der Übermittlung nach § 35 Abs. 6 Satz 2 Wohngeldgesetz (an die fachlich zuständige oberste Bundesbehörde) zu belehren. Eine derartige Vorschrift war notwendig, weil § 17 BStatG nur eine Unterrichtung der zu Befragenden vorsieht. Auskunftspflichtig sind fllr die Wohngeldstatistik nicht die Antragsteller bzw. Wohngeldempflinger, sondern gern. § 35 Abs. 8 Wohngeldgesetz die für die Gewährung von Wohngeld zuständigen Stellen. An diese (und nicht etwa die statistischen Ämter des Bundes und der Länder) richtet sich auch die Verpflichtung zur Belehrung gern. § 35 Abs. 9 Wohngeldgesetz: dies ergibt sich zum einen aus den Normtext des § 35 Abs. 9 Wohngeldgesetz, der vom "Antragsteller" spricht, zum anderen daraus, daß nur die für die Gewährung von Wohngeld zuständigen Stellen und nicht die statistischen Ämter in direktem Kontakt mit den Antragstellern bzw. späteren Wohngeldempfängern stehen.

58

Vgl. Statistisches Bundesamt, Arbeitsgebiet, S. 118, Ziffer 9.1.

59

Vgl. oben F.II.l. sowie F., Fußnote 31.

208

G. Unterrichtungspflichten der Behörden

Die Unterrichtungspflichten der statistischen Ämter des Bundes und der Länder gern. § 17 BStatG bleiben insoweit von der Regelung des § 35 Abs. 9 Wohngeldgesetz (bzw. des§ 23 Abs. 9 WoGSoG) unberührt, da die jeweiligen Unterrichtungspflichten sich an verschiedene Adressatenkreise richten.

4. Unterrichtung als konstitutive Bedingung der Übermittlung statistischer Daten

Die Unterrichtungsverpflichtung der §§ 17 BStatG, 24c Abs. 6 GWB i. V. rn. den Dokumentationspflichten der §§ 16 Abs. 9 BStatG, 24c Abs. 5 GWB substituiert den Auskunftsanspruch des § 19 BDSG und kann insoweit als Teil der gesetzgeberischen Konsequenzen aus dem Volkszählungsurteil des BVerfG60 tlir den Bereich der Bundesstatistik angesehen werden 61 . Danach setzt das allgerneine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. I i. V. rn. Art. 1 Abs. 1 GG den "Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten" voraus62• Dürften personenbezogene Daten, die zu statistischen Zwecken erhoben wurden, ohne Kenntnis des Betroffenen weitergeleitet werden, so würde dies das verfassungsrechtlich gesicherte Recht auf informationeile Selbstbestimmung unzulässig einschränken63 . Daraus ergibt sich für die Unterrichtungsverpflichtung des § 17 Nr. 2 BStatG, daß der Befragte jedenfalls schriftlich über mögliche Übermittlungen statistischer Daten an Stellen außerhalb des abgeschotteten Bereichs der amtlichen Statistik zu informieren ist, wenn diese weder das Anonyrnisierungsniveau des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BStatG noch das Aggregierungsniveau des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG erreichen. Wie bereits ausgetlihrt unterfallen damit insbesondere Übermittlungen nach § 16 Abs. 4-6 8StatG der Unterrichtungsverpflichtung der die jeweilige Statistik durchfuhrenden Behörde; darüberhinaus ist über durch besondere Rechtsvorschriften angeordnete Ausnahmen vorn Grundsatz der Geheim60

BVerfGE 65, I ff.

Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, A. Allgemeiner Teil, S. 12, Ziffer I. 61

62 BVerfGE 65, 1 (Leitsatz 1), 43, das weiterhin ausfuhrt, daß mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar wären, in der Bürger nicht mehr wissen könnten, "wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß". 63

Vgl. BVerfGE 65, 1 (50).

II. Informationspflichten des Statistikrechts

209

haltung statistischer Einzelangaben (§ 16 Abs. 1 Satz 1 und 3 BStatG) sowie über die Übermittlungen gern. § 24c Abs. 6 GWB zu unterrichten 64• Die insoweit erfolgte schriftliche Unterrichtung der zu Befragenden (als vorweggenommene Aussage über ein künftiges Verhalten) ist konstitutive Bedingung fllr eine spätere Zulässigkeit der Datenübermittlung65 ; von dem den statistischen Ämtern eingeräumten Ermessen zur Datenübermittlung kann rechtmäßig nicht mehr Gebrauch gemacht werden, wenn in den o. g. Fällen die zu Befragenden nicht oder nicht zutreffend von einer entsprechenden Übermittlungsmöglichkeit resp. der Absicht, diese wahrzunehmen, unterrichtet worden wären. Würde man der Unterrichtungspflicht keinen konstitutiven Charakter zusprechen, sondern eine Datenübermittlung auch ohne zuvor erfolgte Unterrichtung zulassen, so hätte dies in derartigen Fällen zur Folge, daß jedenfalls personenbeziehbare Daten, die zu statistischen Zwecken erhoben wurden, ohne Kenntnis des Betroffenen weitergeleitet würden.

64 Die Ausftlhrungen des BVertG (E 65, I, [50]), wonach personenbezogene Daten die ftlr statistische Zwecke erhoben wurden, nicht ohne Kenntnis der Betroffenen weitergeleitet werden dürfen, lassen sich allerdings auf die Datenübermittlungen gern. § 24c Abs. I GWB nicht unmittelbar übertragen: zu übermitteln sind zum einen nur untemehmens- oder betriebsbezogene Daten, zum anderen lediglich Aggregate der drei, sechs und zehn größten Unternehmen oder Betriebe des jeweiligen Wirtschaftsbereichs. Hier werden wohl kaum Daten etwa von Einzelkaufleuten betroffen sein. Dieser Umstand spricht nicht dagegen, daß auch die Unterrichtung gern. § 24c Abs. 6 GWB ftlr eine spätere Übermittlung von Daten an die Monopolkommission konstitutiven Charakter hat, nur folgt dies nicht zwingend aus den o. g. Äußerungen des BVertG im Volkszählungsurteil, aber wohl doch aus allgemeinen Vertrauensschutzgründen. 65 A. A. Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 17 Rdnr. 10, die allerdings als Übermittlungsflille nur aggregierte oder faktisch anonymisierte Daten anftlhren. Darin erschöpfen sich die Ausnahmen vom Grundsatz der statistischen Geheimhaltung jedoch nicht.

14 Poppcnhäger

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften I. Vorbemerkung l. Aufgabenbereich des Statistischen Bundesamtes Das Statistische Bundesamt unterhält Verbindungen zu zahlreichen ausländischen Zentralämtern und beteiligt sich an den Arbeiten von mehr als dreißig amtlichen und nichtamtlichen Organisationen 1• Nach § 19 BStatG hat das Statistische Bundesamt im supra- und internationalen Bereich insbesondere die Aufgabe, an der Vorbereitung von Programmen und Rechtsvorschriften sowie an der methodischen und technischen Vorbereitung und Harmonisierung von Statistiken für Zwecke der Europäischen Gemeinschaften (EG) und internationaler Organisationen mitzuwirken und die Ergebnisse an die Europäischen Gemeinschaften und internationalen Organisationen weiterzuleiten. Ziel der Harmonisierung im supra- und internationalen Bereich ist es, vorhandene Statistiken hierbei in ihrer begrifflichen Abgrenzung, Gruppierung usw. den Bedürfnissen der Europäischen Gemeinschaften anzupassen2• Weiterhin hat das Statistische Bundesamt nach § 19 BStatG (ähnlich wie für den Bereich der Bundesstatistik, § 3 Abs. 1 Ziffer 1 Buchstabe c BStatG) auch für EG-Statistiken und Statistiken internationaler Organisationen die Bundesergebnisse zusammenzustellen und diese weiterzuleiten3 • Bei statistischen Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften finden gern. § 18 Abs. 1 BStatG die Bundesstatistiken betreffenden Vorschriften Statistisches Bundesamt, Arbeitsgebiet, S. 80 f. sowie Übersicht, S. 85. Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, BTDrucksache 10/5345, B. Besonderer Teil, S. 22, Zu§ 19. 1

2

3

BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundesstatistikgesetzes, ebenda;

Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 19 Rdnr. 2. Diese Statistiken, die das Statistische Amt der

Europäischen Gemeinschaften aus den von den statistischen Ämtern der Mitgliedstaaten gelieferten Daten erstellt, gewinnen eine immer größere Bedeutung, vgl. 14. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten ftlr den Datenschutz - Berichtszeitraum Anfang 1991 bis Anfang 1993- dem Deutschen Bundestag vorgelegt am 27. April1993 (BT-Drucksache 12/4805, Ziffer 23.1.).

I. Vorbemerkung

211

des Bundesstatistikgesetzes entsprechende Anwendung auf die durch unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften angeordneten Erhebungen4, soweit sich aus den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften nichts anderes ergibt. Damit findet auch das insbesondere in § 16 BStatG geregelte Statistikgeheimnis -vor allem der Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben gern. § 16 Abs. 1 Satz 1 und 3 BStatG5 - auf durch unmittelbar geltende Rechtsakte der EG angeordnete Erhebungen entsprechende Anwendung. Statistische Einzelangaben sind daher gern. § 16 Abs. 1 Satz 1 und 3 BStatG (analog) durch die statistischen Ämter des Bundes und der Länder auch dann grundsätzlich geheimzuhalten, wenn es sich bei der Erhebung um eine durch Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaften angeordnete Erhebung handelt; das Statistikgeheimnis gilt mangels einer entsprechenden Ausnahmevorschrift vom Grundsatz der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben (vgl. § 16 Abs. 2 - 6 BStatG) auch ftlr Übermittlungen an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften (EUROSTAT), die sich daher im Rahmen des nach § 16 BStatG zulässigen Aggregationsbzw. Anonymisierungsniveaus bewegen müssen.

4 Gern. 18 Abs. 2 BStatG gilt allerdings im Hinblick auf die Merkmale der durch unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften angeordneten Erhebungen, daß, soweit diese nicht mit den Merkmalen einer eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift übereinstimmen, die Auskünfte freiwillig sind, es sei denn, die Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften sähen eine Auskunftspflicht ausdrUcklieh vor.

5 Mit Hinweis auf die Geheimhaltungspflicht (sowie die Bußgeldbestimmungen) ebenso schon Engelter, WiSta 4/1985, S. 265 (269) zur damaligen Vorläufer-Norm des § 12 BStatG 1980; vgl. auch BegrUndung der Bundesregierung zum Entwurf des BStatG 1980, BT-Drucksache 8/2715, B. Die einzelnen Bestimmungen, S. 19, Zu§ 12, die die Bestimmungen Ober die Geheimhaltungspflicht (neben Auskunftspflichten und Bußgeldbestimmungen) beispielhaft aufzählt. Schon§ 15 StatGes 1953 erstreckte den Geltungsbereich der§§ 10 bis 15 StatGes 1953 auf statistische Erhebungen, die durch eine Verordnung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft oder der Europäischen Atomgemeinschaft angeordnet waren. Der Entwurf der Bundesregierung fllr das Gesetz vom 23. Dezember 1966 (BGBI. I S. 682), durch das der § 15 als § 15a in das StatGes 1953 eingefllgt wurde, hatte ursprunglieh nur vorgesehen, die §§ 13 bis 15 StatGes 1953 fllr anwendbar zu erklären. Besagter § 15a wurde dann durch Art. 35 des Gesetzes vom 24.5.1968 (BGBI. I S. 503) geändert und trat als§ 15 StatGes 1953 an die Stelle der bisherigen Vorschrift. Der Bundesrat setzte sich dann durch mit der Auffassung, daß auch die Vorschriften Ober die Auskunfts- und Geheimhaltungspflichten (§§ 10- 12 StatGes 1953) anwendbar sein sollten, vgl. Monz, StatGes 1953, § 15aAnm. 2 Buchstabe b).

14*

212

H. Statistische Erhebungen der Europliischen Gemeinschaften

2. Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften Nach Art. 47 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ftir Kohle und Stahl vom 18. April 1951 6 (EGKSV), Art. 187 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft vom 25. März 19577 (EAGV) sowie Art. 213 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. März 19578 (EGV) sind die Europäischen Gemeinschaften berechtigt, von den Mitgliedstaaten Auskünfte einzuholen und sich damit Kenntnisse zu verschaffen, die ftir ihre Maßnahmen wesentlich sind. Hierunter wird im allgemeinen auch die Bereitstellung des für die Maßnahmen benötigten statistischen Materials gefaßt, die innerhalb der EG dem gemeinsamen Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften9 übertragen ist. Nach Auffassung der Kommission der EG umfaßt das Europäische Statistische System "sämtliche Behörden, die auf regionaler, nationaler und gemeinschaftlicher Ebene beauftragt sind, die für die wirtschaftliche und soziale Tätigkeit der Gemeinschaft notwendige statistische Information zu erfassen, aufzuarbeiten und zu verbreiten" 10• Dabei bilde EUROSTAT, das angesichts seiner wissenschaftlichen und technischen Aufgaben innerhalb der Kommission bereits eine Sonderstellung einnehme, das gemeinschaftliche Zentrum dieses Europäischen Statistischen Systems 11 •

6 BGBI. li S. 455, zuletzt geändert durch Artikel H. des Vertrages über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 (BGBI. li S. 1253); zu den Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts sowie den Termini "Primllrrecht" und "Sekundllrrecht vgl. Nenstiel, LKV 1993, 177 tf. 7 BGBI. li S. 753, 1018, zuletzt gelindert durch Artikel I des Vertrages über die Europliische Union vom 7. Februar 1992 (BGBI.ll S. 1253). 8 BGBI. li S. 766, 1678; 1958ll S. 64; zuletzt gelindert durch Artikel G des Vertrages über die Europliische Union vom 7. Februar 1992 (BGBI. li S. 1253). Nach Art. G Nr. 1 des Vertrages über die Europliische Union wird der Ausdruck "Europäische Wirtschaftsgemeinschaft" durch "Europäische Gemeinschaft" ersetzt. Der Vertrag über die Europliische Union vom 7. Februar 1992 ist in der Bundesrepublik Deutschland am l. November 1993 in Kraft getreten (BGBI. I S. 1947). 9 Statistisches Bundesamt, Arbeitsgebiet, S. 26, Ziffer 2.2. 10 Mitteilung der Kommission über die Entwicklung des Europliischen Statistischen Systems - (92/C 47/03)- ABI. der EG Nr. C 47 vom 21.2.92, DuO 1992, S. 373 (374). 11 Mitteilung der Kommission über die Entwicklung des Europliischen Statistischen Systems, ebenda. Beim Statistischen Amt der EG handelt es sich um das lllteste, kraft Organisationsgewalt gegründete Amt der EG. Es wurde 1958 in Fortfllhrung des bereits früher bestehenden Amtes der Europliischen Gemeinschaft ftlr Kohle und Stahl durch gemeinsamen internen Organisationsakt der Kommission der Europliischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Atomgemeinschaft sowie der Hohen Behörde der Europliischen Gemeinschaft ftlr Kohle und Stahl gegründet, vgl .Oppermann, Rdnm. 302, 378.

I. Vorbemerkung

213

EUROSTAT ist heute als einer von 8 Sonderdiensten -mit dem Status einer Generaldirektion- der Kommission der EG zugeordnet 12• Trotz einer Betonung der Notwendigkeit der wissenschaftlichen Unabhängigkeit und politischen Neutralität EUROSTATs im Hinblick auf die bei der Erstellung der Statistiken verwendeten Methoden sowie die Veröffentlichungs- und Zugriffsbedingungen für die statistischen Daten 13 bleibt EUROSTAT Teil des Verwaltungsapparats der Kommission der EG 14•

12

Vgl. Bleckmann, Rdnr. 64; Oppermann, Rdnr. 302, 378.

13

Vgl. Mitteilung der Kommission über die Entwicklung des Europäischen Statistischen Systems - (92/C 47/03)- ABI. der EG Nr. C 47 vom 21.2.92, DuD 1992, 373 (376). 14 Bleckmann, Rdnr. 64; Mitteilung der Kommission über die Entwicklung des Europäischen Statistischen Systems, ebenda. Der Kommission der EG obliegt es (nach besonderer Maßgabe der Verträge), ftlr die Anwendung der Verträge Sorge zu tragen, Art. ISS, I. Spiegelstrich, EGV. Die Installierung des Statistischen Amtes der EG als Dienststelle der Kommission, der wiederum (neben Teilen der gesetzgebenden Gewalt der EG) der Großteil der Verwaltungsbefugnisse, mit einem entsprechenden Verwaltungsapparat von ca. 15000 Kommissionsbediensteten, übertragen worden ist (vgl. Oppermann, Rdnm. 290 ff., 300 f., 319 ff.), dUrfte kaum mit der insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland vorherrschenden Vorstellung der Trennung von Statistik und Verwaltungsvollzug in Einklang zu bringen sein, vgl. BVerfUE 65, l (49 ff.) sowie auch die Forderung des Bundesbeauftraten ftlr den Datenschutz, EUROSTAT organisatorisch aus der Kommission herauszulösen, 14. Tätigkeitsbericht des BfD- Berichtszeitraum Anfang 1991 bis Anfang 1993- BT-Drucksache 12/4805, Ziffer 23.l.a.E. Im sog. Solange II -Beschluß vom 22.10.1986 hat das BVerfU indessen sowohl Vorlagen nach Art. 100 Abs. l GG als auch Rügen der Verfassungswidrigkeit der Anwendung von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht ftlr unzulässig erklllrt, vgl. BVerfUE 73, 339 ff. Gesetzlicher Richter i.S. von Art. 101 Abs. l GG sei der EuGH. Das BVerfU behielt sich lediglich noch die (weitgehend theoretische) Kompetenz vor, im Einzelfall der Frage nachzugehen, ob der Schutz der Grundrechte noch (generell) gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften gewährleistet ist. Da das BVerfU bereits früher festgestellt hatte, daß EG-Verordnungen nicht mit Verfassungsbeschwerden angegriffen werden können (BVerfUE 22, 293 ff.), gilt nun allgemein, daß das BVerfU- derzeitnicht mit Erfolg gegen EG-Verordnungen und weiteres Sekundärrecht angerufen werden kann. Jedenfalls ftlr die Fälle europäischer Rechtsnormen bzw. daraus abgeleiteten Rechts, gegen die im Falle deutscher Rechtsvorschriften gleichen Inhalts (erfolgreich) Verfassungsbeschwerde erhoben werden könnte, ist die Verkürzung des Grundrechtsschutzes evident; kritisch zu dieser Rechtsprechung Scholz, NJW 1990, 941 ff.; Streinz, Grundrechtsschutz, S. 142 ff., 29S ff. Neuerungen ergeben sich hier auch nicht aus dem sog. Maastricht- Urteil des BVerfU vom 12. Oktober 1993 (BVerfU, NJW 1993, 3047 ff.). Zwar bejaht das BVerfU dort eine Kontrollbefugnis "nicht nur gegenüber deutschen Staatsorganen" sondern auch gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaft und spricht in diesem Zusammenhang von einem Kooperationsverhältnis zum EuGH (vgl. BVerfU, NJW 1993, 3047 [3049]); gleichzeitig begrenzt es diese Befugnis aber wieder auf eine "generelle Gewährleistung der unabdingbaren Grundrechtsstandards" (BVerfU, ebenda).

214

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften

ß. Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an das

Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften

1. Die Verordnung über die Übermittlung von unter die Geheimhaltungspflicht fallenden Informationen an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften a) Übermittlung vertraulicher statistischer Daten

Gern. Art. I Abs. I, 1. Halbsatz der Verordnung (EURATOM, EWG) Nr. 1588/90 des Rates vom II. Juni 1990 15 über die Übermittlung von unter die Geheimhaltungspflicht fallenden Informationen an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften (SAEG-Übermittlungs-VO) ist es Zweck der Verordnung, die zuständigen nationalen Stellen zu ermächtigen, EUROSTAT vertrauliche statistische Daten zu übermitteln. Nach Art. 2 Ziffer I der SAEG-Übermittlungs-VO sind diese definiert als diejenigen Daten, die von den Mitgliedstaaten gemäß den nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten auf dem Gebiet der statistischen Geheimhaltung für vertraulich erklärt werden 16•

b) Suspendierung der nationalstaatliehen Vorschriften zur statistischen Geheimhaltung

Nach Art. 3 Abs. I der SAEG-Übermittlungs-VO sind die einzelstaatlichen Stellen befugt, EUROSTAT vertrauliche statistische Daten zu übermitteln. In der Begründung der Kommission zum Entwurf der Verordnung 17 wird dazu ausgefilhrt, daß im ersten Absatz dieses Artikels das allgemeine Prinzip der Aufhebung der statistischen Geheimhaltung gegenüber EUROSTAT dargestellt sei; in den folgenden Absätzen würden die Bedingungen präzisiert, die "erfilllt sein müssen, damit diese Aufhebung wirksam wird". So bedürfe es zunächst eines gemeinschaftlichen Rechtsakts, 15 ABI. der EG Nr. L 151 vom 15.6.1990 S. I; der Bundesbeauftragte ftlr den Datenschutz würdigt die SAEG-Übermittlungs-VO als ersten Schritt ftlr den Datenschutz im Bereich der Statistik aufeuropäischer Ebene, vgl. 13. Tätigkeitsbericht, Ziffer 10.5., letzter Absatz. 16 In der BegrUndung der Kommission zum Entwurf der SAEG-Übermittlungs-VO war als negative Auswirkung der statistischen Geheimhaltung sowie eines damit einhergehenden Informationsverlustes der Umstand angeftlhrt, daß EUROSTAT von den statistischen Diensten der Mitgliedstaaten als Dritter betrachtet werde, demgegenOber das Gebot der Geheimhaltung gelte, vgl. SRDrucksache 176/89, S. l, Ziffer 1.3., II. I. 17

KOM (89) 3 endg., Ratsdok. 5594/89; SR-Drucksache 176/89, S. 6, Ziffer IV., Art. 3 Nr. I .

II. Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an das SAEG

215

der "als Durchfilhrungsvorschrift filr den vorliegenden Entwurf einer Rahmenverordnung gilt". Darin müßten insbesondere die zu übermittelnden Statistiken definiert und die Übermittlungsmodalitäten präzisiert werden 18 • Danach bedürfte es zur Zulässigkeit einer Übermittlung vertraulicher Daten an EUROSTAT in jedem Einzelfall einer bestimmten Erhebung eines entsprechenden Rechtsakts der Gemeinschaft. Diese Äußerungen der Kommission in der Begründung zum Entwurf der SAEG-Übermittlungs-VO stehen jedoch im Widerspruch zu dem in Art. l Abs. l der SAEG-Übermittlungs-VO definierten ersten Ziel der Verordnung, wonach diese eine Ermächtigung filr die statistischen Ämter der Mitgliedstaaten darstellen soll, EUROSTAT vertrauliche statistische Daten zu übermitteln, wie auch zu den in der Begründung der Kommission unter Ziffer III. niedergelegten "Allgemeinen Zielen des Verordnungsentwurfs": Zweck des Entwurfs ist es danach, die Leitlinien fllr einen rechtlichen Rahmen festzulegen, der die Mitgliedstaaten gegenüber EUROSTAT "von der Verpflichtung zur vertraulichen Behandlung statistischer Daten entbindet, ( ... )" 19• Nur eine derartige Auslegung, wonach durch die SAEG-ÜbermittlungsVO selbst die Verpflichtung der statistischen Ämter zur Geheimhaltung vertraulicher Daten suspendiert wird, steht insoweit in Übereinstimmung mit der ratio legis der Verordnung wie auch dem Normtext des Art. 3 Abs. I der SAEG-Übermittlungs-VO, wonach die einzelstaatlichen Stellen befugt sind, EUROSTAT vertrauliche statistische Daten zu übermitteln20• Eine Übermittlung aufgrund der Vorschrift des Art. 3 Abs. I SAEGÜbermittlungs-VO liegt allerdings im Ermessen der entsprechenden "einzelstaatlichen Stellen" der Mitgliedstaaten. Die Befugnis zur Übermittlung betrifft lediglich statistische Daten, die in der Bundesrepublik Deutschland unter das Statistikgeheimnis fallen; sie berührt nicht die einschlägigen nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen betref-

18 Vgl. Begründung der Kommission zum Entwurf der SAEG-Übermittlungs-Verordnung, ebenda. 19 KOM (89) 3 endg., Ratsdok. 5594/89; SR-Drucksache I 76/89, S. 4, Ziffer 111.1; so wohl auch im Ergebnis der Bundesbeauftragte ftlr den Datenschutz, 13. Tätigkeitsbericht vom 16. Mai 1991, Ziffer 10.5., der ausftlhrt, daß die SAEG-Übermittlungs-Verordnung die zuständigen nationalen Stellen ermächtigt, EUROSTAT auch vertrauliche statistische Daten zu übermitteln, die aufgrund anderer Rechtsvorschriften ftlr bestimmte statistische Zwecke erhoben worden sind. 20 Auch im Europäischen Gemeinschaftsrecht gilt der Grundsatz, wonach der Normtext der einschlägigen Bestimmung zunächst aus sich selbst heraus auszulegen ist, vgl. Bleckmann, Rdnr. 250.

216

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften

fend die Übermittlung aller anderen Arten von Informationen an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften 21 .

c) Übermittlungsvorschriften in einem eine Gemeinschaftsstatistik regelnden Rechtsakt

Gern. Art. 3 Abs. 2 der SAEG-Übermittlungs-VO können die einzelstaatlichen Vorschriften dann nicht gegen die Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an EUROSTAT geltend gemacht werden, wenn diese Übermittlung "in einem eine Gemeinschaftsstatistik regelnden Rechtsakt der Gemeinschaft vorgesehen ist" 22. Ähnlich wie die entsprechenden Formulierungen des Bundesstatistikgesetzes23 hat Art. 3 Abs. 2 der SAEGÜbermittlungs-VO insoweit nur deklaratorischen Charakter, da zum einen trotz der Bezeichnung der SAEG-Übermittlungs-VO als "RahmenVerordnung"24 diese im Hinblick auf spätere Rechtsakte den Rat nicht rechtlich bindend verpflichten kann; die lex-posterior-Regel gilt jedenfalls auch im Bereich europäischer Rechtsakte derselben Stufe25 . Zum anderen kommt den auf der Grundlage der Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bzw. der Europäischen Atomgemeinschaft26 erlassenen Verordnungen, die eine Übermittlung von vertraulichen Daten im Hinblick auf eine bestimmte Gemeinschaftsstatistik an EUROSTAT regeln, ohnehin unmittelbare Rechtswirkung mit der Folge der Geltung in allen Mitgliedstaaten zu. Gern. Art. 189 Satz 2 und 3 EGV, 161 Abs. 2 EAGV besitzen derartige Verordnungen allgemeine Geltung, sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Sie erfüllen damit die materiellen Bedingungen eines Gesetzes27 und werden Bestandteil der inner21 22

ABI. der EG Nr. L 151 vom 15.6.1990, S. I, Erwägungsgrtlnde,letzter Absatz.

Vgl. insoweit die vergleichbaren Formulierungen in §§ I Satz 6, 16 Abs. I Satz 2 Nr. 2, . Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 BStatG.

23 Vgl. oben C.Il.2. 24 Vgl. KOM (89) endg., Ratsdok. 5594/89; SR-Drucksache 176/89, S. 4, Ziffer lll.l. 25 Bleckmann, Rdnr. 237, 240.; aus der Höherrangigkeit des Gemeinschaftsrechts ergibt sich

ftlr die Mitgliedstaaten darüberhinaus das Verbot, gegen Gemeinschaftsbestimmungen verstoßende Regelungen in ihre Rechtsordnung einzuftlgen bzw. solche Regelungen wieder abzuschaffen, Daig/Schmidt in: von der Groeben, Kommentar zum EWG-Vertrag, Art. 189 Rdnr. 13. 26 Art. 14 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft filr Kohle und Stahl beinhaltet filr die entsprechenden Rechtshandlungen eine andere Terminologie (allgemeine Entscheidung, Art. 14 Abs.2 EGKSV).

27 Streinz, Rdnr. 378; Nenstiel, LKV 1993, 177 (178).

li.

Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an das SAEG

217

staatlich geltenden Rechtsordnung, ohne daß Legislativorgane der Mitgliedstaaten diese Geltung noch (gesondert) anordnen müssen28 • Deutsche Gerichte sowie Verwaltungsbehörden haben derartige Verordnungen anzuwenden und entgegenstehendes nationales Recht außer Anwendung zu lassen29•

d) Anonymisierungsniveau

Gern. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 der SAEG-Übermittlungs-VO hat die Übermittlung vertraulicher statistischer Daten im Sinne von Art. 3 Abs. 2 30 an EUROSTAT in einer Weise zu erfolgen, die eine direkte Identifizierung statistischer Einheiten ausschließt. Direkte Identifizierung ist gern. Art. 2 Ziffer 6 SAEG-Übermittlungs-VO definiert als Identifizierung einer statistischen Einheit anband von Name, Anschrift oder einer amtlich zugeteilten und veröffentlichten ldentifizierungsnummer. Eine Übermittlung ist daher keineswegs "in anonymer Form"31 vorgesehen, sondern unabhängig von der Frage der Anonymität bzw. des Anonymisierungsniveaus32 als statistische Einzeldatensätze lediglich ohne Hilfsmerkmale. Derartige Daten können aufgrund ihrer grundsätzlich weiter bestehenden Zuordenbarkeit nicht als "anonym" bezeichnet werden 33 •

28 Vgl. Magiera in: HandKommEWGV, Art. 189, Ziffer II Buchstaben b und c; Streinz, Rdnr. 380; Oppermann, Rdnr. 447 f., der (zustimmend) Savary zitiert, wonach sich in der Verordnung wie in keinem anderen Rechtsakt die "wahre europäische Befugnis" verkörpere. 29 Vgl. BVerfGE 31, 145 (170); zu den einzelnen, eine Gemeinschaftsstatistik regelnden Rechtsakten, die eine gesonderte Übermittlungsregelung beinhalten, s. u. H.II.2. 30 In der BegrUndung der Kommission zum Entwurf der SAEG-Übermittlungs-VO ist hierzu ausgeftlhrt, daß die in der Verordnung vorgesehenen Schutzmaßnahmen (Ober die aufgrund des Art. 3 Abs. 2 SAEG-Übermittlungs-VO übermittelten Daten hinaus) auch ftlr solche Daten gelten, deren Übermittlung an EUROSTAT im Rahmen eines "Gentlemen's Agreement" -also außerhalb einer Verpflichtung zur Lieferung vertraulicher statistischer Daten- erfolgen, vgl. KOM 89 (3) endg., Ratsdok. 5594/89; BR-Drucksache 176/89, S. 7, Ziffer IV., Art. 4 Nr. 2. 31 So aber die Formulierung in der BegrUndung der Kommission zum Entwurf der SAEGÜbermittlungs-VO, KOM 89 (3) endg., Ratsdok. 5594/89, ebenda, Ziffer IV. Art. 3 Nr. 4. 32 Vgl. § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 4, Abs. 6 BStatG sowie oben C.II.6., C.III.3. 33 Vgl. BVerfGE 65, 1(65). Dies gilt jedenfalls ftlr die in der Bundesrepublik maßgebliche Terminologie des Bundesstatistikgesetzes, vgl. oben C.II.6., C.III.3.

218

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften

e) Die Übermittlung personenbezogener Daten

Die Form der Übermittlung statistischer Einzelangaben (ohne direkte ldentifikatoren) ist allerdings nicht obligatorisch filr personenbezogene Daten. Art. 3 Abs. 4 der SAEG-Übermittlungs-VO bestimmt, daß die zuständigen einzelstaatlichen Stellen nicht verpflichtet sind, EUROSTAT Informationen zu übermitteln, die die Privatsphäre natürlicher Personen berühren, soweit diese Informationen die direkte34 oder indirekte Identifizierung dieser natürlichen Personen ermöglichen. Letztere ist gern. Art. 2 Ziffer 7 der SAEG-Übermittlungs-VO definiert als Möglichkeit, die Identität einer statistischen Einheit aus anderen Daten als den in Art. 3 Nr. 6 SAEG-Übermittlungs-VO aufgefilhrten Identifikationsmerkmalen (Name, Anschrift oder amtlich zugeteilte und veröffentlichte Identifizierungsnummer) abzuleiten. Dies betrifft etwa die Differenzbildung zwischen verschiedenen statistischen Daten oder auch statistischer und nichtstatistischer Daten. Für den Bereich der durch Art. 3 Abs. 4 der SAEG-Übermittlungs-VO tatbestandlieh erfaßten Daten bedeutet dies, daß EUROSTAT auch weiterhin als außerhalb des abgeschotteten Bereichs der statistischen Ämter des Bundes und der Länder stehender "Dritter" i. S. des Bundesstatistikgesetzes anzusehen ist: statistische Daten, die die Privatsphäre natürlicher Personen35 berühren, dürfen nur unter Beachtung des Aggregationsniveaus der §§ I8 i. V. m. I6 Abs. I Nr. 4 BStatG (sowie mit Einwilligung des Befragten, § I6 Abs. I Satz I Nr. I BStatG) durch die zuständigen staatlichen Stellen der Bundesrepublik Deutschland an EUROSTAT übermittelt werden. 34 Vgl. Art. 2 Nr. 6 der SAEG-Übermittlungs-VO sowie oben H.II.l. Buchstabe d. Zum Schutz der Privatsphäre vgl. auch Art. 8 Nr. I der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBI. II 1952 S. 686) sowie Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, Art. 8 Rdnrn. I ff., 3 zu den Problemen der Definition von Privatsphäre sowie eines gelockerten Schutzes jedenfalls dann, wenn das Individuum sein Privatleben in Kontakt mit dem öffentlichen Leben bringt. 35 Den in der Entschließung der Konferenz der Datenschuzbeauftragten des Bundes und der Länder sowie der Datenschutzkommission Rheinland-Pfalzvom 26./27. Oktober 1989 zum Entwurf der SAEG-Übermittlungs-VO angeftlhrten Bedenken (vgl. 12. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten ftlr den Datenschutz, Arilage 9, BT-Drucksache 11/6458, S. lll) wurde insoweit im Hinblick auf zu übermittelnde Daten mit Personenbezug Rechnung getragen. Dies gilt allerdings nur ftlr Daten, die die "Privatsphäre" berühren. Zur Problematik der Definition der Privatsphäre in der Rechtsprechung des BVerfG sowie den Versuchen einer hinreichend deutlichen Abgrenzung zur Intimsphäre einerseits sowie der Sphäre öffentlicher Betätigung andererseits, vgl. Podlech in: AK-GG, Art. 2 Abs. I Rdnm. 34 ff. Das Bundesverfassungsgericht hat den Sozialbezug als Abgrenzungskriterium genannt, vgl. BVerfGE 6, 389 (433); BVerfG, Beschluß v. 25. Juli 1988 -I BvR 109/85- S. 3, sowie BVerfGE 65, I (46) nennen ebenfalls den Sozialbezug zu erhebender Daten als Voraussetzung eines Eingriffs in das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung.

II.

Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an das SAEG

219

Darunter wird man allerdings kaum Daten etwa eines Einzelkaufmannes, die zum Bereich seines wirtschaftlichen Handeins zählen, subsumieren können: zwar bedingt eine derartige gewerbliche Betätigung die "Offenlegung vielfältiger personenbezogener Daten, die das kommunikativ vermittelte Persönlichkeitsbild im Geschäftsverkehr prägen"36; man wird diese Daten aufgrund ihres regelmäßig gesteigerten Sozialbezugs allerdings nicht grundsätzlich der "Privatsphäre" des jeweiligen Gewerbetreibenden zurechnen können. Übermittlungen solcher statistischer Angaben an EUROSTAT unterfallen daher nicht den Restriktionen des Art. 3 Abs. 4 der SAEG-Übermittlungs-VO.

t) Die sogenannte verlängerte Geheimhaltung statistischer Daten durch EUROSTAT

Art. 5 der SAEG-Übermittlungs-VO konstituiert eine - der Regelung des § 16 Abs. 10 BStatG vergleichbare- verlängerte Geheimhaltung für aufgrund Art. 3 der SAEG-Übermittlungs-VO an EUROSTAT übermittelte vertrauliche statistische Daten. Gern. Art. 5 Abs. 2 SAEG-Übermittlungs-VO dürfen die an EUROSTAT übermittelten vertraulichen statistischen Daten ausschließlich für statistische Zwecke verwendet werden. Art. 2 Nr. 4, 1. Halbsatz der SAEGÜbermittlungs-VO definiert die Verwendung für statistische Zwecke als ausschließliche Verwendung zur Erstellung statistischer Tabellen oder zur Durchführung statistisch-wirtschaftlicher Analysen. Dies schließt die Weitergabe statistischer Einzelangaben durch EUROSTAT aus. Gern. Art. 5 Abs. 4 der SAEG-Übermittlungs-VO dürfen die von EUROSTAT gespeicherten vertraulichen statistischen Daten nur verbreitet werden, wenn sie mit anderen Daten auf eine Weise verbunden sind, die keinerlei direkte oder indirekte Identifizierung statistischer Einheiten zuläßt. Da die Definition der indirekten Identifizierung in Art. 3 Nr. 7 der SAEG-Übermittlungs-VO jegliche Möglichkeit der Deanonymisierung ausschließen soll, wird man für die Veröffentlichungen bzw. die sonstige 36 BVerfU, Beschluß v. 25. Juli 1988- I BvR 109/85- S. 3. Das Bundesverfassungsgericht, ebenda, sieht allerdings keinen Grund, im Hinblick auf das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung "die den Gewerbetreibenden im Wirtschaftsleben betreffenden personenbezogenen Daten einem prinzipiell abgeschwächten grundrechtliehen Schutz zu unterstellen" oder diese Daten als dem Schutzbereich des Grundrechts entzogen anzusehen. Die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst Uber die Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (BVerfUE 65, I [41 ff., 43]), erfasse auch solche personenbezogenen Daten, die zum Bereich wirtschaftlichen Handeins gehörten.

220

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften

Weiterleitung statistischer Angaben durch EUROSTAT, neben dem Aggregationsniveau des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG, auch die der Praxis der statistischen Ämter in der Bundesre~ublik Deutschland entsprechende Anwendung von Dominanzregelungen3 für geboten erachten müssen; dies wird vor allem auf den Bereich der Unternehmens- und Wirtschaftsstatistiken zutreffen, da die entsprechende Geheimhaltung vertraulicher statistischer Daten, die die Privatsphäre natürlicher Personen betreffen, gern. Art. 3 Abs. 4 der SAEG-Übermittlungs-VO bereits durch die zuständigen einzelstaatlichen Stellen der Mitgliedstaaten erfolgt sein dürfte.

g) Ausschuß für die statistische Geheimhaltung

Art. 7 der SAEG-Übermittlungs-VO sieht die Einrichtung eines Ausschusses für die statistische Geheimhaltung vor, der sich aus Vertretern aller Mitgliedstaaten zusammensetzt und in dem ein Vertreter der Kommission der EG (der Generaldirektor des Statistischen Amtes der EG oder eine von ihm benannte Person) den Vorsitz führt38. Gern. Art. 8 der SAEGÜbermittlungs-VO ist der Ausschuß für die Prüfung von Fragen zuständig, die die Anwendung der Verordnung betreffen39.

Vgl. oben C.ll.7. Buchstabe e. Der Ausschuß filr die statistische Geheimhaltung unterstützt die Kommission durch Beratung der zu treffenden Maßnahmen. Die Beratung erfolgt gern. Art. 2 Verfahren II. Variante b) des Beschlusses des Rates vom 13. Juli 1987 zur Festlegung der Modalitäten filr die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchftlhrungsbeschlüsse (87/373/EWG), ABI. der EG, Nr. L 197, S. 33 f.; sog. Verwaltungsausschußverfahren im Rahmen des "Comitologie-Beschlusses" des Rates, vgl. hierzu Oppermann, Rdnm. 306 ff.; Streinz, Rdnm. 457 ff. (459). 39 Die in der Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sowie der Datenschutzkommission Rhein1and-Pfalz vom 26./27. Oktober 1989 geäußerte Kritik, wonach der (seinerzeit geplante beratende) Ausschuß filr die statistische Geheimhaltung die bislang fehlende unabhängige Datenschutzkontrolle auf Gemeinschaftsebene nicht ersetzen könne, trifft allerdings weiterhin zu, vgl. 12. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten filr den Datenschutz, BT-Drucksache 11/64578, Anlage 9, S. 111 sowie 14. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten ftlr den Datenschutz - Berichtszeitraum Anfang 1991 bis Anfang 1993 -, BTDrucksache 12/4805, Ziffer 23.1., 33.5. 37 38

II. Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an das SAEG

221

2. Übermittlungsvorschriften in einzelnen eine Gemeinschaftsstatistik regelnden Rechtsakten der Gemeinschaft a) Statistik des Außenhandels der Gemeinschaft

Gern. Art. 37 Abs. I der Verordnung (EWG) Nr. I736/75 des Rates vom 24. Juni I975 über die Statistik des Außenhandels der Gemeinschaft und des Handels zwischen ihren Mitgliedstaaten40 (VO [EWG] Nr. I736/75 des Rates) legt der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig die Bedingungen fest, unter denen die Mitgliedstaaten die (nach Art. 22 Abs. l) aufzubereitenden Angaben geheimhalten können. Gegenstand der VO (EWG) Nr. I736/75 des Rates sind gern. Art. l, Ziffer a, alle Waren, die in das statistische Erhebungsgebiet der Gemeinschaft gelangen oder es verlassen41, wobei gern. Art. 4 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. I736/75 des Rates neben allen beweglichen Sachen auch elektrischer Strom als Ware gilt. Die Festlegung der genannten Bedingungen durch den Rat ist bislang nicht erfolgt. Nach Art. 37 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 1736/75 des Rates bleiben bis zur Festlegung dieser Bedingungen die Vorschriften der Mitgliedstaaten in Kraft. Für die Bundesrepublik Deutschland handelt es sich dabei um die Vorschriften insbesondere der §§ IO - 12 des Gesetzes über die Statistik des grenzüberschreitenden Warenverkehrs (Außenhandelsstatistikgesetz- AHStatGes) vom I. Mai 195742. Nach § II Abs. 2 AHStatGes dürfen die Ergebnisse der Außenhandelsstatistik nach Waren, nach fremden Ländern und nach Bundesländern gegliedert veröffentlicht werden, wenn der Name der Auskunftspflichtigen nicht bekannt gegeben wird43 . Diese Regelung gilt entsprechend für die Weiterleitung statistischer Daten der Außenhandelsstatistik durch das Statistische Bundesamt an EUROSTAT.

40 ABI. der EG Nr. L 183 S. 3, zuletzt gelindert durch Verordnung (EWG) Nr. 1629/88 des Rates vom 27. Mai 1988 (ABI. der EG Nr. L 147 S. 1). 41 Gern. Art. 35 der Verordnung (EWG) des Rates vom 7. November 1991 (ABI. der EG Nr. L 316, S. I) findet die Verordnung (EWG) Nr. 1736175 des Rates vom 24. Juni 1975 auf die Statistiken des Warenverkehrs zwischen Mitgliedstaaten - filr die sie bis dahin anwendbar war- ab 1.1.1993 keine Anwendung mehr.

42 BGBI. IIl Gliederungs-Nr. 7402-1, gelindert durch Art. 9 des Gesetzes vom 14. März 1980, BGBI. I S. 294. 43

Vgl. dazu oben C.lll.4. Buchstabe b, Doppelbuchstabe aa.

222

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften

b) Erhebung über die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe

aa) Projekt EUROFARM

Nach Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 571/88 des Rates vom 29. Februar 1988 zur Durchführung von Erhebungen der Gemeinschaft über die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe im Zeitraum 1988 bis 199744 (VO [EWG] Nr. 571/88 des Rates) fUhren die Mitgliedstaaten im Rahmen des statistischen Erhebungsprogramms der Gemeinschaft im Zeitraum von 1988 bis 1997 Erhebungen über die Struktur der auf ihrem Gebiet liegenden landwirtschaftlichen Betriebe durch. Gern. Art. 10 der VO (EWG) Nr. 571188 des Rates übermitteln die Mitgliedstaaten dem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften die (in Art. 8 Abs. 1 genannten) Angaben, die durch Vollerhebung bzw. Stichprobenerhebungen gesammelt werden, nach dem in Anhang II beschriebenen Verfahren (sog. EUROFARM-Projekt). Anhang II der VO (EWG) Nr. 571/88 des Rates45 regelt das sog. Projekt EUROFARM. Dabei handelt es sich um ein Netz von Datenbanken, das die Auswertung der Gemeinschaftserhebungen über die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe fUr Zwecke der einzelstaatlichen und der gemeinsamen Agrarpolitik erlaubt (Anhang II Ziffer 1 der VO [EWG] Nr. 571/88 des Rates). Gern. Anhang II Ziffer 2 der VO (EWG) Nr. 571/88 des Rates handelt es sich bei den Datenbanken des Projekts EUROFARM zum einen um eine Datenbank fur Individualdaten (BDI), zum anderen um eine Tabellendatenbank (BDT), welche die Ergebnisse der Erhebungen über die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe enthalten soll. Die in der Tabellendatenbank enthaltenen Tabellen dürfen gern. Anhang II Ziffer 13 der VO (EWG) Nr. 571/88 des Rates keine direkte oder indirekte Identifizierung der Betriebe ermöglichen. Die Regelung des Anhangs II Ziffer 13 der VO (EWG) Nr. 571/88 des Rates i.V. mit Art. 2 Nr. 6 und 7 der SAEG-ÜbermittlungsVO konstituiert somit fUr die in der Tabellendatenbank (BDT) enthaltenen

44 ABI. der EG Nr. L 56 S. I, Anhang I ersetzt durch Anhang der Verordnung (EWG) Nr. 807/89 vorn 20. März 1989 (ABI. der EG Nr. L 86 S. I), diese geändert durch Entscheidung der Kornmission vorn 9. Februar 1993 zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 807/89 des Rates im Hinblick auf die Erhebungen der Gerneinschaft Ober die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe im Zeitraum 1993 bis 1997 (ABI. der EG Nr. L 65 S. 12). 45 Anhang II der VO (EWG) Nr. 571/88 des Rates wurde geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 1057/91 vorn 26. Apri11991 (ABI. der EG Nr. L 107 S. II).

II. Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an das SAEG

223

Tabellen ein Veröffentlichungsniveau, welches den Standard des § 16 Abs. I Satz 2 Nr. 3 BStatG46 nicht unterschreitet.

bb) Sonderregelungfür den Bereich der Bundesrepublik Deutschland

Obwohl gern. Anhang II Ziffer 12 der VO (EWG) Nr. 571188 des Rates der Zugang zu Individualdaten der Erhebungen auf Personen beschränkt sein soll, die innerhalb EUROSTATs mit der Anwendung der Verordnung betraut sind, nimmt die Bundesrepublik Deutschland nicht am Verfahren der Übermittlung von Individualdaten an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften teil. Die Datenbank ftlr Individualdaten (BDI) ist für alle Mitgliedstaaten, außer für Deutschland, in einem Datenverarbeitungszentrum der Kommission der EG angesiedelt (Anhang II Ziffer 3 der VO [EWG] Nr. 571/88 des Rates). Gern. Anhang II Ziffer 6 Satz I der VO [EWG] Nr. 571/88 des Rates ist Deutschland die Befugnis eingeräumt worden, keine Individualdaten an EUROSTAT zu übermitteln. Es ist allerdings verpflichtet, diese Daten (innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Abschluß der Arbeiten zur Datenerhebung vor Ort) zentral auf Magnetträger in einem einzigen Datenverarbeitungszentrum zu speichern47. Diese Aufgabe wird für die Bundesrepublik Deutschland vom Statistischen Bundesamt wahrgenommen. Für die Ausarbeitung der in der Tabellendatenbank (BDT) enthaltenen Tabellen werden EUROSTAT daher vom Statistischen Bundesamt ebenfalls nur, dem Aggregationsniveau des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BStatG entsprechende, Tabellenwerte ftlr das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland übermittelt48 •

46

Vgl. oben C.ll.7.

Die Frist ftlr die zentrale Speicherung der Individualdaten der auf dem Gebiet der ehemaligen DDR ansässigen Betriebe wurde bis zum 31. Dezember 1992 verlängert, vgl. Anhang II Ziffer 6 Satz 2 der VO (EWG) Nr. 571/88 des Rates. 47

48 Die sich in dieser Ausnahmebefugnis ausdrilckende bundesdeutsche Zurilckhaltung im Hinblick auf die Datenbank ftlr Individualdaten (BDI) der Kommission läßt sich erklären, wenn man den Inhalt von BOI näher betrachtet: BDI soll nach Anhang II Ziffer 2, 1. Spiegelstrich der VO (EWG) Nr. 571/88 des Rates "die anonym gemachten Daten enthalten(...), entweder ftlr die Gesamtheit der Betriebe oder ftlr eine repräsentative Stichprobe der erfaßten Betriebe (...)". Gern. Anhang II Ziffer 10 der VO (EWG) Nr. 571/88 des Rates müssen diese Individualdaten an EUROSTAT "in anonymer Form übermittelt werden, welche die direkte Identifizierung der Betriebe

224

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften c) Intrahandel-Statistik

Gern. Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3330/91 des Rates vom 7. November 1991 über die Statistiken des Warenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten49 (VO [EWG] Nr. 3330/91 des Rates) erstellen die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten die Statistiken des Warenverkehrs zwischen Mitgliedstaaten in der Übergangsphase, d.h. vom 1. Januar 1993 bis zum Zeitpunkt des Übergangs zu einem vereinheitlichten Besteuerungssystem im Ursprungsmitgliedstaat. Gern. Art. 7 der VO (EWG) Nr. 3330/91 des Rates wird zur Erstellung dieser Statistiken ein permanentes statistisches Erhebungssystem {INTRASTAT-System) eingerichtet. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die monatlichen Ergebnisse ihrer Statistik des Handels zwischen den Mitgliedstaaten, Art. 26 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3330/91 des Rates. Gern. Art. 32 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 3330/91 des Rates legt der Rat auf Vorschlag der Kommission die Bedingungen fest, unter denen die Mitgliedstaaten die von ihnen (im Zusammenhang mit der vorliegenden Verordnung) aufbereiteten Daten für vertraulich erklären können. Art. 26 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 3330/91 des Rates sieht vor, daß diese, von den Mitgliedstaaten unter den in Art. 32 genannten Bedingungen f\lr vertraulich erklärten Daten dann gern. den Bestimmungen der SAEGÜbermittlungs-VO an EUROSTAT gesandt werden. Die Festlegung der in Art. 32 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 3330/91 des Rates vorgesehenen Bedingungen ist bislang nicht erfolgt. Bis zur Festlegung dieser Bedingungen bleiben gern. 32 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 3330/91 des Rates die Vorschriften der Mitgliedstaaten in diesem Be-

nicht zuläßt." Vergleicht man diese Norm mit der Definition in Art. 2 Nr. 6 der SAEG-Übermittlungs-VO, wonach direkte Identifizierung die "Identifizierung einer statistischen Einheit anhand von Name, Anschrift oder einer amtlich zugeteilten und veröffentlichten Identifizierungsnummer" bedeutet, so wird deutlich, daß BOI die vollständigen Einzeldatensätze der betreffenden landwirtschaftlichen Betriebe - lediglich ohne die genannten Hilfsmerkmale - beinhalten soll. Weitere Anonymisierungsmaßnahmen finden nicht statt, so daß derartige Datensätze -jedenfalls im bundesstatistikrechtlichen Sprachgebrauch - nicht als "anonym" angesehen werden können, vgl.BVerfGE 65, I (65) sowie oben C.II.6., C.III.3., H.II.l. Buchstabe d. Die in Anhanglider VO (EWG) Nr. 571188 des Rates enthaltenen Ausnahmebestimmungen ermöglichen insoweit dem Statistischen Bundesamt die Einhaltung des in§§ 18 i.V.m. 16 BStatG niedergelegten Geheimhaltungsstandards. 49 ABI. der EG Nr. L 316 S. I, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3046/92 der Kommission vom 22. Oktober 1992 (ABI. der EG Nr. L 307 S. 27).

II. Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an das SAEG

225

reich weiterhin in Kraft. Für den Bereich der Bundesrepublik handelt es sich hierbei insbesondere um die§§ IO- I2 AHStatGes 50•

d) Arbeitskräftestichprobe

aa) Übermittlung statistischer Einzeldatensätze

Gern Art. I der Verordnung (EWG) Nr. 37II/9I des Rates vom I6. Dezember I99I zur Durchfilhrung einer jährlichen Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte (Arbeitskräftestichprobe) in der Gemeinschaft51 (VO [EWG] Nr. 37II/9l des Rates) führt das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften für die Kommission im Frühjahr eines jeden Jahres, beginnend I992, eine Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte in der Gemeinschaft durch 52. Gern Art. 6 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 37II/9I des Rates übernimmt EUROSTAr auch die Aufbereitung, Auswertung und Verbreitung der Ergebnisse der Erhebung. Zu diesem Zweck sind die statistischen Ämter der Mitgliedstaaten verpflichtet, EUROSTAT spätestens neun Monate nach Ende der Erhebung bei den Haushalten die ordnungsgemäß überprüften Ergebnisse der Erhebung filr jede befragte Person ohne Angabe von Namen und Adresse zu übermitteln, Art. 6 Abs. I VO (EWG) Nr. 37Il/9I des Rates. Damit handelt es sich bei der in Art. 6 Abs. I der VO (EWG) Nr. 37Ill91 des Rates vorgesehene Übermittlung nicht um eine Übermittlung von "Ergebnissen", sondern um die Weitergabe der entsprechenden statistischen Einzeldatensätze - allerdings ohne die genannten Hilfsmerkmale- an EUROSTAT. Art. 6 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 371I/9I des Rates stellt damit materiell-rechtlich eine Ausnahmevorschrift zur Regelung der statistischen Geheimhaltung in§§ 18 i.V. mit 16 BStatG dar. 50 Vgl. die insoweit Obereinstimmende Regelung der VO (EWG) Nr. 1736/75 des Rates, oben H.II.2. Buchstabe a und C.Ill.4. Buchstabe b, Doppelbuchstabe aa. 51 ABI. der EG Nr. L 351 S. 1. 52 Zur Kritik, wonach die (seinerzeitige) Arbeitskräftestichprobe der EG nicht den verfassungsrechtlichen Kriterien des Volkszllhlungsurteils entsprochen habe, sowie zur Forderung nach grundrechtssichemden Maßnahmen bei der EG-Arbeitskräftestichprobe vgl. Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder und der Datenschutzkommission Rheinland-Pfalzvom 27./28. März 1984, DÖV 1984, 504 (509); das BVerfU hat in der Heranziehung eines Beschwerdeftlhrers zur EG-Arbeitskräftestichprobe 1987 keinen Verfassungsverstoß erblickt, vgl. BVerfU, Beschluß vom 15.4.1988 - 1 BvR 22/88 -, Umdruck S. 8; ebenso VG Hannover, Urteil vom 13. September 1990 -2 Hi VG 45/87, 2 Hi VG A 79/87 -, Umdruck S. 11.

15 Poppenhäger

226

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften

bb) Zweckbegrenzung

EUROSTAT wiederum hat die im Rahmen der Arbeitskräftestichprobe erteilten Einzelauskünfte gern. Art. 7 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 3711/ 91 des Rates nur für statistische Zwecke zu verwenden. Ihre Verwendung für steuerliche oder sonstige Zwecke und die Weitergabe der übermittelten statistischen Einzelangaben sind untersagt. Die Zweckbestimmung für die im Rahmen der Arbeitskräftestichprobe übermittelten Angaben an EUROSTAT ist insoweit materiell identisch mit der Regelung in Art. 2 Nr. 4, Art. 5 Abs. 2 und 4 der SAEGÜbermittlungs-VO. Auch die vertrauliche Behandlung der EUROSTAT übermittelten Angaben richtet sich gern. Art. 7 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 3711/91 des Rates nach den Regelungen der Verordnung (Euratom, EWG) Nr. 1588/90 des Rates vom 11. Juni 1990 über die Übermittlung von unter die Geheimhaltungspflicht fallenden Informationen an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften53 •

e) Erhebung über die Produktion des verarbeitenden Gewerbes

aa) Übermittlung ausschließlich von Aggregaten

Gern. Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3924/91 des Rates vom 19. Dezember 1991 zur Einführung einer Gemeinschaftserhebung über die Produktion von Gütem54 (VO [EWG] Nr. 3924/91 des Rates) führen die Mitgliedstaaten eine statistische Erhebung über die Produktion des verarbeitenden Gewerbes als Gemeinschaftsstatistik durch. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der VO (EWG) Nr. 3924/91 des Rates übermitteln die Mitgliedstaaten EUROSTAT innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende des Erhebungsjahres "die Ergebnisse der sich auf einen Jahreszeitraum beziehenden Erhebung". In diese Ergebnisse sind auch Daten einzubeziehen, die nach dem Recht der Mitgliedstaaten vertraulich sind; der vertrauliche Charakter dieser Daten ist besonders zu kennzeichnen, Art. 7 Abs. 1 Satz 2 VO (EWG) Nr. 3924/91 des Rates.

53

Vgl. hierzu oben H.II.l.

54

ABI. der EG Nr. L 374 S. l.

II. Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an das SAEG

227

Im Gegensatz zur Übermittlungsvorschrift der Arbeitskräftestichprobe der EG in Art. 6 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3711/91 des Rates 55 handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Vorschrift zur Übermittlung statistischer Einzeldatensätze etwa der befragten Unternehmen. Auch spricht der Normtext des Art. 7 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 3924/91 des Rates nicht etwa von Ergebnissen, die sich auf jedes zur AuskunftseTteilung herangezogene Unternehmen bezögen; er ordnet nur an, daß die Mitgliedstaaten "die Ergebnisse der ( ... ) Erhebung" an EUROSTAT zu übermitteln haben. Damit ist vom Grundsatz der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Regelung der Geheimhaltung statistischer Einzelangaben gern. §§ 18 i.V.m. 16 Abs. 1 Satz 1 und 3 BStatG nur die Übermittlung von solchen Aggregaten ausgenommen, die Angaben enthalten, die nach bundesdeutschem Recht geheimzuhalten wären, etwa die sog. Dominanzfälle innerhalb eines Aggregates wie auch die "Tabellen-Einsen" und "TabellenZweien"56. Art. 7 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 3924/91 des Rates erlaubt den statistischen Ämtern der Bundesrepublik Deutschland daher nur die Übermittlung statistischer Tabellenwerke an EUROSTAT, die in ihrer Gliederung allerdings das Aggregationsniveau des § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG - d.h. Tabellen mit statistischen Er9ebnissen, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen5 -erreichen können58•

55

Vgl. oben H.ll.2. Buchstabe d.

56

Vgl. hierzu oben C.II.7. Buchstabe c und e.

51

Vgl. oben C.III.4.

Dieses Ergebnis steht durchaus auch in Übereinstimmung mit den Erwägungsgründen der VO (EWG) Nr. 3924/91 des Rates, erster Absatz: danach soll die Kommission über vollständige, aktuelle und zuverlässige Informationen über die Produktion des verarbeitenden Gewerbes in der Gemeinschaft verftlgen können. In der Begründung zum Entwurf der VO (EWG) Nr. 3924/91 des Rates wird ausgeftlhrt, daß gewisse Anforderungen (auch) hinsichtlich der Ergebnisse der Erhebung festgesetzt werden sollen, "die geeignet sind, eine qualitativ hochwertige gemeinschaftliche Statistik zu garantieren" (SR-Drucksache Nr. 190/91 vom 20.3.1991, Ziffer3); die Erstellung derartiger qualitativ hochwertiger Ergebnisse durch EUROSTAT ist auch durch die Übermittlung von Tabellen nach § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG gewährleistet: die Regelung wurde gerade in der Absicht in das Bundesstatistikgesetz aufgenommen, in den dort vorgesehenen Fällen vollständige statistische Aussagen ohne die Unterdrückung statistischer Einzelflllle zu ermöglichen, vgl. Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rdnr. 40. Die Übermittlung von auf das jeweils befragte Unternehmen bezogenen Einzeldatensätzen ist im Hinblick auf die geforderte Qualitätssicherung der Gemeinschaftsstatistik nicht erforderlich. 58

15*

228

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften

bb) Vertraulichkeit der übermittelten Daten

Die dem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften übermittelten Ergebnisse sind nach Maßgabe der SAEG-Übermittlungs-VO vertraulich zu behandeln, Art. 7 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 3924/91 des Rates. Damit gilt flir die gern. Art. 7 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 3924/91 des Rates an EUROSTAT übermittelten Daten der Gemeinschaftserhebung über die Produktion von Gütern ebenfalls die Zweckbestimmung des Art. 5 Abs. 2 der SAEG-Übermittlungs-VO, wonach die übermittelten Daten ausschließlich für statistische Zwecke verwendet werden dürfen. Auch dürfen die übermittelten Tabellenwerke nach dem Grundsatz der sog. verlängerten Geheimhaltung durch EUROSTAT ohne weitere Anonymisierungsmaßnahmen nicht veröffentlicht werden. Gern. Art. 5 Abs. 4 der SAEG-Übermittlungs-VO dürfen die von EUROSTAT gespeicherten vertraulichen statistischen Daten nur verbreitet werden, wenn sie mit anderen Daten auf eine Weise verbunden sind, die keinerlei direkte oder indirekte Identifizierung der statistischen Daten zuläßt59. Dies trifft auf die von den Mitgliedstaaten an EUROSTAT übermittelten Tabellenwerke jedenfalls dann nicht zu, wenn diese lediglich ein der Regelung des § 16 Abs. 4 Satz l BStatG entsprechendes Aggregationsniveau aufweisen.

f) Arbeitskostenerhebung

aa) Aggregationsniveau der übermittelten Daten

Gern. Art. l der Verordnung (EWG) Nr. 3949/92 des Rates vom 21. Dezember 1992 zur Durchflihrung einer Arbeitskostenerhebung im produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor60 (VO [EWG) Nr. 3949/92 des Rates) führt die Kommission 1993 im Rahmen ihrer regelmäßigen Erhebungen über die Arbeitskosten und die Arbeitnehmereinkommen 1993 eine Erhebung über die Arbeitskosten im produzierenden Gewerbe und in bestimmten Bereichen des Dienstleistungssektors (Arbeitskostenerhebung) durch. Nach Art. 5 der VO (EWG) Nr. 3949/92 des Rates werden die Auskünfte von den statistischen Diensten der Mitgliedstaaten eingeholt und die ausgefüllten Fragebogen dort aufbereitet, Art. 6 Abs. l Satz I VO (EWG) Nr. 3949/92 des Rates. 59

Vgl. oben H.II.I. Buchstabe f.

60

ABI. der EG Nr. L 404 S. 7.

II. Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an das SAEG

229

Gern. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der VO (EWG) Nr. 3949/92 des Rates übermitteln die statistischen Dienste der Mitgliedstaaten die "Erhebungsergebnisse, einschließlich der von den Mitgliedstaaten entsprechend ihren nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten für vertraulich erklärten Daten", und zwar unter Beachtung der Bestimmungen der SAEG-Übermittlungs-VO. Damit handelt es sich bei den zu übermittelnden Daten im Rahmen der Arbeitskostenerhebung um Tabellenwerke des gleichen Aggregationsniveaus wie bei den gern. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 VO (EWG) Nr. 3924/91 des Rates im Rahmen der Gemeinschaftserhebung über die Produktion von Gütern an EUROSTAT zu liefemden Tabellenwerken61 . Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der VO (EWG) Nr. 3949/92 des Rates erlaubt daher nur die Übermittlung von Tabellen der statistischen Ämter des Bundes und der Länder mit einem der Regelung des § 16 Abs. 4 Satz 1 BStatG entsprechenden Aggregationsniveau an EUROSTAT.

bb) Zweckbegrenzung Die im Rahmen der Erhebung erfaßten Einzelangaben dürfen nur flir statistische Zwecke verwendet werden. Sie dürfen weder fUr steuerliche oder andere Zwecke verwendet noch an Dritte weitergegeben werden, Art. 7 VO (EWG) Nr. 3949/92 des Rates. Die übermittelten Tabellenwerke dürfen daher von EUROSTAT nicht unverändert, sondern nur unter den Bedingungen des Art. 5 Abs. 4 der SAEG-Übermittlungs-VO verbreitet werden, d.h. daß sie zuvor mit anderen Daten auf eine Weise verbunden werden müssen, die keinerlei direkte oder indirekte Identifizierung der statistischen Einheiten zuläßt.

61

Vgl. H.II.2. Buchstabe e.

230

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften

111. Das Gesetz zur Gewährleistung der Geheimhaltung der dem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften übermittelten vertraulichen Daten 1. Normbereich a) Die Verpflichtung des Art. 6 SAEG-Übermittlungs-VO

Gern. § 1 des Gesetzes zur Gewährleistung der Geheimhaltung der dem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften übermittelten vertraulichen Daten (SAEG-Übermittlungsschutzgesetz) vom 16. März 1993 62 dient das Gesetz zur Durchführung von Artikel 6 der SAEGÜbermittlungs-VO. Art. 6 S. 1 SAEG-Übermittlungs-VO verpflichtet die Mitgliedstaaten der EG, vor dem 1. Januar 1992 geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um jede Verletzung der Verpflichtung zur Geheimhaltung der gern. Art. 3 der SAEG-Übermittlungs-VO übermittelten vertraulichen statistischen Daten zu ahnden. Diese Maßnahmen sollen zumindest für die Verletzungen der statistischen Geheimhaltung gelten, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates von Beamten oder sonstigen Bediensteten von EUROSTAT sowie von anderen in dessen Räumlichkeiten auf Vertragsbasis tätigen natürlichen Personen begangen werden, Art. 6 Satz 2 SAEG-Übermittlungs-VO. Durch die Regelung werden die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften des Art. 214 EGV und 194 Abs. 1 EAGV ergänzt, wonach die Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft63 verpflichtet sind, auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit Auskünfte, die ihrem Wesen nach unter das Berufsgeheimnis fallen, nicht preiszugeben64• Die Beamten sind ferner nach Art. 17 des Europäischen Beamtenstatuts vom 5.3.198665 zur Ver-

62

BGBI. I S. 336.

Zum Beamtenbegriff in den EG als überwiegend organrechtlicher Begriff sowie zum Begriff des Sonstigen Bediensteten, vgl. Rogal/a, S. 59 ff., 78 ff.; Oppermann, Rdnm. 686 ff. sowie Art. 2 Nr. 8 und 9 SAEG-Übermittlungs-VO. 63

64 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des SAEG-Übermittlungsschutzgesetzes, SR-Drucksache 64/92, A. Allgemeiner Teil, S. 2. 65

ABI. der EG Nr. L 56 S. l.

III. Das SAEG-Übermittlungsschutzgesetz

231

schwiegenheit über alle Tatsachen und Informationen verpflichtet, über die sie bei ihrer amtlichen Tätigkeit Kenntnis erhalten66• Über Disziplinarmaßnahmen hinausgehende Sanktionen bei etwaigen Verstößen gegen die statistische Geheimhaltung stehen den EG - mangels eigener strafrechtlicher Kompetenz - jedoch nicht zu Gebote. Die Gemeinschaft kann weder Straftatbestände setzen, noch können Organe der Europäischen Gemeinschaften Kriminalstrafen verhängen67• Art. 6 der SAEGÜbermittlungs-VO bezweckt daher die Einbeziehung der Bediensteten des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften in die bei Verletzung der statistischen Geheimhaltung geltenden strafrechtlichen Bestimmungen der jeweiligen Mitgliedstaaten68•

b) Beamte und sonstige Bedienstete des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften

Gern. § 2 Satz I SAEG-Übermittlungsschutzgesetz werden die in Art. 2 Nr. 8 und 9 der SAEG-Übermittlungs-VO genannten Beamten und sonstigen Bediensteten des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften für die Anwendung des§ 203 Abs. 2 Satz I Nr. I, Satz 2, Abs. 4 und 5, §§ 204, 205, 353b Abs. I Satz I Nr. I, Satz 2, Abs. 3 und 4 StGB den deutschen Amtsträgern im Sinne von § II Abs. I Nr. 2 StGB gleichgestellt; dadurch wird bei einer Verletzung der statistischen Geheimhaltung eine Strafverfolgung des genannten Personenkreises durch eine Anwendung der Strafvorschriften über die Verletzung von Privat- und Dienstgeheimnissen sowie die Verwertung fremder Geheimnisse ermöglicht69.

66 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des SAEG-Überrnittlungsschutzgesetzes, BR-Drucksache 64/92, A. Allgemeiner Teil, S. 2; Rogalla, S. 131, Ziffer IV. 2. 67

Vgl. hierzu grundlegend Tiedemann, NJW 1993,23 ff.

Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des SAEG-Überrnittlungsschutzgesetzes, BR-Drucksache 64/92, A. Allgemeiner Teil, S. 3. 68

69 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des SAEG-Überrnittlungssschutzgesetzes, ebenda, B. Besonderer Teil, Zu § 3. Es fllllt allerdings auf, daß § 2 SAEGÜberrnittlungsschutzgesetz- entgegen dem Wortlaut des Art. 6 Satz 2 der SAEG-ÜberrnittlungsVO - neben den Beamten und sonstigen Bediensteten - nicht auch die "anderen in den Räumlichkeiten des SAEG auf Vertragsbasis tätigen natürlichen Personen" in die strafrechtliche Bewehrung des Statistikgeheimnisses mit einbezieht. Dies läßt sich möglicherweise dadurch erklären, daß im Gegensatz zu den "Beamten und sonstigen Bediensteten des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften", deren Status in Art. 2 Nr. 8 und 9 der SAEG-Überrnittlungs-VO näher definiert ist, der Personenkreis der "anderen in den Räumlichkeiten des SAEG auf Vertragsbasis tätigen

232

H. Statistische Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften

2. Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Gern. Art. I des Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) vom 31. März 1993 70 hat der Bundestag dem in Porto am 2. Mai 1992 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum zugestimmt. Das EWR-Abkommen enthält in Teil V ein Kapitel zur Statistik71 • Nach Art. 76 Abs. 3 des EWR-Abkommens sind die besonderen Bestimmungen über die Statistik in Anhang XXI zum EWR-Abkommen enthalten. Anhang XXI (Statistik) Ziffer 17 zum EWR-Abkommen sieht vor, daß die Verordnung (Euratom, EWG) Nr. 1588/90 des Rates vom II. Juni 1990 über die Übermittlung von unter die Geheimhaltung fallenden Informationen an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften72 "für die Zwecke dieses Abkommens" mit bestimmten "Anpassungen" gilt. So wird u.a. nach Anhang XXI (Statistik) Ziffer 17 Buchstabe c an Art. 5 Abs. 2 der SAEG-Übermittlungs-VO ein Unterabsatz angefügt, wonach die über das Büro des EFTA-Beraters ftlr Statistik an EUROSTAT übermittelten vertraulichen statistischen Daten auch dem Personal dieses Büros zugänglich sind. Auch wenn Ziffer 17 Buchstabe d des Anhangs XXI (Statistik) zum EWR-Abkommen vorsieht, daß im Hinblick auf Art. 6 der SAEGÜbermittlungs-VO (der die Mitgliedstaaten zur Ahndung von Verletzungen der statistischen Geheimhaltung verpflichtet) im Sinne des EWR-Abkommens das Büro des EFTA-Beraters ftlr Statistik in dem OrganisationsKürzel "SAEG" eingeschlossen sei, so ist eine derartige Absicht jedenfalls in dem ftlr den Bereich der Bundesrepublik Deutschland geltenden und für eine strafrechtliche Verfolgung insoweit relevanten SAEG-Übermittlungsschutzgesetz nicht zum Ausdruck gekommen. Der strafrechtliche Schutz natUrliehen Personen" kaum noch unter hinreichender Beachtung des BestimmtheilSgebots des Art. 103 Abs. 2 GG zu definieren sein wird. Dieser Personenkreis wUrde jedenfalls weit Ober die im Dienste der Europäischen Gemeinschaften stehenden Beamten und sonstigen Bediensteten hinausreichen. Dies Obersieht wohl der Bundesbeauftragte ftlr den Datenschutz, der davon ausgeht, daß die seit Inkrafttreten der SAEG-Übermittlungs-VO bestehende strafrechtliche LOcke ftlr das Personal der EG nunmehr durch das SAEG-Übermittlungsschutzgesetz geschlossen sei, vgl. 14. Tätigkeitsbericht des BfD- Berichtszeitraum Anfang 1991 bis Anfang 1993- BT-Drucksache 12/4805, Ziffer 23.2. 70

BGBI. II S. 266.

Vgl. Abkommen Ober den Europäischen Wirtschaftsraum, Teil V, Kapitel 4, SRDrucksache 368/92, S. 6 (15). 71

72

ABI. der EG Nr. L 151 vom 15.6.1990 S. l.

III. Das SAEG-Übermittlungsschutzgesetz

233

des Statistikgeheimnisses beschränkt sich hier wohl auf die in Art. 2 Nr. 8 und 9 der SAEG-Übermittlungs-VO genannten Beamten und sonstigen im Bereich von EUROSTAT tätigen Bediensteten. Das Personal des Büros des EFTA-Beraters fllr Statistik ist in der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 8 und 9 der SAEG-Übermittlungs-VO der Beamten und sonstigen Bediensteten EUROSTATs nicht ohne weiteres enthalten.

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16*

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Asylbewerberleistungsstatistik 162 Aufzeichnungspflicht 118, 198, 206 Ausschuß fUr die statistische Geheimhal· tung 220 Außenanonymisierung 47 ff., 48 ff., 49 FN 125,94 Außenhandelsstatistik I 07, 205, 206, 221 Außenwirtschaftsgesetz 125 ff. Baustatistikgesetz 115 ff. Beschäftigtenstatistik 138 ff. Beschlagnahme 152, !53 Betroffener 26, 33 ff., 38, 61, 161, 183 Bodennutzungserhebung 203 Bundesamt • fUr GUterverkehr 143 • fUr Wirtschaft 124, 139, 146 Bundesanstalt • fUr Arbeit 84, 138 ff., 161 • fUr Straßenwesen 88 Bundesarchivgesetz • Anbietepflicht 177 ff. • Anbietezeitpunkt 181 • Schutzfristen 183 ff. CR ·Werte 166 FN 31, 169, 174, 207

Datenverarbeitung im Auftrag 122, 138 Deutsche Bundesbank 22, 134 ff., 161 Dominanzfälle 38, 62 FN 185, 170 FN 47, 227 Dreier-Aggregation 57 ff., 59 FN 172, 158 EFTA · Berater fUr Statistik 232 Einrichtungen · mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung 66, 80 ff., 81 FN275, 103,119 • staatliche Ressortforschung 83 ff., 84 FN 288,89, 119 Einwilligung 32 ff., 33 FN 33, 33 FN 35, 36 FN 53, 36 FN 54, 142 Einzelangabe • aus allgemein zugänglichen Quellen 37 · Begriff der 26, 29, 35 FN 43

Stichwortverzeichnis - faktisch anonymisierte 43, 76, 88, 93 -offenkundige 38, 119 - Verstorbener 2 7 -voll anonymisierte 39 ff., 47, 76, 182 -von juristischen Personen 27 Ergebnisse 20, 43, 56 ff., 104 ff., 136 ff., 144, 158, 159, 169 ff. Erhebungen der Europäischen Gemeinschaften 21 0 ff. Ersatzbeschaffungsaufwand I 00 EUROFARM 222 ff. Europäisches Beamtenstatut 230 Europäisches Statistisches System 212 Eurostat - Aufgabenbereich 212 - Übermittlung vertraulicher Daten 214 ff. EWR-Abkommen 232 Fallzahlentabelle 57 Finanz- und Personalstatistikgesetz 160 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen 166 ff. Gesetzgebungskompetenz 23, 139, 144, 147 Gliederungstiefe 108 Hilfsmerkmale 29 ff., 68, 180, 189, 192 Hochschulstatistikgesetz 157 ff. Informationelle Gewaltenteilung 72 Informationelle Infrastruktur 20 Informationshilfe 27 lnnenanonymisierung 47 ff., 48 FN 117, 94 Intrahandel-Statistik 206, 224 Kommunalverwaltung, Einheit der 74 Kraftfahrt-Bundesamt 143 ff. Löschungspflichten 103, 202 Maastricht- Urteil des BVerfG 213 FN 14 Mikrodaten 40, 51 , 63, 77 Ministererlaubnisverfahren 173 ff. Monopolkommission 166 ff. Nemo-tenetur-Prinzip 152 Ordnungswidrigkeiten 152, 155 ff. Primärsperrung 61 Primärstatistik 34 Prinzip der fachlichen Konzentration 123, 139

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Privatsphäre natürlicher Personen 218 Qualifizierte Geheimhaltung 61 ff., 169 Reidentifikationsrisiko 42 ff., 60 ff. Ressortforschung 83 ff. SAEG-Übermittlungsschutzgesetz 230 ff. SAEG-Übermittlungs-VO 214 ff., 228, 230 Sekundärsperrung 61 Sekundärstatistik 34 ff., 206 Solange-li-Urteil 213 FN 14 Sonderaufbereitung 67, 68 Sozialhilfestatistik 163 ff. Sperrerklärung 154 Statistiken der Länder 146 Statistisches Amt der EG 211, 212 ff. Strafverfolgung 231 Strafverfolgungsbehörden 149 ff. Tabellen-Eins 57 ff., 106 ff. Trennung von Statistik und Verwaltungsvollzug 72 FN 224, 89, 122, 138 FN 52, 165 FN 28 Übermittlung von Daten - an das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen 137 -an das Statistische Amt der EG 204, 211 , 214 ff. -an die Bundesregierung 136 -an Gemeinden 70 ff., 115 ff., 202 - an oberste Bundes- oder Landesbehörden 39, 104 ff., 165, 197 - Definition 66 - für wissenschaftliche Vorhaben 76 ff., 180 -Kommission der EG 216 - Verhältnismäßigkeit 101, 176 Unterrichtungsverpflichtung - Bundesstatistikgesetz 199 -gegen Wettbewerbsbeschränkungen 205 Verarbeitendes Gewerbe 226 ff. Verlängerte Geheimhaltung 112, 118 ff., 219 Verpflichtungsgesetz 77 FN 253, 103, 103 FN 361 Vertrauliche statistische Daten 214 ff. Verweisung -dynamische 127 ff., 144 -statische 127 ff. , 130 FN 32, 134 ff. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen 68

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Stichwortverzeichnis

Weitergabe- u. Verwertungsverbote 20, 27 Wertfelder 57, 59, 61 ff., 107 wissenschaftlich es Vorhaben - Begriff des 78 - Löschungspflichten 104, 180 Wissenschaftsklausel 82, 86, 93, 99 FN 351 Wohngeld-Statistik 163 ff., 203

Zählfeld 57 FN 164, 58, 62, 107 Zuordnung -eindeutige 54, 55 FN 152, 55 FN 154 -mehrdeutige SS Zuordnungsaufwand 96 ff. Zusatzwissen 35, 44, SI, 85 FN 293, 91, 98 Zweckbindung 20, 72, 90, 117, 132, 178 FN79