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German Pages 70 Year 1939
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Norwort Beim Wiederaufbau der deutschen Wehrmaßnahmen, die in großem Umfang die Verteidigung der Städte erfassen, hatte der Verfasser vielfach Gelegenheit, an der Schaffung von Verteidigungsanlagen, insbesondere
für die Reichshauptstadt, mitzuwirken. Diese Tätigkeit führte ihn dazu, sich eingehend mit den Verteidigungsmaßnahmen der ehemaligen Festungsstadt Berlin zu befassen, und ließ den Plan zu vorliegender Arbeit entstehen. Erleichtert wurde seine Verwirklichung durch eine genaue Kenntnis des alten Berlin, die der Verfasser vor allem den Führungenseines ehemaligen Lehrers an der Königstädtischen Oberrealschule verdankte: Herrn Dr. Hans Jahn, der in der Geschichtsforschung und -schreibung Alt-Berlins eine
führende Stellung einnimmt.
Eine weitere Vertiefung dieser Kenntnisse brachte während der Studienzeit die Beschäftigung mit einem Teilgebiet der Alt-Berliner Baugeschichte. Das tiefere Eindringen in dieses baugeschichtliche Gebiet zeigte, daß das Wenige, was bisher über die Befestigung Berlins geschrieben wurde, zwar zuerst den Eindruck der Vollständigkeit und des Abgeschlossenen macht; aber schon bald kann man -- und gerade der Architekt -- erkennen, daß
z. B. die neuerdings bekannt gewordenen Pläne nicht genügend besprochen und ausgewertet worden sind und daß die Darstellungen sich untereinander widersprechen. So soll diese Arbeit dazu beitragen, eine Lä>e in der Geschichte der Stadt Berlin auszufüllen.
Für tatkräftige Unterstüßung bei der Arbeit ist der Verfasser Herrn Prof. Dr. Kren>er, der die Arbeit mit freundlicher Teilnahme und wert-
vollen Hinweisen begleitete, zu Dank verpflichtet, außerdem aber besonders dem Vorsißenden des Vereins für die Geschichte Berlins, Herrn Studienrat Dr. Hermann Kügler, für viele wertvolle Hinweise, Nachträge und Ergänzungen sowie die bereitwillige Aufnahme dieser Arbeit in die Neihe der „Schriften“ des Vereins und die große Mühe, mit der er ihre Drulegung während der Zeit meiner Einberufung zum Heeresdienst überwacht hat; ferner den Herren Dr. Faden und Tsch5pe vom Verein für die Geschichte Berlins, den Helfern in der Beschaffung der Bücher und Pläne, sowie den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG)für die Überlassungihrer Aufzeichnungen. Berlin, am 1. März 1939.
Heinz Schierer
Einleitung Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit der Berliner Stadtbefestigung während der Jahre 1658-83, also jener Zeit, in der die eigentliche Festung
Berlin entstand und vollendet wurde.
Zwar war die Stadt auch schon vorher befestigt, dennoch aber keine „Festung“. Zwar wurden Festungsteile auch noch später, nach dem Tode des Großen Kurfürsten, gebaut, andere jedoch dafür abgerissen, so daß der klare Festungscharakter tatsächlich nur in dem bezeichneten Zeitraum deutlich zutage tritt, wie im Verlauf der Arbeit bewiesen wird. Trogdem sind auch frühere und spätere Zeiträume, soweit dies zum Verständnis nötig ist, in die Arbeit einbezogen worden. Eine zeitgenössische Beschreibung der Befestigung ist nur in dem 1737 erschienenen Buch „Altes und Neues Berlin“ von Küster vorhanden. Er
hat die gesamte Befestigungsanlage noch gesehen, und sein Buch ist somit auch die Hauptquelle für alle Beschreibungen geworden. Spätere Bearbeiter dieses Themas wie Nicolai („Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam“, 3. Auflage, 1786) und auch König („Versuch einer historischen Schilderung der Residenzstadt
Berlin“, 1793) haben die kurfürstliche Festung nicht mehr gesehen, sondern
nur noch Teile und Reste, die als Unterlagen für ihre Beschreibungen dienen mußten. Ebenso ist die von Holze in seiner „Geschichte der Befestigung von Berlin“ (1874) angeführte Schilderung Eickstedts „Reglements und
Instruktionen“ (1837) anzusehen. Andere quellenmäßige Betrachtungen über die Festung enthalten die
Akten des Geheimen Staatgarchivs, des Stadtarchivs und auch Briefe und
Aufzeichnungen einzelner Offiziere und Bürger.-- Die Akten hat Holte in der erwähnten „Geschichte der Befestigung von Berlin“ ausgewertet, der
ersten Beschreibung aller Befestigungsmaßnahmen während der ganzen
Berliner Geschichte. In mühevoller Kleinarbeit schuf er aus alten Schriftstücken, Urkunden u. a. m. eine lebendige und heimatkundlich wertvolle Übersicht, so daß man sie zu jeder Bearbeitung über den Festungsbau heranziehen muß.
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Wieweit Holze fürnicht durch Quellenangabegekennzeichnete Äußerungen
Belege gehabt hat, ist nicht nachweisbar; Galland bezweifelt in seiner Abhandlung „Hohenzollern und Oranien“ einige seiner Angaben. 1
Der Verfasser der vorliegenden Arbeit erwähnt Holte nur dann, wenn
sich durch Stichproben oder anhand vonQuellen die Richtigkeit der Holte'schen
Ausführungen ergab.
Als dritte, aber nur kärgliche Quelle für eine Beschreibung der Festung können noch kurze Erwähnungen und Berichte gelten, die Besucher Berlins gemacht und oft sehr kritisch abgefaßt haben. Eine letzte Art der Unterlagen für die Kenntnis der Befestigung bieten Pläne und Zeichnungen; auch Holße erwähnt sie als Belege, doch ist es ihm leider nicht gelungen, sie hinreichend zur Beschreibung heranzuziehen, zumal da ihm noch nicht alle heute bekannten vorgelegen haben.
8
Die Befestigung 1. Der Anlaß Es waren vier Gründe, die den Großen Kurfürsten bestimmten, Berlin zu einer Festungsstadt auszubauen: 1. der Wunsch nach Vollendung der unter Georg Wilhelm, dem Vater des Großen Kurfürsten, begonnenen,
aber unzulänglichen Befestigungsmaßnahmen; 2. die Schußlosigkeit seiner Untertanen während der Wirren des Dreißigjährigen Krieges und späterer
Feldzüge; 3. seine wirtschaftspolitische und militärische Erziehung in Holland und 4, nicht zuletzt sein Wunsch, Brandenburg zu einem wirtschaftlich aufblühenden Land zu machen durch die Möglichkeit einer Arbeitsbeschaffung -eine Maßnahme,die wir erst heute angesichts der Umbauarbeiten und baulichen Planungen unseres Staates als wesentlich im Wirtschaftsleben eines Volkes zu würdigen verstehen. Berlin war vor der kurfürstlichen Befestigung, wie für eine Stadt üblich,
durch Mauern und Türme geschüßt; Tore gewährten oder verhinderten Einlaß. So schildert sie 1617 der Reisende Philipp Hainhofer!), und so erkennen wir die Stadt aus Zeichnungen Walthers, die er seinem hand-
geschriebenen Buch?) beifügte. So auch zeigt sie der Memhardtsche Plan
um 1650. (Abb. 1.) Warum aber Berlin nicht wie Tausende anderer Städte
Deutschlands, Hollands, Italiens und Frankreichs eine regelrechte Festung war, soll jpäter erörtert werden. =- Diese eben geschilderte mittelalterliche
Art der Stadbefestigung, die im wesentlichen bis zur Zeit des Großen
Kurfürsten bestand, erwies sich als völlig unzureichend für die damalige
Kriegsführung).
Zudem waren die Folgen des Dreißigjährigen Krieges für die Mark und für Berlin ebenso umfangreich und erschreckend wie überall im Reich;
Faden schildert sie ebenso anschaulich wie ausführlich nach vorhandenen
!) v. Medem in Ledeburs „Allg. Archiv f. d. Geschichtskunde d. Preuß, Staates", Bd. 6, Abschnitt X, S. 193 ff. Neuer Abdruck bei Faden, Berlin im Dreißigjährigen Kriege,
Berlin 1927, S. 235 ff.
:
2) 39 Friedr. Walther, Historische Nachrichten v. d. Berliner Garnisonkirche.
3) Nähere Auskunft über das durch den Gebrauch des Schießpulvers vollkommen geänderte Kriegswesen geben die im Quellen: und Literaturnachweis angeführten Bücher über die Geschichte des Befestigungswesens. O9
Akten in seinem Buch „Berlin im Dreißigjährigen Kriege“. Die Unzulänglichkeit der mittelalterlichen Befestigung und die damit verbundene Schußlosigkeit der Stadt führten daher schon während der Regierungszeit des
Kurfürsten Georg Wilhelm zu besonderen Hilfsmaßnahmen; aber sie konnten ihrem Charakter entsprechend nur vorläufigen Schuß bieten. Am 22. Juli 1630 wurde der Feldmarschall Hans Georg von Arnim vom Kurfürsten beauftragt, einen Ingenieur zu senden, um die Residenz in aller Eile etwas zu befestigen, und unter der Aufsicht des Ingenieurs Hydde Hörenken*) entstanden um 1634 hier und da Wälle und Schanzen;
auch Batterien wurden aufgestellt. Holge*) hält es für wahrscheinlich, daß zu dieser Zeit die beiden Bastione geschaffen wurden, die in der Nähe des
Spandauer Tors auf dem Plan Memhardts sichtbar sind. Belege hierfür gibt. er jedoch nicht an; Galland“) bezweifelt diese Behauptung und hält es für ebenso gut möglich, daß diese Bastione erst später und zwar vielleicht sogar von Holst") oder Memhardt schon vor der eigentlichen Befestigung
erbaut worden sind, Eine genaue Feststellung war mir nicht möglich, weil über den Bau
dieser Bollwerke keine Nachrichten vorliegen. -- Außerdem gibt Holzes)
eine Darstellung aller vorkurfürstlichen Versuche zur Wehrhaftmachung, so daß bei allen diesbezüglichen Untersuchungen auf ihn verwiesen werden kann. Erwähnt sei noch, daß die Versuche zur bestmöglichen Verteidigung
der Stadt beim Anrücken der Schweden im Jahre 1641*) den Statthalter Schwarzenberg am 17. Januar zu dem Befehl veranlaßten, die Vorstädte auf der köllnischen Seite unter dem Kommando des Obersten von Kracht
abzubrennen. Diese vorläufigen Befestigungen übernahm Friedrich Wilhelm, und sie
wurden ohne besonderen Aufwand auch in den ersten Jahren seiner Regierung instand gehalten. Jedoch war der Kurfürst technisch zu sehr geschult, um diese unzulänglichen Maßnahmen für einen wirklichen Schuß seiner zukünftigen Residenz zu halten. Er hatte seine Jugend in Holland verbracht, dem Land, das durch die Befreiungskriege der Oranier der Kriegskunst und vor allem für das Artilleriewesen neue Bedingungen und Entwicklungs-
möglichkeiten schuf. Besondere Vorliebe zeigte der junge Kronprinz für die Artillerie und für die damit zusammenhängende Befestigungskunde") und lernte mehrere der bekannten Festungsbaumeister wie van der Kloot, Wallmann und auch Matthias Dögen kennen. Neben diesen kriegstechnischen Beobachtungen war es die trostlose
wirtschaftliche Lage seiner Residenz am Ende des Dreißigjährigen Krieges, 4) Nicolai, Beschreibung S, 1. ff. 5) Heft X, S. 34 der „Schriften d. V. f. d. Gesch. Berlins“. 8) Die ersten Baubeamten, Berlin 1896, S. 34 u. Hohenzollern und Oranien, Straß: burg 1911, S. 13.
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7) Jakob Holst war kurfürstliher Ingenieur. Nicolai beschreibt seine Tätigkeit in den
„Nachr. v. Baumeistern“ S. 39. 8) s. Anm, 5.
9) Faden, Berlin im Dreißigjährigen Kriege, S. 222 f. 10) y. Schöning, S. 68.
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die den Kurfürsten zu ihrer Befestigung bewog. Berlin war nie vorher Festung gewesen und blieb es auch nicht lange. Außerdem war das Landes-
verteidigungssystem des Großen Kurfürsten") so ausgezeichnet, daß Berlin
als Festung im Kriege überflüssig war. Im Westen der Hauptstadt lagen Magdeburg und Spandau, die Oderlinie war geschüßt durch Frankfurt, durch die Schanze bei Görliß, durch Küstrin und Oderberg, ferner gegen Polen durch Landsberg und Driesen, gegen Sachsen durch Peitz"). Nie ist es notwendig geworden, die Verteidigungskraft der Festung zu erproben. Doch der Kurfürst war weitschauend genug, um zu wissen, daß schon die Möglichkeit des Schutzes in der unruhigen Zeit Bürger dazu anlocken könnte, sich in der Stadt niederzulassen, so daß das brachliegende Wirtschaftsleben neuen Aufschwung erfahren könnte. Die „Festung“ Berlin war
die. Gewährleistung für die „Hauptstadt“ Berlin), ja, sogar ihre Voraussezung. Doch bevor neu herangezogene Bürger zu eigenem Vorteil in der Stadt leben und arbeiten konnten, mußten erst die bereits ansässigen, aber
zum Teil arbeitslosen Menschen Beschäftigung finden.
Unzweifelhaft war der Plan des Großen Kurfürsten, Berlin zu be-
festigen, für damalige Zeit das größte Werk der Arbeitsbeschaffung, da die Tätigkeit im Bauwesen die Beschäftigung vieler anderer Handwerksgruppen nach sich zieht, Die technische Durchführung der Arbeit ist aus einigen zeitgenössischen Erwähnungen bekannt; sie werden im 6. Abschnitt angeführt. Dafür, daß sich nach dem UmbauBerlins zur Festung auch unmittelbar ein wirtschaftlicher Vorteil ergeben würde, spricht ein Brief, der zwar nicht an den Großen Kurfürsten, wohl aber an seinen Vater Georg Wilhelm gerichtet war, so daß sein Inhalt als bekannt bei Friedrich Wilhelm vor-
ausgeseßt werden kann. Der Generalquartiermeister Burggraf Abraham zu Dohna schrieb aus Memel: ,, . . . wie manin Holland bei der Anlage
gewisser Schußmittel z. B. der Wassergräben, zugleich immer die Förderung der Industrie im Auge habe . . . Der Memeler Festungsgraben könne
nämlich leicht durch die Stadt geleitet werden, was für das Brau- und andere Gewerbe sehr vorteilhaft wäre . . „9.
Die angeführten Umstände ließen im Kurfürsten den Plan entstehen, seine zukünftige Residenzstadt zu einer wirklichen Hauptstadt zu machen, die mit der Sicherheit ihrer Bewohner, deren Wohlstand und ihrer Größe tatsächlich an der Spitze der Städte des brandenburgischen Staates stand. Doch vergingen vom Regierungsantritt bis zum Beginn der Arbeiten noch
viele Jahre, die zur Vorbereitung und Planung der Befestigung dienten.
11) Jany, Geschichte d. kgl. pr. Armee, Bd. 1, S. 189 f, 12) Untersuchungen über die Bedeutungslosigkeit Berlins im Kriege hat Faden ge-
geben: Zur strategischen Lage Berlins.
13) Adler, S. 18. 14) Galland, Hohenzollern und Oranien, S. 7.
11
2. Die Planung Die vorkurfürstliche Stadtmauer war wie bei den meisten mittelalterlichen Städten so auch bei Berlin organisch entstanden. Die notwendige Mauer richtete sich nach den vorhandenen Häusern und den Bau- und Straßenfluchtlinien. Bei der neuen großen Planung fanden jedoch schon vorhandene Mauern, Türme und sonstige Bauten keinerlei Berücksichtigung. Die Vermutung einer langen Vorbereitungszeit bis zur endlichen Durch-
führung dieses großen Bauvorhabens belegen zahlreiche uns überlieferte zeichnerische wie beschreibende Berichte. Die gegenteilige Auffassung Nicolais?*) dürfte mit den folgenden Ausführungen widerlegt werden; er schreibt nämlich: „1658 (also. im Jahre des Baubeginns! d. Verf.) faßte
Kurfürst Friedrich Wilhelm den Entschluß, seine Residenz ganz von neuem und regulär zu befestigen.“-
Die ersten Hinweise auf eine jahrelange Planung für den Festungsbau geben uns dagegen die 1648 zu Amsterdam und 1652 zu Stettin in deutscher
Sprache erschienenen Bücher von Matthias Dögen: „Heutiges tages übliche Kriges Baukunst“ und von Wendelin Schildknecht: „Beschreibung Festungen zu bawen.“ Das erste (reich bebilderte) Buch enthält eine Fülle von Bauregeln in Form von Kunstsprüchen ; einige sollen später angeführt werden. Es ist anzunehmen, daß das Buch sogar auf kurfürstlichen Wunsch erschien, obwohl es keine Widmung an den Großen Kurfürsten aufweist. Gegenüber
den vorher veröffentlichten Festungsbüchern bringt es nichts wesentlich Neues,
kann aber, da es im Gegensaß zu den meisten bisher in fremden Sprachen
erschienenen Büchern in der allen verständlichen deutschen Sprache geschrieben war, als Werbeschrift und Lehrbuch angesehen werden. Dögen, 1605 zu Dramburg in der damaligen Neumark geboren"), war als guter Ingenieur bekannt und wurde als kurfürstlicher Rat Resident des Großen Kurfürsten in Holland").
Das zweite Buch trägt im Untertitel den Zusaß: „Solche so woll in Bodenlosen und Sumpfichten / als auf festem Boden auszuführen“ und hebt damit die Sonderforderungen, die für das Bauen in Berlin galten, deutlich hervor. Schildknecht war kurfürstlicher Ingenieur und Zeugmeister 15) Anm. 4; S. LA].
16) Nicolai, Nachrichten, S. 45. Dramburg gehört heute zu Pommern. 17) Nicolai, Beschreibung, S. LIl; Todesjahr Dsgens 1672 (auch Nachrichten, S. 45).
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und hatte dies Buch dem Kurfürsten gewidmet. Er beschreibt, wie es die
erwähnte Titelergänzung verheißt, in einem Teil seines Buches das Bauen
auf sumpfigem Gelände), gibt Ratschläge über Bodenbefestigung, Pfahlund Kastengründungenu. a, m. Erläutert, begründet und gewürzt sind seine
Bauregeln mit Sprüchen; einige von ihnen sollen wiedergegeben werden, weil sie uns heute ungewöhnlich erscheinen für sachlich-technische Bücher, z- B.: „In Mangelung der Feldsteine (denn wo keine Castanien wachsen / mästet man die Säu mit Eicheln) soll man Holz benutzen“ oder „Ein guter Chirurgus sollte wol ehe einem alte Weibe die Rungeln vertreiben“, als
daßein erfahrener Ingenieur eine alte Stadt in eine vors;e, aus Gründender Werbungoder der Lobesbezeugung
pflegte man bisher Gesamt- und Teilansichten zu geben oder Stadtbilder wie wir sie z. B. in Zeillers Topographie oder später in den Ansichten von Schulz und Broebes haben. Der Plan Memhardts ist der älteste bekannte
Berliner Stadtplan"); vielleicht genügte er sogar für eine genaue Festlegung der zukünftigen Befestigungswerke. Er ist uns darüber hinaus ein Beweis dafür, daß die Planung lange Zeit vor Beginn der Arbeiten lag. Zumbesseren Verständnis für diese Ansicht seien einige Daten aus dem Leben Memhardts gegeben, vor allem soweit sie Bezug auf den Festungsbau haben. Johann Gregor Memhardt?*) wurde 160721) in Linz an der Donau geboren. Sein Geburtsort wurde erst 1892 bekannt, als beim Umbau einer Schleuse an der heutigen Schloßfreiheit eine Tafel gefunden wurde, die angibt, daß Memhardt, aus Linz an der Donau gebürtig, für das Jahr
1657 Stadtbaumeister in Berlin war?2), Eine Tafel gleichen Inhalts wurde 1936 beim Bauder neuen Mühlendammschleuse gefunden??), Bis dahin galt er als Holländer nach den Angaben Nicolais?*) über Memhardts
Heimatort: „Johann Gregor Memhard, aus Holland gebürtig. Ward 1650 als Kurfürstl. Ingenieur und Baumeister nach Berlin berufen, wo man ihn lange erwartet hatte, in dem gar kein Baumeister vorhanden war.“ 18) S. 108 ff.
19) Clauswiß, S. 13. Das Meriansche Bild und der Memhardtsche Plan erschienen
beide in Zeillers Topographie 1652. Beide miteinander vergleicht Dr. Raul Nicolas in der Zeitschrift d. V. f. d. Gesch. Berlins 1937, S. 32 ff.
*") Die Schreibung des Namens ist verschieden. Jn Akten und Berichten wird oft der Borname Georg statt Gregor gebraucht; als Zuname oft Memmert. Oft endet der Name mit „t". Eine eigenhändige Unterschrift Memhardts im Geheimen Staatgarchiv zeigt die Schreibweise „dt“; für sie hat sich der Verf. auch in dieser Arbeit entschieden. Weghalb die Stadt Berlin bei einer in neuerer Zeit vorgenommenen Straßentaufe -- nahe dem ehe-
maligen Festungsgraben -- sich zur Schreibweise mit Endungs-,,d“ entschlossen hat (troß
der ausführlichen Untersuchungen Gallands), ist nicht bekannt.
21) Dieses bisher nicht bekannte Datum der Geburt wurde mir freundlicherweise mitgeteilt von einem Nachkommen Memhardts, Herrn Studienrat Stappenbe, Potsdam, der es auf seinen familienkundlichen Forschungenermittelt hat. 22) Galland, Hohenzollern und Oranien, S. 193. 23) Mitgeteilt von Reg. - Baurat Joosten, dem Bauleiter der Mühlendammstaustufe.
24) Nicolai, Nachrichten, S. 54.
[3
Memhardt stand als Festungsingenieur schon in Diensten des Kurfürsten Georg Wilhelm, dem Vater des Großen Kurfürsten. Er wurde später der „Reiseingenieur“ des Großen Kurfürsten genannt. Aus seinen Reisen gewann er die Erfahrungen, die für große bauliche Aufgaben notwendig waren. Schon 1645 bat der Festungsbaumeister von Pillau, Podewils, in einem Schreiben vom 29. Dezember den Großen Kurfürsten um Rücksendung Memhardts, da er große „Experienz“ habe*?*). Auch beim Bau der Festungen Memel (Mümmel) und Küstrin war Memhardt beteiligt?*). Aber im Zusammenhang mit dem Festungsbau. führt es zu weit, sämtliche Bauten Memhardts zu nennen, die er nach seiner Ankunft in Berlin
schuf; doch „ob Memhardt bis an seinen 1678 erfolgten Tod, beständig die Direktion erhalten, ist deswegen fast zu zweifeln, weil er noch viele andere Gebäude innerhalb und außerhalb Berlins gebauet hat. Wer nach ihm die
Direktion bekommen habe ist nicht bekannt“?"), Als eine seiner „ersten Aufgaben in der neuen Stellung“ in Berlin nennt
Geyer**) für Memhardt „die Anfertigung des Planes der Residenzstadt Berlin-Cölln“, der zuerst in Merians Topographie 1652 erschien. Allerdings ist auf dem angeführten Plan die Jahreszahl 1648 erkennbar; er müßte also demnach schon zwei Jahre vor der 1650 erfolgten Ankunft Membhardts in Berlin veröffentlicht. worden sein. Galland?*) hält diese Zahl für gefälscht, ohne aber eine Begründung zu geben. Ebenso schreibt Adler?) ohne Angabe von Gründen zuseiner Auffassung, daß der Große Kurfürst schon 1647, als die Linden auf der heutigen Straße Unter den Linden gepflanzt wurden, den
Plan zur Befestigung gefaßt habe. Wahrscheinlicher ist jedoch die Annahme Geyers, daß Memhardt als erste Aufgabe bei seiner Ankunft 1650 die Anfertigung des Stadtplanes erhielt und ihn einige Zeit später beendet hat. „MNemhardt war also nach Jahren wieder der erste, der, wiewohl vor
allen Dingen Ingenieur, dennoch auch als Architekt den Aufgaben der Zeit völlig gewachsen war“), Über Memhardts weitere Bau- und auch Kriegstätigkeit gibt Nicolai Auskunft*?): „1657 mußte er unter dem Generalmajor Hr. von Uffeln die damaligen Mauern und Wälle repariren, und 1658 erhielt er die Direktion der neu anzulegenden Festungswerke zu Berlin.“ Den
Schlußstein zu diesem Werk konnte er nicht mehr einfügen; er starb 1678, Das Leipziger Tor aber stellte erst 1683 Nering fertig. =- Memhardts Bauleitungstätigkeit an dem ersten Umgestaltungsplan der Stadt wird in einem
späteren Abschnitt besprochen.
Memhardts Berliner Stadtplan zeigt den Zustand der Befestigung um 1652. Sein Maßstab ist etwa 1 : 53002). --- Der Berliner Teil ist von 25) Galland, H. u. O., S. 26. 26) Galland, Baubeamten, S. 39, 27) Nicolai, Beschreibung, S. LI Anm. 28) Bd. 1 des Textes, S. 76. 29) Anm. 25.
30) 31) 32) 33)
[4
S. 17. Galland, Baubeamten, S, 39. Nicolai, Nachrichten, S. 55. Elauswiß, S, 13.
einer Stadtmauer umschlossen, die von der Spree mit einem Bogen im Norden wieder zur Spree reicht. Auf der linken nördlichen Seite der Mauer sicht man zwei Bollwerke der neuzeitlichen Befestigungsart durch einen Wall verbunden. Den Köllnischen Teil an der südlichen Seite faßt eine Stadtmauer ein. Von der heutigen Jungfernbrücke zweigt von dieser Mauer in westlicher Richtung eine Linie ab, die von der Straße Unter den Linden unterbrochen wird und an dem „Neuen Ausfluß der Spree“ endet. Diese Linie Richt Holkze als Wall an, der die Stadt umgab und um 1640 angelegt
sein soll.
Eine bis ins kleine gehende Zeichnung war notwendig, um überhaupt
eine Grundlage für eine zukünftige Planung zu schaffen. Dieser Bedingung
entspricht auch die nur skizzenhafte Darstellung der bereits bebauten Teile der Stadt, Einzelne Häuser sind nicht erkennbar, nur die Häuserblocks sind schärfer umrissen. Die Straßen tragen keine Namen. Als Anhaltspunkte sind die Kirchen und öffentlichen Gebäude durch perspektivische Darstellung hervorgehoben. Dafür ist aber das gesamte Gelände außerhalb der Stadtmauer, wo die zukünftigen Festungsanlagen liegen sollen, sorgfältig gezeichnet. Bäume, Wasserläufe, Sträucher, Wege, die Türme und Tore der Stadtmauer, einige Häuser im Baugelände: alles das ist eingetragen. So-
mit gibt gerade dieser Plan Memhardts durch seine Darstellungsweise dem Städtebauer den Beweis, daß eine weitschauende Planung für die Festung
vorgelegen hat.
Aus der Zeit der Planung sind uns noch drei andere Stadtpläne er-
halten, deren Erscheinungsjahrenicht bekannt sind, die aber als Entwürfe für den Festungsbauzugelten haben??), da sie alle drei das für Entwürfe gemeinsame Kennzeichen haben, Bauten zu zeigen, die nachweisbar niemals ausgeführt wurden. Der erste der erwähnten Pläne ist der von Lindholz?*), der zweite von
Kauxdorff**), der dritte trägt keinen Namen; ich nenne ihn nach seinem Aufbewahrungsort?*) den „Dresdner Plan“. Diese drei Pläne zeigen übereinstimmend die Anlage der Festung Berlin nach der „Wall-Bollwerk“Befestigungsweise, die, bevor auf die Pläne näher eingegangen wird, im
Folgenden kurz beschrieben werden soll.
34) Geheimes Staatgarchiv, Allgem, Kartensammlung VIa 102; veröffentlicht in den
„Vermischten Schriften" des Vereins f, d. Geschichte Berlins, Bd. 2 (1888). 35) Stadtarchiv Berlin, Plan Ala 14,
36) Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Dresden, Schrank VII, Fach VII, Nr. 23, 2 Teile,
Beschrieben von Clauswiß, Pläne S. 14.
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in Cölln
Batterie hinter dem Garten
(Bastion 13)
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hinter dem Laboratorio
M
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hinter dem langen Zeughauss hinter dem Hospitahl
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hinter dem kleinen Zeughauss hinter dem Holkgarten
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3) 5)
hinter der Heybinderey
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Die Tore Aus der waagerecht laufenden Linie des quaderverkleideten Walles und der Bollwerke hoben sich die Tore heraus, drei auf der Berliner, drei auf der Köllner Seite. In Berlin standen das Stralauer, das Georgen- und das Spandauer Tor: in Kölln das Köpeni>er, das Neue und das Leipziger Tor. An der Bastion 8, dem Stralauer Bollwerk, wo mit den Befestigungs-
arbeiten begonnen wurde, lag das erste und gleichzeitig bescheidenste Tor. Es war nur ein einfacher Durchlaß durc< den Hauptwall und führte wegen des
geringen Naumes zwischen Spree und Festungsgraben nicht geradewegs auf die Straße nac< Stralau, sondern verlief zunächst parallel zum Wall. Das 642) Näheres über die Gebäude in den Bastionen bei Holte, S. 84.
65) i, 2, Teil; Chur Fürstliche Brandbg. Kriegesrecht oder Articulus Brieff, S. 17,
ohne Zeitangabe.
Tor bestand aus Feld- und Backsteinen?*). Es war ein „bloßes Gittertor und Sclagbaum, weil zwischen dem Bollwerk . . . . . und der Spree zu
einem großen Tore der Raum zu enge war.''7) Am Stralauer Tor war zugleich der Brücenkopf zur Blo>sbrüce, die
Berlin mit Kölln (genauer Friedrichswerder) verband. Ein einfacher Rundturm mit einem zinnenumkränzten, kegelförmigen Dawerke hoch in doppelter Höhe über den Wall empor und bestand aus Quadersteinen, nach Nustika-Art behauen; über dem Tor stand, eingefaßt von jonischen Säulen, eine Tafel mit Jahreszahl und lateinischer Inschrift. Es war mit Fahnen, Kränzen, Rüstungen und Figuren
gefesselter Gefangener geschmückt.
Wie groß die Bedeutung dieses Tors für die Baugeschichte war, zeigen die mannigfachen arce, Neinhard
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Abb. 2. Der sogenannte Lindholksche Plan der Festung Berlin-Cöln.
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