Berufsfreiheit und Eigentumsgarantie als Schranke des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung: Verfassungsrechtliche Vorgaben für die zivilrechtliche Informationsordnung [1 ed.] 9783428474936, 9783428074938


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German Pages 161 Year 1992

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Berufsfreiheit und Eigentumsgarantie als Schranke des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung: Verfassungsrechtliche Vorgaben für die zivilrechtliche Informationsordnung [1 ed.]
 9783428474936, 9783428074938

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ANJA BREITFELD

Berufsfreiheit und Eigentumsgarantie als Schranke des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung

Schriften zum Recht des Informationsverkehrs und der Informationstechnik Herausgegeben von Prof. Dr. Horst Ehrnano und Prof. Dr. Rainer Pitschas

Band 3

Berufsfreiheit und Eigentumsgarantie als Schranke des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung Verfassungsrechtliche Vorgaben für die zivilrechtliche Informationsordnung

Von Anja Breitfeld

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Breitfeld, Anja: Berufsfreiheit und Eigentumsgarantie als Schranke des Rechts auf infonnationelle Selbstbestimmung : verfassungsrechtliche Vorgaben für die zivilrechtliche Infonnationsordnung I von Anja Breitfeld. - Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Schriften zum Recht des Infonnationsverkehrs und der Infonnationstechnik; Bd. 3) Zugl.: Trier, Univ., Diss., 1991/92 ISBN 3-428-07493-9 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübemahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Druck: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin 49 Printed in Gennany ISSN 0940-1172 ISBN 3-428-07493-9

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Wintersemester 1991/92 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier als Dissertation angenommen worden. Literatur und Rechtsprechung konnten bis September 1991 berücksichtigt werden. Das Thema dieser Arbeit ist angeregt durch ein gemeinsames Seminar der Herren Professoren Dr. Horst Ehmann, Trier, und Dr. Thomas Würtenberger, Freiburg, im Februar 1990 über verfassungsrechtliche Vorgaben für die zivilrechtliehe htformationsordnung. Mein herzlichster Dank gilt Herrn Professor Dr. Ehmann, der die Erstellung der Dissertation durch andauerndes Interesse und vielseitige Hinweise förderte. Herrn Professor Dr. Peter Krause danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und zahlreiche Anregungen. Die Arbeit ist meinen Eltern gewidmet. Gusterath, im April 1992

Anja Breitfeld

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

1. Kapitel

Die Freiheit des Berufes und die Garantie des Eigentums

13

§ 1 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch die Berufsfreiheit . . .

13

I. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff des Berufes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Dimensionen der Berufsfreiheit .. .. . .. ... ......... ... ......... ....

13 13 15

II. Die Informationsfreiheit als Teil der unternehmerischen Berufsfreiheit 1. Die Berufsfreiheit des Unternehmers .. . .. ... .. .... ........... .. . ...... 2. Die Informationsfreiheit als Schutzgegenstand der Berufsfreiheit . .

16 16 18

§ 2 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch die Eigentums·

garantie . .. . . . . . . .. . .. . . . . .. . .. . . . .. . .. . . . . ... .. . .. . . . .. .. . .. . . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . . .

21

I. Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG .. .. ..... . .... . .. . . .. .. ... 1. Die Funktion der Eigentumsfreiheit . ... ......... .... ... . .... ... ... . ... 2. Eigentum als rechtlich fundierte Herrschaftsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Inhalts- und Schrankenbestimmung ... ... .. ............... ... ... .... .. . 4. Einzelne Eigentumspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Dimensionen des Eigentumsschutzes . .. .. .. .. .. .. ... .. .. . .. ... .. .

21 21 22 24 27 29

II. Die Informationsfreiheit als Teil der Eigentumsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Eigentumsfreiheit des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Informationsfreiheit als Schutzgegenstand der Eigentumsfreiheit

31 31 33

2. Kapitel Die privatrechtliche Informationsordnung als Eingriff in die Berufs· und Eigentumsfreiheit

35

§ 3 Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .

36

I. Die zivilrechtliehen Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

ll. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die bisherige Rechtsprechung, insbesondere zum arbeitgebensehen Fragerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Restriktionstendenzen unter Berufung auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39 39 40

8

Inhaltsverzeichnis ill. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht im Wirtschaftsleben außerhalb des

Arbeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

§ 4 Das Bundesdatenschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 46

I. Der Geltungsbereich des BDSG .............. .... . ....... .... . ... . . ...... . II. Die Regelung des Umgangs mit personenbezogenen Daten durch das BDSG .................. . .. . ......................... .................. ....... 1. Die Erlaubnistatbestände für die Datenverarbeitung oder -nutzung für eigene Zwecke . ... .............. .. ............... .... ....... ...... .. . a) ,,im Rahmen der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses" b) "zur Wahrung berechtigter Interessen" . .. .. ... .. ...... . ... ..... . .. 2. Die Erlaubnistatbestände für die.geschäftsmäßige Datenverarbeitung oder -nutzung für Zwecke der Ubermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 50 51 54 56

§ S Betriebsverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .

63

I. Mitbestimmung bei technischen Überwachungseinrichtungen, § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Gründe für die Extension des Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Grenzen des Mitbestimmungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mitbestimmung bei Personalfragebogen, § 94 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63 64 69 71 73

3. Kapitel

Die Schranken der grundrechtliehen Gewährleistungen § 6 Die Schranken der Berufsfreiheit ... ...... . .. .. .. ..... ... ... ... . .. .. .... .. ....

75

I. Die Reichweite des Gesetzesvorbehaltes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhaltliche Anforderungen an beschränkende Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75 75 77

§ 7 Die Schranken der Eigentumsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .

84

I. Enteignung und Schrankenbestimmung als Schranken der Eigentumsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Enteignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schrankenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Institutsgarantie als Grenze für eigentumsbeschränkende Gesetze . . . . . ill. Das Verhältnis zu den Schranken der Berufsfreiheit ..... .. .. .. .. .... ...

84 84 85 88 88

§ 8 Zur Methode der Verhältnismäßigkeltsprüfung

90

4. Kapitel

Die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe in die Berufs- und Eigentumsfreiheit durch die privatrechtliche Informationsordnung § 9 Die Eignung und Erforderlichkelt dieser Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Zweck des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eignung und Erforderlichkeil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96 96 96 96 98

Inhaltsverzeichnis

9

li. Betriebsverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG . . . . . . . . . . 100 2. Das Mitbestimmungsrecht aus§ 94 BetrVG ................. .... ..... 101 3. Reformvorstellungen ......... ............. .. .. .. .. . .. ... ... ..... ..... . .. 102 § 10 Die Verhältnismäßigkeit i. e. S. der Eingriffe durch die Datenschutzge-

setzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 I. Interessenfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . li. Bewertung der durch das Recht auf informationeile Selbstbestimmung geschützten Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 1. Das Recht auf informationeile Selbstbestimmung in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung .. .. .. . . . . . . . . . .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die privatrechtliche Bedeutung des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung . . . . . . .. . .. . . . .. .. .. . .. . . . .. .. . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . ..

III. Bewertung der durch die Berufs- und Eigentumsfreiheit geschützten Interessen . . . . . . . .. . .. . . .. . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. .. 1. Der "personale Grundzug" als Maxime für die Schutzwirkung der Berufs- und der Eigentumsfreiheit ...... .. .... ...... .. .. ...... .. . ~ .. .. . 2. Kritik der Auffassung vom "personalen Grundzug" der Berufs- und der Eigentumsfreiheit .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. . .. .. .. 3. Die ökonomische Dimension der Berufs- und der Eigentumsfreiheit IV. Berufs- und Eigentumsfreiheit in der Spannung zum vorbeugenden Persönlichkeitsschutz-Abwägung- ................................... 1. Notwendigkeit einer konkreten Abwägung .... ....................... 2. Verfassungskonforme Auslegung der§§ 4, 28 f. BDSG .. .. .. ...... 3. Interessenahwägung unter Zugrundelegung der verfassungskonformen Auslegung der §§ 4, 28 f. BDSG .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .

103 105 105 110 116 116 118 119 124 125 126 127

§ 11 Die Verhältnismäßigkeit i. e. S. der Eingriffe durch das Betriebsverfas-

sungsrecht . . . . .. . .. . .. . . . . .. . .. . . . . .. . .. . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Die Kompetenz der Arbeitsgerichte zur rechtsfortbildenden Erweiterung der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechte . . . . . . . . . . . . . 133 li. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn .... .................. ..........

135

Zusammenfassung ............. . .. .... ... ................ .. .. ... ................ . ......

143

Literaturverzeichnis .. . .. . . . . .. . . . . .. . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

147

Abkürzungsverzeichnis AcP AöR AP BID CR DuD DVR EBetrVG EBISG

= Archiv für die civilistische Praxis

= Archiv des öffentlichen Rechts

= Arbeitsrechtliche Praxis = Bundesbeauftragter für den Datenschutz = Computer und Recht = Datenschutz und Datensicherung

= Datenverarbeitung im Recht = Entwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, Bundestags-Drucks. 11/2995

= Entwurf der SPD-Fraktion für ein Bundesinformationsschutzgesetz,

Bundestags-Drucks. 11/3730 EzA = Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht = Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR JöR n. F. = Jahrbuch des öffentlichen Rechts, Neue Folge MedR = Medizinrecht NZA = Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht RDV = Recht der Datenverarbeitung SAE = Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen = Zeitschrift für Arbeitsrecht ZfA

Einleitung Die vielfach als "dritte industrielle Revolution" 1 bezeichnete rasante Entwicklung der Mikroelektronik seit Anfang der siebziger Jahre hat- wie auch andere bedeutende technische Fortschritte - ihren Niederschlag in der Rechtsordnung gefunden. So wurde zur Bewältigung der im Umgang mit der modernen Datenverarbeitungstechnologie neu entstandneo Probleme 1977 erstmals ein Bundesdatenschutzgesetz erlassen, das aber viele schon bald nicht mehr als ausreichend empfanden. Vor allem die in Zusammenhang mit der Volkszählung geschürten Ängste vor dem "großen Bruder" aus George Orwells "1984", dem "totalen Überwachungsstaat" und dem "gläsernen Menschen" ließen einen Zeitgeist wachsen, der einer Erhebung und Verwendung personenbezogener oder auch nur beziehbarer Daten grundsätzlich skeptisch oder gar ablehnend gegenüberstand und Forderungen nach immer mehr und immer umfassenderen Daten- und Informationsschutz nicht nur gegenüber dem Staat, sondern auch im Verhältnis Privater untereinander, entstehen ließ. In dem - von diesem Zeitgeist nicht unbeeinflußten2- Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz 3, nach dem der einzelne grundsätzlich befugt sein soll, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen (sog. Recht auf informationeile Selbstbestimmung), glauben die Befürworter eines weitreichenden Datenschutzes die verfassungsrechtliche Verankerung ihrer Forderungen zu erblicken. Die Rechtsprechung, vor allem der Arbeitsgerichte, aber auch der Gesetzgeber konnte oder wollte sich diesen Forderungen nicht entziehen. Wenn jedoch die genannten Befürchtungen ohne nähere Hinterfragung, aber mit viel Pathos auf die Ebene des Rechts, sogar des Verfassungsrechts gehoben werden, führt dies nahezu zwangsläufig zu einer Vernachlässigung des Wertes, den Wissen 4 und damit Information 5 in einer modernen Gesellschaft6 haben und 1 Nach der Entwicklung der Dampfmaschine und des Elektromotors, vgl. nur Ehmann, NZA 1991, 1 (2); andere, z. B. Sieber, NJW 1989, 2569 (2570), sprechen dagegen von zweiter industrieller Revolution. 2 Zum Einfluß des Zeitgeistes auf die Rechtsprechung des BVerfG, siehe Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 210. 3 BVerfGE 65, 1 = NJW 1984, 419. 4 Dazu v. Hayek, Die Verfassung der Freiheit, S. 30: "Man könnte sagen, daß die Zivilisation beginnt, wenn der Einzelne in der Verfolgung seiner Ziele mehr Wissen verwerten kann, als er selbst erworben hat, und wenn er die Grenzen seines Wissens überschreiten kann, indem er aus Wissen Nutzen zieht, daß er selbst nicht besitzt." s Information bedeutet ,,Nachricht", ,,Auskunft", Belehrung"; ausführlich zum Informationsbegriff Langer, Informationsfreiheit als Schranke der informationellen Selbstbestimmung, § 2 A.

12

Einleitung

die Interessen derer, die auf den Umgang mit Informationen angewiesen sind, werden in den Hintergrund gedrängt. Um auf deren Legitimität und rechtliche Schutzwürdigkeit hinzuweisen und das Pathos des sog. Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung zugunsten einer differenzierteren Betrachtungsweise der einander gegenüberstehenden Interessen zu brechen, ist es deshalb notwendig, auch die für die Informationsfreiheit sprechenden Interessen herauszuarbeiten, auf ihre grundrechtliche Fundierung hin zu untersuchen und so auf das ihnen zukommende Gewicht aufmerksam zu machen, ohne damit jedoch die Notwendigkeit des Daten- und damit letztlich des Persönlichkeitsschutzes leugnen zu wollen. Ziel ist es vielmehr, zur vorhandenen Überbetonung des Informationsschutzes ein Gegengewicht zu schaffen, um auf einen angemessenen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen hinzuwirken. Aus zivilrechtlicher Sicht könnte gegen diese Vorgehensweise freilich eingewandt werden, daß zur Bemühung des Verfassungsrechts gar keine Notwendigkeit bestehe, weil bereits das einfache Gesetz und dessen Auslegung zu richtigen Ergebnissen zu führen vermag. Jedoch begründen die Befürwortereines extensiven Daten- und Informationsschutzes dessen Vorrangigkeil vor anderen Interessen verfassungsrechtlich und versuchen, damit entgegenstehendes einfaches Recht zu überwinden. Nachfolgend soll deshalb dargelegt werden, daß die Informationsfreiheit als wesentliche Voraussetzung einer funktionierenden Wirtschaft vom Schutzbereich der Berufsfreiheit und der Eigentumsgarantie umfaßt ist 7 , so daß hierin eingreifende Gesetze, zu denen im Bereich des wirtschaftlichen Handeins vor allem die Regelungen des BDSG über die Datenverarbeitung durch nicht-öffenliche Stellen und die Mitbestimmungsrechte des BetrVG zählen, den Schrankenvorbehalten dieser Grundrechte gerecht werden müssen. In diesem Zusammenhang bedürfen die einander gegenüberstehenden Interessen an der Wahrung der Informationsfreiheit und an einem ausreichenden Persönlichkeitsschutz eines gerechten Ausgleiches. Ob der Gesetzgeber einen solchen im BDSG und im BetrVG gefunden hat, soll untersucht werden. 6 Sie wird häufig als Infonnationsgesellschaft bezeichnet, vgl. nur Sieber, NJW 1989, 2569; ferner Zöllner, Infonnationsordnung und Recht, S. 12 f. m. w. N. zur Herkunft des Begriffes der Infonnationsgesellschaft. 1 Zur Grenze des Rechts auf infonnationelle Selbstbestimmung aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 siehe Langer, Infonnationsfreiheit als Schranke der infonnationellen Selbstbestimmung, §§ 7 und 8. Die Grundrechte des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und der Art. 12 und 14 GG schließen einander nicht aus, sondern bilden gemeinsam einen verfassungsrechtlichen Schutz für denjenigen, der Informationen erhebt und verwendet. Dessen Grundrechtsschutz kann dadurch verstärkt werden, da es denkbar ist, daß eine Grundrechtsbeeinträchtigung, die an mehreren Grundrechten zu messen ist, nach jedem Grundrecht allein betrachtet, zulässig ist, während eine Zusammenschau beider Grundrechte ergibt, daß eine verfassungswidrige Beeinträchtigung des Grundrechtsträgers vorliegt (vgl. dazu Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 360 ff.; Bleckmann, Staatsrecht II,

s. 393, 394.).

1. Kapitel

Die Freiheit des Berufes und die Garantie des Eigentums § 1 Der Gewährleistung der Informationsfreiheit

durch die Berufsfreiheit

I. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG Entsprechend dem Zweck der Grundrechte, besonders gefährdeten Freiheitsbereichen des menschlichen Lebens einen erhöhten Schutz zuteil werden zu lassen 1, gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG die Freiheit der Wahl von Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte, sowie die Freiheit der Berufsausübung, von denen für die vorliegend zu behandelnde Frage des Schutzes der Informationsfreiheit durch Art. 12 GG nur die Berufswahl- und die Berufsausübungsfreiheit von Bedeutung sind. 1. Der Begriff des Berufes

Schlüsselbegriff für den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist der Begriff des Berufes. Darunter wird üblicherweise jede erlaubte, auf Dauer angelegte Tätigkeit verstanden, die auf die Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage gerichtet ist 2 - eine Definition, die sehr weit gehalten ist, um die Freiheitsgewährleistung in diesem Lebensbereich möglichst umfassend zur Geltung kommen zu lassen 3• Die auszuübende Tätigkeit muß dabei nicht einem traditionellen Berufsbild, wie z. B. Gärtner, Bankkaufmann, Zahnarzt entsprechen, sondern es steht im Belieben des Grundrechtsträgers, auch neue und untypische Tätigkeiten zu erfmden und als seinen Beruf zu wählen und auszuüben 4 • 1 Wendt, AöR 104 (1979), S. 414 (438); v. Münch, Grundbegriffe des Staatsrechts I, Rn.167. 2 Vgl. nur MaunziDürig-Scho/z, Art. 12, Rn. 18m. w. N.; BettermanniNipperdey I Scheuner-Bachof, Die Grundrechte, Bd. m 1, S. 181 und 187 f. 3 In diesem Sinn auch Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 18. 4 BVerwG 22, 286 (287) Wahrsager - ; Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 907; MaunziDürig-Scho/z, Art. 12 Rn.17.

14

§ 1 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch Art. 12 GG

Aus dem Recht, jede gewünschte Tätigkeit als Beruf ergreifen zu dürfen, ergibt sich, daß Art. 12 Abs. 1 GG- über die historisch schon früher garantierte Gewerbefreiheit 5 hinaus- neben der selbständigen gewerblichen Betätigung 6, auch die freien Berufe 7 und vor allem die abhängige Arbeit von Arbeitnehmern und arbeitnehmerähnlichen Personen erfaßt 8 • Das Grundrecht entfaltet so Bedeutung für alle sozialen Schichten 9• Das Kriterium der ,,Erlaubtheit" in der Definition hat die Funktion, solche Tätigkeiten vom Schutzbereich der Berufsfreiheit auszuschließen, die auf einen gemeinschaftsschädlichen, sozialunwertigen Erfolg gerichtet sind 10• Manche Autoren 11 , denen der Hinweis auf die Sozialunwertigkeit zu vage ist, stellen statt dessen darauf ab, ob eine Tätigkeit unabhängig von ihrer professionellen Ausübung verboten ist 12• Übereinstimmung besteht zwischen beiden Auffassungen aber darin, daß der Berufsbegriff nicht zur Disposition des Gesetzgebers gestellt werden darf 13, indem ihm die Möglichkeit gegeben wird, durch das Verbot einer Tätigkeit diese vom grundrechtliehen Schutzbereich auszunehmen. Eine solche Einführung eines Gesetzesvorbehalts durch die Hintertür 14 wäre mit der Bedeutung der Grundrechte des Grundgesetzes, die gerade auch vom Gesetzgeber beachtet werden müssen, nicht vereinbar. Deshalb ist im Gegenteil davon auszugehen, daß, würde der Gesetzgeber beispielsweise die Tätigkeit von Wirtschaftsauskunfteien verbieten, der Belreiber einer solchen Auskunftei trotzdem einen Beruf ausüben würde und sich gegen das Gesetz unter Berufung auf Art. 12 GG zur Wehr setzen könnte, ebenso wie jemand, der erst zukünftig die Errichtung einer Auskunftei plant. Ob er dabei Erfolg hätte, bliebe im Rahmen der Schranken des Art. 12 GG zu prüfen.

s M. Hoffmann, Der grundrechtliche Schutz der marktwirtschaftliehen Unternehmenstätigkeit, S. 32 f.; Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Stichwort Gewerbegesetzgebung, unter II. 6 Settermann I Nipperdey I Scheuner-Bachof, Grundrechte, m 1, S. 183. 7 Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 7. s Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 7; zur Bedeutung des Art. 12 GG für die abhängige Arbeit siehe auch H.-P. Schneider und Lecheler, VVDStRL 43, S. 7 ff. und 48 ff.; ferner Wendt, DÖV 1984, 601 ff.; Pietzcker, NVwZ 1984, 550 ff. 9 BVerfGE 7, 377 (397). 10 V. Mangoldt-Klein, Art. 12 ' Anm. m 2a; zustimmend Settermann I Nipperdey I Scheuner-Bachof, Grundrechte ill 1, S. 181; BVerwGE 22,286 (289); s. auch Tettinger, AöR 108 (1983), 92 (98), der nur eine Tätigkeit ausschließen will, die "evident dem Menschenbild des GG entgegensteht und damit zentralen Wertungen und nicht lediglich allgemeinen sozialethischen Vorstellungen der Bevölkerung widerstreitet". 11 Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn 905; Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 28. 12 Vom Schutz des Art. 12 GG ist jedenfalls ausgeschlossen der Berufsverbrecher, str. z. B. bei Prostituierten. 13 Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 905; BVerwGE 22, 286 (288); dazu Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 25. 14 Settermann I Nipperdey I Scheuner-Bachof, Grundrechte, m 1, S. 190.

I. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG

15

Dauerhaft im Sinne der obigen Definition ist eine Tätigkeit, wenn sie von ihrem Wesen her objektiv auf Dauer angelegt sein kann und der Grundrechtsträger subjektiv die Absicht hat, sie auf gewisse Dauer zu betreiben, ohne daß es auf die tatsächliche Dauerhaftigkeit ankommt 15• Letztlich sollen nur bloße Gelegenheitsgewerbe, wie beispielsweise der Verkauf des Privat-PKW, und reine Liebhabereien vom Schutzbereich ausgenommen werden; für diese ist statt des Art. 12 Abs. 1 GG die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG einschlägig 16• Das Merkmal "auf Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage gerichtet" trägt dem Umstand Rechnung, daß die berufliche Tätigkeit ganz fiberwiegend und typischerweise zu dem Zweck der Sicherung der materiellen Existenzvoraussetzungen ausgeübt wird. Um in den grundrechtliehen Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG zu fallen, genügt es aber schon, daß eine Tätigkeit auf diesen Erfolg abzielt 17; ob sie tatsächlich genügend Ertrag zum Leben abwirft, ist ohne Bedeutung, so daß beispielsweise auch ein Künstler, dessen Werke keinen Absatz finden und der von sonstigem Vermögen oder von der Sozialhilfe lebt, einen Berufi. S. d. Art. 12Abs. 1 GG ausübt. Wenndas BVerfGeinenBerufmanchmal auch dadurch kennzeichnet, daß der einzelne mit ihm seinen Beitrag zur gesellschaftlichen Gesamtleistung erbringe 18, so ist dies kein notwendiges Charakteristikum eines Berufes im verfassungsrechtlichen Sinn 19• 2. Die Dimensionen des Berufsfreiheit

Geschützte Dimensionen der Berufsfreiheit sind einerseits die W ah1 eines Berufes und andererseits seine Ausübung. Mit der Berufswahl ist nicht nur der freie Willensentschluß als solcher gewährleistet, sondern zugleich dessen Manifestation durch die Aufnahme bzw. die Beendigung der beruflichen Tätigkeit 20• Ebenso gehört der Wechsel des Berufes zur Berufswah1 21 • Dagegen beinhaltet die Berufsausübung alles, was mit der Berufstätigkeit als solcher zusammenhängt, also die Modalitäten, unter denen diese sich vollzieht 22 , wie beispielsweise Inhalt, Dauer und äußere Erscheinungsform der Tätigkeit, aber auch die Mittel, die bei ihrer Ausführung eingesetzt werden 23 • MaunziDilrig-Scholz, Art. 12 Rn. 19, 20. Bettennano I Nipperdey I Scheuner-Bachof, Grundrechte ill 1, S. 182. 11 Maunz/Dilrig-Scholz, Art. 12 Rn. 21. 18 BVerfGE 7, 377 (397); E 50, 290 (362). 19 Maunz I Dilrig-Scholz, Art. 12 Rn. 23. 20 BVerfGE 9, 338 (340); E 21, 173 (183); Katz, Grundkurs im öffentlichen Recht I, S. 347; Bettennano I Nipperdey I Scheuner-Bachof, S. 191; Maunz I Dilrig-Scholz, Art. 12 Rn. 274. 21 BVerfGE 43, 291 (363); Maunz I Dilrig-Scholz, Art. 12 Rn. 277. 22 Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 929; vgl. auch BVerfGE 75, 246 (274). 23 Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (112) mit weiteren Beispielen; Jarass I Pieroth, Art. 12 Rn. 8. 15

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§ 1 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch Art. 12 GG

Insgesamt werden von Art. 12 Abs. 1 GG also alle Phasen eines beruflichen Werdeganges umfaßt und das Ziel einer möglichst unreglementierten beruflichen Betätigung angestrebt 24• Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen der Wahl eines Berufes und seiner Ausübung ist allerdings nicht stets in zufriedenstellender Weise möglich. Für die Frage, ob der grundrechtliche Schutzbereich der Berufsfreiheit durch eine Maßnahme der staatlichen Gewalt tangiert wird, bedarf es einer solchen Abgrenzung aber auch nicht, zumal das BVerfG in ständiger Rechtsprechung und ihm folgend die Literatur in Art. 12 Abs. 1 GG ein einheitliches Grundrecht sieht mit einem Regelungsvorbehalt, der sich sowohl auf die Berufsausübung als auch auf die Berufswahl erstreckt 25• Erst bei den Anforderungen an ein schrankenziehendes Gesetz wird wieder zwischen Wahl und Ausübung differenziert 26•

ll. Die Informationsfreiheit als Teil der unternehmerischen Berufsfreiheit 1. Die Berufsfreiheit des Unternehmers

Gemäß den bisherigen Ausführungen ist auch die unternehmerische.Berufsfreiheit vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG umfaßt. Die Auffassung von Herbert Wiedemann, die einen Beruf des Unternehmers nicht anerkennt, weil dies der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes widerspreche und weil Art. 12 GO sich aus dem Schutz vor Zwangsarbeit und Dienstverpflichtung entwickelt habe 27, hat keine Gefolgschaft gefunden. Abgesehen davon, daß das letztgenannte Argument sich schon aus den Materialien des Grundgesetzes widerlegen läßt und daß es den systematischen Zusammenhang der beiden Absätze des Art. 12 GO verkennt, kann mit dem Schlagwort der "wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes" nicht die Grundrechtsordnung außer Kraft gesetzt werden 28 • Deshalb ist davon auszugehen, daß von der grundrechtliehen Gewährleistung des Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich jede wirtschaftliche Tätigkeit und damit auch die gewerbliche und unternehmensehe Betätigung erfaßt wird 29. BVerfGE 34, 252 (256). BVerfGE 7, 377 (401); BettermanniNipperdey I Scheuner-Bachof, Grundrechte ill 1, S. 192; Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 903; Maunz I Dürig-Scho/z, Art. 12 Rn. 14; v. Münch-Gubelt, Art 12 Rn. 36. 26 Näheres siehe unten, S. 77. 27 Gesellschaftsrecht, S. 698. 28 Vgl. hier nur BVerfGE 50, 290 (338): der Gesetzgeber darf jede ihm sachgemäße Wirtschaftspolitik verfolgen, sofern er das GG, insbesondere die Grundrechte beachtet (Hervorh. nicht im Original). 29 Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 79; v. Münch-Gubelt, Art. 12 Rn. 18 jeweils m.w.N. 24

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ll. Informationsfreiheit als Teil der Berufsfreiheit

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Eine nähere Ausdifferenzierung zeigt, daß zunächst die Gründung eines Unternehmens und die damit verbundene Bestimmung des mit Hilfe dieser Organisation zu verfolgenden Zweckes als Teil der Berufswahlfreiheit geschützt sind 30. In unmittelbarem Zusammenhang mit der Gründung steht die Wahl der Rechtsform und die Entscheidung über die interne Organisationsstruktur 31 . Zwar kann der Unternehmensgründer nur zwischen den gesetzlich vorgegebenen Typen wählen; diese müssen seinem unternehmerischen Handeln jedoch noch einen ausreichenden Entfaltungsspielraum belassen 32. Aus der Tatsache, daß in einer entwickelten Industriegesellschaft unternehmerisches Handeln in größerem Umfang nur durch Kooperation und gesellschaftsrechtliche Organisation möglich ist 33, folgt deshalb, daß Art. 12 Abs. 1 GG auch das Recht zur Gründung einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, einschließlich der personellen Besetzung der Organe, eröffnet34 und sich insoweit mit der Vereinigungsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 GG überschneidet 35. Zur Ausübung des Unternehmerberufes und damit in den grundrechtliehen Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG gehört auch die Leitung des Unternehmens36. Als wesentliches Element umfaßt sie das Tätigwerden des Unternehmers nach außen und bedingt dadurch, daß die Wahl und Ausübung des Unternehmens jedem Deutschen offensteht, insbesondere das Verhalten im Wettbewerb 37. Hierher gehören auch die Investitions-, Produktions- und Wachstumsfreiheit38. Bezogen auf die einzelnen Komponenten der Unternehmertätigkeit ist grundsätzlich alles, was der Verfolgung des Unternehmenszweckes, letztlich also dem Erwerb und der Rentabilität dient, vom Schutzbereich der Berufsfreiheit erfaßt 39. Die unternehmensinterne Leitung korrespondiert hiermit insofern, als sie die Produktion und die Personalpolitik an die äußeren Gegebenheiten des Marktes anpassen muß. Im Bereich der Personalpolitik ist Instrument dazu vor allem der Arbeitsvertrag. Als notwendiges Mittel zur internen Unternehmensführung ist daher auch die Arbeitsvertragsfreiheit des Unternehmers durch Art. 12 Abs. 1 GG- als gegenüber dem die allgemeine Vertragsfreiheit verbürgenden Art. 2 Abs. 1 00 40 30

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GG.

Papier, NJW 1987, 988 (994); Scholz, Entflechtung und Verfassung, S. 148. Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (16 u. 17). Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (17); Scholz, Entflechtung und Verfassung, S. 148. Badura, DÖV 1990, 353 (355); Papier, VVDStRL 35 (1977), S. 55 (87). Scholz, Entflechtung und Verfassung, S. 148. Badura, DÖV 1990, 353 (358); Papier, VVDStRL 35 (1977), S. 55 (88) zu Art. 14

36 Allgemeine Meinung, vgl. statt aller BVerfGE 50, 290 (363); Papier, NJW 1987, 988 (994); Maunz/Dürig-Scholz, Art 12, Rn. 35. 37 .BVerfGE 32, 311 (317); E 46, 120 (137 f.); Jarass I Pieroth, Art. 12 Rn. 14; ferner Maunz I Dürig-Scholz, ·Art. 12 Rn. 136; Pieroth-f Schlink, Die Grundrechte, Rn. 909; Stober, Grundrechtsschutz der Wirtschaftstätigkeit, S. 65 m. w. N. 38 Maunz/Dürig-Scholz,'Art. 12 Rn. 124; Badura, DÖV 1990,353 (355). 39 Vorsichtiger Leisner, DVBI 1989, 1025 (1029). 40 Maunz/Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 131. 2 Breitfeld

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§ 1 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch Art. 12 GG

speziellerem Grundrecht- gesichert 41 • Folglich unterfällt die Stellung des Unternehmers als Arbeitgeber ebenfalls dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG 42, so daß auch Entscheidungen über Einstellungen und Kündigungen grundrechtlich geschützt sind 43 , ebenso wie die sich aus dem Vertrag ergebenden, als arbeitgeberisches Direktionsrecht44 bezeichneten Befugnisse des Arbeitgebers 45 in bezug auf die Ausführung der Arbeit und das diese begleitende Verhalten. 2. Die Informationsfreiheit als Schutzgegenstand der Berufsfreiheit

Für die unternehmensehe Berufsfreiheit ist die Informationsfreiheit, verstanden als die Freiheit zur Erhebung, Verarbeitung und Verwendung von Informationen, unter verschiedenen Aspekten relevant: Für Berufe, deren Tätigkeit gerade in der Erhebung und Weitergabe von Informationen besteht, ist die Informationsfreiheit Grundlage der beruflichen Tätigkeit überhaupt und aus diesem Grund bereits vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG unmittelbar umfaßt. Dies gilt z. B. für das Betreiben von Warndateien (Schufa, A VAD 46) oder von Handelsauskunfteien (z. B. Schimmelpfeng; Verein Creditreform). Aber auch für andere Unternehmer, die nicht unmittelbar von der Informationserhebung und -Weitergabe leben, ist die Informationsfreiheit von essentieller Bedeutung. Information ist nämlich, wie Steinbuch 41 es treffend formuliert "der Stoff, aus dem Entscheidungen gemacht werden können". Um das mit dem Unternehmen verfolgte wirtschaftliche Ziel, nämlich die Erwirtschaftung von Gewinn, erreichen zu können, müssen die mit der Leitung des Unternehmens zusammenhängenden Entscheidungen eine möglichst große Richtigkeilsquote aufweisen, die sich wiederum zuverlässig nur dann erreichen läßt, wenn ausreichende Informationen zur Verfügung stehen 48 • Aus diesem Grund wird Informa41 R. Scholz, ZfA 1981, 265 (275); ders., in: Maunz I Dürig, Art. 12 Rn. 115; Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (25); Papier, RdA 1989, 137 (138 ff.); Söllner, RdA 1989, 144 (148), meint allerdings, daß eine weitgehende Ergebnisidentität zwischen Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG bestehe, weil das, was durch die Konzentration auf die Berufsfreiheit an Schärfe gewonnen werde, durch die Anerkennung eines weiten gesetzgebensehen Gestaltungsspielraumes kompensiert werde. 42 BVerfG NZA 1988, 355 (356); BVerfG NJW 1986, 1601; Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 127, 128; ders., ZfA 1981, 265 (272). 43 Maunz/ Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 49, 50, 55, 131 ff. 44 Vgl. dazu z. B. Hanau/ Adomeit, Arbeitsrecht, S. 33m. w. N.; abweichend Birk, Die arbeitsrechtliche Leitungsmacht, S. 51 ff., der die Grundlage des arbeitgebensehe Direktionsrecht im Gesetz und im dieses ergänzenden Richterrecht sieht. 4S Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 123. 46 A VAD = Auskunftsstelle für den Versicherungsaußendienst 47 GRUR 1987, 579 (581). 48 Schineis, Marketing und Datenschutz, S. 47; Steinbuch, GRUR 1987, 579 (581 f.); zur Bedeutung der Information in einem marktwirtschaftliehen System ausführlich Zöllner, RDV 1991, 1 (4 ff.).

11. Informationsfreiheit als Teil der Berufsfreiheit

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tion auch als dritte Größe neben Materie und Energie bezeichnet49 • Ohne die erforderlichen Information ist eine freie Entscheidung nicht möglich, weil Handlungsalternativen nicht oder jedenfalls nicht vollständig erkannt werden können so. Eine freie Entscheidung bietet zwar keine Richtigkeitsgarantie, doch ist die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Entscheidung größer, denn abgesehen von Zufallstreffern ermöglicht allein der Besitz von Informationen die richtige Entscheidung s1• Dem hat unsere wirtschaftliche und technische Entwicklung durchaus Rechnung getragen. Erinnert sei an die Entstehung von Auskunfteien, unter denen die Schufa die bekannteste ist, zu denen aber auch Handelsauskunfteien gehören, bei denen man entgeltlich Informationen beispielsweise über in Aussicht genommene Vertragspartner erhalten kann. Über Marktkonditionen, etwa die Käuferstruktur eines bestimmten Warenangebotes oder voraussichtliche Chancen eines neuen Produkts informieren Marktforschungsinstitutionen. Manche Unternehmen unterhalten zu diesem Zweck auch eigene Abteilungen. An diesen Daten kann der Unternehmer sein Wettbewerbsverhalten ausrichten und, um das wirtschaftliche Ergebnis zu optimieren, seine Produkte den Wünschen der Nachfrager anpassen, durch Werbekampagnen einen Absatzmarkt vergrößern oder überhaupt erst erschließen. Im inneren Unternehmensbereich besteht ebenfalls ein erhebliches Informationsbedürfnis, zumal die unternehmensinternen Faktoren -jedenfalls in gewissen Grenzen - vom Unternehmer beeinflußt werden können, während er sich auf das Marktgeschehen im großen und ganzen nur einstellen kann. Das Informationsbedürfnis betrifft demgemäß sowohl personenbezogene Daten als auch reine Betriebsdaten. Die Informationen werden teils durch Personen, nämlich durch den Unternehmer selbst oder durch damit beauftragte Mitarbeiter erhoben, festgehalten und ausgewertet, teils auch durch Maschinen, meist unter Zuhilfenahme der EDV-Technik. Bei EDV-Anlagen kann man differenzieren zwischen Anlagen, deren Zweck gerade in der Datenerhebung und -Verarbeitung liegt und solchen, bei denen diese Daten nur als ,,Nebenprodukte" (etwa der Fertigung) anfallen. Zur erstgenannten Gruppe gehören z. B. die Personalinformationssysteme, die eine rationellere Personalverwaltung gerade in größeren Betrieben ermöglichen, denen es - im Gegensatz etwa zu einem Handwerksbetrieb, in dem der Sieber, NJW 1989, 2569 (2573) in Anlehnung an N. Wiener. so Hammer, in: Roßnagel, Freiheit im Griff. Informationsgesellschaft und Grundgesetz, S. 49; ferner ausführlich Langer, Informationsfreiheit als Schranke des informationeilen Selbstbestimmung, § 2 B. Zwar hängt eine freie Entscheidung nicht vom Bestehen von Wahlmöglichkeiten als solchen ab, wohl aber davon, ob jemand in seiner Entscheidung von einem anderen gesteuert wird (v. Hayek, Die Verfassung der Freiheit, S. 17). Eine solche Steuerung kann aber gerade durch das Vorenthalten von Informationen geschehen. Ein Beispiel dafür ist es, wenn dem Arbeitgeber verwehrt wird, etwa die ihn zu einer Kündigung berechtigenden Fehlzeiten von Arbeitnehmern zu ermitteln. s1 Steinbuch, GRUR 1987, 579 (582). 49

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§ 1 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch Art. 12 GG

Meister auch ohne technische Hilfsmittel weiß, ob ein Mitarbeiter häufig nach Sonn- oder Feiertagen fehlt - an der Überschaubarkeit fehlt. Im zweiten Fall ist an neue Produktionsmethoden, wie etwa die als CIM (computer integrated manufacturing) bezeichnete Verbindung von Informations- und Produktionstechnik. Die dafür notwendige integrierte Informationsverarbeitung betrifft sowohl die betriebswirtschaftliehen wie die technischen Aufgaben eines Industriebetriebes und hat damit Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen. Nach Auffassung der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur wird die Einführung des CIM in den nächsten Jahren aufgrund der damit verbundenen Kostenvorteile, der höheren Flexibilität und der stärkeren Kundenorientierung eine Überlebensfrage für viele, auch mittlere und kleinere Unternehmen werden 52• Notwendige Voraussetzung dieses Produktionssystems ist neben einer veränderten Betriebsorganisation und anderer Mitarbeiterqualifikation die unternehmensweite Kommunikation zwischen den Rechnersystemen und die Schaffung eines unternehmenseinheitlichen Datenbestandes 53 • Undenkbar ohne eine fortschrittliche Datenübertragungstechnik und die Möglichkeit eines schnellen Zugriffs auf das betriebliche Datennetz ist auch die Einrichtung außerbetrieblicher Arbeitsstätten für solche Arbeitnehmer, deren Tätigkeit dazu geeignet ist, wenigstens teilweise zu Hause erledigt werden zu könnens4 • Die Befriedigung des höheren Informationsbedürfnisses kann vielfach nur unter Zuhilfenahme der elektronischen Datenverarbeitung geleistet werden; deren ökonomische Bedeutung hat deshalb in den letzten Jahren eminent zugenommen: Laut Sieber 55 waren 1989 mittlere und größere Computer für ca. 50 Milliarden DM installiert, der Wert der Software soll etwa doppelt so hoch sein. Die Informationsverarbeitung im weitesten Sinn stellt nach einer Schätzung der HG-Kommission zwei Drittel der Bruttoinlandsproduktion Europas. Über 90 % der neu geschaffenen Arbeitsplätze betreffen den Informations- und Dienstleistungssektor, so daß die Informationsindustrie zu einer der wachstumsstärksten Schlüsselindustrien geworden ist. Sind aber Informationen unerläßliche Grundlage einer effektiven Führung eines Unternehmens, sei es für die Vomahme von Verbesserungen im Produktionsablauf, sei es, daß positive oder negative Konsequenzen für Mitarbeiter gezogen werden, und erfolgen sie also im Rahmen der Unternehmerischen Berufsfreiheit, dann kann dies nur bedeuten, daß die Befugnis zu deren Erhebung, Verarbeitung und Verwendung auch vom Gewährleistungsbereich der Berufsfreiheit umfaßt ist. Deren sinnvolle Ausübung wäre sonst nicht möglich.

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Scheer, CIM - Der computergesteuerte Industriebetrieb, S. I.

CIM-Lexikon, Stichwort "CIM". Bei IBM Deutschland wurde eine entsprechende Betriebsvereinbarung im Juli 1991 abgeschlossen, vgl. Berliner Morgenpost vom 12. 7. 1991, S. 1. 55 NJW 1989, 2569 f. 53

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I. Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG

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§ 2 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit

durch die Eigentumsgarantie

I. Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG Eine Defmition des Eigentums fmdet sich weder im Grundgesetz noch in den Verfassungen der Länder. Auch wenn das Eigentum- wie beispielsweise in Art. 60 LVerf Rh.-Pf. -als ,,Naturrecht" gewährleistet wird, ist damit nicht eine Garantie des Eigentums mit einem bestimmten, nämlich mit ,,naturrechtlichen" Inhalt gemeint, schon deshalb nicht, weil ein solcher nicht feststeht 56, zumindest außerhalb eines engen Kernbereichs schwer feststellbar ist. Gewährleistet wird vielmehr nur ein Recht auf Eigentum 57, dessen Inhalt durch die Verfassung selbst aber nicht festgelegt wird 58, so daß zwischen der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG und der der Länderverfassungen kein Unterschied besteht59. Zwar enthalten auch andere Grundrechte keine Defmitionen, doch kann der Begriff des Eigentums im Gegensatz zu den Kernbegriffen anderer Grundrechte, z. B. Versammlung, Ehe oder Glaube, nicht unter Rückgriff auf den normalen Sprachgebrauch erschlossen 60 oder gar logisch bestimmt 61 werden. Deshalb bleibt zur Klärung des Schutzumfangs der Eigentumsgarantie, also zur Bestimmung der eigentumsfähigen Objekte und der mit der Eigentümersteilung verbundenen Befugnisse, nur der Rückgriff auf die Funktion und den Schutzzweck der Grundrechte allgemein und des Art. 14 Abs. 1 GG speziell62. 1. Die Funktion der Eigentumsfreiheit Der primäre Zweck der Grundrechte des Grundgesetzes liegt in der rechtlichen Sicherung eines Freiraums, innerhalb dessen der einzelne sein Leben frei von staatlichem Zugriff nach eigenen Vorstellungen gestalten kann 63, denn auch wenn neben die Abwehrfunktion andere Schutzzwecke (z. B. Teilhaberecht, Verfah56 Erwin Stein, FS f. Gebh. Müller, S. 503. 57 Dürig, ZGesStW 109 (1953), S. 326 (337 I 338). 58 Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur, S. 13. 59 Dürig, ZGesStW 109 (1953), S. 326 (338); Süsterhenn I Schäfer, Kommentar zur LVerf Rh.-Pf., S. 252. 60 Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur, S. 13; s. auch BVerfGE 20, 351 (355): es gebe keinen "absoluten Begriff' des Eigentums; ähnlichE 31, 31, 229 (240). 61 Erwin Stein, FS f. Gebh. Müller, S. 503. 62 BVerfGE 36, 281 (290); E 42, 263 (293). 63 So die traditionelle liberale Grundrechtstheorie, vg1. Böckenförde, NJW 1974, 1529 (1530); BVerfGE 6, 55 (81); E 21, 362 (369); E 31, 229 (239); ferner Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 11; Meyer-Abich, Der Schutzzweck der Eigentumsgarantie, S. 167.

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§ 2 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch Art. 14 GO

rensrecht) 64 getreten sind, darf daraus nicht auf eine Abwertung dieser Funktion geschlossen werden 65 • Bezogen auf die Eigentumsfreiheit läßt sich aus diesem Befund die erste, noch sehr allgemeine Aussage herleiten, daß ein Freiraum der Entscheidung über die lnnehabung von und den Umgang mit bestimmten Gütern geschützt wird66. Aus der dem Art. 14 Abs. 3 GG zugrundegelegten Annahme, daß für das enteignete Eigentum eine Entschädigung geleistet werden können muß, ergibt sich, daß unter Eigentum nur Güter mit Vermögenswert verstanden werden 67 , denn mangels eines entgegenstehenden Anhaltspunktes unterscheidet sich der Eigentumsbegriff des Art. 14 Abs. 3 GG nicht von dem des Abs. 1, so daß die Annahme in gleicher Weise fiir die Eigentumsgarantie des Abs. 1 gilt 68• Eigentum beinhaltet also eine Befugnis zur Herrschaft in bezug auf einen bestimmten vermögenswerten Gegenstand. Sie ist dem Grundrechtsträger im eigenen Interesse verliehen, damit er sein Leben eigenverantwortlich gestalten kann 69• 2. Eigentum als rechtlich fundierte Herrschaftsbefugnis Darüber, welche Positionen konkret dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen, ist damit allerdings noch nichts gesagt. Wenn oben das Eigentum als Herrschaftsbefugnis in bezugauf ein bestimmtes Objekt bezeichnet wurde, so kann jedoch ein rein faktisches, nicht rechtlich fundiertes Herrschaftsverhältnis nicht ausreichen. Bei der Anerkennung faktischer Positionen als Eigentum wäre dieses rechtlich nicht faßbar und aufgrund der Zufälligkeiten und des Wechsels der Machtgegebenheiten gäbe es kein wirklich gesichertes Eigentum mehr 70, so daß also auch der Schutz des Eigentümers nach einer rechtlichen Fundierung des Eigentums verlangt. Anderenfalls wäre Eigentum nur das, was der einzelne gegenüber dem freien Zugriff Dritter behaupten kann7'. Gegen die Erfassung auch faktischer Beziehungen durch das Grundgesetz in Art. 14 Abs. 1 GG spricht, daß damit nicht nur ein grundlegender Bruch gegen64 Allgemein dazu /. v. Münch, Grundbegriffe des Staatsrechts, S. 85 ff.; Jarass I Pieroth, Art. 1 Rn. 1 ff. 65 Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 11. 66 Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 12; Meyer·Abich, Der Schutzzweck der Eigentumsgarantie, S. 167; Chlosta, Der Wesensgehalt der Eigentumsgewährleistung, S. 84, Krüger, Hamburger FS f. F. Schack, S. 71. 67 BVerfGE 70, 115 (121). 68 Bleckmann, Staatsrecht ll, S. 915. 69 BVerfGE 31, 229 (239); E 42, 263 (293); E 50, 290 (339). 10 Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 13. 11 Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 70.

I. Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG

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über dem überkommenen und anerkannten Eigentumsbegriff, sondern auch eine ganz erhebliche Ausdehnung des Schutzbereiches gegenüber dem des Art. 153 WeimRVerf verbunden wäre, der im Grundgesetz seinen Ausdruck gefunden hätte, wäre er gewollt gewesen 72•

In Übereinstimmung mit den vorangegangenen Überlegungen charakterisieren Rechtsprechung und Rechtslehre Eigentum als Vermögenswertes subjektives Recht eines Privaten, fordern also eine rechtliche Fundierung der Herrschaftsbefugnis 73 • Eigentum wird als ein rechtliches Verhältnis verstanden, das zwischen dem Eigentümer als Rechtsinhaber und anderen Personen besteht 74, die dieses Recht achten und alles unterlassen müssen, was den Eigentümer in seiner Verfügung hindem oder sonst beeinträchtigen würde 75 • Die Herrschaft über den Gegenstand ist lediglich ein Reflex des Ausschlusses der anderen 76• Zwischen einer Person und einer Gegenstand kann kein Rechtsverhältnis bestehen, weil jedem Recht auf der einen Seite notwendig eine Pflicht auf der anderen Seite korrespondieren muß und eine Verpflichtung eines Gegenstandes nicht denkbar ist 77 • Kant verdeutlicht dies mit dem Beispiel, daß "ein Mensch, der auf Erden ganz allein wäre, eigentlich kein äußeres Ding als das Seine haben oder erwerben könnte; weil zwischen ihm als Person und allen anderen äußeren Dingen als Sachen, es gar kein Verhältnis der Verbindlichkeit gibt" 78 • Ein Verhältnis einer Person zu einer Sache kann nur ein faktisches sein 79. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 63. BVerfGE 24, 367 (396); E 53 257 (290); deutlich v. Münch-Bryde, Art. 14 Rn. 48; Bleckmann, Staatsrecht II, S. 912; Badura, Staatsrecht, S. 138; Pierothl Schlink, Die Grundrechte, Rn. 997. 74 Eugen Huber, Recht und Rechtsverwirklichung, S. 200; Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrchtslehre, S. 166. 75 Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 135. 76 Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 136; treffend bezeichnet Kreß, Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, S. 11, die absoluten Rechts, zu denen auch das Eigentum gehört als ,,Hilfsvorstellung" für die Machtstellung, die in Wirklichkeit durch (unentwickelte) Ansprüche entstehe. Vgl. ferner zum Verständnis des Eigentums bei Fichte J. Braun, Freiheit, Gleichheit, Eigentum, S. 16 ff. (17): Gegenstand des Eigentums sei die "Verteilung der äußeren Handlungsfreiheit". 11 Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 166 f.; Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 10, erläutert das am Beispiel des Sklaven, der nicht als Rechtsgenosse angesehen wurde und für den es deshalb auch keine Rechtsmacht, sondern nur die faktische Macht des Herrn gab. 78 Metaphysik der Sitten, herausgegeben von Karl Vorländer, S. 72; ebenso Eugen Huber, Recht und Rechtsverwirklichung, S. 200. 79 Unzutreffend ist es deshalb, wenn Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 66 ff. als Begründung für die Notwendigkeit der rechtlichen Fundierung des Eigentums das Argument anführt, daß es sich beim Eigentum um das Verhältnis zwischen Personen handelt und nicht zwischen Person und Sache handelt. Der Begründungsgang ist vielmehr gerade umgekehrt: Weil Recht stets eine Mehrzahl von Personen voraussetzt (Eugen Huber, Recht und Rechtsverwirklichung, S. 199) und das Eigentum ein rechtliches Verhältnis ist, kann es nur eine interpersonelle Beziehung sein, vgl. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 10. Als bloß faktische Beziehung zwischen Person 12 73

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§ 2 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch Art. 14 GO

Bedarf das Eigentum also stets einer rechtlichen Fundierung 80, so folgt daraus,

daß es kein von Gesetzen unabhängiges Eigenturn gibt. Darin liegt eine Besonder-

heit des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG, denn die Schutzbereiche anderer Grundrechte bestehen unabhängig von ihrer gesetzlichen Definition 81 . Es ist Aufgabe des Staates, in seiner Rechtsordnung festzulegen, wem die Vermögensherrschaft in bestimmten Vermögensbereichen gebühren soll, eine Frage, die durch die Aufstellung allgerneiner Grundsätze im Wege der Gesetzgebung beantwortet werden muß. Auf diese Weise entsteht begrifflich überhaupt erst Eigentum, so daß vor den verfassungsrechtlichen Schutz durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG die normative Konstituierung einer Position als Eigenturn durch den einfachen Gesetzgeber gestellt ist. 3. Inhalts- und Schrankenbestimmung

Überwiegend werden zu den eigentumskonstituierenden Gesetzen unterschiedslos sowohl inhalts- als auch schrankenbestimmende Gesetze gezählt; Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG wird demnach als einheitliche Regelungsermächtigung an die Adresse des Gesetzgebers aufgefaßt. Daß dies auch der Ansicht des BVerfG entspricht, kommt in der sog. Naßauskiesungs-Entscheidung deutlich zum Ausdruck, wo das BVerfG formuliert, daß Inhalts- und Schrankennormen generell und abstrakt die Rechte und Pflichten des Eigentümers festlegen, also den Inhalt des Eigentums bestirnmen 82. Die überwiegende Literatur folgt diesem Verständnis von Inhalts- und Schrankennormen83, Für Schrankennormen im Sinn anderer Grundrechte, nämlich als Begrenzung des Schutzbereiches bleibt nach diesem Verständnis kein Raum, da die Beschränkungen von vornherein Bestandteile des Eigentumsbegriffs werden 84, so daß sich erst aus der Zusammenschau von konturierender Rechtsnorm und Beschränkung ergibt, was das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum ist 85. An einem Beispiel verdeutlicht heißt dies, daß Art. 14 Abs. l GG mit dem Eigentum an einem Grundstück nicht generell das Recht schützt, dieses zu bebauen, sondern und Sache, ist auch der Besitz kein Recht. Zu den Gründen für den Besitzschutz, s. Wieling, Sachenrecht, S. 127 f., der selbst der Ansicht folgt, daß Besitzschutz Persönlich-

keitsschutz sei. so So heute im Grundsatz allgemeine Meinung, vgl. nur Maunz I Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 4; Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur, S. 13. 81 Zu Art. 12 GO siehe oben, S. 14. 82 BVerfGE 58, 300 (330)- Hervorhebung nicht im Original. 83 Maunz/Dürig-Papier, Art 14 Rn. 250, 251; Pierothl Schlink, Die Grundrechte, Rn. 1013 f.; Bleckmann, Staatsrecht ll, S. 931; auch Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur, S. 15; ebenso schon M. Wolff, Festgabe Kahl, S. 1 (7) zu Art. 153 WeimRVerf. 84 Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 995. 85 BVerfGE 58, 300 (336); E 72, 66 (77); E 74, 129 (148).

I. Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG

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nur eine Baufreiheit im Rahmen der einfachen Gesetze (z. B. BauGB, LBO) gewährleistet 86• Diese Auffassung, die den verfassungsrechtlichen Schutz in bedenklicher Weise vom einfachen Gesetzge}Jer abhängig macht und die im Gegensatz zu dem Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG steht, der gerade eine Differenzierung enthält 87, wird damit begründet, daß Inhalt und Schranken nicht auseinander zu halten seien und nur den gleichen Sachverhalt aus unterschiedlichen Blickwinkeln beschrieben, nämlich einmal aus der Warte des begrenzten Eigentums und das ' andere Mal aus der Warte der Grenze des Inhalts 88• Die Ansicht, daß mit jeder Inhaltsbestimmung demnach Schranken gezogen und mit jeder Schrankenziehung der Inhalt des Eigentums bestimmt wird 89, stößt jedoch auf Bedenken: Auf die unterschiedliche sprachliche Bedeutung von lnhaltsbestimmung und Grenzziehung weist bereits Krüger 90 hin: Eine Grenzziehung sei Inhaltsbestimmung nur insofern, als sie negativ ausgrenze, was nicht zum Inhalt gehöre, während eine Inhaltsbestimmung regele, wie es innerhalb des begrenzten Raumes aussehe. Selbst wenn man diese Argumentationsweise nicht für tragfähig hält 91 , so dürfte es doch zu weit gehen, den Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG als bloßen Pleonasmus, wie er auch in Art. 15 und Art. 74 Nr. 15 GG ("Grund und Boden") vorkomme 92, zu bezeichnen. Der Begriff der Schranke oder Beschränkung taucht auch in anderen Grundrechten auf (z. B. Art. 5 Abs. 2; 8 Abs. 2; 10 Abs. 2 GG) und begründet für den Gesetzgeber die Möglichkeit der Einschränkung des grundrechtlichen Schutzbereichs 93• Unter einem schrankenziehenden Gesetz wird in der Grundrechtsdogmatik eine Norm verstanden, deren Aufgabe es ist, die zunächst festgelegte grundrechtliche Freiheit in Relation zu anderen Rechtsgütern setzen, also Interessenkonflikte unter Aufrechterhaltung der grundlegenden Zuteilungsentscheidung zu regeln 94• Eine einheitliche Inhalts- und Schrankenbestimmung würde demgegenüber die Belastung des Eigentums in den Tatbestand BVerfGE 35, 263 (276); zustimmend Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 998. Darauf weist schon Krüger, Hamburger FS f. Schack, S 71 (71 ff.) eindringlich hin. 88 Hamel, Die Bedeutung der Grundrechte im sozialen Rechtsstaat, S. 45; ders., DVBI. 1958, 37 (41); auch Maunz I Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 251; schon zu Art. 153WeimRVerf M. Wolff, Festgabe Kahl, S. 1 (7, 8, 10). 89 Häberle, Die Wesensgehaltsgarantie, S. 131, 179, 185; Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 144, Fn. 140; Hamel, Die Bedeutung der Grundrechte im sozialen Rechtsstaat, S. 45; ders., DVBI 1958, 37 (41); Ridder, VVDStRL 10 (1952), S. 136. 90 Hamburger FS f. Schack, S. 71 (72). 91 Limpens, Funktion und Grenzen der lnhaltsbestimmung, S. 85 f. 92 v. Münch-Bryde, Art. 14 Rn. 49. 93 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 254 f. 94 Limpens, Funktion und Grenzen der Inhaltsbestimmung, S. 114 ff., insbes. S. 117; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 317, 318; Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 238. 86 87

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§ 2 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch Art. 14 GG

verlagern, obwohl es bei der Auferlegung von Pflichten stets um die Lösung eines Konflikts zwischen unterschiedlichen Interessen geht, die vor der Indivivdualrechtsgarantie zu rechtfertigen ist. Die Unterscheidung von Inhalts- und Schrankenbestimmung fügt sich auch am ehesten in die allgemeine Grundrechtsdogmatik mit ihrem Eingriffs- und Schrankendenken ein 95. Über diese allgemeine Inhaltsfestlegung hinaus besteht wie bei anderen Grundrechten ein grundrechtstypischer Anspruch des einzelnen auf eine Sphäre grundsätzlicher Staatsfreiheit, in die nur unter Wahrung der an ein schrankenziehendes Gesetz gestellten Anforderungen eingegriffen werden darf. Die Ermächtigung zur Inhaltsbestinunung trägt nämlich nur dem Umstand Rechnung, daß das Eigentum notwendigerweise einer gesetzlichen Konstituierung bedarf96• Nur ein solchermaßen festgelegtes Eigentum kann überhaupt durch andere Normen beeinträchtigt werden. Leugnete man das Vorhandensein einer Inhaltsbestinunung, hieße dies, das Eigentum entweder auf ein bloßes "MaßgabeGrundrecht" zu reduzieren oder auf einen aus der Verfassung selbst hergeleiteten Eigentumsbegriff zurückzugreifen, was- wie oben bereits dargelegt 97 - ebenfalls nicht möglich ist. Nur auf der Grundlage der zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmung differenzierenden Auffassung lassen sich auch Maßstäbe für eine verfassungsrechtliche Überprüfung von Schrankenregelungen fmden. Für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeiteines Eingriffs muß ja erst einmal eine Rechtsposition vorhanden sein, wenn geprüft werden soll, ob deren Beeinträchtigung angemessen ist. Daran würde es aber gerade fehlen, wenn der Inhalt des Eigentums sich erst aus der zu prüfenden Rechtsnorm ergibt98 • Mit diesem Verständnis von Inhalts- und Schrankennormen wird also zugleich der Gefahr entgegengewirkt, die verfassungsrechtliche Garantie des Eigentums dem freien Belieben des Gesetzgebers zu überantworten, ohne die Grenze erst und allein bei der Institutsgarantie ziehen zu müssen 99• Allgemein kann man mit Wendt 100 unter einer Inhaltsbestimmung eine Norm verstehen, die Rechtspositionen und die mit ihnen verbundenen Befugnisse des Eigentümers in bezug auf das Eigentumsobjekt festlegt, während eine Schrankennorm diese Befugnisse begrenzt oder entzieht. 95 Limpens, Funktion und Grenzen der lnhaltsbestinunung, S. 120; Chlosta, Der Wesensgehalt der Eigentumsgewährleistung, S. 31. 96 In diesem Sinn auch Ipsen, VVDStRL 10 (1952), S. 74 (85). ~ S. oben, S. 21. 98 Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 162. 99 So aber Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 996; Bleckmann, Staatsrecht ll, s. 914. 100 Eigentum und Gesetzgebung, S. 163 ff. und 167.

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Trotz dieser notwendigen Differenzierung von Inhaltsbestimmung und Schrankenbestimmung kann jedoch in der Praxis eine Überschneidung insofern gegeben sein, als eine Inhaltsnorm zugleich schrankenziehende Wirkung haben kann, wenn sie ihre Geltung nämlich auf bereits entstaiidene Rechtspositionen erstreckt, denen nach früheren Inhaltsnormen Befugnisse zukommen, die nach der neuen Rechtslage nicht mehr gegeben sind 101 • Dies darf aber aus den geschilderten Gründen nicht dazu führen, Inhalts- und Schrankennormen von vornherein für identisch zu halten. 4. Einzelne Eigentumspositionen Vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG wird also jedes durch eine Inhaltsnorm im oben beschriebenen Sinn als Eigentum konstituierte vermögenswerte Recht Privater und nicht nur das Eigentum i. S. d. BOB erfaßt. Bedingt durch gewandelte gesellschaftliche Verhältnisse 102 und zurückgehend auf den Festschriftbeitrag von Martin Wolff1°3 erfolgte diese Ablösung des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs vom bürgerlich-rechtlichen, am Sacheigentum orientierten Begriff und die Entwicklung einer selbständigen verfassungsrechtlichen Begrifflichkeit schon unter der Geltung der Eigentumsgarantie des Art. 153 WeimRVerf. Zum verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff gehören unstreitig die vermögenswerten Rechte des Privatrechts 104, wie das (bürgerlich-rechtliche) Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen, sonstige dingliche Rechte, Immaterialgüterrechte (Patente, Geschmacksmuster etc.), Forderungen, und auch Mitgliedschaftsrechte. Unter die letztgenannte Position, die letztlich eine Gesamtheit von schuldrechtlichen Ansprüchen auf Mitwirkung und Gewinnbeteiligung umfaßt, fallen sowohl die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft tos, als auch die in einer Kapitalgesellschaft, so daß auch das (Anteils-)Eigentum eines Aktionärs oder eines GmbH-Gesellschafters grundrechtlich geschützt ist 106. Zu den von den privatrechtliehen vermögenswerten Rechten umfaßten Positionen gehört mit dem Sacheigentum auch das Eigentum an Produktionsmitteln. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 162. Erwin Stein, FS f. Gebh. Müller, S. 503 (510); Maunz/Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 22; Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 999; Bleckmann, Staatsrecht II, S. 906. t03 Festgabe für Kahl, 1923; die Bezeichnung dieser Auslegung als (bereits) herrschende Meinung war wohl nicht zutreffend, vgl. Bleckmann, Staatsrecht II, S. 906; Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 18. Der weite Eigentumsbegriff lag zwar schon den Verfassungen des 19. Jahrhunderts zugrunde, wurde dann aber durch des engeren Sachbegriff des BOB ersetzt, vgl. Böhmer, in: J. Baur, Das Eigentum, S. 39 (57). t04 Maunz I Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 57; Bleckmann, Staatsrecht II, S. 906; Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 999; Badura, Staatsrecht, S. 139. tos BVerfGE 24, 384. t06 BVerfGE50,290(341);Maunz/Dürig-Papier,Art.14Rn.185;ders., VVDStRL 35 (1977), s. 56 (59). tot

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§ 2 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch Art. 14 GG

Ein Antrag, den Art. 14 GG auf das der persönlichen Lebenshaltung dienende Eigenturn zu beschränken, wurde vom parlamentarischen Rat ausdrücklich abgelehnt107, Die systematische Stellung des Art. 15 GG im Anschluß an die Bigenturnsgarantie ist ebenfalls Hinweis dafür, daß das Grundgesetz von der Eigenturnsfähigkeit der Produktionsmittel ausgeht und nicht nur den Zweck verfolgt, eine objektive Berufszulassungsschranke zu errichten 108. Darüberhinaus fallen auch öffentlich-rechtliche vermögenswerte Rechtspositionen unter bestimmten Voraussetzungen 109 unter die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Die darin liegende Erweiterung des Schutzbereiches gegenüber dem historisch gewachsenen verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff110 gibt Anhaltspunkte für Merkmale, die nach Auffassung des BVerfG für das Eigenturn charakteristisch sind. Dazu gehört im wesentlichen die Bedeutung der fraglichen Rechtsposition als Äquivalent für eigene Arbeit oder eigenen Vermögenseinsatz 111 . Diesen stehen staatliche Leistungen mit rein fürsorglichem Charakter m oder als Ausgleich für erlittene Einbußen m oder Unrecht 114 gegenüber, denen kein Eigentumsschutz gewährt wird. An den genannten Kriterien wird eine Anlehnung an den ,,Eigentumsbegriff, wie ihn das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen geformt haben" 115, deutlich 116. Abzugrenzen sind diese Eigentumsrechte von Positionen, die üblicherweise als bloße "Hoffnungen", "Chancen", ,,Erwartungen" oder "Verdienstmöglichkeiten" umschrieben werden 117• Dmen mangelt es an der eigenturnskonstitutiven 101 Siehe Materialien zum Grundgesetz, abgedruckt in JöR n. F. Bd. 1 (1951), S. 145, 146; dazu auch Friauf/ Wendt, Eigenturn am Unternehmen, S. 21 ff. 108 Dies ist aber nach Leisner, JZ 1972, 33 (37) primäre Aufgabe des Art. 15 GG. 109 Dazu im einzelnen Maunz I Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 125 ff.; Söllner, FS f. Geiger (1989), S. 262 ff.; Krause, Eigentum an subjektiven öffentlichen Rechten, 1982. 110 Zu Art. 153 WeimRVerf wurden öffentlich-rechtliche Positionen noch nicht als Eigenturn angesehen, vgl. M. Wolff, Festgabe f. Kahl, S. 3; Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches, Art. 153 Anm. 2. 111 BVerfGE 14, 288 (293); E 16, 94 (111); E 45, 142 (170); E 48, 403 (413); E 53, 257 (290). 112 BVerfGE 11, 64 (70); E 19, 354 (370) beide zum Lastenausgleichsgesetz (LAG),

nicht von dem Grundsatz, wohl aber von der Einordnung der Leistimgen nach dem LAG als fürsorgliche staatliche Leistung abweichend Rupp-v. Brünneck, in einem Sondervoturn, BVerfGE 32, 111 (129, 141 f.), die den Entschädigungszweck in den Vordergrund stellt. 113 BVerfGE 42, 263 (293), Einbuße an Lebensqualität Contergan-Fall. 114 Rupp-v. Brünneck, Sondervotum zu BVerfGE 32, 111 (129, 144) 115 Mit diesen Formulierung umschrieb das BVerfG früher das Eigenturn i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG; neuerdings wieder BVerfGE 65, 196 (209). Durch die Bezugnahme auf die "gesellschaftlichen Anschauungen" war eine hinreichende Dynamik des Begriffs gesichert (BonnerKomm.-Kimminich, Art. 14 Rn. 8). 116 Teilweise spricht das BVerfG ausdrücklich davon, daß eine öffentlich-rechtliche Position dann unter den Art. 14 Abs. 1 GG fallt, wenn es dem einzelnen eine Rechtsposition verschafft, "die derjenigen des Eigentümers entspricht", worin eigentlich eine Nominaldefmition liegt. 111 BVerfGE 28, 119 (142); E 68, 193 (222).

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Verfestigung zu subjektiven Rechten 118• Aus dem gleichen Grund genießt das Vermögen als solches, d. h. die Gesamtheit der einer Person zustehenden Güter und Rechte einschließlich der Erwerbschancen 119, keinen eigentumsrechtlichen Schutz 120. Vielmehr ist umgekehrt das Eigentum nur ein Ausschnitt des Vermögens, das darüberhinaus auch Positionen erlaßt, die für sich genommen nicht Gegenstand subjektiver Rechte sein können, wie beispielsweise ein bestimmtes know how, ein Kundenstamm oder der Wert einzelner Güter oder Gütergesamtheiten121. 5. Die Dimensionen des Eigentumsschutzes Die Reichweite der so gegenständlich beschriebenen Eigentumsgarantie wird außerdem bestimmt durch die Befugnisse, die das Grundrecht seinem Träger zugesteht. Zu diesen gehört nicht nur die Innehabung der eigentumsfähigen Rechtsposition als solcher, sondern gemäß dem Schutzzweck des Grundrechts, einen Freiraum zur eigenverantwortlichen Lebensgestaltung zu sichern 122, auch die Disposition über sie, also Erwerb, Verfügung und - wesentlich - ihre Nutzung 123. Auf diese Weise erlangt das Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG eine dynamische, tätigkeitsorientierte Dimension. Die Eigentumsfreiheit ist also eine gegenständlich beschränkte Freiheit zur Verfolgung eines beliebigen Zweckes, während bei der Berufsfreiheit der Zweck (Berufstätigkeit) begrenzt ist, aber das eingesetzte Mittel beliebig gewählt werden kann. Deshalb stehen sich der Schutzbereich der Eigentumsgarantie und der der Berufsfreiheit nicht überschneidungslos gegenüber, wie es das BVerfG in der Mineralölbevorratungs-Entscheidung vertreten hat, wo es ausführt, daß Art. 14 Abs. 1 GG das Erworbene, das Ergebnis der Betätigung, schütze, Art. 12 Abs. 1 GG dagegen den Erwerb, die Betätigung selbst 124. 11s Vgl. BVerfGE 45, 142 (171 ff.); E 68, 193 (222 f.); Bleckmann, Staatsrecht II, S.907. 119 Köhler, Juristisches Wörterbuch, Stichwort Vermögen; Bleckmann, Staatsrecht II, S.908. 120 BVerfGE 4, 7 (17); Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 37; Krohn, FS f. Geiger (1989), S. 417 (421) 121 B/eckmann, Staatsrecht II, S. 908. 122 Siehe oben, S. 21 f. 123 Allg. M., vgl. nur Maunz I Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 209; Bleckmann, Staatsrecht II, S. 907; Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 1007; Jarass I Pieroth, Art. 14 Rn. 12. 124 BVerfGE 30, 292 (335) unter Hinweis auf Wittig, FS f. Gebh. Müller, S. 575 (590, insb. Fn. 67), der jedoch die Abgrenzung der Berufs- zur Eigentumsfreiheit danach, ob es um den Schutz des Erwerbs oder den des Erworbenen geht, nur im Sinne einer tendenziellen Unterscheidung, nicht aber einer trennscharfen Abgrenzung versteht. Das BVerfG erwägt dagegen nur für den Fall, daß einem Unternehmen Handlungspflichten auferlegt werden, die sich im wirtschaftlichen Ergebnis als Eingriff in die Substanz des Gewerbebetriebes darstellen, ob dann neben Art. 12 GG auch die Eigentumsgarantie einschlägig sein könne, läßt dies aber offen. Grundsätzlich zustimmend Dörr, NJW 1988, 1049 (1050); Sö//ner, AuR 1991, 45 (51).

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§ 2 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch Art. 14 GG

Vielmehr ist davon auszugehen, daß sich für einen Eigentümer, der seine vermögenswerten subjektiven Rechte zur Grundlage seiner Berufstätigkeit macht, Eigentumsnutzung und Berufsausübung decken 125• Bei einem Unternehmer wird diesangesichtsder Weite des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs regelmäßig der Fall sein, so daß er sich gegenüber staatlichen Eingriffen auf beide Grundrechte kumulativ berufen kann, die im Verhältnis der Idealkonkurrenz zueinander stehen 126. Neben dem Gewährleistungszusammenhang von Art. 12 und 14 GG kommt dem allgemeinen Freiheitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG keine Bedeutung mehr zu 121. Daß Art. 14 Abs. 1 GG auch die Nutzung des Eigentums gewährleistet, ist vom Vorprüfungsausschuß des BVerfG 128 bei der Ablehnung der Verfassungsbeschwerde gegen die sog. Kaufhaus-Entscheidung des BAG 129 nicht beachtet worden. Das BAG hatte den Spruch einer Einigungsstelle, der für ein Kaufhaus die Arbeitszeit des Verkaufspersonals abweichend von der Ladenöffnungszeit regelte, für ermessensfehlerfrei erachtet. Obwohl die Abweichungen nur 10 bis 15 Minuten betrugen, hatten sie einen erheblichen Umsatzrückgang zur Folge, weshalb das Kaufhausunternehmen mit der Behauptung der Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG Verfassungsbeschwerde gegen das BAG-Urteil einlegte. Der Vorprüfungsausschuß legte seiner abweisenden Entscheidung allein das Grundrecht der Berufsfreiheit zugrunde, Art. 14 Abs. 1 GG sei nicht einschlägig, weil es nur den konkreten Bestand an vermögenswerten Gütern schütze, nicht aber in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten. Diese Argumentationsführung ist in der Literatur 130 zu Recht auf Kritik gestoßen. Zwar ist zutreffend, daß das Eingreifen der Eigentumsgarantie stets einen konkreten Bestand an vermögenswerten Gütern voraussetzt, doch wenn dieser gegeben ist 12S Vgl. Leisner, JZ 1972,30 ff. mit dem bezeichnenden Titel,,Eigentümer als Beruf'; s. auch Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 130. 126 So die überw. Lit., vgl. Maunz/ Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 130, 138, 141; Maunz/ Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 208; Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (25); Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 266; BonnerKomm-Kimminich, Art. 14 Rn. 82; Bettermann I Nipperdey I Scheuner-Bachof, Grundrechte, m 1, S. 169. Das BVerfG vermeidet meist eine klare Stellungnahme, z. B. in E 50, 290 (361/362), wo es zwar beide Grundrechte nebeneinander prüft und ihnen einen engen funktionalen Zusammenhang bescheinigt, aber die Abgrenzung der Schutzbereiche im einzelnen gegeneinander offen läßt. Ohne Aussage E 13, 225 (229); E 16, 147 (187); offengelassen auch in E 40, 371 (382 u. 384); E 41, 360 (370 u. 377). 127 Maunz/Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. ll4f. entgegen Maunz/Dürig-Dürig, Art. 2 Abs. 1, Rn. 43 ff. 128 NJW 1986, 1601. 129 NJW 1983, 953. 130 Scholz, NJW 1986, 1587; Papier, NJW 1987, 988; Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (26): "eklatante Fehlentscheidung".

ll. Informationsfreiheit als Teil der Eigentumsgarantie

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wie im Fall das Kauthaus mit seinen sachlichen und personellen Mitteln - , ist seine Nutzung vom grundrechtliehen Schutzbereich umfaßt, mit der Folge, daß das BVerfG die Frage hätte entscheiden müssen, ob dieser Eingriff in die unternehmensehe Leitungsmacht durch eine gleichberechtigte Mitbestimmung in unternehmerischen Angelegenheiten mit dem Grundgesetz vereinbar ist oder ob es einen Grundsatz der Mitbestimmungfreiheit unternehmenscher Entscheidungen gibt131.

II. Die Informationsfreiheit als Teil der Eigentumsgarantie 1. Die Eigentumsfreiheit des Unternehmers

Verschiedene vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG umfaßte Positionen, die von besonderer Bedeutung für den Grundrechtsschutz des Unternehmers sind, wurden bereits mit den Mitgliedsschaftsrechten, vor allem aber mit der Befugnis zur Nutzung der Eigentumsgegenstände angesprochen. Nach einer häufig vertretenen Auffassung umfaßt der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Dies ist allerdings nicht unbestritten. Während das BVerfG bisher nur Zweifel geäußert hat, ob der Schutz des Gewerbebetriebs weiter gehen könne, als der, den seine wirtschaftliche Grundlage genieße 132, lehnen manche eine Einbeziehung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gänzlich ab. Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß - auch wenn dem Recht am Gewerbebetrieb mit allen seinen Ausstrahlungen unstreitig Vermögenswert zukomme - nicht außer Betracht bleiben dürfe, daß Art. 14 Abs. 1 GG nur subjektive Rechte als Eigentum schütze. Mit Hilfe der Konstruktion des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als eines "Gegenstandes höherer Art" 133 würden im Ergebnis doch Positionen, denen es an der für Art. 14 Abs. 1 GG erforderlichen rechtlichen Verfestigung mangele (also Chancen, Hoffnungen und Erwartungen), in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie einbezogen 134. Die Berechtigung der vorgetragenen Einwände hängt davon ab, was sich hinter dem Begriff des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ver131 Dazu Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (26); Papier, NJW 1987, 988 (991 ff.); Scholz, NJW 1986, 1587 (1589 f.). Gegen das Bestehen eines solchen Grundsatzes BAG NJW 1983, 953. 132 BVerfGE 51, 193 (221 f.); E 58, 300 (353); E 66, 116 (145 f.); E 68, 193 (222 I 223). Entgegen Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (28, Fn. 192) ist diese Frage nicht durch BVerfGE 77, 84 (118) überholt, denn auch hier läßt das Gericht sie dahinstehen, mit der Formulierung, der Schutz des Gewerbebetriebes "würde (Hervorh. v. Verf.) jedenfalls nicht bloße (Umsatz- und Gewinn-) Chancen und tatsächliche Gegebenheiten erfassen". 133 Zeuner, in: 25 Jahre Karlsruher Forum, Jubiläumsgabe 1983, S. 1% (197). 134 BVerfGE 68, 193 (223); früher schonE 45, 142 (173).

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§ 2 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch Art. 14 GG

birgt und ob dies den oben dargestellten Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG an eine eigentumsfaltige Position entspricht. In der zivilrechtliehen Rechtsprechung wurde das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schon durch das RG als "sonstiges Recht" i. S. d. § 823 Abs. 1 BOB anerkannt 135, doch erfuhr sein Schutzbereich im Laufe der Zeit eine erhebliche Ausdehnung 136: Zunächst wurde nur der Bestand des Gewerbebetriebes vor rechtswidrigen Eingriffen geschützt 137• Dahinter stand die Überlegung, daß im Falle eines nur gemieteten oder gepachteten Betriebs 138 der von § 823 Abs. 1 BOB gewährte Schutz des Eigentums wegen des dieser Vorschrift zugrundeliegenden engen bürgerlich-rechtlichen 139 Eigentumsbegriffes nicht ausreichte und eine Schutzlosigkeit unangemessen sei. Später gewährte das RG außerdem auch gegenüber dem Wettbewerb dienenden Eingriffen in die gewerblich-unternehmerische Tätigkeit Schutz 140, vor allem deshalb, weil spezialgesetzliche wettbewerbsregelnde Vorschriften nicht ausreichend erschienen 141 • Dem schloß sich der BGH an, allerdings ohne die Begrenzung auf Eingriffe im Rahmen des Wettbewerbs aufrecht zu erhalten, weil auch das Eigentum nicht nur in seinem Bestand, sondern in allen seinen Ausstrahlungen durch § 823 Abs. 1 BOB vor unmittelbaren Eingriffen geschützt sei 142• Nach seiner Auffassung gehören zum Gewerbebetrieb über die sachlichen Betriebsmittel wie Grundstücke, Einrichtungsgegenstände, Warenvorräte, Forderungen und Immaterialgüterrechte hinaus auch die geschäftlichen Verbindungen, der Kundenstamm, das know how und überhaupt alles, was den konkreten wirtschaftlichen Wert des konkreten Gewerbebetriebs ausmacht 143, so daß im Ergebnis ein Schutz nicht nur des Bestandes, sondern auch der gewerblich-unternehmerischen Betätigung 144 durch die Aufstellung von Verhaltenspflichten 14' erreicht wird. 135 Unzutreffend deshalb Howe, Persönlichkeitsrecht auf Wahrung der privaten Geheimsphäre, S. 13, nach dem dieses "praeterlegale Rechtsgut" seine Geltung der Direktionskraft des Art. 14 GG verdanke. 136 Dazu im einzelnen Fikentscher, FS f. Kronstein, S. 261 ff. 137 RGZ 101, 335 (337); 102, 223 (225); 126, 93 (96). 138 Wie im Fall RGZ 58, 24 (s. S. 27). 139 Anders nach dem weiten verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff, dazu oben, s. 27 ff. 140 RGZ 163, 21 (32); JW 1929, 1217 (1218); MuW 1935, 26 (30); GRUR 1940, 375 (378). 141 Vgl. Fikentscher, FS f. Kronstein, S. 261 (270); ebenso BGHZ 23, 270 (279). 142 BGHZ 3, 270 (279/280); 23, 157 (162); i. E. auch BGHZ 29, 65 (69). 143 BGHZ 23, 157 (163); 29, 65 (70); zum Verfassungsrecht, Maunz I Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 96, beachte aber auch Rn. 100 u. 106; nach Badura, FS zum 125jähr. Bestehen der Gesellschaft zu Berlin, 1984, S. 1 (12), soll sogar eine nicht unerhebliche Minderung der Rentabilität einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen; dagegen R. Scholz, NJW 1986, 1587 (1590), sowie BGH NJW 1990, 3260 (3262), der eine rechtswidrige hoheitliche Maßnahme, die die Verteuerung der Herstellung eines Produkts zur Folge hatte, nicht als Eingriff in eine eigentumsflihige Rechtsposition, sondern nur als Beeinträchtigung einer Erwerbschance ansah.

II. Informationsfreiheit als Teil der Eigentumsgarantie

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Ohne die Berechtigung der zivilrechtliehen Rechtsprechung im einzelnen untersuchen zu wollen, bedeutet dies bei einem richtigen Verständnis des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht, daß damit bloße Chancen, Hoffnungen oder Erwartungen geschützt würden. Zwar geht es beim Recht am Gewerbebetrieb, wie schon die Jute-Plüsch-Entscheidung des Reichsgerichts 146 zeigt, im Kern um den Schutz des Willens zur Durchführung einer Tätigkeit 147• Beim bestehenden selbständigen Gewerbebetrieb hat der Wille aber im Gewerbebetrieb seine Verkörperung gefunden, was in der Rechtsprechung zur Betriebsbezogenheil des Eingriffs 143 seinen Ausdruck fmdet. Nur wegen dieser gegenständlichen Verkörperung gewährte das RG der freien Willensbetätigung den Schutz des § 823 Abs. 1 BGB. Es verhindert, daß bloße Hoffnungen, Chancen oder Erwartungen geschützt werden, so daß im Ergebnis die rechtliche Verfestigung, die Art. 14 GG fordert, besteht 149, während gleichzeitig der Tatsache Rechnung getragen wird, daß der vermögensrechtliche Stellenwert des Gesamtbetriebes als eines funktionierenden Gesamtorganismus' bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise ersichtlich ein anderer ist, als die Summe seiner einzelnen Sachen und Rechte 150• Dann greifen aber auch die Bedenken gegen eine Einbeziehung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in den Schutzbereich dieses Grundrechts nicht durch. 2. Die Informationsfreiheit als Schutzgegenstand der Eigentumsfreiheit

Ein Ausschnitt der Informationsfreiheit, verstanden als das Recht zur Erhebung, Verarbeitung und Verwendung von Informationen, wird bereits von der eigentumsrechtlichen Gewährleistung der Nutzung des Sacheigentums umfaßt. Da Art. 14 Abs. 1 GG den Einsatz des Eigentums zu beliebigen Zwecken gewährleistet, darf der Unternehmer seine Anlagen auch zur Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten einsetzen. Gemeint ist dabei stets die sich einem wirtt44 BGHZ 3, 270 (279); Fikentscher, FS f. Kronstein, S. 261 (266 u. 275); Zeuner, in: 25 Jahre Kar1sruher Forum 1983, S. 196 (197); ders. FS f. Flume, S. 775 (781); Badura, AöR 98 (1973), S. 153 (158); Enneccerus-Nipperdey, Allg. Teil des Bürgerl. Rechts, S. 851; v. Caemmerer, FS f. E. Rabel, S. 333 (399). Anders noch RGZ 56, 271 (275); 65, 210 (213); 73, 107 (111 f.); 73, 253 (256). t4S Badura, AöR 98 (1973), S. 153 (157); Fikentscher, FS f. Kronstein, S. 261 (275). t46 RGZ 58, 24- Beeinträchtigung der gewerblichen Tätigkeit durch eine unberechtigte Schutzrechtsverwamung. 147 Ebenso Degen, Pressefreiheit, Berufsfreiheit, Eigentumsgarantie, S. 271. t43 BGHZ 29, 65 (70 ff.); 86, 152 (156 ff.); NJW 1985, 1620, vgl. ferner Stober, Grundrechtsschutz der Wirtschaftstätigkeit, S. 102. t49 Daß zur Feststellung einer Verletzung des Rechts am Gewerbebetrieb im Zivilrecht zusätzlich die Rechtswidrigkeit positiv durch eine umfassende Güter- und Interessenabwägungfestgestellt werden muß, ist für die Frage des Schutzbereichs des Art. 14 Abs. 1 GG ohne Bedeutung, s. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 61. tso Stober, Grundrechtsschutz der Wirtschaftstätigkeit, S. 102.

3 Breitfeld

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§ 2 Die Gewährleistung der Informationsfreiheit durch Art. 14 GG

schaftlieh denkenden Eigentümer als die lohnendste und ertragreichste 151 , also optimale Nutzung einer technischen Anlage, d. h. selbst wenn diese auch auch mit Hilfe anonymisierter Daten auskommen könnte, aber erst dann alle ihre "Fähigkeiten" entfalten kann, also in effektiverer Weise arbeitet, wenn sie personenbezogene Daten zur Verfügung hat, so ist der Eigentümer auch hinsichtlich der Wahrnehmung dieser Funktionen durch Art. 14 GG geschützt. Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie umfaßt also alle Funktionen, die mit einer Anlage ausgeführt werden können. Nach dem hier für richtig befundenen Verständnis des Verhältnisses von Inhalts- und Schrankenbestimmungen stellen Gesetze, die diese optimale Nutzung beschränken, wie z. B. das BDSG oder das BetrVG, Schrankenregelungen dar und sind nicht etwa zum Inhalt des Eigentums geworden. Gleichzeitig wird der Umgang mit (anonymen und personenbezogenen) Informationen, der zu einer geschäftlichen Tätigkeit gehört, vom eigentumsrechtlichen Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb erfaßt, denn alle untemehmerischen Entscheidungen haben die Erhebung, Speicherung, Übermittlung, Auswertung und Nutzung einer Fülle von Informationen zur notwendigen Voraussetzung. Es bestehen dabei weitreichende Überschneidungen mit der Berufstätigkeit, so daß bezüglich einer näheren Ausdifferenzierung auf die Erörterungen im Rahmen des Schutzbereichs der Berufsfreiheit verwiesen werden kann 152• Anders als die Berufsfreiheit des Art. 12 GG umfaßt Art. 14 Abs. 1 GG auch die private (hier verstanden im Gegensatz zur geschäftlichen) Nutzung des Eigentums, so daß auch der Umgang mit dem Home-Computer grundrechtliehen Schutz genießt.

tst BVerfGE 58, 300 (345), zustimmend Stober, Grundrechtsschutz der Wirtschaftstätigkeit, S. 90. ts2 Siehe oben, S. 18 ff.

2. Kapitel

Die privatrechtliche Informationsordnung 1 als Eingriff in die Berufs- und Eigentumsfreiheit Der Umgang des Unternehmers mit Informationen, die nicht nur rein technischer oder betriebswirtschaftlicher Art sind, sondern (zumindest auch) einen Bezug zu bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Personen aufweisen (personenbezogene Daten), ist rechtlich vor allem 2 durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geregelt. Soweit es um Arbeitnehmerdaten geht, sind zugleich einige Normen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) einschlägig, so daß der Arbeitnehmerdatenschutz sich sowohl auf individualrechtlicher, wie auf kollektivrechtlicher Ebene vollzieht. In der Praxis wird ein ganz erheblicher Teil der in einem Unternehmen anfallenden Daten von der durch die genannten Normen konstituierten privatrechtliehen Informationsordnung erfaßt. Über dieser wölbt sich das vom BVerfG in seiner Entscheidung zum Volkszählungsgesetz 1983 3 entwickelte Recht auf informationeHe Selbstbestimmung, das einen erheblichen, teils offenen und unmittelbaren, teils mittelbaren (i. S. d. Drittwirkung) und darüberhinaus durch Änderung des Wertgefühls eher verdeckten Einfluß auf die übrige Informationsordnung hat. Um beurteilen zu können, ob und inwieweit durch die privatrechtliche Informationsordnung die Berufs- und I oder die Eigentumsfreiheit beeinträchtigt werden, soll im folgenden ein Überblick über das Allgemeine Persönlichkeitsrecht als Grundlage des zivilrechtliehen Informationsschutzes und über die maßgebenden Regelungen des BDSG und des BetrVG gegeben werden. Dabei wird zugleich auf Vorschläge zur Reform dieser Gesetze eingegangen, die zwar nach Verabschiedung des neuen BDSG im September 1990 und nach einigen Änderungen im BetrVG im Jahr 1989 nicht unmittelbar aktuell sind\ die aber bei Änderung 1 ,,lnfonnationsordnung" soll hier im Anschluß an Zöllner, Informationsordnung und Recht, S. 8, verstanden werden als Gefüge der grundlegenden, für den Informationsverkehr maßgeblichen Regelungsideen. 2 Ferner durch die Geheimnisschutz- und Ehrschutzdelikte des StGB (§§ 185 ff., 201 ff.) etc. 3 BVerfGE 65, 1 ff. = NJW 1984, 419 ff. 4 Die Koalitionsvereinbarung von CDU I CSU und FDP (abgedruckt in der FAZ vom 25.1.1991, S. 7, unter Nr. 30) sieht aber vor, die "Umsetzung der Volkszählungsurteils ... intensiv voranzutreiben, u. a. durch die Einbringung ... eines Personalaktengesetzes". Noch zu bewältigen ist freilich das Problem des Umgangs mit den Stasi-Akten, vgl. dazu K. Stoltenberg, ZRP 1990, 460 mit einer eingehenden Darstellung der gegenläufigen Interessen.

3*

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§ 3 Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht

der politischen Mehrheitsverhältnisse schnell wieder auf dem Tisch liegen werden.

§ 3 Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht I. Die zivilrechtliehen Grundlagen In der zivilgerichtliehen Rechtsprechung und der überwiegenden Literatur ist heute das Allgemeine Persönlichkeitsrecht als sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt 5•

Die in der sog. Schachtbrief-Entscheidung 6 vollzogene Abkehr von den entgegengesetzten, freilich nicht unbestrittenen 7 Vorstellungen des BOB-Gesetzgebers 8 und der damit übereinstimmenden reichsgerichtliehen Rechtsprechung 9 stützte der BGH auf die in den Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG enthaltenen Garantien der Menschenwürde und der freien Persönlichkeitsentfaltung, die auch im Privatrechtsverkehr Beachtung finden müßten 10• Von Einfluß auf die Änderung der Rechtsprechung war aber auch, daß der früher im wesentlichen von den Regeln der Sitte und der Moral gewährleistete, nur in krassen Fällen durch rechtliche Regeln (Strafgesetze; §§ 823 Abs. 2, 824, 826 BGB) unterstützte 11 Persönlichkeitsschutz gegenüber den modernen Gefährdungen des Privatlebens, die vor allem von der immer ungenierter und mit neuen technischen Mitteln s Vgl. nur BGHZ 13, 334 (338); 24, 72 (76); 24, 200 (208); 39, 124 (127); ErmanWeitnauer, Anh. § 12 Rn. 4; Palandt-Thomas, § 823 Rn. 19; Fikentscher, Schu1drecht, S. 736 ff.; kritisch Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 615. 6 BGHZ 13, 334 ff. 7 Die Anerkennung eines Allg. Persönlichkeitsrechtes wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts von Josef Koh/er und Otto v. Gierke gefordert. Koh/er setzte sich in seiner Abhandlung über das Autorrecht (JherJb 18, S. 129 ff.) für die Anerkennung eines Individualrechts, welches die "Geheimnisse des Innenlebens vor unbefugter Publizität schützt" (S. 272) ein. Der Autor solle selbst darüber "bestimmen, welche Äußerungen und Kundgebungen er in das Publikum tragen will und welche nicht" (S. 265). Ebenso bejahte Gierke (Dt. Privatrecht, Bd. 1, S. 704 I 705) das Bestehen eines Persönlichkeitsrechtes, das Grundlage der besonderen Persönlichkeitsrechte sei, das bei deren Unvollständigkeit aber auch zur Lückenfüllung herangezogen werden könne. 8 Er beschränkte den zivilrechtliehen Persönlichkeitsschutz auf einzeln aufgezählte Persönlichkeitsgüter. Diese sind auch nur gemeint, wenn in den Materialien (Mugdan II, S. 1073; s. auch S. 1079) von "sog. Persönlichkeitsgütern" die Rede ist. Vgl. PlanckFlad, § 823 Anm. A undAnm. B II 1 f) ß); Erman-Weitnauer, Anh. § 12 Rn. 1; Scheying, AcP 158 (1959 I 60), S. 503 (507). Zu den Unstimmigkeiten im BOB hinsichtlich des Schutzes nicht vermögenswerter Güter, insbesondere auch im Hinblick auf die §§ 253, 847 BOB, siehe Coing, JZ 1958, 558 (559). 9 RGZ 58, 24 (28); 113, 413 (414). 10 BGHZ 13, 334 (338); vgl. ferner BGHZ 24, 72 (76). II Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (237 f.); siehe ferner RGZ 156, 372 (374); v. Tuhr, Allg. Teil, Bd. 1, S. 149; Coing, JZ 1958, 558 f.

I. Die zivilrechtliehen Grundlagen

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(Teleobjektive, Abhörwanzen) vorgehenden Presse ausgingen, keinen auch nur annähernd ausreichenden Schutz mehr bot 12• Inhaltlich wird das Allgemeine Persönlichkeitsrecht üblicherweise, aber wenig konkret, umschrieben als das subjektive ,,Recht des einzelnen auf Achtung seiner Menschenwürde und auf Entfaltung seiner individuellen Persönlichkeit" 13• Daß damit indes keine unbegrenzte Freiheit der individuellen Selbstbestimmung gemeint sein kann, ergibt sich schon aus dem Begriff des subjektiven Rechtes. Unter einem subjektiven Recht ist der vom objektiven Recht anerkannte Wille des einzelnen zu verstehen 14• Nun kann das objektive Recht aber keine grenzenlose Willensfreiheit anerkennen, weil jede Erweiterung der Freiheit des einen automatisch eine Freiheitsverkürzung für andere mit sich bringt 15 und ein unbegrenztes Selbstbestimmungsrecht des einen dementsprechend die Freiheit anderer vernichten würde. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Grenzziehung für die individuellen Freiheitsräume der einzelnen Rechtssubjekte. Auf welche Weise eine solche Abgrenzung erreicht werden kann, hat bereits das RG in der sog. Jute-Plüsch-Entscheidung 16 vorgeführt. Dort erkannte es den Willen zur gewerblichen Betätigung unter der Voraussetzung als subjektives, durch§ 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht an, daß dieser Wille seine gegenständliche Verkörperung gefunden habe, wie es im entschiedenen Fall durch die Einrichtung und Ausübung eines Gewerbebetriebs geschehen war. Indem der individuelle Freiheitsbereich nur geschützt wird, wenn und soweit er eine gegenständliche Verkörperung erfahren hat, wird zugleich dem Umstand Rechnung getragen, daß eine Schadenersatzpflicht nur dann einen Sinn hat, wenn dem Schädiger die Beachtung des betreffenden Rechtes oder Rechtsgutes möglich war, also wenn er erkennen konnte, daß sein Verhalten mit dem Freiheitsbereich eines anderen in Konflikt geriet. Nur auf diese Weise ist eine Abgrenzung der Rechtskreise, innerhalb derer der einzelne seine individuelle Freiheit entfalten und seine Interessen verfolgen darf, möglich, was ausweislich der Materialien zum BGB 17 gerade Aufgabe der Vorschriften über eine Schadenersatzpflicht bei unerlaubten Handlungen ist. Dieser Grundgedanke von der gegenständlichen Verkörperung ist in gleicher Weise auf das ebenfalls im Wege richterlicher Rechtsfortbildung geschaffene Persönlichkeitsrecht anwendbar. Wie beim Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geht es bei diesem im Kern um die freie Willensbetätigung, Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (244); vgl. auch BVerfGE 34, 269 (285). BGHZ 24, 72 (76); BGH NJW 1958, 1344; NJW 1959, 525. 14 Puchta, Vorlesungen über das heutige römische Recht, 2. Aufl., S. 67; ähnlich Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, § 37, S. 88. 1s Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (248); P. Krause, JZ 1984, 656 (658). 12

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RGZ 58, 24 (29, 30).

Mugdan li, S. 1073.

§ 3 Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht

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die jedoch aus den dargestellten Gründen nicht als solche ein subjektives Recht sein kann, sondern nur, wenn sie auf einen gegenständlich verkörperten Raum der Privatheit begrenzt ist 18 und so die notwendige Grenzziehung zwischen den individuellen Freiheitsräumen ermöglicht 19• Demgemäß hat der BGH auch ein solches unbegrenztes individuelles Selbstbestimmungsrecht nicht anerkannt, sondern die Selbstbestimmung auf einen Raum gegenständlicher Verkörperung beschränkt 20• Erst nachdem auf diesem Weg die durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützte Position herausgearbeitet ist, stellt sich die Frage nach dem von einer umfassenden Güter- und Interessenahwägung abhängigen 21 Rechtswidrigkeitsurteil22.

Aus den vorstehenden Ausführungen zum Begriff des subjektiven Rechts folgt zugleich, daß es ein ,,Recht am eigenen Datum" als absolutes und damit sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB, wie es H. Meister 23 auf der Grundlage der soziologischen Rollentheorie 24 entwickelt hat, nicht geben kann. Hierbei würde es sich nämlich gerade um ein umfassendes Selbstbestimmungsrecht über die eigenen Daten handeln 25 , das in seiner Abstraktheil nicht mehr abgrenzbar wäre und weit über das Persönlichkeitsrecht hinausgehen würde 26• Jede Erhebung, Verarbeitung oder sonstige Verwendung würde eine vermutete Rechtsverletzung darstellen, die einer Rechtfertigung bedürfe 27; darüberhinaus wäre es unstimmig, wenn der§ 823 Abs. 1 BGB auf diese Weise einen erheblich stärkeren Schutz böte, als das speziell auf die Datenschutzproblematik zugeschnittene BDSG 28 • Ehmann, RDV 1988, 221 (222). Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (248 ff.). 20 Vgl. BGHZ 13, 334 (338); s. auch BHGZ 24, 72 (78); Nachweise im einzelnen bei Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (251 ff.); ferner Hubmann, Gedächtnisschrift f. Rudolf Schmidt, S. 161 (163). Abweichend allerdings BGH NJW 1984, 436; BGHZ 91, 233 (239 I 240), wo das Gericht ausgeführt hat, daß jede durch das BDSG nicht gedeckte Übermittlung von Daten aus Dateien schon eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts sei, auch wenn schutzwürdige Belange des Betroffenen gar nicht betroffen sind; richtig aber wieder BGH DB 1986, 855 und BGH NJW 1991, 1532. 21 BGHZ 24,72 (80); Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (245, Fn. 84); Erman-Weitnauer, Anh. § 12 Rn. 8. 22 Dies verkennt Howe, Zivilrechtlicher Eingriff und Interessenahwägung beim Persönlichkeitsrecht ... , S. 17. 23 Datenschutz im Zivilrecht; kurze Zusammenfassung in DuD 1984, 162 ff. 24 Meister, Datenschutz im Zivilrecht, S. 115 ff.; ders., DuD 1984, 162 (167); zur Rollentheorie siehe Luhmann, Grundrechte als Institution; ferner unten, S. 105. 25 Meister, DuD 1984, 162 (170). 26 Uckermann, DuD 1978, 64 (65); schon deshalb kann die Ableitung aus dem Allg. Persönlichkeitsrecht (Meister, Datenschutz im Zivilrecht, S. 125 f.; ders., DuD 1984, 162 ( 173)) nicht zutreffend sein, siehe auch Ehmann, RDV 1988, 169 ( 176 ff. ). Ablehnend auch BVerfGE 65, 1 (43 I 44). 27 Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (266); Uckermann, DuD 1978, 64 (65). 28 Klippe/, BB 1983, 407 (409), zustimmend Howe, Zivilrechtlicher Eingriff und Interessenahwägung beim Persönlichkeitsrecht ... , S. 65. 18

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ll. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers

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Zusammenfassend ist festzustellen, daß das Allgemeine Persönlichkeitsrecht wie auch die Grundrechte der Berufs- und der Eigentumsfreiheit dem Grundsatz der Informationsfreiheit verhaftet ist, d. h. die Erhebung, Verarbeitung und sonstige Verwendung personenbezogener Informationen ist grundsätzlich frei und wird erst Restriktionen unterworfen, wenn in einen gegenständlich geschützten Freiheitsraum des einzelnen eingegriffen wird und das Interesse an einer Beschränkung oder einem Verbot der Information das entgegengesetzte Interesse an deren Erhebung, Verarbeitung oder Verwendung überwiegt29•

ß. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers l. Die bisherige Rechtsprechung, insbesondere zum arbeitgeberischen Fragerecht Das Persönlichkeitsrecht gilt auch im Arbeitsrecht als einem Sondergebiet des Zivilrechts. Wie auch sonstige private Rechtsverhältnisse sind die Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber deshalb vom Grundsatz des Informationsfreiheit beherrscht, was etwa im Bereich der Datenerhebung am Beispiel des arbeitgeberisches Fragerechts deutlich wird. Nach der arbeitsgerichtliehen Rechtsprechung ist der Arbeitgeber berechtigt, einem Bewerber oder Arbeitnehmer30 Fragen zu stellen, solange er dadurch nicht dessen Persönlichkeitsrecht verletzt. Ohne hier auf die Zulässigkeil einzelner Fragen eingehen zu wollen, läßt sich feststellen, daß regelmäßig nur Fragen mit Bezug auf das (in Aussicht genommene) Beschäftigungsverhältnis 31 , an denen der Arbeitgeber ein schutzwürdiges Interesse hat, zulässig sind 32. Der Wahrung des Persönlichkeitsrechts der Bewerber I Arbeitnehmer dient auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 94 BetrVG 33. Zwar hat die Mißachtung dieses Mitbestimmungsrechts nach verbreiteter Auffassung 34 einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Beseitigung der so erlangten Information aus den Personalakten zur Folge, doch ergibt sich dieser aus der Treuepflicht und ist zudem als eine Sanktion für betriebsverfassungswidriges Verhalten bzw. für den Verstoß gegen das BDSG 35 gedacht; aus 29 Vgl. Ehmann, RDV 1988, 169 (170); Langer, Informationsfreiheit als Schranke der informationeilen Selbstbestimmung,§ 5 II 3; ebenso Sproll, ZIP 1984, 23. 30 Die Grenzen der Informationserhebung bei Dritten sind noch nicht hinreichend geklärt, vgl. Buchner, NZA 1991, 577 (578). 31 Moritz, NZA 1987, 329 (331 f.); Zöllner, DB 1984, 241 (243); Schaub, Handbuch des Arbeitsrechts, S. 103. 32 Zöllner, Arbeitsrecht, S. 120; ders., Daten- und Informationsschutz im Arbeitsverhältnis, S. 33; Buchner, NZA 1991, 577 (578); Sproll, Individualrechtliche Probleme des Arbeitnehmerdatenschutzes, S. 102. 33 v. Hoyningen-Huene, Betriebsverfassungsrecht, S. 268. 34 BAG NZA 1987, 415 (416); Fitting I Auffahrt I Kaiser I Heither, BetrVG, § 94 Rn. 14m. w. N.; v. Hoyningen-Huene, Betriebsverfassungsrecht, S. 268. 3s So Zeller, BB 1987, 1522 (1528); Dietz I Richardi, BetrVG, § 94 Rn. 33 f.

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§ 3 Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht

der Nichtbeachtung der Mitbestimmungsnorm allein kann nicht auf eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts geschlossen werden 36• 2. Restriktionstendenzen unter Berufung auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht Manche Autoren wollen das Fragerecht des Arbeitgebers jedoch erheblich verkürzen, indem sie es in Abkehr von dem Grundsatz der Informationsfreiheit, der dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht zugrundeliegt, den Anforderungen unterwerfen, die das BVerfG im Volkszählungsurteil aufgestellt hat. In diesem Urteil hatte das Gericht aus Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG ein ,,Recht auf informationeile Selbstbestimmung" entwickelt 37, das den einzelnen berechtige, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen und das nur unter Wahrung des Gesetzesvorbehalts und nur in Einklang mit überwiegenden Allgemeininteressen eingeschränkt werden dürfe 38• Aus der Absage an eine Gesellschaftsordnung, in der der Bürger nicht mehr wissen könne, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über ihn wisse 39, wird von Teilen der Literatur und der Rechtsprechung der Schluß gezogen, daß das Recht auf informationeile Selbstbestimmung, das vom BVerfG für das Verhältnis zwischen Bürger und Staat entwickelt wurde 40, in gleicher Weise auf privatrechtliehe Rechtsbeziehungen und hier vor allem auf solche des Arbeitsrechts Einfluß nehme. Das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für den Bereich der Datenerhebung gegenüber Bewerbern oder Arbeitnehmern wird deshalb teilweise als äußerst bedenklicher und nur noch für eine bis zum Ende der 11. Legislaturperiode des Bundestages (Ende 1990) reichende Übergangszeit hinnehmbarer Zustand 41 angesehen. Ob zur Ausfüllung dieser angeblichen Lücke ein formelles Gesetz erforderlich ist 42 oder ob Gesetze im materiellen Sinn ausreichen 43, ist umstritten. Problematisch ist auch, wie bei Übertragung des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung ins Privatrecht die Voraussetzung des Handeins im "überwiegenden Allgemeininteresse" in das Arbeitsrecht "übersetzt" werden kann, wenn der Arbeitgeber andere Daten erhebt als solche, die schon aufgrund gesetzlicher Bestimmungen erhoben werden müssen. Nach Däubler kann eine Beschränkung Buchner, ZfA 1988, 449 (473). BVerfGE 65, 1 (42). 38 BVerfGE 65, 1 (42 ff.). 39 BVerfGE 65, 1 (43). 40 Das BVerfG weist ausdrücklich darauf hin, daß zu entscheiden sei ,,nur über die Tragweite dieses Rechts für Eingriffe, durch welche der Staat die Angabe personenbezogener Daten vom Bürger verlangt". 41 Wohlgemuth, Datenschutz für Arbeitnehmer, Rn. 35 ff., 108 ff. 42 So Wohlgemuth, Datenschutz für Arbeitnehmer, Rn. 108. 43 Gedacht ist wohl an Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, s. Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 100 f.; nach Wohlgemuth, Datenschutz für Arbeitnehmer, Rn. 108, ist dies nur für eine Übergangszeit hinnehmbar. 36 37

II. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers

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des Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung wegen dessen hohen Stellenwertes nur hingenommen werden, wenn nicht bloß die Berufsausübungs-, sondern erst wenn die Berufswahlfreiheit des Arbeitgebers tangiert werde. Nur bei einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Unternehmens- ein aus dem Mitbestimmungsurteil entnommenes Kriterium- sei eine Beschränkung des informationeilen Selbstbestimmungsrechtes zulässig 44• Es sei nämlich zu berücksichtigen, daß das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung einen personalen Charakter habe, während dies für das .,Gegenrecht" des Arbeitgebers allenfalls der Fall sei, wenn dieser das (kleinere) Unternehmen durch eigene Mitarbeit selbst gestalte. Das bedeutet, eine Datenerhebung soll nur dann zulässig sein, wenn ohne sie die Erreichung der Unterne_hmensziele nachweisbar gefährdet ist 45 • Durch solche aus dem Volkszählungsurteil erschlossene Restriktionen würde der dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht zugrundeliegende Grundsatz der Informationsfreiheit in der praktischen Anwendung zu einem grundsätzlichen Informationsverbot mit von der datenverarbeitenden Stelle zu rechtfertigenden Ausnahmen. Einer solchen von Teilen der Literatur befürworteten Beschränkung des arbeitgebensehen Fragerechts hat das BAG sich bisher nicht angeschlossen; es hält weiter an seiner überkommenen Rechtsprechung fest. Ebenfalls anband des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist zu beurteilen, ob der Arbeitgeber personenbezogene Daten des Arbeitnehmers mit nicht jedermann zugänglichen Erkenntnismethoden erheben darf, z. B. durch medizinische Untersuchungen, graphologische Gutachten oder psychologische Tests. Ganz überwiegend wird hierfür eine spezielle Einwilligung des Betroffenen gefordert, bei deren Fehlen sein Persönlichkeitsrecht verletzt sei 46• Dies steht mit der oben dargelegten Struktur des Persönlichkeitsrechts in Einklang, da die genannten Methoden tief in die Intimsphäre eingreifen, indem sie Erkenntnisse über eine Person ermöglichen, die dieser selbst verborgen sind 47 • In anderen Entscheidungen zum Allgemeinen Persönlichkeitsrecht als Grenze der arbeitgebensehen Informationsfreiheit stützt das BAG, ebenso wie die dargestellten restriktiven Literaturauffassungen zum Fragerecht des Arbeitgebers die Ansprüche des Arbeitnehmers auf Unterlassung oder Schadenersatz unmittelbar auf das Verfassungsrecht, also auf die Art. 1 Abs. 1 und Art 2 Abs. 1 GG 48 , Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 115. Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 116. 46 BAG DB 1983, 2780 f. graphologische Gutachten; für psychologische Tests und medizinische Untersuchungen Söllner, Grundriß des Arbeitsrechts, S. 243m. w. N.; Gamillscheg, Arbeitsrecht I, Nr. 48c; ebenso Zöllner, Daten- und Informationsschutz im Arbeitsverhältnis, S. 35 ff.; speziell zu der Frage nach und der Untersuchung auf AIDS s. den Bericht der Enquete-Kommission, Bundestags-Drucks. ll /7200 = RDV 1988, 292; sowie Gola, DuD 1988, 289. 47 Bedenken äußert auch Zöllner, Daten- und Informationsschutz im Arbeitsverhältnis, s. 39. 48 BAG EzA § 611 BOB Persönlichkeitsrecht Nr. 5, S. 3 und 4; DB 1988, 1552; NZA 1984, 321 (322), JZ 1991, 491 f. 44 45

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§ 3 Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht

obwohl die Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und das Persönlichkeitsrecht privatrechtlicher Natur sind, woran auch die grundrechtliche Fundierung der rechtsfortbildenden Anerkennung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nichts ändert 49• Entnimmt man die Anspruchsgrundlage dem Verfassungsrecht, werden die oben dargestellten Grundsätze der Privatrechtsordnung außer Kraft gesetzt. Durch den damit verbundenen Verzicht auf das Erfordernis der gegenständlichen Verkörperung der Willensfreiheit zugunsten eines umfassenden Selbstbestimmungsrechts soll das Recht auf informationeile Selbstbestimmung zu unmittelbar geltendem Arbeitsrecht gemacht werden 50• Die Heranziehung einer verfassungsrechtlichen, statt einer zivilrechtliehen Anspruchsgrundlage verdrängt zudem die ausgewogene Gewichtung der einander gegenüberstehenden Interessen zu Lasten der Informationsfreiheit, mit der Folge eines ständigen Rechtfertigungszwanges für den Informationen erhebenden Arbeitgeber. Besonders prägnant zeigt sich dies in dem Urteil des BAG vom 12.1.1988 51 , in dem das Gericht über die Klage eines Arbeitnehmers auf Unterlassung der Weitergabe von ihn betreffenden Fahrtenschreiberblättern an den Bundesrechnungshof durch den Arbeitgeber zu entscheiden hatte. Erst nach einer aufwendigen Interessenahwägung wird dieses Begehren vom BAG abgewiesen. Auch hier übernimmt das Gericht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schlicht als einen Teil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und leitet beide Rechte aus dem Verfassungsrecht her. Bedenken begegnet diese Entscheidung außerdem deshalb, weil das Gericht -ohne daß es im konkreten Fall darauf angekommen wäre - ausführt, daß das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers schon dann verletzt sei, wenn der Arbeitgeber das dem Schutz der Arbeitnehmer vor Persönlichkeitsgefährdungen dienende Mitbestimmungsrecht des Personalrates aus § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG (= § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) mißachte 52• Auf das tatsächliche Vorliegen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht käme es danach gar nicht mehr an. Die Frage der Zulässigkeil der Überwachung von Leistung und Verhalten von Arbeitnehmern war individualrechtlich lange Zeit kein Thema für die Rechtsprechung, obwohl in betriebsratslosen Betrieben die damit zusammenhängenden Fragen nicht schon aufbetriebsverfassungsrechtlicher Ebene umfassend abgeklärt werden konnten. Dies dürfte wohl weniger an mangelndem Problembewußtsein der betriebsratslosen Belegschaft gelegen haben, als daran, daß die Rechtsprechung zu § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG weit über den Kernbereich des Persönlich49 Wiese, ZfA 1971, 273 (276 f.); ders., Persönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis, in: Technologischer Fortschritt als Rechtsproblem, Sammelband der Ruprecht-KarlsUniversität Heidelberg, S. 47 (48). so Deutlich in BAG DB 1988, 1552. st DB 1988, 1552 (1553); ferner BAG EzA § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 5. sz BAG DB 1988, 1552 (1553) unter m. 2 b); zur Kritik siehe Buchner, ZfA 1988, 449 (469).

ll. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers

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keitsrechts hinausgegriffen hat, während auf der Ebene des Individualarbeitsrechts dem Arbeitsvertrag als schuldrechtliche Grundlage des Austausches der gegenseitigen Leistungen noch eine größere Bedeutung zugemessen wurde53. So hat das BAG in einer 1973 ergangenen Entscheidung die Abweisung einer Klage auf Unterlassung von Unterbrechungen privater Telefongespräche während der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber damit begründet, daß der vertraglichen Arbeitspflicht des Arbeitnehmers der Vorrang vor solchen Telefonaten zukomme. Die Inanspruchnahme des Arbeitnehmers zu der ihm arbeitsvertraglich obliegenden Dienstleistung könne bereits objektiv nicht in den Persönlichkeitsbereich des Arbeitnehmers eingreifen, sofern nur ein Abhören des Gesprächsinhaltes vermieden sei 54• Um die Frage der individualrechtliehen Zulässigkeil der technischen Überwachung von Arbeitnehmern ging es erstmals in einer Entscheidung vom 7.1 0. 1987, in der zu beurteilen war, ob die geplante Installation versteckter Videokameras die von diesen potentiell gefibnten Arbeitnehmer in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzte 55• In der "lückenlosen technischen Überwachung am Arbeitsplatz durch heimliche fotographische Kontrolle", die einen ständigen Überwachungsdruck erzeuge, dem die Klägerin sich nicht entziehen könne, sah das Gericht einen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dem Umstand, daß nur zwei Kameras für 4500 Verkaufseinrichtungen mit 20000 Mitarbeitern angeschafft werden sollten, maß es keinerlei Bedeutung bei. Daraus läßt sich erkennen, daß das BAG die Erzeugung eines "Überwachungsdrucks" auf die Arbeitnehmer für ausreichend hält, um einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht zu bejahen, der einer Rechtfertigung bedarf56. Dies bedeutet eine massive Erweiterung von dessen Wirkungsbereich, zum einen, weil ein Überwachungsdruck natürlich ebenso von einer offen aufgestellten Kamera ausgeht 57, und zum anderen, weil der angesichts des Zahlenverhältnisses von Kameras zu Verkaufseinrichtungen und Arbeitnehmern eine objektiv nur sehr geringe Chance bestand, daß der klagende Arbeitnehmer tatsächlich beobachtet wurde. Zusammen mit den hohen Anforderungen an eine Rechtfertigung der Aufstellung des Videokameras durch den Arbeitgeber, dessen Bedürfnis zur Senkung des diebstahlsbedingten Warenverlostes nicht anerkannt wurde, stellt die genannte Entscheidung einen weiteren Schritt zur Beschränkung der Freiheit des Arbeitgebers zur Informationserhebung dar. Dagegen kam das SG München 58 aufgrund einer ausfühlichen Abwägung mit den 53 Buchner, ZfA 1988, 449 (467 I 468). S4 BAG AP Nr. 1 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht, BI. 2 und 3, mit zust. Anm.

Wiese.

55 BAG AP Nr. 15 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht 56 BAG AP Nr. 15 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht; dazu Buchner, ZfA 1988,

449 (468). 57 Buchner, ZfA 1988, 449 (468). 58 CR 1991, 417. Es handelte sich um eine Klage gegen die Feststellung einer zwölfwöchigen Sperrzeit nach§§ 119 Abs. 1 Nr. 1, 119a Nr. 1 AFG.

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§ 3 Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht

schutzwürdigen Arbeitgeberinteressen zum Ergebnis, daß bei einer Kameraüberwachung des Verkaufsraumes eines Autohändlers keine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers vorliege.

01. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht im Wirtschaftsleben außerhalb des Arbeitsrechts Im Wirtschaftsleben außerhalb der Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist das Allgemeine Persönlichkeitsrecht vor allem für Fallkonstellationen von Bedeutung, die entweder überhaupt nicht vom BDSG erfaßt werden oder in denen es um Rechtsfolgen geht, die dieses nicht vorsieht. Letzteres betrifft vor allem die Geltendmachung von Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüchen 59• Für diese gibt es auch im neuen BDSG entgegen den Vorstellungen der SPD-Fraktion 60 keine eigenen Anspruchsgrundlagen; für Schadenersatzansprüche gegen nicht-öffentliche Stellen wurde durch § 8 BDSG lediglich die Beweislast bezüglich der Kausalität zwischen der unzulässigen oder unrichtigen Datenverabeitung und dem Schaden vom Betroffenen auf die datenverarbeitende Stelle verlagert. Die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches bleibt damit weiter vom Vorliegen der oben dargestellten Voraussetzungen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung abhängig, wobei es ausgeschlossen ist, eine nach dem BDSG rechtswidrige Verarbeitung oder Nutzung von Daten schon aus diesem Grund als eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu betrachten. Die Informationsfreiheit, die die Informationsverwendung umfaßt, wird etwa eingeschränkt, wenn einem Unternehmer bestimmte Werbemaßnahmen untersagt werden, weil sie das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Umworbenen verletzten. Für die Briefwerbung will der BGH 61 eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nur bejahen, wenn entweder Werbesendungen als Privatbriefe getarnt werden, so daß sie erst durch diese Täuschung mit erhöhter Aufmerksamkeit rechnen können, oder wenn ein ausdrücklicher Widerspruch des Umworbenen vorliegt, dessen Beachtung dem werbenden Unternehmen ohne unangemessenen Aufwand möglich ist. Diese Entscheidung ist auf Widerspruch gestoßen. Vor allem das letzte, vom BGH objektiv bestimmte Kriterium wird in der Literatur kritisiert, weil es den Schutz des Persönlichkeitsrechts von der Organisation des werbenden bzw. des die Adressen zur Verfügung stellenden Unternehmens oder der Häufigkeit des Na_t:nens abhängig_mache 62• Außerdem wird der Rechtsprechung eine erhebliche Überbewertung der wirtschaftlichen Interessen der Angebotsseite vorSo im Fall BGH NJW 1978, 2551. Entwurf eines Bundesinfonnationsschutzgesetzes (Bundestags-Drucks. 11 I 3730), dessen § 6 auch für nicht-öffentliche Stellen eine verschuldeosunabhängige Haftung auf Schadenersatz, einschließlich Schmerzensgeld bis zu einer Haftungshöchstsumme von 500.000 DM vorsieht. 6t BGHZ 60, 296 ff. 62 Alt, Recht und Praxis der Briefkastenwerbung, S. 83 ff. 59 60

m. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht im Wirtschaftsleben

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geworfen63• Wenn nach diesen Ansichten das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Umworbenen jede Werbung gegen dessen Widerspruch ausschließt 64, wird ganz auf die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Angemessenheit und damit letztlich auf eine wirkliche lnteressenabwägung, innerhalb derer auch das Interesse des Werbenden an seiner geschäftlichen Tätigkeit von Bedeutung ist, verzichtet. Das neue BDSG hat diese Frage aufgegriffen; es bestimmt in §§ 28 Abs. 3, 29 Abs. 3, daß eine Nutzung oder Übermittlung von personenbezogenen Daten für Zwecke der Werbung, der Markt- oder Meinungsforschung im Falle des Widerspruches des Betroffenen unzulässig ist. Daraus ist mittelbar aber zu entnehmen, daß eine Werbung nicht allein deswegen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt; sonst wäre die datenschutzrechtliche Regelung überflüssig. Für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches, der nur auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrecht gestützt werden kann, müssen daher alle oben 65 dargelegten Voraussetzungen für seine Verletzung vorliegen; deren Prüfung schließt eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten ein, bei der selbstverständlich auch das wirtschaftliche Interesse des Werbenden zu berücksichtigen ist. Für die Kausalität des Schadens ist allerdings die Beweislastregelung des § 8 BDSG zu beachten.

§ 4 Das Bundesdatenschutzgesetz Am 19. 9. 1990 hat der Bundestag auf der Grundlage der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses 66 das Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes, das neue Bundesdatenschutzgesetz, (BDSG; BGBI. I 1990, S. 2954) verabschiedet, das am 1.6.1991 67 in Kraft getreten ist. Dem ging eine mehr als zehnjährige Novellierungsdiskussion voraus, die nach dem Erlaß der bundesverfassungsgerichtliehen Entscheidung zum Volkszählungsgesetz68 mit deutlich größerer Intensität betrieben wurde. Die verschiedenen dabei diskutierten Entwürfe zur Reform des Datenschutzrechtes wollten die hier interessierende Zulässigkeil der Datenverarbeitung durch Private unterschiedlich stark einschränken. Besonders restriktiv war der von der SPD-Fraktion 69 eingebrachte Entwurf, auf dessen Regelungen später im Zusammenhang mit der Darstellung des neuen BDSG eingegangen wird. Simon, CR 1986, 3 (8 f.). So auch MünchKomm-Schwerdtner, § 12 Rn. 245. 65 Seite 36 ff. 66 Bundestags-Drucks. 11 I 7843. 67 Außer § 10 Abs. 4, S. 3 u. 4., die erst am 1.1.1993 in Kraft treten sollen. 68 BVerfGE 65, 1 ff. 69 Entwurf eines Bundesinformationsschutzgesetz (EBISG), Bundestags-Drucks. 11 I 3730. 63

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§ 4 Das Bundesdatenschutzgesetz

Im folgenden sollen im Anschluß an einen Überblick über den Geltungsbereich des neuen BDSG dessen Regelungen für den Umgang mit personenbezogenen Daten durch nicht~öffentliche Stellen 70 dargestellt werden. Dies muß relativ ausführlich geschehen, um die von dem Gesetz bewirkten Restriktionen der Informationsfreiheit, die wegen der vielen unbestimmten Rechtsbegriffe allein aus dem Gesetz nicht unmittelbar ersichtlich sind, richtig einschätzen zu können.

I. Der Geltungsbereich des BDSG Durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Daten~ schutzes ist der gesetzliche Regelungsbereich gegenüber dem alten BDSG erheb~ lieh erweitert worden. Es gilt nicht mehr nur für die Verarbeitung personenbezoge~ ner Daten, also für das Speichern, Verändern, Übermitteln und Löschen 71 , sondern für den "Umgang" damit, schließt also zusätzlich die Erhebung und Nutzung personenbezogener Daten ein. Sein Ziel ist es, den einzelnen davor zu schützen, daß er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persön~ lichkeitsrecht beeinträchtigt wird (§ 1 Abs. 1 BDSG). Gemäß der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten alle Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Um Daten einer bestimmbaren Person im Gegensatz zu anonymisierten Daten handelt es sich, wenn die Identifizierung der betroffenen Person aus dem Zusammenhang, in dem die Angaben über sie stehen, oder unter Zuhilfenahme von Zusatzwissen der speichernden Stelle, ohne unverhältnismäßigen Aufwand 72 möglich ist. Der Begriff der personenbezogenen Daten ist also sehr weit. Adressaten des BDSG sind sowohl öffentliche Stellen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 i. V. m. § 2 Abs; 1 ~3 BDSG) als auch nicht~öffentliche Stellen, letztere aber nur soweit sie Daten in oder aus Dateien 73 geschäftsmäßig oder für berufliche oder 70 Dabei sollen in dieser Betrachtung die Unternehmen und Hilfsuntemehmen der Presse ausgeklammert werden, deren journalistisch-redaktionelle Tätigkeit gemäߧ 41 Abs. 1 BDSG nur einzelnen Vorschriften dieses Gesetzes (§§ 5, 9 ) unterliegt. Eine verfassungsrechtliche Untersuchung hätte auch an erster Stelle die Beachtung des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und erst in zweiter Linie die Art. 12 und 14 GG zu beachten (Ob die Nichterwähnung der Datenerhebung in § 41 Abs. 1 BDSG mit der Folge der Geltung des § 28 Abs. 1 S. 2 BDSG und der Kontrollbefugnisse der Aufsichtsbehörden ein Redaktionsversehen ist, kann daher dahingestellt bleiben). 71 Zu den jeweiligen Legaldefmitionen siehe § 3 Abs. 5 BDSG. n Vgl. § 3 Abs. 7 BDSG. Für das alte BDSG war es umstritten, wann eine Anonymisierung vorlag. Sehr eng Galtwas I Geiger I u. a.-Gallwas, § 2 Rn. 8, nach dem eine Bestimmbarkeit erst entfallen soll, wenn eine Reanonymisierung, sei es auch durch komplizierte Verarbeitungsvorgänge, ausscheidet. Wie die jetztige Legaldefmition Schaffland I Wiltfang, BDSG, § 2 Rn. 17; Ordemannl Schomerus, § 2 Anm. 1.4. 73 Im alten BDSG galt diese Beschränkung auf Dateien auch für die Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen.

I. Der Geltungsbereich des BDSG

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gewerbliche Zwecke verarbeiten oder nutzen, wie sich aus§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG ergibt. Die private Nutzung eines Home-Computers wird demnach nicht beschränkt. Der Dateibegriff74, der trotz der Begründung der Notwendigkeit eines speziellen Datenschutzrechts mit den besonderen Gefahren der automatischen Datenverarbeitung auch nicht automatisierte Dateien erfaßt, ist damit neben der Personenbezogenheil des Datums das maßgebende Kriterium für die Anwendbarkeit des BDSG im nicht-öffentlichen Bereich. Für nur aus verarbeitungstechnischen Gründen vorübergehend erstellte Dateien und für nicht-automatisierte interne Dateien gelten gemäß § 1 Abs. 3 BDSG lediglich die Vorschriften der§§ 5 und 9 BDSG. Ihnen kommt aber angesichts des ständig zunehmenden Einsatzes der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) im wirtschaftlichen Bereich 75 kaum noch Bedeutung zu. Im Gegensatz zum BDSG a. F., das nur die Verarbeitung personenbezogener Daten, also ihre Speicherung, Übermittlung, Veränderung oder Löschung, erfaßte, regelt das neue BDSG- wie bereits erwähnt- darüberhinaus die Datennutzung und die Beschaffung der Daten (die Erhebung). Unter dem Nutzen von Daten versteht das Gesetz jede Verwendung personenbezogener Daten, soweit es sich nicht um Verarbeitung handelt,§ 3 Abs. 6 BDSG. Dabei muß die Nutzung jedoch in oder aus Dateien erfolgen, wie sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG ergibt 76• Sofern ein personenbezogenes Datum aber einmal dort gespeichert ist, kann es nicht mehr wie bisher frei verwendet werden, sondern jedes weitere Gebrauchmachen von der dateimäßig gespeicherten personenbezogenen Information unterliegt dem vom BDSG aufgestellten Rechtfertigungszwang, sei es das gespeicherte Geburtstagsdatum für eine Gratulation oder Treueprämie oder die Information über eine fruchtlose Zwangsvollstreckung für einen Kreditantrag n. Auch die Auswertung personenbezogener Daten im Kopf oder mit Papier und Bleistift ist nicht mehr ohne weiteres zulässig. Während ein Unternehmer nach altem Datenschutzrecht auf diese Methode ausweichen konnte, wenn er sich nicht sicher war, ob eine dateimäßige Verarbeitung nach dem BDSG a. F. zulässig sein würde, bleibt ihm dieser Ausweg jetzt versperrt. Soweit es um die Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten geht, erlangt der Betriebsrat zugleich ein Kontrollund Unterrichtungsrecht nach § 80 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BetrVG und kann so einen weitreichenden Einblick in zukünftige Planungen des Unternehmens bekommen, der ihm bei geschickter Handhabung einen weitreichenden Einfluß auf die Unternehmensführung verhelfen kann 78 • Nur wenn es sich um Daten handelt, Dazu siehe § 3 Abs. 2 BDSG. Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (343); Zöllner, DB 1984, 241. 76 Für die Datennutzung durch öffentliche Stellen gilt diese Beschränkung nicht, hier regelt das BDSG jegliche Datennutzung. 77 Ehmann, RDV 1988, 169 (172). 1s Ehmann, RDV 1988, 221 (236). 74 75

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§ 4 Das Bundesdatenschutzgesetz

die überhaupt nicht dateimäßig gespeichert sind, ist der Unternehmer frei von datenschutzrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften. Solche wird es in einem Unternehmen aber zunehmend weniger geben. Im Gegensatz zum geltenden BDSG enthielt der Regierungsentwurf79 eine restriktivere, auf unmittelbar aus Dateien entnommene Daten begrenzte Legaldefinition der Nutzung. Auch wenn das Kriterium der Unmittelbarkeit eine scharfe Grenzziehung nicht immer ermöglicht, so genügte diese Gesetzesfassung doch dem mit der Einbeziehung der Datennutzung ursprünglich verfolgten Ziel, gerade noch die Nutzung von Computerausdrucken, Listen und ähnlichen Arbeitsunterlagen, die aus der Datei hergestellt wurden, aber den Dateibegriff selbst nicht erfüllten 80, zu erfassen 81 • Der Regierungsentwurf wollte die endlose Anwendung der Regelungen des BDSG, nur weil ein Datum irgendwann einmal in einer Datei enthalten war, gerade vermeiden 82•

Die Datenerhebung hat im nicht-öffentlichen Bereich, anders als im öffentlichen Bereich nur eine rudimentäre Regelung erfahren 83, in der es heißt, daß die Daten nach Treu und Glauben und rechtmäßig erhoben werden müssen(§ 28 Abs. 1 S. 2 BDSG). Sie ist nicht an eine Interessenahwägung gebunden oder von der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses abhängig. Schon nach dem alten Datenschutzrecht entsprach es jedoch der überwiegenden Auffassung 84, daß rechtswidrig erhobene Daten auch nicht gespeichert werden durften. In der Sache dürfte daher keine Änderung eingetreten sein, vor allem, weil das grundsätzliche Verbot des§ 4 Abs. 1 BDSG nicht auf die Datenerhebung ausgedehnt wurde. Weitergehend enthält der von der SPD-Fraktion vorgelegte Entwurf eines Bundesinformationsschutzgesetzes 85 detaillierte Regelungen über die Zulässigkeil der Datenerhebung durch nicht-öffentliche Stellen für eigene Zwecke (§ 30 EBISG) und für fremde Zwecke (§ 40 EBISG), die denen für die Datenverarbeitung entsprechen.

79 Bundestags-Drucks. 11 I 4306. so Daher war die Anwendbarkeit des alten BDSG umstritten, vgl. Ehmann, RDV 1988, 169 (172). 8t Bundesrats-Drucks. 618 I 88, S. 100. 82 Bundesrats-Drucks. 618 I 88, S. 100. 83 Der Regierungsentwurf (Bundestags-Drucks. 11 I 4306) wollte die Regelung der Datenerhebung dagegen noch bereichsspezifischen Gesetzen überlassen, vgl. die Begründung, Bundesrats-Drucks. 618 I 88, S. 93. 84 BAG NZA 1987,415 unter Berufung auf Zöllner, Daten- und Informationsschutz, S; 46; Kuhla, Datenschutz im Beamten- und Arbeitsverhältnis, S. 175; ferner Gallwas I Geiger u. a.-Schwappach, Vor§ 22 Rn 25. 85 Entwurf vom 13. 12. 1988, Bundestags-Drucks. 11 I 3730; vgl. ferner den Beschluß des Bundesrates vom 22.6.1990 über die Anrufung des Vermittlungsausschusses, Bundesrats-Drucks. 379 I 90, S. 12 und 15.

II. Die Regelung des Umgangs mit personenbezogenen Daten

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ll. Die Regelung des Umgangs mit personenbezogenen Daten durch das BDSG In Umkehrung des bis zum ersbnaligen Erlaß eines Datenschutzgesetzes im Jahr 1977 geltenden Prinzips der Informationsfreiheit unterliegen seitdem die dateimäßige Verarbeitung personenbezogener Daten und seit der BDSG-Novelle von 1990 zusätzlich ihre Nutzung gemäß § 4 Abs. 1 BDSG einem grundsätzlichen Verbot 86• Nur die Erhebung von Daten wird diesem nicht unterworfen 87• Das Verbot besteht unabhängig davon, ob es sich um allgemein zugängliche oder um besonders sensible Daten aus dem inneren Lebensbereich handelt. Die verarbeitende Stelle muß stets eine besondere Erlaubnis nachweisen, die sich aus dem BDSG, einer anderen Rechtsvorschrift oder einer vorherigen, grundsätzlich schriftlich zu erteilenden Einwilligung ergeben kann (§ 4 BDSG). Mag das geschilderte Regel-Ausnahme-Verhältnis auch zunächst eine Frage der Gesetzestechnik 88 sein und sich das tatsächliche Ausmaß der Einschränkungen der Datenverarbeitung erst aus einer sorgfältigen Analyse der Gesamtstruktur von Verarbeitungsverbot und Zulässigkeilstatbestand ergeben 89, so wird es doch von einigen Stimmen aus der Literatur als Argument für eine restriktive Interpretation herangezogen 90• Die Gesetzestechnik begünstigt die gegenwärtig weit verbreitete Auffassung von der besonderen Gefährlichkeit der Datenverarbeitung und der von ihr ausgehenden Bedrohung des menschlichen Zusammenlebens 9 1, Dies zeigt sich auch daran, daß für jede Datenverarbeitungs- oder Datennutzungsmaßnahme ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden muß, selbst wenn überhaupt kein Grund zur Annahme vorliegt, daß schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden könnten. Unter den Normen, die eine Datenverarbeitung oder -nutzung durch Private rechtfertigen, kommt die größte Bedeutung den im BDSG enthaltenen Erlaubnistatbeständen zu, die danach unterscheiden, ob die Datenverarbeitung oder nutzung für eigene Zwecke oder zum Zwecke der Übermittlung durchgeführt wird.

86

Die Gesellschaftfür Datenschutz und Datensicherheit (GDD) hält dieses Prinzip

zur Regelung einer Materie, ohne die die Wirtschaft nicht mehr funktionsflihig ist, für

überholt und sachfremd, vgl. die Stellungnahme zu einem BDSG-Entwurf von 1986, abgedruckt in DuD 1988, 316 (317); ablehnend auch Zöllner, RDV 1991, 1 (10). 87 Erstaunlicherweise tut dies auch der von der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegte Entwurf eines Bundesinformationsgesetzes (im folgenden EBISG) nicht, obwohl er in § 30 Abs. 1 und § 40 Abs. 1 - anders als das neue BDSG - ebenso detaillierte Anforderungen an die Zulässigkeil der Datenerhebung stellt wie an die Verarbeitung oder· Nutzung. 88 Sie entspricht in der Tat nicht der statistischen Häufigkeit der Unzulässigkeil 89 So Sproll, ZIP 1984, 23. 90 0. Mal/mann, BB 1980, 1020 (1023) 91 Ordemann I Schomerus, Einleitung, Anm. 2.5 (S. 36). 4 Breitfeld

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§ 4 Das Bundesdatenschutzgesetz

Wenn die Datenverarbeitung lediglich als Hilfsmittel der Erfüllung anderer eigener Aufgaben dient und nicht als solche Gegenstand des Geschäftszweckes ist (Datenverarbeitung für eigene Zwecke)92, bestimmt sich ihre Zulässigkeil nach§ 28 BDSG. Seine typische Anwendungsfälle sind die Verarbeitung oder Nutzung von Arbeitnehmer-, Kunden- oder Lieferantendaten. Steht die Datenverarbeitung als solche im Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit und ist sie ihr Selbstzweck (Datenverarbeitung zum Zweck der Übermittlung), ist § 29 BDSG maßgeblich. Zu den Unternehmen, deren Tätigkeit im wesentlichen durch diese Vorschrift bestimmt wird, gehören beispielsweise Adreßverlage, Auskunfteien und private Wamdateien. Für Unternehmen, die personenbezogene Daten in anonyrnisierten Form übermittlen- vor allem sind hier Markt- und Meinungsforschungsinstitutionen angesprochen - enthält § 30 BDSG eine eigene Regelung.

1. Die Erlaubnistatbestände für die Datenverarbeitung und -nutzung für eigene Zwecke § 28 BDSG läßt die Speicherung, Veränderung, Übermittlung und Nutzung unter verschiedenen Voraussetzungen zu. Seine erste Alternative ("im Rahmen der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses oder vertragsähnlichen Vertrauensverhältnissesmit dem Betroffenen" 93) dürfte in der Praxis die größte Rolle spielen. Für die Verarbeitung und Nutzung von Daten, die aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können 94 oder die die speichernde Stelle veröffentlichen dürfte(§ 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG95) oder die zur Durchführung wissenschaftlicher Forschung erforderlich sind (§ 28 Abs. 1 Nr. 4 BDSG), sowie für die listenmäßige Übermittlung und Nutzung personenbezogener Daten(§ 28 Abs. 2 BDSG) bestehen erleichterte Zulässigkeitsvoraussetzungen.

92 Ordemannl Schomerus, § 22, Arun.l.l.; Tinnefeid I Tubies, S. 119;Bull,Jura 1987, 295 (299). 93 Insoweit besteht kein Unterschied zu §§ 23, 24 und 25 BDSG a. F., auch nicht durch den Zusatz "Vertragsverhältnis .. . mit dem Betroffenen", denn bereits nach alten Recht war anerkannt, daß nur ein Vertragsverhältnis mit dem Betroffenen rechtfertigen konnte (Gallwas I Geiger u. a.-Schwappach, § 23 Rn. 11). Der Zusatz hat daher allenfalls klarstellende Bedeutung. 94 Nach § 23 S. 2 BDSG a. F. mußten die Daten dagegen tatsächlich aus allgemein zugänglichen Quellen stammen, was in der Praxis jedoch auf schwer überwindbare Beweisprobleme stieß, Gallwas I Geiger u. a.-Schwappach, § 23 Rn. 34. 95 Im Gegensatz zu § 23 S. 2 BDSG a. F. darf die Speicherung auch in einem automatisierten Verfahren erfolgen. Ein weiterer Unterschied liegt darin, daß das Interesse des Betroffenen hier "offensichtlich überwiegen" muß, um die Datenverarbeitung unzulässig zu machen.

II. Die Regelung des Umgangs mit personenbezogenen Daten

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a) "im Rahmen der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses" Das maßgebliche Tatbestandsmerkmal ,,Zweckbestimrnung eines Vertragsverhältnisses" ist nicht exakt bestimmt, sondern erfordert bereits eine Abwägung zwischen den Interessen des Datenverarbeiters und des Betroffenen 96 • Die vertraglichen Beziehungen begründen nur einen Sonderfall eines berechtigten Interesses der datenverarbeitenden Stelle. Zur Feststellung, ob eine Datenspeicherung, -Veränderung, -Übermittlung oder -nutzung im Rahmen der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses liegt, muß zunächst der Zweck des jeweiligen Vertrages herausgearbeitet werden. Verlieren die Parteien darüber- wie im Normalfall-kein Wort, kann davon ausgegangen werden, daß sie den typischen Vertragszweck akzeptieren, der sich letztlich aus der Wirtschafts- und nicht aus der Rechtsordnung 97 ergibt und der in aller Regel die beiderseitigen Interessen ausgewogen berücksichtigt 98 • Zumindest ein solch typischer Zweck wird sich auch bei vertragsähnlichen Vertrauensverhältnissen feststellen lassen, dessen Einbeziehung in den Tatbestand des § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG dem Umstand Rechnung trägt, daß bereits im Stadium von Vertragsverhandlungen die Notwendigkeit bestehen kann, bestimmte Daten festzuhalten. Über die Reichweite des Rechtfertigungsgrundes der ,,Zweckbestimrnung eines Vertragsverhältnisses" im einzelnen bestehen jedoch viele Zweifel. Zwar ist anerkannt, daß die Datenverarbeitung in einem Zusammenhang mit der Erfüllung der Pflichten und der Wahrnehmung der Rechte aus dem Vertrag oder vertragsähnlichen Vertrauensverhältnis stehen muß. Doch herrscht über die Enge oder Weite dieses Zusammenhangs Unklarheit. Während es vielfach für ausreichend gehalten wird, daß die Datenverarbeitung für die Erfüllung der Pflichten oder die Wahrnehmung der Rechte dienlich ist 99, wird ebenso die Ansicht vertreten, daß sie erforderlich 100 bzw. unbedingt erforderlich 101 oder sogar unverzichtbar 102 sein müsse. Nun mag dies wie eine Wortspielerei anmuten 103, doch findet die Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (272); Schaffland I Wiltfang, § 23 Rn. 4. Kreß, Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, S. 37, 40, 57; Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, S. 254. 98 E,hmann, AcP 188 (1988), S. 230 (274). 99 Gallwas I Geiger u. a.-Schwappach, § 23 Rn. 6 und 7, 47; Schaffland I Wiltfang, § 23 Rn. 4: "geeignet zur ... ". 1oo Gola I Wronka, Hb. d. Arbeitnehmerdatenschutzes, S. 128; Ordemann I Schomerus, § 23 Anm. 1.3. 101 BAG NZA 1987, 415 (416). 102 LAG Baden-Würtemberg (Vorinstanz zu BAG, Fn. 101), DB 1985, 2567 = RDV 1986, 20. 103 Zumal "unbedingt erforderlich" erheblich geringere Anforderungen stellen soll, als "unverzichtbar" und mehr im Sinne von ,,nützlich" verstanden wird, vgl. BAG NZA 1987, 415 (416). 96 97

4*

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§ 4 Das Bundesdatenschutzgesetz

sich darin widerspiegelnde Unsicherheit ihren Ausdruck, sobald es darum geht, ob ein ganz konkretes Datum gespeichert werden darf. Im Rahmen der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses liegt jedenfalls die Förderung der Erfüllung des Vertrages. Einigkeit besteht daher, daß insbesondere die für dessen Abwicklung notwendigen Daten über Tatsachen gespeichert werden dürfen, wie beispielsweise die Lieferanschrift des Käufers oder die Kontonummer des Verkäufers bei Zahlung durch eine Überweisung. Nach ganz überwiegender Ansicht dürfen auch Tatsachen gespeichert werden, die die Verwirklichung des Vertragszwecks gefahrden könnten. Bei Verträgen, die auf eine längere Dauer hin angelegt oder mit der Einräumung von Kredit verbunden sind, kann daher auch die Einholung und Speicherung von Auskünften über den Vertragspartner, insbesondere über dessen Bonität, vom Vertragszweck umfaßt sein 104. Umstritten ist dagegen, ob die Zweckbestimmung des Bankvertrages es umfaßt, daß die Bank Dritten Auskunft über die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden gibt 105• Im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerdatenverarbeitung hat das BAG 106 den Zweck des Arbeitsverhältnisses in dem ,,Austausch von Arbeitsleistung gegen Zahlung von Arbeitsentgelt" gesehen und daraus ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Feststellung von Leistungsstörungen gefolgert, das sich gerade auch darauf erstrecke, diese Kenntnisse in wirtschaftlich sinnvoller Weise schnell und kostengünstig zu erlangen. Schutzwürdige Belange der Arbeitnehmer seien demgegenüber nicht von erheblichem Gewicht, zumal das Arbeitsleben nicht zu deren engerem Persönlichkeitsbereich oder gar zur Intimsphäre gehöre 107• Mit diesen Erwägungen begründete das BAG, daß die computergestützte Auswertung von Krankheits- und sonstigen Fehlzeiten im Rahmen der Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses liege und somit datenschutzrechtlich zulässig sei. Eine im wesentlichen gleiche Argumentation führte auch zur Abweisung datenschutzrechtlicher Bedenken gegen die Telefondatenerfassung 108.

Auf das Interesse des Arbeitgebers an einer Vereinfachung seiner Personalverwaltung, die durch EDV in die Lage versetzt werde, sich die für Personalentscheidungen (soziale Auswahl bei Kündigungen, Versetzung, Beförderung) notwendigen Kenntnisse in schneller und kostengünstiger Weise zu verschaffen, wies das BAG auch in der Entscheidung vom 22. 10. 1986 109 hin, in der um die Zulässigkeit der Speicherung gewisser Personaldaten wie Geschlecht, Familienstand und Ausbildungsoft gestritten wurde. Insbesondere lehnte es die noch von der VorinOrdemann I Schomerus, § 23 Anm. 1.1.; Schaffland I Wiltfang, § 23 Rn. 6. DazuEhmann, AcP 188 (1988), S. 230 (276 ff. m. w. N.); ausführlich zur Bankauskunft ders., FS f. Giger, S. 123 ff.; für die Zulässigkeil solcher Auskünfte auch Schaffland I Wiltfang, § 23 Rn. 22. 106 BAG AP Nr. 14 zu§ 87 BetrVG 1972 Bl. 6 f. (Opel-PAISY); ebenso BAG RDV 104

tOs

1986, 199 (204). 107 So auch BAG DB 1988, 1552 (Fahrtenschreiber II). 108 BAG RDV 1986, 199 (204). 109 NZA 1987, 415.

ll. Die Regelung des Umgangs mit personenbezogenen Daten

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stanz 11o vertretene Auffassung ab, daß zur Erfüllung des konkreten Vertragszwecks und damit im Rahmen der Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses die Speicherung nur solcher Daten liege, deren Kenntnis für den Arbeitgeber "unverzichtbar'' sei, was letztlich nur für Lohnabrechnungsdaten zuträfe. Den genannten Entscheidungen kann entnommen werden, daß das BAG im Rahmen des BDSG 111 das betriebswirtschaftliche Interesse des Unternehmers an der Minimierung seiner Kosten 112 als berechtigt anerkannt hat. Dagegen kann eine Übermittlung von arbeitnehmerbezogenen Auskünften aus Dateien vom alten an den neuen Arbeitgeber nicht mehr im Rahmen des (alten) Arbeitsvertrages liegen, wohl aber im Rahmen des sich aus dessen Nachwirkungen ergebenden vertragsähnlichen Vertrauensverhältnisses 113, sofern die allgemeinen Anforderungen an Auskünfte des alten an den neuen Arbeitgeber eingehalten werden 114• Im übrigen wird sich eine Übermittlung von Arbeitnehmerdaten selten auf§ 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG stützen lassen m. In der Literatur wird die geschilderte Rechtsprechung häufig kritisiert, weil sie das Dispositionsrecht des von der Datenerhebung oder -Verarbeitung Betroffenen über seine persönlichen Daten weiter einschränke, als es das im Volkszählungsurteil entwickelte Recht auf informationeile Selbstbestimmung zulasse. Nach Däubler liegt eine Datenspeicherung nur dann im Rahmen der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses, wenn ihr Verbot den Arbeitgeber in seiner Berufswahlfreiheit beeinträchtige, indem die Funktionsfahigkeit des Unternehmens in Frage gestellt würde. Nur in diesem Fall überwiege das Interesse des Arbeitgebers das informationeile Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers 116. Darüberhinaus behauptet Däubler einen Grundsatz der Zweckbestimmung der Daten 117: der Arbeitgeber sei bei der zulässigen Datennutzung verpflichtet, den konkreten Erhebungs- und Verwendungszweck möglichst eng zu bestimmen und bei jeder Entscheidung über Art und Umfang der Verwendung, über Weitergabe an Dritte, über Sperrung und Löschung einzuhalten. Zwar könne eine solche Pflicht dem Wortlaut des § 23 BDSG a. F. nicht entnommen werden, aber sie LAG Baden-Württemberg DB 1985, 2567. Im Bereich der Betriebsverfassung nimmt das Gericht eine andere Wertung vor, dazu unten, S. 69 f. 112 Aus diese weist zu Recht Zehner, DB 1984, 666 (667) hin. m So Schaffland I Wiltfang, § 24 Rn. 15; Gallwas I Geiger u. a.-Schwappach, § 24 Rn. 36; a. A. Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 241 ff., der allenfalls die 2. Alt. (Wahrung berechtigter Interessen) zulassen will. Die neuen LDSchGe von NordrheinWestfalen(§ 29 Abs. 1 S. 3)und von Hessen(§ 34Abs. 2S. 2)macheneine Übermittlung nunmehr ausdrücklich von der Einwilligung des Beschäftigten abhängig. 114 Dazu siehe BAG AP Nr. 1 zu § 630 BOB; BAG BB 1977, 297; DB 1985, 2307. m Zu weiteren Einzelfällen siehe Gallwas I Geiger u. a.-Schwappach, § 24 Rn. 33 ff. (noch zu § 24 Abs. 1, 1. Alt. BDSG a. F.). 116 Däubler, Anm. zu BAG AP Nr. 2 zu § 23 BDSG, Bl. 10 f.; ebenso ders., Gläserne Belegschaften?, Rn. 185. 117 Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 120 ff. 11o

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folge aus einer am Volkszählungsurteil orientierten verfassungskonformen Interpretation 118• Die bei der BDSG-Novellierung neu eingeführten Vorschrift des § 28 Abs. 4 BDSG, deren Erlaß ebenfalls mit der Umsetzung der Anforderungen des Volkszählungsurteils begründet wurde 119, reicht nicht so weit: Zwar dürfen im Grundsatz die übermittelten Daten nur zu dem Zweck vom Empfanger verarbeitet oder genutzt werden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Darüberhinaus ist die Verarbeitung oder Nutzung aber auch dann zulässig, wenn beim Empfanger selbst die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Absätze 1 oder 2 vorliegen 120• Angesichts der verfassungsrechtlichen Begründung der weitergehenden Auffassung von Däubler vermuten, daß an ihr auch nach der Neufassung des BDSG festgehalten wird. Nach § 33 des SPD-Entwurfs eines BISG 121 soll der Erlaubnistatbestand der Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses für die Erhebung, Verarbeitung und Verwendung von Arbeitnehmerdaten nur beschränkte Geltung haben. Dieser Gesetzesvorschlag sieht vor, daß· bei Vorhandensein eines Personalfragebogens keine darüber hinausgehenden Fragen gestellt werden dürfen(§ 33 Abs. 1 S. 3 EBISG). Eine Datenübermittlung an einen künftigen Arbeitgeber soll ausschließlich von einer Einwilligung des Betroffenen abhängig sein (§ 33 Abs. 1 S. 5 EBISG).

b) "zur Wahrung berechtigter Interessen" Nach§ 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ist das Speichern, Verändern, Übermitteln oder Nutzen personenbezogener Daten zulässig, wenn es zur Wahrung berechtigter Interessen der speichernden Stelle erforderlich ist 122 und kein - triftiger 123 Grund zur Annahme besteht, daß das schutzwürdige Interesse des Betroffenen am Ausschluß der Verarbeitung, Übermittlung oder Nutzung überwiegt. Diese Vorschrift weicht vom alten BDSG ab, nach dessen §§ 23, 25 es für die Unzulässigkeil einer Datenverarbeitung schon ausreichte, daß ein Grund zur Annahme einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange des Betroffenen bestand 124• Zwar forderte auch diese Gesetzesfassung eine Interessenabwägung, denn die Schutzwürdigkeit kann nur im Verhältnis zu der Gewichtigkeit der .berechtigten lnteress~n beurteilt werden 125• Jedoch ist eine Beeinträchtigung von Belangen des Betroffenen als Ergebnis einer Interessenahwägung leichter festzu118

Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 127.

Begründung zum Regierungsentwurf, Bundesrats-Drucks. 618 I 88, S. 94. Übereinstimmend§ 31 Abs. 1 S. 3 EBISG. 121 Bundestags-Drucks. 11 I 3730. 122 Insoweit besteht also kein Unterschied zu §§ 23 bis 25 BDSG a. F. 123 Ordemann I Schomerus, § 23 Anm. 2 (S. 192); Tinnefeid I Tubies, S. 126. 124 Unverändert § 30 Abs. 1 S. EBISG. 125 So deutlich Schaffland I Wiltfang, § 23 Rn. 21; GaUwas I Geiger u. a.-Schwappach, § 23 Rn. 23. 119

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stellen als ein Überwiegen seiner Interessen. Damit hat das geltende BDSG die Anforderungen an das Ergebnis der Interessenahwägung verschoben; es läßt eine Datenverarbeitung in weiterem Umfang als das alte BDSG zu. Der mit dem BDSG von 1977 vollzogene Prinzipienwechsel von einer grundsätzlicher Informationsfreiheit zu einem grundsätzlichen Informationsverbot wurde in ein "in dubio pro Informationsfreiheit" 126 abgeschwächt. Die Zulässigkeil der Datenverarbeitung wird maßgeblich von den unbestimmten Rechtsbegriffen der "schutzwürdigen Interessen des Betroffenen" und der "berechtigten Interessen des Datenverarbeiters oder eines Dritten 127" bestimmt. Das "berechtigte Interesse" des Datenverarbeiters ist nach allgemeiner Auffassung in einem objektiven Sinn zu verstehen und umfaßt gleichermaßen Interessen rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Art, sofern deren Verfolgung von der Rechtsordnung anerkannt (oder zumindest nicht negativ beurteilt wird) ist und die Datenverarbeitung dazu erforderlich ist 128• Ist ein berechtigtes Interesse ermittelt, stellt sich weiter die Frage, ob der Datenverarbeitung schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Um welche Interessen es auf der Seite des von des Betroffenen geht, ist durch den Gesetzeszweck (§ 1 BDSG) festgelegt. Umstritten ist das Verhältnis zwischen den beiden Erlaubnistatbeständen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BDSG. Es geht dabei um die Frage, ob eine Datenverarbeitung oder -nutzung, die nicht im Rahmen der Zweckbestimmung eines Vertrags liegt, nur dann noch aufgrund einer Interessenahwägung zulässig sein kann, wenn überhaupt kein Vertrag zwischen Datenverarbeiter und Betroffenem besteht 129• Eine praktische Folge dieser Auffassung wäre, daß eine Datenübermittlung an Branchenwamdienste, wie die Schufa oder die A VAD (Auskunftsstelle für den Versicherungsaußendienst), nur noch aufgrund einer Einwilligung 130 zulässig wäre, während es bisher der ganz überwiegenden Auffassung entsprach, daß die Übermittlung durch berechtigte Interessen gerechtfertigt sei 13 1• Da der 126

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Ehmann, RDV 1988, 169 (179). Das Interesse eines Dritten kann bei einer Übermittlung oder Nutzung an die Stelle

des Interesses der speichernden Stelle treten, § 28 Abs. 2 Nr. 1a) BDSG. 128 Vgl. nur ScluJffland I Wiltfang, § 23 Rn. 18; Gallwas I Geiger u. a.-Schwappach, § 23 Rn. 20 bis 22; Tinnefeid I Tubies, S. 126; BGHZ 91,233 (240). Die Erforderlichkeit wird jedoch unterschiedlich weit gefaßt, vgl. einerseits ScluJ!fland I Wiltfang, § 23 Rn. 18 und andererseits GaUwas I Geiger u. a.-Schwappach, § 23 Rn. 22: Daß die Datenverarbeitung in irgendeiner Weise dienlich ist, soll nicht ausreichen. 129 So Kroll, Datenschutz im Arbeitsverhältnis, S. 78; Bult, Jura 1987, 295 (299); Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 184. Anders aber Ehmann, NZA Beil. 1 I 85, S.5; OrdemanniSchomerus, §23 Anm. 2. (S.191); Simitis, §23 Rn.51; Gallwasl Geiger u. a.-Schwappach, § 23 Rn. 51; Sproll, ZIP 1984,23 (30); BGH NJW 1984, 436; OLG Hamm MDR 1983,667. 130 Die zudem nicht formularmäßig erteilt werden können soll, vgl. Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 136 ff. m Für die Schufa öLG Jianim, MDR 1983,667, das es letZtlich' allerdings offenläßt, ob es bei den berechtigten Interessen auf solche des übermittelnden Kreditinstituts, des

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Gesetzgeber abertrotzdieser schon vor der BDSG-Novellierung geführten Diskussion die Enumeration der Alternativen beibehalten hat, ohne zwischen ihnen ein Rangverhältnis aufzustellen, muß davon ausgegangen werden, daß ein solches auch nicht besteht. 2. Die Erlaubnistatbestände für die geschäftsmäßige Datenverarbeitung oder -nutzung für Zwecke der Übermittlung

Für die geschäftsmäßige Datenverarbeitung oder -nutzung für Zwecke der Übermittlung fmden sich die Erlaubnisnormen in § 29 BDSG für Daten, die in nicht anonymisierter Form, und in § 30 BDSG für Daten, die in anonymisierter Form übermittelt werden sollen. Erleichterte Anforderungen gelten für Daten, die aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können 132 oder die die speichernde Stelle veröffentlichen dürfte. Hier muß das Interesse am Ausschluß der Speicherung oder Veränderung offensichtlich überwiegen, um diese unzulässig zu machen, § 29 Abs. I Nr. 2 BDSG. Allerdings hat der Betroffene bei Daten, die zu Zwecken der Werbung, der Markt- oder Meinungsforschung genutzt oder übermittelt werden, ein Widerspruchsrecht. Für die Speicherung oder Veränderung personenbezogener Daten aus anderen Quellen stellt§ 29 Abs. 1 BDSG anders als § 28 BDSG allein auf die schutzwürdigen Belange des Betroffenen ab und nicht zusätzlich auf die berechtigten Interessen der datenverarbeitenden Stelle. Darin liegt kein Verzicht auf das berechtigte Interesse des Datenverarbeiters, sondern der Gesetzgeber hält nur seine ausdrückliche Feststellung für entbehrlich, weil die Tätigkeit der unter§§ 29, 30 BDSG fallenden Stellen von vornherein im Rahmen der Rechtsordnung liegt 133 , so daß es nur darauf ankommt, ob der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluß der Speicherung oder Veränderung hat. Ein weiterer Unterschied zwischen § 28 Abs. 1 Nr. 2 und § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG besteht darin, daß letzterer das Bestehen eines Grundes zur Annahme eines schutzwürdigen Interesses des Betroffenen am Ausschluß der Datenverarbeitung für die Unzulässigkeil der Datenspeicherung oder -veränderung ausreichen läßt, während§ 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ein Überwiegen des Ausschlußinteresses verlangt. Empfangers (Schufa) oder der Allgemeinheit abstellt. Anders für den Bürgen BGH NJW 1984, 436; s. auch BGH NJW 1984, 1889. Zu dem entsprechenden Problem bei Versicherungen OLG Frankfurt MDR 1982, 230. Für die AVAD LAG München RDV 1986, 278; dagegen anders noch LAG Berlin, DB 1979,2187 mit unzutreffenden Begründung. Daß hier an die Sorgfalt bei Auswahl und Formulierung strenge Anforderungen zu stellen sind, ist eine andere Frage. Zum Ganzen Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (360 ff., 370 f.), sowie Schaffland I Wiltfang, § 23 Rn. 21; Ordemann I Schomerus, § 24 Anm. 2. 132 Dazu s. Hinweis in Fn. 94. m Noch zum alten BDSG Gallwas I Geiger u. a.-Schwappach, § 32 Rn. 5.

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Die Stellen, die eine Datenverarbeitung zum Zwecke der Übermittlung betreiben, also insbesondere Handelsauskunfteien, Warndateien und Adreßverlage, sind mit ihrer Tätigkeit in hohem Maße davon abhängig, daß sie selbst ausreichende Informationen erlangen. Sie können dazu entweder eigene Ermittlungen anstellen oder Informationen durch öffentliche oder private Stellen übermittelt erhalten. Die eigenen Ermittlungen können sich auf die Auswertung allgemein zugänglicher Quellen, wie Adreßbücher, Handelsregister oder Schuldnerverzeichnisse, oder auf eigene Recherchen aus anderen Quellen (z. B. Befragungen) stützen. Eine sehr wichtige, weil typischerweise relativ zuverlässige Informationsquelle stellen die Mitteilungen der angeschlossenen Unternehmen dar 134. Eine für das Funktionieren der Datenbanken bedeutsame Frage ist deshalb, inwieweit andere öffentliche oder private Stellen berechtigt sind, ihnen personenbezogene Daten zu übermitteln. Die Datenübermittlung öffentlicher an nicht-öffentliche Stellen ist gemäß § 16 BDSG davon abhängig, daß der Empfänger ein berechtigtes Interesse glaubhaft darlegt und kein Grund zur Annahme besteht, daß der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluß der Übermittlung hat. Im Zusammenhang mit der größeren Sensibilität der Öffentlichkeit für den Datenschutz besteht aber die Tendenz, daß öffentliche Stellen trotz des Vorliegens dieser Voraussetzungen sich bei der Datenübermittlung zurückhalten. So hat die hessische Justizverwaltung einen Antrag auf Mikroverfilmung des Handelsregisters zum Zwecke des Aufbaus einer Wirtschaftsauskunftei aus Datenschutzgründen abgelehnt. Begründet wurde diese Entscheidung mit dem Fehlen einer zum Eingriff in das informationeHe Selbstbestimmungsrecht der Eingetragenen ermächtigenden gesetzlichen Regelung. Der BGH 135 hat für ermessensfehlerfrei erklärt. Dabei wurde übersehen, daß im BDSG eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Übermittlung von Daten durch die Auskunftei besteht, sofern man eine solche überhaupt für notwendig hält 136. Im nicht-öffentlichen Bereich richtet sich die Zulässigkeit der Übermittlung an Auskunfteien, Warndateien etc. nach § 28 BDSG, weil die übermittelnden Stellen die fraglichen Daten primär für eigene Zwecke erheben und verarbeiten 137. Gemäß § 28 Abs. 4 BDSG unterliegt der Empfänger zudem der Zweckbindung. Diese Beschränkung privater und öffentlicher Stellen als "Informationslieferanten"138 greift in die berufliche Tätigkeit der Auskunfteien und Warndateien ein. Die Rechtsprechung, die zu einem ganz überwiegenden Teil die Schufa betrifft, geht im Grundsatz davon aus, daß für deren Tätigkeit und damit auch für die 134 Vgl. Teske, Der Zugang zu den Datenbanken der Wirtschaft, in: Vollkommer, Datenverarbeitung und Persönlichkeitsschutz, S. 105 (S. 110 ff. für die Schufa; S. 115 ff. für Wirtschaftsauskunfteien). 135 NJW 1989, 2818. 136 Ko/hosser, NJW 1988, 2409 (2416); abl. auch Hirte, CR 1990, 631 ff. 137 Teske, Die Datenverarbeitung durch die Datenbanken der Wirtschaft am Beispiel der Schufa, in: Vollkommer, Datenverarbeitung und Persönlichkeitsschutz, S. 131 (136). 138 GaUwas I Geiger u. a.-Schwappach, § 32 Rn. 8. (noch zum BDSG a. F.).

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Übermittlung an sie ein berechtigtes Interesse besteht. Grundlegend für die Beurteilung der Interessen der Schufa ist ein Urteil des BGH vom 20. 6. 1978 139, das zwar nicht zum BDSG erging, sondern einen Schadenersatzanspruch gegen die Schufa (u. a.) aus§ 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine falsche 140 Mitteilung an ein angeschlossenes Bankinstitut betraf, in dem der BGH im Rahmen der Rechtswidrigkeitsprüfung die Interessenlage aber deutlich herausarbeitet. Dort heißt es: ,,Das von ihr (der Schufa, d. Verf.) aufgebaute Informationssystem dient sowohl den Interessen der Kreditinstitute und der kreditgebenden gewerblichen Wirtschaft als auch dem Interesse des einzelnen Kreditnehmers. Aufgrund ihrer Meldungen kann nämlich, worauf auch das BerGer. hinweist, das gesamte deutsche Kreditwesen ohne wesentliches Risiko arbeiten. Das führt wiederum dazu, daß die Personalkredite ohne Formalitäten schnell und reibungslos abgewickelt und überdies zinsgünstig und vielfach ohne Sicherheitsleistung des Kreditnehmers gewährt werden können."l41 Der BGH stellt demnach auf das Interesse der übermittelnden Stelle und Dritter, nämlich der kreditgewährenden Wirtschaft und des einzelnen Kreditnehmers, ab, ferner auf das Allgemeininteresse an einer funktionsfahigen Kreditwirtschaft 142. Diese Überlegungen werden in der Folgezeit von anderen Gerichten 143 und von BGH 144 selbst wieder aufgegriffen. Spätere Entscheidungen betreffen nur noch die Frage, ob bestimmte einzelne Mitteilungen an die Schufa gerechtfertigt sind. Im Vordergrund stand dabei die Übermittlung sog. weicher Negativmerkmale, das sind für den Betroffenen nachteilige Aussagen über seine Kreditwürdigkeit, denen einseitig die Meinung des Gläubigers zugrundeliegt, wie z. B. Mahnbescheid 145 oder Kreditkündigung 146. Nach der Rechtsprechung muß die Zulässigkeil der Übermittlung in jedem Einzelfall nach einer am Verhältnismäßigkeilsgrundsatz orientierten Abwägung der Interessen ermittelt werden 147. Dieses Abwägungsgebot schließt jedoch nicht aus, daß eine Datenübermittlung in bestimmten Fällen regelmäßig zulässig sein wird, weil den berechtigten Interessen ein solches Gewicht zukommt, daß die 139 NJW 1978, 2151. 140 Die Schufa hatte negative Daten über einen Namensvetter des Klägers unter dessen (des Klägers) Kontonummer übermittelt. Der BGH hielt die Mitteilung als solche für richtig, die Kontonummer diene nicht der Identifizierung des Betroffenen und daher sei der Identifikationsfehler ein solcher der Bank und der Schufa nicht zurechenbar. Ablehnend Deutsch, JZ 1979, 104. 141 BGH NJW 1978, 2151 (2152). 142 Vgl. auch OLG Harnm MDR 1983, 667 (668); kritisch Teske, Die Datenverarbeitung durch die Datenbanken der Wirtschaft am Beispiel der Schufa, in: Vollkommer, Datenverarbeitung und Persönlichkeitsschutz, S. 131 (149 f.). t43 OLG München BB 1984, 1965. 144 BGH JZ 1986, 185. 145 BGH NJW 1984, 1889 betr. Speicherung durch die Schufa. 146 OLG München, BB 1984, 1965. 147 BGH JZ 1986, 185 (186);

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Belange des Betroffenen zurücktreten müssen 148. Bei der Einzelfallabwägung muß jeweils auch festgestellt werden, welche Bedeutung das mitgeteilte Merkmal für derartige Kreditsicherungssysteme hat und welches Gewicht daher die berechtigten Interessen für sich beanspruchen können 149. Von wesentlicher Bedeutung für die Berechtigung des Interesses ist der ,,Informations-" oder ,,Aussagewert" ISO des Merkmals für die von den der Schufa angeschlossenen Stellen zu beurteilende Kreditwürdigkeit, d. h. die Zahlungsfähigkeit und -Willigkeit. Bejaht wurde ein ausreichender Informationswert für die Teilnehmer des Schufasystems für das Merkmal ,.Kreditkündigung", weil diese "die fmanzielle Belastbarkeit und Kreditwürdigkeit des Klägers in einem anderen Licht erscheinen lasse, als das ohne den von der Beklagten behaupteten Anspruch der Fall wäre" 1s1• Einen relevanten Aussagewert erkannte der BGH auch bei der Speicherung des Merkmals ,,Lohnabzug" und ,,Mahnbescheid" 1s2. Dabei verkennt der BGH nicht, daß es nicht auszuschließen ist, daß die Übermittlung an und die Speicherung durch die Schufa im Einzelfall schutzwürdige Belange des Betroffenen berühren können, vor allem, wenn dieser zu Unrecht mit der gerichtlichen Zahlungsaufforderung überzogen wurde und er dadurch eine unzutreffende Beurteilung seiner Kreditwürdigkeit fürchten muß. Da der Schuldner sich im Regelfall gegen eine solche Maßnahme zur Wehr setzen werde, sei es ausreichend, wenn diese Gegenmaßnahme ebenso deutlich und ebenso schnell bei der Schufa gespeichert werdels3. Außerdem sind- worauf J. Helle 1s4 zu Recht hinweist- die Schufakunden genügend sachkundig, um zu wissen, daß der Mahnbescheid ohne Prüfung des Anspruchs ergeht, so daß er nur ein Anhaltspunkt für eigene weiter Nachforschungen sein wird. Bejaht wurde vom OLG München tss auch die Merkmals ,,Zwangsvollstreckung erledigt".

Z~lässigkeit

Speicherung des

Für nicht gerechtfertigt hielt das OLG Düsseldorf 1S6 eine Mitteilung einer Bank an die Schufa, daß der Kläger unter Vorlage einer Gehaltsbescheinigung von einem Arbeitgeber, bei dem er gar nicht mehr beschäftigt war, versucht hatte, ein Darlehn zu erhalten. Dies - so das OLG - enthalte den objektiven Tatbestand eines Betrugsversuches, dessen Übermittlung an und Speicherung 148 BGH ZIP 1983, 1312 (1314) nennt hier als Beispiele die Eröffnung des Konkursverfahrens, die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder die Zwangsvollstreckung. t49 BGH ZIP 1983, 1312 (1314). ISO BGH NJW 1984, 1889 (1890); OLG München BB 1984, 1965 (1966). 1s1 OLG München BB 1984, 1965 (1966). 1s2 BGH NJW 1984, 1889 (1890); für Lohnabzug ebenso OLG Köln Z1P 1984, 1340; anders für Mahnbescheid OLG Hamm MDR 1983,667 (668), dazu abl. Anm. J. Helle, WM 1983, 1248 (zur Interessenahwägung S. 1251). 1s3 BGH NJW 1984, 1889 (1890). tS4

WM 1983, 1248 (1251).

tss WM 1981, 51. 1s6 WM 1983, 1142.

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durch die Schufa den Kläger weit schwerer treffe als eine nur wenigen Interessenten offenstehende Eintragung ins Bundeszentralregister. Ausschlaggebender Grund für das OLG dürfte aber gewesen sein, daß die Kreditverhandlungen noch nicht abgeschlossen waren und es nicht auszuschließen war, daß der Kläger die Gehaltsbescheinigung noch erläutert hätte. Deshalb - so das OLG - handele es sich um ein sehr zweifelhaftes Datum, an dem niemand ein berechtigtes Interesse habe. Zentrale Warn- und Hinweissysteme gibt es auch in der Versicherungswirtschaft, wo sie die angeschlossenen Unternehmen vor dubiosen Machenschaften von Kunden, aber beispielsweise auch von Sachverständigen oder Mitarbeitern von KFZ-Reparaturbetrieben schützen sollen 157• Die Verfahrensweisen der einzelnen Dateien sind dabei unterschiedlich. Während teilweise die Datensatzsammlungen den angeschlossenen Unternehmen in regelmäßigen Zeitabständen übersandt werden 158, erteilen andere nur Auskünfte auf konkrete Anfrage hin. Für die Wamsysteme der Versicherungswirtschaft gelten im wesentlichen die gleichen Grundsätze wie für die Schufa. Das berechtigte Interesse der Versicherungsunternehmen an der Kenntnis der dort gespeicherten Daten liegt ebenfalls in der Sicherung gegen wirtschaftliche Risiken durch Versicherungsbetrug, darüberhinaus hat aber auch der Gesetzgeber mit der Statuierung einer Offenbarungspflicht in§ 16 VVG eine Entscheidung gegen die Schutzwürdigkeit bestimmter, für die Abschätzung des Versicherungsrisikos erheblicher Daten getroffen 159• Datenschutzrechtliche Bedenken werden allerdings erhoben gegen die Verwendung von sog. Risiko-Rastern zur Erfassung von AIDS-Risikogruppen, denen es ohnehin an einer Eignung fehle 160. Für Versicherungsvertreter, die sich in ihrem Beruf schwerwiegende Verfehlungen haben zu Schulden kommen lassen, gibt es eine eigene Wamdatei, die AVAD (Auskunftsstelle im Versicherungsaußendienst). Auch hier ist anband einer Abwägung festzustellen, ob § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG auch die Übermittlung von Daten an die AVAD rechtfertigt. Während das LAG Berlin 161 dies für § 24 Abs. 1 S. 1 BDSG a. F. ablehnte, weil es mit der Zweckbestimmung des BDSG nicht vereinbar sei, gegen den Willen des Arbeitnehmers Informationen über diesen gegen dessen Willen weiterzugeben und weil die Datensammlung bei der AVAD im Ergebnis wie ein Strafregister wirke. Anders hat inzwischen das LAG München unter Hinweis auf das erhebliche Interesse der Allgemeinheit auf Fernhaltung unlauterer Personen aus dem Versicherungs- und Bausparkassenaußen157 So existieren eine Sonderwagnisdatei der Lebensversicherer, ein Informationssystem der Sachversicherer, eine zentrale Registrierstelle Rechtsschutzversicherung, eine zentrale Registrierstelle Unfallversicherung, ein Meldeverfahren der Reiseversicherer und mehrere zentrale Wamdateien der KFZ-Versicherer, vgl. Waniorek, RDV 1990, 228. 1ss Kritisch zu diesem Verfahren Waniorek, RDV 1990, 228. 159 Vgl. OLG Frankfurt MDR 1982, 230. 160 ter Veen, DuD 1988, 548 ff. 161 DB 1979, 2187.

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dienst entschieden 162 • Die Bedeutung der Speicherung im Register ders A VAD für den einzelnen Versicherungsvertreter führe nur dazu, daß strenge Anforderungen an den Inhalt der Meldung zur AV AD zu stellen sind. Würden diese aber beachtet, so sei die Übermittlung zulässig. Eine Übermittlung durch das zum Zweck der Übermittlung speichernde Unternehmen an seine Mitglieder oder Kunden ist gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 a BDSG zulässig, wenn der Empfänger ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Daten glaubhaft darlegt und kein Grund zur Annahme besteht, daß der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluß der Übermittlung hat. Im jahrzehntelangen Konflikt zwischen der Schufa und den Kreditvermittler spielte die Zulässigkeil der Datenübermittlung an einen Kunden durch die Schufa ebenfalls eine nicht unwichtige Rolle. Während die Kreditvermittler bis 1962 unbeschränkten Zugang zur Schufa besaßen, sollten ab 1963 nach den SchufaRichtlinien keine neuen Anschlußverträge mehr abgeschlossen werden. 1976 beschloß die Schufa-Mitgliederversammlung, bereits bestehende Verträge mit Kreditvermittlern, die nicht Zweigstellen von Kreditinstituten waren, zu kündigen 163 • Das sich bei diesem Sachverhalt ergebende wettbewerbsrechtlichen Problem, ob den Kreditvermittlern ein Anspruch auf einen Anschlußvertrag aus § 26 Abs. 2 GWB zusteht 164 oder ob die Vertragskündigung nur zulässige Ausübung der Privatautonomie ist, soll hier nicht behandelt werden. Im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung ist aber, daß die Schufa den Ausschluß der Kreditvermittler u. a. mit der Berücksichtigung des Verbraucherinteresses unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes begründet hat 165: Sie wolle mit dem Ausschluß der nicht kreditgewährenden Wirtschaft nur einer einschränkenden Gesetzesinitiative zuvorkommen 166• Würde der Datenschutz des Betroffenen den Ausschluß der Kreditvermittler aus dem Schufainformationssystem fordern, läge darin eine Beschränkung der Berufsfreiheit der Kreditvermittler 167 aus Datenschutzgründen, denn die Kreditvermittler sind bei ihrer Tätigkeit auf Informationen des Kunden angewiesen. So ist bei der Entscheidung, ob und welcher Bank er den Kreditantrag seines Kunden vorlegt, die Vermögenslage des Kunden von erheblicher Bedeutung. Hier allein auf dessen Auskunft zu bauen, ist keine LAG München RDV 1986, 279. Vgl. Mestmäker, Der vermittelte Kredit 1983, S. 135. 164 Der BGH (NJW 1986, 49) hat dies abgelehnt, weil er die Anspruchsvoraussetzung der Gleichartigkeit zwischen den Kreditvermittlern und den aus eigenen Mitteln Darlehn gewährenden Kreditinstituten als nicht gegeben ansah. a. A. noch die Vorinstanz zum BGH, das OLG DUsseldorf BB 1984, 1899; wie dieses Mestmäker, ·Der vermittelte Kredit 1983, 135 (140 ff.). 165 Uhlenbrock, Der vermittelte Kredit 1981, 71 (72); ders., Urteilsanmerkung, BB 1984, 1900; Hakenesch, Der vermittelte Kredit 1984, 88 (94). 166 Vgl. die Darstellung der von den Parteien vorgebrachten Argumente bei Uhlenbrock, Der vermittelte Kredit 1981, 71 (74). 167 Uhlenbrock, Der vermittelte Kredit 1981, 71 (79). 162 163

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ausreichende Ersatzmöglichkeit. Die Tätigkeit der Kreditvermittler, die die vollständige Vorbereitung des Kreditantrags einschließlich der Einholung und Verarbeitung der Kreditinformationen umfaßt, wird deshalb durch die Verweigerung oder Kündigung der Schufa-Anschlußverträge erheblich erschwert und in vielen Fällen ganz unmöglich gemacht, so daß davon ausgegangen werden kann, daß der Schufa-Anschluß für die Kreditvermittler existenznotwendig ist 168• Ein geeigneter Ersatz für den Ausfall der Schufa als Informationsquelle ist nämlich nicht vorhanden. Die Wirtschaftsauskunfteien, an die als Ersatz gedacht werden könnte, stellen keine Alternative dar, da sie anders als die auf Konsumentenkredite spezialisierte Schufa primär auf Auskünfte über Unternehmen ausgelegt sind 169. Es liegt hier der Verdacht nahe, daß der Datenschutz nur vorgeschoben wird, um andere Ziele, z. B. den Schutz der Kreditnehmer vor Kredithaien oder auch nur die Ausschaltung mißliebiger Konkurrenz der Banken 170 zu erreichen. Für die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 b) BDSG), die listenmäßig oder sonst zusamrnengefaßt sind, braucht der Empfanger, der damit Werbung, Markt- oder Meinungsforschung betreiben will, nicht extra ein berechtigtes Interesse nachzuweisen,§ 29 Abs. 2 Nr. 1 b) BDSG, doch darf kein Grund zur Annahme bestehen, daß der Betroffenen ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluß der Übermittlung hat. Diese Vorschrift hat besondere Bedeutung für die Direktwerbung, verstanden als die personifizierte Einzelansprache des Umworbenen. Ob es schon flir eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange ausreicht, daß mancher Adressat sich dadurch belästigt fühlt, war umstritten 171 , nach dem neuen Bundesdatenschutzgesetz macht jedenfalls der Widerspruch des Betroffenen die Verarbeitung oder Nutzung unzulässig,§ 29 Abs. 3 i. V. m. § 29 Abs. 3 BDSG. Die vorangehende Darstellung der Regelungen des BDSG für nicht-öffentliche datenverarbeitende Stellen hat gezeigt, in welchen Bereichen die unternehmefische Tätigkeit durch das BDSG reglementiert ist. Die Restriktionen der Berufstätigkeit und auch der Eigentumsnutzung folgen nur zum Teil direkt aus dem BDSG, zum überwiegenden Teil gründen sie auf einer Interpretation der unbestimmten Rechtsbegriffe der Erlaubnistatbestände, die ein Einfallstor für Versuche einer verfassungskonformen Interpretation bilden, in deren Mittelpunkt bislang allerdings das informationeHe Selbstbestimungsrecht gestellt wurde. DemgeMestmäker, Der vermittelte Kredit 1983, 135 (145 f.). Teske, Der Zugang zu den Datenbanken der Wirtschaft, in: Vollkammer, Datenverarbeitung und Persönlichkeitsschutz, S. 105 (115); Mestmäker, Der vermittelte Kredit 1983, 135 (139); Mal/mann, BB 1980, 1020. Das BDSG ist nur einschlägig, soweit 168

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personenbezogene Daten gespeichert werden. 110 Gesellschafter der den Ausschluß der Kreditvermittler betreibenden Bundes-Schufa e. V. sind Sparkassen, Banken und Unternehmen des kreditgewährenden Einzelhandels, vgl. Hakenesch, Der vermittelte Kredit 1984, 88 (95); 171 Dafür Simon, CR 1986, 3 (8 ff.) unter Berufung auf das Recht auf informationeile Selbstbestimmung.

I. Mitbestimmung bei technischen Überwachungseinrichtungen

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genüber wurden die Grundrechte der Berufsfreiheit und Eigentumsgarantie vernächlässigt.

§ 5 Betriebsverfassungsrecht Im Anwendungsbereich des BetrVG unterliegt die Erhebung und Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten den Mitbestimmungsrechten der § 87 Abs. 1 Nr. 6 und § 94 BetrVG, die einen nachhaltigen Einfluß auf die arbeitgebensehe Informationsfreiheit haben. Da es sich um echte Mitbestimmungsrechte handelt, darf der Arbeitgeber nicht tätig werden, ohne mit dem Betriebsrat eine Einigung über die betreffende Maßnahme erzielt zu haben. Ist eine Einigung nicht erreichbar, muß sie durch einen Spruch der- paritätisch besetzten- Einigungsstelle ersetzt werden, der vom Arbeitsgericht nur auf die Einhaltung der Grenzen des Ermessens überprüft werden kann.

I. Mitbestimmung bei technischen Überwachungseinrichtungen, § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der ,,Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen". Die Auswahl und der Kauf der technischen Einrichtung bleibt damit nur scheinbar dem Arbeitgeber überlassen. Da sie im Hinblick auf einen bestimmten Einsatz im Betrieb erfolgen, der seinerseits mitbestimmungspflichtig ist, muß der Betriebsrat faktisch schon zu der Auswahlentscheidung hinzugezogen werden 172, wenn die Anlage betriebswirtschaftlich sinnvoll, d. h. in sämtlichen ihrer Funktionen und ohne unnötige Verzögerungen nach der Anschaffung, genutzt werden soll. Dem Wortlaut des§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG läßt sich nicht unmittelbar entnehmen, daß er über die unmittelbar der Überwachung dienenden Einrichtungen hinausgreifend einen großen Teil der betrieblichen Datenverarbeitung erlaßt. Das ergibt sich erst aus der Rechtsprechung des BAG. Es hat nicht allein den Tatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG beständig ausgedehnt, sondern auch die Grenzen des Mitbestimmungsrechts, an die sowohl der Betriebsrat als auch die Einigungsstelle gebunden sind, immer stärker erweitert. Mit jeder Extension der Kompetenzen des Betriebsrates geht notwendig eine Restriktion der arbeitgebensehen Informations- und Entscheidungsfreiheit einher.

172

Matthes, RDV 1985, 16.

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§ 5 Betriebsverfassungsrecht

1. Der Tatbestand

Die extensive richterliche ,,Interpretation" des Mitbestimmungstatbestandes begann nur drei Jahre nach dem lokrafttreten des BetrVG 1972 mit dem Produktographen-Beschluß173. Das BAG führte hier aus, das Mitbestimmungsrecht dürfe nicht von regelmäßig nicht feststellbaren subjektiven Absichten und Vorstellungen des Arbeitgebers abhängig gemacht werden 174, und stellte weiter fest, zur Überwachung bestimmt sei eine Einrichtung bereits, wenn sie objektiv zur Überwachung geeignet sei. Das sei der Fall, wenn die technische Einrichtung die Überwachung "unmittelbar, d. h. in ihrem Kern schon selbst bewerkstellige" 175. Nun war der Produktograph eindeutig zur Überwachung bestimmt, der Arbeitgeber mochte sagen was, er wollte. Die von Produktographen, Filmkameras oder Fahrtenschreibern ermittelten Daten hatten stets nur eine einzige Funktion; sie dienten der Überwachung und waren zu einer Auswertung bestimmt, möglicherweise zwar nur, um das Funktionieren einer Maschine zu kontollieren; es ist aber unvermeidbar, daß bei dieser Auswertung auch die Arbeit der an der Maschine eingesetzten Arbeitnehmer kontrolliert wurde. Der bestimmungsgemäße Einsatz der Kontrollgeräte war also mit einer Überwachung der Arbeiter verbunden. Nur deswegen war es möglich, einen Produktographen als zur Überwachung geeignet anzusehen, obwohl er eigentlich wie eine Kamera ein reines Beobachtungsinstrument ist, während eine Überwachung nach dem Sprachgebrauch über die Beobachtung und Aufzeichnung hinaus noch eine Auswertung erfordert 176. Im Ergebnis war diese auf die Eignung als objektives Kriterium abstellende Rechtsprechung ohne Konsequenzen, solange es um technische Einrichtungen ging, die typischerweise nach der Intention des Konstrukteurs, Herstellers oder Arbeitgebers Überwachungsfunktion hatten, wie der Produktograph oder eine Filmkamera am Arbeitsplatz, zumal der Gesetzgeber diese Geräte gerade vom Tatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erfaßt wissen wollte 177, was bei Zugrundelegung des tatsächlichen Gesetzeswortlauts auch der Fall gewesen wäre. 173 AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG Überwachung m. Anm. Hinz; seitdem st. Rspr.; angedeutet, aber letztlich noch offengelassen in BAG AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG Überwachung. 174 Erdmann, FS f. Molitor, S. 87 (96) und P. Nipperdey, CR 1987, 434 (435) weisen darauf hin, daß es auch in anderen Rechtsgebieten gelinge, die subjektiven Absichten der Beteiligten festzustellen. Zur Ausräumung der Bedenken des BAG hätte es auch ausgereicht, statt auf die subjektive Bestimmung zur Überwachung auf die objektive Bestimmung abzustellen, vgl. Ehmann, FS f. Hilger I Stumpf, S. 125 (127); kritisch in bezugauf die Ausschaltung des Absichtsmerkmals auch Zitscher, ROV 1986, 73 (74). 11s BAG AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 3. 176 Ehmann, Anm. zu BAG EzA § 87 BetrVG Bildschirmarbeitsplatz Nr. 1, S. 77; ders., FS f. Hilger I Stumpf, S. 130; LAG Harnm EzA § 87 BetrVG Kontrolleinrichtung Nr. 3; S. 13; Schmidt-Dorrenbach I Goos, OB-Beil. 1111983, S. 1 (6); Hunold, OBBeil. 18 I 1982, S. I (9 f.) sieht das Problem, läßt aber für die den betriebsverfassungsrechtlichen Überwachungsbegriff trotzdem die Beobachtung ausreichen, weil diese derart im Vordergrund stehe, daß es angezeigt erscheine, den Begriff der Kontrolle hierauf zu beschränken. 177 Vgl. die amtliche Gesetzesbegründung, Bundestags-Drucks. VII1780, S. 48.

I. Mitbestimmung bei technischen Überwachungseinrichtungen

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Sobald aber mit der Einführung der EDV-Technologie in den Betrieben Geräte installiert wurden, die jedenfalls nicht typischerweise der Überwachung der Arbeitnehmer, sondern anderen Zwecken, insbesondere der Rationalisierung der Arbeitsvorgänge, dienten, warf diese Rechtsprechung neue Probleme auf. Mit einer solchen Sachlage hatte das BAG sich erstmals in der sog. Bildschirmarbeitsplatz-Entscheidung vom 6.12.1983 178 zu befassen. In Streit stand u. a. ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Ausstattung von Arbeitsplätzen mit Datensichtgeräten, mit deren Hilfe Buchungen und Reservationen vorgenommen werden konnten, die aber gleichzeitig mit einem zentralen Rechner in den USA verbunden waren, der monatlich Berichte mit Aussagen über die Produktivität der Mitarbeiter erstellte. Der Arbeitgeber bestritt jedoch, daß es solche Berichte auch für die in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer gebe, weil diese bei Benutzung der Datensichtgeräte andere Codes verwendeten, die dem Zentralrechner eine Zuordnung von Daten zu den einzelnen Mitarbeitern nicht ermögliche. Zwar verwies das BAG den Rechtsstreit an das LAG zur weiteren Sachaufklärung zurück, doch geht aus seinen Ausführungen hervor, daß es die Datenerhebung und -aufzeichnung für den Begriff der Überwachung ausreichen lassen will ohne Rücksicht darauf, ob eine personenbezogene Auswertung der Daten beabsichtigt oder durch die technische Einrichtung überhaupt möglich ist 179• Darin liegt nur eine scheinbare Fortführung der früheren Rechtsprechung: Anders als Produktograph, Filmkamera oder Fahrtenschreiber sind Computer, die zwar festhalten, wieviele Buchungen, Reservationen oder Telefongespräche vorgenommen werden, die mangels entsprechender Software eine mitarbeiterbezogene Auswertung dieser Daten nicht zulassen, nicht unmittelbar zur Überwachung geeignet 180• Dies hat das BAG aber nicht davon abgehalten, weiterhin schon die bloße Datenermittlung für eine Überwachung ausreichen zu lassen und damit auf das Unmittelbarkeitskriterium zu verzichten. Hier zeigt sich, daß das Merkmal der unmittelbaren objektiven Eignung, das bei dem Produktographen-Beschluß als Erweiterung des Mitbestimmungstatbestandes erschien, im Fall der Einrichtung von Datensichtgeräten als Beschränkung wirkt 181• Der Verzicht auf das Unmittelbarkeitskriterium wird begründet mit dem Hinweis darauf, daß Eingriffe in den Persönlichkeitshereich der Arbeitnehmer durch anonyme technische Kontrolleinrichtungen nur bei gleichberechtigter Mitbestimmung durch den Betriebsrat erlaubt sein dürften 182, womit jedoch verkannt wird, daß der Persönlichkeitsbereich des Ar178 AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG Überwachung m. Arun. Richardi = EzA § 87 BetrVG Bildschirmarbeitsplatz Nr. 1 m. Arun. Ehmann = SAE 1985, 225m. Arun. Heinze. 179 BAG AP Nr. 7 zu§ 87 BetrVG Überwachung, BI. 19. 180 Ehmann, Arun. zu BAG EzA § 87 BetrVG Bildschirmarbeitsplatz Nr. 1, S. 77. 181 Ehmann, Arun. zu BAG EzA § 87 BetrVG Bildschirmarbeitsplatz Nr. 1, S. 77; Hunold, DB-Beil. 18 I 1982, S. 1 (9); zustimmend Schmidt- Dorrenbach I Goos, OBBeil. 11 /1983, S. 1 (5). 182 BAG AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 16 R.

5 Breitfeld

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beitnehmers anders als beim Produktographen durch die Datenermittlung als solche gar nicht tangiert wird 183. Während in dieser Entscheidung die Daten durch die technische Einrichtung selbst erhoben wurden, lag zwei anderen Beschlüssen des BAG (Technikerberichtssystem 184; TÜV-Prüfbeleg 185) ein Sachverhalt zugrunde, in dem es um einem EDV-System manuell eingegebene, untechnisch (nämlich durch von den Arbeitnehmern erstellte Berichte) erhobene Daten ging, die anschließend programmgemäß zu einer Aussage über die Leistung der Arbeitnehmer ausgewertet wurden. Auch hier wurde vom BAG das Vorliegen einer zur Überwachung der Arbeitnehmer geeigneten technischen Einrichtung bejaht. Der Schutzzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG rechtfertige und gebiete es in gleicher Weise, auch die bloße Auswertung als Überwachung zu begreifen 186, da auch eine solche Kontrolle geeignet sei, das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu gefährden, indem sie den Arbeitnehmer zu einem bloßen ,,Beurteilungobjekt" 187 mache. Auch wenn die Gefahren der technischen Auswertung von Daten zum Teil andere seien als die der technischen Erhebung, so seien sie doch von gleichen Gewicht. Diese Rechtsprechung wird in der Textsystem-Entscheidung vom 23. 4. 1985 188 bestätigt, die zu der Verwässerung des Tatbestandsmerkmals der ,,Leistung" überleitet; wenn ein Leistungsdatum eine sachgerechte Beurteilung gar nicht ermöglichen muß 189, es also nicht relevant für die Be~ilung des Arbeitnehmers zu sein braucht, dann kann man die Leistung auch vom Zeitmoment abkoppeln, in der Weise, daß unter Leistung nicht ,,Arbeit pro Zeiteinheit" verstanden wird, sondern die schlichte Tätigkeit des Arbeitnehmers 190. Nur damit·kann das BAG auch, wie in der Entscheidung vom 18. 2. 1986 191 geschehen, die Mitbestirnmungspflichtigkeit eines schlichten Zählwerkes, das die an einer Schweißstraße gefertigten Stücke zählt, ohne sie zu einer Zeiteinheit in Beziehung zu setzen, begründen192. 183 Ehmann, Anm. zu BAG EzA § 87 BetrVG Bildschirmarbeitsplatz Nr. 1, S. 77 f.; allg. in diesem Sinn zur Datenerhebung P. Krause, OB-Beil. 23 I 1983, S. 1 (4). 184 BAG AP Nr. 9 zu§ 87 BetrVG Überwachung= SAE 1985, 193m. Anm. Ehmann (S. 181). 185 BAG AP Nr. 11 zu § 87 BetrVG Überwachung= SAE 1985, 284m. Anm. Ehmann (S. 273). 186 BAG AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG Überwachung, Bl. 5. 187 BAG AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG Überwachung, Bl. 6. 188 BAG AP Nr. 12 zu § 87 BetrVG Überwachung= SAE 1985, 287m. Anm. Ehmann (S. 273). 189 Ebenso BAG AP Nr. 11 zu § 87 BetrVG Überwachung (vom gleichen Tag wie BAG AP Nr. 12 zu § 87 BetrVG Überwachung). In BAG AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG Überwachung, Bl. 18 R hatte das BAG der Beurteilungsrelevanz noch Bedeutung für die sinnvolle Ausübung des Mitbestimmungsrechtes eingeräumt. 190 So BAG AP Nr. 12 zu§ 87 BetrVG Überwachung, Bl. 3; abl. Ehmann, ZfA 1986, 357 (369); Kort, CR 1987, 300 (303). 191 BAG AP Nr. 13 zu § 87 BetrVG Überwachung.- Kienzleschreiber = SAE 1986, 253 m. Anm. Ehmann.

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Der genannte Beschluß enthält zusätzlich dadurch eine ganz erhebliche Ausdehnung des Mitbestimmungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, daß das BAG darauf verzichtet, daß die ermittelten Daten einem einzelnen Arbeitnehmer zugeordnet werden können müssen. Nachdem das Gericht diese Frage in der Bildschinnarbeitsplatz-Beschluß 193 noch offen gelassen hatte, entschied es nun, daß die Zuordnung der Daten zu einer bestimmten, im Gruppenakkord arbeitenden Arbeitnehmergruppe ausreichend sei, weil wegen der technischen Einrichtung und des Lohnsystems innerhalb dieser Gruppe auf den einzelnen ein Druck ausgeübt werde, der diesen in der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit behindern könne 194. Nun ist es zwar durchaus richtig, daß ein solcher Druck bestehen kann, meist auch bestehen wird, doch ist er nicht von einer technischen Überwachung, sondern vom Lohnsystem abhängig; dieses ist jedoch im Rahmen der Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG zu berücksichtigen 195• In der Opel-PAISY-Entscheidung vom 11.3.1986 196läßt das BAG den Unterschied zwischen der Überwachung von Leistung einerseits und Verhalten andererseits entfallen, indem es "Verhalten" zum Oberbegriff erklärt 197• Entsprechend ist in der Telefondaten-Entscheidung 198 stets von ,,Leistung und I oder Verhalten" die Rede. In nicht unbedenklicher Weise entschied das Gericht außerdem, daß krankheitsbedingte Fehlzeiten Verhaltensdaten darstellten, weil darin zugleich eine Aussage darüber enthalten sei, in wie vielen Fällen ein arbeitsunfahig erkrankter Arbeitnehmer sich entschieden habe, nicht zu arbeiten, obwohl ihm dies vielleicht möglich gewesen wäre. Die Aussage über krankheitsbedingte Fehlzeiten sei also gleichzeitig eine Aussage über ein zumindest denkbares Verhalten, was ausreiche, um die Erarbeitung solcher Aussagen als mitbestimmungspflichtige Überwachung anzusehen, zumal ja eine vernünftige sachgerechte Beurteilung sich gar nicht aus den Daten ergeben müsse 199•

Faßt man diese Rechtsprechung in Gesetzesfonn, so hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei: 192 Bzgl. ~r Frage des Zeitfaktors zustimmend Kraft, Anm. zu BAG AP Nr. 13 zu § 87 BetrVG Uberwachung, BI. 4; abl. Ehmann, SAE 1986, 255 (257); vgl. auch Kraft, ZfA 1985, 141 (145f.). _ 193 BAG AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG Überwachung. 194 AP Nr. 13, BI 3 R. 195 Ehmann, ZfA 1986, 357 (381). 196 BAG AP Nr. 14 zu§ 87 BetrVG Überwachung= SAE 1987, 94 m. Anm. Meise/. 197 In der Literatur ist weitergehend die Forderung erhoben worden, die Beschränkung auf Leistungs- und Verhaltensdaten überhaupt aufzugeben und alle Daten zu erfassen, die zur Aussage über das Verhalten oder die Leistung zumindest in entsprechender Verknüpfung überhaupt tauglich sind, vgl. Klebe, DB 1986, 380 (381). 198 BAG AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG Überwachung, Bl. 3 R. 199 Vgl. BAG AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG Überwachung, Bl. 5; m. abl. Anm. Kraft, Bl. 9 R f.; ablehnend auch Kort, CR 1987, 300 (304).

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Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die geeignet sind, personenbezogene Daten zu erheben oder solche Daten auszuwerten - auch soweit sie auf nichttechnischem Weg gewonnen wurden und dem System erst manuell eingegeben werden müssen - und sie programmgemäß zu Aussagen über das Verhalten oderdie Leistung zu verarbeiten und zwar auch dann, wenn diese Aussagen für sich selbst keine, sondern erst in Verbindung mit weiteren Daten und Umständen eine sachgerechte Beurteilung eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmergruppe zulassen. 200 Die Befugnisse des Betriebsrates haben damit eine Interpretation in Richtung auf ein "informationelles Mitbestimmungsrecht" 201 erfahren. Außer in den vom BAG entschiedenen Fällen wird dies beispielsweise bei der Personalabrechnung deutlich, auch wenn diese nicht mit PAISY oder einem ähnlichen Datenverarbeitungsprogramm erfolgt. Sofern die Lohn- und Gehaltsabrechnung nur überhaupt mittels einer technischen Einrichtung, durchgeführt wird und in irgendeiner Weise von der geleisteten Arbeitszeit oder der erbrachten Arbeitsleistung abhängt, besteht schon ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates 202• Erst recht gilt dies bei Betriebsdatenerfassungssystemen, die arbeitnehmerbezogene Daten nebenbei, aber notwendigerweise mitverarbeiten 203 • Linnenkohl geht sogar soweit, jedes Informationssystem mit Arbeitnehmerbezug als potentielles Überwachungssystem einzustufen, dessen Einführung und Anwendung der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliege 204. Gleichzeitig wird die Herstellung einer Informationsparität zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber durch "informationelle Interpretation" gefordert205. Auch unternehmerische Planungen und Entscheidungen geraten zunehmend in den Einflußbereich des Betriebsrates, weil sie im Interesse einer größtmöglichen Richtigkeitsgewähr auf eine umfassende, auch arbeitnehmerbezogene Daten einschließende Informationsbasis angewiesen sind, die in immer mehr Unternehmen auf der Basis von EDV-Anlagen erlangt wird206. Der Sache nach unterscheidet sich § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG in dieser Auslegung kaum noch von § 87 a des von der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegten Reformentwurfs zum Betriebsverfassungsgesetz 207 , mit dem § 94 Abs. 1 Nr. 2 und 3 des Entwurfs eines Betriebsverfassungsgesetzes 1989 der Fraktion der Grünen 208 übereinstimmt. Nach § 87 a des SPD-Entwurfs soll der Betriebsrat in folgenden Angelegenheiten mitbestimmen: In Anlehnung an Zitscher, RDV 1986, 73 (79). 201 Diese Bezeichnung stammt von Linnenkohl, RDV 1986, 121 (138 ff.). 202 Zitscher, RDV 1986, 73 (79). 203 Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (344). 204 Linnenkohlt Schütz I Rauschenberg, RDV 1986, 230 (236), wobei zugleich die Auffassung vertreten wird, daß es ein reines Sachsystem-im Gegensatz zum Personalinformationssystem - nicht gebe (S. 237). 205 Linnenkohl, RDV 1986, 121 (130). 206 Ehmann, ZfA 1986, 357 (361). 201 Bundestags-Drucks. 11 I 2995. 200

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,,Nr. 2: Einführung, Anwendung und Änderung technischer Einrichtungen und Verfahren, die geeignet sind, Daten oder Signale aufzunehmen, zu erfassen, zu speichern, zu verändern und übennitteln. Nr. 3: Erhebung, Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbeziehbarer Daten der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Nr. 4: Einführung, Anwendung und Änderung sonstiger technischer Einrichtungen, die geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu überwachen."

Im Kern übereinstimmend sehen beide Entwürfe auch ein echtes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Gestaltung der Arbeitsplätze, Arbeitsumgebung und Arbeitsorgaillsation vor 209 , wovon insbesondere auch die Einführung von Bildschirmarbeitsplätzen und neuer Techniken (z. B. CAD - Computer Aided Design) betroffen wären. Damit erhält der Betriebsrat bestimmenden Einfluß auf das Unternehmen und die Entscheidungsfreiheit des Unternehmers de facto in wesentlichen Bereichen seiner grundrechtsgeschützten Tätigkeit aufgehoben; in der damit verbundenen Verkürzung der Handlungs- und Entscheidungskompetenz des Arbeitgebers liegt zugleich ein Eingriff in den Schutzbereich der grundrechtliehen Gewährleistungen der Berufs- und der Eigentumsfreiheit

2. Die Gründe für die Extension des Tatbestandes Untersucht man die Begründung der vorstehend dargestellten Entscheidungen, so zeigt sich, daß diese im wesentlichen aus dem ,,Zweck des Mitbestimmungsrechts" abgeleitet werden, der die jeweils vorgenommene Auslegung des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG rechtfertigen soll 210• Dabei erfährt dieser Zweck im Laufe der Zeit aber eine ganz erhebliche Erweiterung: Zunächst wird er in Anlehnung an die Gesetzesbegründung 211 darin gesehen, Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich der Arbeitnehmer durch Verwendung "anonymer technischer Kontrolleinrichtungen" nur bei gleichberechtigter Mitwirkung des Betriebsrates zuzulassen212. Diesen Zweck ersetzt das BAG später durch den des Schutzes und der Bundestags-Drucks. 11 I 4525. § 87 a Nr. 1 des SPD-Entwurfs; § 94 Abs. 1 Nr. 1 des Entwurfs der Grünen, der hier ausdrücklich den Abbau von Kontrollen als Ziel des Mitbestimmungsrechtes nennt. 210 BAG AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 16 R, betr. Datenennittlung als Überwachung, BI. 18 R betr. Beurteilungsrelevanz; BAG AP Nr. 2 zu§ 87 BetrVG Überwachung, BI. 2 R f. betr. "bestimmt" = "objektiv geeignet"; BAG AP Nr. 9, BI. 5; BAG AP Nr. 13, BI. 3 f.; BAG AP Nr. 14 , BI. 7 R.; BAG AP Nr. 15, BI. 8 R; vgl. auch BAG NZA 1990, 406 (407 f.), wo mit dem Schutzzweck das Bestehen eines Initiativrechtes des Betriebsrates, gerichtet auf die Einführung einer technischen Überwachungseinrichtung, abgelehnt wird. 211 Bundestags-Drucks. VI I 1780, S. 48 f. 212 BAG AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 16 R; AP Nr. 2, BI. 2 R; AP Nr. 3, BI. 1 R. 208

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Förderung der freien Entfaltung der Persönlichkeit 213 und schließlich durch das Ziel, die Arbeitnehmer vor einem unangemessenen 214 Überwachungsdruck zu schützen 215 . Diese Zwecke mögen einer rechtspolitischen Forderung entsprechen; sie kommen aber in den Normen des BetrVG nicht zum Ausdruck 21 6. Selbst die Aussage des BAG, der Zweck des Mitbestimmungsrechtes liege nicht im Schutz vor Überwachung schlechthin 217, sondern in dem Schutz vor den besonderen Gefahren der technischen Überwachung 218, bietet nur scheinbar einen Ansatz für eine restriktive Interpretation 219: In Wahrheit wird damit die Datenverarbeitung als solche zun Gegenstand der Mitbestimmung gemacht, soweit sie in irgendeiner Form in ein informationelles Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Arbeitnehmers oder einer Gruppe von Arbeitnehmern eingreift. Bei der Ausdehnung des Schutzzwecks auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit beruft das BAG sich auf das in § 75 Abs. 2 BetrVG enthaltene Gebot, die freie Entfaltung der Persönlichkeit zu fördern und zu schützen, welches auch bei der Auslegung des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu berücksichtigen sei 220. Es verkennt damit aber, daß die Förderung der freien Entfaltung der Persönlichkeit nicht mit der Beachtung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gleichgesetzt werden kann 221 , die nur einen Ausschnitt der Förderung freier Entfaltung bildet. Während der Schutz und die Förderung der freien Entfaltung der Persönlichkeit nämlich die Gewährung eines Freiraumes umfaßt, innerhalb dessen der Rechtsträger im wesentlichen nach eigenem Belieben schalten und walten kann, und darüberhinaus einen Anspruch auf die Schaffung der realen Voraussetzungen zur Verwirklichung dieses Rechts einschließt 222, gewährt das Allgemeine Persönlichkeitsrecht ,,nur" einen Abwehranspruch gegenüber bestimmten Beeinträchtigungen22J. Vor allem aber steht dieneuere Rechtsprechung des BAG unter dem Einfluß des vom BVerfG im Volkszählungsurteil224 entwickelten Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung und der diesem zugrundeliegenden Vorstellung von den 213 BAG AP Nr. 4 zu§ 87 BetrVG Überwachung, BI. 3 R; AP Nr. 9, BI. 5; AP Nr. 13, BI. 3 f.; AP Nr. 14, BI. 7 R; AP Nr. 15, BI. 8 R; BAG NZA 1990, 406 (407); dagegen Ehmann, ZfA 1986, 386. 214 Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (345, Fn. 510). 215 BAG AP Nr. 13 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 3 f.; AP Nr. 14, BI. 7 R f. 216 Ehmann, ZfA 1986, 357 (375). 217 Vgl. bspw. BAG AP Nr. 14 zu§ 87 BetrVG Überwachung, BI. 7 R; AP Nr. 15, BI. 8 R. 21s BAG AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 18 R; auch AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 7 R; AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 5 R. 219 Kort, CR 1987,-300 (302). 220 BAG AP Nr. 4 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 3 R. 221 Ehmann, ZfA 1986,357 (376); Kort, CR 1987,300 (308); ders., CR 1988,41 (42). 222 Vgl. Badura, FS f. Herschel, 1982, S. 21 (28); Wiese, ZfA 1971, 273 (279). 223 Zu den Voraussetzungen siehe oben, S. 36 ff. 224 BVerfGE 65, 1 ff. = NJW 1984, 419 ff.

I. Mitbestimmung bei technischen Überwachungseinrichtungen

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Gefahren der modernen Datenverarbeitung, auch wenn das BAG dieses Bundesverfassungsgerichts-Urteil ausdrücklich nur in der Technikerberichts-Entscheidung22S erwähnt 226• Daß das Volkszählungsurteil auch in den anderen Entscheidungen ,,Pate" gestanden hat, ist in der Literatur, die auch selbst häufig damit argumentiert 227 , ganz überwiegend anerkannt 228 und wird deutlich an der besonderen Betonung der Gefahren der automatischen Datenverarbeitung. Nur wenig Beachtung fmdet dabei, daß das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung allenfalls mittelbar, nämlich im Wege der Drittwirkung Anwendung fmdet und daß der Arbeitgeber auf der anderen Seite auch Grundrechtsträger ist. Insgesamt läßt sich feststellen, daß unter Berufung auf einen zweifelhaften Schutzzweck der Tatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erheblich ausgedehnt worden ist und eingrenzende Tatbestandsmerkmale "weginterpretiert" werden, so daß nur noch wenig fehlt, um ihn zu einer Generalklausel für die Verwendung jeglicher datenverarbeitender Technologie im Betrieb zu machen. 3. Grenzen des Mitbestimmungsrechts Während es in älteren Entscheidungen stets darum ging, ob eine Maßnahme überhaupt mitbestimmungspflichtig war, steht in der Praxis nun die Frage nach den Grenzen des Ermessens der Einigungsstelle im Vordergrund 229 , so beispielsweise in der Opel-PAISY 230- und der Telefondaten-Entscheidung 231 • Würden hier in bezug auf die Regelungen, die der Betriebsrat verlangen bzw. die Einigungsstelle treffen darf, Grenzen anerkannt und deren Einhaltung von den Arbeitsgerichten konsequent durchgesetzt, wäre die oben geschilderte Extension des Mitbestimmungstatbestandes von weniger weitreichender Bedeutung. Jedoch gesteht das BAG der Einigungsstelle einen so weiten Spielraum zu, der letztlich jede Regelung erlaubt, die mit dem Zweck des Mitbestimmungsrecht in Einklang steht. Da also auch in diesem Zusammenhang der Frage nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechtes entscheidende Bedeutung zukommt 232, ist es nicht verwunderlich, daß das BAG solche Grenzen praktisch nicht anerkennt. So führt es in der Opel-PAISY-Entscheidung aus, daß die Einigungsstelle ihre ErmessensBAG AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG Überwachung, Bl. 5. Vgl. hierzu Zöllner, RDV 1985, 3 ff. 221 Däub/er, Gläserne Belegschaften?, Rn. 394 ff., 480 ff.; Jobs, in: Jobs I Sam/and, Personalinformationssysteme in Recht und Praxis, S. 119 (124); Simitis, NJW 1985,401 (407); Linnenkohlt Rauschenberg I Schütt/er I Schütz, BB 1988, 57 ff. 228 Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (346); Kort, CR 1987, 300 (308); Buchner, BB 225

226

1987, 1942 (1950).

Boewer, RDV 1988, 13; ferner Ehmann, ZfA 1986, 357 (362). BAG AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG Überwachung. 231 BAG AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG Überwachung. 232 BAG AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 7 R und AP Nr. 15, Bl. 8 R; ebenso Ehmann, SAE 1989, 277 (281). 229

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§ 5 Betriebsverfassungsrecht

entscheidunggrundsätzlich zwischen allen zur Erreichung des Zwecks des Mitbestimmungsrechts geeigneten Regelungen treffen kann. Indem das Gericht den Zweck des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG aber im ,,Abbau des Überwachungsdrucks" sieht, gelangt es dazu, daß das Ermessen von einem völligen Verbot der Datenläufe bis zu einer Reglementierung der arbeitgebensehen Reaktionen bei der unbeschränkten Zulässigkeil der Datenläufe reiche233. Durch die Erweiterung des Schutzzwecks des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG von dem Schutz des Persönlichkeitsbereiches der Arbeitnehmer zu einer Verringerung des Überwachungsdrucks umgeht das BAG eine Stellungnahme zu seiner Feststellung in der Kienzleschreiber-Entscheidung, wonach für eine Überwachungsmaßnahme, die den Persönlichkeitsbereich der Arbeitnehmer nicht tangiere oder jedenfalls nicht verletze, zwar ein Mitbestimmungsrecht bestehe, aber keine Kompetenz zu einer die arbeitgebensehe Maßnahme einschränkenden oder gar verhindernden Regelung 234. Nur aus dieser Ausweitung des Schutzzwecks ist erklärbar, daß das BAG in Abweichung zu der in bezog auf § 23 BDSG vorgenommenen Interessenabwägung235 ein schutzwertes Interesse der Arbeitnehmer anerkennt, dem Arbeitgeber schnelle und kostengünstige Informationen über Fehlzeiten nicht zukommen zu lassen 236. Abgesehen davon, daß wirklich erkrankten Arbeitnehmern und solchen, die ihrer vertraglichen Arbeitspflicht ordnungsgemäß nachkommen, dieses Interesse kaum unterstellt werden kann 237, ist es jedenfalls nicht schutzwürdig. Wer unentschuldigt fehlt, kann sich nicht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit berufen, und wer entschuldigt fehlt, wird durch das Festhalten und Auswerten der Daten nicht unter Druck gesetzt 238, denn insoweit sind die Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers ohnehin gesetzlich geregelt, z. B. im KSchG. Weitreichende Folgen kann der- wohl als obiter dieturn zu qualifizierenden -Äußerung des BAG zukommen, daß die Einigungsstelle auch bloß die Datenverwendung, also die untechnische Nutzung der durch das Personalinformationssystem ermittelten und verarbeiteten Daten regeln könne, weil auch dies zum Abbau des Überwachungsdrucks geeignet sei239. Die Einräumung eines praktisch unbegrenzten Regelungsspielraumes hat zur Folge, daß der Betriebsrat in bezug auf die "Gegenleistung", die er verlangen und sich als für eine Zustimmung zu Maßnahmen der Datenverarbeitung versprechen lassen kann, dem Arbeitgeber auf anderen Gebieten Zugeständnisse "abtrat233 BAG AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 8. 234 BAG AP Nr. 13 zu§ 87 BetrVG Überwachung, BI. 3 R.; auch AP Nr. 1, BI. 2. 235 Dazu AP Nr. 14 zu§ 87 BetrVG Überwachung, BI. 6 R: "berechtigte Interessen, dem Arbeitgeber diese Kenntnisse zu verweigern, bestehen nicht". 236 AP Nr. 14 zu§ 87 BetrVG Überwachung, BI. 8. 237 Dazu ausführlich Ehmann, ZfA 1986, 357 (392). 238 Zutreffend Kraft, Anm. zu AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 10 R. 239 AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG Überwachung, BI. 8.

II. Mitbestimmung bei Personalfragebögen

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zen" kann, die in keinerlei Zusammenhang mit dessen Maßnahme steht 240 • Dies betrifft nicht nur die oben bereits genannte Mitbestimmung bei der untechnischen Datenverwendung, sondern beispielsweise die Frage nach zusätzlichen finanziellen Leistungen für die Arbeitnehmer. Solche Verknüpfungen werden in der Literatur teilweise ausdrücklich gebilligt oder gar als legitime Handlungsalternative des Betriebsrates 241 vorgeschlagen 242• 11. Mitbestimmung bei Personalfragebogen, § 94 BetrVG

Die Erhebung von Informationen mittels eines Personalfragebogens, also einer formularmäßigen Zusammenfassung von Fragen des Arbeitgebers an Bewerber oder Arbeitnehmer über deren persönliche Verhältnisse, Kenntnisse und Fähigkeiten 243 dient der Beurteilung der Eignung des Bewerbers für die zu besetzende Stelle. Sie wird durch § 94 Abs. 1 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrates unterworfen; gleiches gilt für standardisierte persönliche Angaben in Arbeitsverträgen (§ 94 Abs. 2 BetrVG). Das Mitbestimmungsrecht betrifft allein den Inhalt der zu erhebenden Daten, nicht dagegen die Frage, ob der Arbeitgeber überhaupt solche Befragungen in standardisierter Form durchführen will 244 • Auch bezieht sich das Mitbestimmungsrecht nicht auf die Festlegung der für den Arbeitsplatzinhaber erforderlichen Qualiflkation 245 • Auf diese Weise soll das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers davor geschützt werden, daß dieser mehr als notwendig aus seiner Privatsphäre offenbaren muß 246• Den naheliegenden Schluß, daß der Betriebsrat auf eine Rechtskontrolle beschränkt ist, also die Zustimmung zu der arbeitgebensehen Maßnahme nur dann verweigern kann, wenn eine Frage das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bewerbers oder Arbeitnehmers verletzen würde, wird allerdings von der Rechtsprechung und dem überwiegenden Teil der Literatur nicht gezogen 247 • Im Gegenteil, es bestehen Tendenzen, das Mitbestimmungsrecht auf die anschließende Verwendung der in standardisierter Form erhobenen Daten auszudehnen, was den Versuch darstellt, über den Umw_e$ ~er Einschaltung des Betriebsrats die Datenverarbeitung entgegen dem geltenden Vgl. den Bericht von Eich, ZfA 1988, 93 ff. Vgl. für das gleich gelagerte Problem der Überstunden Däubler, Das Arbeitsrecht, Bd. 2, S. 153. 242 Ablehnend jedoch Belling, Die Haftung des Betriebsrates und seiner Mitglieder für Pflichtverletzungen, S. 325 und 381; Eich, ZfA 1988, 93 (98); P. Nipperdey, CR 1987, 434 (438); Heinze, ZfA 1988, 53 (86). 243 v. Hoyningen-Huene, Betriebsverfassungsrecht, S. 268; Fitting I Auffahrt I Kaiser I Heither, BetrVG, § 94 Rn. 6; Galperin I Löwisch, BetrVG, § 94 Rn. 3; Dietz I Richardi, BetrVG, § 94, Rn. 3. 244 Boewer, RDV 1988, 13 (17); Fabricius I Kraft I Thiele I Wiese, § 94 Rn. 3. 24S Buchner, NZA 1991, 577 (578). 246 Boewer, RDV 1988, 13 (14). 247 Anders aber bspw. H. Stoltenberg, Fragebögen, Beurteilungsgrundsätze und Auswahlrichtlinien, Diss. Trier, S. 94 ff.; jetzt auch Buchner, NZA 1991, 577 (588). 240 241

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§ 5 Betriebsverfassungsrecht

Recht einer generellen Zweckbindung zu unterwerfen 248 • Während manche Autoren dies in den Mitbestimmungstatbestand unter Berufung auf die sonst angeblich unzureichende Schutzfunktion des § 94 BetrVG hineininterpretieren 249 und dabei den Schutzzweck einer Vorschrift an die Stelle der im Gesetz klar und eindeutig festgelegten Voraussetzungen setzen 250, wollen andere das Mitbestimmungsrecht zwar dem Wortlaut entsprechend auf die Datenerhebung begrenzen, aber dem Betriebsrat die Möglichkeit zugestehen, "im Verhandlungswege den von der Mitbestimmung nicht belegten Verwendungszweck der erhobenen Daten an sich zu ziehen und dafür kompensatorisch dem Arbeitgeber bei der Datenbeschaffung entgegenzukommen" 251 • Ob die Rechtsprechung das billigen würde, ist (noch) nicht entschieden, aber angesichts des dort auch in anderem Zusammenhang angenommenen weitreichenden Regelungsfreiraums der Einigungsstelle erscheint dies nicht unwahrscheinlich.

Buchner, ZfA 1988, 453 (466). So aber Simitis, RDV 1989,49 (57); Wohlgemuth, Datenschutz für Arbeitnehmer, Rn.696. 250 Dagegen schon Jhering, Geist der röm. Rechts, Bd. 2, 2, S. 364 f.; vgl. auch Ehmann, ZfA 86, 357 (375). 251 Boewer, RDV 1988, 13 (19). 248 249

3. Kapitel

Die Schranken der grundrechtliehen Gewährleistungen Die geltende privatrechtliche Informationsordnung beschränkt in wichtigen Bereichen die Berufsfreiheit des Unternehmers und vielfach zugleich seine Bigenturnsfreiheit Die Feststellung einer Beeinträchtigung grundrechtlicher Schutzbereiche enthält aber noch keine Aussage über deren Verfassungswidrigkeit Diese ist vielmehr davon abhängig, ob der Eingriff in den Schutzbereich mit den Anforderungen an grundrechtsbeschränkende Gesetze in Einklang steht. Nur wenn das nicht der Fall ist, liegt ein Verstoß gegen das Grundgesetz vor.

§ 6 Die Schranken der Berufsfreiheit

I. Die Reichweite des Gesetzesvorbehaltes Nach dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG kann die Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden, während für die Berufswahl kein Regelungsvorbehalt zu bestehen scheint. Die Materialien zum Grundgesetz ergeben jedoch ein anderes Bild. Aus ihnen geht hervor, daß der zuständige Unterausschuß des Redaktionsausschusses des Parlamentarischen Rates es für selbstverständlich hielt, daß die Aufnahme eines Berufes von bestimmten Voraussetzungen, insbesondere einer Ausbildung oder einem Examen, abhängig gemacht werden könne, und deshalb von einer Sicherung dieses Gedankens in der Verfassung absah 1• Lediglich über die Frage des numerus clausus wurde in der abschließenden Diskussion des Grundsatzausschusses keine Einigkeit erzielt2. Hinzu kommt, daß dem Gesetzgeber in Art. 74 Nr. 19 GG die Kompetenz zur Regelung der Zulassung zu bestimmten Berufen übertragen wurde, was der Annahme einer prinzipiellen Unbeschränkbarkeit der Berufswahl entgegensteht 3• Außerdem erwies sich die Trennung von Berufswahl und Berufsausübung, die in Anlehnung an die gewerberechtliche Rechtsprechung entstanden war4, bald als undurchführbar, weil sich in jeder Berufsausübung zugleich die Wahlentschei-

1 2

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JöR n. F. Bd. 1 (1951), S. 134/135. JöR n. F~ Bd. 1 (1951), S. 136. BVerfGE 7, 377 (401 f.); Maunz/Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 242. JöR n. F. Bd. 1 (1951), S. 134 u. 136; Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 12.

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§ 6 Die Schranken der Berufsfreiheit

dung stets von neuem manifestiert und zudem gegenseitige Einwirkungen nicht auszuschließen sind 5• AusdiesenGründenhatdasBVerfGinArt. 12Abs. 1 S.l GGeineinheitliches Recht der Berufsfreiheit gesehen und dementsprechend den scheinbar auf die Berufsausübung begrenzten Vorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG auch auf die Berufswahl erstreckt6. Aus der Ermächtigung des Gesetzgebers zur Regelung der Berufsausübung wird von manchen Literaturstimmen geschlossen, daß es sich bei Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG nicht um einen normalen Schrankenvorbehalt handele, sondern vielmehr um einen davon zu unterscheidenden Regelungsvorbehalt, der nur eine Konturierung und Konkretisierung der im Grundrecht selbst angelegten Grenzen zulasse 7 • Diese auf das Apothekenurteil des BVerfG zurückgehende Differenzierungs erwies sich jedoch als nicht durchführbar und wurde auch vom BVerfG nicht mehr vorgenommen 9 , so daß Art 12 Abs. 1 S. 2 GG sowohl Schranken- wie Regelungsvorbehalt im o. g. Sinne ist. Der Begriff der Regelung kann auch nicht so verstanden werden, als sei der Gesetzesvorbehalt zugeschnitten auf Gesetze, die eine Einschränkung der Berufsfreiheit unmittelbar beabsichtigen 10• Vielmehr gilt er auch für Gesetze, die objektiv, also gemessen an ihren tatsächlichen Auswirkungen 11 , eine berufsregelnde Tendenz aufweisen und zugleich in einem inneren und äußeren Zusammenhang mit der Berufsausübung oder -wahl stehen 12• Mit diesem letztgenannten Erfordernis sollen lediglich solche Rechtsvorschriften aus dem Schutzbereich der Berufsfreiheit herausgenommen werden, die dem mittelbar betroffenen Beruf inhaltlich so fern stehen, daß sie nicht an den verfassungsrechtlichen Kriterien des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG gemessen werden können, wie z. B. Rechtsvorschriften über eine sparsame Haushaltsführung der öffentlichen Hand, die für einzelne Unternehmen bedingt durch einen Mangel an Aufträgen mittelbar Einbußen herbeiführen 13. Dadurch wird keine grundrechtliche Position des Unternehmers getroffen, es realisiert sich vielmehr nur das typische Risiko seines Berufes. Würden aber lediglich solche Vorschriften, die unmittelbar in die Berufsfreiheit eingreifen, 5 BVerfGE 7, 377 (401); zustimmend Maunz/ Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 12; Pierothl Schlink, Die Grundrechte, Rn. 930. 6 BVerfGE 7, 377 (401); inzwischen praktisch allgemein akzeptiert, vgl. Maunz/ Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 12, 13, 295; v. Münch-Gubelt, Art. 12 Rn. 36; Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 903. 7 Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (105); ähnlich v. Münch-Gubelt, Art. 12 Rn. 38. s BVerfGE 7, 377 (403). 9 Zutreffend Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 296, 297; ferner Langheinecken, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 136. 1o Bleckmann, Staatsrecht II, S. 885. II Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (116); Leisner, DVBI 1989, 1025 (1029). 12 BVerfGE 13, 181 (186 f.); E 16, 147 (162); E 49, 24 (47 f.). 13 BayVerfGH, NJW 1989, 2939 (2940).

II. Inhaltliche Anforderungen an beschränkende Gesetze

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am Maßstab des Art. 12 GG gemessen, wäre es leicht, diesen auszuhöhlen 14, weil in unserer heutigen Wirtschaftsordnung direkte Eingriffe des Staates zur Erreichung eines bestimmten Zieles zugunsten subtilerer Steuerungsmaßnahmen der Leistungsverwaltung abnehmen 15• Auch die die privatrechtliche Informationsordnung gestaltende Gesetzgebung will ja nicht gezielt die Berufsfreiheit beschränken, aber sie hat erhebliche objektive Auswirkungen auf diese. Allerdings soll dem Gesetzgeber bei einer nur mittelbar berufsregelnden Norm ein weitergehender Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zukommen, als es bei einer unmittelbar berufsbeschränkenden Regelung der Fall ist 16• Demnach handelt es sich bei Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG um einen normalen Gesetzesvorbehalt, der durch Gesetze sowohl formellen wie im materiellen Sinn, in Grenzen auch durch gewohnheitsrechtliche Rechtssätze ausgefüllt werden kann 17• Vorliegend haben die Beschränkungen der Berufsfreiheit durch das als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anerkannte Allgemeine Persönlichkeitsrecht, ferner durch das §§ 4, 28 f. BDSG und §§ 87 Abs. 1 Nr. 6, 94 BetrVG zumindest in formeller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage.

II. Inhaltliche Anforderungen an beschränkende Gesetze Auch wenn demnach ein einheitlicher Gesetzesvorbehalt sowohl für die Berufswahl als auch für die Berufsausübung besteht, so ist es dennoch offensichtlich, daß die schutzbereichsbeschränkenden Gesetze eine sehr unterschiedliche EiDgriffsintensität aufweisen können. Dem trug das BVerfG Rechnung, als es mangels eines dem Verfassungstext zu entnehmenden inhaltlichen Maßstabs für Berufsbeschränkungen in "schöpferischer Vervollständigung der Verfassungsaussage" 18 in seinem Apotheken-Urteil vom 11.7. 1958 19 die sog. Dreistufentheorie entwickelte, die sich anschließend auch in der Lehre ganz überwiegend durchgesetzt hat. Nach dieser gilt folgendes: Die Freiheit der Berufsausübung kann beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen und keine übermäßige Belastung damit verbunden ist. Bei Beschränkungen der Berufswahlfreiheit muß differenziert werden zwischen Regelungen, die den Zugang zum Beruf von bestimmten, in der Person des Grundrechtsträgers liegenden Umständen abhängig machen (subjektive Zulassungsvoraussetzungen) und solchen, die die Zulassung von außerhalb der Person 14 BVerfGE 41,251 (262); E 46, 120 (137 f.); E 55,7 (25 f.); Bleckmann, Staatsrecht II, S. 885. 1s BVerfGE 46, 130 (137). 16 BVerfGE 46, 120 (145); kritisch Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (116). 17 BVerfGE 22, 114 (121); vgl. auch Maunz/Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 305 ff. m. w. N., zur Problematik des Richterrechts s. Rn. 316. 18 Maunz/Dürig-Scho/z, Art. 12 Rn. 319. 19 BVerfGE 7, 377.

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§ 6 Die Schranken der Berufsfreiheit

des Bewerbers liegenden, von ihm nicht beeinflußbaren Umständen abhängig machen (objektive Zulassungsvoraussetzungen). Erstere dürfen nur zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter eingesetzt werden 20; für objektive Zulassungsvoraussetzungen fordert das B VerfG sogar das Vorliegen einer nachweisbaren oder höchstwahrscheinlichen Gefahr für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut Auch Berufsausübungsbeschränkungen dürfen nur unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergehen. Dies erweckt den Anschein, als müßten berufsbeschränkende Gesetze, um verfassungsgemäß zu sein, zwei unterschiedliche Voraussetzungen erfüllen (Schutz eines hinreichend wichtigen Gemeinschaftsgutes und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit), die beide mit zunehmender Höhe der Eingriffsstufe strengeren Anforderungen unterworfen werden 21 • Durch die besonderen Anforderungen an den Zweck berufsbeschränkender Gesetze scheint die Stufentheorie über die (normale) Verhältnismäßigkeitsprüfung, bei der der Zweck als gegeben hingenommen wird und es nur um die Anpassung des Mittels geht 22, hinauszugehen 23. Dies wäre jedenfalls dann zutreffend, wenn man mit Teilen der Literatur nur solche Gemeinschaftsgüter als für eine Beschränkung des Art. 12 Abs. 1 GG ausreichend ansehen würde, die in der Verfassung verankert sind. Hinter dieser Auffassung steht die Befürchtung, daß dem Gesetzgeber - würde man ihm die Bestimmung des Gemeinwohlbelanges überlassen - auch noch die Festlegung des Prüfungsmaßstabes für die verfassungsgerichtliche Kontrolle in die Hand gegeben würde 24• Nach dieser Ansicht wäre an dieser Stelle zu erörtern, ob und ggf. wieweit das Rechtsgut der die privatrechtliehen Informationsordnung konstituierenden Gesetze verfassungsmäßig verankert ist.

Im Gegensatz dazu bedarf nach der Rechtsprechung des BVerfG und der überwiegenden Literatur das zu schützende Gemeinschaftsgut keiner Verankerung im Grundgesetz. Vielmehr sollen auch ,,relative" Gemeinschaftsinteressen -das sind solche, die erst der Gesetzgeberaufgrund seiner sozial-, gesellschaftsund wirtschaftspolitischen Vorstellungen in den Rang eines wichtigen Gemeinschaftsgutes erhebt - eine zulässige Zwecksetzung eines die Berufswahl beschränkenden Gesetzes darstellen 25• Auf diese Weise wird dem Gesetzgeber ein 20 BVerfGE 7, 377 (405 f.); fernerE 13, 97 (107 ff.); E 19, 330 (337). Deutlich auch Wendt, AöR 104 (1979), 414 (428 ff., insb. 430). 21 So Wendt, AöR 104 (1979), 414 (428 ff., insb. 430) für Berufswahlregelungen. Wie aber BVerfGE 71, 162 (173 f.) und E 71, 183 (198 ff.) zeigen, wird das Vorliegen eines ausreichenden Gemeinwohlbelanges auch für Berufsausübungsregelungen geprüft. 22 Dazu Langheineken, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 5. 23 In diesem Sinn Wendt, AöR 104 (1979), 414 (431). 24 Häberle, AöR 95 (1970), S. 86, 100; v. Münch-Gubelt; Art: 12 Rn. 51 bis 53, 62. 25 BVerfGE 13, 97 (107)- Erhaltung des Leistungsstandes und der Leistungsfähigkeit des Handwerkes und der Sicherung des Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft; ebenso Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 337.

II. Inhaltliche Anforderungen an beschränkende Gesetze

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weitreichender Gestaltungsfreiraum eingeräumt, nicht aber völlige Freiheit, wie sich schon an der verfassungsgerichtlichen Entscheidung über die subjektive Berufszulassungsbeschränkung eines Sachkundenachweises für den Einzelhandel gezeigt hat 26• Für diese Auffassung spricht, daß eine Rückführung aller der vielfältigen Gemeinwohlinteressen sich nur um den Preis einer erheblichen Überdehnung der Verfassung, z. B. durch die Heranziehung von Kompetenzvorschriften als Grundlage für verfassungsrechtliche Wertentscheidungen, erreichen ließe 27 • Die Verfassung als Grundgesetz staatlicher Ordnung kann nie alle Wertvorstellungen und Wertungen, die in den einzelnen Rechtsgebieten von Bedeutung sind, erfassen. Daß sich für eine Wertung in der Verfassung kein Anhaltspunkt finden läßt, bedeutet deshalb nicht schon gleich die Unzulässigkeil seiner Berücksichtigung28. Ferner trägt die von der Rechtsprechung und der überwiegenden Literatur vertretene Meinung der notwendigen verfassungsgerichtlichen Zurückhaltung gegenüber dem Gesetzgeber Rechnung 29• Im Ergebnis ist daher die verfassungsgerichtliche Kontrolle des vom Gesetzgeber verfolgten Zweckes auf dessen Legitimität begrenzt. Auch die prinzipielle Akzeptanz der gesetzgebensehen Zwecksetzung kann aber nichts daran ändern, daß dieser Zweck im Rahmen der Verhältnismäßigkeilsprüfung einer Gewichtung im Hinblick auf das gesetzgebensehe Mittel unterzogen wird. Der Einstufung von Gemeinschaftsgütern in eine Rangordnung von "vernünftigen Gemeinwohlbelangen" über "wichtige" oder "besonders wichtige Gemeinschaftsgüter" bis hin zu "überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern", die das BVerfG in der Stufentheorie trifft, ist allerdings mangelnde Rationalität vorgeworfen worden 30• Dieser Vorwurf wäre zutreffend, wenn der Anspruch einer vollen Subsumtionsfahigkeit dieser Begriffe bestünde. In Wirklichkeit handelt es sich aber nur um eine Ausformung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im engeren Sinn 31 • Muß nämlich das Mittel der Beschränkung des Art. 12 GG in einem 26 BVerfGE 19, 330 ff. Dort hielt das Gericht den Konkurrenzschutz (S. 342) undim Gegensatz zur Handwerksentscheidung (BVerfGE 13, 97) - die Sorge um die Leistungsfähigkeit und das soziale Ansehen eines ganzen Berufsstandes nicht für ausreichend zur Rechtfertigung einer subjektiven Zulassungsbeschränkung, so daß das Gesetz, weil es im Hinblick auf andere in Betracht kommende Zwecke nicht den Anforderungen der Eignung (E 19, 330 (338)) bzw. der Erforderlichkeil (E 19, 330, (340)) genügte, für verfassungswidrig erklärt wurde. Vgl. ferner BVerfGE 71, 162 (173 f.); E 71, 183 (198 ff.) 27 v. Münch-Gubelt, Art. 12 Rn. 53, der aber bei der Beurteilung der Wichtigkeit des Gemeinwohlbelanges die Meinung der Bevölkerung berücksichtigen will, um so "emotionale Werturteile" des Gesetzgebers auszuscheiden. Die Praktikabilität dieses Vorschlags ist jedoch zweifelhaft. 28 Kopp, FS f. Wilburg, S. 141 (150). 29 Maunz/Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 337. 30 Pieroth, Arbeitnehmerüberlassung unter dem GG, S. 63.

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angemessenen Verhältnis zum damit verfolgten Zweck stehen, dann folgt daraus, daß der Zweck umso höherwertiger sein muß, je stärker das Mittel in die grundrechtlich geschützte Freiheit eingreift. Dem entspricht es, wenn an den rechtfertigenden Gemeinwohlbelang bei einem intensiveren Eingriff, also mit höherer Stufe, strengere Anforderungen gestellt werden. Nur diesem Gedanken wird auch in der Rangstufung der Gemeinschaftsgüter durch die Stufentheorie des BVerfG Ausdruck gegeben. Daraus ergibt sich, daß ein Unterschied zu der üblichen verfassungsrechtlichen Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn nicht besteht. Die Stufentheorie ist lediglich eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im engeren Sinn. Sie fügt sich damit zugleich in das Übermaßverbot, dem staatliche Maßnahmen schon aufgrund des Rechtsstaatsprinzips 32 und speziell grundrechtsbeschränkende Regelungen auch nach dem "Wesen der Grundrechte" 33 unterliegen. Aus dem Übermaßverbot folgt zusätzlich, daß ein Eingriff in die Berufsfreiheit zur Förderung des verfolgten Zweckes geeignet und erforderlich, d. h. das mildeste unter mehreren gleich effektiven Mitteln, sein muß 34• Bei der Beurteilung der Eignung und der Erforderlichkeil gesteht das BVerfG dem Gesetzgeber einen sehr weiten Beurteilungs- und Prognosespielraum zu, so daß an dieser Stelle nur offensichtlich fehlsame Einschätzungen korrigiert werden können 35• Allerdings ist der Gesetzgeber zur Korrektur verpflichtet, wenn sich seine Prognose im nachhinein als falsch erweist 36• Den Schwerpunkt der verfassungsgerichtlichen Kontrolle von berufsbeschränkenden Regelungen bildet deshalb die Prüfung ihrer Angemessenheil (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn).

31 So deutlich BVerfGE 46, 120 (138). Aus der Literatur vgl. nur Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (10); Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (122); Gentz, NJW 1968, 1600 (1603). Anders Jarass I Pieroth, Art. 12 Rn. 26, nach dem Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit "außer an der Stufentheorie auch unmittelbar am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen (sind), jedenfalls dann wenn die Stufentheorie zu keiner eindeutigen Zuordnung führt". Daraus leitet er die Kriterien der Eignung und der Erforderlichkeil ab. Dies dürfte der Stufentheorie aber nicht gerecht werden. Wie hier Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (123 I 124); Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 292; v. Münch-Gubelt, Art. 12 Rn. 41. Obwohl J. lpsen, JuS 1990, 634 (636) das Übermaßverbotes statt der Stufentheorie anwenden möchte, verwendet er deren Argumentationsmuster im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung i. e. S., so daß seine Auffassung mit der hier vertretenen Ansicht im wesentlichen übereinstimmen dürfte. 32 BVerfGE 19,342 (348 I 349); Püttner, Staatsorganisationsrecht, S. 17; Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 185m. w. N.; Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (117). 33 BVerfGE 19, 342 (348 I 349); Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn 318; Tettinger, AöR 108 (1983), 92 (117). 34 Vgl. nur v. Münch-Gubelt, Art. 12 Rn. 44; Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 939. 35 BVerfGE 77, 84 (106) m. w. N.; kritisch MaunziDürig-Scholz, Art. 12 Rn. 321 ff; Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 69 sieht die Tendenz, daß nur noch das Willkürverbot überprüft wird. 36 BVerfGE 25, 1 (13); 16, 147 (181 ff.).

II. Inhaltliche Anforderungen an beschränkende Gesetze

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Durch die Zuordnung einer gesetzlichen Maßnahme zu einer der o. g. Stufen wird schon in gewisser Weise ihre Zulässigkeit präjudiziert. Die Zuordnung wiederum ist davon abhängig, wie eng oder weit die Definition eines bestimmten Beruf gefaßt wird. Sollte beispielsweise die Anfang der achtziger Jahre von den Gewerkschaften erhobene Forderung nach einem Verwendungsverbot für EDV-gesteuerte Personalinformationssysteme37 in die Realität umgesetzt werden, könnte man darin ein Berufsverbot für auf solche Programme spezialisierte Programmierer und Verkäufer und in der Terminologie der Stufentheorie eine objektive, da von ihnen nicht beeinflußbare, Berufswahlregelung sehen. Nur wenn man diese Tätigkeit nicht als eigenen Beruf versteht, sondern diesen in der umfassenderen Tätikeit eines Programmierers oder Softwarehändlers erkennt, könnte das Verbot der Benutzung von Personalinformationssystemen, die die Herstellung entsprechender Software sinnlos machen würde, als Ausübungsregelung qualifiziert werden. Ein ähnliches Problem stellte sich in der Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit des die Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe verbietenden § 12 a AFG 38. Betrachtet man hier die ,,Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe" als einen eigenen Beruf, handelt es sich bei § 12 a AFG um eine Berufswahlregelung. Gibt es dagegen nur allgemein den Beruf des Verleihers von Arbeitnehmern, liegt nur eine Ausübungsregelung vor. Obwohl das BVerfG anerkennt, daß es Verleiher gibt, die sich ausschließlich oder vorrangig mit der Verleihung in das Baugewerbe befassen, schließt das Gericht sich der letztgenannten Einschätzung an 39. Der Fall zeigt, daß das oben dargestellte Berufserfmdungsrecht40 im Zusammenhang mit der Abgrenzung zwischen Wahlregelung und Ausübungsregelung (nicht für die Eröffnung des Schutzbereiches) einer Modifikation bedarf, um die unterschiedlichen Stufen der Berufsfreiheit und ihre differenzierten Anforderungen nicht durch ein umfassendes Selbstdefmitionsrecht des Grundrechtsträgers zu unterlaufen. Hier gewinnt die Existenz eines traditionellen, 37 Vgl. den Antrag 899, angenommen vom 9. Gewerkschaftstag der ÖTV: sowie den Initiativantrag 7 des 12. ordentlichen DGB-Bundeskongresses 1982: "Der DGB-Bundesvorstand wird beauftragt, mit allen geeigneten Mitteln darauf hinzuwirken, daß . . . langfristig automatisierte Personalinformationsysteme einschließlich solcher Teilsysteme und Datensammlungen, die zu solchen umfassenden Systemen ausgebaut werden sollen, verboten werden. Der DGB wird aufgefordert, eine Bestandsaufnahme geplanter und schon existierender Personalinformationssysteme durchzuführen. Auf dieser Grundlage soll gemeinsam mit den Einzelgewerkschaften ein gewerkschaftspolitisches Konzept auf betrieblicher Ebene zur Früherkennung und solidarischen Abwehr drohender oder bereits installierter Personalinformationssysteme entwickelt werden." Zitiert nach Hentschell Wronka, Personalinformationsysteme in der Diskussion, S. 11 ff. (Fn. 2). 38 BVerfGE 77, 84 ff. 39 BVerfGE 77, 84 (105 f.); zustimmendPieroth, Arbeitnehmerüberlassung nach dem GG, S. 89. 40 Siehe oben S. 13 f. 6 Breitfeld

§ 6 Die Schranken der Berufsfreiheit

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gesellschaftlich anerkannten 41 oder gesetzlich ausgeprägten Berufsbildes, evtl. auch einer hierauf bezogenen besonderen Ausbildung Bedeutung 42, so daß es innerhalb des Art. J2 Abs. 1 GG letztlich zwei verschiedene Berufsbegriffe gibt 43. In diesem Sinn hat das BVerfG an anderer Stelle ausgeführt, daß eine besondere interne Ausgestaltung eines Unternehmens nicht als Wahl eines untypischen Berufes gelten könne, sofern die Verkehrsanschauung dies nur als eine abweichende Ausübung eines typischen Berufes verstehe 44• Ebensowenig existiert ein eigener Beruf des "größeren Unternehmers" 45 • Aus diesem Grund kann es auch nicht als eigener Beruf angesehen werden, wenn ein Unternehmer seinen Betrieb in Verwaltung und Produktion mit Computern und computergesteuerten Fertigungsanlagen ausstattet. In Anwendung dieser Grundsätze würde auch ein Verbot von Personalinformationssystemen nur als Regelung der Berufsausübung für den davon betroffenen Programmierer oder Verkäufer zu qualifizieren sein. Denn wenn jemand die Kenntnisse zur Erstellung solch umfangreicher Software besitzt, dann kann er sie in gleicher Weise zum Programmieren von Personaldatenprogrammen wie für andere Software verwenden. Eine speziell auf die Erstellung von Personalinformationssystemen gerichtete Ausbildung gibt es nicht. Also wäre ein Verbot von Personalinformationssystemen auch für auf dieses Gebiet spezialisierte Programmierer oder Verkäufer nur eine Regelung der Berufsausübung. Darin kann aber noch keine endgültige Entscheidung über die Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit eines solchen Verbots gesehen werden. Denn es ist möglich, daß ein Eingriff auf einer niedrigeren Stufe ebenso intensiv oder gar intensiver ist als der auf einer höheren 46• Wird durch eine Berufsausübungsregelung derart in die Berufsfreiheit eingegriffen, daß die betroffenen Berufsangehörigen bei typisierender Betrachtungsweise aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr in der Lage sind, die ausgeübte Tätigkeit zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen, so müssen nach Ansicht des BVerfG die Maßstäbe für Berufswahlregelungen angelegt werden 47• Das Verbot der Arbeitnehmerüberlassung kam nach Ansicht des BVerfG wegen seiner Auswirkungen auf Verleiher, die ausschließlich oder vorrangig Arbeitnehmer in das Baugewerbe ausleihen, einem Eingriff in die BVerfGE 77, 84 (105); Bryde, NJW 1984, 2177 (2181). BVerfGE 77, 84 (105); Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (100 f.). 43 Bryde, NJW 1984, 2177 (2181); siehe auch Leisner, DVBl 1989, 1025 (1028). 44 BVerfGE 16, 147 (164), vgl. auch BVerfGE 17, 232 (241); dazu Maunz/DürigScholz, Art. 12 Rn. 265 mit weiteren Beispielen. 45 Leisner, DVBl 1989, 1025 (1028) m. w. N. 46 Maunz/Dürig-Scho/z, Art. 12 Rn.16; Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (109); J. lpsen, JuS 1990, 634 (635). 47 BVerfGE 30,292 (313); E 11, 30 (42 f.); E 25, l (12); E 46, 120 (138, 149); s. auch Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (10). Entgegen Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (109) wird die Ausübungsregelung dadurch aber nicht zu einer Wahlregelung; vielmehr ändert sich nur der Prüfungsmaßstab. 41

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li. Inhaltliche Anforderungen an beschränkende Gesetze

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Freiheit der Berufswahl nahe 48 • Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Eingriffs reichten deshalb nicht vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls, sondern es bedurfte solcher Allgemeininteressen, die so schwer wogen, daß sie Vorrang vor der Berufsbehinderung beanspruchen konnten 49 • Es müssen in diesen Fällen also die Maßstäbe der Stufe angelegt werden, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise einschlägig ist 50, so auch im Fall des gesetzlichen Verwendungsverbotes von Personalinformationssystemen. Gleiches müßte für eine Regelung gelten, die Kreditvermittlern den Zugang zur Schufa verwehrt 51 • Die Stufentheorie stellt demnach stets nur einen Ausgangspunkt und eine Argumentationshilfe für die verfassungsrechtlich Prüfung der Verhältnismäßigkeit i. e. S. dar; sie darf nicht als eine Prüfungsautomatik für die verfassungsrechtlich~ Beurteilung gesetzgebenscher Maßnahmen auf dem Feld der Berufsfreiheit mißverstanden werden 52• Wenn bisher als Grund für eine Beschränkung der Berufsfreiheit nur Allgemeinwohlinteressen genannt wurden, so entspricht dies der Sachlage in der weitaus größten Zahl der vom BVerfG entschiedenen Fälle, in denen beispielsweise die Volksgesundheit 53, der Jugendschutz 54 oder die Vermeidung von Arbeitslosigkeit und Arbeitskräftemangel 55 als schutzwürdige Gemeinschaftsgüter anerkannt wurden. Sobald Grundrechte aber nicht mehr allein als Abwehrrechte gegen den Staat verstanden werden, sondern auch als Grundsatzregelungen für die gesamte Rechtsordnung, aus der eine staatliche Verpflichtung zum Schutz dieser Wertordnung auch unter Privaten folgen kann 56 , ist der Staat zum Schutz dieser Wertordnung auch dazu aufgerufen, Kollisionen zwischen Gundrechten verschiedener Träger zu entscheiden 57 • Es muß sich daher nicht stets um einen Gemeinwohlbelang handeln, der eine Grundrechtsbeschränkung rechtfertigt 58• Auch wenn die Herstellung eines Ausgleichs typischerweise Aufgabe des den Einzelfall entscheidenden Richters oder auch Verwaltungsbeamten ist, so ist doch der Gesetzgeber BVerfGE 77, 84 (106). BVerfGE 77, 84 (106); siehe auch schonE 11, 30 (43 f.); E 61, 291 (311). so Dörr, NJW 1988, 1049 (1052). st Siehe oben, S. 61 ff. sz Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 947; Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (12); Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (123). Ebenso J. lpsen, JuS 1990, 634 (638) trotz grundsätzlich kritischer Haltung zur Stufentheorie. Bei diesem Verständnis der Stufentheorie kann nicht von ihrem methodischen Scheitern gesprochen werden, so aber Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 70. 53 BVerfGE 7, 377 (414). 54 BVerfGE 47, 109 (116). ss BVerfGE 21, 245 (249). 56 So heute im Anschluß an BVerfGE 39, 1 (42 ff.); E 46, 160 (165) überwiegend anerkannt, vgl. nur Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 465 ff. 57 Rüfner, Festgabe BVerfG, S. 453 (454 f.). ss Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 289; vgl. auch Bleckmann, Staatsrecht li, S. 352 i. V. m. 358. 48 49

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§ 7 Die Schranken der Eigentumsgarantie

dann gefordert, wenn es um die Entscheidung einer typischen KQllision von Grundrechten verschiedener Träger geht 59. Die Zulässigkeit von Beschränkungen der Berufsfreiheit wird also in materieller Hinsicht mit Hilfe einer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten Abwägung zwischen kollidierenden Grundrechten oder zwischen Individualinteressen und Gemeinwohlbelangen gewonnen 60, wobei die Stufentheorie ein Versuch zur Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im engeren Sinn darstellt.

§ 7 Die Schranken der Eigentumsgarantie Die durch Art. 14 Abs. 1 S. l GG gewährleisteten Eigentumspositionen unterliegen ebenfalls einem Gesetzesvorbehalt, dessen Anforderungen danach differieren, ob es sich um einen Eingriff durch eine Schrankenbestimmung 61 oder durch eine Enteignung handelt.

I. Enteignung und Schrankenbestimmung als Schranken der Eigentumsgarantie l. Enteignung Eine Enteignung liegt vor, wenn der Staat einem bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis eine konkrete Eigentumsposition vollständig oder teilweise entzieht62. Sie kann direkt durch ein Gesetz erfolgen (Legalenteignung) oder durch Verwaltungsmaßnahmen aufgrund eines Gesetzes (Administrativenteignung)63. Durch dieses an den sog. klassischen Enteignungsbegriff64 angelehnte Verständnis kommt der Enteignung nur ein relativ kleines Anwendungsfeld zu. Insbesondere ist es nicht möglich, rechtswidrige, weil unverhältnismäßige Schrankenbestimmungen in - entschädigungspflichtige - Enteignungen "umzudeuten"65. In der geltenden Informationsordnung kann keine Enteignung gesehen werden. Anderes würde aber gelten, wenn die Forderung der Gewerkschaften nach einem völligen Verbot von Personalinformationssystemen 66 Gesetz würde, 59 Rüfner, Festgabe BVerfG, S. 453 (472 f.). 60 Siehe Tettinger, AöR 108 (1983), S. 92 (124). 61 Auf die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen der Inhaltsbestimmung, durch die überhaupt erst festgelegt wird, was Eigentum i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG ist, und der Schrankenbestimmung wurde bereits oben, S. 24 ff. hingewiesen. 62 BVerfGE 52, 1 (27); E 58, 300 (330, 331); E 74, 264 (280). 63 BVerfGE 58, 300 (330 f.). 64 Dazu s. beispw. Maurer, FS f. Dürig (1990), S. 293 (295 f.). 65 BVerfG 52, 1 (26 ff.). 66 Siehe oben Fn. 37.

I. Enteignung und Schrankenbestimmung

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da in diesem Fall dem Unternehmer das Eigentum an dem entsprechenden Software-Programm, durch ein vollständiges Nutzungsverbot entzogen würde. Ebenso würde für einen Unternehmer, der in seinem Gewerbebetrieb die Verarbeitung von Personaldaten mittels computergestützter Personalinformationssysteme im Auftrag anderer Unternehmen betreibt, eine Enteignung vorliegen. Durch ein Nutzungsverbot von Personalinformationssystemen würde dem Gewerbebetrieb ein erheblicher Teil seiner Substanz entzogen, nämlich die die Grundlage des Betriebes bildende Software. Eine Enteignung ist nur rechtmäßig, wenn sie zum Wohl der Allgemeinheit geschieht und zugleich das enteignende Gesetz Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. 2. Schrankenbestimmung Unter einer Schrankenbestimmung wird demgegenüber in Übereinstimmung mit der Begrifflichkeit bei anderen Grundrechten 67 die abstrakte und generelle Festlegung von Pflichten 68 des Eigentümers verstanden. Die inhaltlichen Anforderungen an ein schrankenziehendes Gesetz ergeben sich nach allgemeiner Meinung wiederum aus dem Übermaßverbot 69 und wie im Rahmen der Berufsfreiheit läßt das BVerfG dem Gesetzgeber bei der Beurteilung der Eignung und der Erforderlichkeil einen weiten Spielraum 70, so daß der Schwerpunkt der Kontrolle auch hier bei Prüfung der Angemessenheil - also der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn - liegt. An dieser Stelle muß ein Ausgleich zwischen den ,,Eckpunkten" der Privatnützigkeit des Eigentums der Bestandsgarantie- und dem in Art. 14 Abs. 2 GG festgelegten Sozialpflichtigkeitsgebot als der maßgeblichen Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips im Bereich der Eigentumsordnung 71 gefunden werden 72• In der Entscheidung BVerfGE 37, 132 (140) spricht das BVerfG sogar von einem "dialektischen Verhältnis zwischen verfassungsrechtlich garantierter Freiheit des Eigentums und dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung". Demgegenüber vertritt J. Chlosta die Auffassung, daß die Inpflichtnahme des Eigentümers nur in einem scheinbaren Gegensatz zum Freiheitscharakter des Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 290. Die Festlegung von Rechten gehört dagegen nach dem hier zugrundegelegten Verständnis grundsätzlich zur Inhaltsbestimmung. 69 Vgl. nur BVerfGE 76, 220 (238). 1o Gegen eine Erforderlichkeitsprüfung überhaupt ist Breuer, Bodennutzung im Konflikt, S. 25 ff. und 33. 71 Bleckmann, Staatsrecht II, S. 928; Scholz, Entflechtung und Verfassung, S. 144; Chlosta, Der Wesensgehalt der Eigentumsgewährleistung, S. 31. 72 BVerfGE 37, 132 (140); E 50, 290 (340); E 52, 1 (29); Pierothl Schlink, Die Grundrechte, Rn. 1022; Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 306 f. 67 68

§ 7 Die Schranken der Eigentumsgarantie

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Eigentumsgrundrechts stehe, weil Eigentumsgebrauch und Allgemeinwohl in der Regel keine Gegensätze seien 73. Die Grundrechte als individuelle Freiheitsrechte wollen gerade auch die eigennützige Freiheit schützen. Selbst wenn dadurch mittelbar auch das gemeine Wohl gefördert wird, so ändert dies nichts daran, daß sich im konkreten Fall gegensätzliche Interessen gegenüberstehen. Zwar kann die Eigentumsfreiheit beschränkt werden, doch wird darin schon deutlich, daß es um entgegengesetze Interessen geht. Auch wenn man praktische Fälle von Schrankenbestimmungen betrachtet, erinnert sei nur an die Untemehmensmitbestimmung74, an Mieterschutzvorschriften 75 oder an Denkmalschutzbestimmungen76, so erweist sich die These Chlostas schnell als zu optimistisch 77 • Mit dem BVerfG ist deshalb von dem Bestehen eines grundsätzlichen Interessengegensatzes auszugehen. Bei seiner Regelung von Eigentumsschranken muß der Gesetzgeber auf der einen Seite die grundsätzliche Wertentscheidung der Verfassung zugunsten des Privateigentums beachten. Daraus folgt, daß dessen Beschränkung nur soweit gehen darf, wie es der Schutz des Gemeinwohls zwingend erfordert 78. Wenn auf der anderen Seite dem Gebot der Sozialpflichtigkeit Rechnung getragen werden muß, macht dies deutlich, daß das Wohl der Allgemeinheit sowohl den Grund der Beschränkung des Eigentums, als auch ihre Grenze darstellt 79 . Das bereits in Art. 153 WeimRVerf enthaltene Sozialpflichtigkeitsgebot, das in der Folge der Kritik an den sozialen Folgen der liberalen Wirtschafts- und Sozialordnung entstanden war 80, fügte den in der Pandektistik vernachlässigten Bezug des Eigentümers zur Gesellschaft der Eigentumsgarantie wieder hinzu 81 . In diesem Sinn sieht das BVerfG auch in Art. 14 Abs. 2 GG einen Ausdruck des durch Gemeinschaftsgebundenheit und Gemeinschaftsbezogenheit gekennzeichneten Menschenbildes des Grundgesetzes 82. Mit der Betonung der rechtlichen Bedeutung der Sozialpflichtigkeit markierte der Parlamentarische Rat 83 einen deutlichen Unterschied zur Auslegung des Art. 153 Abs. 3 WeimRVerf, welchem nach überwiegender Auffassung in der damaligen Rechtsprechung und Lehre kein normativer Gehalt zukam 84• Dennoch ist eine positive Definition der 73 Der Wesensgehalt der Eigentumsgewährleistung, S. 29. 74 Vgl. BVerfGE 50, 290 ff. 1s Vgl. BVerfGE 18, 121 ff.; E 68, 361 ff.; E 79, 292 ff. 76 Dazu Maunz I Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 366; Kröner, FS f. Geiger (1989),

s. 445 ff.

77 In diesem Sinn auch Wendt, AöR 104 (1979), 414 (457). 78 BVerfGE 20, 351 (361); ähnlich BVerfGE 37, 132 (140). 79 BVerfGE 25, 112 (118); E 50, 292 (340); E 52, 1 (29); E 79, 24 (40); zustimmend Böhmer, in: J . Baur, Das Eigentum, S. 39 (76). 80 Scheuner, in: Scheuner I Küng, Der Schutz des Eigentums, S. 1 (27). 81 Vgl. Böhmer, in: J. Baur, Das Eigentum, S. 39 (72 u. 76). 82 BVerfGE 4, 7 (15); Böhmer, in: J. Baur, Das Eigentum, S. 39 (76). 83 Siehe JöR n. F. Bd. 1 (1951), S. 147.

I. Enteignung und Schrankenbestimmung

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Sozialpflichtigkeit bisher nicht gelungen. Es handelt sich letztlich um ein Abgrenzungsproblem, das einer Konkretisierung nur aufgrund einer auf den Einzelfall bezogenen, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Abwägung zugänglich ist 85• Abgesehen von einem Ausgleich zwischen Allgemeinwohl und Privatnützigkeit kann eine Beschränkung der Eigenturnsgarantie ihren Grund auch in dem Ausgleich der Kollision von Grundrechten verschiedener Träger haben 86, die, sofern sie eine typische Kollisionslage darstellt, vom Gesetzgeber zu entscheiden ist 87• In vielen Fällen werden die kollidierenden Grundrechte Dritter aber zugleich als Fall der Sozialbindung verstanden werden können 88• Auch wenn das BVerfG dem Gesetzgeber einen relativ großen Freiraum bei der Ermittlung des Ausgleichs zwischen der Privatnützigkeit und der Gemeinwohlbindung läßt 89, haben sich im Laufe der Rechtsprechung einige Gesichtspunkte als relevant herausgestellt 90: Aus dem Gebot der Abwägung folgt, daß weder ausschließlich auf die Schwere noch auf den Zweck des Eingriffs abgestellt werden darf91 • Ebenso verbietet sich die Aufstellung einer abstrakten Rangordnung zwischen verschiedenen Interessen oder Rechtsgütern 92• Eine Abwägung erfordert vielmehr die Rücksichtnahme auch auf andere Umstände, wie beispielsweise auf Art und Ausmaß der Betroffenheit oder auf die Eigenart des vermögenswerten Rechts. Bei unvermehrbaren und unentbehrlichen Gütern dürfen die Interessen der Allgemeinheit in stärkerem Maße zur Geltung gebracht werden als bei anderen, beliebig vermehrbaren Vermögensgütern 93 • Ferner muß der Gesetzgeber der Bedeutung des vermögenswerten Rechts für den Eigentümer 94, aber auch für die Allgemeinheit 95 Rechnung tragen. Schließlich ist es - in seltenen Fällen auch denkbar, daß eine Beschränkung erst dann mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang steht, wenn sie durch eine finanzielle Entschädigung ausgeglichen wird 96.

84 Böhmer, in: J. Baur, Das Eigentum, S. 39 (76); Scheuner, in: Scheuner I Küng, Der Schutz des Eigentums, S. 1 (32).

85 Leisner, Sozialbindung des Eigentums, S. 189; ähnlich Breuer, Bodennutzung im Konflikt, S. 22. 86 Allgemein Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 317 f. 87 Stern, Staatsrecht m 1, S. 1566 ff.; Badura, FS f. Molitor, S. 1 (4, 18). 88 So beispielsweise bei gesetzlichen Mieterschutzvorschriften, dazu BVerfGE 38, 348 (370); E 37, 132 (140). 89 BVerfGE 8, 71 (80); E 21, 73 (83); E 42, 263 (294); E 50, 290 (341). 90 Vgl. Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 1025 ff. 91 Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 345 ff. 92 Nachdrücklich Mestmäker, FS f. H. Westermann (1974), S. 411 (417). 93 BVerfGE 21, 73 (82); 52, 1 (23 f.). In diese Richtung geht auch die Lehre des BGH von der Situationsgebundenheit des Eigentums, BGHZ 23, 30 (35); 80, 111 (116). 94 BVerfGE 50, 290 (340). 95 BVerfGE 37, 132 (140); E 79, 292 (302). 96 BVerfGE 58, 137 (150).

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§ 7 Die Schranken der Eigentumsgarantie

II. Institutsgarantie als Grenze für eigentumsbeschränkende Gesetze Äußerste Grenze für eigentumsbeschränkende Rechtsnormen 97 ist die in Art. 14 Abs. 1 GG neben der Bestandsgarantie enthaltene Institutsgarantie des Eigentums 98 , die alle als Eigentum anerkannten vermögenswerten subjektiven Rechte erfaßt 99• Sie verpflichtet den Gesetzgeber, einen Grundbestand von Normen zu beachten, die ein Rechtsinstitut ausformen, das den Namen des Eigentums verdient11l0, ohne daß dadurch jedoch die normative Ausgestaltung der einzelnen Eigentumspositionen geschützt wäre; vielmehr werden nur die typusbestimmenden Grundstrukturen, also die fundamentalen Grundsätze der Eigentumsordnung gewährleistet 101 • Hierzu gehören die Privatnützigkeit des Eigentums, also die Zuordnung des Eigentums zu einem Rechtsträger, der zugleich sein Nutznießer ist 102, und seine grundsätzliche Verfügungsbefugnis 103• Auf diese Weise wird durch die Institutsgarantie eine Verstärkung der subjektiven Geltungskraft der Grundrechte erreicht 104• Dies ist heute, nachdem die bei der ,,Erfindung" der Institutsgarantie im Vordergrund stehende Frage 105 der Bindung des Gesetzgebers inzwischen durch Art. 1 Abs. 3 GG entschieden ist, die hauptsächliche Bedeutung der Institutsgarantie, die jedoch bisher in noch keinem vom BVerfG entschiedenen Fall entscheidungserheblich war 106.

m. Das Verhältnis zu den Schranken der Berufsfreiheit Nun wird teilweise die Ansicht vertreten, daß bei Art. 14 GG der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von besonderer Struktur sei, weil er im Spannungsfeld zwischen der Privatnützigkeit des Eigentums und dessen Sozialpflichtigkeit stehe und der Gesetzgeber keine freie Wahl zwischen verschiedenen Zwecken habe 107• Die Berechtigung dieser Folgerung ist freilich zweifelhaft: Die Sozialpflichtigkeit verkörpert ja lediglich das Gemeinwohl, sie umschreibt nur die Anforderungen des Allgemeininteresses an das Eigentum. Die Privatnützigkeit auf der anderen Seite steht für das in Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Individualinteresse des Grund97 BVerfGE 24, 367 (389); Bleckmann, Staatsrecht II, S. 935; Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 1047. 98 Vgl. nurBVerfGE42, 263(294);Maunz/Dürig-Papier, Art. 14Rn. 11 ff.;Pierothl Schlink, Die Grundrechte, Rn. 1047; Bleckmann, Staatsrecht II, S. 935. 99 Anders noch M. Wo/ff, Festgabe für Kahl, S. 6. 1oo BVerfGE 24, 367 (389); E 31, 229 (241). 101 Maunz/Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 13; Bleckmann, Staatsrecht II, S. 935. 102 BVerfGE 31, 229 (240); E 53, 257 (290). 103 BVerfGE 31, 229 (241); Maunz/Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 14. 104 Maunz I Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 15. 10s Wo/ff, FS f. Kahl, S. 6; ferner v. Münch-Bryde, Art. 14 Rn. 31. 106 Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 1047. 107 Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 1023.

ill. Das Verhältnis zu den Schranken der Berufsfreiheit

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rechtsträgers an ungestörter Freiheitsausübung. Am Maßstab des Allgemeinwohls sind aber auch die Beschränkungen des Berufsfreiheit zu messen. Hier stehen sich bei Art. 12 GG ebenso das Individualinteresse (an unreglementierter Berufs· ausübung und Berufswahl) einerseits und das Gemeinwohlinteresse an gerade dieser Reglementierung andererseits gegenüber 108 • Beide Grundrechtsschranken bestehen materiell lediglich aus dem Übermaßverbot, mit deutlichem Schwer· punkt auf der Prüfung der Angemessenheit. Damit steht fest, daß die Eckpunkte der Abwägung im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, nämlich das Individualinteresse an ungestörtem Freiheits· genuß, und das Allgemeininteresse an der Reglementierung dieser Freiheit bei Art. 12 und Art. 14 GG übereinstimmen. Dies ist auch keine Besonderheit der hier behandelten Grundrechte, sondern eine jeder Überprüfung von grundrechtsbeschränkenden Gesetzen immanente Fragestellung. Nun wird in der Literatur 109 aber auch die Ansicht vertreten, daß Art. 12 Abs. 1 GG im Verhältnis zum Art. 14 Abs. 1 GG das stärkere Freiheitsrecht darstelie. Als Grund dafür wird in dem angeblich sehr weiten allgemeinen Gesetzesvorbehalt angesehen, dem die Eigentumsgarantie unterliege, während die Berufsfreiheit, namentlich bei Eingriffen in die Berufswahlfreiheit einen differenzierteren Schutz genieße. Die voranstehende Darstellung der Schranken des Art. 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 GG hat jedoch gezeigt, daß bei einer Trennung der inhaltsbestimmenden Normen von schrankenziehenden Gesetzen der Grundrechtsschutz des Art. 14 GG sich nicht prinzipiell von dem anderer Grundrechte unterscheidet, so daß der Ansicht, die in Art. 12 GG einen stärkeren Freiheitsschutz wegen einer intensiveren Grundrechtsprüfung erblickt, nicht zugestimmt werden kann 110• Bestätigt wird dies durch neuere Entscheidungen des BVerfG 111 , in denen Bigenturnsbeschränkungen durchaus einer detaillierten Prüfung unterzogen werden. Trotzdem könnten im Rahmen der Abwägung unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden, wie dies ja auch innerhalb der Berufsfreiheit der Fall ist mit der grundsätzlichen Differenzierung zwischen Regelungen der Berufswahl und solchen der Berufsausübung. Darin fmdet sich letztlich aber nur der allgemeine Gedanke wieder, daß mit zunehmender Intensität des Eingriffs die Rechtfertigungslast für den Gesetzgeber steigt 112• Für die Eigentumsgarantie gilt nichts anderes. Wenn sich nun Eigentum und Beruf aber tatbestandlieh überschneiden 113, korrespondiert auf der Seite des betroffenen Grundrechtsträgers das Interesse an 108 109 110 111

112 113

BVerfGE 13, 97 (105); E 18, 353 (362); E 23, 50 (56).

Leisner, JZ 1972, 33 (34). Ebenso Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 290.

BVerfGE 52, 1 ff.; E 68, 361 ff.; E 79, 292 ff. S. oben, S. 79 f.; ferner Friauf, JR 1970, 215 (216). Dazu oben, S. 29 f.

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§ 8 Zur Methode der Verhältnismäßigkeitsprüfung

privatnütziger Eigentumsverwendung mit dem durch Art. 12 GG geschützten Interesse an ungestörter Wahrnehmung der Berufsfreiheit, die durch einen Grund des allgemeinen Wohls eingeschränkt werden. Dies spricht dafür, daß die Schranken beider Grundrechte im wesentlichen übereinstimmen und nur in Randbereichen Unterschiede bestehen, so beispielweise, was die Kompensation von Eingriffen durch eine Geldentschädigung angeht, wie sie bei Art. 14 GG in Ausnahmefällen möglich ist. Außerdem ist es denkbar, daß eine Grundrechtsbeschränkung erst dadurch ein mit der Wahrung öffentlicher Belange nicht mehr begründbares Maß erreicht, daß man die Freiheitsgewährleistungen beider Grundrechte nicht getrennt, sondern zusammen betrachtet 114• Auch wenn es demnach keine automatische Gleichstellung beider Schrankenvorbehalte nicht geben kann 115, kann der Äußerung des BVerfG im Mitbestimmungsurteil, daß die verfassungsrechtliche Beurteilung unter dem Aspekt des Art. 12 Abs. 1 GG "im Prinzip" keine andere sein könne als unter dem des Art. 14 Abs. 1 GG 116, gefolgt werden. Typischerweise werden die Schranken der beiden Grundrechte daher insoweit übereinstimmen, daß eine Regelung, die in beide Schutzbereiche gleichzeitig eingreift, für beide Grundrechte einheitlich beurteilt werden kann.

§ 8 Zur Methode der Verhältnismäßigkeitsprüfung Beschränkungen sowohl der Berufs- wie der Eigentumsfreiheit sind demnach nur dann verfassungsgemäß, wenn sie einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen dem grundrechtlich festgelegten Freiheitsbereich und den für dessen Beschränkung sprechenden Gründen des Gemeinwohls oder des Ausgleichs mit kollidierenden Verfassungswerten oder Grundrechten Dritter schaffen.

114 Ausführlich Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 360 ff.; Bleckmann, Staatsrecht ll, S. 393, 394; Rüfner, Festgabe BVerfG, S. 453 (476). 115 Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 142. tt6 BVerfGE 50, 290 (365); ebenso Scholz, NJW 1986, 1587 (1589); Papier, NJW 1987, 988 (994); unklar Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. 1 (26), der der Ansicht ist, das die "eklatante Fehlentscheidung" des Vorprüfungsausschusses des BVerfG (NJW 1986, 1601; dazu schon oben, S. 30) zeige, daß dies nicht zutreffe. Die - berechtigte Kritik an dieser Entscheidung ist jedoch nicht primär eine Frage des Verhältnisses von Schutzbereich und Schranken der Art. 12 und 14 GG zueinander. Im Widerspruch zum Mitbestimmungsurteil (BVerfGE 50, 290 ff.) steht nicht nur die Ablehnung der Einschlägigkeil des Schutzbereiches des Art. 14 Abs. 1 GG, sondern auch die fehlende Erörterung der Frage der betrieblichen Mitbestimmung unter dem Gesichtspunkt des Art. 12 Abs. 1 GG. Das Mitbestimmungsurteil stellt ja auch für dieses Grundrecht auf das Verbleiben des Letztentscheidungsrechts bei den Anteilseignern ab, um die Verfassungsmäßigkeit des MitbestG 1976 zu begründen (BVerfGE 50,290 (365)). Deshalb ist nicht ersichtlich, daß der Beschluß des Vorprüfungsausschusses zu einer anderen Bewertung des Verhältnisses zwischen Art. 12 GG und Art. 14 GG führen muß.

§ 8 Zur Methode der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Das Gebot der Verhältnismäßigkeit muß von dem Grundsatz der praktischen Konkordanz unterschieden werden. Dieser aus dem Prinzip der Einheit der Verfassung hergeleitete Grundsatz zielt auf die Herstellung eines optimalen Ausgleichs zwischen verschiedenen kollidierenden Verfassungswerten, insbesondere zwischen kollidierenden Grundrechten 117• Sein Anwendungsfeld sind Fälle, in denen es um die Auslegung einer mit einem Interpretationsspielraum ausgestatteten gesetzlichen Regelung, insbesondere einer Generalklausel, geht 118. Hier muß der den Einzelfall entscheidende Richter oder Verwaltungsbeamter versuchen, die kollidierenden Verfassungswerte und Grundrechte innerhalb der vom Gesetzestext gezogenen Grenzen in einen optimalen Ausgleich zu bringen. Dieses Ziel muß zwar auch vom Gesetzgeber angestrebt werden 119, doch kann das BVerfG, ohne sich die Stellung eines Ersatzgesetzgebers anzumaßen, nicht bis ins Letzte überpriifen, ob tatsächlich das Optimum erreicht wurde. Zutreffend gesteht es daher dem Gesetzgeber bei der Schaffung eines Ausgleichs zwischen kollidierenden Verfassungsrechtsgütern einen nicht unbeträchtlichen Spielraum zu 120 und stellt die Verfasssungswidrigkeit eines Gesetzes erst dann fest, wenn die Beeinträchtigung eines Rechtsgutes oder Grundrechts zu Gunsten eines anderen nicht mehr verhältnismäßig ist 121 • Dariiberhinausgehendes ist eine rechtlich nicht kontrollierende Frage der (Rechts-)Politik122. Bei der Überpriifung der Verfassungskonformität von Gesetzen ist also allein der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (im weiteren Sinne) anwendbar, als dessen entscheidender Kontrollmaßstab sich wegen der Weite des dem Gesetzgeber bei der Beurteilung der Eignung und der Erforderlichkeil zugestandenen Spielraums das Gebot der Verhältnismäßikeit im engeren Sinn, der Grundsatz der Proportionalität entwickelt hat. Demgegenüber lehnt Schlink 123 das Abwägen von Interessen der Allgemeinheit mit solchen des einzelnen Grundrechtsträgers, also die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßikeit im engeren Sinn, als inhaltlichen Maßstab für grundrechtsbeschränkende Gesetze als methodisch verfehlt und gescheitert ab. Nach seiner Ansicht sollen Gesetze im Hinblick auf ihre Verfassungsmäßigkeit nur daraufhin überpriift werden, ob sie einen legitimen Zweck verfolgen, geeignet Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 72. 118 So deutlich Langheineken, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 31. 119 Grabitz, AöR 98 (1973), 568 (577); Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 321, Fn. 42 a. E. 120 Zustimmend Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 320. 121 Wendt, AöR 104 (1979), 414 (457); ferner Grabitz, AöR 98 (1973), 568 (576, dort vor allem auch Fn. 40). Unklar Schnapp, Jus 1983, 850 (852), der den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wohl mit der Wechselwirkungslehre und damit mit dem Prinzip der praktischen Konkordanz gleichsetzt. 122 Ausführlich zur Frage des gesetzgebensehen Gestaltungsfreiraums, H. Schneider, Festgabe BVerfG, S. 390 (396 ff.). 123 Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 51, 201 f. 117

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§ 8 Zur Methode der Verhältnismäßigkeitsprüfung

und erforderlich sind und eine verfassungsrechtliche Mindestposition (im Sinne des Wesensgehaltes, Art. 19 Abs. 2 GG) achten 124• Es liegt auf der Hand, daß einer so gestalteten verfassungsgerichtlichen Gesetzeskontrolle nur eine sehr geringe Effektivität zukommen würde 125• Da diese Kriterien abgesehen von der -nur in den seltensten Fällen relevant werdenden-Wahrungeiner verfassungsrechtlichen Mindestposition, von dem spezifischen Gewährleistungsgehalt eines bestimmten Grundrechts unabhängig sind, ist außerdem ein Berücksichtigung der Besonderheiten einzelner Grundrechte nicht möglich 126• Genau dies ist aber notwendig, um eine Nivellierung der Grundrechte in Richtung auf ein einziges einheitliches Freiheitsrecht mit einem einheitlichen Gesetzesvorbehalt, die dem System des Grundrechte nicht gerecht werden würde, zu verhindem 127• Während die spezifisch verfassungsrechtlichen Abhandlungen sich primär mit dem Geltungsgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und seiner Wirkung im Verfassungsrecht und im einfachen Recht beschäftigen 128 und dabei zwar auch auf einzelne für die Abwägung bedeutsame Kriterien hingeweisen, fehlt es ihnen doch an einer systematischen Darstellung, die den Abwägungsvorgang durchschaubarer machen und damit zugleich die Rationalität 129 der aufgrund der Verhältnismäßigkeitsprüfung erlangten Entscheidung steigern würde. Zum Ausgleich dieses Defizits bietet sich ein Rückgriff auf die Interessen- und Wertungsjurisprudenz an, die sich nicht nur als Überwindung der Begriffsjurisprudenz, sondern auch als Methode zur Ausfüllung von Lücken im Gesetz oder zur Behebung von Zweifeln bei der Auslegung verstand 13°. Ausgehend von der Prämisse, daß ein Rechtsgebot durch Interessenwirkung entstehe, andererseits aber auch einen Interessenkonflikt entscheide 131 und der Richter seine Entscheidung, sofern sie nicht unmittelbar vom Gesetz vorgegeben sei, in einer Gegenüberstellung und Abwägung der beteiligten Interessen finden müsse, bei der er an die vom Gesetzgeber im dem betroffenen Rechtsgebiet vorgegebene Bewertung gebunden sei 132, war es notwendig, den zu entscheidenden Interessenkonflikt präzise herauszuarbeiten 133. 124 Sehlinie, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 192 ff. Das Kriterium der Legitimität des Zweckes erlangt dabei aber nur Ausnahmefällen Bedeutung, da als legitim alle vom Grundgesetz nicht verbotenen Zwecke angesehen werden. 125 Wendt, AöR 104 (1979), 414 (455 ff.); ablehnend auchPieroth, Arbeitnehmerüberlassung unter dem Grundgesetz, S. 72: Der Vorschlag, das Vehältnismäßigkeitsprinzip entfallen zu lassen, gebe "bereits gesichertes Terrain unnötigerweise preis". 126 Wendt, AöR 104 (1979), 414 (449). 127 Wendt, AöR 104 (1979), 414 (424 ff.; 438 ff.). 128 Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht; Hirschberg, Der Grundsatz der Verhaltnismäßigkeit; Langheineken, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Grabitz, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Rechtsprechung des BVerfG, AöR 98 (1973), S.568. 129 Zur Forderung nach Rationalität als Gebot der Rechtsstaatlichkeit, H. Schneider, Festgabe BVerfG, S. 390 (391). 130 Heck, DJZ 1905, Sp. 1141; vgl. ferner Zippelius, Wertungsprobleme, S. 64 ff. 131 Heck, Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, S. 167.

§ 8 Zur Methode der Verhältnismäßigkeilsprüfung

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Auch wenn es vorliegend weder um Lückenfüllung noch um Gesetzesauslegung im strengen Sinn geht, so ist die von den Anhängern dieser Schule entwikkelte Methode zur Herausarbeitung der miteinander in Konflikt stehenden Interessen und ihrer Gewichtung und Abwägung in gleicher Weise für verfassungsrechtliche Abwägungsprobleme verwendbar. Nun wird teilweise die Ansicht vertreten, daß der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von der Interessenahwägung zu unterscheiden sei. Bei letzterer seien beide ,,Eckpunkte" beweglich, während sich der Grundsatz der VerhältDismäßigkeit durch eine Zweck-Mittel-Relation auszeichne, bei der der Zweck festgelegt sei und es daher nur noch um eine Anpassung des Mittels gehe 134• Dies ist zwar zutreffend, bedeutet aber keinen entscheidenden Unterschied 135: Muß das Mittel, die Beschränkung des einen Grundrechts, in einem angemessenen Verhältnis zu dem von der gesetzlichen Regelung angestrebten Zweck stehen, dann ist das Ergebnis ganz wesentlich davon abhängig, wie bedeutsam ein Zweck ist, welches Gewicht ihm also zukommt. Die Interessenjurisprudenz und die auf ihr aufbauende Wertungsjurisprudenz haben sich nun darum bemüht, diese Entscheidung zu systematisieren und können daher auch für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit herangezogen werden. Auszugehen ist daher von einer Unterteilung der Abwägung in drei Schritte 136: Zunächst gilt es, durch eine sorgfältige Analyse der Sachverhalts die einschlägigen Gesichtspunkte für die Abwägung herauszufinden. Bereits an dieser Stelle müssen sachfremde Erwägungen und bloße Scheinargumente ausgeschieden werden. Anschließend sind in einem zweiten Schritt die herausgearbeiteten Interessen zu bewerten und schließlich erfolgt als dritte Stufe die Gewichtung und die eigentliche Abwägung der Interessen, die sich in der Bewertung als schutzwürdig herausgestellt haben 137. Es kann nicht geleugnet werden, daß die Bewertung und die Abwägung im Verfassungsrecht auf erhebliche Schwierigkeiten treffen können, da sie sich zur Abwehr subjektiver Einschätzungen des Richters primär an den im gesetzten Recht enthaltenen Werturteilen 138 orientieren müssen 139 • Die Verfassung ist aber Heck, Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, S. 173 ff. Heck, Interessenjurisprudenz, S. 13 f. 134 Langheineken, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 4. m Nach Pieroth, Arbeitnehmerüberlassung unter dem Grundgesetz, S. 70, sind Verhältnismäßigkeit und Güterahwägung identisch. Ausführlich dazu Hirschberg, Der 132 133

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 83 ff. 136 Hubmann, Methode der Abwägung, in: ders., Wertung und Abwägung im Recht, S. 145 (149 f.); Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (284 mit Fn. 274 und folgende Seiten). 137 Ausführlich dazu Hubmann, Die Methode der Abwägung, in: ders., Wertung und Abwägung im Recht, S. 145 (149 ff.); so auch der Gedankengang Wendts, AöR 104 (1979), 414 (458). 138 Unterschied zur sog. Freirechtsschule, s. dazu Köhler, Rechtsgeschichte, S. 201 f. 139 Heck, DJZ 1905, Sp. 1142; vgl. auch Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (289).

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§ 8 Zur Methode der Verhältnismäßigkeitsprüfung

notwendigerweise auf die Regelung grundlegender Fragen der staatlichen Ordnung beschränkt, während ihre dem einfachen Recht übergeordnete Stellung es zugleich verbietet, dessen Wertungen zu übernehmen. Anhaltspunkte für eine systemimmanente Bewertung und Gewichtung der spezifischen Gewährleistungsgehalte werden sich häufig aus der von der betroffenen Grundrechtsnorm wahrgenommenen Funktion und ihrem entstehungsgeschichtlichen Hintergrund entnehmen lassen. Damit ist auch eine Nivellierung, wie Schwabe sie als Folge der Prüfung der grundrechtsbeschränkenden Gesetze am Übermaßverbot diagnostiziert 140, nicht zu befürchten. Nachdem die grundsätzlich als schutzwürdig anerkannten Interessen auf die geschilderte Weise gewichtet wurden, ist in die Phase der Abwägung der gegeneinander stehenden Interessen einzutreten. Hier stellen sich Fragen nach der Intensität der beeinträchtigten und geförderten Rechtsgüter, der Größe und Wahrscheinlichkeit der ihnen drohenden Gefahren, der Aktualität der Güter oder Interessen im betroffenen Fall. Ferner sind von Bedeutung der Rang der Interessen für den einzelnen oder die Allgemeinheit, die Folgen des Eingriffs, die Bedeutung als Grundlage für andere Werte und eine mögliche Interessenhäufung 141 • Diese Abwägungskriterien werden in ihrer Allgemeinheit nicht in Zweifel gezogen; sie entsprechen allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen. In der konkreten Anwendung lassen sich die Antworten auf diese Fragen aber häufig nicht aus der Verfassung ableiten, vielfach kommen sie ohne ein bestimmtes Wertverständnis nicht aus 142• Daran muß auch der Versuch HubTTUJnns scheitern, mathematische Operationen wie Addition, Subtraktion oder Multiplikation für die Interessenabwägung fruchtbar zu machen 143• Ob zwei Interessen zueinander im Verhältnis 2:1 stehen oder ob ihr Verhältnis nicht vielleicht umgekehrt 1:2 beträgt, kann nicht anders als unter Rückgriff auf eine Wertung entschieden werden. In seiner ausführlichen Untersuchung über"Wertungsprobleme im System der

Grundrechte"legtZippelius überzeugend dar, daß ein Richtmaß für die Wertungs-

entscheidung nicht aus philosophischen Lehren 144 entnommen werden könne, sondern nur der herrschenden Rechtsmoral 145, die sich allerdings wandeln 146 und auch von Minderheiten verfälscht 147 werden könne. Für die Feststellung der in der Gemeinschaft herrschenden Rechtsmoral ergäben sich Anhaltspunkte aus besonderen Wertproklamationen (z. B. in Grundrechtsartikeln), aus dem einfaSchwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 445 f. Diese und weitere Kriterien nennt Hubmann, Grundsätze der lnteressenabwägung, in: ders., Wertung und Abwägung im Recht, S. 1 (16 ff.). 142 Zippelius, Wertungsprobleme, S. 77. 143 Hubmann, Die Methode der Abwägung, in: ders., Wertung und Abwägung im Recht, S. 145 (152 ff.) 144 Zippelius, a. a. 0., S. 91 ff. (Zusammenfassung aufS. 113). 145 Zippelius, a. a. 0., S. 131 ff. 146 Zippelius, a. a. 0., S. 158 ff. 147 Zippelius, a. a. 0., S. 181 ff. 140 141

§ 8 Zur Methode der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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eben Recht, den guten Gepflogenheiten der Gemeinschaft, den Rechtsgrundsätzen der Rechtssprechung, sowie aus den Medien 148• Bei kontrovers diskutierten Themen trifft die Feststellung einer herrschenden Rechtsmoral jedoch auf erhebliche Schwierigkeiten. Berücksichtigt man aber, daß es im vorliegenden Fall nur um die Überprüfung der Verfassungskonformität von Gesetzen geht, so stellt sich das dargestellte Gewichtungsproblem wegen des gesetzgebensehen Gestaltungsfreiraums nicht in voller Schärfe 149• Die differenzierte Herausarbeitung und Gegenüberstellung der Interessen soll vor allem auch einseitigen Betrachtungsweisen entgegenwirken und die Gefahr bannen, daß die Entscheidungen von Rhetorik, falschem Pathos und modischen Zeitgeist beeinflußt werden.

148 149

Zippelius, a. a. 0., S. 151 ff. In diesem Sinn auch Wendt, AöR 104 (1979), S. 414 (457).

4. Kapitel

Die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe in die Berufs- und Eigentumsfreiheit durch die privatrechtliche Informationsordnung § 9 Die Eignung und Erforderlichkeit dieser Eingriffe Wie bereits ausgeführt, ist eine Regelung schon dann i~ verfassungsrechtlichen Sinne geeignet, wenn sie den mit ihr verfolgten Zweck fördert, auch ohne ihn zu erreichen. Sie darf also nur nicht gänzlich ungeeignet sein. Die Erforderlichkeil ist zu bejahen, wenn es kein anderes Mittel gibt, das den gesetzgebensehen Zweck in ebenso effektiver Weise verwirklicht und zugleich weniger einschneidend ist. Die Beurteilung der Eignung und der Erforderlichkeil grundrechtsbeschränkender Gesetze kann also nur in Relation zum jeweiligen Zweck geschehen, dessen Wahl als in der Autonomie des Gesetzgebers stehend hinzunehmen ist 1; von vornherein ausgeschlossen ist nur die Verfolgung von dem Grundgesetz widersprechenden Zielen. Durch eine hinreichend weite Zweckbestimmung hat der Gesetzgeber es also in der Hand, eine Regelung geeignet und erforderlich sein zu lassen, so daß diesen Elementen des Übermaßverbotes bei der Prüfung der Verfassungskonformität eines Gesetzes nur eine untergeordnete Rolle zukommt.

I. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) 1. Der Zweck der BDSG

Nach der Formulierung des § 1 Abs. 1 BDSG liegt der Gesetzeszweck des BDSG darin, "den einzelnen davor zu schützen, daß er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird" 2• Daraus wird aber- gefördert durch die Zusammenfassung von dem öffentlichen und dem privaten Recht unterliegenden Regelungssachverhalten in Zu einer engeren Zweckbestimmung s. oben, S. 78. Vgl. ferner die Begründung zu§ 26 Abs. 3 des Regierungsentwurfes (BundesratsDrucks. 618/88, S. 131), der im Kern mit dem Gesetz gewordenen § 28 Abs. 3 BDSG übereinstimmt. I

2

I. Bundesdatenschutzgesetz

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einem Gesetz 3 - nicht deutlich, ob es um den Schutz des zivilrechtliehen Allgemeinen Persönlichkeitsrechts geht oder ob der Gesetzgeber sich auch für den privaten Bereich ein Grundrecht als geschütztes Rechtsgut vorstellt. Bereits die Regelungstechnik eines grundsätzlichen Verbots läßt darauf schließen, daß das Gesetz nicht den Schutz eines gegenständlich verkörperten Persönlichkeitsbereichs bezweckt, wie es dem zivilrechtliehen Allgemeinen Persönlichkeitsrechts entsprechen würde 4 • Bestätigt wird dies durch die Begründung eines Vorentwurfs zum neuen BDSG, des sog. Regierungsentwurfs 5, der bereits eine gleichlautende Vorschrift über den Gesetzeszweck enthielt. Auch dort wird das Persönlichkeitsrecht als Grundrecht verstanden, welches das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einschließe 6• Die Entwurfsbegründung 7 beruft sich dabei auf das Volkszählungsurteil, in dem das BVerfG erstmals ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus dem in Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Persönlichkeitsrecht abgeleitet hatte 8• Die Erstreckung des grundrechtlich verbürgten Persönlichkeitsrechts und des daraus abgeleiteten informationeilen Selbstbestimmungsrechts auf privatrechtliche Rechtsbeziehungen wird vom Entwurfsverfasser auf die in den Grundrechten zum Ausdruck kommende Wertordnung gestützt, die "den Gesetzgeber verpflichte, das in Rede stehende Rechtsgut vor Eingriffen Dritter zu schützen" 9 - eine Formulierung, die wieder eine beträchtliche Unsicherheit darüber offenbart, welches nun eigentlich das im privaten Bereich geschützte Rechtsgut sein soll 10• Auch werden aus den statuierten nur drittwirkenden Anwendbarkeit des Gesetzes keine Konsequenzen gezogen. 3 Zur Kritik daran Zöllner, RDV 1985, 3 ff.; Drews, CR 1988, 364 (365); a. A. 0. Ma/lmann, CR 1988, 93 (95). 4 Langer, Infonnationsfreiheit als Schranke der infonnationellen Selbstbestinunung, §5BIIa.E. s Bundesrats-Drucks. 618 I 88. 6 Bundesrats-Drucks. 618 I 88, S. 101. 7 Bundesrats-Drucks. 618 I 88, S. 90 ff. Dort (S. 90) wird das Recht auf infonnationelle Selbstbestimmung aber in Abweichung von der maßgeblichen Entscheidungsveröffentlichung in der amtlichen Sammlung (anders der Vorabdruck in NJW 1984, 419 ff.) als Grundrecht bezeichnet. 8 BVerfGE 65, 1 (41 ff.); später BVerfG RDV 1988, 17 (Sicherheitsüberprüfung im öffentlichen Dienst), wo die Ableitung aus dem verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsrecht besonders deutlich wird; ferner BVerfG, NJW 1988, 2031 (Entmündigungsveröffentlichung); NJW 1988, 3009 (Schuldnerverzeichnis), hier wird das Recht auf infonnationelle Selbstbestimmung zwar nicht ausdrücklich aus dem Persönlichkeitsrecht abgeleitet, doch ergibt sich dies aus der Verweisung auf frühere Urteile. 9 Bundesrats-Drucks. 618 I 88, S. 91; kritischdazu Ehmann, RDV 1988, 169 (175 ff.). 10 Dagegen war nach dem BDSG a. F. zwar der Gesetzeswortlaut, nach dem es Aufgabe des Datenschutzes sei, "der Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange des Betroffenen entgegenzuwirken", undeutlich, doch ergab sich hier aus der Gesetzesbegründung deutlich, daß mit "schutz~digen Belartgen" der Bereich umschrieben werden sollte, der mit den ,,Begriffen Privatsphäre', Persönlichkeitsrecht' oder dergleichen" versehen wird.

7 Breitfeld

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§ 9 Die Eignung und Erforderlichkeil dieser Eingriffe

In dem von der SPD-Fraktion vorgelegten Entwurf eines Bundesinformationsschutzgesetzes wird es sogar ausdrücklich als Aufgabe des Gesetzes bezeichnet, "das Recht des einzelnen zu schützen, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner Informationen (Daten) zu bestimmen (informationelles Selbstbestimmungsrecht)"11. Sachlich dürfte aber kaum ein Unterschied zum Regierungsentwurf bestehen. 2. Eignung und Erforderlichkelt

Zur Förderung des genannten Zweckes ist das BDSG geeignet, da es die Datenverarbeitung und -nutzung nur unter besonderen Voraussetzungen, namentlich nach einer Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen des Betroffenen und der datenverarbeitenden Stelle zuläßt. Auch wenn man als Gesetzeszweck nur den Schutz des zivilrechtliehen Allgemeinen Persönlichkeitsrechts verstehen wollte und das BDSG mit seinen Regelungen über dieses Ziel weit hinausschießt, würde dies an der Eignung nichts ändern. Solange das BVerfG die Entwicklung des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Reaktion "auf die heutigen und künftigen Bedingungen der modernen Datenverarbeitung" 12 verstand, wäre es schwergefallen, die Eignung der Einbeziehung der bloßen Datennutzung in den Bereich des grundsätzlichen Informationsverbots zur Förderung des genannten Gesetzeszweckes zu begründen 13• Da das BVerfG die Bedeutung des Rechtes auf informationeile Selbstbestimmung inzwischen auch auf Fälle ausgedehnt hat, die mit einer automatischen Datenverarbeitung nichts zu tun haben 14, muß davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber sich dem anschließen wollte, mit der Folge, daß die Eignung auch für die Datennutzung zu bejahen ist. In bezug auf die Erforderlichkeil des BDSG könnte man daran denken, statt des generellen Verbotes der Datenverarbeitung und-nutzungeine generelle Erlaubnis vorzusehen, die nur in solchen Fällen entfällt, in denen das Persönlichkeitsrecht ernstlich gefahrdet oder gar verletzt wird. Die Möglichkeit einer solchen positiven Normierung dessen, was verboten ist, zeigt der Entwurf eines schweizerischen Datenschutzgesetzes 15• Die Umkehrung des Regelungsgrundsatzes geht aber nicht notwendig mit einer geringeren Eingriffsstärke einher, da bei entsprechender Ausgestaltung der Verbotsnormen eine gesetzliche Regelung trotz Beste11 § 1 des Entwurfs eines Bundesinformationsschutzgesetzes (EBISG), abgedruckt in Bundestags-Drucks. 11/3730, vgl. ferner die Begründung zu § 1 (ebd. S. 28 f.). 12 BVerfGE 65, 1 (42). 13 Siehe Ehmann, RDV 1988, 169 (171). 14 BVerfGE 78, 77; NJW 1988, 3009. IS Entwurf eines Bundesgesetzes über den Schutz von Personendaten, hrsg. vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement im Dezember 1983; dazu Ehmann, FS f. Giger, S. 129 (161 ff.).

I. Bundesdatenschutzgesetz

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hens einer generellen Erlaubnis restriktiver sein kann als eine andere, die ein grundsätzliches Verbot enthält. Bei einer materiell gleichen Regelung ist eine grundsätzliche Erlaubnis zwar aus zwei Gründen ein weniger einschneidendes Mittel: Erstens ist mit einer grundsätzlichen Erlaubnis die Überwälzung der Rechtfertigungslast von dem Datenverarbeiter auf den Betroffenen verbunden. Der Datenverarbeiter muß nicht mehr bei jeder Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten prüfen, ob einer der Erlaubnistatbestände der§§ 27 ff. BDSG einschlägig ist. Zweitens muß die mit einem grundsätzlichen Verbot verbundene Gefahr gesehen werden, daß die Erlaubnisnormen als ,,Ausnahmevorschriften" verstanden und nach einem vermeintlichen juristischen Interpretationsgrundsatz restriktiv ausgelegt werden. Hier würde eine gesetzestechnisch bedingte Regelungsweise als Wertentscheidung gegen die fragliche Tätigkeit mißverstanden. Jedoch setzt ein Scheitern eines Gesetzes an der Erforderlichkeil zusätzlich voraus, daß die alternative Regelung in gleicherWeise geeignet ist wie die, deren Verfassungsmäßigkeit in Frage steht. Es reicht nicht, wenn sie zwar auch den Zweck fordert, aber ihn weniger weitreichend verwirklicht 16• Der Schutz des von einer Datenverarbeitung Betroffenen ist nun aber größer, wenn im Streitfall nicht er die Unzulässigkeit, sondern die verarbeitende Stelle die Zulässigkeil beweisen muß. Aus diesem Grund stellt ein grundsätzliche Erlaubnis zwar ein milderes, aber kein ebenso effektives Mittel zur Förderung des gesetzgebensehen Zweckes dar, so daß die Erforderlichkeil nicht verneint werden kann. Die Beurteilung der Eignung des von den Gewerkschaften geforderten völligen Verbots von Personalsystemen 17 zum Schutz der arbeitnehmensehen Persönlichkeit ist dadurch erschwert, daß nicht ersichtlich ist, welchem Zweck es dienen soll. Die Undifferenziertheit der Forderung deutet darauf hin, daß es nicht um den Persönlichkeitsschutz geht, sonst hätten zumindest Personalinformationssysteme, die allein zu Aufgaben der Personalverwaltung (z. B. Lohnabrechnung) eingesetzt werden (können), ausgenommen werden müssen. Hier ist nämlich bereits nicht ersichtlich, inwieweit dadurch die Persönlichkeit der Arbeitnehmer tangiert werden könnte. Insoweit wäre das Verbot ungeeignet. Näherliegend ist es daher, daß durch das Verbot dem Arbeitgeber die Möglichkeit entzogen oder zumindest erschwert werden soll, eine Kontrolle über die Arbeitnehmer auszuüben, indem ihm die erforderlichen Informationen vorenthalten werden. Dazu wäre das Verbot geeignet und auch erforderlich, weil die Vorenthaltung einer Information das sicherste Mittel dagegen ist, daß aus ihnen Konsequenzen gezogen werden. An diesem Fallbeispiel wird ganz besonders deutlich, daß die Kriterien der Eignung und der Erforderlichkeil infolge ihrer Abhängigkeit vom Zweck nur ein sehr bedingt taugliches Mittel der verfasssungsgerichtlichen Kontrolle sein können. 16 11

7*

Dies vernachlässigt Brossette, Das Recht auf Wahrheit ..., S. 199. S. oben S. 81 Fn. 37.

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§ 9 Die Eignung und Erforderlichkeit dieser Eingriffe

Die Frage, ob ein spezielles Datenschutzgesetz zum Schutz vor automatischer Datenverbeitung überhaupt notwendig ist oder ob das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zumindest im Bereich der Datenverarbeitung durch nicht-öffentliche Stellen nicht auch den gleichen Zweck erfüllt, ist keine Frage der Erforderlichkeil als Element der Übermaßprüfung 18. Dieser geht es, wie gezeigt, nur um die relative Erforderlichkeil des Mittels zum Zweck. II. Betriebsverfassungsrecht 1. Das Mitbestimmungsrecht aus§ 87 Abs.l Nr. 6 BetrVG Das Mitbestimmungsrecht bei technischen Einrichtungen zur Arbeitnehmerüberwachung (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) wurde dem Betriebsrat eingeräumt, weil .,derartige anonyme Kontrolleinrichtungen stark in den persönlichen Bereich des Arbeitnehmers eingreifen" 19. Zweck der gesetzlichen Regelung ist es also, solche Eingriffe nur bei gleichberechtigter Beteiligung des Betriebsrates zuzulassen20. In der Literatur werden gleichbedeutend mit dem sehr unbestimmten Ausdruck des persönlichen Bereichs die Begriffe der ,,Persönlichkeitssphäre" bzw. des ,,Persönlichkeitsbereichs" genannt 21 . Andere sehen als geschützesRechtsgut trotz der weiten Formulierung der Gesetzesbegründung das Persönlichkeitsrecht an22, für dessen Beeinträchtigung wegen des Tatbestandsmerkmals der gegenständlichen Verkörperung 23 engere Voraussetzungen gelten. Zu betonen ist, daß nicht die Verletzung des Persönlichkeitsrechts Voraussetzung für die Einschaltung des Betriebsrates ist, die dieser ja auch gar nicht legitimieren könnte. Das Mitbestimmungsrecht ist zu verstehen als eine Vorverlagerung des Schutzes des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, indem der Betriebsrat schon vorsorglich in die notwendige sorgfaltige Interessenahwägung zur Abwehr unangemessener und damit rechtswidriger Eingriffe in den persönlichen Bereich der Arbeitnehmer eingeschaltet wird 24• Eine bedenkliche Verkürzung der Problematik ist mit der Ansicht verbunden, daß die Mitbestimmung überall dort gesichert werden solle, wo sich die Kontrolle über die Arbeitnehmer technisiere 25 • Sie birgt die Gefahr der Vernachlässigung 18 Deutlich Grabitz, AöR 98 (1973), S. 568 (574). 19 Bundestags-Drucks. Vl/1780, S. 48 f. 20

BAG AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG Überwachung, Bl. 2 R m. w. N.

21 Dietz I Richardi, BetrVG, § 87 Rn. 324; Fabricius I Kraft I Thiele I Wiese, BetrVG, § 87 Rn. 200. 22 Ehmann, FS f. Hilger I Stumpf, S. 125 (128); ders., ZfA 1986, 357 (387); Schaub,

Handbuch des Arbeitsrechts, S. 1512. 23 Dazu siehe oben S. 37 ff. 24 Ehmann, ZfA 1986, 357 (386 f.). 2S So aber Simitis, RDV 1989, 49 (50).

II. Betriebsverfassungsrecht

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des eigentlichen Grundes, weshalb der Betriebsrat bei technisierter Kontrolle mitbestimmen soll. Dieser liegt nicht in der Ausübung einer Kontrolle oder in der Technisierung bisher manuell ausgeführter Tätigkeiten, sondern im Schutz der Persönlichkeit. In gleicher Weise führt es in die Irre, den Mitbestimmungstatbestand durch "informationelle Interpretation" zum Instrument der Herstellung eines "Machtund Informationsgleichgewichts zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat" zu machen26. Die Differenzen darüber, ob der Zweck des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG in dem Schutz des Persönlichkeitsrechts oder weitergehend in dem Schutz des persönlichen Bereichs besteht, haben auf die Frage der Eignung und der Erforderlichkeit keinen Einfluß. Die Bindung der arbeitgebensehen Maßnahme an die Zustimmung des Betriebsrates verringert die Gefährdung des Persönlichkeitsrechts, da der Betriebsrat durch die Verweigerung seiner Zustimmung erreichen kann, daß die beeinträchtigende Maßnahme nicht vorgenommen werden darf. Damit wird der angestrebte Zweck des Schutzes des Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmer gefördert, so daß die Eignung zu bejahen ist. Als milderes, die arbeitgebensehe Entscheidungsfreiheit weniger tangierendes Mittel wäre an eine Regelung zu denken, die dem Recht des Betriebsrates zur Verweigerung seiner Zustimmung zu einer arbeitgebensehen Maßnahme dort eine Grenze zieht, wo keine Gefahr für das Allgemeine Persönlichkeitsrecht besteht. Da eine teleologische Interpretation aber ein solches Verständnis der§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ohnehin offenläßt27, handelt es sich hier um eine im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung der Norm zu lösende Frage 28 , nicht aber kann schon die Erforderlichkeit der Regelung mit der Folge ihrer Verfassungswidrigkeit verneint werden. Wenn es um die Frage geht, ob ein Gesetz als solches verhältnismäßig ist, muß dabei der durch verfassungskonforme Auslegung gefundene Inhalt zugrundegelegt werden. 2. Das Mitbestimmungsrecht aus § 94 BetrVG Auf den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zielt auch § 94 BetrVG ab, wenn es in der Gesetzesbegründung heißt, durch die Beteiligung des Betriebsrates solle sichergestellt werden, daß die Fragen des Arbeitgebers "auf den Umfang und die Gegenstände beschränkt werden, für die ein berechtigtes Auskunftsverlangen besteht" 29. 26 27 28 29

So Linnenkoh/, RDV 1986, 121 (130). Vgl. Ehmann, ZfA 1986, 357 (386f., 399). Näheres siehe unten S. 126 f . Bundestags-Drucks. VI /1780, S. 50.

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§ 9 Die Eignung und Erforderlichkeil dieser Eingriffe

Da in der Situation, an die dieser Tatbestand anknüpft, eine Gefahrdung des arbeitnehmefischen Persönlichkeitsrechts möglich ist und die Einschaltung einer anderen ,,Instanz" neben dem Arbeitgeber deren Verwirklichung verringert, ist § 94 BetrVG geeignet und erforderlich für die Verfolgung des genannten Zwekkes. Gleiches gilt für § 94 des Entwurfs der SPD-Fraktion zur Reform der Betriebsverfassung (im folgenden EBetrVG)3°, auch wenn er eine stärkere Einschränkung der Informationserhebungs- und -verwendungsfreiheit als das geltende Recht enthält. 3. Reformvorstellungen

Deutlich ausgedehnt wurde das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates im SPD-Entwurf zur Änderung des BetrVG (EBetrVG), der diese vor allem im Hinblick auf die "zentrale Problematik" der Einführung und Anwendung neuer Technologien fortentwickeln möchte 31 • Die Ähnlichkeit des § 87 a Nr. 4 EBetrVG mit dem gegenwärtig geltenden § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, auch wenn er nur solche technische Einrichtungen erfassen soll, die nicht EDV-Grundlage arbeiten 32, spricht dafür, daß er den

Schutz der Persönlichkeit der Arbeitnehmer bezweckt. Die Nr. 3 soll vor einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange der Arbeitnehmer schützen 33, dient also, wie die Übereinstimmung mit den datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbeständen im Sinne des zur Zeit der Vorstellung des Entwurfs noch geltenden BDSG a. F. (bzw. des EBDSG der SPD-Fraktion 34) nahelegt, wie dieses dem Schutz der Privatsphäre und des Persönlichkeitsrechtes 35• Daher kann in bezug auf die Eignung und die Erforderlichkeil auf das dazu Gesagte verwiesen werden.

Weitergehend räumt § 87 a Nr. 2 EBetrVG dem Betriebsrat gleichberechtigten Einfluß auf die (informations-)technologische Gestaltung des Betriebes ein, indem er die Mitbestimmungspflichtigkeit der Einführung, Anwendung und Änderung technischer Einrichtungen und Verfahren, die geeignet sind; Daten oder Signale aufzunehmen, zu erfassen, zu speichern, zu verändern und zu übermitteln, anordnet. Mit diesem Tatbestand wird dem Betriebsrat ein Mitentscheidungsrecht auch für solche Sachverhalte eingeräumt, denen es an einer Beziehung zu Arbeitnehmerdaten fehlt. Beispielsweise würde die Erfassung von Kundendaten hierunter fallen, vor allem aber auch rein betriebswirtschaftliche oder technische Daten, die keine Personenbezogenheil oder auch nur -beziehbarkeit aufweisen, so daß Zweck dieser Vorschrift also nicht mehr der Schutz arbeitnehmenscher PersönBundestags-Drucks. 11 I 2995. Vgl. Bundestags-Drucks. 11 I 2995, S. 1. 32 In Abgrenzung zu § 87 a Nr. 2, vgl. Bundestags-Drucks. 11 I 2995, S. 48 zu § 87 a Nr.4. 33 Bundestags-Drucks. 11 I 2995, S. 48 zu § 87 a Nr. 3. 34 Bundestags-Drucks. 11 I 3730. 35 Bundestags-Drucks. 7 I 1027, S. 22 zu§ 1. 30 31

I. Interessenfeststellung

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lichkeitsrechte sein kann; dazu wäre sie auch nicht erforderlich. Der Zweck besteht vielmehr darin, dem Betriebsrat überhaupt Einfluß auf die (informations)technologische Gestaltung des Betriebes einzuräumen, der zum Schutz der Arbeitnehmer vor Rationalisierung und drohendem Arbeitsplatzverlust 36, zur Investitionskontrolle und letztlich zur Herstellung eines Machtgleichgewichts zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber auf unternehmenscher Ebene eingesetzt werden kann. Daß die Einräumung des Mitbestimmungsrechtes zur Förderung dieser Ziele geeignet ist, läßt sich nicht von der Hand weisen. Auch die Erforderlichk:eit muß bejaht werden, da ein milderes Mittel, das diese Ziele mit gleicher Effektivität erreichen würde, nicht ersichtlich ist. Eine Bewertung des von der gesetzlichen Regelung verfolgten Zweckes steht an dieser Stelle nicht in Frage. Nur offensichtlich den Wertungen der Verfassung zuwiderlaufende Zwecke müssen hier ausgesondert werden. Daß dies bei § 87 a Nr. 2 EBetrVG der Fall ist, kann aber nicht angenommen werden.

§ 10 Die Verhältnismäßigkeit i. e. S. der Eingriffe

durch die Datenschutzgesetzgebung

Das Postulat der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn bedeutet, daß die Beschränkung der Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG sich bei einer Gesamtabwägung mit den zu ihrer Rechtfertigung angeführten Gründen in den Grenzen des Zurnutbaren halten muß. Im Gegensatz zu der vorausgegangenen Erörterung von Eignung und Erforderlichk:eit beinhaltet die Abwägung die Notwendigkeit der Bewertung und Gewichtung der einander gegenüberstehenden Interessen an den sich aus dem Grundgesetz ergebenden Vorgaben.

I. Interessenfeststellung Während die Interessen des von der Informationsbeschränkung betroffenen Unternehmers/ Arbeitgebers bereits oben 37 dargestellt wurden, bedürfen diefür die Beschränkung dieser Grundrechte angeführten Belange noch der näheren Betrachtung. Auch wenn das von George Orwell in "1984" geschilderte Horrorszenario in keiner Weise für die bundesdeutsche 38 Realität zutrifft 39, so ist doch die Bedeu36

So ausdrücklich die Gesetzesbegründung, Bundestags-Drucks. -11 I 2995, S. 48 zu

§ 87a Nr. 2.

Seite 16 ff., 33 f. Die Überwachung der Bürger der ehemaligen DDR durch den Staatssicherheitsdienst kam dem schon sehr viel näher, vgl. dazu die Darstellung bei K. Stoltenberg, ZRP 1990, 460 f. 39 Hufen, JZ 1984, 1072 f.; manche ,,Killerphrasen" (Laicher, DuO 1988, 177 (179)) wie ,,Datenschatten", ,,Persönlichkeitsprofil", "gläserner Mensch" scheinen aber die Vorstellung erzeugen zu wollen, man befände sich auf dem Weg dorthin. 37

38

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§ 10 Die Verhältnismäßigkeit der Datenschutzgesetzgebung

tung des Datenschutzes als Thema der öffentlichen Diskussion in den letzten Jahren ständig gestiegen, besonders in der Folge des Volkszählungsgesetzes 1983 und des dazu ergangenen Urteils des BVerfG und erneut im Zusammenhang mit den Sicherheitsgesetzen und dem Umgang mit den Stasi-Akten in der ehemaligen DDR 40• Das Anwachsen der öffentlichen Diskussion eines Themas ist jedoch nicht notwendigerweise Zeichen eines allgemeinen Problembewußtseins in der Bevölkerung oder gar gewandelter Wertvorstellungen, sondern es kann auch durch besonderen Aktivismus einer engangierten Minorität hervorgerufen werden41. So ist es denn auch zweifelhaft, ob die vom Bundesbeauftragten für Datenschutz statuierte "Sensibilität unserer Bürger über die mit der Zunahme der Angebote moderner Technik für Telekommunikation und Datenverarbeitung wachsenden Risiken für den privaten Freiraum des Bürgers" 42 und die ,,Beunruhigung ... in ... Teilen der Bevölkerung" 43 tatsächlich in diesem Maße besteht oder ob es nicht vielleicht auch eine große Zahl von Bürgern gibt, die den Verschärfungen des Datenschutzes jedenfalls im privaten Bereich skeptisch oder ablehnend gegenüberstehen 44 • Seinen rechtlichen Niederschlag hat dieser, dem Datenschutz einen ganz besonderen Stellenwert einräumende Zeitgeist vor allem in der Entwicklung des Rechtes auf informationeHe Selbstbestimmung im Volkszählungsurteil gefunden 45 • Dessen viele fallunabhängige generelle Aussagen erleichtem es, das informationeHe Selbstbestimmungsrecht als Argument für eine Ausdehnung des Datenschutzes bei jeglichem Umgang mit personenbezogenen Daten, auch durch nicht-öffentliche Stellen, zu verwenden 46, obwohl das BVerfG mehrfach die Begrenzung seiner Ausführungen auf die zwangsweise Datenerhebung durch den Staat betonte 47. Dementsprechend wird als Gesichtspunkt, der für die Begrenzung der privaten Informationserhebung, -verarbeitung und -nutzung spreche, ganz überwiegend das informationeHe Selbstbestimmungsrecht genannt 48, das im Wege mittelbaVgl. FAZ vom 12.2.1991, S. 3; 16.2.1991, S. 5; 25.5.1991, S. 1 u. 2. 41 Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 209 ff. 42 12. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz (BfD) 1989, S. 6. 43 Parteienvortrag im Verfahren zum Volkszählungsgesetz, BVerfGE 65, 1 (3 f.). 40

44 So Fiedler, CR 1989, 131 (135). Darüber berichtet auch der BfD (12. Tätigkeitsbericht, S. 92), ebenso wie über vereinzelte Beschwerden gegen unberechtigten und übertriebenen Datenschutz (S. 8); vgl. ferner Vogelgesang, Grundrecht auf informationeile Selbstbestimmung?, S. 34 f. 45 Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 210 f. 46 So beispielsweise Schlink, Der Staat 25 (1986), 233 (245 I 246); 0. Mal/mann, CR 1988, 93 (94). 47 BVerfGE 65, 1 (44145). 48 Vgl. nur die Begründung des Regierungsentwurfs, Bundesrats-Drucks. 618 I 88, S. 90 f.; ferner § 1 Abs. 1 EBISG (Bundestags-Drucks. 11 I 3730); aus der Literatur Knott, in: Vollkommer, Datenverarbeitung und Persönlichkeitsschutz, S. 45 (61 ff.); Teske, CR 1988,670 (676); Tinnefeid I Tubies, Datenschutzrecht, S. 14 f.; Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 49 ff.; Baumann, DVBl 1984, 612 (613); 0. Mal/mann, CR 1988, 93.

II. lnfonnationelles Selbstbestimmungsrecht

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rer49 oder gar unmittelbarer 50 Drittwirkung auch auf die Rechtsbeziehungen Privater untereinander Anwendung finde. Während das Allgemeine Persönlichkeitsrecht für die Befürworter dieser Ansicht meist lediglich als ,,Mutterrecht" des Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung von Bedeutung ist und nur eine untergeordnete Rolle spielt, lehnen andere 51 eine Übertragung des informationeilen Selbstbestimmungsrechts auf privatrechtliche Beziehungen ab und sehen für diesen Bereich im Allgemeinen Persönlichkeitsrecht das eigentliche Fundament einer Rechtfertigung von Eingriffen in die Berufs- und Eigentumsfreiheit durch informationsbeschränkende Gesetzgebung.

II. Bewertung der durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geschützten Interessen Voraussetzung einer Bewertung des Rechts auf informationeHe Selbstbestimmung ist Klarheit über dessen Inhalt und Rechtsnatur. Das BVerfG umschreibt es als ,,Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen" 52• Die Ableitung aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht macht deutlich, daß das BVerfG kein neues Grundrecht erfmden - was auch seine Kompetenz überstiegen hätte 53 - , sondern das Grundgesetz im Hinblick auf von ihm gesehene neue Gefährdungen auslegen wollteS4. 1. Das Recht auf informationeile Selbstbestimmung in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung

Während das BVerfG das Persönlichkeitsrecht bis 1980 als ein im Kontext von Rechten und Gegenrechten stehendes Recht verstand, dessen Unbestimmtheit mit Hilfe der Sphärentheorie und der Entwicklung von Fallgruppen zu verringern war 55, führte es in der Eppler-Entscheidung aus: 49 Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 85 ff.; Schlink, Der Staat 25 (1986), 233 (246); Baumann, DVBI 1984, 612 (613). so Linnenkohl I Rauschenberg I Schütt/er I Schütz, BB 1988, 57 (59); 0. Mallrrumn, CR 1988, 93 (94 f.); Steindorff, Persönlichkeitsschutz im Zivilrecht, S. 12 f.; AG Neuß MedR 1991,41, welches das infonnationelle Selbstbestimmungsrecht als Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB behandelt. SI Ehmann,AcP 188 (1988),S. 230(308u. 311);Zöllner,RDV 1985,3 (13);Brossette, Der Wert der Wahrheit. .., S. 232. s2 BVerfGE 65, 1 (43). S3 Siehe P. Krause, Jus 1984, 268. S4 In diesem Sinn auch P. Krause, Jus 1984, 268; sowie Berg, in: Jehle, Datenzugang und Datenschutz in der kriminologischen Forschung, S. 30 (31); Heußner, AuR 1985, 309 (313); Hufen, JZ 1984, 1072 (1073 f.). ss So auch noch die Darstellung der geltenden Entscheidungspraxis in BVerfGE 54, 148 (153 f.).

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§ 10 Die Verhältnismäßigkeit der Datenschutzgesetzgebung

" ... (es kann) nur Sache der einzelnen Person selbst sein, über das zu bestimmen, was ihren sozialen Geltungsanspruch ausmachen soll; insoweit wird der Inhalt des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts maßgeblich durch das Selbstverständnis seines Trägers geprägt" 56.

Im Volkszählungsurteil verschmolz dieser Gedanke der Selbstbestimmung mit einer in der Soziologie entwickelten Theorie zu einem Recht des einzelnen, zu wissen, wer was wann über ihn weiß 57• Diese sogenannte Rollentheorie geht dahin, daß der Mensch nie als solcher in der Gemeinschaft auftrete, sondern stets eine bestimmte, je nach Situation unterschiedliche Rolle 58 spiele. Durch die "vom Einzelnen fortwährend zu leistende Definition (seiner) Stellung in der Gesellschaft.. 59, seiner Rolle, entfalte er seine Persönlichkeit. Weil aber für die ,,Leistung dieser Selbstdarstellung das Bild (entscheidend sei), das jemand sich von den Bildern der anderen über sich selbst macht.. 60, könne der einzelne seine Persönlichkeit nur dann frei entfalten, wenn er wisse, ob sein (möglicherweise abweichendes) Verhalten bemerkt, gespeichert oder weitergegeben werde und ihm die Entscheidung darüber verbleibe, wer was wann über ihn wissen dürfe. Ob diese Theorie wissenschaftlich begründet ist, muß offenbleiben, Ansätze dazu lassen sich jedenfalls nicht erkennen. Das BVerfG nimmt sie auch nicht als eine wissenschaftliche Theorie zur Erklärung von Phänomen und deren Zusammenhängen, sondern als eine Metaphysik bzw. metaphysische Anthropologie, die es ihm erlaubt, das Menschsein und dessen Sinnerfüllung zu begreifen. Auf der Grundlage der Rollentheorie jedenfalls zog das BVerfG die Schlußfolgerung, daß die freie Entfaltung der Persönlichkeit unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraussetze. Dieser Schutz werde von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG umfaßt61 • Es begegnet jedoch erheblichen Bedenken, eine zur Erklärung des Verhaltens von Menschen in der Gesellschaft entwickelte Theorie, die zudem an der Ungewißheit der heutigen Soziologie teilnimmt, zur Grundlage für einen rechtlichen Sollenszustand zu machen. Selbst wenn man als zutreffend anerkennt, daß der Mensch seine Rolle in der Gesellschaft selbst zu defmieren und selbst darzustellen sucht 62, und im Erfolgdavon abhängig ist, daß er den Kreis der über ihn vorhandeBVerfGE 54, 148 (155 I 156); s. auch BVerfGE 54, 208 (217). BVerfGE 65, 1 (43). 58 Bezeichnenderweise ist die ursprüngliche Bedeutung des lateinischen Wortes "persona" Maske, woran Druey, Geheimsphäre des Unternehmens, S. 29, erinnert. 59 Podlech, DVR 1976, 23 (26). 60 Podlech, a. a. 0., Hervorhebung nicht im Original. 61 BVerfGE 65, 1 (43 I 44). 62 So Luhmann, Grundrechte als Institution, S. 79; darauf bezieht sich Podlech, DVR 1976,23 (26), dessen Äußerungen vom BVerfG aufgegriffen wurden. Anders aber bspw. N. Hartmann, Das Ethos der Persönlichkeit, in: ders., Kleinere Schriften Bd. I, S. 311 (317): ,,Ein direktes Erstreben des individuellen Persönlichkeitswertes ist nicht möglich; 56 57

II. Infonnationelles Selbstbestimmungsrecht

107

nen Informationen beherrscht, ist nicht gesagt, daß er eine solche Herrschaft überhaupt erreichen kann, noch daß er ein Recht auf Zuerkennung einer solchen Herrschaft haben kann, ja nicht einmal feststellbar, daß der Erfolg seiner Existenz mit dem Gelingen der Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit zu tun hat. Davon abgesehen, daß sich in der Umkehr des Prinzips "mehr sein als scheinen" ein hohes Maß an persönlicher Eitelkeit ausdrückt, ist gar nicht zu übersehen, daß eine jede Selbstdarstellung gegenüber einem anderen - wenn sie den anderen ernstnimmt und nicht als bloßen Spiegel - darauf rechnen, ja sogar wollen muß, daß der andere das Bild nach seiner Eigenart und Vorinformation selektiv und in der Weise aufnimmt, daß nur eine Interpretation bei ihm ankommt; das gilt auch für die Gesellschaft. Schon dies zeigt, daß die Verrechtlichung eines Selbstdarstellungsrechts falsch wäre, weil der einzelne, der natürlich stets auch davon abhängig ist, wie er von anderen gesehen wird, dies durch sein Verhalten beeeinflussen mag, nicht aber dadurch, daß andere sein Verhalten nicht zur Kenntnis nehmen dürfen 63 • Im übrigen läßt sich ein solches Verständnis auch nicht mehr auf Luhmann stützen 64• Für die Schlußfolgerung, daß Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG den einzelnen gegen eine unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten schütze, hätte es der dargestellten weitschweifigen Ausführungen aber auch gar nicht bedurft. Daß eine unbegrenzte Erfassung der Person des einzelnen unzulässig ist, wurde nie abgestritten 65 und stand auch angesichts der Regelungen des Volkszählungsgesetzes gar nicht in Frage. Vor allem aber kann das Verbot unbegrenzter Erfassung der menschlichen Persönlichkeit kein Argument dafür sein, im Gegenzug jegliche Datenerhebung, -Verarbeitung und -Verwendung als Eingriff in Rechte des Betroffenen zu begreifen66. Es ist eine nicht wünschbare, sondern schreckliche Utopie, daß ein Mensch schlechterdings wissen könnte, wer, was bei welcher Gelegenheit über ihn weiß. Eine entsprechende Gesellschaftsordnung wäre nicht realisierbar; es wäre auch weder sinnvoll noch möglich, solche Offenheit im Bereich des Staatshandeins oder gar auf der Ebene des Privatrechts zu erzwingen. Man kann nicht ernsthaft verlangen, daß beispielsweise ein einer Straftat Verdächtiger von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft Auskunft darüber verlangen kann, wie weit die Ermittlungen gediehen sind, damit er ggf. noch Zeit hat, sich abzusetzen. Auf der das würde einen bewußten Kultus der eigenen Person ergeben, und es ist wohlbekannt, wie leicht ein solcher in eitles Selbstbewußtsein umschlägt und so zur gröblichen Selbstverfehlung wird." Dazu ausführlich nochmals N . Hartmann, Ethik, S. 315. Ferner P. Krause, DB-Beil. 23 I 1983, S. 1 (4): ,,Die Vorstellung, daß jemand seine Persönlichkeit definieren kann, ist offenbar unsinnig." 63 In diesem Sinn auch P. Krause, DB-Beil. 23 I 83, S. 1 (4); ferner Hans Stoll, Jura 1981, 135 (139); Brossette, Der Wert der Wahrheit. .. , S. 222, Fn. 52. 64 Vgl. Brossette, Der Wert der Wahrheit..., S. 222 f. 65 P. Krause, Jus 1984, 268 (269). 66 P. Krause, Jus 1984, 268 (270).

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§ 10 Die Verhältnismäßigkeit der Datenschutzgesetzgebung

Ebene des Privatrechts müßte eine "Gedankenpolizei a la Orwelf' 61 eingeführt werden. P. Krause 68 weist zu Recht darauf hin, daß eine Gesellschaft, in der jeder weiß, was ein anderer über ihn weiß, nicht notwendig eine freiheitliche sein muß, sondern gerade auch eine totalitäre Ordnung sein kann, in der man ganz bestimmt weiß, daß der "Große Bruder'' alles weiß. Auch die von Luhmann 69 auf das Recht übertragene soziologische Rollentheorie, auf die sich Äußerungen im Schriftum 70 zurückführen lassen, die dem BVerfG als Vorlage für seine Ausführungen gedient haben 71 , stützt nicht ein tatbestandlieh unbeschränktes Selbstbestimmungsrecht, da Luhmann 72 die Frage der Beachtung der Sozialgebundenheit des Menschen bereits im Ralunen der Eingriffsprüfung für beachtlich hält 73• Jedes andere Verständnis würde bedeuten, dem einzelnen eine Herrschaftsbefugnis über seine personenbezogenen Daten einzuräumen, die derjenigen eines Eigentümers gleichkomrnt 74• Die Konsequenz eines "lnformationseigentums", die schon deshalb abzulehnen ist, weil ein Datum eben gerade nicht lediglich einer Person zugeordnet werden kann 75, wird merkwürdigerweise gerade von denjenigen befürwortet, die das Eigentum sonst gering achten und unter Berufung auf die Sozialbindung zurückdrängen wollen. Da der Gemeinwohlbezug beim Umgang mit Information aber gerade in einem freien Informationsverkehr liegt 76, befinden sich die Vertreter des extensiven Informationsschutzes in einem seltsamen Widerspruch, den sie nicht aufklären (können). Dies alles zeigt, daß den generalisierenden und nicht fallbezogenen Aussagen des BVerfG mit Vorsicht zu begegnen ist 77, daß sie keineswegs im Sinn von Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (325). Jus 1984, 268 (270). 69 Grundrechte als Institution. 70 Podlech, DVR 1976, 23 (26, 32); Steinmüller I Lufterbeck I Mallmann I Harbort I Kolb I Schneider, Grundfragen des Datenschutzes, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums des Inneren, abgedruckt in Bundestags-Drucks. VI I 3826, Anlage 1, S. 83 ff.; C. Mal/mann, Datenschutz in Verwaltungsinformationssystemen, S. 54 ff. 71 Ebenso Ehmann, AcP 188 ( 1988), S. 230 (329 ff.); Brossette, Der Wert der Wahrheit ..., s. 219. n Dies ergeben seine Ausführungen in: Grundrechte als Institution, S. 58 f., 80; gegen ein unbegrenzte Selbstbestimmungsrecht ausdrücklich auch Benda, FS für Geiger (1974), s. 23 (34). 73 Näheres dazu siehe Brossette, Der Wert der Wahrheit ..., S. 221 ff. 74 Auch wenn diese Konsequenz vielfach nicht zugegeben wird, vgl. Podlech, DVR 1976, 23 (28). 75 Richtig BVerfGE 65, 1 (44); Zöllner, RDV 1991, 1 (8); siehe dazu auch das Beispiel von Fiedler, CR 1989, 131 (133, Fn. 8): ,,A muß wissen, was B über ihn weiß. Die Tatsache, daß A weiß, was B über ihn weiß, ist aber seinerseits eine B betreffende personenbezogene Information. Also muß B wissen können, ob A weiß, was B über ihn weiß. Seinerseits muß A aber dann auch wissen können, ob B weiß, ob A weiß, was B über ihn weiß, etc."; ferner P. Krause, DB-Beil 23 I 83, S. 1 (2): "Wissen ist eine besondere Form des Besitzes. Er wird nicht geringer, wenn er geteilt wird". 76 Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (233 f.). 67

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II. lnfonnationeiles Selbstbestimmungsrecht

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Rechtssätzen verstanden werden dürfen und zwar weder im öffentlichen noch im privaten Recht. Nichtsdestoweniger war und ist das Pathos dieser selbst für ein verfassungsgerichtliches Urteil umfangreichen allgemeinen Ausführungen Anlaß für eine Über- und Fehlinterpretation des Volkszählungsurteils durch Teile der Literatur und der Rechtsprechung. Wenn man von den allgemeinen Ausführungen aber einmal absieht, bleibt zwar der Befund eines dem Staat gegenüber bestehenden Rechts, über die Preisgabe 78 und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen, doch wird der Blick auf seine Schranken nicht durch das Pathos der allgemeinen Ausführungen verstellt. So betont das BVerfG denn auch, daß es nicht ein Herrschaftsrecht des einzelnen über seine personenbezogenen Daten anerkannt habe 79• Allerdings - und dies dürfte der Überinterpretation der allgemeinen Ausführungen in Richtung auf ein unbegrenztes Selbstbestimmungsrecht begünstigt haben - fmdet im Urteil dann keine ausführliche Prüfung der Schranken des informationellen Selbstbestimmungsrechtes statt. Dies ist jedoch dadurch bedingt, daß das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung trotz anders interpretierbarer Äußerungen des BVerfG eigentlich eine Schranke des Volkszählungsgesetzes als Schranke der durch den Erhebungszwang eingeschränkten allgemeinen Handlungsfreiheit, also eine "Schranken-Schranke" der Handlungsfreiheit ist 80 und dazu dient, das Gewicht der mit deren Beschränkung einhergehenden Einbußen näher zu bestimmen 81 • Dann kann das Volkszählungsurteil auch nicht so verstanden werden, als hätte das BVerfG vollständig Abschied von der früher von ihm vertretenen Sphärentheorie genommen 82, Bestätigt wird diese Sichtweise durch die nachfolgenden das informationeHe Selbstbestimmungsrecht betreffenden Urteile des BVerfG, in denen der eindeutige Entscheidungsschwerpunkt in einer sehr sorgfältig vorgenommenen Verhältnismäßigkeitsabwägung liegt. In dem Beschluß über die Verfassungsmäßigkeit der Sicherheitsüberprüfung im öffentlichen Dienst wird der für die Zurückweisung des Verfassungsbeschwerde maßgebliche Gesichtspunkt darin gesehen, daß der Beamte die Auskunftspflicht durch seinen freiwilligen Eintritt in das Beamtenverhältnis aus freiem Voge/gesang, Grundrecht auf informationeile Selbstbestimmung?, S. 84. Im Verhältnis zum Staat ergibt sich dies bzgl. der Preisgabe jedenfalls schon aus der allgemeinen Handlungsfreiheit, vgl. P. Krause, Jus 1984, 268 (269); Vage/gesang, Grundrecht auf informationeile Selbstbestimmung?, S. 121 . 79 BVerfGE 65, 1 (43 I 44); anders noch Meister, Datenschutz im Zivilrecht, dazu oben S. 38. 80 Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (301 ff.) und RDV 1988, 221 (225); Brossette, Der Wert der Wahrheit ..., S. 232. 81 P. Krause, Jus 1984, 268 (269 bis 271); 82 So aber Vogelgesang, Grundrecht auf informationeile Selbstbestimmung?, S. 47 ff.; Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 434; richtig dagegen Brossette, Der Wert der Wahrheit ... , S. 230 f.; Berg, inleh/e, Datenzugang und Datenschutz in der kriminologischen Forschung, S. 30 (33). 11 78

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§ 10 Die Verhältnismäßigkeit der Datenschutzgesetzgebung

Entschluß übernommen habe. Er könne sich ihr jederzeit dadurch entziehen, daß er seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beantrage 83. Im sog. Entmündigungsbeschluß wurde nach ausführlicher Erörterung der Eignung und Erforderlichkeit 84 der Veröffentlichung einer Entmündigung wegen Trunksucht oder Rauschgiftsucht ihre Unverhältnismäßigkeit mit der besonderen Schwere des Eingriffs begründet, die sich einmal aus der Gefahr der sozialen Abstempelung und der damit verbundenen Erschwerung der Resozialisierung ergebe, und zum anderen aus der Bekanntgabe an einen nicht überschaubaren Personenkreis 85•

Eine gleichfalls sehr ausführliche Übermaßprüfung erfolgte in dem Kammerbeschluß über die vorzeitige Löschung aus dem Schuldnerverzeichnis wegen Begleichung der dieser Eintragung zugrundeliegenden Schuld 86• Hier wurde darauf abgestellt, daß der Eintragung eine besondere, der Verringerung volkswirtschaftlicher Fehlentwicklungen und der Abwehr von Wirtschaftskriminalität dienende Wam- und Schutzfunktion habe, die letztlich allen Marktteilnehmern und damit der Allgemeinheit diene. Da der Schuldner es in der Hand habe, die sich aus dem Schuldnerverzeichnis ergebenden Anhaltspunkte durch eine Offenlegung seiner fmanziellen Verhältnisse zu entkräften und folglich einer Fehleinschätzung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ausgeliefert sei, sei die Verhältnismäßigkeit des§ 107 Abs. 2 KO zu bejahen. Mit diesen Entscheidungen ist das BVerfG auf seinen herkömmlichen Weg der Feststellung einer Verletzung des in Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zurückgekehrt, den es - zumindest dem Anschein nach - im Volkszählungsurteil verlassen hatte 87. 2. Die privatrechtliche Bedeutung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung

Von den auf ein unbegrenztes Selbstbestimmungsrecht hindeutenden, zumindest so interpretierbaren Aussagen des Volkszählungsurteils ging auch auf die privatrechtliche Informationsordnung ein erheblicher Einfluß aus, obwohl das BVerfG nur die Geltung des informationellen Selbstbestimmungsrechts im Verhältnis des Bürgers zum Staat behandelt hatte. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wurde mit Hilfe der generalisierenden Aussagen des BVerfG im Volkszählungsurteil und ihres Pathos' vielfach ohne hinreichendes Problembe83 84

8s 86 87

BVerfG RDV 1989, 17. BVerfGE 78, 77 (85 f .). BVerfGE 78, 77 (86 f.). BVerfG NJW 1988, 3009. Ebenso Brossette, Der Wert der Wahrheit ..., S. 234 ff.

ll. Infonnationelles Selbstbestimmungsrecht

111

wußtsein ins Privatrecht übertragen. Wenn auch zum Teil auf das Bestehen von Grundrechten der Informationen erhebenden und verwendenden Seite hingewiesen wird, fehlt doch häufig eine Reflexion über die Unterschiede zwischen der hoheitlich geregelten Beziehung zwischen Bürger und Staat und einer privatrechtliehen, auf Gleichordnungsebene angesiedelten Rechtsbeziehung. Es werden einzelne Aussagen des BVerfG aus ihren Zusammenhang gerissen 88 und als bindend auf das Privatrecht übertragen 89, selbst wenn es sich nur um obiter dicta 90 handelt. In diesem Sinn kann man verschiedentlich lesen, daß die Absage an eine Gesellschaft, in der der Bürger nicht mehr wissen könne, wer was bei welcher Gelegenheit über ihn wisse, und in der es kein harmloses Datum mehr gebe 91 , bedeute, daß jede Informationshandlung eines Bürgers über einen anderen einen Eingriff in dessen informationelles Selbstbestimmungsrecht darstelle 92• Manche wollen sogar den Gesetzesvorbehalt auf privatrechtliche Informationshandlungen übertragen 93 und betreiben einen hohen Argumentationsaufwand, um das für die Ausfüllung des Gesetzesvorbehaltes im öffentlichen Recht notwendige Allgemeininteresse in privatrechtliche Informationsbeziehungen zu transformieren 94 • Ob das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung, verstanden als ein tatbestandlieh unbegrenztes Selbstbestimmungsrecht, überhaupt unter Privaten gelten kann, ist jedoch sehr zweifelhaft. Wäre das abzulehnen, würde die Bewertung dieses für eine Beschränkung der Informationsfreiheit vorgetragenen Gesichtspunktes ergeben, daß es sich nicht um ein in privatrechtliehen Rechtsbeziehungen schutzwürdiges Rechtsgut handelt. Es könnte folglich auch in die Abwägung der für und gegen eine Beschränkung der Art. 12 und 14 GG streitenden Argumente keinen Eingang finden. Da dem informationeBen Selbstbestimmungsrecht aufgrund seiner Ableitung aus dem grundrechtliehen Persönlichkeitsrecht ebenfalls ein grundrechtlicher 88

Zöllner, RDV 1985,3 (5) spricht hier treffend von einer "Schmalspurjurisprudenz".

So bspw. die Begründung des SPD-Entwurfs eines BISG (Bundestags-Drucks. 11 I 3730, S. 27, 29). Aus der Rspr. BAG AP Nr. 9 zu§ 87 BetrVG Überwachung, BI. 5 ff.; AG Neuß, MedR 1991,41 (Abtretung einer ärztlichen Honorarforderung an privatärztliche Verrechnungsstelle nichtig wegen Verstosses gegen§ 134 BGB i. V. m. dem Recht auf infonnationelle Selbstbestimmung). 90 Zu obiter dicta im Volkszählungsurteil s. Ehmann, RDV 1988, 221 (225); Fiedler, CR 1989, 131 (132); auch Vogelgesang, Grundrecht auf infonnationelle Selbstbestimmung?, S. 84 ff. 91 BVerfGE 65, 1 (45); Steinmüller I Lutterheck I Mallmann I Harbort I Kalb I Schneider, Grundfragen des Datenschutzes, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums des Inneren, abgedruckt in Bundestags-Drucks. VI I 3826, Anlage 1, S. 148 ff.; Auernhammer, BDSG, Einf., Rn. 33. 92 Däubler, Anm. zu AP Nr. 2 zu § 23 BDSG, BI. 10 ff; Simitis, NJW 1984, 398 89

(400 f.).

93 Kritisch zu einem solchem Grundsatz ,,nullum datum sine lege" Fiedler, CR 1989, 131 (133) und Brossette, Der Wert der Wahrheit ..., S. 230 f. 94 Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 108 ff. Muß ein Privater auch dem Allgemeininteresse dienen?

112

§ 10 Die Verhältnismäßigkeit der Datenschutzgesetzgebung

Charakter zukommt, wird seine Geltung im Privatrecht und seine angeblichen Anforderungen an dieses mit einer mittelbaren 95 oder gar unmittelbaren% Drittwirkung begründet. Zum Teil wird darüberhinaus sogar die Ansicht vertreten, daß das BVerfG dem Gesetzgeber im Volkszählungsurteil eine entsprechende Schutzpflicht auferlegt habe, für deren Erfüllung manche eine Frist glauben erkennen zu können 97 • Diese Frage der Verpflichtung des Gesetzgebers kann aber erst aufgeworfen werden, nachdem eine Geltung in privatrechtliehen Rechtsbeziehungen bejaht, also die entsprechende Berechtigung festgestellt worden ist. In der Frage der Grundrechtsbindung Privater ist trotzjahrzehntelanger Diskussion noch keine Einigkeit erzielt worden. Die Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung, die in der Abwägung stets auf die Herstellung praktischer Konkordanz hinausliefe, verfügt vor allem im Arbeitsrecht noch immer über eine nicht unbeträchtliche Gefolgschaft 98, obwohl inzwischen sogar das BAG von ihr Abschied genommen hat 99• Eine unmittelbare Verpflichtung von Privatrechtssubjekten durch die Grundrechte widerspricht aber nicht nur dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 GG, sondern auch der historischen Entstehungssituation des Grundgesetzes, das nach der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft unmittelbar vom Staat zu beachtende Rechte des einzelnen festschreiben, nicht aber eine Umgestaltung des überkommenen Privatrechts bewirken wollte 1oo. Wer Grundrechte aufPrivate als Adressaten anwenden würde, der würde eine wesentliche Grundposition einer Privatrechtsgesellschaft preisgeben 101 • Auch wer, wie Gamillscheg 102, die unmittelbare Grundrechtsgeltung unter Privaten mit einem die Analogie rechtfertigenden sozialen Machtgefalle begründet und sie gleichzeitig auf diese Fälle begrenzt, beachtet nicht hinreichend, daß eine "soziale Macht" nicht an die staatliche Macht mit ihren spezifischen Zwangsmitteln des öffentlichen Rechts heranreicht 103• Für faktisch vorhandene, nicht abstreitbare Ungleichgewichtslagen bedarf es eines differenzierteren Instrumentariums als das des scharfen Schwertes der Grundrechte. Aus diesen Gründen kommt eine unmittelbare Bindung Privater an die Grundrechte nicht in Betracht. Nachweis oben Fn. 49. Nachweis oben Fn. 50. 97 So der BfD, 9. Tätigkeitsbericht, S. 6 f.; zustimmend Wohlgemuth, Datenschutz für Arbeitnehmer, Rn. 38; kritisch bspw. Fiedler, CR 1989, 131 (137). 98 Linnenkohl I Rauschenberg I Schütt/er I Schütz, BB 1988, 57 (59 f.); Gamillscheg, Die Grundrechte im Arbeitsrecht, S. 31 ff. 99 BAG GS AP Nr. 14 zu§ 611 Beschäftigungspflicht, BI. 7. 100 Canaris, AcP 184 (1984), 201 (203 ff.). 101 Zöllner, RDV 1985,3 (4); ferner P. Krause,JZ 1984, 656(658); vgl. zur Disharmonie zwischen Grundrechten und Privatrecht auch Dürig, FS f. Nawiasky, S. 159 (183 f.). 102 Die Grundrechte im Arbeitsrecht, S. 31 ff. 103 Canaris, AcP 184 (1984), S. 201 (206). 9S

96

ll. lnformationelles Selbstbestimmungsrecht

113

Auf der anderen Seite werden Grundrechte und Privatrechtsordnung von niemandem als beziehungsloses Nebeneinander verstanden. Vielmehr ist anerkannt, daß in den Grundrechten objektive Wertentscheidungen enthalten sind, die auch auf die Privatrechtsordnung Einfluß nehmen können 104• Einfallstor für grundrechtliche Wertentscheidungen sind die auslegungs-und ausfüllungsbedürftigen Normen und Begriffe des Privatrechts 105• An dieser Stelle geht es aber nicht um den Weg der Einflußnahme, sondern um die Frage, ob das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung überhaupt als rechtfertigendes Argument für ein die privatrechtliche Informationsfreiheit beschränkendes Gesetz heranziehbar ist, also um die Wirkungsweise einer grundrechtliehen Wertentscheidung im Privatrecht. Nach einer Formulierung des BVerfG 106 geben die in den Grundrechten enthaltenen objektiven Wertentscheidungen ,,Richtlinien und Impulse" für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung und beeinflußen so auch das bürgerliche Recht. An dem Ausdruck ,,Richtlinien und Impulse" wird bereits gut sichtbar, daß die Wirkungen einer objektiven Wertentscheidung nicht denen eines Abwehrrechts gleichzusetzen, sondern schwächer 107 sind. Aus der ursprünglichen Konzeption und auch heute noch primären Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte des Bürgers gegen staatliches Handeln 108 folgt, daß die auf Gleichordnungsebene wirkende Wertentscheidung zwar einen materiellen Kern der Grundrechtsnorm wahren, zugleich aber den Besonderheiten dieser Konstellation Rechnung tragen muß. Es bedarf also einer "situationsgerechten Anwendung" 109 auf das Privatrecht. Eine mittelbare Drittwirkung beinhaltet deshalb stets nur eine sinngemäße Anwendung, die den Besonderheiten des Privatrechts Rechnung trägt. Der notwendige Ausgleich ist primär Aufgabe des Gesetzgebers 110, er darf nicht einseitig von Grundrecht und dem einseitigen Interesse eines der Betroffenen gesteuert werden 111 • Gerade in bezog auf die informationeile Selbstbestimmung zeigen sich erhebliche Differenzen zum öffentlichen Bereich. Solange das Recht auf informationeHe Selbstbestimmung als ein den Staat bei seiner Informationsbeschaffung und verwendung begrenzendes Recht verstanden wird, bedeutet die Grenzenlosigkeit 104

Vgl. nur BVerfGE 7, 198 (205 f.); E 73, 261 (269); E 81, 242 (254).

1os Grundlegend BVerfGE 7, 198 (206); vgl. fernerE 73, 261 (269); E 81,242 (256);

Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 102, 212; kritisch zur Beschränkung auf Generalklauselnund ausfüllungsbedürftige Begriffe des Privatrechts Canaris, AcP 184 (1984), 201 (223 ff.). 106 BVerfGE 7, 198 (205); E 39, 1 (41); E 49, 89 (141 f.). 107 Zöllner, RDV 1985, 3 (10); Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 102. 108 Böckenförde, NJW 1974, 1529 (1537 f.). Zu dieser Grundrechtsfunktion siehe ferner C. Schmitt, Grundrechte und Grundpflichten, in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze, S. 181 (207 ff.). 109 Zöllner, RDV 1985, 3 (8). 110 P. Krause, JZ 1984, 656 (660). 111 P. Krause, JZ 1984, 711 (716). 8 Breitfeld

114

§ 10 Die Verhältnismäßigkeit der Datenschutzgesetzgebung

des Schutzbereiches (d. h. ohne eine etwaige gegenständliche Verkörperung 112) zunächst einen Freiheitsgewinn 113 für den Bürger, indem der Staat verpflichtet wird, seine personenbezogenen Informationshandlungen durch Gesetze zu rechtfertigen. Was also im Verhältnis des Bürgers zum Staat dem Freiheitsschutz dient, verkehrt sich bei einer Anwendung auf privatrechtliche Rechtsbeziehungen jedoch in sein Gegenteil, nämlich in eine Restriktion der individuellen Freiheit 114• Wenn es dem einzelnen nur dann noch erlaubt wäre zu handeln, also sich über andere zu informieren, wenn er dazu eine besondere vom Staat erteilte Erlaubnis vorweisen kann, dann bleibt von den Grundrechten zur freien Ausübung des Berufs und zur freien Wahrnehmung der Eigentümerbefugnisse nichts mehr übrig. Denn derjenige, der seine grundrechtliche Freiheit ausübt, indem er über andere Informationen erhebt, verarbeitet oder verwendet, wäre stets gezwungen, die Ausübung seiner grundrechtliehen Freiheit gegenüber dem tatbestandlieh unbegrenzten Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen zu rechtfertigen. Darin läge sogar eine weiterreichende Beschränkung des Grundrechtsträgers als sie etwa gegenüber dem Staat bei einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, wie etwa bei der Bebauung eines Grundstücks besteht. Hier muß nämlich der Staat die Versagung der Erlaubnis rechtfertigen. Eine derartige Beschränkung der Informationsfreiheit, wie sie mit einer unmittelbaren Übernahme des Rechtes auf informationeile Selbstbestimmung in das Privatrecht in dem Sinn, daß jede Datenverarbeitung eines Privaten über einen anderen ein Eingriff in dessen Recht darstellen würde, verbunden wäre, wie sie aber auch von manchen Autoren vertreten wird, die sich verbal zu einer bloß mittelbaren Drittwirkung bekennen 115, stellt aus den genannten Gründen kein im Privatrecht schutzwürdiges Interesse dar. Daraus ist bereits ersichtlich, daß das Recht auf informationeile Selbstbestimmung einer erheblichen Modifizierung gegenüber dem, was im öffentlichen Recht gilt, bedarf 116. Welcher Art diese Modifizierung sein muß, die die bloß sinngemäße Anwendung auf privatrechtliche Rechtsbeziehungen fordert, wird klarer, wenn man sich vergegenwärtigt, daß hinter dem informationeilen Selbstbestimmungsrecht der Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht, aus dem es vom BVerfG ja auch abgeleitet wurde. Aus den bereits oben 117 dargelegten Gründen besteht im Privatrecht die Notwendigkeit, die ,,Rechtskreise" der einzelnen PrivatrechtssubDazu oben S. 37 f. m Dabei soll nicht übersehen werden, daß ein moderner Staat, der nicht über ausreichende Informationen verfügt, seinen vielfältigen Leistungsaufgaben nicht gerecht werden kann; so bspw. auch Zöllner, RDV 1991, 1 (2). 114 Kloepfer, Datenschutz als Grundrecht, S. 12 ff.; 27 ff.; Ehmann, RDV 1988, 221 (232). m Däubler, Arun. zu AP Nr. 2 zu § 23 BDSG, BI. 10 ff.; Simitis, NJW 1984, 398 112

(400 f.). 116 117

So auch Zöllner, RDV 1985, 3 (10); ferner ders., RDV 1991, 1 (2 und 8). Seite 37.

II. lnformationelles Selbstbestimmungsrecht

115

jekte gegeneinander abzugrenzen, damit jeder sein Verhalten so einrichten kann, daß er nicht in die Rechte anderer eingreift. Deshalb kann es in den Beziehungen Privater untereinander keine unbegrenzte Freiheit, kein tatbestandlieh unbegrenztes Selbstbestimmungsrecht geben, sondern stets nur eine gegenständlich verkörperte Freiheit. Die Beachtung dieses Grundsatzes des Privatrechts bei der Übertragung des Rechtes auf informationeHe Selbstbestimmung auf die Rechtsbeziehungen Privater untereinander führt dazu, daß die im Volkszählungsurteil aus den genannten Griinden 118 entfallene gegenständliche Verkörperung wieder hinzugefügt werden muß. Ein richtig verstandenes drittwirkendes Recht auf informationeHe Selbstbestimmung ist daher nichts anderes als eine besondere Bezeichnung eines Teilbereiches des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Zivilrechts 119• Nur dieses geht daher auch in die Interessenahwägung ein. Ein kürzlich ergangener Beschluß des BVerfG 120 bestätigt diese Sichtweise. Zwar beginnt das Gericht auch hier mit dem aus dem Volkszählungsurteil entnommenen Satz, daß das Allgemeine Persönlichkeitsrecht die Befugnis des einzelnen umfasse, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Anschließend stellt es jedoch klar, daß die Grundrechte im Privatrecht nur als objektive Normen eine Ausstrahlungswirkung entfalten. Der einzelne werde deshalb durch die Annahme eine Offenbarungspflicht in bezog auf seine Entmündigung in seinem Persönlichkeitsrecht zwar betroffen 121 ; wie weit dies aber zulässig ist, ergebe sich im Rahmen einer zivilrechtliehen Abwägung der betroffenen einander gegenüber stehenden Belange 122• Das BDSG geht mit seinen die Datenverarbeitung und -nutzung durch Private betreffenden Regelungen allerdings über den Schutz dieses Rechtes hinaus, indem es die dateimäßige Datenverarbeitung und -nutzung grundsätzlich verbietet und von der Erfüllung einzelner Erlaubnistatbestände abhängig macht und sie nicht nur bei einer Verletzung oder erheblichen Gefahrdung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts untersagt. Selbst wenn ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen gar nicht besteht, ist die Datenverarbeitung unzulässig, wenn die verarbeitende oder nutzende Stelle kein berechtigtes Interesse vorweisen kann. Mit der Verpflichtung des privaten Datenverarbeiters, vor jeder dateimäßigen Verarbeitung und Nutzung von Daten seine diesbezügliche Berechtigung zu Oben S. 108 f. Zu diesem Ergebnis kommt auch Brossette, Der Wert der Wahrheit . .., S. 235. 120 Beschluß vom 11.6.1991- 1 BvR 239/90, soweit ersichtlich bisher noch nicht veröffentlicht. 121 Die Betroffenheit darf nicht mit der (rechtswidrigen) Verletzung verwechselt werden. 122 Im vorliegenden Fall verneint das BVerfG eine Pflicht zur Offenlegung der Entmündigung, weil der Gefahr einer sozialen Abstempelung kein ausreichend starkes Interesse des Vermieters gegenüberstehe, der dadurch gesichert werde, daß die Entmündigung (wegen Geistesschwäche) nur zu beschränkter Geschäftsfähigkeit geführt, der Vormund dem Vertrag zugestimmt habe und für die Mietzinszahlung einstehen wolle. 118

119

s•

116

§ 10 Die Verhältnismäßigkeit der Datenschutzgesetzgebung

prüfen, wird ein gewisses Verfahren für den Umgang mit personenbezogenen Daten festgelegt 123 und auf diese Weise der Schutz des Persönlichkeitsrechts nach vorne verlagert 124• Dies wirft die Frage auf, ob ein in dieser Weise vorverlagerter Schutz erforderlich ist oder doch zumindest eine sich im Rahmen des gesetzgebensehen Ermessenspielraumes haltende Beschränkung von Berufs- und Eigentumsfreiheit darstellt. Hierbei handelt es sich um eine Frage der Abwägung zwischen den einander gegenüber stehenden Interessen.

m. Bewertung der durch die Berufs- und Eigentumsfreiheit geschützten Interessen

Die Berufsfreiheit und die Eigentumsgarantie bilden - neben Art. 9 Abs. 1 und 3 GG - das Kernstück der wirtschaftlichen Freiheiten des Unternehmers. Sie sichern einen individuellen Freiheitsraum, haben darüber hinaus aber auch eine volkswirtschaftliche Dimension. Inwieweit letztere bei der Interpretation und der Gewichtung von Eingriffen zu beachten und entfalten ist, ist streitig. 1. Der "personale Grundzug'' als Maxime für die Schutzwirkung der Berufs- und der Eigentumsfreiheit

Das BVerfG sieht den Kern sowohl des Art. 12 Abs. 1 GG als auch des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG in ihrer Bedeutung für die freie Entfaltung der Persönlichkeit 125 • Mit der Umschreibung des Berufes als der Tätigkeit, der der einzelne sich widme, die für ihn Lebensgrundlage und Lebensaufgabe sei 126, wird der Beruf in der Nähe der ,,Berufung" gerückt und erscheint als eine "besondere Ausprägung des umfassenderen Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit" 127• Art. 12 GG wird auf diese Weise zu einer Garantie selbstverantwortlicher Existenzgestaltung 128• Er wird ergänzt durch die Eigentumsgarantie, welche nach Ansicht des BVerfG dem einzelnen durch die Sicherung eines Freiraums im vermögensrechtlichen Bereich eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens ermöglichen soll. Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleistet danach also die materiellen Grundlagen der freien Persönlichkeitsentfaltung. Diese enge Verwandtschaft der Berufs- und der Eigentumsfreiheit mit der freien Entfaltung der Persönlichkeit, die schlagwortEhmann, AcP 188 (1988), 230 (271). Ehmann, AcP 188 (1988), 230 (268); Zöllner, Daten- und Informationsschutz im Arbeitsverhältnis, S. 6; Brossette, Der Wert der Wahrheit ... , S. 258. 12S Für Art. 1200: BVerfGE 13, 181 (185); E50, 290(362); für Art. 1400: BVerfGE 24, 367 (389); E 31, 229 (239); E 50, 290 (339); E 42, 263 (293); E 78, 58 (73). 126 BVerfG 7, 377 (397); E 50, 290 (362). 121 BVerfGE 13, 181 (185). 128 Maunz I Dürig-Scholz, Art. 12 Rn. 9. 123

124

III. Berufs- und Eigentumsfreiheit

117

artig mit dem Begriff des "personalen Grundzuges" umschrieben wird, läßt die persönliche Berufstätigkeit und Eigentumsnutzung natürlicher Personen als das eigentliche Idealbild dieser Grundrechte erscheinen 129. Allerdings geht das BVerfG nicht so weit, von diesem Idealbild der Grundrechtsausübung abweichende Verhaltensweisen aus dem grundrechtliehen Schutzbereich ganz auszuschließen, doch werden Eingriffe in angeblich persönlichkeitsferne Positionen in sehr weitem Umfang zugelassen. Der fehlende personale Bezug wird zum Rechtfertigungsgrund für eine von vornherein erheblich weiterreichende Befugnis zur Einschränkung der sich aus Art. 12 und 14 GG ergebenden Rechtspositionen 130, so daß nur noch eine genügende Persönlichkeitsferne festgestellt werden muß, um die Schutzwürdigkeit einer Position erheblich herabzusetzen 131 und Eingriffe bis an den Rand der Funktionsunfähigkeit zu gestatten 132• Für den grundrechtliehen Schutz der unternehmefischen Tätigkeit juristischer Personen und des Anteilseigentums ist dies von erheblicher Relevanz, da nach Auffassung des BVerfG hier die Wahrnehmung der Unternehmertätigkeit nicht mehr Element der Ausformung der Persönlichkeit des Menschen ist 133• Wenn das BVerfG den fehlenden personalen Bezug vor allem daraus herleitet, daß zur Eigentumsnutzung und Berufstätigkeit die Mitwirkung von Arbeitnehmern erforderlich sei, liegt die Annahme nahe, .d aß es die Rechtslage bei der Grundrechtsausübung natürlicher Personen, die Eigentümer mittlerer oder größerer Unternehmen sind, ähnlich beurteilen würde. Dies führt zu einer erheblichen Beschränkung des Garantiegehalts der Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG für die unternehmensehe Tätigkeit, die es sehr leicht macht, dem Recht auf informationeile Selbstbestimmung solange den Vorrang einzuräumen, wie noch nicht die Funktionsfähigkeit des Unternehmens auf dem Spiel steht. Besonders deutlich wird dies bei Däubler: "Von einem "Überwiegen des Arbeitgeberinteresses" kann offensichtlich nicht die Rede sein, wenn Verarbeitungsschranken lediglich bestimmte Modalitäten der Unternehmensführung einschränken oder ausschließen . . . Die rechtliche Situation ändert sich erst, wenn die Berufswahlfreiheit des Arbeitgebers berührt wäre: Würden Verarbeitungsschranken so weit gehen, daß dadurch die Fortführung des Unternehmens gefährdet wäre ... , hätte der Gesetzgeber in diesem Fall die im obliegende Schutzpflicht nicht erfüllt." 134

129 130 131 132 133 134

nal).

BVerfGE 50, 290 (362 f.). Deutlich Badura, JZ 1984, 14 (17): "Schematismus". Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 354. BVerfGE 50, 290 (352). BVerfGE 50, 290 (347 I 348 und 363). Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 114, 115 (Hervorhebungen nicht im Origi-

118

§ 10 Die Verhältnismäßigkeit der Datenschutzgesetzgebung

2. Kritik der Auffassung vom "personalen Grundzug" der Berufs- und der Eigentumsfreiheit

Die Verkürzung der selbständigen Freiheitsrechte der Art. 12 und 14 GG auf einen personalen Grundzug und damit auf die Funktion der Daseinssicherung m durch die Behauptung einer engen Verbindung beider Grundrechte mit der freien Entfaltung der Persönlichkeit und der Menschenwürde überzeugt nicht. Durch die Abqualiflkation von Eigentumsgarantie und Berufsfreiheit zu einer besonderen Ausprägung des allgemeinsten Freiheitsrechts erhalten die Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG eine bloße Hilfsfunktion; eine eigenständige Bedeutung wird ihnen genommen 136, was den Eindruck erweckt, daß die Eingriffsbefugnisse großzügig interpretiert werden dürfen 137• Dies zeigt die Notwendigkeit einer anderen Bestimmung des Verhältnisses von Eigentum und Beruf zur Freiheit: Will man die Art. 12 und 14 GG nicht als bloße Hilfsrechte verstehen, so muß man sie als spezielle Ausprägungen des Freiheitsschutzes begreifen, den es interpretatorisch zu entfalten gilt. Primärer Gewährleistungsgegenstand des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ist danach der vermögensrechtliche Bereich als Schutzgut einer bestimmten Freiheit, nämlich der Freiheit des Innehabens, der Verfügung und Nutzung der Eigentumsgegenstände. Diese im Eigentum enthaltene Befugnis hat als Freiheit einen Selbstwert. Erst in sekundärer Hinsicht sollen die materiellen Grundlagen zur W ahrnehmung anderer Freiheiten gesichert werden 138• Entsprechend ist primärer Gewährleistungsgegenstanddes Art. 12 Abs. 1 GG das Betreiben einer Erwerbszwecken dienenden Tätigkeit. Ein Verständnis, das demgegenüber die sekundäre Gewährleistungsdimension in den Vordergrund stellt, würde die eigenständigen Schutzziele verschiedener Grundrechte überspielen und damit der grundrechtliehen Systematik widersprechen. Hinzu kommt, daß der personale Grundzug, der in diese Grundrechte hineingelegt wird, in einem sehr restriktiven Sinn verstanden wird, wenn er auf die individuelle Berufstätigkeit oder Eigentumsnutzung reduziert wird, nämlich nicht im Sinne der allgemeinen Handlungsfreiheit, sondern mehr im Sinn der zu Art. 2 Abs. 1 GG schon lange nicht mehr vertretenen 139 Persönlichkeitskerntheorie 140, nach der zur freien Persönlichkeitsentfaltung nur der Kernbereich dessen gehört, was das Wesen des Menschen als geistig-sittliche Person ausmacht 141 • 135 136

Papier, VVDStRL 35 (1977), S. 55 (81). Friauf, in: Gemper, Marktwirtschaft und soziale Verantwortung, S. 442 f.; Badura,

FS f. Herschel, S. 21 (27). 137 Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 83; Limpens, Funktion und Grenzen der Inhaltsbestimmung des Eigentums i. S. v. Art. 14Abs. 1 S. 200, S. 58 ff. (insbes. S. 62); auch Tettinger, AöR 108 ( 1983), S. 92 (97) warnt vor einer Schwächung des Grundrechtsschutzes aus Art. 12 Abs. 1 GG unter Berufung auf soziale Bezüge. 138 Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 83 bis 85. 139 Grundlegend BVerfGE 6, 32 (36 ff.).

Ill. Berufs- und Eigentumsfreiheit

119

Deshalb darf der personale Grundzug, wenn man überhaupt an ihm als Kriterium der Verhältnismäßigkeitsabwägung festhalten will, nicht auf die individuale Berufsexistenz 142 oder auf das daseinssichernde Vermögen 143 reduziert werden. Vielmehr ist der Tatsache Rechnung zu tragen, daß gerade die wirtschaftlichen Grundrechte häufig nur im Gemeinschaft mit anderen Grundrechtsträgern wahrgenommen werden können 144. Dann kann die Tatsache der Arbeitsteiligkeit aber nicht als Begründung für die erhöhte Beschränkbarkeil des Grundrechts der einen Seite 145, gar bis an den Rand der Funktionsunfähigkeit, dienen 146.

3. Die ökonomische Dimension der Berufs- und der Eigentumsfreiheit Die Betonung des personalen Grundzuges verstellt ferner den Blick auf den funktionalen Gehalt der beiden Grundrechtsnonnen 147. Für die Gewichtung von Eingriffen in die Berufsfreiheit und die Eigentumsgarantie ist auch von Bedeutung, ob die in diesen Grundrechten enthaltene volkswirtschaftliche Dimension nur eine unbeachtliche Nebenfolge ist oder ob sie auch beabsichtigt und deshalb im Rahmen der Interpretation dieser Grundrechtsnonnen zur Geltung zu bringen ist. Der dargestellte personale Ansatz des BVerfG bewirkt durch die Anerkennung einer sehr weiten gesetzgebensehen Regelungsbefugnis eine prinzipielle Verringerung der Schutzwirkung der Grundrechte als einer Garantie der Wirtschaftsfreiheit148. Zwar hat das BVerfG eine solche Garantie in begrenztem Umfang anerkannt, als es die Beschränkung des grundrechtliehen Schutzbereiches der Art. 12 und 14 GG aufkleine und mittlere Unternehmen damit ablehnte, daß Großunternehmen und auch Konzerne "wesentliche Elemente einer hochentwickelten und leistungsfähigen Volkswirtschaft" 149 seien. Auch in anderen Entscheidungen hat das Gericht mit dem Hinweis darauf, daß Ziel des Art. 12 GG eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung sei 150, auf die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft verwiesen 151 . Indem unter Berufung auf den fehlenden persona140 Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 96. 141 Peters, FS f. Laun, S. 669 ff.; Berg, Konkurrenzen schrankendivergierender Freiheitsrechte, S. 113 ff. 142 Maunz/Dürig-Scho/z, Art. 12 Rn. 35; Badura, DÖV 1990, 353 (360). 143 Papier, VVDStRL 35 (1977), S. 55 (81). 144 Stober, Grundrechtsschutz der Wirtschaftstätigkeit, S. 89. 145 Auch die Arbeitnehmer brauchen zur Ausübung ihres Berufes den Arbeitgeber, der ihnen die notwendige Arbeitsorganisation zur Verfügung stellt. 146 Maunz/Dürig-Scho/z, Art. 12 Rn. 37. 147 Mestmäker, FS f. H. Westermann, S. 411 (415); Badura, DÖV 1990, 353 (360). 148 Badura, FS f. Herschel, S. 21 (26). 149 BVerfGE 50, 290 (364). 1so BVerfGE 34, 252 (256); E 59, 302 (315).

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len Bezug der unternehmerischen Tätigkeit aber von vornherein der Verhältnismäßigkeilsmaßstab zu Lasten der Unternehmerfreiheit verschoben wird, wird deren Schutz vom Ergebnis her gesehen erheblich geschwächt. Die vorher herausgestellte Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft spielt nun keine Rolle mehr. Daran wird deutlich, daß die einseitige Betonung des personalen Grundzuges der wirtschaftlichen Grundrechte vor deren ökonomischer Dimension zu einer Scheinhierarchie von Werten führt, vor der Mestmäker zu Recht warnt 152• Diese Überlegungen stehen nicht im Widerspruch zu dem vom BVerfG betonten Grundsatz der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes, der sich allein dagegen richtet, aus der Zusammenschau der grundrechtliehen Gewährleistungen der Art. 12, 14, 9 Abs. 3 und 2 Abs. 1 GG eine institutionelle Garantie einer Wirtschaftsverfassung herzuleiten, um aus ihr dann wiederum einen Maßstab für die Auslegung und Einschränkbarkeil der Wirtschaftsgrundrechte zu gewinnen- ein Gedanke, der einem Zirkelschluß nahekäme und vom BVerfG im Mitbestimmungsurteil zu Recht ausdrücklich zurückgewiesen wurde 153. Das entbindet den Gesetzgeber aber nicht von seiner in Art. 1 Abs. ~ GG festgelegten Pflicht zur Beachtung der Grundrechte 154, so daß diese im Ergebnis doch einen erheblichen Einfluß auf die Wirtschaftsordnung entfalten. Denn selbst wenn die Grundrechte nach überkommener Auffassung auf die Abwehr staatlicher Eingriffe in den geschützten Individualbereich gerichtet sind, so entsteht daraus mittelbar eine bedeutende Rückwirkung auf die Struktur und Funktionstüchtigkeit der gesamten Wirtschaftsordnung 155• Bestätigt wird dies nicht zuletzt durch die gegenwärtigen Entwicklung in den osteuropäischen Ländern, wo die Wirtschaftsreformen mit der Privatisierung der Wirtschaft und der Anerkennung des Eigentums als einem grundlegenden Bürgerrecht beginnen. Nun ist auch bei einigen anderen Grundrechten, beispielsweise den Art. 5 Abs. 1 156 und Art 8 Abs. 1 157 GG anerkannt, daß sie nicht allein individuellen Pietzcker, NVwZ 1984, 550 (553). FS f. H. Westermann, S. 411 (417); s. auch Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, s. 356. 153 BVerfGE 50, 290 (336 f.) entgegen dem Gemeinschaftsgutachten von Badura, Rittner, Rüthers, Mitbestimmungsgesetz 1976 und Grundgesetz, S. 246 ff.; vgl. auch H. C. Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, insb. S. 64 ff. 154 BVerfGE 50, 290 (338). ISS Papier, VVDStRL 35 (1977), S. 55 (75 ff.); Stober, Grundrechtsschutz der Wirtschaftstätigkeit, S. 91; Maunz/Dürig-Papier, Art. 14 Rn. 32; Maunz/Dürig-Scho/z, Art. 12 Rn. 77, 78; Breuer, Handbuch des Staatsrechts,§ 147 Rn. 20; Ossenbühl, AöR 115 (1990), S. I (3); Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 909; Rüfner, DVBl 1976, 689 (691). 1s6 BVerfGE 20, 56 (97 f.); Maunz I Dürig-Herzog, Art. 5 Rn. 4 ff. m. w. N., insbes. Rn. 9. So betont das BVerfG in ständiger Rechtsprechung die Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 GO für eine freiheitlich-demokratische Grundordnung, weil er erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement sei, ermögliche. Vgl. nur BVerfGE 7, 198 (208); E 12, 113 (125). 151

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ill. Berufs- und Eigentumsfreiheit

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Interessen dienen, sondern zugleich eine Funktion für die staatliche Gemeinschaft haben. Thre Bedeutung für die Demokratie zeigt, daß Grundrechte über den Weg der (primären) Gewährung subjektiv-öffentlicher Rechte sekundär auch öffentlichen Interessen dienen können. Dieser Zielrichtung ist auch bei ihrer Auslegung Rechnung zu tragen 158. Ein Blick auf die philosophische Rechtfertigung des Privateigentums, aber auch die historische Entwicklung des Anerkennung des Eigentums als Grundrecht bestätigt, daß Art. 12 GG und Art. 14 GG eine ähnliche Struktur haben und über die individuelle Garantie hinaus durch Schaffung der Voraussetzungen für eine funktionierende Wirtschaft eine wichtige Funktion für das Gemeinwohl haben 159, die bei der Auslegung und Anwendung dieser Grundrechte zu beachten ist. Der maßgebliche Grund für die Anerkennung des Privateigentums, also der rechtlich geschützten Möglichkeit, andere von der Einwirkung auf den Bigenturnsgegenstand auszuschließen 160, wurde schon früh mit der Förderung des Gemeinwohls angegeben 16 1• Bereits Aristoteles 162 und auf dessen Überlegungen aufbauend 163 Thomas von Aquin 164 gingen von dem soziologischen Befund aus, daß Selbstliebe und Eigennutz die wesentliche Antriebskraft menschlichen Verhaltens bilden. Nur wenn eine Sache einem allein statt allen oder vielen gehöre, werde der Mensch mit den Sachen sorgfältig umgehen und zum Fleiß angespornt 165• Außerdem werde durch rechtliche Abgrenzung Streit vermieden und dadurch der Friede in der Gesellschaft sicherer gewährleistet. Die Anerkennung des Privateigentums wird also als notwendig verteidigt und gerechtfertigt, weil es der Verschwendung von Gütern entgegenwirke und die Erzielung einer größeren Produktivität ermögliche 166• Sowohl Aristoteles als auch Thomas begründen die Notwendigkeit einer privaten Eigentumsordnung also mit Gründen des Gemeinwohls, nämlich als Grundlage für eine florierende Wirtschaft 167• In die 157 BVerfGE 69, 315 (343 ff.); Maunz/Dürig-Herzog, Art. 8 Rn. 5; v. Münch/. v. Münch, Art. 8 Rn. 1. 158 BVerfGE 69, 315 (349). 159 In diesem Sinn auch Mestmäker, FS f. H. Westermann, S. 411 (417); Friauf/ Wendt, Eigentum am Unternehmen, S. 71; Badura, DÖV 1990, 353 (361). 160 Siehe oben S. 21 f. 161 Einen ausführlichen Überblick gibt Dietze, Zur Verteidigung des EigentUms, s. 15 ff. 162 Politik, II, §§ 3 ff. 163 S. Utz, Bd. 18 der dt. Thomasausgabe, S. 241 f. 164 Thomas von Aquin, Recht und Gerechtigkeit, 66. Frage, 2. Artikel,in der Übersetzung und Kommentierung von Utz, Bd. 18 der dt. Thomasausgabe, S. 113 f. 165 D. Hume, Politische Versuche, S. 247. 166 Utz, Bd. 18 der dt. Thomasausgabe, S. 239; diesen Zusammenhang spricht auch Hege/, Rechtsphilosophie, § 199, an: " . .. schlägt die subjektive Selbstsucht in den Beitrag zur Befriedugung des Bedürfnisse aller anderen um, ..., so daß, indem jeder für sich selbst erwirbt, produziert und genießt, er eben damit für den Genuß der übrigen produziert und erwirbt." 167 Vgl. auch D. Hume, Politische Versuche, S. 7.

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gleiche Richtung weist die in jüngerer Zeit hervorgehobene, von der Freiheit ausgehende Förderung des Fortschritts, der gerade darauf beruht, daß durch den Verzicht auf die Lenkung aller einzelne in den Stand versetzt werden, durch unkonventionellen Freiheitsgebrauch neue Lösungen zu finden, die dann wiederum der Allgemeinheit zugute kommen 168• Für die Eigentumsfreiheit 169, aber auch für die Berufsfreiheit trifft dieser Gedanke in besonderem Maße zu. Die Richtigkeit der zugrundliegenden Erkenntnis vom Eigennutz des Menschen zeigt sich gerade heutzutage wieder in dem Niedergang der sozialistischen Staaten, die nach dem Scheitern ihrer Planwirtschaft auf das Eigentum und damit auf den Antrieb des Eigennutzes zur Reformierung ihrer maroden Wirtschaft setzen. Über Adam Smith, der seinerseits von dem schottischen Philosophen David

Hume beeinflußt war, und seine 1776 erschienene Untersuchung über den ,,Reichtum der Nationen" 17o, wirkten die dargestellten philosophischen Überlegungen

auf die staatliche, heute als Merkantilismaus bezeichnete Wirtschaftspolitik, der die Annahme zugrundelag, daß die Finanzkraft des Staates am meisten gefördert werde, wenn dieser so wenig wie möglich in den wirtschaftlichen Selbstregulierungsprozeß der Gesellschaft interveniere. In diesem Zusammenhang hatten die wirtschaftlichen Freiheiten die Funktion, für das selbständige Funktionieren dieses Prozesses zu sorgen 171 • Außerdem war der jeweilige Freiheitsraum der Bürger keineswegs schon mit der Gewährung der Grundrechte vorhanden, sondern er war von der Verwirklichung durch den Gesetzgeber abhängig, für den die Grundrechte die Funktion von Richtungsangaben bezüglich der Rechtsänderung und der Gesellschaftsgestaltung hatten 172• Erst als später, in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts diese programmatische Aufgabe erfüllt war, erhielt das negatorische, auf die Abwehr staatlicher Eingriffe ausgerichtete Grundrechtsverständnis einen Sinn 173• Für die Entstehungsphase der wirtschaftlichen Grundrechte standen hinter ihrer Gewährleistung also ökonomische Interessen des Staates und der Gesellschaft. Damit war aber notwendig die Einbeziehung der unternehmefischen Tätigkeit in ihren verschiedenen Varianten in den grundrechtliehen Schutz verbunden.

168 v. Hayek, Die Verfassung der Freiheit, S. 40 ff. Auf welche Weise die Eigentumsfreiheit in die Rechtfertigung eines totalen Staates umschlagen kann, zeigt am Beispiel Fichtes jetzt Braun, Freiheit, Gleichheit, Eigentum, S. 26 ff. 169 Dietze, Zur Verteidigung des Eigentums, S. 11. 11o Adam Smith, Eine Untersuchung über das Wesen und die Ursachen des Reichtums der Nationen, Deutsche Ausgabe hrsg. P. Thai, Berlin 1976. 111 Bleckmann, Staatsrecht II, S. 13. 112 Wahl, DerStaat 18 (1979),S. 321 (330);P.Krause,JZ 1984,656(651);Bleckmann, Staatsrecht II, S. 13; Scheuner, FS f. E. R. Huber, S. 139 (140); Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Abwehrrechte, S. 35; E. R. Huber, Dt. Verfassungsgeschichte, Band 2, S. 351; Stern, Staatsrecht III 1, S. 103. 173 Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Abwehrrechte, S. 35; Wahl, Der Staat 18 (1979), s. 321 (334).

III. Berufs- und Eigentumsfreiheit

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Zwar ist dieser historische Hintergrund nur bedingt für das heutige Verständnis der Grundrechte von Bedeutung, insbesondere ist eine allein soziale Begriindung des Privateigentums heute nicht mehr zutreffend, doch verfolgte die vorangehende Darstellung auch nur den Zweck, eine streng individualistische Eigentumsbegriindung in Zweifel zu ziehen. Der heutigen Eigentumsgewährleistung liegen richtigerweise beide Wurzeln zugrunde und dies ist auch für die Gewährleistung der Berufsfreiheit anzunehmen. So ist dieser Gedanke des Eigentums als Grundlage einer florierenden Wirtschaft beispielsweise auch Grundlage der Gewährung gewerblicher Schutzrechte. Die Belohnung des Erfinders mit einem der Gewerbefreiheit zuwiderlaufenden, zeitlich begrenzten Monopol wird mit dem Nutzen der Erfindung für die Allgemeinheit begrundet 174• Würde ein solcher Schutz nicht gewährt, bestünde die Gefahr, daß Erfmdungen geheimgehalten werden, während mit dem zeitlich begrenzten Schutz das Interesse des Erfinders berücksichtigt, zugleich aber auch der Wirtschaft zunächst in Lizenz, später unbeschränkt die Nutzung ermöglicht wird. Eine für den technischen Fortschritt nicht unbedeutende Nebenfolge des Patents liegt weiter darin, daß wegen des Ausschließungsrechts verstärkte Anstrengungen unternommen werden, das Schutzrecht durch Entwicklung anderer Lösungen für das betreffenden technische Problem (legal) zu umgehen. Die Bedeutung des Eigentums als Grundlage einer funktionierenden Wirtschaftsordnung ist heute aber ebenso wichtig wie in früherer Zeit. Denn ein ausgefeiltes soziales Netz kann zwar für den einzelnen soziale Härten abfedern, doch ist es in seiner Leistungsfähigkeit und letztlich seinem Bestand davon abhängig, daß ausreichend zu verteilende Mittel vorhanden sind. Die Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes weist ebenfalls darauf hin, daß die ökonomische Dimension des Eigentums gesehen und gebilligt wurde: In den Beratungen des Parlamentarischen Rates zu Art. 14 GG wurde nämlich der Antrag gestellt, den Art. 14 GG auf das der persönlichen Lebenshaltung oder der eigenen Arbeit dienende Eigentum zu beschränken, um dem Eigentum als Element der ökonomischen Verfassung des Staatswesens nicht den Schutz der Verfassung zuteil werden zu lassen, sondern dem Gesetzgeber zu überantworten. Der Antrag wurde jedoch nach ausführlicher Diskussion abgelehnt, der Abgeordnete Heuß wandte sich in diesem Zusanunenhang ausdrücklich gegen eine Disqualifikation der Reichtumsentwicklung, "die doch für Wirtschaft und Kultur Voraussetzung ist" 175• Dies kann aber nur bedeuten, daß der Eigentumsgarantie sehr wohl eine ökonomische Dimension zuerkannt wurde 176 und zwar deshalb, weil auch das sog. große Eigentum letztlich den Menschen nutzt und deren Wohlstand verbessert, weil es über Investitionen und Innovationen den Menschen zugute kommt 177• 174 Hubmann, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 8 ff., insbes. 22 f., ferner Maass, Information und Geheimnis im Zivilrecht, S. 102 f. 11s JöR n. F. Bd. 1 (1951), S. 145 f. 176 Ebenso Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 355.

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Damit ist es auch nicht vereinbar, den Inhaber eines größeren Unternehmens oder einer juristischen Person zwar noch in den grundrechtliehen Schutzbereich einzubeziehen, ihn dann aber im Rahmen der Schranken generell auf eine schwächere Position zu verweisen 178• Aus den genannten Gründen ist es daher erforderlich, die ökonomische Dimension der Berufsfreiheit und der Eigentumsgarantie bei der Gewichtung von Eingriffen in ihren grundrechtliehen Schutzbereich zu berücksichtigen. Sie dürfen nicht einem von vornherein geringeren Schutz vor gesetzgebensehen Eingriffen unterworfen werden, wie dies verbreitet unter Berufung auf den personalen Grundzug des Eigentums und des Berufs geschieht. Bei der Beurteilung des Gewichts des Eingriffs in die Berufs- und Eigentumsfreiheit sind deshalb auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Restriktion unternehmenscher Freiheit durch Informationsbeschränkungen zu berücksichtigen: In der verflochtenen Weltwirtschaft und bei dem auf dem Weltmarkt herrschenden Konkurrenzkampf kommen Unternehmen ohne die modernen Hilfsmittel der Information und Kommunikation nicht mehr aus 179• Manche Produktions- und Kommunikationsvorgänge sind ohne datenverarbeitende Technologie überhaupt nicht möglich. Andere können mit herkömmlichen Mitteln zwar durchgeführt werden, sind auf diesem Weg aber erheblich langsamer und zudem kostenintensiver. Ökonomische Zwänge fordern Effizienz und damit zugleich den Einsatz dieser datenverarbeitenden Technologie 1so. Da die Behauptung auf dem Weltmarkt gerade für eine sehr exportorientierte Wirtschaft wie die der Bundesrepublik Deutschland von größter Bedeutung ist, hat sie erheblichen Einfluß auf den Wohlstand der Allgemeinheit.

IV. Die Berufs- und Eigentumsfreiheit in der Spannung zum vorbeugenden Persönlichkeitsschutz -AbwägungDie Abwägung muß Klarheit über die Frage bringen, ob die von der dateimäßigen Verarbeitung und Nutzung personenbezogene Daten ausgehenden Gefahren so groß sind, daß sie gegenüber den mit den Regelungen des BDSG verbundenen Beschränkungen der durch Art. 12 und 14 GG gewährleisteten Informationsfreiheit 181 den Vorrang beanspruchen können.

m Stober, Grundrechtsschutz der Wirtschaftstätigkeit, S. 93. Papier, Eigentumsgarantie des Grundgesetzes im Wandel, S. 27. 179 Steinbuch, RDV 1988, 1. ISO Steinbuch, RDV 1988, 1 f.; Ordemann I Schomerus, BDSG, Einl., Anm. 2. 181 Zur Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 GG in diesem Zusammenhang siehe Langer, 178

Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gegen eine Beschränkung der Informationsfreiheit.

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1. Notwendigkeit einer konkreten Abwägung Eine Abwägung muß stets auf der Gegenüberstellung der konkret beeinträchtigten Grundrechtspositionen und der davon ausgehenden Belastungen beruhen; eine Rangordnung innerhalb des Grundrechte, wie sie Voraussetzung für eine abstrakte Abwägung wäre, ist im Grundgesetz nicht angelegt 182. Dies wird von manchen Stimmen des Schriftturns verkannt, die das Gewicht und Oi.e Bedeutung der wirtschaftlichen Grundrechte unter Rückgriff auf deren Beschränkbarkeil ermitteln wollen: "Wird der Arbeitgeber durch ein Gesetz ... in seiner Möglichkeit beschränkt, Arbeitnehmerdaten zu erheben oder zu verarbeiten, so berührt dies im Regelfall nur die Berufsausübungsfreiheit Sie genießt im Ergebnis einen sehr viel geringeren Schutz als dns informationelle Selbstbestimmungsrecht, kann sie doch schon aus jeder "vernünftigen Erwägung des Gemeinwohls" eingeschränkt werden". 183 Eine solch pauschale Bestimmung des Gewichts von Grundrechten entbehrt jeglicher Grundlage in der Grundrechtsdogmatik und ist abzulehnen. Es ist eine differenziertere Betrachtung erforderlich. Wie gezeigt, liegt bereits in der Unterwerfung des Erhebens, Verarbeitensund Verwendeos personenbezogener Daten unter eine besondere Rechtfertigungspflicht ein Eingriff in die grundrechtlich geschützte Berufs- und Eigenturnsfreiheit 184, der seinerseits der Rechtfertigung bedarf. Die Tatsache, daß die Datenverarbeitungstechnik bisher (noch) überwiegend in größeren Unternehmen eingesetzt wird, kann nicht zu einer Verringerung dieser Rechtfertigungslast führen 185, vielmehr entfalten die Art. 12 und 14 GG hier die gleiche Schutzwirkung wie bei einer personalen Grundrechtswahrnehmung im strengen Sinn. Zur Rechtfertigung der mit der Beschränkung der Informationsfreiheit im BDSG verbundenen Eingriffe in die Freiheit des Berufs und des Eigenturns wird zwar überwiegend auf das Recht auf informationeile Selbstbestimmung verwiesen, eine nähere Betrachtung hat jedoch ergeben, daß bei der Datenverarbeitung durch nicht-öffentliche Stellen allein das (zivilrechtliche) Allgerneine Persönlichkeitsrecht schützenswert ist 186, welches nicht vor Eingriffen in ein unbegrenztes Selbstbestimmungsrecht, sondern nur in einen gegenständlich verkörperten Raum der Persönlichkeit schützt187.

182 BVerfGE 12, 45 (52 f.); E 19, 135 (138); Grabitz, AöR 98 (1973), 568 (577); Wendt, AöR 104 (1979), S. 414 (433); ferner Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 79 ff. 183 Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn. 114 (Hervorhebungen nicht im Original). 184 Siehe oben S. 45 ff. 185 Siehe oben S. 118 f. 186 Siehe oben S. 110 ff. 187 Siehe oben S. 36 ff.

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Wäre mit einer Berufsausübung oder einer Eigentumsnutzung eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts verbunden, so würde letzteres den Vorrang genießen, mit der Folge, daß die beeinträchtigende Tätigkeit unzulässig wäre und vom Gesetzgeber verboten werden dürfte. Es steht deshalb auch außer Frage, daß die Wahrnehmung der Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG nicht zur Schaffung eines "gläsernen Menschen", zur ,,Erstellung von Persönlichkeitsprofilen", zur ,,Katalogisierung der gesamten Persönlichkeit" 188 oder zur Verwirklichung sonstiger Schreckgespenste, die von manchem im Zusammenhang mit der elektronischen Datenverarbeitung an die Wand gemalt werden, berechtigt. Zu deren Verhinderung bräuchte man auch keine Datenschutzgesetzgebung. Typischerweise wird bei der Datenverarbeitung das Persönlichkeitsrecht aber weder verletzt noch gefährdet. Es ist deshalb nicht zutreffend, die Datenverarbeitung als eine per se gefährliche Technologie, wie etwa die Atomkraft oder auch den Kraftfahrzeugverkehr einzustufen 189• In Anbetracht der Tatsache, daß Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Zusammenhang mit elektronischer Datenverarbeitung präventiv schwer zu verhindern sind, verlagert das BDSG, statt an eine Verletzung oder auch nur eine erhebliche Gefährdung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts anzuknüpfen, seinen Anwendungsbereich weit nach vorne 190, indem es unabhängig von der Sensibilität der Daten auf den Tatbestand einer Datenerhebung, -Verarbeitung oder -nutzung abstellt. Dies ändert aber nichts daran, daß grundsätzlich keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts droht und wenn dennoch eine Regelung eingeführt wird, die die datenverarbeitende Stelle präventiv zu einer ständigen Rechtfertigung ihrer Handlungen zwingt, dann muß wenigstens die Auslegung der Erlaubnistatbestände der normalerweise nicht vorhandenen Gefährdung Rechnung tragen. Daran wird deutlich, daß die Beurteilung des Gewichts der Eingriffe in die Eigentums- und Berufsfreiheit u. a. davon abhängig ist, in welchem Maße das grundsätzliche Verbot des§ 4 BDSG durch die§§ 28 f. BDSG durchbrochen wird. 2. Verfassungskonforme Auslegung der §§ 4, 28 f. BDSG

Die Unbestimmtheit der generalklauselartigen Erlaubnistatbestände, vor allem der §§ 28, 29, jeweils Abs. 1 Nr. 2 BDSG, lassen dem Gesetzesanwender zwar auf den ersten Blick einen weitreichenden Auslegungsspielraum, doch müssen Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe gemäß dem Prinzip der Einheit der Verfassung 19 1 in Übereinstimmung mit der grundrechtliehen Wertordnung 188 Vgl. die Darstellung bei Voge/gesang, Grundrecht auf informationeile Selbstbestimmung?, S. 29 f. 189 So aber H. Schneider bei der Sachverständigenanhörung vor dem Innenausschuß vom 24.6.85; dagegen zutreffend Zöllner, RDV 1985, 3 (10). 190 Siehe S. 115.

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ausgelegt werden 192, so daß bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten diejenige den Vorzug verdient, die einer Wertentscheidung der Verfassung besser entspricht193. Dies gilt auch dann, wenn nur eine Ausstrahlungswirkung der Grundrechte auf privatrechtliche Rechtsbeziehungen in Betracht kommt 194. Nun gebietet es zwar eigentlich schon der in § 1 BDSG niedergelegte gesetzliche Schutzzweck, die Erlaubnistatbestände der §§ 28 ff. BDSG mit ihren unbestimmten Rechtsbegriffen in der Weise auszulegen, daß ein Überwiegen des schutzwürdigen Interesses des Betroffenen am Verbot der Datenverarbeitung nur dann anzunehmen ist, wenn dessen (zivilrechtliches) Persönlichkeitsrecht verletzt oder zumindest erheblich gefährdet würde 195. Angesichts des heutigen Zeitgeistes, der dem Datenschutz einen sehr hohen Stellenwert einräumt und einigen zumindest mißverständlichen Ausführungen in der Gesetzesbegründung 196, ist es allerdings fraglich, ob sich dies in der Rechtsprechung zum neuen BDSG durchsetzen können wird 197. Deshalb ist zu betonen, daß ein solches Verständnis der Erlaubnistatbestände der §§ 28, 29 BDSG auch ein Gebot der verfassungskonformen Auslegung ist: Die zur Rechtfertigung des Eingriffs angeführten Belange haben sich bei näherer Betrachtung auf das Allgemeine Persönlichkeitsrecht reduziert. Je weiter die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen ausgedehnt werden, umso seltener greifen die Erlaubnistatbestände ein und umso erheblicher sind die Beeinträchtigungen der Grundrechte des Datenverarbeiters. Wenn es auf der Seite des von der Datenverarbeitung Betroffenen aber an einem entsprechend höheren Gewicht fehlt - wie es der Fall ist, wenn das Persönlichkeitsrecht nicht tangiert wird dann kann die stärkere Beschränkung der Berufs- und Eigentumsfreiheit keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung finden. Eine verfassungskonforme Auslegung fordert daher eine strenge Ausrichtung der Interpretation der Erlaubnistatbestände am Allgemeinen Persönlichkeitsrecht. 3. Interessenabwägung unter Zugrundetegong der verfassungskonformen Auslegung der §§ 4, 28 f. BDSG Doch auch wenn man bei der Verhältnismäßigkeitsabwägung die hier vertretene verfassungskonforme Auslegung der Erlaubnistatbestände zugrundelegt, bleiben Restriktionen der Grundrechte des Datenverarbeiters bestehen, vor allem, 191 192 193 194 195 196 197

Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 81. Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 98. BVerfGE 8, 210 (221). Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 98. Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (271). Bundesrats-Drucks. 618 I 88, S. 101.

Eine deutlichere Gesetzesfassung ist deshalb erstrebenswert.

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weil er für jede Datenverarbeitung oder -nutzung stets ein berechtigtes Interesse nachweisen muß, und zwar selbst dann, wenn kein Grund zur Annahme besteht, daß schutzwürdige Interessen des Betroffenen bestehen. Da die Berechtigung des Interesses nur auf der Grundlage des Zwecks, zu dem Verarbeitung oder Nutzung stattfinden soll, beurteilt werden kann, wird eine Datenverarbeitung auf Vorrat nicht mehr zulässig sein, sofern nicht gerade für die Vorratshaltung das berechtigte Interesse besteht, wie beispielsweise bei der Schufa 198• Der gegenwärtige Regelungsansatz des grundsätzlichen Verbots führt notwendigerweise zur Herausbildung von Verhaltensnormen, die den Informationsverkehr insgesamt stark behindern 199• Von geringerer Bedeutung sind daneben die Pflichten zur Benachrichtigung des Betroffenen (§ 33 BDSG) und zur unentgeltlichen Auskunftserteilung (§ 34 BDSG), sowie die Überwachung durch die Aufsichtsbehörde (§ 38 BDSG). Diese Restriktionen werfen die Frage auf, ob die dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht von der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung möglicherweise drohenden Einbußen so bedeutsam sind, daß sie die Eingriffe in die Freiheit des Berufes und des Eigentums des Datenverarbeiters aufzuwiegen vermögen. Ursprünglich entstand die Datenschutzgesetzgebung als Reaktion auf eine neue Technik, die elektonische Datenverarbeitung 200, die im Vergleich zum herkömmlichen manuellen Umgang mit personenbezogenen Daten ein höheres Mißbrauchspotential in sich birgt, bedingt vor allem durch die erhebliche Vergrößerung der Speicherungs- und Verarbeitungskapazitäten, den geringeren Aufwand für den Datenzugriff und den durch die Entmaterialisierung der Daten erleichterten Datenaustausch 201 • In der im Juni 1991 in Kraft getretenen Novellierung des BDSG wird der bisher auf die Verarbeitung personenbezogener Daten begrenzte Anwendungsbereich (§ 1 Abs. 1 BDSG a. F.) aber weit darüberhinaus ausgedehnt, indem auch die Nutzung und- allerdings nur rudimentär- die Datenerhebung einbezogen werden. Der SPD-Entwurf eines Bundesinformationsschutzgesetzes will das Regelungssystem eines grundsätzlichen Verbotes mit Erlaubnistatbeständen sogar auf die Datenerhebung anwenden 202 und so bereits den Zugang zu personenbezOgenen Daten versperren. Die damit in ihrer Zulässigkeil vom Gesetz einheitlich beurteilten Phasen des Umgangs mit personenbezogenen Daten weisen aber eine ganz unterschiedliche Intensität der (abstrakten) Gefährdung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf. Die Berechtigung des Gesetzgebers, schon Grundrechtsgefährdungen entgegenzutreten, kann nun nicht prinzipiell abgelehnt werden 203 • Sofern sein "GegenEhmann, AcP 188 (1988), S. 230 (290). Zöllner, RDV 1985, 3 (12). 200 Vgl. nur Ordemann I Schomerus, BDSG, Einleitung, Anm. 1; Tinnefeid I Tubies, S. 5; ferner die Begründung zum BDSG, Bundesrats-Drucks. 618 I 88, S. 92. 201 Dazu Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, S. 27 f. 202 § 30 EBISG, abgedruckt in: Bundestags-Drucks. 11 I 3730. 198

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mittel" aber die Grundrechte anderer beeinträchtigt, ist die Zulässigkeil einer vorbeugenden Gefährdungsabwehr an enge Voraussetzungen geknüpft: Entweder muß die Grundrechtsverletzung, die sich aus der Gefährdung zu entwickeln droht, irreparabel oder es muß die Entwicklung, die aus der Grundrechtsgefährdung die Grundrechtsverletzung hervorzubringen droht, unbeherrschbar sein 204• Für die elektronische Datenverarbeitung ist allenfalls die zweite Konstellation einschlägig, weil nur schwer feststellbar ist, was mit einmal gespeicherten Daten weiter geschieht. Das trifft aber nur auf die elektronische Datenverarbeitung zu 205 , vermag also auch nur hier die Vorverlagerung des Schutzes des Persönlichkeitsrechtes durch das grundsätzliche Verbot des § 4 BDSG zu rechtfertigen. Das BDSG, auch schon in seiner alten Fassung, beschränkt seinen Dateibegriff aber nicht auf automatisierte Dateien (vgl. § 3 Abs. 2 BDSG), sondern es schließt nur Akten und Aktensammlungen, die nicht durch automatisierte Verfahren umgeordnet und ausgewertet werden können, aus seinem Anwendungsbereich aus. Der SPD-Entwurf eines Bundesinformationsschutzgesetzes regelt darüberhinausgehend auch die Verarbeitung (worunter abweichend von der Terminologie des BDSG auch das Erheben und Nutzen verstanden wird,§ 2 Abs. 2 EBISG) personenbezogener Daten in Akten(§ 1 Abs. 2 EBISG). Bei nicht-automatisierten Dateien 206 und erst recht bei Akten und Aktensammlungen 2IJI ist jedoch nicht ersichtlich, daß eine Entwicklung zu einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts unbeherrschbar wäre, denn es fehlt ja gerade an den o. g. Merkmalen, mit denen sich dies für die elektronische Datenverarbeitung noch begründen läßt 208• Deshalb ist hier eine Vorverlagerung des Schutzes des Persönlichkeitsrechtes gegenüber dem Eingriff in die grundrechtliche Freiheit des Datenverarbeiters aus Art. 12 und 14 GG nicht gerechtfertigt. Auch die von der Neufassung des BDSG vorgenommene und vom SPDEntwurf geplante Einbeziehung der Datennutzung- verstanden als jede Verwendung personenbezogener Daten, die nicht Verarbeitung ist- in das grundsätzliche Verbot des§ 4 BDSG, läßt sich nicht auf diese besonderen Gefährdungen der elektronischen Datenverarbeitung stützen. Sie wären höchstens dann noch gegeben, wenn man die Nutzung defmieren würde als eine Verwendung personenVgl. dazu BVerfGE 49, 89 (141 f.); E 66, 39 (58). Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 108. Es handelt sich dabei um einen allgemeinen Grundsatz, der z. B. auch im Polizeirecht zur Anwendung kommt. Vgl. v. MünchFriauf, Bes. Verwaltungsrecht, S. 202; Steiner-Schenke, Bes. Verwaltungsrecht, S. 185. 20s Ehmann, RDV 1988, 221 (232). 206 Vorsichtig Zöllner, RDV 1985, 3 (145): Bei Reduzierung des Anwendungsbereiches des privaten Datenschutzes entstünden keine Nachteile. Wenn aber durch eine geringere Restriktion der Grundrechte des Datenverarbeiters für den von der Datenverarbeitung Betroffenen kein Nachteil entsteht, muß daraus aber doch der Schluß gezogen werden, daß diese dann keine verhältnismäßige Beschränkung der Grundrechte des Datenverarbeiters ist. 21J/ Dagegen nachdrücklich auch Zöllner, RDV 1985, 3 (15). 208 Bedenken äußert auch Ehmann, RDV 1989, 64 (66). 203

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9 Bteitfeld

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§ 10 Die Verhältnismäßigkeit der Datenschutzgesetzgebung

bezogener Daten unmittelbar aus Dateien, wie dies ursprünglich im Regierungsentwurf vorgesehen war 209• In dessen Begründung 210 heißt es, daß es nicht praktikabel sei, ein Datum nur deswegen endlos den Regelungen des BDSG zu unterwerfen, weil es irgendwann einmal in einer Datei gespeichert gewesen sei. Genau dieses ist aber durch die Abänderung des verabschiedeten Gesetzes gegenüber dem Entwurf geschehen. In der Konsequenz wird der datenverarbeitenden Stelle damit die Möglichkeit genommen, auf die herkömmliche Informationsauswertung im Kopf oder mit Papier und Bleistift zurückzugreifen 211 • In der Anhörung des Innenausschusses des Bundestages hat Fiedler diese Vorgehensweise in plastischer Weise damit verglichen, daß man angesichts der immer stärkeren Motoren in Autos heute verlangt, auch in Postkutschen und Fahrräder immer stärkere Bremsen einzubauen 212• Ebenso fehlt es bei einer bloßen Datennutzung an einer Gefahrdung, die so stark ist, daß sie eine Beschränkung der Berufs- und der Eigenturnsfreiheit des Datenverarbeiters rechtfertigen könnte. Wenn das BDSG sie trotzdem einem grundsätzlichen Verbot unterwirft, so ist dies mit dem Grundgesetz unvereinbar. Erst recht gilt dies für die im SPD-Entwurf213 vorgesehene Einbeziehung der Datenerhebung. Hier kommt noch hinzu, daß ein grundsätzliches Verbot der Erhebung personenbezogener Daten, das nur bei Darlegung eines berechtigten Interesses daran im Einzelfall durchbrochen wird, einen ganz besonders intensiven Eingriff in die Grundrechte des Datenverarbeiters darstellt, weil diesem schon der Zugang zur Information abgeschnitten wird, indem die Kenntnisnahme von Tatsachen verhindert wird. Das trifft in gleicher Weise auf ein von den Gewerkschaften jedenfalls früher gefordertes Verbot von Personalinformationsssystemen 214 zu. Ein gesteigertes Interesse des Betroffenen an einem Schutz seines Persönlichkeitsrechts ist demgegenüber nicht feststellbar, so daß auch hier von einer Unverhältnismäßigkeit einer entsprechenden gesetzlichen Beschränkung auszugehen ist. Hier liegt die Annahme nahe, daß hinter der Restriktion der Datenerhebung und -nutzung nicht der Schutz des Persönlichkeitsrechts steht, sondern es um die Durchsetzung ideologisch motivierter Interessen 215 geht, die in der sonstigen Rechtsordnung keine Stütze finden, z. B. indem die Reaktionen aus der Kenntnis der Daten, wie etwa einer Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder einer Nichtgewährung eines beantragten Kredits, unterbunden werden sollen, obwohl die übrige Rechtsordnung diese Reaktionen zuläßt bzw. besondere Schutzgesetze für die von der Maßnahme Betroffenen vorsieht (bspw. Kündigungsschutzgesetz, § 102 BetrVG). Dazu Ehmann, RDV 1988, 169 (172 f.). Bundesrats-Drucks. 618 I 88, S. 100. 211 Ehmann, RDV 1989, 64 (67). 212 Zitiert nach Ehmann, RDV 1988, 221 (232, Fn. 203). m Bundestags-Drucks. 11 I 3730. 214 Siehe oben S. 81, Fn. 37. 21s So Laicher, DuD 1988, 177 (179). 209

210

N. Art. 12 und 14 GG in der Spannung zum Persönlichkeitsschutz

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Das geltende BDSG regelt die Datenerhebung durch Private nur in § 28 Abs. 1 S. 2 BDSG, nach dem die Daten ,,nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise" erhoben werden müssen. Da die Datenerhebung nicht unter das grundsätzliche Verbot des§ 4 BDSG fallt, dürfte sie im wesentlichen eine deklaratorische Wirkung, nicht aber eine eigene, neben dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht stehende Bedeutung haben. Gegen ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit bestehen daher keine Bedenken. Erstmals im neuen BDSG enthalten ist auch eine Regelung zur Zweckbindung der Daten. Gemäß § 28 Abs. 4 BDSG, auf den § 29 Abs. 3 BDSG für die geschäftsmäßige Datenverarbeitung oder -nutzung verweist, dürfen übermittelte Daten nur zu dem Zweck verarbeitet oder genutzt werden, zu dessen Erfüllung sie ihm übermittelt werden oder- und hierin liegt die Aufweichung des Zweckbindungsgrundsatzes- sofern die Voraussetzungen der Abs. 1 oder 2 vorliegen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich das geltende BDSG von dem Gesetzesvorschlag der SPD, der eine strenge Zweckbindung im Sinne der erstgenannten Alternative befürwortet(§ 31 Abs. 4 EBISG). Selbst wenn man einmal davon absieht, daß die Befolgung einer solchen Regelung kaum nachprüfbar ist, bedeutet sie auch deswegen eine unverhältnismäßige Beschränkung der Informationsfreiheit, weil von einem Privatmann- anders als vom Staat216 - nicht verlangt werden kann, wider eigenes besseres Wissen eine falsche Entscheidung zu treffen, beispielsweise einen Kredit zu gewähren, obwohl infolge einer Information über den Darlehnsnehmer, die zu einem anderen Zweck erlangt wurde, ziemlich sicher ist, daß er seiner Rückzahlungsverpflichtung nicht nachkommen können wird 217• Zusammenfassend ist zur Verfassungsmäßigkeit des BDSG und des Entwurfes eines BISG der SPD-Fraktion festzustellen, daß eine Beschränkung der Informationsfreiheit durch ein grundsätzliches Verbot mit einzelnen Erlaubnistatbeständen, deren Vorliegen vom Datenverarbeiter darzulegen ist, sich nur dann als eine im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes liegende Beschränkung der Grundrechte aus Art. 12 und 14 GO darstellt, wenn es um die automatische Datenverarbeitung geht. Die durch die Systematik des BDSG herbeigeführte Vorverlagerung des Schutzes des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des von der Datenverarbeitung Betroffenen vermag eine Beschränkung anderer Formen des Umgangs mit personenbezogenen Daten, wie der Nutzung oder der Erhebung nicht mehr zu rechtfertigen, weil eine die Vorverlagerung des Schutzes begründende Gefahrdung des Persönlichkeitsrechts nicht gegeben ist 218• Ein völliges Verbot von Personalinformationssystem wäre erst recht verfassungswidrig. Ebenso ist die Beschränkung der Verarbeitung oder Nutzung übermittelter Daten auf den speziellen Zweck, zu dessen Erfüllung sie übermittelt wurden, nicht verhältVgl. z. B. die Beweisverwertungsverbote im Strafprozeß. Ehmann, RDV 1988, 169 (174); s. auch ders., RDV 1986, 69 (71); zu einem Beispiel aus dem Arbeitsrecht siehe ders., RDV 1989, 64 (67). 21s Abweichend, aber ohne Begründung Baier, DuD 1988, 506 (508). 216 217

9•

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§ 11 Die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe durch das BetrVG

nismäßig. Soweit der EBISG weiterreichende Beschränkungen der Informationsfreiheit enthält, sind diese ebenfalls nicht mit der Grundrechten des Arbeitgebers I Unternehmers vereinbar. Etwas anders sind die Interessen gelagert bei der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit eines den Anschluß der Kreditvermittler an die Schufa untersagenden Gesetzes, wie die Schufa-Gesellschaften es angeblich für den Fall erwarteten, daß sie nicht von sich aus deren Anschlußverträge kündigten. Für die Kreditvermittler bedeutet der Verlust der Schufa-Auskunftsmöglichkeit für die Kreditvermittler eine ganz erhebliche Erschwerung ihrer Tätigkeit, die an eine objektive Berufswahlbeschränkung heranreicht 219, die nur zum Schutz ganz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter vor besonders schweren und höchstwahrscheinlichen Gefahren eingesetzt werden dürfen. Es ist aber nicht ersichtlich, daß hierdurch eine größere Gefährdung des Persönlichkeitsrechts des Kreditsuchenden eintreten würde als wenn ein Kreditinstitut die Schufa-Anfrage durchführen würde. Deshalb könnten jedenfalls Datenschutzgesichtspunkte einen gesetzlichen Ausschluß der Kreditvermittler von der Schufa nicht rechtfertigen.

§ 11 Die Verhältnismäßigkeit i. e. S. der Eingriffe

durch das Betriebsverfassungsrecht

Durch das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. l Nr. 6 BetrVG mit dem Inhalt, der ihm durch die Rechtsprechung des BAG gegeben wurde, hat der Betriebsrat in einem zentralen Bereich des Unternehmens die Befugnis zur neben dem Unternehmer gleichberechtigten Teilhabe an unternehmefischen Entscheidungen erhalten, da die tatbestandliehen Voraussetzungen des Mitbestimmungsrechtes immer weiter ausgedehnt worden sind und auch Grenzen für seine Ausübung nicht anerkannt werden. Auf die Vereinbarkeil seiner Interpretation der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungstatbestände mit den Grundrechten des Unternehmers I Arbeitgebers, unter denen die Berufsfreiheit und die Eigentumsgarantie eine heraustilgende Rolle einnehmen, geht das BAG nicht ein. Der Erörterung dieses Problems sollen einige grundsätzliche Überlegungen über die vom BAG mit seiner Interpretation konkludent in Anspruch genommenen Kompetenz zur Rechtsfortbildung vorangehen.

219

Dazu siehe oben S. 61 f.

I. Kompetenz zur Rechtsfortbildung durch die Arbeitsgerichte

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I. Die Kompetenz der Arbeitsgerichte zur rechtsfortbildenden Erweiterung der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechte

Bereits oben 220 wurde darauf hingewiesen, daß das BAG mit seiner ,,Interpretation" des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG die vom Gesetzeswortlaut gezogene Grenze überschreitet. Das Gericht stützt seine Rechtsprechung auf das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer, deren Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, sowie- seit dem Volkszählungsurteil-auf das informationeHe Selbstbestimmungsrecht, die sämtlich als Grundrechte verstanden werden, wodurch ihnen wohl ein höheres Gewicht beigemessen werden soll. Die Grundrechte fmden aber im Verhältnis Privater untereinander keine unmittelbare Anwendung 221 , was sich entgegen Canaris 222 auch nicht dadurch ändern kann, daß eine Streitigkeit unter Privaten durch den Richter entschieden wird, der durch Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte: gebunden ist 223 • Eine Grundrechtbindung Privater kommt nämlich, worauf Zöllner 224 zu Recht hinweist, nur in Betracht, wenn die Grundrechte für das in Frage stehende Rechtsverhältnis inhaltlich einschlägig sind. Es wäre auch nicht einsehbar, warum die auch nach der Ansicht Canaris' zunächst nicht der Grundrechtsbindung unterliegenden Parteien einer privatrechtliehen Vereinbarung, sobald sie ihren Streit aus dieser Vereinbarung dem Richter vortragen, wegen dessen unmittelbarer Grundrechtsbindung auf diesem Umweg doch selbst wieder direkt an die Grundrechte gebunden würden. Dies steht im Widerspruch zu der Stellung des Zivil- bzw. Arbeitsrichters, der als streitentscheidende Instanz primär die Geltung und den Gehalt des zwischen den Parteien Vereinbarten zu ermitteln und anband dessen den konkreten Rechtsstreit zu entscheiden hat 225 • Es bleibt also dabei, daß allenfalls eine mittelbare Einwirkung der Grundrechte auf die betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungstatbestände in Betracht kommt. Für die mittelbare Einwirkung fehlt es aber an einer Generalklausel oder einem unbestimmten Rechtsbegriff, die üblicherweise das ,,Einfallstor" für die von den Grundrechten aufgerichtete objektive Wertordnung bilden. Selbst wenn man dies unter Hinweis darauf übergeht, daß der Gesetzgeber die Fälle wegen der Anfang Siehe S. 64 ff. Siehe oben, S. 111 ff. 222 Jus 1989, 161 (162 f.); allgemeiner zu seinem Verständnis von Grundrechten und Privatrecht, AcP 184 (1984), S. 201 ff. 223 Ablehnend auch Bleckmann, Die Grundrechte, S. 177; Hermes, NJW 1990, 1764 (1765). 224 RDV 1985, 3 (6). 225 BVerfGE 73, 261 (268 I 269); siehe auch schon Blaesing, Grundrechtskollisionen, S. 229. Auf einem anderen Blatt steht, daß der Richter dann unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist, wenn es um andere Fragen als die rechtliche Beurteilung des Verhältnisses der streitenden Parteien geht, also um Verfahrensfragen, wie z. B. eine Beweiserhebung und- wertung; dazu Hermes, NJW 1990, 1764 (1764 f.); Blaesing, Grundrechtskollisionen, S. 229. 220 221

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§ 11 Die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe durch das BetrVG

der siebziger Jahre noch nicht absehbaren technischen Entwicklung überhaupt nicht bedacht habe und man damit das Vorliegen einer planwidrigen Lücke 226 begründen könnte, bestehen doch erhebliche kompetenzrechtliche Bedenken gegen ihre Ausfüllung durch die Rechtsprechung: Daß die Umsetzung grundrechtlieber Wertentscheidungen nicht einfach auf die schlichte Übernahme des Grundrechts ins Privatrecht hinauslaufen darf, weil hier beide Parteien Grundrechtsträger sind, wurde bereits erläutert 227 • Vielmehr bedarf es der Herstellung eines sorgfältigen Ausgleichs zwischen den einander gegenüberstehenden Rechtspositionen beider Parteien 228, die gegenüber dem Staat Anspruch auf Beachtung erheben können. Es geht also im Kern um den Fall einer immer wiederkehrenden Grundrechtskollision 229• Da hier typischerweise mehrere verschiedene Lösungsmöglichkeiten 230 in Betracht kommen, ist die Entscheidung unter ihnen entsprechend dem Gebot der Gewaltenteilung zu allererst eine Aufgabe des Gesetzgebers 231 • Diese Kollisionsentscheidung hat der Gesetzgeber im derzeit geltenden § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG für die Frage der Mitbestimmung bei technischen Einrichtungen zur Arbeitnehmerüberwachung getroffen. Falls er sie für korrekturbedürftig hält, muß das Gesetz entsprechend geändert werden, nicht aber darf die Rechtsprechung mit ihrer eigenen Kollisionsentscheidung die des Gesetzgebers ersetzen232. Sollte ein Gericht die derzeitige gesetzliche Regelung für unvereinbar mit der gesetzgebensehen Schutzpflicht für den Arbeitnehmer halten, muß die Frage nach Art. 100 GG dem BVerfG vorgelegt werden 233 , um auf diese Weise durch die Bindungswirkung der verfassungsgerichtlichen Entscheidung Rechtsklarheit herzustellen und zugleich die Autorität des Gesetzgebers zu wahren. 226 Dies ist freilich sehr zweifelhaft, vgl. allgemein Larenz, Methodenlehre, S. 358 f.; speziell gegen das Bestehen einer Lücke in§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG Kort, CR 1987, 300 (309); W. Hesse, NZA 1985, Beil. 1, S. 15 (17 f .). 221 Oben S. 111 f. 228 So auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage, BundestagsDrucks. 10 I 4594, S. 3 und S. 23. 229 Stern, Staatsrecht m 1, S. 1578; Badura, FS f. K. Molitor, S. 1 (4 und 18); Kort, CR 1988, 41 (42); Jarass, AöR 110 (1985), S. 363 (382). Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, daß die Art. 12 und 14 GG dem Staat als Abwehrrechte entgegengehalten werden können, während auf Seiten der Arbeitnehmer die Grundrechte nur als Schutzpflichten Geltung erlangen können, womit wegen des weiten Ermessensfreiraums des Gesetzgebers grundsätzlich eine schwächere Schutzwirkung als bei einem Abwehrrecht verbunden ist (Zöllner, RDV 1985, 3 (10) Pieroth I Schlink, Die Grundrechte, Rn. 102). 230 Unterschiedliche Vorschläge sprechen beispielsweise Teske, CR 1988,670 (676 f.) und Kort, CR 1988, 41 (43) an. 231 Ausführlich Stern, Staatsrecht m 1, S. 1566 ff.; Badura, FS f. K. Molitor, S. 1 (4 f.;16 ff.); Kort, CR 1987, 300 (309); ders., CR 1988, 41 (43); Teske, CR 1988, 670 (676); Preu, JZ 1991, 265 (270); K. Hesse, Verfassungsrecht und Privatrecht, S. 27; Jarass, AöR llO (1985), 363 (377, 381); Heußner, AuR 1985, 309 (314). 232 Diese sind zum Ausgleich von Grundrechtsverletzungen im Privatrechtsverkehr im Einzelfall berufen; vgl. dazu Stern, Staatsrecht m 1, S. 1572. 233 Preu, JZ 1991, 265 (270).

ll. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn

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Aus diesen Gründen fehlt es dem BAG und anderen Arbeitsgerichten schon an der Kompetenz zu der dargestellten erweiternden Rechtsprechung im Zusammenhang mit § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Gleiches würde gelten, wenn die Rechtsprechung die von Teilen der Literatur befürwortete Einbeziehung der Datenverarbeitung in das Mitbestimmungsrecht des § 94 BetrVG bejahen würde. In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist daher der Gesetzesvorbehalt der Art. 12 Abs. 1 S. 2 und 14 Abs. 1 S. 2 GG mißachtet worden.

II. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn Außerhalb dieser kompetenzrechtlichen Problematik wirft die vom BAG vorgenommene Auslegung des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG die Frage nach der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf. Sie würde sich auch stellen, wenn das BetrVG im Sinne des Änderungsentwurfs der SPD-Bundestagsfraktion 234 geändert werden würde. Wie oben bereits dargestellt, begründet das BAG seine Rechtsprechung mit dem Hinweis auf das informationeile Selbstbestimmungsrecht, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers 235 • Für deren Bewertung kann daher auf die entsprechenden Ausführungen zur Datenschutzgesetzgebung 236 verwiesen werden. Bei der Abwägung der für und gegen die Informationsbeschränkung sprechenden Interessen, bei der sich wieder der Persönlichkeitsschutz einerseits und die Berufs- und Eigentumsfreiheit andererseits gegenüberstehen, müssen die Auswirkungen der Rechtsprechung des BAG auf die betriebliche Praxis berücksichtigt werden. Der von den Mitbestimmungsrechten ausgehende Eingriff in die Rechte des Arbeitgebers unterscheidet sich von dem durch das BDSG. Im Gegensatz zu diesem wird dem Unternehmer nämlich nicht ,,nur'' eine Rechtfertigungspflicht für die Datenverarbeitung auferlegt, sondern er ist bei der Durchführung der Maßnahme von der Zustimmung des Betriebsrates abhängig. Kommt eine Einigung nicht zustande, so kann von Arbeitgeber oder Betriebsrat die Einigungsstelle angerufen werden, die paritätisch besetzt ist und einen unabhängigen, notfalls vom Arbeitsgericht zu bestellenden Vorsitzenden hat(§ 77 Abs. 2 BetrVG). Der Bundestags-Drucks. 11 I 2995, zum Inhalt oben, S. 68 f. Dagegen geht es dem § 87 a Nr. 2 EBetrVG (Bundestags-Drucks. 11 I 2995) nicht mehr um den Persönlichkeitsschutz, sondern um eine Erweiterung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates bei der Rationalisierung etc., vgl. die Begründung zu dem Entwurf, Bundestags-Drucks. 11 I 2995, S. 48. Die Erörterung der Verfassungsmäßigkeit einer solchen Gesetzgebung gehört aber nicht mehr zum Thema dieser Arbeit; allerdings gelten die im folgenden vorgebrachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit entsprechend. 236 Siehe oben, S. 105 ff. 234 235

136

§ 11 Die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe durch das BetrVG

von der Einigungsstelle gefällte, die Einigung zwischen Arbeitnehmer und Betriebsrat ersetzende Spruch(§ 87 Abs. 2 S. 2 BetrVG), kann gemäߧ 77 Abs. 5 S. 4 BetrVG von den Arbeitsgerichten nur auf die Einhaltung der Grenzen des Ermessens überprüft werden. In der arbeitsgerichtliehen Praxis wird diese Ermessensüberprüfung aber nicht streng durchgeführt, so daß die Einigungsstellen einen weitreichenden Entscheidungsfreiraum haben. Diesem System von betrieblicher Zwangsschlichtung und wenig effektiver Ermessensüberprüfung unterliegt auch ein großer Teil des Einsatzes automatischer Datenverarbeitungstechnologie, da die Rechtsprechung des BAG den § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG einer Generalklausel der Mitbestimmung in diesem Bereich angenähert hat 237. In der Literatur238 ist sogar schon die Schlußfolgerung gezogen worden, daß jedes Informationssystem mit Arbeitnehmerbezug als potentielles Überwachungssystem und damit als mitbestimmungspflichtig einzuordnen sei. Verbunden mit der Auffassung, daß es reine Sachsysteme nicht gebe, bedeutet dies die Mitbestimmungspflichtigkeit jeder datenverarbeitenden Anlage. Spätestens dann ist der § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu einer Generalklausel der Mitbestimmung verwandelt worden, wie sie auch in § 87 a Nr. 2 bis 4 EBetrVG 239 vorgesehen ist. Hinzu kommt, daß nach der Rechtsprechung des BAG das Verbot einer bestimmten Arbeitnehmerdatenverarbeitung durch einen Einigungsstellenspruch auch dann nicht ermessensfehlerhaft ist, wenn diese keine Gefährdung für das Persönlichkeitsrecht des einzelnen Arbeitnehmers bewirken kann 240• Dem steht aber eine sehr weitreichende Beeinträchtigung der Eigentums- und Berufsfreiheit des Unternehmers gegenüber. Es ist nämlich kaum eine moderne Anlage denkbar, die keine Daten erhebt oder verarbeitet, angefangen von der Schreibmaschine mit Diskettenlaufwerk über eine computergesteuerte Werkzeugmaschine bis hin zur chemischen Großanlage 241 . Der Einsatz dieser Technik ist längst nicht mehr nur auf Großbetriebe begrenzt. Durch die geschilderte Rechtsprechung oder eine entsprechende Gesetzesänderung wird in den betroffenen Sachbereichen dem Unternehmer die Entscheidung zugunsten einer Stelle entzogen, die für den Betrieb keine Verantwortung trägt, so daß der Zusammenhang zwischen Verantwortung und Bestimmungsmacht aufgehoben wird 242, die bei der Unternehmensmitbestimmung durch die Integration der Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsvertreter in Organe des Unternehmens noch aufrechterhalten wurde. Nicht völlig außer Betracht bleiben darf, daß es in der betrieblichen Praxis häufig erst gar 237 Siehe oben, S. 63, insb. S. 68. 238 Linnenkohlt Schütz I Rauschenberg, RDV 1986,230 (236 t); Linnenkohl, BB 1990, 992; Hexe/, Mensch im Computer, S. 45 geht sogar noch weiter:"EDV ist immer ein Überwachungsinstrument". 239 Änderungsentwuf der SPD-Bundestagsfraktion, Bundestags-Drucks. 11/2995. 240 Siehe oben, S. 71 ff. 24t Eich, DB 1985, 1993 (1998). 242 Ausführlicher dazu Martens, RdA 1989, 164 (168 f.). Papier, NJW 1987, 988 (993) nennt die Einigungsstelle ein "Superorgan" der Unternehmensleitung und Geschäftsführung.

II. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn

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nicht zu einem Einigungsstellen- und gerichtlichen Verfahren kommt, weil der Arbeitgeber in Anbetracht der Zeitdauer und der Kosten solcher Verfahren dem Betriebsrat durch Entgegenkommen auf diesem oder anderem Felde sein Mitbestimmungsrecht abhandelt oder auf die geplante Maßnahme ganz verzichtet 243 • In jedem Fall bedeutet dieser Weg eine häufig jahrelange Verzögerung 244, die eine ganz erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Unternehmerischen Organisation zur Folge hat 245 • Die Entscheidung über die Nutzung der sehr weitreichenden Verwendungsmöglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung, die von der Lohnabrechnung und der Personalverwaltung bis zur computergesteuerter Fertigung reichen, gehört in den Kernbereich der Unternehmerischen Entscheidungsbefugnisse. Damit wird offenbar, welch umfangreiche Einflußmöglichkeiten der Betriebsrat durch ein extensiv verstandenes Mitbestimmungsrecht in bezog auf den Einsatz datenverarbeitender Technologie erlangt. Im Ergebnis hat diese Rechtsprechung des BAG, die sich in Übereinstimmung mit Teilen des Schrifttums befindet, dazu geführt, daß über einen großen und für ein Unternehmen außerordentlich bedeutsamen Bereich nicht mehr durch den die Verantwortung tragenden Eigentümer, sondern paritätisch entschieden wird 246, da keine Seite ohne die Zustimmung der anderen imstande ist, sich durchzusetzen 247 •

Nun sieht das BetrVG vor allem in den Tatbeständen des § 87 Abs. 1 eine paritätische Mitbestimmung des Betriebsrates vor, doch sollte diese der gesetzgeberischen Konzeption 248 nach allein die sozialen Angelegenheiten betreffen. Es sollte sichergestellt werden, daß die sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs bei der Ausgestaltung unternehmenscher Grundsatzentscheidungen angemessene Berücksichtigung fänden 249• Auch wenn mittelbare Auswirkungen auf die Unternehmerische Entscheidungsfreiheit nicht ausgeschlossen werden konnten, so sah man doch von einer echten Mitbestimmung in unternehmerischen Angelegenheiten ab und gab dem Betriebsrat nur ein Recht auf rechtzeitige Unterrichtung und ggf. Beratung 250• Durch die Rechtsprechung 243

P. Nipperdey, CR 1987, 434 (438).

Vgl. den Bericht über einen Interessenausgleich und Sozialplan von Feder/in, ZfA 1989, 99 ff. 245 Eich, DB 1985, 1993 (1998). 246 Papier, RdA 1989, 137 (142). 247 Badura, Paritätische Mitbestimmung und Verfassung, S. 6. 248 Begründung zum BetrVG 1972, Bundestags-Drucks. 6/1786, S. 31; siehe auch Zöllner, Arbeitsrecht, S. 402: Mitgestaltung der "arbeitstechnischen Umsetzung der untemehmerischen Vorgabe". 249 BVerfGE 50, 290 (327); ferner Raiser, FS f. K. Duden, S. 423 (431 f.). zso §§ 106 ff. BetrVG (betr. den Wirtschaftsausschuß) und § 112 BetrVG, der bei der untemehmerischen Entscheidung über die Betriebsänderung als Unternehmerische Entscheidung nur einen lnteressenausgleich, also eine Beratung ohne Einigungspflicht und 244

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§ 11 Die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe durch das BetrVG

des BAG wurden die Mitbestimmungsbefugnisse jedoch kontinuierlich auch auf den Kernbereich der unternehmefischen Leitungsbefugnisse ausgedehnt. In seinem Urteil zum Mitbestimmungsgesetz 1976 251 hat das BVerfG seine die Verfassungsbeschwerden von betroffenen Unternehmen abweisende Entscheidung in bezog auf die hier in Frage stehenden Grundrechte damit begründet, daß der Gesetzgeber sich jedenfalls dann innerhalb der Grenzen einer zulässigen Schrankenbestimmung halte, wenn die Mitbestimmung der Arbeitnehmer nicht dazu führe, daß über das im Unternehmen investierte Kapital gegen den Willen aller Anteilseigner entschieden werde, wenn diesen also das Letztentscheidungsrecht belassen werde 252• Wegen dieser vorsichtigen Formulierung gehen in der Literatur die Meinungen über die Verfassungsmäßigkeit der paritätischen Mitbestimmung auseinander 253 • Diese Diskussion betrifft nicht allein die Unternehmensmitbestimmung, sondern auch die betriebliche Mitbestimmung, sofern durch sie in die unternehmefische Leitungsmacht eingegriffen wird. Vor allem von Gewerkschaftsseite wird die Meinung vertreten, daß eine paritätische Mitbestimmung der Arbeitnehmerseite durch das Grundgesetz nicht ausgeschlossen sei. Zur Begründung wird auf den fehlenden personalen Grundzug der Grundrechtsausübung größerer Unternehmen 254 einerseits und die Grundrechte der Arbeitnehmer, sowie das Sozialstaats- und Demokratieprinzip andererseits hingewiesen 255• Wie wenig die Konzeption von einem personalen Grundzug zu überzeugen vermag, wurde bereits oben 256 dargelegt; im Rahmen der Betriebsverfassung ist dieses Argument noch weniger tragfähig, weil deren Geltungsbereich auch schon erheblich kleinere Betriebe und zudem unabhängig von ihrer Rechtsformerfaßt (§ 1 BetrVG) 257 • Nun kann nicht abgestritten werden, daß das Mitbestimmungsurteil eine ausdrückliche Aussage des BVerfG über die Unzulässigkeil einer paritätischen Mitbestimmung nicht enthält, dennoch ergeben sich aus den Urteilsgründen Maßstäbe für deren verfassungsrechtliche Beurteilung 258: Auszugehen ist davon, daß das BVerfG die Erhaltung des Zuordnungsverhältnisses des Eigentums als von der Zwangsschlichtung vorsieht. In der Gesetzesbegründung kommt ebenfalls der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, dem Betriebsrat keine Mitbestimmung bei den eigentlichen unternehmefischen Entscheidungen einzuräumen, Bundestags-Drucks. 6 I 1786, S. 31. Wie hier Kraft, FS f. Rittner, S. 285 (296 ff.). 251 BVerfGE 50, 290 ff. 252 BVerfGE 50, 290 (350, vgl. auch und 365). 253 Darstellung bei Badura, Paritätische Mitbestimmung und Verfassung, S. 7 ff. 254 Nagel, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, S. 51 ff. 255 Nagel, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, S. 36 ff. und 47 ff. 256 Seite 118 f. 257 Auf diesen bedeutsamen Unterschied zur Unternehmensmitbestimmung weist auch Papier, NJW 1987, 988 (992 I 993) hin. 2ss Badura, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, S. 7; ebenso Pernthaler, Ist Mitbestimmung verfassungsrechtlich meßbar?, S. 81.

II. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn

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Bestandsgarantie des Art. 14 GG notwendig gefordert ansieht 259. Der hohe Argumentationsaufwand260, den das BVerfG dem Hauptargument der Beschwerdeführer, daß durch das Mitbestimmungsgesetz eine Parität zwischen Unternehmenseigentümern und Arbeitnehmerseite eingeführt werde 261 , entgegensetzt, ist nur verständlich, wenn es auf diese Frage für die verfassungsrechtliche Beurteilung ankommt. Das ist aber nur dann der Fall, wenn die paritätische Mitbestimmung das Zuordnungsverhältnis des Eigentums aufheben würde und folglich mit dem Grundgesetz unvereinbar wäre. Dieser verfassungsgerichtlichen Überlegung ist zuzustimmen. Eine paritätische Mitbestimmung wäre nämlich nicht mehr nur eine Schrankenbestimmung des Eigentums, sondern das wesentliche Element des Eigentums, nämlich seine Privatnützigkeit würde aufgehoben 262 • Die Privatnützigkeit beinhaltet die Befugnis zur Bestimmung der Art und Weise des Bigenturnseinsatzes durch den Grundrechtsträger. Sie entfällt, wenn der Eigentümer nicht mehr ohne Zustimmung anderer handeln kann. Nun kann eine Schrankenbestimmung zwar den Schutzgehalt eines Grundrechts zurückdrängen, sie ist aber dann unverhältnismäßig, wenn ein wesentlicher Teil der grundrechtliehen Gewährleistung aufgehoben würde. Die oben zitierte Aussage des Mitbestimmungsurteils, daß sich eine gesetzliche Regelung jedenfalls dann im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen halte, solange der Eigentümerseite das Letztentscheidungsrecht verbleibe, kann deshalb nur in der Weise verstanden werden, daß das BVerfG die Vereinbarkeil des Mitbestimmungsgesetzes gerade in Abgrenzung zur paritätischen Mitbestimmung begründet 263• Würde es die paritätische Mitbestimmung als verfassungsgemäß ansehen, käme diesem Argument auch nicht der in der Abgrenzung und Gegenüberstellung liegende Begründungscharakter zu. Die Begründung hätte dann nur im Wege eines Erst-Recht-Schlusses erfolgen können, nach vorangehender Begründung der- von den Beschwerdeführern bestrittenen- Verfassungskonformität der paritätischen Mitbestimmung. Da das Gericht aber diesen Begründungsweg gerade nicht gewählt hat, sondern im Wege der Gegenüberstellung und des Gegenschlusses entschieden hat, kann dies nur bedeuten, daß es eine paritätische Mitbestimmung nicht gebilligt hätte 264• Die genannten Gründe machen die Anerkennung eines untemehmerischen Entscheidungsvorbehalts auch im Rahmen der Betriebsverfassung notwendig 265 • BVerfGE 50, 290 (341). BVerfGE 50, 290 (322 bis 332). 261 Abgedruckt in BVerfGE 50, 290 (305 ff.). 262 Badura, Paritätische Mitbestimmung und Verfassung, S. 41; Papier, NJW 1987, 994 (992); ders., RdA 1989, 137 (143). 263 BVerfGE 50, 290 (350, 365); s. auch Badura, Paritätische Mitbestimmung und Verfassung, S. 7; Pernthaler, Ist Mitbestimmung verfassungsrechtlich meßbar?, S. 81 (vor allem dort Fn. 370), 83. 264 Ebenso Badura, Paritätische Mitbestimmung und Verfassung, S. 7; Pernthaler, Ist Mitbestimmung verfassungsrechtlich meßbar?, S. 81. 259

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§ 11 Die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe durch das BetrVG

In diesem Sinn hielt der Hessische StGH bei der Beurteilung des mit dem § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG identischen § 61 Abs. 1 Nr. 17, 1. Alt. des HessPersVG die bindende Entscheidung der Einigungsstelle im Nichteinigungsfall für mit der Landesverfassung unvereinbar und begründete dies mit einem Verstoß gegen die Verantwortlichkeit der Regierung 266• Bei der Übernahme und Nutzung neuartiger Büro- und Informationstechnik, die vor den Betrieben der öffentlichen Hand nicht Halt machen könne, müsse die Möglichkeit einer Letztentscheidung der Verwaltungsspitze offenbleiben. Hier drängt sich eine Parallele zu der durch Art. 12 und 14 GG gesicherten Letztentscheidungsbefugnis des Unternehmers auf, weil dieser letztlich ebenfalls die Verantwortung für den Erfolg und Mißerfolg trägt. Abgelehnt wurde das Bestehen eines unternehmefischen Entscheidungsvorbehalts freilich in einer neueren Entscheidung, mit der der Vorprüfungsausschuß des 1. Senats des BVerfG eine Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluß des BAG mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückwies267 • Diese Entscheidung steht mit den Aussagen des Mitbestimmungsurteils jedoch nicht in Einklang. Wäre ein Abrücken davon beabsichtigt, so hätte die Entscheidung jedenfalls nicht vom Vorprüfungsausschuß getroffen werden dürfen 268• Abgesehen von dem unzutreffenden 269 Ausschluß des Art. 14 GG als Prüfungsmaßstab kann auch der apodiktischen Erklärung des Vorprüfungsausschusses nicht gefolgt werden, daß Art. 12 Abs. 1 GG von Berufsausübungsregelungen nicht fordere, die unternehmefische Entscheidungsfreiheit unberührt zu lassen 270• Statt dessen hätte die Zulässigkeil einer paritätischen Mitbestimmung in unternehmefischen Angelegenheiten einer ausführlichen Erörterung bedurft. Schon weil eine solche fehlt, vermag die Entscheidung des Vorprüfungsausschusses nicht das hier gefundene Ergebnis von der Verfassungswidrigkeit eines so weitreichenden Mitbestimmungsrechtes beim Einsatz datenverarbeitender Technologie, wie es die Rechtsprechung des BAG zu § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG entwickelt hat, umzustossen. Die Entziehung des Letztentscheidungsrechts in einem wichtigen und an Bedeutung zunehmenden Teil der Unternehmensführung stellt keine verhältnismäßige Beschränkung der Berufsfreiheit und der Eigentumsgarantie dar. 265 So auch Zöllner, Arbeitsrecht, S. 402; Scholz, NJW 1986, 1587; Papier, NJW 1987, 988 (992 f.); ders., RdA 1989, 137 (143); Kraft, FS f. Rittner, S. 285 (301 f.); Erdmann, FS f. K. Molitor, S. 81 (90); Martens, RdA 1989, 164 (169 ff.); Loritz, ZfA 1991, 1 (8). 266 Entscheidung des Hess. StGH vom 30. 4. 1986; abgedruckt in: Simitis I Dommann I Mallmann I Reh, BDSG-Dokumentation, Entscheidung 12 zu Art. 2 Abs. 1 GG, S. 20 f. 267 BVerfG NJW 1986, 1601. 268 Scho/z, NJW 1986, 1587; Erdmann, FS f. K. Molitor, S. 81 (92). 269 Näheres s. oben S. 30. 270 Scho/z, NJW 1986, 1587 (1588); Papier, NJW 1987, 988 (992 f.); kritisch zur Behandlung der Frage nach einem unternehmefischen Entscheidungsvorbehalt in der der Verfassungsbeschwerde zugrundeliegenden HAG-Entscheidung Martens, RdA 1989, 164 (170 f.).

II. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn

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Aus den gleichen Erwägungen ist auch eine Änderung des BetrVG, verbunden mit einer erheblichen Ausweitung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates beim Einsatz moderner datenverarbeitender Technologie, wie sie der SPD-Entwurf271 in § 87 a Nr. 2 bis 4 vorsieht, als unvereinbar mit den Grundrechten des Arbeitgebers I Unternehmers abzulehnen 272. Ein Mitbestimmungsrecht, das die Berufsfreiheit und Eigentumsgarantie des Unternehmers I Arbeitgebers in verfassungskonformer Weise beschränken will, muß also in jedem Fall dessen Letztentscheidungsrecht in Unternehmerischen Fragen bestehen lassen. Für den Einsatz datenverarbeitenden Technik bedeutet das, daß der Betriebsrat seine Zustimmung nicht verweigern darf, um etwa eine Rationalisierung unmöglich zu machen oder um eine vermeintliche ,)agd auf Kranke und Schwache" durch die Auswertung von Fehlzeiten zu verhindem und so dem Arbeitgeber schon im Vorfeld der dazu gedachten Schutzgesetze (§ 102 BetrVG, KSchG) die Möglichkeit einer Reaktion zu verwehren. Vielmehr ist er auf den Schutzes des Persönlichkeitsrechtes der Arbeitnehmer beschränkt. Er kann solche Maßnahmen zu verhindern, die das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer verletzen oder erheblich gefährden und ggf. Vorkehrungen zu verlangen, die eine Gefährdung mindern. Im Ergebnis bedeutet dies nichts anderes, als daß bei Maßnahmen des Arbeitgebers, die datenschutzrechtlich nicht verboten sind, der Betriebsrat seine Zustimmung nicht verweigern darf273. Bei richtiger Auslegung des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist dies auch im geltenden Recht so vorgesehen. Um den Extensionstendenzen in Rechtsprechung und Teilen des Schrifttums vorzubeugen, wäre es aber sinnvoll, dies de lege ferenda ausdrücklich in das Gesetz aufzunehmen 274. Die gleichen Grundsätze wie für § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gelten für den Umfang des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates nach § 94 BetrVG. Seine Ausdehnung auf die Verwendung der in einem Personalfragebogen oder formularmäßig im Arbeitsvertrag erhobenen persönlichen Daten von Arbeitnehmern, wie dies der SPD-Entwurf zur Änderung des BetrVG 275 de lege ferenda und einige Literaturstimmen 276 dem eindeutigen Wortlaut des BetrVG zum Trotz sogar de lege lata befürworten, stellt eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der in Art. 12 und 14 GG verankerten Unternehmerischen Entscheidungsfreiheit dar. Da die Zustimmung bei der Aufstellung des Personalfragebogens oder den allgemeinen Beurteilungsgrundsätze schon solche Fragen, die das Allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen, verhindem soll, und gerade in diesen Fällen eine Variation in Einzelfallen auch nicht in Betracht kommt, hat die Mitbestimmung des 211 Bundestags-Drucks. 11 I 2995. 212 Eich, DB 1985, 1993 (1998 f.); Papier, NJW 1987, 988 (992 ff.). 273 Zutreffend Ehmann, ZfA 1987, 357 (388); ders., NZA, 1985, Beil 1, S. 10. 274 Ehmann, ZfA 1987, 357 (399). 21s Bundestags-Drucks. 11 I 2995. 276 Nachweis s. oben, S. 74 Fn. 251.

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§ 11 Die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe durch das BetrVG

Betriebsrates bei der Anwendung der Grundsätze für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmer keine Funktion mehr. Demgegenüber würde die Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Datenverwendung den Arbeitgeber doppelt beschränken, weil dann nämlich nicht nur die der Beurteilung nachfolgende personelle Maßnahme - sei es die allgemeine Personalplanung oder sei es eine personelle Einzelmaßnahme - mitbestimmungs- oder mitwirkungspflichtig ist, sondern schon der Zugang des Arbeitgebers zu dieser Information beschränkt wird. Diesem erheblichen Eingriff stehen keine erkennbaren gleichwertigen Interessen der Arbeitnehmerseite oder des Betriebsrates gegenüber, mit der Folge, daß er wegen Unverhältnismäßigkeit verfassungswidrig ist. Beschränkt man die Mitbestimmung des Betriebsrates dagegen darauf, bei der Datenerhebung eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmer zu verhindern und entsprechenden Gefahrdungen nach Möglichkeit vorzubeugen, dann kommt der von dem vorherigen Zustimmungserfordernis ausgehenden Sicherung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers der Vorrang gegenüber den Grundrechten des Arbeitgebers zu.

Zusammenfassung 1. Ohne die Befugnis, Informationen zu erheben, zu verarbeiten und zu verwenden, kann die grundrechtlich geschützte Freiheit zur Wahl und Ausübung eines Berufes (Art. 12 GG) und zur Nutzung des Eigentums (Art. 14 GG) nicht sinnvoll wahrgenommen werden. Dies gilt nicht nur für eine berufliche Tätigkeit, die gerade in der Erhebung und Weitergabe von Informationen besteht (z. B. Auskunfteien), vielmehr ist jeder Unternehmer auf möglichst umfassende Informationen angewiesen, um richtige Entscheidungen treffen und sein Unternehmen gewinnbringend leiten zu können. Deshalb schliessen die Schutzbereiche der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 (§ 1) und Art. 14 Abs. 1 GG (§ 2) die Befugnis ein, Informationen zu erheben und zu verwenden (Informationsfreiheit). 2. Durch die gegenwärtige privatrechtliche Informationsordnung ist die Informationsfreiheit jedoch weitreichenden Restriktionen unterworfen (2. Kapitel). 3. Noch dem Grundsatz der Informationsfreiheit verhaftet ist das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Zivilrechts, das gegen rechtswidrige Eingriffe in einen gegenständlich verkörperten Bereich der Persönlichkeit Schutz bietet (§ 3 I). Unter Berufung auf das informationeHe Selbstbestimmungsrecht wird jedoch versucht, die traditionellen zivilrechtliehen Grundlagen des Persönlichkeitsrechts zu Lasten der Informationsfreiheit des Unternehmers zurückzudrängen(§ 3 n, Ill). 4. Für den Bereich der Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten in oder aus Dateien gilt nach dem BDSG ein grundsätzliches Informationsverbot mit einzelnen Erlaubnistatbeständen. Die Bindung an die gesetzlichen Erlaubnistatbestände und die Pflicht, jede vom BDSG erfaßte Informationshandlung zu rechtfertigen, stellen einen empfindlichen Eingriff in die grundrechtlich gewährleistete Informationsfreiheit dar. Zugleich bilden die generalklauselartigen Erlaubnistatbestände ein Einfallstor für deren restriktive Interpretation (§ 4).

5. In seiner Funktion als Arbeitgeber wird der Unternehmer, außer durch das arbeitnehmensehe Persönlichkeitsrecht (§ 3 TI) durch die Mitbestimmung des Betriebsrates in seiner freien Informationstätigkeit beschränkt. Vor allem der die technische Arbeitnehmerüberwachung an eine Zustimmung des Betriebsrates knüpfende § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG wurde in seinem Tatbestand von der Rechtsprechung beständig in Richtung auf ein "informationelles

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Zusammenfassung Mitbestimmungsrecht" ausgedehnt(§ 5 I 1), wie es auch im SPD-Entwurf zur Änderung des BetrVG enthalten ist(§ 5 I 3). Zugleich findet eine effektive Kontrolle der vom Betriebsrat verlangten und von der Einigungsstelle festgelegten Regelung nicht statt (§ 5 I 2). Hintergrund auch dieser Beschränkung der Unternehmerischen Informationsfreiheit ist ein zu extensiv verstandenes Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationeile Selbstbestimmung (§ 5 I 3).

6. Diese Beschränkungen der Unternehmerischen Berufs- und Eigentumsfreiheit unterliegen dem Übermaßverbot. Den wesentlichen Prüfungsmaßstab neben der Eignung und der Erforderlichkeit stellt dabei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn (Angemessenheit) dar(§§ 6 II, 7 I 2). Eine Regelung, die in die Schutzbereiche beider Grundrechte eingreift, wird dabei typischerweise für beide Grundrechte einheitlich zu beurteilen sein(§ 7 III). 7. Die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmende Abwägung bedarf zu ihrer besseren Nachvollziehbarkeit einer Aufspaltung in verschiedene Gedankengänge: Nach der Herausarbeitung der berührten Interessen müssen diese anband der Wertordnung des Grundgesetzes als grundsätzlich schutzwürdig bewertet oder als nicht schutzwürdig ausgeschieden werden. Für die anschließende Gewichtung und Abwägung können Anhaltspunkte insbesondere aus den von den Grundrechten wahrgenommenen Funktionen und ihrer historischen Entstehung gewonnen werden (§ 8). 8. Die wegen der relativ freien Zweckwahl durch den Gesetzgeber nur ein grobes Prüfungsinstrumentarium liefemden Kriterien der Eignung und der Erforderlichkeit sind im BDSG, das den Schutz des grundrechtliehen Persönlichkeitsrechtes und des Rechts auf informationeile Selbstbestimmung bezweckt (§ 9 I 1) beachtet worden. Zwar würde die denkbare Alternative einer grundsätzlichen Erlaubnis mit einzelnen Verbotstatbeständen die Informationsfreiheit erheblich weniger beeinträchtigen, doch wäre sie nicht ein ebenso wirksames Mittel wie ein grundsätzliches Verbot, bei dem der Datenverarbeiter sich bei jeder Maßnahme nach seiner Berechtigung fragen muß (§ 9 I 2). Auch die §§ 94, 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, die den Schutz des arbeitnehmerischen Persönlichkeitsrechts bezwecken, sind dazu geeignet und erforderlich (§ 9 II 1, 2). 9. Grundlage der die Informationsfreiheit beschränkenden Gesetze ist das vom BVerfG im Volkszählungsurteil entwickelte Recht auf informationeHe Selbstbestimmung, das auch die Gesetzesanwendung beeinflußt (§ 10 1). 10. Die umfangreichen Ausführungen des BVerfG über Inhalt und Grund der informationellen Selbstbestimmung waren Anlaß für eine folgenreiche Überund Fehlinterpretation des Volkszählungsurteils. Die nachfolgenden Urteile des BVerfG zeigen jedoch, daß das Gericht weiterhin an einer umfassenden

Zusammenfassung

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Interessenahwägung zur Feststellung einer Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts festhält (§ 10 II 1). 11. Die Übertragung des informationeilen Selbstbestimmungsrechts in privatrechtliche Rechtsbeziehungen im Wege mittelbarer Drittwirkung ist nur unter' dessen erheblichen Modifizierung möglich: Da es im Privatrecht keine unbegrenzte Freiheit geben kann, ist die dem verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsrecht und dem Recht auf informationeHe Selbstbestimmung verloren gegangene gegenständliche Verkörperung wieder hinzuzufügen(§ 10 II 2). Dann besteht Übereinstimmung mit dem zivilrechtliehen Allgemeinen Persönlichkeitsrecht. 12. Die Schutzwürdigkeit der durch die Berufsfreiheit und die Eigentumsgarantie geschützten Interessen darf entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung(§ 10 III 1) nicht schon wegen eines fehlenden personalen Grundzuges der zu beurteilenden Grundrechtsausübung des Unternehmers herabgesetzt werden(§ 10m2). 13. Bei der Bewertung der unternehmerischen Berufsausübung und Eigentumsnutzung ist vielmehr die ökonomische Dimension dieser Grundrechte mit zu berücksichtigen, wie sie sich aus der philosophischen Rechtfertigung des Privateigentums und der historischen Entwicklung der Anerkennung des Eigentums als Grundrecht ergibt, die auch bei der Grundgesetzgebung beachtet wurde (§ 10 m 3). 14. Für die Feststellung der konkreten Beeinträchtigung der Berufs- und der Eigentumsfreiheit die ausschlaggebend für die Abwägung ist, bedarf es einer verfassungskonformen Auslegung der generalklauselartigen Erlaubnistatbestände des BDSG. Diese ergibt, daß ein Überwiegen des schutzwürdigen Interesses des von der Datenverarbeitung Betroffenen nur dann angenommen werden darf, wenn in einen gegenständlich verkörperten Bereich der Persönlichkeit eingegriffen wird und die Interessenahwägung zeigt, daß eine Verletzung oder zumindest eine erhebliche Gefährdung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt (§ 10 IV 2). 15. Auch wenn man diese verfassungskonforme Auslegung berücksichtigt, sind nicht alle Regelungen des BDSG verfassungskonform. Wegen einer unverhältnismäßigen Beschränkung der Informationsfreiheit verfassungswidrig sind die Einbeziehung nicht-automatisierter Dateien, die Datennutzung, die Zweckbindung nach §§ 28 Abs. 4, 29 Abs. 3 BDSG und für die im SPDEntwurf eines Bundesinformationsschutzgesetzes vorgesehene Einbeziehung der Datenerhebung. Hier besteht kein Anlaß zur Vorverlagerung der Persönlichkeitsschutzes, während auf der anderen Seite die Berufs- und der Bigenturnsfreiheit des Unternehmers erheblich beschränkt werden(§ 10 IV 3). 10 Breitfeld

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Zusammenfassung

16. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zu § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG verstößt schon deswegen gegen die Grundrechte des Arbeitgebers aus Art. 12 und 14 GG, weil sie nicht mit dem Tatbestand des BetrVG vereinbar ist und die Voraussetzungen für eine richterliche Rechtsfortbildung nicht vorliegen(§ 11 1). 17. Auch wenn das BetrVG eine Grundlage für die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung enthalten würde, wäre eine so weitgehende Beschränkung der Grundrechte des Arbeitgebers unverhältnismäßig, weil durch die Ausdehnung der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung ohne eine effektive Überprüfung des Ermessens der Einigungsstelle der Unternehmerische Entscheidungsvorbehalt in einem Kernbereich angetastet wird (§ 11 ll).

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