Die Beendigung der Mitgliedschaft in der GmbH: Eine empirische und dogmatische Untersuchung zur Ausschließung und zum Austritt von Gesellschaftern [1 ed.] 9783428456055, 9783428056057


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German Pages 233 Year 1984

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Die Beendigung der Mitgliedschaft in der GmbH: Eine empirische und dogmatische Untersuchung zur Ausschließung und zum Austritt von Gesellschaftern [1 ed.]
 9783428456055, 9783428056057

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 49

Die Beendigung der Mitgliedschaft in der GmbH Eine empirische und dogmatische Untersuchung zur Ausschließung und zum Austritt von Gesellschaftern

Von

Gerhard K. Balz

Duncker & Humblot · Berlin

GERHARD Κ . BALZ

Die Beendigung der Mitgliedschaft in der GmbH

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 49

Die Beendigung der Mitgliedschaft i n der GmbH Eine empirische und dogmatische Untersuchung zur Ausschließung und zum Austritt von Gesellschaftern

Von D r . Gerhard K . Balz

D U N C K E R

&

H U M B L O T

B E R L I N

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Balz, Gerhard K.: Die Beendigung der Mitgliedschaft i n der G m b H : e. empir, u. dogmat. Unters, zur Ausschliessung u. zum A u s t r i t t von Gesellschaftern / von Gerhard K . Balz. — B e r l i n : Duncker u n d Humblot, 1984. (Schriften zum Wirtschaftsrecht; Bd. 49) I S B N 3-428-05605-1 NE: GT

D 21 Alle Rechte vorbehalten © 1984 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1984 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in GermanyISBN 3-428-05605-1

Geleitwort Die Beendigung langdauernder Rechtsverhältnisse stellt die Rechtsordnung vor vielfältige gestalterische Aufgaben. Die komplexen Beziehungen der Vertragspartner lassen eine Beendigung des betreffenden Rechtsverhältnisses nur mit Wirkung ex nunc zu, weil eine Rückabwicklung der ausgetauschten Leistungen i n aller Regel nicht den Interessen der Beteiligten entspricht. So hat denn auch die Rechtsordnung hierfür zum Teil umfassende Regelungen entwickelt. Dies gilt ohne Einschränkung für alle Lebensbereiche, wie die Vorschriften über die Beendigung der bürgerlichen Ehe einerseits und die Regelungen hinsichtlich der Auflösung von Gesellschaftsverhältnissen oder Handelsvertreterverhältnissen andererseits zeigen. Diese durch verschiedenartigste Interessengegensätze gekennzeichnete Abwicklung langdauernder Rechtsverhältnisse läßt sich jedoch auf zwei Problemkreise reduzieren. I n jedem Fall stellt sich die Frage nach dem Lösungsgrund. Ist hierüber eine Entscheidung getroffen, muß die Frage nach der Verteilung der während der Dauer des Rechtsverhältnisses gemeinsam erwirtschafteten Werte beantwortet werden. Die privatrechtlichen Personenverbände basieren ohne Ausnahme auf derlei langdauernden Rechtsverhältnissen. Daher enthält auch das Verbandsrecht eine Vielzahl von Regelungen über ihre Auflösung bzw. über das einseitige Ausscheiden von Mitgliedern oder Gesellschaftern. Die i m Einzelfall einschlägigen Regelungen zum allfälligen Ausgleich der Interessengegensätze kann die Praxis nur zum Teil den gesetzlichen Vorschriften entnehmen. I n der Mehrzahl der Fälle haben die Beteiligten bereits einverständliche Regelungen für den Fall der Beendigung des Rechtsverhältnisses vereinbart. Die vorliegende Arbeit greift aus der großen Zahl dieser Rechtsverhältnisse die Mitgliedschaft i n der GmbH heraus. Dies nicht ohne Grund. Das Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung hat i n der Praxis des modernen Gesellschaftsrechts enorme Bedeutung erlangt, die auch heute noch ständig zunimmt. Die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses ist daher auch eine praktisch häufig auftretende Frage. Angesichts der Tatsache, daß einerseits i m GmbHG weder die Ausschließung noch der Austritt aus wichtigem Grund geregelt ist, andererseits ein großer privatautonomer Gestaltungsspielraum für entsprechende Regelungen i m Gesellschaftsvertrag besteht, entstand der Wunsch, neben bereits vorliegenden Untersuchungen eine umfassende Darstellung der Beendi-

Geleitwort

6

gungstatbestände der Mitgliedschaft vorzulegen, wie sie sich unter Berücksichtigung sowohl der gesetzlichen Vorschriften als auch der vertraglich vorgesehenen Regelungen ergibt. Das rechtstatsächliche Material über Ausschließungs- und Austrittsklauseln i n Gesellschaftsverträgen ist jedoch kaum erschlossen. Die Rechtstatsachenforschung hat sich der Erforschung des privatautonomen Gestaltungsspielraums i n Gesellschaftsverträgen bislang nur in verhältnismäßig geringem Umfang gewidmet. Die i n den einzelnen GmbH-Statuten enthaltenen Klauseln mußten daher eigens für diese Arbeit erschlossen und aufbereitet werden. Nicht zuletzt die anschließende Auswertung des Tatsachenmaterials machte dann den Einsatz der Datenverarbeitung notwendig. Dabei stellten sich neue, insbesondere für den Juristen ungewohnte Aufgaben. Die Auswertung der Untersuchungsergebnisse mittels Datenverarbeitung wäre ohne die immer ideenreiche und ebenso zähe wie geduldige M i t w i r k u n g meines lieben Kollegen Gerhard Ringwald so nicht möglich gewesen. Dies gilt gleichfalls für Frau Monika van Haaren, die neben vielfältigen anderen Angelegenheiten i n kurzer Zeit die noch fehlenden Programme erstellte. Daneben haben die Herren G. Bauer und J. Sulz mit viel Mühe und Einsatz einige der zahlreichen Auswertungsprogramme entwickelt. Ich darf mich an dieser Stelle für die ganz und gar selbstlose Mithilfe bedanken. Besonderer Dank für die zahlreichen Hinweise und weitsichtige Betreuung der Arbeit gilt meinem verehrten Universitätslehrer Prof. Dr. Wolfgang Zöllner. Er hat die Arbeit entscheidend gefördert. Meinem Freund Dr. Ernst Meyer fühle ich mich zu großem Dank verpflichtet. Er war m i r immer ein geduldiger und ausdauernder Diskussionspartner. Die abschließende Gestaltung des Manuskriptes übernahm Frau Hüttmeier, der ich an dieser Stelle für ihren Einsatz danke. Mein Dank gilt auch den i m einzelnen nicht Genannten, die immer wieder bereitwillig Schreibarbeiten übernahmen, sowie den Mitarbeitern des Handelsregisters beim Amtsgericht Stuttgart. Abschließend darf ich meinem Wunsch Ausdruck geben, daß die nunmehr vorliegende Arbeit einen kleinen, wirksamen Beitrag zu den großen Aufgaben des Gesellschaftsrechts leisten kann. Köln, i m Juni 1984 Gerhard K. Balz

Inhaltsverzeichnis § 1 Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern I. Das Problem I I . Die Beendigung langdauernder Rechtsverhältnisse I I I . Der Gang der Untersuchung

§ 2 Die gesetzlichen Beendigungstatbestände der Mitgliedschaft I. Die A b t r e t u n g

13 13 14 14

16 16

1. Voraussetzungen

16

2. Rechtsfolge

16

I I . Die Kaduzierung

17

1. Voraussetzungen

17

2. Rechtsfolge

18

I I I . Der Abandon

22

1. Voraussetzungen

22

2. Rechtsfolge

22

I V . Die Einziehung

23

1. Voraussetzungen

23

2. Rechtsfolge

24

V. Die Beendigung der Gesellschaft V I . Andere Beendigungstatbestände

25 27

8

Inhaltsverzeichnis

§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters I. Entwicklung des Problems

28 28

1. Frühe Rechtsprechung

28

2. Die weitere Entwicklung i n L i t e r a t u r u n d Rechtsprechung ..

31

3. Ausblick

36

I I . Die Ausschließung 1. Der Beschluß der Gesellschafterversammlung a) Stimmberechtigung

36 36 37

b) Mehrheitserfordernisse

38

c) Rechtliches Gehör

40

d) Positive Stimmpflicht der Gesellschafter

40

e) Verteidigungsmittel des Auszuschließenden

42

f) Bedeutung des Gesellschafterbeschlusses

43

g) Formerfordernisse

44

2. Die Klageerhebung durch die G m b H

46

3. Der Ausschließungstatbestand

48

a) Wichtiger G r u n d i n der Person des Gesellschafters

48

b) Relevanz des wichtigen Grundes für das Gesellschaftsverhältnis

50

c) Gesamtbewertung aa) Die Rolle des Verschuldens

51 51

bb) Das Verhalten der übrigen Gesellschafter

52

cc) Die Bedeutung der Gesellschaftsstruktur

53

dd) Die Bedeutung der Ausschließung für die Gesellschaft

54

ee) Andere Umstände

54

d) Ausschließung als äußerstes M i t t e l 4. Das U r t e i l

55 57

a) Gestaltungs- oder Leistungsurteil

57

b) Bedingtes Gestaltungsurteil

58

aa) Regelungslücke

61

bb) Ähnlicher Sachverhalt

61

cc) Regelungsbedürfnis

62

dd) Ergebnis

68

Inhaltsverzeichnis c) Unbedingtes Ausschließungsurteil

68

d) Rechtskraft

69

5. Der Abfindungsanspruch

70

a) Bewertungsgrundsätze

70

b) Bewertungsmethoden

72

c) Bewertungsstichtag

73

d) Schuldner der Abfindungsforderung

73

6. Die Rechtsstellung des Auszuschließenden v o r Bedingungseintritt

74

a) Verfügungsbefugnis

74

b) Mitgliedschaftliche Vermögensrechte

75

c) Mitgliedschaftliche Herrschafts- u n d Kontrollrechte

76

7. Die Rechtsfolge bei Bedingungseintritt

§ 4 Der Austritt von Gesellschaftern I. Das Problem

78

82 82

1. Die Fragestellung

82

2. Die Zulässigkeit v o n Verfügungsbeschränkungen

83

a) Beschränkung der Übertragbarkeit nach § 15 Abs. 5 G m b H G

83

b) Ausschluß der Abtretbarkeit

83

3. Ergebnis I I . Der A u s t r i t t aus anderen Personen verbänden 1. Die Rechtslage

84 85 85

a) A u s t r i t t aus dem Verein

85

b) A u s t r i t t aus der Aktiengesellschaft?

85

c) A u s t r i t t aus der Genossenschaft

86

d) A u s t r i t t aus dem V V a G

87

e) A u s t r i t t aus der O H G u n d der K G

87

f) A u s t r i t t aus der stillen Gesellschaft

88

g) A u s t r i t t aus der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts . . . .

88

2. Ergebnis

89

Inhaltsverzeichnis I I I . Der A u s t r i t t aus der G m b H i n Rechtsprechung u n d L i t e r a t u r . . .

90

1. Die Auffassung des Reichsgerichts

90

2. Die Auffassungen i n der L i t e r a t u r

92

a) Ä l t e r e Meinungen b) Neuere Auffassungen

92 95

aa) Der A u s t r i t t aus der kapitalistischen G m b H

95

bb) Der A u s t r i t t s g r u n d

96

cc) Der A u s t r i t t als zwingendes Recht

97

dd) Die Subsidiarität des Austritts

97

ee) Die Mitgliedschaft zwischen A u s t r i t t u n d Verlust des Geschäftsanteils 98 ff) Die A b f i n d u n g

99

gg) Die Durchsetzung des Abfindungsanspruches

100

hh) Das ordentliche Austrittsrecht

101

I V . Der A u s t r i t t aus der G m b H

105

1. Die Problemlage

105

2. Der Austrittstatbestand

106

a) Austrittserklärung

106

b) Austrittsgrund

106

aa) Wichtiger G r u n d

106

bb) Ordentliches Austrittsrecht

107

c) Bedeutung der Gesellschaftsstruktur

112

d) Subsidiarität des Austritts aus wichtigem G r u n d

112

3. Die Rechtsfolge

115

a) K e i n Abandon, keine K ü n d i g u n g aus wichtigem G r u n d . . . 115 b) Einziehung oder A b t r e t u n g

116

c) W i r k u n g der Austrittserklärung. Die Mitgliedschaft z w i schen A u s t r i t t u n d Verlust des Geschäftsanteils 116 d) Abfindungsforderung aa) Die Fälligkeit der Abfindungsforderung

118 118

bb) Die Höhe der Abfindungsforderung

119

cc) Die Durchsetzung der Abfindungsforderung

120

dd) Die Zahlungsmodalitäten der Abfindungsforderung

. . 124

Inhaltsverzeichnis § 5 Ausschließung und Austritt im Gesellschaf tsvertrag I. Die Problemstellung I I . Die Ausschließungstatbestände

11 126 126 127

1. Die Ausschließung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes . . . 127 2. Die Ausschließung wegen der Gefahr des Eindringens D r i t t e r i n die Gesellschaft

127

3. Die Ausschließung aus anderen Gründen

129

4. Die Rechtsfolge der Ausschließung

129

5. Die Feststellung der Ausschließungsvoraussetzungen

131

6. Entgeltliches oder unentgeltliches Ausscheiden

132

7. Die Höhe der A b f i n d u n g

135

8. Die Rechtslage zwischen Ausschließung u n d Ausscheiden

135

9. Ergebnis

136

I I I . Die Austrittstatbestände

136

1. Die Austrittsklausel bei Vorliegen eines wichtigen Grundes .. 138 2. Andere Austrittsgründe

139

3. Die Rechtsfolge des A u s t r i t t s

139

4. Die Mitgliedschaft zwischen Austrittserklärung u n d Ausscheiden 140

§ 6 Rechtstatsachen zur GmbH I. Der Untersuchungsgegenstand I I . Die Untersuchungsmethode

142 142 143

1. Der Auswahlsatz

143

2. Das Formular

144

3. Die Auswertung

145

I I I . Die Untersuchungsergebnisse

145

12

Inhaltsverzeichnis 1. Die Strukturelemente

145

a) Die personalistische oder kapitalistische Gesellschaft

145

b) Die Anzahl der Gesellschafter

149

2. Die Ausschließungsklausel aus wichtigem G r u n d

152

a) Die Ausschließungsklausel

152

b) Die A b f i n d u n g

155

c) Die Berücksichtigung des Firmen wertes

157

d) Die Sicherung der Abfindungsforderung

158

3. Die Ausschließungsklausel aus sonstigen Gründen

160

4. Die Ausschließungsklausel bei Zwangsvollstreckung, Konkurs oder Vergleich 161 a) Die Ausschließungsklausel

161

b) Die Abfindungsklausel

165

5. Die Austrittsklausel

166

a) Die Austrittsklausel aus wichtigem Grund

166

b) Das ordentliche Austrittsrecht

168

c) Die Abfindungsregelung

171

aa) Austrittsklausel bei wichtigem Grund

172

bb) Austrittsklausel bei sonstigem Grund

172

d) Die Berücksichtigung des Firmenwertes

173

e) Die Sicherung der Abfindungsforderung

174

6. Die Gesellschaftsverträge m i t Ausschließungs- u n d A u s t r i t t s klausel 175 7. Die Rechtsfolge bei Ausschließung und A u s t r i t t

175

a) Die Ausschließung

175

b) Der A u s t r i t t

177

8. Ergebnisse IV. Anhang

179 181

1. Formular

181

2. Auswertungsergebnisse

182

Literaturverzeichnis

222

§ 1 Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern I. Das Problem Die GmbH wurde vom Gesetzgeber 1892 zur Schließung einer Lücke zwischen der Rechtsform der Aktiengesellschaft, die als große Kapitalgesellschaft konzipiert war und der Personengesellschaft, die als Gesellschaft mit kleinem Gesellschafterkreis auf deren persönlichen Beziehungen beruht, als eigener und neuer Gesellschaftstypus geschaffen. I n der Folge zeigte sich jedoch, daß sich die GmbH als selbständiger Gesellschaftstypus nur schwer entwickelte und eine Synthese der beiden Gesellschaftsformen nur unvollständig gelang. Als „kleine Kapitalgesellschaft" konzipiert, mußten bei der GmbH nach und nach immer mehr personalistische Elemente anerkannt werden. So sind die GmbHGesellschafter i m Gegensatz zu den Aktionären auch untereinander zur Treue verpflichtet 1 . Die fehlende Berücksichtigung persönlicher Beziehungen zwischen den Gesellschaftern drückt sich auch i n der Regelung der Beendigungstatbestände der Mitgliedschaft aus. Keiner der gesetzlichen Beendigungstatbestände berücksichtigt die persönlichen Beziehungen der Gesellschafter untereinander. Selbst die Kündigung der Gesellschaft aus wichtigem Grund w i r d durch § 61 Abs. 1 GmbHG auf wichtige Gründe i n den Verhältnissen der Gesellschaft begrenzt. Die gesetzlichen Vorschriften sehen die Ausschließung eines Gesellschafters nicht einmal bei grob gesellschaftswidrigem Verhalten oder Schädigung der Gesellschaft vor. Nur wenn die Satzung für diese Fälle die Möglichkeit einer Einziehung oder eine Verpflichtung des Gesellschafters zur Abtretung seines Anteils enthält, kann die Ausschließungswirkung erreicht werden. Ansonsten bleibt nur die Möglichkeit zur Kündigung der Gesellschaft aus wichtigem Grund. Durch die nachfolgende Liquidation der Gesellschaft würden i n der Regel aber auch die Gesellschafter geschädigt, die sich gesellschaftstreu verhalten haben. Das ist für diese Gesellschafter insbesondere deswegen hart, weil i n solchen Fällen auch der Austritt aus der Gesellschaft regelmäßig mißlingt. Solche Geschäftsanteile sind meist schwer 1

Schmidt GmbH-Rdsch. 1960, 137 ff.

14

§ 1 Ausschließung u n d A u s t r i t t von Gesellschaftern

veräußerlich. Wenn dann i m Falle vinkulierter Anteile auch noch die Zustimmung zur Veräußerung versagt wird, bleibt dem betreffenden Gesellschafter wiederum nur die Möglichkeit zur Kündigung der Gesellschaft oder gegebenenfalls die Klage gegen den die Zustimmung versagenden Beschluß. Diese Konsequenz erscheint bedenklich. Durch die Liquidation werden ohne Not wirtschaftliche Werte zerstört, die durch Ausschließung oder Austritt des betreffenden Gesellschafters wegen des i n der Regel damit verbundenen Fortbestands des Unternehmens erhalten werden könnten. Die Möglichkeit einseitigen Ausscheidens aus der Gesellschaft bei Vorliegen wichtiger Gründe i n der Person eines Gesellschafters stellt daher nicht nur eine privat-, sondern in gewisser Weise auch eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit dar. II. Die Beendigung langdauernder Rechtsverhältnisse Der Gesellschaftsvertrag der GmbH bindet die Gesellschafter i n der Regel für längere Zeit. Für solche langdauernden Rechtsverhältnisse stellt das positive Recht vielfach eigene Beendigungsmöglichkeiten zur Verfügung 2 . A l l diesen Tatbeständen ist gemeinsam, daß das betreffende Rechtsverhältnis dann beendet werden kann, wenn es einem der Beteiligten nicht mehr zugemutet werden kann, das Rechtsverhältnis fortzusetzen. Schon das Reichsgericht hat dies als einen das ganze Recht umfassenden Rechtssatz anerkannt 3 . Wegen der Existenz persönlicher Beziehungen der Gesellschafter untereinander und der persönlichen Verflechtung der Gesellschafter mit der GmbH konnte es nicht ausbleiben, diesen Rechtssatz auch auf die GmbH anzuwenden. Wie noch zu zeigen sein wird, bietet das GmbHG hierfür aber keine analogiefähigen Tatbestände. Die so aufgedeckte Gesetzeslücke muß daher im Wege einer Rechtsanalogie geschlossen werden. I I I . Der Gang der Untersuchung Anhand von Rechtsprechung und Literatur werden die dogmatischen Grundlagen des Ausschließungs- und Austrittsrechts entwickelt. Ausgehend von den gesetzlichen Beendigungstatbeständen der GmbH-Mitgliedschaft und deren Ungeeignetheit zur Lösung unseres Problems, w i r d das Recht zur Ausschließung sowie das Austrittsrecht für den Fall des Fehlens einer entsprechenden Vertragsklausel dargestellt. 2 Vgl. §§626, 712, 723, 737 BGB, 89 a, 117, 127, 133, 140, 161 Abs. 2, 339 HGB, 38 Abs. 2, 61 GmbHG, 68 GenG, 124 a, 133 b GewO. 3 RGZ 128, 1 (16) u n d ständig; w. N. u. § 3 F N 33.

I I I . Der Gang der Untersuchung

15

Die durch Rechtsanalogie geschlossene Gesetzeslücke läßt aber auch breiten Raum für privatautonome Regelungen. I n gewisser Weise werden sie geradezu herausgefordert. Eine entsprechende Vertragsregelung empfiehlt sich schon deshalb, weil zum einen die Rechtslage wegen der fehlenden gesetzlichen Regelung recht unübersichtlich, zum anderen der Ausgang eines Rechtsstreits häufig schwer vorhersehbar ist und zwar trotz der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs vom wichtigen Grund. M. E. lassen sich die damit verbundenen Wertungen erst i m Rahmen des Prozesses zutreffend vornehmen. Eine Regelung von Ausschließung und Austritt ist dem Gesellschaftsvertrag nicht etwa wegen des zwingenden Charakters verwehrt. Die Voraussetzungen des wichtigen Grundes sowie die Durchführung von Ausschließung und Austritt sind hiervon nicht betroffen. Insbesondere die Abfindungsregelungen bieten breiten Raum für privatautonome Regelungen. Die so gewonnenen Gestaltungsmöglichkeiten werden i n einem weiteren Abschnitt dargestellt. Allerdings ist dieser Gestaltungsspielraum nicht ohne Schranken, weshalb zu zeigen ist, wo hier die Grenzen der Vertragsautonomie zu ziehen sind. Der rechtstatsächlichen Ausgestaltung dieses privatautonomen Spielraums wendet sich der letzte Teil der Arbeit zu. Dabei zeigt sich, daß die Formularpraxis die genannten Gestaltungsmöglichkeiten auch tatsächlich nutzt und daß hier gewisse Unterschiede zwischen kapitalistischer und personalistischer GmbH bestehen. Zur Gewinnung des rechtstatsächlichen Materials wurden 501 ( = 10 °/o i n Zufallsstichprobe) der i m Handelsregister beim Amtsgericht Stuttgart eingetragenen GmbH untersucht. Diese Untersuchung ergibt, daß die GmbH-Verträge vielfach Ausschließungs- und Austrittsklauseln enthalten. Doch w i r d die praktische Relevanz der Dogmatik zum Ausschließungs» und Austrittsrecht dadurch nicht geschmälert. Nur etwa 40 %> der Gesellschaften verfügen ζ. B. über eine Ausschließungsklausel aus wichtigem Grund, so daß für die übrigen Gesellschaften die von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze anzuwenden sind. Daneben ergibt sich, daß die Verwendung von Ausschließungs- und Austrittsklauseln ein Indiz für die personalistische Struktur der GmbH darstellt. Ein weiteres Mal w i r d hierdurch die Existenz persönlicher Beziehungen zwischen den Gesellschaftern der GmbH belegt.

§ 2 Die gesetzlichen Beendigungstatbestände der Mitgliedschaft I. Die Abtretung 1. Voraussetzungen

M i t der Abtretung des Geschäftsanteils gehen die mit i h m verbundenen Rechte und Pflichten auf den Rechtsnachfolger über. Der Abtretungsvertrag bedarf nach § 15 Abs. 4 GmbHG der notariellen Form. Die Abtretung des GmbH-Anteils wurde vom Gesetzgeber zugelassen, weil dem Gesellschafter ein ordentliches Kündigungsrecht nicht zusteht 1 . Es w i r d daher die Auffassung vertreten, die Abtretung des GmbH-Anteils entspreche funktionell der Kündbarkeit der Personengesellschaft 2. Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung an die Zustimmung der Gesellschafter bzw. der Gesellschaft gebunden und nach h. M. sogar ganz ausgeschlossen werden 3 . 2. Rechtsfolge

M i t dem Geschäftsanteil geht die Mitgliedschaft, deren vermögensrechtliche Basis er ist, auf den Rechtsnachfolger über 4 . Es ist streitig, ob die aus dem Anteil fließenden Rechte bereits mit der Abtretung oder erst mit der Anmeldung bei der Gesellschaft (§ 16 Abs. 1 GmbHG) übergehen. Der Gesellschaft gegenüber gilt nämlich nur der als Erwerber, der bei der Gesellschaft angemeldet ist. Der Anmeldung nach § 16 Abs. 1 GmbHG kommt jedoch keine konstitutive Bedeutung zu. Sie hat deklaratorischen Charakter 5 . M i t der Rechtsüber1 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages V I I I / I . 1890/92, 5. Anlageband, S. 3728; so auch RGZ 73, 432; 101, 61; 180, 20; vgl. zur älteren L i t e r a t u r Heunemann, Das Recht der Personenvereinigungen, S. 327 f. 2 Winter i n Scholz, § 15 A n m . 1. 3 H. M.; vgl. etwa Schilling / Zutt i n Hachenburg, § 15 A n m . 4; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 78; Baumbach / Hueck, § 15 A n m . 1 A . 4 Winter i n Scholz, §15 A n m . 5; Schilling i n Hachenburg, §15 A n m . 133; Baumbach / Hueck, § 15 A n m . 1 A . 5 Schilling / Zutt i n Hachenburg, § 16 A n m . 7 haben ausdrücklich die A u f fassung, daß der Rechtsübergang des Geschäftsanteils erst m i t Anmeldung bei der Gesellschaft stattfindet, aufgegeben — allerdings ohne Begründung. Früher wurde diese Auffassung vertreten bei Feine, GmbHG, S. 370 ff.; Ruth Z H R 88, 495 ff.; Schilling i n Hachenburg, GmbHG, 6. Aufl., § 16 A n m . 9 ff. u n d § 15 A n m . 66; wie hier: Winter i n Scholz, § 16 A n m . 1, 2; RGZ 157, 57 (59); BGH GmbH-Rdsch. 1960, 65.

I I . Die

uieung

17

tragung auf den Erwerber gibt der Altgesellschafter zu erkennen, daß er seine Rechtsposition aufgeben w i l l . Die Gesellschaft soll durch § 16 Abs. 1 GmbHG lediglich davor geschützt werden, daß sie nicht mit ihr fremden Gesellschaftern verkehren muß, von deren E i n t r i t t i n die Gesellschaft sie noch keine Kenntnis hat. Aus § 16 Abs. 1 kann daher nicht auf den Zeitpunkt des Übergangs der Mitgliedschaft geschlossen werden. Es verbleibt daher bei der allgemeinen Regel, daß der Rechtsübergang mit der Einigung erfolgt (§§ 398 Satz 2, 413 BGB). Dem Altgesellschafter verbleibt jedoch als Nachwirkung seiner M i t gliedschaft die Rechtsvorgängerhaftung nach § 22 GmbHG. Diese greift dann ein, wenn von dem i m Wege des Kaduzierungsverfahrens ausgeschlossenen Gesellschafter der Fehlbetrag auf die Stammeinlage nicht beigebracht werden kann und der Rechtsvorgänger bei der Gesellschaft angemeldet war. Seine Haftung ist beschränkt auf die innerhalb einer Frist von fünf Jahren auf die Stammeinlage eingeforderten Einzahlungen. M i t Zahlung erwirbt er den Geschäftsanteil. Weitere Rechte oder Pflichten bestehen nicht mehr. I I . Die Kaduzierung Das Kaduzierungsverfahren hat die Aufgabe, die Aufbringung des Stammkapitals sicherzustellen. Den Gläubigern der Gesellschaft soll durch die Beschaffung der Stammeinlage auf diese Weise die notwendige Haftungsgrundlage verschafft werden 6 . U m diese Aufgabe w i r kungsvoll erfüllen zu können, erlöschen mit der Kaduzierung die Rechte Dritter an dem Geschäftsanteil 7 . Die Kaduzierung hat insoweit Sanktionscharakter, als deren Androhung als Druckmittel zur Einzahlung des auf den Geschäftsanteil entfallenden Stammkapitals dienen kann und soll 8 . 1. Voraussetzungen

Verzögert der Gesellschafter seine i n Geld zu leistende Verpflichtung zur Zahlung auf die Stammeinlage, so kann ihn die Gesellschaft seines Geschäftsanteils für verlustig erklären, wenn ihm zuvor mittels eingeschriebenen Briefes eine erneute Aufforderung zur Zahlung innerhalb einer Nachfrist unter gleichzeitiger Androhung der Ausschließung zuge6 Winter i n Scholz, § 21 A n m . 2; Goerdeler i n Hachenburg, V o r § 21 A n m . 1; Vogel, GmbHG, §21 A n m . 9; jeweils m. w . N.; Lutter, Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung u n d Kapitalerhaltung i n den A k t i e n - u n d GmbH-Rechten der EWG, S. 140 ff. 7 Vogel, GmbHG, § 21 A n m . 9; Winter i n Scholz, § 21 A n m . 24; Goerdeler i n Hachenburg, § 21 A n m . 23. 8 Spindler GmbH-Rdsch. 1950, 177.

2 Balz

§ 2 Die gesetzlichen Beendigungstatbestände der Mitgliedschaft

18

gangen ist. Die nach Verstreichen der Nachfrist notwendige Verlustigerklärung erfolgt durch den Geschäftsführer. Das Kaduzierungsverfahren kann gleichermaßen auch bei verzögerlicher Einzahlung der auf einen bestimmten Betrag beschränkten Nachschußpflicht erfolgen (§§ 28 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. 27 Abs. 4 GmbHG) 9 . 2. Rechtsfolge

M i t dem Zeitpunkt des Zuganges der Ausschließungserklärung treten die Rechtswirkungen der Kaduzierung ein 10 . Über diese Rechtswirkungen herrscht jedoch Streit. § 21 Abs. 2 Satz 1 GmbHG besagt lediglich, daß der Gesellschafter zugunsten der Gesellschaft seines Geschäftsanteils für verlustig zu erklären ist. Daraus w i r d allgemein gefolgert, daß der Geschäftsanteil nicht untergeht 11 . Wem jedoch i n der Zeit zwischen Verlustigerklärung und Eintreten eines neuen Gesellschafters der Anteil zusteht, ist umstritten, weil dem naheliegenden Erwerb durch die Gesellschaft § 33 Abs. 1 GmbHG entgegensteht. Die Gesellschaft darf Geschäftsanteile, auf die die Stammeinlage nicht vollständig erbracht ist, nicht erwerben. I m wesentlichen werden hierzu fünf Auffassungen vertreten: a) Wegen des Erwerbsverbotes durch die Gesellschaft w i l l eine Meinung die Verlustigerklärung nur als beschränkten Rechtsverlust „zugunsten der Gesellschaft" ansehen. Die Verlustwirkung bestehe nur i m Verhältnis zur Gesellschaft. Ihr gegenüber könne sich der Gesellschafter nicht mehr auf die Inhaberschaft berufen 12 . Hiergegen w i r d jedoch vorgebracht, daß diese Auffassung wegen § 21 Abs. 3 GmbHG nicht haltbar sei. Danach bleibt der Kaduzierte von der Ausschließung an wegen des Fehlbetrages verhaftet. Dies könne nur bedeuten, daß der Gesellschafter mit der Ausschließung die gesamte Mitgliedschaftsstellung verliere 1 3 . b) Eine andere Auffassung geht davon aus, daß der Ausscheidende den Anteil vollständig verliere. Weil jedoch dieser Anteil nicht ins rechtliche Nichts fallen könne, sei er vorübergehend der Gesellschaft zuzu9

Baumbach / Hueck, GmbHG, §21 A n m . 1; Goerdeler i n Hachenburg, §21 A n m . 2, 11 ff.; Winter i n Scholz, §21 A n m . 4 ff. m. w. N.; Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 288 ff.; Fischer, § 21 A n m . 2, 3, 4; Fichtner B B 1966, 146 f.; anderer Meinung für die gemischte B a r - u n d Sacheinlagepflicht Spindler GmbH-Rdsch. 1950,177. 10 Winter i n Scholz, §21 A n m . 19; Goerdeler i n Hachenburg, §21 A n m . 23; Fischer, § 21 A n m . 5; Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 292 ff. 11 Winter i n Scholz, §21 A n m . 23; Goerdeler i n Hachenburg, §21 A n m . 25, 27; jeweils m. w. N. 12 Ritter, Aktiengesetz, § 58 A n m . 4 d; Flechtheim i n Düringer / Hachenburg, HGB, § 219 A n m . 8; Grothus GmbH-Rdsch. 1958, 17 (18). 13 Hohner, Subjektlose Rechte, S. 115.

I I . Die Kaduzierung

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ordnen 14 . Insoweit sei daher § 33 Abs. 1 GmbHG außer Geltung gesetzt15. Hierfür spricht einerseits der Wortlaut des Gesetzes, andererseits jedoch auch eine teleologische Auslegung des § 33 Abs. 1 GmbHG. Sowohl Kaduzierung als auch das Verbot des Erwerbs nicht vollständig eingezahlter Einlagen haben ihre Wurzel i m Grundsatz der Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals. Kollidieren einzelne Vorschriften innerhalb dieses Systems miteinander, so sind Überschneidungen durch Auslegung zu beseitigen. Weil aber der Erwerb i m Kaduzierungsverfahren vorübergehender Natur ist, werde dadurch die Erhaltung des Stammkapitals nicht gefährdet. Gegen diese Auffassung w i r d vorgebracht, daß i n diesem Falle die Einlageforderung durch Konfusion untergehen müßte, daneben der Anteil zu Lasten der Gesellschaft gepfändet werden könne 16 und die Gesellschaft den Anteil aktivieren müßte. Das habe zur Folge, daß sich Verluste der Gesellschaft auf diese doppelt auswirken würden, denn außer dem an sich entstandenen Verlust würde dieser i n Form eines Wertberichtigungsbedarfs ein zweites Mal i n der Bilanz auftauchen. c) Eine dritte Meinung versuchte diesen Rechtszustand m i t dem Bild der Eigentümergrundschuld zu erklären 17 . Ebenso wie die Grundschuld bei Übergang auf den Eigentümer des Grundstücks nicht untergehe, sei auch der Geschäftsanteil bei Anfall an die Gesellschaft nicht untergegangen. Die Gesellschaft sei nun über den Anteil verfügungsberechtigt. Das B i l d der Eigentümergrundschuld paßt jedoch nicht. Der die Grundschuld Erwerbende ist Eigentümer des Grundstücks und erw i r b t das daran selbständig begründete dingliche Recht. Die GmbH ist weder Eigentümer der Geschäftsanteile, noch ist der Geschäftsanteil ein an der GmbH selbständig begründetes Recht. Diese Auffassung ist daher abzulehnen 18 . d) Hachenburg wollte hinsichtlich des Schicksals des kaduzierten Anteils danach differenzieren, ob der Anteil i m Regreßwege einem Rechtsvorgänger zufalle, oder ob es zur öffentlichen Versteigerung komme 19 . I m ersten Fall sei ein trägerloses Recht anzunehmen, i m zweiten solle der Anteil beim Anfall an die Gesellschaft untergehen und mit Versteigerung neu geschaffen werden. 14 Lutter, Kapital, S. 147 F N 179; Brodmann, GmbHG, §21 A n m . 5 b; Bretting, Die Kaduzierung v o n A k t i e n , S. 37; Becker GmbH-Rdsch. 1925, 156; weitere Nachweise für das Aktienrecht, s. Hohner, Subjektlose Rechte, S. 115, 117 F N 6. 15 Z u diesem Ergebnis k o m m t insbesondere Becker GmbH-Rdsch. 1925,156, allerdings ohne Begründung. 16 Winter i n Scholz, § 21 A n m . 23; einschränkende K r i t i k jedoch bei Hohner, Subjektlose Rechte, ebenda. 17 Feine, S. 307; Baumbach / Hueck, § 21 A n m . 3 D. 18 Vgl. zu anderen Gegenargumenten Hohner, Subjektlose Rechte, S. 121 ff. 19 Hachenburg, GmbHG, 5. Aufl., § 21 A n m . 25,26.

2*

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2 Die gesetzlichen Beendigungstatbestände der Mitgliedschaft

Nach dieser Auffassung hängt die Rechtsfolge von einem ungewissen Ergebnis ab. Ein Rechtszustand muß jedoch ex ante und nicht erst ex post bestimmt werden können 20 . Darüber hinaus ist es wünschenswert, die Rechtsfolge der Kaduzierung einheitlich zu bestimmen 21 . Dieser Auffassung ist daher ebenfalls nicht zu folgen 22 . e) Die heute wohl herrschend zu nennende Lehre w i l l den besagten Rechtszustand mit der Figur des subjektlosen Rechts erklären. A n diesem sei der Gesellschaft Verfügungsbefugnis eingeräumt 23 . Sie w i r d jedoch angegriffen, weil dem System des BGB die Existenz subjektloser Rechte an sich fremd sei 24 . Es handelt sich dabei u m eine i n der Schuldrechtstheorie sehr umstrittene Frage 25 . Die Beantwortung dieser Frage sollte nicht aus der Übertragbarkeit bzw. aus dem Begriff des subjektiven Rechtes hergeleitet werden. Je nach seiner Definition kann das eine oder das andere Ergebnis daraus abgeleitet werden. Vielmehr sollte die Anerkennung subjektloser Rechte davon abhängig gemacht werden, ob diese Denkfigur i n der Lage ist, die betreffenden Phänomene besser zu erklären als eine herkömmliche Konstruktion 2 6 . M i t unterschiedlicher Begründung w i r d heute die Möglichkeit subjektloser Rechte vielfach anerkannt 2 7 . f)

Für die Erklärung der Rechtsfolge nach erfolgter Kaduzierung haben w i r es danach noch mit zwei grundsätzlich gegensätzlichen Auffassungen zu tun. Entweder die Gesellschaft erwirbt den Anteil zu Eigentum oder es entsteht ein subjektloses Recht. Auszugehen ist davon, daß subjektlose Rechte an sich denkbar sind. Ein Rechtsphänomen sollte damit jedoch erst dann erklärt werden, wenn es sich nicht anders und auf systemkonforme Weise erklären läßt 28 . 20

Hohner, Subjektlose Rechte, S. 127. Schmidt i n Hachenburg, § 21 A n m . 26. 22 Vgl. Brodmann, GmbHG, § 21 A n m . 5 b. 23 RGZ 98, 278; BayObLG GmbH-Rdsch. 1914, 215 (216); BGHZ 42, 92; Vogel, GmbHG, § 21 A n m . 9; Goerdeler i n Hachenburg, § 21 A n m . 25; Schuler G m b H Rdsch. 1961, 101; v. Halem, Diss., S. 41; Winter i n Scholz, §21 A n m . 23; Hohner, Subjektlose Rechte, S. 113 ff. (127) m. w . N . auf S. 128 F N 54. 24 So insbesondere Lorenz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 187; Gemhuber, Bürgerliches Recht, S. 33, 34. 25 Vgl. die Nachweise bei Hohner, Subjektlose Rechte, S. 64 F N 1. 26 So insbesondere Gemhuber, Bürgerliches Recht, S. 34. Es handelt sich u m die Phänomene des derelinquierten Inhaberpapiers, derelinquierten Grundstücks, Geschäftsanteil nach Kaduzierung bei G m b H u n d A G , postmortalen Persönlichkeitsrechtes, der Rechte des nasciturus oder noch nicht E r zeugten u n d der Forderung bei der Blankozession. 27 Larenz, B G B A T , S. 187 FN; Esser, Wert u n d Bedeutung der Rechtsfiktionen, S. 169; Lange / Köhler, B G B A T , S. 101; zu anderen zustimmenden u n d ablehnenden Stimmen Hohner, Subjektlose Rechte, S. 64 F N 1. 28 I n diesem Sinne w o h l auch Gemhuber, Bürgerliches Recht, S. 34. 21

I I . Die

uieung

21

Wollte man die Gesellschaft als Anteilsinhaber ansehen, so müßten die Fragen der Konfusion hinsichtlich der Einlageforderung sowie der Pfändungsmöglichkeit durch Gläubiger der GmbH und der Aktivierungspflicht beantwortet werden. Das Problem der Konfusion ließe sich durch Fiktion des Fortbestandes der Einlageforderung lösen. Vergleichbare Bestimmungen finden sich i m BGB 2 9 . Die Unpfändbarkeit ließe sich mit der Figur des Treuhänders erklären: weil die Gesellschaft den Anteil für einen zukünftigen Inhaber innehat, dürfte dieser nicht wegen Forderungen gegen die Gesellschaft gepfändet werden. Ebenso müßte man die Aktivierungspflicht für solche Fälle verneinen und hinsichtlich der Dividenden eine fremdnützige Treuhänderschaft zugunsten eines noch unbestimmten Dritten annehmen. Dies läßt deutlich werden, daß diese an sich systemkonforme Erklärung ihrerseits zu Fiktionen nötigt und ein höchst unübersichtliches B i l d ergibt. M i r scheint daher ein Fall gegeben zu sein, der ausnahmsweise zur Annahme eines subjektlosen Rechtes nötigt 3 0 . Hierein fügt sich auch nahtlos, daß (wie die h. M. annimmt) der Erwerber des kaduzierten Anteils keinen Rechtsvorgänger i m Sinne des § 22 Abs. 2 GmbHG hat 3 1 . Das ist dann folgerichtig, wenn zuvor der Anteil als subjektloses Recht bestanden hat. Diese Auffassung vermeidet ebenfalls den äußeren Widerspruch zu § 33 Abs. 1 GmbHG und erklärt, warum die Gesellschaft den Anteil nicht zu aktivieren hat. Erwirbt die Gesellschaft nur ein Verwertungsrecht an dem kaduzierten Anteil, so kann auch keine Konfusion der Einlageforderung eintreten. Die Ausübung des Stimmrechts nach der Kaduzierung entfällt 3 2 . Es ist daher daran festzuhalten, daß mit der Kaduzierung der Geschäftsanteil sein Zuordnungssubjekt verliert und als subjektloses Recht bestehen bleibt. § 21 Abs. 2 GmbHG ist lediglich dahin zu verstehen, daß der Gesellschaft hinsichtlich dieses Rechtes ein Verwertungsrecht zusteht.

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§§ 1976, 2143, 2175, 2377 BGB. Ebenso RGZ 98, 278; B a y O b L G GmbH-Rdsch. 1914, 215 (216); BGHZ 42, 92; Vogel, GmbHG, § 21 A n m . 9; Baumbach / Hueck, § 21 A n m . 3 D; Winter i n Scholz, §21 A n m . 23; Goerdeler i n Hachenburg, §21 A n m . 25; Schuler G m b H Rdsch. 1961, 101; v. Halem, Diss., S. 41; Hohner, Subjektlose Rechte, S. 127; Fichtner B B 1966, 146 (147); Sudhoff, GmbH, S. 140. 31 B G H Z 42, 89 (92); Winter i n Scholz, §23 A n m . 8; Vogel, GmbHG, §23 A n m . 1. 32 Allerdings ist das Ruhen des Stimmrechts auch anzunehmen, w e n n die Gesellschaft selbst Inhaber des Geschäftsanteils ist. Siehe dazu Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, S. 128, 142. 30

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2 Die gesetzlichen Beendigungstatbestände der Mitgliedschaft

I I I . Der Abandon 1. Voraussetzungen

Sieht der Gesellschaftsvertrag eine unbeschränkte Nachschußpflicht vor (§ 27 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) oder überschreitet der eingeforderte Nachschuß die i m Gesellschaftsvertrag für die Nichtanwendung des Abandons vorgesehene Grenze (§ 27 Abs. 4 GmbHG), so hat der Gesellschafter für den Fall der Einforderung der betreffenden Nachschüsse ein Preisgaberecht (Abandon), d. h. er kann sich von der Nachschußzahlung dadurch befreien, daß er innerhalb eines Monats nach Zugang der Aufforderung zur Nachschußzahlung seinen Geschäftsanteil der Gesellschaft zur Befriedigung unwiderruflich anbietet 33 . Die Stammeinlage muß jedoch vollständig eingefordert und eingezahlt sein (§ 27 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Der Abandon stellt damit ein einseitiges Lösungsrecht des Gesellschafters gegen den Willen der Gesellschaft dar. Daneben kann die Gesellschaft den Abandon für den Fall fingieren, daß der Gesellschafter innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zahlungsaufforderung schweigt bzw. nicht zahlt (§ 27 Abs. 1 Satz 2 GmbHG). Dem Konzept des Gesetzes liegt der Schutz des Gesellschafters vor einer unüberschaubaren Inanspruchnahme seines sonstigen Vermögens für die Zwecke der Gesellschaft zugrunde 34 . Die Haftung des GmbH-Gesellschafters soll überschaubar sein und ist deshalb auf die Leistung der Stammeinlage beschränkt. Könnte jedoch der Gesellschaf tsvertrag eine unbeschränkte Nachschußpflicht vorsehen, ohne daß sich der Gesellschafter von dem Anteil trennen kann, so läge i n der Sache eine unbeschränkte Haftung vor. Der Gesellschaftsvertrag darf daher das Recht zum Abandon nicht ausschließen. 2. Rechtsfolge

M i t der Erklärung des Abandons verliert der Gesellschafter den Geschäftsanteil noch nicht. Anders als bei der Kaduzierung verbleibt ihm die Mitgliedschaft, bis die Gesellschaft den Anteil versteigert oder m i t seiner Zustimmung freihändig verkauft hat. Die Gesellschaft verkauft i m eigenen Namen, aber für Rechnung des abandonnierenden Gesellschafters 35 . Dem Gesellschafter verbleibt zwar zunächst seine mitgliedschaftliche Stellung, jedoch erfährt diese zwei Einschränkungen. Zum 33 Wilke i n Handbuch der G m b H I, A n m . 314; Fischer, § 27 A n m . 2, 3; Goerdeler i n Hachenburg, § 27 A n m . 9 ff. 34 Goerdeler i n Hachenburg, §27 A n m . 1; Winter i n Scholz, §27 A n m . 1; Sudhoff, GmbH, S. 180; Fischer, § 27 A n m . 2. 35 Dazu Goerdeler i n Hachenburg, § 27 A n m . 18 ff.; Winter i n Scholz, § 27 A n m . 15,18; Sudhoff, GmbH, S. 179.

I .

Die

i e u n g

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einen befreit der Abandon von den mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechten und Pflichten, insbesondere also von der Pflicht, Nachschüsse zu leisten. Für diese haftet nunmehr der Geschäftsanteil 36 . Zum anderen kann der Gesellschaft das Recht auf Versteigerung des Anteils nur noch durch Volleinzahlung der Nachschüsse, wegen der der Abandon erklärt wurde, entzogen werden. M i t dem Verkauf bzw. der Versteigerung des Anteils verliert dann der Gesellschafter seinen Geschäftsanteil. Nach herrschender Meinung erlöschen auch Rechte Dritter, insbesondere alte Pfandrechte am Geschäftsanteil 37 . Die Gesellschaft kann sich wegen ihrer Nachschußforderung aus dem Verkaufserlös befriedigen. Ein eventueller Überschuß gebührt dem abandonnierenden Gesellschafter. Kann sich die Gesellschaft jedoch durch den Verkauf nicht befriedigen, wobei auch ein einmalig erfolgloser Versuch genügen und bei dessen Aussichtslosigkeit dieser sogar unterbleiben kann, so fällt der GmbH der Geschäftsanteil kraft Gesetzes zu (§27 Abs. 3 Satz 1 GmbHG). Ein Widerspruch zu den Kapitalerhaltungsvorschriften wie bei der Kaduzierung kann hier nicht auftreten. Der abandonnierte Geschäftsanteil ist immer voll eingezahlt. Die aus i h m erwachsenden Rechte und Pflichten ruhen jedoch. I m übrigen t r i t t derselbe Rechtszustand ein wie sonst beim Erwerb eigener Geschäftsanteile 38 . I V . Die Einziehung 1. Voraussetzungen

Die Einziehung darf nach § 34 GmbHG nur erfolgen, wenn sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist. Aus § 34 Abs. 2 GmbHG folgt, daß für den Fall, daß die Voraussetzungen der Einziehung nicht i m einzelnen i m Gesellschaftsvertrag festgelegt sind, die Zustimmung des betroffenen Gesellschafters erforderlich ist 39 . Inhaber dinglicher Rechte am Geschäftsanteil müssen jedoch nur dann zustimmen, wenn sie entsprechend § 16 GmbHG bei der Gesellschaft angemeldet waren 40 . Bei M i t berechtigung am Geschäftsanteil ist grundsätzlich die Zustimmung aller Mitberechtigten erforderlich. Sind dagegen die Einziehungsvoraussetzungen i m Gesellschaftsvertrag festgelegt, ist die Zustimmung nicht mehr erforderlich. I n der Aufstellung von entsprechenden Vorausset36

Vgl. ζ. B. Winter i n Scholz, § 27 A n m . 13. Oers., ebd., § 27 A n m . 19; Vogel, GmbHG, § 27 A n m . 8. 38 Winter i n Scholz, § 27 A n m . 20. 39 Fischer, § 34 A n m . 2.; Sudhoff, GmbH, S. 424; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., § 34 A n m . 3; Hohner i n Hachenburg, § 34 A n m . 6. 40 Hohner i n Hachenburg, §34 A n m . 9; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., §34 A n m . 13. 37

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2 Die gesetzlichen Beendigungstatbestände der Mitgliedschaft

zungen bestehen für die Kautelarjurisprudenz vielfältige Möglichkeiten der Vertragsgestaltung. Die Praxis macht hiervon auch reichlich Gebrauch. Die gängigsten Einzeltatbestände sind wohl Pfändung des Geschäftsanteils bzw. Zwangsvollstreckung i n das Vermögen des Gesellschafters, Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens über sein Vermögen, bzw. wichtige Gründe in der Person eines Gesellschafters 41 . Auf die Frage, ob die Einziehung des Geschäftsanteils auch ohne ihre Zulassung i m Gesellschaftsvertrag zum Zwecke der Durchführung der Ausschließung des Gesellschafters aus wichtigem Grund möglich ist, w i r d noch näher einzugehen sein 42 . Die Einziehung nicht v o l l eingezahlter Geschäftsanteile ist unzulässig, weil sie einem Erlaß der Einlageverpflichtung des früheren Inhabers gleichkäme (§ 19 Abs. 2 GmbHG) 43 . Aber auch die entgeltliche Einziehung volleingezahlter Geschäftsanteile ist unzulässig, wenn dadurch das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen w i r d (§§ 34 Abs. 3 i. V. m. 30 Abs. 1 GmbHG). Die Einziehung aller Anteile ist unzulässig, weil die so entstandene GmbH mangels Gesellschafter nie wieder i n eine regelmäßige Gesellschaft umgewandelt werden könnte 44 . Die Einziehung w i r d wirksam, wenn sie durch das gesellschaftsintern zuständige Organ beschlossen und gegenüber dem Anteilsinhaber erklärt worden ist 45 . Ist der Einziehungsbeschluß gefaßt, teilt ihn der Geschäftsführer als Erklärung der Gesellschaft dem betroffenen Gesellschafter mit. Ohne Beschluß ist diese Erklärung jedoch wirkungslos 46 . 2. Rechtsfolge

Ist die Erklärung der Einziehung wirksam, so geht zu diesem Zeitpunkt der Geschäftsanteil unter 4 7 . Der bisherige Anteilsinhaber scheidet aus der Gesellschaft aus. M i t der vermögensrechtlichen Basis verliert er 41

Vgl. dazu die Rechtstatsachenuntersuchung unter § 6 sowie § 5. Vgl. hierzu § 3. 43 Buchwald GmbH-Rdsch. 1959, 69; Vogel, GmbHG, §34 A n m . 7; Hohner i n Hachenburg, § 34 A n m . 4; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., § 34 A n m . 7, m. w. N. 44 Feine, S. 424; Brodmann, § 33 A n m . 2 g; Baumbach / Hueck, § 33 A n m . 3 A ; Buchwald GmbH-Rdsch. 1959, 69; Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 362; differenzierend Scholz, GmbHG, 5. Aufl., § 15 A n m . 64, wonach die anteilslose G m b H unzulässig, die gesellschafterlose G m b H aber vorübergehend zulässig sei; ebenso Friedländer, Konzernrecht, S. 71; Schuler GmbH-Rdsch. 1962, 116; Simon D B 1963, 1210; Sudhoff, GmbH, S. 365; Paulick, Die G m b H ohne Gesellschafter, S. 28 (33). 45 Fischer, § 34 A n m . 3. 46 Hohner i n Hachenburg, § 34 A n m . 48; Fischer, § 34 A n m . 3. 47 Vogel, §34 A n m . 3; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., §34 A n m . 11; Hohner i n Hachenburg, § 34 A n m . 54; Buchwald GmbH-Rdsch. 1959, 68. 42

V. Die Beendigung der Gesellschaft

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auch seine Mitgliedschaftsstellung. Der Untergang des Geschäftsanteils hat zur Folge, daß die Summe der Geschäftsanteile nicht mehr dem Stammkapital entspricht 48 . Die mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten gehen jedoch i m wesentlichen nicht unter, sondern es vergrößern sich die Rechte und Pflichten der übrigen Gesellschafter verhältnismäßig u m die des weggefallenen Anteils. Den Gesellschaftern wächst i m Verhältnis ihrer Anteile der Jahresgewinn an, der dem fortgefallenen Anteil hätte zugeteilt werden müssen. Es vergrößert sich auch der Anspruch auf die Liquidationsquote (§ 72 GmbHG). Daneben wachsen aber auch die Lasten, wie Nachschußzahlungen und Haftung aus §§ 24 und 31 GmbHG, an. Ausgenommen bleiben nur i n Person zu erfüllende Gesellschaftspflichten (§ 3 GmbHG). Fällige Leistungen bleiben von der Einziehung unberührt 4 9 . Das Rechtsinstitut der Einziehung w i r d vielfach als Ersatz für die fehlende Regelung von Ausschließung und Austritt aus wichtigem Grund verwandt 5 0 . Dazu eingehend unten 51 . V. Die Beendigung der Gesellschaft M i t dem Verschwinden der juristischen Person aus dem Rechtsverkehr endet auch die Mitgliedschaft des Gesellschafters. Nach herrschender Meinung bewirkt weder der Auflösungsbeschluß noch der E i n t r i t t der gesetzlichen Auflösungsgründe (z. B. §§ 60 ff. GmbHG u. a.), noch die Löschung nach § 2 LöschG, noch die Eintragung der Beendigung der Liquidation ins Handelsregister die Beendigung der Gesellschaft. Vielmehr ist allen Auflösungsgründen gemein, daß sich die werbende in eine Liquidationsgesellschaft umwandelt; die jeweilige Handelsregistereintragung entfaltet nur deklaratorische Wirkung 5 2 . Weder der E i n t r i t t des Auflösungstatbestandes noch die Eintragung ins Handelsregister bewirken die Beendigung der GmbH. Diese t r i t t dann ein, wenn die Gesellschaft ihre Rechtspersönlichkeit verliert. Ihre Rechtspersönlichkeit verliert sie aber dann, wenn verteilbares Gesellschaftsvermögen 48 Hohner i n Hachenburg, §34 A n m . 56 u n d 57; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., §34 A n m . 11. 49 Hohner i n Hachenburg, § 34 A n m . 58; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., § 34 A n m . 11, 12; anders Vogel, GmbHG, § 34 A n m . 3; Lasten ergeben sich ζ. B. aus §§ 26, 27,24, 31 Abs. 3 GmbHG. 50 Vgl. Vogel, GmbHG, §34 A n m . 1; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., §34 A n m . 1; Hohner i n Hachenburg, § 34 A n m . 7. 51 Vgl. § 5. 52 Vgl. hierzu Feine, S. 644, 645, 667; Brodmann, GmbHG, §60 A n m . 1; Vogel, GmbHG, § 60 A n m . 1; Schmidt / Goerdeler i n Hachenburg, § 60 A n m . 1; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., §60 A n m . 1; Baiser / Meyer / Pichura, S. 164; Hofmann GmbH-Rdsch. 1976, 267; ders. GmbH-Rdsch. 1975, 225.

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2 Die gesetzlichen Beendigungstatbestände der Mitgliedschaft

nicht mehr vorhanden ist 53 . Dieser Zeitpunkt ist nicht immer ganz problemlos zu fixieren. Er kann i n Fällen der Vermögenslosigkeit vor dem Löschungseintrag, i n anderen Fällen (bei Auffinden weiterer Vermögensgegenstände der GmbH) zeitlich nach diesem liegen. Deshalb haben sich auch i n der Literatur Stimmen gemeldet, die aus Gründen der Rechtssicherheit und dogmatischer Klarheit der Handelsregistereintragung konstitutive Bedeutung beimessen wollen 5 4 . Angesichts der einhelligen herrschenden Meinung kann dies jedoch nur zur legislatorischen Forderung erhoben werden 55 . M i t dem Ende der juristischen Person ist zwar die Mitgliedschaft erloschen, doch fließen aus ihr noch gewisse Nachwirkungen. Abgesehen davon, daß die beendigt geglaubte Mitgliedschaft für den Fall „wieder zum Vorschein kommt" 5 6 , daß noch Vermögen der GmbH festgestellt w i r d 5 7 (das dann i n einer Nachtragsliquidation abgewickelt werden muß), bestehen noch Pflichten über die Beendigung hinaus. Sämtliche tatsächlich geführten Geschäftsbücher und alle übrigen sonstwie festgehaltenen Geschäftsunterlagen (vgl. § 44 HGB) müssen nach § 74 Abs. 1 Satz 1 GmbHG entweder durch einen Gesellschafter oder einen Dritten zehn Jahre lang aufbewahrt werden. Als nachwirkende Rechtspositionen kann man dagegen das Einsichtsrecht der übrigen Gesellschafter in die betreffenden Unterlagen bezeichnen (§ 74 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Auch die Gläubiger haben bei Geltendmachung eines rechtlichen Interesses ein solches Einsichtsrecht (§ 74 Abs. 2 Satz 2 GmbHG) 58 . Die Auflösungsgründe i m einzelnen ergeben sich aus Gesetz und Gesellschaftsvertrag. Auf deren Voraussetzungen soll hier nicht näher eingegangen werden 59 . 53 Nahezu einhellige Meinung i n Rspr. u n d Schrifttum., vgl. neben den i n F N 52 genannten, RGZ 92, 77 (84); 134, 91 (94); BGHZ 53, 264 (266); OLG Stuttgart N J W 1965, 1493; Baumbach / Hueck, Übers, vor §60 A n m . 1 B; jedoch mißverständlich Eder GmbH-Rdsch. 1966, 173 (188); w. N. bei Hönn Z H R 138 (1974), 50 (51 F N 4). 54

Vgl. Hönn Z H R 138 (1974), 50 ff. Da nach Darstellung von Hönn ein Erlöschen der Rechtsperson vor E i n tragung von den Instanzgerichten abgelehnt w i r d , ist auch die h. M. v o n der Ansicht Hönns so weit nicht entfernt (ebenda, S. 79). E i n Vertrauensschutz dahingehend, daß die Gesellschaft trotz Löschung noch besteht, erscheint jedoch nicht erforderlich, so daß m i t der h. M. durchaus befriedigende Ergebnisse zu erzielen sind. 56 Der vielfach verwandte Begriff „wieder aufleben" erscheint hier unangebracht, w e i l er logisch ein Ersterben voraussetzt, was hier j a gerade nicht der F a l l ist. 57 Ζ. B. Feine, S. 667; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., § 60 A n m . 1. 58 Vgl. etwa Sudhoff, GmbH, S. 552. 59 Vgl. dazu Brodmann, GmbHG, § 60 A n m . 1 ff.; Feine, § 48, S. 643 ff.; Vogel, GmbHG, §60 A n m . 2 ff.; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., §60 A n m . 4 ff.; Schmidt / Goerdeler i n Hachenburg, GmbHG, 6. Aufl., § 60 A n m . 10 ff.; zur Kündigung aus wichtigem Grund vgl. jedoch unter § 5 I I I . 55

V I . Andere Beendigungstatbestände

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V I . Andere Beendigungstatbestände N e b e n d e n g e n a n n t e n F ä l l e n endet die M i t g l i e d s c h a f t auch i n den F ä l l e n d e r Gesamtrechtsnachfolge; b e i T o d des Gesellschafters, b e i d e r ü b e r t r a g e n d e n U m w a n d l u n g 6 0 u n d b e i d e r V e r s c h m e l z u n g 6 1 , n i c h t dagegen b e i d e r f o r m w e c h s e l n d e n U m w a n d l u n g 6 2 .

60 Dazu Skibbe i n Scholz, A n h . I I I A n m . 5 ff.; Meyer / Landrut i n Großkomm. zum A k t G , § 376 A n m . 1 ff.; Godin / Wilhelmi, A k t G , § 381; Böttcher / Meilicke, U m w a n d l u n g u n d Verschmelzung v o n Kapitalgesellschaften, § 274; Schlegelberger / Quassowski, Aktiengesetz, § 274. 61 Vgl. dazu Skibbe i n Scholz, A n h . I I I A n m . 39 ff.; Böttcher / Meilicke, U m wandlung u n d Verschmelzung v o n Kapitalgesellschaften, § 2 A n m . 2 ff. 62 Vgl. dazu Skibbe i n Scholz, A n h . I I I A n m . 27 ff., 36; Kraft i n Kölner Kommentar zum A k t G , §340 A n m . 10, §344 A n m . 10 ff., §355 A n m . 10; Godin / Wilhelmi, A k t G , § 355 A n m . 1 ff.; Schilling i n Großkomm, zum A k t G , § 340 A n m . 3, § 344 A n m . 9 ff., § 355 A n m . 2 ff.; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 27 führt daneben noch die Vermögensübertragung nach §§ 359, 360 A k t G an. Dieser Weg ist für eine G m b H jedoch nicht gangbar, vgl. Schilling i n Großkomm. zum A k t G , § 359 A n m . 3.

§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters I. Entwicklung des Problems 1. Frühe Rechtsprechung

Die Rechtsprechung stand noch zu Beginn des Jahrhunderts auf dem Standpunkt, daß nicht einmal die Satzung bestimmen könne, daß der Gesellschafter alle Rechte verlieren solle, wenn er bestimmte Pflichten nicht erfülle 1 . Eine Ausschließung ohne entsprechende Klausel i m Gesellschaftsvertrag kam daher erst recht nicht i n Betracht. Später hatte das Reichsgericht dann die Frage zu entscheiden, ob die GmbH, deren Mitglieder eine Vereinbarung getroffen hatten, durch die sie ihr internes Verhältnis nach A r t der gegenseitigen Beziehungen der Teilhaber einer OHG geregelt haben, die Anwendbarkeit der §§ 140, 142 HGB zur Folge habe 2 . Das Reichsgericht ging davon aus, daß die M i t glieder ihre internen Verhältnisse durchaus auf diese A r t und Weise gestalten konnten, schloß jedoch aus der Systematik des GmbHG (dort sind nur Einziehung, Kaduzierung, Auflösung und Abandon geregelt) und aus dem „Wesen" der GmbH (juristische Person), daß eine analoge Anwendung i n diesem Fall nicht i n Betracht komme 3 . Auch diese Begründung stellt eine Absage an das Ausschließungsrecht dar. Das Reichsgericht sah sich jedoch gezwungen, von dieser strikten Rechtsprechung Ausnahmen zu machen. Viele Kartelle wurden nämlich i n der Form einer Nebenleistungs-GmbH vereinbart. Die Nebenleistung war wirtschaftlich gesehen Hauptpflicht. Weil das Reichsgericht i n seiner früheren Rechtsprechung die Auffassung vertreten hat, daß Nebenleistungspflichten auch nicht aus wichtigem Grund selbständig gekündigt werden könnten 4 , stellte sich mit dem neu geschaffenen § 8 KartVO vom 2.11.1923, der bestimmte, daß drückende Kartellpflichten aus wichtigem Grunde gekündigt werden könnten, die Frage, welcher seiner beiden Auffasungen der Vorzug zu geben sei. Entweder mußte es den Grundsatz der Unausschließbarkeit eines Gesellschafters oder die Auf1

O L G Kiel (1907) OLGRspr. 19,365. RGZ 101, 55 ff. 3 RGZ 101, 55 (61, 62), darauf weist auch heute noch Dreiss / Eitel-Dreiss, Unfreiwilliges Ausscheiden aus Gesellschaften, S. 51 hin. 4 RGZ 73, 429 ff.; 108, 22 ff.; vgl. auch OLG Dresden Seuff. Arch. 73 Nr. 65. 2

I. E n t w i c k l u n g des Problems

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fassung, einen Gesellschafter mit allen Rechten, aber ohne Pflichten dürfe es nicht geben, aufgeben. Einen solchen Fall betraf nun das Hefeverband-Urteil 5 . Konkret war zu entscheiden, welche Auswirkungen die Kündigung einer wesentlichen Nebenverpflichtung auf die Mitgliedschaft eines Gesellschafters habe. Das Reichsgericht blieb einerseits seinen Grundannahmen treu: einen Gesellschafter, der wesentliche Nebenverpflichtungen nicht erfülle, dürfe es i n der Gesellschaft nicht geben6. Bisher hatte das Reichsgericht daher deren Kündbarkeit untersagt, mit der Folge, daß der Gesellschafter zur Einhaltung dieser Pflichten verurteilt werden konnte. Weil nun Kartellpflichten aus wichtigem Grunde und somit Nebenverpflichtungen kündbar geworden waren, mußte der Gesellschafter aus der GmbH entfernt werden. Dabei mußte das Gericht jedoch Gefahr laufen, die Grundsätze seiner Rechtsprechung zur Ausschließung umzustoßen 7 . Nach eigenem Bekunden befand es sich nun i n einer Verwicklung 8 . Es behalf sich mit einer (Hilfs)-Konstruktion, die sich i n das System des GmbHRechtes einfügen sollte. Es sah § 8 KartVO als einen weiteren Anwendungsfall des § 34 GmbHG an 9 . Danach konnte die Gesellschaft den betreffenden Anteil einziehen (und damit den Gesellschafter ausschließen). Nach § 34 GmbHG ist jedoch die Einziehung ohne Zustimmung des Betroffenen nur zulässig, wenn sie i m Gesellschaftsvertrag schon vor dem Erwerb des Geschäftsanteils festgelegt ist. Darüber setzte sich das Reichsgericht mit dem kurzen Hinweis hinweg, daß dies entbehrlich sei, wenn es sich u m die Ausschließung eines Gesellschafters auf Grund persönlicher Verhältnisse handele. I n der Zeit zwischen Kündigung und Einziehung sollten die Rechte und Pflichten des Ausgeschlossenen ruhen. Wie selbstverständlich ging aber das Gericht davon aus, daß dem Gesellschafter der Wert des Anteils zu vergüten sei. I n einer späteren Entscheidung wurde diese Rechtsprechung bestätigt 1 0 . Der Sachverhalt betraf zwar einen Ausnahmefall, jedoch ließ das Gericht durchblicken, daß jedenfalls während der Liquidation die Ausschließung nicht mehr zulässig sei. Dies ist von seinem Standpunkt aus konsequent, denn jetzt, da die Gesellschaft nicht mehr werbend, sondern abwickelnd tätig ist, müssen auch i m Regelfall die Nebenleistungspflichten nicht mehr erbracht werden. Wenn die Nebenleistung ohnehin nicht mehr erbracht werden müsse, könne sie nicht mehr drückend sein. 5

RGZ 114, 216 ff. RGZ 73,429; 108,22. 7 RGZ 101,55 (61,62). 8 RGZ 114, 212 (218). 9 „Eine andere Möglichkeit, aus dieser Verwicklung herauszukommen, besteht nicht"; RGZ 114,212 (218). 10 RGZ 125,114(118). 6

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

Eine Kündigung entfalle deshalb. Daneben stellte es fest, daß i m Einziehungsbeschluß eine Festsetzung der Höhe der Abfindung nicht erforderlich, daß aber der Wert des Anteils, den er zum Zeitpunkt der Einziehung habe, zu vergüten sei. I n einer weiteren Entscheidung hat das Gericht diese Rechtsprechung ebenfalls fortgeführt 11 . I n einem obiter dictum wies es darauf hin, daß Nebenleistungspflichten auch aus anderen Gründen gekündigt werden könnten (§ 624 BGB). Aus der Sicht des Gerichtes müßte dann auch § 624 BGB ein Anwendungsfall des § 34 GmbHG sein. Eine andere Entscheidung 12 betraf zwar eine Auflösungsklage wegen eines persönlichen Zerwürfnisses der beiden Gesellschafter, jedoch hat das Reichsgericht daneben noch darauf hingewiesen, daß in solchen Fällen bei entsprechender gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung eine Ausschließung i n Frage käme; fehle es an einer solchen Regelung, sei jedoch nur der Entzug der Mitverwaltungsrechte unter gleichzeitiger Übertragung auf einen Treuhänder möglich. Dies folge aus dem „Wesen" der Gesellschaft und der Treupflicht ihrer Mitglieder. Damit war einer gesellschaftsvertraglichen Ausschließungsklausel nichts mehr i n den Weg gestellt. Die letzte und wohl problematischste Entscheidung des Reichsgerichts zur Gesellschafterausschließung betraf einen sowohl rechtlich als auch tatsächlich ungewöhnlichen Fall 1 3 . Eine GmbH hatte drei Gesellschafter mit jeweils gleichen Kapitalanteilen. Einer von ihnen war Jude. Die GmbH wurde 1934 i n eine BGB-Gesellschaft umgewandelt, und zwar mit der Maßgabe, daß sich die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter wie bisher nach dem Gesellschaftsvertrag und dem GmbHG richten sollten. I m Verlaufe des Jahres 1937/38 kam es zu verschärfter antijüdischer Gesetzgebung. U. a. wurden Unternehmen, deren jüdische Beteiligung mehr als 2 5 % betrug, als jüdische Unternehmen behandelt. Das hatte für das betreffende Unternehmen sehr nachteilige wirtschaftliche Folgen. Durch Beschluß der beiden nichtjüdischen Gesellschafter wurde der jüdische aus der Gesellschaft ausgeschlossen, obwohl dies i m Gesellschaftsvertrag nicht vereinbart war. Der Ausgeschlossene beantragte daraufhin die Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses. I n seiner Entscheidung legt das Reichsgericht dar, warum dieser Fall nach den Vorschriften des GmbHG und nicht nach dem Recht der BGB-Gesellschaft beurteilt werden müsse. Da der Gesellschaftsvertrag keine Ausschließungsklausel enthielt, mußte das Reichsgericht die Frage entscheiden, ob auch i n solchen Fällen die Ausschließung eines Gesellschafters möglich ist. Es bejahte die Frage erstmals. Zu 11 12 13

RGZ 128,1 ff. RGZ 164, 257 ff. RGZ 169, 330 ff.

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I. Entwicklung des Problems

Unrecht berief es sich jedoch auf eine frühere Entscheidung 14 . Es führte aus, daß dort die Möglichkeit angedeutet worden sei, daß auch beim Fehlen entsprechender Bestimmungen i m Gesellschaftsvertrag ein Gesellschafter unter gewissen Umständen dem Rechte nach, gegen seinen Willen, als Gesellschafter ausgeschlossen werden könne. I n der angeführten Entscheidung ist jedoch lediglich vom Ruhen der Rechte und Pflichten die Rede, was keinesfalls bedeuten kann, daß darunter eine Ausschließung, verbunden m i t dem Verlust des Geschäftsanteils, zu verstehen ist. Es wurde allenfalls noch mit dem Gedanken einer treuhänderischen Übertragung gespielt 15 . Das Reichsgericht war möglicherweise darum bemüht, dieser Frage den Anschein einer kontinuierlichen Entwicklung der Rechtsprechung zu geben. I n seiner Entscheidung schließt sich das Reichsgericht i m wesentlichen der Meinung von Scholz16 an, wonach der Gesellschaftsvertrag nach § 157 BGB und Treu und Glauben m i t Rücksicht auf die Verkehrssitte derart auszulegen sei, daß die Gesellschafter i n Fällen unzumutbarer Belastung durch die Fortdauer der Mitgliedschaft eines Gesellschafters über Mittel verfügen müßten, sich hiergegen zu schützen. Obwohl § 34 GmbHG für die Einziehung eine entsprechende Regelung i m Gesellschaftsvertrag verlange, sei doch die Möglichkeit der Ausschließung eines GmbH-Gesellschafters anzuerkennen. Diese müsse als vom zwingenden Recht und selbstverständlichen Willen der Gesellschafter erfaßt angesehen werden. 2. Die weitere Entwicklung in Literatur und Rechtsprechung

Diese Entscheidung hat nach der Änderung der politischen Verhältnisse i n der Bundesrepublik zum Teil leidenschaftliche K r i t i k erfahren. Bergenroth 17 und vor allem Masur 18 haben sie als Nazi-Rechtsprechung abqualifiziert. Dem ist m. E. jedoch nur insoweit zuzustimmen, als es sich u m die Anerkennung eines wichtigen Grundes handelte. Das Reichsgericht hat nach Lage der Dinge die jüdische Abstammung des Gesellschafters und die daraus folgenden rechtlichen Nachteile für die Gesellschaft als Grund für die Untragbarkeit des Gesellschafters angesehen. Daneben kann nicht übersehen werden, daß nach Einlegung der Revision auf Grund der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz 19 das jüdische Vermögen dem Deutschen Reich verfallen war und daß nun dieses als Rechtsnachfolger den Antrag weiterverfolgte. Möglicherweise 14

RGZ 164, 257 (262). RGZ 164,257 (262). 16 Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 19 ff. 17 Bergenroth M D R 1951, 722; kritisch auch Buchwald F N 14). 18 Masur N J W 1949,407. 19 V o m 25.11.1941 (RGBl. I, S. 722). 15

B B 1953, 457 (458

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

lagen dem handfeste wirtschaftliche Interessen zugrunde, denn es handelte sich u m eine größere Grundstücksgesellschaft, die offenbar innerstädtisches Gelände besaß. Warum das Reichsgericht ausgerechnet in diesem Fall von seiner ständigen Rechtsprechung abgewichen ist, bleibt möglicherweise für immer verborgen 20 . Aber selbst wenn die Anerkennung des Ausschließungsrechtes einer nationalsozialistischen Einstellung zum Recht entsprungen sein sollte 21 , so spricht das kaum gegen das Rechtsinstitut der Ausschließung als solches. Es entspricht dies darüber hinaus den dringenden Erfordernissen der wirtschaftlichen Praxis. Dies zeigt sich bereits i n der nächsten obergerichtlichen Entscheidung zu dieser Frage. Hier wurde nicht mehr um die Zulässigkeit der Ausschließung, sondern nur noch über die Voraussetzungen bzw. das Vorliegen eines wichtigen Grundes gestritten 22 . Auch die untergerichtliche Rechtsprechung Schloß sich dieser Auffassung an und forderte zusätzlich i n Analogie zu § 140 HGB ein Ausschließungsurteil 23 . Die übrige Reaktion auf die Entscheidung RGZ 169, 333 war, soweit es sich u m die grundsätzliche Anerkennung der Ausschließung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ohne entsprechende Klausel i m Gesellschaftsvertrag handelte, überwiegend positiv 2 4 ' 2 5 . Wesentliche Differenzen waren i m folgenden jedoch hinsichtlich der Durchführung der Ausschließung zu verzeichnen. Zuerst waren die Gegensätze Ausschließung durch Beschluß 26 der Gesellschafter oder richterliches Urteil 2 7 auszutragen. Dabei sprechen wohl die meisten Argumente gegen die Beschlußlösung. Überläßt man nämlich diesen Gestal20 Allgemein zur Rechtsfortbildungsmethode des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Gesellschaftsrechts, Mühl i n Festschrift für Fischer (1979), S. 109 f. 21 Dafür mögen auch noch andere Gründe sprechen: vgl. die Formulierungen v o n Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , 1. A u f l . 1942, S.21. 22 OLG Frankfurt a. M. N J W 1948, 429; am 11.12.1947 (Tag der Entscheidung) dürfte auch die Säuberung der Gerichte abgeschlossen gewesen sein. 23 W o h l i n Anlehnung an Hueck DB 1951, 108 ff.; L G Frankfurt a. M. N J W 1951, 719; L G Regensburg DNotZ 1953, 52 (Vorinstanz zu BGHZ 9, 157); LG Braunschweig M D R 1953,239. 24 25 , Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , 2. A u f l . 1947; Scholz SJZ 1949, 1 (6); Scholz, GmbHG, 2. A u f l . (1950/51), §15 A n m . 65; Baumbach / Hueck, §34 A n m . 2 B ; Haupt / Reinhardt, Gesellschaftsrecht, 4. A u f l . 1952; Hueck, Gesellschaftsrecht, 17. Aufl., §36 V I I I 2; Reinhardt, Gesellschaftsrecht, S. 306 A n m . 781; Küster JR 1952,455; Scholz GmbH-Rdsch. 1952, 17; Grussendorf JR 1953, 133; Grussendorf DNotZ 1952, 40; Hueck N J W 1951, 719; Spindler GmbH-Rdsch. 1951, 165 (168); Donig, Diss., 1951. 26 RGZ 169, 330; Küster JR 1952, 455; Feine, Gesellschaftsrecht, S. 356; vor allem Scholz GmbH-Rdsch. 1941, 109; 1942, 348; 1951, 85; 1952, 17; 1953, 75; 1955, 35; N J W 1951, 719; DR 1942,1667. 27 Hueck DB 1951, 109; N J W 1951, 719; Bergenroth M D R 1951, 338; Grussendorf JR 1953, 133; Spindler GmbH-Rdsch. 1951, 165 (168) u n d die o. g. landgerichtl. Rspr.; w o h l auch Paul N J W 1947/48, 417 (418); unentschieden Pöschl B B 1950,11 (12).

I. E n t w i c k l u n g des Problems

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tungsakt der Gesellschaft, so w i r d es sehr oft zu einer anschließenden Festellungsklage des Ausgeschlossenen kommen. Bei Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils steht während längerer Zeit nicht fest, ob der Gesellschafter nun ausgeschlossen ist. Der vermeintliche Vorteil der Beschlußlösung, nämlich die rasche Abwicklung, entfällt somit wieder. Vor allem dann, wenn es sich u m einen geschäftsführenden Gesellschafter handelt, ist diese Lösung unbefriedigend. Für diese Schwebezeit bedarf auch die Beteiligung des Gesellschafters an der Geschäftsführung einer Regelung; um dies zu erreichen, wäre wohl eine weitere gerichtliche Entscheidung wünschenswert. Ein weiteres Argument dürfte die große soziale Tragweite der Ausschließung sein. I n vielen Fällen ist die Mitgliedschaft, ähnlich wie bei der OHG, die Lebensgrundlage des Gesellschafters. Derlei einschneidende Entscheidungen bedürfen einer Rechtssicherheitsgarantie. Des weiteren ist auch die u. U. mangelnde Objektivität der Gesellschafter bei der Entscheidung über die Ausschließung zu berücksichtigen; das gilt zumal dann, wenn (wie häufig) sich i n der Gesellschaft zwei feindliche Parteien gegenüberstehen. Die Interessenlage spricht daher für die Z w i schenschaltung eines richterlichen Urteils. Unser Ergebnis gründet nun nicht auf einer Analogie zu § 140 HGB, doch ist festzustellen, daß eben dort dieselbe Interessenlage zum Erfordernis eines Urteils führt. Unabhängig davon, ob man die Vorschrift des § 140 HGB insoweit für analogiefähig hält oder nicht, ist daher als Ergebnis festzuhalten, daß die Ausschließung eines Gesellschafters eines richterlichen Urteils bedarf 28 . Für das Ausschließungsurteil mit rechtsgestaltender Wirkung hat sich dann 1953 auch der Bundesgerichtshof entschieden 29 . I n diesem Urteil entwirft der Senat ein System der Ausschließung eines Gesellschafters aus der GmbH. Demnach hat die Gesellschaftsversammlung mit 3/4Mehrheit zu beschließen, daß der betreffende Gesellschafter aus wichtigem Grunde ausgeschlossen werden solle. Der Betroffene habe hierbei kein Stimmrecht. Zur Lösbarkeit von Dauerrechtsverhältnissen aus wichtigem Grund führt das Gericht aus, daß weder der Auffassung Huecks 30 noch der Auffassung des Reichsgerichts und Scholz 31 zu folgen 28 Ganz h. M. I m Anschluß an BGHZ 9, 157 (170 ff.); BGHZ 16, 317; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 111; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 23. 29 BGHZ 9, 157 ff. Eingehender hat Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 (127, 128) die Interessen der Beteiligten dargelegt, wonach die Urteilslösung der Beschlußlösung vorzuziehen sei (mit w . N. i n F N 19); schon vorher unter Zustimmung zu L G F r a n k f u r t Grussendorf DNotZ 1952, 43 (45); i h m folgt unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Gläubigerinteressen Fischer, Diss., S. 35 ff. 30 Hueck N J W 1951, 719 befürwortet eine Analogie zu § 737 B G B u n d § 140 HGB. 31 Scholz u n d i m Anschluß das RG waren der Meinung, die Ausschließungs-

3 Balz

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

sei. Es sei ein das deutsche Recht beherrschender Grundsatz, daß Dauerrechtsverhältnisse aus wichtigem Grund gelöst werden könnten. Dies zeige sich positiv-rechtlich i n vielen Vorschriften 32 und sei auch vom Reichsgericht anerkannt gewesen33. A u f einen Gesellschafterbeschluß h i n habe die GmbH durch ihren Geschäftsführer Ausschließungsklage gegen den Gesellschafter zu erheben. Das Urteil müsse darüber befinden, ob ein wichtiger Grund vorgelegen habe und, falls dies zutreffe, ein Gestaltungsurteil unter der Bedingung erlassen, daß der wirkliche Anteilswert dem Ausgeschlossenen ohne Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften vergütet werde. Für die Vergütung des Anteils sei eine Frist zu setzen, bei deren Nichteinhaltung das Ausschließungsurteil hinfällig werde. Der Wert des Anteils bestimme sich nach dem Zeitpunkt der Klageerhebung und sei i m Urteil festzusetzen. Das Gestaltungsurteil könne jedoch auch als unbedingtes ergehen, wenn eine Summe i n Höhe des Anteilswertes hinterlegt sei. Das Urteil hat i n der Literatur vielfältige Beachtung gefunden 34 . Die Stimmen reichten von völliger Zustimmung bis zu rigoroser Ablehnung 3 5 . Die K r i t i k bezog sich, sofern sie die Ausschließung nicht gänzlich ablehnte, vor allem auf das bedingte Gestaltungsurteil, m i t h i n auf die Durchführung der Ausschließung. Durch die Belastung des Prozesses m i t der Wertfestsetzung des Anteils würde das Ziel, möglichste Rechtssicherheit zu schaffen, gerade nicht erreicht, weil sich der Streit der Parteien i n diesem Punkt erfahrungsgemäß lange hinziehe. Bemängelt wurde auch, daß nach Fristversäumung für die Entschädigungszahlung das Urteil hinfällig sei. Dies sei unter dem Gesichtspunkt der Prozeßökonomie höchst untunlich und würde dem Ausgeschlossenen zudem einen Schutz gewähren, der i h m u. U. gar nicht gebühre 36 . I n seiner Entscheidung BGHZ 16, 317 hat der Bundesgerichtshof seine eingeschlagene Linie fortgesetzt 37 . Er hat i m Anschluß an das Reichsgemöglichkeit sei stillschweigend i m Gesellschaftsvertrag vereinbart u n d folgerten danach eine Einziehungsmöglichkeit nach § 34 GmbHG. 32 §§626, 712, 723, 737 BGB, 89 a, 117, 127, 133, 140, 161 Abs. 2, 339 HGB, 38 Abs. 2, 61 GmbHG, 68 GenG, 124 a, 133 b GewO. 33 RGZ 128, 1 (16); 148, 81 (92); 160, 257 (270); 169, 203 (207 m . w . N . ) . , vgl. dazu auch Beitzke, Nichtigkeit, Auflösung u n d Umgestaltung v o n Dauerrechtsverhältnissen (1948). 34 Schneider GmbH-Rdsch. 1953, 74; Scholz GmbH-Rdsch. 1953, 75; Mangold B B 1953, 398; Buchwald B B 1953, 457; Vogel B B 1953, 461; Seydel G m b H Rdsch. 1953, 149; Mangold N J W 1954, 1144; Schilling JZ 1953, 490 (491). 35 Zust. Schneider GmbH-Rdsch. 1953, 74; Seydel GmbH-Rdsch. 1953, 151; „modifizierend" Scholz GmbH-Rdsch. 1953, 75; Mangold B B 1953, 398; ders. N J W 1954, 1144; Vogel B B 1953, 461; Baumbach / Hueck, GmbHG, 7. Aufl., Einf. § 34 A n m . 2 C; Hueck DB 1953, 777; Fischer L M G m b H G § 34 Nr. 1; ablehnend Schilling JZ 1953, 490 (491); Buchwald B B 1953, 457, der sich i m wesentlichen auf Argumente von Bergenroth M D R 1951, 722 bezieht. 36 So vor allem Scholz GmbH-Rdsch. 1953, 75 f.

I. Entwicklung des Problems

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rieht 38 die Ausschließung als äußerstes Mittel bezeichnet. Es dürfe nur eingesetzt werden, wenn keine andere Abhilfe mehr möglich sei. Der entscheidende Senat ist jedoch auch der K r i t i k an seiner vorhergehenden Entscheidung 39 nachgegangen. Demnach könne ein unbedingtes Ausschließungsurteil auch dann ergehen, wenn der Auszuschließende die Wertfeststellung des Anteils behindere bzw. nicht alles i n seinen Kräften Stehende dazu beitrage und dadurch versuche, den Rechtsstreit i n die Länge zu ziehen 40 . Durch dieses Verhalten habe er sich des Schutzes, der i h m durch das bedingte Ausschließungsurteil zuteil werden sollte, begeben. Das Gericht führt ferner aus, daß für die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund i n der Person eines Gesellschafters gegeben sei, nicht nur sein Verhalten, sondern auch das Verhalten der übrigen Gesellschafter berücksichtigt werden könne 41 . Nach dieser Entscheidung gab es i n Literatur und Rechtsprechung i m wesentlichen nur noch Bestätigungs- und Präzisierungsbestrebungen 42 . Grundsätzliche Zweifel an der Zulässigkeit der Ausschließung aus wichtigem Grund wurden nicht mehr laut. Streitpunkt war jedoch nach wie vor das bedingte Gestaltungsurteil. Die Abhängigkeit der Ausschließung von der Zahlung der Abfindung wurde als systemwidrig und prozeßverzögernd (weil mit dem Abfindungsstreit belastet) angesehen43. 37

Der BGH h ä l t ausdrücklich an seiner Entscheidung BGHZ 9, 157 fest; BGHZ 16, 317 ff. 38 RGZ 169, 330 (334). 39 BGHZ 9, 157 ff.; zur K r i t i k vgl. oben § 3 I. 2. u n d nachf. § 3 I I . 4. 40 BGHZ 16, 317 (324, 325). 41 BGHZ ebenda, 323. 42 Schilling JZ 1955, 331; Scholz GmbH-Rdsch. 1955, 36 (38); Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956, 129 ff., 145 ff.; Fischer JZ 1956, 362 (364); Hueck D B 1957, 37; Schön, Diss. 1958; Gercke, Diss. 1958; Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 (126 ff.); Buchwald GmbH-Rdsch. 1959, 68; Mezger, Diss. 1960; Freund, Diss. 1962; Wolff, Diss. 1962; Model, S. 109; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 5; Freund GmbH-Rdsch. 1962, 231; Mezger GmbH-Rdsch. 1963, 64, Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1963, 65; Mezger GmbH-Rdsch. 1963, 106; Kühn, S. 33 ff.; Wolany, S. 93 ff.; Wiedemann, S. 68; Gonella, Diss. 1965; Fichtner B B 1966, 146; ders. B B 1967, 17; Gonella GmbH-Rdsch. 1967, 89; Winkler, S. 78 ff.; Fischer, Diss. 1969; Jung RhNot.Kammer 1969, 806; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 303, 310; OLG Nürnberg B B 1970, 1371; Beckmann DNotZ 1971, 139; einschränkend jedoch Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 38 ff.; Hartmann, Der lästige Gesellschafter, S. 70 ff.; Goerdeler i n Festschrift für Barz (1974), S. 113 ff.; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 4; Reinhardt Ζ GR 1975, 366 (370); Fischer, §15 A n m . 8; Sudhoff, GmbH, S. 423 ff.; Klauss / Mittelbach, Die GmbH, A n m . 169 ff.; Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 427; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 97 ff.; Baumbach / Hueck, § 34 Einf. 1 B; Η . P. Westermann, Abberufung u n d Ausschließung v o n Gesellschaftern/Geschäftsführern i n Personengesellschaften u n d GmbH, S. 68 ff.; Esch G m b H Rdsch. 1981,25 ff. 43 I m Anschluß an Hueck D B 1953, 777; Mangold B B 1953, 398 f.; Vogel B B 1953, 460 (461); die o. g. L i t e r a t u r Schloß sich der Rspr. jedoch nach u n d nach an.

3*

§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

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Streitpunkte waren auch der Zeitpunkt der Wertbemessung und die rechtliche Einordnung des Anfalls des Geschäftsanteils an die Gesellschaft 44 . Einiges davon und auch andere Punkte sind bis heute streitig 45 . Der Bundesgerichtshof hat i m folgenden seine Rechtsprechung fortgesetzt und den Erlaß eines bedingten Gestaltungsurteils etwas eingeschränkt 46 . 3. Ausblick

Der Regierungsentwurf zum GmbHG aus dem Jahre 197247 sieht eine ausdrückliche Regelung unseres Fragenkomplexes vor, jedoch fehlte eine entsprechende Regelung i m Regierungsentwurf von 197748, so daß die Ausschließung nicht mit der am 1.1.1981 i n Kraft getretenen GmbHNovelle i m Gesetz geregelt wurde. Eine gesetzliche Regelung des Ausschließungsrechtes — obwohl wünschenswert — scheint damit noch nicht i n Sicht zu sein. I I . Die Ausschließung 1. Der Beschluß der Gesellschafterversammlung

Voraussetzung für die Einleitung eines Ausschließungsverfahrens ist ein Beschluß der Gesellschaftsversammlung 49 . Der Beschluß läßt die Rechtsstellung des Gesellschafters i n bezug auf seinen Geschäftsanteil vorerst unberührt 5 0 . Erst das rechtsgestaltende Urteil kann eine Rechtsänderung bewirken.

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Siehe dazu § 3 I I . 7. Etwa Winter i n Scholz, § 15 A n m . 97 ff. 46 BGH GmbH-Rdsch. 1972, 177 = B B 1972, 771; BGH N J W 1977, 2316 betraf zwar einen F a l l der Einziehung aus wichtigem Grunde, jedoch knüpfte das Gericht ausdrücklich an die Entscheidungen BGHZ 9, 157 u n d 16, 317 an. Neuerdings hat OLG Frankfurt D B 1979, 2127 diese Rspr. i n vollem Umfang bestätigt; ebenso jetzt BGH N J W 1981, 230 ff. i m Zusammenhang m i t einer Auflösungsklage. 47 BT-Drucksache VI/3088; RegEGmbHG §§ 207 ff.; eingehend dazu Goerdeler i n Festschrift für Barz (1974), S. 113 ff.; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 2; Gonella GmbH-Rdsch. 1967, 89 ff.; eine gesetzliche Regelung vermißte ebenfalls schon Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 45

(126). 48

BT-Drucksache 8/1347, S. 27,28. Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 16; Baumbach / Hueck, § 34 Einf. 2 B; Winter i n Scholz, §15 A n m . 108; Sudhoff, GmbH, S.427; BGHZ 9, 157 (177). 50 Eine Ausschließung unmittelbar durch Gesellschafterbeschluß w i r d heute w o h l allgemein abgelehnt (vgl. auch § 3 I.). 49

I I . Die Ausschließung

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a) Stimmberechtigung Bei Beschlüssen der Gesellschafterversammlung können grundsätzlich alle Gesellschafter mitstimmen. Allerdings ist dieser Grundsatz vielfältigen Schranken unterworfen 5 1 . Für die Beschlußfassung über die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens gegen einen Gesellschafter gilt § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG. Demnach ist der betroffene Gesellschafter von der Beschlußfassung ausgeschlossen52. Dies w i r d auf den i n § 47 Abs. 4 GmbHG niedergelegten Grundsatz, daß niemand Richter i n eigener Sache sein dürfe, zurückgeführt 53 . Dieser Grundsatz vermag jedoch den Stimmrechtsausschluß nicht zu begründen. Vielmehr ist dem Gesellschafter die Ausübung seines Stimmrechtes immer dann zu untersagen, wenn es sich u m Maßnahmen handelt, die sich aus wichtigem Grund gegen i h n richten. Insbesondere Zöllner hat überzeugend dargelegt, daß der Grundsatz, nicht Richter i n eigener Sache sein zu dürfen, i n seiner Anwendbarkeit auf judizielle A k t e beschränkt ist. Bei der Ermessensentscheidung, ob gegen einen Gesellschafter die Ausschließungsklage erhoben werden soll oder nicht, handelt es sich aber naturgemäß nicht u m einen judiziellen A k t 5 4 . Es stellt sich die Frage, ob der Stimmrechtsausschluß nur die Behauptung eines wichtigen Grundes voraussetzt oder ob der wichtige Grund wirklich gegeben sein muß. Richtiger Ansicht nach muß für den Stimmrechtsausschluß die Behauptung genügen, daß ein wichtiger Grund vorliege 55 , weil sonst die Frage, ob ein wichtiger Grund gegeben ist, u. U. zweimal gerichtlich geprüft werden müßte. Dies wäre unter dem Gesichtspunkt der Prozeßökonomie wenig wünschenswert. Zunächst müßte nämlich der Auszuschließende Anfechtungsklage gegen den Ausschließungsbeschluß erheben. Die Gesellschaft wäre aber dadurch ihrerseits nicht von der Pflicht zur Erhebung der Ausschließungsklage enthoben. Dem auszuschließenden Gesellschafter erwächst dadurch auch kein Nachteil. I m Rahmen der Entscheidung über die Ausschließungsklage ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes voll zu überprüfen. 51

Z u m ganzen: Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 242 f.; zur GmbH: Schmidt i n Scholz, § 47 A n m . 88 ff. 52 BGHZ 9, 157 (177); Baumbach / Hueck, §47 A n m . 5 Α , Β u n d §34 Einf. 2 B; Fischer, Diss., S. 48; Winter i n Scholz, §15 A n m . 108; Fichtner B B 1966, 149; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 8; Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 277; Wolany, Rechte u n d Pflichten des Gesellschafters einer GmbH, S.98; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 242; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 18; Sudhoff, GmbH, S. 394. 53 Schmidt i n Scholz, § 47 A n m . 126 m. w . N. 54 Zöllner, Die Schranken, S. 242, 243 F N 88, S. 236, 237 F N 59; dieser Grundsatz k o m m t auch i n den §§ 117, 127, 140 H G B u n d §712 Abs. 1 B G B zum Ausdruck. Zustimmend jetzt Immenga / Werner GmbH-Rdsch. 1976, 53 (59). 55 Vgl. dazu eingehend Zöllner, Die Schranken, S. 237, 238, 242.

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

Die Konsequenz dieser Auffassung ist, daß auch gegen einen Mehrheitsgesellschafter ein Ausschließungsverfahren eingeleitet werden kann 5 6 . Das muß jedoch i m Interesse des Fortbestandes der Gesellschaft und i m Interesse der sich loyal verhaltenden Gesellschafter hingenommen werden. b) Mehrheitserfordernisse Hinsichtlich der Mehrheitserfordernisse bei der Beschlußfassung über die Ausschließung herrscht Streit. Einerseits w i r d § 60 Abs. 1 Ziff. 2 GmbHG analog angewandt. Falls jedoch das Statut eine näher bestimmte (andere) Mehrheit für die Auflösung vorsehe, solle diese entscheiden. Ist allerdings Einstimmigkeit vorgesehen, so bedeute das für den Fall der Ausschließung nicht, daß auch der Auszuschließende zuzustimmen habe 57 . Danach habe i n der Regel der Beschluß mit qualifizierter Mehrheit zu ergehen. Dies w i r d damit begründet, daß die Ausschließung der Auflösung am nächsten komme. Daneben w i r d darauf verwiesen, daß durch die Ausschließung der Gesellschaft Kapital entzogen würde und das einer Änderung des Gesellschaftsvertrages gleichkomme 58 ; gegen die Anlehnung an die Einziehung (und dementsprechendem Mehrheitsbeschluß) w i r d eingewandt, daß die Einziehung einer statutarischen Grundlage bedürfe, die bei der Ausschließung aus wichtigem Grund gerade entbehrlich sei. Zum Ausgleich sei die qualifizierte Mehrheit erforderlich 59 . Darüber hinaus sei jedoch auch nicht die Einstimmigket des § 140 HGB erforderlich, weil bei der GmbH ja keine Erhöhung der Haftung eintrete 60 . Andererseits w i r d diese Meinung i n der Literatur abgelehnt. Es w i r d u. a. darauf verwiesen, daß die Parallele zur Auflösung einer GmbH nicht passe. Für den Auszuschließenden seien die beiden Situationen vielleicht vergleichbar: i n beiden Fällen ende die Mitgliedschaft i n der GmbH. Für die verbleibenden Gesellschafter seien die Fälle jedoch nicht miteinander vergleichbar. Sie wollten i m Falle der Ausschließung die Gesellschaft ja gerade erhalten und fortsetzen. Weiter w i r d auf §47 Abs. 1 GmbHG verwiesen (im Regelfalle ergehen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit) i. V. m. § 46 Ziff. 4 GmbHG, wo einfache Mehrheit auch für die Einziehung als ausreichend erachtet wird. Dies komme der Ausschließung am nächsten. Daneben 56

Vgl. statt vieler etwa Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 18. OLG Frankfurt D B 1979, 2127. 58 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 308. 59 Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 17. 60 BGHZ 9, 157 (177); Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1963, 65 f.; GmbH-Rdsch. 1967, 92; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 9. 57

Gonella

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w i r d darauf hingewiesen, daß die Auflösung aus wichtigem Grund bereits von einer Minderheit durchgesetzt werden könne 61 . Befürwortern der qualifizierten Mehrheit ist darin beizutreten, daß die Ausschließung eines Gesellschafters für das Gesellschaftsleben einen tiefen Einschnitt bedeutet. Dieses Argument alleine vermag es jedoch nicht zu rechtfertigen, daß die Ausschließung mit der Auflösung gleichgesetzt wird. Vielmehr ist die Frage, wo ein Ausschließungsbeschluß i m System des GmbH-Rechts anzusiedeln ist, nach den Wertungen des Gesetzes zu beantworten. Einserseits bewertet das Gesetz den Auflösungsbeschluß als derartig tiefgreifenden Sozialakt, daß es hierfür eine qualifizierte Mehrheit fordert. Andererseits w i r d das GmbH-Recht vom Prinzip des Mehrheitsbeschlusses beherrscht (§ 47 Abs. 1 GmbHG). Insbesondere ist auch für die Einziehung des Geschäftsanteils ein Gesellschafterbeschluß mit einfacher Mehrheit ausreichend. I n diesen Rahmen ist nun der Ausschließungsbeschluß hineinzustellen. M i t dem Auflösungsbeschluß hat er die tiefgreifende Wirkung für das Gesellschaftsleben gemein, jedoch besteht i m einen Falle die Gesellschaft weiter, i m anderen w i r d sie aufgelöst. M i t dem Einziehungsbeschluß hat der Ausschließungsbeschluß gerade das Fortbestehen der Gesellschaft gemeinsam, jedoch erfolgt die Einziehung grundsätzlich nur mit Zustimmung des Betroffenen; der Ausschluß erfolgt jedoch gerade gegen den Willen des Gesellschafters. Es erscheint sehr fraglich, ob gerade das Fehlen des Zustimmungserfordernisses bei der Ausschließung dazu führen muß, die Vergleichbarkeit des Ausschließungsbeschlusses mit dem der Einziehung zu verneinen. Es ist zwar der Gegenmeinung zuzugeben, daß i n den Fällen, i n denen die Gesellschaft i m Zuge des Ausschließungsverfahrens den A n teil übernimmt, ein Abfluß von Vermögen der Gesellschaft stattfindet, doch geschieht ähnliches durch andere Beschlüsse, für die keine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, u. U. auch. Dem GmbHG ist ebenfalls ein solcher Grundsatz, daß Beschlüsse, die zum Abfluß von Vermögen führen, einer qualifizierten Mehrheit bedürfen, nicht zu entnehmen. Entgegen der Auffassung Ulmers besteht i m Falle der Ausschließung nicht generell auch die Gefahr der Auflösung. Über § 61 GmbHG hinaus steht dem Ausscheidenden nämlich kein Auflösungsrecht zu 62 . Richtig ist allerdings, daß aus dem Erfordernis einer richterlichen Entscheidung nicht bereits darauf geschlossen werden könne, daß eine 61 Hueck DB 1953, 777; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 108; Mezger, Diss., S. 104, 105; ders. GmbH-Rdsch. 1963, 64, 106; Winkler, S. 80, 82; Freund, Diss., S. 17; Baumbach / Hueck, Einf. § 34 A n m . 2 B; Sudhoff, GmbH, S. 443; Wolany, S. 99, 150; Schön, Diss., S. 119; v. Gierke, S. 418; Zöllner, Die Schranken, S. 242. 62 Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 17.

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qualifizierte Mehrheit für den Ausschließungsbeschluß nicht erforderlich sei. Der Beschluß hat nämlich verbandsintern darüber zu entscheiden, ob ein Mitglied ausgeschlossen werden soll 63 . Anders als dieser dient die Klage nur dazu, die Voraussetzungen des wichtigen Grundes nachzuprüfen. Gerade die Entscheidung aber, ob ein Gesellschafter mit seinem Geschäftsanteil auszuschließen sei oder nicht, ist auch Gegenstand des Einziehungsbeschlusses. Daher scheint der Charakter des Ausschließungsbeschlusses dem des Einziehungsbeschlusses trotzdem näher zu kommen, als dem des Auflösungsbeschlusses. Entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs 64 ist daher mit einer breiten Meinung i n der Literatur daran festzuhalten, daß für den Ausschließungsbeschluß einfache Mehrheit ausreichend ist 65 . Etwas anderes kann nur gelten, wenn es der Gesellschaftsvertrag vorschreibt. c) Rechtliches Gehör Zwar ist dem Auszuschließenden bei der Abstimmung über die Einleitung eines Ausschließungsverfahrens die Ausübung des Stimmrechts versagt 66 , aber i n der betreffenden Gesellschaftsversammlung muß er zu diesen Vorhalten gehört werden und Stellung beziehen können, soweit dies nicht nach objektiver Würdigung der Umstände völlig zwecklos ist 67 . Dabei handelt es sich jedoch u m etwas anderes als das gewöhnliche M i t spracherecht i n Gesellschafterversammlungen. Es ist m. E. nicht ausreichend, dem Betroffenen nur die gleiche Redezeit wie den übrigen einzuräumen. Der Auszuschließende muß Gelegenheit haben, zu allen Anwürfen Stellung nehmen zu können, die gegen ihn erhoben werden. Dies gebietet der Grundsatz der Solidarität des Verbandes gegenüber dem einzelnen 68 . d) Positive Stimmpflicht

der Gesellschafter

Wie bereits festgestellt, bedarf es zur Einleitung des Ausschließungsverfahrens eines Gesellschafterbeschlusses. Ein solches Verfahren ist für 63

Ulmer i n Hachenburg ebenda. BGHZ 9,157 (177). 65 I m Ergebnis ebenso Hueck D B 1953, 777; Baumbach / Hueck, Einf. §34 A n m . 2 B; Winter i n Scholz, §15 A n m . 108; v. Gierke, S. 418; Mezger, Diss., S. 104, 105 u n d GmbH-Rdsch. 1963, 64 u n d 106; ausdrücklich zustimmend auch Zöllner, Die Schranken, S.394; Wolany, S. 99, 150; Sudhoff, GmbH, S.443; a. M. BGHZ 9, 157 (177); Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 308; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 17 m. w. N. 66 Dazu schon § 3 I I . 1. a). 67 RGZ 169, 330 (338), wo der Senat jedoch davon ausging, daß der Betroffene durch Gesellschafterbeschluß ausgeschlossen werde; Hartmann, Der lästige Gesellschafter, S. 74; Schaudwet / Paul GmbH-Rdsch. 1970, 5 (8); Fischer, Diss., S. 49. 68 Vgl. Wolany, S. 171. 64

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die GmbH meist von grundsätzlicher oder sogar existenzieller Bedeutung. Gerade aus diesem Grunde stellt sich die Frage, ob (vor allem bei schwierigen Mehrheitsverhältnissen) ein Gesellschafter verpflichtet sein kann, der Einleitung eines Ausschließungsverfahrens zuzustimmen. Eine solche positive Stimmpflicht kennt auch das GmbH-Recht 69 . Dabei können sich Stimmpflichten neben dem Gesellschaftsvertrag vor allem aus der Treuepflicht ergeben 70 . Zu einer bestimmten Stimmabgabe ist der Gesellschafter dann verpflichtet, wenn die Herbeiführung des Beschlusses i m Interesse der Gesellschaft dringend geboten und dem Gesellschafter zumutbar ist 71 . Gerade i n den Fällen, i n denen das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Ausschließung berechtigt, ist i n der Regel die Herbeiführung des Ausschließungsbeschlusses i m Interesse der Gesellschaft dringend geboten. Man w i r d daher eine positive Stimmpflicht zumindest für die Fälle anzunehmen haben, i n denen sich ein Gesellschafter gegen eine zweifelsfrei begründete Ausschließung unter Gefährdung des Gesellschaftszwecks sperrt und i h m die Zustimmung zumutbar ist. Scholz meint dagegen, daß man, wenn kein Mehrheitsbeschluß über die Ausschließung zustandekomme, nur noch die Erhebung der Auflösungsklage bzw. der eigene Austritt übrig bleibe 72 . M i r scheint jedoch diese Lösung zu rigoros. Für die Personengesellschaft ist eine entsprechende Stimmpflicht zwar nicht unumstritten, entspricht jedoch überwiegender Meinung 73 . Auch die Gesellschafter einer GmbH sind untereinander zur Treue verpflichtet 74 . Es liegt daher nahe, diese Grundsätze zumindest auf die personalistische GmbH zu übertragen 75 . 69

Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 354. Zöllner ebenda, S. 346; BGHZ 64, 257; Schmidt i n Scholz, § 47 A n m . 26; näher zur Treupflicht: aus der Rspr.: RG L Z 1916, 1100; RGZ 164, 257; RG DR 1940, 2177; RGZ 165, 68 ff.; RGZ 169, 390 ff.; BGHZ 9, 157 (163); BGHZ 14, 38; aus der Lit.: Brodmann i n Ehrenbergs Handbuch I V , 2., G m b H Gesetz, §13 A n m . 2 a; Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 23; Hueck, Der Treuegedanken i m modernen Privatrecht; Ballerstedt, Kapital, Gewinn, S. 128, 184; Küster, I n h a l t u n d Grenzen, S. 58; Schilling JZ 1953, 489 (492); Zöllner, Die Schranken, S. 335 ff.; Petersen, Die personalistische S t r u k t u r der GmbH, S. 16 ff., 79 ff.; Schmidt GmbH-Rdsch. 1960, 137 ff.; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 168 ff.; Wolany, S. 107 ff.; Kühn, Die Minderheitsrechte, S. 32 f.; Winkler, Die Lückenausfüllung, S. 52 ff.; Schaudwet / Paul GmbH-Rdsch. 1970, 5 ff.; Schilling i n Hachenburg, § 14 A n m . 23 ff.; Baumbach / Hueck, Vor § 13 A n m . 2 B. Z u m Aktienrecht vgl. Fechner, S. 26. 71 Schmidt i n Scholz, §47 A n m . 26; Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 428.4.; BGH B B 1977, 615 ff. für die Kommanditgesellschaft. 72 Scholz GmbH-Rdsch. 1955, 39. 73 Fischer N J W 1954, 777 (780); Zöllner, Die Anpassung v o n Personengesellschaftsverträgen an veränderte Umstände, S. 42, 43; dersDie Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 347 f.; Ulmer i n Großkomm, zum HGB, § 140 A n m . 34; BGHZ 64, 253; 68, 81; a. A . Hueck, Das Recht der OHG, S. 443; Flume, Die Personengesellschaft, S. 275. 74 Vgl. statt vieler Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 261 ff.; BGHZ 65, 15 (18 f.). 70

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

Man w i r d aber eine positive Stimmpflicht unter den genannten Umständen auch für kapitalistische und damit alle GmbH annehmen können. Zwar ist der GmbH-Gesellschafter anders als bei der Personalgesellschaft nicht zur Förderung des Gesellschaftszweckes verpflichtet, dennoch hat er aber gesellschaftsschädigende Handlungen zu unterlassen. Würde er dem berechtigten Ausschließungsverlangen nicht zustimmen, so käme dies einer gesellschaftsschädigenden Handlung gleich. Dies allein könnte eine positive Stimmpflicht des Gesellschafters jedoch nicht begründen, denn insoweit unterscheidet sich der kapitalistische GmbHGesellschafter grundsätzlich nicht vom Aktionär. Dieser hat ebenfalls gesellschaftsschädigende Handlungen zu unterlassen, ohne daß sich daraus eine positive Stimmpflicht ergibt. Die Stellung des Aktionärs unterscheidet sich jedoch nicht unerheblich von der des GmbH-Gesellschafters. Der Gesellschafterversammlung kommt eine wesentlich größere Machtbefugnis zu als der Hauptversammlung. Dies t r i t t besonders deutlich i m Falle der Bestellung und Abberufung des Leitungsorganes hervor. Die Gesellschafterversammlung bestellt und entläßt den Geschäftsführer, wogegen der Hauptversammlung ein solches Recht hinsichtlich des Vorstandes nicht zukommt. Daneben bewirkt die damit verbundene größere Einflußmöglichkeit des Gesellschafters auf die Geschäftsführung, sowie der gegenüber der A G kleinere Kreis von Gesellschaftern engere Bindungen und ein vertrauensvolleres Verhältnis unter den Gesellschaftern. Gesteigertem Vertrauen korrespondiert aber ein höheres Maß an Treuebindungen 76 . Dieses Mehr an Leitungsmacht sowie die gesteigerten Treuepflichten rechtfertigen es aber, dem betreffenden Gesellschafter auch ein Mehr an Pflichten aufzuerlegen. Der betreffende Gesellschafter kann auf Zustimmung verklagt werden, wobei das Urteil dessen Zustimmung ersetzt 77 . Der BGH ist darüber hinaus in einer zur Kommanditgesellschaft ergangenen Entscheidung der Auffassung, daß Zustimmungs- und Ausschließungsklage miteinander verbunden werden können 78 . Es bestehen keine Bedenken, diese Entscheidung auf die GmbH zu übertragen. e) Verteidigungsmittel

des Auszuschließenden

Wie schon dargelegt, ist der Gesellschafter, dessen Ausschließung beschlossen wurde, hinsichtlich der Rechtsposition seiner Mitgliedschaft nicht unmittelbar beeinträchtigt. Allerdings droht i h m nunmehr ein gerichtliches Ausschließungsverfahren. Möchte er sich i n diesem Verfah75

Hierauf weist Zöllner, Die Anpassung von Personengesellschaftsverträgen an veränderte Umstände, S. 7 hin. 76 Zöllner ebenda, S. 34. 77 Hartmann i n Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 894 A n m . 1 B; Münzberg i n Stein / Jonas, ZPO, § 894 A n m . I. 78 BGH B B 1977, 615 f.

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rensstadium gegen diesen Beschluß zur Wehr setzen, so steht i h m i n jedem Falle das Instrument der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage zur Verfügung 79 . Fraglich ist, ob damit auch das Fehlen der materiellen Ausschließungsvoraussetzungen geltend gemacht werden kann. A n sich ist dies der Ausschließungsklage vorbehalten. Ein Bedürfnis hierfür kann jedoch i n Fällen bestehen, i n denen sich die Erhebung der Ausschließungsklage erheblich verzögert oder die Gesellschaft augenblicklich von der Erhebung der Klage Abstand nimmt. Solange der Beschluß vorliegt, droht dem Betroffenen jederzeit ein Ausschließungsverfahren, auch wenn freilich die Gesellschaft bei allzu großer Verzögerung der Klageerhebung das Recht der Geltendmachung des wichtigen Grundes verw i r k t haben wird. Liegen die materiellen Ausschließungsvoraussetzungen nicht vor, so stellt dies keinen Nichtigkeitsgrund dar 80 . Daher ist allenfalls ein Anfechtungsgrund i n Betracht zu ziehen. Ein Beschluß ist dann anfechtbar, wenn er gegen das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag verstößt und nicht nichtig ist. Leidet der Beschluß an einem Verfahrensmangel, so liefert dieser den Anfechtungsgrund 81 . Die fehlerhafte Feststellung des wichtigen Grundes könnte jedoch einen Inhaltsmangel darstellen, denn auch beim Ausschließungsbeschluß sind Gesetz und Gesellschaftsvertrag zu beachten. Enthält etwa der Gesellschaftsvertrag Bestimmungen über den wichtigen Grund und wurden diese falsch angewandt, so ist dem betroffenen Gesellschafter dann ein A n fechtungsrecht einzuräumen, wenn der Gesellschaftsvertrag eine Ausschließung lediglich durch Beschluß zuläßt und somit auf das Erfordernis eines Ausschließungsurteils verzichtet. Ist dies jedoch nicht gegeben, so stellt der Beschluß lediglich die Entschließung dar, eine Ausschließungsklage gegen den Gesellschafter zu erheben. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist daher nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für den Gesellschafterbeschluß 32 . Der Gesellschafterbeschluß stellt nämlich das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht bindend fest, vielmehr bleibt das dem nachfolgenden Ausschließungsverfahren vorbehalten. f) Bedeutung des Gesellschafterbeschlusses Der Gesellschafterbeschluß hat eine doppelte Funktion. Zum einen, wie schon mehrfach erwähnt, w i r d damit gesellschaftsintern die Entscheidung über eine Einleitung des Ausschließungsverfahrens, nicht da79

Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 19. Schmidt i n Scholz, § 45 A n m . 51 ff.; Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 470 ff.; zum Verhältnis von Anfechtungs- u n d Nichtigkeitsklage vgl. auch Zöllner i n Kölner Kommentar zum A k t G , § 246 A n m . 48 f. 81 Schmidt i n Scholz, § 45 A n m . 69 m. w. N.; Schilling / Zutt i n Hachenburg, A n h . §47. 82 Ebenso Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 19. 80

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gegen eine bindende Entscheidung über das Vorliegen eines wichtigen Grundes getroffen 83 . Zum anderen w i r d dem Geschäftsführer damit die besondere Ermächtigung zur Prozeßführung i m Sinne des § 51 ZPO erteilt; das ist deshalb erforderlich, weil es sich bei dem Ausschließungsstreit u m einen so weitgehenden Eingriff i n das Gesellschaftsverhältnis handelt, daß die regelmäßige Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers nach § 35 Abs. 1 GmbHG hierfür nicht ausreicht 84 . g) Formerfordernisse Zur Bestimmung des wichtigen Grundes kommt dem Beschluß eine beträchtliche Beweisfunktion zu. Ein Ausschließungsbeschluß enthält i n aller Regel nicht nur die Entschließung der Gesellschafter, gegen den Betreffenden die Ausschließungsklage zu erheben, sondern kann gegebenenfalls m i t der Ausschließung zusammenhängende Umstände präzisieren und Anschuldigungen oder einzelne Vorfälle, die dem Auszuschließenden zur Last gelegt werden, festhalten 85 . Grundsätzlich unterliegen Gesellschafterbeschlüsse keinem Formzwang. Einzige Ausnahme stellt die Änderung des Gesellschaftsvertrages nach § 53 Abs. 2 GmbHG dar 86 . Naturgemäß enthält das GmbHG keine Formbestimmung zum Ausschließungsbeschluß. Es bleibt daher zu untersuchen, ob ein solcher Beschluß einem Formzwang unterworfen ist. Die Einhaltung der notariellen Form ist nicht erforderlich, da sie ausschließlich für die Änderung des Gesellschaftsvertrages vorgesehen ist 87 . Dreiss / Eitel-Dreiss wollen für den Ausschließungsbeschluß jedoch Schriftform verlangen. Sie meinen, daß ein Ausschließungsbeschluß in den Analogiebereich des § 259 BGB, der Schriftform für Rechnungslegung vorsieht, fällt und auch § 293 Abs. 3 Satz 1 A k t G analog herangezogen werden könne, weil der Ausschließungsbeschluß einen ebenso starken Eingriff i n die subjektiven Zuordnungsverhältnisse der GmbH darstelle, wie das anderersefts für den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nach § 293 A k t G der Fall sei. Für diesen verlange aber das Gesetz Schriftform. Unter Hinweis auf Treu und Glauben und eine „neuerliche Tendenz des Gesetzgebers zur privatschriftlichen Form" halten sie daher die Schriftform auch für den Ausschließungsbeschluß für erforderlich 88 . 83

Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 19. Vgl. Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 21; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 107. I n Analogie zu § 46 Ziff. 8 G m b H G könen auch anstatt dem Geschäftsführer besondere ProzeßVertreter bestellt werden; anders jedoch Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 126, die offenbar dies als i n den gewöhnlichen Geschäftsbereich des Geschäftsführers fallend ansehen. 85 Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 109. 86 Vgl. Schmidt i n Scholz, § 48 A n m . 47. 87 Ebenso Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 109; OLG Frankfurt a.M. D B 1979, 2127. 88 Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 110 (wohl unter Hinweis auf §§34 G W B u n d 85 HGB). 84

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Dem ist jedoch nicht zu folgen. Es vermag schon die Analogiebasis nicht zu überzeugen. Sowohl der Vertrag nach § 293 A k t G als auch der Ausschließungsbeschluß sind einschneidende Gesellschaftsereignisse, jedoch handelt es sich zum einen bei § 293 A k t G u m einen Vertrag, nicht u m einen Gesellschafterbeschluß. Zum anderen sagt § 293 A k t G nichts über die Formbedürftigkeit des anschließenden Gesellschafterbeschlusses aus. Dessen Formbedürftigkeit ergibt sich aus § 130 Abst. 1 AktG. Auch unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Rechtsfolge erscheint diese Auffassung problematisch. Es ist nur dann sinnvoll, ein Formerfordernis aufzustellen, wenn an dessen Nichtbeachtung Rechtsfolgen geknüpft werden. Darüber finden sich jedoch auch bei Dreiss / Eitel-Dreiss keine Ausführungen 89 . Die Formbedürftigkeit ergibt sich aber auch nicht aus anderen Gründen. Hierbei sind einerseits Erwägungen zur Formbedürftigkeit von Beschlüssen i n Korporationen, andererseits allgemeine Erwägungen zur Formbedürftigkeit von Rechtsgeschäften von Bedeutung. Beschlüsse der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft bedürfen der notariellen Form. Zweck dieses Formerfordernisses ist es, einerseits Gläubigern, künftigen Aktionären und Aktionären, die an der Hauptversammlung nicht teilgenommen haben, vom Inhalt des Beschlusses zu unterrichten, andererseits soll damit eine verläßliche Unterlage für die Durchführung der Beschlüsse geschaffen werden 90 . Nichtbeachtung der Formvorschrift führt zur Nichtigkeit (§ 241 Ziff. 2 AktG). Die Frage nach der Formbedürftigkeit eines Ausschließungsbeschlusses stellt sich hier jedoch nicht, weil nach allgemeiner Meinung die Ausschließung eines A k tionärs unzulässig ist 91 . Das Vereinsrecht dagegen überläßt Form und Inhalt der Beurkundung von Versammlungsbeschlüssen der satzungsmäßigen Regelung. Dabei ist Schriftform ausreichend. Eine Beschränkung auf solche Beschlüsse, die zur Anmeldung i n das Vereinsregister gebracht werden müssen, ist zulässig (Satzungsänderungen, Änderungen des Vorstands oder dessen Vertretungsmacht) 92 . Nur für diese Fälle sind daher die Formvorschriften zwingend (§§ 67, 71 BGB). Die Formbedürftigkeit der Satzungsänderung hat zum einen den Zweck, vereinsintern den Umfang der Satzungsänderung festzulegen und zum anderen dem Registergericht eine verläßliche Unterlage zur Eintragung dieser Änderung zu verschaffen. Ein Ausschließungsbeschluß kann nach Vereinsrecht daher ohne Einhaltung einer Form gefaßt werden. Das GmbHG enthält 89

Vgl. Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 109 ff. Zöllner i n Kölner Kommentar zum A k t G , § 130 A n m . 2. 91 Vgl. etwa BGHZ 9, 157 (163); Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 390. 92 Reichert / Dannecker / Kühr, Handbuch des Vereins- u n d Verbandsrechts, A n m . 433. 90

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grundsätzlich die gleiche Regelung wie das Vereinsrecht, jedoch mit dem einen Unterschied, daß Beschlüsse über die Änderung des Gesellschaftsvertrages zwingend der notariellen Form bedürfen, während nach Vereinsrecht Schriftform ausreichend ist. Alle anderen Gesellschafterbeschlüsse sind formlos wirksam 9 3 . Dieser knappe Überblick liefert keine zwingenden Gründe dafür, den Ausschließungsbeschluß einer bestimmten Form zu unterwerfen. Es zeigt sich, daß alle Beschlüsse, die die Verfassung des Verbandes berühren, formgebunden sind. Nur das A k t G unterwirft alle Beschlüsse der Einhaltung einer bestimmten Form. Der Zweck der Form hat hier i m wesentlichen Drittbezug 94 . Daneben dient es jedoch auch dem Parteiinteresse. Das Gesetz bewertet danach Verkehrs-, D r i t t - und Parteiinteresse so hoch, daß es diese durch Einhaltung bestimmter Formen sichern will. Die Interessenlage beim Ausschließungsbeschluß i n der GmbH ist indessen eine andere. Er tangiert grundsätzlich nicht die Verfassung der Gesellschaft. Auch werden Gläubigerinteressen durch Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsgrundsatz gesichert. Verkehrs- und Drittinteressen werden daher durch den Beschluß gar nicht berührt. Es bleibt lediglich das Partei- bzw. Einzelinteresse 95 . Partei- und Einzelinteresse könnten die Einhaltung einer bestimmten Form gebieten. Eine Abwägung hinsichtlich dieser Interessen findet sich jedoch i m GmbHG selbst. Obwohl auch andere Gesellschafterbeschlüsse die genannten Interessen berühren, ist ihre Wirksamkeit nicht von der Einhaltung einer bestimmten Form abhängig gemacht. Diese Interessenbewertung hat auch für den Ausschließungsbeschluß zu gelten. Der Ausschließungsbeschluß ist daher formlos wirksam. 2. Die Klageerhebung durch die GmbH

Liegt ein entsprechender Gesellschafterbeschluß vor, so kann die Ausschließungsklage erhoben werden. Die Gesellschafterversammlung kann jedoch bestimmen, daß von der Klageerhebung einstweilen abzusehen sei. Nach übereinstimmender Meinung ist die Klage von der GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer bzw. durch einen besonderen Prozeßvertreter, und nicht von den Gesellschaftern zu erheben 96 . Das folgt 93

Schmidt i n Scholz, § 48 A n m . 47. Heldrich nennt das „Erkennbarkeit für D r i t t e " : Heldrich AcP 147 (1941), 89 (91); Häsemeyer, Die gesetzliche Form der Rechtsgeschäfte, S. 192 nennt es „Geschäftsform aus Drittinteresse", allerdings dürfte das nach dieser A u f fassung auch i m Verkehrsinteresse geboten sein (S. 183 f.). 95 Begriffe nach Häsemeyer, Die gesetzliche F o r m der Rechtsgeschäfte, S. 182 ff. 96 BGHZ 9, 157 (177); Baumbach / Hueck, Einf. §34 A n m . 2 B ; Winter i n 94

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aus dem Verständnis der Ausschließung, bei der es weniger darum geht, das Band der Gesellschafter untereinander zu lösen, als vielmehr darum, das Verhältnis des Betroffenen zu der Gesellschaft neu zu ordnen 97 . Nach einem entsprechenden Gesellschafterbeschluß ist der Geschäftsführer verpflichtet, die Ausschließungsklage zu erheben. Nicht ihm, sondern allein der Gesellschafterversammlung steht die Entscheidung darüber zu, ob die Ausschließungsklage erhoben w i r d oder nicht 98 . Parteien des Rechtsstreites sind somit der Auszuschließende und die GmbH. Dies gilt auch für die zweigliedrige GmbH 9 9 . Zwar sind die Bedenken Fischers hiergegen nicht von der Hand zu weisen. Natürlich versuchen die Gesellschafter i n einer zweigliedrigen GmbH i n zahlreichen Fällen sich gegenseitig auszuschließen 100 , so daß es wünschenswert wäre, den Rechtsstreit als Klage und Widerklage der Gesellschafter zu führen. Doch ist dieses Ergebnis auch ohne Zulassung einer actio pro socio zu erreichen. Die GmbH muß auf Beschlußfassung beider Gesellschafter jeweils die Ausschließungsklage erheben. Diese Klagen sind dann zu verbinden. Ist die Klage bei verschiedenen Gerichten erhoben, w i r d das zuständige Gericht entsprechend § 36 ZPO bestimmt. Bei der Entscheidung des Rechtsstreits ist es dann Sache der Abwägung, welcher von beiden Klagen stattzugeben ist 101 . Ein ausschließlicher gesetzlicher Gerichtsstand für die Ausschließungsklage besteht nicht. Allenfalls wäre an eine analoge Anwendung des § 61 Abs. 3 GmbHG zu denken, wonach eine ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts begründet würde. Ein sachliches Bedürfnis hierzu ist jedoch nicht ersichtlich. Vorbehaltlich gesellschaftvertraglicher Prorogations- oder Schiedsklauseln richtet sich demnach die Zuständigkeit nach den allgemeinen Regeln 102 . Regelmäßig ist damit das Amts- bzw. Landgericht am Sitz der Gesellschaft oder das am Wohnsitz des Beklagten zuständig 103 . Scholz, §15 A n m . 107; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 21; Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 126 ff.; Sudhoff, GmbH, S. 443; Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 428. 97 So ausdrücklich BGHZ 9, 157 (177). 98 Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 16; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 107; a. A . Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 126. 99 BGHZ 16, 318 (323); Hueck D B 1953, 776; Seydel GmbH-Rdsch. 1953, 149 (150); Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956, 145 (148); Kirchner GmbH-Rdsch. 1961, 160 (161); O L G Nürnberg B B 1970, 1371; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 107. 100 Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 (133); ebenso Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 22. 101 Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956, 145 (148). 102 §§ 17, 22 ZPO, 23, 71 GVG. 103 Ebenso Seydel GmbH-Rdsch. 1953, 149 (150); Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 5 (8).

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters 3. Der Ausschließungstatbestand

Das angerufene Gericht hat nun darüber zu befinden, ob der dem Gesellschafterbeschluß zugrunde gelegte Sachverhalt den Ausschließungstatbestand erfüllt. Stillschweigende Voraussetzung ist dabei, daß der Gesellschaftsvertrag keine Ausschließungsregelung enthält 1 0 4 . Sollten i m Gesellschaftsvertrag Teilregelungen existieren, so sind diese anzuwenden. Andererseits kann die Vertragsauslegung aber ergeben, daß die Ausschließung aus wichtigem Grund ausgeschlossen sein soll. Das erscheint jedoch nur dann zulässig, wenn nicht gleichzeitig die Auflösung aus wichtigem Grund ausgeschlossen ist 1 0 5 . a) Wichtiger

Grund in der Person des Gesellschafters

Ein Gesellschafter kann aus einer GmbH ausgeschlossen werden, wenn i n seiner Person Gründe vorliegen, die seine weitere Mitgliedschaft i n der Gesellschaft untragbar erscheinen lassen. Wie an anderer Stelle bereits dargelegt, enthält das GmbHG keine Regelung der Gesellschafterausschließung. Die Rechtsgrundlage der Ausschließung wurde verschiedentlich i n einer Analogie zu §§ 140,133 HGB gesehen106. Die grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofes hat das abgelehnt und die Ausschließbarkeit eines Gesellschafters auf den dahinterliegenden allgemeinen Rechtsgedanken gestützt, daß ein i n die Lebensbetätigung der Beteiligten stark eingreifendes Rechtsverhältnis vorzeitig gelöst werden könne, wenn ein wichtiger Grund vorliege. Weiter hat der Bundesgerichtshof die Ausschließbarkeit aus der Treupflicht des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft abgeleitet, mit der Begründung, daß diese Beziehungen nicht nur rein kapitalistischer A r t seien 107 . Gegen letzteren Gedanken bestehen heute wohl kaum mehr Bedenken. Eine echte Treupflicht besteht auch für die Gesellschafter einer GmbH. Es erscheint zwar auf den ersten Blick widersinnig, daß ein Gesellschafter ausgerechnet aufgrund seiner Treupflicht verpflichtet sein soll, aus der Gesellschaft auszuscheiden, doch ergibt sich dies aus dem Gedanken der Treue zu dem gemeinschaftlich erstellten Werk (Gesellschaft und Unternehmen). Treue gegenüber dem Ganzen bedeutet eben auch Ausscheiden gegen Abfindung, u m dieses nicht aufgrund eines eigenen per104

Vgl. dazu unter § 5 I I . Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 13; ebenso schon Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956, 150. 106 So ζ. B. schon Hueck D B 1951, 108; Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 (131); Bedenken grundsätzlicher A r t wegen Fehlens der persönlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern Schilling i n Hachenburg, 5. Aufl., § 13 A n m . 3; Feine, S. 52; zunächst auch RGZ 74, 33 (35). 107 BGHZ 9, 157 (163). 105

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sönlichen Geschicks (welcher A r t das nun auch immer sei) untergehen zu lassen 108 . I m Hinblick auf die Begründung mit dem allgemeinen Rechtsprinzip sind jedoch gewisse methodische Bedenken anzumelden. Eine Analogie zu § 140 HGB lehnt der Bundesgerichtshof mit dem knappen Hinweis ab, sie käme wegen der bestehenden Unterschiede zur GmbH nicht in Betracht 109 . Er schafft sich somit selbst eine Gesetzeslücke, die er sogleich wieder mit dem allgemeinen Rechtsgedanken füllt; gleichzeitig berücksichtigt er aber die Wertungen des § 140 HGB 1 1 0 . Der methodisch saubere und auch durchaus gangbare Weg wäre eine Rechtsanalogie zu den genannten Vorschriften gewesen; die gewünschte Rechtsfolge (bedingtes Gestaltungsurteil) hätte immer noch mit den Besonderheiten des Kapitalgesellschaftsrechts erreicht und begründet werden können 111 . Nach dem derzeitigen Diskussionsstand ist jedoch an der Lösung des Bundesgerichtshofes festzuhalten. Die methodischen Bedenken allein (zumal bei deren Berücksichtigung das Ergebnis nicht anders ausfällt) reichen nicht aus, diese Lösung grundsätzlich anzugreifen. Ob nun i m Einzelfall ein wichtiger Grund gegeben ist, ist aufgrund wertender Betrachtung bei gleichzeitiger Gesamtbewertung aller Umstände zu ermitteln 1 1 2 . Das ist heute ganz herrschende Meinung. Eine Auseinandersetzung mit dem unbestimmten Rechtsbegriff wichtiger Grund, seinen dogmatischen Grundlagen und seiner Ableitung aus dem positiven Recht, kann an dieser Stelle unterbleiben. Die Problematik ist i m wesentlichen i m Zusammenhang mit der Ausschließung aus der OHG und der BGB-Gesellschaft erkannt und gelöst worden. Da die bei der GmbH auftretenden Wertungsschwierigkeiten jedoch i m wesentlichen gleich verlaufen, kann insoweit hierauf verweisen werden 113 . 108 Wolany, S. 111, er bezeichnet sie auf S. 110 als Erduldungspflicht, die aus der Treupflicht folge. 109

BGHZ 9, 157 (161). BGHZ 9, 157 (163). 111 Vgl. §3 I. 2. Auch sonst ist das U r t e i l unter methodischen Aspekten nicht gerade gelungen. A u f S. 164 heißt es, „ein pflichtbewußter Richter k a n n sich der Aufgabe, das Recht notfalls fortzuentwickeln, nicht entziehen", u n d auf S. 174 begnügt sich der Senat m i t einem Hinweis auf A r t . 822 Abs. 4 Schweiz. OR, der die Ausschließung eines GmbH-Gesellschafters regelt. Eine recht s vergleichende Betrachtung wäre hier durchaus angebracht gewesen. Z u m Recht der Gesellschafterausschließung i n anderen europäischen Staaten, vgl. Freund, Diss., 1962. 112 RGZ 169, 333; BGHZ 9, 157 (163 f.); 16, 322 f.; 32, 31; BGH N J W 1977, 2316; Winter i n Scholz, §15 A n m . 100; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 4; Baumbach / Hueck, Einf. § 34, A n m . 2; j e w . m. w . N. 113 Vgl. unter § 5 I I . 1. u n d Ulmer i n Großkommentar zum HGB, § 133 A n m . 8 ff.; Baumbach / Duden, HGB, § 133 A n m . 3; v. Gamm i n B G B - R G R K , § 3 A n m . 16 ff., wo ein wichtiger Grund dann angenommen w i r d , w e n n eine Sachlage gegeben ist, die es dem Gesellschafter billigerweise nicht mehr zumutbar erscheinen läßt, i n der Gesellschaft zu verbleiben. 110

4 Balz

§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

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Der wichtige Grund i n der Person des Gesellschafters kann i m einzelnen betreffen: (1) Eigenschaften 114 . Mangelnde Qualifikation eines Gesellschafters oder Verlust sonstiger statutarisch vorgeschriebener persönlicher Voraussetzungen. (2) Persönliche Verhältnisse 115 . Schwere andauernde Erkrankung, mangelnde Vertrauens- oder Kreditwürdigkeit, ungeordnete Vermögensverhältnisse, unangenehm auffallendes, der Stellung der Gesellschaft abträgliches Benehmen i n der Öffentlichkeit. (3) Verhalten 1 1 6 . Schwere Verletzung der Gesellschafterpflichten, Verursachung unheilbarer Zerwürfnisse unter den Gesellschaftern, Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Gesellschafterlebens durch Unerreichbarkeit, Vertrauensmißbrauch, Vorspiegelung von Sachkenntnissen und Verschweigen von erheblichen Vorstrafen vor Beitritt. Es scheiden natürlich solche Gründe aus, die i n der Person des Rechtsvorgängers des Gesellschafters begründet waren 1 1 7 , weil diese nicht m i t dem Geschäftsanteil auf den neuen Anteilsinhaber übergehen. Es gibt auch Fälle, i n denen erst die Summe einzelner, i m Rechtssinne nicht wichtiger Gründe i n ihrer Zusammenschau einen wichtigen Grund i m oben genannten Sinne ergeben 118 ; dann muß insbesondere die Gesamtbewertung ergeben, ob es sich u m einen zur Ausschließung berechtigenden Grund handelt. b) Relevanz des wichtigen

Grundes für das Gesellschaftsverhältnis

Alle i n der Person eines Gesellschafters liegenden Gründe müssen jedoch für das Gesellschaftsverhältnis von Belang sein 119 . Das liegt darin begründet, daß private Verhältnisse des Gesellschafters bei der Entscheidung über seine Bedeutung für die Gesellschaft grundsätzlich unberücksichtigt bleiben müssen. Allerdings (wie schon oben angeführt) gilt das nicht ausnahmslos. Je nach Bedeutung und Stellung des Gesell114

Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 7; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 101. Winter i n Scholz, § 15 A n m . 101; Baumbach / Hueck, Einf. § 34, A n m . 2. 116 v g l . etwa Winter i n Scholz, §15 A n m . 101; O L G Frankfurt N J W 1948, 429; BGHZ 32, 32; BGH GmbH-Rdsch. 1973, 44; Beckmann DNotZ 1971, 139; Schmitz GmbH-Rdsch. 1971, 226 (229, 230); vgl. zum Parallelproblem bei der OHG, Ulmer i n Großkomm, zum HGB, § 133 A n m . 14 ff. 115

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Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 10. So ist w o h l BGHZ 32, 16 (35) zu verstehen; ebenso Winter i n Scholz, § 15 A n m . 102. 119 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 306; Winter in Scholz, §15 A n m . 101; was Wolany, S. 94 m i t „Not" bezeichnet, scheint m. E. zu der hier verwandten Tatbestandsgruppe „Relevanz" zu gehören. 118

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schafters i n der Öffentlichkeit können auch private Verhältnisse die Gesellschaft bzw. deren Geschäfte tangieren. Allerdings dürften solche Erwägungen nur dann von Bedeutung sein, wenn der Gesellschafter i n der Öffentlichkeit gerade mit dieser Gesellschaft i n Verbindung gebracht wird. Dies kann wiederum je nach Struktur des Personenverbandes unterschiedlich sein, insbesondere dann, wenn es sich u m einen geschäftsführenden Gesellschafter handelt. Ein wichtiger Grund i n der Person eines Gesellschafters ist dann für das Gesellschaftsverhältnis relevant, wenn die genannten Gründe gegeben sind und diese i m einzelnen das Gesellschaftsleben wesentlich beeinträchtigen, bzw. die geschäftliche Tätigkeit des von der Gesellschaft getragenen Unternehmens i n erheblicher Weise beeinträchtigt wird. c) Gesamtbewertung Nicht jeder relevante wichtige Grund berechtigt die übrigen Gesellschafter zur Ausschließung des Störenden. Erst eine Gesamtbewertung aller einschlägigen Umstände kann erweisen, ob i m einzelnen ein zur Ausschließung berechtigender wichtiger Grund vorliegt. Die Gesellschafter müssen bei der Entscheidung über den wichtigen Grund auch i h r eigenes Verhalten i n die Abwägung einbeziehen. Dies entspricht der gesteigerten Treupflicht der Gesellschafter untereinander. Nicht nur die Treupflicht des Auszuschließenden kann es geboten erscheinen lassen, aus der Gesellschaft auszutreten. Auch die Treupflicht der übrigen Gesellschafter gebietet es ihnen, sich alle Umstände anrechnen zu lassen, die gegen eine Ausschließung des Gesellschafters sprechen. Anhand aller verfügbaren Informationen muß danach Antwort auf die Frage gegeben werden, ob der Verbleib des Gesellschafters für die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses unzumutbar ist, bzw. die Fortsetzung der Gesellschaft unmöglich oder zumindest sehr erschwert wird 1 2 0 . Dabei sind verschiedene Wertungsgesichtspunkte zu verzeichnen: aa) Die Rolle des Verschuldens Die Ausschließung eines Gesellschafters trägt keinen Strafcharakter, vielmehr soll eine Neuordnung der Verhältnisse des Auszuschließenden zur Gesellschaft und der Gesellschafter untereinander erreicht werden 121 . Somit entscheidet das Verschulden nicht letztlich über die Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt 1 2 2 . Das Verschulden ist aber i m Rahmen der Gesamtbewertung zu berücksichtigen 123 . Fehlendes Verschulden 120 Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 7; Baumbach / Hueck, Einf. §34 Anm. 2 A. 121 Statt vieler: Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 6. 122 BGHZ 9, 157 (164); Baumbach / Hueck, Einf. § 34 A n m . 2 m. w. N. 123 Ebenso Winter i n Scholz, § 15 A n m . 101.

4*

§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

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einerseits und seine Schwere andererseits können damit bei der Bewertung, ob trotz Vorliegen eines wichtigen Grundes die Ausschließung ungerechtfertigt ist, den Ausschlag geben. Demnach ist die Ausschließung auch ohne Verschulden des betroffenen Gesellschafters möglich 124 , wenn nur der wichtige Grund so schwer wiegt, daß eine Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses m i t diesem Gesellschafter nicht mehr zumutbar ist. bb) Das Verhalten der übrigen Gesellschafter Bei der Gesamtbewertung der Ausschließungsumstände sind Verhalten und gegebenenfalls auch Verschulden der übrigen Gesellschafter, das zu dem Ausschließungsgrund geführt hat, mit zu berücksichtigen. Es geht nicht an, daß sich Gesellschafter, die sich selbst treuwidrig verhalten, nur deshalb von einem Mitgesellschafter lösen können, weil diesen ein geringfügig größeres Verschulden an der Misere trifft 1 2 5 . Dies müßte als unzulässige Rechtsausübung qualifiziert werden 126 . Ist nämlich der Auszuschließende aufgrund seiner Treupflicht gehalten, aus der Gesellschaft auszuscheiden, so sind ja auch die i n der Gesellschaft Verbleibenden mit dieser Pflicht belastet 127 . Eine Ausschließung kommt insbesondere dann nicht i n Betracht, wenn auch den übrigen Gesellschaftern gegenüber die Ausschließung gerechtfertigt wäre. Andererseits führt nicht jede Mitverursachung bzw. jedes Mitverschulden der übrigen Gesellschafter zur Abweisung der Ausschließungsklage 128 . Entscheidend ist, daß der Grund i n der Person des Auszuschließenden hinreichend schwerer wiegt und daß nach vernünftiger Beurteilung die Ausschließung gerechtfertigt erscheint. Unberücksichtigt ist dabei aber der Fall, daß sowohl die ausschließenden Gesellschafter als auch der Auszuschließende i n gleicher Weise zu dem tiefgreifenden Zerwürfnis beigetragen haben. Handelt es sich dabei u m eine GmbH, die auf persönliche Zusammenarbeit aller Gesellschafter angelegt ist und kommt auch ein außenstehender Dritter als Geschäftsführer nicht i n Betracht, so kann hierin ausnahmsweise ein Auflösungsgrund i. S. d. § 61 Abs. 1 GmbHG gesehen werden 129 . Zwar sind bei der Auflösung aus wichtigem Grund nur Gesichtspunkte maßgebend, die i n den Verhältnissen der Gesellschaft begründet sind, aber i n den Fällen eines unheilbaren Zerwürfnisses unter den Gesellschaftern 124

BGHZ 9, 157 (164). BGHZ 16, 317; 32, 17; Wolany, S. 97. 126 Ebenso Fischer, Diss., S. 45. 127 BGHZ 16, 317 (322) spricht von einer Treupflicht Wolany, S. 80 bezeichnet es als Verbandssolidarität. 128 So etwa der F a l l von RGZ 164, 257. 129 BGHZ 80, 346 ff. 125

der

Gesellschaft;

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ist unmittelbar der Bestand der Gesellschaft gefährdet, so daß dies als wichtiger Grund i. d. S. § 61 Abs. 1 GmbHG angesehen werden muß. cc) Die Bedeutung der Gesellschaftsstruktur I n der Rechtswirklichkeit sind heute zwei Typen der GmbH vorherrschend. Das ist zum einen die Gesellschaft, die i m wesentlichen von Personenbeziehungen geprägt und i n ihrer Innenstruktur i n weiten Bereichen einer OHG angenähert ist (personalistische GmbH). Zum anderen ist ein Gesellschaftstyp vertreten, bei dem Personenbeziehungen praktisch völlig fehlen. Hier steht die kapitalmäßige Beteiligung der Gesellschafter ganz i m Vordergrund 1 3 0 (kapitalistische GmbH). Die Rechtsprechung entwickelte die Möglichkeit der Ausschließung aus wichtigem Grund für die personalistisch strukturierte GmbH. Anfangs wurde daher für die kapitalistische GmbH von manchen Autoren ein Ausschließungsrecht vollständig abgelehnt 131 . Heute ist diese Unterscheidung nur noch i m Rahmen der Gesamtbewertung relevant 132 . Diese Unterscheidung erklärt sich nicht zuletzt aus der gesetzlichen Konzeption der GmbH. Der Gesetzgeber wollte mit ihr zwar eine Mittelform zwischen A G und OHG schaffen 133 und hat demnach eine solche Differenzierung nicht vorgesehen. Jedoch war die Janusköpfigkeit der GmbH bei dieser Konzeption geradezu vorprogrammiert. Es konnte nicht ausbleiben, daß eine „kleine Kapitalgesellschaft" wesentlich stärkere persönliche Beziehungen der Gesellschafter hervorbringt als ihr größeres Vorbild die Aktiengesellschaft. Es besteht aber keine Not, diese Unterscheidung für die Ausschließung aus der GmbH vorzunehmen. Regelmäßig w i r d nämlich die Gesamtbewertung bei einer personalistischen eher, bei einer kapitalistischen GmbH weniger zur Bejahung einer Gesellschafterausschließung führen 13 4 . Fehlen nämlich dem Gesellschaftsverhältnis die persönlichen Züge, so werden sich viele Gründe in der Person des Gesellschafters be130 Näher dazu Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 69 ff.; vgl. dazu auch u n t e n § 6. 131 So noch Buchwald B B 1953, 457; Schilling JZ 1953, 491, der jedoch seine Meinung ausdrücklich aufgegeben hat: JZ 1955, 331; insofern v ö l l i g falsch zitiert von Fischer, Diss., S. 8 F N 26; Fischer L M §34 Nr. 1; Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 (132). 132 Vgl. statt vieler Winter i n Scholz, § 15 A n m . 102; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 8. 133 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages V I I I / I . 1890/92, 5. Anlagenband, S. 3728; Bergenroth M D R 1951, 721 (723); Petersen, Diss., S. 15; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 63 ff. 134 BGHZ 9, 157 (162 f.); Gonella GmbH-Rdsch. 1967, 89 (92); Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.305; Beckmann DNotZ 1971, 132 (139); ebenso Winter i n Scholz, § 15 A n m . 98, 102; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 8.

§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

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reits als für das Gesellschaftsverhältnis nicht relevant erweisen und daher als wichtige Gründe, die zur Ausschließung führen können, ausscheiden. Jedenfalls kann eine Regel, wonach eine Ausschließung nur bei einer personalistischen GmbH i n Betracht komme, nicht aufgestellt werden. dd)

Die Bedeutung der Ausschließung für die Gesellschaft

Ein weiterer Gesichtspunkt für die Gesamtbewertung ist die Bedeutung der Ausschließung für die Gesellschaft. Sie ist nur dann gerechtfertigt, wenn die i n der Person des Gesellschafters liegenden Gründe die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses m i t i h m unzumutbar machen bzw. sein weiteres Verbleiben i n der Gesellschaft dessen Fortbestehen unzumutbar macht oder doch jedenfalls ernstlich gefährdet 135 . Sind Gründe gegeben, die an sich ein Ausschließen des Gesellschafters rechtfertigen würden, ist jedoch andererseits abzusehen, daß es nicht von wesentlicher Bedeutung für die Gesellschaft sein wird, ob der Gesellschafter aus der Gesellschaft entfernt w i r d oder nicht, so kann dies den Schluß nahelegen, daß die Fortführung des Gesllschaftsverhältnisses mit diesem Gesellschafter nicht unzumutbar geworden ist. Nicht zu verwechseln ist diese Prüfungsstufe mit dem Merkmal der Relevanz des wichtigen Grundes für das Gesellschaftsverhältnis. Dort geht es nämlich u m die Frage, ob die vorliegenden Gründe das Gesellschaftsverhältnis überhaupt tangieren, wogegen die Gesamtbewertung aller Umstände nach dem Grade der Beeinträchtigung der Gesellschaft bzw. des Gesellschaftsverhältnisses fragt. Die beiden Gesichtspunkte dürften jedoch nicht immer leicht auseinanderzuhalten sein. ee) Andere Umstände Die angeführten Wertungsgesichtspunkte sind aber nicht erschöpfend. Bei der Entscheidung, ob ein wichtiger Grund die Ausschließung rechtfertigt, kann ζ. B. die Dauer der Mitgliedschaft und das bisherige Verhalten des Gesellschafters von Belang sein. I n der Regel dürfte für einen langjährigen Gesellschafter diese Frage weniger leicht zu bejahen sein als für einen Gesellschafter, dessen Mitgliedschaft erst seit relativ kurzer Zeit besteht. I n diesem Zusammenhang fallen auch Verdienste des betreffenden Gesellschafters beim Aufbau der Gesellschaft bzw. des Unternehmens ins Gewicht. Einem besonders verdienten Gesellschafter darf man nicht so schnell den Rücken kehren, wie das möglicherweise bei einem „Durchschnittsgesellschafter" geschehen kann. Unberücksichtigt bleiben darf sicher auch nicht die bisherige Handhabung ähnlicher 135 Baumbach / Hueck, Einf. § 34 A n m . 2 A ; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 7; anders Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 72, die dies offenbar bei der Frage nach dem wichtigen G r u n d berücksichtigen wollen.

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I I . Die Ausschließung

Fälle i n der Gesellschaft. Das folgt aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, der auch i n der GmbH Geltung beansprucht 136 . Die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes führt aber nicht zu unterschiedsloser Gleichbehandlung, weil tatsächliche Unterschiede (sehr unterschiedlich hohe Kapitalbeteiligungen) durchaus eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können 137 . Letzten Endes kann auch die zu erwartende Abfindung die Entscheidung beeinflussen. Das gilt besonders für solche Fälle, i n denen der Gesellschaftsvertrag die Höhe der Abfindung regelt. Je größer die Differenz zwischen der dort vorgesehenen Abfindung und dem wirklichen Wert des Anteils ist, u m so schmerzlicher w i r d der Auszuschließende von der Entscheidung ökonomisch betroffen. Bei einer Gesamtschau w i r d dies dann eher zur Versagung der Ausschließung führen. Doch gilt dies auch für Fälle, i n denen keine Abfindungsregel i m Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Man wende nicht ein, daß i n diesen Fällen ja immer der wirkliche Wert des Anteils vergütet werden muß 1 3 8 . Es gibt Fälle, i n denen ein Unternehmen i n einer raschen Aufbauphase steht und daher der momentane Anteilswert noch sehr gering ist. Das w i r d zwar großenteils durch das angewandte Bewertungsverfahren berücksichtigt, jedoch fällt das Ergebnis bei großem Unterschied zwischen Substanz- und Ertragswert (geringes Kapital, wenige Anlagegüter, hoher zu erwartender Ertragswert) 1 3 9 für den Ausgeschlossenen trotzdem i m Moment ungünstig aus, weil der Ertragswert nicht ausreichend berücksichtigt werden kann. Ein wichtiger Grund i n der Person des Gesellschafters kann auch dann nicht die Ausschließung rechtfertigen, wenn von vornherein keine ernsthafte Möglichkeit besteht, dem Gesellschafter die festzusetzende Abfindung zu zahlen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn absehbar ist, daß die Abfindungszahlung nur unter Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften durchgeführt werden könnte 1 4 0 . d) Ausschließung als äußerstes Mittel

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Als eine weitere Ausprägung der Treupflicht der Gesellschafter ist es anzusehen, daß die Ausschließung eines Gesellschafters immer das letzte 136 Vgl. etwa Goetz Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung i m Privatrecht, S. 44 ff. 137 Goetz Hueck ebenda, S. 174, bes. F N 2; Wolany, S. 79. 138 BGHZ 9, 157 (168). 139 Ζ. B. M a r k e t i n g - G m b H . 140 Vgl. Winter i n Scholz, § 15 A n m . 105. 141 Vgl. hierzu besonders Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 94 ff., die h i e r i n insbesondere die Lösung des Ausschließungsproblems sehen. Sie sind der Meinung, daß gerade i m GmbH-Recht (S. 100) bis h i n zur U m w a n d l u n g des Geschäftsanteils i n eine andere Beteiligungsform hinreichend Ausweichlösungen vorhanden seien, u m die Ausschließung zu vermeiden. Das hindert jedoch nicht (m. E.) für die Fälle über das Problem der Ausschließung nachzudenken, i n denen sie unumgänglich ist.

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

und äußerste Mittel zur Lösung gesellschaftsinterner Schwierigkeiten darstellen muß 1 4 2 . Sieht der Gesellschaftsvertrag etwa generell die Möglichkeit einer Einziehung vor, so muß geprüft werden, ob nicht bereits auf diesem Wege das Problem gelöst werden kann. Verletzt der Gesellschafter etwa wichtige Nebenleistungspflichten, so ist zuerst darauf Bedacht zu nehmen, sie mit den gewöhnlichen Mitteln zu erzwingen oder durch Schadensersatz wettzumachen. Auch muß die Gesellschaft den freien Ankauf des Anteils ins Auge fassen, bzw. dem Gesellschafter die Abtretung nahelegen und i h m dazu eine angemessene Frist einräumen 143 . Andere, mildere Mittel sind etwa auch Abberufung als Geschäftsführer oder Übertragung des Geschäftsanteils auf einen Treuhänder, jedoch nur, sofern der betroffene Gesellschafter zustimmt 1 4 4 . I n Betracht kommen auch Änderungen des Gesellschaftsvertrages und Einschränkung der Rechte des Gesellschafters, sofern das möglich und zulässig ist 1 4 5 . Wolany hält auch einen Teilausschluß für möglich und nötig, ζ. B. u m dem Gesellschafter, der sich als untragbar erwiesen hat, seine Majorität bzw. Sperrminorität zu nehmen 146 . Das ist dann zuzulassen, wenn man mit dem Gedanken, daß der (vollständige) Ausschluß nur äußerstes Mittel sein darf, ernst macht. Es soll i n dieser Situation eine Notlage der Gesellschaft behoben werden. Deren Behebung soll aber auch nur auf das Notwendige beschränkt sein 147 . Das Weniger einer Minderung der Beteiligung oder einer Stimmrechtsbeschränkung ist daher dem Mehr einer Ausschließung vorzuziehen. Lediglich gegenüber der Möglichkeit zur Auflösung der GmbH braucht das Ausschließungsrecht nicht zurückzutreten. Gesellschaft und Unternehmen genießen Bestandsschutz, soweit eine Anpassung des Gesellschaftsvertrages an veränderte Umstände möglich und zumutbar ist 1 4 8 . Dieser Anpassung des Gesellschaftsverhältnisses ist auch i n der Regel die Ausschließung eines Gesellschafters zuzurechnen. Überwiegend w i r d daher — unter Hinweis auf die entsprechende Interessenlage beim Austritt — die Auflösung der GmbH als subsidiär gegenüber der Ausschließung angesehen 149 . 142 RGZ 169, 330 (334); BGHZ 16, 317 (322); so auch ausdrücklich Winter i n Scholz, § 15 A n m . 103. 143 Wolany, S. 96. 144 RGZ 164, 262. 145 Winter i n Scholz, § 15 A n m . 103; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 11; Schilling i n Hachenburg, § 14 A n m . 11. 146 Wolany, S. 93; i h m folgend Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 12. 147 Wolany, S. 96. 148 Vgl. hierzu Zöllner, Die Anpassung, S. 16; vgl. dazu auch unter § 4 I V . 2. d) zum Bestandsschutz gegenüber dem Auflösungsverlangen eines Gesellschafters, dem ein A u s t r i t t möglich und zumutbar ist. 149 Timm JZ 1980, 665 (670); Schmidt i n Scholz, §61 A n m . 3; vgl. BGHZ 80, 346 ff.; Balz JZ 1983, 241 ff.

I I . Die Ausschließung

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4. Das Urteil

a) Gestaltungs- oder Leistungsurteil Die Auffassung des Bundesgerichtshofes 150 , wonach i m Falle der Ausschließung aus wichtigem Grund ein bedingtes Gestaltungsurteil ergehen müsse, ist immer wieder angegriffen worden. Die K r i t i k richtet sich nicht nur gegen die Bedingtheit des Gestaltungsaktes und damit gegen die Koppelung von Ausschließung und Abfindung, sondern auch gegen die angeblich erforderliche Gestaltungswirkung des Urteils 1 5 1 . Die Gegner des Gestaltungsurteils verweisen darauf, daß auch schon mit der Abtretung des Geschäftsanteils an die Gesellschaft die Mitgliedschaft des Betreffenden erlösche. Hält man aber den Auszuschließenden für verpflichtet, seinen Anteil abzutreten, so kann dies die Gesellschaft auch mit einem Leistungsurteil erreichen. Von den Genannten w i r d jedoch mit Einschränkungen die Bedeutung der Tatsache übersehen, daß die Ausschließung eines Gesellschafters auf dem Rechtssatz der „Lösbarkeit aller tief i n die Lebensbetätigung der Beteiligten eingreifenden Rechtsverhältnisse" beruht. Überall dort, wo dieser Rechtssatz seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, w i r d dem Berechtigten ein einseitiges Lösungsrecht an die Hand gegeben 152 . Das Gesetz geht also bei der Lösung von Dauerrechtsverhältnissen aus wichtigem Grund wie selbstverständlich von einem Gestaltungsrecht des Berechtigten aus. Das hat seinen Grund darin, daß der Berechtigte nicht auf eine M i t w i r k u n g des Betroffenen angewiesen sein soll. Bei der GmbH liegt nun der Fall nicht anders. Auch hier soll der Gesellschaft eine einseitige Lösungsmöglichkeit zuteil werden. Aus diesem Grund ist daher nicht einzusehen, daß sie dazu der M i t w i r k u n g des Auszuschließenden (Abtretungserklärung) bedürfe. Daß sie trotzdem diese Erklärung nicht ohne die M i t w i r k u n g Dritter abgeben kann (Gericht), kann hier außer Betracht bleiben, weil die Einschaltung des Gerichts aus anderen Gründen erforderlich ist 1 5 3 (Rechtssicherheit, Schutz des Auszuschließenden).

150

BGHZ 9, 157 ff. 151 Vorher schon Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 34; Scholz G m b H Rdsch. 1953, 75; Seydel GmbH-Rdsch. 1953, 149; Küster JR 1952, 455 (457); Mezger, Diss., S. 84; Buchwald B B 1953, 457 ff.; Vogel B B 1953, 460 f. 152 Vgl. §§626, 712, 737 BGB, 89 a, 117, 127, 133, 140, 339 H G B , 38 Abs. 2, 61 GmbHG, 68 GenG, 124 a, 133 b GewO. 153 Wie etwa auch §§61 GmbHG, 140 H G B ; ähnlich w o h l auch das Urteilserfordernis bei der Ehescheidung § 1564 BGB. Ausführliche Interessenanalyse bei Schön, Diss., S. 70 ff.; kritischer jedoch Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 (127); zur Frage, ob i n diesen Fällen ein privat-rechtliches Gestaltungsrecht oder ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Gestaltung v o r -

58

§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

Nach all dem ist davon auszugehen, daß sich die Gesellschaft einseitig von dem auszuschließenden Gesellschafter lösen kann. Wie an anderer Stelle schon ausgeführt wurde, geschieht dies durch richterliches Urteil. Dieses hat als Gestaltungsurteil zu ergehen 154 . b) Bedingtes

Gestaltungsurteil

Der Bundesgerichtshof läßt i n seinem grundlegenden Urteil die Gestaltungswirkung des Urteils nur unter der Bedingung eintreten, daß der ausscheidende Gesellschafter seine Abfindung innerhalb einer festgesetzten Frist erhält 1 5 5 . Dem betroffenen Gesellschafter soll nämlich seine Ausschließung nur dann zugemutet werden, wenn er Aussicht auf Durchsetzung seines Abfindungsanspruches ohne Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbHG hat 1 5 6 . Diese Interessenbewertung (Sicherung der Abfindungsforderung des Gesellschafters) ist i n der Folge als völlig einseitig und die Interessen der Gesellschaft an einer raschen Durchführung der Ausschließung außer acht lassend kritisiert worden 157 . Das bedingte Gestaltungsurteil führe zu einer langfristigen Rechtsunsicherheit, weil i m Regelfalle die Abfindung i m gleichen Prozeß festgesetzt werden müsse, i n dem auch über den wichtigen Grund entschieden werde. Wegen der Schwierigkeiten, die mit der Bewertung von Anteilen verbunden sind, könne sich der Rechtsstreit sehr lange hinauszögern und würde das i n der Regel auch tun, weil solche Streitigkeiten erfahrungsgemäß verbittert — oft bis i n die letzte Instanz — geführt würden 1 5 8 . Wenn aber gar die Bedingung überhaupt nicht herbeigeführt werden könne, so werde das ganze Urteil hinfällig 1 5 9 . Dem Interesse an einer raschen Durchführung der Ausschließung steht das Interesse des Gesellschafters an einer Sicherung seiner Abfinliegt, vgl. Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, S. 492 (für privat-rechtliches Gestaltungsrecht); Lühe JuS 1969, 305; Bötticher i n Festschrift für Dölle I, S. 55; die Gegner dieser Auffassung sind angeführt bei Rosenberg / Schwab, S. 496 F N 1. 154 Das entspricht heute der herrschenden Meinung; so BGHZ 9,157 (164 ff.); 16, 322; O L G Nürnberg B B 1970, 1371; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 106; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 15; Baumbach / Hueck, Einf. §34 A n m . 2 B ; Fischer, § 15 A n m . 8. Zurückgehend vor allem auf Hueck D B 1951, 108 (109); auch Schneider GmbH-Rdsch. 1953, 74; Grussendorf JR 1953, 133 (134); Mangold N J W 1954, 1144 (1145); Schön, Diss., S. 70 ff.; Schräder, Diss., S. 63; Wolff, Diss., S. 91; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 5 (9); Fichtner B B 1966, 146 (149). 155 BGHZ 9, 157 (174). 156 Winter i n Scholz, § 15 A n m . 111; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 24; BGHZ ebenda. 157 Vogel B B 1953, 460 (461); Scholz GmbH-Rdsch. 1953, 75; Mangold BB 1953, 398; Hueck DB 1953, 776 (777 f.); Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 (127); Fischer, Diss., S. 76. 158 Vogel B B 1953, 460 (461). 159 Hueck D B 1953, 776 (777).

I I . Die Ausschließung

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dungszahlung gegenüber. Anders als bei der Ausschließung aus einer OHG haften dem GmbH-Gesellschafter nicht die Gesellschafter für die Abfindungszahlung, sondern es steht i h m nur die GmbH als Haftungssubjekt gegenüber. Nicht nur die Haftung der GmbH ist beschränkt (das müssen ja auch andere Gläubiger hinnehmen), sondern auch deren Vermögen steht i h m nicht uneingeschränkt zur Verfügung. Dies folgt unmittelbar aus dem Grundsatz der Kapitalerhaltung (§§ 19 Abs. 2, 50 Abs. 1, 33 Abs. 1 GmbHG). Macht man mit dem Grundsatz ernst, daß die Ausschließung keine Strafmaßnahme, sondern eine Neureglung der Beziehung des Auszuschließenden zur Gesellschaft sein soll, so muß das Sicherungsinteresse des Gesellschafters hinreichend berücksichtigt werden 160 . Die Bedenken gegen die Auffassung des Bundesgerichtshofes betreffen zum einen die Bewertung der beteiligten Interessen, zum anderen die Zulässigkeit bedingter Gestaltungsurteile. A u f den ersten Blick müßten gerade hinsichtlich der Zulässigkeit des bedingten Gestaltungsurteils erhebliche Bedenken bestehen, jedoch sind die ablehnenden Stimmen nicht sehr zahlreich geworden 161 . Der Zivilprozeßordnung ist jedenfalls die Zulässigkeit bedingter Gestaltungsurteile direkt nicht zu entnehmen. Andererseits sind der ZPO bedingte Urteile auch nicht völlig fremd 162 . I n diesen Fällen handelt es sich jedoch nicht u m Gestaltungsurteile. Die Zurückhaltung des Gesetzes gegenüber bedingten Urteilen hat ihre Ursache darin, daß durch das Urteil Rechtsgewißheit und Rechtssicherheit hergestellt werden soll 163 . Ist die Wirksamkeit des Ur160 Anders etwa Scholz GmbH-Rdsch. 1953, 75, der meint, daß dessen Berücksichtigung einer Belohnung des untragbaren Gesellschafters gleichkomme. M i r scheint dies nicht auf einer neutralen Interessenbewertung zu beruhen. 161 Mangold B B 1953, 398 („verwickelte Konstruktion"); Scholz G m b H Rdsch. 1953, 75 („künstliche Konstruktion"); Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 24, 26 („verfahrensmäßig problematische Figur"); Mezger, Diss., S. 77, 79; Fischer, Diss., S. 62 ff. (jeweils m i t Hinweis auf die Bedingungsfeindlichkeit von Gestaltungserklärungen). 162 Vgl. Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, S. 292; zu erwähnen wären das aufschiebend bedingte U r t e i l nach § 510 b ZPO; als auflösend bedingt hat man sich das Vorbehaltsurteil u n d die Endurteile vorzustellen, die vor Rechtskraft eines i m selben Verfahren nach § 280 Abs. 2 ZPO oder § 304 ZPO erlassenen Zwischenurteils ergehen; zu diesen u n d zu anderen Konstellationen bedingter Urteile vgl. Wieczorek, ZPO, §275 A n m . C I I I ; §304 A n m . F I I I d 1; § 510 b A n m . Β I I ; § 578 A n m . D I V e 4; § 599 A n m . C I I ; Schumann / Leipold i n Stein / Jonas, § 275 A n m . I V 1 m i t Nachweisen aus der Rspr.; § 302 A n m . I U I ; §304 A n m . I I I 4; Grunsky i n Stein / Jonas, ZPO, 20. Aufl., Vor §578 A n m . 15; Schlosser ebenda, §599 A n m . 7 u n d §600 I I 1 b A n m . 7; Stephan i n Zöller, ZPO, § 280 A n m . I I I ; Vollkommer ebenda, § 302 A n m . V I I I ; auch Schneider ebenda, § 600 A n m . V I 2 a; die praktische Relevanz bestreitet Mattern JZ 1960, 385; ablehnend Stiirner Z Z P 87 (1972), 87 f. als A n m . zu BGH ebenda; ebenso schon ZZP 85 (1970), 424 f. 163

Ebenso i n diesem Zusammenhang Schön, Diss., S. 91 m. w. Ν .

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

teils jedoch an eine Bedingung geknüpft, so ist die Wahrung dieses Grundsatzes gefährdet. Das scheint i n erhöhtem Maße für Gestaltungsakte zu gelten, weil diese i n der Regel als bedingungsfeindlich anzusehen sind 164 . Schön möchte nun materiellrechtlich bedingte Gestaltungsurteile in Analogie zu den §§ 257—259 ZPO zulassen. Er verweist darauf, daß auch prozessuale Ausnahmevorschriften analogiefähig seien 165 . Die Schöpfer der ZPO gingen davon aus, daß alle Klageformen mit der Figur des Leistungsanspruches (§ 194 BGB) erklärt und somit auf den Anspruchsbegriff des bürgerlichen Rechts zurückgeführt werden könnten. Das Gestaltungsurteil als besondere, vom Leistungsurteil zu trennende, Rechtsschutzform war daher bei Schaffung der ZPO noch nicht erkannt 1 6 6 . Eine besondere Erwähnung des Gestaltungsurteils i n der ZPO ist deswegen auch unterblieben. Das Gesetz läßt aber andererseits i n den §§ 257—259 ZPO bedingte Leistungsurteile zu. Aus diesem Grund könnte auf die Zulässigkeit bedingter Gestaltungsurteile geschlossen werden. Schön führt dazu aus, daß i n der materiellrechtlichen Bedingtheit von Urteilen keine Gefährdung der Rechtssicherheit zu erkennen sei, so daß auch von daher keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des bedingten Gestaltungsurteils bestünden 167 . Mezger hält dagegen die Zahlung der Abfindung i m Gegenzug zur Ausschließung aus einer Gesellschaft zwar für eine (zulässige) Rechtsbedingung, doch lehnt er für Gestaltungsurteile eine Analogie zu § 259 ZPO wegen der Bedingungsfeindlichkeit von Gestaltungserklärungen ab und kommt m i t h i n zu dem Ergebnis, daß Gestaltungsurteile auch nicht unter einer Rechtsbedingung ergehen könnten 1 6 8 . Soweit darüber hinaus ersichtlich, ist i n der Literatur keine weitere Auseinandersetzung mit der Frage nach der Zulässigkeit von bedingten Gestaltungsurteilen erfolgt. Es w i r d jedoch meist (kommentarlos) für zulässig erachtet 169 . Es ist 164 165

I I I 5.

Lorenz, A l l g . T e i l des deutschen bürgerlichen Rechts, S. 456. Hartmann i n Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, Einl.

166 Hahn, Motive 2, A b t . 1, S. 255, 256; Habscheid, Der Streitgegenstand i m Zivilprozeß, S. 136, 149; ebenso Schön, Diss., S. 102. 167 Schön, Diss., S. 90 ff. insbes. S. 102. 168 Mezger, Diss, S. 69 f f , 77 ff. 169 BGHZ 9, 157 (174); Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht S.292; Wieczorek, ZPO, §300 A n m . C I I b 3 ; Schneider GmbH-Rdsch. 1953, 74; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 5 (8 f.); w o h l auch Seydel GmbH-Rdsch. 1953, 149 (151); Wolany, S. 150, 151; auch die erklärten Gegner des B G H - U r t e i l s erheben keine spezifisch prozeßrechtlichen Bedenken; z.B. Vogel B B 1953, 461; siehe auch Schilling JZ 1955, 331 (332); Schräder, Diss, S. 60, 63; Wolff, Diss, S. 85 ff.; ebenfalls keine Bedenken bei Hueck D B 1953, 776 (777); ebenso i n Baumbach / Hueck, Einf. §34 A n m . 2 C ; Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 (127).

I I . Die Ausschließung

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zunächst festzuhalten, daß mit der Zulassung eines bedingten Gestaltungsurteils an sich ein materiellrechtliches Problem gelöst werden soll. Folgt man zunächst der Auffassung des Bundesgerichtshofes, wonach die Ausschließung nur unter der Bedingung der Zahlung der Abfindung und nur durch Ausschließungsurteil erfolgen darf, so stellt er sich die Frage, ob dies nach dem geltenden Prozeßrecht interessengerecht überhaupt durchführbar ist. aa) Regelungslücke Die Gestaltungsklage ist aus der Leistungsklage hervorgegangen. Ein bedingtes Gestaltungsurteil ist aber der Sache nach ein Urteil auf künftige Gestaltung. Der auf das Leistungsurteil zugeschnittene § 257 ZPO sieht zwar kein bedingtes Urteil vor, aber Leistungsurteile können auch dann als unbedingte ergehen, wenn ihnen ein bedingtes Rechtsverhältnis zugrunde liegt 1 7 0 . Sie stellen einen Rechtszustand fest und verurteilen den Schuldner zu der (bedingten) Leistung. Die Frage des Bedingungseintritts kann Sache der Zwangsvollstreckung bleiben (§ 726 Abs. 2 ZPO). Gestaltungsurteile schaffen dagegen selbst Recht. Sie gestalten die Rechtslage unmittelbar um. Diese Umgestaltung kann aber erst dann eintreten, wenn sie nicht mehr vom Eintritt einer Bedingung abhängig ist. W i l l man daher § 256 ZPO auf das Gestaltungsurteil anwenden, so müßte für den Fall, daß der Gestaltungsakt vom E i n t r i t t einer Bedingung abhängt, ein bedingtes Urteil ergehen. Dieser Fall konnte bei der Schaffung der ZPO noch gar nicht berücksichtigt werden. Daher ist insoweit eine Regelungslücke anzuerkennen. Dem kann auch nicht der Einwand Mezgers entgegengehalten werden, daß ein solcher Schluß aus dem §§ 257—259 ZPO wegen ihres Ausnahmecharakters nicht gezogen werden dürfe. Die Regeln der Leistungsklage sind ausnahmslos auf Gestaltungsklagen insoweit anzuwenden, als sich hierfür ein Regelungsbedürfnis ergibt. bb) Ähnlicher Sachverhalt § 259 ZPO läßt die Klage auf künftige Leistung nur dann zu, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird. Dies ist dann gegeben, wenn der Kläger ohne die begehrte Verurteilung zur künftigen Leistung voraussichtlich genötigt sein würde, i m Zeitpunkt der Fälligkeit Leistungsklage zu erheben 171 . Die gleiche Situation t r i t t nun bei der Ausschließung auf. I m Rahmen des § 259 ZPO ist ein der Leistungsklage vergleichbares Rechtsschutzinteresse dann gegeben, wenn einerseits die Rechtsordnung ein Bedürfnis zur Rechtsänderung anerkennt, anderer170 171

Schumann / Leipold Schumann / Leipold

i n Stein / Jonas, § 259 A n m . I. 1. ebenda, § 259 A n m . I I .

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

seits dem Kläger aber nicht zuzumuten ist, die Bedingung schon vor Erlaß des Gestaltungsaktes herbeizuführen, gleichzeitig aber auch die Gefahr besteht, daß ohne Gestaltung vor Bedingungseintritt die Verwirklichung des Rechts auf Rechtsänderung erheblich erschwert würde 1 7 2 . I m Falle der Ausschließung aus wichtigem Grund wünscht die Gesellschaft das Ausscheiden eines Gesellschafters. Bietet sie ihm die Abfindung an und liegt ein wichtiger Grund vor, so ist der Gesellschafter verpflichtet, aus der Gesellschaft auszuscheiden. Die Rechtsordnung erkennt also das Ausscheiden eines untragbar gewordenen Gesellschafters aus der GmbH an. I n aller Regel w i r d sich aber der Gesellschafter der Ausschließung widersetzen, so daß der Gesellschafter allein auf das Anbieten einer Abfindung h i n nicht ausscheiden wird. Um aber dieses Verfahren abzukürzen, muß es der GmbH möglich sein, schon bevor sie die Abfindung bereithält, Klarheit über die Verpflichtung des Gesellschafters zum Ausscheiden zu erhalten. Ein Aufschub kann und soll ihr schon wegen des damit verbundenen finanziellen Aufwandes erspart bleiben. cc) Regelungsbedürfnis Wenn damit festgestellt ist, daß jeweils vergleichbare Sachverhalte gegeben sind, so ist noch nicht entschieden, ob insoweit auch ein Regelungsbedürfnis anzuerkennen ist. Existieren nämlich andere interessengerechte Lösungsmöglichkeiten, so muß die Regelungsbedürftigkeit verneint werden. Hueck meint, daß auch ein unbedingtes Gestaltungsurteil ergehen könne. Der Ausgeschlossene könne dann mit Rechtskraft des Urteils seine Mitgliedschaftsrechte nicht mehr wahrnehmen und habe nun einen Anspruch auf Abfindung gegen die GmbH, der Zug um Zug gegen Abtretung des Geschäftsanteils zu erfüllen sei. Dies sei verbunden mit einem Auflösungsrecht für den Fall, daß die Abfindung nicht gezahlt werden könne. Aus dem Liquidationserlös könne er sich dann befriedigen 173 .Gegen diese Auffassung sind sowohl systematische als auch Bedenken hinsichtlich der Interessenabwägung geltend gemacht worden. Es w i r d darauf verwiesen, daß es widersinnig sei, dem Ausgeschiedenen einerseits die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte zu versagen, ihm aber andererseits, wenn er wegen seiner Abfindungsforderung keine Befriedigung erlangen könne, ein Recht zur Auflösung (ein Mitgliedschaftsrecht par excellence) zu gewähren 174 . Vor allem berücksichtige diese Lösung zu wenig die Interessen des Auszuschließenden. Nach 172

So auch Schön, Diss., S. 89 ff. Hueck DB 1951, 109; ebenso i n Baumbach / Hueck, Einf. §34 A n m . 2 C ; zustimmend Fichtner B B 1966, 146 (149). 174 Fischer, Diss, S. 72; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 111. 173

Die Ausschließung

Rechtskraft des Urteils habe er nämlich keinen Gewinnanspruch mehr, trage jedoch mit seinem Kapitalanteil weiterhin das Verlustrisiko 1 7 5 . Auch andere Stimmen treten für ein unbedingtes Gestaltungsurteil ein und vernachlässigen damit m. E. die Interessen des Auszuschließenden 176 . Fischer und Gonella suchen dagegen unter Befürwortung eines unbedingten Gestaltungsurteils die Sicherung des Auszuschließenden hinsichtlich der Abfindungsforderung i n der persönlichen Haftung der verbleibenden Gesellschafter 177 . Hiergegen w i r d geltend gemacht, daß dies der Haftungsstruktur der GmbH widerspreche. Die prsönliche Haftung i m Falle der Ausschließung eines Gesellschafters würde über die §§ 24, 31 Abs. 3 GmbHG hinausführen. Dazu ist i m GmbHG jedoch kein Rückhalt zu finden. Richtig w i r d dagegen eingewandt, daß sich sogar der Kommanditist gegenüber dem Abfindungsanspruch des Ausgeschlossenen auf seine Haftungsbeschränkung berufen könne und das sogar, obwohl i h m das Ausscheiden durch Anwachsen des Anteils unmittelbar zugute komme 1 7 8 . Eine persönliche Haftung der Gesellschafter für die Abfindungssumme kommt daher nicht i n Betracht. Daneben wurden auch ganz andere Wege eingeschlagen, die nicht den Weg des Gestaltungs-, sondern den des Leistungsurteils gehen 179 . A u f diese Lösungen braucht wegen der grundsätzlichen Entscheidung für das Gestaltungsurteil nicht mehr näher eingegangen zu werden 180 . Ulmer schlägt i n Anlehnung an §208 RegEGmbHG 181 vor, i m Ausschließungsurteil das Vorliegen eines Ausschließungsgrundes festzustellen und die Gesellschaft unter der aufschiebenden Bedingung der Zahlung einer vorläufigen Abfindung innerhalb einer bestimmten Frist zur einseitigen Erklärung der Ausschließung (wahlweise Einziehung, A b tretung an sich selbst, Gesellschafter oder Dritte) zu ermächtigen. Die vorläufige Abfindung sei i m Schätzungswege (§ 287 Abs. 2 ZPO) festzusetzen, wobei der steuerliche Einheitswert des Betriebsvermögens zugrunde gelegt werden solle. Außerdem habe das Gericht für die Schwe175 Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 (130); Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 310; Winter i n Scholz, §15 A n m . 111; Fischer, Diss., S. 71. 176 Schräder, Diss., S. 63; Wolff , Diss., S. 94. 177 Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 132; diese Auffassung w i r d nicht vertreten bei Fischer, § 15 A n m . 8; Gonella GmbH-Rdsch. 1967, 89 (93); Fischer zustimmend: Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 311; i n der gleichen Richtung Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 128. 178 Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 26; ders. i n Großkomm, zum HGB, § 138 A n m . 33. 179 Fischer, Diss., S. 78 ff.; Mezger, Diss., S. 87 ff. 180 v g l . hierzu oben die Ausführungen unter § 3 I I . 4. a). 181

Ulmer

i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 27; BT-Drucksache VI/3088.

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

bezeit das Ruhen der Mitgliedschaftsrechte anzuordnen sowie ein befristetes Veräußerungsverbot auszusprechen. Hiergegen sind ganz pauschal „dieselben Einwände" wie gegen den Vorschlag Huecks erhoben worden 182 , und zwar trotz dieser pauschalen Form u. E. zu recht. Auf den ersten Blick wäre anzunehmen, daß das Interesse des Auszuschließenden an der Sicherung seiner Abfindungsforderung i n ausreichendem Maße berücksichtigt ist. Das gilt jedoch nur für die Fälle, i n denen sich der steuerliche Einheitswert des Betriebsvermögens mit dem wirklichen Wert des Geschäftsanteils einigermaßen deckt. Fallen diese Werte merklich auseinander, so ist der Gesellschafter i n der Tat i n der gleichen mißlichen Lage wie nach dem Vorschlag von Hueck. Nach Zahlung der vorläufigen Abfindung wäre er aller Mitgliedschaftsrechte verlustig und müßte jetzt notfalls i m Klagewege seine restliche Abfindungsforderung gegen die Gesellschaft (unter Beachtung der Schranken der §§ 19 Abs. 2, 30 Abs. 1, 33 Abs. 1 GmbHG) geltend machen. Weil aber damit dem Ausscheidenden ein erheblicher Teil des Liquiditätsrisikos aufgebürdet wird, ist auch durch diese Lösung eine Ausschließung bei vollem Wertersatz nicht gewährleistet. Dem w i l l Ulmer zwar dadurch abhelfen, daß er dem Ausgeschlossenen für den Fall der Nichtzahlung der Restabfindung ein Auflösungsrecht zugesteht, doch dagegen sprechen i n gleichem Maße die oben schon gegen Huecks Auffassung vorgebrachten Bedenken 183 . Führen andere Lösungsmöglichkeiten nicht zu der gewünschten interessengerechten Lösung, so müßte jedenfalls das bedingte Gestaltungsurteil, wenn man ein dahingehendes Regelungsbedürfnis anerkennen wollte, diese Voraussetzungen erfüllen. Dagegen wurde bereits eingewandt, daß dabei das Interesse des Auszuschließenden an der Zahlung der Abfindung einseitig über das der Gesellschaft an einer schnellen Durchführung der Ausschließung gestellt werde. Das natürliche Interesse der Gesellschaft an rascher Abwicklung der Ausschließung resultiert aus der Untragbarkeit des Gesellschafters für die Gesellschaft. Es bedarf einer raschen Ausschließung, u m die Gesellschaft von der Belastung durch den Auszuschließenden zu befreien. Untechnisch formuliert bedeutet das Entfernen aus der GmbH (Entziehung und Versagung von Einfluß- und Einmischungsmöglichkeiten i n Angelegenheiten der Gesellschaft). Das bedeutet daher nicht notwendigerweise vermögensmäßige Trennung. Das Interesse des Auszuschließenden ist dagegen darauf gerichtet, daß er, wenn er schon aus der Gesellschaft ausscheiden muß, dies nur unter 182

Winter i n Scholz, § 15 A n m . 111. Vgl. dazu auch die K r i t i k am Vorschlag Huecks: Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 (130); Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 310; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 111; Fischer, Diss., S. 71. 183

Die Ausschließung

gleichzeitiger Abfindung und Sicherung der Abfindungsforderung gegen RückZahlungsverpflichtungen (§31 Abs. 1 GmbHG) dulden muß 1 8 4 . Die Auffassung des Bundesgerichtshofes ist nun daraufhin zu überprüfen, ob diese Interessen berücksichtigt sind, was heißen w i l l , daß kein Interesse gänzlich unberücksichtigt bleiben darf. Durch ein bedingtes Gestaltungsurteil w i r d jedenfalls den Interessen des Auszuschließenden in vollem Umfang Rechnung getragen. Bis zum Eintritt der Bedingung bleibt er Gesellschafter. Die Bedingung kann erst eintreten, wenn die Abfindung i n Übereinstimmung mit den Kapitalerhaltungsvorschriften gezahlt werden kann 1 8 5 . Die Interessen der Gesellschaft dagegen scheinen vernachlässigt zu sein. (1) Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist nämlich der Gesellschafter bis Bedingungseintritt befugt, alle gesellschaftlichen Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Er ist nur von der M i t w i r k u n g solcher Maßnahmen ausgeschlossen, die der Durchführung seiner Ausschließung dienen 186 . Für die Gesellschaft ist daher mit dem Urteil u. E. noch nichts gewonnen, außer daß feststeht, daß ein wichtiger, zum Ausschluß berechtigender Grund gegeben ist. (2) Der Auszuschließende bleibt auch weiterhin über den Anteil verfügungsberechtigt 187 , so daß die Gefahr besteht, daß er auf diesem Wege einen Strohmann i n die Gesellschaft schleust und somit die Ausschließung vereitelt (allerdings dürfte dann i n der Person des Strohmannes ein Ausschließungsgrund gegeben sein). (3) Kann innerhalb der festgesetzten Frist die Abfindung nicht aufgebracht werden, so ist das ganze Verfahren hinfällig. (4) Nicht zuletzt scheint der Auszuschließende die Länge des Verfahrens voll i n der Hand zu haben. Er kann vor allem durch Streitigkeiten über die Höhe der Abfindungsforderung den Erlaß eines Urteils hinauszögern (welchen Nutzen er sich auch immer davon verspricht). Erfahren nicht alle diese vier Bedenken eine entsprechende Berücksichtigung, so ist die Lösung des Bundesgerichtshofes i n der Tat nicht interessengerecht; dabei ist sicher die von Fischer geäußerte Skepsis — „man mag die Dinge wenden, wie man w i l l , (...), ein gerechter Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Gesellschaft und des auszu184 Interessenbewertung w i e hier Seydel GmbH-Rdsch. 1953, 149 (151); zur Einteilung von Gesellschafterinteressen a l l g , vgl. etwa Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 31 ff. 185 Winter i n Scholz, § 15 A n m . 115. 186 BGHZ 9, 157 (175 f.). 187 BGHZ 9, 157 (170); Winter i n Scholz, § 15 A n m . 114; a. M . Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956, 150; ders. GmbH-Rdsch. 1963, 67.

5 Balz

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

schließenden Gesellschafters läßt sich bei dem derzeitigen Rechtszustand nicht herbeiführen" — nicht ganz unangebracht 188 . Das letzte der vier genannten Bedenken hat der Bundesgerichtshof selbst ausgeräumt 189 . Wenn der Auszuschließende nicht alles i n seiner Macht stehende unternehme, um die Abfindungshöhe festzustellen, könne auf die Festsetzung der Abfindungsforderung verzichtet werden, m i t h i n ein unbedingtes Gestaltungsurteil ergehen. Der Bundesgerichtshof scheint diesen Gedanken i n der Nähe des Rechtsmißbrauchs anzusiedeln. Die geäußerten Bedenken betreffs ungebührlicher Dauer des Rechtsstreits wegen Koppelung von Ausschließung und Abfindung — uneingedenk deren Notwendigkeit — sind damit weitgehend ausgeräumt. Gegen andere Verzögerungen des Ausschließungsverfahrens durch Prozeßverschleppung bleibt zwar die Gesellschaft ungeschützt. Jedoch unterscheidet sich der Ausschließungsprozeß hierin nicht von anderen Prozessen. Solche Verzögerungen sind dem allgemeinen Prozeßrisiko zuzurechnen. Hier kann gegebenenfalls nur der Ausschluß verspäteten Vorbringens gem. § 296 ZPO helfen. Daß mit Verstreichen der Frist das Urteil hinfällig geworden ist, ist dagegen i m Interesse des Auszuschließenden hinzunehmen 190 . I h m ist nicht zumutbar, längere Zeit i n dem Schwebezustand zu verharren, den das bedingte Gestaltungsurteil verursacht. Ist die Gesellschaft an der Ausschließung noch interessiert, muß sie eben die Abfindung bereitstellen. Kann sie das nicht, besteht auch keine Möglichkeit, den Gesellschafter auszuschließen. Das liegt i n der Natur der Ausschließung begründet. Einer vorschnellen Veräußerung des Anteils des Auszuschließenden an einen Strohmann kann jedoch mit einer entsprechenden Anwendung von § 161 BGB begegnet werden 191 . Dem Eindringen von Strohmanngesellschaftern ist hiermit wirksam vorgebeugt, weil die Verfügung zu seinen Gunsten dann m i t Bedingungseintritt unwirksam wird, und auch § 161 Abs. 3 BGB i h m nicht hilft, weil er i m Regelfalle nicht gutgläubig ist. Es bleiben die Bedenken gegen die nach der Auffassung des BGH fast unbegrenzte Ausübung von Mitgliedschaftsrechten 192 . Kann der Gesell188 Fischer i n Festschrift für Schmidt (1959), S. 117 (130); freilich ist diese Äußerung i m Hinblick auf seine lege ferenda vorgeschlagenen Lösung von der persönlichen Haftung der verbleibenden Gesellschafter für die A b f i n dungsforderung zu sehen (S. 133). 189 BGHZ 16, 317 (325). 190 Ebenso Winter i n Scholz, § 15 A n m . 112. 191 Winter i n Scholz, § 15 A n m . 114; anders Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 27, der ein befristetes Veräußerungsverbot annimmt. 192 BGHZ 9, 157 (175 f.).

I I . Die Ausschließung

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schafter diese wirklich alle ausüben (Stimmrecht, Mitverwaltungsrechte etc.) — unter Ausklammerung der M i t w i r k u n g i n Angelegenheiten, die seine Ausschließung betreffen —, so bleibt das Interesse der Gesellschaft, den Auszuschließenden möglichst „schnell aus der Gesellschaft zu entfernen", auf der Strecke. Winter möchte dem dadurch abhelfen, daß alle mitgliedschaftlichen Herrschafts- und Kontrollrechte mit der formellen Rechtskraft des Urteils suspendiert sind 193 ; er w i l l jedoch die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte unberührt lassen 194 . Dem ist zuzustimmen 195 . Die Mitverwaltungs- und Kontrollrechte ermöglichen es dem Gesellschafter i n besonderer Weise störend i n das Gefüge der Gesellschaft einzugreifen. Sind i h m diese Rechte nun entzogen, so kann der Gesellschafter keinen Einfluß mehr auf die Gesellschaft ausüben. Damit ist auch das wesentliche Interesse der Gesellschaft berücksichtigt. Bedenkt man, daß durch Einfügung der Bedingung die Länge des Ausschließungsverfahrens nach Erlaß des Urteils nur noch von der Gesellschaft bzw. von der Zahlung der Abfindungssumme abhängt, so ist das bedingte Gestaltungsurteil unter den genannten Einschränkungen als die interessengerechte Lösung des Ausschließungsproblems anzusehen 196 . Ist somit allein i n dieser Lösung der gerechte Interessenausgleich zwischen den Parteien zu finden, so muß die Rechtsordnung auch die entsprechenden Rechtsregeln dafür bereithalten. Wollte man der Gesellschaft den Weg des bedingten Gestaltungsurteils versagen, so müßte sie noch länger auf die Ausschließung des untragbar gewordenen Gesellschafters warten, oder die Abfindungsforderung des Ausgeschlossenen würde über Gebühr mit den Geschäftsrisiken der Gesellschaft belastet, so daß er u. U. aus der Gesellschaft ausgeschlossen wäre, ohne seine gesamte Abfindung erhalten zu können. Der Gesellschaft ist aber auch nicht zuzumuten, dem Gesellschafter vor Erlaß eines Gestaltungsurteils die Abfindung zu bezahlen; würde man die Gesellschaft darauf verweisen, daß erst mit Zahlung auch des letzten Abfindungsentgeltes der begehrte Gestaltungsakt ergehen könne, so käme das einer Rechtsverweigerung gleich. Der Zulassung des bedingten Gestaltungsurteils 193

Winter i n Scholz, § 15 A n m . 114; ähnlich Wolany, S. 151. Für vermögensrechtliche Rechte ebenso Wolany, S. 151. 195 Es bestehen keine Bedenken, die Mitgliedschaft derartig aufzuspalten. Es ist nämlich anerkannt, daß z. B. auch Mitverwaltungsrechte ζ. B. i m Rahmen eines Gesellschafterbeschlusses aus wichtigem G r u n d nicht ausgeübt werden können. Auch hier w i r d also die Mitgliedschaft geteilt. Vgl. auch Winter i n Scholz, § 14 A n m . 28; das gilt w o h l auch für Sonderrechte (§ 35 BGB); ebenso w o h l Wolany, S. 151; Schilling i n Hachenburg, § 14 A n m . 11, 12. 196 BGHZ 9, 157 (170); 16, 317 (322); O L G Nürnberg B B 1970, 1371; ähnlich Seydel GmbH-Rdsch. 1953, 149 (151); Schneider GmbH-Rdsch. 1953, 74; Schilling JZ 1955, 331; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 5 (8); Fichtner B B 1966, 146 ff.; Schön, Diss., S. 112; Winter i n Scholz, §15 A n m . 112; a. M. Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 27; Baumbach / Hueck, Einf. § 34 A n m . 2 C. 194

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

steht auch nicht der oben erwähnte Grundsatz entgegen, daß das Urteil Rechtsgewißheit zu schaffen habe. Durch die Feststellung des wichtigen Grundes und Festsetzung der Abfindungszahlung i m Urteil ist die Sache entscheidungsreif geworden. Bedarf es aber zum E i n t r i t t der materiellen Rechtskraft tatsächlich nur noch des Bedingungseintritts, so ist dem Grundsatz, wonach Urteile Rechtssicherheit und Rechtsgewißheit schaffen sollen, i n ausreichendem Maße Rechnung getragen. Prozeßrechtliche Bedenken gegen ein bedingtes Gestaltungsurteil bestehen daher nicht 1 9 7 . dd) Ergebnis I m Normalfall der Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grunde ergeht daher ein Gestaltungsurteil, das unter der Bedingung steht, daß der Ausgeschlossene innerhalb der i m Urteil festgesetzten Frist die ebenfalls i m Urteil festgesetzte Abfindung, unter Wahrung der Kapitalerhaltungsvorschriften, erhält 1 9 8 . c) Unbedingtes

Ausschließungsurteil

I m Interesse der Gesellschaft w i r d i n gewissen Fällen von der Bedingung abgesehen. Es ergeht dann ein unbedingtes Ausschließungsurteil. Das sind Fälle, i n denen der Geschäftsanteil gar keinen Wert mehr hat. Es bedarf einer Bedingung auch dann nicht, wenn die Abfindung unter Verzicht auf das Rücknahmerecht hinterlegt ist 1 9 9 . Das Urteil kann i n allen anderen Fällen dann als unbedingtes ergehen, wenn der Auszuschließende entweder die Wertfestsetzung behindert, w i l l k ü r l i c h seine M i t w i r k u n g an entsprechenden Feststellungshandlungen versagt und nicht alles i n seiner Macht stehende tut, um die Wertfestsetzung zu befördern. Das ist deswegen gerechtfertigt, weil die Bedingung i m Interesse des Auszuschließenden i n das Urteil eingeführt wird. Wenn er sich diesen Schutz erhalten w i l l , darf er nicht seine M i t w i r k u n g versagen oder die Wertfestsetzung gar behindern 200 . 197 Ebenso Schön, Diss., S. 100; BGHZ 9, 157; 16, 317 (322); Rosenberg/ Schwab, Zivilprozeßrecht, S. 292; Wieczorek, ZPO, § 300 A n m . C I I b 3; Winter i n Scholz, §15 A n m . 112; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 27; Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 428; Vogel, GmbHG, § 34 A n m . 5. 198 BGHZ 9, 157 ff.; 16, 317 ff.; 32, 17 ff.; O L G Nürnberg B B 1970, 1371. 199 BGHZ 9, 157 (174, 178 f.); 16, 317 (324 ff.); Winter i n Scholz, §15 A n m . 112; ebenso Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 5 (9); ders., Der lästige Gesellschafter i n der Wirtschaftspraxis, S. 75; Wolany, S. 150 ff.; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 308 ff. 200 BGHZ 16, 317 (325) unter Einschränkung v o n BGHZ 9, 157; diese E i n schränkung ist allseits m i t Zustimmung aufgenommen worden. Voran Schilling JZ 1955, 331 (332), der dabei seine ablehnende H a l t u n g gegenüber der Ausschließbarkeit von Gesellschaftern aufgegeben hat; ebenso Winter in Scholz, § 15 A n m . 111. Sachs GmbH-Rdsch. 1974, 84 (89) ist dagegen der M e i nung, der B G H habe m i t dieser Entscheidung das Erfordernis eines bedingten Gestaltungsurteils aufgegeben.

Die Ausschließung

d) Rechtskraft M i t dem Eintritt der Rechtskraft steht zwischen den Parteien das Vorliegen eines wichtigen Grundes, die damit verbundene Ausschließbarkeit des Gesellschafters und die Höhe des Abfindungsanspruches fest. Ist ein unbedingtes Urteil ergangen, so steht die Höhe der Abfindung nur fest, soweit das Urteil darüber entschieden hat. Dies ist ζ. B. dann der Fall, wenn das Urteil die Wertlosigkeit des Anteils festgestellt hat. Der Ausgeschlossene ist nun gehindert, i n einem neuen Rechtsstreit seine Abfindung geltend zu machen. Ist dagegen ein unbedingtes Urteil wegen verzögerlicher M i t w i r kungshandlungen des Auszuschließenden ergangen, so kann er seinen Abfindungsanspruch i n einem gesonderten Prozeß geltend machen 201 . Die formelle Rechtskraft t r i t t mit Ablauf der Rechtsmittelfristen ein. Rechtswirkungen entfaltet das Urteil dagegen erst mit Eintritt der Bedingung, also mit Zahlung der Abfindung. Es wäre nun naheliegend anzunehmen, daß die materielle Rechtskraft erst zu diesem Zeitpunkt eintritt. Ältere Auffassungen haben zwar eine materielle Rechtskraftw i r k u n g von Gestaltungsurteilen überhaupt abgelehnt, aber es hat sich heute die Überzeugung durchgesetzt, daß auch Gestaltungsurteile i n materielle Rechtskraft erwachsen 202 . Rechtskräftig w i r d dabei die Entscheidung über das Begehren des Klägers auf Gestaltung. Sie stellt fest, daß sein Begehren auf Gestaltung i m Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung begründet war 2 0 3 . Hieraus ergibt sich auch die Lösung für unsere Frage. Der E i n t r i t t der materiellen Rechtskraft, der Maßgeblichkeit der Entscheidung unter den Parteien, t r i t t gleichzeitig mit der formellen Rechtskraft ein. Das Gericht war nämlich aufgerufen, über den Anspruch der Gesellschaft auf Ausschließung des Gesellschafters zu entscheiden. Diese Frage war aber unabhängig davon, ob die Gesellschaft durch Herbeiführung der Bedingung den Gesellschafter letztlich ausschließt oder nicht. Daraus ergibt sich folgendes: Läßt die Gesellschaft die Frist zur Zahlung der Abfindung verstreichen, so ist der Auszuschließende noch Gesellschafter. Das Urteil ist hinfällig. Wegen der Rechtskraftwirkung des Urteils ist die Gesellschaft nun aber gehindert, denselben Ausschließungsgrund i n einem neuen Prozeß geltend zu machen. I h m stünde der Einwand der res iudicata entgegen.

201 202 203

Winter i n Scholz, § 15 A n m . I l l ; a. M. Wolany, S. 152. Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, S. 498 (§ 95 I I I 2.). Rosenberg / Schwab ebenda.

§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

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5. Der Abfindungsanspruch

I m Urteil ist die Höhe des Abfindungsanspruches festzusetzen. I n aller Regel ist hier neben den Voraussetzungen des wichtigen Grundes ein Schwerpunkt der Parteiauseinandersetzung zu erwarten. Das hat vor allem darin seine Ursache, daß zum einen gewisse Unsicherheiten hinsichtlich der Bewertungsgrundsätze bestehen. Jede Wertfestsetzung verfolgt nämlich einen bestimmten Zweck. Erst aus der jeweiligen Zwecksetzung der Bewertung lassen sich die danach anzuwendenden Bewertungsmethoden ableiten 204 . Zum anderen stehen aber eine Fülle solcher Bewertungsmethoden zur Verfügung. a) Bewertungsgrundsätze Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist dem Auszuschließenden, anders als ζ. B. bei der Kaduzierung, der volle Gegenwert des Geschäftsanteils zu vergüten. Hierzu genüge es nicht, die Zahlen der Jahresbilanz einer Bewertung zugrunde zu legen, vielmehr müsse eine Vermögensbilanz aufgestellt und der wirkliche Wert des Geschäftsanteils ermittelt werden 2 0 5 . Die Literatur hat sich dieser Auffassung fast ausnahmslos angeschlossen 206 . Ulmer hat dies näher präzisiert 207 . Er ist der Auffassung, der wirkliche Wert des Anteils sei der Verkehrswert. Dies sei der Wert, den ein Dritter i m allgemeinen Verkehr zu zahlen bereit wäre. A u f die Problematik des Verkehrswertes hat Goerdeler hingewiesen. Wenn der Verkehrswert der wirkliche Wert des Anteils wäre, so wären auch alle besonderen Umstände, die nach dem Gesellschaftsvertrag die Fungibilität des Anteils beeinflussen könnten, zu berücksichtigen. Ein Dritter würde dann nämlich entsprechend weniger für den Anteil aufwenden. Insofern werde aber damit der Ausscheidende bestraft, was ja eigentlich vermieden werden solle. Es sei daher vom wahren Wert, also einschließlich stiller Reserven und eines etwa vorhandenen good w i l l auszugehen. U m den dem Gesetz an sich fremden Begriff des Verkehrswertes zu vermeiden, schlägt er eine begriffliche Anlehnung an die 204

Müller JuS 1973, 603; Grossfeld JZ 1981, 641 (642), der betont, daß gerade die Bewertungsgrundsätze dem Recht zu entnehmen seien u n d dieses Problem nicht der Betriebswirtschaftslehre allein überlassen werden dürfe. 205 BGHZ 9, 157 (168); 16, 317 (322); 32, 17 (23); nach BGHZ 32, 151 soll dies auch für den F a l l der Pfändung gelten. 206 Baumbach / Hueck, Einf. § 34 A n m . 2 C; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 116; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 34; Fichtner B B 1966, 149; Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956, 129; Wolany, S. 152; Gonella GmbH-Rdsch. 1967, 93; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 5 (8). 207 Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 34.

Die Ausschließung

Barabfindung bzw. angemessene Abfindung der §§12, 15 UmwG, 305 A k t G vor 2 0 8 . M i t der Entscheidung für den wirklichen Wert des Anteils ist jedoch nicht die Frage beantwortet, ob dieser i n einem fiktiven Marktpreis oder etwa i n einem fiktiven Liquidationswert zu sehen ist. Weiter ist zu fragen, ob bei der Berechnung vom lebenden oder vom liquidierten Unternehmen auszugehen ist, und ob ein etwaiger Firmenwert berücksichtigt werden muß oder nicht. Das gleiche Problem t r i t t allerdings auch bei der Ausschließung aus der Personengesellschaft auf. Nach allgemeiner Auffassung ist hier zur Berechnung des Abfindungsguthabens nicht auf den Bilanzwert, sondern auf den wirklichen Wert des lebenden Unternehmens einschließlich aller stillen Reserven und des good w i l l abzustellen. Es ist dabei der Wert zugrunde zu legen, der sich bei einem Verkauf des Unternehmens als Einheit ergäbe 209 . Wenn der Bundesgerichtshof dabei vom lebenden Unternehmen ausgeht, so entscheidet er sich gegen einen Liquidationswert. Soweit das Gericht einen Verkauf des Unternehmens unterstellt, entscheidet es sich aber für den fiktiven Marktpreis. Ob diese Grundsätze auf die GmbH übertragen werden können, hängt davon ab, ob die beiderseits verschiedene Rechtsform zu unterschiedlicher Beurteilung zwingt. Vergleicht man die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Abfindung von Personen- und GmbH-Gesellschaftern, so läßt sich eine verschiedene Beurteilung beider Rechtsformen nicht erkennen 210 . Anlaß der Bewertung ist das Ausscheiden des Gesellschafters. Nach den oben entwickelten Grundsätzen soll dies zu einer Neuregelung der gesellschaftlichen Beziehungen ohne Strafcharakter für den Auszuschließenden führen. Eben diese Interessenlage ist aber auch bei der Ausschließung von Personengesellschaftern gegeben. Es bestehen daher keine grundlegenden Bedenken, die hierbei entwickelten Grundsätze auch auf die Bewertung von GmbH-Anteilen anzuwenden 211 . Zu berücksichtigen bleibt noch Goerdelers Einwand. Dieser t r i f f t m. E. nicht zu. Es ist zwar richtig, daß die Veräußerlichkeit eines GmbH-Anteils einen Wertfaktor darstellen kann. Dieser wohnt jedoch dem Wert des Anteils inne. Der Gesellschafter hat nämlich einer entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Klausel zugestimmt. W i r d dieser 208

Goerdeler i n Festschrift für Barz (1974), S. 113 (118 f.). BGHZ 17, 136; BGH N J W 1971, 1531; Keßler i n Staudinger, BGB, §738 A n m . 8 ff.; Müller JuS 1973, 745. 210 Diese Frage scheint allenfalls i m Rahmen der eigentlichen Bewertung eine Rolle zu spielen u n d zwar dann, w e n n man die Veräußerlichkeit des G m b H - A n t e i l s als Wertfaktor ansieht. 211 BVerfGE 14, 264 (284); BGH N J W 1967, 1464 (zur Kapitalgesellschaft); RGZ 106, 128 (131 f.); BGHZ 17, 133 (136) (zur Personengesellschaft). 209

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

Umstand nun bei der Bewertung berücksichtigt, so w i r d er lediglich an seinem ursprünglich erklärten Willen festgehalten. Danach ist zur Bewertung des Anteils bei der Ausschließung eines Gesellschafters für die Ermittlung seines wirklichen Wertes vom lebenden Unternehmen unter Berücksichtigung stiller Reserven und des good w i l l auszugehen. Es ist dabei zu unterstellen, daß der Anteil an einen Dritten veräußert wird. b)

Bewertungsmethoden

Zur Methode der Unternehmensbewertung werden substanz- und ertragswertorientierte Auffassungen vertreten 2 1 2 . Dabei bieten ertragswertorientierte Bewertungsmethoden zwar das sicherere theoretische Modell an, doch bereitet die Ermittlung der dafür erforderlichen Hilfsgrößen beträchtliche Schwierigkeiten. So ist es nicht verwunderlich, daß i n der Praxis häufig substanzwertorientierte Verfahren verwandt werden. I n diesem Zusammenhang ist das sog. Stuttgarter Verfahren hervorzuheben. M i t dieser Methode w i r d der gesuchte Unternehmenswert aus dem Substanzwert zuzüglich des dreifachen der Differenz zwischen dem repräsentativen Zukunftserfolg und einer Normalverzinsung des gesuchten Unternehmenswertes ermittelt 2 1 3 . Sie vermeidet auch den größeren Teil der Schwächen aller Substanzwertmethoden. Ihre Hilfsgrößen sind auch vergleichsweise einfach zu ermitteln. Trotz seiner K r i t i k am Stuttgarter Verfahren räumt auch Müller ein, daß es zur Bestimmung des objektiven Unternehmenswertes herangezogen werden könne 214 . Insgesamt sind die Fragen nach der richtigen Bewertungsmethode auch i n der Betriebswirtschaftslehre weitgehend umstritten, so daß eine rechtliche Festlegung auf eine bestimmte Methode nicht angezeigt ist 2 1 5 . Von einer Darstellung der Problematik i m einzelnen muß hier abgesehen werden 216 . 212 Vgl. hierzu: Dörner i n WP-Handbuch 1977, 1131 ff. (1225); Berg G m b H Rdsch. 1954, 4 ff., 116 ff., 165 ff.; Müller JuS 1973, 603 ff., 745 ff.; — 1974, 147 ff., 288 ff., 424 ff., 558 ff., — 1975, 489 ff., 453 ff.; vgl. jetzt auch die Darstellung von Zehner D B 1981, 2109 ff. 213 Müller JuS 1974, 289. 214 Müller JuS 1973, 749. 215 Die Finanzverwaltungen benutzen das Stuttgarter Verfahren zwar für die E r m i t t l u n g des Wertes nicht börsennotierter Anteile, jedoch k a n n daraus auf eine rechtliche Verbindlichkeit nicht geschlossen werden. 216 Z u dieser Problematik allgemein: Großfeld JZ 1981, 641 ff., 769 ff.; BGH W M 1979, 432 zur Personengesellschaft; Wagner / Nonnenmacher ZGR 1981, 674 ff. als Bespr. der Entscheidung BGH W M 1979, 432 u n d der dort angeführten L i t e r a t u r zu der genannten Entscheidung sowie Großfeld ZGR 1982, 141 ff.; Zehner D B 1981, 2109.

Die Ausschließung

c) Bewertungsstichtag Als Stichtag für die Bewertung des Anteils ist nach ganz allgemeiner Auffassung, entsprechend § 140 Abs. 2 HGB, nicht der Tag der Beschlußfassung über die Ausschließung, sondern der Tag der Klageerhebung maßgebend 217 . d) Schuldner der Abfindungsforderung Weder die Gesellschafter der GmbH noch Dritterwerber des Anteils sind verpflichtet, den ausscheidenden Gesellschafter zu befriedigen, sondern allein die GmbH ist Schuldner der Abfindungsforderung 218 . Zutreffend weist Vogel darauf hin, daß das Problem der Abfindung nicht derart mit der Einziehung oder der Abtretung des Geschäftsanteils vermengt werden darf, daß der jeweilige Erwerber des Geschäftsanteils Schuldner der Abfindungsforderung sei und die Gesellschaft nur die Zahlung des Kaufpreises zu garantieren habe, jeweils begrenzt durch den Anteil des Ausscheidenden am Liquidationserlös 219 . Schuldner der Abfindung ist allein die Gesellschaft. A l l e i n diese Lösung erscheint interessengerecht. Der Ausscheidende soll nicht m i t dem Liquiditätsrisiko eines Dritten, den er sich selbst gar nicht ausgesucht hat, belastet sein. Vielmehr soll er das Risiko der Zahlungsunfähigkeit oder Nichtzahlung wegen Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften allein i m Verhältnis zur GmbH tragen. Nur i n diesem Verhältnis kann er die Risiken einschätzen, und nur die aus dem von i h m abgeschlossenen Vertrag erwachsene Gesellschaft hat er als Vertragspartner gewählt. Die Gesellschafter t r i f f t auch keine subsididäre Haftung für die Zahlung der Abfindungsforderung. Die Gesellschafter haften grundsätzlich nicht für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Wollte man dies zulassen, so könnte der ausscheidende Gesellschafter unabhängig von dem mit der Veräußerung des Anteils verbundenen Risiko von den Mitgesellschaftern auch dann Zahlung verlangen, wenn die Gesellschaft aus freiem, d. h. zur Kapitalerhaltung notwendigem Vermögen die Abfindung nicht bezahlen könnte. Damit würde das wirtschaftliche Risiko des Anteils nun den Mitgesellschaftern überbürdet werden. Dieses Risiko hat aber der Anteilsinhaber selbst zu tragen. 217 Ganz h. M.; vgl. Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 34; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 116; Wolany, S. 152; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 5 (8); Baumbach / Hueck, Einf. § 34 A n m . 2 C; i m Anschluß an die Rspr.: BGHZ 9, 157 (168); 16, 317 (323); B G H N J W 1972, 1320. 218 Vgl. Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 52; Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (271 ff.); Winter i n Scholz, § 15 A n m . 93. 219 Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (271).

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters 6. Die Rechtsstellung des Auszuschließenden vor Bedingungseintritt

Wurde — wie i m Normalfall — das Urteil unter der Bedingung der Zahlung der Abfindung erlassen, so bedarf auch das Verhältnis des Auszuschließenden zur Gesellschaft einer neuen Grundlage, weil er ja bis Bedingungseintritt noch Gesellschafter ist. M i t Eintritt der Rechtskraft ist jetzt nämlich festgestellt, daß ein die Ausschließung des Gesellschafters rechtfertigender Grund vorliegt. Steht dies aber zwischen den Parteien fest, so ist es der Gesellschaft nicht länger zuzumuten, daß der Auszuschließende bis zum Eintritt der Bedingung, d. h. bis zu seiner endgültigen Ausschließung, weiterhin i n vollem Umfang die Rechte und Pflichten eines Gesellschafters wahrnehmen kann. a) Verfügungsbefugnis Es ist die Frage zu beantworten, ob bei dieser Interessenlage eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis erforderlich ist oder ob der Gesellschafter weiterhin frei über seinen Geschäftsanteil verfügen darf. Der Bundesgerichtshof hat das i m letzteren Sinne bejaht. Ganssmüller möchte die Verfügungsbefugnis dahingehend einschränken, daß der Auszuschließende nicht mehr zu Treuhandzwecken über den Anteil verfügen dürfe 220 . Ulmer w i l l dem Urteil i n Anlehnung an § 208 RegEGmbHG die Funktion eines befristeten Veräußerungsverbots beimessen 221 . Der Bundesgerichtshof scheint dabei der Auffassung zu sein, daß ζ. B. i n Fällen der Veräußerung an einen Strohmann dieser gegebenenfalls ausgeschlossen werden müsse. Dies hat jedoch den unbestreitbaren Nachteil, daß damit dem Auszuschließenden länger als unbedingt erforderlich tatsächliche Einflußmöglichkeiten auf die Gesellschaft verbleiben. Aber auch dieser Umstand nötigt nicht zur Versagung der Verfügungsbefugnis. Hält man nämlich § 161 BGB für entsprechend anwendbar, so ist eine Verfügung des Auszuschließenden über seinen Geschäftsanteil mit Bedingungseintritt immer dann unwirksam, wenn damit die Ausschließungswirkung vereitelt werden würde 2 2 2 . Gerade das ist aber bei Strohmannveräußerungen der Fall. Einer Versagung der Verfügungsbefugnis bedarf es daher nicht.

220

Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956, 130 ff., 145 ff. (150). Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 27. 222 Ebenso Winter i n Scholz, § 15 A n m . 114; i m Ergebnis ist damit auch den Bedenken von Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956, ebenda, Rechnung getragen. 221

Die Ausschließung

b) Mitgliedschaftliche

Vermögensrechte

223

Aus der genannten Interessenlage ist nicht ohne weiteres die Schlußfolgerung zu ziehen, daß es erforderlich wäre, auch Vermögensrechte und -pflichten einer Neuregelung zu unterwerfen. Ganssmüller w i l l das Gewinnrecht ruhen lassen und die Abfindungssumme vom Zeitpunkt der Klageerhebung an verzinslich stellen 224 . Ulmer und Hueck dagegen wollen die ganze Mitgliedschaft ab Erlaß des Urteils ruhen lassen. Nach Huecks Auffassung ist das vollständige Ruhen der Mitgliedschaft eine natürliche Folge des von i h m geforderten unbedingten Gestaltungsurteils, während sich Ulmer wiederum an § 208 RegEGmbHG anlehnt 225 . Diese Auffassungen erscheinen jedoch i m Hinblick darauf, daß der Auszuschließende bis zum Bedingungseintritt nach wie vor Gesellschafter ist, als ungerechtfertigt. Es ist nicht einzusehen, daß sich der Gesellschafter dann mit einem festen Zinssatz (Ganssmüller w i l l entsprechend §§ 352,353 HGB 5 v. H. annehmen) begnügen soll, wenn die Rendite des Anteils höher liegt, genausowenig wie einzusehen ist, daß die Gesellschaft einen Zinssatz für das Abfindungsguthaben bezahlen soll, den sie i n dieser Höhe gar nicht erwirtschaften kann. Die Auffassung Ulmers und Huecks berücksichtigt zu wenig, daß der Auszuschließende nach Erlaß des Urteils noch Gesellschafter ist und erst mit Eintritt der Bedingung endgültig aus dem Verband ausscheidet. Der Gesellschafter muß nämlich bis zur Zahlung der Abfindung sein Kapital für die Gesellschaft arbeiten lassen. Dann muß er aber auch die Vorteile daraus ziehen dürfen. Der Gesellschafter bleibt daher bis zur vollständigen Zahlung der A b findung am Gewinn beteiligt 2 2 6 . Bleibt aber der Gesellschafter am Gew i n n beteiligt, so muß er seinerseits vor treuwidrigem Verhalten der 223

Die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte bestehen aus vielen Einzelrechten u n d -pflichten: Gewinnanspruch (§ 29 GmbHG), Anspruch auf V e r gütung von Nebenleistungen (§3 Abs. 2 GmbHG), Anspruch auf Mehrerlös beim Abandon (§ 27 GmbHG), Anspruch auf Rückerstattung v o n Nachschüssen bei entgeltlicher Einziehung (§ 34 GmbHG), Anspruch auf Rückzahlung von Stammeinlagen nach Kapitalherabsetzung (§ 58 GmbHG), Anspruch auf den A n t e i l am Liquidationserlös (§ 72 GmbHG), Anspruch auf A b f i n d u n g bei der U m w a n d l u n g (§§ 24, 12 Abs. 1 UmwG). Dazu kommen die durch den Gesellschaf tsvertrag geschaffenen Vermögensrechte, ζ. B. auch der Abfindungsanspruch auszuschließender Gesellschafter. Daneben sind vermögensrechtliche Pflichten anzuführen wie A u f b r i n g u n g der Stammeinlage, Leistung v o n Nachschüssen, A u f b r i n g u n g von Fehlbeträgen, Rückerstattung verbotswidriger Zahlungen u n d ggf. Nebenleistungen von Vermögenswerten, falls dies der Gesellschaftsvertrag vorsieht; vgl. dazu Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 392; Baumbach / Hueck, § 3 A n m . 8; Wolany, S. 155 ff. 224 Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956, 130 f f , 145 ff. (149, 150). 225 Baumbach / Hueck, Einf. § 34 A n m . 2 C; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 27. 226 Ebenso Winter i n Scholz, § 15 A n m . 114; Wolany, S. 151.

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§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

Mitgesellschafter hinsichtlich des auszuschüttenden Gewinns geschützt werden. Weil nämlich der Auszuschließende (wie noch zu zeigen ist) sein Stimmrecht nicht mehr ausüben kann, kann er auf eine Neufestsetzung des Gewinnverteilungsschlüssels oder auf die Höhe des auszuschüttenden Gewinns keinerlei Einfluß mehr ausüben. I n ganz krassen Fällen w i r d man daher der Gesellschaft die Berufung auf die neue (für den Auszuschließenden ungünstige) Gewinnverteilung als rechtsmißbräuchlich versagen müssen und den an den Auszuschließenden abzuführenden Gewinn i n Anlehnung an die Gewinnverteilungspraxis früherer Jahre festzusetzen haben. Eine solche Festsetzung könnte unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO ebenfalls i n das Ausschließungsurteil aufgenommen werden 227 . Es ist daher daran festzuhalten, daß bis zur vollständigen Zahlung der Abfindung dem Gesellschafter seine mitgliedschaftlichen Vermögensrechte verbleiben. Diese Lösung bietet auch für den Fall der Nichtzahlung der Abfindung gewisse Vorteile. Weil in diesem Fall die Bedingung nicht eintreten kann, bleibt der Auszuschließende nach wie vor Gesellschafter. Wollte man ζ. B. die Verzinslichkeit der Abfindungsforderung annehmen, so bedürfte es nach gescheiterter Ausschließung nun einer gesonderten Gewinnermittlung für die zurückliegende Schwebezeit. Kann der Gesellschafter i n der besagten Zeit vermögensrechtliche Vorteile aus seinem Anteil ziehen, so muß man ihn auch weiterhin den vermögensrechtlichen Pflichten unterwerfen. Das folgt nicht zuletzt auch aus der Erwägung, daß das vermögensrechtliche Verhältnis des Auszuschließenden zur Gesellschaft von dem Vorliegen des wichtigen Grundes völlig unberührt bleibt und deshalb auch die beiderseitigen Interessen nicht entscheidend berührt werden. Allerdings kann dies auch hier zu Mißbräuchen durch die Gesellschaft führen. So w i r d man etwa den Auszuschließenden nicht für verpflichtet halten, einen Nachschuß zu bezahlen, der dazu dienen soll, die Mittel für die Abfindung zu beschaffen 228 . c) Mitgliedschaftliche

Herrschafts-

und

Kontrollrechte

229

Schwieriger scheint die Regelung der Herrschafts- und Kontrollrechte, weil deren Ausübung unmittelbar das gesellschaftliche Leben 227

Diesen F a l l hat w o h l Winter i n Scholz ebenda nicht bedacht. Wolany, S. 151; Winter i n Scholz ebenda. 229 Sie umfassen die Verwaltungsrechte u n d sind — sofern dies der Gesellschaftsvertrag vorsieht — i m Einzelfall durch Verwaltungspflichten begrenzt. Die Verwaltungsrechte bestehen aus Mitbestimmungs- u n d Kontrollrechten. Enthält der Gesellschaftsvertrag hierüber keine Bestimmungen, so ergibt sich i h r Umfang aus §§ 45 ff. GmbHG. Das sind i m einzelnen das Stimmrecht (§ 47 Abs. 2 GmbHG) u n d das Informationsrecht i n der Gesellschafterversammlung. Vgl. dazu Wolany, S. 157; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., §45 A n m . 2; Schilling i n 228

Die Ausschließung

tangieren und damit auch der persönliche Umgang der (u. U. verfeindeten) Parteien verbunden ist (Teilnahme an Gesellschafterversammlungen etc.). Hier sind nun i n besonderem Maße die Interessen der Gesellschaft an einer „raschen Entfernung" aus der Gesellschaft berührt. Hierzu werden verschiedene (m. E. unvollständige) Auffassungen vertreten. Geringe Gefahr für die Interessen der Gesellschaft sieht offenbar der Bundesgerichtshof. Seiner Meinung nach ist es ausreichend, daß der Auszuschließende nur der Möglichkeit enthoben ist, Maßnahmen zur Durchführung der Ausschließung zu verhindern. Das folge aus dem Rechtsgedanken der §§ 160, 162 BGB 2 3 0 . Wolany möchte die Ausübung von Herrschafts- und Kontrollrechten durchaus zulassen und verweist dabei auf die Möglichkeit, diese aus wichtigem Grunde zu entziehen bzw. darauf, daß der Gesellschafter mit Ausübung ζ. B. seines Stimmrechts nicht viel Unheil anrichten könne. Ähnlich möchte Ganssmüller dem Auszuschließenden nur die Ausübung des Stimmrechts versagen 231 . Dem ist jedoch nicht zu folgen. Die genannten Auffassungen berücksichtigen nicht i n ausreichendem Maße die Interessen der Gesellschaft. M i t Rechtskraft des Urteils steht die Untragbarkeit des Auszuschließenden für die Gesellschaft fest. Der Grund dafür liegt i n seiner Person. Seine persönliche M i t w i r k u n g i n Gesellschaftsangelegenheiten ist daher nicht mehr zu rechtfertigen. Dies befindet sich auch i n Übereinstimmung mit unserer Interessenbewertung. Typischerweise ist bei der Ausschließung das Interesse des Betroffenen auf das Vermögensinteresse beschränkt. Seine Vermögensinteressen können jedoch auch ohne persönliche M i t wirkung i n der Gesellschaft wirksam gewahrt werden. I m Interesse der Hachenburg, §45 A n m . 24, 26; Fischer, §45 A n m . 3; Mutze GmbH-Rdsch. 1972, 152; BGHZ 14, 53 (59); O L G Hamburg B B 1970, 1322. Z u den Kontrollrechten gehört das Recht auf Einsicht i n Geschäftsunterlagen, das Anfechtungsrecht hinsichtlich der Gesellschafterbeschlüsse, positive Minderheitsrechte wie das Recht zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung (§ 50 Abs. 1 GmbHG), das Recht Auflösung aus wichtigem Grund verlangen (§ 61 Abs. 2 GmbHG) u n d die Bestellung v o n Liquidatoren durchsetzen zu können (§ 66 Abs. 2, 3 GmbHG), w e i t e r h i n noch die analog anzuwendenden Minderheitsrechte des Aktienrechts; vgl. dazu Wolany, S. 160; Schilling i n Hachenburg, §45 A n m . 23 ff.; Baumbach / Hueck §45 A n m . 2 F; Fischer, §45 A n m . 3; Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 396, 417, 418, 473 ff.; Kühn,, S. 39, 68 ff.; ders. GmbH-Rdsch. 1965, 122 u n d 151; BGHZ 14, 53 (56). Außerdem sind hierher zu rechnen das Recht auf Gleichbehandlung (wie sich ζ. B. aus § 19 Abs. 1 G m b H G ergibt), das Recht auf Schutz vor M e h r belastungen (§ 53 Abs. 3 GmbHG), das Austrittsrecht, das Recht auf Solidarität der Gesellschaft gegenüber dem einzelnen Gesellschafter. Vgl. dazu Fischer, §30 A n m . 5 ff.; Baumbach / Hueck, §54 A n m . 3 insbesondere D ff.; Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 253 ff. u n d 425, 1; Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung i m Privatrecht, S. 44 ff. m. w . N. 230 BGHZ 9, 157 (176); dagegen Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 23; Baumbach / Hueck, Einf. § 34 A n m . 2 C; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 114; n u r für das Stimmrecht, Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956, 130 ff., 145 ff. (150). 231 Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956 ebenda.

78

§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

Gesellschaft ist daher dem Auszuschließenden unter der auflösenden Bedingung der fristgemäßen Zahlung der Abfindung für die Schwebezeit die Ausübung seiner Herrschafts- und Kontrollrechte zu versagen. Er kann damit insbesondere nicht mehr an Gesellschafterversammlungen teilnehmen und damit auch nicht sein Stimmrecht ausüben 232 . 7. Die Rechtsfolge bei Bedingungseintritt

M i t Bedingungseintritt, d. h. mit Zahlung der Abfindung an den ausgeschlossenen Gesellschafter, verliert dieser seine Rechtsstellung. Er hört auf, Mitglied der Gesellschaft zu sein 233 . Wer jedoch i n diesem Moment den Anteil erwirbt, ist streitig. Für den Fall nämlich, daß der Anteil nicht voll eingezahlt ist, kann die Gesellschaft diesen wegen § 33 Abs. 1 GmbHG nicht erwerben. Der Bundesgerichtshof spricht vom Anfall des Anteils an die Gesellschaft, aber nur i n den Fällen, i n denen die Verwertung des Anteils nicht entgegen der §§ 19 Abs. 2, 31 Abs. 1, 30 Abs. 1 GmbHG erfolgt. Er scheint damit ausschließlich vom volleingezahlten Anteil auszugehen 234 . Mezger und Winter wollen i n dem Fall, daß der Anteil nicht voll eingezahlt ist, die gleiche Rechtsfolge wie bei der Kaduzierung eintreten lassen 235 , weil diese den einzig gesetzlich geregelten Fall einer Ausschließung darstelle. Ganssmüller 236 dagegen beruft sich auf den Bundesgerichtshof und meint, Anfall an die GmbH sei i n jedem Falle Erwerb zu Eigentum, während Hartmann und Ulmer anscheinend danach differenzieren wollen, ob es sich u m voll eingezahlte Anteile handele oder nicht 237 . Dies deckt sich mit der Auffassung des Bundesgerichtshofs, nach der dann die Bedingung nicht eintreten könne und der Ausgeschlossene Gesellschafter bleibe. Soll ein Gesellschafter mit einem nicht voll eingezahlten Geschäftsanteil ausgeschlossen werden, w i r d die GmbH zwar gehalten sein, i n allen den Fällen, in denen die Stammeinlage nicht vollständig erbracht wurde, zuvor das Kaduzierungsverfahren durchzuführen. Damit w i r d i n aller Regel das gleiche Ergebnis, nämlich Ausschließung des Gesellschafters, erreicht, jedoch kann es Fallkonstellationen geben, in denen eine Kaduzierung mit dem betreffenden Geschäftsanteil nicht möglich ist, und zwar in 232 Ebenso Winter i n Scholz, § 15 A n m . 114; i m Ergebnis ähnlich Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 27; Baumbach / Hueck, Einf. §34 A n m . 2 C; Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956, 145 (149 f.). 233 BGHZ 9, 157 (178); Winter i n Scholz, § 15 A n m . 115; Mezger G m b H Rdsch. 1963, 64 (66), 106 (107); Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1963, 65 (67). 234 BGHZ 9, 157 (178). 235 Winter i n Scholz, § 15 A n m . 115; Mezger GmbH-Rdsch. 1963, 64 (66), 106 (107). 236 Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1963, 65 (67). 237 Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 5 (9); Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 29.

Die Ausschließung

Fällen, i n denen die fehlende Stammeinlage noch nicht fällig ist. Das kann trotz des Stundungsverbotes des § 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG gegeben sein und zwar dann, wenn die Fälligkeit i m Gesellschaftsvertrag bestimmt ist 238 . Auch kann es für die Gesellschaft wünschenswert sein, das Ausschließungsverfahren statt der Kaduzierung durchzuführen, weil ζ. B. der Gesllschaftsvertrag die für die GmbH günstigeren Abfindungsregeln enthält. Es müßte der Gesellschaft daher möglich sein, auch einen Gesellschafter mit einem nicht voll eingezahlen Geschäftsanteil i m Wege des Ausschließungsverfahrens aus der Gesellschaft zu entfernen. Für den Bundesgerichtshof stellte sich diese Frage nicht. Nach seiner Auffassung ist der Anfall an die Gesellschaft unter Verletzung der Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften nicht möglich, weil i n diesem Fall die i m Gestaltungsurteil gesetzte Bedingung nicht eintrete und daher der Geschäftsanteil gar nicht an die Gesellschaft falle 239 . Die Zahlungen der Gesellschafter an die Gesellschaft stehen nach dieser Auffassung immer unter der gesetzlichen Bedingung, daß kein zur Erhaltung des Stammkapitals notwendiges Vermögen abfließt. Dem folgen Hartmann und Ulmer 2 4 0 . Ganssmüller interpretiert das, was der Bundesgerichtshof als Anfall an die Gesellschaft bezeichnet, als Erwerb zu Eigentum 241 . Dem dürfte insoweit zu folgen sein. Jedoch meint er, daß dieser Anfall auch dann stattfindet, wenn es sich u m einen nicht voll eingezahlten Geschäftsanteil handelt. Diese Auffassung wurde bereits oben i m Zusammenhang mit der Kaduzierung abgelehnt, weil sie zu vielfältigen Fiktionen nötigt 2 4 2 . Die Auffassung Mezgers, nach der die gleiche Rechtsfolge eintreten solle wie nach vollzogener Kaduzierung, ist wohl deswegen abzulehnen, weil er die Rechtsfolge der Kaduzierung i m Sinne einer Eigentümergrundschuld begriffen wissen w i l l 2 4 3 . Allerdings spricht einiges dafür, die Rechtsfolge der Ausschließung analog zu der Kaduzierung zu bestimmen. Es handelt sich immerhin u m den einzigen Ausschließungstatbestand des GmbHG 2 4 4 . 238

Für die Zulässigkeit solcher gesellschaftsvertraglichen Fälligkeitsklauseln i n Scholz, § 19 A n m . 11; Ulmer i n Hachenburg, § 19 A n m . 30. 239 BGHZ 9, 157 (178). 240 Hartmann GmbH-Rdsch. 1962, 5 (9); Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 29. 241 Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1963, 65 (67). 242 Namentlich i m Zusammenhang m i t dem Untergang der Einlageforderung durch Konfusion, Möglichkeit der Pfändung des Anteils durch Gläubiger der GmbH, der Rechtszuständigkeit hinsichtlich der Dividenden, der Aktivierungspflicht des Anteils m i t den entsprechenden Konsequenzen u n d dem Problem der Rechtsvorgängerschaft i. S. d. § 22 Abs. 2 GmbHG. 243 Mezger GmbH-Rdsch. 1963, 64 (66), 106 (107). Zur K r i t i k an dieser A u f fassung vgl. § 2 I I . 2. c), f). 244 Mezger GmbH-Rdsch. 1963, 64 (66). Winter

80

§ 3 Die Ausschließung eines Gesellschafters

Dieser Meinung hat sich Winter angeschlossen, wobei er jedoch der Auffassung ist, daß nach vollzogener Kaduzierung der Geschäftsanteil als subjektloses Recht fortbesteht 245 . Für die Kaduzierung hat sich der Verfasser ebenfalls dieser Meinung angeschlossen, jedoch subjektlose Rechte nur für die Fälle als zulässig erachtet, i n denen sie die konkrete Rechtslage besser veranschaulichen können, als dies auf systemkonforme Deutungsweise geschehen kann 2 4 6 . Es gilt daher zu untersuchen, ob diese Figur auch bei der Ausschließung erforderlich ist. Für die Kaduzierung wurde das subjektlose Recht, an dem der Gesellschaft ein Verwertungsrecht zukommt, deshalb anerkannt, weil die Kaduzierung immer mit einem nicht voll eingezahlten Anteil erfolgt, das Gesetz den Anfall an die Gesellschaft anordnet, gleichzeitig aber den Erwerb solcher Anteile verbietet. Die Sachlage bei der Ausschließung ist jedoch insofern anders. Eine Ausschließung aus wichtigem Grund erfolgt nicht zum Zwecke der Kapitalaufbringung wie die Kaduzierung. W i l l die Gesellschaft den Anteil aber selbst erwerben, bzw. einziehen, so kann sie das nur, wenn die Stammeinlage voll eingezahlt ist und die Abfindung nicht aus dem zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen aufgebracht wird 2 4 7 . Für den Fall, daß die Zahlung aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen erfolgt, ist auch Winter der Auffassung, daß die Bedingung unter der das Gestaltungsurteil erlassen wurde, nicht eintreten könne. Ansonsten sei aber der Anfall des Geschäftsanteils m i t der Figur des subjektlosen Rechts zu erklären 2 4 8 . Warum er den Fall des nicht voll eingezahlten Anteils anders behandelt wissen w i l l , ist nicht einsehbar. Der Grundsatz der Kapitalaufbringung und -erhaltung ist ein für die Körperschaften unverzichtbarer Grundsatz. Das Stammkapital und das Vermögen der Gesellschaft sind für die Gläubiger das einzige Zugriffsobjekt 2 4 9 . Diesem Grundsatz gebührt aber vor allen anderen Interessen der Vorrang. Das Interesse an der Ausschließung eines Gesellschafters ist daher nachrangig. Für die Frage, ob hier ein subjektloses Recht anzuerkennen ist oder nicht, kommt es nämlich entscheidend darauf an, ob diese Konstruktion i m konkreten Fall vermeidbar ist oder nicht. Für die Kaduzierung sieht das Gesetz i n § 21 Abs. 2 GmbHG den Anfall des Geschäftsanteils an die Gesellschaft vor. Dort war man gezwungen, diesen Anfall zu deuten. Da 245 246 247 248 249

49 f.

Winter i n Scholz, Vgl. §3 I I . 2. f); Winter i n Scholz, Winter i n Scholz Vgl. etwa Lutter,

§ 15 A n m . 115. i m Anschluß an Gemhuber, Bürgerliches Recht, S. 34. § 15 A n m . 115; BGHZ 9, 157 (168, 178). ebenda. Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung, S. 38 f.,

Die Ausschließung

es bei der Ausschließung bereits an einer gesetzlichen Regelung fehlt und darüber hinaus die Weiterbildung des Rechts sich, soweit möglich, i m Rahmen des geltenden Rechts unter Vermeidung von Systemwidrigkeiten zu halten hat, kann ein solch zwingender Anfall des Anteils an die Gesellschaft hier nicht angenommen werden. Es besteht auch kein unabweisbares Bedürfnis seitens der Gesellschaft hierfür. Für die Gesellschaft könnte der Anfall zu ihren Gunsten nur den Wert haben, diesen Anteil baldmöglichst weiterzuveräußern. Wegen dem Erwerbsverbot wäre dies nur über die Konstruktion des subjektlosen Rechtes möglich. Die Gesellschaft kann aber ohne weiteres durch Zahlung der Resteinlage dieses Hindernis beseitigen. I m Falle einer Anteilsverwertung durch Einziehung oder Erwerb des Anteils durch die Gesellschaft kann daher die Bedingung, unter der die Gestaltungswirkung des Urteils steht, nur dann eintreten, wenn der Anteil voll eingezahlt ist und die Abfindung nicht aus dem zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen aufgebracht wird 2 5 0 . A n sonsten erwirbt die Gesellschaft mit vollständiger Zahlung der festgesetzten Abfindung Eigentum an dem Anteil.

250 BGHZ 9, 157 (178); Hartmann Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 29.

6 Balz

GmbH-Rdsch. 1962, 5 (9), Ulmer

in

§ 4 Der Austritt von Gesellschaftern I. Das Problem 1. Die Fragestellung

Das GmbHG bestimmt — ebenso wie das A k t G — i n § 15 Abs. 1 GmbHG, daß die Geschäftsanteile frei veräußerlich und vererblich sind. Darüber hinaus läßt § 15 Abs. 5 GmbHG zu, daß die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere diese von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden kann. Die Vorschrift trägt damit i n besonderer Weise dem Umstand Rechnung, daß die GmbH i m Einzelfall einen stark personalistischen Charakter haben kann. W i l l der Gesellschafter aus der GmbH ausscheiden, so w i r d er seinen Anteil zu veräußern suchen. Gelingt i h m dies aber nicht, so muß er den Anteil behalten. Es ist fraglich, ob dies auch dann gelten soll, wenn der Gesellschafter seinen Anteil nicht abtreten kann, weil ζ. B. die durch den Gesellschaftsvertrag geforderte Zustimmung nicht erteilt wird, der Anteil wegen beträchtlicher Nebenleistungspflichten faktisch unveräußerlich ist, andere Verfügungsbeschränkungen bestehen oder gar die Abtretbarkeit völlig ausgeschlossen ist, andererseits i h m aber ein Verbleib i n der Gesellschaft aus wichtigem Grund nicht mehr zumutbar ist. Es stellt sich hier die Frage, ob der austrittswillige Gesellschafter i n diesem Fall seinen Anteil an die Gesellschaft „zurückgeben" kann und statt dessen den Gegenwert vergütet bekommt. I n der Literatur w i r d dies i m allgemeinen unter den Begriffen Aust r i t t aus der GmbH oder Kündigung des Geschäftsanteils aus wichtigem Grund behandelt. Ein sachlicher Unterschied w i r d damit nicht verbunden. Es empfiehlt sich aber, allein vom Austritt aus der GmbH zu sprechen. Eine Vermengung oder Verwechslung mit der Kündigung des § 61 GmbHG ist dann ausgeschlossen.

83

I. Das Problem 2. Die Zulässigkeit von Verfügungsbeschränkungen

a) Beschränkung

der Übertragbarkeit

nach § 15 Abs. 5 GmbHG

Nach § 137 Satz 1 BGB kann die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden. Der Geschäftsanteil einer GmbH ist ein veräußerliches Recht i m Sinne des § 137 Satz 1 BGB. Dieser dient dem Schutz dinglicher Verfügungsfreiheit ebenso wie er die Freiheit des Güterverkehrs gewährleisten soll. Darüber hinaus ist er Grundlage des numerus clausus der dinglichen Rechte1. Immer setzt er aber ein fest umrissenes Recht voraus. Der Rechtsinhalt w i r d durch andere Normen bestimmt. Der Gesetzgeber hat den GmbH-Anteil als variables Recht geschaffen, bei dem es weitgehend den Gesellschaftern überlassen bleibt wie die Mitgliedschaft i m einzelnen rechtlich ausgestaltet ist. Abtretungsbeschränkungen nach § 15 Abs. 5 GmbHG sind zwar rechtsgeschäftlich vereinbart, gehören aber dennoch zum Rechtsinhalt der Mitgliedschaft, so daß § 137 Satz 1 BGB nicht eingreift 2 . b) Ausschluß der Abtretbarkeit Der Ausschluß der Abtretbarkeit w i r d nicht von § 15 Abs. 5 GmbHG erfaßt. Nach überwiegend vertretener Auffassung ist daraus jedoch nicht auf dessen Unzulässigkeit zu schließen. Danach ist der Anteil als anderes Recht i m Sinne von § 413 BGB anzusehen, weil nach § 399 BGB das Recht „GmbH-Anteil" derart begründet werden kann, daß i h m die Verfügungsbefugnis seiner Natur nach fehlt 3 . Dies w i r d als zulässige Rechtsinhaltsbestimmung angesehen und widerspricht daher nicht § 137 S. 1 BGB 4 . Die h. M. hält deswegen den Ausschluß der Abtretbarkeit für zulässig 5 . Wie an anderer Stelle noch zu zeigen sein wird, gilt dies nicht 1

Dildner i n Staudinger, BGB, 12. A u f l . § 137 A n m . 2 m . w . N. I m Ergebnis ebenso: Däubler N J W 1968, 117 (1122). 3 Winter i n Scholz, § 15 A n m . 78 m. w. N. 4 Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 9; BGHZ 9, 157 (158); anders jedoch Dreiss / Eitel-Dreiss, S. 60, die auf die Gefahr der Fehlleitung v o n gesamtwirtschaftlichen Geldströmen hinweisen. 5 H . M . : RGZ 80, 179; Fischer GmbH-Rdsch. 1953, 135; Schilling / Zutt i n Hachenburg, §15 A n m . 4; Winter i n Scholz, §15 A n m . 78; Wiedemann, Die Übertragung u n d Vererbung v o n Mitgliedschaftsrechten, S. 77; Feine, S. 370; jeweils m. w. N.; allerdings scheint m i r , daß sich die Argumentation i n einem circulus vitiosus befindet. Es w i r d der Ausschluß der Ubertragbarkeit deshalb zugelassen, w e i l es j a die Möglichkeit des Austritts aus wichtigem Grunde gibt, andererseits w i r d die Notwendigkeit des Austritts gerade auch damit begründet, daß ein Gesellschafter nicht auf ewig an eine G m b H gebunden sein darf. Dem w o l l e n Brodmann, GmbHG, § 15 A n m . 5 a u n d Vogel, GmbHG, § 15 A n m . 2 dadurch gerecht werden, daß sie eine solche Klausel n u r dann zulassen, w e n n i m Gesellschaftsvertrag auch gleichzeitig eine entsprechende Austrittsklausel vorgesehen ist. 2

6*

§ 4 Der A u s t r i t t von Gesellschaftern

84

ohne Einschränkung. Der Gesellschaftsvertrag darf die Abtretbarkeit des Geschäftsanteils nur dann ausschließen, wenn dem Gesellschafter statt dessen eine andere Austrittsmöglichkeit gewährt wird 6 . 3. Ergebnis

Neben den faktischen (umfangreiche Nebenleistungspflichten) sind auch rechtliche Veräußerungshindernisse zulässig. Das bedeutet gleichzeitig, daß es Fälle geben kann, in denen der Gesellschafter sich von dem Geschäftsanteil dann nicht lösen kann, wenn er einen geringeren Anteil als 10°/o des Stammkapitals innehat. Auch wenn er über einen größeren Anteil verfügt, ist i h m nur die Auflösungsklage eröffnet (§ 61 Abs. 1, 2 GmbHG), aber nur, wenn dies wichtige Gründe i n den Verhältnissen der Gesellschaft gebieten. I n vielen Fällen ist aber der bedingungslose Verbleib des Gesellschafters i m Verband nicht interessengerecht. Die Liquidationsquote eines Anteils ist meist geringer als der durch eine Veräußerung zu erzielende Erlös. Sind wichtige Gründe nur i n der Person des Austrittswilligen gegeben, so ist i n der Regel auch die Auflösungsklage unbegründet. Scholz hat dies das „Gespenst des non patet exitus" genannt 7 . Es gibt zwar Fälle, i n denen der Gesellschafter einer GmbH gegen den Willen der übrigen Gesellschafter nicht aus dem Verband ausscheiden kann. Weil aber nach unserer Rechtsordnung alle Rechtsverhältnisse, die tief i n die Verhältnisse der Beteiligten eingreifen, aus wichtigem Grund lösbar sein müssen8, stellt sich für die GmbH die Frage, auf welche Weise hier Abhilfe geschaffen werden kann. Die Lösungs- bzw. Auflösungsrechte (Abandon und Kündigungsrecht) sind keine tauglichen Instrumente 9 . Der Abandon funktioniert nur i n Fällen der verweigerten Nachschußzahlung und ist überdies noch m i t dem Verlust der Einlage belastet. Die Schwäche der Auflösungsklage ist neben ihrer 10%-Schranke auch ihre Wirkung: wegen der starken Verkoppelung von Gesellschaft und Unternehmen ist m i t Auflösung der Gesellschaft häufig das Ende des Unternehmens verbunden. Die Auflösung der Gesellschaft widerspricht daher häufig der Mehrheit der beteiligten Privatinteressen. Auch steht sie meist i m Widerspruch zu dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Unternehmens. Wirtschaftliche Werte werden zerstört. Arbeitsplätze gehen verloren. Es muß daher ein anderer Weg zum Ausscheiden aus der GmbH gefunden werden. 6 7 8 9

Vgl. dazu unter § 4 I V . 1. b) bb). Scholz, Der A u s t r i t t aus der GmbH, S. 4. Dazu oben unter § 1 I I . Vgl. dazu unter § 2 I I I .

I I . Der A u s t r i t t aus anderen Personenverbänden

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I I . Der Austritt aus anderen Personenverbänden 1. Die Rechtslage

a) Austritt

aus dem Verein

§ 39 BGB gewährt dem Vereinsmitglied ein Austrittsrecht. Nach allgemeiner Meinung ist dies zwingender Natur. Das BGB hat einerseits die Vereinsmitgliedschaft als höchstpersönliches Recht ausgestaltet, das weder übertragbar, noch vererblich ist und auch nicht zur Ausübung überlassen werden kann (§ 38 BGB). Andererseits mußte es dem M i t glied aber die Möglichkeit verschaffen, sich auf eine andere A r t und Weise der Einwirkungsgewalt der Vereinsmehrheit zu entziehen. Eine Einschränkung dieses Rechtes ist nur i m Rahmen des § 39 Abs. 2 BGB zulässig (zweijährige Kündigungsfrist oder Kündigung nur zum Ende des Geschäftsjahres). Es besteht jedoch Einigkeit darüber, daß auch i n diesem Fall das Mitglied ein Recht zum fristlosen Austritt aus wichtigem Grund hat 1 0 . Ist der Austritt aufgrund der Satzung an die Einhaltung einer Frist gebunden, so ist der Kündigende bis zum Ablaufe der Frist Mitglied mit allen Rechten und Pflichten. Bei wichtigem Grund, der ein Verbleiben bis zum satzungsgemäßen Ausscheiden unzumutbar macht, ist ein sofortiges Ausscheiden möglich 11 . M i t Ablauf der Frist bzw. bei sofort wirksamer Kündigung mit dieser, verliert er seine Mitgliedschaft. Dam i t sind alle Rechte und Pflichten erloschen. Es ist lediglich ein Nachwirken der Treupflicht denkbar 12 . b) Austritt

aus der Aktiengesellschaft?

Nach den Vorschriften des A k t G ist die Aktiengesellschaft eine offene, jedem zugängliche Gesellschaft und geht von der freien Übertragbarkeit der Anteile aus (Inhaberaktie). Dies bietet einen gewissen Ersatz dafür, daß dem Aktionär ein Austrittsrecht wie beim Verein nicht gewährt wird. Auch ist die Vinkulierung nur bei Namensaktien möglich 13 . Soweit jedoch die Zustimmungspraxis der Gesellschaft sich zu einem 10 Schulze-v. Lasaulx i n Soergel / Siebert, BGB, § 39 A n m . 5; Westermann i n Erman, BGB, § 39 A n m . 2; Coing i n Staudinger, BGB, § 39 A n m . 4, i n Berufung auf RGZ 130, 375; ebenso Reuter i n MünchKomm. zum BGB, §39 A n m . 5. 11 BGH N J W 1954, 953; Westermann i n Erman, §39 A n m . 2; Coing i n Staudinger, BGB, § 39 A n m . 2. 12 Vgl. etwa Westermann i n Erman, BGB, § 39 A n m . 3. 13 Lutter i n Kölner Komm, zum A k t G , § 68 A n m . 23, 24; Barz i n Großkomm, zum A k t G , § 68 A n m . 2; jew. m. w. N.

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

Austrittshindernis des einzelnen Aktionärs entwickelt, stellt sich die Frage nach einem subsidiären Austrittsrecht 14 . Die Meinungen i m Schriftt u m hierzu sind geteilt. Teichmann w i l l ein ordentliches 15 , Wiedemann ein außerordentliches 16 subsidiäres Kündigungsrecht, wohingegen Barz, Reuter und Lutter 1 7 kein Austrittsrecht, sondern nur ein Recht auf fehlerfreie Entscheidung bei der Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung anerkennen wollen. Der letzten Auffassung ist zuzustimmen. Die A G kann die erforderliche Zustimmung nicht w i l l k ü r l i c h versagen, sondern ist i n die Schranken der §§ 226, 242, 826 BGB verwiesen. Damit ist die Veräußerung rechtlich nicht ausgeschlossen, sondern es findet nur das legitime Interesse der Gesellschaft an einer sorgsamen Auswahl der Gesellschafter eine angemessene Berücksichtigung 18 . Eine Lösung des gesellschaftlichen Bandes kann demnach nur i m Wege der rechtsgeschäftlichen Veräußerung geschehen. Ein Austrittsrecht wie beim Verein ist nicht anzuerkennen 19 . c) Austritt

aus der Genossenschaft

Die Mitgliedschaft kann bei der Genossenschaft nicht rechtsgeschäftlich veräußert werden 20 . Allerdings ist die Übertragung des Geschäftsguthabens auf einen anderen zum Zwecke des Ausscheidens möglich (§ 76 GenG). Der Genösse hat ein unentziehbares (ordentliches) Kündigungsrecht 21 (§ 65 GenG). Allerdings hat er die i m Statut vorgesehene Kündigungsfrist einzuhalten. Beträgt diese jedoch mehr als zwei Jahre, so kann der Genösse, sofern dies wichtige Gründe i n seinen Verhältnissen gebieten, zum Schluß jedes Geschäftsjahres die Mitgliedschaft kündigen. Ein außerordentliches Kündigungsrecht hat der Genösse unter bestimmten Voraussetzungen bei einigen wesentlichen Satzungsänderungen, die die Grundlagen der Genossenschaft betreffen (§ 67 a GenG), und bei der Verschmelzung als Mitglied der übertragenden Genossenschaft, sofern er der Verschmelzung widersprochen hat (§ 93 k GenG). 14 So Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, S.436. 15 Teichmann, Gestaltungsfreiheit i n Gesellschaftsverträgen, S. 247. 16 Wiedemann, Die Übertragung u n d Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, S. 90; teilweise zustimmend Zöllner GmbH-Rdsch. 1968,177 F N 6. 17 Barz i n Großkomm, zum A k t G , §68 A n m . 9; Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung v o n Unternehmen, S.438; Lutter i n Kölner K o m m , zum A k t G , § 68 A n m . 30. 18 So insbesondere Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, S. 438, vgl. auch Barz u n d Lutter ebenda. 19 Vgl. auch Hueck, Gesellschaftsrecht, S. 187. 20 Lang / Weidmüller, GenG, § 76 A n m . 2. 21 Lang / Weidmüller, GenG, § 65 A n m . 10.

I I . Der A u s t r i t t aus anderen Personenverbänden

d) Austritt

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aus dem VVaG

Das Mitglied i m VVaG ist durch den Versicherungsvertrag m i t dem Verein verbunden. Durch Kündigung des Vertrages scheidet das Vereinsmitglied aus. Auch eine fristlose Kündigung des Vertrages wegen Unsicherwerdens des Vereins ist möglich. Eine Beschränkung der Austrittsmöglichkeit durch die Satzung wie beim Verein nach bürgerlichem Recht (§ 39 Abs. 2 BGB) ist nicht möglich 22 . e) Austritt

aus der OHG und der KG

Die offene Handelsgesellschaft beruht i m wesentlichen auf der tätigen Zusammenarbeit ihrer Mitglieder. Daher ist auch folgerichtig, daß die Kündigung eines Gesellschafters die Auflösung der Gesamthand zur Folge hat (§ 131 Nr. 6 HGB), sofern nicht i m Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel vereinbart ist (§ 138 HGB). I n diesem Fall w i r d die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt. Allerdings ist die ordentliche Kündigung bei Gesellschaften, die auf unbestimmte Zeit geschlossen sind, nur zum Schluß des Geschäftsjahres und nur unter Einhaltung einer Sechsmonatsfrist zulässig (§ 132 HGB). Ist die Gesellschaft auf bestimmte Zeit geschlossen, so ist sie während dieser Zeit i n der Regel unkündbar 2 3 . Für die auf unbestimmte Zeit geschlossenen Gesellschaften kann zwar eine sehr lange Kündigungsfrist, für die auf bestimmte Zeit geschlossene eine lange Gesellschaftsdauer vereinbart werden 24 . Ein völliger Ausschluß des ordentlichen Kündigungsrechts ist damit aber nicht möglich 25 . I m OHG-Recht hat jedoch der Rechtssatz, daß bei Vorliegen eines wichtigen Grundes Rechtsverhältnisse, die besonders tief i n die Verhältnisse der Beteiligten eingreifen, vorzeitig und fristlos gelöst werden können, Ausdruck gefunden. Die OHG kann jederzeit aus wichtigem Grunde aufgelöst werden (§ 133 HGB). Da diese Maßnahme für die Beteiligten jedoch besonders einschneidend ist, läßt das Gesetz die Kündigung nicht als einseitige Erklärung, sondern nur i n Form der Auflösungsklage zu 26 . Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn dem Gesellschafter nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses bis zum vertragsmäßigen Ende oder bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin nicht mehr zugemutet werden kann 2 7 . Jedoch kann auch hier der Gesellschaftsvertrag die Auflösungsfolge 22 Vgl. Prölls / Schmidt / Sasse, V A G , § 20 A n m . 10; Kisch, Recht des W a G , S. 132. 23 Z u den Einzelheiten etwa Hueck, Das Recht der OHG, S. 360 f. 24 Hueck ebenda, S. 363. 25 Hueck ebenda, S. 365 m. v. w . N. 26 Hueck ebenda, S. 372. 27 Vgl. OGH Köln N J W 1949, 823; Hueck ebenda, S. 372.

§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

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der Klage beseitigen. Bei erfolgreicher Klage scheidet der betreffende Gesellschafter dann aus der Gesellschaft aus. Unter den übrigen besteht sie weiter 2 8 . Für die Kommanditgesellschaft gelten keine wesentlichen Besonderheiten. Die Kündigung kann sowohl durch die Komplementäre als auch durch die Kommanditisten erfolgen. Auch sind beide zur Erhebung der Auflösungsklage befugt. Lediglich i n der Frage, ob die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes vorliegen, ist zwischen den Gesellschaftergruppen zu unterscheiden. Ebenfalls kann i m Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, daß Kündigung und Auflösungsklage die Beendigung der Gesellschaft nicht zur Folge haben 29 f) Austritt

aus der stillen Gesellschaft

Auf die stille Gesellschaft finden die Kündigungsregeln der OHG entsprechende Anwendung. Insbesondere ist die Kündigung an die Sechsmonatsfrist gebunden und nur zum Ende des Geschäftsjahres zulässig. Ein völliger Ausschluß des ordentlichen Kündigungrechtes ist auch hier nicht zulässig 30 . Die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund folgt jedoch der bürgerlichrechtlichen Regelung (§ 339 Abs. 1 HGB). Danach ist keine Auflösungsklage erforderlich, sondern es genügt eine einseitige Kündigungserklärung. Allerdings hat die Kündigung i n jedem Falle die Auflösung der Gesellschaft zur Folge. Ein Ausscheiden aus der fortbestehenden Gesellschaft kann nicht erfolgen. Die stille Einpersonengesellschaft, die daraufhin entstehen würde, existiert nicht 31 . g) Austritt

aus der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts

Auch das Grundmodell der Personengesellschaften, die BGB-Gesellschaft, beruht auf der persönlichen Verbundenheit der Gesellschafter. Daher führt auch hier die Kündigung regelmäßig zur Auflösung der Gesellschaft (§§723 Abs. 1, 736 BGB). Die Auflösungswirkung kann auch hier durch eine Fortsetzungsklausel beseitigt werden (§ 736 BGB). Die ordentliche Kündigung ist nur bei der auf unbestimmte Zeit eingegangenen Gesellschaft zulässig. Sie ist grundsätzlich fristlos, soll aber nicht zur Unzeit erfolgen. Jedoch kann der Gesellschaftsvertrag Kündigungsfristen auch von beträchtlicher Dauer vorsehen 32 . Diese dürfen aber nicht so bemessen sein, daß sie eine Kündigung faktisch ausschließen. W i l l der Gesellschafter einer auf unbestimmte Zeit geschlossenen Ge28 29 30 31 32

Hueck ebenda, S. 380 m. w . N. Vgl. etwa Schilling i n Großkomm, zum HGB, § 177 A n m . 26, 27. BGHZ 23,10; 50, 321. Z u m ganzen Schilling i n Großkomm, zum HGB, § 339 A n m . 18 ff. Vgl. BGHZ 10,91 (98).

I I . Der A u s t r i t t aus anderen Personenverbänden

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sellschaft aus wichtigem Grund kündigen, so ist er nicht an die i m Vertrag vorgesehene Kündigungsfrist gebunden 33 . Die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ist auch dann möglich, wenn die Gesellschaft auf eine bestimmte Zeit eingegangen ist. 2. Ergebnis

Als Ergebnis bleibt festzuhalten: die auf der persönlichen Zusammenwirkung der Gesellschafter basierenden Personengesellschaften anerkennen ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund (BGBG, OHG, KG, m. E. stille G). Die Kündigung führt regelmäßig zur Auflösung der Gesellschaft. Nur für den Fall, daß eine Fortsetzungsklausel vereinbart ist, t r i t t diese Rechtsfolge nicht ein, und der Verband besteht ohne den ausscheidenden Gesellschafter weiter. Bei den juristischen Personen bew i r k t die Kündigung dagegen das Auscheiden aus dem Verband (Verein, Gen., VVaG). Dieser besteht grundsätzlich weiter. Die Aktiengesellschaft versagt dem Aktionär ein Austrittsrecht und verweist ihn auf die Abtretbarkeit des Anteils. Danach gewähren alle genannten Personenverbände dem Mitglied ein unentziehbares einseitiges Recht, die Bindung durch das Verbandsverhältnis zu beenden, freilich nicht immer durch Austritt, sondern vielfach durch Gesamtlösung des Verbandsverhältnisses. M i t Ausnahme der Aktiengesellschaft ist immer auch die Kündigung (aus wichtigem Grund) gegeben, jedoch mit teilweise unterschiedlicher Wirkung. Hier scheint eine gewisse Regel sichtbar zu werden. Die Gesellschaften i m engeren Sinn gewähren regelmäßig die Kündigung m i t beendender Wirkung. Durch die Möglichkeit einer Fortsetzungsklausel kann dieser auch die Wirkung eines Austritts beigemessen werden (OHG, BGBG, KG). Die Vereine dagegen gewähren entweder die Möglichkeit des Austritts oder der Übertragung des Anteils (AG). Daneben gibt es auch Mischformen: die Genossenschaft läßt neben der Übertragung des Geschäftsanteils auch eine Kündigung mit der Wirkung des Ausscheidens aus dem Verband zu. Ob die schematische Einteilung — entweder K ü n digung oder Abtretung — für die GmbH ebenfalls gilt oder ob auch bei ihr eine Mischform anzunehmen ist, ist Gegenstand der nachfolgenden Erörterungen. A n dieser Stelle sei nur soviel vermerkt: die Diskussion über das Austrittsrecht ist einige Zeit lang i n diesen Bahnen verlaufen. Für die Nebenleistungsgesellschaft (diese wurde als personalistisch angesehen) wurde das Austrittsrecht (Kündigung) anerkannt, für schlichte

33 Vgl. Schulze-v. Lasaulx i n Soergel / Siebert, BGB, § 723 A n m . 26 ff.; Keßler i n Staudinger, BGB, § 723 A n m . 31 ff.; Hueck, Gesellschaftsrecht, S. 49 f.

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

Kapitalgesellschaften dagegen abgelehnt 34 . I n solch begrifflichen Bahnen sollte sich aber die Argumentation nicht bewegen. Verlangt ist eine interessengerechte Entscheidung auf der Grundlage des Gesetzes. I I I . Der Austritt aus der GmbH in Rechtsprechung und Literatur 1. Die Auffassung des Reichsgerichts Das Reichsgericht hat lange Zeit hindurch die Auffassung abgelehnt, ein Gesellschafter könne sich durch Kündigung auch dann seines Geschäftsanteiles entledigen, wenn dies i m Statut nicht vorgesehen sei 35 . Die Frage nach einem Austrittsrecht wurde jedoch erstmals bei Nebenleistungsgesellschaften drängend und dort vor allem bei der KartellGmbH. Hier war die Nebenleistung bei wirtschaftlicher Betrachtung die Hauptverpflichtung. Weil das Reichsgericht von der Einheit der M i t gliedschaft ausging (Rechte seien vom Pflichtengefüge untrennbar) 36 , lehnte es eine isolierte Kündigung der Nebenleistungspflichten ab. Eine Kündigung der Mitgliedschaft lehnte es mit dem Hinweis ab, daß der Gesetzgeber den Ausschluß des Kündigungsrechtes für geboten gehalten habe, weil sämtliche Gesellschafter nur m i t ihren Stammeinlagen verhaftet seien und das Gesellschaftsvermögen das einzige Befriedigungsobjekt für die Gesellschaftsgläubiger darstelle und daher keine Schmälerung dulde. Als Ersatz dafür habe der Gesetzgeber die Veräußerlichkeit gewährt und i n §§ 60, 61 GmbHG besondere Auflösungsgründe aufgestellt 37 . Wie schon erörtert, mußte das Reichsgericht nach Erlaß der Kartellverordnung 3 8 seinen Standpunkt ändern, denn § 8 KartVO gab dem Gesellschafter nach Ansicht des Reichsgerichts 39 ein Kündigungsrecht hinsichtlich der Nebenverpflichtung (dabei gab es seinen Grundsatz von der Unteilbarkeit der Mitgliedschaft teilweise auf), wenn eine Kartellpflicht den Kündigenden in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit unbillig behinderte. Das Gericht mußte nun seinen Standpunkt neu überdenken. Nach Kündigung der Nebenverpflichtung blieb der Gesellschafter mit einer kapitalistischen Rumpfbeteiligung in der Gesellschaft und das u. U. zu deren Schaden. 34 Statt vieler: Brodmann i n Ehrenbergs Handbuch I V . 2., S. 193; Isay / Tschierschky, Kartellverordnung, S. 263, vgl. i m übrigen die Nachw. unter §4111.2. 35 RGZ 73,429; 108,20; RG J W 1925,1636. 36 RGZ 73,433. 37 RGZ ebenda. 35 Verordnung gegen Mißbrauch wirtschaftlicher Machtstellungen v o m 2.11.1923. 39 RGZ 114, 212 (214); s.a. Lucas Kart.Rdsch. 1927, 4 ff.; u n d Hachenburg, GmbHG, 5. A u f l . 1926, § 3 Exk. A n m . I I a ; vgl. dazu ausführlich oben § 3 I.

I I I . Der A u s t r i t t aus der G m b H i n Rechtsprechung u n d L i t e r a t u r

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Das Reichsgericht hat nun einen Mittelweg beschritten. I n den Hefeverbandurteilen hat es mit der Kündigung der Kartellpflicht nicht eine Kündigung der Mitgliedschaft zugelassen, vielmehr der Gesellschaft nur das Recht zugebilligt, nach erfolgter Kündigung der Kartellpflicht den Anteil einzuziehen. Es sah i n § 8 KartVO einen Anwendungsfall des § 34 GmbHG 4 0 . M i t der Kündigung der Nebenverpflichtung schied der Gesellschafter nicht aus dem Verband aus, sondern erst dann, wenn (überhaupt) die Gesellschaft die Einziehung des Anteils vorgenommen hatte. Ein Kündigungstatbestand der Mitgliedschaft i. S. eines einseitigen Lösungsrechtes war damit nicht geschaffen. Einen Schritt i n dieser Richtung stellte jedoch RGZ 125, 114 (118) dar. Das Gericht hat für Recht erkannt, daß die Einziehung des betreffenden Anteils i n „verhältnismäßig kurzer Zeit nach der Kündigung herbeizuführen" sei. Die Gesellschaft dürfe die Einziehung nicht grundlos lange hinauszögern. „Sollte (jedoch) die Einziehung über Gebühr verzögert werden, so muß (der Kündigende) das Recht haben, durch Anstrengung der Auflösungsklage dem auf die Dauer unerträglichen Zustand ein Ende zu machen." M i t dieser Konstruktion war immerhin erreicht, daß der Gesellschafter nach Kündigung der Nebenleistungspflicht und Verstreichen einer angemessenen Zeit zwar nicht aus der Gesellschaft unter deren Fortbestand ausscheiden, so aber doch die Auflösung und damit die Liquidation erreichen konnte. Nachdem das Reichsgericht die Kündbarkeit von kartellrechtlichen Nebenverpflichtungen anerkannt hatte, dehnte es diesen Gedanken auch auf andere Nebenleistungspflichten aus 41 . Das Gericht bleibt bei der gleichen Konstruktion wie i n den Kartellfällen. Es führt aus, daß die gesetzlichen Lösungsmöglichkeiten (§§ 33, 27, 61 GmbHG) hier nicht ausreichten, weil dem Gesellschafter ein Aust r i t t unter Verlust seiner Einlage nicht zuzumuten sei und die 10°/o-Hürde des §61 GmbHG genauso wie die darauf folgende unausweichliche Auflösung der Gesellschaft keine angemessene Lösung des Problems darstellten. Unter Rückgriff auf den allgemeinen Rechtsgedanken, daß unter bestimmten Umständen Dauerleistungsverhältnisse für den Verpflichteten lösbar sein müßten 42 und unter Hinweis darauf, daß drückende Nebenleistungen sachlich auf eine unbeschränkte Haftung des Gesellschafters hinauslaufen könnten, hat es das Gericht für unabweisbar gehalten, dem Gesellschafter unter „gewissen Bedingungen", wegen der untragbar gewordenen Nebenleistungspflichten ein Kündigungsrecht zuzubilligen 43 . Bestehe die Nebenleistung i n einer per40

RGZ 114, 213 (1. Hefeverbandurteil); 125, 114 (3. Hefeverbandurteil). RGZ 128,1 (15 ff.). 42 RGZ 94, 236; 128, 1 (16) u n d später RGZ 148, 81 (92); 150, 199 (221); 160, 257 (269, 270); RG J W 1938, 1188. 43 RGZ 128,1 (16,17). 41

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sönlichen Dienstleistung, so komme auch die Anwendung des § 624 BGB i n Betracht. Wie schon erwähnt, hatte damit das Reichsgericht keinen neuen Kündigungstatbestand für die GmbH-Mitgliedschaft geschaffen, sondern bewegte sich insoweit auch i n den Bahnen, die es i n den Hefeverbandurteilen 4 4 abgesteckt hatte. Drückende Nebenverpflichtungen seien kündbar. Ist diese Kündigung erfolgt, so könne die Gesellschaft den Geschäftsanteil des Betreffenden auch dann einziehen, wenn dies nicht i m Gesellschaftsvertrag vorgesehen sei 45 . Allerdings sollte das der letzte und äußerste Rechtsbehelf sein. Andere Lösungsmöglichkeiten des gesellschaftlichen Bandes müßten vorher ausgeschöpft werden 46 . Bis zur entgeltlichen Amortisation solle die Mitgliedschaft ruhen, weil es widersinnig wäre, wenn das kündigende Mitglied bis zur Einziehung voll i m Besitz seiner Gesellschafterstellung bliebe und damit, ζ. B. wie i m Falle des Hefeverbandes, weiterhin Gesellschaftspatente ausnutzen könne 47 . Maßgeblich zur Wertfestsetzung des eingezogenen Anteils sei der Tag der Einziehung 48 . 2. Die Auffassungen in der Literatur

a) Ältere

Meinungen

Auch die Literatur hat sich schon früh des Problems der drückenden Nebenleistungspflichten angenommen. Anders als das Reichsgericht kam die Literatur sehr rasch zu dem Ergebnis, daß es möglich sein müsse, sich der drückenden Nebenverpflichtung zu entledigen. Allerdings gingen die Meinungen über die rechtliche Durchführung dieser Loslösung erheblich auseinander. Die Palette der Lösungen reichte von der Kündigung der Mitgliedschaft über die Kündigung der Nebenleistungspflicht bis h i n zur Auflösungsklage. A n hänger der Auflösungsklage wollten dem unzumutbar an die Gesellschaft gefesselten Anteilsinhaber i n erweiterter Anwendung des § 61 GmbHG unter Verzicht auf den dort geforderten 10 %>-igen Anteilsbesitz die Möglichkeit einer Auflösungsklage geben, u m sich von den drückenden Pflichten zu befreien 49 . Dieser Auffassung war insbesondere entgegenzuhalten, daß sie zu wenig das Interesse der übrigen Gesellschafter am Fortbestand der Gesellschaft berücksichtigt 50 . 44 45 46 47 48 49 50

RGZ 114,213; 125,114. RGZ 114,212 ff.; wegen der Einzelheiten sei auf § 3 1.1. verwiesen. RGZ 128,1 (17). RGZ 114, 218; bestätigend RGZ 125,114 (118,119). RGZ 125,114(121,122). Hachenburg, GmbHG, 5. Aufl., § 3 E x k . A n m . 11. So ζ. B. RGZ 128, 1 (16).

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Eine zweite Richtung wollte i n Fällen drückender Nebenverpflichtungen dem Gesellschafter m i t einem Austrittsrecht helfen 51 . Die an die Austrittserklärungen zu knüpfenden Rechtsfolgen sind zum Teil unklar geblieben. So führt Brodmann lediglich aus, daß der Kündigende i n einer Kartell-GmbH ja meist kein Interesse an der Einlage habe (weil sie sowieso ziemlich gering sei) 52 . Anscheinend geht er von einem unentgeltlichen Ausscheiden nach der A r t des Abandon aus 53 . Fischer führt dagegen die Rechtsfolge des Austritts etwas näher aus. Er w i l l mit der Austrittserklärung die Mitgliedschaft unmittelbar beenden. I n Kategorien des GmbHG stelle das einen Abandon dar. Jedoch möchte Fischer das weitere Schicksal des Anteils wie bei der Kaduzierung gelöst wissen. Der Anteil gehe nicht auf die Gesellschaft über. Er gehe aber auch nicht unter, sondern bestehe als subjektloses Recht fort 5 4 . Sowohl Brodmann als auch Fischer befürworten ein unentgeltliches Ausscheiden, um einen Konflikt mit dem Kapitalerhaltungsgrundsatz zu vermeiden. Eine dritte Linie — zu der vom Ansatz her auch die des Reichsgerichts zu zählen ist — wollte dem beschwerten Gesellschafter lediglich die Loslösung von der drückenden Nebenleistungspflicht, jedoch ohne unmittelbare Auswirkung auf die Mitgliedschaft und unter Fortbestand der Gesellschaft, ermöglichen 55 . Allerdings führte dieser Ansatz nicht immer zum selben Ergebnis. Eine Meinung wollte der Kündigungserklärung überhaupt keine Wirkung i n bezug auf die Mitgliedschaft i m Verband zugestehen. Nach der Kündigung der Nebenleistungspflicht sollte dem Kündigenden eine kapitalistische Rumpfbeteiligung verbleiben 56 , die Kündigung der Nebenleistungspflicht m i t h i n ohne Auswirkung auf die Mitgliedschaft bleiben. Die zweite Meinung, der sich anfangs das Reichsgericht 57 angeschlossen hatte, sah vor, daß mit der K ü n 51 Brodmann i n Ehrenbergs Handbuch, I V . 2 , S. 193; Fischer i n Ehrenbergs Handbuch, I I I . 1, S.385 u n d ders. Jher. Jahrb. 63, 327 (343) für die A k t i e n gesellschaft u n d die GmbH. 52 Brodmann i n Ehrenbergs Handbuch, IV. 2., S. 193. 53 Z u diesem Ergebnis k o m m t auch Schräder, Die K ü n d i g u n g der K a r t e l l GmbH, Diss. 1930, S. 16. 54 Fischer i n Ehrenbergs Handbuch, I I I . 1., S.385 u n d ders. Jher. Jahrb. 63, 327 (343). 55 Kaufmann Sächs. Arch. f. Rpfl. 1912, 409 ff.; Flechtheim, Die rechtliche Organisation der Kartelle, S. 97, 286; Friedländer, Das Kartellaufsichtsgesetz, S. 149; Lehnich / Fischer, Das deutsche Kartellgesetz, S. 219; Buchholz Jher. Jahrb. 74, 260 ff. (347, 353); Feine, S. 359; Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 53 ff.; Isay / Tschierschky, Kartellverordnung, S.263; RGZ 114, 212 ff.; 128, 1 (16 ff.). 56 Kaufmann Sächs. Arch. f. Rpfl. 1912, 409 ff.; Flechtheim, Die rechtliche Organisation der Kartelle, S. 97, 286; Friedländer, Das Kartellaufsichtsgesetz, S. 149; Lehnich / Fischer, Das Kartellgesetz, S. 219; w o h l auch Buchholz Jher. Jahrb. 74, 353, der aber auch an die Möglichkeit der Einziehung erinnert. Diese muß jedoch i m Gesellschaf tsvertrag vorgesehen sein. 57 RGZ 114, 212 ff.

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digung die Nebenleistungspflicht erlischt, aber ihretwegen die Gesellschaft ein Recht auf Ausschließung des Gesellschafters erwerbe 58 . § 8 KartVO solle ein Anwendungsfall des § 34 GmbHG sein, was heißen w i l l , daß die Gesellschaft den Anteil des Betreffenden auch dann einziehen könne, wenn dies i m Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen sei. Die darauffolgende Ausschließung sollte entgeltlich sein. Dadurch blieb eine gewisse Parallelität zwischen wirtschaftlich bedeutsamer Nebenpflicht und Mitgliedschaft i n der Gesellschaft gewahrt: gesichert war diese jedoch nicht. Die Gesellschaft sollte nämlich nicht verpflichtet sein, die Einziehung vorzunehmen. Damit konnte für den Gesellschafter die mißliche Lage entstehen, daß er zwar die drückende Nebenleistungspflicht abschütteln, trotzdem aber nicht über den Wert des Anteils verfügen konnte. Das ist insbesondere dann von besonderer Härte, wenn der Anteil aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht veräußert werden kann. Um diese mißliche Situation vermeiden zu können, wurde eine weitere, dritte Meinung vertreten. Nach dieser Auffassung ist der kündigende Gesellschafter ebenfalls verpflichtet, die Einziehung zu dulden. Daneben muß er aber auf Wunsch der Gesellschaft den Anteil auch abtreten. Die Gesellschaft habe ein Wahlrecht zwischen Einziehung und Abtretung des Anteils. I n beiden Fällen müsse der volle Wert vergütet werden. Vor der Nichtausübung dieser Rechte solle der Kündigende aber durch die Möglichkeit einer anschließenden Auflösungsklage i. S. d. § 61 GmbHG geschützt werden 59 . Unter Rückgriff auf die Auffassung Hachenburgs 60 könne in diesem Fall auf die dort geforderte 10 °/o-Beteiligung verzichtet werden. Dies sei das w i r k samste Druckmittel, den Abfindungsansprüchen des Gesellschafters Nachdruck zu verleihen und die Loslösung vom Verband zu bewirken. Es treffe nun aber die Kündigungserklärung i n aller Regel nicht mit der Einziehung oder dem Abtretungsverlangen der Gesellschaft zusammen. Der Kündigende behalte daher bis zu diesem Zeitpunkt seine Stellung als Gesellschafter. Dies könne zu nicht unerheblichen Störungen i m Gefüge der Gesellschaft führen, und es sei daher nicht angängig, den Gesellschafter während dieser Zeit zur Ausübung seiner Rechte zuzulassen, vielmehr müßten Rechte und Pflichten aus dieser Mitgliedschaft 58 So Brodmann, GmbHG, § 3 A n m . 8 c u n d insbes. auch Isay / Tschierschky, K a r t e l l Verordnung, S. 263, denen das RG folgt; genau genommen gehörten Isay / Tschierschky jedoch i n die nächste (3. Gruppe), w e i l sie nämlich die Auflösungsklage als Druckmittel zulassen; vgl. auch Loewenberg ZHR 89, 296, 342 (344). 59 Isay / Tschierschky, Kartellverordnung, S.263, 265; n u n auch Flechtheim Kartell-Rdsch. 1927, 57 ff. (61); Krahenberger GmbH-Rdsch. 1926, 105 ff. (108, 109); u n d insbesondere auch Feine, S. 359, 360. 60 Hachenburg, GmbHG, 5. Aufl., § 3 A n m . 11.

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ruhen. Auszunehmen seien die Pflichten, die der Erhaltung des Stammkapitals dienten oder i m Interesse der Gläubiger bestünden. b) Neuere Auffassungen aa) Der Austritt aus der kapitalistischen GmbH Diese letztgenannte Auffassung hat Scholz differenziert 61 . Danach soll eine Lösung von dem Geschäftsanteil nicht nur bei Nebenleistungsgesellschaften, sondern auch bei schlichten Kapitalgesellschaften möglich sei. Immer dann, wenn der freiwillige Austritt nicht gelinge und die Bindung des Gesellschafters an die GmbH zur unerträglichen Fessel würde, müsse das Recht, weil es der Gerechtigkeit zu dienen habe, einen Austritt ermöglichen 62 . Dabei hält Scholz eine gewisse Anlehnung an die Kommanditbeteiligung und die stille Gesellschaft für erforderlich 63 . Bei diesen werde den Gesellschaftern jeweils ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde eingeräumt. Da es sich auch bei der GmbH u m eine Kapitaleinlage handele, sei ein fundamentaler Unterschied zwischen diesen Gesellschaftergruppen nicht gegeben. Die Zulässigkeit einer einseitigen Lösbarkeit folge auch aus der Erwägung, daß die Gläubiger eines notleidenden Gesellschafters den Anteil auch dann pfänden und veräußern lassen könnten, wenn i m Gesellschaftsvertrag eine Abtretungsbeschränkung vorgesehen ist. Aus diesen Gründen müsse man, wenn man dem Grunde nach den Austritt für möglich hält, diesen auch bei der „schlichten Kapitalgesellschaft" anerkennen 64 . Allerdings liege ein wichtiger Grund bei einer reinen Kapitalgesellschaft seltener vor als ζ. B. bei einer Nebenleistungsgesellschaft. Dieser Auffassung haben sich Wiedemann und Immenga angeschlossen65. Fichtner stellt sich dagegen auf den Standpunkt, den das Reichsgericht schon i n RGZ 128, 1 (15 ff.) bezogen hat. Danach könne ein Austritt nur dort in Frage kommen, wo der Gesellschafter zulässigerweise eine Nebenleistungspflicht gekündigt hat. Nach seiner Auffassung handelt es sich bei dem Gesamtvorgang jedoch nicht u m einen Austritt, sondern u m die Kündigung einer Nebenleistungspflicht, kombiniert mit einer nachfolgenden Ausschließung. Folgerichtig lehnt er einen Austritt aus einer kapitalistischen GmbH ab 66 . 61 Scholz, Der A u s t r i t t aus der GmbH; ders., Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 50 ff. 62 Scholz, GmbH-Rdsch. 1955, 36 (39). 63 Scholz, Der A u s t r i t t aus der GmbH, S. 17; ders., Ausschließung u n d Aust r i t t , S. 52. 64 Scholz DR 1942, 1667 (1668). 65 Wiedemann , Die Übertragung u n d Vererbung von Mitgliedschaftsrechten, S. 91; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 304 f. 66 Fichtner B B 1967, 17 (18).

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M. E. verkennt Fichtner die Bedeutung der Abtretbarkeit des Geschäftsanteils und die Folgen ihres Ausschlusses bzw. erheblichen Beschränkung i m Gesellschaftsvertrag. Anerkennt man den Rechtssatz, daß alle Rechtsverhältnisse, die tief i n den Lebensbereich der Beteiligten eingreifen, — so wie das auch Fichtner tut —, lösbar sind, so kann man nicht grundsätzlich Kapitalbeziehungen zwischen Personen von seiner Anwendung ausnehmen. Wenn er annimmt, daß die allein auf dem Anteil am Stammkapital beruhende Bindung der Gesellschafter nicht tief i n die Beziehungen der Beteiligten eingreifen könne, so geht dies fehl. Zwar ist es durchaus möglich, daß i m Falle rein kapitalistischer Beteiligungen die Beziehungen der Gesellschafter zueinander als nicht tief in ihre persönlichen Verhältnisse eingreifend anzusehen sind, aber dies läßt nicht den Schluß zu, daß das für alle rein kapitalistischen Beteiligungen zu gelten hat. U. a. hängt dies auch vom Umfang des den Gesellschaftern zur Verfügung stehenden Finanzkapitals ab. Stellt nämlich die betreffende Beteiligung den wesentlichen Teil des Gesellschaftervermögens dar und ist sie darüber hinaus auch noch einzige Einkommensquelle, so w i r d man ohne weiteres einräumen müssen, daß auch eine solche kapitalistische Beziehung tief i n die Beziehungen der Beteiligten eingreifen kann. bb) Der Austrittsgrund Nach Wolany liegt dem Austritt nicht nur das schon mehrfach angeführte Prinzip, daß alle Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grund gelöst werden könnten, wenn sie zu einer unserem Recht fremden Härte führen würden, zugrunde. Er meint, dieses zusätzlich auf den vereinsrechtlichen Gedanken des § 39 BGB zurückführen zu müssen; das Vereinsrecht gestatte den Austritt generell, u m die Freiheit der Persönlichkeit zu wahren. Bei einer GmbH müsse zwar von vornherein die Einschränkung Platz greifen, daß sich niemand seiner Verpflichtung zur Leistung des übernommenen Stammkapitals entziehen könne. Wenn i h m aber eine Veräußerung nicht gelinge, müsse er doch i n den genannten Grenzen den Notbehelf der Aufkündigung haben 67 . M. E. führt Wolany damit zweimal dasselbe unter verschiedenen Namen ins Feld. Der vereinsrechtliche Grundgedanke ist nämlich Baustein des allgemeinen Grundsatzes von der Lösbarkeit von Dauerschuld Verhältnissen. Eine Trennung dieser Prinzipien scheint aber nicht geboten. Wiedemann sieht i n diesem Rechtsgedanken ein „gewohnheitliches" Prinzip 6 8 . Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes müsse aber durch 67 68

S. 89.

Wolany, S. 99, 100. Wiedemann, Die Übertragung u n d Vererbung v o n Mitgliedschaftsrechten

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Urteil entschieden werden. Erst danach könne die Gesellschaft den A n teil nach ihrer Wahl entweder entgeltlich einziehen oder dessen Abtretung verlangen 69 . Teichmann modifiziert den Ansatz von Wiedemann. Seiner Meinung nach entsprechen sich die ordentliche Kündigung bei den Personengesellschaften einerseits und die Veräußerlichkeit des Anteils bei den Kapitalgesellschaften andererseits 70 . Eine Übertragung der Grundsätze über die Kündigung von Personengesellschaften auf Kapitalgesellschaften sei daher angezeigt. A u f dieser Grundlage siedelt er auch den Tatbestand des außerordentlichen Kündigungsrechtes (Kündigung aus wichtigem Grund) an. I n allen GmbH, die auf einer engen persönlichen Beziehung der Mitglieder basieren und bei denen die Veräußerlichkeit des Anteils rechtlich oder faktisch ausgeschlossen ist, stehe den Gesellschaftern dann ein Kündigungsrecht zu, wenn es dem Betroffenen unzumutbar sei, das Gesellschaftsverhältnis fortzusetzen 71 . cc) Der Austritt als zwingendes Recht Vielfach w i r d darauf hingewiesen, daß das Austrittsrecht aus wichtigem Grund zwingenden Rechtscharakter habe. Es vertrage daher keine Beschränkungen, insbesondere dürfe das Austrittsrecht nicht durch A b findungsregelungen derart beschränkt werden, daß es dem Austrittswilligen aus wirtschaftlichen Gründen faktisch unmöglich ist, aus der Gesellschaft auszutreten 72 . dd) Die Subsidiarität des Austritts Nach Auffassung von Scholz hat der Gesellschafter ein Recht auf Austritt 7 3 ; dieses setze allerdings voraus, daß er ernstliche, aber erfolglose Schritte zur Veräußerung seiner Beteiligung unternommen habe. War die Abtretung an der statutarisch vorgesehenen Genehmigung gescheitert, so sei dieser Veräußerungsversuch als erfolglos anzusehen. I m übrigen habe aber die Gesellschaft ein Wahlrecht hinsichtlich der Verwertung des Anteils. Sie könne den Anteil an Dritte veräußern und, wenn das rechtlich zulässig sei, den Anteil einziehen oder auch selbst erwerben. Auch Immenga weist darauf hin, daß selbst bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ein Austrittsrecht nicht immer gegeben sei. Dort, wo ein 69

Wiedemann ebenda, S. 92. Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 246. 71 Teichmann ebenda, S. 248; i m Ergebnis ebenso: Schwerdtner GmbHRdsch. 1976, 101 ff.; Fichtner B B 1967, 17 (18); Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 43; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 88. 72 Wiedemann, Die Übertragung u n d Vererbung v o n Mitgliedschaftsrechten, S. 92. 73 Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 54. 70

7 Balz

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Anteil frei veräußerlich sei, komme ein Austrittsrecht grundsätzlich nicht i n Betracht. Sei jedoch i m Einzelfall eine wirtschaftliche Verwertbarkeit des Anteils nicht mehr gegeben, so müsse u m einer Austrittsmöglichkeit w i l l e n eine Ersatzmöglichkeit gegeben sein; denn bei sachlicher Notwendigkeit müsse sich der Gesellschafter von der Gesellschaft lösen können 74 . Auch Wiedemann spricht sich für die Subsidiarität des Austritts aus. Ob i m Einzelfall ein Austrittsrecht gegeben sei oder nicht, sei aufgrund einer Bewertung der beteiligten Interessen zu ermitteln. Austrittsrecht und Bewahrung der Kapitalgrundlage der Gesellschaft müßten gegeneinander abgewogen werden. Die Veräußerungsfähigkeit des Anteils sei nämlich nicht nur ein Vorzug, sondern auch eine Last. Der Gesellschafter könne seinen Käufer aussuchen, aber er müsse es auch. Deshalb dürfe ein Austrittsrecht nur dort anerkannt werden, wo die Gesellschaft selbst i m Interesse der Gesellschafter die Übertragung verhindere 75 . ee) Die Mitgliedschaft zwischen Austritt und Verlust des Geschäftsanteils Nach Auffassung von Scholz sollen Rechte und Pflichten i n der Zeit zwischen Kündigung und endgültiger Lösung des gesellschaftlichen Bandes nur dort ruhen, wo zulässigerweise eine Nebenleistungspflicht gekündigt wurde. Aber auch hier komme ein Ruhen der Hauptpflichten, die der Erhaltung des Stammkapitals dienten, nicht i n Betracht (§§ 19 Abs. 2, 24, 31 Abs. 1, 3 GmbHG) 76 . Bei der schlichten Kapitalbeteiligung käme ein Ruhen der Pflichten nur dort i n Frage, wo ein dringendes Bedürfnis hierfür bestehe. I n solchen Fällen könne der Richter auf A n trag mit einer einstweiligen Verfügung (§ 940 ZPO) Abhilfe schaffen 77 . Immenga meint, daß der Ausscheidende mit der Kündigungserklärung zwar seine Mitgliedschaft verliere, den Geschäftsanteil aber als vermögensrechtliches Substrat noch behalte 78 . Vogel dagegen differenziert hier stärker. Die aus der Mitgliedschaft fließenden Rechte sollten spätestens mit Einziehung oder Abtretung erlöschen; werde jedoch die Abfindung vorher gezahlt und sei auch der Kündigungsstichtag schon eingetreten, so endeten die Mitgliedschaftsrechte schon hiermit 7 9 . Für das Stimmrecht solle allerdings etwas ande74

Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 305. Wiedemann, Die Übertragung u n d Vererbung v o n Mitgliedschaftsrechten, S. 92. 76 Scholz, Der A u s t r i t t aus der GmbH, S. 33; ebenso Feine, S. 360. 77 Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 59. 78 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 312. 79 Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (277). 75

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res gelten. Ebenso wie bei der Ausschließung könne der Gesellschafter bei der Entscheidung über Abtretungsverlangen oder Einziehung des Anteils schon ab Kündigung nicht mehr mitstimmen. Für Mitgliedschaftspflichten könne dies aber nicht i n gleichem Maße gelten. Auszunehmen seien jedenfalls die vermögensrechtlichen Pflichten 8 0 wie Aufbringung der Stammeinlage oder Rückerstattung verbotswidriger Zahlungen. Andere Mitgliedschaftspflichten dürften aber schon dann mit der Austrittserklärung erlöschen können, wenn sie nicht vom Gesetz zwingend vorgesehen sind. Das sind etwa durch Gesellschaftsvertrag begründete Pflichten wie Übernahme eines Aufsichtsratsmandats oder Kartellpflichten. Nach Winter stehen dem Austretenden bis zum Verlust des Geschäftsanteils alle Rechte und Pflichten zu 81 , wogegen Ulmer für deren Ruhen ab Zugang der Kündigungserklärung eintritt 8 2 . ff) Die Abfindung Nach Auffassung von Wolany richtet sich die Höhe der Abfindungsforderung nach der Liquidationsquote, die der Austretende verlangen könnte, wenn zum selben Zeitpunkt die Gesellschaft aufgelöst würde 8 3 . I m Interesse der Verkehrssicherheit sei aber das Entschädigungsrisiko grundsätzlich dem ausscheidenden Gesellschafter aufzubürden. Für den Fall, daß die Gesellschaft die Einziehung gewählt habe, sei wegen der §§ 30 Abs. 1, 34 Abs. 3 GmbHG eine Vergütung des Anteils nur bis zur Grenze des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens zulässig. I n diesen Schranken sei eine Gefährdung des Abfindungsanspruches zu sehen. Dem Ausscheidenden sei daher ein gesellschaftsrechtlicher Anspruch (als Gläubigerrecht) dahingehend zuzubilligen, daß ein Reingewinn bis zur Begleichung seiner Entschädigungsforderung nicht ganz verteilt werden dürfe. Bei Mißachtung dieses Grundsatzes habe er dann gegen die Empfänger solcher Zahlungen (seine früheren Mitgesellschafter) einen Rückgriffsanspruch 84 . Eine rechtliche Qualifizierung dieses Anspruches gibt Wolany jedoch nicht. Insbesondere die Rechtsgrundlage einer solchen Haftung bleibt offen. Sollte es sich dabei u m Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag handeln oder ist damit eine subsidiäre Haftung ähnlich dem § 31 Abs. 3 GmbHG gemeint? Letztere Möglichkeit widerspricht dem Grundsatz der beschränkten Haftung. Der Rechtsgrund ist daher i m Gesellschaftsvertrag zu suchen. I n Betracht kommt dabei eine Haftung wegen ver80 81 82 83 84

7*

Vogel, ebenda. Winter i n Scholz, § 15 A n m . 91. Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 52. Wolany, S. 101. Wolany, S. 102.

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

letzter Treupflicht. Durch Annahme der überhöhten Dividende verletzt der Gesellschafter seine (immer noch bestehende) Treupflicht gegenüber dem Ausscheidenden. Er müßte dann zum „Schadensersatz" verpflichtet sein. Immenga billigt dem Austretenden einen Abfindungsanspruch i n Höhe des Verkehrswertes zu. Sei die Höhe der Abfindungsforderung (wie häufig) unter den Parteien streitig, trage der Ausscheidende nach wie vor das wirtschaftliche Risiko des Kapitalanteils, ohne jedoch noch an dessen Erfolg beteiligt zu sein 85 . Ulmer meint, der Abfindungsanspruch des Ausscheidenden entstehe bereits mit Zugang der Kündigungserklärung 86 , wogegen Winter die Auffassung vertritt, der Abfindungsanspruch entstehe erst mit Einziehung oder Abtretung des A n teils 87 . gg) Die Durchsetzung des Abfindungsanspruches Insbesondere Scholz beschäftigt sich m i t der Frage, wie der Austrittswillige die Loslösung vom gesellschaftlichen Band erzwingen könne. Er meint, daß die Einziehung des Anteils durch die Gesellschaft dann unmittelbar erzwungen werden könne, wenn ihr gesetzliche Hindernisse nicht entgegenstünden. Die Einziehung brauche nämlich nicht von der Gesellschafterversammlung beschlossen zu werden, wenn sämtliche Gesellschafter sich schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen einverstanden erklärt hätten (§ 48 Abs.2 GmbHG). I n diesem Falle könne der Gesellschafter eine Klage mit dem Antrag auf Zustimmung zur Einziehung gegen sämtliche Gesellschafter richten. M i t Rechtskraft des zusprechenden Urteils gälte dann die Zustimmung als abgegeben (§ 894 ZPO). Zwar sei die Zustimmung nun nicht schriftlich erfolgt, aber das Urteil sei „stärker" als die privatschriftliche Erklärung 8 8 . Könne der Kündigende jedoch seinen Austritt nicht auf diesem und auch nicht auf anderem Wege durchsetzen, so bleibe dem Gesellschafter als letzter Rechtsbehelf die Auflösungsklage, und zwar auch dann, wenn er nicht über mindestens 10°/o des Stammkapitals verfüge. I n diesem Falle seien insbesondere das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Unternehmung und das private (Interesse) am Ausscheiden aus der Gesellschaft gegeneinander abzuwägen 89 . Je nach85

Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 312. Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 52. 87 Winter i n Scholz, § 15 A n m . 91, 93; ebenso Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (271). 88 Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 57; ders. DR 1942, 1667 (1669), wo er jedoch v o n solchem Vorgehen m i t Rücksicht auf die Rspr. des Reichsgerichts abrät. 89 Scholz, Der A u s t r i t t aus der GmbH, S.38. 86

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dem, welches von beiden überwiege, habe die Entscheidung auszufallen 90 . Daneben stehe dem Gesellschafter auch ein Schadenersatzanspruch gegen die Gesellschaft für den Fall zu, daß die Geschäftsführung Maßnahmen, die zur Verwertung des Anteils führen sollen, schuldhaft verzögere 91. Für den Fall, daß der Kündigende seine Abfindungsforderung gegen die Gesellschaft wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften nicht durchsetzen könne, sieht Immenga die Lösung i n einer Anlehnung an §215 RegEGmbHG. Der Gesellschafter könne i n diesem Fall die Auflösung der Gesellschaft verlangen 92 . Sein Anspruch beschränke sich aber dann auf den Anteil am Liquidationserlös. Wolany schützt den Austretenden dagegen nur mit einer A r t Zurückbehaltungsrecht. Der Ausscheidende dürfe zur Sicherung seines Abfindungsanspruches die Abtretungserklärung solange verweigern, bis die Entschädigungsfrage geklärt sei 93 . Dieser Schutz scheint aber wohl nicht ausreichend zu sein. Vogel führt dazu aus, daß die Gesellschaft die Zahlung der Abfindung von der Abtretung des Anteils abhängig machen könne. Fordere die Gesellschaft aber nicht i n angemessener Frist die Abtretung oder ziehe sie den Geschäftsanteil nicht ein, sei sie unabhängig davon zur Zahlung der Abfindung verpflichtet 94 . hh) Das ordentliche Austrittsrecht Wiedemann meint, dem GmbH-Gesellschafter unter gewissen Umständen ein ordentliches Austrittsrecht zubilligen zu können. Unter Hinweis auf die §§ 723 Abs. 3, 624 BGB könne dies aber nur einem zu persönlichen Nebenleistungen verpflichteten Gesellschafter gewährt werden 95 . Winkler t r i t t dem entgegen. Auch bei GmbH m i t persönlichen Nebenverpflichtungen sei das deshalb nicht angebracht, weil die Interessenlage hier anders sei als bei der OHG. Dort sei eine ordentliche K ü n digung der Gesellschaft deshalb zulässig, weil der OHG-Gesellschafter einer unbeschränkten Haftung ausgesetzt sei. Eine Anwendung auf die GmbH komme daher nicht i n Betracht 96 . 90

(40). 91

Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 59; ders. GmbH-Rdsch. 1955, 37

Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 55, 56. Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 313. 93 Wolany, S. 102. 94 Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (272). 95 Wiedemann, Die Übertragung u n d Vererbung v o n Mitgliedschaftsrechten, S. 91. 96 Winkler, Die Lückenausfüllung des GmbH-Rechts durch das Recht der Personengesellschaften, S. 77. 92

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§ 4 Der A u s t r i t t von Gesellschaftern

Teichmann geht davon aus, daß alle Rechtsverhältnisse, die die außerordentliche Kündigung vorsähen, auch die ordentliche („nicht motivierte") kennen würden 9 7 . § 723 BGB sei der Gedanke zu entnehmen, daß eine Bindung auf Lebenszeit verhindert werden solle 98 . Eine einschränkende Interpretation des § 723 Abs. 3 BGB ergäbe, daß der Ausschluß des (ordentlichen) Kündigungsrechtes nur dort unzulässig sei, wo Reibflächen persönlicher Beziehungen vorhanden seien 99 . Immer dann, wenn unter den Gesellschaftern nur Kapitalbeziehungen bestünden und die Abtretbarkeit ausgeschlossen oder doch so weit beschränkt sei, daß eine Veräußerung faktisch ausgeschlossen ist, lägen diese Voraussetzungen nicht vor, so daß i n diesem Fall dem Gesellschafter ein ordentliches Austrittsrecht zustehen müsse 100 . Dies gelte allerdings nur i m Rahmen der (zwingenden) Kapitalerhaltungsvorschriften. Könnten diese Grenzen nicht eingehalten werden, sei die Gesellschaft aufzulösen 101 . Insbesondere greift Reuter das ordentliche Austrittsrecht auf. Das GmbHG habe nach dem Willen des historischen Gesetzgebers statt der Kündigungsmöglichkeit die Übertragbarkeit des Anteils eingeführt 102 . Dienten Kündigung und Übertragbarkeit des Anteils zur Lösung desselben Problems, so müßten auch grundsätzlich gleiche Wertungen gelten. Führten bei gleicher Interessenlage die Lösungen bei Personengesellschaften und GmbH zu Wertungswidersprüchen, so müßten diese „ i m Rahmen des Möglichen" harmonisiert werden 103 . Auszugehen sei vom Gedanken des § 723 BGB; seine Wertungen griffen über die Rechtsform der Personengesellschaft hinaus. I n i h m stecke der Gedanke, daß ein Gesellschafter zur Verhinderung einer Bindung auf Lebenszeit jederzeit die Möglichkeit haben müsse, seinen Beitrittsentschluß überprüfen zu können. Darüber hinaus solle damit dem Gesellschafter eine jederzeitige Überprüfung der Wirtschaftlichkeit seiner eingesetzten ökonomischen M i t t e l möglich bleiben 104 . Das GmbH-Recht kenne i m Gegensatz zum Personengesellschaftsrecht kein ordentliches Austrittsrecht. Hierin offenbare sich jedoch ein Wertungswiderspruch. Reuter hält diesen jedoch für vermeidbar. Die h. M. anerkenne ein ordentliches Austrittsrecht nur deswegen nicht, weil m i t dem Austritt auch eine Gefährdung des Bestandes der Gesellschaft verbunden sei 97 98 99 100 101 102 103 104

Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S.238. Teichmann ebenda, S. 240. Teichmann ebenda, S. 241, 242. Teichmann ebenda, S. 246. Teichmann ebenda, S.247. Reuter, Privatrechtliche Schranken, S. 393. Reuter ebenda. Reuter ebenda, S. 292, 293.

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und damit zugunsten privater Interessen unnötig wirtschaftliche Werte und Arbeitsplätze i n Gefahr gebracht würden. Dahinter stehe die Auffassung, daß Gesellschaft und Unternehmen identisch seien 105 . Dies gehe aber deswegen nicht an, weil das auf die Dauer (wegen der Erhaltung auch unrentabler Unternehmen) zu einer „Sozialisierung der Verluste bei weiterhin privaten Gewinnen" führe 106 . Wenn demnach Gesellschaft und Unternehmen verschiedene Phänomene seien, dürfe auch das Schicksal der beiden nicht untrennbar miteinander verbunden sein. Schwierigkeiten i m Gesellschaftsbereich dürften nicht notgedrungenerweise zu solchen i m Unternehmensbereich führen. Es dürfe auch das Bestandsinteresse der Gesellschaft nicht überbewertet werden 107 . Auch könne die Gefährdung des Unternehmensbestandes durch ein Austrittsrecht dann vermieden werden, wenn ein hinreichend funktionsfähiger Markt für Unternehmensbeteiligungen vorhanden sei; dieser habe dafür zu sorgen, daß immer „der beste Unternehmer" auch Anteilsinhaber sei. Ein solcher Markt existiere zwar i n der Bundesrepublik augenblicklich nicht, aber gerade die Gewährung eines ordentlichen Austrittsrechtes müsse Entwicklung und Funktionsfähigkeit dieses Marktes stärken 1 0 8 . Auch der Kapitalerhaltungsgrundsatz werde durch ein ordentliches Austrittsrecht nicht mehr tangiert als durch das außerordentliche (aus wichtigem Grund). Die Abfindungsforderung bringe wegen der zu beobachtenden Zahlungsmodalitäten, die durch den Gesellschaftsvertrag ebensoweit hinausgeschoben werden könnten wie das bei Personengesellschaften der Fall sei, für die Gesellschaft sogar eine geringere Kapitalbelastung m i t sich 109 . Die Gefahr der Stammkapitalunterschreitung sei damit gering. Auch Kapitalherabsetzungen (Gläubigeraufgebot!) könnten vermieden werden 110 . Daneben übersteige i n den meisten Fällen das Vermögen der GmbH sowieso deren Stammkapital, so daß die Grenzen der §§ 30 Abs. 1, 33 Abs. 1, Abs. 2, 34 Abs. 3 GmbHG meist nicht erreicht würden 1 1 1 . Sein grundsätzliches Eintreten für ein ordentliches Austrittsrecht entschärft Reuter jedoch, wenn er ausführt: „Nach alldem sind Formen der ordentlichen Kündigung für die GmbH denkbar" 1 1 2 und sie „bedarf außerdem noch weiterer Verfeinerungen" 113 . 105 106 107 108 109 110 111 112 113

Reuter Reuter Reuter, Reuter, Reuter, Reuter Reuter, Reuter Reuter

GmbH-Rdsch. 1977, 77 (79). ebenda, S. 80. Privatrechtliche Schranken, S. 395. GmbH-Rdsch. 1977, 77 (79). Privatrechtliche Schranken, S. 396, 397. GmbH-Rdsch. 1977, 77 (80, 81). Privatrechtliche Schranken, S. 397. ebenda. GmbH-Rdsch. 1977, 77 (81).

§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

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Schwerdtner hält nur ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund für zulässig 114 . Er wendet sich insbesondere gegen die Anerkennung eines ordentlichen Austrittsrecht nach dem Muster der Personengesellschaften. Der GmbH läge nicht die Konstruktion der BGB-Gesellschaft, sondern die des Vereins zugrunde; dieser kenne nur ein zwingendes außerordentliches Kündigungsrecht und könne niemals zur Auflösung des Vereins führen 115 . Wenn als Begründung für ein ordentliches Austrittsrecht ins Feld geführt werde, daß die Entscheidung über einen sinnvollen Einsatz ökonomischer Mittel (Reuter) einer jederzeitigen Revision bedürfe, so beruhe das auf zwei Fehleinschätzungen. Zum einen führe dies u. U. und ohne Not zu einer Zerstörung wirtschaftlicher Werte. Zum anderen gehe diese Auffassung von einem zwar überlieferten, doch heute nicht mehr realistischen B i l d des Wirtschaftssubjekts aus. Die Anerkennung eines ordentlichen Austrittsrechtes führe zu einer Verabsolutierung privater Interessen (Dreiss / Eitel-Dreiss) und verkenne, daß über den wirtschaftlichen Einsatz ökonomischer M i t t e l heute neben dem Kapitaleigner auch die Arbeitnehmer des Unternehmens wie auch die Allgemeinheit zu entscheiden hätten 1 1 6 . Neben diesem Interessenkonflikt zwischen Gesellschaft und Ausscheidendem sei auch der Interessengegensatz zwischen diesem und den Mitgesellschaftern zu beachten. Die Einräumung eines ordentlichen Kündigungsrechtes bedeute nämlich i n den meisten Fällen eine einseitige Interessenbewertung. Vor allem bei personalistischen Gesellschaften komme es häufig auf die einzelne Person an, so daß eine besonders feste Bindung i n besonders hohem Maße den Interessen der Mitgesellschafter entspreche 117 . Nicht zuletzt gefährde aber das ordentliche Austrittsrecht wenn nicht den Bestand, so doch das Stammkapital der Gesellschaft. Zwar sei ein ordentliches K ü n digungsrecht wohl fristgebunden, aber es könne andererseits viel häufiger ausgeübt werden als die Kündigung aus wichtigem Grund. I h m fehle nämlich der Filter des wichtigen Grundes und führe daher zu einer größeren Belastung des Stammkapitals 118 . Darüber hinaus hält Schwerdtner den von den Befürwortern des ordentlichen Austrittsrechtes gewählten Ansatz für nicht richtig. Das Problem der engen Bindung des Mitglieds an seine Gesellschaft liege bei § 15 Abs. 5 GmbHG. Wer diese enge Bindung nicht wolle, der dürfe nicht bei der Lösung der festen Bindung ansetzen, sondern dürfe eine 114 115 116 117 118

Schwerdtner Schwerdtner Schwerdtner Schwerdtner Schwerdtner

GmbH-Rdsch. 1976, 101 ff. ebenda, S. 104. ebenda. ebenda, S. 104, 106, 107. ebenda, S. 104, 105.

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solche Bindung nicht zulassen. Konsequenterweise müßten daher die Anhänger des ordentlichen Austrittsrechts den Ausschluß der Abtretbarkeit für unzulässig halten und dürften auch die Vinkulierung von Anteilen nur i n engerem Rahmen zulassen 119 . Übereinstimmend wenden sich Ulmer und Winter gegen ein ordentliches Austrittsrecht 1 2 0 . Ulmer meint, wenn der Gesetzgeber den Gesellschaftern Vertragsautonomie gewährleistet und die Einschränkung der Veräußerlichkeit des Anteils erlaube, so sei dies eine eindeutige Wertung, über die man sich nicht hinwegsetzen dürfe. Das Risiko der Unveräußerlichkeit habe eindeutig der Gesellschafter zu tragen; diesem könne er sich nicht durch einen Austritt entziehen 121 . Winter meint, das GmbHG habe den Bestandsschutz allgemein verstärkt, u m i m Interesse der Gläubigersicherung und der Erhaltung der finanziellen Grundlage der Gesellschaft die Auszahlung des Gesellschaftsvermögens zu verhindern und habe deshalb ein ordentliches Kündigungsrecht nicht zugelassen; der Gesetzgeber habe sich nämlich bewußt für die Einschränkung der Veräußerlichkeit entschieden, ohne gleichzeitig die ordentliche Kündigung zu gewähren 122 .

I V . Der Austritt aus der GmbH 1. Die Problemlage

Es hat sich gezeigt, daß die Meinungen zum Austrittsrecht des GmbHGesellschafters recht uneinheitlich sind. Einigkeit besteht über die A n erkennung eines Austrittsrechts aus wichtigem Grund 1 2 3 . Jedoch bereits über die Durchführung des Austritts gehen die Meinungen auseinander. Insbesondere geht es u m die Fragen, wann der Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters entsteht und wie sich die Rechtslage nach Zugang der Austrittserklärung gestaltet. Ebenfalls kontrovers ist die Frage, ob dem Gesellschafter unter gewissen Voraussetzungen ein ordentliches Austrittsrecht zustehen soll.

119 120

84 ff. 121

Schwerdtner ebenda, S. 108. Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 43 ff.; Winter

i n Scholz, § 15 A n m .

Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 46. Winter i n Scholz, § 15 A n m . 88. 123 H. M. vgl. statt vieler: Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 5; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 91 jew. m. w . N.; a. M. Wiedemann , Die Übertragung u n d Vererbung von Mitgliedschaftsrechten, S. 92. 122

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern 2. Der Austrittstatbestand

a) Austrittserklärung Der Austrittswillige hat gegenüber der Gesellschaft seinen Austritt zu erklären 1 2 4 . Die Erklärung ist formlos wirksam, sofern nicht spezielle Formerfordernisse hinzutreten (z. B. § 13 Abs. 1 Satz 1 GWB) 125 . Ein Urteil ist hier, anders als bei der Ausschließung, nicht erforderlich 126 . Dort zwingen Gründe der Rechtssicherheit sowie des Gesellschafter- und Gläubigerschutzes zur Zwischenschaltung des Gerichts. Anders als der Ausschließungsbeschluß ist die Austrittserklärung viel weniger Gefahren der Unwirksamkeit ausgesetzt. Eines spezifischen Gesellschafterschutzes bedarf es nicht, weil der Austretende es selbst i n der Hand hat, ob er ausscheiden w i l l oder nicht. Nur hinsichtlich der Gläubigerinteressen gleicht die Problemlage der der Ausschließung, jedoch bleibt das Vermögen der Gesellschaft durch die Austrittserklärung vorerst unberührt. b) Austrittsgrund aa) Wichtiger Grund Über die Geltung des Rechtssatzes von der Lösbarkeit aller tief in die Lebensverhältnisse der Beteiligten eingreifenden Rechtsverhältnisse aus wichtigem Grund herrscht Einigkeit. Eine i n Grenzen dieser Untersuchung mögliche Auseinandersetzung mit dem Begriff des wichtigen Grundes ist bereits i m Zusammenhang mit dem Ausschließungsrecht erfolgt 1 2 7 . Die dort entwickelten Grundsätze gelten vice versa auch für das Austrittsbegehren eines Gesellschafters. Nach allgemeiner Meinung ist ein zum Austritt berechtigender wichtiger Grund dann gegeben, wenn sich aus der wertenden Beurteilung der Gesamtumstände des Einzelfalles ergibt, daß dem austrittswilligen Gesellschafter die Förderung des Gesellschaftsverhältnisses, auch bis zu einem gesellschaftsvertraglich vorgesehenen Ausscheidungstermin, nicht länger zumutbar ist 128 . Auch hier entfaltet dieser Rechtssatz zwingenden Charakter. Als wichtiger Grund sind sowohl Umstände in den Verhält-

124 Statt vieler: BGHZ 9, 157 (162, 163); Winter i n Scholz, § 15 A n m . 84. 125 v g l . i m einzelnen Winter i n Scholz, § 15 A n m . 91. 126

Vgl. dazu oben § 3 I. 2. Vgl. oben unter § 3 I I . 3. a). 128 Baumbach / Hueck, § 34 Einf. 1 B; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 48; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 89; zuerst Scholz, Der A u s t r i t t aus der GmbH, S. 7, 8; zuletzt Scholz, GmbHG, 4. Aufl., §15 A n m . 65; sowie die schon oben angeführte Literatur. 127

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nissen der Gesellschaft als auch solche i n der Person des Gesellschafters zu berücksichtigen 129 . (1) Als wichtige Gründe aus der Sphäre der Gesellschaft sind u. a. anzusehen: grundlegende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse i n der GmbH oder schrankenlose Machtausübung der Mehrheit über die Minderheit, wenn ein ständiges Nachsuchen nach Rechtsschutz nicht mehr zumutbar ist 1 3 0 . (2) Als i n der Person des Austrittswilligen liegende Gründe kommen i n Betracht: existenzbedrohende Nebenleistungspflichten, soweit sie nicht selbständig kündbar sind, dringender, anderweitig nicht zu deckender Geldbedarf des Gesellschafters, weite Entfernung zum Gesellschaftssitz nach Wohnsitz Wechsel, Zerwürfnisse m i t Mitgesellschaftern, insbesondere dann, wenn keine Mehrheit für die Ausschließung eines störenden Gesellschafters zustande kommt 1 3 1 . Allerdings bleibt zu berücksichtigen, daß nicht jeder wichtige Grund und ein wichtiger Grund nicht i n jedem Falle, einem Gesellschafter erlaubt, das Gesellschaftsverhältnis zu kündigen. Hier w i r d deutlich, daß der Konflikt u m das Austrittsrecht ein Interessenkonflikt zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ist, bei dem es darum geht, festzustellen, wann die jeweilige Interessenlage zugunsten des einen oder des anderen Teiles es gebietet, ein Austrittsrecht anzuerkennen oder nicht 1 3 2 . A u f diese Abgrenzungsfragen w i r d i m folgenden noch näher eingegangen 133 . Vorweg ist aber noch die Frage zu klären, ob dem Gesellschafter in bestimmten Fällen sogar ein ordentliches („unmotiviertes") Kündigungsrecht zusteht. bb) Ordentliches Austrittsrecht Die Überlegungen zum ordentlichen Austrittsrecht gehen davon aus, daß § 723 BGB einen das gesamte Gesellschaftsrecht übergreifenden Grundsatz beinhalte. Daher stehe auch dem GmbH-Gesellschafter jederzeit ein Kündigungsrecht zu, wenn i h m ein anderes Ausscheiden rechtlich nicht möglich ist. Dies erscheint jedoch fraglich. Zumindest für die GmbH deutet bereits die Begründung zum Entw u r f eines Gesetzes betreffend der Gesellschaften mit beschränkter 129

Winter i n Scholz ebenda; Ulmer i n Hachenburg, ebenda; Wolany, S. 100. Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 306; Ulmer in Hachenburg, ebenda. 131 Ulmer i n Hachenburg, ebenda; Wolany, S. 100. 132 Wiedemann , Die Übertragung u n d Vererbung von Mitgliedschaftsrechten, S. 91. 133 Unter c), d). 130

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

Haftung darauf hin, daß das GmbHG eben wegen fehlender Kündigungsmöglichkeit die freie Veräußerlichkeit des Geschäftsanteils eingeführt, allerdings rücksichts der individuellen Gestaltung Möglichkeiten zu deren Einschränkung zugelassen hat 1 3 4 . Dieser Ausgangspunkt gebietet einen funktionellen Vergleich zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Personengesellschaft geht grundsätzlich davon aus, daß der Anteil unveräußerlich ist. Dafür kommt dem Gesellschafter jedoch ein Kündigungsrecht bei unbestimmter Vertragsdauer zu. Dem GmbH-Gesellschafter w i r d die Möglichkeit zur Anteilsveräußerung, die Kündigung der Gesellschaft dagegen nur unter engen Voraussetzungen gewährt. Dem Kündigungsrecht des Personengesellschafters entspricht daher funktionell das Recht des GmbHGesellschafters, den Anteil jederzeit veräußern zu können 135 . Stimmt man diesen Ausgangsüberlegungen zu, so entpuppt sich die Frage nach der Zulässigkeit des ordentlichen Austrittsrechts als das Problem, inwieweit die freie Veräußerlichkeit des GmbH-Anteils eingeschränkt werden darf. Das Kündigungsrecht des Personengesellschafters ist unentziehbar. Unsere Frage muß daher dahin gestellt werden, ob die freie Veräußerlichkeit des Geschäftsanteils durch den Gesellschaftsvertrag eingeschränkt oder gar ausgeschlossen werden kann, oder ob der Vertrag dem Gesellschafter i n jedem Falle eine Lösungsmöglichkeit außerhalb „wichtiger Gründe" offenhalten muß 1 3 6 . Das Gesetz selbst deutet an, daß eine Einschränkung der Veräußerlichkeit der Geschäftsanteile geboten sein kann und läßt diese daher zu. Einen Ausschluß der Abtretbarkeit durch das Statut sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Wie oben schon ausgeführt, hält ihn die h. M. gleichwohl für zulässig 137 . Unter Berücksichtigung der Erkenntnis, daß die Kündigung des Personengesellschaftsverhältnisses der freien Abtretbarkeit des GmbHAnteils entspricht, ergibt sich folgendes: § 723 BGB beinhaltet zwingendes Recht. Es ist naheliegend, auch bei § 15 Abs. 1 GmbHG zu diesem Ergebnis zu gelangen. Diese Auffassung findet immerhin i n der Regierungsbegründung zum GmbHG eine Stütze 138 , wenn es dort heißt, daß „die Veräußerung der Mitgliederbeteiligungen i m Gesetz weder ganz ausgeschlossen, noch schlechthin an die Zustimmung der Gesellschaft 134 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages V I I I / L , 1890/92, 5. Anlageband, S. 3728; so auch RGZ 73, 432; 101, 61; 180, 20; vgl. dazu auch Reuter AcP 181 (1981), 1 (10 f.). 135 So auch Winter i n Scholz, § 15 A n m . 1. 136 Z u diesem Ergebnis k o m m t auch Schwerdtner GmbH-Rdsch. 1976, 101

(108). 137

Vgl. oben unter § 4 I. 2. b) u n d die dort Genannten. Stenographische Berichte über die Verhandlungen V I I / I , 1890/92, 5. Anlageband, S. 3728. 138

des

Reichstages

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oder der übrigen Gesellschafter gebunden werden" könne. Allerdings läßt diese Begründung auch der h. M. Raum, denn diese läßt einen Ausschluß der Abtretbarkeit nur durch Regelung i m Gesellschaftsvertrag zu. § 15 Abs. 1 GmbHG enthalte keinen zwingenden Rechtssatz. Dies folge aus § 15 Abs. 5 GmbHG 1 3 9 und dem Grundsatz, daß den GmbH-Gesellschaftern weitgehende Vertragsautonomie zustehe sowie die Gesellschaft sehr stark einer OHG annähern könnten. Dies gehe auch deswegen an, weil daneben noch die Kündigung aus wichtigem Grund bestehe und darüber hinaus die Erschwerung der Abtretbarkeit i n § 15 Abs. 1 GmbHG faktisch sowieso zum selben Ergebnis führen könne 140 . Überhaupt sei bei Vereinen, der Urzelle der juristischen Personen, der Ausschluß der Abtretbarkeit sogar die gesetzliche Regel 141 . Augenscheinlich widerstreiten hier verschiedene Prinzipien, hinter denen sich typische Interessenlagen verbergen. Der Schutz vor lebenslanger Bindung durch jederzeitige Kündbarkeit des Vertrages dient dem Interesse des einzelnen Gesellschafters. Der Ausschluß der Abtretbarkeit sucht das Interesse der Gemeinschaft am Erhalt des Ganzen und der Bewahrung der Geschlossenheit des Gesellschafterkreises zu verwirklichen. Keines dieser Prinzipien erscheint aber grundsätzlich vorrangig. Dem Schutz vor lebenslanger Bindung hat das Personengesellschaftsrecht (§§ 723 BGB, 133 HGB) zwingenden Charakter beigemessen. Dieser Gedanke entspricht durchaus systemübergreifender Wertung 1 4 2 . Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß der juristischen Person der Ausschluß der Abtretbarkeit als Regelform zugrunde liege, denn § 39 BGB gewährt dafür ein zwingendes Austrittsrecht. Auch die Tatsache, daß § 15 Abs. 5 GmbHG durch Verschärfen der Abtretungsvoraussetzungen i m Gesellschaftsvertrag faktisch dasselbe Ergebnis zu erreichen vermag wie ein genereller Abtretungsausschluß, kann nicht belegen, daß die Abtretbarkeit des Anteils kein zwingender Rechtssatz ist. Würde man nämlich den Ausschluß der Abtretbarkeit, so wie das die h. M. tut, vorbehaltlos zulassen, so bliebe der Wertungsgesichtspunkt, daß der Gesellschafter vor lebenslanger Bindung an einen Vertrag geschützt werden müsse, auf der Strecke. Bei der Auslegung von Normen soll jedoch kein dem Gesetz zu entnehmender auslegungsrelevanter Wertungsgesichtspunkt gänzlich unberücksichtigt bleiben 143 . 139

So RGZ 80, 175 (179); Schilling / Zutt i n Hachenburg, § 15 A n m . 4. So Fischer GmbH-Rdsch. 1953, 131 (135); ähnlich Winter i n Scholz, § 15 A n m . 1, auch Schilling / Zutt i n Hachenburg, § 15 A n m . 4 a. E. 141 Baumbach / Hueck, § 15 A n m . 1 A . 142 Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 240; Reuter, Privatrechtliche Schranken, S. 392, 393. 143 Vgl. Esser Juristen-Jahrbuch 1 (1960), 111 (118); ähnlich Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 323 ff., 361; Engisch, Einführung i n das 140

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

§ 15 Abs. 1 GmbHG geht von der grundsätzlichen Übertragbarkeit des Anteils aus. § 15 Abs. 5 GmbHG läßt dagegen eine Einschränkung der Abtretbarkeit zu. Aus §§ 723 BGB, 133 HGB läßt sich ein Wertungsgesichtspunkt entnehmen, wonach der Gesellschafter vor lebenslanger Bindung geschützt sein soll. Unter diesem Gesichtspunkt muß § 15 Abs. 5 GmbHG dahin gehend ausgelegt werden, daß der Gesellschafter nicht auf Dauer an seinen Geschäftsanteil gebunden sein darf und i h m zumindest noch ein — von dem Willen der Gesellschaft unabhängiger — Weg zur Veräußerung des Geschäftsanteils verbleiben muß. Der Wertungsgesichtspunkt, den Gesellschafter vor lebenslanger unlösbarer Bindung zu schützen, bricht sich andererseits auch bei der Diskussion u m ein ordentliches Austrittsrecht Bahn. Paradoxerweise w i r d nämlich ein ordentliches Austrittsrecht gerade für die Fälle gefordert, i n denen die Abtretbarkeit gänzlich ausgeschlossen wurde 1 4 4 . Es sind m. E. keine sachlichen Gesichtspunkte erkennbar, warum i m einen Falle der Wertungsgesichtspunkt unberücksichtigt bleiben und i m anderen dagegen angewandt werden soll. Der Ausschluß der Abtretbarkeit widerspricht daher der gesetzlichen Wertung. Unsere Lösung berücksichtigt hier i n angemessener Weise das Interesse der Gesellschaft an einem geschlossenen Mitgliederkreis. I m Rahmen des § 15 Abs. 5 GmbHG bleiben noch genügend Möglichkeiten, die Abtretung des Anteils von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen und damit einen „Beinahe"-Abtretungsausschluß zu verwirklichen. Das GmbHG gewährt den Gesellschaftern weitgehende Gestaltungsfreiheit. Auch eine starke Annäherung an die OHG ist dadurch möglich. Es erscheint aber wenig folgerichtig, wenn dann die zwingenden Regeln des Personengesellschaftsrechts, wie der Schutz vor lebenslanger Bindung, i m Recht der GmbH nicht beachtet werden müßten. Einen Ausweg aus diesem Konflikt hat Schilling gewiesen, wenn er die Geltung des allgemeinen Prinzips postuliert, daß „die Veräußerlichkeit nur dann völlig ausgeschlossen werden kann, wenn die Satzung gleichzeitig die Möglichkeit des Austritts oder der Kündigung eröffnet" 145 . Entgegen der herrschenden Auffassung ist daher davon auszugehen, daß der Ausschuß der Abtretbarkeit durch den Gesellschaftsvertrag nicht ohne Einschränkung zulässig ist 1 4 6 . Für den Fall des Ausschlusses der Abtretbarkeit ist dem Gesellschafter eine andere Austrittsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen. juristische Denken, S. 160, 163 ff.; vgl. insbesondere jetzt Meyer, Grundzüge einer systemorientierten Wertungsjurisprudenz, Diss., S. 134 ff. 144 Etwa Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 246. 145 Schilling i n Hachenburg, GmbHG, 6. Aufl., § 15 A n m . 2. 146 I m Ergebnis ebenso Brodmann, GmbHG, § 15 A n m . 5 a; Vogel, GmbHG, § 15 A n m . 2; Schilling i n Hachenburg, GmbHG, 6. Aufl., § 15 A n m . 2; Wolany, Rechte u n d Pflichten, S. 81.

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Zwar w i r d es nicht erforderlich sein, nun ein uneingeschränktes ordentliches Austrittsrecht einzuräumen. Das nunmehr gewährte Austrittsrecht darf aber nicht auf ein Austrittsrecht aus wichtigem Grund beschränkt sein. Dies steht dem Gesellschafter kraft zwingenden Rechts ohnehin zu. Es müssen neben wichtigen noch andere Gründe zum Aust r i t t berechtigen. Nur so kann der Grundsatz der Veräußerlichkeit des GmbH-Anteils gemäß den Grenzen des § 15 Abs. 5 GmbHG gewahrt bleiben. Fraglich bleibt jedoch, was zu gelten hat, wenn der Gesellschaftsvertrag die Abtretung des Anteils verbietet, eine andere Möglichkeit zum Ausscheiden aus der Gesellschaft aber nicht eröffnet ist. Wegen des zwingenden Charakters bedarf der Verstoß gegen das Verbot des vollständigen Ausschlusses der Abtretung einer Sanktion. Nach der hier vertretenen Auffassung scheidet als Sanktion die Einräumung eines ordentlichen Austrittsrechts aus. Es bleibt daher nur die Möglichkeit, den Abtretungsausschluß für nichtig zu erachten und die Abtretbarkeit des Anteils vorbehaltslos zuzulassen. Man kann dagegen einwenden, daß diese Sanktion das i m Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck kommende Parteiinteresse mit Füßen trete. Immerhin hatte ja der austrittswillige Gesellschafter den Abtretungsausschluß irgendwann akzeptiert. Jetzt soll i h m plötzlich gestattet werden, vorbehaltlos über seinen Anteil zu verfügen. Andererseits ist es auch nicht angängig, den Abtretungsausschluß lediglich damit zu sanktionieren, daß der Gesellschafter nun mit Zustimmung der übrigen über den Anteil verfügen und die Zustimmung nicht w i l l k ü r l i c h versagt werden dürfe. Das Risiko der Aufnahme eines Abtretungsausschlusses i n den Gesellschaf tsvertrag wäre zu gering. Dem Grundsatz der freien Veräußerlichkeit des GmbH-Anteils würde nicht ausreichend Geltung verschafft. Die von Reuter für das ordentliche Austrittsrecht aufgeführte Begründung läßt sich daher i n ihr Gegenteil wenden, wonach der privatautonome Verzicht auf ein Austrittsrecht keine ausreichende Richtigkeitsgewähr bietet 1 4 7 . Ist nämlich i n der freien Abtretbarkeit des Geschäftsanteils das ordentliche Austrittsrecht zu sehen, so gewährt der privatautonome Verzicht darauf ebenfalls keine hinreichende Richtigkeit. Die Zustimmung des Gesellschafters zum Ausschluß der Abtrebarkeit i m Gesellschaftsvertrag ist daher unwirksam. Nach alldem kann es aber kein zwingendes, ordentliches Austrittsrecht des GmbH-Gesellschafters geben 148 . 147

Reuter, Privatrechtliche Schranken, S. 393. Ebenso m i t anderer Begründung: Winter i n Scholz, § 15 A n m . 88; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 46. Ä h n l i c h wie hier Schwerdtner GmbHRdsch. 1976, 101 ff. A . A . Wiedemann, Die Übertragung u n d Vererbung v o n Mitgliedschaftsrechten, S. 89 ff.; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S.238 ff.; Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, S. 392 ff. 148

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

c) Bedeutung der Gesellschaftsstruktur Es ist umstritten, ob ein Austrittsrecht aus wichtigem Grund i n allen Strukturtypen der GmbH zu gelten hat, oder ob dies nur für Nebenleistungsgesellschaften oder personalistische GmbH gilt, den Gesellschaftern kapitalistischer GmbH jedoch nicht zukommt. Eine derartige Differenzierung w i r d heute meist abgelehnt 149 . Dies zu Recht. Ausgehend von dem Satz, daß alle langdauernden Rechtsverhältnisse, die tief i n den Lebensbereich der Beteiligten eingreifen, lösbar sein müssen, kann eine solche Differenzierung nicht begründet werden. Die Tatsache, daß eine reine Kapitalbeteiligung vorliegt, ist kein Indiz dafür, daß das Rechtsverhältnis nicht tief i n die Lebensverhältnisse der Beteiligten eingreift. Allerdings lebt eine Spielart der überkommenen Auffassung i n anderem Zusamenhang weiter. Manche nehmen an, daß i n einer rein kapitalistischen Gesellschaft regelmäßig ein wichtiger Austrittsgrund nicht vorliege 150 . Dieses Problem wurde schon i m Zusammenhang m i t dem Ausschließungsrecht behandelt, worauf hiermit verwiesen werden kann 1 5 1 . Danach ist die Gesellschaftsstruktur bei der Gesamtbewertung der Umstände, ob ein wichtiger Grund vorliegt oder nicht, von Bedeutung. Für den Gesellschafter einer kapitalistischen GmbH w i r d häufiger ein Verbleib i n der Gesellschaft zumutbar sein, so daß i m Ergebnis der Austritt aus der personalistischen Gesellschaft leichter möglich ist. Unabhängig von der Struktur der Gesellschaft steht daher jedem Gesellschafter ein Austrittsrecht aus wichtigem Grund zu. d) Subsidiarität

des Austritts

aus wichtigem

Grund

Auch das Verhältnis der Kündigung aus wichtigem Grund zu anderen Formen der Beendigung der Mitgliedschaft (Abretung, Einziehung) ist zu untersuchen. Die Frage lautet: Kann ein GmbH-Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes immer sein Kündigungsrecht ausüben, oder muß er sich auf andere Möglichkeiten des Ausscheidens bzw. der Konfliktlösung verweisen lassen? Auszugehen ist von dem bereits vom Reichsgericht aufgestellten Grundsatz, daß „das Kündigungsrecht entsprechend der festeren Bindung des Gesellschafters an die GmbH nur den letzten und äußersten 149 Vgl. statt vieler: Winter i n Scholz, § 15 A n m . 87 m. w. N.; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 15 A n m . 48; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 305; anders n u r Fichtner B B 1967, 17 (18): keine K ü n d i g u n g bei kapitalistischen GmbH's. 150 Baumbach / Hueck, Einf. § 34 A n m . 3; Winkler, Das System der Lückenfüllung, S. 77. 151 Vgl. unter § 3 I I . 2. c) cc).

I V . Der A u s t r i t t aus der G m b H

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Rechtsbehelf bilden (soll), wenn eine andere A r t der Lösung des gesellschaftlichen Bandes auch unter erheblichen finanziellen Opfern für ihn nicht möglich ist. Das außerordentliche Kündigungsrecht darf keinesfalls dazu führen, die Folgen einer mehr oder minder mißglückten Spekulation abzuschütteln. Deshalb muß bei der Prüfung der Frage, ob ein solches Kündigungsrecht als gerechtfertigt angesehen werden kann, den berechtigten Belangen der Gesellschaft i n vollem Umfang Rechnung getragen werden" 1 5 2 . Diesen vom Reichsgericht aufgestellten Grundsätzen ist i m wesentlichen beizutreten. Entscheidend ist zum einen das Argument der Risikotragung. M i t dem unternehmerischen Engagement hat der Gesellschafter ein geschäftliches Risiko übernommen, das er nicht i m Wege des mit einer Vergütungspflicht verbundenen Austritts auf die M i t gesellschafter überwälzen darf. Zum anderen spricht dafür die Erwägung, daß der Austritt als neben dem GmbHG entwickelten Rechtsinstitut hinter die gesetzlich geregelten Fälle zurückzutreten hat. Grundsätzlich ist daher davon auszugehen, daß das außerordentliche Austrittsrecht gegenüber anderen Lösungsmöglichkeiten subsidiär ist 1 5 3 . aa) So kann der Gesellschafter beispielsweise auf andere gesellschaftsinterne Lösungswege verwiesen werden. I m Falle rechtswidriger Beschlüsse muß er Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage erheben, i m Falle eines pflichtwidrig handelnden Geschäftsführers, dessen Abberufung betreiben oder, i m Falle untragbarer Nebenleistungspflichten, diese aufsagen 154 . bb) Ist der Anteil nicht vinkuliert, hat der Gesellschafter kein Austrittsrecht 1 5 5 . Aber auch bei Vorhandensein von Abtretungsbeschränkungen oder Abtretungsausschluß unter gleichzeitiger Einräumung einer anderen Austrittsmöglichkeit sowie der Kündigungsmöglichkeit des § 60 Abs. 2 GmbHG, muß der Verkauf oder der vertraglich vorgesehene Weg zuerst beschritten werden. Das folgt nicht zuletzt aus dem Grundsatz, daß das Risiko der Verwertbarkeit des Anteils grundsätzlich der Gesellschafter zu tragen hat. Grundsätze dafür, inwieweit er dabei Veräußerungsverluste hinnehmen muß, können allgemein wohl nicht aufgestellt werden. Diese Frage steht u. a. i n engem Zusammenhang 152

RGZ 128, 1 (17, 18). RGZ 128 ebenda; BGH GmbH-Rdsch. 1962, 233 a. E.; Wiedemann , Die Übertragung u n d Vererbung v o n Mitgliedschaftsrechten, S. 90; Fichtner, B B 1967, 18; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 304; Jung Rhein. Notarkammer 1969, 832; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 49; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 89. 154 Winter i n Scholz ebenda. 155 Fischer GmbH-Rdsch. 1953, 137; Wiedemann, Die Übertragung u n d Vererbung v o n Mitgliedschaftsrechten, S. 91; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 49; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 85. 153

8 Balz

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

m i t der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft. Könnte diese nämlich ohne weiteres den Anteil übernehmen, so dürfen dem seinen Austritt Erklärenden sicher keine so großen Einbußen zugemutet werden, wie wenn eine Übernahme des Anteils durch die Gesellschaft nur unter äußersten Schwierigkeiten möglich ist. cc) Fraglich ist aber, ob sich der Austrittswillige i n jedem Fall auf andere Möglichkeiten des Ausscheidens aus der GmbH verweisen lassen muß. Wenn der vinkulierte A n t e i l auch aus anderen Gründen unveräußerlich ist, weil absehbar ist, daß sich kein Käufer findet (ζ. B. wegen umfangreicher Nebenpflichten, wegen eines besonders großen und daher teuren Anteils oder wegen dessen geringer Attraktivität), kann es Fälle geben, i n denen es unzulässig wäre, den Gesellschafter auf einen Veräußerungsversuch zu verweisen 156 . Unveräußerlichkeit i n diesem Sinne w i r d aber i n den seltensten Fällen angenommen werden können. Bei den angeführten Veräußerungshindernissen handelt es sich naturgemäß u m wirtschaftliche Risiken, die für gewöhnlich der Gesellschafter sebst zu tragen hat. Die Gesellschaft kann die Unsicherheit u m ein Bestehen des Austrittsrechtes dadurch vermeiden, daß sie die Zustimmung zur Veräußerung generell erteilt. dd) Sieht der Gesellschaftsvertrag dagegen einen Abtretungsausschluß vor, ohne andere Lösungswege zu eröffnen, so ergibt sich aus dem oben Dargelegten, daß dem Gesellschafter ein uneingeschränktes Veräußerungsrecht zusteht, weil der Gesellschaftsvertrag die freie Abtretbarkeit nicht gänzlich ausschließen darf. Gegebenenfalls muß er den Anteil verkaufen. ee) Soweit ersichtlich, ist die Frage, ob der Gesellschafter auf ein Abandonrecht 157 verwiesen werden kann, i n der Literatur nicht behandelt. Es handelt sich dabei auch u m einen praktisch höchst seltenen Fall. Dazu ist folgendes auszuführen: Steht der wichtige Grund i m Zusammenhang mit finanzieller Leistungswilligkeit bzw. ΖahlungsWilligkeit, so muß der Gesellschafter von seinem Abandonrecht Gebrauch machen. Liegt der wichtige Grund dagegen i n anderen Sachverhalten begründet, so ist es der Gesellschaft versagt, den Austrittswilligen auf den Abandon zu verweisen, weil der Gesellschafter dabei Gefahr läuft, wegen der i n § 27 Abs. 2 Satz 1 GmbHG vorgesehenen Versteigerung des Anteils, einen geringeren Erlös zu erhalten als nach der Verkehrswertberechnung, die beim Austritt zugrunde zu legen ist. 156 I n dieser Richtung auch Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.304. 157 Nach Einforderung v o n Nachschüssen bei unbeschränkter Nachschußpflicht.

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I V . Der A u s t r i t t aus der G m b H

ff)

Auch das Verhältnis der Auflösungsklage des § 61 Abs. 1 GmbHG zum außerordentlichen Austrittsrecht bedarf hier der Erörterung. Zwar betrifft § 61 GmbHG i m wesentlichen wichtige Gründe, die i m Bereich der Gesellschaft liegen 158 , wogegen der Austritt dann gegeben sein soll, wenn dem Gesellschafter ein weiterer Verbleib i n der Gesellschaft nicht mehr zugemutet werden kann. Es sind aber immerhin sich überschneidende Tatbestände denkbar, die sowohl eine Auflösungsklage als auch ein Austrittsrecht begründen können. Ulmer w i l l der Auflösungsklage allgemein den Vorrang einräumen, jedoch dann, wenn der Gesellschafter seinen Austritt geltend macht, dies nur einredeweise berücksichtigt wissen 159 . Wiedemann dagegen meint, der austrittswillige Gesellschafter könne i n keinem Fall auf die Auflösungsklage verwiesen werden. Sie erfordere einen prozentualen Mindestbesitz und gefährde unnötigerweise den Bestand der Gesellschaft. Gerade das zweite Argument erscheint nicht einleuchtend. Repräsentieren nicht die Gesellschafter i n ihrer Gesamtheit das Gesellschaftsinteresse und sind nicht gerade sie es, die den Gesellschafter auf die Auflösungsklage verweisen und damit ihr Bestandsschutzinteresse aufgegeben haben? Für den Fall aber, daß der austrittswillige Gesellschafter die i n § 61 GmbHG geforderte Beteiligungsquote nicht erreicht, ist die Entscheidung Wiedemanns richtig. Die Gesellschaft darf den Gesellschafter nicht auf einen ungangbaren Weg verweisen. Ist der Gesellschafter i m Besitz von 10°/o oder mehr der Anteile, so kann die Gesellschaft, soweit ein zur Auflösung berechtigter Grund gegeben ist, ihn auf die Auflösungsklage verweisen 160 . 3. Die Rechtsfolge

a) Kein Abandon, keine Kündigung

aus wichtigem

Grund

Ist vom Recht ein einseitiges Ausscheiden aus der Gesellschaft vorgesehen, so sind die Regeln zu bestimmen, nach denen sich i n diesem Fall die Trennung vom Geschäftsanteil vollzieht. Zuerst sind die Möglichkeiten zu untersuchen, die das GmbH zur Verfügung stellt. Der Abandon schützt den Gesellschafter i m Falle einer unbeschränkten Nachschußpflicht vor nicht gewünschten Nachschüssen. Er kann den Anteil i m Wege der öffentlichen Versteigerung verkaufen lassen 161 . Es liegt der Gedanke nicht fern, dieses Rechstinstitut dem Austritt aus wichtigem Grund nutzbar zu machen. 158 159 160 161



Ulmer i n Hachenburg, A n h . 34 A n m . 50. Ulmer i n Hachenburg ebenda. Fischer, GmbHG, § 61 A n m . 1; Schmidt i n Scholz, § 61 A n m . 3. Vgl. unter § 2 I I I .

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

Dem steht jedoch einiges entgegen. Die Versteigerung des Anteils dient vornehmlich der Befriedigung der Gesellschaft, nur der Überschuß w i r d an den Gesellschafter ausgekehrt; die Gesellschaft ist nicht verpflichtet, den Anteil zu übernehmen. Es genügt, wenn sie den Anteil zur Versteigerung bringt. Da eine Versteigerung meist den wirklichen Wert des Anteils nicht erbringen wird, w i r d sich die A r t und Weise der Verwertung auf die Ausübung des Austrittsrechts sehr behindernd auswirken. Sollte auch die Versteigerung nicht gelingen, so fällt der Gesellschaft der A n t e i l zu. Sie ist nicht verpflichtet, den Gesellschafter zu entschädigen oder den A n t e i l nun auf eigene Rechnung zu verkaufen. Die Rechtsfolge, die das Gesetz an den Abandon knüpft, erscheint danach ungeeignet, eine interessengerechte Lösung des austretenden Gesellschafters aus der GmbH zu gewähren. Die Heranziehung der Kündigung der Gesellschaft aus wichtigem Grund ist ebenfalls unangemessen. § 61 GmbHG schreibt nämlich vor, daß der wichtige Grund i n den Verhältnissen der Gesellschaft zu suchen ist 1 6 2 und macht die Ausübung dieses Rechts außerdem von der Innehabung eines mindestens 1 0 % des Stammkapitals erreichenden Geschäftsanteils abhängig. Der Austritt soll aber gerade unabhängig vom Anteil am Stammkapital dann gewährt werden, wenn dem Gesellschafter der weitere Verbleib i n der Gesellschaft nicht mehr zumutbar ist 1 6 3 . b) Einziehung oder Abtretung Die Lösung ist daher i n der Einziehung oder Abtretung des Anteils zu suchen. Die Gesellschaft ist berechtigt und verpflichtet, nach erfolgtem Austritt den Anteil entweder einzuziehen oder zu erwerben 164 . Ebenso wie bei der Ausschließung aus wichtigem Grund bedarf es für die Einziehung keiner Zulassung i m Gesellschaftsverträg. Allerdings ist i n beiden Fällen eine Willenserklärung der Gesellschaft notwendig. D. h. der ausscheidende Gesellschafter kann sich nicht ohne M i t w i r k u n g der Gesellschaft seines Anteils entledigen. A u f diesem Hintergrund ist daher darzulegen, welche materielle W i r k u n g die Kündigungserklärung des Gesellschafters haben soll. c) Wirkung der Austrittserklärung. Die Mitgliedschaft zwischen Austritt und Verlust des Geschäftsanteils Nach einer Auffassung gestaltet die Austrittserklärung das Verhältnis des Austrittsberechtigten zur Gesellschaft um. Die Mitgliedschafts162

So auch schon Scholz, Der A u s r i t t aus der GmbH, S. 7. Vgl. dazu auch Fischer GmbH-Rdsch. 1955, 165 (168); Schmidt i n Hachenburg, § 60 A n m . 35; Schmidt i n Scholz, § 60 A n m . 41 m. w . N. 164 Winter i n Scholz, § 15 A n m . 91. 163

I V . Der A u s t r i t t aus der G m b H

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rechte und -pflichten ruhen bis zur Einziehung oder Abtretung des A n teils 165 . Nach anderer Auffassung soll die Kündigungserklärung lediglich bewirken, daß nun die Gesellschaft berechtigt und verpflichtet ist, entweder den Anteil einzuziehen oder dessen Abtretung zu verlangen 166 . Weitere Rechtsfolgen treten erst mit Einziehung oder Abtretung des Anteils ein. Die Frage, welche rechtliche Wirkung die Kündigungserklärung i n bezug auf den Geschäftsanteil hat, ist nach wie vor umstritten. Eine Antwort i n dieser Frage muß, soweit das möglich ist, aus den Grundsätzen des GmbHG bzw. aus der Interessenlage der Beteiligten entwickelt werden. Grundsätzlich w i r d davon ausgegangen, daß der Gesellschafter bis zur Abtretung oder Einziehung mit allen seinen w i r t schaftlichen Risiken Inhaber des Geschäftsanteils bleibt. Schon nach der Auffassung des Reichsgerichts sollten infolge der Kündigungserklärung Rechte und Pflichten aus dem Geschäftsanteil bis zur Einziehung oder Abtretung ruhen 1 6 7 . Diese Auffassung wurde ersichtlich i m Hinblick auf drückende Nebenleistungspflichten entwikkelt. Soweit jedoch Pflichten zur Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals betroffen sind, kann dies nicht gelten. Diese Pflichten sind nicht dispositiv. Ein generelles Ruhen der Pflichten muß daher ausscheiden 168 . Es erscheint vielmehr angezeigt, nur die Pflichten des Gesellschafters zu suspendieren, die einerseits vom Gesetz nicht als zwingend angesehen werden und die andererseits dem Ausscheidenden nicht mehr zumutbar sind. Warum allerdings dem ausscheidenden Gesellschafter die Ausübung seiner Rechte versagt werden soll, ist nicht ersichtlich. Die Situation beim Austritt liegt völlig anders als beim Ausschluß. Dort ist es unabdingbar, dem Auszuschließenden, nach bindender Feststellung des wichtigen Grundes (Urteil), die Ausübung seiner Rechte zu untersagen. Es besteht nämlich erhebliche Gefahr, daß der Auszuschließende seine Rechte zum Schaden der Gesellschaft ausübt. Bei der Ausschließung geht es sozusagen u m den „lästigen Gesellschafter", wogegen es beim Austritt u m eine dem Austrittswilligen „lästig gewordene Gesellschaft" geht. 165 So schon RGZ 114, 212 (218, 219); 125, 114 (118) unter Berufung auf Isay/ Tschierschky, K a r t V O , S. 264; Scholz, Der A u s t r i t t aus der GmbH, S. 32 ff ; Fichtner B B 1967, S. 17 (18); Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 312; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 52; für die K a r t e l l G m b H ebenso Dörinkel i n Müller-Henneberg / Schwartz, GWB, § 13 A n m . 17; für eine durch Gesellschaftsvertrag vorgesehene Kündigung ebenso Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 271 f. 166 So w o h l Scholz, GmbHG, 5. Aufl., § 15 A n m . 65 u n d insbesondere Winter i n Scholz, § 15 A n m . 91 unter Hinweis auf Baumbach / Hueck, Einf. § 34 A n m . 3; Fischer, § 15 A n m . 8. 167 RGZ 114, 218; 125, 118. 168 Vgl. Winter i n Scholz, § 15 A n m . 91.

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§ 4 Der A u s t r i t t von Gesellschaftern

Die Gefahr, daß dieser zum Schaden der Gesellschaft handelt, ist nicht a priori gegeben. Sollte dies dennoch der Fall sein, bleibt immer noch die Möglichkeit, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes dem Gesellschafter die Ausübung seines Stimmrechts zu versagen. Daneben bleibt zu bedenken, daß der Austritt auch an der Undurchführbarkeit der Abfindung scheitern kann. Sollte dies geschehen, so bliebe zwar der Austrittswillige nach wie vor Gesellschafter, doch wäre er i n der Zwischenzeit gehindert gewesen, seine Rechte auszuüben. Dieses Ergebnis erscheint ungereimt. Für den Austritt scheint m i r daher etwas anderes zu gelten. Dem Urteil bei der Auschließung ist die Austrittserklärung des Gesellschafters vergleichbar. I m Regelfalle entscheidet nämlich der Austretende über das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Nur i m Rahmen einer Feststellungsklage der Gesellschaft auf Nichtbestehen wichtiger Gründe bzw. einer Leistungsklage des Austretenden auf Zahlung der Abfindung w i r d das Vorliegen eines wichtigen Grundes gerichtlich überprüft. Der Ausübung von Mitgliedschaftsrechten i n der Zeit bis zum endgültigen Verlust des Geschäftsanteils kann zwar entgegengehalten werden, daß ein Gesellschafter, der sich selbst aus der Verpflichtung löst, keine für die Gesellschaft sinnvollen Entscheidungen mehr fällen oder gar den Gesellschaftsvertrag ändern könne. Der Austretende w i r d aber i n dieser Situation typischerweise keine Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mehr mittragen wollen. Möchte die Gesellschaft jedoch jede Mitwirkungsmöglichkeit des Austretenden gänzlich verhindern, so bleibt es ihr unbenommen, den Geschäftsanteil einzuziehen bzw. dessen Abtretung zu verlangen, u m dann i m Gegenzug die Abfindung zu zahlen 169 . Erst die Einziehung bzw. Abtretung hat daher unmittelbare Auswirkungen auf die Mitgliedschaft, ungeachtet natürlich der dispositiven und unzumutbar gewordenen Gesellschafterpflichten, die vom Zugang der Kündigung an ruhen. d) Abfindungsforderung aa) Die Fälligkeit der Abfindungsforderung Grundsätzlich kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, wenn nicht für die Leistung eine Zeit bestimmt ist oder die Leistungszeit aus den Umständen zu entnehmen ist (§ 271 Abs. 1 BGB). Vogel weist zwar zutreffend darauf hin, daß die Kündigung als der die Abfindung auslösende Faktor anzusehen sei 170 , jedoch kann daraus 169 Wie hier i m Ergebnis: Winter i n Scholz, §15 A n m . 91; a. A . Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 52. 170 Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), 259 (271); ähnlich w o h l Wolany, Rechte u n d Pflichten, S. 102; ebenso Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 52. Vgl. zu den Personengesellschaften die dort h. M.; Hueck, Das Recht der OHG, S. 458; Keßler i n Staudinger, BGB, § 738 A n m . 12.

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noch nicht der Schluß gezogen werden, daß mit dem Zugang der Kündigungserklärung die Abfindungsforderung schon entstanden sei. Richtigerweise ist die Abfindungsforderung erst fällig, wenn die Gesellschaft vom Austretenden die Abtretung verlangt oder von ihrem Recht auf Einziehung Gebrauch gemacht hat. Der Gesellschafter soll nämlich für einen Vermögenswert abgefunden werden. Die Gesellschaft muß sich die hierfür erforderlichen Mittel typischerweise durch die Verwertung des Anteils beschaffen. Die Vorstellung, daß die Gesellschaft schon zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet sein soll, bevor sie die Möglichkeit hat, sich die dazu notwendigen Mittel durch die Verwertung des Anteils zu beschaffen, ist widersinnig. Den Umständen des Austritts ist zu entnehmen, daß der Austretende Zahlung der Abfindung erst mit Abtretung oder Einziehung des Anteils verlangen kann 1 7 1 . Dagegen kann nicht eingewandt werden, der Austretende sei zur Durchsetzung seiner Abfindungsforderung nun der W i l l k ü r der Gesellschafter ausgesetzt, indem diese den Beschluß, Einziehung oder Abtretung von dem Austretenden zu verlangen, ungebührlich verzögern könne. I h m stehen andere Mittel und Wege zur Verfügung, die Gesellschafterversammlung zu veranlassen den Anteil zu übernehmen oder diesen einzuziehen (dazu näher unten). bb) Die Höhe der Abfindungsforderung Zur Frage der Höhe der Abfindung sind zwei Hauptschwierigkeiten anzusprechen. I n der Literatur werden nicht weniger als sechs Begriffe zur Abfindungshöhe angeboten 172 , die zum Teil auch inhaltlich Abweichungen aufweisen. Überwiegend w i r d eine volle Entschädigung des Austretenden verlangt, d. h. der wirkliche innere Wert bzw. der Verkehrswert solle Grundlage des Anspruches sein. Lediglich Wolany w i l l den Austretenden auf einen fiktiven Liquidationserlös verweisen 173 . Dem ist jedoch nur insoweit zu folgen, als daß dabei unterstellt wird, daß das lebende Unternehmen i m Rahmen der Liquidation veräußert wird. Soweit Wolany jedoch von einer Zerschlagung des Unternehmens ausgeht, legt er nicht dar, warum die fiktive Situation der Beendigung der Gesellschaft und nicht die wirkliche, der Fortbestand des Unternehmens, der Berechnung zugrunde gelegt werden soll. Es besteht weitgehende Übereinstimmung darüber, daß hier dieselben Grundsätze wie bei der Ausschließung zu gelten haben. Sowohl Aus171

Ebenso Winter i n Scholz, § 15 A n m . 93. Feine, S. 359, 360; Hueck DB 1951, 109; Wolany, Rechte und S. 101; Fichtner B B 1967, 17 (18); Baumbach / Hueck, Einf. §34 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 312; Goedeler schrift für Barz (1972), S. 118, 119; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 173 Wolany, Rechte u n d Pflichten, S. 101. 172

Pflichten, A n m . 3; i n FestA n m . 54.

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

Schließung als auch Austritt sind Notbehelfe zur Lösung unerträglich gewordener gesellschaftlicher Bande. Sie sind daher frei von jeglichem Strafcharakter. Von daher gebietet es sich, den wahren Wert des A n teils zu vergüten. I m einzelnen sei hier auf die obigen Ausführungen (§ 3 II. 5. b)) verwiesen. Nach den dort entwickelten Grundsätzen ist festzuhalten: Der austretende Gesellschafter erwirbt mit Abtretung bzw. Einziehung des Anteils einen Anspruch auf angemessene Abfindung. Angemessen ist die Abfindung dann, wenn sie dem wirklichen, wahren Wert des Anteils entspricht. Es ist dabei von dem lebenden Unternehmen auszugehen, und es sind sowohl die stillen Reserven als auch der good w i l l zu berücksichtigen und zu unterstellen, daß der Anteil an einen Dritten veräußert wird. Die Gesellschaft hat, wie i m Fall der Ausschließung aus wichtigem Grund, eine Vermögensbilanz auf den Zeitpunkt der Austrittserklärung zu ertstellen 174 . cc) Die Durchsetzung der Abfindungsforderung (1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Darüber hinaus darf sie nicht volleingezahlte Geschäftsanteile nicht erwerben und selbst volleingezahlte Geschäftsanteile nur dann, wenn der Erwerb aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenen Vermögen geschehen kann. Dies gilt nach allgemeiner Meinung auch i m Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters 175 . Der Gesellschaft und damit unmittelbar den Gesellschaftern wächst zwar beim Erwerb oder der Einziehung des Anteils ein Vermögenswert zu. Weil aber die Gesellschafter der GmbH einen Anteil i n bestimmter Höhe übernommen haben und darüber hinaus nicht zu einer Erhöhung der Einlage verpflichtet sind, können sie bei einer Unterschreitung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens zum Zwecke der Abfindung eines Gesellschafters nicht zu entsprechenden Nachschüssen verpflichtet sein. Hierin liegt für die Durchführung der Abfindung das Problem. Wie ist der Austretende davor zu schützen, daß er auch dann seinen Geschäftsanteil verliert, wenn er wegen einer sonst eintretenden Stammkapitalsunterschreitung für seinen Anteil keinen Gegenwert erhält? Winter meint, die Einziehung des Anteils stehe unter der gesetzlichen Bedingung, daß die Abfindung aus dem freien, nicht zur Erhaltung des Stammkapitals notwendigen Vermögen gezahlt werden kann. Trete diese Bedingung ein, so sei der Austretende noch Gesellschafter. Er könne 174 Vgl. zur Ausschließung § 3 I I . 5. a); zu § 738 Abs. 1 B G B vgl. BGHZ 133 (136). 175 Statt vieler: Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 52.

17,

I V . Der A u s t r i t t aus der G m b H

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nun die Auflösung der Gesellschaft verlangen, und zwar auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG nicht vorlägen 176 . Nach der hier vertretenen Auffassung scheidet die Konstruktion Ulmers, nach der der Abfindungsanspruch schon mit der Kündigungserklärung entsteht, aus, weil die Gesellschaft Einziehung bzw. Abtretung schon vor Zahlung der Abfindung verlangen kann. Dem Austretenden steht aber bis zur Zahlung der Abfindung gegenüber dem Abtretungsverlangen der Gesellschaft auch kein Zurückbehaltungsrecht zu 177 . Die Abfindungsforderung ist nämlich erst mit Abtretung fällig (§273 Abs. 1 BGB). Nicht nur der Einziehungsbeschluß, sondern auch die Abtretung des Anteils an die Gesellschaft steht unter der gesetzlichen Bedingung, daß die Abfindung aus freiem, nicht zur Erhaltung des Stammkapitals notwendigen Vermögen gezahlt werden kann. Ist der Anteil abgetreten oder eingezogen, so steht dem Ausgetretenen ein Gläubigerrecht gegen die Gesellschaft zu, das er notfalls auch i m Wege der Klage durchsetzen kann. Scheitert die Durchsetzung allerdings an den Kapitalerhaltungsvorschriften (§§ 33 Abs. 2, 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG), so endigt die W i r kung der Abtretung bzw. der Einziehung; der frühere Rechtszustand t r i t t wieder ein (§ 158 Abs. 2 BGB). I m Falle der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ist also der Austretende nicht schlechter gestellt als wenn er Gesellschafter wäre. Es stellt sich aber die Frage, ob dem Gesellschafter nach wie vor unter Durchsetzung von Vermögensansprüchen ein Ausscheiden aus der Gesellschaft möglich sein muß. Wenn seine Abfindung trotz einer Kapitalherabsetzung von der Gesellschaft nicht aufgebracht werden kann, so bleiben i h m zur Durchsetzung seiner A n sprüche nämlich nur noch die Auflösung der Gesellschaft und deren Liquidation. Das Austrittsrecht wurde aus dem Grundgedanken heraus entwikkelt, daß bei Vorliegen eines wichtigen Grundes dem Gesellschafter ein Ausscheiden aus der Gesellschaft auch dann möglich sein muß, wenn ein Veräußerungsversuch des Anteils an rechtlichen Schranken, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben, scheitert. Dabei wurde stillschweigend vorausgesetzt, daß die Gesellschaft i m übrigen fortbestehen soll. Nun soll eben dieses Recht auch zur „Zerstörung" der Gesellschaft führen dürfen. Die tatsächlichen Voraussetzungen von Austrittsrecht und Kündigung der Gesellschaft sind verschieden. Ein wichtiger Grund zum Austritt aus der Gesellschaft ist nämlich schon dann gegeben, wenn sich aus der wertenden Beurteilung der Gesamtum176

Winter i n Scholz, § 15 A n m . 93. Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 52; a . A . Winter A n m . 93. 177

i n Scholz, §15

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

stände des Einzelfalles ergibt, daß dem austrittswilligen Gesellschafter die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses nicht länger zumutbar ist 1 7 8 . Das heißt, daß hierunter sowohl Ursachen aus der Sphäre des Gesellschafters als auch solche aus der Gesellschaft fallen. Die Kündigung aus wichtigem Grund dagegen ist nur gegeben, wenn die Erreichung des Gesellschaftszweckes unmöglich w i r d oder andere i n den Verhältnissen der Gesellschaft liegende wichtige Gründe für die Auflösung vorhanden sind (§ 61 Abs. 1 GmbHG) 1 7 9 . Nur für die Fälle, i n denen sich die wichtigen Gründe, die den Gesellschafter zum Austritt veranlaßt haben, aus der Sphäre der Gesellschaft ergeben und die Gesellschafter gleichzeitig über die i n § 61 Abs. 2 GmbHG geforderte Mindestquote von 1 0 % am Stammkapital verfügen, ist damit ein Kündigungsrecht ohne weiteres gegeben. Verfügt der Gesellschafter nur über einen geringeren Kapitalanteil oder ist der zum Austritt berechtigende wichtige Grund i n seinen eigenen Verhältnissen zu suchen, so scheint die Durchsetzung seiner Abfindungsforderung an der mangelnden Auflösungsbefugnis zu scheitern. Allgemein w i r d daher dem Austretenden auch i n diesem Fall als letzter Behelf ein Auflösungsrecht zugebilligt 1 8 0 . Doch auch für die übrigen Fälle ist das Kündigungsrecht gegeben. Das bisher fehlende Tatbestandsmerkmal „wichtige Gründe i n den Verhältnissen der Gesellschaft" ist nun, da die Gesellschaft den Austretenden nicht abfinden kann, dazugetreten. Es ist darin ein wichtiger Grund zur Auflösung der Gesellschaft zu sehen, daß die berechtigten Vermögensansprüche des Gesellschafters nicht mehr durch Zahlung, sondern nur noch durch Liquidation befriedigt werden können. I n einem solchen Fall überwiegt also das Individualinteresse an der Auflösung der Gesellschaft gegenüber dem Sozialinteresse an der Erhaltung der gemeinsam geschaffenen Werte. Dieses Kündigungsrecht steht aber auch dem Austrittswilligen zu, der über weniger als 10 % der Anteile am Stammkapital der Gesellschaft verfügt. A n sich legt der Wortlaut des § 61 Abs. 2 GmbHG nahe, daß dieser Mindestkapitalanteil nicht unterschritten werden darf. Reduziert man jedoch diese Bestimmung auf den dahinter liegenden Zweck, so t r i t t zutage, daß der Mindestkapitalanteil eine Filterfunktion hat. Nur solche Interessen, die auch kapitalmäßig innerhalb der Gesellschaft von nennenswertem Gewicht sind, dürfen eine so schwerwiegende Rechtsfolge wie die Auflösung erzwingen. Indessen ist die Interessenlage beim erfolglosen Austritt ganz anders. Das Interesse des Austretenden ist auf die Zahlung der Abfindung 178

Vgl. oben § 4 I V . 2. b) aa). Vgl. auch zur Abgrenzung A u s t r i t t / K ü n d i g u n g oben § 4 IV. 1. d) ff.). 180 Winter i n Scholz, § 15 A n m . 94; Fichtner B B 1967, 17 (18); so schon RGZ 125, 114 (118). 179

I V . Der A u s t r i t t aus der G m b H

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reduziert. Seine Abfindung kann von der Gesellschaft nicht aufgebracht werden, weil sie nicht über ausreichend haftungsfreies Vermögen verfügt. Wollten die verbleibenden Gesellschafter nun die Auflösungskündigung vermeiden, steht es ihnen frei, entweder selbst die Abfindung aufzubringen oder den Anteil an einen Dritten zu verkaufen. Sobald der Austretende abgefunden wird. bzw. abgefunden werden kann, ist i h m aber die Ausübung des Auflösungskündigungsrechtes untersagt. Da demnach die Gesellschafter die Möglichkeit haben, durch Zahlung der Abfindung die Auflösung abzuwenden, ist es anzuerkennen, daß dem Austrittswilligen für den Fall, daß die Zahlung seiner Abfindung am Kapitalerhaltungsgrundsatz scheitert, das Recht zusteht, Auflösung der Gesellschaft zu verlangen. Dies gilt auch dann, wenn er nicht über 10 °/o der Anteile am Stammkapital verfügt 1 8 1 . (2) Verlangt die Gesellschaft nicht die Abtretung des Anteils und zieht sie diesen auch nicht ein, so scheidet der Gesellschafter nicht aus der GmbH aus. Es entsteht ebenfalls kein Abfindungsanspruch. Vogel versucht diese Situation durch Vorverlegung der Fälligkeit des Abfindungsanspruchs auf den Zeitpunkt der Kündigung zu entschärfen 182 . Dies ist jedoch nicht erforderlich. Zwei Lösungsmöglichkeiten sind gegeben: entweder ist dem Austretenden nach Ablauf einer angemessenen Frist die Erhebung der Auflösungsklage zu gestatten oder der Gesellschafter muß die GmbH auf Einziehung bzw. Erwerb des Anteils verklagen. Die zweite Möglichkeit ist vorzuziehen. Nur dann dürfen die Interessen des Ausscheidenden über das Interesse am Erhalt der Gesellschaft gestellt werden, wenn die Zahlung der Abfindung nicht aus dem über den Betrag des Stammkapitals vorhandenen Vermögen gezahlt werden kann. Weigert sich die Gesellschaft nur, den Anteil einzuziehen, muß sie zunächst zur Einziehung bzw. zum Erwerb des Anteils verurteilt werden. (3) Ist eine Zahlung der Abfindung ohne Verstoß gegen Kapitalerhaltungsvorschriften möglich und verzögert lediglich die Gesellschaft die Zahlung der Abfindung, ist ein Auflösungskündigungsrecht des Austretenden ebenfalls nicht anzuerkennen 183 . Es ist einfach unverhältnismäßig, dem Austretenden ein Kündigungsrecht unter Umgehung der Voraussetzungen des § 61 Abs. 2 GmbHG 181 Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 52; Scholz / Fischer, GmbHG, 8. Aufl., § 15 A n m . 8; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 94; ebenso schon RGZ 125, 118. 182 Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (271). 183 Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 52; z. d. M. Winter i n Scholz, § 15 A n m . 94; RGZ 125, 118.

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§ 4 Der A u s t r i t t v o n Gesellschaftern

dann einzuräumen, wenn er noch über andere Mittel zur Durchsetzung seiner Forderungen verfügt 1 8 4 . Der Austretende muß daher zunächst Klage gegen die GmbH erheben mit dem Ziel, die Gesellschaft zur Abnahme bzw. Einziehung des Anteils zu verurteilen, sofern nicht bereits jetzt feststeht, daß die Abfindungsforderung nicht aus haftungsfreiem Vermögen gezahlt werden kann. M i t der Klage kann eine Klage auf Feststellung der Höhe der Abfindungsforderung verbunden werden. Eine Leistungsklage auf Zahlung der Abfindung ist wegen fehlender Fälligkeit zu diesem Zeitpunkt nur unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO möglich. Die Fälligkeit der Abfindungsforderung t r i t t nämlich erst mit der Einziehung bzw. dem Erwerb des Geschäftsanteils durch die Gesellschaft ein. Sollte sich aber alsbald herausstellen, daß eine Abfindung wegen Verstoßes gegen Kapitalerhaltungsvorschriften doch nicht möglich sein wird, so kann der klagende Gesellschafter i n dem selben Prozeß nun seinen Antrag auf Auflösung der Gesellschaft richten. Das Gericht w i r d die Klageänderung i n aller Regel als sachdienlich zulassen müssen (§ 263 Abs. 1 ZPO). Nach dieser Lösung sind die Gewichte richtig verteilt. Einerseits erhält die Gesellschaft den Anteil vor Fälligkeit der Abfindungsforderung, andererseits kann der Austretende dennoch seinen Abfindungsanspruch durchsetzen. Anders als Vogel 185 vorschlägt, muß daher die Fälligkeit der Abfindungsforderung nicht auf den Zeitpunkt der Erklärung des Austritts vorgezogen werden. dd) Die Zahlungsmodalitäten der Abfindungsforderung Nach Aufstellung der Abfindungsbilanz und Abtretung bzw. Einziehung des Geschäftsanteils ist die Abfindungsforderung fällig. Damit kann grundsätzlich sofortige Auszahlung dieses Betrages verlangt werden. Dies führt zu einem sofortigen, manchmal für die Gesellschaft existenzgefährdenden, Kapitalentzug. M i t einer ratenweise Zahlung der Abfindung wäre der Gesellschaft meist geholfen. I n der Rechtsprechung und Literatur finden sich hier nur Ausführungen für die Fälle der Pfändung oder des Konkurses 186 . Parallelen für die Modalitäten der Abfindungszahlung bei Austritt des Gesellschafters sind hieraus nicht zu ziehen. Die Interessenkonstellationen sind nicht vergleichbar. Dem Gläubiger eines Gesellschafters können nicht in gleichem Maße Interna der Gesellschaft entgegengehalten werden, wie dem Austretenden. Vielmehr ist auf die vergleichbare Situation bei den Personengesellschaften zurückzugreifen. Die fehlende Rechtspersönlichkeit kann hier nicht zu einer wesentlichen Unterschei184 Z u diesem Ergebnis k o m m t auch Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (272). 185 I n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (272). 186 Vgl. die Nachweise bei Schwerdtner GmbH-Rdsch. 1976, 5 (9 F N 42).

I V . Der A u s t r i t t aus der G m b H

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dung nötigen. Für die Abfindungsforderung des ausscheidenden Personengesellschafters ergeben sich nach herrschender Meinung Einschränkungen aus § 242 BGB 1 8 7 . Das Interesse am Fortbestand der Gesellschaft w i r d dabei über das Interesse des Gesellschafters an der sofortigen Verfügbarkeit seiner Vermögenswerte gestellt. Diese Interessenbewertung ist auch sachgerecht. A l l e Gesellschafter haben sich auf den Fortbestand der Gesellschaft eingerichtet, so daß ursprünglich auch der Ausgeschiedene nicht darauf vertrauen konnte, jemals sofort den Barwert seines Anteils i n Händen halten zu können. Daher werden auch dann seine Interessen nicht hintangestellt, wenn er nun i m Falle seines Ausscheidens ebenfalls nicht sofort, sondern erst i n angemessener Zeit über den Barwert seines Anteils verfügt. Die Interessenkonstellation bei der GmbH unterscheidet sich jedoch nicht von der der Personengesellschaft. Ebenso wie der Personengesellschafter kann der austretende GmbH-Gesellschafter seinen Anteil nicht frei veräußern, sondern nur seine Mitgliedschaft aufkündigen. M i t seiner Zustimmung zu den Abtretungsbeschränkungen i m Gesellschaftsvertrag bzw. mit seinem Eintritt in die Gesellschaft hat er bewußt hierauf verzichtet. Mit den Abtretungsbeschränkungen sollte gerade der Bestandsschutz verstärkt werden, so daß auch hier die Gesellschafter sich auf den Fortbestand des Unternehmens eingerichtet haben. Nur für den Fall, daß die Gesellschaft die Abtretung des Anteils genehmigen sollte, konnte sich der Gesellschafter darauf einrichten, Barzahlung seiner Abfindungsforderung zu erhalten. Aber selbst i m Falle eines Verkaufs kann er nicht darauf vertrauen, daß er sofort den Barwert seines A n teils erhält. Vielmehr muß auch der Käufer den Anteilskauf häufig i n irgendeiner Weise finanzieren. Dabei spielen die finanziellen Verhältnisse des Käufers eine wesentliche Rolle. Auch der austretende Gesellschafter als Gläubiger der Abfindungsforderung kann daher seinen Abfindungsanspruch nur unter Berücksichtigung von Treu und Glauben entsprechend den Verhältnissen der Gesellschaft geltend machen. Zwar sind dabei erhebliche Opfer der Gesellschaft nicht ausgeschlossen, aber gegenüber der Zahlung der Abfindungsforderung des Gesellschafters genießt die GmbH Bestandsschutz. Bis zu dieser Grenze hat sie den Ausscheidenden bar abzufinden. Darüber hinaus muß sich dieser Ratenzahlungen bei angemessener Verzinsung gefallen lassen. Gegebenenfalls hat die Gesellschaft Sicherheit zu leisten.

157 RG HRR 39, Nr. 937; v. Gamm i n B G B - R G R K , § 738 A n m . 3; Hueck, Das Recht der OHG, S.458; Keßler i n Staudinger, BGB, § 738 A n m . 12; a . A . Heckelmann, Abfindungsklauseln i n Gesellschafterverträgen, S. 27, 28.

§ 5 Ausschließung und Austritt im Gesellschaftsvertrag I. Die Problemstellung Die Durchsicht der gesetzlichen Beendigungstatbestände der GmbHMitgliedschaft hat gezeigt, daß das GmbHG nicht alle denkbaren Beendigungstatbestände enthält. Es sind dort insbesondere nicht die Fälle der Ausschließung und des Austritts geregelt. I m GmbH-Recht herrscht grundsätzlich Vertragsautonomie, sofern nicht einzelne Bestimmungen als zwingend anzusehen sind (vgl. etwa §§ 45, 60 Abs. 2 GmbHG einerseits und §§ 15 Abs. 5, 25 GmbHG andererseits). Ausschließungs- und Austrittsrecht aus wichtigem Grund sind zwar als zwingendes Recht anzusehen, aber damit ist noch nicht die Frage entschieden, ob dies auch für die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen gilt. I m Ergebnis können nämlich die Gesellschafter frei vereinbaren, was zwischen ihnen als wichtiger Grund gelten soll. Das ergibt sich aus folgendem: Die Ausschließungsregelung läßt sich als bedingte Abtretung bzw. als Zustimmung zur Einziehung des Anteils auffassen. Da Einziehung und Abtretung aber von Gesetzes wegen an keine weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen geknüpft sind, kann demnach jeder beliebige Grund als Ausschließungsgrund vereinbart werden. I m Falle des Austritts könnte der Gesellschafter grundsätzlich darauf verwiesen werden, seinen Anteil zu veräußern, und zwar mit dem Hinweis, ein wichtiger Grund zum Austritt liege nicht vor. Hierin ist ein gewisser Unterschied gegenüber der Ausschließung zu sehen. Ein Austritt aus der Gesellschaft gegen deren Willen kann immer durch Abtretung des Geschäftsanteils erfolgen. Eine Ausschließung ohne wichtigen Grund ist demgegenüber gegen den Willen des Gesellschafters nicht möglich. Dieser Unterschied nötigt jedoch nicht dazu, dem Gesellschafter den Austritt wegen anderer als wichtiger Gründe, bei entsprechender Vertragsklausel, zu versagen. Gesellschafter sind zum einen frei i n der Bestimmung der Ausschließungsvoraussetzungen. Demnach könnte der Gesellschaftsvertrag auch bestimmen, daß der Gesellschafter dann ausgeschlossen wird, wenn er ausscheiden w i l l . Kann aber durch Vertrag auf diesem Wege de facto ein ordentliches Austrittsrecht vereinbart werden, so besteht keine Veranlassung, einer unmittelbaren Austrittsklausel die Gültigkeit zu versagen. Außerdem steht es den Gesellschaftern gem. § 60 Abs. 2 GmbHG frei, beliebige Auflösungsgründe

I I . Die Ausschließungstatbestände

127

festzulegen. Der Austritt stellt aber gegenüber der Auflösung ein Weniger dar. Die Gesellschafter können daher erst recht frei bestimmen, unter welchen Voraussetzungen der Gesellschafter aus der GmbH austreten kann. I I . Die Ausschließungstatbestände 1. Die Ausschließung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes

Der Vertrag kann vorsehen, daß der Gesellschafter, i n dessen Person ein wichtiger Grund gegeben ist, aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird. Dies gilt auch für die Zweimanngesellschaft 1 . Der Bundesgerichtshof läßt eine Vereinbarung ausreichen, daß ein Gesellschafter aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden kann 2 . Eine Ausführung der berühmten Formel i m Gesellschaftsvertrag, wonach ein wichtiger Grund gegeben sei, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer der Gesellschaft unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen der Gesellschafter die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann, ist nicht erforderlich, andererseits unschädlich. Zur Vermeidung unnötiger Rechtsstreitigkeiten kann es hingegen empfehlenswert sein, i m Gesellschaftsvertrag konkrete Einzeltatbestände anzuführen. Darüber hinaus haben sich Rechtsprechung und Lehre und namentlich auch der RegE 1972 zum GmbHG u m eine Definition des wichtigen Grundes bemüht 3 . 2. Die Ausschließung wegen der Gefahr des Eindringens Dritter in die Gesellschaft

Es gibt eine Vielzahl von Gründen, die eine Möglichkeit, den Gesellschafter aus der Gesellschaft auszuschließen, wünschenswert erscheinen lassen, ohne daß ein wichtiger Grund i m Sinne der Generalklausel vorzuliegen braucht. 1 BGHZ 32, 17; L G Regensburg M D R 1954, 551; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 118; Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, S. 419; Hohner GmbH-Rdsch. 1978, 241 ff.; Paulick GmbH-Rdsch. 1978, 121 ff. 2 BGH N J W 1977, 2316 f. 3 Z u m wichtigen G r u n d etwa: Ulmer i n Großkomm. HGB, § 133 A n m . 8 ff.; ders. i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 6; RGZ 65, 27 (38); O L G Hamm M D R 1964, 330; RegE G m b H G 1972, §207 Abs. 1 Satz 2: „ E i n wichtiger G r u n d liegt namentlich vor, w e n n der Gesellschafter durch seine Person oder durch sein Verhalten die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich macht oder erheblich gefährdet oder w e n n sonst die Person des Gesellschafters oder sein Verhalten sein Verbleiben i n der Gesellschaft untragbar erscheinen läßt"; BGH JZ 1977, 799 ist jedoch der Auffassung, daß i m Zweifel die Vereinbarung des wichtigen Grundes ausreichend ist, w e i l Rechtsprechung u n d Lehre diesen Begriff hinreichend konkretisiert hätten; vgl. oben § 3 I I . 3. a).

§ 5 Ausschließung u n d A u s t r i t t i m Gesellschaftsvertrag

W i r d ein Geschäftsanteil gepfändet, so dringt der Gläubiger damit i n den geschlossenen Kreis der Gesellschafter ein 4 . Er w i r d zwar nicht Gesellschafter, doch ist er i n der Verwertung des Anteils nicht an etwaige vertragliche Vorbehalte, wie Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Veräußerung, gebunden 5 . Er stört so das bisherige Gefüge der GmbH. Eine i m Statut vorgesehene entgeltliche Einziehung muß er jedoch gegen sich gelten lassen6. Ebenso erlischt sein Pfandrecht, wenn der Anteil i m Rahmen des Kaduzierungsverfahrens bzw. des Abandon verkauft wird 7 . W i r d über das Vermögen eines Gesellschafters gar das Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet, so ist das Eindringen Dritter noch deutlicher. Der Vergleichsverwalter (§§ 11 und 38 ff. VerglO), obwohl er keine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Schuldnervermögen hat 8 , kann immerhin Auskünfte verlangen und die Geschäftsräume des Schuldners betreten (§ 40 VerglO). Ganz deutlich zeigt sich die neue Situation aber i n der Stellung des Konkursverwalters (§ 6 Abs. 2 KO). Er hat das Verwaltungsrecht und das Verfügungsrecht über das Vermögen des Schuldners und kann dadurch sogar i n der Gesellschafterversammlung mitstimmen 9 . Gefahr des Eindringens Dritter, d. h. unerwünschter Personen, i n die Gesellschaft, besteht auch i m Falle der Gesamtrechtsnachfolge. Eine Erbengemeinschaft ist wegen ihrer Schwerfälligkeit bei der Entscheidungsfindung für die Gesellschaft hinderlich. Ebenfalls kann es unerwünscht sein, daß bestimmte Erben nun ein Mitbestimmungsrecht in der Gesellschafterversammlung erhalten haben. U m sich vor solchem Eindringen zu schützen, kann der Vertrag für derartige Fälle das Ausscheiden des Gesellschafters bzw. seines Rechtsnachfolgers vorsehen. Eine durch den Tod des Gesellschafters bedingte Abtretung des Anteils w i r d als zulässig erachtet, wogegen die Einziehung nur durch erneuten Beschluß möglich ist. Eine durch den Todesfall bedingte Einziehung ist daher unzulässig 10 . T r i t t eine Erbengemeinschaft die Rechtsnachfolge in 4

Miinzberg i n Stein / Jonas, ZPO, § 859 A n m . I I . 4. RGZ 142, 373 (375); BGHZ 32, 151; 65, 22 (24, 25); Schilling / Zutt i n Hachenburg, A n h . §15 A n m . 88; Winter i n Scholz, §15 A n m . 137 ff. jeweils m. w . N. 6 H. M.; vgl. etwa Winter i n Scholz, § 15 A n m . 139 m. w. N. 7 Winter i n Scholz, §21 A n m . 24; ders., §27 A n m . 19; Goerdeler i n Hachenburg, § 21 A n m . 24; ders., § 26 A n m . 27 jeweils m. w. N. (h. M.). 8 Bley / Mohrbutter, VerglO, § 38 A n m . 4. 9 Mentzel / Kuhn / Uhlenbruch, KO, § 6 A n m . 1 ff. 10 H. M.: etwa Schilling / Zutt i n Hachenburg, A n h . § 15 A n m . 94, 95 (zum Konkurs); dies., A n m . 98 (zum Vergleich); dies., A n m . 107, 108; Winter in Scholz, §15 A n m . 157, 158 (Konkurs u n d Vergleich); Paulick GmbH-Rdsch. 1978, 121 (124); Hueck DB 1957, 37 f.; jeweils m . w . N . ; Sudhoff, GmbH, S.462 (463). 5

I I . Die Ausschließungstatbestände

129

einen Geschäftsanteil an, so kann der Gesellschaftsvertrag darüberhinaus bestimmen, daß nur ein Miterbe zur Ausübung des Stimmrechts berechtigt ist oder daß die anderen Miterben verpflichtet sind, ihren Anteil auf eine bestimmte Person zu übertragen. 3. Die Ausschließung aus anderen Gründen

Daneben gibt es natürlich noch eine Fülle von weiteren Gründen, die es je nach Sachlage wünschenswert erscheinen lassen, den Gesellschafter aus dem Verband entfernen zu können, auch wenn ein wichtiger Grund nicht vorliegt. I m einzelnen sind das etwa Verletzungen des Gesellschaftsvertrages, bestimmte Zuwiderhandlungen gegen gesellschaftsrechtliche Normen, Verletzung von Konkurrenzverboten, Amtsniederlegung als Geschäftsführer, Erhebung der Auflösungsklage. Dabei kann auch auf Verschulden abgestellt werden. Objektive Momente, wie das Fehlen oder Wegfallen bestimmter Eigenschaften, der Berufsqualifikation, Familienzugehörigkeit, Religion (bei Tendenzbetrieben), Staatsangehörigkeit oder Entmündigung, kommen ebenfalls als Ausschließungsgründe i n Betracht 11 . Eine Ausschließung ohne sachlichen Grund stößt dagegen heute auf Bedenken 12 . 4. Die Rechtsfolge der Ausschließung

Das GmbHG kennt nur eine Ausschließung wegen säumiger Leistungen auf die Einlage bzw. wegen säumiger Leistungen auf die beschränkte Nachschußpflicht 13 . Weitere Ausschließungstatbestände sieht das Gesetz nicht vor. Der Gesellschaftsvertrag muß daher auch bestimmen, welche Rechtsfolge die Ausschließung nach sich zieht. So kann er namentlich für die erwähnten Fälle ein Kaduzierungsverfahren vorsehen 1 4 bzw. die Einziehung oder Zwangsabtretung anordnen. Durch die 11 I m einzelnen etwa Sudhoff, GmbH, S. 433. Wenn Sudhoff meint, daß auch die Tatsache der Eheschließung als Ausschließungsgrund i n Betracht kommt, so ist dem zu widersprechen. Die i n A r t . 6 GG zum Ausdruck kommende Wertentscheidung (BVerfGE 55 [77]), sowie die ebenfalls h i e r i n geschützte Freiheit zur Eheschließung (BVerfGE 31, 58 [67]); 36, 146 [159]) führt w o h l zur Nichtigkeit dieser Klausel. Vgl. zum Arbeitsrecht B AGE 4, 274 (277); Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 427.5; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., §34 A n m . 4; Hohner i n Hachenburg, § 34 A n m . 7, 33; ders. ebenda A n h . § 15 A n m . 89; Fischer, §34 A n m . 2; Feine, S.459. 12 Vgl. BGH N J W 1981, 2565 zur Kommanditgesellschaft; vorher schon Wiedemann i n Festschrift für Fischer (1979), S. 883 (897); Krämer N J W 1981, 2553 ff. 13 Siehe dazu oben unter § 2 I I . m. w . N. 14 Scholz, Ausschließung u n d A u s t r i t t , S. 23; Hartmann, Der lästige Gesellschafter i n der Wirtschaftspraxis, S. 79; Goerdeler i n Hachenburg, § 21 A n m . 40; Baumbach / Hueck, §21 A n m . 2 A ; Buchwald GmbH-Rdsch. 1961, 109; Winter i n Scholz, § 21 A n m . 4; vgl. dazu § 2 I I .

9 Balz

13Ò

§ 5 Ausschließung u n d A u s t r i t t i m Gesellschaf tsvertrag

Aufstellung von Einzeltatbeständen ist auch dem Konkretisierungserfordernis des § 34 Abs. 2 GmbHG Genüge geleistet. Der Vertrag kann diese Rechtsfolgen auch alternativ nebeneinander stellen und die Wahl zwischen den Rechtsfolgen entweder der Gesellschafterversammlung, dem Aufsichtsrat oder dem Beirat übertragen 15 . Enthält der Vertrag jedoch keine Bestimmungen über die Rechtsfolge einer Ausschließung mit einem bestimmten Anteil, so sind zwei Fälle voneinander zu unterscheiden. Für den Fall der Ausschließung aus wichtigem Grund soll nach Rechtsprechung und Literatur wahlweise immer die Einziehung oder die Abtretung möglich sein 16 . Liegt jedoch ein anderer als ein wichtiger Grund vor, so ist fraglich, ob eine Ausschließungsklausel ausreichend ist, die nicht zugleich eine bestimmte Rechtsfolge für diesen Fall enthält. Selbst wenn der Gesellschaftsvertrag allgemein die Einziehung zuläßt, so sind damit doch nicht die notwendigen Voraussetzungen, unter denen sie erfolgen darf, hinreichend konkretisiert. Da auch eine Zustimmung des betroffenen Gesellschafters zur Einziehung regelmäßig nicht mehr zu erhalten ist, ist daher die Einziehung wegen § 34 Abs. 2 GmbHG nicht möglich. Der auszuschließende Gesellschafter w i r d aber i n diesen Fällen verpflichtet sein, seinen Anteil an die Gesellschaft oder einen von ihr bezeichneten Dritten abzutreten. Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Gesellschafter habe sich i m Fall der Vereinbarung einer Ausschließungsklausel nicht gleichzeitig wirksam zur Abtretung seines Anteils für den Fall verpflichtet, daß die i m Gesellschaftsvertrag vereinbarten Voraussetzungen vorliegen. I n der Zustimmung zu dieser Klausel kann bereits die Verpflichtung zur Abtretung des Anteils gesehen werden. Diese ist aufschiebend bedingt durch das Vorliegen eines i m Vertrag bestimmten Ausschließungsgrundes. Damit stellt sich aber die Frage nach dem Formerfordernis des § 15 Abs. 4 GmbHG. Ist die Klausel i m ursprünglichen Vertrag enthalten, so folgt die Einhaltung der notariellen Form aus der Formvorschrift des § 2 Abs. 1 GmbHG 1 7 , bei Einführung des Ausschließungsrechts durch Änderung des Gesellschaftsvertrages aus § 53 Abs. 2 GmbHG. Zwar entspricht die Beurkundung einer Vertragsänderung nicht notwendigerweise der Beurkundung eines Rechtsgeschäfts, hier also der Abtretungsverpflichtung, doch wiegt dies nicht allzu schwer. Zweck der Formvorschrift des § 15 Abs. 4 GmbHG ist es, den leichten und spekulativen Handel m i t GmbH-Anteilen auszuschließen18. Die Ver15 16 17 18

Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 33. Vgl. oben § 3 I. Winter i n Scholz, § 15 A n m . 36 b). Vgl. zuletzt BGHZ 75, 352 (353).

I I . Die Ausschließungstatbestände

131

pflichtung zur Abtretung des Anteils an die Gesellschaft kann man jedoch schwerlich als spekulativen Handel m i t dem Geschäftsanteil bezeichnen. Da der Zweck der Formvorschrift daher unter keinem Gesichtspunkt gefährdet erscheint, kann auch i m Falle der Einführung der Ausschließungsklausel durch Vertragsänderung eine wirksame Verpflichtung zur Abtretung gesehen werden. Die richtige Rechtsfolge ergibt sich dann aus folgendem: Die Einführung der Ausschließbarkeit stellt auch eine Verkürzung von Rechten und Pflichten dar; diese ist aber der Leistungsvermehrung i n § 53 Abs. 3 GmbHG gleichgestellt. Die Ausschließbarkeit eines Gesellschafters kann nicht gegen seinen Willen gesellschaftsvertraglich vereinbart werden. Es würde bei mangelnder Zustimmung an einer wirksamen Willenserklärung fehlen. Demnach hat einer rechtswirksamen Ausschließungsklausel der betreffende Gesellschafter zwangsläufig zugestimmt. Da die entsprechende Vertragsänderung i n notarieller Form vorgenommen wurde, liegt i n der Zustimmung zur Ausschließungsklausel bereits die für die Durchführung des Ausschließungsverfahrens erforderliche Abtretungserklärung. Sieht der Gesellschaftsvertrag daher vor, daß ein Gesellschafter bei Vorliegen eines bestimmten Grundes aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann, so ist die Klausel i m Zweifel dahingehend auszulegen, daß der Gesellschafter bei Vorliegen dieses Grundes verpflichtet ist, den Anteil abzutreten. 5. Die Feststellung der Ausschließungsvoraussetzungen

Wem es obliegt, die Voraussetzungen einer Gesellschafterausschließung festzustellen, ist naturgemäß dem GmbHG nicht zu entnehmen. Sicherlich kann eine solche Kompetenz nicht dem Geschäftsführer übertragen werden. Der Geschäftsführer hat die Geschäfte der Gesellschaft zu führen. Bei der Entscheidung über die tatsächlichen Voraussetzungen der Ausschließung handelt es sich jedoch u m eine Entscheidung, die die Grundlagen der GmbH berührt. Sie ist einerseits mit der Entscheidung über die Einziehung i n § 46 Nr. 4 GmbHG vergleichbar. Grundsätzlich hat darüber die Gesellschafterversammlung zu befinden, es sei denn, daß diese Kompetenz durch das Statut auf ein anderes Organ, ζ. B. den Geschäftsführer, übertragen wurde. Andererseits ist jedoch eine ähnliche Lage wie bei der Auflösung aus wichtigem Grund gegeben. Falls der Vertrag einen solchen Auflösungsgrund vorsieht, bedarf die Auflösung eines Gesellschafterbeschlusses, für den sogar qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. Dem Gesetz liegt offenbar die Wertung zugrunde, daß Entscheidungen über wichtige Gründe, die den Bestand der Gesellschaft gefährden können, eines Gesellschafterbeschlusses bedürfen. Nun ist die Ausschließung keine Entscheidung, die grundsätz9*

§ 5 Ausschließung u n d A u s t r i t t i m Gesellschaftsvertrag

lieh den Bestand der Gesellschaft gefährdet, doch ist mit Erhebung der Ausschließungsklage häufig auch die Gefahr der Auflösung verbunden 19 . Immerhin kann sich der auszuschließende Gesellschafter widerklagend durch Erhebung der Auflösungsklage wehren, die i m Falle eines unheilbaren Zerwürfnisses unter den Gesellschaftern auch durchdringen kann. Daraus w i r d deutlich, daß der Ausschließungsbeschluß i n stärkerem Maße die Grundlagen der GmbH betrifft als die Einziehung. Die Entscheidung über die Ausschließung eines Gesellschafters kann daher nicht auf den Geschäftsführer übertragen werden, sondern bedarf eines Gesellschafterbeschlusses. Man w i r d es jedoch allenthalben zuzulassen haben, diese Entscheidungsbefugnis auch auf den Aufsichtsrat oder einen Beirat zu übertragen. Zweifelhaft ist auch, ob bei der Ausschließung aus wichtigem Grund neben den Gesellschafterbeschluß ein richterliches Urteil treten muß. Das wäre an sich aus Gründen der Rechtssicherheit zu fordern. Der Gesellschafterbeschluß ist nämlich anfechtbar. W i r d ein fehlerhafter Beschluß trotz Anfechtung ausgeführt, so herrscht bis zum Erlaß des Urteils Unsicherheit über den wahren Gesellschafterbestand. Es muß jedoch den Gesellschaftern freistehen, diese Unsicherheit i n Kauf zu nehmen oder nicht, weil insoweit Drittinteressen nicht berührt sind. Insbesondere haftet der Ausgeschlossene nach wie vor für ausstehende Einlagen. Die Ausschließung durch Gesellschafterbeschluß ist daher zulässig 20 . Die rechtliche Nachprüfbarkeit einer solchen Entscheidung darf aber dennoch nicht ausgeschlossen sein. Jedoch sind Schiedsvereinbarungen ausreichend. Ist eine Schiedsvereinbarung nicht getroffen, so unterliegt der Gesellschafterbeschluß jederzeit der Anfechtungsklage 21 . 6. Entgeltliches oder unentgeltliches Ausscheiden

Sowohl die entgeltliche als auch die unentgeltliche Ausschließung ist problematisch. Grundsätzlich darf nämlich das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen gemäß § 19 Abs. 2 GmbHG nicht angegriffen werden. I m Falle nicht voll eingezahlter Anteile ist zunächst auf die Einzahlung hinzuwirken oder das Kaduzierungsverfahren durchzuführen. Ist dagegen der Anteil voll eingezahlt und ist i m Vertrag ein unentgelt19

Dies w i r d insbesondere am F a l l BGH N J W 1981, 2302 ff. deutlich. BGH JZ 1977, 799 (800); i m Ergebnis ebenso BGHZ 32, 17 (22, 23); Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 31; Winter i n Scholz, §15 A n m . 118; Baumbach / Hueck, Einf. § 34, A n m . 2 B. 21 Schmidt i n Scholz, § 45 A n m . 50, 68; Schilling / Zutt i n Hachenburg, A n h . § 47 A n m . 81 ff.; zur E n t w i c k l u n g der Anfechtungsklage, Schmidt, Die A G 1977, 205, 243 (247, 248); vgl. auch Fischer, §47 A n m . 7 u n d BGH JZ 1977, 799 ff. 20

I I . Die Ausschließungstatbestände

133

liches Ausscheiden vorgesehen, so ist zwar das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht gefährdet, aber es kann i n der Vereinbarung einer solchen Klausel eine Benachteiligung der Gläubiger des Gesellschafters liegen. Ist i m Gesellschaftsvertrag für die Fälle der Pfändung des Anteils oder der Eröffnung des Konkurs- und Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters ein unentgeltliches bzw. ein Ausscheiden zu einem geringeren Entgelt, als es dem wahren Wert entspricht (Minderentgelt), für andere Fälle des Ausscheidens jedoch eine ausreichende Abfindung vorgesehen, so ist diese Bestimmung wegen des Verstoßes gegen die guten Sitten (Gläubigerbenachteiligung) nichtig. Es sind daher generell nur solche Abfindungsbestimmungen zulässig, die nicht gezielt das Pfändungsrecht des Vollstreckungsgläubigers bzw. die Vermögensinteressen der Konkurs- und Vergleichsgläubiger vereiteln 2 2 . Eine Mindesthöhe für die Abfindung bei der Ausschließung aus wichtigem Grund ist hierdurch jedoch nicht gesetzt. Ein Teil der Literatur hält die unentgeltliche Ausschließung eines Gesellschafters für unzulässig, läßt aber eine Abfindung zum Buch- oder Nominalwert zu 23 . Andere wollen eine Ausschließung zum Minderentgelt oder gar eine unentgeltliche Ausschließung nur bei Verschulden des Gesellschafters zulassen 24 . Andererseits w i r d auch die unentgeltliche Ausschließung insgesamt für zulässig erachtet 25 . Die interessengerechte Lösung dieser Frage ist auf der Schnittlinie von Privat autonomie und dem Verbot übermäßiger Beschränkung der wirtschaftlichen und persönlichen Entscheidungsfreiheit eines Vertragsbeteiligten zu suchen. Der ausschlaggebende Gesichtspunkt scheint dabei zu sein, daß der GmbH-Gesellschafter selbst aus freien Stücken darüber befinden kann, ob er sein Kapital zu solchen Bedingungen (unentgeltliche Ausschließbarkeit) investieren w i l l oder nicht. Auch eine dahin 22 Die bisherige Rspr. hat alle Klauseln, die i m Falle der Zwangsvollstreckung oder des Konkurses für Einziehung und Zwangsabtretung k e i n vollwertiges Entgelt vorgesehen haben, für nichtig erklärt. RGZ 142, 373; BGHZ 32, 151; einschränkend jetzt BGHZ 65, 22 unter Aufgabe der bisherigen Rspr.; siehe dazu schon Raabe B B 1956, 708 ff.; Simon GmbH-Rdsch. 1961, 137; jetzt auch Hohner i n Hachenburg, § 34 A n m . 13, 14, 15; Winter i n Scholz, §15 A n m . 139; Baumbach / Hueck, §15 A n m . 6; Priester GmbH-Rdsch. 1976, 5 ff.; ebenso Sachs GmbH-Rdsch. 1978, 169 ff i m Anschluß an O L G Frankfurt GmbH-Rdsch. 1976, 172 f.; vgl. zum gleichen Problem bei Personengesellschaften: BGH N J W 1979, 104 u n d Ulmer N J W 1979, 81 ff.; Flume N J W 1979, 902 ff. 23 Knöchlein DNotZ 1960, 452 (455); Westermann i n Handbuch der Personengesellschaften I, A n m . 449. 24 Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 41; Reuter, Privatrechtliche Schranken, S.403 ff.; Sudhoff, GmbH, S.428; Herrmann, Diss., S. 97, 101 f. 25 Mordhorst N J W 1955, 1542 (1543 f.); Heckelmann, S. 112 ff.; Sachs G m b H Rdsch. 1974, 84 (86); W i n t e r i n Scholz, § 15 A n m . 118.

§ 5 Ausschließung u n d A u s t r i t t i m Gesellschaf tsvertrag

gehende Änderung des Gesellschaftsvertrages ist ohne seine Zustimmung nicht möglich. Für den Fall, daß der Gesellschafter den Anteil i m Wege der Erbfolge erlangt hat, gilt nichts anderes. Gegenstand der letztwilligen Verfügung war nur die derart wirtschaftlich beschränkte Rechtsstellung. I n der Regel w i r d daher eine Vertragsklausel, die eine unentgeltliche Ausschließung bzw. eine Ausschließung zum Minderentgelt enthält, nicht gegen § 138 Abs. 1 BGB verstoßen 26 . Dieses bisher kaum bestrittene Ergebnis ist durch eine neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofs zweifelhaft geworden 27 . Dort wurde eine Abfindung zum Buchwert nach Ausschließung eines Erben aus der K G als gegen die guten Sitten verstoßend angesehen, weil i m konkreten Fall die Buchwertabfindung wesentlich geringer war als eine Abfindung zum wahren Wert des A n teils. Zwar hat der Bundesgerichtshof seine Ausführungen ausdrücklich auf den Fall beschränkt, daß es sich nicht u m eine Ausschließung aus wichtigem Grund handelt. Aus der Begründung der Entscheidung geht aber hervor, daß er i n der Abfindung zum Buchwert eine ungerechtfertigte Bereicherung der übrigen Gesellschafter sieht. Diese Begründung würde so aber auch auf eine unentgeltliche Ausschließung aus wichtigem Grund bei der GmbH zutreffen. Es bleibt daher abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof nicht auch die unentgeltliche Ausschließung aus wichtigem Grund als sittenwidrig ansehen wird. Ist i m Gesellschaftsvertrag eine entgeltliche Ausschließung vorgesehen, so ist einem möglichen Konflikt der Regeln über die Abfindung m i t den Vorschriften über die Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals vorzubeugen. Das zur Erhaltung des Stammkapitals notwendige Vermögen darf i m Falle der Einziehung nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden (§§ 30 Abs. 1, 34 Abs. 3 GmbHG). W i r d daher durch die Zahlung der Abfindung solches Vermögen angegriffen, so darf diese Abfindung an den Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Andernfalls muß der Ausgeschlossene den zur Deckung des Stämmkapitals notwendigen Betrag an die Gesellschaft zurückzahlen (§ 31 Abs. 1 GmbHG). Nach bisheriger Rechtslage sah die h. M. jedoch keinen Verstoß gegen § 33 Abs. 2 GmbHG, wenn die Gesellschaft den voll eingezahlten Anteil gegen Entgelt erwerbe, weil der Gesellschaft der entsprechende Gegenwert i n Form des Anteils zufließe 28 . War danach ein entgeltlicher Er26

Heckelmann, S. 114 f. BGH N J W 1979, 104; dagegen Hirtz B B 1981, 761 ff. m i t ausführlicher Problemdarstellung; Flume N J W 1979, 902 ff.; Esch N J W 1979, 1390 ff.; vgl. auch Eiselt i n Festschrift für L ü b t o w (1981), S. 643 ff. 28 Hohner i n Hachenburg, §33 A n m . 29; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 33; Eder i n Handbuch der G m b H I, A n m . 365; a. A . noch RGZ 68, 312; siehe auch Scholz / Fischer, GmbHG, 8. Aufl., §33 A n m . 4; Scholz, G m b H G 5. A u f l . § 33 A n m . 6, jeweils m. w. N. 27

I I . Die Ausschließungstatbestände

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werb des voll eingezahlten Geschäftsanteils immer möglich, so gilt seit 1.1.1981 nun dieselbe Regelung wie bei der Einziehung. Die Gesellschaft darf den v o l l eingezahlten Geschäftsanteil nur dann erwerben, wenn das aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenen Vermögen geschehen kann (§ 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). E r w i r b t sie den Anteil dennoch, so ist sie nicht verpflichtet, den dafür vereinbarten Kaufpreis zu bezahlen (§ 33 Abs. 2 Satz 3 GmbHG). 7. Die Höhe der Abfindung

Die Abfindungsklauseln müssen sich i m vorbenannten Rahmen halten. Für die Praxis bestehen große Variationsmöglichkeiten durch die Wahl eines bestimmten Bewertungsverfahrens oder durch eigens vereinbarte Bewertungsvorschriften. Nach der hier vertretenen Auffassung ist es zulässig, den Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ohne Abfindung aus der Gesellschaft auszuschließen. Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Abfindung zum wahren Wert des Anteils vor, so gelten die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze. Daneben sind jedoch auch Abfindungsklauseln zulässig, die ein M i n derentgelt vorsehen. Hierzu gehören insbesondere Buch-, Nominal- oder Vermögenssteuerwertklauseln 29 . Ist i m Gesellschaftsvertrag keine Vorschrift über das Entgelt vereinbart, so ist der wahre, wirkliche Wert des Geschäftsanteils zu vergüten 30 . Zu den Einzelheiten siehe oben 31 . 8. Die Rechtslage zwischen Ausschließung und Ausscheiden

Die Rechtsstellung des Gesellschafters nach erfolgter Ausschließung richtet sich zunächst nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages. Scheidet der Gesellschafter bereits mit dem Beschluß aus der Gesellschaft aus, stellt sich diese Frage nicht. Muß jedoch zu einem späteren Zeitpunkt noch über die Einziehung beschlossen oder muß die Abtretungserklärung des Auszuschließenden noch abgewartet werden, so könnte der Gesellschafter i n der Zwischenzeit grundsätzlich die mit seiner Mitgliedschaft verbundenen Rechte und Pflichten noch wahrnehmen. Weil dies aber regelmäßig dem Interesse der verbleibenden Gesellschafter widerspricht, sollte der Vertrag für solche Konfliktfälle Lösungen vorsehen. Enthält der Vertrag keine einschlägigen Regelungen, so bestehen zumindest für den Fall der Ausschließung aus wichti29

Etwa Sudhoff, GmbH, S.429; Fischer GmbH-Rdsch. 1961, 25. H . M . ; BGHZ 9, 157 (164); 16, 317 (322); 32, 17 (23); Fichtner B B 1966, 149; Wolany, S. 152; w . N. § 3 F N 206. 31 § 3 I I . 5.; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 34; zu den Berechnungsgrundsätzen Dömer i n WP-Handbuch 1977, 1131 (1148 ff.). 30

§ 5 Ausschließung u n d A u s t r i t t i m Gesellschaftsvertrag

gern Grund erhebliche Bedenken gegen eine schrankenlose Ausübung der Mitgliedschaft. Der Gesellschafter soll ja gerade deshalb, weil er das gesellschaftliche Zusammenspiel stört, ausgeschlossen werden. Man w i r d hier dieselben Grundsätze anzuwenden haben wie bei der Ausschließung mittels richterlichen Urteils 3 2 . Der Gesellschafter darf weiterhin über seinen A n t e i l verfügen. Gegen treuwidrige Verfügungen ist die Gesellschaft durch § 161 BGB geschützt. Auch vermögensrechtliche Rechte und Pflichten bleiben unberührt. Lediglich die nichtvermögensrechtliche Mitgliedschaft (insbesondere Stimmrecht, Teilnahme an Gesellschafterversammlungen etc.) ruht. Deren Ausübung würde das Gesellschaftsgefüge ungebührlich stören. Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Ausschließung mittels richterlichen Urteils vor, so gelten dieselben Regeln. 9. Ergebnis

Die vorangegangenen Ausführungen haben deutlich gemacht, daß für die Regelung der Ausschließung von Gesellschaftern dem Gesellschaftsvertrag weitgehende Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet sind. Das bet r i f f t nicht nur die Voraussetzungen des Ausscheidens, sondern auch dessen rechtliche und finanzielle Durchführung. Es sind dabei nur wenige Grenzen zu beachten. I m einzelnen sind das Vorschriften über die Erhaltung des Stammkapitals, das Verbot der einseitigen Gläubigerbenachteiligung sowie die richterliche Nachprüfbarkeit des Vorliegens eines wichtigen Grundes. ΠΙ. Die Austrittstatbestände I n GmbH-Verträgen finden sich mitunter Klauseln, die dem Gesellschafter ein Kündigungs- bzw. Austrittsrecht einräumen. Es w i r d durch Erklärung gegenüber der Gesellschaft ausgeübt 33 . Das Reichsgericht hat solche Klauseln, wenn sie nicht eindeutig das Ausscheiden eines Gesellschafters vorgesehen haben, regelmäßig als Auflösungsgrund der Gesellschaft i m Sinne des §60 Abs. 2 GmbHG angesehen34. Zuletzt hat diese Auffassung noch das OLG Karlsruhe vertreten 35 . Die Literatur war 32

Vgl. § 3 I I . 6. I m Gegensatz zur Ausschließung keine Klage notwendig; vgl. Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 51. 34 Vgl. RGZ 79, 418 ff.; 93, 326 ff.; 95, 39 ff.; 113, 147 ff.; zum ganzen etwa: Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 303 ff.; Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 ff. 35 O L G Karlsruhe GmbH-Rdsch. 1960, 24 f. 33

I I I . Die Austrittstatbestände

137

anfangs der Rechtsprechung gefolgt, und erst Scholz und Fischer sind dieser entgegengetreten 36 . Nach dieser Auffassung soll eine statuarische Kündigungsklausel i m Zweifel nicht zur Auflösung der GmbH führen, sondern zum Ausscheiden des Gesellschafters unter Fortführung der Gesellschaft. Ausgangspunkt ist dabei die Feststellung, daß derjenige, der kündigt, ausscheiden und das Vertragsband lösen wolle. Das Interesse der Gesellschaft bzw. der dahinterstehenden Gesellschafter bestehe grundsätzlich i m Erhalt der aufgebauten wirtschaftlichen Werte. Daneben stünden aber auch Interessen der Allgemeinheit am Erhalt des Unternehmens; vor allem die vorhandenen Arbeitsplätze müßten erhalten bleiben. Dem vernünftigen Interesse des kündigenden Gesellschafters könne daher nur das Ausscheiden ohne Auflösung der GmbH entsprechen 37 . Dies ist auch herrschende Meinung 38 . W i l l ein Gesellschafter den Verband verlassen, so kann er zwar ein Interesse daran haben, daß dieser ohne seine M i t w i r k u n g nicht mehr weiterbestehen solle. I n dieser Weise regelt das Gesetz auch die Kündigung bei Personengesellschaften (§§ 723, 736 BGB, 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB). Neben dem Verhältnis der Gesellschafter untereinander ist aber i m Falle der GmbH die Existenz der juristischen Person zu beachten. Wenn auch dieser formale Unterschied allein grundsätzlich keine verschiedene Behandlung von GmbH und Personengesellschaften bewirken sollte, so ist dennoch hier eine unterschiedliche Beurteilung angebracht. M i t der Bildung einer juristischen Person ist regelmäßig eine stärkere organisatorische Verfestigung des Verbandes nach innen und außen h i n verbunden. Auch die Interessenlage der Ausscheidenden ist i n beiden Gesellschaftsformen typischerweise nicht ganz gleich. Zwar sind Personenhandelsgesellschaften und GmbH i n der Wirtschaftspraxis weitgehend austauschbar, aber das Gesetz betont bei den Personengesellschaften dennoch stärker die persönliche Beteiligung des Gesellschafters i m Verband, wogegen das GmbHG wenigstens grundsätzlich die Kapitalinteressen i n den Vordergrund rückt. A l l e i n der Umstand, daß einerseits mehr die personalistische, andererseits mehr die kapitalistische Verbandsstruktur überwiegt, läßt es allein nicht zwingend erscheinen, anders als bei der Kündigung der Personengesellschaft i n der Kündigung bei der GmbH i m Zweifel den Austritt des Gesellschafters zu sehen, doch ergibt sich dies aus dem Vergleich der gesetzlichen Wer36 Scholz JR 1948, 115 (116); ders. JZ 1952, 199 (203); Fischer GmbH-Rdsch. 1953, 136; ders. GmbH-Rdsch. 1955, 15 (168) m i t jeweiligen Nachweisen. 37 Scholz JZ 1948, 115 (116); Fischer GmbH-Rdsch. 1955, 165 (168). 38 Schmidt / Goerdeler i n Hachenburg, GmbHG, 6. Aufl., § 60 A n m . 35; Scholz, GmbHG, 5. Aufl., §60 A n m . 23; Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (266, 267); Fichtner B B 1967, 17 ff.; BayObLG DNotZ 1976, 43; Sudhoff, GmbH, S. 452.

§ 5 Ausschließung u n d A u s t r i t t i m Gesellschaftsvertrag

tungen, die den Kündigungstatbeständen mit Beendigungswirkung der §§ 723 BGB, 61 GmbHG zugrunde liegen. Dabei ist sicher für unsere Überlegung ohne Bedeutung, daß i m einen Falle die Auflösung durch Kündigung, i m anderen Fall durch Klage herbeigeführt werden muß. Andererseits ist das Auflösungsrecht des GmbH-Gesellschafters gegenüber dem des Personengesellschafters wesentlich eingeschränkt. Der GmbH-Gesellschafter hat nur dann eine Auflösungsmöglichkeit, wenn wichtige Gründe i n den Verhältnissen der Gesellschaft vorhanden sind und er darüber hinaus über mindestens 10°/o der Geschäftsanteile verfügt. Der Personengesellschafter kann grundsätzlich ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes die Auflösung der Gesellschaft herbeiführen. Nur dann, wenn die Gesellschaft lediglich auf Zeit besteht, ist dieses Recht auf ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund reduziert. Schränkt aber das GmbHG die Möglichkeit zur Kündigung gegenüber dem BGB beträchtlich ein, so ist daraus der Schluß zu ziehen, daß das GmbHG dem Bestandsinteresse der Gesellschaft größere Bedeutung beimißt als bei der Personengesellschaft. Gewährt aber das Gesetz selbst der GmbH einen stärkeren Bestandsschutz, so ist es naheliegend, diese Wertung auch bei der Auslegung von gesellschaftsvertraglichen Kündigungsklauseln anzuwenden. Ergibt die Auslegung einer solchen Klausel nicht eindeutig, daß die Auflösung der Gesellschaft gewollt ist, so ist sie i m Zweifel dahingehend zu verstehen, daß der kündigende Gesellschafter aus der Gesellschaft austreten w i l l . U m jedoch Auslegungsschwierigkeiten vermeiden zu können, empfiehlt es sich, die Fälle der Kündigung und des Austritts aus der Gesellschaft begrifflich scharf zu unterscheiden. Dies ist dann zu erreichen, wenn der Gesellschaftsvertrag den Begriff Kündigung nur i m Sinne des § 61 GmbHG, also Kündigung der Gesellschaft aus wichtigem Grund, und für den Fall des Ausscheidens des Gesellschafters den Begriff des Austritts verwendet 39 . 1. Die Austrittsklausel bei Vorliegen eines wichtigen Grundes

Der Gesellschaftsvertrag kann das Kündigungs- oder besser Austrittsrecht an das Vorliegen eines wichtigen Grundes knüpfen. Enthält der Vertrag keine nähere Bestimmung darüber, welche Tatsachen, Eigenschaften oder Ereignisse von den Gesellschaftern als wichtiger Grund angesehen werden sollen, so ist dieser Begriff nach den Grundsätzen, die Rechtsprechung und Lehre hierfür entwickelt haben, auszulegen. Danach gilt als wichtiger Grund alles, was dem Gesellschafter den weiteren Verbleib i n der Gesellschaft unzumutbar macht 40 . 39

Vgl. § 4 I. 1. Etwa Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 48; Wolany, S. 100; Winter i n Scholz, § 15 A n m . 89; zum wichtigen G r u n d näher bei § 3 I I . 3. a). 40

I I I . Die Austrittstatbestände

139

2. Andere Austrittsgründe

Der Gesellschaf tsvertrag kann jedoch auch andere Voraussetzungen, bei deren Vorliegen sich der Gesellschafter durch einseitige Erklärung vom Verband lösen kann, bestimmen. Darüber hinaus ist es zulässig, dem Gesellschafter ein „unmotiviertes" Austrittsrecht zu gewähren. 3. Die Rechtsfolge des Austritts

Das Schicksal des Anteils hängt zunächst wieder von der vertraglichen Regelung ab. Haben die Gesellschafter jedoch keine Bestimmung darüber getroffen, so könnte die Gesellschafterversammlung grundsätzlich sowohl die Einziehung des Anteils beschließen oder dessen Abtretung an die Gesellschaft, einen Gesellschafter oder einen erwerbsbereiten Dritten verlangen. Bei der Ausschließung war an dieser Stelle zu differenzieren. Nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes steht der Gesellschaft das Wahlrecht zwischen Einziehung und Abtretung zu. Bei der Ausschließung i n anderen Fällen sollte die Gesellschaft nur die Abtretung des Anteils verlangen können, weil die Voraussetzungen, unter denen die Einziehung zulässig ist, nicht i m Gesellschaftsvertrag hinreichend festgesetzt sind (§ 34 Abs. 2 GmbHG). I m Falle des Austritts sollte dasselbe gelten. Geht aus der Austrittsklausel weder die Möglichkeit zur Einziehung noch die der Abtretung hervor, so hat die Gesellschaft i m Falle des Vorliegens eines wichtigen Grundes zwischen diesen Möglichkeiten die Wahl 4 1 . Ist der Austrittsgrund jedoch nicht hinreichend bestimmt, so kann die Gesellschaft lediglich die Abtretung des Anteils verlangen. M i t der Einziehung bzw. Abtretung des Anteils entsteht der i m Gesellschaftsvertrag vorgesehene Abfindungsanspruch. So kann dort wie i m Falle der Ausschließung die Höhe der Abfindungsforderung bzw. eine bestimmte Bewertungsmethode bestimmt werden. Der Ausschluß des Abfindungsanspruches ist nicht i n jedem Fall zulässig. Wie an anderer Stelle schon dargelegt, ist zwar eine Vereinbarung zulässig, wonach der Gesellschafter unentgeltlich ausgeschlossen werden kann 4 2 . Diese Regelung sollte aber nicht schematisch auch auf den Fall des Austritts angewandt werden. Die wichtigen Gründe, die den Austrittswilligen zum Austritt nötigen, sind weder i m Gesellschaftsvertrag enthalten noch können die Wechselfälle des Lebens, die i m einzelnen einen wichtigen Grund abgeben könnten, von den Gesellschaftern bei Vertragsabschluß 41 Baumbach / Hueck, Einf. § 34 A n m . 3; Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (270); Winter i n Scholz, § 15 A n m . 92; Ulmer i n Hachenburg, A n h . §34 A n m . 52. 42 Vgl. § 5 I. 6.

§ 5 Ausschließung u n d A u s t r i t t i m Gesellschaftsvertrag

überblickt werden. Darüber hinaus kommt dem Austrittsrecht kein Strafcharakter zu. Der Gesellschafter soll, wenn er schon aus i n seiner Person liegenden wichtigen Gründen zum Austritt gezwungen ist, nicht ohne jegliche Abfindung bleiben. Eine solche Regelung könnte zu einem faktischen Ausschluß des Austrittsrechtes führen. Dem steht aber sein zwingender Charakter entgegen. Daraus ergibt sich folgendes: Der Ausschluß jeglicher Abfindung nach Austritt aus wichtigem Grund ist unzulässig. Vereinbarungen über die Höhe der Abfindung können insoweit getroffen werden, als sie nicht zu einem faktischen Ausschluß des Austrittsrechts führen 43 . Ist jedoch ein wichtiger Grund nicht gegeben, sind diese Bedenken unangebracht. Insoweit kann daher auch ein unentgeltliches Ausscheiden vereinbart werden. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Bestimmungen über die Fälligkeit der Abfindung, so entsteht der Abfindungsanspruch nicht zum Zeitpunkt der Austrittserklärung, sondern erst mit Einbeziehung oder Abtretung 4 4 . Die Höhe bemißt sich nach dem wahren, wirklichen Wert des Anteils. Dieser w i r d aufgrund einer Bilanz zum Stichtag des Ausscheidens errechnet 45 . 4. Die Mitgliedschaft zwischen Austrittserklärung und Ausscheiden

I n der Zeit zwischen Wirksamwerden der Austrittserklärung und Einziehung bzw. Abtretung des Anteils an die Gesellschaft oder einen Dritten ist der Ausscheidende noch Gesellschafter; erst mit Einziehung oder Abtretung verliert er die Mitgliedschaft. Vor diesem Zeitpunkt w i r d man ein Ruhen der gesamten Mitgliedschaft für den Fall annehmen müssen, daß sowohl die Abfindung gezahlt, als auch der Kündigungsstichtag eingetreten ist 46 . Für die Zeit davor ist dem Austretenden sein Stimmrecht i n der Gesellschafterversammlung insoweit untersagt, als die Beschlußfassung i m Zusammenhang m i t der Einziehung oder Abtretung seines Anteils steht 47 . Soweit § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG nicht unmittelbar anzuwenden ist, folgt dies aus der Erwägung, daß die Inter43

Winter i n Scholz, § 15 A n m . 95; Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 55; Sudhoff DB 1962, 1596; Reuter, Privatrechtliche Schranken, S. 405. 44 Winter i n Scholz, § 15 A n m . 93; a. A . Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (271, 272); Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 54; vgl. §4 I V . 3. d) bb). 45 Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S.259 (270); Ulmer i n Hachenburg, A n h . § 34 A n m . 54, der v o m Verkehrswert ausgeht. Dieser ist m i t dem inneren Wert nicht unbedingt identisch; vgl. Goerdeler i n Festschrift für Barz (1974), S. 113 (118); ähnlich wie Vogel aber schon Scholz JR 1948, 115 (116). Z u m Wertansatz vgl. § 3 I I . 5. a) u n d § 4 I V . 3. d) cc). 46 Dafür Vogel i n Festschrift für K n u r (1972), S. 259 (277). 47 Vogel ebenda; Schmidt i n Scholz, § 47 A n m . 89.

I I I . Die Austrittstatbestände

141

essen des Gesellschafters durch diesen Beschluß nicht mehr berührt werden, andererseits der Gesellschafter kein Interesse mehr an dem Schicksal seines Geschäftsanteils zu haben braucht, da i h m als Kompensation der Anspruch auf Abfindung zusteht 48 . Eine weitere Einschränkung der Mitgliedschaft ist, anders als bei der Ausschließung i m Falle des Austritts, nicht geboten. Näher hierzu bereits oben 49 .

48 I m Ergebnis ebenso Vogel ebenda, S. 277; nach der o. g. Argumentation dient der Ausschluß v o m Stimmrecht nicht zur Verhinderung einer Interessenkollision (dazu Schmidt i n Scholz, § 47 A n m . 89 m. w. N.), sondern zur V e r hinderung der Mitbestimmung i n Fällen, i n denen der Gesellschafter gar nicht mehr betroffen ist. 49 Vgl. § 4 I V . 3. c).

§ 6 Rechtetatsachen zur GmbH I. Der Untersuchungsgegenstand Die vorangegangenen Ausführungen haben den Rahmen für die privatautonome Regelung des Ausschließungs- und Austrittsrechts abgesteckt. Aufgabe des folgenden Abschnitts ist es, herauszufinden, i n welcher Weise die Rechtspraxis diesen Gestaltungsrahmen nützt bzw. sich i n den oben gesteckten Grenzen hält. Eine einschlägige Untersuchung hat bereits Limbach vorgelegt. I m Rahmen ihrer umfassenden Untersuchung zur Rechtswirklichkeit der GmbH hat sie auch die uns gestellte Aufgabe behandelt 1 . Eine Ergänzung ihrer Erhebungen erscheint gleichwohl sinnvoll. Der Verfasser konnte aufgrund einer Voruntersuchung feststellen, daß die Anzahl von Gesellschaftsverträgen, die Ausschließungs- oder Austrittsklauseln enthalten, i m untersuchten Handelsregisterbezirk Stuttgart erheblich höher liegt 2 , als die von Limbach ermittelte Zahl. Außerdem untersuchte L i m bach lediglich Gesellschaften, die zwischen 1961 und 1963 i n das beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg geführte Handelsregister eingetragen worden sind 3 . Das bedeutet, daß von ihrer Untersuchung i m wesentlichen nur neu gegründete Gesellschaften erfaßt sind. Die Untersuchungsergebnisse sind daher nicht repräsentativ für alle Gesellschaften. I m Verlauf der hier vorgelegten Untersuchung hat unabhängig hiervon Kornblum 4 eine rechtstatsächliche Studie i m gleichen Handelsregisterbezirk durchgeführt. Das Zusammentreffen der beiden Untersuchungen ist geradezu als Glücksfall zu bezeichnen. Wegen der von i h m gewählten Untersuchungsmethode war es Kornblum nämlich nicht möglich gewesen, für die untersuchten Gesellschaften auch die Zahl der Gesellschafter zu ermitteln 5 . M i t Hilfe der hier gewählten statistischen Methode können diese Ergebnisse somit nachgereicht und die Untersuchung von Kornblum ergänzt werden. 1

Limbach, Theorie u n d W i r k l i c h k e i t der GmbH, S. 74 ff. Limbach, S. 77: 31 von 486 = 6,4% Ausschließungsklauseln aus wichtigem Grund. I n der jetzigen Untersuchung wurde ein Anteilssatz von 39,3% ermittelt. 3 Limbach, S. 31, 32. 4 Kornblum GmbH-Rdsch. 1981, 227 ff. 5 Kornblum ebenda, S. 229. 2

I I . Die U n t e r s u c h u n g s e e

143

I n der empirischen Rechtssoziologie w i r d nicht ganz zu Unrecht darauf hingewiesen, daß nur wenige Untersuchungen zur Nutzung der Gestaltungsfreiheit i n Gesellschaftsverträgen vorhanden seien6. Zwar wurde bereits eine erheblich größere Zahl von Untersuchungen zur GmbH durchgeführt, als Hartwieg i n seiner Darstellung nachweist, aber diese bezogen sich i m wesentlichen auf die Struktur und tatsächlich weniger auf die Gestaltungsfreiheit in der GmbH 7 . So erscheint es auch aus diesem Grund geboten, eine weitere rechtstatsächliche Untersuchung zur Gestaltungsfreiheit i n Gesellschaftsverträgen vouzulegen. Aus Gründen der Übersicht und der Vollständigkeit w i r d die Untersuchung auf alle Ausschließungs- und Austrittsklauseln und auf die Struktur der GmbH ausgedehnt. Insbesondere soll sie auch erweisen, ob sich kapitalistische und personalistische Strukturtypen i m Hinblick auf die Verwendung entsprechender Klauseln wesentlich unterscheiden bzw. welche Korrelation zwischen der Verwendung bestimmter Klauseln und dem Strukturtypus einer Gesellschaft besteht und wie diese gegebenenfalls zu deuten ist. Die Untersuchung wurde bei dem am Amtsgericht Stuttgart geführten Handelsregister durchgeführt. Als Stichtag wurde der 1.1.1980 festgelegt. Gegenstand der Untersuchung sind demnach alle zum Stichtag i m Handelsregister beim Amtsgericht Stuttgart eingetragenen GmbH. Soweit sich zu diesem Zeitpunkt eine Gesellschaft i n Liquidation befand, aber noch nicht gelöscht war, wurde sie mitgezählt. I I . Die Untersuchungsmethode 1. Der Auswahlsatz

A m 1.1.1980 waren i m Handelsregister beim A G Stuttgart 4931 GmbH eingetragen. Diese Gesellschaften waren auf die HRB-Nr. 14 bis 8684 verteilt. U m über diese Gesellschaften allgemeingültige Aussagen treffen zu können, wurden nicht alle Gesellschaften, sondern nur ein Auswahlsatz von gut 105ΜΙΠ

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C.O

0.0 0.0 c.O o,0 3,3 0,0

C.c 3.3

30 10C.0

0.5

0.5 0.9 O.C 0.5

0.5

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0,0 0.3

C.5

0.0 0.0 o.o 0.0 0.0 0.0 0.2 c.o 0,0 0,0 0,0 0,2

8.1

13.6

6,0

0.5

l 0 0

0 0 0 1

0 0 0 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

λ

0 0 0 0 1

0,8

0,0

0,2 0,0 0,0 0,0

0 1 C

0 C

1

C

c 0 C

ζ

o.c 0.0

0,0

0,0 1.2

c.o

IV. Anhang

I RECHTSTATSACHEN IGERhAPD Κ. Β ALZ

195

ZUR

GMBH

I 15,05,19811

I 1 ISTATISTISCHE AUSWERTUNG AUF TR440 DES ZDV TUEB INGEN : ASSESSOR G.RJNGWAI.OI PERSONALISTISCHE GMΒL'I OHNE EINMANN/ MJT AUSSCHLIESSUNGSKLAUSEL BEI KONKURS UND VERGLEICH; ABFINOUNGSREGELUNG; SEITE

ABFINDUNG

II

KAPITALIANZ