Die Arbeitsgemeinschaften der Referendare [Reprint 2021 ed.] 9783112605424, 9783112605417

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Die Arbeitsgemeinschaften der Referendare [Reprint 2021 ed.]
 9783112605424, 9783112605417

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Staubingers Kommentar zum BGB. 10., neubearbeitete Auslage Bisher erschienen

4! Lieferungen: Van- HI, 1. Teil: Sachenrecht, §§ 854—W, erläutert von Dr. K. Kober. Lex.-8o. vm, 830 Seiten.

Geh. RM. 32.—. In Halbleder gebunden RM. 37.50. Der 2. Teil von Band III (Sachenrecht) und Band I (Allgemeiner Teil) werden im Sommer 1935 erscheinen. Es folgen dann die Bünde II (Schuldverhältnisse), IV (Familienrecht), V (Erbrecht), VI/VII (Einführungsgesetz und Gesamt­ register zu Bd. I—VI). Das Werk erscheint in Lieferungen zu je 10—20 Bogen. Einzeln können Lieferungen nicht gekauft werden. Dagegen ist jeder Band einzeln zu haben.

Gesamtpreis etwa RM. 400.— gebunden.

Umtausch gegen alte Auslagen: Bei Rückgabe einer vollständigen 9. Auflage (7 Bände in 12 Teilbänden) werden RM. 48.—, einer vollständigen 7./8. Auf­ lage werden RM. 86 — gutgeschrieben. Für jedes bestellte Stück der 10. Auf­ lage kann immer nur 1 Stück der älteren Auflage in Umtausch genommen werden. Das Umtauschangebot gilt bis zum Erscheinen des zuerst fertig werdenden Bandes. Deutsche Justiz 1934, Nr. 36:

Die zweite Lieferung verstärkt in allem den Eindruck, den schon die erste erweckt hat, daß die neue Auflage gegenüber ihren Vorgängern noch erheblich an Wert gewonnen hat. Min.-Rat Krieger,

Juristische Wochenschrift 1984 Nr. 36/37. .. . Der Inhalt aber ist der denkbar umfassendste. Was obsolet, ist auSgemerzt; was rechtsgeschichtlich, rechtsbegrifflich, streitfragenmäßig von Wert ist, ist beibehalten. Alles Neue an Ideengut aus Gesetz, Verordnung, Recht­ sprechung, Schrifttum ist erfaßt und verarbeitet, so daß die vorliegenden Liefe­ rungen in der idealen Verbindung von Wissenschaftlichkeit und praktischer Rechtspflege dem hohen Niveau der früheren Auflagen entsprechen.

Das Werk, soweit es vorliegt, ist dank der großen Sorgfalt und Sachkunde seines Bearbeiters eine würdige Fortführung der bisherigen Auflagen. Mögen die Fortsetzungen von gleicher Gründlichkeit sein, dann wird „Der Stau­ dinger" in der 10. Auflage das Werk sein, das keinem Juristen ent­ behrlich ist, das zum Rechtsaufbau des Dritten Reiches beiträgt und auf daS wir stolz sein können. RA. u. Notar Wilhelm Scholz, Berlin.

I. Schweitzer Verlag (Arthur SeDier) München, Berlin und Leipzig

Die Arbeitsgemeinschaften der Referendare Von

Dr. Edmund Keßler Landgerichtsrat

Mitglied des Austizprüfungsarntes in Lasset

1935 München, Vertin und Leipzig D. Schweitzer V erlag (Arthur Settier)

Druck von Dr. F. P. Dotieret & Tie., Fvetstug-Mimcheu.

Inhaltsverzeichnis Geleitwort.................................................................................. 1 I. Warum Arbeitsgemeinschaften?....................... 3 1. Vorbemerkung........................................................... 3 2. Die Fehlerquellen..................................................... 3 3. Das neue Erziehungsziel................................... 8 4. Sinn und Zweck der Arbeitsgemeinschaften . . 10 5. Die einzelnen Aufgaben der Arbeitsgemeinschaften 13 6. Bedenken und ihre Ausräumung.............................. 19 7. Die praktische Bewährung.......................................... 23 II. Die Menschen und die Arbeir in den Gemein­ schaften ...................................................................................25 1. Die Gemeinschaft.......................................................... 25 2. Der Gemeinschaftsleiter.............................................. 32 3. Der Referendar.......................................................... 38 4. Die Arbeitsweise im allgemeinen............................ 42 5. Die möglichen Arbeitsmittel und -Wege ... 47 6. Einzelarbeitsaufgaben................................................ 68 III. Die gesetzlichen und sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften................................................ 74 IV. Der Gemeinschaftsleiter und die Verwal­ tungsausbildung ........................................................... 95 V. Der Personalbogen, seine Bedeutung und Handhabung; Einzel- und Kleinarbeit des Ge­ meinschaftsleiters ........................................................... 98 VI. Die Zeugnisse..................................................... 123 VII. Die Berichte der Gemeinschastsleiter... 136 VIII. Die Referendarübungen am Oberlandes­ gericht ................................................................................. 140 IX. Ausblick und Entwicklungsmöglichkeiten . . 152 Wortverzeichnis........................................................................... 157

Ziel der Ausbildung: Ziel der Ausbildung des Juristen ist die Heranziehung eines in seinem Fach gründlich borge« bildeten, charakterlich untadelhaften Dieners des Rechts, der im Volk und mit ihm lebt und ihm bei der rechtlichen Gestaltung seines Lebens ein unbestechlicher und zielsicherer Helfer und Führer sein will und kann. Um dies zu erreichen, mutz die Ausbildung den ganzen Menschen ergreifen, Körper und Geist zu gutem Zweiklang bringen, den Charakter festigen und den Willen stärken, die Volksgemeinschaft im jungen Menschen zu unverlierbarem Erlebnis ge« stallen, ihm eine umfassende Bildung vermitteln und auf dieser Grundlage ein gediegenes fachliches Können aufbauen. (Justizausbildungsordrmng vom 22. Juli 1934).

I. Warum Arbeitsgemeinschaften?

1. Vorbemerkung. Diese Untersuchung voranzustellen, ist notwendig, um die erforder­ lichen Grunderkenntnisse zu geivimten, um die geistige Grundhaltung klar herauszuarbeiten, die den Erfolg der Arbeitsgemeinschaften ge­ währleistet. Die Beantwortung der gestellten Frage ist notwendig, um die Fehlerquellen aufzudecken, die wir ausrotten müssen und denen wir in der Gemeinschaftsarbeit zu begegnen haben. Und aus all diesem werden wir den rechten Blick für die klare Zielrichtung der Arbeits­ gemeinschaften und das zu setzende Ziel selbst gewinnen. Warum Arbeitsgemeinschaften? Diese Frage mußten sich die Schöpfer derselben und der Justizausbildungsordnung vorlegen, ehe sie die Ein­ richtung schufen beziehungsweise anerkannten. Diese Frage mußte sich jeder Gemeinschaftsleiter und wird sich jeder künftige Gemeinschafts­ leiter stellen müssen, ehe er seine Arbeit beginnen kann. Und diese Frage wird sich jeder Referendar vor seinem Eintritt in die Arbeitsgemein­ schaft beantworten müssen, und sein Gemeinschaftsleiter wie auch die älteren Kameraden werden ihm hierbei helfen und ihm den rechten Weg für die Mitarbeit zeigen. Schließlich sollte sich diese Frage jeder verantwortungsbewußte Ausbilder und Jurist stellen, um Klarheit über die Aufgaben der neuen Arbeitsgemeinschaften und über das sich hier­ aus ergebende Verhältnis der Gemeinschaftsarbeit zur Gesamtausbil­ dung zu erhalten. Und so wendet sich diese Einführungsarbeit, dieser Führer durch die Arbeitsgemeinschaften nicht nur an die Gemeinschaftsleiter, sondern vor allem auch an die Referendare selbst, also an die, die es unmittelbar angeht und um die es geht. Darüber hinaus aber auch an jeden in der juristischen Ausbildung tätigen oder doch an ihr interessierten Juristen mit dem Wunsche, alle und jeden einzelnen von dem Gesetz der Not­ wendigkeit der Gemeinschaften und ihrer Arbeit zu erfüllen und alle Kräfte wachzurufen, die mithelfen können, um den Juristennachwuchs heranzubilden, den wir brauchen, um das Werk der Neuschaffung deutschen Rechtslebens vollenden zu können.

2. Die Fehlerquellen. Als der Nationalsozialismus die Staatsführung übernahm und nun auch daran ging, die deutsche Rechtspflege und das deutsche Rechts1*

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I Warum Arbeitsgemeinschaften?

leben schlechthin neu zu gestalten, war es von vornherein klar, daß dieses nur gelingen konnte, wenn ein innerer Wandel der deutschen Juristenschaft vollzogen wurde. Nämlich der Wandel vom aka­ demischen Juristen zur volksnahen, kämpferischen Persön­ lichkeit, zum Volksjuristen. Die Juristenschaft verkörperte in der Vergangenheit einen Stand, dessen Besonderheit darin bestand, daß er das Recht beherrschte, während der einfache Volksgenosse von diesem Recht nichts, aber auch gar nichts verstand beziehungsweise verstehen konnte. Die Juristen waren also bisher „die Beherrscher des Rechts" und nicht so sehr „die Diener des Rechts". Diesem tatsächlichen Zustand der Vergangenheit entsprach auch die Grundeinstellung der Juristen, mußte ihm entsprechen, denn die juristische Ausbildung selbst wurde hiervon, und zwar vom ersten Tage des Hochschulstudiums bis zur praktischen Berufsausübung beherrscht. Wie konnte aus einem Rechts­ studenten, dem eben nur Juristenrecht und nicht gesurrdes Volksrecht gelehrt wurde, dem die Juristerei und die Konstruktion und Deduktion als Selbstzweck und letztes Ziel des Rechts eingeimpft wurde, etwas anderes werden als ein Nur-Jurist mit besonderer Denkweise und eigener Kunstsprache. Diese Entwicklung, die zweifellos höchste juristische Geistesleistungen hervorbrachte, hatte aber eine Verflachung, eine Entfremdung vom gesunden, natürlichen, im Volke lebenden zugleich sittlich kraftvollen Rechtsbewußtsein zur Folge. Ohne daß man es meiste, entfernte sich der deutsche Jurist von dem wahren, in unserer Blutsgemeinschaft gewordenen und im Volke verwurzelten Rechtsideal. Das Recht wurde gekünstelt. Man machte zwar aus ihm aiich eine Kunst, der aber vom nationalsozialistischen Standpunkte aus gesehen das Leben und die innere Kraft dazu fehlte. Und so konnte das eintreten, was einen immer wieder erstaunen ließ, daß der Jurist oft ein fehlgeleitetes, lebens­ fremdes Rechtsgefühl und der juristisch nicht geschulte Volksgenosse ein zwar primitives, aber dafür gesundes, klares Rechtsempfinden besaß. Gerade das Gegenteil hätte aber, wenn die Erziehung des Juristen organisch und verinnerlichter verlaufen wäre, der Fall sein müssen. Denn an sich ist nichts geeigneter, zur Vertiefung des im jungen deut­ schen Menschen fast immer vorhandenen gesunden Rechtsbewußtseins beizutragen, als gerade die Beschäftigung mit dem Recht, also das Studium des Rechts. Auf die Ausnutzung dieser im Rechtlichen liegen­ den erzieherischen Kräfte hat aber die Vergangenheit, und zwar sowohl während des Studiums als auch in der Praxis verzichtet. Anstatt organisch aufzubauen, anstatt an das Vorhandene anzuknüpfen, anstatt aus diese Weise zu einer Steigerung der natürlichen Kräfte zu kommen, machte man das Gegenteil, so daß die guten natürlichen Anlagen

2. Die Fehlerquellen

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manchen Rechtsjüngers durch seine Ausbildung gehemmt, verkümmert, oder sogar zerstört wurden. Und mit dieser Verflachung des allgemeinen Rechtsdenkens des Juristen ging eine Verflachung der Berufsauffassung Hand in Hand. Diese hatte viele Ursachen. Ich muß mich hier auf das Wesentliche beschränken und kann deshalb nur einige Gesichtspunkte herausgreifen. Einmal hat die Entfremdung vom gesunden Rechtsideal auch auf die Berufsauffassung eingewirkt. Sie hat einerseits zu einer Übersteigerung des Wertgefühles hinsichtlich des Juristenberufes geführt, andererseits die Berufsauffassung von einer inneren, ethischen zu einer mehr äußer­ lichen Angelegenheit gemacht. Ferner hat die Heranziehung des Juristen im liberalistischen und individualistischen Geiste, der doch alle diese inneren und sittlichen Dinge so gern verneinte und bespöttelte, viel dazu beigetragen. Nicht zuletzt ist es aber die große wirtschaftliche Not gewesen, die die jungen Juristen wie alle anderen jungen Menschen zu Sklaven ihrer eigenen wirtschaftlichen Existenz gemacht hat. Wenn schon die Auswahl des Berufes im letzten Jahrzehnt überwiegend nur von rein äußer­ lichen, nämlich wirtschaftlichen Mngen beherrscht wurde, so gilt das in noch weit höherem Maße von dem Studium und der praktischen Aus­ bildung selbst. Mles war nur darauf abgestellt, möglichst bald fertig zu werden und in dem Examen möglichst günstig abzuschneiden. So wurden Studium und praktische Ausbildung zu Hilfsmitteln der Er­ reichung eines Broterwerbes herabgedrückt und beiden die Kraft und Schönheit des inneren Erlebens genommen. Wer wurde nicht alles Jurist? Die meisten wußten wirklich nicht warum, und nach ihrer Berufung und Befähigung fragten in der Regel weder die Eltern noch die Anwärter selbst. Zum Teil studierte man die Rechte, weil der Sohn doch irgendetwas studieren mußte. Ich entsinne mich heute noch recht deutlich, wie ich einmal als Vormundschaftsrichter einer Mutter, deren Sohn in der höheren Schule nicht recht vorankam, dafür aber gute praktische Anlagen besaß, den Rat gab, ihren Jungen ein Handwerk erlernen zu lassen. Die Mutter empfand diesen Vor­ schlag geradezu als eine Zumutung und Beleidigung, ihr Sohn mußte natürlich studieren. Ob er dabei scheiterte, danach fragte sie nicht. Ein anderer Teil wieder wählte das Rechtsstudium, weil es als das ttirzeste und billigste erschien. So kam es, daß wir diese Flut von jungen Juristen erleben mußten, von denen der größte Teil überhaupt nicht, jedenfalls aber nicht die Rechte hätte studieren dürfen. Bei Referendarprüfungen wundert man sich immer wieder darüber, . daß unter den Kandidaten nicht wenige sind, denen aber auch das Mindestmaß an allgemeiner geistiger Befähigung und dazu jede Ein-

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I Warum Arbeitsgemeinschaften?

sicht in rechtliche Dinge und jedes Verständnis für innere rechtliche wie wirtschaftliche Zusammenhänge fehlt. Noch eines fällt einem bei Durchsicht der Prüfungsakten immer von neuem auf, nämlich die Reifezeugnisse, die in der Regel einfacher Durchschnitt sind, oft aber auch noch darunter liegen. Sicher sind die Reifezeugnisse kein absoluter Gradmesser. Es gibt schlechte Schüler, die tüchtige Männer und gute Juristen, und es gibt umgekehrt gute Schüler, die im Leben nichts geworden sind. Trotzdem sind aber die Reifezeugnisse in der Regel ein guter Anhaltspunkt. Ich habe beobachtet, daß die Studenten mit schwachen Reifezeugnissen — von wenigen Ausnahmen abgesehen — sich auch in ihrer weiteren Entwicklung nicht darüber hinausgehoben haben. Ich gehe auf diese Ursachen so gründlich ein, weil es für jeden Aus­ bilder und auch für jeden Referendar unerläßlich ist, sich einmal über diese Dinge Gedanken zu machen und ihnen bis zur letzten Wurzel nachzugehen. Denn wenn wir in Zukunft Besserung schaffen wollen, müssen wir zunächst einmal wissen, wo die Fehlerquellen liegen, da­ mit wir an der richtigen Stelle ansetzen können. Noch ein weiterer Gesichtspunkt ist in diesem Zusammenhänge von besonderer Bedeutung, und er wird bei der Referendarausbildung der nächsten Jahre besondere Berüch'ichtigung finden müssen, nämlich der, daß unsere gegenwärtigen jungen Juristen noch ein Studium durch­ gemacht haben, das die römisch-rechtliche Vorbildung stärker betont als die deutsch-rechtliche, und bei dem infolgedessen naturgemäß die Er­ ziehung zum deutschen Rechtsdenken nicht so sehr in den Vorder­ grund trat, wie dies in Zukunft der Fall sein wird. Während wir also später einmal Referendare zur Ausbildung erhalten werden, die schon voin Beginn des Studiums an im Sinne des neuen deutschen Rechts geschult sind, bei denen wir also an vorhandene Vorstellungen an­ knüpfen und organisch aufbauen können, müssen wir im Augenblick unser besonderes Augenmerk darauf richten, die Referendare in ihrer Grundausfassung umzustellen und jede Gelegenheit zur Vertiefung gesunden, deutschen und volksverbundenen Rechtsempfindens auszu­ nutzen. Es ist ohne weiteres klar, daß die jungen Juristen, die den geschil­ derten Entwicklungsgang genommen hatten, nur dann noch das Ver­ säumte hätten nachholen können, wenn wenigstens die Referendar­ ausbildung die richtige Ausgestaltung gehabt hätte. Dies war aber nicht der Fall. Auch die praktische Ausbildung krankte an den bereits dargelegten grundlegenden Ursachen. Grundsätzlich hatten weder die Ausbilder noch die Referendare die richtige Einstellung zu der zu lösenden Ausbildungsausgabe. Ich sage bewußt nicht „Erziehungs-

2. Die Fehlerquellen.

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aufgabe", denn von einer Erziehung im höchsten Sinne dieses Wortes kann für die Vergangenheit der Referendarausbildung beim besten Willen nicht die Rede sein. Diese war in erster Linie eine Schulung in den Fragen der praktischen juristischen Berufsausübung. Es muß hervorgehoben werden, daß die Referendare hier Vorzügliches gelernt haben. Es blieb aber in der Regel Handwerksmäßiges, da es auch die Praxis versäumte, den Referendaren eine innere Beziehung zu ihrem Beruf zu geben, und sie auch menschlich, innerlich für den künftigen Lebensberuf reif zu machen und vorzubereiten. Es prüfe sich doch ein­ mal jeder Ausbilder, ob und inwieweit er in dieser Richtung über­ haupt etwas für seine Referendare getan hat, und mancher wird sich hier schwerer Unterlassungssünden bezichtigen müssen. Sicher ent­ schuldigte die unerträgliche Überlastung manches, sicher kamen die Referendare solchen Bemühungen kaunl entgegen, sie verhielten sich zum Teil geradezu ablehnend. Als ich vor etwa 6 Jahren in der ersten Zeit meiner Ausbildungs­ tätigkeit den Versuch machte, die Referendare für eine verinnerlichte Ausbildung zu gewinnen, fand das wenig Anklang. Man wollte gern etwas lernen, aber nur Wissen, das man für das Examen brauchte. Alles andere wurde mit einer echt liberalistischen Handbewegung ab­ gelehnt. Auch mein Hinweis, daß das Examen doch nur eine Durch­ gangsstation sei und es letzten Endes darauf ankomme, als innerlich reife und gefestigte Persönlichkeit im Leben seinen Mann zu stehen, fruchtete wenig. Für diese Dinge hatte man eben in den Jahren des Systems keine Zeit. Es blieb vielmehr dem Nationalsozialismus Vorbehalten, hier Wandel zu schaffen und dem inneren Menschen wieder zur Berechtigung und Achtung zu verhelfen, und die Persönlichkeit zur Grundbedingung des echten deutschen Mannes zu machen. Und hiermit kommen wir zum Angelpunkt der Sache. Die Ausbildung von gestern kann nicht mehr die Ausbildung von heute und morgen sein. Hier scheiden sich die Geister. Es gibt deshalb keine Zugeständnisse und keine Zwischen­ lösung. Es muß in der Ausbildung ein Wandel eintreten von Grund auf, ein innerer Wandel, der die gesamte Aus­ bildung und alle ihre Glieder ergreift, und sie mit dem nationalsozialistischen Geiste des Dienens am Recht im Volk und für das Volk erfüllt. Der deutsche Jurist soll sich wieder zurückfinden zum deutschen Rechtsgedanken, soll wieder hinein­ wachsen in das Volk und sein ihm Schich'al gewordenes Werden, soll deutscher Mann und Kämpfer sein.

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I. Warum Arbeitsgemeinschaften?

3. Das neue Erziehungsziel. Dieses finden wir in der Justizausbildungsordnung des Reiches vom 22. Juli 1934 als Ziel der Gesamtausbildung vorangestellt. Es ist wohl das erste Mal, daß das innere Ziel einer Berufsausbildung im Gesetz selbst Ausdruck findet. Die nationalsozialistische Regierung hat eben auch hier ganze Arbeit geleistet. Sie hat sich von der Juristen­ sprache als einer Kunstsprache abgewendet, und es ist wohl kein Zufall,

daß gerade die Justizausbildungsordnung eines der besten Beispiele hierfür ist. Am bewußtesten und vollkommensten aber ist das an den Anfang gestellte Erziehungsziel. Dieses Ziel ist so klar und eindeutig und bringt den eingetretenen Wandel so sehr zum Bewußtsein, daß man es treffender und überzeugender gar nicht ausdrücken kann. Es ist Richtschnur und Leitmotiv für alle, für den Referendar wie den Ausbilder und jeden Juristen überhaupt. Zugleich aber ein Weckruf, der alle aufrütteln will und soll, der verhindern möge, daß wir jemals in die alten Gewohnheiten zurückfallen. Aus diesen Gründen habe ich im gleichen Sinne dieses hohe Ziel, dieses Idealbild des kommenden deutschen Rechtswahrers meiner Arbeit vorangestellt. Denn alles, was in diesem Buche erörtert und angeregt wird, soll im Sinne dieses Leitgedankens verstanden und erfüllt werden. Die neue Ausbildungsordnung bringt weiter in § 26 als Unterziel das „Z i e l d e s V o r b e r e i t u n gs d i e n st e s". Dieses wird dahin Umrissen:

„Der Vorbereitungsdienst soll den Rechtskundigen befähigen, vermöge gründlicher Kenntnis des Rechts treffend und volksverständlich Recht zu sprechen, Volksschädlinge zu bekämpfen, die rechtsuchende Be­ völkerung zu beraten und durch jede solche Tätigkeit dem Arbeitsfrieden zu dienen." Wir sehen, die neue Ausbildungsordnung regelt nicht nur in nüch­ terner Form ein Ausbildungsverfahren, sondern sie legt auch in un­ übertrefflicher Weise die innere Grundhaltung der Gesamtausbildung, die Grundlinie der Entwicklung des jungen Juristen fest. Und gerade deshalb halte ich es für unbedingt notwendig, daß die neue Ausbil­ dungsordnung jedem Referendar bei Dienstantritt von Amts wegen ausgehändigt wird. Gleichzeitig wird es Pflicht des Amtsrichters sein, den jungen Kameraden in gemeinsamer Besprechung der Ausbildungs­ ordnung in den Geist und tiefen Sinn derselben einzuführen. Selbstverständliche Voraussetzung hierfür ist natürlich, daß der Richter selbst die neue Ausbildungsordnung genau kennt und sich ihr Ziel klargemacht hat. Denn nur dann ist er in der Lage, den Referendar bei der Besprechung der Ausbildungsordnung wertvoll zu beeinflussen,

3. Das neue Erziehungsziel.

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und nur dann kann er die Ausbildung selbst mit Erfolg durchführen. Die Ausbildungsordnung ist nach meinem Empfinden so wichtig, daß die in Frage kommenden Teile auch bereits dem Rechtsstudenten bei seiner Immatrikulation ausgehändigt werden müßten. Auf diese Weise würde dem jungen Rechtsstudenten von Anfang an das Ethos seines künftigen Berufes klar und mit aller Deutlichkeit vor Augen gestellt. Bei jeder Berufsausbildung ist aber schließlich mit entscheidend, daß man von vornherein die richtige, klare, innere Zielrichtung hat. Mir liegt in diesem Zusammenhang nur daran, das neue Erziehungsziel klar herauszustellen. Ich brauche hier keine Erläuterungen zu geben und auch keine weiteren Begründungen anzufügen. Die Dinge liegen so klar und sind an sich so selbstverständlich, so natürlich, daß man sie nur zu lösen und zu verwirklichen braucht. Dazu gehört aber die richtige innere Einstellung, und wer diesen Wandel nicht innerlich erfaßt, ihn nicht erfühlt und erlebt, wird das Ziel nie erreichen. Hier muß jeder bei sich selbst und bei denen, die ihm anvertraut sind, ansetzen, wenn die innere Gesundung des deutschen Juristen gelingen soll. Zur Zusammenfassung und als Ausklang des Gesagten die Worte, die Staatssekretär Dr. Roland Freister gelegentlich des ersten Lehr­ gangs für Gemeinschaftsleiter in Jüterbog in seiner grundlegenden Rede über den kommenden Juristen brachte: „Da8 Zielbild des werdenden Juristen ist im Grunde kein anderes als daS, das jeder deutsche Mann in seinem Leben vor Augen haben muß. ES ist daS Zielbild, eine Zusammen­ ballung von Willen z« sein, von Willen alS dem männlichen Prinzip, über sich selbst und über die materielle Umwelt stark und stärker zu sein. ES ist ferner daS Zielbild, daS in dem Bewußtsein zu tun, daß dieser Wille dem Manne gegeben ist, damit er alS Glied dem BolkSganzen dient, in dem und um dessentwillen er lebt. ES ist ferner daS Zielbild des Mannes, der sich voll Stolz bewußt ist feiner Treuhänderstellung gegen­ über den hundert Generationen, die daS heldische Erbgut des Volkes vor ihm geschaffen haben, und seiner Treuhänderstellung gegenüber den hundert Generationen, die ans feiner treuen Arbeitsleistung ihr Leben aufbauen sollen und werden, das Bild deS Mannes, der daS Handwerkszeug geschliffen und arbeitsbereit mitbringt, um seine Aufgabe meisterhaft zu lösen. Es ist daS Bild deS von schöpferischer Kraft beseelten Künstlers, der in der Lage ist, feine Aufgabe weit über das Handwerks­ mäßige hinaus künstlerisch zu erfassen und durchzuführen. ES ist das Bild des sozialistischen deutschen ManneS, eS ist daS Bild deS deutschen Arbeiters.

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I. Warum Arbeitsgemeinschaften?

4. Sinn und Zweck der Arbeitsgemeinschaften. Mancher Leser wird sich vielleicht gewundert haben, daß ich noch nichts über die Arbeitsgemeinschaften selbst gesagt habe. Aber das hätte keinen Sinn gehabt. Ich mußte zunächst den Boden bereiten. Und auch jetzt will ich zunächst eine Gegenüberstellung bringen, da hierdurch wohl am besten der Charakter der neugeschaffenen Gemeinschaften klar wird. Wenn man sich den Sinn der neugeschaffenen Arbeitsgemeinschaften richtig vergegenwärtigen will, macht man sich am besten einmal die Unterschiede zwischen den bisherigen Referendarübungen und den nun­ mehr ins Leben gerufenen Arbeitsgemeinschaften klar. Denn die vor­ handenen Unterschiede betreffen gerade die maßgebenden und entschei­ denden Punkte. Sie zeigen, daß in dreifacher Hinsicht ein Wandel von Grund auf eingetreten ist. Zunächst hinsichtlich des Erziehungs­ zieles, das für jede Ausbildungsarbeit ausschlaggebend ist. Ferner hinsichtlich der Persönlichkeit des Erziehers, von dem es letzten Endes abhängt, ob das gesetzte Ziel Erfüllung finden wird oder nicht. Endlich bedingte der Wandel im Ziel und in der Person des Erziehers zwangsläufig und folgerichtig eine organische Umgestaltung und Neu­ schaffung der Erziehungsmittel, der Erziehungswege schlecht­ bin. Wenn ich diese rein pädagogischen Erwägungen voranstelle, so geschieht das mit volleni Bewußtsein, um gleich von vornherein Klar­ heit darüber zu schaffen, daß es sich bei der Neueinrichtung um eine aus tiefstem Bcrantwortungsbewußtsein gegenüber dem deutschen Volke und der deutschen Juristenjugend, um eine aus wahrhaft national­ sozialistischem Gemeinschaftsgeist und bewußter Erkenntnis ihrer Not­ wendigkeit geschaffene Maßnahme handelt.

Zunächst das Erziehungsziel: Was waren denn die bisherigen Referendarübungen? Sie wurden geschaffen, weil man erkannte, daß die allgemeine Ausbildung nicht ausreichte, um den künftigen Examens­ erfolg sicherzustellen. Man merkte, daß es nicht so weiter ging, daß der Referendar im wesentlichen sich selbst überlassen blieb. Man wollte also durch die Referendarübungen die vorhandenen Ausbildungslücken schließen. Da gab man sich aber einer Täuschung hin, denn die Übungen waren nach der Art ihrer Einrichtung und Ausgestaltung hierzu von vornherein nicht geeignet. Das Fortbildungsziel der Übungen bestand lediglich in einer Vertiefung der theoretischen und praktischen Fach­ kenntnisse. Es hatte ausschließlich den Juristen int Auge entsprechend der damaligen Gesamteinstellung in Ausbildungsdingen überhaupt. Man vergaß über dem Juristen den Menschen, man ver­ gaß, daß wichtiger als Fachwissen die Persönlichkeit und ihr inneres Werden ist, und daß alle Juristerei nichts nützt,

4. Sinn und Zweck der Arbeitsgemeinschaften.

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wenn nicht auch der rechte Mann, die wirkliche Persönlich­ keit dahinter steht. Die Übungen mußten so zu einer zwar fach­ lich ausgezeichneten Verbesserung der Ausbildung führen, konnten aber — die Gesamtentwicklung der jungen Juristen ins Auge gefaßt — eine Verflachung nicht verhindern. Im Gegensatz hierzu wendet sich die Arbeitsgemeinschaft der Re­ ferendare in erster Linie an den Menschen. Sie will seine Charakter­ kräfte wecken, steigern und fördern. Die Arbeitsgemeinschaft will die Gesamtpersönlichkeit ergreifen, um so das bereits umrissene und wieder­ gegebene Erziehungsziel der neuen Justizausbildungsordnung erreichen zu können. Daß die bisherigen Übungen kein für die Erreichung dieses hohen Zieles geeignetes Mittel sind, liegt auf der Hand. Die Arbeits­ gemeinschaft ist es aber, da sie den Schwerpunkt ihrer Arbeit vom rein Juristischen auf das Menschliche, die Persönlichkeitsausbildung, verlagert. Das bedeutet nicht, daß die juristische Fortbildung damit ausgeschaltet würde. Nein, im Gegen­ teil, es wird nach wie vor, und zwar gründlichst, auch juristisch — prak­ tisch wie theoretisch — gearbeitet werden. Der Unterschied besteht nur darin, daß der Ausgangspunkt, der Gesichtswinkel, unter dem diese juristische Schulung erfolgt, ein völlig anderer geworden ist. Nämlich — ich hoffe, recht verstanden zu werden — verinnerlichter, blutvoller und lebendiger. Um das Gesagte zu verdeutlichen und besser zu veran­ schaulichen, halte ich es für richtig, an dieser Stelle drei Hauptpunkte wiederzugeben, die Staatssekretär Dr. Freister als richtunggebend für die Ausbildung des kommenden Juristen bezeichnet hat: 1. die Heranbildung deutscher Mannescharaktere, 2. die innere von tiefstem Verständnis durchglühte Kenntnis und Verbundenheit mit dem gesamten Geistesleben der Nation in Vergangenheit, Gegen­ wart und Zukunft, 3. die lebendige Durchdrungenheit mit den tragenden großen Gedanken und den großen Entwicklungs­ linien, die unser Rechtsleben in Vergangenheit und Gegenwart bestimmten und auf die Zukunft Hin­ weisen. Die jungen Referendare haben eine Schulbildung und ein Studium durchgemacht, die diese Forderungen völlig außer acht ließen, und bei denen deshalb vieles, und zwar Entscheidendes nachgeholt werden muß. Mit fortschreitender Vertiefung der Schulausbildung, mit fortschrei­ tender Neuwerdung des Studienganges wird die Erfüllung der umrissenen Aufgabe leichter werden; am leichtesten zu dem Zeitpunkt, in

12

I. Warum Arbeitsgemeinschaften?

dem die jetzigen Hitler-Jungen einmal als Referendare ihre Ausbildung beginnen. Auch bei diesen wird diese Aufgabe nicht entfallen, sie wird sich nur in eine Vertiefung und weitere Förderung des Vorhandenen wandeln. Aus all diesen Gründen erklärt sich das gegenwärtige sehr starke Zurückdämmen des Juristischen in den Arbeitsgemeinschaften. Es wird mehr Raum für diese Facharbeit bleiben, je mehr die inner­ liche Durchbildung der Referendare fortschreitet. Und so ist das bewußte Zurücktreten des Juristischen keine Vernachlässigung des Fachlichen, sondern etwas organisch Notwendiges. Und nun der Erzieher. Der frühere Übungsleiter verdiente diese Bezeichnung keineswegs. Nach der ganzen Anlage der Übungen war dies gar nicht Voraussetzung für diesen Posten. Die Übungsleiter wollten es in ihrer überwiegenden Mehrzahl auch gar nicht sein, denn das hätte Mehrarbeit, unheimlich viel Mehrarbeit bedeutet. Und da die Entlastung der Übungsleiter im praktischen Ergebnis bedeutungslos war, hätten die Übungsleiter auch beim besten Willen kaum Zeit zu einer entsprechenden Umgestaltung ihrer Kurse gehabt. So war der frühere Übungsleiter nichts als eine allerdings als solche ausgezeichnete Lehrperson, nichts als ein hochwertiger Fachrepetitor, der es zudem vermied, über die Grenzen seines Fachgebietes hinauszugehen. Der Übungsleiter kam und ging, hielt seinen Unterricht — mit mehr oder weniger innerer Freude — ab und wurde von manchem Referendar als unnötige Belästigung, von dem Rest als nützlicher Fachlehrer ge­ wertet. Und wie der Übungsleiter kein Kamerad, kein Führer seiner Referendare war und er keine inneren Beziehungen zu ihnen hatte, so hatten auch die Referendare unter sich keinen Zusammenhalt, es fehlte ihnen jedes Gemeinschaftsgefühl und jede wirkliche Kamerad­ schaft. Man fühlte sich nur als „Kollege" im schlechten Sinne dieses Wortes und damit frei von jeder Verpflichtung gegenüber dem anderen. Auch der Referendar kam und ging, ohne mehr als ein Teilnehmer, ein Zuhörer sein zu wollen. Der jetzige Gemeinschaftsleiter hat aus all diesen Fehlern ge­ lernt. Er wird, erfüllt von dem ihm gestellten hohen erzieherischen Ziel, seinen Referendaren ein Führer und Kamerad sein, er wird die Referendare zu einer blutvollen, lebensnahen Gemeinschaft zu­ sammenschließen und damit erst einmal die unerläßliche Grundlage für die zu leistende Arbeit schaffen. Und der Gemeinschaftsleiter findet hierbei — das sei anerkennend hervorgehoben — die vollste Unter­ stützung, die bereitwilligste Mitarbeit der Referendare, die mit Be­ geisterung bei der Sache sind, und die zudem auch erkennen, daß eine solche Gemeinschaft doch etwas anderes ist als der so manchmal unbe­ liebte frühere Referendarkursus.

6. Die einzelnen Aufgaben der Arbeitsgemeinschaften.

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Endlich die Erziehungsmittel. Es ist klar, daß das neue Er­ ziehungsziel nicht mit den Mitteln der bisherigen Übungen erstrebt, geschweige denn erreicht werden kann. Was für den juristischen Fach­ unterricht gilt, ist noch lange nicht richtig für die Gestaltung von Ge­ meinschaftstagen, von Geschichts- oder weltanschaulichem Unterricht. Und so müssen hier neue Wege beschritten, neue Wege gesucht, ja auch versucht werden, um das Richtige herauszufinden. Da kann als für alle Arbeitsgemeinschaften gültig nur der eine Grundsatz aufge­ stellt werden, daß es bestimmte Normen oder Rezepte, nach denen die Arbeitsgemeinschaften allgemein und aller­ orts gleich aufgebaut und ausgestaltet werden könnten, nicht gibt. Jede Gemeinschaftsgruppe wird und muß ihr Eigenleben haben. Sie wird ihr Gepräge teils durch die Persönlichkeit des Leiters, teils aber auch durch die Art der Zusammensetzung der Gruppe erhalten.

5. Die einzelnen Aufgaben der Arbeitsgemeinschaften. Während mir eben daran lag, durch die Hervorhebung der Gegen­ sätze in den Aufgabenkreis der Arbeitsgemeinschaften einzuführen und diesen gedanklich näher zu bringen, liegt mir nunmehr daran, die ein­ zelnen Aufgaben der Arbeitsgemeinschaften näher zu umreißen, ihre uneingeschränkte Geeignetheit als Erziehungsmittel zu belegen und hierbei insbesondere auf die bereits gemachten praktischen Erfahrungen einzugehen. Die Gesamtausgabe:

Die Arbeitsgemeinschaften sind das Haupterziehungsmittel der Re­ ferendarausbildung; sie stehen im Mittelpunkt, sie sollen die Gewähr dafür bieten, daß das gesteckte Ziel unbeirrbar, folgerichtig angestrebt und auch wirklich erreicht wird. Mancher wird sich über die Aufstellung dieses Satzes wundern. Und ich möchte auch nicht mißverstanden werden. Es ist nicht etwa so, daß die übrige praktische Ausbildung irgendwie an Bedeutung oder Ausbildungswert verloren hätte. Im Gegenteil, bei zunehmender Verinnerlichung und Vertiefung der Gesamtausbildung wird auch diese noch an Wert gewinnen. Die Neugestaltung der Arbeitsgemeinschaften hat vielmehr den Sinn, die nebeneinander stehenden Einzelabschnitte der praktischen Ausbildung zu einem lebendigen Ganzen znfammenzufassen, jeder einzelnen Ausbildung durch die einheitliche Grundlinie der Arbeitsgemeinschaften die gleiche Grundhaltung und den richtigen Ausgangspunkt zu geben.

Die Arbeitsgemeinschaften sollen die bisher fehlende innere Ge­ schlossenheit der Referendarausbildung gewährleisten und Amtsgerichts-

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I. Warum Arbeitsgemeinschaften?

wie Landgerichts-Ausbildung, Anwalts- wie Berwaltungsstation zu einer organischen, in sich gefestigten Einheit zusammenschließen. Der Referendar soll nicht wie früher gedankenlos und ohne innere Grund­ einstellung von einer Ausbildungsstelle zur anderen wandern; er soll nicht mehr das Gefühl des Jmwegeseins haben; er soll vielmehr durch die Kraft gesunder Gemeinschaftsarbeit das Bewußtsein innerer Zuge­ hörigkeit und wertvollen Dienstes — wenn auch zunächst nur Vor­ bereitungsdienstes — am Volksganzen in sich tragen. Der Referendar wird in Zukunft wissen, daß er nicht als einzelner für sich in der Aus­ bildung steht; er wird wissen, wo er hingehört, daß er Glied einer Kameradschaft und Gemeinschaft ist, in der einer für den anderen einsteht, in der er einen Führer findet, der ihm zugleich Kamerad und Freund sein wird. Die Förderung des inneren Menschen:

Die Arbeitsgemeinschaften sind für diese Aufgabe das richtige Mittel, denn sie bauen auf Kameradschaft und Gemeinschaft aus. Eine lockere, rein äußerliche Zusammenfassung der Referendare würde, wie ich be­ reits dargelegt habe, niemals die Grundlage für die zu leistende Aus­ bildungsarbeit bilden können. Die Arbeitsgemeinschaften eben, die lebendigen Gemeinschaften, deren .Kräfte aus ehrlicher Kameradschaft und gegenseitigem Vertrauen, aus dem Treueverhältnis von Führer und Gefolgschaft kommen, sind der rechte Grund und Boden dafür. Ist die Schaffung einer solchen Genleinschaft junger Menschen nicht schon für sich ein hohes, erstrebenswertes Ziel? Dieses Ziel ist das erste, auf das der Gemeinschaftsleiter lossteuern muß und das er niemals aus den Augen verlieren darf. Nur und erst eine wirkliche Gemein­ schaft, die den Sinn selbstlosen Kameradschaftsdienstes in sich trägt, kann die praktische Arbeit leisten. Das Leben in einer solchen Gemein­ schaft wird den jungen Menschen aber reichen inneren Gewinn bringen. Es wird sie vor dünkelhaftem Stolz, vor Eigensüchtigkeit und Ver­ flachung bewahren. Es wird ihnen die Freude am Sichindienststellen für andere wecken, wird ihre Volksverbundenheit vertiefen und läutern, wird sie davor bewahren, ein innerlich nüchterner, lebensfremder NurJurist zu werden, wird das Kämpferische in ihnen wecken und wach­ halten und damit den inneren, menschlichen Grund für den werdenden Volksjuristen legen. Die Heranbildung von Bolkserziehern: Aus dieser Grundhaltung heraus werden die Arbeitsgemeinschaften die Möglichkeit für die Heranbildung einer Kerntruppe geben, die fähig ist, die in Zukunft zu leistende Rechtsausklärung und die Er-

5. Die einzelnen Aufgaben der Arbeitsgemeinschaften.

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ziehung unserer Volksgenossen zum deutschen Recht durchzuführen. Wie es überhaupt für den Gemeinschaftsleiter wichtig sein wird, trotz aller Kleinarbeit die große Linie der Erziehungsarbeit niemals zu verlieren und etwa zu schulmeisterlich zu werden, so müssen die Ge­ meinschaftsleiter ihr Augenmerk ganz besonders darauf richten, „in den jungen Juristen Kräfte für den künftigen Volkserzieher zu wecken". Der nationalsozialistische junge Jurist wird ein kämpferischer Volks­ jurist sein. Deshalb muß er auch mit den Waffen des Geistes umzugehen lernen, die ihn befähigen, hier schöpferische und wertvolle Arbeit zu leisten. Der junge Jurist muß geschult werden für die Aufklärungs­ arbeit, muß von ihrer Notwendigkeit durchdrungen sein. Die Sprache des Volkes muß auch die des künftigen Juristen sein. So wird es der junge Referendar lernen müssen, seine juristischen Gedankengänge in schlichter und volkstümlicher Sprache auszudrücken. Juristische Kon­ struktionen, unnatürliche und daher volkssremde Gedankengänge müssen ausgemerzt werden, damit der Referendar befähigt wird, später in Wort und Schrift für das neue deutsche Recht bei seinen Volksgenossen zu werben. Während sich früher die meisten Juristen bei Aufsätzen in der Presse damit begnügten, etwas Juristisches wiederzugeben, ohne ihrer Arbeit eine erzieherische Zielrichtung zu geben, ist das im national­ sozialistischen Staat völlig anders. Wer heute zur Feder greift, über­ nimmt damit die Verpflichtung, nur Arbeiten der Öffentlichkeit zu übergeben, von denen er nach reiflicher Prüfung die Überzeugung gewonnen hat, daß sie als Mittel wahrhafter Volksaufklärung auf dem Gebiete des Rechts geeignet sind und auch von jedem Volks­ genossen verstanden werden. Und so glaube ich, daß der Gemeinschafts­ leiter auch auf diesem Gebiet zur Schulung und Förderung der Re­ ferendare beitragen muß, es aber insbesondere seine Aufgabe ist, den Sinn der Referendare für diese Dinge zu wecken.

Die Kenntnis der nationalsozialisttschen Gesetzgebung: Neben der Durchdringung der Referendare mit dem national­ sozialistischen Gedankengut, die immer natürlicher Mittelpunkt der ge­ samten Arbeit sein wird, sehe ich eine weitere Hauptaufgabe der Arbeitsgemeinschaften in der Vermittlung der genauen und gründlichen Kenntnis der neuen Gesetze. Es muß schonungs­ los und mit aller Offenheit ausgesprochen werden, daß hier die meisten Referendare versagen. Die Referendare begnügen sich hier zu nicht geringem Teil mit dilettantischen Kenntnissen, wobei zu ihrer Recht­ fertigung hervorgehobcn werden mag, daß ihnen bisher keine Ge­ legenheit geboten wurde, sich den Stoss der neuen Gesetze gründlich und nutzbringend anzueignen. Geht man bei der Besprechung der

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I. Warum Arbeitsgemeinschaften?

neuen Gesetze etwas tiefer, so erlebt man oft schon bei der Erörterung von Grundfragen des betreffenden Gesetzes große Enttäuschungen. Nichts ist aber gefährlicher, als die nur oberflächliche Kenntnis der neuen Gesetze. Es genügt nun nicht, diese Arbeit dem einzelnen Re­ ferendar zu überlassen, der seine Kräfte dann nur allzu leicht verzetteln und die große Linie wie den inneren Zusaminerchang über der Fülle der Einzelheiten außer acht lassen würde.

Hier ist bewußte Schulung notwendig, und das einzige Mittel, um den Erfolg zu gewShrleisten. Es ist eine Erfahrungstatsache, daß Arbeitsgemeinschaften der Re­ ferendare unter sich in der Regel keinen Erfolg haben, da ihnen die notwendige Klarheit der Zielrichtung, die erforderliche Geschlossenheit, mit einem Wort: „die Führung" fehlt. Und so ist es der allein richtige Weg, wenn die Leitung der Arbeitsgemeinschaften in die Hand hierzu besonders geeigneter und reifer Persönlichkeiten gelegt wird. Zur Selbst­ ausbildung gehört ein besonderes Maß an innerer Einsicht und Selbst­ kritik und eine überdurchschnittliche Reife. Diese Voraussetzungen fehlen aber bei zahlreichen Referendaren. Und gerade bei diesen wird eine Hauptaufgabe des Gemeinschaftsleiters darin bestehen, die oft vor­ handenen Kräfte und Anlagen zu wecken und die Referendare so zu leiten, daß sie — angeregt und sicher gemacht durch die Gemeinschafts­ arbeit — auch zu eigenem, verantwortlichen! und selbständigem Weiter­ arbeiten fähig werden.

Pflege der deutschen Geschichte und Rechtsgeschichte: Weiter haben wir in den Arbeitsgemeinschaften Gelegenheit, Ver­ säumtes nachzuholen. Ich denke hier an meine eingangs gebrachten Ausführungen über die verfehlte stark römisch-rechtliche Betonung des Studiums der jetzigen Referendare. Aus den dargelegten Gründen be­ trachte ich die Pflege der deutschen Rechtsgeschichte — wie die ver­ ständnisvolle, auf die großen Zusammenhänge abgestellte Vertiefung der Geschichtskenntnisse überhaupt — als eine der wichtigsten Aufgaben der Arbeitsgemeinschaften. Wenn schon die allgemeinen geschichtlichen Kenntnisse der Referendare sehr im Argen liegen, so fehlt unserer gegen­ wärtigen Referendargeneration darüber hinaus auf dem Gebiete der deutschen Rechtsgeschichte aber auch alles. Die deutsche Rechtsgeschichte wurde im bisherigen Studium leider stark vernachlässigt. Diese Lücke in der Erziehung der jungen Juristen zum deutschen Rechtsgedanken ist um so fühlbarer, als hinzukommt, daß die Rechtsstudenten bislang die Vorlesungen über deutsche Rechtsgeschichte meist nur als lästig und zeitraubend empfunden haben. So kann der gegenwärtig bestehende

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5. Die einzelnen Aufgaben der Arbeitsgemeinschaften.

Zustand nicht wundern. Die Referendare verfügen auf rechtsgeschicht­ lichem Gebiete noch nicht einmal über Grundkenntnisse. Selbst die großen Entwicklungslinien sind ihnen unbekannt. Hier muß deshalb Wandel geschaffen werden, und zwar ohne Säumen. Und den Arbeitsgemein­ schaften wird die Lösung dieser Aufgabe zufallen. Hier ist im Rahmen kleiner Gemeinschaften der rechte Boden für die Behandlung der deut­ schen Rechtsentwicklung, die Pflege der deutschen Rechts­ sprache und die Wiedererneuerung alten deutschen Rechts­ gutes, der Rechtssprichwörter. Borträge der Referendare selbst und schriftliche Gemeinschafts­ arbeiten, bei denen die Aufgabe möglichst in irgendeiner Form in Be­ ziehung zum nationalsozialistischen Recht zu stellen ist, werden geeignete Mittel für die Arbeitsgemeinschaften sein. So habe ich z. B. meinen Referendaren anläßlich eines Preisausschreibens die Aufgabe gestellt: „Das deutsche Rechtssprichwort in seiner Bedeutung für das national­ sozialistische Recht", eine Aufgabe, deren hoher, erzieherischer Wert wohl ohne weiteres ersichtlich ist. In Universitätsstädten wird es dar­ über hinaus Aufgabe der Gemeinschaftsleiter sein, die Professoren der deutschen Geschichte und Rechtsgeschichte für zusammenfassende Vorträge, wenn nicht sogar für eine besondere, auf den Hörerkreis der Referendare zugeschnittene reifere Vorlesung zu gewinnen. Der Besuch dieser Vorlesungen müßte dann von der Justizverwaltung sämtlichen am Ort befindlichen und in der Nähe tätigen Referendaren zur Dienst­ pflicht gemacht werden.

Die Ergänzung der praktischen Ausbildung: Schon bei der Gegenüberstellung der Arbeitsgemeinschaften und der früheren Referendarübungen habe ich mit aller Deutlichkeit zum Aus­ druck gebracht, daß das Fachliche, das Juristische als solches in keiner Weise vernachlässigt werden soll. Selbstverständlich soll auch der künftige Jurist über gründlichste Gesetzeskenntnisse verfügen. Gerade deshalb ist auch die Pflege der neuen Gesetze als eine der Hauptaufgaben der Arbeitsgemeinschaften vorangestellt worden. Darüber hinaus ist die völlige Beherrschung der Praxis nach wie vor wichtiges Ziel der Ausbildung. Wo sich hier Lücken zeigen, wird die Arbeitsgemeinschaft helfend und ergänzend eingreifen; wo hier Klagen der anderen Ausbildungsstellen laut werden, werden sie Anlaß geben, Wandel zu schaffen, festgestellte Mängel zu beseitigen und zur Ver­ tiefung der praktischen Ausbildung beizutragen. Wichtige Dinge der praktischen Ausbildung, wie die Anfertigung der Aktenberichte, der Urteile in Straf- und Zivilsachen, wie die Kenntnis der Zusammenhänge und des Jneinandergreifens der verschiedenen Rechtsgebiete werden Keßler, Arbeitsgemeinschaften.

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I. Warum Arbeitsgemeinschaften?

selbstverständlich in jeder Arbeitsgemeinschaft zur Durcharbeitung kom­ men, genau so gründlich wie früher, nur mit der Besonderheit, daß diese Arbeit nicht Selbstzweck, sondern nur eine der Aufgaben der Arbeits­ gemeinschaften ist, mit dem Unterschied, daß auch diese praktische Be­ rufsarbeit durch die Grundhaltung der Gemeinschaft, ihre Lebens­ und Volksnahe einen ganz anderen und tieferen Sinn erhalten wird.

Hinetnwachsen in die Volksgemeinschaft. Die Arbeit der Referendargemeinschaften soll sich nicht ausschließlich in dem Gerichtsgebäude abspielen, nein, die werdenden Juristen sollen mit ihrem Gemeinschaftsleiter auch hinausgehen in das Leben des Volkes. Und dort sollen sie sich umschauen, Anteil nehmen an der Neuwerdung unserer Volksgemeinschaft, fühlen und erkennen, wie sich das Neue gestaltet. Die jungen Juristen sollen mit offenen Augen und empfangsbereitem Herzen hineingehen in die Betriebe, sollen dem Volksgenossen und seiner Arbeit innerlich näherkommen, sollen erkennen, daß jede Arbeit adelt, keine geringer ist als die ihre und sie selbst — ebenso wie der Arbeiter an der Maschine — schaffende deutsche Menschen sind. Die jungen Menschen sollen hineinhorchen in ihr heimatliches Volks­ tum, sollen Land und Leute, Sitten und Gebräuche ihrer Heimat kennen oder doch wieder achten lernen. Und so soll die Gemeinschaft auch teil­ haben an den Erlebnissen der Volksgemeinschaft, um den Volksgenossen innerlich ehrlich verbunden zu werden. Und dieses Umschauen im Leben, dieses natürliche Hineinwachsen in die Bolksgemeinschaft gibt Lebensnahe, tötet jede Weltfremdhcit und jeden Standesdünkel. Gleichzeitig weitet es den Gesichtskreis, lehrt die wirtschaftlichen wie kulturellen Zusammenhänge erfassen und bringt daher auch beruflich großen Gewinn. Sicher stellt auch der SA- und SS-Dienst oder dec in der PO. in die Volksgemeinschaft, aber das macht dieses für unsere Arbeit nicht entbehrlich. Es bereitet zwar den Boden für unsere Arbeit und macht empfänglich für diese Dinge. Trotzdem müssen die Referendare aber auch noch als werdende Bolksjuristen mit dem be­ sonderen Ziel der Vorbereitung hierfür vom Leben der Volksgemeinschaft durchblutet werden. All die ausgezeichneten Ziele aber werden durch die klare und ein­ deutige Grundhaltung der Gemeinschaft harmonisch zusammengefügt. Das eine ist die Voraussetzung des anderen, jedes bedarf der Ergänzung durch die anderen und ergänzt diese. Ihre gemeinschaftliche Erfüllung bedeutet die Erreichung des Endzieles, das als Leitsatz dieser Arbeit vorangestellt ist.

6. Bedenken und ihre Ausräumung.

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6. Bedenken und ihre Ausräumung. Alles im Leben begegnet Bedenken. So geht es auch den Arbeits­ gemeinschaften. Als ihre Einrichtung angeordnet wurde, da sah man so manches Kopfschütteln, da hörte man so manchen Zweifel, ob das der richtige Weg sei. Und auch heute ist es noch so. In weiteren Kreisen der Richterschaft, Staatsanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft fehlt noch jedes Verständnis für die Ziele und Aufgaben der neuen Arbeitsgemein­ schaften. Hierüber klagen Referendare wie Gemeinschaftsleiter in gleichem Maße. Es wird viel getan, um hier zur Aufklärung beizutragen, indes die Dinge sind zu ungewohnt, als daß man sich so schnell mit ihnen be­ freunden könnte. Doch muß dieses an sich verwundern; denn es handelt sich hierbei um eine klar zu erkennende Wiedererneuerung der Juristen, um ein junges, frisches Werk, dessen Kraftquellen und Mittel natürliche und deshalb gesunde sind. Mit fortschreitender Festigung der Arbeits­ gemeinschaften und dem künftigen Sichtbarwerden ihrer Erfolge wird hier von selbst ein Wandel zum Guten eintreten. Trotzdem müssen wir Gemeinschaftsleiter aber alles tun, um hierumzustimmen und durch ver­ ständnisvolles Handinhandarbeiten für die Gemeinschaften zu gewinnen. Selbstverständlich können die Gemeinschaftsleiter dies nicht einseitig. Die Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte müssen ihnen hierbei unter­ stützend entgegenkommen. Sie müssen sich einmal um diese Dinge näher bemühen und versuchen, sich durch eigene praktische Anschauung von dem Wert oder Unwert der Gemeinschaften zu überzeugen. Das ge­ schieht am besten durch wiederholte Teilnahme an den Veranstaltungen der Gemeinschaften, über die sich jeder Gemeinschastsleiter nur freuen wird. Gleichzeitig würde hierdurch das Ansehen der Gemeinschaften gestärkt und in den Referendaren das Bewußtsein vertieft, daß sie eine Arbeit leisten, die der besten Kräfte wert ist. Man glaubt nicht, was das aus­ macht, welchen Ansporn es bedeutet, wenn die Referendare fühlen, daß man sie ernst nimmt, ihre Arbeit als wirkliche Mitarbeit ansieht und ihnen eigene Verantwortung einräumt. Hierin liegt letzten Endes die Lösung des Ausbildungsproblems überhaupt. — Ich bin überzeugt, daß die Zweifler nach mehrfachem Besuch der Gemeinschaften der neuen Arbeit ihre volle Zustimmung geben werden. Es spricht schließlich nur für die Arbeitsgemeinschaften, daß man ihren tiefsten Sinn erst durch ihr Erleben selbst erfassen kann. Aus diesem Grunde halte ich es für meine Pflicht, hier näher auf erhobene Bedenken einzugehen, um auch auf diese Weise für die Ge­ meinschaften und ihre Arbeit zu gewinnen.

Das Hauptbedenken besteht darin, daß man vielfach geltend macht, die Referendare würden durch die Gemeinschaften in zu starkem Maße 2*

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I. Warum Arbeitsgemeinschaften?

ihrer allgemeinen praktischen Ausbildung entzogen. Daß diese Inan­ spruchnahme recht erheblich ist, soll nicht geleugnet werden. Denn jede Gemeinschaftsgruppe hat wöchentlich drei Veranstaltungen, einen vollen Gemeinschaftstag, der damit für die übrige Ausbildung restlos aus­ scheidet, und zweimal vormittags — also etwa Montag und Donnerstag — einen je zweistündigen Unterricht. Die Referendare werden also, wenn man alles einschließlich der Vorbereitung für den Gemeinschafts­ dienst zusammenrechnet, der übrigen Ausbildung in der Woche gut 1/2 Tage entzogen. Wenn man aber berücksichtigt, welch schwere und entscheidende Aufgabe die Arbeitsgemeinschaft erfüllen soll, wird man mir zugeben müssen, daß der Gemeinschaftsleiter mit weniger nicht auskommen kann. Auch ist zu bedenken, daß der Referendar während der ersten nunmehr acht Monate des kleinen Amtsgerichts und oft sogar wohl auch noch für die Zeit der Verwaltungsausbildung einer Arbeits­ gemeinschaft nicht angehören kann, da diese nur bei den Landgerichten gebildet werden. Ebenso gehen die vier Monate der Oberlandesgerichts­ station für die Arbeitsgemeinschaft verloren, da der Referendar hier nur einen wöchentlich zweimal stattfindenden Kursus hat, der auf die Wiederholung des Gesamtstoffes abgestellt ist. Die dem Gemeinschafts­ leiter verbleibende Zeit ist also im Grunde genommen sogar recht knapp. Gegen den erhobenen Einwand spricht aber entscheidend ein anderer Gesichtspunkt. Viele können sich noch nicht mit dem in der neuen Ausbildungsordnung niedergelegteu Grundsatz ab finden, daß die Referendare nicht zur Entlastung des Richters, sondern zur zielbewußten Ausbildung über wiesen werden. Wir wollen uns nichts vormachen, aber in der Ver­ gangenheit war doch tatsächlich sehr oft das Gegenteil der Fall, teils durch die Überlastung der einzelnen Ausbilder gerechtfertigt, teils aber auch durch eine völlige Unlust in Ausbildungsdingen begründet. Ich habe Ausbildungsrichter gehabt, die sich sehr um mich bemüht haben und denen ich heute noch dafür dankbar bin; ich habe aber auch — und so wird es jedem ergangen sein — nicht weniger Ausbilder gehabt, die die Ausbildung als eine Last empfanden und die buchstäblich darüber froh waren, wenn sie einen wieder los waren. Diese standen auf deni Standpunkt, daß sich um ihre Ausbildung — das traf allerdings zu — niemand gekümmert hätte, und sie hielten diese Begründung für stich­ haltig genug, um genau so zu verfahren. Unbedingte Voraussetzung für eine erfolgreiche Ausbildung der Referendare ist aber Lust und Liebe der Ausbilder zur Sache. Man muß mit Freude an die Arbeit gehen, und man muß sich die Ausbildung der jungen Kameraden auch Zeit kosten lassen. Das ist heute mit Rüch'icht auf das erhebliche Nach­ lassen der Geschäfte durchaus möglich. Die freigewordene Zeit gehört

6. Bedenken und ihre Ausräumung.

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den Referendaren und ihrer Fortbildung. Auf diese Weise wird eine bessere Ausnutzung der Ausbildungszeit erreicht, die den durch die Arbeitsgemeinschaften eingetretenen Zeitver­ lust wieder wettmacht. Hierbei möchte ich hervorheben, daß ich mir als Gemeinschaftsleiter darüber klar bin, daß das Erziehungsziel nur durch ein harmonisches Zusammenwirken aller an der Ausbildung beteiligten Kräfte erreicht werden kann, durch Einsatz der besten Kräfte aller, ein­ schließlich der Referendare. Denn auch diese müssen die für die allge­ meine praktische Ausbildung eingebüßte Zeit durch besonderen Eifer und ergänzendes Selbststudium einholen. Ich sage meinen Re­ ferendaren immer wieder, und will das auch hier betonen, daß die durch die Arbeitsgemeinschaften unbedingt ein­ getretene Mehrbelastung in erster Linie von den Referen­ daren selbst zu tragen ist. Dafür verdienen sie es aber auch, von all solchen Arbeiten befreit zu werden, die ihre Ausbildung zu fördern nicht oder nicht mehr geeignet sind. In diesem Zusammenhang sei offen ausgesprochen, daß es eine Reihe von Referendaren gibt, die dieser unbestreitbar eingetretenen Mehr­ belastung nicht gewachsen sind. Es handelt sich hierbei aber um Aus­ nahmen, nämlich um besonders schwache Referendare, die sowohl in ihrer Gesamtbegabung als auch in juristischer Beziehung hinter dem gesunden Durchschnitt zurückbleiben. Für diese „schwach ausreichenden" Referendare — um in der Bewertungssprache zu reden — wird die Ausbildung mit ihren erhöhten Anforderungen zuviel. Diese Gruppe von Referendaren kommt nicht mehr mit, sie können das einfach nicht schaffen. Diese Feststellung spricht aber in keiner Weise gegen die Gemein­ schaften, sie bestärkt nur in der Forderung, im Referendarexamen eine besonders scharfe und strenge Auswahl zu treffen. Mir selbst ist gerade durch die Gemeinschaftsarbeit erst so recht klar geworden, daß man im Referendarexamen — und zwar im Interesse des Prüflings selbst — nicht hart genug sein kann. Die neue Ausbildungsordnung geht mit Recht von gesunder Leistungsfähigkeit als einer Selbstverständlichkeit aus. Die Mitglieder der Justizprüfungsämter müssen dafür sorgen, daß die Praxis für die zu leistende, wirklich schwere Ausbildungsarbeit nur ge­ eignetes Menschenmaterial erhält und ungeeignete Anwärter von vorn­ herein ausgeschlossen werden. Mit aller Deutlichkeit hebe ich hervor, daß diese „schwachen" Referendare Ausnahmen sind, daß im Gegensatz hierzu die überwiegende Mehrzahl der Referendare in jeder Hinsicht durchaus in der Lage ist, den erhöhten Anforderungen der neuen Ausbildung gerecht zu werden. Die überwiegende Mehrzahl der Referen­ dare ist der eingetretenen Mehrarbeit durchaus gewachsen, und da diese Mehrarbeit reichen Gewinn und Vertiefung der Ausbildung bedeuten

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I. Warum Arbeitsgemeinschaften?

wird, ist sie gerechtfertigt. In dieser Erkenntnis nehmen sie auch die Referendare gern auf sich. Andere befürchten nun, daß infolge der Vielseitigkeit der Gemein­ schaftsarbeit eine Überfütterung und Zersplitterung und damit gleich­

zeitig eine Verflachung der Referendare eintreten könnte. Diese Gefahr besteht in Wahrheit nicht. Zwar hat die Arbeitsgemeinschaft, wie ich ausgezeichnet habe, eine Reihe gleich wichtiger Aufgaben zu erfüllen. Daß hier im Augenblick Aufgaben, wie die Pflege der deutschen Ge­ schichte ganz besonders in den Vordergrund treten, ist eine Übergangs­ erscheinung, da es gilt, Versäumtes nachzuholen und die richtige Grund­ einstellung zu vermitteln. Ich bin auf die Gründe schon näher einge­ gangen. Im übrigen muß man sich darüber klar sein, daß die gestellten Aufgaben Leitsätze und Zielrichter sind. Sämtliche Aufgaben restlos zu erfüllen, ist eine Unmöglichkeit, wie auch sonst der Erzieher das Ideal seines Erziehungswerkes praktisch nie erreichen wird. Entscheidend ist also, daß man sich der einzelnen Aufgaben bewußt ist, daß man im Sinne dieser Leitsätze arbeitet. Es kommt nicht so sehr auf das Wieviel, sondern darauf an, daß Arbeit überhaupt und wie sie geleistet wird. Auch in den früheren Referendarübungen ist gründlich gearbeitet worden, es fehlte aber die rechte Grundeinstellung, es fehlten Zielrichtung lind Leitsätze. Um nur ein Beispiel zu bringen: Man braucht durchaus nicht alle Gesetze eines bestimmten Rechtsgebietes durchzuarbeiten. Es genügt vielmehr, wenn Ulan das entscheidende Grundgesetz — dies aber von der Wurzel her, geschichtlich wie welt­ anschaulich, theoretisch wie praktisch juristisch — be- und verarbeitet. Es genügt, wenn man die Grundlillie, die Eniwicklungsliuie zum Bewußtsein bringt und den Referendaren die Augen dafür öffnet, wie die Fäden von beni Grundgesetz aus nach allen Seiten auslaufen. Es genügt, wenn man den Referendaren einige praktische Einblicke in das Lebensgebiet verschafft, das gerade in Rede steht. Die Auswahl des Stoffes, die Beschränkung auf das Wesentliche und die Schulung des Blickes hierfür ist das Entscheidende. Arbeitet man in dieser Weise — und hier liegt eine große Verantwortung der Gemeinschaftsleiter — dann erfüllt man gleichzeitig sänltliche Aufgaben. Man fördert den inneren Menschen und bringt ihn dem Leben und der Volks­ gemeinschaft näher. Man vertieft das gesunde deutsche Rechtsbe­ wußtsein und baut hierauf gediegene Kenntnisse der Grundgesetze auf. Man läßt die Zusammenhänge und die geschichtlichen Wurzeln erkennen und schult durch lebendiges Beispiel für die Praxis und das Leben zugleich. Dem Einwand, daß die Arbeit der Gemeinschaften zu unjuristisch sei, bin ich bereits in anderem sachlichen Zusammenhang begegnet. Ich kann

7. Die praktische Bewährung.

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mich deshalb hier auf den Hinweis beschränken, daß viel eher zu be­ fürchten ist, daß das Juristische wieder in den Vordergrund tritt. Es ist also nur eine gesunde Abwehr, wenn sich die Gemeinschaftsleiter hier strenge Beschränkung auferlegen. Man darf nicht vergessen, daß der künftige Volksjurist zwar auch mit gediegenem juristischen Können und Wissen ausgestattet sein soll, daß er aber in erster Linie ein kämpferischer, deutscher Mann sein muß. Und in diesem Zusammenhänge noch eines: Man begegnet hinsichtlich der Schwere und des Wertes der Arbeit der Gemeinschaftsleiter den seltsamsten Auffassungen. Viele halten diese Arbeit für eine besondere Erholung, andere sehen in allem nur eine Spielerei. So sagte mir vor wenigen Tagen ein Besserwisser: „Na, Sie haben es doch jetzt herrlich, so gut möchte ich es auch einmal haben!" Alle diese wissen eben noch nicht, worum es geht. Sie wissen noch nicht, daß die Sicherstellung des int Werden begriffenen nationalsozialistischen Rechtes, seine Ver­ wurzelung im Volksrechtsbewußtsein von der kommenden Juristen­ generation, von unserem Nachwuchs abhängt. Was nützen die besten Gesetze, wenn wir nicht eine Kerntruppe heranbilden, die diese Gesetze auch verwirklichen und zum wahren Volksgut machen kann. Diese Über­ ängstlichen schütteln den Kopf, daß Ausflüge und Besichtigungen ge­ macht werden; sie vergessen, daß neue Ziele auch neue Wege gehen heißen. Sie vergessen, daß aus freudiger und gemeinschafts­ bewußter Arbeit die besten Leistungen Herkommen. Und gerade um hier einmal Klarheit zu schaffen, bin ich mit solcher Gründ­ lichkeit auf die erörterten Fragen eingegangen.

7. Die praktische Bewährung. Der durchschlagendste Grund, der für eine Einrichtung sprechen kann, ist ihre praktische Bewährung. Diese bestätigt, daß der neue Gedanke sich auch verwirklichen läßt und der eingeschlagene Weg der richtige ist. Und deshalb sei hier die Frage gestellt und beantwortet, ob sich die Arbeitsgemeinschaften während ihrer Probezeit bewährt haben oder nicht. Die Antwort sei eine wahrheitsmäßige Rechenschaft, eine klare und eindeutige Antwort. Die Arbeitsgemeinschaften bewähren sich, denn es ist ihnen ge­ lungen, aneinander vorbeilaufende Kollegen zu Kameraden zu machen, diese Kameraden zu einer lebendigen Gemeinschaft zusammen­ zuschließen, in der jeder Einzelne sein Bestes hergibt um der Anderen willen, eine Gemeinschaft, die ein hohes Ziel hat,

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I. Warum Arbeitsgemeinschaften?

das Ziel, den kämpferischen Bolksjuristen heranzubilden, eine Gemeinschaft, deren Glieder sich als künftige Arbeiter und Diener deS Volkes fühlen, die ernste unverdrossene Arbeit als das rechte Mittel für ihr Werden erkannt haben, die diese Arbeit freudig und in stolzem Gemeinschaftsbewußt­ sein leisten. Und eine Gemeinschaft, in der solche Kräfte sich regen, in der so junge und begeisterungsfähige Menschen am Werke sind, ist auf dem rechten Wege, erreicht ihr Ziel!! Aufgabe der Gemeinschaftsleiter wird es sein, diese durch die bis­ herige Arbeit gewonnene Grundhaltung der Arbeitsgemeinschaften zu pflegen und weiter zu vertiefen. Diese Grundlinie muß unbeirrbar ein­ gehalten werden, hier darf es kein Abweichen, kein Abgleiten geben, denn diese geistige Gesamthaltung der Arbeitsgemeinschaften ist die Grundlage für die fruchtbare praktische Arbeit. Auf ihr baut sich alles auf, und ihr Boden muß unbedingt fest und sicher sein. Selbstverständlich ging diese Aufbauarbeit in den Gemeinschaften nicht von heute auf morgen. Es hing ganz von den Menschen und den Begleitumständen ab, welche Zeit, welche Mittel und Wege man brauchte, um die Gemeinschaft zu schließen. Es gab Fehlschläge und Rückfälle, die aber überwunden wurden. Selbstverständlich ist diese Grundarbeit noch nicht abgeschlossen, sie hört letzten Endes niemals auf. Das vergangene halbe Jahr hat aber genügt, um zu zeigen, daß das gesteckte Ziel erreichbar ist und nicht nur ein nicht zu verwirklichendes Idealbild darstellt. Die bisherige Arbeit hat bewiesen, daß die Re­ ferendare in ihrer überwiegenden Mehrheit das Zeug für diese Ge­ meinschaftsarbeit in sich haben. Die vorhandenen Kräfte zu wecken und zu stärken, das ist die hohe Aufgabe der Gemeinschastsleiter, das ist das Ziel, auf das sie lossteuern.

Und darum: Arbeitsgemeinschaften!

11. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften. 1. Die Gemeinschaft. Erste Arbeitsaufgabe innerhalb der Gemeinschaft ist die Herstellung einer wirklichen, in sich geschlossenen Gemeinschaft, die diesen Namen nicht nur äußerlich trägt. Kameradschaft und Vertrauen sind die beiden Grund­ pfeiler einer echten Gemeinschaft. Sie müssen deshalb zu­ nächst begründet werden. Es gilt also, dafür zu sorgen, daß die Referendare sich einander näher­ kommen, daß sie ihre Gleichgültigkeit ablegen und aus Kollegen gute Kameraden werden. Die Referendare müssen erkennen, daß ihnen die gleiche Grundeinstellung, die gleiche Begeisterung für den Führer und seine Idee gemeinsam ist, daß sie das gleiche Ziel verfolgen und es deshalb in gemeinschaftlicher, auf gegenseitiger Unterstützung aufge­ bauter Arbeit viel eher und viel besser erreichen können. Geeint müssen die Referendare weiter werden durch das Gefühl, zu einer Gefolgschaft zu gehören, die einmütig und in festem, ehrlichem Vertrauen zu ihrem Leiter steht. Es muß der rechte kameradschaftliche Ton unter den Referendaren selbst wie auch zwischen ihnen und ihrem Führer getroffen werden. Nur darf man sich hier nicht täuschen lassen. Man darf nicht Äußerlichkeiten, wie etwa allgemeines Duzen unter den Referendaren, für den erstrebten Erfolg halten. Worte und Versprechungen bedeuten hier gar nichts. Die Gemeinschaft muß hier zunächst die Feuerprobe bestehen und durch die Tat beweisen, daß ihre Kameradschaft auch echt ist. Der Gemeinschaftsleiter wird gerade in dieser Hinsicht an so manchen Kleinigkeiten und Selbstverständlichkeiten beobachten können, ob seine Gemeinschaft auf den: rechten Weg ist. So z. B. wenn ein Referendar plötzlich schwer erkrankt, wie sich die Kameraden in diesem Falle benehmen, ob sie echte Anteilnahme bekunden und dieselbe einzeln oder in der Gemeinschaft durch die Tat beweisen. Oder wenn ein Kamerad in wirtschaftliche Not gerät, ob wirkliche Opferbereitschaft besteht, ob die Kameraden bereit sind, unter eigenen Opfern für den Kameraden ein­ zustehen. Hier wird sich zeigen, ob die Kameradschaft den Referendaren zur Herzenssache geworden ist. Sicher muß der Gemeinschaftsleiter mit dem guten Beispiel vorangehen. Die Referendare müssen empfinden,

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

daß ihm dieses alles nicht nur „Dienst" bedeutet, sondern aus ehrlichem Herzen kommt. Warnen muß ich aber davor, hier etwas binnen möglichst kurzer Frist erzwingen zu wollen. Das würde mit aller Sicherheit zu Miß­ erfolgen führen, und eine so künstlich gezüchtete Kameradschaft würde schwereren Erschütterungen, die in jeder Gemeinschaft eintreten werden und müssen, nicht Stand halten. Ich warne vor allem vor Übertrei­ bungen. Gut, mögen sich die Referendare, wenn sie es von sich aus machen, untereinander duzen. Als Genteinschaftsleiter würde ich es nicht fordern oder gar anorbnett. Von dem „Du" oder „Sie" hängt die wirkliche Kameradschaft nicht ab, und wenn die Referendare im Laufe der gemeinschaftlichen Arbeit zu wirklich guten Kameraden werden, dann wird dieses Äußerliche schon eines Tages von selbst

kommen. Jedenfalls halte ich es für verkehrt, wenn sich der Gemeinschaftsleiter, um seine Kameradschaft zu betonen, mit allen Referendaren duzt. Mir erscheint das gekünstelt und sicher nicht das geeignete Mittel, um zwischen Führer und Gefolgschaft die richtige Gemeinschaft zu schaffen. Wenn die Referendare inich nur als Kameraden ansehen, weil ich mich mit ihnen duze, dann will ich lieber darauf verzichten. Auch nimmt man mit dem „Sie" eine gegebene natürliche Schranke, die keine Trennung bedeutet, fort, ohne zu wissen, was daraus wird. Mancher Referendar, und ich glaube wohl die meisten, würden dieses Vertrauen nicht mißbrauchen, manch einer würde aber vielleicht vergessen, daß der Kamerad auch gleichzeitig der Führer ist. Sicher würde der Gemeinschaftsleiter solche Referendare in ihre Schranken zurückweisen können. Aber weshalb das alles, wo es nichts nützt, höchstens schaden kann! Aussprechen möchte ich mich auch gegen den gelegentlich gemachten Vorschlag, die Referendare nach ihren Leistungen in Gemeinschaften einzuteilen. Ich halte diesen Weg für ungesund und völlig verfehlt. Ein solches Vorgehen würde zu einer ganz ungerechtfertigten Klassi­ fizierung der Referendare führen und viele Härten mit sich bringen. Matt muß bedenken, daß sich die jungen Menschen in der Entwicklung befinden, und daß man zu Beginn der Ausbildung, wenn die Einstellung erfolgt, noch gar nicht sagen kann, was aus dem Einzelnen während der Ausbildungszeit wird. Man würde also manchem Unrecht tun, wenn man ihn auf Grund der vorliegenden bisherigen Ergebnisse in eine Gruppe weniger befähigter Referendare einordnen würde. Erlebt man es doch mitunter, daß auf der Universität und im Referendarexamen nicht sonderlich tüchtige junge Juristen in der Praxis, die ihnen mehr liegt als das Theoretische, zu tüchtigen brauchbaren Männern heran­ reifen, und auf der anderen Seite, daß Referendare mit hervorragenden theoretischen Kenntnissen und gutem Referendarexamen den An-

1. Die Gemeinschaft.

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forderungen des Lebens und der Praxis nicht standhalten und in ihren Leistungen merklich zurückgehen. Zudem bin ich auch der Meinung, daß es nicht gut wäre, etwa eine Gemeinschaft besonders tüchtiger Referendare zusammenzustellen, da dies die Gefahr der Überheblichkeit dieser Referendare und der Schaffung einer „Strebergruppe" in sich tragen würde. Ich bin gerade der Auffassung, daß das bunte Gemisch der verschiedenartigsten Kräfte die richtige Grundlage für eine nutz­ bringende Arbeit bildet. Gegenseitiges Vertrauen ist der andere Grundpfeiler der Gemein­ schaft. Wenn man führen will, muß man das Vertrauen seiner Gefolg­ schaft besitzen. Dieses zu gewinnen, muß deshalb Hauptziel des Gemein­ schaftsleiter sein. Er muß den Kameraden Vertrauen entgegenbringen und ihres zu erwerben verstehen. Dann wird er auch nicht die Ent­ täuschung erleben, daß man ihm Theater vorspielt uni) sich anders gibt als man ist. Auf der Grundlage ehrlichen gegenseitigen Vertrauens wird sich der Gemeinschaftsleiter mit den jüngeren Kameraden zu offener, vertrauter Aussprache finden. Der Kamerad wird aus seinem Fühlen und Denken dem Vertrauten gegenüber keinen Hehl machen, weil er weiß, daß dieser nur sein Bestes will und das geschenkte Ver­ trauen nicht mißbrauchen wird. Zweiflern kann man nur helfen, wenn man ihre Zweifel wirklich kennt. Schwankenden kann man nur bei­ kommen, wenn sie einem vertrauen und deshalb folgen. In Gemein­ schaften, in denen alles glatt geht, da stimmt sicher etwas nicht. Ent­ weder haften sie an der Oberfläche oder es fehlt dieses Vertrauens­ verhältnis, das die inneren Schwierigkeiten des einzelnen erst ans Licht bringt und die Möglichkeit ihrer Überwindung gibt. Was nun meine praktischen Erfahrungen angeht, so stellte ich bereits fest, daß beides — echte Kameradschaft wie gegenseitiges Vertrauens­ verhältnis — durchaus erreichbar ist. So ist es selbstverständlich, daß Referendaren, die keinen Unterhaltszuschuß haben und wirtschaftlich in bedrängter Lage sind, die Teilnahme an den gemeinsamen Veranstal­ tungen durch die Gemeinschaft ermöglicht wird. So haben die Re­ ferendare in verschiedenen Fällen und in den verschiedensten Formen teils durch Sammlungen unter sich, teils durch gemeinsame Geschenke und regelmäßige Einladungen bedrängten Kameraden wirkliche und herzlich gemeinte Unterstützung geleistet. Man muß einmal beobachten, mit welcher Begeisterung die Referendare hier bei der Sache sind, welch innere Freude es ihnen macht, helfen zu können. Ich entsinne mich, wie wir in einer Gemeinschaft beratschlagten, auf welche Weise wir einem bedrängten Kameraden helfen könnten. Wieviel Vorschläge wurden da gemacht, jeder wollte den besten Weg finden, keiner wollte hervortreten, es sollte die Gemeinschaft sein, und wie alles daran dachte,

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

daß eine Form gefunden wurde, die nicht verletzen konnte. In einer solchen Stunde erhält man die Bestätigung, ob die Kameradschaft die rechte ist; es war mir eine große Freude, beobachten zu können, wie selbstverständlich den Kameraden dieses war, als ob es anders gar nicht sein könnte. Und das Vertrauen ist da, wenn die Referendare mit ihren wirklichen Nöten zum Gemeinschaftsleiter kommen. So lange sie sich scheuen, dies zu tun, ist das Verhältnis noch nicht das richtige. Hier muß der Gemeinschaftsleiter offene Augen haben. Wenn ich merkte, daß einen Referendar irgendwo der Schuh drückte, schnitt ich von mir aus in vertraulicher Aussprache die Sache an, und wenn es ging, half ich. Das nächste Mal kam der betreffende Referendar schon von selbst. Und so ist es allmählich dahin gekommen, daß mich die Referendare in allen wichtigen Dingen, die den Beruf oder ihr Borwärtskommen betreffen, um Rat fragen. Ich bitte, mich nicht falsch zu verstehen. Ich bilde mir darauf nichts ein; es ist mir nur ein wertvoller Beweis, daß ich das richtige Verhältnis zu meinen Referendaren gefunden habe. Erst durch die Herstellung der wirklich echten Kameradschaft und das richtige natürliche Verhältnis zwischen Führer und Gefolgschaft erreicht man die Geschlossenheit der Gemeinschaft. Ehe diese nicht gegeben ist, darf ein anderes Ziel nicht gesteckt werden. Alan muß bei der Wahl des Stoffes, der Art der Ausgestaltung der einzelnen Veranstaltungen ganz verschieden nach den auftretenden Hindernissen und Widerständen alles auf dieses erste Ziel abstellen. Ter Geineinschaftsleiter muß zunächst im besten Sinne des Wortes die Gemeinschaft vollständig in dieHand bekommen. Die Referendare müssen mit ihreni Leiter durch dick und dünn gehen, sic müssen freudig bei der Arbeit sein. Deshalb muß man alles daran setzen, die in der Gemeinschaft gegebenen Kräfte in jeder Hinsicht zu mobilisieren, um das Letzte aus den jungen Menschen herauszuholen. Es muß Schwung und Linie in der Gesamthaltung der Gemeinschaft sein. Im Mittelpunkt dieser Aufbauarbeit steht selbstverständlich der Ge­ meinschaftstag. Hier nmß jeder Gemeinschaftsleiter sehr vorsichtig sein, denn die ersten Gemeinschaftstage müssen ein Erfolg werden. Davon hängt das Schicksal der betreffenden Gruppe, davon hängt es ab, ob die 20 oder 25 Referendare zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen. Rezepte gibt es hierfür überhaupt nicht. Hier muß jeder Gemein­ schaftsleiter fühlen, was gerade seiner im Werden begriffenen Ge­ meinschaft not tut, und auf welche Weise man den Gemeinschaftssinn am besten fördern kann. So habe ich, um das Gesagte praktisch zu vermrschaulichen, in meiner Gemeinschaft für die Aufbauzeit die Arbeitsaufgabe gestellt:

1. Die Gemeinschaft.

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„Unsere hessische Heimat, ihre Kultur- und Geistesgeschichte, ihr Volks- und Brauchtum, ihre Wirtschaft. Alles mit dem Blick auf das Volksganze!" Wenn man junge Menschen mit Erfolg in das Volksganze stellen will, dann muß man sie erst einmal in ihrer engeren Heimat verwurzeln. Da es hieran fehlte, mußte ich, um organisch auszubauen, mit dieser Aufgabe beginnen. Dabei konnte ich gleichzeitig das deutsche Gesamtschich'al in den Kreis der Betrachtungen ziehen. Bei allen Erörterungen war der Blick auf das große Ganze gerichtet und die Heimat und ihr Verderb und Gedeihen zu ihm in Beziehung gesetzt. So wurde die Besprechung der hessischen Geschichte auch zu einer Betrachtung der deutschen Geschichte, und — um noch ein anderes Beispiel zu nennen — die Beschäftigung mit den Gebrüdern Grimm, die lange Zeit in Kassel wirkten, gab Anlaß zur Betrachtung der gesamten Zeitepoche und nicht zuletzt Gelegenheit zu ernsten und wesentlichen Gedanken über die Sprache unseres werden­ den Volksrechtes. So unterhielten wir uns in der Gemeinschaft über die hessische Mund­ art und die heimatlichen Trachten. Es war selbstverständlich, daß wir in diesem Zusammenhang über ihren Volkstumswert und ihre Erhaltung und Erneuerung sprachen. Dann ging es hinaus in die hessische Heimat, um das gemeinsam Gehörte nun auch zu schauen, um Stätten hessischer Geschichte und Kultur zu besuchen, um gemeinschaftlich zu erleben. Jeder Ausflug war Arbeit und Freude zugleich. Beim gemeinschaftlichen Mittagessen, bei gleichem Schritt und Tritt und beim gemeinsamen Singen uns allen wohlvertrauter Soldaten- und Marschlieder kamen wir uns näher, wuchsen wir zusammen, natürlich und organisch. Jeder einzelne wurde von der Gesamtstimmung mitgerissen und fügte sich als Glied in die Gemeinschaft ein. Es war das Heimatgefühl, das uns zusammenfügte. So erwies sich in der Tat die gemeinsame Heimat­ kunde, dieses gemeinsame Genießen der Schönheiten der Heimat als der rechte Weg für die zu leistende Aufbauarbeit. Ein geeignetes Mittel für die Aufbauarbeit sind auch mehrtägige Ausflüge. Hier wächst im langen, ununterbrochenen Zusammensein am leichtesten die Gemeinschaft heran. Ich kann deshalb mehrtägige Ausflüge gerade für den Anfang besonders empfehlen. Man kann z. B. die Gemeinschaftstage zweier Wochen zusammenlegen und einen zwei­ tägigen großen Ausflug mit einer Übernachtung in einer Jugend­ herberge daraus machen. Sehr unterstützend würde es auch sein, wenn ein Gemeinschaftsraum zur Verfügung stände. Leider wird das in der Regel aus Gründen der Raumnot nicht möglich sein. Die Justizverwaltung und die Gemeinschafts.

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II. Die Menschen und'die Arbeit in den Gemeinschaften.

leitet müssen aber bestrebt sein, baldmöglichst einen Raum für die Gemein» schäften freizubekommen. Vielleicht läßt sich durch Zusammenlegung an manchen Orten etwas erreichen. Es darf jedenfalls in dieser Richtung nichts unversucht bleiben, denn der gemeinschaftsbildende Wert einer eigenen Bleibe ist nicht zu unterschätzen. Ich bin überzeugt, daß die Kameradschaft und der Zusammenhalt der Referendare innerhalb der Gemeinschaften durch die Einrichtung eines geeigneten Gemeinschafts­ raumes ganz erheblich gefördert werden können. Es müßte ein Heller, lichter, großer Raum sein, den sich die Referendare ihren Wünschen und dem Zweck entsprechend wohnlich gestalten könnten. Vielleicht könnte der Raum gleichzeitig für den Unterricht Verwendung finden. Soweit man ohne Kostenaufwand — Mittel dürsten hierfür nicht zur Verfügung stehen — einen Raum außerhalb, aber in der Nähe des Gerichtsgebäudes bekommen könnte, sollte man die Gelegenheit wahr­ nehmen und einen Gemeinschaftsraum daraus machen. Ich glaube gerade die auswärtigen Referendare würden eine solche Einrichtung sehr begrüßen, da sie dort im Kameradenkreise ihre freien Abende ver­ bringen könnten. Auch könnte ihnen der Raum als Arbeitsstätte dienen und allmählich eine kleine Bibliothek gesammelt und einige Zeitungen ausgehängt werden. Im Winter müßten Heizung und Licht durch kleine Beiträge aller Kameraden gedeckt werden, sofern es sich um einen Raum außerhalb des Gerichtsgebäudes handelt. Als entscheidend für den Aufbau der Gemeinschaft habe ich aber folgendes erkannt:

die fachliche Arbeit in der Gemeinschaft selbst im Gemein­ schaftssinne zu erfüllen und die Arbeitsweise auf Gemeirischastsdienst abzustellen. Das bedeutet, daß jeder einzelne einschließlich des Gemeinschaftsleiters selbst in den Dienst der Gemeinschaft und ihrer Arbeit gestellt wird. Jeder einzelne muß laufend oder auch wechselnd eine Aufgabe, eine Arbeit erhalten, die er um der anderen willen treu und gewissenhaft erfüllt in dem Gefühl, daß auch alle anderen ihre Kräfte für ihn, jeder mit einet besonderen Arbeit, einsetzen. Jeder muß wissen, daß der Dienst in der Gemeinschaft die höchste Ehre, die sittlich wertvollste Arbeit ist. Das vertieft den Gemeinschaftssinn und schmiedet zu­ sammen. Das gibt Gemeinschaftsbewußtsein und stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl. Praktisch sieht das so aus: Der eine ist Sportwart, ein anderer Wander­ wart. Übrigens wechsele ich hier immer ab, um jedem Kameraden Ge­ legenheit zu geben, sich in der Ausarbeitung, selbständigen Führung und Durchführung einer größeren Wanderung zu üben. Auch erhalte ich hierdurch ein gutes Bild über die Führereignung und weitere Eigen-

1. Die Gemeinschaft.

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schäften des jeweiligen Wanderwartes. Ein weiterer Referendar ist Gesangswart, der für die Zusammenstellung schöner Volkslieder, Soldaten- und Kampflieder zuständig ist und der für die Einübung der Lieder die Verantwortung trägt. Andere wieder sind, um nur noch einige Beispiele zu nennen, mit der laufenden Besprechung etwa der Deutschen Justiz, des Deutschen Rechts, der Deutschen Richterzeitung, der Deutschen Juristen-Zeitung, der Juristischen Wochenschrift oder der Zeit­ schrift der Akademie für Deutsches Recht betraut. Zu Beginn jeden Unter­ richtes wird abwechselnd über jedes neu erschienene Heft kurz berichtet, etwa 5 bis 10 Minuten. Hier schule ich den Blick für das Wesentliche und erreiche gleichzeitig, daß die Zeitschriften auch wirklich gelesen werden. Manchmal stelle ich auch Gruppenaufgabcn, d. h. ich betraue einen Referendar mit einer bestimmte Aufgabe, z. B. einer Führung durch die Kasseler Altstadt oder, um noch ein anderes Gebiet zu nennen, mit einem Überblick über die Wirtschaftsgesetzgebung seit dem Um­ schwung. Der betreffende Referendar erhält drei, vier oder fünf Kame­ raden zur Mitarbeit beigeordnet. Seine Sache ist es nun, selbständig die Vorbereitungen zu treffen, die Rollen zu verteilen und den Gesamt­ erfolg zu gewährleisten. Das macht den Referendaren große Freude, und gern ordnen sie sich hierbei — eben aus dem Gemeinschaftsgeist heraus — dem zum Führer bestellten Kameraden unter. Im übrigen ist in diesen Dingen alles Taktfrage; der Gemeinschafts­ leiter muß eben ein gutes Fingerspitzengefühl haben, was dem einzelnen not tut, wo er ihn einsetzt und wie er die guten Kräfte des einzelnen und gleichzeitig die der Gemeinschaft am besten steigern kann. Endlich noch etwas an sich Selbstverständliches: In jeder Gemein­ schaft muß Disziplin herrschen. Fehlt diese, fehlen Gehorsam und Unter­ ordnungsbereitschaft der Gefolgschaft, dann herrscht nicht der rechte Gemeinschaftsgeist. Es wäre falsch verstandene Kameradschaftlichkeit, wenn der Gemeinschaftsleiter glaubte, hier weitestgehendes Entgegen­ kommen oder alles entschuldigende Duldsamkeit an den Tag legen zu müssen. Ebenso wenn Referendare glauben, es komme nicht so genau darauf an, sie könnten einfach wegbleiben, ohne sich entschuldigen zu müssen,Zuspätkommen wäre ihr gutes Recht. Das ist keine Schulmeisterei! Nur eine disziplinierte, straffe Gemeinschaft, die auch Wert auf Haltung legt, ist eine wirkliche und geschlossene Gemeinschaft, die nicht zuletzt gerade hierdurch in der Hand des rechten Leiters die nötige Lebens- und Arbeitskraft gewinnt. Ich sage meinen Referendaren immer, was in der SA. selbstverständlich ist, muß auch für die Arbeitsgemeinschaft selbst­ verständlich sein. Unser Gemeinschaftsgeist soll ein kämpferischer, solda­ tischer sein, dann wird er uns auch ans Ziel bringen.

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

2. Der GemeinschastsleUer. Wenn ich auf die Menschen der Gemeinschaften, also sowohl auf die Referendare als auch auf die Gemeinschaftsleiter näher eingehe, so geschieht das, um den Beteiligten selbst zunächst ihre Stellung und ihre Aufgaben innerhalb der Gemeinschaft zum Bewußtsein zu bringen. Sie sollen an dem Grundsätzlichen und am Charakteristischen beispielhaft erkennen, worauf es ankommt, und da sei eines als für beide Gruppen gemeinsam vorangestellt. Nämlich die Tatsache, daß es letzten Endes von den Menschen, die die Gemeinschaft bilden und von ihrer Einsatzbereitschaft abhängen wird, ob das Werk ge­ lingt. Selbstverständlich sind auch die übrigen Abschnitte dieses Buches auf die Menschen der Gemeinschaft abgestellt und abgestimmt, mag es sich nun um die Zeugnisse, den Personalbogen oder die Arbeitsweise in den Gemeinschaften handeln. Überall kommt es mir natürlich darauf an, den einzelnen — Referendaren wie Gemeinschastsleitern — etwas Innerliches für die Mitarbeit in der Gemeinschaft mit auf den Weg zu geben. Und so ist die vorliegende Arbeit nicht zuletzt als Vorbereitungs­ mittel für den neu berufenen Gemeinschaftsleiter und den in die Aus­ bildung tretenden Referendar gedacht. Beide sollen — so hoffe ich — aus dieser Arbeit das erforderliche Rüstzeug, innerlich wie äußerlich, für die Genleinschaftsarbeit gewinnen können. Darüber hinaus wende ich niich gerade auch mit diesen Ausführungen an die übrige Juristenschaft. Diese kann vielleicht durch die Betrachtungen über den Gemeinschaftsleiter am besten ein Urteil darüber gewinnen, was diese Arbeit bedeutet und welche Anforderungen sic an den ein­ zelnen stellt, ebenso welchen Wert die Gemeinschaftsarbeit für den Referendar hat und wie er gerade durch sie innerlich reis und stark werden kann.

Der Geineinschaftsleiter niuß in erster Linie überzeugter National­ sozialist sein. Er muß mit vollem Herzen bei der Sache sein und an die Idee des Führers glauben. An sie glauben mit innerer Begeisterung, mit Einsatz und Opferbereitschaft. Er muß von dem Wunsche beseelt sein, sein Bestes und Letztes für den Führer hinzugeben. Wer dieses nicht in sich trägt, wer diese Begeisterungsfähigkeit, die selbst und andere nritreißt, nicht besitzt, wer nur verstandesmäßig und nicht mit dein Herzen für den Nationalsozialismus eintritt, der kann und darf kein Gemeinschafts­ leiter werden. Denn ihm würde das Entscheidende, die Grundeinstellung fehlen, auf der sich die gesamte Gemeinschaftsarbeit aufbaut. Von der Persönlichkeit des Gemeinschaftsleiters und seiner inneren Kraft wird es nicht zuletzt abhängen, was für National­ sozialisten die Referendare werden. Ist er der rechte Mann,

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2. Der Gemeinschaftsleiter.

hat er als Nationalsozialist inneren Schwung und die Gabe zu führen, dann wird er auch bei seinen Referendaren den rechten Grund für kämpferische Persönlichkeiten legen, das Vorhandene vertiefen und läutern und den jungen Menschen durch die Kraft gemeinsamen Erlebens der Idee Bleibendes für ihren Lebensweg mitgeben. Und deshalb muß der Gemeinschaftsleiter seinen Referendaren gerade als Nationalsozialist Borbild und Beispiel sein. Er muß ihnen durch seine eigene Arbeit und sein Wirken, durch seinen stets bereiten, nie erlahmenden Einsatz für die Bewegung uird ihren Führer vorleben, was es heißt, ein rechter Nationalsozialist zu sein. Jnl Großen wie int Kleinen. Die gesamte Gemeinschaftsarbeit muß selbstverständlich und natürlich von dem nationalsozialistischen Gedankengut durchblutet und durchdrungen und von ihm getragen sein; dann werden auch die Re­ ferendare in diesem Sinne erfüllt werden von echtem, wahren National­ sozialismus. In zweiter Linie muß der Gemeinschaftsleiter Lust und Liebe zurSache haben. Gemeinschaftsleiter kann nur jemand sein, der die Arbeit um ihrer selbst willen leistet, um der Jugend willen,-mit deren Führung er betraut ist. Nie jemand, der zwar klug und tüchtig ist, dem aber die Arbeit nur „Dienst", vielleicht auch „Karriere", aber keine Herzens­ sache bedeutet. Der rechte Gemeinschaftsleiter muß mit eigener, innerer Begeisterung und Freude dabei sein. Er muß für seine Referendare eintreten, nicht nur, weil dies sein Amt als Gemeinschaftsleiter verlangt, sondern weil es ihm inneres Bedürfnis ist, weil er sich den jungen Menschen innerlich verbunden, als Kamerad und Führer verantwortlich fühlt. Der rechte Gemeinschaftsleiter muß die Jugendkraft in sich haben, mit den jungen Referendaren fröhlich sein zu können, ihnen Freude zu bereiten und selbst die Arbeit zur freudigen und heiteren gestalten können. Er muß sich das Ziel setzen, daß die Gemeinschaft als geschlossene Gefolgschaft wie ein Mann hinter ihm steht, und wenn er das erreicht, kann er stolz darauf sein. Der Gemeinschaftsleiter darf sich durch Mißerfolge, durch Undank­ barkeit, durch mangelndes Verständnis für seine Arbeit nicht beirren lassen, er muß seinen Weg zielbewußt, beharrlich weitergehen. Und der (Srfolg wird ihm sicher sein. Nie darf der Gemeinschaftsleiter eitel und selbstgefällig sein. Nie darf er sich als Mittelpunkt betrachten. Die Referendare haben für solche Dinge ein gutes, gesundes Gefühl. Mit dem rechten Ver­ hältnis zwischen Leiter und Gemeinschaft würde es dann vorbei sein. Der Gemeinschaftsleiter muß im Gegenteil verzichten können. Er muß in vielen Fällen, obwohl er vielleicht die Anregung gegeben hat, völlig zurücktreten und seinen Referendaren den Vorrang lassen. Die Refeeilet, Arbeittgemetnschasten.

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

rettbare brauchen oft gar nicht bewußt zu empfinden, daß der Gemein­ schaftsleiter da ist, und trotzdem muß dieser die Gemeinschaft fester denn je in der Hand haben. Das ist das Richtige. Der Gemeinschaftsleiter darf nicht nur von den Referendaren derlangen, daß sie sich als Glieder und Diener der Gemeinschaft fühlen. Er muß vor allem selbst zunächst im besten Sinne der erste Diener der Gemeinschaft sein. Deshalb muß der Gemeinschafts, leitet auch in Kleinigkeiten streng gegen sich selbst sein. Wie kann er von seinen Referendaren Pünklichkeit und Disziplin verlangen, wenn er sie selbst nicht wahrt. Wie kann er von seinen Referendaren letzten Einsatz fordern, wenn er diesen selbst nicht bietet. Und dieses alles darf der Gemeinschaftsleiter nicht verstandesmäßig tun. Er darf nicht erst klügeln müssen, „wie verhalte ich mich jetzt richtig?" Das muß alles selbstverständlich sein, muß ihm im Blute liegen. Sein Takt, sein Fingerspitzengefühl, sein Einfühlungsvermögen, oder wie man es sonst nennen will, muß ihm intuitiv das Richtige ein­ geben. Und der Gemeinschaftsleiter muß schöpferische Kräfte in sich tragen. Er muß jeder Gemeinschaft ihr Eigenleben geben, sie so formen, wie es ihren Gliedern not tut und frommt. Der Gemeinschaftsleiter darf nicht nach 4 Wochen in Verlegenheit sein, was er nun mit dem Ge­ meinschaftstag anfangen soll. Nein, hier muß es ihm gerade eine be­ sondere Freude sein, nie zu erlahmen und zu versagen, und immer wieder, wie der schaffende Künstler, neue Wege und neue Möglich­ keiten zu finden. Der Gemeinschaftsleiter muß mit innerer Begeisterung in die Arbeit hineinwachsen. Dann wird er mit und durch die Arbeit wachsen. Der rechte Gemeinschaftsleiter wird nie in Verlegenheit kommen, er wird stets Aufgaben in Fülle vor sich haben, er wird sich aber auf der anderen Seite hüten, die Arbeit zu zersplittern, vielmehr darauf bedacht sein, stets klare Linie mit dem Blick auf das Wesentliche und Grundsätzliche zu halten. Besitzt der Gemeinschaftsleiter selbst schöpferische Kräfte, dann wird er solche auch in seinen Referendaren wecken können. Das ist eine wichtige Aufgabe des Gemeinschaftsleiters. Er darf nicht nur selbst führen und seine Referendare unselbständige Mitarbeiter sein lassen. Er muß seine Referendare auch zu selbständiger Mitarbeit erziehen, er muß sie für das Gelingen der Gemeinschaftsarbeit mitverantwortlich machen. Der Gemeinschaftsleiter muß die Initiative der Referendare wecken, fördern und ihr Gelegenheit zur Betätigung und Auswirkung geben. Referendare, die von Natur aus unselbständig sind, muß der Gemeinschaftsleiter so leiten und die vorhandenen Anlagen und Kräfte so stärken, daß auch diese Referendare, angeregt und sicher gemacht

2. Der Gemeinschaftsleiter.

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durch die Gemeinschaftsarbeit, zu eigenverantwortlicher und selbständiger Weiterarbeit fähig werden. Welche Fülle von Aufgaben, welch großer Pfsichtenkreis erschließt sich hier für den Gemeinschaftsleiter I Eine schwere Aufgabe, doch auch eine schöne Aufgabe, die der besten Kräfte und des vollen Einsatzes wert ist. Alles in allem muß der Gemeinschaftsleiter also ein ganzer Kerl sein. Er muß mitreißen, er muß führen können, und er muß mit eigener innerer Begeisterung dabei sein. Das ist letzten Endes das Entscheidende. Des­ halb muß sich jeder, der diese Aufgabe übernimmt, gewissenhaft prüfen, ob er diese Voraussetzungen erfüllt. Wer die Arbeit aufnimmt, im Laufe der Zeit bei strenger Selbstkritik erkennen muß, daß ihm die Sache nicht liegt, der sei ehrlich und trete als Gemeinschaftsleiter wieder ab. Das ist er den jungen Menschen, das ist er dem hohen Vertrauen, das die Justiz­ verwaltung durch seine Berufung in ihn gesetzt hat, schuldig. Der Be­ treffende wird keinen Nachteil davon haben. Man wird ihm sein ehr­ liches Handeln im Gegenteil hoch anrechnen. Wer sich nicht dazu be­ rufen fühlt, lasse die Finger lieber von vornherein davon. Damit leistet er den Referendaren, der Justizverwaltung und auch sich selbst einen besseren Dienst. Der Justizverwaltung obliegt die schwere Aufgabe, die richtigen Ge­ meinschaftsleiter auszuwählen. Ich halte es für eine glückliche Lösung, daß die Auswahl den Oberlandesgerichtspräsidenten übertragen worden ist, da diese die Richter und Staatsanwälte ihres Bezirks immer noch besser kennen, als das dem Präsidenten des Reichsjustizprüfungsamtes bei der großen Zahl der Beamten möglich sein wird. Jedenfalls wird der Ober­ landesgerichtspräsident nur Persönlichkeiten auswählen, die er genau kennt und von denen er gerade auf Grund dieser seiner Kenntnis die sichere Überzeugung erlangt hat, daß sie für diesen so verantwortungsvollen Posten in Frage kommen. Alle Stellen der Justizverwaltung werden in Zukunft ihr besonderes Augenmerk auf die zur Gemeinschaftsarbeit geeigneten Richter und Staatsanwälte richten müssen; bei jedem Beamten müßte geprüft werden, ob er für diese Arbeit in Betracht kommt oder nicht. Ich bin sogar der Meinung, daß man den Nachwuchs für die gegenwärtigen Gemeinschaftsleiter, die ja mit gutem Grunde nach einigen Jahren abgelöst werden sollen, schon jetzt mit besonderer Fürsorge auswählen und sicherstellen sollte. Gewinnt z. B. der Oberlandesgerichtspräsident auf Grund eigener Kenntnis den Eindruck, daß ein bestimmter Richter — etwa ein an das Oberlandesgericht abgeordneter Hilfsrichter — für die Gemeinschafts­ arbeit geeignet sein könnte, so wird er sich bemühen, ein sicheres Bild 3*

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

von der Zuverlässigkeit des betreffenden Richters zu bekommen. Dieser könnte dann, falls er auch selbst Neigung für die Gemeinschaftsarbeit zeigt, zunächst mit bet) Gemeinschaftsleitern am Orte in nähere Beziehun­ gen treten, ab und an dem Unterricht beiwohnen und auch an Gemein­ schaftsveranstaltungen teilnehmen. Hierbei wird sich meist schon heraus­ stellen, ob die Neigung des Anwärters ernstlich ist. Trifft das zu, dann könnte der betreffende Richter zum Beispiel einmal vertretungsweise mit der Führung einer Gemeinschaft, deren Leiter etwa längere Zeit erkrankt ist, betraut werden. Während dieser Probezeit ergibt sich dann wohl endgültig, ob der Betreffende der rechte Mann ist. Auch könnte z. B. ein Landgertchtspräsident, der einen bestimmten Richter für den Posten des Gemeinschaftsleiters in Vorschlag bringen will, diesem den Auftrag geben, eine Ausarbeitung darüber zu liefern, wie er eine ihm anvertraute Arbeitsgemeinschaft aufbauen und aus­ gestalten würde. Bei der Anstellung von Richtern wird man in Zukunft besonders Bedacht darauf nehmen müssen, ob in dem betreffenden Landgerichts­ bezirk geeignete Strafte für die Gemeinschaftsarbeit bereits vorhanden sind oder nicht. Verneinendenfalls wird die Geeignetheit eines An­ wärters für diese Ausgabe für den zu machenden Vorschlag den Aus­ schlag geben müssen. In diesem Zusammenhang eines: Erkrankt der Gemelnschaftsleiter, sagen wir für 4 Wochen, dann empfehle ich keinen Vertreter zu bestellen. Die Persönlichkeit des Geineinschaftsleiters ist für die Ge­ meinschaft und ihr Schicksal entscheidend. Von ihm hangt alles ab. Es wird deshalb in der Rege! nicht gut tun, wenn ent vorübergehender Wechsel in der Person des Leiters eintritt. Jeder Gemeinschaftsleiter hat seine eigene Arbeitsweise, seine besondere Art, mit den Referen­ daren umzugehen. Man würde nur die klare Linie der Gemein­ schaftsarbeit stören, wenn man hier einen Wechsel in der Persönlichkeit des Gemeinschaftsleiters eintreten ließe. Es wird viel unschädlicher sein, wenn die Referendare 4 Wochen lang ohne Gemeinschaftsleiter bleiben. Sie können diese Zeit nutzen, um sich in erhöhtem Maße der übrigen Ausbildung zu widmen. Das gleiche gilt von der Urlaubszeit des Gemeinschaftsleiters. Hier können die Referendare möglichst ihren Urlaub in die gleiche Zeit legen, so daß ein erheblicher Zeitverlust nicht eintritt. Selbstverständlich muß der Gemeinschaftsleiter weiter auch ein tüch­ tiger Jurist feilt. Vor allem ein praktischer Jurist, der mit beiden Beinen im Leben steht, der schon als Richter Erfahrungen gesammelt hat, dem aber wissenschaftliche Begabung durchaus nicht fehlen soll. Es muß ein Jurist sein, dem es nicht um die Juristerei als solche, sondern um die

2. Der Gemeinschaftsleiter.

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Meisterung des Lebens und seiner Verhältnisse zum Wohle der Volks­ genossen geht. Er muß dem Typ des kommenden Volksjuristen nahe­ kommen, ihn wenn möglich erfüllen. Denn nur dann kann er, was das Ziel des Vorbereitungsdienstes ist, die Referendare befähigen, „vermöge gründlicher Kenntnis des Rechtes treffend und volksverständlich Recht zu sprechen, Bolksschädlinge zu bekämpfen, die rechtsuchende Bevölkerung zu beraten und durch jede solche Tätigkeit dem Arbeitssrieden zu dienen".

Aber all dieses hinaus and dieses alles zufammenfaffend matz der GemeinschastSleiter Erzieher sein. Nicht Schulmeister, nicht Lehrer oder gar Lehrperson, sondern Menschenbildner im besten Sinne des Wortes. —Ich habe mich manchmal gefragt, muß denn der Ge­ meinschaftsleiter nun mehr Jurist oder mehr Erzieher sein? Beides, er kann von beidem nicht genug haben. Und erst das gibt die richtige Gemeinschaftsleiterpersönlichkeit. Abschließend die entscheidenden Absätze der Allg. Berfg. deS Preußi­ schen Justizministers vom 16. Mai 1-34, die die Grundlage der Arbeits­ gemeinschaften bildet und die an anderer Stelle vollständig wieder­ gegeben wird: „Die Gemeinschaftsleiter müssen überzeugte Nationalsozialisten un­ tüchtige Juristen sein, die den Referendaren in jeder Beziehung ein Vorbild sein können und vor allem die Gabe haben, Jugend zu leiten; sie müssen weiter gewinnende Persönlichkeiten sein, denen das Herz der jungen Menschen zufliegt. Sie sollen sich nicht, wie es bisher meist üblich war, darauf be­ schränken, mit den Referendaren lediglich praktische Fälle zu besprechen, sondern sie sollen für die gesamte Erziehung der ihnen anvertrauten Referendare verantwortlich sein und vornehmlich dafür sorgen, daß aus den Referendaren Juristen werden, wie sie das deutsche Volk braucht. Deshalb dürfen sie sich nicht auf die fachliche Ausbildung beschränken, sondern müssen auf die gesamte Lebenshaltung und Lebensanschauung ihrer Zöglinge Einfluß gewinnen. Sie müssen mög­ lichst viel mit den Referendaren zusammen sein. Diese stehen deshalb in der Regel an einem Tage der Woche allein zu ihrer Verfügung. An diesem Tage sollen die Leiter mit ihrer Gruppe behördliche Ein­ richtungen, wirtschaftliche Betriebe der Industrie, des Handels und Gewerbes sowie der Forst- und Landwirtschaft u. a. mehr, geschicht­ lich bedeutsame Orte der Umgegend, Museen und Theater besichtigen, die Besichtigung durch geeignete Vorträge vorbereiten sowie das Ge­ sehene nachher besprechen und verarbeiten und so in jeder Weise den Referendaren den richtigen Blick für die Wirklichkeit geben. Auch ge­ meinsame Ausflüge sind erfahrungsgemäß geeignet, Leiter und Ler­ nende einander näherzubringen. Außerdem wird der Gemeinschafts-

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II. DieMenschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

leitet feine Gruppe an zwei Doppelstunden in der Woche um sich versammeln, in der mehr die juristische Seite der Ausbildung zu Pflegen ist. In diesen Stunden wird die neue Rechtsentwicklung zu verfolgen sein, werden praktische Fälle besprochen werden können, werden die Referendare Vorträge zu halten haben, werden alle Fragen zur Sprache kommen, die den Referendaren in ihrer Ausbildung bisher unverstanden geblieben sind. Es werden auch Aufsichtsarbeiten geschrieben werden können. Der Leiter wird die selbständige Fortbildung der Referendare anregen und überwachen, wird auf gute Aufsätze und Bücher Hinweisen und so auch die häusliche Arbeit der Referendare nachhaltig beein­ flussen. Im einzelnen soll die Ausgestaltung dem Leiter überlassen bleiben; denn es kommt weniger auf den Weg an, den der einzelne Leiter wählt, als auf den Erfolg. Auch außerhalb der gemeinschaft­ lichen Veranstaltungen muß der Gemeinschaftsleiter den Referendaren erreichbar sein; sie müssen mit allen ihren Fragen, Sorgen und Nöten zu ihm kommen dürfen und in ihm stets einen hilfsbereiten, ver­ ständnisvollen Freund und Berater finden."

3. Der Referendar. Die Referendare sind es, die es angeht und um die es geht; sie stehen im Mittelpunkt, und auf sie kommt es nicht zuletzt an. Die Sorge um die kommende Generation, um die künftigen Rechtswahrer ist es gewesen, die zur Einrichtung der Arbeitsgemeinschasten geführt hat. So heißt es in der genannten Allgemeinen Verfügung zu Beginn: „Ein großer Teil der Referendare entspricht nach Abschluß des Vorbereitungsdienstes noch in keiner Weise den gesteigerten An­ forderungen, die der nationalsozialistische Staat an die Diener des Rechts stellen muß. Geringe allgemeine Bildung, Lebensfremdheit, fehlende Ge­ wandtheit in Wort und Schrift, Unfähigkeit, einen Rechtsfall praktisch anzufassen, Neigung zu Formalismus und Begriffs­ jurisprudenz sind nach wie vor die Mängel, die in der großen Staatsprüfung hervortreten. Dabei will ich anerkennen, daß die gewaltigen Kämpfe der hinter uns liegenden Revolutionszeit gerade auch die Besten in ihren Bann zogen, und daß deshalb zur eigentlichen juristischen Ausbildung vielfach die nötige Zeit nicht mehr übrig blieb. Nachdem nun aber der Sieg erkämpft und die nationalsoziali­ stische Volksführung gesichert ist, muß der allgemeinen und fach­ lichen geistigen Ausbildung erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden, damit die schlecht geführte Feder nicht das verdirbt, was die Fäuste erobert haben. Es ist deshalb Aufgabe jedes werdenden

3. Der Referendar.

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nationalsozialistischen Juristen, im Bewußtsein seiner Verantwor­ tung gegenüber dem deutschen Volke und seiner Sendung mit Ernst und Fleiß an seiner Ausbildung zu arbeiten, mit Ehrfurcht das wertvolle überkommene Geistesgut unserer Väter zu erwerben und empfänglich für die großen Gedanken der neuen Zeit mit Hand anzulegen an den Aufbau des nationalsozialistischen Rechts. Hierbei der Jugend führend zu helfen, ist Sache des national­ sozialistischen Staates. Deshalb bestimme ich zunächst folgendes: Jeder Referendar, der in die Ausbildung tritt und in die Arbeits­ gemeinschaft eingegliedert wird, muß sich hierüber klar sein. Er muß wissen, welche hohen Aufgaben er in seinem Lebensberuf zu erfüllen haben wird, wie sehr es hierbei auf jeden einzelnen ankommt. Jeder Referendar wird dann verstehen, warum man sich in Zukunft mit seiner Ausbildung und Förderung solche Mühe macht. Für sich selbst muß der Referendar in dieser Erkenntnis die richtige Grundeinstellung gewinnen. Er darf die Ausbildungszeit nicht als eine Ausbildung im schulmeisterlichen Sinne ansehen, die abgesessen und durch ein notwendiges Übel — das Examen — abgeschlossen werden

muß. Nein, der Referendar muß in der Ausbildung eine notwendige, innere Vorbereitungszeit sehen, eine Zeit der Reife und des inneren Werdens. Eine Vorbereitungszeit nicht für das Examen — das nur eine Durchgangsstation bedeutet —, sondern eine Vorbereitung für das Leben selbst. Gewinnt der Referendar diese Grundeinstellung, dann wird er auch mit dem hohen Verantwortungsbewußtsein und Pflicht­ gefühl, mit dem begeisterten Eifer und Tatendrang an die Arbeit gehen, die sein künftiger Führerberuf fordert. Und so ist dieses das erste, das jeder Referendar zur Mitarbeit in die Gemeinschaft mitbringen muß. Hierbei setze ich als selbstverständlich voraus, daß es sich bei den Re­ ferendaren um überzeugte Nationalsozialisten handelt, um junge be­ geisterungsfähige Kräfte, die voll in der nationalsozialistischen Idee aufgehen und dieser ihr Leben und ihre Lebensarbeit zu weihen bereit sind. Mit Freude kann ich sagen, daß die Referendare diese Erwartung voll erfüllen. Viele Referendare sind alte Kämpfer der Bewegung. Junge Menschen, die durch die Tat schon früh zu Männern geworden sind. Von diesen wird mit seltenem Ernst um die Dinge gerungen, so daß man hier nur zu leiten und zu vertiefen braucht. Daneben frische, unbeküm­ merte und überschäumende Kräfte, denen man manchmal — aber un­ merkbar — Zügel anlegen und bei denen man die Kräfte in freudige Arbeit umsetzen muß. Endlich — als Ausnahme — die wenigen Schläf­ rigen, noch nicht Aufgewachten, die eigensüchtigen, individualistischen Gemüter, die man mit in den Strom der Gemeinschaftsarbeit ziehen

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II.'Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

muß, um auch diese mit Hilfe der in jeder Gruppe überwiegenden gesunden und geborenen Gemeinschaftsmenschen zu solchen zu formen. Ein Mangel sei an dieser Stelle — nicht zuletzt im Interesse der Referendare selbst—offen hervorgehoben. Manche Referendare glauben, daß sie ihre Berufsvorbereitung so nebenher abtun können. Manche glauben sogar, sie hätten es nicht mehr nötig, sich um das nationalsoziali­ stische Gedankengut, insbesondere die nationalsozialistische Gesetzgebung, zu bemühen; denn sie bewiesen durch die Tat, durch den Dienst in der SA., der SS. oder der PO., daß sie Nationalsozialisten wären. Sicher ist den Referendaren diese Mitarbeit im Dienste der Bewegung hoch anzurechnen, ja sie ist sogar von jedem einzelnen unbedingt zu fordern. Diese Mitarbeit kann aber die gründliche und verantwortungsbewußte berufliche Vorbereitung nicht entbehrlich machen, sie in keiner Weise ersetzen. Der Referendar, der dieses nicht erkennt oder nicht einsieht, wird und muß als Jurist Schiffbruch leiden, denn der nationalsoziali­ stische Staat muß bei der Schwere der gestellten Aufgabe und der Höhe des gesteckten Ausbildungszieles von dem Referendar vollen Einsatz seiner Kräfte für die Berufsvorbereitung fordern. Nur wer diesen vollen Einsatz bietet, gibt die Gewähr, daß er sich das erforderliche innere wie äußere Rüstzeug während der Ausbildungszeit erarbeitet hat. Geht es denn an, daß, als ich jetzt in einer Arbeitsgemeinschaft in großen Zügen das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit besprach, nur einige wenige Referendare etwas darüber sagen konnten? Obwohl das Gesetz schon bald ein Jahr in Kraft ist. Dieses Beispiel mag einmal zeigen, wo es fehlt und welch umfassende Arbeitsaufgabe die Gemein­ schaft und die Ausbildung schlechthin zu leisten hat. Hier muß sich jeder Referendar selbst prüfen und rechtzeitig seine Berufsarbeit zur übrigen Arbeit in das rechte Verhältnis setzen.

Die Berufsarbeit muß gegebenenfalls vorgehen, und sie darf es, weil fie doch auch, und zwar wichtigster Dienst in der Be­ wegung, am Aufbau des nattonalfozialistifchen Staates ist. Verschiedentlich haben mir die Referendare nun entgegengehalten, dann müßten sie eben aus der SA. ausscheiden. Das ist nicht richtig und eine Übertreibung. Man kann sehr wohl beiden Aufgaben, dem Dienst im Beruf wie auch dem in der SA., gerecht werden. Ich habe viele Referendare, die in der Berufsarbeit Tüchtiges leisten, gleichzeitig aber auch in der SA., der SS. oder der PO. ihren Mann stellen. Man muß nur die richtige Arbeits­ teilung und auch die richtige Arbeitsweise herausfinden. Hierbei soll und wird der Gemeinschaftsleiter den Referendaren eine wertvolle Stütze sein. Der Gemeinschaftsleiter muß sich den Referendar vor­ nehmen und für Abhilfe sorgen, wenn er beobachtet, daß sich dieser der

3. Der Referendar.

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Berufsarbeit durch den SA.-Dienst in zu starkem Maße entziehen läßt und in seinen Leistungen nachläßt. Der Gemeinschaftsleiter muß anderer­ seits den Referendaren die Erfüllung beider Arbeitsaufgaben durch verständnisvolles Entgegenkommen zu erleichtern suchen. Die Referen­ dare werden ihm dafür Dank wissen. Kommt ein Referendar mit der Frage, ob ich ihm die Teilnahme an einem mehrwöchigen SA.-Sportkursus empfehlen würde, so bejahe ich das stets. Denn auf diese Weise kann man den Referendaren manchen Zwiespalt — denn sie wollen doch dem Beruf und der SA. gerecht werden — ersparen. Während des SA.-Sportkurses können sich die Referendare ausschließlich dem SA.-Dienst widmen, beweisen damit erneut ihren Eifer und ehrliches Interesse, und hinterher gewinnen die Referendare mehr Zeit für ihre Berufsarbeit, da die SA. weiß, daß die Referendare durch die Teil­ nahme an dem Kursus ein zeitliches Opfer gebracht haben. Weiter muß man von den Referendaren für die Gemeinschaftsarbeit den ehrlichen Willen zu guter Kameradschaft fordern. Bon den zu einer Gemeinschaft gehörigen Referendaren muß sich jeder ein­ zelne von dem Gedanken leiten lassen, um der anderen willen seine besten Kräfte für die genieinsame Arbeit einzusetzen. Die Referendare müssen nicht nur nach außen und im Ton untereinander, sondern durch die Tat Kameraden sein. Jeder einzelne sollte offene Augen dafür haben, wo und wie er einem Kameraden vielleicht einmal beispringen kann. Zum Gemeinschaftsleiter soll der Referendar das rechte Vertrauen gewinnen. Er soll in ihm den Führer und Kameraden zugleich sehen, den stets hilfsbereiten und verständnisvollen Berater und Freund, nicht den Lehrer, nicht den Schulmeister. Oft hat man das Gefühl, daß manche Referendare geradezu ängstlich darüber wachen, ob sie nicht etwa, wenn auch nur in einer Kleinigkeit, wie „Schuljungen" behandelt werden. Diese Referendare haben noch nicht die richtige Ein­ stellung zur Gemeinschaft gewonnen. Sie haben noch nicht erkannt, daß der Gemeinschaftsleiter nur ihr Bestes will und jede Gemeinschaft Einordnung und Unterordnung verlangt. Was die anderen Referendare als selbstverständlich hinnehmen, weil sie wissen, daß es so sein muß und dazu gehört, bereitet diesen Schwierigkeiten. Über solch kleinliche und engherzige Einstellung muß jeder Referendar hinwegkommen, er muß sich hierbei das gute Beispiel der Kameraden zum Vorbild nehmen. Ohne Übertreibung glaube ich sagen zu können, daß es keinen Re­ ferendar gibt — mir ist jedenfalls noch keiner begegnet —, der die neue Ausbildung für entbehrlich oder gar überflüssig hält. Es wäre auch unverständlich, denn die großen Vorteile der Gemeinschaften für den ein­ zelnen Referendar treten zu klar zu tage. Ich kann es mir daher auch versagen, hierauf näher einzugehen.

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II. Die Menschen und die Arbeit injben Gemeinschaften.

Eines endlich muß noch von den Referendaren gefordert werden: mehr aktive eigene Mtarveit! Die meisten Referendare lassen die

Sache zu sehr an sich herankommen. Was ihnen geboten wird, nehmen sie gern an und arbeiten hierbei auch mit. Sehr selten aber kommen die Referendare über diese Passivität hinaus und zeigen eigene Initiative. Auf diese kommt es aber entscheidend an, denn sie bringt erst die wirklich wertvolle Arbeit. Leider ist es aber in der Regel so, daß alles vom Gemeinschaftsleiter ausgeht. Er gibt die Anregung, er bestimmt den Arbeitsstoff, die Arbeitsweise und alles andere. Immer wieder muß ich meine Referendare aufrütteln, doch selbst einmal die Initiative zu ergreifen. Und deshalb nochmals: Mehr Aktivität, Referendare!

4. Die Arbeitsweise im allgemeinen. Borangesteltt fei unter bewußter Wiederholung der Grundsatz, daß eS bestimmte Normen oder Rezepte, nach denen die Gemein­ schaften allgemein und allerorts gleich aufgebaut und auSgestaltet werden könnten, nicht gibt.

Jede Gemeinschaft wird und muß ihr Eigenleben haben. Jede Ge­ meinschaft ist anders geartet und in ihrer Zusammensetzung von den anderen irgendwie unterschiedlich. Und so unterscheiden sich schon meine Gemeinschaften wie Tag und Nacht. Jede von den drei Gruppen — die Gruppe der Oberlandes­ gerichts-Referendare habe ich vertretungsweise mit betreut — hat ihr eigenes und damit ein anderes Gesicht. Um eine möglichst gleiche Grund­ lage in den einzelnen Gruppen zu schaffen, habe ich die Referendare des Landgerichts nach dem Ausbildungsstand eingetcilt: eine Gruppe ältere — also dienstältere — Referendare und eine jüngere Gruppe. Die in der dienstälteren Gruppe eintretenden Lücken werden dann durch Einweisung der jüngsten Referendare gefüllt, so daß aus der älteren Gruppe mit der Zeit die jüngste wird. Im Augenblick nimmt diese Überleitung von der älteren zur jüngeren Gruppe, die sich von Gruppe zu Gruppe übertragen wird, noch geraume Zeit in Anspruch. Später wird sich das aber verlieren, so daß die Gemeinschaften möglichst lange einheitlich und geschlossen bleiben können. So sind z. B. schon zur Zeit in einer meiner Gruppen etwa 20 Referendare nur 1—2 Monate im Ausbildungsstand auseinander. Und trotz der möglichsten Gleichaltrigkeit der Referendare innerhalb der einzelnen Gruppen welche Gegensätze und Unterschiedlichkeiten, welche Stufungen in den Anlagen und der Reife! Dieser Sachlage muß jeder Gemeinschaftsleiter Rechnung tragen, er muß intuitiv das für seine Gemeinschaft Richtige treffen. Wer

4. Die Arbeitsweise im allgemeinen.

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zu bewußt, zu gekünstelt oder gar zu schulmeisterlich an die Aufgabe herangeht, wird Schiffbruch leiden. Trotz der eingangs gebrachten Ein­ schränkung lassen sich aber gewisse Grundlinien aufzeigen, die abge­ wandelt und abgestimmt auf die Eigenart der jeweiligen Gemeinschaft Beachtung verdienen. Auch lassen sich Fehler feststellen, die für jede Gemeinschaftsarbeit als Grundfehler in Frage kommen und deren Kenntnis zu ihrer Vermeidung wichtig ist. Jeder Gemeinschaftsleiter muß sich, ehe er nach Herstellung der Gemeinschaft mit der fachlichen Arbeit beginnen kann, zunächst einmal darüber klar werden, wie er die Arbeit einteilen, nach welchen Gesichts­ punkten er vorgehen will. Als Arbeitszeit stehen wöchentlich zur Ver­ fügung: 1. der Gemeinschaftstag, 2. ein zweistündiger allgemeiner Unterricht, 3. ein zweistündiger juristischer Unterricht. So kann man wohl ganz allgemein die drei Unterrichtsteile bewerten. Für die einzuschlagende Arbeitsweise ergeben sich die beiden folgenden grundsätzlichen Möglichkeiten: Einmal kann der Gemeinschaftsleiter die drei Veranstaltungen selb­ ständig, also für sich nebeneinander stellen. Er würde dann also jede Veranstaltung unabhängig von der anderen ausgestalten. So z. B. im juristischen Unterricht die neuen Strafrechts- und Strafprozeßbestim­ mungen laufend und systematisch besprechen, dagegen im allgemeinen Unterrichte zusammenhängende geschichtliche Fragen, wie etwa „Das Raumproblem in der deutschen Geschichte" zur Erörterung bringen. Als dritte Arbeitsreihe würden sich dazu gesellen allwöchentliche Be­ sichtigungen von Wirtschaftsbetrieben, ab und an vielleicht unterbrochen durch einen Ausflug oder einen Museumsbesuch. Als für diese Arbeitsweise charakteristisch ist festzustellen, daß sich hier drei völlig voneinander verschiedene Arbeitsreihen ergeben, die unter Umständen keinerlei innere Berührungspunkte miteinander haben. Die andere mögliche Arbeitsweise beschreitet den gegenteiligen Weg. Sie will das Nebeneinander verschiedener Arbeitsreihen, das Sichhäufen verschiedener Arbeitsaufgaben vermeiden und im Gegensatz hierzu

die gesamte Arbeit der Gemeinschaft innerhalb einer bestimmten Zeit zu einer geschlossenen Einheit zusammenfassen. Diese Arbeitsweise führt zu Gesamtausgaben, die innerlich zu­ sammenhängenden Stoff gleichzeitig für den Gemeinschaftstag, den allgemeinen wie den juristischen Unterricht geben. Hier werden sämtliche Veranstaltungen in organische, innere Beziehung zueinander gesetzt. Eines greift in das andere ein, und eines folgt aus dem anderen. So

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

kann sich der juristische Unterricht etwa auf dem die weltanschaulichen Grundlagen vermittelnden allgemeinen Unterricht aufbauen bzw. mit diesem Hand in Hand gehen. So kann das im Unterricht Verarbeitete an den Gemeinschaftstagen durch praktische Beispiele und eigenes Erleben veranschaulicht und vertieft werden. Und damit diese Geschlossenheit möglich ist, wird man die zu stellende Gemeinschaftsaufgabe in der Regel in Beziehung zum Recht setzen, weil auf diese Weise der juristische Unterricht durchaus natürlich und völlig ungekünstelt mit eingegliedert werden kann. Ihre Krönung wird diese Arbeitsweise darin finden, die in den einzeln en Gemeinschaft en zu st eilend en Gesamt aufgab en auch wieder ihrerseits untereinander ininnere Bei­ ziehung in dem Sinne zu setzen, daß sich ein Gesamt­ arbeitsplan ergibt, der bei Zusammensetzung neuerGemeinschaften aufzustellen ist und als große Richtschnur dienend und gedacht eine zweckvolle Zeiteinteilung und Ausnutzung hinsichtlich des zu bewältigenden Gesamt­ stoffes gewährleistet. Daß diese Arbeitsweise den Vorzug verdient, bedarf wohl keiner besonderen Hervorhebung. Ich halte sie sogar — von Ausnahmefällen abgesehen — für die allein richtige und die zuerst geschilderte Arbeitsweise für einen grundlegenden Fehler. Die Stellung von Gesamtausgaben ist im Interesse der Geschlossenheit der zu leisten­ den Arbeit, im Interesse der Lösung wirklich großer Aufgaben und nicht zuletzt zur Vermeidung von Zersplitterung und Verzettelung der Kräfte notwendig. Bei dieser Arbeitsweise kann man in die Tiefe gehen und ausstrahlen auf alle Lebensgebiete. Der für diese Gesamtausgabe zu wählende Stoff muß, wie ich schon sagte, mit dem Recht in innerem Zusammenhang stehen. Das Recht darf nicht in den Hintergrund treten, wobei ich bewußt nicht das „Fachliche" sage, denn es kommt eben für die Bestimmung der Ge­ samtausgabe auf die großen Gesichtspunkte an. Um das Gesagte zu veranschaulichen, will ich hier auf die Gesamt­ ausgabe eingehen, die ich gegenwärtig meinen Arbeitsgemeinschaften gestellt habe. Die Aufgabe lautet:

-„Recht und Wirtschaft." Die Bearbeitung und Durcharbeitung dieser Sammelaufgabe wird mindestens drei Monate in Anspruch nehmen. Und wenn vier daraus werden, schadet es auch nichts. Denn die Hauptsache ist, daß die Dinge nicht oberflächlich behandelt werden und den Referendaren etwas wirk­ lich Bleibendes vermittelt wird. So könnte ich mir beispielsweise denken,

4. Die Arbeitsweise im allgemeinen.

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daß man das umfassende Thema „Recht und Wirtschaft" ein halbes Jahr und noch darüber hinaus zu großem Nutzen der Referendare bearbeiten kann. Es kommt eben letzten Endes darauf an, von einem geeigneten Ausgangs- und Sammelpunkt aus die inneren Zusammenhänge des Wirtschaftsrechts und Volkslebens überhaupt aufzuzeigen, tiefer in die Dinge einzudringen und vorzustoßen auf alle Lebensgebiete, die zu den erörterten Fragen innere Beziehung haben. Eines sei hier noch hervorgehoben, man kann durchaus in mehreren Gruppen denselben Stofs behandeln. Ich verfahre zur Zeit auch so, ohne daß sich Unzuträglichkeiten ergeben hätten. Im Gegenteil, der Gemeinschaftsleiter ist zu einer viel gründlicheren Vorbereitung in der Lage, die gleichzeitig beiden Gruppen zugute kommt. Falsch wäre es aber, wenn sich nun der Gemeinschaftsleiter dazu verleiten ließe, die Bearbeitung dieser Gesamtausgabe in allen Gruppen über einen Leisten zu schlagen. Hier wird die Reife der einzelnen Gemeinschaft, ihr ge­ gebenes wirtschaftliches Verständnis und ihre Beweglichkeit überhaupt von besonderer Bedeutung für die Art der Ausgestaltung sein. Wenn die genannte Gesamtausgabe auch noch nicht abgeschlossen ist, so läßt sich doch heute schon sagen, daß sie ein ausgezeichnetes Arbeits­ mittel für die Gemeinschaften ist. Einzelheiten der Arbeitsweise, wie einzelne Beobachtungen lasse ich folgen: Ich hatte bei Beginn der Arbeit gehofft, manches voraussetzen zu können, mußte aber feststellen, daß den meisten Referendaren auf dem Gebiete wirtschaftlichen Denkens und Einfühlungsvermögens noch alles fehlt. Es ist manche gesunde Anlage vorhanden, aber nicht gepflegt und während des Studiums nicht geweckt worden. Es finden sich auch in jeder Gemeinschaft einige ausgesprochen wirtschaftlich begabte Kame­ raden, die für den Gemeinschaftsleiter eine wertvolle Stütze bedeuten, und die er bei der Durchführung dieser wirtschaftlichen Arbeitsaufgabe besonders einsetzen muß. Nicht zuletzt auch, weil es die übrigen Kame­ raden anspornt, hier nicht hinter den anderen zurückzubleiben und Ver­ säumtes nachzuholen. Die gegebene Sachlage zwang mich, meinen ursprünglichen Arbeits­ plan, nach einer kurzen Wiederholung des Grundsätzlichen näher auf wirtschaftliche Einzelgesetze einzugehen und hieraus ein Gesamtbild zu formen, aufzugeben, und meine Arbeit auf die Schaffung einer Grundlage umzustellen. Es galt, die Referendare zu wirtschaftlichen Überlegungen anzuregen, ihr wirtschaftliches Verständnis zu wecken und zu stärken und sie, unterstützt durch besonders ausgewählte und entsprechend vorbereitete Besichtigungen Schritt für Schritt in die ihnen fremde Welt der Wirtschaft und ihrer Belange und Verflech­ tungen einzuführen.

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

Ich wählte hierfür vier Mittel:

1. Grundlegende, die Zusammenhänge aufzeichnende, lebensnahe Vorträge von Praktikern des Wirtschaftslebens für sämtliche Ar­ beitsgruppen des Landgerichts und Oberlandesgerichts; 2. wirtschaftliche Arbeitsstunden innerhalb der einzelnen Gemein­ schaften, in deren Mittelpunkt Borträge von Referendaren über bestimmte Wirtschaftsfragen stehen; 3. die Besichtigung von vorbildlich aufgebauten und geführten Wirt­ schaftsbetrieben mit gründlicher Vorbereitung und nachfolgender Auswertung innerhalb der Gemeinschaften; 4. die laufende Besprechung der Grundzüge der seit dem Umsturz erlassenen und neu erscheinenden Wirtschaftsgesetze im Rahmen der einzelnen Gemeinschaften unter Heranziehung möglichst vieler Re­ ferendare zur Mitarbeit in Form kleiner Berichte und Zusammen­ stellungen. Als Beispiele für die Vorträge von Praktikern seien genannt: Kreissparkassendirektor mit zwei Vorträgen über „Öffentliche Spar­ kassen" und einem weiteren Vortrag über „Aus meiner Tätigkeit als Sparkassenrevisor". Reichsfachgruppenleiter der Fachgruppe Wirtschaftsrechtler im BNSDJ. über „Recht und Wirtschaft". Teilnahme der Referendare an dem Wesertag in Kassel mit einem Vortrag von Staatssekretär Koenigs aus dem Reichsverkehrs­ ministerium über „Die deutsche Weser int Rahmen der Reichs­ wasserstraßen" und einem Vortrag des Präsidenten der Industrie- und Handelskammer in Kassel, über „Die Wirtschaft an der Oberweser, Werra und Fulda und ihre Bedeutung und Aufgabe im Dritten Reich". In der Aussprache ergriffen mehrere erfahrene Wirtschaftsführer das Wort. Die Teilnahme an der Tagung der Anerbenrichter und Bauernführer mit Einzelvorträgen aus dem Gebiete des Reichserbhofgesetzes und insbesondere mit Ausführungen des Sachbearbeiters aus dem Ministe­ rium und einem Vortrag des Direktors der Landeskreditkasse Kassel, über „Die wirtschaftliche Bedeutung des landwirtschaftlichen Ents chuldungsverfahrens". Auf nähere Einzelheiten will ich hier nicht eingehen, da es mir zu­ nächst auf die Gesamtlinie der Arbeitsweise ankommt. In den nächsten Abschnitten werde ich aber noch einige praktische Beispiele von Gesamt­ ausgaben bringen, um das Gesagte zu veranschaulichen. Selbstverständlich werden solche großen Gesamtarbeiten auch durch eingeschobene kleinere Arbeiten unterbrochen. Das belebt das

5. Die möglichen Arbeitsmittel und -Wege.

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Gesamtbild, gibt andere Anregungen, und dann geht es wieder mit frischem Mut an die größere Aufgabe. So gab ich anläßlich der Bay­ reuther Festspiele die Klausuraufgabe „Richard Wagner und das Dritte Reich", welche eine eingehende Erörterung des Lebens Wagners, seines Schicksals und seiner Musik zur Folge hatte. Selbstverständlich wurden diese Betrachtungen durch besonders ausgewählte Schallplatten bereichert. Ebenso selbstverständlich mußten sie zu einer Aussprache über das Künstlerische, Schöpferische und Kämpferische, das den wahren Juristen ausmacht, führen. Gleich selbstverständlich ergab sich hieraus die andere Klausur: „Das Richterideal des Dritten Reiches", eine Auf­ gabe, deren Ergebnis mir ihre Notwendigkeit und Richtigkeit nur be­ wiesen hat. Nicht minder selbstverständlich die Teilnahme aller Kasseler Referendare — zusammengefaßt als größere Gemeinschaft — am Feldgottesdienst des 2. August 1934 nach vorheriger Kranzniederlegung an den Ehrentafeln im Gerichtsgebäude. Die Kränze trugen die Auf­ schrift: „Den Kameraden von 1914/18 die Referendare von 1934". Geschlossen traten die Referendare vor dem Gerichtsgebäude an, ge­ schlossen marschierten sie mit ihrem Gemeinschaftsleiter zum Feld­ gottesdienst. Überhaupt: Selbstverständlichkeiten darf ein Gemein­ schaftsleiter nicht übersehen. Sie außer acht lassen, gefährdet den Gesamterfolg. Denn Dinge, wie die aufgesührten, sind notwendig, sie rütteln auf, sie halten wach, sie gehören eben dazu. Nur nicht glauben, das hätten die jungen Referendare nicht mehr nötig. Hier zeigt sich immer wieder, daß nur wenige die eigene Kraft zu solcher Arbeit haben und daß die überwiegende Mehrzahl geführt werden muß.

5. Die möglichen Arbeitsmittel und -Wege. Allgemeines: Nachstehend will ich in eine nähere Erörterung der von mir ausge­ wählten und erprobten Arbeitsmittel und -Wege, die zur Durchführung der Gesamtausgabe denkbar sind, eintreten. Auch hierbei betone ich, daß es sich bei den von mir beschrittenen Wegen nur um Beispiele, um Möglichkeiten handelt. Ob und inwieweit dieselben auch für andere Arbeitsgemeinschaften in Frage kommen, müssen die jeweiligen Ge­ meinschaftsleiter selbst prüfen und entscheiden. Ein praktischer Versuch wird in der Regel am besten zeigen, ob das in Frage stehende Arbeits­ mittel für die betreffende Gemeinschaft in Betracht kommt. Darüber hinaus möchte ich durch meine Beispiele, die keineswegs erschöpfend sein sollen oder können, vor allem Anregungen geben, an Hand dieser Beispiele neue Möglichkeiten zu erschließen und weitere brauchbare Arbeitswege herauszusinden. Es wird der schöpferischen Gestaltungs-

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

kraft der Gemeinschaftsleiter nur zur Ehre gereichen, wenn sie gerade hier ihre besten Kräfte einsetzen. Was die einzelnen im folgenden erörterten Arbeitsmittel betrifft, so habe ich mich bei der überwiegenden Mehrzahl auf das Wesentliche, den Grundgedanken, beschränkt. Ich glaube, diese kurze Skizzierung des Beabsichtigten wird wohl genügen, um ein hinreichend anschauliches Bild von dem betreffenden Arbeitsweg zu geben.

Der Lesevormittag: Mancher wird aufhorchen und sagen, das ist doch kein richtiger Ge­ meinschaftstag, denn der Gemeinschaftsleiter soll doch immer einen vollen Tag mit seinen Referendaren zusammen sein. Das ist an sich zutteffend. Die Lesevormittage, die nur für den Sommer in Frage kommen und zweckmäßig am Badestrand oder auf einer schönen Wald­ wiese abgehalten werden, fangen um 8 Uhr an, und enden etwa gegen 14 Uhr. Daß hierbei nicht der volle Tag ausgenutzt wird, schadet nichts. Ich warne vor Überspannungen. Es kommt nicht darauf an, und so ist die Einrichtung des Gemeinschaftstages auch nicht zu verstehen, daß etwa der ganze Tag unbedingt abgesessen werden muß.

Entscheidend ist allein, ob die betreffende Beranstaltnng ge­ eignet ist, den Gemeinschaftsgeist zu vertiefen und die Re­ ferendare zu fördern. Der Gemeinschaftsleiter muß zu- und abgeben können. Er darf, wenn beispielsweise an einem Gemeinschaftstag trotz aller seiner Bemühungen und trotz des guten Willens der Referendare keine Gemeinschaftsstim­ mung aufkommen will, diese nicht erzwingen wollen. Dann lieber früher auseinandergehen und ein andermal, wenn die Gemeinschaft sich gerade besonders gut zusammensügt, länger zusammenbleiben. Ebenso muß man auch bei beni übrigen Unterricht verfahren. Ist der zur Bearbeitung gestellte Stoff etwa nach V/2 Stunden erschöpft oder füllt ein Vortrag nebst anschließender Besprechung die zwei Stunden nicht voll aus, dann keinesfalls die zwei Stunden künstlich zu Ende geführt, lieber früher aufgehört! Man rettet auf diese Weise oft die Stimmung und sichert dem besprochenen Hauptgegenstand die ihm not­ wendige Nachwirkung. Nach dieser kurzen, aber wohl gerechtfertigten Abschweifung wieder zum Lesevormittag. Was ich mit diesem bezwecke und wie ich mir die Ausgestaltung denke, zeigt am besten der nachstehende kurze Bericht eines Referendars über eine solche Veranstaltung: „Wieder ein Schritt auf dem Wege, uns junge Juristen nicht in der Enge formellen Paragraphenwissens aufwachsen zu lassen, sondern uns hineinzustellen in die Gemeinschaft der Kameradschaft

5. Die möglichen Arbeitsmittel und -Wege.

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und des Volkes; uns zu lehren, daß jedes wahre Recht nur aus der Gemeinschaft erwächst, nicht aber aus abstrakter Wissenschaft. Gemeinschaftstag! Ein Tag, an dem wir uns einmal loslösen wollen von dem, was uns die Ausbildung beim Staatsanwalt, beim Richter oder beim Rechtsanwalt täglich bringt, und uns — ein jeder nach seiner Art — mit dem beschäftigen wollen, was uns junge Menschen am meisten angeht, mit dem großen Umbrüche der Zeit auf allen Ge­ bieten unseres Lebens. Früh am Morgen sind wir hinausgezogen zur gemeinsamen Arbeit, aber auch zum gemeinsamen Sport. Vor Beginn der Arbeit schnell einen Sprung ins Wasser, um Geist und Körper frisch zu machen. Dann ein Buch vor die Nase — nicht ein juristisches, das haben wir alle Tage —, sondern ein Buch, das uns eindringen läßt in die großen Probleme unserer Zeit. Und wenn die Gedanken einmal zu schwer sind oder die Sonne gar zu heiß brennt, dann noch einmal hinein in das kühle Naß und erfrischt wieder ans Werk. Dann setzen wir uns zusammen, erzählen von dem, was wir ge­ lesen haben, von den großen Gedanken unserer Führer, die ihre Bücher uns vermitteln, suchen Stellung dazu zu nehmen, um Ziel und Zweck unserer Arbeit klar und eindeutig herauszustellen. Jeder läßt den anderen teilnehmen an dem, was ihn bewegt, hört die zu­ stimmenden oder ablehnenden Worte seiner Kameraden und lernt, aus Rede und Widerrede eine eigene klare Ansicht finden. Und wenn wir dann wieder heimwärts ziehen, dann wissen wir, daß wir einen Schritt weiter gekommen sind auf dem Wege zu dem Ziele, das uns allen vorschwebt. Von Referendar Schrimpf, Kassel.

Es ist wohl, was den Lesevormittag als solchen betrifft, nichts hinzu­ zufügen. Aber noch einige damit zusammenhängende Gedanken seien angefügt: Als Gemeinschaftsleiter bin ich stets um die Ausgestaltung der Bibliothek des Landgerichts beziehungsweise des Oberlandesgerichts bemüht, soweit dieses das Interesse der Gemeinschaftsarbeit fordert. Es müssen sämtliche Werke der nationalsozialistischen Literatur, wenn möglich in mehreren Exemplaren, vertreten sein und im Falle von be­ deutenden Neuerscheinungen Anregungen für die baldmöglichste Anschaf­ fung solcher Werke gegeben werden. Der Gemeinschastsleiter muß hier immer auf dem Laufenden sein. Er wird auch hierbei seitens der Justiz­ verwaltung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel volles Entgegenkommen finden. Wenn es finanziell möglich ist, wird der GeLeßler, Arbeitsgemeinschaften. 4

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschafteu.

meinschaftsleiter auch für die Anschaffung von Hauptgeschichtswerken Sorge tragen, um auch auf diese Weise den geschichtlichen Sinn der Referendare zu wecken und zu vertiefen. Die Hauptsache ist aber, daß der Gemeinschaftsleiter dann dafür sorgt, daß die angeschafften Bücher auch wirklich gelesen werden. Zweifellos haben die Referendare für diese Lek­ türe starkes Interesse, es fehlt ihnen aber meist an der erforderlichen Zeit. Diese notwendige Muße möchte ich den Referendaren gern geben. Das ist letzten Endes der Sinn der Lesevormittage. Hier haben die Referendare einen ganzen Vorniittag zum Lesen und zudem unter Be­ gleitumständen, die durchaus erträglich sein dürften und keinerlei Zwang bedeuten. Ich glaube, es wird mir jeder darin beipflichten, daß die wirk­ liche Kenntnis der nationalsozialistischen Literatur für jeden Referendar unbedingt notwendig ist. Da der Referendar aber selbst nicht dazu kommt, muß eben die Gemeinschaft dafür einstehen. Sehr oft nehmen die Referendare auch solche Werke mit zum Lesevormittag, die sie zur Vorbereitung der Vorträge brauchen. Hier hat man die Gewähr, daß es die Referendare mit ihrer Aufgabe ernst nehmen und eine möglichst gründliche und gute Leistung bringen wollen. Ebenso auch juristische Fachzeitschriften, soweit sie dafür sonst keine Zeit finden. Im Anfang sind wir über Baden und sonstigen Sport wenig zum Lesen gekommen. Dadurch darf man sich aber nicht irremachen lassen. Es ist doch nur allzu natürlich, daß sich die Referendare zunächst einmal ordentlich austoben. Der Gemeinschaftsleiter muß dafür Verständnis haben und mitmachen. Die Arbeit kommt nach einigen Malen dann schon von selbst. Während der ungünstigen Jahreszeit kann man an die Stelle der Lesevormittage Leseabende setzen. Solange aber wirklich geeignete Gemeinschaftsräume, die auch die erforderliche Stimmung ermöglichen, fehlen, wird der Leseabcnd ein unzulängliches Mittel bleiben. Ab und an kann ein solcher Abend bei einem Kameraden oder dem Gemein­ schaftsleiter stattsinden, je nachdem wo geeignete Räume dafür zur Verfügung stehen. Für solche Leseabcnde kommt es natürlich auch in Frage, aus geeigneten Werken dorlesen zu lassen, so etwa ein Kapitel aus Hitlers „Mein Kamps". Das führt zu wertvollen und äußerst angeregten Aussprachen. Alles in allem ist der Lesevormittag ein Weg, der sich bewähren wird.

Buch- und Zeitschristenbesprcchungen: Die Lesevormittage und sonstigen Leseveranstaltungen liefern das Material für die mündlichen Buchbesprechungen. Diese habe ich als regelmäßiges Arbeitsmittel eingeführt. Einmal um zu erreichen, daß der einzelne Referendar auf möglichst viele der neuen Bücher aufmerk-

5. Die möglichen Arbeitsmittel und »Wege.

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sam gemacht und gleichzeitig zum Lesen gerade dieses oder jenen Werkes angeregt wird. Die Lektüre des einen soll auch den anderen Kameraden Nutzen bringen. Auch hierin liegt also wieder wirklicher Gemeinschafts­ sinn. Andererseits sind solche Buchbesprechungen ein ausgezeichnetes Schulungsmittel. Sie schulen den Blick für das Wesentliche, das Charak­ teristische und stellen oft an die Referendare hohe Anforderungen. Schlecht vorbereitete Buchbesprechungen werden nicht durchgelassen, der betreffende Referendar muß das zu besprechende Buch gründlich gelesen und geistig verarbeitet haben. Es ist immer wieder interessant und aufschlußreich, wie verschieden die einzelnen Referendare die ihnen übertragenen Buchbesprechungen anfassen, sie aufbauen und ausgcstalten. Endlich schulen diese Besprechungen den einzelnen Referendar im Vortrag, auf den ich noch näher zu sprechen kommen werde. Gerade diese „Kurzvorträge" sind ein geeigneter und guter Anfang für Re­ ferendare, die der freien Rede noch völlig ungewohnt sind und erst all­ mählich sicher und freier werden müssen. Oft wird nach einer Buch­ besprechung verabredet, daß alle das Buch lesen und dann nach 2—3 Wochen ein gründlicher Gedankenaustausch über das betreffende Werk herbeigesührt. Selbstverständlich wird der Gemeinschaftsleiter bei der Zusammenstellung einer neuen Gemeinschaft zuvor einmal grundsätzlich Sinn und Zweck der Buchbesprechungen erörtern und auf diese Weise vielleicht auch erreichen, daß die meist nicht gelesenen Buchbesprechungen der Fachzeitschriften von den Referendaren in Zukunft etwas mehr beachtet werden. Möglichst wird der Gemeinschaftsleiter ein oder auch mehrere Beispiele bringen, um den Referendaren zu zeigen, wie cs gedacht ist. Die gleichen Vorzüge bieten die laufenden Zeitschriftenbesprechungen, die, wie ich schon andeutete, bestimmten Referendaren zur laufenden Besprechung übertragen werden. Selbstverständlich wechsele ich etwa alle 4 Monate unter den Referendaren ab, so daß jeder an die Reihe kommt. Man darf nicht sagen, daß für diese Zeitschriften in der Gemein­ schaft keine Zeit übrig sei. Gewiß, an sich ist unsere Zeit recht knapp, aber wenn die Zeitschriften nicht laufend in der Gemeinschaft besprochen werden, dann lesen sie die meisten überhaupt nicht. Es sind nur ganz wenige Referendare, die aus eigenem Antrieb selbständig für sich die Zeitschriften durcharbeiten. Bei der Wichtigkeit des gegenwärtigen Inhalts der Fachzeitschriften muß dieses zeitliche Opfer gebracht werden. Ich habe z. B. in meinen Gemeinschaften einmal eine Stichprobe be­ züglich der Kenntnis des Inhalts der Deutschen Justiz, von der man doch annehmen sollte, daß sie jeder Jurist gründlich studiert, gemacht. Das Ergebnis war erschütternd. Die meisten hatten die betreffenden Hefte überhaupt nicht gelesen, wobei ich allerdings zugeben will, daß 4*

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

es für die Referendare bei ihrer großen Zahl oft schwer sein wird, die Deutsche Justiz kurz nach ihrem Erscheinen in die Hand zu bekommen. Und trotzdem, mit einigem guten Willen, würde das schon gehen. Diejenigen Referendare, die die fraglichen Hefte wirklich gelesen hatten, wußten zwar über den sachlichen Inhalt Bescheid. Wenn ich aber nach dem als Leitsatz vorangestellten Kernwort führender Persönlichkeiten fragte, dann versagten auch diese. Die Referendare haben keinen Sinn dafür, daß sie auch diese lesen müssen und gerade sie diese Weckrufe be­ sonders angehen. In solchenc Falle darf man nicht locker lassen. Ich habe die Kernsprüche der Deutschen Justiz eine Zeitlang zu Beginn des Unterrichts vorgelesen oder vorlesen lassen und hoffe, daß dieses — von Zeit zu Zeit wiederholt — die Referendare zur Einsicht bringen wird. Am besten wäre es natürlich, wenn für jede Gemeinschaft eine Zeit­ schrift en mappe angelegt werden könnte, so daß in bestimmter Reihen­ folge jeder Referendar zur ruhigen Durchsicht der Zeitschriften käme. Das wird aber im Augenblick noch an den finanziellen Schwierigkeiten scheitern; man muß das aber im Auge behalten und sobald wie möglich zur Ausführung bringen.

Borträge der Referendare: Ein weiteres besonders wichtiges Arbeitsmittel sind Vorträge der Referendare. Da die Bortragskunst zudem ein äußerst wunder Punkt der Referendare ist, erscheint die ständige Bortragsübung innerhalb der Gemeinschaften als eine unbedingte Notwendigkeit. Die Leistungen der Referendare auf dem Gebiete des Vortrages sind aber auch — von wenigen Ausnahmen abgesehen — so schwach, daß hier unbedingt etwas geschehen muß. Man sollte an sich meinen, daß die Referendare in der praktischen Ausbildung in besonders reich­ lichem Maße Gelegenheit zur Übung im freien Vortrag finden würden. Das trifft aber praktisch nicht zu. So klagen die Referendare sehr oft bei mir darüber, daß sie zu wenig zum Vortrag kommen. Ich darf int Interesse der Referendare hier die Bitte an alle Ausbilder einschalten, ihren Referendaren doch möglichst ost Gelegenheit zum Vortrag zu geben. Das muß aber dann, wenn es erzieherischen Wert haben soll, auch in der Weise geschehen, daß man den Referendar zusammenhängend sprechen und ihn auch ausreden läßt. Heute, wo die Überlastung der einzelnen Kammern und Senate nicht mehr so stark ist, läßt sich das ohne Schwierigkeiten durchführen. Außerdem muß der Ausbilder mit dem Referendar über die Vorzüge und Mängel seiner Vortragsart sprechen und ihm zeigen, was er falsch gemacht hat und wie man es richtig macht.

5. Die möglichen Arbeitsmittel und -re ege.

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Die Hauptursache für das Versagen der meisten Referendare beim Vortrag sehe ich — abgesehen von der hervorgehobenen mangelnden Übung — in dem sehr oft zu beobachtenden Fehlen jeglicher Sicherheit, dem Fehlen rechter Konzentrationsfähigkeit und dem Mangel an Blick für das Wesentliche. Vielen Referendaren ist es einfach unmöglich, frei zu sprechen, selbst in kleinstem Kreise, selbst vor vertrauten Kameraden, mit denen sie täglich Umgang Pflegen. Teils aus Ungewandtheit im allgemeinen wie auch in der Beherrschung des Wortes im besonderen, teils aber auch aus inneren Hemmungen, wie innerer Unsicherheit und mangelndem Selbst­ vertrauen. Andere Referendare wieder können sich nicht zu klarer, übersichtlicher Gedankenfolge fassen; selbst bei einem leichteren Vortragsstoff geht es ohne Grund durcheinander. Wenn sie es zu Hause im stillen Kämmerlein und in aller Ruhe zu Papier bringen dürfen, dann klappt es, aber frei vortragen, das können sie nicht. Weitere Referendare endlich lassen jeden Blick für das Wesentliche, das Charakteristische vermissen. Sie verlieren sich in einer Fülle von Einzelheiten, ohne aber die große Linie herausschälen zu können. Und bei vielen Referendaren treffen alle Mängel zusammen. Daß hier nur strenge Disziplin, ständige und beharrliche Übung helfen kann, liegt ans der Hand. Sache des Gemeinschaftsleiters ist es, den Referendaren auf diesem Gebiet zu helfen und ihnen gerade hier ein verständnisvoller aber auch strenger Führer zu sein. Immer wieder verfallen meine Referendare in die alte schlechte Gewohnheit, den Vortrag von A—Z abzulesen; immer wieder muß ich gegen ihre ge­ schraubte, unnatürliche, von Fremdwörtern und geistreichen Wendungen gespickte Sprache Sturm laufen. Noch vor kurzem konnte ich hören, daß die Juristen ein Recht darauf hätten, „ihre eigene Sprache zu reden". Da darf man nicht locker lassen, da muß der Gemeinschaftsleiter un­ erbittlich und mit Überzeugungskraft die Referendare zu schlichter, ver­

ständlicher und doch hochstehender Volkssprache erziehen. Da muß man mit den Referendaren einmal gemeinsam Reden des Führers lesen. Dann wird ihnen die Einsicht kommen, und sie werden ihren Irrtum erkennen. Aus diesem Grunde betrachte ich die Vorträge der Referendare zu­ nächst als ein wichtiges Übungsmittel. Da es sich um ein solches handelt, muß der Gemeinschaftsleiter Schritt für Schritt vorgehen. Er darf also z. B. einem besonders schüchternen Referendar, der gerade erst in die Gemeinschaft gekommen ist, nicht gleich einen großen Vor­ trag übertragen. Zunächst muß er ihn erst einmal unter den Kameraden warm werden lassen. Hat der Referendar eine Reihe von kleineren und

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

größeren Vorträgen der anderen mitangehört und hat er sich in die Gemeinschaft eingelebt, dann gibt man ihm zunächst eine kleine Buch­ besprechung, hierauf etwa mehrere Zeitschriftenbesprechungen, und wenn man merkt, daß er etwas sicherer wird und sich seine Scheu all­ mählich verliert, stellt man ihm eine größere Aufgabe. Gleichzeitig muß man die Übung im Vortrag zu einer bewußten Schulung ausgestalten. So habe ich es in meinen Gemeinschaften ein­ geführt, daß ich an die Vorträge zunächst eine Besprechung über die Form des gehaltenen Vortrages, also eine Kritik anschließe. Eine Reihe von Kameraden muß sich dazu äußern, welche Vorzüge oder Mängel ihnen bei der Vortragsart aufgefallen sind. Hierbei ist von mir von vornherein Klarheit darüber geschaffen, daß nichts übelgenommen wird und jeder frei seine Ansicht sagt, da doch alle gerade aus den Fehlern lernen sollen. Sollte doch dieser oder jener empfindlich sein und eine Kritik nicht vertragen können, dann wird es ihm auf diese Weise schnell gleichzeitig abgewöhnt. Die Aussprache erstreckt sich auf Aufbau und Ausgestaltung des Vortrages ebenso wie auf Sprechweise, Ausdrucksform und Sicherheit. Hierbei erreiche ich, daß die Referendare die zu vermeidenden Fehler klar erkennen, bespreche mit ihnen, wie man sich dagegen sichern kann und wie man es richtig macht.

So tadeln die Referendare immer wieder selbst, daß der Vortrag zu wenig lebendig gewesen sei und der Vortragende keine Beziehung zu seinen Hörern zu schaffen verstanden habe. Grund: da er abgelesen habe oder doch zu abhängig vom Entwurf sei. Auf diese Weise erzieht man zu freiem Vortrag, und die Referendare sehen immer wieder, daß sie gerade in dieser Hinsicht auch an sich selbst arbeiten müssen. Wenn ein Referendar trotz verschiedentlich«!! Ermahungen das Ablesen nicht läßt, dann muß man ihm einfach sein Konzept wcgnehmen. Viel­ leicht klappt es dann besser, als der Referendar selbst erwartet hat. — Andererseits muß der Gemeinschaftsleiter aber auch für Referendare, die sich ehrlich bemühen und bei denen Erfolge trotzdem zunächst aus­ bleiben, volles Verständnis haben. Diesen muß er Mut machen, ihnen mehr als den anderen Gelegenheit zum Vortrag geben und dafür sorgen, daß diese Referendare auch in der übrigen Ausbildung auf dem Gebiete des Vortrags besonders geschult werden. Bon gleich hohem Wert sind die Vorträge aber auch für die Arbeit als solche. Zunächst hat der betreffende Referendar, der den Vortrag zu halten hat, selbst das Meiste davon, denn er muß sich gut vorbereiten, Material zusammentragen, gewinnt also gründlichen Einblick in die zu behandelnde Frage. Da es nun aber selbstverständlich ist, daß man im

5. Die möglichen Arbeitsmittel und -Wege.

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Unterricht nicht alles gemeinsam durcharbeiten kann, sind Vorträge von Referendaren mit anschließender sachlicher Auswertung der beste Ersatz, um hier ein Gesamtbild für alle zu vermitteln. Man erreicht hierdurch, daß die übrigen Kameraden angeregt werden und ihr In­ teresse geweckt wird. Man erreicht bei Gesamtüberblicken Wiederholun­ gen, die zur Vertiefung beitragen oder doch Vergessenes wieder wach werden lassen. Auch hier wieder Förderung des Gemeinschaftssinnes, Einsatz des einen für den anderen. Einige praktische Beispiele. Im Zusammenhang mit der Gesamtausgabe „Recht und Wirtschaft" habe ich u. a. von Referendaren folgende Einzelvorträge halten lassen: Das nationalsozialistische Wirtschaftsprogramm. Theorien und Geschichte der Volkswirtschaftslehre. Geschichte der Wirtschaftskrisentheorien und Wirtschaftskrisen. Geschichtliche Entwicklung der heutigen Genossenschaften. Die Änderungen des Genossenschaftsrechts seit der Macht­

ergreifung. Wirtschaftskrisen als Kriegsursachen. Die Brechung der Zinsknechtschaft. Die Wirtschaftsgesetzgebung der nationalsozialistischen Regierung. Die neuesten Wirtschastsgesetze Das Devisenproblem. Die Faserstoff-Versorgung. Behördenbetrieb und kaufmännisches Büro. Rechts- und Wirtschastsgestaltung in Sowjet-Rußland, eine kritische Betrachtung. Soweit es geht, solider Gemeinschaftsleiter beider Zuteilung von Vor­ trägen den besonderen Neigungen des einzelnen Referendars Rechnung tragen. Man wird selbstverständlich für einen schwierigeren Wirtschafts­ vortrag keinen Referendar wählen, dem wirtschaftliches Verständnis und Einfühlungsvermögen fehlen. So muß man auch bei der Verteilung der Vorträge jeden einzelnen so einsetzen, daß er das Bestmögliche für die Gemeinschaft leisten kann. Macht dem Referendar eine Arbeit Freude und ist er mit Lust und Liebe bei der Sache, dann besteht die beste Gewähr, daß der Vortrag etwas wird. Empfehlen kann ich noch, sich von den Referendaren den Plan ihres Vortrages rechtzeitig vorlegen zu lassen. Das zwingt den Referendar, das Wesentliche zusammenzustellen und sich über den Aufbau seiner Gedanken klar zu werden. Unter Umständen kann der Gemeinschafts­ leiter auch für Ergänzung und Vertiefung sorgen. Abschließend kann ich nur restlos anerkennen, daß sich die Referendare durchweg bei der Vorbereitung ihrer Vorträge die größte Mühe geben und geradezu ihre Ehre darein setzen, etwas Besonderes zu bieten.

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

BortrLge von Persönlichkeiten des öffentlichem Lebens: Warum solche Vorträge? Weil die Gemeinschaft selbst und der Ge­ meinschaftsleiter auf manchen Gebieten die gestellte Arbeitsaufgabe mangels der erforderlichen Sachkenntnis nicht voll erfüllen können, und weil diese Vorträge Gelegenheit geben, den Referendaren Per­ sönlichkeiten gegenüberzustellen, die von der nationalsozialistischen Sache durchdrungen sind.

Keinesfalls dürfen deshalb diese Vorträge von nüchter­ nen Fachleuten gehalten werden, mögen sie auch noch so hervorragend sein. Nur kämpferische und begeisterungsfähige Per­ sönlichkeiten vermögen auch ihre fachlichen Vorträge aus den Grundton der inneren Förderung ihrer Zuhörer abzustellen. Und allein ihnen wird es gelingen, auch auf unsere Referendare von dem, was in ihnen ist, auszustrahlen und zu übertragen. Diese Persönlichkeiten herauszu­ finden, ist oft recht schwer, aber man muß sich dieser Mühe als Ge­ meinschaftsleiter unterziehen, denn ein toter nüchterner Vortrag über eines unserer neuen lebendigen Volksgesetze kann nur Schaden anrichten und viel verderben. Ich führe diese Vorträge in der Regel in der Form von Vortrags­ abenden durch. Diese finden etwa alle 2—3 Wochen statt und an ihnen haben dann die Referendare sämtlicher am Orte befindlichen Arbeits­ gemeinschaften teilzunchmen. Tie verschiedenen Gemeinschastsleiter müssen sich hierüber verständigen, so daß solche Vorträge ausgewühlt werden, die in den Zusammenhang der Gemeinschaftsarbeit passen oder sie jedenfalls nicht stören. Die Zusammenfassung der Referendare zu einem Vortragsabend ist notwendig, weil es vielleicht gelingt, einen tüchtigen Wirtschaftler oder Bauernführcr für einen Vortrag zu ge­ winnen. Für mehrere werden sich die betreffenden Redner bei ihrer starken Inanspruchnahme nicht sreimachen können. Man muß also dafür Sorge tragen, daß die Vorträge nicht nur einer Gruppe, sondern allen Referendaren am Orte zugute kommen.

Wie nun aber Vortragende gewinnen, wird sich mancher Gemeinschastsleiter fragen. Das ist gar nicht so schwer. Man muß zwar viel vergebliche Wege in Kauf nehmen, man darf keine Mühe scheuen, vor allem die Geduld nicht verlieren, dann wird man schon seinen Zweck erreichen. Der Gemeinschastsleiter kann sich der Vermittlung seines Behördenchefs bedienen oder sich selbst an den Chef einer anderen Behörde zwecks Namhaftmachung eines geeigneten Redners wenden. Ferner kann der Juristenbund dem Gemeinschaftsleiter wertvolle Unterstützung leisten und geeigneten Mitgliedern, insbesondere aus der Gruppe der Wirtschaftsrechtler, Vorträge in den Arbeitsgemeinschaften zur

5. Die möglichen Arbeitsmittel und -wege.

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Pflicht machen. Im übrigen will ich hervorheben, daß ich überwiegend größte Bereitwilligkeit und volles Verständnis für unsere Arbeit ge­ funden habe. Unter Umständen muß sich der Gemeinschaftsleiter sozu­ sagen als Gegenleistung seinerseits für Vorträge zur Verfügung stellen. So habe ich schon in mehreren Fällen Vortragende dadurch gewinnen können, daß ich vor der Beamtenschaft oder den Angestellten des be­ treffenden Redners Borträge über die nationalsozialistische Gesetzgebung gehalten habe. Zur wertvollen Unterstützung der Gemeinschastsleiter hat der Justizminister mit dem Reichsnährstand, aber auch mit anderen Ständen, Vereinbarungen der nachstehenden Art getroffen. Rundverfügung vom 15. Juni 1934 (I 13 244): Sie lautet: „Bei der grundlegenden Bedeutung des Reichsnährstandes für das Leben des gesamten Volkes werden sich die Arbeitsgemein­ schaften auch besonders mit der Geschichte, der Kultur, der Arbeits­ weise, den Wirtschaftsbedingungen und dem Recht des deutschen Bauerntums zu befassen haben. Entgegenkommenderweise hat sich der Reichsnährstand bereit erklärt, auf Antrag jederzeit geeignete Vortragende unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, die die Referendare in den Arbeits­ gemeinschaften über die einzelnen Gebiete, insbesondere auch über das Reichserbhofgesetz unterrichten können. Die Anträge sind unter Bezugnahme auf diese Verfügung an die Landesbauernschaften des Bezirks, Abt. Werbung, deren An­ schriften sich aus der Anlage ergeben, in Berlin an das Stabsamt des Reichsbauernführers, Hauptabteilung Werbung EI, zu richten. Die genannten Stellen werden auch Besichtigungen landwirt­ schaftlicher Betriebe vermitteln und auf jede Weise behilflich sein, den Referendaren eine lebendige Anschauung von dem deutschen Bauerntum zu geben." Die übrigen in Frage kommenden Verfügungen sind unter dem Abschnitt „Die gesetzlichen und sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften" zu finden.

Der Arbeitstag: Bei der intensiven Bearbeitung von Gesamtausgaben zeigte es sich, daß die an sich für den Unterricht vorgesehenen 2 Doppelstunden in der Woche nicht ausreichten, wenn wir in den Gemeinschaften nutz­ bringend vorwärts kommen wollten. Ich habe deshalb zunächst ver­ suchsweise den Gemeinschaftstag in den Dienst der fachlichen Arbeit gestellt und sogenannte „Arbeitstage" eingerichtet. An diesen Tagen wird an Hand eines aufgestellten Arbeitsplanes in angeregter Gemein-

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

schaftsarbeit etwa 5—6 Stunden gründlichst gearbeitet. Selbstverständ­ lich muß der Arbeitsstoff so gewählt und so angeordnet sein, daß keine Langeweile und auch keine Ermüdung eintritt. So wird z. B. in der ersten Stunde eine vorherige Besichtigung ausgewertet, aufgetauchte Zweifel werden beseitigt und Schlußfolgerungen gezogen, während anschließend 1—2 Stunden Fragen des neuen Zwangsvollstreckungs­ rechts an Hand von praktischen Beispielen besprochen werden. Hieraus könnte etwa die Besprechung einiger neu erlassener Wirtschaftsgesetze folgen, wobei mehrere Referendare im Rahmen kleinerer Vorträge Gelegenheit haben würden, sich in der freien Rede zu üben. Im An­ schluß an die Auswertung der Vorträge zum Schluß vielleicht einige Buchbesprechungen über Neuerscheinungen der nationalsozialistischen Literatur. Ein solcher Arbeitsmorgen wird, wenn Referendare und Gemein­ schaftsleiter die richtige Einstellung zu ihrer Gemeinschaftsarbeit haben und diese ist gegeben, von großem Gewinne sein. Ich habe den Ein­ druck, daß die Referendare mit vollem Ernst und freudig bei der Sache sind. Zweifellos war diese Arbeitsweise zunächst ungewohnt. Wenn man aber den Tag allmählich ausbaut, entsprechende Pausen einlegt und die Sache nicht gleich überspannt, wird sie sich bewähren. Selbstverständlich darf man die Gemeinschaftstage nicht nur in Form von Arbeitstagen abhalten. Die Lösung der Gesamtausgabe wird hier schon von selbst für einen gesunden Wechsel zwischen Be­ sichtigungen, Ausflügen, Arbeitstagen und anderen Veranstaltungen sorgen. Hervorgehoben sei noch, daß es auch erzieherisch sehr wertvoll ist, die Gemeinschaft gerade an ihrem Gemeinschaftstagc zu gemeinschaft­ licher Arbeit im Sinne besten Gemeinschaftsdienstes zusammenzurufen.

Tic Besichtigungen: Uber die Besichtigungen als solche ist nicht viel zu sagen. Der Ge­ meinschaftsleiter darf nur die Betriebe nicht wahllos hcrausgreifen, sondern er muß sich reiflich überlegen, die Besichtigung welchen Be­ triebes und gegebenenfalls welcher Betriebs- und Wirtschastsart mit Rücksicht auf den Arbeitsstoff jeweils in Frage kommt. Es gibt gut und schlecht organisierte Betriebe. Und wenn man selbstverständlich auch, um den Gegensatz zu zeigen, einmal einen schlecht geführten Betrieb vorführen wird, so muß man sich in der Regel an Muster­ betriebe halten. Diese geben meist die beste Übersicht und zeigen den Referendaren, wie es sein kann und soll. Auf ein anderes möchte ich hier aber noch eingehen: Bei Besichtigungen und ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen

5. Die möglichen Arbeitsmittel und -Wege.

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halte ich für das Wichtigste die Borbereit««-. Ich meine damit die Vorbereitung der Referendare für die Besichtigung. Die Referendare müssen so weit eingeführt werden und ihre Aufnahmefähigkeit muß so bereit und gesteigert sein, daß die Besichtigung selbst möglichst großen Nutzen bringen kann. Hier habe ich eine allgemeine Einführung durch den Betriebsführer oder einen anderen leitenden Beamten des betreffenden Betriebes über den Wirtschaftszweck des Betriebes, seinen Aufbau und seine Eigenart, nicht zuletzt auch über die Betriebsordnung als wert­ volles Hilfsmittel kennen gelernt. Die Betriebsführer haben auch aus­ nahmslos meinem in dieser Richtung ausgesprochenen Wunsche Rech­ nung getragen. Dadurch wird zum Erfolge der Besichtigung beige­ steuert. Nicht minder wichtig ist die nachträgliche Auswertung des Gesehenen und Erlebten, die je nach der Art der Besichtigung gestaltet werden muß. Nur besichtigen hat keinen Wert. Die Besichtigungen erhalten erst Sinn durch den Zusammenhang mit einer sorgsamen Vorbereitung im allgemeinen Unterricht und einer lebendigen, Folgerungen ziehenden, Erfahrungen sammelnden Auswertung.

Die AuSflüge: Allgemeines ist hier entbehrlich. Nur eines: Die gemeinschaftlichen Ausflüge müssen auch unter dem Leitgedanken „Kraft durch Freude" stehen. Für die Gemeinschaftsleiter liegt hierin der Schlüssel für ihren Erfolg. Gelingt es ihnen, bei diesen Veranstaltungen Frohsinn und Freude zu wecken und sie zu Erlebnissen für die Referendare zu ge­ stalten, dann und erst dann ist das Ziel erreicht! Vor allem muß der Gemeinschaftsleiter mit fröhlich sein. Er darf kein Spielverderber sein, sondern muß mitmachen können. Selbstverständlich kann man auch Besichtigungen und Ausflüge zweck­ voll miteinander verbinden. Man muß dann nur für eine richtige Zeiteinteilung sorgen, damit jeder Teil zu seinem Rechte kommt. Erinnert sei hier nochmals an den bereits erwähnten Wanderwart. Ich kann diese Einrichtung nur empfehlen. Ich habe beobachtet, daß gerade die Referendare selbst sehr damit einverstanden sind. Es macht den einzelnen Referendaren besondere Freude, den Ausflug gut vorzu­ bereiten und alles geschickt zusammenzustellen und dann so zu führen, daß die Kameraden herrliche Ausblicke und schöne Lagerplätze genießen können. Auch der Sport — wie Baden und Ballspielen — kann bei solchen Ausflügen gepflegt werden. Die besonders Sportbegeisterten nehmen es gern auf sich, die Medizin- und Handbälle, und was sonst aus den Sportgeräten der Gemeinschaft dazu gehört, mitzuschleppen.

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

Eine Frage bleibt noch offen, nämlich die nach der Finanzierung der Gemeinschaftstage. Hier muß sich der Gemeinschaftsleiter von der Erwägung leiten lassen, die Ausflüge so billig wie irgend möglich zu gestalten. Die Gemeinschaftsveranstaltungen dürfen sich nicht als eine wirtschaftliche Belastung auswirken, da sie dann den wirtschaftlich schwächeren Referendaren die Freude an der Beteiligung nehmen würden. Der Wert der Ausflüge braucht unter der besonderen Spar­ samkeit in keiner Weise zu leiden. Man muß die Sache nur richtig anfassen; dann werden sich immer wieder neue Möglichkeiten inner­ halb der näheren Umgebung des Heimatortes ergeben. Selbstverständlich soll zwischendurch ein größerer Ausflug gemacht werden, der in die weitere Umgebung führt. Wenn solche größeren Ausslüge nicht zu oft vorkommen, sind sie auch für den einzelnen Referendar wirtschaftlich durchaus tragbar. Zudem muß man durch eine Gemeinschaf tskasse da­ für sorgen, daß allen Referendaren die Teilnahme ermöglicht wird.

ES ist ausgeschlossen, daß etwa ein Ausflug stattsindet und ein Kamerad znrüilbletbt, weil er das Geld nicht dafür hat. Hier muß sich wieder die Kameradschaft zeigen und bewähren. Für die drückendsten Fälle wirtschaftlicher Notlage hat der Reichs­ und Preußische Justizminister durch die Rundvcrsügung von: 3. Ja­ nuar 1935 betreffend Reisekostenvergütung für Beranstaltungen der Arbeitsgemeinschaften der Referendare in Preußen Abhilfe geschaffen. Sie enthält entgegen früheren Anordnungen insofern eine grundle­ gende Erweiterung, als sie nicht nur für Unterhaltszuschußempfängcr, sondern darüber hinaus für bedürftige Referendare die Möglichkeit der Unterstützung bei Gemeinschaftsveranstaltungen gibt.

Der entscheidende Teil der neuen Rundverfügung lautet: „Um den bedürftigen Referendaren die Teilnahme an den Aus­ flügen und Besichtigungen der Arbeitsgemeinschaften nach Mög­ lichkeit zu erleichtern, wird auf Grund von Teil III Nr. 22 Abs. 1 und 2 Pr. RKBest. genehmigt, daß den Referendaren, die einen Unterhaltszuschuß beziehen, sowie den sonstigen bedürftigen Referendaren in den genannten Fällen bei Reisen bis zu einer Gesamtentfernung von 100 Kilometer (Hin- und Rückreise zu­ sammengerechnet) die Fahrkosten für die 3. Wagenklasse erstattet werden. Daneben ist ihnen bei einer 6 Stunden übersteigenden Abwesenheit vom dienstlichen Wohnsitze oder tatsächlichen Wohn­ orte ein Verpflegungszuschuß von 1 RM. für den Reisetag und bei Übernachtungen ein weiterer Zuschuß in Höhe der tatsäch­ lichen Auslagen für die Übernachtung bis zur Höhe des Über­ nachtungsgeldes nach Stufe V zu gewähren.

5. Die möglichen Arbeitsmittel und

Wege.

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Ob ein Referendar, der keinen Unterhaltszuschuß bezieht, als bedürftig im Sinne des vorstehenden Absatzes anzusehen ist, ent­ scheidet der Landgerichtspräsident." Für die Gemeinschaftsleiter gelten die gewöhnlichen Bestimmungen. Fiir sie ist der Gemeinschaftsausflug ebenso eine Dienstreise wie etwa die Fahrt zu einem richterlichen Augenscheinstermin. Ausnahmsweise sind auch mehrtägige Veranstaltungen der Arbeits­ gemeinschaften zulässig. Für sie gilt der folgende Absatz der vorstehend genannten Verfügung: „Für die Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaften steht grund­ sätzlich nur ein Tag in der Woche zur Verfügung. Gegen mehr­ tägige Veranstaltungen bestehen aber keine Bedenken, wenn sie sich in mäßigen Grenzen halten und die sonstige Ausbildung nicht gefährden. Sie können sich — namentlich bei einer neuen Zu­ sammensetzung der Arbeitsgemeinschaft — empfehlen, um das Zusammengehörigkeitsgefühl und den Kameradschaftsgeist zu fördern. Mehrtägige Veranstaltungen bedürfen aber der Ge­ nehmigung des Landgerichtspräsidenten, wenn sie sich auf mehrere Werktage erstrecken oder wenn Auslagen für Übernachtungen er­ stattet werden sollen." Schön wäre es natürlich, wenn der Gemeinschaftsleiter alljährlich mit seiner Gemeinschaft eine größere Reise machen könnte. So hatten wir in Kassel im vorigen Jahre den Plan, eine Ostpreußenreise durch­ zuführen. Die Vorbereitungen waren schon getroffen und unter freu­ diger Mitwirkung aller Beteiligten der Reiseplan ausgearbeitet worden. Leider scheiterte die Durchführung an der wirtschaftlichen Seite. Trotz aller Bemühungen, die Sache so billig wie möglich zu halten, kam es zu teuer. Und dennoch haben wir schon viel Freude an der Vorbereitung und Besprechung gehabt. Vielleicht können die Gemeinschaften aber solche Reisen in Zukunft doch mit Unterstützung des Amtes „Kraft durch Freude" durchführen. Solche Reisen würden — abgesehen von ihren sonstigen Vorteilen und Bildungswerten — viel zur Geschlossen­ heit und echten Kameradschaft der Gemeinschaft beitragen.

Kameradschaflsabende: Auch bei der Veranstaltung der Kameradschaftsabende macht sich das Fehlen von gemütlichen, wohnlichen Gemeinschaftsräumen stark bemerkbar. Man muß da halt auf die Suche gehen, um einen einigermaßen geeigneten Wirtschaftsraum aufzutreiben. Aber es bleibt immer halbe Sache, es geht nichts über einen eigenen Gemeinschaftsraum. Auch hier kann man sich, wenn die Gemeinschaft kleiner ist, damit helfen, daß man ab und an bei einem Kameraden oder dem Gemein-

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II. Tie Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

schaftsleiter selbst zusammenkommt. In Kassel haben wir jedenfalls bei Kameraden schon recht gemütliche Gemeinschaftsabende verlebt. Das eine möchte ich dabei betonen, es darf nie Vorkommen, daß nur ein Teil der Gemeinschaft zusammenkommt. Selbstverständlich meine ich damit nicht die Fälle, daß Kameraden krank sind oder aus anderen Gründen fehlen. Ich denke etwa daran, daß sich innerhalb der Gemein­ schaft eine Gruppe zu besonderer Gemeinschaft zusammentun könnte. Während die Freundschaft einzelner Referendare unter sich für die Gesamtarbeit der Gemeinschaft nur förderlich sein kann, würden solche Gruppenbildungen die Gemeinschaft nur stören und hemmen. Der Gemeinschastsleiter muß hier mit dem guten Beispiel vorangehen. Er muß einen Referendar wie den anderen behandeln, er darf keine Unterschiede machen, der eine muß ihm so lieb sein wie der andere, und kein Referendar darf jemals das Gefühl der Zurücksetzung haben. Ich würde mich also nicht darauf einlassen, wenn ich von einer Teil­ gruppe zu einem Gemeinschaftsabend aufgefordert würde. Ich würde mir die betreffenden Referendare vielmehr vornehmen und ihnen ein­ mal klarmachen, daß sie sich durch ihre Eigenbrötelei außerhalb der Gemeinschaft stellen und deren Existenz gefährden. Uber die Ausgestaltung der Gemeinschaftsabende brauche ich nichts zu sagen. Die überläßt man am besten seinen Referendaren, die auf diesem Gebiete geradezu Meister sind. Ich sage zu meinen Referendaren bei solchen Gelegenheiten, sonst muß ich immer die Arbeit machen, jetzt will ich mich auch einmal überraschen lassen und nur den Zuschauer spielen. Zudem wird es in Kassel so gemacht, daß von Zeit zu Zeit ein grö­ ßerer Kameradschaftsabend für sämtliche Referendare stattfindet. Auf diese Weise lernen sich auch die Referendare verschiedener Gemein­ schaften näher kennen, und das Kameradschaftsgesühl überträgt sich allgemeiner auf das gegenseitige Verhältnis der Referendare.

Kurze Lehrgänge:

Hierbei denke ich an folgendes: an Einzelveranstaltungen, die ent­ weder den Zweck haben, einen Gesamtüberblick über ein bestimmtes Arbeitsgebiet, etwa einen bestimmten Verwaltungszweig, zu vermitteln oder die Referendare auf einem bestimmten Wissensgebiet durch Wieder­ holung und Vertiefung fortbilden sollen. Als Beispiel für letzteres kommt etwa ein Geschichtslehrgang von 1—2 Wochen in Frage. Dieser wird das Ziel, gleichzeitig anzuregen und zu wiederholen, wie aufzuklären und zu vertiefen, verfolgen. Selbstverständlich müssen die Vorträge, die im Vordergrund eines solchen Lehrganges stehen und ausnahmsweise täglich stattfinden wer-

5. Die möglichen Arbeitsmittel und -wege.

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den, besonders sorgfältig ausgewählt werden. Die Vorträge muß man sämtlich in inneren Zusammenhang stellen, vielleicht sogar aufeinander aufbauen. Die Vorträge werden auch sämtlich die lebendige Beziehung der Geschichte zur Gegenwart und ihre Bedeutung im nationalsoziali­ stischen Staate aufzeigen. Darin wird ihr ganz besonderer Wert liegen müssen. Als Vortragende wird man geeignete Kräfte zu gewinnen suchen, die vor allem auch lebendige Gestaltungskraft und die Fähig­ keit besitzen müssen, größere innere Zusammenhänge herauszuarbeiten und darzustellen. Hat man geeignete Referendare, dann kommen auch diese in Frage. Ebenso der Gemeinschaftsleiter, der gerade auf dem Gebiet der Geschichte mit dem Beispiel eigener Wiederholungsarbeit vorangehen muß. Auch kann man im Rahmen eines solchen Geschichts­ lehrganges Vorträge über das Lebenswerk Treitschkes und Rankes sowie ihre Geschichtsauffassung bringen. Einzuschalten sind Bespre­ chungsstunden, in denen bestimmte geschichtliche Fragen durchgegangen und wiederholt werden, ebenso eine Geschichtsklausur als „kriegsmäßige Übung" für den Ernstfall des Examens. In gleicher Weise könnte man dann später einen rechtsgeschichtlichen Lehrgang ausgestalten. Ich glaube, solche Lehrgänge werden reichen Gewinn bringen, und der etwaige Zeitverlust wird durch die Vorteile mehr als genug wett­ gemacht werden. Als ich meinen Referendaren im Rahmen einer Erörterung über die Geschichtsklausur im Assessorexamen einen solchen Geschichtslehr­ gang ankündigte, fand dieser Gedanke allseitige Zustimmung, und ich bin überzeugt, daß die Referendare in solchen Fällen auch ein zeit­ liches Opfer und eine Mehrbelastung nicht scheuen werden. Aber auch noch ein Beispiel für die erste Möglichkeit. Hier habe ich versuchsweise einen dreitägigen Lehrgang beim Polizeipräsidium in Kassel durchgeführt. Der Bericht eines Referendars mag ein Bild von der Art und Weise der Durchführung des Lehrganges und auch von den erzielten Eindrücken geben. „Bericht über den Lehrgang der Arbeitsgemeinschaft beim Polizeipräsidium.

Als das Hauptereignis in der Arbeit der Referendararbeitsgemein­ schaft während des Monats November muß der dreitägige theoretische und praktische Lehrgang in allen Polizeiverwaltungssachen bezeichnet werden. Den Bemühungen des Gemeinschaftsleiters und dem bereit­ willigen Entgegenkommen des Herrn Polizeipräsidenten in Kassel ist es zu danken, daß diese in allen Einzelheiten hervorragend vorbereitete und sorgfältig durchgeführte Gemeinschaftsveranstaltung zu einem vollen Erfolg für alle Beteiligten wurde, insbesondere aber uns Re-

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

ferendaren nicht nur ein Repetttorium des besonderen Polizeirechts, sondern darüber hinaus einen tiefen Einblick in das weitverzweigte Gebiet polizeilichen Wirkens bot. Welches Maß an Sorgfalt und Mühe von den einzelnen Polizei­ dienststellen und vornehmlich den zahlreichen an der Durchführung beteiligten Beamten aufgewandt worden ist, bezeugt schon allein die Tatsache, daß die theoretische Vortragsreihe auf zwei Tage verteilt werden mußte. Im Rahmen dieser Vortragsreihe sprach zunächst der Vertreter des Polizeipräsidenten allgemein über die Organisation der Polizei im Reich und Preußen sowie über die einzelnen Aufgaben­ bereiche der Dienststellen. Der Vortragende zeigte mit diesem Über­ blick vor allem auch, daß die Aufgaben der Polizei sich in allmählicher Entwicklung weit über die zunächst nach dem § 10 II, 17 ALR. ge­ dachte, rein sicherheitspolizeiliche Zuständigkeit hinaus vermehrten, bis schließlich das weite Gebiet der sogenannten Verwaltungspolizei zu einem umfangreichen und verantwortungsvollen Arbeitszweig der Polizei wurde. Nicht nur die organisatorische Selbständigkeit, sondern auch die Eigen­ art des Ausgabenbereiches des nach der Machtübernahme gebildeten geheimen Staatspolizeiamtes und seiner örtlichen Dienststellen recht­ fertigte die Behandlung des Aufgabenkreises dieser Behörde in einem Sondervortrag, in welchem der Leiter der örtlichen Dienststelle Kassel über Organisation und Aufgaben berichtete. Wenngleich diese Aus­ führungen aus verständlichen Gründen nicht ins einzelne gehen durften, sondern die Tätigkeit der geheimen Staatspolizei nur grob umreißen konnten, so gab der Vortrag doch ihre Bedeutung als ständige, objektive Verbindung zwischen Staatsvolk und Staatssührung, als die Hand der Staatsführung am Puls des Volkes zu erkennen. Die Größe der auf den einzelnen Staatspolizeidienststellen ruhenden Verantwortungslast wird dann besonders klar, wenn man bedenkt, daß von den Berichten dieser Stellen entscheidende Maßnahmen der Reichssührung ausgehen. Aus dem gerade für den Juristen naheliegenden Gebiet der Kriminal­ polizei wurden vor allem die praktisch bedeutungsvollsten, weil am schwierigsten zu behandelnden Gebiete: Die Verfolgung von Brand­ stiftern, Mord und Falschmünzerei eingehend behandelt. Als die das Volksvermögen am schwersten schädigenden Verbrechen standen die Brandstiftungen am Anfang. Über ihre außerordentlich schwierige Aufdeckung und die dabei notwendige Verfolgungstechnik und -taktik sprach der für das Brandstiftungsdezernat zuständige Kom­ missar und erläuterte seine Ausführungen durch Vorführung zahlreicher Lichtbilder aus seiner Tätigkeit bei der Aufdeckung solcher Straftaten. Von besonderer Wichtigkeit war hierbei der Hinweis auf die Bedeutung

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5. Die möglichen Arbeitsmittel und -Wege.

der Nachforschung nach den möglichen Motiven für die Ermittlung des Brandstifters. Als ein Höhepunkt des Lehrgangs muß ohne Zweifel die von dem zuständigen Kriminalkommissar überaus sorgfältig durchdachte und von den zahlreichen beteiligten Beamten unter seiner Leitung in recht anschaulicher Weise durchgeführte Vorführung der gesamten Wirksam­ keit der sogenannten Mordkommission nach dem Eintteffen einer An­ zeige von einem Mordfall bis zur Ermittlung des Täters bezeichnet werden. Diese Vorführung, zu welcher der Polizeipräsident in dankens­ werter Weise alle zuständigen Beamten nebst den sämtlichen erforder­ lichen Gerätschaften zur Verfügung gestellt hatte, fand draußen vor den Toren der Stadt in waldigem Gelände statt und zeigte in der der Kriminalistik nun einmal eigenen stteng logischen Folge die zahl­ losen zur Aufdeckung schwierigster Fälle erforderlichen Maßnahmen — polizeiliches Nachrichtenwesen, Tatortuntersuchungen, Beweissiche­ rung durch photographische Aufnahmen, Spurenforschung mit der prak­ tischen Darstellung des Ausgießens von Fußspuren, des Fingerabdruck­ verfahrens sowie des Ansetzens eines Spürhundes u. a. m. — Wohl jedem von den Teilnehmern des Lehrganges ist bei diesen Vorführungen die Schwiettgkeit der kriminalpolizeilichen Aufklärungsarbeit offenbar geworden und ein jeder wird, wenn ihm späterhin eine Strafverfolgungsakte der Kriminalpolizei in die Hände kommt, bedenken, welches Maß unermüdlicher, aufopfernder Tätigkeit und welche Schaffenskraft seitens der Kriminalbeamten hat aufgewendet werden müssen, um die einzelne Sache bis zur Anklagereife aufzuklären. So war gerade dieser Teil wie kein anderer geeignet, das Verständnis für die stille, verant­ wortungsreiche Arbeit des Kriminalisten zu fördern und so den Weg zu verttauensvollem Zusammenwirken zu bahnen. Einen Einblick in die vielfach mit den neuesten Errungenschaften der Technik Schritt haltende Arbeit und in die gerade deshalb für den Kriminalisten so überaus schwierige Ermittlung des Falschmünzers gab schließlich ein weiterer Einzelvorttag des zuständigen Dienststellenleiters. In das weite Gebiet der Verwaltungspolizei führte endlich die Besichtigung der Einrichtungen der Fremdenpolizei (Einwohnermelde­ amt, Paßwesen usw.). Diese Führung zeigte, daß gerade dieser Zweck der polizeilichen Aufttagstätigkeit nicht nur die größte Sorgfalt bei den beteiligten Beamten, sondern vornehmlich in den Großstädten auch eine hochentwickelte Bürotechnik (Karteiwesen) zur Voraussetzung hat und bei Vorliegen dieser Voraussetzungen bevölkerungsstatistisch wie auch zur Erleichterung etwaiger Sttafverfolgungen überaus bedeutsam ist. Zusammenfassend muß diese Gemeinschaftsveranstaltung als ein neuer, voller Erfolg unserer gemeinsamen Arbeit gebucht werden. Keßler, Arbeltr-emeinschaften.

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

Solche Veranstaltungen, welche unser Blickfeld erweitern, ohne völlig außerhalb unseres Aufgabenbereiches zu liegen, werden ihre Wirkung nie verfehlen! Von Referendar Dr. Otto." Daß Veranstaltungen der vorstehend geschilderten Art, ebenso wie der Geschichtslehrgang einem möglichst großen Kreis von Referendaren zugänglich gemacht werden müssen, versteht sich von selbst. So ziehe ich in Kassel stets die Referendare des Oberlandesgerichts hinzu.

Gemeinschaftliche Gesetzesdurcharbeitung: Wenn ich diese als besonderes Arbeitsmittel ausgestalte, dann ge­ schieht das, weil die Gewähr geboten werden muß, daß jeder einzelne Referendar den Inhalt der neuen Gesetzgebung gründlichst beherrscht. Der Gemeinschaftsleiter darf sich deshalb nicht darauf beschränken, die Grundgedanken etwa des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit durchzusprechen, um es dann den Referendaren zu überlassen, sich nähere und Einzelkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen selbst zu verschaffen. Wie ich schon an anderer Stelle ausführte, kann hier nur systematische und bewußte Schulung zum Erfolg führen. Der beabsichtigte Zweck wird in der Gemeinschaft am besten dadurch erreicht werden können, daß man bei der Durcharbeitung von Gesetzen jeden einzelnen Referendar zur aktiven Mitarbeit heranzieht etwa so, daß man mehreren Referendaren die gewissenhafte und gründliche Vorbereitung eines Abschnittes des betreffenden Gesetzes überträgt, den sie in der Gemeinschaft darzustellen und an Hand von Beispielen zu erläutern haben, oder in der Weise, daß nach Erörterung der Grund­ lagen und der Grundgedanken eines neuen Gesetzes jedem Referendar ein Paragraph zum kurzen Vortrag übertragen wird. Sind alle an der Reihe gewesen, dann geht es wieder von vorn an bis das ganze Gesetz durchgearbeitet ist. Der Vorteil bei dieser Arbeitsweise ist, daß jeder Referendar für einen bestimmten Anteil der Gemeinschaftsarbeit und damit für den Erfolg, eigenverantwortlich ist. Jeder einzelne hat sich sorgfältig vorzu­ bereiten. Dabei wird es wegen des Zusammenhanges meist nicht genügen, nur den einen Paragraphen vorzubereiten. Der Referendar wird vielmehr meist den ganzen betreffenden Gesetzesabschnitt, oft sogar das ganze Gesetz durchgehen müssen. Bei den Referendaren erfreut sich diese Arbeitsweise besonderer Beliebtheit. Selbstverständlich muß der Gemeinschaftsleiter hierbei die Gesamtführung fest in der Hand haben. Er muß dafür Sorge tragen, daß keine wesentlichen Gesichtspunkte übersehen und keine Fehl­ meinungen vorgetragen werden. Der Gemeinschaftsleiter wird das

5. Die möglichen Arbeitsmittel und »Wege.

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Vorgetragene vor allem auf Grund seiner richterlichen Erfahrungen ergänzen und dabei auch praktische Fragen zur Erörterung bringen. Zur Zeit gehe ich in meinen Gemeinschaften in der geschilderten Weise die allgemeinen Bestimmungen des Zwangsvollstreckungsrechts nach der ZPO. durch. Ich habe dieses rechtlich wie wirtschaftlich so bedeu» tungsvolle Gebiet gewählt, weil es den Referendaren hier an Grund­ kenntnissen fehlt, und die Besprechung der neuen Zwangsvollstreckungs­ bestimmungen nur bei Kenntnis der allgemeinen Grundregeln wirk­ lichen Wert hat. Nach meinen Beobachtungen bewährt sich diese Arbeits>veise durchaus. Dem Gemeinschaftsleiter ist hier gleichzeitig Gelegen­ heit gegeben, gründliche Wiederholungen der ganzen ZPO. einzu­ schalten. So kann man von einer Bestimmung des Zwangsvollstreckungs­ rechts ausgehend, auf die verschiedensten Fragen des Zivilprozeßrechts zu sprechen kommen und hierbei theoretischen Fragen wie den Bedürf­ nissen der Praxis in gleicher Weise Rechnung tragen.

Praktischer juristischer Unterricht: Daß ich diesen erst jetzt anführe, soll seine Bedeutung in keiner Weise schmälern. Ich habe die Ergänzungsaufgaben der Gemeinschaft für die praktische juristische Ausbildung bereits eingehend im ersten Abschnitt erörtert. Was die Methodik des juristischen Unterrichts betrifft, so hat sich die Arbeitsweise der früheren Referendarübungen so bewährt, daß man sie nur beibehalten kann. Ich habe lediglich beobachtet, daß man nicht genug die praktische Seite der Sache betonen kann. Ich meine damit nicht zuletzt die Form, den Aufbau und die Sprache der möglichen Entscheidungen. Gerade in dieser Rich­ tung muß die Gemeinschaft wertvolle Ergänzungsarbeit leisten und Besprechungen dieser Art werden sich in jede Gesamtausgabe ohne Schwierigkeiten einbauen lassen. Zu dem ist es selbstverständlich auch durchaus möglich und unter Umständen notwendig, Unterrichtsstunden gerade für diese Arbeit vorzubehalten. Im Bedarfsfälle kann man sogar einen ganzen Monat in den ausschließlichen Dienst dieser Er­ gänzungsaufgabe stellen.

Einzelunterricht: Ich denke hier an schwächere Referendare oder an solche, die z. B. durch lange Krankheit zurückgekommen sind. Für sie reicht die Gemein­ schaftsarbeit nicht aus; man muß daher — soweit das möglich ist — auch außerhalb der Gemeinschaftsarbeit zu helfen suchen. Manchmal ist nur Versäumtes nachzuholen oder der Referendar vermag selb­ ständig die Kinderkrankheiten der Ausbildung nicht zu überwinden. 6*

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

Hier habe ich jetzt in einem Falle mit Einzelunterricht gute Erfolge erzielt. Dem Referendar waren sämtliche Aktenberichte mißlungen. Ich nahm ihn mir vor und besprach etwa 2 Wochen lang jeden Tag 1—2 Stunden mit ihm den Aufbau von Sachbericht und Gutachten. Hierbei konnte ich manche Lücke feststellen und helfend eingreifen. Gleichzeitig nahm sich auch der Ausbildungsrichter des Referendars besonders an. Von dem Dienst in der Arbeitsgemeinschaft befreite ich den Referendar vorübergehend ganz, weil beides über seine Kräfte ging. Der Erfolg ist der, daß der Referendar zwei weitere Relationen mit „vollbefriedigend" im alten Sinne gefertigt hat. Jetzt ist er an dem 3. Aktenbericht und nimmt gleichzeitig wieder an der Arbeits­ gemeinschaft teil. Ich bin gespannt, wie die 3. Arbeit aussällt. — Noch in einem mideren Falle habe ich den Referendar gesondert vorge­ nommen und ihn zunächst für 1 Monat von dem Dienst in der Arbeitsgemeinschaft befreit, da ich merkte, daß er in der praktischen Ausbildung nicht mitkam. Und nützt dieses alles nichts, dann muß die Entlassung des Referendars herbeigeführt werden, wenn er sich nicht selbst von der Notwendigkeit eines solchen Schrittes überzeugen läßt.

6. Einzelarbettsaufgaben. Nachstehend bringe ich mehrere Gesamtarbeitsaufgaben, um das Gesagte durch Beispiele noch zu veranschaulichen und Anregungen für die Arbeiten in den Gemeinschaften zu geben. Meine Absicht besteht lediglich darin, in großen Zügen die Grundlinien der verschiedenen Arbeitsaufgaben aufzuzeichnen. Ich bin also bewußt nicht vollständig und erschöpfend. Kommt eine der Arbeitsaufgaben für eine Gemein­ schaft in Frage, dann wird sie den Arbeitsplan im einzelnen nach ihren besonderen Bedürfnissen, Voraussetzungen und Lebensbedingungen aufstellen müssen. Ich will nur den Weg weisen und grundsätzlich Mögliches beispielhaft herausstellen. 1. Recht und Verkehr:

Geschichtliches und Geographisches. Z. B. die alten Heerstraßen. Die Reichsautobahnen, ihr Sinn und Zweck, die rechtlichen Grund­ lagen. Besuch einer Arbeitsstätte der Reichsautobahnen mit einführendem Vortrag des örtlichen Leiters. Die neue Reichsstraßenverkehrsordnung vom 28. Mai 1934. Der Automarkt und seine Belebung durch Steuererleichterungen usw. Bersicherungsfragen, insbesondere Zwangsversicherung.

6. Einzelarbeitsausgaben.

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Die Kraftfahrzeuggesetzgebung. Besonderheiten in Unfallprozessen; vgl. hierzu z. B. Aufsatz von OLGRat E. Müller: „Etwas über Beweisaufnahmen in Kraft­ fahrzeugprozessen" (Deutsche Richterzeitung 1932 Heft Nr. 2, Seite 43 ff.). Besichtigung einer Automobilfabrik oder doch einer größeren Auto­ vertriebsstelle und Werkstätte. Einführung in das Betriebstechnische. Der Motor, seine Bestandteile, Zusammensetzung usw. Wenn durchführbar allgemeiner Fahrunterricht, wenigstens in den Grundzügen. Reichshaftpflichtges etz. Besichtigung der Eisenbahnwerkstätten. Die rechtliche Stellung der Reichsbahn. Das Luftverkehrsgesetz vom 1. August 1922. Der Luftverkehr und seine Bedeutung im nationalsozialistischen Staate. Wasserstraßen, Schiffahrt und ihre Bedeutung für die heimische Wirtschaft. Dazu Handels- und Seerecht in den Grundzügen. Die großen Kanalprojekte. Die Wassergesetzgebung. Die moderne Berkehrswerbung. Besuch des Verkehrsvereins mit Vortrag des Berkehrsdirektors über die Aufgaben des Verkehrs und die Mittel der Berkehrswerbung. Ungefähre Arbeitszeit: 1 bis 2 Monate.

2. Recht und «ottsgesnndheit: Allgemeines, Geschichtliches, Medizinisches, Statistisches, gegenwär­ tiger Stand. Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses. Die einzelnen Erbkrankheiten und ihre wesentlichen Merkmale. Besprechung der einschlägigen Literatur über Rasse u. dgl. Anschließend Vortrag:

a) des Vorsitzenden des Erbgesundheitsgerichts, b) eines der ärztlichen Beisitzer.

Besichtigung einer Heil- und Pflegeanstalt. Die Kastration und die Sicherungsverwahrung von Schwerverbre­ chern nach dem Strafgesetzbuch. Das Jugend- und Fürsorgerecht. Besichtigung einer Erziehungsanstalt.

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II. Die Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

Die Bevölkerungspolitik. Ehestandsdarlehn u. a. m. Die Stellung und Bedeutung der Hitler-Jugend. Die Aufgaben des kommenden Jugendrechts, Berufsausbildungs­ gesetz, Gesetz zur Förderung und Pflege der deutschen Jugend, Jugendgerichtsgesetz. Sonstige Mittel zur Volksgesundung, z. B. Hygiene in Schulen und Betrieben. Die Aufgaben des Sportes im nationalsozialistischen Staate. Der Arzt und seine Stellung im Recht, z. B. nach dem Buch von Ebermayer: „Der Arzt im Recht". Besichtigung eines modern eingerichteten Krankenhauses. Ungefähre Arbeitszeit: 1 Monat.

3. Recht und Arbeit: Die Arbeit im nationalsozialistischen Staat. Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Regierung. Die Arbeitsschlacht und ihr gegenwärtiger Stand, etwa an Hand der Zahlen von Reinhardt. Ter Arbeitsdienst, seine Aufgaben und Erfolge. Besuch eines Arbeitsdienstlagers mit Vortrag eines Arbeitsführers über die Bedeutung des Arbeitsdienstes als Bildungsmittel der deutschen Jugend. Ter Tag der nationalen Arbeit, der 1. Mai. Das Arbeitsrecht des nationalsozialistischen Staates. Das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit. Das Gesetz zur Ordnung der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben. Das Arbeitsgerichtsgesetz. Vortrag eines Vorsitzenden des Arbeitsgerichts über seine praktischen Erfahrungen. Besichtigung eines großen Werkes, abgestellt auf den Arbeiter, die Arbeitsordnung, die sozialen und hygienischen Maßnahmen, die Lohnverhältnisse usw. Die Deutsche Arbeitsfront insbesondere. Besuch bei der Deutschen Arbeitsfront, praktische Einführung in den Tätigkeitsbereich. Ungefähre Arbeitszeit: 1 bis 2 Monate.

4. Der deutsche Bauernstand: Geschichte des deutschen Bauerntums. Der deutsche Bauer als Träger deutscher Kultur.

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6. Einzelarbeitsaufgaben .

Die Arbeitsweise des deutschen Bauern. Seine Wirtschaftsbedingungen. Siedlungspolitik. Kochplan. Kolonialfragen. Buchbesprechungen, z. B. Darrs: „Neuadel aus Blut und Boden."

Besichtigung:

a) eines kleinen Betriebes , • ~ b) eines mittleren Betriebes f m c,nem $09

t

c) eines Großbetriebes, gesondert für sich, da sonst Gefahr, daß keine Besichtigung gründlich wird.

Das Reichserbhofgesetz. Vortrag des Vorsitzenden eines Anerbengerichts. Vortrag eines Bauernführers. Teilnahme an einer besonders zusammengestellten Sitzung des An­ erbengerichts. Teilnahme an einer Besprechung der Anerbenrichter und Bauern­ führer. Besuch einer landwirtschaftlichen Schule mit Versuchsstation oder einer Bauernhochschule. Besichtigung des Betriebes einer Milchzentrale. Besichtigung einer landwirtschaftlichen Maschinenfabrik oder doch einer größeren Vertriebsstelle. Der Landarbeiter. Der Reichsnährstand. Allgemeines. Das Reichsnährstandgesetz und die dazu ergangenen Verordnungen. Besuch bei der Landesbauernführung. Vorträge der Hauptabteilungsleiter, vielleicht in Form eines kleineren Lehrganges. Die zur Förderung und Regelung der Landwirtschaft erlassenen Wirtschaftsgesetze. Ungefähre Arbeitszeit: 2 Monate.

5. Die deutsche Justiz, ein lebendiger Organismus: Zweck: Den Referendaren eine lebendige und anschauliche Vorstellung von dem Leben in der Justiz zu geben. Dies geschieht am besten durch die Gegenüberstellung von Persönlichkeiten, die auf Grund ihrer prak­ tischen Arbeit das beste Bild von den verschiedenen Aufgaben der Rechtspflege und Justizverwaltung geben können.

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II. Tie Menschen und die Arbeit in den Gemeinschaften.

a) Die deutsche Rechtspflege. Die Organe der Rechtspflege im allgemeinen. Die Stellung des Richters im nationalsozialistischen Staate. Das Führerprinzip in der Rechtspflege; Besprechung der einschlä­ gigen Literatur, insbesondere Staatssekretär Dr. Rol. Freister: „Etwas über Führertum in der Rechtspflege". Soll verantwor­ tungsvolle Persönlichkeit oder Abstimmungszahlenspiel Grundlage des Urteils sein? Die Stellung des Staatsanwalts in der nationalsozialistischen Rechts­ pflege. Der deutsche Anwalt und seine Aufgaben. Der Notar. Der Rechtspfleger. Der Justizbeamte.

Es sprechen zu den Referendaren über ihr Arbeitsgebiet und ihre Erfahrungen:

der der der der der der der der der der der der der der der der

Vorsitzende einer Strafkammer, Vorsitzende einer Zivilkammer, Berichterstatter in Strafsachen, Berichterstatter in Zivilsachen, Staatsanwalt, Vorsitzende eines Anerbengerichts, Vorsitzende eines Erbgesundheitsgerichts, Vormundschafts- und Jugendrichter, Zwangsversteigerungsrichter, Konkursrichter, ländliche Richter über seine besonderen Aufgaben, Rechtsanwalt, Landanwalt über die Eigenart seiner Tätigkeit, Notar, Rechtspsleger, Urkundsbeamte. b) Die Aufgaben der Justizverwaltung:

Geschichtliches. Der Aufbau der Justizverwaltung. Der Weg von den Länderjustizverwaltungen zur Reichsjustiz — die hierzu ergangene Gesetzgebung und sonstige Maßnahmen. (Vgl. hierzu z. B. Deutsche Justiz 1935 Heft Nr. 3, das der ver­ einheitlichten deutschen Justiz gewidmet ist.)

6. Einzelarbeitsaufgaben.

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Über ihre Stellung und Aufgaben in der Justizverwaltung sprechen zu den Referendaren: der Landgerichtspräsident, der Sachbearbeiter des Landgerichtspräsidenten, der Amtsgerichtsdirektor, der Richter eines ländlichen Amtsgerichts, der Beamte des Präsidialbüros. Ungefähre Arbeitszeit: 1 Monat.

III. Die gesetzlichen und sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften. Nachstehend bringe ich eine Zusammenstellung der auf die Arbeits­ gemeinschaften bezüglichen Bestimmungen. Von Erläuterungen habe ich abgesehen, da diese schon in den gebrachten Ausführungen einge­ arbeitet sind. Zudem sind die Gesetzesbestimmungen auch durch die ergangenen, anschließend aufgeführten Verfügungen so erläutert, daß besondere Anmerkungen entbehrlich erscheinen. Zunächst die entscheidenden Bestimmungen der Justizausbildungsordnung und der Ersten Durchführungsverordnung:

§ 34 der Justtzausbildungsordnung. Gemeinschaftliche Ausbildungseinrichtungen. (1) Die praktische Einzelausbildung der Gerichtsreferendare ist durch eine daneben laufende gemeinschaftliche Schulung zu ergänzen. Dazu sind für die Ausbildungsabschnitte beim Landgericht und der Staatsanwaltschaft, beim Rechtsanwalt und beim großen Amtsgericht geeignete Einrichtungen zu treffen. (2) Reben der Vertiefung der fachwisfenschaftlichen Kenntnisse und der Erweiterung des Gesichtskreises fällt diesen Einrichtungen als wesentliche Aufgabe zu, die Gerichtsreferendare im Geiste national­ sozialistischer Staatsauffassung zu erziehen. (3s Dabei empfiehlt es sich, die Gerichtsreferendare in Gruppen von etwa 20, höchstens 25, zu festen Arbeitsgemeinschaften unter der Führung eines dazu besonders geeigneten Richters oder Staats­ anwalts zusammenzuschließen. Unter der Leitung dieses Führers, der in gleicher Weise Lehrer, Berater und Vorbild sein soll, sollen sich die Gerichtsreferendare in der Gemeinschaft vor allem auch gegenseitig im Geiste williger Einordnung und lebendiger Kamerad­ schaft erziehen und fördern.

Erste Durchführungsverordnung zum § 34 IAO.: § 54. (1) Der mit der Leitung der Gesamtausbildung beaufttagte Be­ amte besttmmt die Leiter der Arbeitsgemeinschaften.

III. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

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(2) Die Bestellung von Staatsanwälten z« Lettern von Arbeits­ gemeinschaften erfolgt in Preußen und Bayern im Einvernehmen mit dem Generalstaatsanwalt. (3) Die Namen der Leiter der Arbeitsgemeinschaften sind dem Präsidenten des Reichs-Justizprüfungsamtes anzuzeigen. § 35 der Justizausbildungsordnung. Während des letzten Ausbildnngsabfchnitts ist den Gerichts­ referendaren durch Anrichtung von Übungen Gelegenheit z« geben, sich den gesamten Prüfungsstoff noch einmal z« vergegenwärtigen.

Nunmehr folgen Verfügungen, die die Arbeitsgemeinschaften, ihre Einrichtung und Arbeitsweise im allgemeinen betresfeil. 1. Die grundlegende Allgemeine Verfügung des Preußischen Justiz­ ministers betreffend die Ausbildung der Referendare vorn 16.5.1934

— I 13030 — (Deutsche Justiz 1934 Seite 631):

Der Wortlaut: „Ein großer Teil der Referendare entspricht nach Abschluß des Vor­ bereitungsdienstes noch in keiner Weise den gesteigerten Anforderungen, die der nationalsozialistische Staat an die Diener des Rechts stellen muß. Geringe allgemeine Bildung, Lebensfremdheit, fehlende Gewandt­ heit in Wort und Schrift, Unfähigkeit, einen Rechtsfall praktisch anzu­ fassen, Neigung zu Formalismus und Begriffsjurisprudenz sind nach wie vor die Mängel, die in der großen Staatsprüfung hervortreten. Dabei will ich anerkennen, daß die gewaltigen Kämpfe der hinter uns liegenden Revolutionszeit gerade auch die Besten in ihren Bann zogen, und daß deshalb zur eigentlichen juristischen Ausbildung vielfach die nötige Zeit nicht mehr übrig blieb. Nachdem nun aber der Sieg erkämpft und die nationalsozialistische Volksführung gesichert ist, muß der allgemeinen und fachlichen geistigen Ausbildung erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden, damit die schlecht geführte Feder nicht das verdirbt, was die Fäuste erobert haben. Es ist deshalb Aufgabe jedes werdenden nationalsozialistischen Juristen, int Bewußtsein seiner Verantwortung gegenüber dem deutschen Volke und seiner Sendung mit Ernst und Fleiß an seiner Ausbildung zu arbeiten, mit Ehrfurcht das wertvolle überkommene Geistesgut unserer Väter zu erwerben und empfänglich für die großen Gedanken der neuen Zeit mit Hand anzulegen an den Aufbau des nationalsozialistischen Rechts. Hierbei der Jugend führend zu helfen, ist Sache des nationalsoziali­ stischen Staates. Deshalb bestimme ich zunächst folgendes: 1. Die Richter und Staatsanwälte waren bisher vielfach so stark belastet, daß sie auch bei gutem Willen ihrer Pflicht gegenüber der Jugend nicht in erforderlichem Maße nachkommen konnten. Die Ab-

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III. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

nähme der Geschäfte in allen Zweigen der Justizverwaltung gibt aber jetzt die Möglichkeit, die Referendare gewissenhaft auszubilden. Ich erwarte von allen Beamten, daß sie sich dieser bedeutungsvollen Auf» gäbe fteudig und mit Hingabe unterziehen. Der Referendar soll den Richter oder Staatsanwalt nicht entlasten, sondern bei ihm lernen. Einem Beamten, der nicht fähig oder nicht willens ist, Referendare in ihrer Ausbildung wirksam zu fördern, dürfen Referendare nicht überwiesen werden. Niemals darf der Richter (Staatsanwalt) sich darauf beschränken, den ihm anvertrauten Referendar die Technik des täglichen Geschäfts­ betriebes zu zeigen; stets muß er ihn auch über Sinn und Zweck jeder Bestimmung und jeder Maßnahme unterrichten sowie ihn in die hohe Kunst der Menschenbehandlung, des Abwägens der widerstreitenden Interessen, des Richtens und Schlichtens einführen; vor allem muß er aber durch sein Vorbild wirken; er muß den jungen Juristen ein­ prägen, daß es nicht darauf ankommt, möglichst geschickt ein Pensum zu erledigen, etwas „abzumachen und fertig zu kriegen", sondern das hohe anvertraute Gut des Rechts mit Weisheit und Würde, mit Ver­ ständnis und Güte zu wahren und zu mehren. Dem jungen Juristen muß stets vor Augen stehen, daß nicht über Sachen zu entscheiden ist, sondern über das Schicksal von Menschen, und daß über den: Für und Wider der Parteien stets die Rücksicht auf das gemeine Wohl, das große Ganze als Leitstern stehen muß. Faßt der Richter seine Aufgabe so weit, so kann seine Ausbildung sich auch nicht auf die Rechtswissenschaft und Rechtspflege im engeren Sinne beschränken, sondern wird sich erstrecken auf alle Gebiete völkischen Lebens und Strebens, wird den ganzen Menschen ergreifen und ihn zu einem wahren, volksnahen und charaktervollen Diener des Rechts erziehen und bilden. 2. Neben den ausbildenden Richter wird, damit das vorbezeichnete Ziel voll erreicht wird, eine Ergänzung treten müssen. Diese Ergänzung soll vom zweiten Ausbildungsabschnitt an durch Erziehung in Arbeits­ gemeinschaften bestehen. Die Arbeitsgemeinschaften umfassen grundsätzlich nicht mehr als 20, höchstens 25 Referendare. Diese Referendare bleiben nach Möglichkeit für den Rest der Ausbildung zusammen, damit sich in ihrem Kreis ein lebendiger Kameradschaftsgeist entwickeln kann. Die Referendare sollen sich gegenseitig erziehen, sich aneinander abschleifen und so lernen, sich willig einzuordnen; sie sollen aber auch ihr Selbstvertrauen ent­ wickeln und die Fähigkeit erlangen, würdig aufzutreten. Jede Arbeitsgemeinschaft wird von einem Richter oder Staats­ anwalt geleitet.

III. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

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Die Gemeinschaftsleiter sind von jedem anderen Dienst zu befreien und werden so in der Lage sein, zwei Arbeitsgemeinschaften neben­ einander betreuen zu können. Wo nur eine Arbeitsgemeinschaft besteht, muß der Leiter in seiner sonstigen dienstlichen Tätigkeit auf jeden Fall wirksam entlastet werden. Die Auswahl der Gemeinschaftsleiter ist Sache der Oberlandes­ gerichtspräsidenten und Generalstaatsanwälte (vgl. § 42 der AusbO.); es sind nur die für dieses Amt Geeignetsten zu bestimmen, auf Rang und Alter ist dabei keine Rücksicht zu nehmen. Die Gemeinschaftsleiter müssen überzeugte Nationalsozialisten und tüchtige Juristen sein, die den Referendaren in jeder Beziehung ein Vorbild sein können und vor allem die Gabe haben, Jugend zu leiten; sie müssen weiter gewinnende Persönlichkeiten sein, denen das Herz der jungen Menschen zufliegt. Sie sollen sich nicht, wie es bisher meist üblich war, darauf beschränken, mit den Referendaren lediglich praktische Fälle zu besprechen, sondern sie sollen für die gesamte Erziehung der ihnen anvertrauten Referen­ dare verantwortlich sein und vornehmlich dafür sorgen, daß aus den Referendaren Juristen werden, wie sie das deutsche Volk braucht. Des­ halb dürfen sie sich nicht auf die fachliche Ausbildung beschränken, sondern müssen aus die gesamte Lebenshaltung und Lebensanschauung ihrer Zöglinge Einfluß gewinnen. Sie müssen möglichst viel mit den Referendaren zusammen sein. Diese stehen deshalb in der Regel an einem Tage der Woche allein zu ihrer Verfügung. An diesem Tage sollen die Leiter mit ihrer Gruppe behördliche Einrichtungen, wirt­ schaftliche Betriebe der Industrie, des HandeC und Gewerbes sowie der Forst- und Landwirtschaft u. a. mehr, geschichtlich bedeutsame Orte der Umgegend, Museen und Theater besichtigen, die Besichtigung durch geeignete Vorträge vorbereiten sowie das Gesehene nachher besprechen und verarbeiten und so in jeder Weise den Referendaren den richtigen Blick für die Wirklichkeit geben. Auch gemeinsame Ausflüge sind er­ fahrungsgemäß geeignet, Leiter und Lernende einander näherzu­ bringen. Außerdem wird der Gemeinschaftsleiter seine Gruppe an zwei Doppelstunden in der Woche um sich versammeln, in der mehr die juristische Seite der Ausbildung zu pflegen ist. In diesen Stunden wird die neue Rechtsentwicklung zu verfolgen sein, werden praktische Fälle besprochen werden können, werden die Referendare Vorträge zu halten haben, werden alle Fragen zur Sprache kommen, die den Referendaren in ihrer Ausbildung bisher unverstanden geblieben sind. Es werden auch Aufsichtsarbeiten geschrieben werden können. Der Leiter wird die selbständige Fortbildung der Referendare anregen und überwachen, wird auf gute Aufsätze und Bücher Hinweisen und so auch

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III. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

die häusliche Arbeit der Referendare nachhaltig beeinflussen. Im ein­ zelnen soll die Ausgestaltung dem Leiter überlassen bleiben; denn es kommt weniger auf den Weg an, den der einzelne Leiter wählt, als auf den Erfolg. Auch außerhalb der gemeinschaftlichen Veranstaltungen muß der Gemeinschaftsleiter den Referendaren erreichbar sein; sie müssen mit allen ihren Fragen, Sorgen und Nöten zu ihm kommen dürfen und in ihm stets einen hilfsbereiten, verständnisvollen Freund und Berater finden. Bei den Oberlandesgerichten wird sich die Arbeitsweise der Gemein­ schaften ändern. Hier wird notwendig schon die bevorstehende Abschluß­ prüfung die Aufmerksamkeit der Referendare auf sich lenken. Sie werden den verständlichen Wunsch haben, sich einen Überblick über ihr Wissen und Können zu verschaffen und ihre Ausbildung auf allen Gebieten abzurunden. Auf der anderen Seite wird dem Referendar meist Zeit und Ruhe fehlen, sich noch mit etwas abseits liegenden Dingen zu beschäftigen. Dem muß die Justizverwaltung Rechnung tragen, wenn sie die Referendare nicht dem Repetitor ausliefern will. Es werden deshalb hervorragende Sachkenner unter den am Ort wohnenden Juristen, Wirtschaftsführern, Leitern von großen öffent­ lichen oder halböffentlichen Organisationen mit den Referendaren die einzelnen Fachgebiete an Hand praktischer Fälle oder in sonst geeigneter Weise durchsprechen, werden ihr Verständnis und ihr Wissen prüfen und helfend eingreifen, wo noch geholfen werden muß. So wird dem Referendar noch einmal vor Augen geführt, was er in der Vorbereitungs­ zeit gelernt haben soll und — was er gelernt hat; er kann selbst entschei­ den, ob er zur Abschlußprüfung reif ist. Der Erfolg der Arbeitsgemeinschaften ist mehr als der jeder anderen Art der Ausbildung von der Persönlichkeit des Leiters abhängig. Ich mache es deshalb den Oberlandesgerichtspräsidenten und General­ staatsanwälten besonders zur Pflicht, für dieses Amt nur die besten Kräfte auszusuchen. Der Ausgewählte muß sich dessen bewußt sein, daß die Übertragung dieses Amtes eine besondere Auszeichnung be­ deutet, daß die Verwaltung ihm großes Vertrauen entgegeubringt und hohe Pflichten auferlegt; er darf aber auch gewiß sein, daß seine Tätig­ keit, wenn sie erfolgreich ist, die verdiente Anerkennung finden wird. Diese Aussicht soll aber nicht zum Anlaß werden, sich um die Stelle eines Gemeinschaftsleiters zu bewerben; denn das Amt darf nicht zu einem Sprungbrett für berechnende Streber werden, es fordert viel­ mehr Männer, die die Sache um ihrer selbst willen tun und erfüllt sind von der Bedeutung und Größe ihrer Aufgabe. Die Namen der in Aussicht genommenen Gemeinschaftsleiter sind

III. Tie gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

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mir bis zum 10. Juni d. I. mitzuteilen. Am 1. Juli d. I. muß die Arbeit in den Gemeinschaften beginnen. Über die Arbeit und Bewährung der Arbeitsgemeinschaften ist mir vierteljährlich zu berichten.

2. der inzwischen herausgekommene Runderlaß des Reichs- und Preußischen Justizministers — RJP. c. 480 — vom 22. Dezember 1934 betreffend die Arbeitsgemeinschaften der Referendare, der für die Referendarausbildung in ganz Deutschland gültig ist und daher be­ sondere Beachtung verdient. Er lautet: „Bei der Ausgestaltung der in den §§ 34 f. IAO. vorgesehenen „gemeinschaftlichen Ausbildungseinrichtungen" bitte ich die folgenden Richtlinien zu beachten: 1. Der Erfolg der Arbeitsgemeinschaften hängt in erster Linie von der Person des Gemeinschaftsleiters ab. Auf die richtige Auswahl dieser Leiter bitte ich deshalb, Ihre besondere Aufmerksamkeit zu lenken. Die Gemeinschaftsleiter müssen überzeugte Nationalsozialisten und tüchtige Juristen sein, die den Referendaren in jeder Beziehung ein Vorbild sein können und vor allem die Gabe haben, Jugend zu führen. Ohne Rücksicht auf Rang und Alter sind die für das Amt Geeignetsten zu bestimmen.

2. Die Gemeinschaftsleiter können ihre vielseitige und schwere Auf­ gabe nur erfüllen, wenn ihnen genügend Zeit zur Verfügung steht. Namentlich in der ersten Zeit werden sie zunächst an der Vervoll­ kommnung ihrer eigenen Bildung viel arbeiten müssen, um den Referen­ daren wirklich etwas geben zu können. In aller Regel werden die Ge­ meinschaftsleiter deshalb von jeder weiteren Tätigkeit entbunden werden müssen. Sie werden dann zwei Arbeitsgemeinschaften betreuen können. Wo nur eine Arbeitsgemeinschaft besteht, muß der Leiter in seiner sonstigen Tätigkeit wirksam entlastet werden; die Betreuung einer Arbeitsgemeinschaft erfordert mehr als eine halbe Arbeitskraft.

3. Die Gemeinschaftsleiter sollen für die gesamte Erziehung der ihnen anvertrauten Referendare verantwortlich sein; sie müssen die Referendare in ihrer sachlichen Ausbildung in jeder Weise fördern, darüber hinaus aber auch auf ihre gesamte Lebenshaltung und Lebens­ anschauung Einfluß gewinnen. Das kann nicht in schulmeisterlich be­ lehrender Form geschehen; Charakter und Haltung lassen sich überhaupt nicht mit Worten lehren, sie müssen vorgelebt werden. Auch die Er­ ziehung im Geiste nationalsozialistischer Staatsauffassung, wie sie § 34 Abs. 2 IAO. fordert, wird nicht nur darin zu geschehen haben, daß man

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in. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemenschaften.

von Nationalsozialismus, von seinen tragenden Gedanken und seinen Zielen spricht; man erreicht bei der zur Kritik und zur Ablehnung bereiten Jugend damit leicht das Gegenteil von dem, was man beabsichtigt. Der nationalsozialistische Gedanke muß vielmehr das ganze Leben und Denken der Gemeinschaft so durchdringen, daß alle Erörterungen, alle Entscheidungen und alle Maßnahmen von nationalsozialistischem Geist im besten Sinne dieses Wortes getragen werden. 4. Dieses Ziel läßt sich nur erreichen, wenn der Gemeinschaftsleiter möglichst viel mit seinen Referendaren zusammen ist. In der Regel soll deshalb ein Tag in der Woche ganz der Gemeinschaftsarbeit ge­ widmet sein. An diesem Tage sollen die Leiter mit ihrer Gruppe be­ hördliche Einrichtungen, wirtschaftliche Betriebe des Handels und des Gewerbes, der Land- und Forstwirtschaft, geschichtlich bedeutsame Orte der Umgegend, Museen und Theater besichtigen und den Referendaren so eine lebendige Anschauung von den Lebensverhältnissen vermitteln, die zu ordnen das Recht berufen ist. Der Referendar muß offene Augen bekommen für alles, was um ihn herum geschieht; er muß teilnehmend und aufgeschlossen sein; nur dann ist er vor der Gefahr geschützt, die juristische Form, die notwendige Technik über die Sache zu stellen und das Leben unter Paragraphen verkümmern zu lassen, statt in denkendem Gehorsam gegenüber dem Gesetz dem Leben zu dienen. Die Besichti­ gungen werden zweckmäßig durch den Vortrag eines Sachverständigen eingeleitet und möglichst auch noch am gleichen Tage unter dem frischen Eindruck des Gesehenen ausgewertet. So läßt sich das Schulmäßige am besten vermeiden. Gemeinsame Ausflüge und sportliche Veranstaltungen können die Besichtigungen ergänzen. Sie sind erfahrungsgemäß besonders ge­ eignet, Leiter und Referendare einander näher zu bringen und den Gemeinschaftsgeist entstehen zu lassen, der Voraussetzung für eine ge­ deihliche Zusammenarbeit ist. Abgesehen von diesem Gemeinschaststag wird der Gemeinschafts­ leiter mit seinen Referendaren noch an zwei Doppelstunden in der Woche zusammenarbeiten. Diese Stunden müssen so gelegt werden, daß sie die sonstige Ausbildung des Referendars beim Richter, Staatsanwalt und Rechtsanwalt möglichst wenig behindern, in aller Regel also in die frühen Vormittagsstunden oder in die Stunden des späten Nachmittags. Diese Doppelstunden werden in erster Linie der fachlichen Ausbildung gewidmet sein. Der Leiter wird mit seinen Referendaren die neue Rechts­ entwicklung verfolgen, praktische Fälle möglichst lebensnah besprechen, die Referendare in der juristischen Technik üben, Lücken ausfüllen, die die sonstige Ausbildung gelassen hat, und gelegentlich auch einmal Fragen aus anderen Gebieten, insbesondere aus der Geschichte, behandeln.

III. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

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Die Referendare werden kurze Vorträge zu halten haben und etwa alle 6 bis 8 Wochen auch einmal eine Aufsichtsarbeit schreiben können. Daneben muß der Leiter auch die selbständige Fortbildung der Referendare anregen und überwachen, sie auf gute Aufsätze und Bücher Hinweisen und so auch ihre häusliche Arbeit beeinflussen. In der Ausgestaltung im einzelnen soll dem Gemeinschaftsleiter möglichst freie Hand gelassen werden, jeder wird mehr oder weniger seine eigene Art haben. Entscheidend ist allein der Erfolg, nicht der Weg, der zum Erfolg geführt hat. Bei der ganzen Gemeinschaftsarbeit darf der Referendar nicht die Empfindung haben, Gegenstand der Erziehung zu sein, er muß sich vielmehr als Träger einer neuen Bewegung fühlen. Auf die freudige Mitarbeit aller Teilnehmer ist das größte Gewicht zu legen; auch zur Vorbereitung der Tagesveranstaltungen werden die Referendare zweck­ mäßig herangezogen. Kunst der Führung ist es, so zu führen, daß der Geführte freudig und möglichst aus sich heraus das tut, was er tun soll. In den Arbeits­ gemeinschaften muß bei guter Kameradschaft feste deutsche Zucht herr­ schen; aber äußerer Zwang ist — wo nur irgend möglich — zu vermeiden. Je unsichtbarer die Führung, desto besser und fester ist sie. Auch außerhalb der gemeinschaftlichen Veranstaltungen soll der Gemcinschaftsleiter den Referendaren erreichbar sein; sie müssen mit allen ihren Fragen, Sorgen und Nöten zu ihm kommen dürfen und in ihm stets einen hilfsbereiten, verständnisvollen Freund und Berater finden. 5. Auf eine gute Zusammenarbeit des Gemeinschaftsleiters mit allen sonst ausbildenden Stellen ist mit allen Mitteln hinzuwirken. Alle Zeug­ nisse, die der Referendar erhält, sind dem Gemeinschaftsleiter vorzu­

legen. 6. In dein letzten Ausbildungsabschnitt wird die bevorstehende Ab­ schlußprüfung die Aufmerksamkeit der Referendare auf sich lenken; sie werden den verständlichen Wunsch haben, sich einen Überblick über

ihr Wissen und Können zu verschaffen und ihre Ausbildung auf allen Gebieten abzurunden. Sie werden weder Zeit noch Ruhe haben, sich mit etwas abseits liegenden Dingen zu beschäftigen. Dem müssen die wiederholenden Übungen (§ 35 IAO.) Rechnung tragen. Tagesveranstaltungen und Besichtigungen werden deshalb in aller Regel zu unterbleiben haben. Die Übungsleiter werden eher als die Gemeinschaftsleiter neben­

amtlich tätig sein können, müssen aber auch stets ausreichend in ihrem Hauptamt entlastet werden und zwar bei Leitung einer Übungsgruppe mindestens zur Hälfte. Über ihre Auswahl gilt das für die Gemeinschafts­ leiter Gesagte entsprechend. Keßler, Arbeit-gemeinschaften.

6

82

ui. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

Die Übungsgruppen werden in aller Regel auch nur 20—25 Re­ ferendare umfassen dürfen. Soweit es sich ermöglichen läßt, sollen die Arbeitsgemeinschaften aus den früheren Ausbildungsabschnitten zu­ sammenbleiben. Der Übungsleiter wird mit seinen Referendaren an Hand von prak­ tischen Fällen in zwei Doppelstunden in der Woche die wichtigsten Rechtsgebiete durchgehen und Lücken ausfüllen, die die bisherige Aus­ bildung noch gelassen hat. Die Referendare werden nach häuslicher Vorbereitung auf Grund von Akten kurze Vorträge halten müssen, wie sie für die mündliche Prüfung vorgesehen sind; sie werden auch einige Aufsichtsarbeiten schreiben müssen. Daneben werden hervorragende Sachkenner unter den am Ort wohnenden Juristen, Wirtschaftsführern und Leitern von großen Organisationen in Vorträgen oder auf sonst geeignete Weise einzelne Sondergebiete behandeln. Zu solchen Veranstaltungen werden dann in der Regel mehrere Ubungsgruppen zusammengefaßt werden können. Insgesamt soll dem Referendar vor Augen geführt werden, was er während des Vorbereitungsdienstes gelernt haben soll und was er gelernt hat; er mag dann selbst entscheiden, ob er für die Abschluß­ prüfung reif ist.

7. Die „gemeinschaftlichen Ausbildungseinrichtungen" sollen die Aus­ bildung des Referendars beim Richter, Staatsanwalt und Rechts­ anwalt nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Der ivichtigste Teil der juristisch technischen Ausbildung wird nach wie vor in der praktischen Betätigung auf dem Gericht, bei der Staatsanwaltschaft und bei einem Rechtsanwalt liegen. Diese Ausbildung muß und kann so intensiv ge­ staltet werden, daß die Zeit für die Übungsstunden und den Gemein­ schaftstag ohne Schaden entbehrt werden kann." Von Bedeutung sind ferner nachstehende Verfügungen, die teilweise zunächst nur für Preußen erlassen waren, wohl aber nunniehr allgemein beachtlich sind: Die Rundverfügung vom 15. Juni 1934

(I 13 244).

Sie lautet: Bei der grundlegenden Bedeutung des Reichsnährstandes für das Leben des gesamten Volkes werden sich die Arbeitsgemeinschaften auch besonders mit der Geschichte, der Kultur, der Arbeitsweise, den Wirt­ schaftsbedingungen und dem Recht des deutschen Bauerntums zu be­ fassen haben. Entgegenkommenderweise hat sich der Reichsnährstand bereit er­ klärt, auf Antrag jederzeit geeignete Vortragende unentgeltlich zur

III. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

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Verfügung zu stellen, die die Referendare in den Arbeitsgemeinschaften über die einzelnen Gebiete, insbesondere auch über das Reichserbhof­ gesetz unterrichten können. Die Anträge sind unter Bezugnahme auf diese Verfügung an die Landesbauernschaften des Bezirks, Abt. Werbung, deren Anschriften sich aus der Anlage ergeben, in Berlin an das Stabsamt des Reichs­ bauernführers, Hauptabteilung Werbung E I, zu richten. Die genannten Stellen werden auch Besichtigungen landwirtschaft­ licher Betriebe vermitteln und auf jede Weise behilflich sein, den Re­ ferendaren eine lebendige Anschauung von dem deutschen Bauerntum zu geben." Hierzu noch die Verfügung des Reichswtrtfchaftsministcrs und Preußischen Mnisters für Wirtschaft und Arbeit vom 30. Juli 1934 — I. Rr. IV 803 Frl. — betreffend die Besichtigung gewerblicher Betriebe durch Referendare, die folgenden Wortlaut hat: „In der AB. vom 16. Mai 1934 — Deutsche Justiz S. 631 — ist die Bildung von Referendar-Arbeitsgemeinschaften angeordnet wor­ den, deren Aufgabe es vornehmlich ist, die Referendare über die Grenzen des engeren Fachgebietes hinaus mit dem wirklichen Leben bekannt zu machen und sie so zu lebensnahen, volksverbundenen Richtern zu er­ ziehen. Ein wichtiges Hilfsmittel bildet in dieser neuen Form der Aus­ bildung die Besichtigung von gewerblichen und landwirtschaftlichen Betrieben. Der Reichsnährstand hat sich bereit erklärt, solche Besichtigungen zu vermitteln und auch geeignete Vortragende kostenlos zur Verfügung zu stellen. Ich ersuche ergebenst, in ähnlicher Weise die Einführung der Re­ ferendare in das Lebensgebiet von Handel und Gewerbe zu fördern.

An alle Industrie- und Handelskammern und ihre Zweckverbände.

Für den Verkehr mit der Reichsbahn sind folgende Verfügungen von Bedeutung:

1. Die Rundverfügung vom 4. September 1934 — 1 13 695 —. Sie lautet:

„Ich bitte, die Gemeinschaftsleiter darauf hinzuweisen, daß sie die Unkosten für Eisenbahnfahrten herabsetzen können, wenn sie die Ver­ günstigung für Gesellschaftsfahrten in Anspruch nehmen. Die Reichs­ bahn gewährt nach Teil II zu E VII 6 A des Reichsbahnpersonentarifs für Gesellschaftsfahrten bis zu 24 Teilnehmern einen Nachlaß von 6*

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in. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

331/, v. H., bei 25 Teilnehmern und mehr einen Nachlaß von 40 v. H. Außerdem befördert sie nach Teil I § 11 E VIII Ziff. 70 bei 20 bis 39 Teilnehmern einen Teilnehmer frei, bei 40 bis 92 Teilnehmern zwei Teilnehmer frei. Weitergehende besondere Vergünstigungen für die Arbeitsgemeinschaften hat die Reichsbahn abgelehnt."

2. Die Rundverfügung des Reichsministers der Justiz vom 2. Januar 1935 — RJP. c. 710 — betreffend Schülerkarten für Referendare. Sie lautet:

„Auf Anregung der Gruppe Jungjuristen im BNSDJ. hat die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft die Ausgabe von Schülerkarten an Gerichtsreferendare für Fahrten zu den Veranstaltungen der Arbeits­ gemeinschaften und der Übungen (§§ 34, 35 IAO.) genehmigt. Die Verfügung lautet:

„Wie uns mitgeteilt wird, werden auf Anordnung der Justizmini­ sterien einzelner Länder bei Oberlandes- und Landgerichten sowie Staatsanwaltschaften Unterrichtslehrgänge für Gerichtsreferendare abgehalten, zu deren Teilnahme die Gerichtsreferendare verpflichtet sind. Da diese Lehrgänge schulmäßig betrieben werden und auch im übrigen fachschulartigen Charakter tragen, ersuchen wir, sie als Fach­ lehrgänge im Sinne der Tarifbestimmungen über die Ausgabe von Schülerkarten anzuerkennen und den Gerichtsreferendaren, die an ihnen teilnehmen, die Fahrpreisermäßigungen der Schülerkarten für die Fahrten zwischen Wohnort und Lehrgangsort zugänglich zu machen, sofern die übrigen tariflichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die erforder­ lichen Bescheinigungen auf den Anträgen müssen von den Leitern der Unterrichtslehrgänge unter Beisetzung des Dienststempels des Ober­ landes- oder Landgerichts oder der Staatsanwaltschaft, bei denen die Lehrgänge stattfinden, abgegeben werden. Teutsche Reichsbahn-Gesellschaft Hauptverwaltung gez.: Knebel."

Im einzelnen ist dazu folgendes zu bemerken: 1. Die Fahrpreisermäßigung wird nur für die Dauer der Teilnahme an den Arbeitsgemeinschaften und Übungen gewährt, da nur diese, nicht die ganze Ausbildung, als .Fachlehrgänge' anerkannt werden. 2. Die Ermäßigung wird also nicht gewährt während der Ausbildung beim kleinen Amtsgericht und in der Verwaltung. 3. Die Ermäßigung gilt nur für Fahrten zu den Veranstaltungen der

III. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

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Arbeitsgemeinschaften und zu den Übungen, nicht für die Fahrt

zur Ausbildung bei Gericht (wichtig bei Benutzung von Schüler­

rückfahrkarten !). 4. Es werden jedoch auch Schülermonatskarten ausge­ geben. Nach Ziffer 4 der Tarifbestimmungen berech­ tigen diese zu beliebig häufigen Fahrten an allen Tagen.

5. Die Ermäßigung erstreckt sich auch auf die Berliner S.-Bahn. 6. Eine Altersgrenze besteht nicht. 7. Für die Stellung des Antrages sind die amtlichen Vordrucke, die bei den Fahrkartenausgaben erhältlich sind, zu benutzen. 8. Ist der Fahrtkartenausgabe von der neuen Regelung noch nichts bekannt, so ist sie aufzufordern, sich mit der zuständigen Reichs­ bahndirektion in Verbindung zu setzen. 9. .Leiter der Unterrichtslehrgänge im Sinne der Verfügung vom 17. November 1934 sind nicht die Leiter der einzelnen Ausbildungs­ gemeinschaften, sondern die Präsidenten der Oberlandesgerichte

und Landgerichte. Für schnelle Bekanntgabe an die Gemeinschafts- und Übungsleiter und an die Referendare bitte ich Sorge zu tragen."

Ferner die Rundverfügung des Reichs- und Preußischen Justiz­ ministers vom 3. Januar 1935 — Nr. RJP. c. 33 — betreffend Reifekostenvergütung für Veranstaltungen der Arbeitsgemeinschaften der Referendare, die zunächst nur für Preußen gilt und folgenden

Wortlaut hat:

„Unter Aufhebung der Rundverfügungen vom 11. Juni 1934 — l 13201 — und 12. Oktober 1934 — I 13980 — bestimme ich im Ein­ vernehmen mit dem Herrn Preußischen Finanzminister mit Wirkung vom 7. Januar 1935 ab folgendes: Um den bedürftigen Referendaren die Teilnahme an den Ausflügen und Besichtigungen der Arbeitsgemeinschaften nach Möglichkeit zu erleichtern, wird auf Grund von Teil III Nr. 22 Abs. 1 und 2 Preuß. RKBest. genehmigt, daß den Referendaren, die einen Unterhalts­ zuschuß beziehen, sowie den sonstigen bedürftigen Referendaren in den genannten Fällen bei Reisen bis zu einer Gesamtentfernung von 100 Kilometer (Hin- und Rückreise zusammengerechnet) die Fahrkosten für die 3. Wagenklasse erstattet werden. Daneben ist ihnen bei einer sechs Stunden übersteigenden Abwesenheit vom dienstlichen Wohnsitze oder tatsächlichen Wohnorte ein Berpflegungszuschuß von 1 RM. für den Reisetag und bei Übernachtungen ein weiterer Zuschuß in Höhe

86

III. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften,

der tatsächlichen Auslagen für die Übernachtung bis zur Höhe des Übernachtungsgeldes nach Stufe V zu gewähren.

Ob ein Referendar, der keinen Unterhaltszuschuß bezieht, als be­ dürftig im Sinne des vorstehenden Absatzes anzusehen ist, entscheidet der Landgerichtspräsident. Für die Veranstaltungen der Arbeitsgemeinschaften steht grundsätz­ lich nur ein Tag in der Woche zur Verfügung. Gegen mehrtägige Veranstaltungen bestehen aber keine Bedenken, wenn sie sich in mäßigen Grenzen halten und die sonstige Ausbildung nicht gefährden. Sie können sich — namentlich bei einer neuen Zusammensetzung der Arbeitsgemein­ schaft — empfehlen, um das Zusammengehörigkeitsgefühl und den Kameradschaftsgeist zu fördern. Mehrtägige Veranstaltungen bedürfen aber der Genehmigung des Landgerichtspräsidenten, wenn sie sich auf mehrere Werktage erstrecken oder wenn Auslagen für Übernachtungen erstattet werden sollen. In den durch die AV. vom 16. Mai 1934 — DJ. S. 631 — unge­ ordneten Berichten bitte ich mir jeweils die aus Grund dieses Erlasses im Berichtszeitraum geleisteten Ausgaben getrennt nach Fahrkosten, VerpflegungIzuschüssen und Übernachtungszuschüssen mitzuteilen und dabei auch die Zahl der mehrtägigen Reisen für die einzelnen Arbeits­ gemeinschaften anzugeben."

Desgleichen die Rundverfügung vom 13. Dezember 1934 — Rr. VI c. 443 — deS Reichs- und Preußischen Justizministers wegen der Borträge von Sachverständigen:

„Nach Nr. 16 Abs. 2 Satz 2 der 1. DurchfVerf. zu den PrRKBest. treffen die Voraussetzungen der Vorschrift in Teil I § 15, Teil III Nr. 35 PrRKBest. zu, wenn Bücherrevisoren oder kaufmännische Sach­ verständige zu Vorträgen über die kaufmännische Buchführung int Rahmen der ständigen Übungen der Referendare außerhalb ihres Wohn­ sitzes herangezogen werden, in diesem Fall können die Vortragenden Reisekosten nach Stufe II erhalten. Das gleiche gilt auch, wie ich hier­ mit bestimme, wenn Vertreter des Reichsnährstandes zu Vorträgen über Fragen der Agrargesetzgebung und das Bauerntum vor den Referendararbeitsgemeinschaften außerhalb ihres Wohnortes heran­ gezogen werden." Erwähnenswert sind ferner:

1. Die Rundverfügung deS Reichs- und Preußischen Justizministers vom 1. Dezember 1934 betreffend die Übernachtung von Gemein-

fchaftSgruppen der Referendare in Jugendherbergen.

III. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

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Die Verfügung hat folgenden Wortlaut:

„Nach der in Abschrift beigefügten Auskunft des Reichsverbandes für deutsche Jugendherbergen, Berlin NW. 40, Roonstr. 5, können die Gemeinschaftsgruppen der Referendare in Jugendherbergen über­ nachten. Die Landgerichte müssen gegebenenfalls für ihre Gemeinschafts­ gruppen die körperschaftliche Mitgliedschaft erwerben und dann von dem zuständigen Gau so viel Führerausweise anfordern, als sie Gemeinfchaftsleiter haben.

Die Aufnahmegesuche können an den Reichsverband gerichtet werden. Die Beiträge und sonstigen Unkosten, die durch die Mitgliedschaft entstehen (Beschaffung der Reichsherbergsverzeichnisse) sind bei Kap. 74 Tit. 50 des Haushalts zu verrechnen, solange besondere Mittel für Ausbildungszwecke im Haushalt nicht vorgesehen sind." Die Auskunft des Reichsverbandes für Deutsche Jugendherbergen, Berlin NW. 40, Roonstr. 5, lautet: „Die Übernachtung von Referendaren auch über 25 Jahre in unseren Jugendherbergen ist jederzeit möglich, die Jugendherbergen stehen jeder Altersstufe offen. Allerdings ist im allgemeinen die Regelung dahin getroffen, daß bis 7 Uhr abends die Betten, die Erwachsene belegt haben, wieder geräumt werden müssen, falls Jugendliche dieselben beanspruchen. Nach 7 Uhr abends werden die Betten an diejenigen verteilt, welche zuerst kommen.

In Ihrem Falle würden wir Ihnen raten, daß die Gruppen sich vorher bei den Jugendherbergen anmelden, eine Übernachtung kann dann anstandslos erfolgen. In der Anlage überreichen wir Ihnen einige Anmeldekarten, das Reichsherbergsverzeichnis sowie unsere Benutzungsbestimmungen, woraus Sie alles Nähere ersehen können. Das Reichsherbergsverzeichnis ist auf unserer Geschäftsstelle jederzeit zum Preise von RM. 0.90 zu erhalten. Gruppen, welche wandern wollen, müssen die körperschaftliche Mit­ gliedschaft erwerben mit einem Beitrag von mindestens 5.— RM. je Jahr. Gehören der Gruppe Teilnehmer über 20 Jahre an, so müßte im allgemeinen für diese die Einzelmitgliedschaft erworben werden; finden jedoch die Wanderungen nur einige Male im Jahre statt, so können auch über 20jährige auf Grund der körperschaftlichen Mitglied­ schaft die Jugendherbergen benutzen. Wir freuen uns, daß Sie unsere Jugendherbergen benutzen wollen und sind jederzeit bereit, Ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen."

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in. Tie gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

2. Die Rundverfügung vom 19. Juni 1934 — I 13241 —.

Sie lautet: „Die Ausbildung der Referendare ist Sache der von mir mit dieser Aufgabe betrauten Beamten; sie ist durch die Allgemeine Verfügung vom 16. Mai 1934 — DJ. S. 631 — auf eine neue Grundlage gestellt worden und darf durch Veranstaltungen anderer Stellen nicht gestört werden. Um eine einheitliche Leitung der juristischen Ausbildung sicher­ zustellen und die Referendare vor einer Verzettelung ihrer Kräfte zu schützen, bestimme ich, daß abgesehen von gelegentlichen Vorträgen be­ sondere Veranstaltungen zur juristischen Ausbildung der Referendare (Kurse, Schulungswochen usw.) außerhalb der Arbeitsgemeinschaften zu unterbleiben haben. Veranstaltungen anderer Stellen dürfen nur mit meiner Genehmigung von Justizbehörden gefördert und von Referendaren besucht werden." 3. Die Rundversügung vom 21. Juni 1934 — I 13282 —.

Sie lautet:

„Die Referendare einer Gemeinschaftsgruppe haben den Wunsch geäußert, auf der Schreibmaschine schreiben zu lernen; ich bitte, der­ artige Bestrebungen zu unterstützen und den Referendaren, erforder­ lichenfalls unter Aufsicht des Gemeinschaftsleiters, Schreibmaschinen zur Ausbildung zur Verfügung zu stellen, soweit sie int Geschäftsbetrieb entbehrt werden können." Besondere Hervorhebung verdient die neu erlassene Rundverfügung des Reichs- und Preußischen Justizministers vom 3. Januar 1935 — RJP. c. 172/34 — betreffend Versicherung der preußischen Re­ ferendare gegen Unfall während des Vorbereitungsdienstes und des Prüfungsverfahrens. Sie lautet:

„Um die Referendare gegen die Unfallgefahren zu schützen, die mit den Veranstaltungen der Arbeitsgemeinschaften und des Gemeinschafts­ lagers verbunden sein können, habe ich auf verschiedene Anregungen aus den Kreisen der Referendare und der die Ausbildung leitenden Beamten eine Kollektivversicherung gegen Unfall für sämtliche preußi­ schen Referendare mit der Agrippina-Gruppe, Direktionsverwaltungs­ stelle Berlin, Schlösser u. Richter, Berlin W. 15, Schaperstr. 18 (im folgenden .Agrippina' genannt) abgeschlossen.

I. Aus diesem Vertrage hebe ich folgende Punkte hervor: 1. Vom 1. Januar 1935 ab sind im Rahmen der Allgemeinen Ver­ sicherungsbedingungen und der Zusatzbedingungen für Kollektivunfall­ versicherung (Anlage 1) bei der .Agrippina' alle Referendare gegen Un-

III. Tie gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

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fälle zu versichern, die sie bei der Ausübung ihres dreijährigen Vor­ bereitungsdienstes und bei dem daran anschließenden Prüfungsver­ fahren betreffen, insbesondere: a) bei Veranstaltungen der Arbeitsgemeinschaften (z. B. Besichti­ gungen, Ausflüge und sonstige sportliche Betätigung u. a.); b) beim achtwöchigen Aufenthalt im .Gemeinschaftslager Hanns Kerrl'. Unfälle auf dem Wege vom und zum Dienst sind nicht mit­ versichert.

2. Die Versicherungssumme beträgt im Falle des Todes durch Unfall 1000.— RM., im übrigen 90% der Aufwendungen innerhalb des ersten Jahres nach dem Unfall zur Behebung der Unfallfolgen bis zum Höchstbetrag von 500.— RM. Die Auszahlung dieser Beträge an den Referendar oder einen sonstigen Empfangsberechtigten erfolgt nur mit Zustimmung des Oberlandesgerichtspräsidenten. Höhere Schäden sind nicht mitversichert, um die Prämien niedrig zu halten. Sie werden sich bei genügender Vorsicht aller Beteiligten vermeiden lassen; treten sie trotzdem ein, so wird je nach Lage des ein­ zelnen Falles im Wege einer staatlichen Zuwendung aus Billigkeits­ gründen geholfen werden können. 3. Die Prämien sind von den Referendaren zu tragen. Infolge der großen Anzahl der zu Versichernden konnte der außerordentlich niedrige Satz von 1.20 RM. jährlich für jeden Referendar erreicht werden. Die Prämien werden für die ganze Dauer des Vorbereitungsdienstes, einschließlich der Prüfungszeit, also für etwa 3 Jahre 4 Monate im Voraus mit insgesamt für 4.— RM., einschließlich Versicherungssteuer erhoben. Referendare, die am 1. Januar 1935 sich bereits im Dienst befinden, bezahlen, wenn sie noch im ersten Jahr der Vorbereitung stehen, 4.— RM., wenn sie im zweiten Jahre stehen 3.— RM., und wenn sie im dritten Jahre stehen 1.50 RM., je einschließlich Ver­ sicherungssteuer. 4. Scheidet ein Referendar vorzeitig aus dem Vorbereitungsdienst aus, so erhält er auf Antrag von der .Agrippina' den Prämienanteil für die übrige Vorbereitungszeit ersetzt, und zwar beim Ausscheiden während des ersten Dienstjahres 3.— RM., während des zweiten Jahres 1.50 RM. Befindet er sich bei seinem Ausscheiden im dritten Vorbereitungsdienstjahr oder in der Prüfungszeit, so erfolgt keine Prämienerstattung.

5. Der Versicherungsschutz beginnt mit dem Dienstantritt des Re­ ferendars. Hat der Referendar am 1. Januar 1935 den Vorbereitungs­ dienst schon angetreten, so beginnt der Versicherungsschutz mit der

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in. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

Mtteilung seiner Personalien an die .Agrippina'. Der Versicherungs­ schutz endigt mit dem Abschluß des Prüfungsverfahrens, oder bei vor­ herigem Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst mit dem Tage des Ausscheidens.

6. Nähere Einzelheiten hinsichtlich des Kollektivvertrages ergeben sich aus dem Merkblatt (Anlage 2).

II. Für die Durchführung des Versicherungsvertrages bestimme ich folgendes: 1. Rechtskandidaten, die ihre Ernennung zum Referendar bean­ tragen, haben zunächst einen ausgefüllten Fragebogen (Anlage 3) dem Oberlandesgerichtspräsidenten einzureichen und gleichzeitig die Gesamtprämie von 4.— RM. an die Justizhauptkasse des Oberlandes­ gerichts einzusenden. Der Oberlandesgerichtspräsident übersendet die Neuanmeldungen zur Versicherung monatlich gesammelt unmittelbar der .Agrippina'. Die eingezogenen Prämien, die von der Justizhaupt­ kasse als Verwahrgelder zu behandeln sind, werden der .Agrippina' erst überwiesen, wenn sie mitgeteilt hat, daß sie bereit ist, den Referen­ daren endgültig Versicherungsschutz zu gewähren. Lehnt die .Agrip­ pina' die Übernahme des Risikos für einen Referendar ab, so ist diesem unter Rückerstattung der gezahlten Prämie hiervon Kenntnis und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Kommt eine gütliche Rege­ lung nicht zustande, so ist mir zu berichten. 2. Die Personalien der bereits im Vorbereitlingsdienst befindlichen, sowie derjenigen Referendare, welche den Vorbereitungsdienst beendet, den achtwöchigen Aufenthalt im .Gemeinschaftslager Hanns Kerrl' bis zur Absendung der Anmeldung aber noch nicht angctreten haben, sind unverzüglich nach Oberlandesgerichtsbezirken gesammelt (Liste Anlage 4) unmittelbar der .Agrippina' mitzuteilen. Darauf wird die .Agrippina' das Merkblatt (Anlage 2) und den Fragebogen (Anlage 3) zur Ver­ teilung an die Referendare den Oberlandesgerichten übersenden. Bei der Aushändigung an die Referendare sind diese zum Ausfüllen des Fragebogens (Anlage 3) und zur Überweisung der Prämie an die Justizhauptkasse des Oberlandesgerichts aufzufordern. Der Oberlandes­ gerichtspräsident übersendet die ausgefüllten Fragebogen gesammelt an die .Agrippina'. Die Überweisung der Prämien an die .Agrippina' sowie die Behandlung von Fällen, in denen die .Agrippina' die Über­ nahme des Risikos nachträglich ablehnt, erfolgt wie oben Ziffer 1. 3. Vom Eintritt eines Schadensfalls hat der betroffene Referendar oder, wenn dieser dazu nicht in der Lage ist, seine vorgesetzte Dienststelle der .Agrippina' unmittelbar und unverzüglich Mitteilung zu machen. Der Referendar hat den Unfall ferner auf dem Dienstwege dem Ober-

III. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

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landesgerichtspräsidenten zu melden. Lehnt die .Agrippina' den An­ spruch des Referendars ab, so hat dieser auf dem Dienstweg an den Oberlandesgerichtspräsidenten zu berichten. Dieser prüft den Fall und versucht, sofern dies möglich erscheint, eine gütliche Regelung mit der .Agrippina' herbeizuführen. Kommt keine Einigung zustande, so ist mir zu berichten. 4. Der gesamte Schriftwechsel mit der .Agrippina' ist mit der .Agrippina'-Gruppe, Direktionsverwaltungsstelle Berlin, Schlösser u. Richter, Berlin W. 15, Schaperstraße 18, zu führen. III. Von diesem Erlaß ist den Referendaren in geeigneter Weise Kenntnis zu geben." Die vorstehende Verfügung gilt zwar im Augenblick nur für die preußischen Referendare. Es besteht aber wohl nach Lage der Sache kein Zweifel, daß sie in Kürze allerorts eingeführt wird.

Da die Gemeinschastsleiter in der Regel auch die Personalsachen der Referendare und die Auswahl der Prüfungsakten bearbeiten wer­ den, füge ich noch die Allgemeine Verfügung des Reichsjustizministers

vom 2. Oktober 1934 (114315 — Deutsche Justiz S. 1265 — betref­ fend die Einreichung von Akten für Prüfnugszwecke an; sie lautet: „Nach § 60 der Ersten Durchführungsverordnung zur Justizausbil­ dungsordnung haben die Gerichte und Staatsanwaltschaften dem Präsi­ denten des Reichs-Justizprüfungsamtes für Prüfungszwecke geeignete Akten einzureichen.

Es kommen in Frage: 1. Akten für die praktische Arbeit — P — (§ 43 IAO.),

2. Akten für die Aufsichtsarbeiten — K — (§44 IAO ), 3. Akten für den Vortrag — V — (§45 IAO.). Ins einzelne gehende Richtlinien über die Eignung von Akten für Prüfungszwecke lassen sich kaum aufstellen.

Allgemein kann gesagt werden: a) Die Akten für P sollen dem Prüfling Gelegenheit geben zu zeigen, daß er einen Prozeßfall nicht ungewöhnlichen Umfangs, der sowohl in der Darstellung als auch in der rechtlichen Beurteilung des Tatsachenstoffes einige Schwierigkeiten bietet, in dreiwöchiger häus­ licher Arbeit zu meistern versteht. Die Akten müssen aus sich verständlich sein und die zur Bearbeitung erforderlichen Urkunden und Beiakten in Urschrift oder Abschrift enthalten. b) Für K eignen sich einfache Rechtsfälle aller Art, nicht nur solche aus den Gebieten des bürgerlichen Rechts, des Handels- und Wechsel-

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in. Die gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

rechts, sondem auch solche, in denen Fragen des Prozeßrechts, der Zwangsvollstreckung und des Konkurses zu behandeln sind, ferner Grundbuchsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, endlich Straf- und Ermittlungsakten. Die Aufgaben sollen dem Prüf­ ling Gelegenheit geben, zu zeigen, daß er einen Fall des praktischen Lebens, der in tatsächlicher Hinsicht weder umfangreich noch verwickelt ist, rechtlich aber, wenn auch keine erheblichen Schwierigkeiten, so doch diese oder jene Zweifelsfrage enthält, in vierstündiger Arbeit an der Hand der Gesetzestexte und der gebräuchlichen Handkommentare ver­ ständig zu entscheiden und seine Entscheidung juristisch zu begründen versteht.

c) Die Akten für V sollen so beschaffen sein, daß der Prüfling nach zweitägiger Vorbereitung unter Zuhilfenahme der allgemein zugäng­ lichen wissenschaftlichen Literatur imstande ist, in einem etwa 10 Mi­ nuten dauernden freien Vortrag den für die vorgeschlagene Entschei­ dung wesentlichen Akteninhalt erschöpfend darzustellen und rechtlich zu begutachten. Sie werden also in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfacher als die P-Fälle, schwieriger als die K-Fälle sein müssen.

d) Ungeeignet für Prüfungszwecke sind Akten, welche 1. eine bereits veröffentlichte Reichsgerichtsentscheidung enthalten, oder 2. für Übungszwecke benutzt worden sind (vgl. §§ 34, 35 IAO ). Bei der gegenwärtigen starken Belastung des Reichsjustizprüfungs­ amtes ist der Bedarf an geeigneten Akten sehr groß. Um eine aus­ reichende Versorgung des Amtes mit Akten sicherzustellen, bestimme ich folgendes:

1. Der Deckel (Umschlag) der folgenden, im Geschäftsgang der Ge­ richte und Staatsanwaltschaften befindlichen Aktenstücke erhält einen Merkzettel mit der Aufschrift: .Reichs-Justizprüfungsamt? Ja — nein — falls ja: P — K — V.‘

a) Akten in erstinstanzlichen Zivilprozeßsachen, b) Akten in erstinstanzlichen Strafsachen,

c) Akten der Staatsanwaltschaft, d) Akten der Amtsgerichte in Vollstreckungssachen, mit Ausnahme der Offenbarungseidsachen, e) Akten über Beschwerden in Zivilsachen (streitige und freiwillige Gerichtsbarkeit, diese jedoch mit Ausnahme der Grund- und Registerakten), f) Akten der Anerben- und Erbgesundheitsgerichte.

III. Tie gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

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2. Jeder Sachbearbeiter (Richter, Staatsanwalt) prüft die ihm vor­ gelegten Aktenstücke laufend darauf hin, ob sie sich für Prüfungszwecke eignen. Spätestens bei der Weglegung der Akten füllt er den Merk­ zettel aus, indem er das Zutreffende unterstreicht. Mit P bezeichnet er die für die praktische Arbeit (§ 43 IAO.), mit K die für die Bearbeitung der Rechtsfälle (§ 44 IAO ), mit V die für den freien Vor­ trag in der mündlichen Prüfung (§ 45 IAO.) vorzuschlagenden Akten. 3. Jeder Sachbearbeiter zeigt seiner vorgesetzten Dienststelle am Schlüsse der geraden Monate — erstmalig am 31. Dezember 1934 — an, wieviele Sachen er im Laufe der letzten beiden Monate für das Reichs-Justizprüfungsamt vorgeschlagen hat; Fehlanzeige ist erforder­ lich. Aus besonderen Gründen kann die vorgesetzte Dienststelle Be­ freiung von den Anzeigen gewähren.

4. Jede Geschäftsstelle verzeichnet, sobald der Sachbearbeiter den Merkzettel ausgefüllt hat, die für das Reichs-Justizprüfungsamt vor­ geschlagenen Akten in einer Liste nach folgendem Muster: Lfd.

Nr.

Akt. Z.

Bezeichnung der Sache

vorgeschlagen für P | K

abgeschickt

zurückgekehrt

Bemerkungen

1 V

1

5. Hinsichtlich der in die Beschwerdeinstanz sowie der in die Be­ rufungsinstanz gelangten Sachen liegt es der höheren Instanz ob, die Akten mit dem Merkzettel zu versehen und diesen auszufüllen, wenn die untere Instanz die Akten nicht schon in der vorgeschriebenen Weise als zu Prüsungszwecken geeignet bezeichnet hat. Die Eintragung in das Verzeichnis und die Einreichung der Akten ist in jedem Falle Aufgabe der unteren Instanz. Grundakten und Registerakten werden mit dem Merkzettel nicht beklebt. Das Bcschwerdegericht bestimmt bei Rücksendung der Akten, ob der Vorgang von dem aktenführenden Gericht in das Verzeichnis aufzunehmen ist. 6. Die in die Liste aufgenommenen Akten sind, sobald sie im Ge­ schäftsgang entbehrlich werden, dem Landgerichtspräsidenten bzw. dem Oberstaatsanwalt vorzulegen. Dieser prüft sie — erforderlichenfalls mit Hilfe eines Richters oder Staatsanwalts seiner Behörde — auf ihre Geeignetheit.

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ui. Tic gesetzlichen u. sonstigen Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften.

Geeignet befundene Akten reicht er dem Oberlandesgerichtspräsi­ denten bzw. dem Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht ein. Sofern die Versendung der Akten selbst untunlich erscheint, sind die für die Prüfungszwecke erforderlichen, vom Sachbearbeiter zu bezeich­ nenden Abschriften anzufertigen und einzureichen. 7. Die Oberlandesgerichtspräsidenten und Generalstaatsanwälte betrauen einen oder mehrere Richter und Staatsanwälte ihrer Behörde mit der laufenden Vorprüfung der bei ihnen eingehenden Akten auf ihre Eignung für Prüfungszwecke. Als nicht geeignet befundene Akten sind zurückzusenden. Geeignet befundene werden in vierteljährlichen Zwischenräumen zum 15. 1., 15. 4., 15. 7. und 15. 10. — erstmalig zum 15. 1. 1935 — dem Reichs-Justizprüfungsamt, Berlin W. 9, Boßstraße 5, mit einem Begleitverzeichnis nach folgendem Muster übersandt:

Lfd.

Aktenführende

Nr.

Behörde

Akt.-Z.

Bezeichnung der Sache

vorgeschlagen für

P

K

Bemerkungen

V

8. Ersuchen um Rückgabe der dem Reichs-Justizprüsungsamt ein« gereichten Akten sind durch Vermittlung des Oberlandesgerichtspräsi­ denten (Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht) einzusenden; der Oberlandesgerichtspräsident (Generalstaatsanwalt) vermerkt auf ihnen den Tag der Einreichung an das Reichs-Justizprüfungsamt und die laufende Nummer des Begleitverzeichnisses.

IV. Der Gemeinschaftsleiter und die Verwaltungsausbildung. Mir liegt hier nur daran, den Gemeinschaftsleitern eine praktische Anregung zu geben. Auf Einzelheiten der Verwaltungsausbildung ein­ zugehen, ist im Rahmen dieser Arbeit kein Raum. Die neue Ausbildungsordnung stellt die Genieinschaftsleiter vor neue Aufgaben. Eine Neuerung ist hier von besonderer Wichtigkeit, nämlich die Einführung der Verwaltungsausbildung der Referendare. Hier müssen wir Gemeinschaftsleiter uns von vornherein darüber klar sein, daß wir mit der Ausbildung unserer Referendare nicht Schritt halten können, wenn wir nicht selbst etwas unternehmen, um hier persönlich Versäumtes nachzuholen. Mit anderen Worten: Der Gemeinschaftsleiter muß Wege zu finden wissen, um sich auch seinerseits in die Verwaltungspraxis einzuführen, damit er seinen Referendaren auch auf diesem Ausbildungsgebiet ein wertvoller Führer sein kann. Daß dieses an die Kraft und Zeit der Gemeinschaftsleiter erhöhte Anforderungen stellen wird, versteht sich von selbst, muß aber im Interesse der Sache durchgesetzt werden. So war ich bereits längere Zeit nebenher beim Landratsamt in Kassel informatorisch beschäftigt, um mich in diesen Zweig der Ver­ waltung einzusührcn. Seitens des Landrates wurde mir, was ich dankbar hervorheben möchte, jedes Entgegenkommen gezeigt und alles getan, um mir auf dem besten und schnellsten Wege den erforderlichen Gesamtüberblick zu vermitteln. Und ich kann sagen, daß mir der prak­ tische Versuch die Richtigkeit meines Gedankens voll bestätigt hat. Welche Fülle von Anregungen erhält doch der Gerichtsjurist bei der Verwaltung, und gerade der Gemeinschaftsleiter wird hier wertvolle Erkenntnisse für seine Arbeit gewinnen können. Hervorgehoben sei, daß ich im Rahmen dieser Einführung auch bei einer kleinen Bürgermeisterei tätig war, was mir gleichfalls wertvolle Aufschlüsse gegeben hat. Im Anschluß an die Tätigkeit beim Landrat werde ich demnächst in gleicher Weise bei der Stadtverwaltung in Kassel verfahren. Hier hat es liebenswürdigerweise der Oberbürgermeister persönlich übernommen, mich in die Verwaltungsgeschäfte einzuführen, und es liegt aus der Hand, daß ich auf diese Art auch hier eine vorzügliche und wertvolle Einführung erhalten werde. Wie das der einzelne Gemeinschaftsleiter durchführt und bei welcher Stelle, hängt ganz von den besonderen örtlichen Verhältnissen ab. Jedenfalls halte ich es für die unbedingte

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IV. Der Gemeinschaftsleiter und die Verwaltungsausbildung.

Pflicht eines Gemeinschaftsleiters, hier nicht untätig zu bleiben, sondern seinen Referendaren mit gutem Beispiel voranzugehen. Ich glaube, daß dieses Beispiel der Gemeinschaftsleiter auch für die kurz vor dem Examen stehenden Referendare und die jüngeren Assessoren nur vorbild­ lich in der Richtung wirken kann, daß auch diese sich bereit finden, noch einige Monate für ihre Fortbildung auf dem Verwaltungsgebiete zu opfern. Es ist klar, daß ein Richter mit praktischen Erfahrungen natürlich viel leichter ein geschlossenes Bild von dem Verwaltungsbetrieb, seinen wirtschaftlichen und sozialen Zusamiuenhäilgen erhält als ein Re­ ferendar. Deshalb werden auch kürzere Zeiten genügen, um sich so­ weit sortzubilden, daß man auch mit den Referendaren eine erfolg­ reiche Aussprache über die Tätigkeit bei der Verwaltung durchführen kann. Insbesondere werden die Gemeinschaftsleiter auf diese Weise in die Lage gesetzt, ihre Referendare in den Arbeitsgemeinschaften für die Tätigkeit bei der Verwaltung vorzubereiten. So z. B. durch eine systematische Besprechung der grundlegenden Verwaltungsgesetze und -Prinzipien. Ferner aber auch dadurch, daß der Gemeinschaftsleiter auf Grund der gewonnenen eigenen Anschauung einen Gesamtüberblick über das organische Leben eines Verwaltungsbetriebes gibt. Empfehlen wird es sich auch, ab und an geeignete Beamte der Verwaltungs­ behörden für einführende Vorträge zu gewinnen, um auch auf diesem Wege den Sinn und das Verständnis der Referendare für die ihnen bevorstehende Verwaltungsausbildung zu wecken. Verführt man so, dann erreicht man, das; die Referendare in einem gewissen Sinne gerüstet und vorbereitet ihre Ausbildung bei der Verwaltung antreten. Und damit wäre njel gewonnen. Um so mehr als int Augenblick bei zahlreichen Reserendarett noch eine gelvisse Abneigung gegenüber der Verwaltungsstation besteht. Man will zum Teil die innere Notwendig­ keit dieses Ausbildungsabschnittes nicht einsehen. Gerade aus diesen Gründen ist eine Aufklärung, Werbung und Vorbereitung hinsichtlich der Verwaltungsstation unbedingt notwendig. Daß die Erfüllung dieser Ausgabe Sache der Genteinschaftsleiter ist, ergibt sich aus der heraus­ gearbeiteten Gesamtausgabe der Arbeitsgemeinschaft. Endlich ist es noch ein gewichtiger Grund, der mich zur eigenen Betätigung bei den Verwaltungsbehörden veranlaßt. Wir Gemein­ schaftsleiter können hier durch die persönliche und enge Fühlungnahme mit den Verwaltungsbehörden den Boden für eine nutzbringende Ar­ beit unserer jungen Referendare vorbereiten. Wir müssen uns darüber klar sein, daß es geraume Zeit dauern wird, bis sich die Verwaltungs­ behörden in die neue und besondere Aufgabe, Gerichts­ referendare in die Verwaltungspraxis einzuführen, voll hineingefunden haben. Ein auf dem Gebiete der Verwaltung praktisch

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IV. Ter Gemeinschastsleitcr und die Verwaltungsausbildung.

geschulter Gemeinschaftsleiter wird hier manches fördernd und unter­ stützend beitragen können. So kann ein solcher Gemeinschaftsleiter z. B. viel besser mit den ausbildenden Verwaltungsbeamten persönliche Fühlung aufnehmen. Er wird unter Umständen sogar, wenn nötig, über das Ziel der Verwaltungsausbildung der Referendare und ihren Sinn Aufklärung schaffen, und auf diese Weise eine wirklich erfolgreiche Ausbildung gewährleisten können. Es handelt sich bei der Verwaltungsstation um sieben wertvolle Monate der Gesamtausbildungszeit, und wir Gemein­ schaftsleiter müssen nicht zuletzt dafür Sorge tragen, daß die Referendare während dieser Zeit, für die sie im Regelfälle aus der Gemeinschaft ausscheiden, eine zielbewußte, übersichtliche und geordnete Einführung in die Verwaltung erhalten. Ich bin überzeugt, daß sich jeder Ver­ waltungsbeamte dieser Aufgabe gern unterziehen wird, wir dürfen aber nicht vergessen, daß diese Referendarausbildung für die Verwal­ tung ausschließlich eine Belastung bedeutet, da die Referendare doch hier einem ihnen völlig fremden Arbeitsgebiet gegenüberstehen. Zwar werden die in Frage kommenden Stellen von dem Regierungspräsi­ denten nach ihrer Eignung besonders ausgewählt und bestimmt. Trotz­ dem wird aber der Gemeinschaftsleiter durch persönliche Fühlungnahme das Interesse der betreffenden Beamten an der Ausbildung der Re­ ferendare sicher noch steigern können. Man wird mir nun entgegenhalten, daß die Referendare meist außer­ halb bei kleineren Gemeinden und Städten oder Landratsämtern unter­ gebracht werden, so daß diese Fühlungnahme keine große praktische Bedeutung habe. Das trifft nicht zu. Die Referendare lassen sich näm­ lich aus wirtschaftlichen Gründen in der Regel den in der Nähe ihres Heimatortes befindlichen Verwaltungsstellen überweisen, um abends nach Hause fahren zu können und so unnötige Aufwendungen zu er­ sparen. Bei weiter entfernt liegenden Plätzen kann man sich schriftlich in Verbindung setzen und gelegentlich nach den Fortschritten des Re­ ferendars und seinen Leistungen erkundigen. Es läßt sich auch auf diese Weise manches erreichen. Man kann z. B. den zuständigen Landrat bitten, bei einer Versammlung der Gemeindeschulzen und Bürgermeister des Kreises einmal über die Aufgaben der neu eingeführten Verwal­ tungsausbildung der Gerichtsreferendare einen kurzen Vortrag halten zu dürfen, und hat hierbei neben dem Vorteil persönlicher Bekanntschaft die Möglichkeit, durch beredte und überzeugungskräftige Worte für die Ausbildungsarbeit zu werben. Sicher, Gemeinschaftsleiter sein, stellt hohe Anforderungen. Es er­ fordert eben, um dies nochmals zu betonen, vollen Einsatz der ganzen Per­ sönlichkeit. Man muß sich dieser Aufgabe ganz hingeben oder gar nicht! Keßler, Arbeitsgemeinschaften.

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V. Der Personalbogen, feine Bedeutung und Hand­ habung; Einzel- und Kleinarbeit des Gemeinschastsleiters. Allgemeines: Bon vornherein sei betont, daß der Personalbogen nur als Hilfs­ mittel gedacht ist. Er soll dem Gemeinschaftsleiter eine Stütze bieten, aber keineswegs einen Ersatz für den lebensnahen, persönlichen Ein­ druck. Der Inhalt des Personalbogens soll den Niederschlag der wesentlichen Beobachtungen enthalten und gleichzeitig die für sein Berständnis erforderlichen tatsächlichen Feststellungen über den Werdegang des ein­ zelnen Referendars treffen. Sicher ist ein Personalbogen entbehrlich, wenn die Zahl der zu betreuenden Referendare so niedrig (etwa unter 10) ist, daß man jedem einzelnen auf Grund genauer Kenntnis der Verhältnisse auch ohne ein solches Hilfsmittel gerecht werden kann. Unbedingt notwendig ist der Personalbogen aber, wenn der Gemein­ schaftsleiter, wie es wohl in der Regel sein wird, zwei Gemeinschaften zu führen hat. Die Zahl der Referendare wird hier etwa 40 bis 50 betragen. Es bedarf keiner Beweisführung, daß man die genauen persönlichen Verhältnisse und darüber hinaus alles Wissenswerte über 50 Referendare nicht im Kops haben kann. Zudem nötigt auch der Personalbogen und seine Anlage, dem Entwicklungsgang des einzelnen Referendars nachzugehen und sich über die zur Beantwortung ge­ stellten Fragen Gewißheit zu verschaffen. Man darf nicht etwa sagen, das ist Forinularkram, das ist Schematisierung und birgt die Gefahr der Gleichmacherei in sich. Der Personalbogen ist lediglich Ausgangs­ und Anhaltspunkt, und es ist Sache des Gemeinschaftsleiters, den Personalbogen des einzelnen Referendars so auszugestalten, und der Besonderheit des jeweiligen Falles so anzupassen, daß man ein lebens­ wahres und zutreffendes Ergebnis erhält. Die Personalbogen geben die Gewähr dafür, daß die Entwicklung des einzelnen Referendars lausend beobachtet wird. Ter Gemeinschaftsleiter wird über besondere Fortschritte des Referendars ebenso Auskunft erhalten wie über ein etwaiges Stehenbleiben in den Leistungen oder gar eine rückläufige Entwicklung. Bon Vorteil ist der Personalbogen auch für den Fall, daß Referendare vorübergehend aus der Gemeinschaft ausscheiden, um etwa auswärts ihre Anwaltsstation abzuleisten. Hier sorgt der Personalbogen dafür,

V. Ter Personalbogen und seine Bedeutung.

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daß die gewonnenen Erkenntnisse nicht verloren gehen. Es ist wohl selbstverständlich, daß man in einem solchen Fall bei dem Ausscheiden des Referendars den gewonnenen, wenn auch nur vorläufigen Gesamt­ eindruck festhält. Konrmt der Referendar dann nach Monaten in die Gemeinschaft zurück, so ist es dem Gemeinschaftsleiter auf Grund des Personalbogens ein Leichtes, sich wieder in die Persönlichkeit des be­ treffenden Referendars hineinzufinden und an festgestellte Dinge anzu­ knüpfen. Endlich ist der Personalbogen noch von besonderer Bedeutung für die Abfassung der Schlußzeugnisse. Hier ist der Personalbogen ein unentbehrliches Hilfsmittel. Er wird bei sorgfältiger und richtiger Hand­ habung das geschlossene Bild vermitteln, das Voraussetzung für ein praktisch verwertbares, gerechtes und wahrheitsgemäßes Zeugnis ist. Für den Aufbau der Personalbogen habe ich mich von folgenden Gesichtspunkten leiten lassen: Der Entwicklungsgang des Referendars:

Zunächst ist es unerläßlich, sich Klarheit über den Entwicklungsgang des Referendars bis zum Referendarexamen zu verschaffen. Es ist für den Gemeinschaftslciter wichtig, zu wissen, welche Schulart der Re­ ferendar besucht hat, ob etwa das humanistische Gymnasium oder die Oberrealschule. Ebenso wichtig ist die Kenntnis des Gemeinschafts­ leiters über die Leistungen des Referendars in den Hauptfächern. Hier kann man wertvolle Anlagen oder bedenkliche Mängel feststellen. Wenn es auch keine sicheren Schlüsse gestattet, so wird es doch ein wert­ voller Fingerzeig sein, wenn er feststellen kann, daß ein Referendar in Deutsch und Mathematik recht schwach war. Andererseits läßt es günstige Folgerungen zu, wenn der Referendar ein durchweg glattes Reifezeugnis hat und in einem oder mehreren Hauptfächern sogar besonders hervorstechende Leistungen aufweist. Nicht minder wichtig ist die Feststellung, ob sich der Referendar in den Leibesübungen be­ währt hat oder nicht. Wenn nicht, dann sind die Gründe hierfür aufzu­ klären. Schon von vornherein ist das Augenmerk darauf zu richten, ob der Referendar für den Wehrsport und das Referendarlager in Frage kommt oder sein Gesundheitszustand diese Beschäftigungsart verbietet. Erweist sich z. B. ein Referendar als sportlich untüchtig, obwohl dazu fähig, so wird der Gemeinschastsleiter von allem Anfang an dafür Sorge tragen, das; der Referendar das Versäumte nachholt, und den richtigen Ausgleich zwischen körperlicher und geistiger Betätigung schaffen. Später werden ja alle Referendare den Arbeitsdienst durch­ laufen haben. Heute ist cs aber so, daß sich unter den Referendaren 7*

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V. Der Personalbogen und seine Bedeutung.

noch Stubenhocker und noch „bequeme junge Herren" befinden, und in diesen — was ich betonen möchte — Ausnahmefällen, muß man rechtzeitig für Wandel sorgen. Gleich wichtig die Frage, ob der Re­ ferendar schon auf der Schule Interesse für Geschichte gezeigt hat, ob er noch auf der Universität aus persönlicher Neigung den geschicht­ lichen Zusammenhängen näher nachgegangen ist, was meist erkennen läßt, ob der Betreffende Geschichte als Wissens- oder als Geistesfach betrieben hat. Gleichzeitig gewinnt man an tüchtigen Geschichtlern wertvolle Mitarbeiter für die Geschichtsaufgaben der Gemeinschaft. Diese Referendare sind meist auch für rechtsgeschichtliche Arbeiten besonders verwendbar. Und so erhält man schon auf der ersten Seite des Fragebogens Anhaltspunkte dafür, wie man den Referendar in der Genleinschaftsarbeit zu seinem und der anderen Vorteil am besten einsetzen kann. Ist das Zeugnis durchschnittlich oder kommt es in keinem Fach über den Durchschnitt hinaus, so verpflichtet das zu besonderer Aufmerksamkeit. Hier muß man ergründen, ob die Ursache in schlechter Gesamtbegabung oder wo sonst zu suchen ist, und ob die Weiterentwick­ lung auf der Universität ein Ansteigen der Fähigkeiten und Leistungen oder ein gleichbleibend schwaches Gesamtbild vermittelt. In solchen Fällen muß man unter Umständen gleich eingreiscn, z. B. bei der Auswahl der Ausbildungsrichter, worauf ich an anderer Stelle noch zu sprechen kommen werde. In diesem Zusammenhang etwas besonders Wichtiges: Ich habe die Beobachtung gemacht, daß manche Gemeinschaftsleiter die Personal­ bogen nicht selbst ausfüllen, sondern dieselben ihren Referendaren aus­ händigen. Diesen Weg halte ich für verfehlt. Gerade die Ausfüllung des Personalbogens durch den Genieinschastsleiter und die damit ver­ bundene Aussprache ist von besonderem Wert einmal für die Güte des Personalbogens, zum andern für das Verhältnis vom Referendar zum Gemeinschaftsleiter. Hier bietet sich die beste Gelegenheit, ein­ ander näherzukommen und sich Vertrauen zu schenken. Der Gemein­ schaftsleiter muß es verstehen, de» Referendar dahin zu bringen, daß er sich rückhaltlos und offen und ehrlich ausspricht. Wird der Personal­ bogen auf diese Weise aufgestellt, so gewinnt er Leben und erhält den tiefen Sinn und Wert, den ich gerade mit ihm verbinden will. Selbstverständlich wird der Gemeinschaftsleiter — das ist kein Miß­ trauen gegen die Referendare — die getroffenen Feststellungen an Hand der Personalakten bzw. der Prüfungsakten des Referendarexamens nochmals überprüfen, wie er ebenso selbstverständlich die laufenden Ergebnisse der Ausbildung selbständig in den Personalbogen einträgt. Man darf hier nicht sagen, das ist viel zu viel, denn man muß bedenken, daß der einzelne Referendar dem Gemeinschaftsleiter für etwa 1 Jahre

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zur Gesamtausbildung anvertraut ist und das Schlußzeugnis des Ge° meinschastsleiters deshalb den Ausschlag geben wird. Und hier noch eines: Jeder Gemeinschaftsleiter muß sein eigenes Dienstzimmer haben. Sicher ist die Raumnot bei den Behörden infolge des Anwachsens der Aufgaben und der damit verbundenen Personal­ zunahme besonders groß. Für den Gemeinfchastsleiter «mß aber unter allen Umständen ein Zimmer freigemacht werden. Denn die Re­ ferendare müssen die Möglichkeit haben, jederzeit ihren Gemeinschafts­ leiter, der ihnen gleichzeitig doch auch ein guter Kamerad sein soll, vertraulich zu sprechen. Der Referendar muß doch, wenn ihn irgend­ etwas bedrückt, den selbstverständlichen Wunsch haben, die Sache mit seinem Gemeinschaftsleiter zu bereden und sich bei ihm Rat zu holen. Das wird er aber nicht tun, wenn der Gemeinschaftsleiter nicht allein ist. Ebenso wird die erörterte offene Aussprache über den Werdegang nie in Gegenwart von Zeugen möglich oder tunlich sein. Desgleichen wird der Gemeinschaftsleiter mit den Referendaren in Gegenwart eines anderen Richters nie über schlechte Zeugnisse oder rein persön­ liche Tinge sprechen können. Denken wir doch nur an die große wirt­ schaftliche Not zahlreicher Referendare. Es fällt dem Referendar schon sehr, sehr schwer, sich hierüber bei dem ihm doch vertrauten Gemeinschaftslcitcr offen auszusprechen. Vor Zeugen wird er es niemals tun. Für verfehlt halte ich es auch, wenn Gemeinschaftsleiter für die Referendare besondere Sprechzeiten cinrichten. Ich bin der Meinung, daß eine solche Einschränkung wenig nützt, auf der anderen Seite nur schadet. Der Gemeinschaftsleiter muß immer, zu jeder Stunde für die Referendare bereit sein, und diese müssen das auch wissen, gleichviel ob im Dienstzimmer oder zu Hause, am frühen Morgen oder am Abend. Mich würde es als Gemeinschaftsleiter nur freuen, wenn die Referendare öfters den Weg zu mir finden würden. Das schafft Ver­ trauen und löst solches aus, und gerade deshalb sollte man keine zeit­ lichen Schranken setzen. Nicht minder wichtig ist der weitere Entwicklungsgang des Re­ ferendars. So ist es von Bedeutung, ob der Referendar z. B. nur in einer einzigen und zwar kleinen Universitätsstadt studiert hat oder ob er die Studienzeit gleichzeitig benutzen konnte, um Land und Leute kennen zu lernen. Vielleicht entdeckt man beim Gespräch hierüber gemeinsame Bekannte oder sogar Lehrer, was Beziehungspunkte gibt. Auch wird es für den Gemeinschaftsleiter interessant sein zu erfahren, ob der Referendar sein Studium ausschließlich auf das juristische Fach­ gebiet beschränkt hat oder ob er gleichzeitig bestrebt war, sich umfas­ sendes Allgemeinwissen anzueignen. Hier scheiden sich schon sehr oft die Geister. Ein Blick in das Belegbuch gibt nicht selten wertvolle Auf-

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schlösse. Hier wird sich auch Gelegenheit bieten, festzustellen, welche besonderen Interessengebiete der einzelne Referendar besitzt und in welcher Richtung seine praktische Berufsneigung geht. In diesem Zu­ sammenhang erfährt man in der Regel, warum der betreffende Re­ ferendar nun eigentlich gerade Jurist geworden ist.

Besonderen Wert lege ich ferner auf die Feststellung, ob der Re­ ferendar schon im praktischen Leben tätig war, ob er eine kaufmännische Lehre durchgemacht hat oder etwa in einer Bankfirma — welcher Fall in der Praxis besonders häufig ist — längere Zeit gearbeitet hat. Ich habe die Beobachtung gemacht, daß solche Referendare mit prak­ tischer wirtschaftlicher Schulung sich meist viel leichter und schneller in die juristische Praxis hineinfinden als die anderen. Sie sind meist selbständiger und sicherer im Urteil und kennen besser die Zusammen­ hänge und Realitäten des wirtschaftlichen Lebens. Das solche besonders vorgeschulte Kräfte in der Gemeinschaft entsprechend ihren Fähigkeiten eingesetzt und zum Nutzen der anderen Kameraden verwandt werden müssen, versteht sich von selbst. So kann beispielsweise ein früherer Bankbeamter oder Kaufmann sehr gut in die Buchführung und son­ stigen Grundlagen des kaufmännischen Lebens einführen; denn letzten Endes kann man nicht für jede Sache einen besonderen Vortragenden gewinnen. Diese muß man sich für die Hauptprobleme aufsparen. Jni übrigen bleibe ich auch dabei, daß es gut ist, die Referendare ihre Kräfte selbst spielen und erproben zu lassen. Anschließend folgen im Entwicklungsgang Feststellungen über das Referendarexamen und seine Ergebnisse. Hier werden, soweit man sie persönlich kennt, die Namen der Prüfer interessieren, ebenso das Gesamtergebnis wie wichtige Einzelergebnisse der Prüfung. Je nach Lage des Falles wird man sich die Prüfungsakten kommen lassen und Einzelheiten daraus ermitteln können. Am besten ist es, wenn der Gemeinschaftsleiter selbst als Prüfer im Referendarexamen beteiligt gewesen ist. Ich habe dies schon in mehreren Fällen praktisch beobachten können. Hierbei erhält man eine so wertvolle Grundkenutnis von der Persönlichkeit des künftigen Referendars, daß man gut anknüpfen und darauf aufbauen kann. In solchen Fällen mache ich mir einen Vermerk in dem Personalbogen über meine Prüsungseindrücke im Examen.

Der erste Teil des Personalbogens über den Entwicklungsgang schließt mit einer kurzen Notiz über das Doktorexamen, insbesondere das Ergebnis und Thema, ab. Es empfiehlt sich, einmal einen Blick in die Doktorarbeit zu werfen. Man kann je nach Art des Behandelten wertvolle Einblicke in die Wesensart des Referendars, seine juristische wie allgemeine Befähigung und Leistungen erhalten.

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Hier sei ein Beispiel für diesen ersten Teil des Personalbogens einge­ schaltet, um anschaulich zu machen, wie sich die Sache praktisch gestaltet: Referendar: Schultze, Karl, Kassel, Wilhelmstraße 5. Geboren am: 1. 8.1909. kommt wirtschaftlich in Frage. Vater in schlechten wirt­ Unterhaltszu­ schaftlichen Verhältnissen. Vier Geschwister, die sämüich schuß odersonnoch in der Ausbildung. Praktische Leistungen sind ab­ stige Unter­ zuwarten. Nach dem Amtsgerichtszeugnis Voraus­ stützungen? setzungen für Unterhaltszuschuß erfüllt. I. Entwicklungsgang. Oberrealschule Kassel. 1. Schulart: 2 Reifeprüfung: Ostern 1929.

Gesamtergebnis: genügend. 3 Physik: Teutsch: 3 Chemie: Geschichte: 2 Erdkunde: Sprachen: 4 Künstlerische Fächer: Mathematik: Turnen: (bis Unterprima 3) Vermerk: Referendar gibt an, daß ihm die gemacht hätte.

3 3 3 3 1 Schule keine Freude

3. Universität: Marburg, Berlin, München, Marburg (insgesamt 7 Semester). Gesamtergebnis der Übungen: gut bis sehr gut. Auffallende Einzelergebnisse: Besonderes Interesse für öffentliches Recht. Hier sehr gute Leistungen. 4. Referendarprüfung:

Justizprüfungsamt in Kassel am 10. Juni 1933. Prüfer: Ergebnis: gut. Wichtige Einzelergebnisse aus den Prüfungsakten: Große Arbeit gut. Klausuren drei gut, eine ausreichend. Mündliches gut, teils schwächer, teils besser.

Doktorexamen: Thema: Ergebnis. ti. Besondere Bemerkungen: Tie Steigerung der Leistungen während

des Studiums und im Referendarexamen bestätigt die Richtigkeit der Angaben des Referendars hinsichtlich seiner Schulzeit.

Der Ausbildungsgang des Referendars. Der 2. Abschnitt des Personalbogens, der den Ausbildungsgang des Referendars behandelt, ist hinsichtlich der praktischen Bedeutung wohl

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der wichtigste. Ihm obliegt die Aufgabe, die laufende Beobachtung, ja ich möchte fast sagen, die laufende Überwachung des einzelnen Re­ ferendars in seinem jeweiligen Ausbildungsstand zu gewährleisten. In diesem Abschnitt des Personalbogens sollen alle irgendwie bedeutsamen Gesichtspunkte des praktischen Ausbildungsganges ihren Niederschlag finden. Sowohl Fortschritte wie Rückschritte sollen hier ausgezeichnet und festgehalten werden. Der Gemeinschaftsleiter wird dafür zu sorgen haben, daß dieser Abschnitt des Personalbogens keine leere Form be­ deutet, sondern Leben in sich trägt. Seine Aufgabe mutz es fein, die Ausbildung der ihm anver­ tranten Referendare so in der Hand zu haben, datz die Fäden der einzelnen Ansbildungsstellen bei ihm zusammenlaufen, so datz durch seine Person die Einheitlichkeit der Ausbildung ge­ währleistet wird.

Praktisch setzt das voraus, daß sich der Geineinschaftsleiter ständig mit den einzelnen Ausbildungsstellen in Fühlung hält. Er muß zu den einzelnen Ausbildern — mag cs sich nun um Richter, Staats­ anwälte oder Rechtsanwälte handeln — persönliche Beziehungen haben, die es ihm ermöglichen, sich ständig über den Ausbildungsstand des einzelnen Referendars zu unterrichten. So muß der Gemeinschafts­ leiter alle paar Monate einmal die Rechtsanwälte aussuchen, bei denen Referendare zur Ausbildung beschäftigt sind, nm sich mit ihnen über die Fortschritte und die Weiterentwicklung der Referendare auszu­ sprechen. Ties wird gerade nach Beginn der Anwaltsstation besonders notwendig fein, da der Anwalt dann gerade über seine ersten Eindrücke berichten wird und der Gemeinschaftsleiter oft in der Lage ist, Zu­ sammenhänge aufzuklären und wichtige Aufschlüsse über die Gesamt­ persönlichkeit des Referendars zu geben. Ich bin sogar der Meinung, daß es Sache des Gemeinschaftsleiters ist, darüber zu wachen, daß jeder seiner Referendare zu dem Anwalt kommt, bei dem er am meisten lernen kann. So oft habe ich beobachtet, das; bei der Zuteilung der Referendare an Anwälte oder bei der seitens der Referendare selbst getroffenen Auswahl unter den Anwälten das Ausbildungsziel viel zu wenig beachtet wird. Es geht nicht an, daß völlig unselbständige Naturen zu Anwälten gehen, die keine Zeit haben, sich um ihre Referendare zu bekümmern und die deshalb in erster Linie darauf angewiesen sind, den Referendar selb­ ständig zu beschäftigen. Für diese Anwälte kommen eben gerade nur Referendare in Frage, die schon praktische Betätigung als Kaufleute oder Bankbeamte hinter sich haben und infolgedessen zu selbständiger Arbeit bereits befähigt sind. Die andere Gruppe von Referendaren

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aber, die noch besonderer Leitung und Führung bedarf, muß man bei Anwälten unterbringen, die sich als bewußte Ausbilder bewährt haben und bei denen der Referendar systematisch beeinflußt wird. Daß es hier notwendig ist, helfend einzugreifen, wird einem Hat, wenn man sich einmal die besondere Bedeutung der Ausbildung beim Rechtsanwalt vergegenwärtigt. Während der Referendar doch sonst im wesentlichen unverantwortliche Vorarbeit leistet und sich seine Tätig­ keit auf die Herstellung von Entwürfen beschränkt, hat er beim Anwalt schon eine weit größere Selbständigkeit und Verantwortung. Er muß mit den Parteien verhandeln und das Material zusammenstellen, er muß Termine wahrnehmen, selbständig Schriftsätze verfertigen, Ver­ gleiche abschließen u. a. m. All dieses ist für die Ausbildung des Re­ ferendars und vor allem für die Förderung seiner ganzen Persönlich­ keit so wichtig, daß auf die Auswahl des Ausbildungsanwaltes größter Wert gelegt werden muß. Wie ein Referendar, der eine unselbständige Natur ist, bei einem vielbeschäftigten Anwalt, der sich um seine Re­ ferendare nicht sehr kümmern kann, nichts profitieren wird, kann er bei einem für die Ausbildung bereiten Anwalt, der auch zeitlich dazu in der Lage ist, sehr viel lernen, vielleicht sogar den Grund für selb­ ständiges, eigenverantwortliches Arbeiten legen. Endlich muß der Gemeinschaftsleiter auch an die wirtschaftliche Lage seiner Referendare denken. Es gibt eine Menge Referendare, die darauf angewiesen sind, während der Anwaltsstation eine kleine Vergütung zu erhalten, und hier wird der Gemeinschaftsleiter sein Augenmerk darauf zu richten haben, daß die Referendare, die es wirtschaftlich nötig haben, Ausbil­ dungsstellen mit Vergütung und solche, die wirtschaftlich nicht darauf angewiesen sind, unbezahlte Ausbildungsstellen erhalten. Ich habe die Frage nach der Auswahl des Ausbildungsanwaltes so eingehend be­ handelt, weil sie mir besonders bedeutungsvoll erschien. Andererseits lag mir aber auch daran, hiermit ein Beispiel zu geben, welche Ob­ liegenheiten alle in den Aufgabenkreis des Gemeinschaftsleiters fallen. Der Gemeinschastsleiter wird aus dem gleichen Gedanken heraus in derselben Weise bei anderen Ausbildungsstationen verfahren müssen. Hier wird es im Einzelsall eine Frage des Taktes und des Einfühlungs­ vermögens in die Persönlichkeit des einzelnen Referendars wie auch des einzelnen Ausbilders sein, ob man eingreifen soll oder nicht. Besser aber, man nimmt Einfluß, ehe es zu spät ist. Damit der Gemeinschaftsleiter nun auf dem Laufenden bleibt, muß er dafür Sorge tragen, daß ihm ausnahmslos sämtliche Zeug­ nisse einschließlich der Aktenberichte der Referendare vor­ gelegt werden. Die Kenntnis der Zeugnisse wie der Aktenberichte ist unbedingte Voraussetzung für eine nützliche Anlage des Personal-

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bogens, ebenso auch für die Möglichkeit der Einflußnahme auf die Ausbildung des einzelnen Referendars. Wenn man die einzelnen Aus­ bilder, wie es in der Regel der Fall sein wird, persönlich genauer kennt, also ihre Zeugnisse zu lesen versteht, dann wird man manches aus ihnen herauslesen können und oft Anlaß zu Rücksprachen mit den einzelnen Ausbildern haben. Ergibt z. B. die Durchsicht der Akten­ berichte, daß die Auswahl der Arbeiten nicht glücklich ist und ohne die notwendigen Ausbildunoßgesichtspunkte erfolgte, so wird man den be­ treffenden Ausbilder in der rechten Form daraus Hinweisen und sich mit ihm einmal über die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte aus­ sprechen. Ebenso wird man verfahren, wenn man das Gefühl hat, daß das Zeugnis zu gut ausgefallen ist und Schwächen des Referen­ dars, die man selbst schon feststellen konnte oder aus früheren Zeug­ nissen her kennt, nicht berührt. Hier wird man dem betreffenden Aus­ bilder etwa das Zeugnis zurückgeben und ihn bitten, das Urteil auf Grund der früheren Zeugnisse nochmals zu überprüfen und insbe­ sondere zu bestimmten Fragen Stellung zu nehmen. Mir ist auch schon mehrfach der Fall begegnet, daß ich den Eindruck hatte, daß die Zeug­ nisse dem Referendar im umgekehrten Sinne nicht gerecht wurden, nämlich in der Bewertung zu niedrig gehalten waren. Auch in diesem Falle soll sich der Gemeinschaftsleiter nicht scheuen, für seine Referen­ dare einzutreten und notfalls auf eine Berichtigung des Zeugnisses hinzuwirken. Für alles dieses werden die Referendare dem Gemein­ schaftsleiter nur dankbar sein, denn sie werden erkennen, daß es zu ihrem Besten geschieht und ihnen letzten Endes nur Vorteil bringt. Roch ein Beispiel möchte ich anschließen: Die Unterschiedlichkeit in der Beurteilung der Referendare fällt einem ganz besonders bei der Bewertung der Aktenberichte seitens der einzelnen Ausbilder auf. Hier wird zum Teil in Verkennung der Ausbildungsaufgabcn eine viel zu milbe Beurteilung, zum Teil aber auch eine zu strenge und harte Beurteilung vorgenommen. Ich habe ost das Gefühl, daß die Aus­ bilder bei der Bewertung vergessen, daß es sich nicht um die Arbeiten fertiger Juristen, sondern um die Arbeiten von jungen Praktikern handelt, die erst welche werden wollen. Was aber die zu milde Beurtei­ lung betrifft, die überwiegt, so muß ich hier offen sagen, daß diese in sehr vielen Fällen nicht zuletzt auf eine zu wenig gründliche Prüfung der Arbeiten zurückzuführen ist. Vielleicht hat man für eine sorgfältigere Durchsicht keine Zeit gehabt; jedenfalls will man wohl den Referendar nicht darunter leiden lassen und beurteilt die Relation dann wenigstens in brauchbarem Sinne. Damit ist dem Referendar aber in keiner Weise gedient. Auch die Aktenberichte ebenso wie jede andere praktische Ausbildungsarbeit haben nur dann Sinn und

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Wert, wenn der Referendar die begangenen Fehler vor­ geführt erhält und auf Grund eingehender Besprechung der Arbeit mit dem Ausbilder erfährt, was er falsch ge­ macht hat und wie er es hätte richtig machen müssen. Und wenn hier die Ausbilder versagen, dann muß der Gemeinschafts­ leiter in die Bresche springen. Er muß hier die selbst überprüften Akten­ berichte zum Gegenstand eingehender Besprechung mit dem betreffen­ den Referendar machen und dafür sorgen, daß hier Versäumtes nach­ geholt wird. Im übrigen wird diese Durchsicht der Aktenberichte dem der praktischen richterlichen Tätigkeit entzogenen Gemeinschaftsleiter zahlreiche Anregungen als Richter, aber auch für die Besprechungs­ stunden innerhalb der Gemeinschaft geben. Immer wieder treten hier dieselben typischen Fehler auf. Man wird gut tun, dieselben von Zeit zu Zeit wieder, wenn die Referendare gewechselt haben, in den Gemein­ schaften zu besprechen. Außerdem wird es sich empfehlen, wenn sich der Gemeinschaftsleiter immer einige Arbeiten des Referendars aus der jeweiligen Ausbildungs­ station, also z. B. einige Entwürfe von Urteilen in Zivil- oder Straf­ sachen vorlegen läßt, möglichst verschiedenartige Sachen, kleinere und größere, damit man ein geschlossenes Bild von der Arbeitsweise und dem Ausbildungsstand des Referendars erhält. Über das Ergebnis der Prüfung wird man sich einen kurzen Vermerk in den Personalbogen zu der betreffenden Station nmchen und gegebenenfalls die erforder­ lichen Maßnahmen ergreifen, wie z. B. Verlängerung des Referendars oder ein Wechsel in der Station. Der Referendar, mit dem man über diese Dinge selbstverständlich laufend sprechen wird, erhält so das Gefühl, daß seine Ausbildung in einer Hand liegt und daß jemand da ist, der sich wirklich ernsthaft und persönlich um sein Schicksal bekümmert. Und dieses Bewußtsein in dem Referendar zu wecken und wachzuhalten, ist sehr wesentlich, da es eine der Grundlagen für eine wertvolle Ausbildungsarbeit bedeutet. Und in diesem Zusammenhang eines: Man sage nun nicht „wie soll denn der Gemeinschaftsleiter dieses alles zeitlich leisten?" Das geht schon! Es hört sich hier weit gefährlicher an als es in Wirklichkeit ist. Zum größten Teil handelt es sich hier um Besprechungen und Durchsicht von kleineren Arbeiten, die bei der nötigen Übung in kurzer Zeit erledigt werden können. Man kann sich die Sache im übrigen auch einteilen. Ich habe immer eine Reihe von Akten auf meinem Schreib­ tisch liegen, und wenn ich gerade einmal einen Augenblick Ruhe habe, dann sehe ich mir einige Urteile eines Referendars an und mache sofort den entsprechenden Vermerk in dem Personalbogen. Zudem braucht man bei Referendaren, die gute Fortschritte machen und sich gleich-

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bleibend gut entwickeln, nur alle paar Monate Stichproben zu machen. Man kann sein Augenmerk auf die Schwächeren richten und diesen eine besondere Fürsorge angedeihen lassen. Als Einschränkung muß ich hier allerdings mahnend hervorheben, daß man über der besonderen Betreuung der schwächeren Referendare die Ausbildung der besseren Kräfte keineswegs leiden lassen darf. Denn in erster Linie muß man unbedingt sein Augenmerk darauf richten, diese besseren und entwick­ lungsfähigen Kräfte zu fördern und ihnen eine abgerundete Ausbildung zu vermitteln. Was nun die Bemerkungell in dem Personalbogen hinsichtlich der einzelnen Ausbildungsabschnitte angeht, so sind diese selbstverständlich nach der Reihenfolge der Ausbildung zeitlich georbnet. Wenn ich bei den einzelnen Ausbildungsstellen den Namen des Richters oder An­ waltes mit aufsühre, so geschieht das, weil die Kenntnis des jeweiligen Ausbilders für die Beurteilung des Ausbildungscrgebnisses von be­ sonderer Bedeutung ist. Auch gibt die Feststellung des Ausbilders bei längeren Ausbildungsabschnitten viel eher die Anregung und die Mög­ lichkeit, sich mit diesem persönlich in Verbindung zu setzen und wegen etwa beobachteter Mängel in der Ausbildung des Referendars in ständiger Fühlung zu bleiben. Im übrigen ergibt sich die praktische Handhabung dieses Teiles des Personalbogens aus dem nachstehenden Beispiel. Bemerken möchte ich hier nur noch, daß ich bei dem gebrachten Beispiel besonders gründlich vorgegangen bin, um einmal die Fülle der Möglichkeiten auszuzeigen, die die Ausbildung im Einzelfall ergeben kann. Es wird vielleicht auffallen, daß ich auch noch die Ergebnisse des Ausbildungsabschnittcs beim Oberlandesgericht in den Personalbogen eingebaut habe, obwohl der Referendar doch mit der Überweisung zum Oberlandesgericht aus der Arbeitsgemeinschaft ausscheidet und in die Referendarübung beim Oberlandesgericht eintritt. Ich bitt der Meinung, daß die gemeinschaftliche Arbeit und das Vertrauensver­ hältnis des Gemeinschastsleiters zu den einzelnen Referendaren nicht mit dem förmlichen Ausscheiden aus der Gemeinschaft seinen end­ gültigen Abschluß finden darf. Es wäre schade, wenn das Erreichte so völlig verloren ginge und die gewonnenen Ergebnisse nicht noch für die weitere Ausbildung des Referendars ausgewertet werden könnten. Und so wird der rechte Gemeinschaftsleiter größten Wert darauf legen, mit dem Übungsleiter des Oberlandesgerichts wie auch mit dem Sach­ bearbeiter für Referendarangelegenheiten beim Oberlandesgericht in engster und ununterbrochener persönlicher Fühlung zu stehen und zu bleiben. Wird ein Referendar dem Oberlandesgericht überwiesen, so muß es für den Gemeinschaftsleiter selbstverständlich sein, daß er sich mit dem betreffenden Kursusleiter und dem für den Referendar be-

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stimmten Ausbildungsrichter einmal über die Gesamtpersönlichkeit des Referendars, seine Vorzüge und Schwächen, seinen Ausbildungsstand und seine innere Reife ausspricht. Er wird den Ausbildern vom Ober­ landesgericht Fingerzeige dafür geben, worauf sie ihr besonderes Augen­ merk richten müssen und wo sie anzusetzen haben, um die Ausbildung des Referendars zu der erforderlichen Geschlossenheit bringen zu können. Und ich glaube, jeder Kursusleiter und Ausbilder am Oberlandesgericht wird eine solche enge Fühlungnahme mit dem Gemeinschaftsleiter des Landgerichts nur begrüßen. Sie wird sich ohne Zeitverlust und reibungs­ los bei den Gemeinschaftsleitern abspielen, die ihre Tätigkeit am Sitze eines Oberlandesgerichts ausüben. Soweit das Oberlandesgericht aber an einem anderen Orte ist, wird man sich leider darauf beschränken müssen, in besonderen Fällen mit dem Übungsleiter des Oberlandes­ gerichts schriftlich in Verbindung zu treten oder ihn gelegentlich eines Besuches beim Oberlandesgericht zwecks Besprechung grundsätzlicher Fragen aufzusuchen. Hier werden sich, wenn man die richtige Ein­ stellung für die Dinge hat, schon günstige Gelegenheiten genug für ein verständnisvolles Handinhandarbeiten ergeben. Darauf kommt es letzten Endes ausschlaggebend an. In diesem Zusammenhang noch einen praktischen Vorschlag: Bei den größeren Gerichten am Sitze einesOberlandesgerichts würde es sich nach meinen Beobachtungen empfehlen, wenn die Arbeitsteilung unter den Gemeinschaftsleitern des Landgerichts und den Kursusleitern des Oberlandesgerichts in der Weise vorgenommen würde, daß jeder Gemeinschaftsleiter eine Gemeinschaft am Landgericht und gleichzeitig einen Referendarkursus am Oberlandes­ gericht erhält. Hierdurch würde die Fortsetzung der Gemeinschaft und Kameradschaft bis zur Beendigung der Ausbildung gewährleistet. Man könnte in diesem Falle nämlich die aus der Gemeinschaft des Land­ gerichts ausscheidenden Referendare in den von dem gleichen Gemein­ schaftsleiter geführten Referendarkursus am Oberlandesgericht über­ weisen, und so in vielen Fällen eine Personeneinheit in der Führung und der Zusammensetzung der beiden Gruppen erreichen. Ich glaube, dies wäre für die Fortbildung der Gemein­ schaftsleiter selbst auch ein Gewinn. Denn sie hätten auf diese Weise die Möglichkeit, den juristischen Unterricht, den sie zur Zeit in der Gemeinschaftsarbeit beim Landgericht aus den bereits dargelegten Gründen noch etwas zurückstellen müssen, in der Referendarübung am Oberlandesgericht in gemeinsamer Arbeit mit denselben Referendaren nachzuholen. Der Gemeinschaftsleiter hätte hierdurch den Vorzug, daß er auch Vorbereitungszeit für den juristischen Unterricht gewinnt, welche ihm z. Zt. bei der Fülle der ihm obliegenden Aufgaben manchmal kaum

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verbleiben wird. Auch wird der Gemeinschaftsleiter aus der Arbeit der Gemeinschaft her die juristischen Lücken seiner Referendare am besten kennen und daher auch in dem Kursus am Oberlandesgericht das bieten können, was zur Ergänzung, Vertiefung und Abrundung der Ausbildung auf juristischem Gebiete für die betreffenden Referendare noch nötig ist. Nachstehend nun das Beispiel.

II. Ausbildungsgang des Referendars. 1. Erste amtsgerichtliche Station:

Ausbildungsrichter: Ergebnis:

AGRat Müller, befriedigend.

Im Zeugnis ist hervorgehoben: gute Auffassungsgabe, Gewandtheit im Verkehr mit der Bevölkerung, aber schwache positive Kenntnisse, etwas bequem und oberflächlich.

2. Landgericht: a) Ausbildung in Zivilsachen. Ausbildungsrichter: LGRat Dr. Meyer, Vorsitzender: LGDir. Schmidt.

erster

Aktenbericht: Ganz leichter Fall (Kraftsahrzeuggcsetz). Ergebnis: gut. Bemerkung des Geineinschaftsleiters: Die Arbeit ist zu milde beurteilt. Sie ist z. T. flüchtig hingeworfen, wenn auch mit gewissem Ge­ schick. Man merkt, daß der Referendar den Sattelmacher noch nicht kennt. Bei strenger Beurteilung: befriedigend. Im juristischen Unterricht die Fehler besprochen. Referendar hält demnächst Referat über den Aufbau der Aktenberichte. Rücksprache mit LGRat Dr. Meyer.

zweiter Aktenbcricht: Mittelschwerer Fall (Anfechtungsklage). Ergebnis: gut. Bemerkung: Einverstanden. Die früheren Fehler sind vermieden.

dritter Aktenbericht: Sehr schwerer Fall (Versicherungsrecht). Ergebnis: gut.

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Bemerkung: Einverstanden. Für den Ausbildungsstand des Referendars eine tüchtige Leistung. Die ursprünglichen Mängel sind überwunden.

Urteile: Etwas stark Gutachtensprache. Rücksprache mit LGRat Dr. Meyer. Referendar soll noch einige Urteile machen. Gesamtergebnis:

gut.

b) Ausbildung in Strafsachen. 1. Strafkammer. Ausbildungsrichter: LGRat Weber. Vorsitzender: LGDir. Dr. Hesse. Ergebnis: gut. Bemerkung: Strafurteile liegen dem Referendar besser.

2. Staatsanwaltschaft. Ausbildungsbeamter: Staatsanwalt Koch. Ergebnis: gut. Bemerkung: Referendar macht gute Fortschritte.

3. Rechtsanwaltstation: Ausbildungsanwalt: RA. Müller. Ergebnis: gut. Das Zeugnis hebt besonders Selbständigkeit und Schlagfertig­ keit, sicheres Urteil und bestimmtes Auftreten hervor.

Bemerkung: Rücksprache mit RA. Müller. Dieser wird den Referen­ dar zu etwas mehr Sorgfalt und Gründlichkeit anhal­ ten; er hat diese Schwäche auch beobachtet. 4. Zweite Amtsgerichts-Station: 1. Arbeitsgericht: Ausbildungsrichter: AGRat Schulze. Ergebnis: gut. Hervorgehoben gesundes soziales Empfinden und gute Kenntnis der neuen Gesetze.

Bemerkung: Deckt sich mit meinen Beobachtungen in der Gemeinschaft. 2. Grundbuch- und Erbhossachen: Ausbildungsrichter: AGRat Schäfer, AGRat Dr. Schneider. Ergebnis: befriedigend.

Bemerkung: Rücksprache mit dem Grundbuchrichter. Re­ ferendar immer noch etwas flüchtig und über-

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sieht Kleinigkeiten, die er sehen müßte. Auch fehlt es auf den Sondergebieten an den er­ forderlichen positiven Kenntnissen. Eingehende Rücksprache mit dem Referendar. 3. Zwangsversteigerungssachen: Ausbildungsrichter: AGRat Reuter. Ergebnis: befriedigend.

4. Nachlaß-, Konkurs- und Registersachen: Ausbildungsrichter: AGRat Dr. Heinemann. Ergebnis: gut. Bemerkung: Keine Besonderheiten.

5. Vormundschaftsgericht: Ausbildungsrichter: AGRat Braun. Ergebnis: gut. 5. Verwaltungsstation: Bürgermeister in X. Ergebnis: gut. Hervorgehoben gesundes wirtschaftliches Verständnis. 6. Oberlandesgericht: Ausbildungsrichter: OLGRat König. Senatsvorsitzendcr: Scnatspräsidcnt Krüger, erster Aktenbericht, Ergebnis: gut. zweiter Aktenbericht, Ergebnis: gut.

Bemerkung: Die Aktenberichte lassen erkennen, daß der Re­ ferendar um vieles reifer geworden ist; er hat hier auch sorgfältiger gearbeitet.

Referendarunterricht: Übungsleiter: OLGRat Hahn. Ergebnis: gut, wenn auch noch einige Lücken in der positiven Gesetzeskenntnis. Die Betätigung deS Referendars außerhalb der BernfSausbildung. Nicht minder wichtig als die vorhergehenden beiden Abschnitte ist dieser 3. Abschnitt, der die Betätigung des Referendars außerhalb der Berufsausbildung zum Gegenstand hat. Er betrifft die weltanschauliche Einstellung des Referendars und soll die Unterlagen dafür schaffen, ob der Referendar im rechten und ehrlich bejahenden Sinne in den Reihen des nationalsozialistischen Staates steht. Hierbei ist es gleich­ gültig, ob sich der Referendar nun in der SA. oder SS., in der PO.,

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der Arbeitsfront oder dem Juristenbund betätigt und dort seine Kräfte für den Wiederaufbau unseres Staatslebens und unseres Volkes ein­ setzt. Das Entscheidende, die Hauptsache ist einzig und allein, ob er sich außer für seine Berufsfortbildung auch noch für die Volksgemeinschaft, für das Gesamtwohl betätigt. Sache des Gemeinschaftsleiters wird es aber hierbei sein, darüber zu wachen, daß diese Betätigung keine leere Form, sondern eine innere Herzenssache ist. Denn es nützt nichts, wenn der Referendar der SA., der SS. oder der PO. äußerlich angehört, sondern es kommt darauf an, daß er innerlich bei der Sache ist und mit Lust und Liebe, aus Begeisterung für die Idee mitarbeitet. Und wenn man während der Ausbildung Referendaren begegnet, denen dieser Funke fehlt, dann muß man helfend eingreifen, die Flamme der Begeisterung in den betreffenden Referendaren zu wecken suchen, um ihnen das zu geben, was ihnen bei ihrer Arbeit fehlt und unbedingt notwendig ist, um diese Arbeit zu einer innerlich wertvollen zu machen. Stellt sich aber — das sind aber nur ganz vereinzelte Ausnahmen — bei diesem Bemühen um die Verinnerlichung des Referendars heraus, daß er ein Heuchler ist und daß er nur äußerlich die Maske des Begeister­ ten zur Schau trägt, so muß man solche Elemente rücksichtslos entlarven und für ihre Beseitigung aus den Reihen der Referendare sorgen. Denn ich bin der Meinung, daß für solche charakterlosen Elemente in der Referendarausbildung kein Raum ist und daß es fehl am Platze wäre, wenn man hier abwarten wollte, ob sich der Charakter nicht doch noch wandeln und festigen könnte. Aber — wie gesagt — wird es sich hierbei um ganz seltene Ausnahmen handeln. Eher wird man schon Referendare beobachten können, die noch ver­ blendet oder zu selbstsüchtig und zu sehr besorgt um ihre eigene Freiheit sind. Diesen jungen Menschen kann man, wenn man sie richtig anfaßt, helfen und sie von ihrer falschen Einstellung befreien. Auch diese Na­ turen sind nach meinen Beobachtungen selten. Da sie aber oft gut beanlagte Kräfte sind, sind sie es wert, daß man sich ihrer besonders an­ nimmt. In ihrer Behandlung ist aber alles Taktfrage. Man muß sich hier von dem gesunden Grundsatz, durch die geringsten Mittel den größt­ möglichen Erfolg zu erreichen, leiten lassen. Und hier kann die Gemein­ schaft als solche, in der die gesunden, in der nationalsozialistischen Welt­ anschauung verwurzelten Kräfte überwiegen, einen großen Teil Mit­ arbeit leisten. Ist die Gemeinschaft intakt, dann wird sie erzieherisch auf den einzelnen Außenseiter einwirken, ihn beeinflussen, ihn hinein­ ziehen in ihren Gedankenkreis und ihn zwingen, sich ein- und unter­ zuordnen. Der Gemeinschaftsleiter muß dafür sorgen, daß diese Außen­ seiter mitgerissen werden von der Gesamteinstellung der Gemeinschaft, von ihr durchblutet und so wirklich innerlich gewandelt werden. VorausÄefcler, Arbeitsgemeinschaften.

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V. Der Personalbogen und seine Bedeutung.

setzung für eine solche erfolgreiche Arbeit ist aber, daß es sich bei diesen Referendaren um offene und ehrliche Charaktere handelt, die aus ihrer Auffassung keinen Hehl machen, und mit denen man deshalb ebenso ehrlich wie offen um die Wahrheit kämpfen kann. In diesem Zusammenhang noch ein Hinweis auf das Schluß­ zeugnis. In diesem wird man auch auf diese Dinge, falls Anlaß dazu besteht, näher eingehen müssen. Es wäre grundfalsch, wenn man gerade auf dem Gebiet der weltanschaulichen Einstellung aus der Sorge, dem Referendar schaden zu können, schonend vorginge und sich auf nichts­ sagende allgemeine Bemerkungen beschränkte. Auch hier muß das Zeugnis offen und ehrlich die Dinge behandeln und den auf Grund eingehender Beobachtung gewonnenen Gesamteindruck wiedergeben. Notfalls muß das gewonnene positive oder negative Urteil näher be­ gründet werden. Jedenfalls geht es nicht an, einem Referendar die ehrliche nationalsozialistische Einstellung zu bescheinigen, wenn man dieselbe positiv nicht hat feststellen können. Und gerade mit Rücksicht auf diese große Bedeutung des Urteils des Gemeinschaftsleiters habe ich diesen 3. Abschnitt des Personalbogens eingerichtet. Man klagt nun sowohl in Referendarkreisen als auch im übrigen darüber, daß die Referendare durch ihre Betätigung in der Bewegung ihrer Ausbildung in zu starkem Maße entzogen würden. Man sagt, es bliebe den Referendaren zu wenig Zeit für ihre Ausbildung; sie verbrauchten ihre frischen Kräfte im Dienste der SA., der SS. oder der PO. Hier muß man sich zunächst einmal darüber klar fein, daß wir uns in Übergangszeiten befanden und auch noch befinden und daß wir allmählich in Bahnen kommen werden, die hier eine harmonische Kräfteverteilung ermöglichen und es garantieren, daß jeder, und zwar voll, zu seinem Rechte kommt. Auch muß man sich darüber klar sein, daß der Dienst in der Bewegung für die Formung des inneren Menschen im Referendar von entscheidender Bedeutung ist, und hierbei hinter dem Wert seiner beruf­ lichen Ausbildung nicht zurücksteht. Aufgabe der Gemeinschafts­ leiter wird es sein, hier durch Fühlungnahme mit den örtlichen Führer­ stellen der SA., SS. und PO. für ein verständnisvolles Handinhandarbeiten Sorge zu tragen. Wenn der Gemeinschaftsleiter z. B. dem Brigadeführer der SA. einmal die besonderen Aufgaben der Arbeits­ gemeinschaften und das hohe Ziel der Ausbildung klarlegt und ihm ein anschauliches Bild von der zeitlichen Inanspruchnahme des Referen­ dars gibt, dann wird er sicher vollstes Verständnis und Entgegenkom­ men finden. Andererseits muß der Gemeinschaftsleiter im gegebenen Falle auch bereit sein, den Referendar einmal vorübergehend restlos für wichtige Aufgaben in der SA. zur Verfügung zu stellen. Nehmen

V. Der Personalbogen und seine Bedeutung.

115

wir z. B. an, ein Referendar soll einen Sonderauftrag ausführen, der ihn mehrere Wochen stark in Anspruch nimmt, so ist es eine Selbstver­ ständlichkeit, daß dann der Gemeinschaftsleiter den Referendar vom Gemeinschaftsdienst befreit, damit er die ihm gestellte Aufgabe auch gut erfüllen kann. Man wird also, um es nochmals hervorzuheben, durch verständnisvolles gegenseitiges Entgegenkommen das Meiste er­ reichen können. Geht es allerdings mal hart auf hart, dann muß der Gemeinschaftsleiter im Interesse seiner Referendare durchsetzen, daß der Dienst im Beruf vorgeht. Ich glaube aber kaum, daß es bei der emp­ fohlenen Art der gemeinsamen Arbeit zu irgendwelchen Gegensätzlich­ keiten kommen kann. Um noch einige Beispiele zu nennen, wird man, wenn ein Referendar in der Ausbildung schwache Leistungen zeigt oder er gerade durch Relationen oder durch das bevorstehende Examen beson­ ders in Anspruch genommen ist, eine Beurlaubung des Referendars vom SA.-Dienst veranlassen. Gegebenenfalls wird man dem Urlaubsgesuch eine die Verhältnisse klar legende Bescheinigung beifügen. Ich bin über­ zeugt, daß dann die Beurlaubung auf keinerlei Schwierigkeiten stößt. Endlich setzt der 3. Abschnitt des Personalbogens den Gemeinschafts, (eiter noch in die Lage, auf Grund seiner Kenntnisse geeignete Vor­ schläge für die Verwendung von Referendaren innerhalb der Be­ wegung zu machen. Der Gemeinschaftsleiter kennt auf Grund seiner Personalbogen die bewährten Kämpfer der Bewegung, er kennt die ehrlichen Anhänger ebenso wie die, denen es zunächst noch nicht ernst um die Sache geht. Er kann im Bedarfsfälle Referendare für die Mit­ arbeit in der Bewegung in Vorschlag bringen, und hierbei insbesondere solche Referendare berücksichtigen, die aus ehrlichem Herzen gern mit­ arbeiten möchten, aber bisher kein Betätigungsfeld für ihre Arbeits­ kräfte finden konnten. Auch hier anschließend ein Beispiel für die Ausgestaltung dieses Teiles des Personalbogens. Ich wähle auch hier wie in den vorher­ gehenden Fällen ganz verschiedene Referendare, um einen Einblick in die mögliche Vielseitigkeit der Ausgestaltung zu geben.

III. Betätigung des Referendars außerhalb der Berufsausbildung: 1. HI. gewesen? Seit wann? In welcher Stellung? Bewährung?

2. SA. Seit wann? In welchem Stmm?

ja. seit 1.10.1931. 1/83.

116

V. Der Personalbogen und seine Bedeutung.

In welcher Stellung? Bewährung?

Oberscharführer, soll demnächst Truppführer werden. Sozialreferent und Rechtsbera­ ter bei der Standarte.

3. SS. Seit wann? In welchem Sturm? In welcher Stellung? Bewährung? 4. Mitglied der Partei? Seit wann? In welcher Stellung?

ja. 1. 10. 1931.

5. Mitglied des Juristen­ bundes?

1. 10. 1933. Bemerkung: Aus wirtschaftlichen Gründen erst seit diesem Zeit­ punkt.

6. Sonstige Betätigung den neuen Staat:

für

7. Betätigung im Wehrsport: Teilnahme an Kursen:

a) 6wöchiger Kursus als Student, b) 2 Monate SA.-Sportschule in X. als Referendar.

8. Sonstige sportliche Betäti­ gung:

SA.-Sportabzeichen in Silber.

Beobachtungen deS Gcmetnfchastsleiters. Während die drei ersten Abschnitte des Personalbogens Einzel­ beobachtungen bringen, soll in diesem 4. Abschnitt der Gesamteindruck und das Gesamtbild des Referendars festgehalten werden. Hier soll der Gemeinschaftsleiter seine wesentlichen Beobachtungen eintragen und auch Einzelheiten festlegcn, die für die Beurteilung des Referendars charakteristisch sind und tieferen Einblick in die Persönlichkeit gewähren. An den Anfang dieses Abschnittes habe ich die Wesensart und den Charakter des Referendars im allgemeinen gestellt. Hierunter werden also allgemeine Gesamtbeobachtungen Berücksichtigung finden etwa in der Richtung, ob der Referendar ein schlichter, einfacher und volks­ verbundener Mensch oder eine selbstgefällige, egoistische und weniger kameradschaftliche Natur ist. Unter Ziffer 2 habe ich als besonderen Punkt die Frage nach der Führereigenschaft hervorgehoben. Gerade mit Rücksicht auf den im nationalsozialistischen Staate durchgeführten Führergedanken erschien es mit notwendig, auf diesen Punkt besonderes

V. Der Personalbogen und seine Bedeutung.

117

Gewicht zu legen, hängt doch letzten Endes alles davon ab, ob ein junger Mensch Führertum in sich trägt oder nicht. So wird man hierunter etwa feststellen, ob überhaupt Führereigenschaften in dem betreffenden Re­ ferendar liegen und ob sie gegebenenfalls noch in den Grundanlagen geweckt werden können. Einzelne Beobachtungen, die das gefällte Urteil bestätigen, sind zur Veranschaulichung sehr wichtig. So würde ich, um nur ein Beispiel zu nennen, Notizen darüber machen, wie sich ein Referendar bei der Durchführung einer Gesamtausgabe, mit deren Führung er betraut wurde, gehalten hat, wie er die Aufgabe angefaßt, die ihm unterstellten Kameraden eingeteilt und eingesetzt hat und ob er sich bei der Durchführung der Aufgabe klarer Linienführung bewußt gewesen ist. Anschließend sollen in den Personalakten andere besondere Vorzüge des Referendars festgehalten werden. Dann folgen hervor­ getretene charakterliche Mängel. Hier muß man auf der einen Seite streng und hart, auf der anderen Seite aber auch sehr vorsichtig sein. Man kann ruhig wichtige einzelne Beobachtungen, die Schlüsse auf Charakterfehler eines Referendars gestatten, festhalten; man muß dann aber später eine ernsthafte und gründliche Prüfung anstellen, ob diese Einzelbeobachtungen für die Beurteilung des betreffenden Referen­ dars allgemein Gültigkeit haben oder nur Ausnahmefälle darstellen. Während die bisherigen Punkte die Persönlichkeit in charakterlicher Be­ ziehung, also mehr den Menschen betrafen, folgen nun wichtige Ein­ tragungen über die allgemeine wie juristische Befähigung und die Leistungen des Referendars. Hieran schließen sich folgerichtig Notizen über die Maßnahmen, die getroffen sind, um den Referendar zu fördern, worauf Feststellungen über beobachtete Fortschritte des Referendars folgen. Zum Abschluß des Personalbogens werden dann noch die Er­ gebnisse des Assessorexamens gebracht, so daß man ein völlig abge­ schlossenes Gesamtbild über den einzelnen Referendar hat. Und gerade mit Rücksicht hierauf halte ich es für empfehlenswert, wenn die Per­ sonalbogen zu den Personalakten des Referendars gegeben würden, da dieselben noch über das Schlußzeugnis und das damit verbundene Charakter- und Befähigungsbild hinaus wertvolle Unterlagen für die Beurteilung des künftigen Assessors geben. Aus den Personalakten selbst kann man natürlich die Hauptdaten des Entwicklungsganges, die Haupt­ ergebnisse des Ausbildungsganges sowie auch die Zugehörigkeit des Referendars zu nationalen Verbänden feststellen. Meist handelt es sich aber doch hierbei eben nur um rein äußerliche tatsächliche Fest­ stellungen, eben lediglich um Daten, während der Personalbogen diese nur als Mittel benutzt, sein Wert aber darin liegt, daß er gleichzeitig auch sachlich selbst zu dem Inhalt der einzelnen Unterlagen kritisch und zusammenfassend Stellung nimmt.

118

V. Der Personalbogen und seine Bedeutung.;

Auch zu diesem Abschnitt wiederum ein Beispiel. Ich wähle hier einmal ein Beispiel eines noch in der Ausbildung befindlichen Re­ ferendars.

IV. Beobachtungen des Gemeinschaftsleiters. Betreffend: 1. Wesensart und Charakter des Referendars im allge meinen: Guter Kern, aber etwas eitel und selbstgefällig, dabei auffäl­ ligerweise anlehnungsbedürftig; deshalb leicht zu beeinflussen und zu führen.

2. Führereigenschaften: Im Grunde ja, aber noch nicht entwickelt, es fehlt noch der Ernst des Lebens, fehlt vor allem jede soldatische Erziehung. 3. Sonstige besondere Vorzüge: Offener, ehrlicher Charakter.

4. Hervorgetretene charakterliche Mängel: Keine.

ä. Allgemeine wie juristische Befähigung: Befriedigend, noch entwicklungsfähig. Gute Anlagen, aber sehr unpraktisch, rein theoretisch.

6. Leistungen: Z. Zt. noch uneinheitlich, teils brauchbar, teils unselbständig, unsicher. 7. Maßnahmen, die getroffen sind, um zu fördern: Beschäftigung bei ausgesprochenen Praktikern. Vorgesehen: Beschäftigung bei einem besonders tüchtigen Aus­ bildungsanwalt. Vielleicht Verlängerung dieser Station. 8. Fortschritte: Noch keine zu beobachten, Entwicklung bleibt weiter abzu­ warten. Zum Abschluß dieses Abschnittes über den Personalbogen noch einmal den unausgefüllten und vollständigen Vordruck. Man ordnet die ein­ zelnen Personalbogen am besten alphabetisch für die einzelnen Gemein­ schaften. Bei jedem größeren Land- oder Oberlandesgericht wird sich wohl eine Umdruckmaschine befinden, mit Hilfe derer die erforderliche Anzahl von Vordrucken abgezogen werden kann.

V. Ter Personalbogen und seine Bedeutung.

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Referendar:

Unterhaltszuschuß

Geboren am:

oder

sonstige Unterstützungen? seit wann?

I. Entwicklungsgang. 1. Schulart:

2. Reifeprüfung: Gesamtergebnis: Deutsch:

Physik:

Geschichte:

Chemie:

Erdkunde:

Sprachen:

Mathematik:

Künstlerische Fächer: Turnen:

3. Universität: Gesamtergebnis der Übungen: Auffallende Einzelergebnisse:

4. Referendarprüfung:

Justizprüfungsamt in:

am:

Prüfer:

Ergebnis:

Wichtige Einzelergebnisse aus den Prüfungsakten:

5. Doktorexamen:

Thema: Ergebnis: 6. Besondere Bemerkungen:

120

V. Der Personalbogen und seine Bedeutung.

TL Plrr-bUdimgSgarr- des Referendars. 1. Erste amtsgerichtliche Station: Ausbildungsrichter: Ergebnis: 2. Landgericht: a) Ausbildung in Zivilsachen. Ausbildungsrichter: Vorsitzender: erster Aktenbericht: Ergebnis: Bemerkung des Gemeinschaftsleiters -weiter Aktenbericht: Ergebnis: Bemerkung: dritter Aktenbericht: Ergebnis: Bemerkung: Urteile: Gesamtergebnis: b) Ausbildung in Strafsachen. 1. Strafkammer. Ausbildungsrichter: Vorsitzender: Ergebnis: Bemerkung: 2. Staatsanwaltschaft. Ausbildungsbeamret: Ergebnis: Bemerkung: 3 Rechtsanwaltsstation: Ausbildungsanwalt: Ergebnis: Bemerkung: 4. Zweite Amtsgerichts-Station: 1 Arbeitsgericht. Ausbildungsrichter: Ergebnis: Bemerkung: 2. Grundbuch- und Erbhofsacheu. Ausbilduugsrichter: Ergebnis: Bemerkung: 3. Zwa,l gsversteig er ullgssacheu. Ausbildungsrichter: Ergebnis: Bemerkung: 4. Nachlaß-, Konkurs- und Registersachen. Ausbildungsrichter: Ergebnis: Bemerkung: 5. Vormundschastsgericht. Ausbilduugsrichter: Ergebnis: Bemerkung: 5. Verwaltungsstation: Bürgermeister: Ergebnis: Bemerkung: 6. Oberlandesgericht: Ausbildungsrichter: Senatsvorsihender: erster Aktenbericht, Ergebnis: zweiter Aktenbericht, Ergebnis: Bemerkung: Referendarunterricht: Übungsleiter: Ergebnis:

V. Der Personalbogen und seine Bedeutung.

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III. Betätigung des Referendars außerhalb der Berufsausbildung:

1. HI. gewesen? Seit wann? In welcher Stellung?

Bewährung? 2. SA.?

Seit wann? In welchen! Sturm? In welcher Stellung?

Bewährung?

3. SS.? Seit wann? In welchem Sturm? In welcher Stellung?

Bewährung? 4.

Mitglied der Partei? Seit wann? In welcher Stellung?

5. Mitglied des Juristenbundes ? 6.

Sonstige Betätigung für den neuen Staat?

7. Betätigung im Wehrsport? Teilnahme an Kursen? 8. Sonstige sportliche Betätigung?

IV. Beobachtungen des Gemeinschaftsleiters: Betreffend: 1. Wesensart und Charakter des Referendars im allge­ meinen: 2. Führereigenschaften:

3. Sonstige besondere Vorzüge: 4. Hervorgetretene charakterliche Mängel: 5. Allgemeine wie juristische Befähigung:

6. Leistungen: 7. Maßnahmen, die getroffen sind, um zu fördern: 8. Fortschritte:

Ergebnis des Assessor-ExamenS: a) Geineinschaftslager: b) Examen selbst:

VI. Die Zeugnisse. a) Allgemeines. Wenn ich den Zeugnissen im Rahmen dieser Arbeit einen besonderen Abschnitt widme, so wird das zunächst mancher nicht verstehen, weil man sich eben der besonderen und hohen Bedeutung der Ausbildungs­ zeugnisse nicht bewußt ist. Immer wieder höre ich den Einwand: Es ist doch ganz gleichgültig, was ich in das Zeugnis hineinschreibe, denn gelesen wird es doch nicht, geschweige denn auf den Inhalt etwas gegeben. Daß die Praxis aber selbst daran schuld ist, wenn von den Zeugnissen nur ein verschwindend kleiner Teil ernsthafte Beachtung und Verwertung bei der Examensbeurteilung findet, wird nicht ein­ gesehen. Falsches Wohlwollen und krankhafte Milde sind das Erbübel der Zeugnisse. Und dabei schaden solche Zeugnisse den Referendaren mehr als sie ihnen nützen. So lange die Praxis sich nicht einmütig zu der strengen Auffassung einer nichts beschönigenden Kritik durchringt, kann man nicht erwarten, daß den Zeugnissen mehr Gewicht beigelegt wird. Erlebt man es doch, daß ein tatsächlich durchschnittlicher Referendar bei gleichbleibenden Leistungen in der einen Station mit „befriedigend", einer weiteren mit „gut" und in einer dritten gar mit „lobenswert" beurteilt wird. Zur Rechtfertigung läßt sich nur sagen, daß bislang klare und ein­ deutige Bewertungsstufen fehlten. Diese hat uns aber die Justizaus­ bildungsordnung (IAO.) in § 18 Abs. 1 gegeben. Diese Bewertungs­ stufen sind nach § 36 IAO. in Verbindung mit § 55 der 1. Durch­ führungsverordnung bei der abzugebenden Beurteilung der Gesamt­ leistungen des Referendars streng und unter Vermeidung von unzu­ lässigen Zwischennoten einzuhalten. Wegen der allgemeinen Wichtig­ keit der Zeugnisse gebe ich die genannten Bestimmungen nachfolgend im Wortlaut wieder: „§ 18 Absatz 1. PrüfungSnoten.

Die einzelnen Prüfungsleistungen dürfen nur wie folgt bewertet werden: ausgezeichnet . . . eine ganz ungewöhnliche Leistung, lobenswert.... eine besonders anzuerkennende Leistung, gut eine den Durchschnitt erheblich überragende Leistung, befriedigend . . . eine über dem Durchschnitt stehende Leistung,

124

VI. Die Zeugnisse.

. . . eine Leistung, die durchschnittlichen Anforde­ rungen entspricht, unzulänglich . . . eine mit groben Fehlern behaftete, nicht mehr brauchbare Leistung, ungenügend . . . eine völlig unbrauchbare Leistung.

ausreichend

§ 36. Zeugnisse. (1) Jeder, dem ein Gerichtsreferendar während des Borbereitungs­ dienstes zur Ausbildung überwiesen ist, ist verpflichtet, sich in einem eingehenden Zeugnis über ihn — über seine Fähigkeiten, seine Kennt­ nisse, seine praktischen Leistungen, das Maß seiner Ausbildung sowie über seine charakterlichen und sonstigen persönlichen Eigenschaften und über feine Führung — zu äußern. Der Vorstand der Behörde, der der Gerichtsreferendar überwiesen war, hat sich am Schluß des AuSbildungsabschntttes in einem zu­ sammenfassenden Zeugnis über den Referendar zu äußern. § 55 der Ersten Durchführungsverordnung zum § 36 IAO. Das Zeugnis soll abschließend eine der im § 18 der Justizausbil­ dungsordnung festgesetzten Roten angeben, mit der die Gesamt­ leistung des Referendars bewertet wird."

Zu den Bewertungsstufen des § 18 sei bemerkt, daß für Preußen festzustellen ist, daß „lobenswert" der bisherigen Note „gut" und „gut" der früheren Note „vollbefriedigend" entspricht. Das neu ein­ geführte „unzulänglich" ist etwas besser als „mangelhaft" und deckt sich mit der in Preußen vielfach üblichen Bewertung „zur Not noch ausreichend*). Was die Gleichstellung der früheren Note „vollbe­ friedigend" mit „gut" betrifft, so wird man „gut" int neuen Sinne nur geben können, wenn es sich um ein uneingeschränktes „vollbefrie­ digend" im alten Sinne handelt. Warnen möchte ich davor, hier schema­ tisch vorzugehen; das hieße, die nur als Richtschnur gedachte Gegen­ überstellung der alten und neuen Wertstufen falsch verstehen. In diesem Zusammenhang ist die Rundverfügung des Präsidenten des Reichsjustizprüfungsamtes vom 30. November 1934 von be­ sonderer Bedeutung:

„Betrifft Prüfungsnoten.

Wie ich höre, bestehen immer noch Zweifel über die Bedeutung der Prüsungsnoten. Um eine einheitliche Handhabung sicherzustellen, weise ich deshalb auf folgendes hin: *) Vgl. Palandt-Richter „Die Justizausbildungsordnung des Reiches" Seite 97 und 179.

VI. Tie Zeugnisse.

125

Es ist getreten: an die Stelle der Note „mit Auszeichnung" die Note „ausgezeichnet", „gut" die Note „lobenswert", ff ff ''voll befriedigend" } bie 91016 "0Ut"' ff ff „befriedigend" „unbedenklich ausreichend"

„glatt ausreichend" „ausreichend" „noch ausreichend" „allenfalls noch ausreichend"

ff ff

ff

ff

ff

ff

ff

ff

ff

ff

ff

I die Note I „befriedigend",

die Note „ausreichend",

„zur Not (notdürftig, notfalls) die Note noch ausreichend" „fast mangelhaft" „unzu­ „mangelhaft" länglich" „höchst mangelhaft" „ungenügend" die Note „ungenügend" „nicht ausreichend"

Da die Justizausbildungsordnung die sehr häufig angewandten Noten zwischen „ausreichend" und „mangelhaft" beseitigt hat, müssen künftig die dem bisherigen „mangelhaft" näherstehenden Noten dem „unzu­ länglich", dagegen die an „ausreichend" herankommenden Noten dem „ausreichend" zugeschlagen werden, wenn nicht ein völlig schiefes Bild entstehen soll. Früher konnte ein Prüfling, dessen Leistungen durchweg nur mit „zur Not noch ausreichend" bewertet waren, die Prüfung nicht bestehen, denn seine Leistungen reichten nur „zur Not", d. h. nur dann aus, wenn die anderen Leistungen brauchbar waren. Würden diese Leistungen jetzt mit „ausreichend" beurteilt werden, so müßte die Prü­ fung für bestanden erklärt werden. Das ist nicht beabsichtigt. Auf der anderen Seite kann bei der Endentscheidung sehr wohl berücksichtigt werden, ob eine „unzulängliche" Arbeit dem früheren „zur Not noch ausreichend" oder aber dem früheren „höchst mangel­ haft" entspricht. Im ersten Fall wird man über eine unzulängliche Arbeit viel eher hinwegsehen können als in dem zweiten. Diese Auslegung entspricht auch der in § 18 IAO. gegebenen Aus­ legung der Note „unzulänglich". Die Arbeit muß grobe Fehler, d. h. erhebliche Mängel haben, die ihre praktische Brauchbarkeit in Frage stellen. Praktisch brauchbar ist eine Arbeit, die in der Praxis — von Fassungsänderungen abgesehen — von dem entscheidenden Beamten unterschrieben werden könnte. Das war bei den Arbeiten, die früher als „zur Not noch ausreichend" begutachtet waren, durchweg nicht der

126

VI. Tie Zeugnisse.

Fall. Der Ton bei der Auslegung der Note „unzulänglich" liegt auf dem „nicht mehr brauchbar"; es handelt sich um Arbeiten, die die Grenze des noch Brauchbaren nicht ganz erreichen." Umgehende Anpassung der Zeugnisse an die neuen Bewertungs­ stufen ist zu fordern. Durch die neu eingeführten Bewertungsgrade, die in der Ausbildungs­ ordnung eine so klare und treffsichere Erläuterung gefunden haben, wird jede Ausbildungsstelle in die Lage gesetzt, ihre Beurteilung in dieses Bewertungssystem einzuordnen. Auf die Einhaltung dieser nun endgültig eingesührten Bewertungen muß unbedingt Wert gelegt werden. Zeugnisse, die noch die alten oder andere Bewertungen bringen oder in allgemeinen Redewendungen solchen aus dem Wege gehen, müssen zurückgegeben und strikte Stellungnahme erfordert werden.

b) Tie Schlußzeugnisse der Gemeinschaftsleiter. Was nun die Zeugnisse der Gemeinschaftsleiter selbst betrifft, so ist mit allem Nachdruck hervorzuheben, daß diese Zeugnisse in Zukunft unter sämtlichen Ausbildungszeugnissen die erste Stelle einnehmen und ihnen daher ausschlaggebende Bedeutung zukommen wird. In Zweiselsfällen wird der Prüfungsausschuß in Zukunft auf das Zeugnis des Gemeinschaftsleiters zurückgreifen, da dieser sein Urteil nicht nur, wie die übrigen Ausbildungsrichter, auf eine vorübergehende Beobachtung, sondern aus eine durch lange Gemeinschaftsarbeit ge­ wonnene Kenntnis der Persönlichkeit, Fähigkeiten und Leistungen des Referendars stützt.

Dieser weittragenden Bedeutung ihrer Zeugnisse müssen sich die Gemeinschaftsleiter von Anfang an bewußt sein. Falsche Milde, falsches Wohlwollen und Rücksichtnahme darf es nicht geben. Der Prüfungsausschuß muß sich auf die Zeugnisse der Gemein­ schaftsleiter vielmehr unbedingt verlassen können. Dies liegt auch im Interesse der Gemeinschaftsleiter selbst; denn handeln sie in der ge­ forderten Weise, dann werden sie die Freude erleben, daß die Prü­ fungsausschüsse in Zweifelsfällen der Stellungnahme der Gemein­ schaftsleiter Rechnung tragen. Für das Einzelzeugnis der Gemeinschaftsleiter ist zu fordern, daß es nicht nur wahrheitsgemäß und gegebenenfalls schonungslos, sondern gleichzeitig auch gründlich ist. Auch die Gründlichkeit ist Vorbedingung für ein brauchbares Zeugnis. Das Zeugnis, das sich in Zukunft auf eine etwa 2 jährige Beobachtung des Referendars stützen wird, muß ein umfassendes, lückenloses und gleichzeitig geschlossenes Bild von der Gesamtpersönlichkeit des zu beurteilenden Referendars geben. Das

VT. Die Zeugnisse.

127

Zeugnis muß besondere Vorzüge ebenso wie in Erscheinung getretene wesentliche Mängel hervorheben, mögen diese nun den Charakter des Referendars, seine weltanschauliche Einstellung, seine Volksverbunden­ heit oder seine Befähigung bzw. seine Leistungen betreffen. Bemerkens­ werte Fortschritte bedürfen ebenso der Erwähnung wie eine etwa eingetretene rückläufige Entwicklung. Notfalls muß auf die aus den Prüfungsakten des Referendarexamens gewonnenen Erkenntnisse zurückgegangen werden. Für all dieses bietet der bereits besprochene Personalbogen die erforderlichen Unterlagen, falls er gewissenhaft und ohne schulmeisterlich zu sein, geführt worden ist. Hier zeigt sich wieder einmal, daß der Gemeinschaftsleiter ein ganzer Mann sein muß; verantwortungsbewußt genug, um auch ein hartes, vielleicht das Schicksal des Referendars bedeutendes Urteil auszu­ sprechen; gütig und verständnisvoll genug, um sein Urteil nicht durch kleinliche Dinge, durch Äußerlichkeiten entscheidend beeinflussen zu lassen. Bei der Abfassung der Schlußzeugnisse kommt einem immer wieder die besondere Schwere der Verantwortung des Gemeinschafts­ leiters zum Bewußtsein. Man muß mit dem Willen, nur das Beste des Referendars zu wollen, an diese Arbeit gehen. Dann wird man auch das Richtige treffen. Das Bewußtsein der hohen Verantwortung darf den Gemeinschaftsleiter nicht unsicher, nicht weich machen. Er muß in erster Linie streng gegen sich selbst, in gleichem Maße aber auch streng bei der Beurteilung seiner Schützlinge sein. Wie ich mir die Abfassung eines solchen Schlußzeugnisses denke, mag das folgende Beispiel veranschaulichen. Ich bringe absichtlich zu­ nächst den Entwurf eines Zeugnisses, das einen Repetenten betrifft, weil ich an diesem Beispiel zeigen kann, auf welche Punkte man unter Umständen eingehen muß. Es bedarf wohl kaum der Hervorhebung, daß die Abfassung eines solchen Zeugnisses natürlich gründliche Kenntnis der Personalakten und vor allem auch der letzten Zeugnisse des Re­ ferendars, ferner eine eingehende Aussprache mit den übrigen Aus­ bildern voraussetzt, wie ich sie schon in dem Abschnitt über die Personal­ bogen wärmstens befürwortet habe. Ergänzend sei noch bemerkt, daß in vielen Fällen auch ein Eingehen auf die in dem Vermerk des Prü­ fungsausschusses niedergelegten Gründe des Mißlingens der Prüfung empfehlenswert oder sogar notwendig sein wird. Man kann durch eine Erörterung gerade dieser Frage viel zur Klärung der Sachlage beitragen und dem Prüfungsausschuß der zweiten Prüfung wichtige Anhaltspunkte für die Examensbewertung geben.

128

VI. Tie Zeugnisse.

Schlußzerrgnis. Referendar A., der seinen Ergänzungsvorbereitungsdienst beim Land­ gericht in Kassel durchgemacht hat, ist seit den, 1. Juli 1934 Teilnehmer der von mir geleiteten Arbeitsgemeinschaft. A. ist ein gediegener, pflichtbewußter und zuverlässiger Charakter; er ist aber etwas schwerfällig. Ich habe die Beobachtung gemacht, daß er erst mit der Zeit sicherer und beweglicher wird. Ich führe gerade auf diese Eigenschaft nicht zuletzt auch sein Versagen in den beiden Staatsexamen zurück. A. ist offenbar kein Examensmensch. Er kann — behindert durch diese Hemmungen — im Examen nicht das leisten, was seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entspricht. Ich hebe dies aus­ drücklich hervor, weil man dies wissen muß, wenn man A. gerecht werden will. So stehen auch seine im Ergänzungsvorbereitungsdienst gefertigten Relationen, die meiner Beurteilung nicht unterlagen, erheb­ lich über dem Durchschnitt. Auch dies bestätigt mir mein Gefühl, daß A., wenn die Examensangst und die innere Unfreiheit wegfallen, prak­ tisch Brauchbares und durchaus Befriedigendes zu leisten imstande ist. A. ist allgemein wie auch juristisch befriedigend befähigt. Besondere Anerkennung verdient sein gesundes Verständnis und Einfühlungs­ vermögen für wirtschaftliche Fragen. Hier tritt deutlich zutage, daß A. bereits als Praktiker im Wirtschaftsleben gestanden hat und daß er diese Zeit dahin zu nutzen verstand, sich Klarheit über die wirtschaft­ lichen Zusammenhänge und Verflechtungen zu verschaffen. A. besitzt ferner ein natürliches uird sicheres Rechtsempfinden und ist auch in juristischen Dingen ein guter Praktiker. Lobende Anerkennung verdient, daß A. sich aufs beste bemüht hat, seinen Ergänzungsvorbereitungsdienst zur Vertiefung seiner praktischen wie theoretischen Kenntnisse anszunutzen. So hat A. auch ernsthaftes und reges Interesse für die Durcharbeitung der Gesetze des neuen Staates und ihrer Grundgedanken gezeigt. Die Gesamtbewertung lautet

„befriedigend". Als weiteres Beispiel das folgende Zeugnis, das besonders günstig ausgefallen ist. In diesem Zusammenhang möchte ich sagen, daß man mit seinem Lob sehr sparsam sein soll, andererseits aber dann, wenn es verdient ist, auch nicht damit kargen soll. Man muß bedenken, daß eine gute Zensur in der Regel auch ein wertvoller Ansporn für weitere Steigerung der Kräfte ist. Ich habe es immer als besonders hart und ungerecht empfunden, wenn Ausbilder aus mir nicht verständlichen Erwägungen niemals gut oder stets nur gut gaben.

VI. Die Zeugnisse.

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Schlvßzeugmis. Referendar B. hat seit dem 1. Juli 1934 an der von mir geleiteten Arbeitsgemeinschaft teilgenommen. B. war mir schon von Ende 1932 bis etwa Mai 1933 bei der 2. Zivilkammer zur persönlichen Ausbildung überwiesen. Auf das damals ausgestellte Zeugnis vom 3. Mai 1933 — Bl. 12 des Anlageheftes der Personalakten — gestatte ich mir Bezug zu nehmen. Endlich ist mir B. aus seiner Mitarbeit im Juristenbund bekannt.

B. ist ein pflichttreuer, verantwortungsbewußter, unbedingt zuver­ lässiger, gediegener Charakter. Er ist eine geschlossene Persönlichkeit und eine durch und durch soldatische Natur. Dies beweisen einmal sein gesamtes Auftreten, ferner seine Tätigkeit als Scharführer in der SA. und endlich seine umfangreiche wehrsportliche Betätigung. Seine soldatische Befähigung hat sich auch gelegentlich emes Vortrages gezeigt, den B. im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft über die drei Umfassungsschlachten von Cannä, Leuthen und Tannenberg hielt. Dieser Vortrag war so durchdrungen von soldatischem Geist und so beherrscht von genauester Kenntnis der strategischen und allgemeinen Wehrgedanken, daß er hier besondere Erwähnung verdient. Welt­ anschaulich ist B. überzeugter Nationalsozialist und mit begeistertem Herzen bei der Sache. B. ist allgemein wie juristisch gut befähigt. Ich habe dies schon gelegentlich seiner Ausbildung Ende 1932 feststellen können und auch schon damals zum Ausdruck gebracht. Meine weiteren und gegenwär­ tigen Beobachtungen haben mir die Richtigkeit meines damaligen Gesamteindruckes bestätigt. B. hat sich weiter gut entwickelt und ist in jeder Beziehung reifer geworden. Er ist nach meinem Empfinden der Typ des kommenden Juristen. Er ist ein ganzer Mann, gleichzeitig aber auch allgemein wie juristisch gut befähigt. Nicht etwa im Sinne subtilen und spitzfindigen juristischen Denkens, sondern im Sinne der Fähigkeit, das richtige, volkstümliche und gesunde Urteil zu finden. B. ist eine schlichte, einfache Persönlichkeit, bescheiden, unterordnungs­ fähig und wirklich volksverbunden. Die Leistungen B.s entsprechen seinen Fähigkeiten. Er hat sich mit vorbildlichem Eifer um seine Fortbildung bemüht und jede Gelegen­ heit benutzt, um sich theoretisch wie praktisch fortzubilden. So ist es ihm in besonderem Maße gelungen, sich in die Praxis einzuleben und festen Fuß zu fassen. Seine Leistungen waren durchweg praktisch brauch­ bar, einwandfrei und in der Regel sogar gut. Man kann B. hinstellen, wohin man will, er erfüllt seine Aufgabe stets verantwortungsbewußt und gewissenhaft. 9 Keßler, Arbeitsgemeinschaften.

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VI. Die Zeugnisse.

Seine Gesamtleistungen bewerte ich mit „gut". Für den Aufbau der Zeugnisse lassen sich einzelne Regeln nicht aufstellen, in einer Schematisierung oder Formularisierung würde viel­ mehr eine große Gefahr liegen. Insbesondere sind allgemeine Redens­ arten, abgebrauchte Wendungen und Formeln zu vermeiden. Selbst­ verständlich muß jedes Zeugnis aber eine klare Linie und einen ge­ wissen Aufbau haben. Hier pflege ich die Schilderung der Persönlich­ keit voranzustellen, die Beurteilung der allgeineinen wie juristischen Befähigung anzuschließen und dann auf das Wissen und die Leistungen des Referendars einzugehen. Es ergibt sich also für den Regelfall folgender Aufbau: 1. die Persönlichkeit, 2. die Befähigung a) im allgemeinen, b) juristisch, 3. das Wissen und die Leistungen, 4. das Gesamturteil.

c) DaS Charakter- und BefähigungSbild als Teil deS SchlußzeugniffeS Im Laufe der Zeit habe ich nun die Beobachtung gemacht, daß die Zeugnisse, wie ich sie eben als Beispiele brachte, doch nicht erschöpfend sind. Ich habe mir deshalb zur Ergänzung der Zeugnisse ein Hilfs­ mittel herausgearbeitet, das ein geschlossenes Charakter- und Be­ fähigungsbild vermittelt, und zwar in Form eines Fragebogens, der ausgefüllt jedem Zeugnis beigesügt wird. Auch für diesen Fragebogen habe ich die Aufbaulinie des Zeugnisses selbst beibehalten, nur noch Fragen betreffend den körperlichen Zustand des Referendars eingefügt, aus den man in Zweifelsfällen natürlich auch im Zeugnis selbst ein­ gehen wird. Die Fragen sind so gestellt, daß eine klare Antwort not­ wendig ist. Der Gemeinschaftsleiter muß also Farbe bekennen, kann nicht ausweichen, und er muß sich über die Fragen — und das er­ scheint mir fast als das Wichtigste — Klarheit verschaffen. Aber auch der Prüfungsausschuß wie die Lagerführung und die späteren Vorgesetzten des Referendars werden aus diesen Fragebogen wertvolle Erkenntnisse gewinnen können. Wenn sie auch nur die ge­ troffenen Feststellungen auf ihre Richtigkeit prüfen und zum Ausdruck gebrachten Bedenken und Mängeln nachgehen, so erhalten sie doch wertvolle Anhaltspunkte für die Bewertung und bedeutsame Finger­ zeige für die Behandlung des Referendars und seine weitere Beobach­ tung. Jeder Prüfer wird sich schon vor der mündlichen Prüfung gern ein ungefähres Bild von der Wesensart und der Gesamtpersönlichkeit

VI. Die Zeugnisse.

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des zu beurteilenden Referendars machen. Und wie das neuerdings eingeführte Lichtbild in den Personalakten einen annähernden Ein­ druck der äußeren Persönlichkeit vermittelt, so soll der Fragebogen die noch vorhandenen Lücken hinsichtlich der inneren Persönlichkeit des Referendars schließen. Nicht selten steht der Prüfer bei den schriftlichen Arbeiten vor einem Rätsel. Er kann die wirkliche Ursache ihres Mißlingens oft gar nicht bestimmen, da ihm eben die hierfür unbedingt erforderliche Kenntnis der Persönlichkeit des zu Beurteilenden fehlt. Auch in solchen Fällen wird der Fragebogen ein wertvolles Hilfsmittel sein und dem Prüfer über manches Aufschluß und Klarheit geben. — Und der spätere Vor­ gesetzte des jungen Assessors wird oft gerade an Hand des Frage­ bogens leichter bestimmen können, welche Verwendungsmöglichkeiten in Frage kommen und in welcher Richtung noch eine Beeinflussung notwendig ist. — Der Referendar selbst endlich wird, wenn er einiger­ maßen kritisch ist, aus den Fragebogen erkennen können, welche Mängel er noch hat und auf welchem Gebiete er sich besonders in Zucht nehmen muß. Der einsichtsvolle Referendar wird solche Feststellungen nicht in den Wind schlagen, sondern sie abzustellen versuchen. Er wird erkennen, daß auch seine Vorzüge in gleichem Maße in dem Fragebogen fest­ gehalten sind. Ich bin deshalb der Meinung, daß auch der Referendar allen Grund hat, die Einführung eines solchen Fragebogens zu be­ grüßen, da dieser nicht zuletzt dazu beitragen wird, Zufallsergebnisse zu vermeiden und eine sichere und gerechte Beurteilung zu gewähr­ leisten. Selbstverständlich kann man ein solches Charakter- und Befähigungs­ bild nur von einem Referendar geben, den man ganz genau kennt. Referendare also, die nur vorübergehend, etwa nur während der 5 monatigen Anwaltsstation, an der Gemeinschaftsarbeit teilnehmen, scheiden für den Fragebogen aus. In diesem Falle kann man die ge­ stellten Fragen jedenfalls noch nicht mit hinreichender Sicherheit beant­ worten, und deshalb läßt man es lieber ganz. Gründliche Kenntnis der Persönlichkeit des Referendars ist unbedingte Voraussetzung, wenn der Fragebogen nicht die seinem Zweck entgegengesetzte Wirkung haben soll. Die Personalbogen bieten dem Gemeinschaftsleiter für die Beant­ wortung des Fragebogens wichtige Unterlagen. Wenn er die Personal­ bogen in richtigem Sinne führt, wird er dort den wesentlichen Nieder­ schlag seiner mehrjährigen Beobachtungen finden. Ich habe den Frage­ bogen bewußt nicht in den Personalbogen mit ausgenommen, denn diese Fragen sollen erst am Schluß der Ausbildung beantwortet werden. Würden sie bereits dort gestellt sein, so würde die Gefahr bestehen, daß die Antwort auf Grund einer einzelnen Beobachtung bzw. einer 9*

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VI. Die Zeugnisse.

einzelnen Eintragung erfolgt, und das muß unbedingt vermieden werden. Ich gebe nun zwei Beispiele für Aufbau und Beantwortung des Fragebogens. Absichtlich wähle ich hier wieder die Fälle der bereits behandelten Schlußzeugnisse. Gerade hieraus kann man ersehen, daß die Fragebogen den allgemeinen Zeugnisinhalt wertvoll ergänzen und vertiefen, und beide zusammen erst das richtige, abgerundete und geschlossene Gesamtbild vermitteln.

Charakter- und Befähigungsbild deS Referendars A.

I. Lharakteranlagen: 1. Allgemeine Anlagen: 2. Zuverlässig oder nicht?

befriedigend. zuverlässig

Volksverbunden?..................................ja. Bescheiden oder überheblich?. . . . bescheiden. Bestimmt oder wankelmütig?.... etwas schwerfällig. Sorgfältig oder oberflächlich? .... gründlich. Entschlußfähig? mittelmäßig. Unterordnungsfähig oder zu Widersetz­ lichkeit neigend? gehorsamsfähig. 9. Kameradschaftlich oder egoistisch? . . selbstlos. 10. Ruhig oder leicht erregbar? . . . ruhig. 11. Beweglich oder schwerfällig?.... schwerfällig. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

II. Körperbeschaffenhcit: 1. Gesund, frisch und kräftig? .... 2. Ausdauernd, zäh oder schwach und nachgiebig? 3. Sind schwerere Krankheiten bekannt? III. Allgemeine Befähigung und Leistungs­ fähigkeit: 1. Allgemeiner Befähigungsgrad: . . . 2. Rasche Auffassungsgabe oder schwer von Begriff: 3. Frisches selbständiges Zugreifen oder gehemmt?

ja. hält durch. nein.

befriedigend. mittelmäßig,

wechselnd, teils selb­ ständig, teils unter der bereits genann­ ten Schwerfälligkeit leidend,

4. Leistet er auch ohne Aussicht Gutes oder läßt er ohne solche ersichtlich nach? selbständig.

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VI. Die Zeugnisse.

UV Juristische Befähigung: 1. Entscheidungsfreudig oder passiv?. . selbständig. 2. Gute juristische Auffassungsgabe oder schwerfällig? mittelmäßig. 3. Verständnis für wirtschaftliche und soziale Fragen: gutes Verständnis. 4. Gesundes natürliches Rechtsempfinden oder das Gegenteil? gesund u. natürlich. 5. Urteilsfähig oder nicht? urteilsfähig. 6. Klarer oder verschwommener Vortrag? klar, aber z. T. durch Schwerfälligkeit be­ hindert. 7. Blick für das Wesentliche? ja. 8. Schlichte und einfache oder über­ schwengliche Sprache? schlicht. 9. Praktiker oder Theoretiker? .... Praktiker. 10. Als Gesamtfrage: Juristisch befähigt? befriedigend. Kassel, den ... . Gemeinschaftsleiter. Charakter- und vesihigungSbild des Referendars B. I. Lharakteranlagen: 1. Allgemeine Anlagen: 2. Zuverlässig oder nicht? 3. Volksverbunden? 4. Bescheiden oder überheblich? 5. Bestimmt oder wankelmütig?

6. Sorgfältig oder oberflächlich? 7. Entschlußfähig?................................... 8. Unterordnungsfähig oder zu Widersetz­ lichkeit neigend? 9. Kameradschaftlich oder egoistisch? . . . 10. Ruhig oder leicht erregbar? 11. Beweglich oder schwerfällig?

gut. zuverlässig. ja, schlicht u. einfach. bescheiden. eine entschiedenePersönlichkeit.

gewissenhaft. ja. diszipliniert und ge­ horsamsfähig. kameradschaftlich. ruhig. beweglich.

JII. Körperbeschaffenheit: 1. Gesund, frisch und kräftig?................ 2. Ausdauernd, zähe oder schwach und nachgiebig? ,............ 3. Sind schwerere Krankheiten bekannt?

ja. hält durch. nein.

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VI. Die Zeugnisse.

III. Allgemeine Befähigung und Leistungs­ fähigkeit: 1. Allgemeiner Befähigungsgrad: .... 2. Rasche Auffassungsgabe oder schwer von Begriff?

3. Frisches selbständiges Zugreifen oder gehemmt? 4. Leistet er auch ohne Aufsicht Gutes oder läßt er ohne solche ersichtlich nach?

gut. gute Auffassungs­ gabe.

eigene Initiative selbständig.

IV. Juristische Befähigung: 1. Entscheidungsfreudig oder passiv? 2. Gute juristische Auffassungsgabe oder schwerfällig? 3. Wirtschaftliches und soziales Ver­ ständnis? .................................................. 4. Gesundes natürliches Rechtsempfinden oder das Gegenteil? 5. Urteilsfähig oder nicht? 6. Klarer oder verschwommener Vortrag? 7. Blick für das Wesentliche? 8. Schlichte und einfache oder über­ schwengliche Sprache? ...... 9. Praktiker oder Theoretiker? 10. Als Gesamtfrage: Juristisch befähigt:.......................

entscheidungsfreudig.

befriedigend.

gut. gesund und natürlich. urteilsfähig. klar. ja. schlicht, einfach. Praktiker.

gut.

Kassel, den

Gemeinschaftsleiter."

Bei dem zweiten Fragebogen fällt vielleicht auf, daß die juristische Auffassungsgabe nur mit „befriedigend" bewertet ist, während bei der allgemeinen Auffassungsgabe ein „gut" angenommen wurde. Dies ist kein Widerspruch, zeigt vielmehr gerade, wie man int Fragebogen feine Unterschiede herausarbeiten kann. Die Referendare können grundsätzlich die ihnen im Vorbereitungs­ dienst erteilten Zeugnisse einsehen, während die Personalakten im übrigen den Beamten nach der Allg. Verfg. des Preuß. Justizministers vom 10. 3. 1934 — I 9865 — (Deutsche Justiz Seite 885) zur Einsicht nicht mehr offen stehen, weil die Bestimmung des Art. 129 Abs. 3 Satz 3

VI. Tie Zeugnisse.

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der Berfassung als durch die Verhältnisse überholt und ohne ausdrück­ liche gesetzliche Anordnung außer Kraft getreten ist. Die in der genannten Allgemeinen Verfügung hinsichtlich der Referen­ dare gemachte Ausnahme liegt darin begründet, daß die Referendare die Zeugnisse einsehen sollen, um daraus zu lernen. ordnungsmäßi­ ges Zeugnis wird, wie dargelegt, auch die Mängel aussprechen. So wird der Referendar durch Einsichtnahme der Zeugnisse Klarheit über seinen Ausbildungsstand, seine Vorzüge wie Schwächen erhalten. Und wir Gemeinschaftsleiter sollten die Referendare aus diesen erzieherischen Gründen nicht nur zur Einsicht der Zeugnisse anhalten, sondern die­ selben sogar mit ihnen besprechen. Der Gemeinschaftsleiter erhält jedes Zeugnis seiner Referendare vorgelegt. Gibt es Anlaß zu besonderen Beanstandungen, so wird er sich mit dem Referendar aussprechen und ihm helfen, daß eine Besserung eintritt. Läßt das Zeugnis erfreuliche Fortschritte des Referendas erkennen, so wird man auch darüber mit ihm reden und ihn durch ein anerkennendes Wort zur weiteren Steige­ rung der Kräfte veranlassen. Ganz besonders aber sollte man mit dem Referendar das Schlußzeugnis und den Fragebogen besprechen. Das erfordert schon das bestehende Vertrauensverhältnis. Ist es nicht un­ erfreulich, wenn der Referendar eine schlechte Beurteilung sozusagen hinter dem Rücken des Gemeinschaftsleiters feststellen würde! Die Zeugnisse sind keine Geheimnisse. Was man über den Referendar schreibt, muß man auch offen mit ihm besprechen können. Abschließend sei zur Zeugnisfrage gesagt, daß es stets Sache des Gemeinschaftsleiters sein wird, dafür Sorge zu tragen, daß die Zeugnisse niemals leere Form werden, sondern Leben in sich tragen.

VII. Die Berichte der Gemeinschastsleiter. Sßanim eigentlich solche Berichte? Einmal, um der Justizverwaltung ein Bild über den Stand der Arbeitsgemeinschaften und die geleistete Arbeit zu geben. Dies erfordert unbedingte Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit der Berichte. Es hat keinen Sinn, zu beschönigen und andere wie sich selbst über Mängel und hervor­ getretene Hindernisse hinwegzutäuschen. Die Berichte der Gemein­ schaftsleiter haben nur dann Wert und können ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie ein offenes, ehrliches Bild von der wahren Sachlage geben und ebenso ungeschminkt wie die Vorzüge auch die Schwächen hervor­ heben. Wie kann man gegebenenfalls Unterstützung und Hilfe erwarten, wenn man sich scheut, durch einen aufrechten Bericht die Notwendigkeit dafür darzutun? Wie soll die Justizverwaltung zentrale Maßnahmen einleiten und durchführen, wenn sie nicht zuvor durch die Berichte der Gemeinschaftsleiter in die Lage versetzt wird, sich ein klares, sicheres und abgerundetes Bild von dem Stand der Arbeitsgemeinschaften zu machen. Jeder Gemeinschaftsleiter kann überzeugt sein, die Justiz­ verwaltung wird für jede Anregung, jeden Gedanken und Vorschlag, der die Sache fördern könnte, nur dankbar sein. Denn letzten Endes können diese Anregungen, können neue Arbeitswege und -Methoden nur aus der Arbeit der Gemeinschaften selbst, aus erfolgreichen Ver­ suchen wie aus den aus Fehlschlägen gewonnenen Erkenntnissen heraus­ wachsen. Diese Erkenntnisse auszuwerten und zu grundlegenden allge­ meinen Erfahrungen zu machen, das ist gerade das Ziel der Justiz­ verwaltung und damit einer der von den Berichten zu erfüllenden Zwecke. Zum anderen geben die Berichte der Gemeinschaftsleiter die Mög­ lichkeit, diese innerhalb des einzelnen Oberlandesgerichtsbezirks oder darüber hinaus innerhalb des ganzen Reiches auszutauschen. Das be­ deutet praktisch Austausch der Erfahrungen, wertvolle Ergänzung, auch Bestätigung der eigenen Beobachtungen, gibt Sicherheit in der eigenen Arbeit und das Bewußtsein, daß man selbst mit den anderen auf dem richtigen Wege ist. Wenn auch die Entfernung die Gemeinschaftsleiter trennt, so müssen diese unter sich durch den Austausch der Berichte eine geistige Gemeinschaftsfront bilden, deren Stärke und Überlegenheit in einheitlicher Zielrichtung und Linien­ führung liegt. Wo also die Möglichkeit einer Zusammenkunft der Gemeinschaftsleiter nicht besteht oder aus wirtschaftlichen Gründen

VII. Die Berichte der Gemeinschaftsleiter.

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nicht durchführbar ist, muß der rege Gedankenaustausch durch die Be­ richte an die Stelle treten. Endlich hat die Abfassung der Berichte für die Gemeinschaftsleiter selbst noch eine besondere Bedeutung. Sie zwingt zu einer Ruhepause in der Arbeit, zu einer Rückschau, die das Arbeitsbild der vergangenen Monate noch einmal am geistigen Auge vorbeiziehen läßt, wie zur Kontrolle und Selbstkritik, wie zur eigenen Rechenschaftslegung und Besinnung. Ein solches Einkehrhalten ist für den Gemeinschaftsleiter, der dieses leicht im Tempo der Arbeit und bei der Fülle seiner Arbeits­ aufgaben vergißt, unbedingt notwendig. Und die vierteljährlich zu erstattenden Berichte geben deshalb von Zeit zu Zeit einen erfreulichen äußeren Anlaß dazu. Der Gemeinschaftsleiter muß sozusagen immer mitten im Entwicklungsgang der Gemeinschaftsarbeit stehen. Er muß seine Tagesarbeit leisten auf Grund der rückschauend gewonnenen Er­ kenntnisse Fehler- und Gefahrenquellen vermeidend und gleichzeitig vorwärts blickend in die Zukunft, um auch für diese bereit und gerüstet zu sein. Diese Aufgaben der Berichte kann man aber nicht mit den üblichen Amtsberichten erfüllen. Wie die Arbeitsgemeinschaften in ihrer Arbeit selbst und überhaupt als solche eigene und besondere Wege gehen und gehen müssen, so ist es auch mit den Berichten. Diese müssen ein Spiegelbild der Gemeinschaften selbst sein, sie müssen von ihren Gesetzen diktiert und beherrscht werden.

Und deshalb habe ich meinem ersten Berichte folgendes Ge­ leitwort vorangestellt: „Bedarf die besondere Art dieses Berichtes überhaupt der Rechtfertigung»

Diese liegt in der Sache selbst. Soll man über eine Gemeinschaft — und noch dazu über eine Gemeinschaft der Jugend — berichten, so kann der zu erstattende Bericht kein trockener, sachlich-nüchterner Amtsbericht sein. Mit einem solchen würde nicht viel gesagt sein, jedenfalls würde der Leser nicht das Entscheidende — den Puls­ schlag der Gemeinschaft, ihre Krastentfaltung, ihr Ringen und Suchen nach idealer Ausgestaltung — empfinden. Der geforderte Arbeitsbericht muß daher die lebendige Gemeinschaft vermitteln, mitten hineinstellen in ihre Arbeit, unter ihre Menschen. Und so müssen in diesem Bericht vor allem auch die Referendare selbst, also die, um die es geht, zu Worte kommen. Um in die jungen Men­ schen hineinhorchen zu können, um herausfühlen zu können, ob ihnen der tiefe Sinn der geschaffenen Arbeitsgemeinschaften schon und voll zum Bewußtsein gekommen ist, ob sich die Referendare auch als

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VII. Die Berichte der Gemeinschaftsleiter.

Mitkämpfer und Mitdiener ihrer Gemeinschaft betrachten, egoistisches Eigenes znrüüstellend znm Nutzen der Gefamtgrnppe, der Gemein­ schaft. Welche Wege man hierbei geht, ist gleichgültig. Mögen die Re­ ferendare dieses Mal durch eigene Einzelberichte, durch eigene Ar­ beiten und durch Bilder mit zn Worte kommen."

Wie gestaltet man nun einen solchen Bericht? Das kann man ebensowenig wie die Arbeit in den Gemeinschaften in eine bestimmte, starre Regel fassen. Jeder halt nach seiner Art, aber frank und frei und ohne Scheu! Manchem bisher nur an trockenen Amtsstil gewöhnten und diesem gehorsamen Gemeinschaftsleiter wird es zunächst vielleicht schwer fallen, sich wieder zu seiner natürlichen, lebensvollen Sprache zu bekennen. Es würde zu weit führen, wollte ich hier einen Bericht wiedergeben. Als Beispiel und lediglich als solches sei der einmal gewählte Aufbau eines Berichtes kurz dargelegt:

Es handelt sich um den ersten Bericht. Dieser wurde eingeleitet durch die bereits wiedergegebene Rechtfertigung. Dann folgte eine grundsätz­ liche Stellungnahme des Gemeinschaftsleiters zu wichtigen Problemen der Arbeitsgemeinschaft, bei der es mir wie überhaupt bei diesem Bericht auf die Vermittlung des Stimmungs­ mäßigen in den Gemeinschaften ankam. Überhaupt — das

sei hier eingeschaltet — bin ich stets bestrebt, den einzelnen Bericht unter einem bestimmten Gesichtspunkt zusammenzufassen. So habe ich den zweiten Bericht darauf abgestellt, einen Eindruck von d e r A r b e i t in den Gemeinschaften zu vermitteln. Anschließend an meine eigene Stellungnahme folgten Berichte von Referendaren aus den ver­ schiedenen Gemeinschaften; ernste und heitere; solche, die sich mit Grund­ fragen der Arbeitsgemeinschaft auseinandersetzten, und auch solche, die die heitere Seite der Gemeinschaftsarbeit und ihre Jugendfrische be­ leuchteten; dazu Bilder von Gemeinschaftsfahrten: eines vom gemein­ samen Mittagessen, andere, die offenes Auge für die Schönheiten der Heimat verrieten, andere, die die Gemeinschaft als gute Kameraden zeigten und endlich auch solche, die einen Blick in die ernste und ver­ antwortungsvolle Gemeinschaftsarbeit gewährten. Zum Abschluß brachte ich einige bunt ausgewählte Arbeiten der Referendare über die Klausuren „Richard Wagner und das Dritte Reich" und „Das Richterideal des Dritten Reiches". Auch hier welche Fülle von Möglichkeiten für die Ausgestaltung der Berichte! Im Grunde ganz gleich wie, die Hauptsache bleibt, daß der Bericht Farbe und Leben hat. Ich könnte mir einen Bericht in Tage-

VII. Die Berichte der Gemeinschaftsleiter.

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buchform oder einen solchen in Bildern oder einen anderen nur aus der Feder der Referendare oder gar einen solchen denken, der in Reimen und eigenen Zeichnungen der Referendare oder des Gemeinschafts­ leiters das lebendige Bild der Gemeinschaft vermittelt. Nur keine Angst, daß sich das für den erwachsenen Juristen nicht mehr ziemte. Je jünger wir Gemeinschaftsleiter mit unseren Kameraden sind, um so frischer und schöpferischer sind auch die Kräfte!

VIII. Die Referendarübungen am Oberlandesgericht. Der Ausbildungsabschnitt beim Oberlandesgericht dauert nach § 29 der Justizausbildungsordnung grundsätzlich vier Monate. Die dem Oberlandesgericht überwiesenen Referendare werden für diese Zeit zu Übungen zusammengefaßt, in denen ihnen Ge­ legenheit gegeben werden soll, sich den gesamten Prüfungsstoff noch einmal zu vergegenwärtigen. — § 35 der Justiz aus bildungsordnung. — DenReserendarübungenam Oberlandesgericht wird also eine Son­ derausgabe zugewiesen, die in erster Linie in einer Wiederholung und Überholung des Gesamtstoffes, einer Ergänzung und Abrundung der bisherigen Ausbildung besteht. Bei der Tätigkeit dieser Übungen steht also das Fachliche, also vor allem das praktisch wie theoretisch Juristische bewußt im Vordergrund. Schon aus dem Grunde, weil sich nach der Lebenserfahrung hier die letzte Mög­ lichkeit bietet, dem im praktischen Lebensberuf zur Spezialisierung neigenden Juristen noch einmal ein geschlossenes Gesamtbild von der Einheit des Rechtes zu vermitteln. Zum anderen, weil man die bevor­ stehende Staatsprüfung nicht einfach wegleugnen kann, vielmehr der Referendar sich innerlich ganz natürlich auf die Vorbereitung für diese einstellt. An diese Sachlage knüpft die Justizausbildungsordnung in feinem Verständnis für die ihr obliegende Ausbildungsausgabe an. Es hieße, die Referendare den Einpaukern ausliefern, wollte man das bevorstehende Examen in der Ausbildung außer acht lassen. Und um dieser Gefahr der toten Wissenshäufung, des unseligen Repetitoren­ wesens zu begegnen, mußte im Rahmen des Vorbereitungsdienstes selbst eine Einrichtung geschaffen werden, die den Einpauker über­ flüssig macht und an seine Stelle eine höherwertige Ein­ richtung setzt, die auf Grund ihrer Basis, ihrer geistigen Grund- und Gesamthaltung mehr als ein selbst gutes Re­ petitorium zu geben vermag. Erfüllen die Übungen der Ober­ landesgerichte diese Aufgabe, dann werden sie reichen Segen stiften. Denn dann werden sie an die Stelle der vom Einpaukerunwesen ge­ züchteten Examenspsychose, an die Stelle der inneren Unsicherheit, Unruhe und Angst der Referendare die richtige Grundeinstellung gegen­ über dem Examen und das Bewußtsein setzen, daß ihnen nicht besser und gründlicher geholfen werden kann, als es in den Übungen geschieht. Um das Gesagte noch zu veranschaulichen, seien die auf die Re-

VIII. Die Referendarübungen am Oberlandesgericht.

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ferendarübungen des Oberlandesgerichts bezüglichen entscheidenden Absätze des Runderlasses des Reichs- und Preußischen Justizministers vom 22. Dezember 1934 — RJP. c. 480 — betreffend die Arbeitsgemeinschaften der Referendare nach­ stehend im Wortlaut wiedergegeben: „6. In dem letzten Ausbildungsabschnitt wird die bevorstehende Abschlußprüfung die Aufmerksamkeit der Referendare auf sich lenken; sie werden den verständlichen Wunsch haben, sich einen Überblick über ihr Wissen und Können zu verschaffen und ihre Ausbildung auf allen Gebieten abzurunden. Sie werden weder Zeit noch Ruhe haben, sich mit etwas abseits liegenden Dingen zu beschäftigen. Dem müssen die wiederholten Übungen (§ 35 IAO.) Rechnung tragen. Tagesveranstaltungen und Besichtigungen werden deshalb in aller Regel zu unterbleiben haben. Die Übungsleiter werden eher als die Geineinschaftsleiter neben­ amtlich tätig sein können, müssen aber auch stets ausreichend in ihrem Hauptamt entlastet werden und zwar bei Leitung einer Übungsgruppe mindestens zur Hälfte. Über ihre Auswahl gilt

das für die Gemeinschaftsleiter Gesagte entsprechend. Die Übungsgruppen werden in aller Regel auch nur 20 bis 25 Referendare umfassen dürfen. Soweit es sich ermöglichen läßt, sollen die Arbeitsgemeinschaften aus den früheren Ausbildungs­ abschnitten zusammenbleiben. Der Übungsleiter wird mit seinen Referendaren an Hand von praktischen Fällen in zwei Doppelstunden in der Woche die wich­ tigsten Rechtsgebiete durchgehen und Lücken ausfüllen, die die bisherige Ausbildung noch gelassen hat. Die Referendare werden nach häuslicher Vorbereitung auf Grund von Akten kurze Vor­ träge halten müssen, wie sie für die mündliche Prüfung vorgesehen sind; sie werden auch einige Aufsichtsarbeiten schreiben müssen. Daneben werden hervorragende Sachkenner unter den am Ort wohnenden Juristen, Wirtschaftsführern und Leitern von großen Organisationen in Vorträgen oder auf sonst geeignete Weise ein­ zelne Sondergebiete behandeln. Zu solchen Veranstaltungen wer­ den dann in aller Regel mehrere Übungsgruppen zusammengefaßt

werden können. Insgesamt soll dem Referendar vor Augen geführt werden, was er während des Vorbereitungsdienstes gelernt haben soll und was er gelernt hat; er mag dann selbst entscheiden, ob er für die Ab­ schlußprüfung reis ist." Wenn die hiernach zu schaffenden Übungen auch eine Sonderausgabe

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VIII. Die Referendarübungen am Oberlandesgericht.

zu erfüllen haben, so ist doch festzustellen, daß auch für diese Übungen die allgemeinen Grundgedanken der Arbeitsge­ meinschaften Gültigkeit haben. Auch die Referendarübungen des Oberlandesgerichts müssen, wenn sie Erfolge erzielen und nicht in die Mängel des bisherigen Übungssystems zurückfallen wollen, von der richtigen Gesamteinstellung, nämlich dem Gemeinschafts­ gedanken, beherrscht sein. Auch diese Übungen müssen ihre Teil­ nehmer zunächst einmal zu Kameraden, zu Gliedern einer Gemein­ schaft machen; auch diese Übungen müssen Gemeinschaften werden. Sonst geht alles das verloren, was in den Arbeitsgemein­ schaften des Landgerichts erreicht worden ist. Die Referendare würden wieder zu „Kollegen", liefen wieder aneinander vorbei, und der Übungs­ leiter wäre kein Führer und Kamerad, sondern nur Lehr- und Untcrrichtsperson. Das geht nicht an! Man muß an das Erreichte an­ knüpfen und dieses gleichzeitig fördern. Das ist kein Zeit­ verlust, im Gegenteil Zeitgewinn, denn mit einer Gemein­ schaft arbeitet man besser und erfolgreicher als mit einer lose zusammenhängenden Anzahl von Teilnehmern. Hierbei muß man bedenken, daß die Referendare in Zukunft bereits durch die Schule der Arbeitsgemeinschaften gegangen sind, sie also besondere Voraussetzungen für die Mitarbeit innerhalb einer Referendargemein­ schaft mitbringen. Einem hierzu bereiten und befähigten Übungsleiter wird es ohne Schwierigkeiten gelingen, binnen kurzer Zeit aus der Übung eine Gemeinschaft zu machen, mögen die Referendare auch aus verschiedenen Landgerichtsbezirken kommen und einander zum Teil wirklich noch völlig fremd sein. Daß dieses binnen kurzer Zeit geht, beweist am besten der Gemeinschaftsdienst der Referendare im Lager zu Jüterbog. Innerhalb weniger Tage ist dort unter den Ankömm­ lingen, die zu einer Gruppe zusammengefaßt werden, beste ehrliche Kameradschaft entstanden. Ich erhalte aus dem Lager immer wieder von Referendaren Zuschriften, in denen die unbedingte, opferbereite Kameradschaft als Bestes lobend hervorgehoben wird. Sicher konimt im Lager das ununterbrochene Zusammenleben hinzu, aber ausschlag­ gebend ist dieses nicht. In diesem Zusammenhang sei der Bericht eines Referendars vom Oberlandesgericht in Kassel eingeschaltet. Er mag zeigen, wie das Werden einer Gemeinschaft vor sich gehen und wie man auch beim Oberlandesgericht Arbeit und Freude miteinander verbinden kann, ohne daß die Arbeit oder ihre Gründlichkeit Schaden leidet. Hervor­ gehoben sei noch, daß es sich bei der geschilderten Gemeinschaft um Referendare handelt, die noch keine Arbeitsgemeinschaft beim Land­ gericht mitgemacht hatten.

VIII. Tie Referendarübungen am Oberlandesgericht.

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„Sin Bormittag in der Refcrendargemeinschast. Ungefähr 40 Referendare, zwar etwa gleichalttig und durch gleiche Borbildung auf dem gleichen Bildungsgrad stehend, mit den gleichen durch den Beruf bestimmten Interessen, eine Gemeinschaft? Vor nicht langer Zeit wäre sie undurchführbar gewesen. Trotz der vielen Gemein­ samkeiten und Berührungspunkte waren da 40 Einzelpersonen mit ver­ schiedenen Einzelinteressen und Gegensätzlichkeiten, Korpsstudenten und solche, die es nicht sind, Sportsleute und Stubenhocker. Es bestanden Gruppen und Grüppchen, von denen sich die einen mehr dünkten als die anderen. Man redete sich mit „Herr Kollege" an, und der Höflich­ keit wegen machte man sich untereinander bekannt. Wir sind weit da­ von entfernt, heute schon von einer Überwindung dieses Zustandes der Gegensätzlichkeiten und individualistischer Zusammenhanglosigkeit reden zu können. Die Ideen der Gemeinschaftsbildung sind noch zu neu und den in der Schule des Individualismus ausgewachsenen Kollegen zu fremd, als daß sie so schnell eine Umbildung Hervorrusen könnten. Eine Gemeinschaft muß organisch wachsen, sie kann nicht befohlen werden und dann plötzlich da sein. Ihr stehen im übrigen hier auch tatsächliche Hindernisse insofern entgegen, als am Oberlandes­ gericht Referendare von verschiedenen Landgerichtsbezirken zusammen­ kommen, sich also untereinander nicht kennen. Und doch ist es heute anders. Das sieghafte Vordringen der national­ sozialistischen Weltanschauung beginnt auch hier sich durchzusetzen. Der Wille zur Gemeinschaft ist da. Man merkt schüchterne Bestrebungen zur Kameradschaftlichkeit, zu größerer Freiheit des Verkehrs unterein­ ander, wenngleich man noch weit entfernt ist von der Natürlichkeit, die unter jungen Leuten in der SA.oder in Sportvereinen selbstverständlich ist. Mir ist das verschiedene Verhalten der Kollegen zueinander während des Dienstes am Gericht und an dem Morgen ausgefallen, als sie im Bootshaus eines Kasseler Rudervereins zusammensaßen. Es wurde dort unter der Leitung des Gemeinschaftsleiters der früher wenig be­ liebte Reserendarkursus abgehalten. Hier fielen plötzlich die kennenden Schranken. Man hatte wirklich den Eindruck, daß sich jeder nicht mehr als Einzelperson, sondern als Glied einer Gemeinschaft fühlte. Es herrschte eine fröhliche Vertrautheit und Offenheit. Man war in erster Linie „junger Mann" unter Gleichalttigen und fühlte sich mit den anderen irgendwie verbunden. Die Gemeinschaft war da. Woran lag das? Allein an der zwanglosen Umgebung? Wohl kaum. Hätte man sich wie im Sitzungssaal im Gerichtsgebäude an den Tisch gesetzt, der in dem Raum des Bootshauses aufgestellt war, so wäre nicht die Spur einer Veränderung bemerkbar gewesen. Nein, der Grund lag meines Erachtens in der Freude an dem gemeinsamen Unternehmen, dem

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VIII. Die Reserendarübungen am Oberlandesgericht.

gemeinsamen Spiel und der gemeinsamen Arbeit. Der Referendar­ kursus alten Stils war schulmäßig, lehrhaft, ein Vortragender mit 40 Schülern, von denen jeder mit seinen höchstpersönlichen Interessen beschäftigt war. Zwischen dem „Lehrer" und den „Schülern" bestand ebenso ein Abstand wie zwischen den Schülern unter sich. Hier dagegen wurde durch die Art und Form des Unterrichtes der Gemeinschafts­ gedanke nach beiden Richtungen hin verwirklicht. Der Morgen begann mit gemeinsamen Freiübungen und Marschübungen auf dem Vorhofe des Bootshauses, die sich allerdings wegen der Beschränktheit des Raumes in bescheidenen Grenzen hielten. Trotzdem, gerade diese gemeinsame körperliche Betätigung, die anfangs von einigen mit ironischem Lächeln und passiver Resistenz hingenommen wurde, rief eine humorvolle, fröhliche Stimmung hervor. Als „weggetreten" be­ fohlen wurde, ging alles zwanglos und aufgeräumt plaudernd in den Gemeinschastsraum des Bootshauses, um den eigentlichen Unterricht beginnen zu lassen. Als dann die Arbeit begann, war alles mit Ernst bei der Sache. Der Eifer war unverkennbar ehrlich. Alles war unbekümmerter und fröhlicher als sonst. Zwei Kollegen hielten Referate über geschichtliche Themen. An beide Vorträge schloß sich eine lebhafte Aussprache über Form und Inhalt an, angeregt durch den Gemeinschastsleiter, der zu einer rückhaltlosen Kritik des Vorgetrageuen aufforderte. Nach einer Pause, die wieder durch Grammophonmusik, Rauchen und angeregte Privatunterhaltungen ausgefüllt wurde, schlug der Leiter die Bespre­ chung von Rechtssprichwörtern vor. Danach referierte ein Kollege über eilt geschichtliches Thema. Der Dienst verlor dann seine ernste und sachliche Form. Die Referendare begaben sich in die Auskleideräume und machten dort sich zum Baden fertig. Und daun begann das, was an dem Morgen den größten Anklang fand, man tobte sich nach Herzens­ lust im Wasser der Fulda aus. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß nicht nur ich, sondern jeder meinet Kollegen von dem Verlauf des gemeinsam verlebten Morgens befriedigt war. Es war nicht allein die glückliche Verbindung von sach­ licher Arbeit, Geselligkeit und sportlichen Übungen, nicht allein die zwanglose Form des Dienstes, die allgemein begrüßt wurde, sondern der Geist der Gemeinschaft und Kameradschaft wurde allgemein zum Erlebnis. Die Äußerlichkeit des gemeinsamen Tuns rief das Bewußt­ sein des Strebens nach dem gemeinsamen Ziel wach, verwischte die Gegensätze, offenbarte die zahlreichen Berührungspunkte unter den Kollegen. Die Einzelnen wuchsen so zu einer inneren Gemeinschaft zusammen, in der sie nur noch Glieder des Ganzen waren. Von Referendar Dr. Lortsch."

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VIII. Tie Referendarübungen am Oberlandesgericht.

Wie ich schon bei der Behandlung der Personalbogen zur Sprache brachte, würde es zu begrüßen sein, wenn bei Landgerichten am Sitze eines Oberlandesgerichts die Gemeinschaften der Landgerichte in Übungen des Oberlandesgerichts überge­ leitet werden könnten. Der angezogene Runderlaß sieht diese Möglichkeit auch vor, indem er bestimmt, daß die Arbeitsgemeinschaften aus den früheren Ausbildungsabschnitten soweit wie möglich zusammen­ bleiben sollen. Da in den Gemeinschaften der Landgerichte meist gleichaltrige Referendare zusammengefaßt werden, würde dies prak­ tisch nicht auf Schwierigkeiten stoßen, vor allem nicht in den Großstädten, wo die Zahl der Referendare besonders groß ist. Durch diese praktisch mögliche Überleitung würde erreicht, daß die Gemeinschaft zu­ sammenbliebe sowohl hinsichtlich der beteiligten Referen­ dare als auch hinsichtlich des Gemeinschaftsleiters, der die­ selbe Gruppe als Übungsleiter beim Oberlandesgericht be­ treuen könnte. Auf diese Weise könnte die Gemeinschaft biszurBeen­ digung der Ausbildungszeit—höchstens unterbrochen durch die Berwaltungsausbildung — fortgesetzt werden. Das wäre ein nicht zu unter­ schätzender Vorteil. Ein solcher Gemeinschaftsleiter würde also dann nicht zwei Gemeinschaften des Landgerichts, sondern nur eine des Landgerichts und eine Übung beim Oberlandesgericht zu führen haben. Auf die hiermit noch verbundenen Vorteile bin ich schon an an­ derer Stelle eingegangen. Ich habe selbst etwa zwei Monate lang ver­ tretungsweise eine Reserendarübung beim Oberlandesgericht mitbetreut. Hierbei ist mir gerade zum Bewußtsein gekommen, wie wertvoll es für die gemeinsame Abschlußarbeit der Ausbildung ist, wenn man es mit Referendaren zu tun hat, die man schon aus ihrer früheren Aus­ bildung her kennt und die man zum Teil schon selbst ausgebildet hat. Vielleicht sind hier einige grundsätzliche Bemerkungen über meine als Übungsleiter beim Oberlandesger. gemachten Beobachtungen amPlatze. Bei den Referendaren des Oberlandesgerichts herrscht Examens­ stimmung. Diese beherrscht das ganze Sinnen und Trachten der Re­ ferendare. Sie wollen nur das, was sie für das Examen brauchen, sie arbeiten nur für und nur wegen des Examens. Das soll kein Vor­ wurf sein. Aber es ist eine für den Übungsleiter des Oberlandesgerichts entscheidende Feststellung. Er muß alles daran setzen, um die Referen­ dare vor Verflachung, vor unvernünftiger Wissensansammlung und törichter Paukerei und sich selbst vor der unwürdigen Rolle des Re­ petitors im schlechten Sinne zu bewahren. Seine Aufgabe ist es, den Unterricht so zu gestalten, daß auch das Innere, wenn ich so sagen soll das Berufsethos, nicht zu kurz kommt; er ist für das Niveau verantwortlich, und von ihm hängt alles ab. Kehler, ASeitrgemeKischaften.

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VIII. Die Reserendarübungen am Oberlandesgericht.

Als ich diese Gruppe übernahm, war gerade die Geschichtsklausur eingeführt worden. Selbstverständlich wollten die Referendare nun nur noch Geschichte treiben. Ein begreiflicher Wunsch, dem ich auch nachge­ kommen bin, um zu verhindern, daß die Referendare ohne Anleitung gedankenlos geschichtliche Tatsachen pauken würden. Hierbei konnte es aber nicht meine Aufgabe sein, die deutsche Geschichte systematisch durchzugehen; ich mußte vielmehr ein Gesamtproblem zur Erörterung stellen, das zur Betrachtung größerer Zusammenhänge führte und auf die Geschichte aller Zeiten Bezug hatte. Und so stellte ich die Aufgabe: „Das Raumproblem in der deutschen Geschichte". Jeder einzelne er­ hielt einen bestimmten Zeitausschnitt zum Referat. Immer wieder mußte es mein Bemühen sein, die große Linie und die Beziehung zur Gegenwart, zum heutigen Staat zum Mittelpunkt der Betrachtung zu machen. Erbhofrecht, Siedlungspolitik, Kolonialfrage und wie die in Frage kommenden Probleme alle heißen, kamen zur Erörterung. Ich muß sagen, daß ich über die Fülle und Tiefe der Gedanken erstaunt war, die die Referendare brachten. Ein Beweis, daß sie mit offenen Augen mitten im Leben stehen und nicht nur einseitige Fachjuristen sind. Gerade bei dieser Art des Unterrichts liegt es dem Übungsleiter ob, alles und das Beste aus den jungen Menschen herauszuholen, Schwat­ zereien zu unterbinden und durch eigene vorbildliche Selbstarbeit anzu­ feuern. So wird er stets die für eine fruchtbare Betrachtung notwendige Atmosphäre schaffen müssen. Vielleicht durch Vorlesen einer zum Problem in Beziehung stehenden Stelle ans des Führers „Mein Kampf" oder auf sonstige geeignete Weise. So habe ich den ersten Geschichtsunterricht zum Beispiel mit Vorlesen des so wundervollen und tiefen Vorwortes von Hans Grimm's „Volk ohne Raum" be­ gonnen. Angefügt sei ein den Gesamteindruck vom Standpunkt des Re­ ferendars vermittelnder Bericht eines Oberlandesgerichtsreferendars. Ich bringe diesen Bericht nicht zuletzt deshalb, weil er einen wertvollen Einblick in die Arbeitsweise gewährt und es letzten Endes die Re­ ferendare sind, die am besten entscheiden können, ob die Gemeinschaft auf dem richtigen Wege ist oder nicht. „Als von dem Leiter des Ausbildungskursus am Oberlandesgericht der Gedanke ausgesprochen wurde, auch die geschichtliche Ausbildung im Rahmen des Kursus zu pflegen, und zwar in der Weise, daß die Referendare Borträge über einzelne Gebiete der deutschen Geschichte halten sollten, da erschien dieser Plan wohl vielen Kameraden als ein Wagnis, das keinen der Ausbildung förderlichen Ausgang nehmen würde. Die Bedenken waren nicht unbegründet. Erfahrungsgemäß beschäftigen sich nicht allzuviele junge Deutsche, die die höhere Schule

VIII. Tie Reserendarübungen am Oberlandesgericht.

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verlassen, nachher noch mit Geschichte, am allerwenigsten in den Jahren, in denen sie von der Ausbildung für ihren Lebensberuf stark in An­ spruch genommen werden. Die Ausbildung in Geschichte, die die höhere Schule in den Jahren, in denen wir sie besuchten, bot, war sehr oft recht mangelhaft, erschöpfte sich in dem Auswendiglernenlassen von Zahlen und Namen, ohne die wesentlichen treibenden und formenden Kräfte des geschichtlichen Geschehens aufzuzeigen und unterließ es gänzlich, den jungen Deutschen im geschichtlichen Denken zu erziehen. Nachdem nunmehr acht Vorträge gehalten worden sind, läßt sich sagen, daß der gemachte Versuch über alles Erwarten gut gelungen ist und zu einem vollen Erfolge geführt hat. Das wird auch von den Kameraden allgemein anerkannt. Es läßt sich feststellen — und das ist m. E. besonders erfreulich —, daß jeder der Vortragenden die ihm gestellte Aufgabe sehr selbständig angepackt hat. Die Befürchtungen, daß nichts als Auszüge aus einem Geschichtswerk geboten werden würden, erwiesen sich als unbegründet. Alle Vorträge waren selbständige, unter besonderen Gesichtspunkten vorgenommene Verarbeitungen des in den zugänglichen Geschichts­ werken enthaltenen Materials. Die nationalsozialistische Geschichts­ schreibung steht noch in ihren Anfängen. Trotzdem zeigte jeder Vortrag das Bestreben, den Stoff gerade von nationalsozialistischen Gesichts­ punkten her zu betrachten und dementsprechend zu gestalten. Das gab den Vorträgen bei aller sonstigen Verschiedenheit in der Art und Weise, wie die Aufgaben gelöst wurden, das einheitliche Gepräge. Keiner be­ schränkte sich auf eine bloße Darstellung der Geschehnisse. Alle zeigten — wenn auch natürlich nicht in gleichem Maße — das Wirken der auch heute lebendigen geschichtsgestaltenden Kräfte und damit die lebendige Verbindung der Geschichte mit der Gegenwart und Zukunft unseres Volkes. Das wurde besonders deutlich da, wo die Meinungen über die Wertung geschichtlicher Vorgänge und Persönlichkeiten auseinander­ gingen, etwa bei der Gegenüberstellung Widukinds und Karls des Großen. Trotz der verschiedenen Beurteilungen, zu denen die Vor­ tragenden und die Kameraden in der Aussprache kamen, lag doch jeder das Bestreben zugrunde, den Dingen von einem deutschen Standpunkt aus gerecht zu werden. Der Hauptwerk der Vorträge lag wohl darin, daß die Vortragenden selbst vor eine außerhalb ihres Fachgebiets liegende Aufgabe gestellt wurden, die doch wieder nicht ohne Verbindung zu den Aufgaben des Juristen war. Es galt, sich in eine von dem üblichen juristischen Denken grundverschiedene Art wissenschaftlichen Denkens hineinzu­ finden, einen bisher kaum bekannten Stoff zu bewältigen, aus der Fülle des in den Arbeiten der Historiker zusammengetragenen Materials 10*

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VIII. Tie Referendarübungen am Oberlandesgericht.

das herauszuholen, was nach nationalsozialistischer Auffassung daran wesentlich erscheint und das unter diesem Gesichtspunkte Unwesentliche wegzulassen. Es galt weiter, nach dieser sichtenden Tätigkeit den so gewonnenen Stoff zu einem lebendigen, anschaulichen Bilde zu formen und schließlich diese Darstellung geschichtlichen Geschehens in einer Art und Weise zu Gehör zu bringen, daß die Zuhörer davon gefesselt wurden. Der Wert der Vorträge war aber auch für die Zuhörer kein geringer. Mancher von ihnen hat vielleicht am meisten aus dem gelernt, was daran nicht richtig gemacht wurde. Die sich an jeden Vortrag an­ schließenden Aussprachen wurden damit eröffnet, daß die Zuhörer sich über die technische Seite des Vortrages anssprechen mußten. Dabei wurden die Fehler richtig erkannt. Meist handelte es sich darum, daß der Vortrag nicht frei genug gehalten worden und damit in Gefahr geraten war, langweilig oder doch mindestens ermüdend zu werden. Auch in der Art zu sprechen zeigten sich Mängel. Es ließ sich feststellen, daß die für jeden Juristen so wichtige Kunst der freien Rede noch zu wenig gepflegt wird. Mancher Kamerad wird gemerkt haben, daß er in dieser Hinsicht noch an seiner Ausbildung zu arbeiten hat. Die Aus­ sprachen gaben auch den Zuhörern Gelegenheit, ihre Fähigkeiten auf diesem Gebiete zu erproben.

Im ganzen genommen zeigte sich bei den Vortragenden und den Zuhörern, daß sic überraschend gut imstande waren, auch auf einem ihnen fremden (Gebiet mit schnellem Blick das Wesentliche zu erkennen, es klar herauszuarbciten und geordnet und geschickt darzustellen. Es wäre interessant festzustellen, ob jungen Akademikern anderer Fakul­ täten das in gleichem Maße gelungen wäre. Ich möchte das bezweifeln und glaube, daß gerade die viel gescholtene juristische Ausbildung, be­ sonders die der Praxis, die Ursache für das gute Ergebnis gewesen ist." Von Referendar Jehring. Mancher Leser wird sich wundern, daß ich das Geschichtliche so stark betont habe. Aber man darf nicht vergessen, daß wir uns in Über­ gangszeiten befinden, und daß die gegenwärtigen Obcrlandesgerichtsreferendare die Gemeinschaftsarbeit noch nicht, jedenfalls nicht in vol­ lem Umfange, mitbekommen haben. Diese Umstände müssen natürlich in der nächsten Zeit die Auswahl des Stoffes noch stark beeinflussen, denn gerade auf dem Gebiete der Geschichte fehlt doch den Referendaren wie ich bereits näher ausgeführt habe, das Rüstzeug für das Leben wie das Examen. Die Übungsleiter des Oberlandesgerichts müssen sich immer vor Augen halten, daß § 4 der Ausbildungsordnung schon vom Studenten verlangt, daß er sich einen Überblick über das gesamte

VIII. Tie Referendarübungen am Oberlandesgericht.

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Geistesleben der Nation verschaffen soll, wie man es von einem ge­ bildeten deutschen Mann erwarten muß. In § 4 Abs. 2 heißt es dann, was hier noch besonders wissenswert ist, wörtlich weiter: „Dazu gehört die Kenntnis der deutschen Geschichte und der Geschichte der Völker, die die kulturelle Ent­ wicklung des deutschen Volkes fördernd beeinflußt haben, wie vor allem der Griechen und Römer. Da­ zu gehört weiter die ernsthafte Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und seinen weltanschau­ lichen Grundlagen, mit dem Gedanken der Verbin­ dung von Blut und Boden, von Rasse und Volkstum, mit dem deutschen Gemeinschaftsleben und mit den großen Männern des deutschen Volkes." Sind diese Übergangszeiten vorbei, und ich möchte annehmen, daß

dies im Laufe eines Jahres der Fall ist, da die geschilderten Allgemein­ aufgaben dann bereits von den Gemeinschaften der Landgerichte voll bearbeitet sind, so tritt natürlich der eigentliche Arbeitsstoff der Ober­ landesgerichts-Übungen beherrschend in den Vordergrund. Über die Arbeitsweise ist in den angezogenen Runderlassen be­ reits das Grundsätzliche gesagt. Ergänzend kann vor allem auf die in dem juristischen Fachunterricht bewährten Methoden verwiesen werden. Entscheidend wird für den Erfolg auch hier die geistige Grundhaltung sein, die niemals Examensvorbereitung und juristische Konstruktion zum Selbstzweck werden lassen darf. Auch hier wird es die verschiedensten Arbeitsmittel und -Wege geben, ganz verschieden nach der Eigenart des jeweiligen Übungsleiters. Dieser wird ebensowenig wie der Gemein­ schaftsleiter des Landgerichts auf einen gewissen Gesamtarbeitsplan verzichten können, wenn er auch mehr auf die auftretenden Lücken und Mängel der gerade zu betreuenden Gruppe achten und auf diese sein Hauptaugenmerk richten wird. Um ein praktisches Beispiel zu geben, so glaube ich, daß das Zwangs­ vollstreckungsrecht einen geeigneten Arbeitsstoss für die Übungen des Oberlandesgerichts abgeben taun. In diesem Rcchtsgebiete treffen alle anderen materiell-rechtlichen wie verfahrensrechtlichen Gebiete zu­ sammen. Stellt man deshalb das Zwangsvollstreckungsrecht in den Mittelpunkt einer Erörterung, so kann man bei seiner Behandlung ausstrahlen auf alle wichtigen Rechtsgebiete und auf diese Weise zu einer umfassenden, die großen Zusammenhänge wahrenden Wieder­ holung des gesamten Stoffes kommen. Gleichzeitig wird dies eine gute Schulung und Verständnisprüfung für die Referendare sein und nicht zuletzt Gelegenheit geben, mit den eingetretenen Gesetzesänderungen und den bestehenden Reformgedanken vertraut zu machen.

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VIII. Die Referendarübungen am Oberlandesgericht.

Darüber hinaus wird der Übungsleiter für Sondergebiete geeignete Vortragende gewinnen. Hierfür gelten dieselben Grundsätze, wie ich sie in dem Abschnitt „Die möglichen Arbeitsmittel und -Wege" unter dem Absatz „Vorträge von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens" entwickelt habe. In Großstädten wird ein Gemeinschaftsleiter des Landgerichts oder ein Übungsleiter des Oberlandesgerichts die Organisation der Vorträge einheitlich für sämtliche Referendare übernehmen. Hierbei wird der etwaige Gemeinschaftsleiter des Landgerichts auf die Belange der Oberlandesgerichts-Referendare bei der Auswahl der Gegenstände und der Redner hinreichend Rücksicht nehmen müssen. Ich habe hier in Kassel mit der gemeinsamen Durchführung dieser Veranstaltungen nur die besten Erfahrungen gemacht. Ist der Gemeinschaftsleiter des Land­ gerichts entsprechend meinem Vorschlag gleichzeitig Übungsleiter am Oberlandesgericht, dann kennt er die Mängel und Schwächen seiner Referendare am besten. Er wird die oberlaildesgerichtliche Zeit nutzen, um hier zu helfen und soweit wie möglich Versäumtes nachzuholen. Er wird hierbei an den beim Landgericht durchgcführten Gesamt arbeitsplan anknüpfen und auf diesen aufbauen können. Auch dies ist ein weiterer Grund für die von mir in Vorschlag gebrachte Regelung. Wo sich diese Doppelstellung nicht ermöglichen läßt, wird der Übungs­ leiter am Oberlandesgericht mit den Gemeinschastsleitern der Land­ gerichte seines Bezirks enge Fühlung halten müssen. Einmal wegen der Beurteilung der einzelnen Referendare und wegen des Arbeits­ stoffes, daniit unnötige Wiederholungen vermieden werden. Noch eine Anregung: Nach meinen Beobachtungen werden am Lberlandesgericht kleinere Arbeitsgemeinschaften der Re­ ferendare unter sich besondere Bedeutung gewinnen. Sie sind für diesen Ausbildungsabschnitt auch wärmstens zu empsehlen, da die kurz vor dem Abschluß des Vorbereitungsdienstes stehenden Referendare auf Grund der längeren praktischen Schulung in der Regel auch durchaus geeignet hierfür sind. Zudem kann in den Übungen selbst vieles nur angedeutet und angeregt werden, uttb es muß der Initiative des einzelnen Referendars überlassen bleiben, hier selbst weiter zu arbeiten und zu vertiefen. Ter Übungsleiter inuß auf diese Arbeitsgemeinschaften sein besonderes Augenmerk richten, er muß sie, wenn auch nur mittelbar, führen, mindestens ihnen aber die Richtung für ihre Einzel- und Kleinarbeit weisen. Er muß dafür sorgen, daß die richtige und zweckmäßige Arbeitsweise zur Anwendung kommt und zu Beginn einer neuen Referendarübung vielleicht allgemein über diese Dinge zu den Referendaren sprechen. Ter Übungsleiter wird ferner im gegebenen Falle geeignete Arbeitsgruppen zusammenstellen und

VIII. Tie Reserendarübungen am Oberlandesgericht.

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hierbei stets darauf Bedacht nehmen, daß ein Referendar dabei ist, der für zielbewußte Arbeit und sichere Führung sorgen wird. Ab und an wird der Übungsleiter einmal an der Arbeit der einzelnen Gruppen teilnehmen, nicht um zu kontrollieren, sondern um zu helfen, anzu­ regen, um kleine Winke zu geben, für die die Referendare nur dankbar sein werden, und um mitzuarbeiten. So wird auch der Übungsleiter der Oberlandesgerichte ein Gemeinfchaftsleiter sein müssen. Es wird nicht genügen, daß er, wie es früher

so ost der Fall war, der „gelehrteste" unter den Richtern des Ober­ landesgerichts ist. Nein, er muß dieselben Voraussetzungen erfüllen, wie ich sie für den Gemeinschaftsleiter gefordert habe. Vielleicht noch in erhöhtem Maße, denn ihm steht nur eine kurze Spanne Zeit zur Verfügung, und er trägt, wenn ich so sagen soll, die Verantwortung dafür, daß die Ausbildung der Referendare den richtigen Abschluß erhält.

IX. Ausblick und Entwicklungsmöglichkeiten. Es sei, um jedes Mißverständnis auszuräumen, zum Schluß der Arbeit ausdrücklich hervorgehoben: Das, was ich bringen konnte, war nichts Endgültiges und Abschlie­ ßendes und konnte es nicht sein. Denn die Arbeitsgemeinschaften be­ finden sich mitten im Entwicklungsstadium. Die einzelnen Gemeinschaftslciter werden noch lange an ihrer Ausgestaltung arbeiten müssen, ehe sie die endgültige und richtige Form der Arbeitsweise heraus­ gefunden haben. Und eigentlich wird dieses Ziel niemals erreicht werden. Denn von Jahr zu Jahr werden sich die Menschen in den Arbeitsgemeinschaften — sowohl die Referendare wie die Gemeinschaftsleiter — mit der zunehnienden Durchblutung mit national­ sozialistischem Gedankengut ändern und damit auch die Art und Weise des Lebens in den Gemeinschaften beeinflussen.

Das kam mir so recht zum Bewußtsein, als ich in diesen Tagen die neue Schrift von Prof. vr.KarlAugustEckhardt über „Tas Studium der Rechtswissenschaft" (Heft 11 der Schriften „Ter deutsche Staat der Gegenwart", herausgegeben von Prof. Dr. Karl Schmitt, Han­ seatische Bcrlagsanstalt Hamburg 1935) las. Die Kenntnis der neuen grundlegenden Gedanken, die hier von Eckhardt für die Gestaltung des Rechtsstudiums gebracht werden, ist auch für die Gemeinschaftsleiter und die Referendare zur Erkenntnis dessen, was ihnen bei ihrem Studium gefehlt hat und was sie deshalb noch nachholen müssen, unerläßlich. Eckhardt geht neue Wege und weist neue Arbeitsmethoden und -mittel. Er sagt in seinem Referat bei der Tagung der Fachgruppe Hochschullehrer im BRSTJ. eines, das auch für unsere Aufbauarbeit in den Gemeinschaften gilt: „Daß es nur zwei Lösungen gibt: Entweder alles im bisherigen Trott weitermachen oder grundsätzlich neu bauen." Ein früherer Übungsleiter wird nicht dadurch, daß er seine Fälle äußerlich der neuen Rechtsprechung anpaßt und sonst alles beim Alten läßt, ein Gemeinschaftsleiter. Es muß eben ein Wandel von Grund auf sein. Und gerade deshalb habe ich auch frei von Halbheiten gehalten und nicht — weder innerlich noch äußer­ lich — an die früheren Übungen angeknüpft, sondern selbständig und neu aufgebaut.

IN. Ausblick und Entwicklungsmöglichkeiten.

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Was ich mit meiner Einführung in die Arbeitsgemeinschaften er­ reichen wollte, — ich sage das bewußt hier noch einmal — war dieses: In die neue Gedankenwelt der Gemeinschaftsarbeit, ihren tiefen Sinn einzuführen und vor grundlegenden Fehlern bei dem Aufbau und der Ausgestaltung der einzelnen Gemeinschaften zu warnen und hiervor zu bewahren.

Ferner wollte ich Wege weisen und Mittel zeigen, die geeignet sind, bei der zu leistenden Arbeit zu unterstützen, ohne nrir dabei anzu­ maßen, daß dies die einzigen Arbeitsmittel und -wege wären. Die Zahl der Variationen ist hier unbeschränkt. Darin liegt nicht zuletzt der Reiz der Gemeinschaftsarbeit. Jeder kann hier seine Ideen fünft» lerisch-schöpferisch in die Tat umsetzen. Jeder Gemeinschaftsleiter kann hier ein Werk schaffen, das seinen persönlichen Stempel trägt und für dessen Vollendung er die volle Verantwortung hat, dessen Erfolg aber auch ihm und seinen Referendaren allein zukommt.

Das gleiche gilt auch von den Referendaren. Auch für sie besteht in der Gemeinschaft ein reiches Betätigungsfeld für ihre jugendfrischen Kräfte. Hier können sie ihren Ideenreichtum spielen lassen und mit ihrem Kameraden und Führer eine Gemeinschaft bauen und ausge­ stalten, die ihnen unverlierbares Erlebnis für ihr ganzes Leben be­ deuten wird. Denken wir nur, um einen Blick in die Zukunft zu werfen, in welcher Weise noch der Gedanke des im Augenblick undurchführbaren Gemein­ schaftsraumes sich im Laufe der Jahre durchsetzen wird. Welch' reiche Arbeit bleibt für Gemeinschaftsleiter und Gemeinschaft zu leisten. Wie wird sich hier der einzelne zu Rutz und Frommen der anderen bei der Wahl und Ausgestaltung des Gemeinschaftsraumes und seiner Pflege betätigen und auswirken können. So wie mit diesem kleinen Beispiel wird es in jeder Beziehung sein. Mit dem Fortschreiten unserer Gemein­ schaftsarbeit werden sich immer neue Möglichkeiten, immer neue Ar­ beitsmittel und -Wege erschließen. Wir brauchen nicht in Sorge zu sein, daß eines Tages der Zeitpunkt käme, wo wir nicht mehr wüßten, was wir an den Gemeinschaftstagen ausführen oder noch besichtigen sollten. Diese Gefahr wird gerade wegen dieser in den Gemeinschaften liegenden schöpferischen Kräfte niemals aufkommen oder bestehen. In diesem Zusammenhang sei der in Kassel neu herausgekommene begrüßenswerte Brigadebefehl der Brigade 47 Kassel der SA. betref­ fend den SA.-Dienst der Gerichtsreferendare vom 1. Februar 1935, der sich an den Gruppen-Sonderbefehl des Führers der SA.-Gruppe Berlin-Brandenburg vom 8. Januar 1935 anlehnt, gebracht:

154

IX. Ausblick und Entwicklungsmöglichkeiten.

„Vrigadebefehl Rr. 1. Die SA.-angehörigen Gerichtsreferendare, welche auf ihren Antrag zur Vorbereitung auf die große juristische Staatsprüfung um Befreiung vom SA.-Dienstnachsuchen, sind für diese Zeit grundsätzlich zu beurlauben. Die Beurlaubung erfolgt für die letzten 6 Monate des Vorbereitungs­ dienstes und weiterhin für die Dauer des eigentlichen Prüfungsver­ fahrens. Nach Beendigung der Prüfung haben sich dieselben unverzüg­ lich wieder zum Dienst zurückzumelden. Die Formationsführer haben darauf zu achten, daß Referendare aus Antrag beurlaubt werden, wenn sie infolge einer justizdienstlichen Veranstaltung, insbesondere einer Veranstaltung der Arbeitsgemein­ schaften ant SA.-Dienst nicht teilnehmen können. Die betreffenden Referendare haben ihren Formationsführern den Nachweis über die Teilnahme an einer derartigen Veranstaltung zu erbringen. Vorstehender Befehl ist allen in Frage kommenden SA.-angehörigen Referendareit schleunigst zur Kenntnis zu geben."

Zum Schluß sei ein Vorschlag gebracht, der beletichten möge, welche Entwicklungsmöglichkeiten für die Ausgestaltung der Gemeinschaften in Zukunft noch offen stehen. Mein Vorschlag geht dahin: für sämtliche Referendare in ganz Deutschland all­ monatlich einen Rundsunk-Gemeinschaftsempfang zu einer bestimmten Stunde von der Reichsjustizverwal­ tung aus durchzuführen. Das würde bedeuten, eine einheitliche zentrale Schulung von nahezu 13000 Referendaren zu gleicher Stunde aus erster Hand!

Zur Erläuterung dieses Vorschlages folgendes: Eines der Arbeitsmittel der Gemeinschaft besteht, wie ich ausgeführt habe, darin, den Referendaren hervorragende Persönlichkeiten der nationalsozialistischen Führung als Redner gegenüberzustellen, um durch diese die Flamme der Begeisterung in den jungen Menschen immer wieder von neuem anzufachen und zu stärken. Um gleichzeitig aus erster Hand die Zusammenhänge, die Mittel und Wege und nicht zuletzt ihre inneren Gründe aufzeichnen zu lassen, damit über die so unentbehrliche mrd notwendige Einzel- und Kleinarbeit niemals die große Linie, der tiefere Sinn unserer Arbeit verloren geht. Um endlich auch auf dem ureigenen Fachgebiet von erfahrenen Praktikern und lebensnahen Wissenschaftlern letzte und wertvolle Ergänzung, Ver­ tiefung und Abrundung geben zu lassen. Vieles und Wertvolles läßt sich örtlich von den einzelnen Gemein­ schaftsleitern gestalten. Man darf in der Gewinnung neuer Vortrags-

IX. Ausblick und Entwicklungsmöglichkeite».

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hafte nicht müde werden und muß immer neue Mitarbeiter heranzu­ ziehen suchen. Und doch bleiben letzte Wünsche der Gemeinschaftsleiter offen. Diese gehen dahin, die führenden Männer der deutschen Justiz und übrigen Staatsführung als Vortragende zu gewinnen, damit sie der Juristenjugend unverlierbares geistiges Erlebnis als Erziehungswert mit auf den Weg geben, als Ansporn für die Weiterarbeit, zur Vertiefung des Glaubens an die Idee und um der geistigen Grundhaltung des kom­ menden Juristen willen. Unmöglich, daß die einzelnen Gemeinschaften besucht werden können. Unmöglich, daß die einzelnen Gemeinschaften hier mit Bitten und Einzelwünschen hervortreten, die sich trotz des besten Willens aus Mangel an Zeit nicht erfüllen lassen. Höchstens läßt sich ein solcher Vortrag einmal im Referendarlager zu Jüterbog verwirklichen, da dieses in unmittelbarer Nähe der Reichshauptstadt liegt. Ich denke hier an die Borhäge, die wir Gemeinschaftsleiter anläßlich unseres ersten Lehrganges in Gemeinschaft mit den Referendaren in Jüterbog erleben durften, denke an Staatssekretär Dr. Roland Freister, Präsi­ dent Dr. Palandt, Professor Eugen Fischer, den Dichter Hans Grimm, um nur einige der damaligen Redner zu nennen. Wie mancher hat in diesen Stunden des gemeinsamen Erlebens wohl gedacht, schade, daß dies nicht alle Referendare und alle Gemeinschafts­ leiter miterleben können. Der Rundfunk gibt die Möglichkeit hierfür. Seine Auswertung für die Referendarausbildung würde es ermöglichen, solche hervorragenden Vorträge wie die erwähnten allen Referendaren zugute kommen zu lassen. Technisch ließe sich das so durchführen, daß die Justizverwaltung alle 3—4 Wochen eine bestimmte Stunde von der Reichssendeleitung für die Referendarausbildung zur Verfügung gestellt bekommt, und zwar für die Referendarausbildung in ganz Deutschland, so daß auch hierdurch der Gedanke der Verreichlichung und Vereinheitlichung der Justiz vertieft würde. Diese Vorhagsstunden würden allen Gemein­ schaftsleitern und auch allen Übungsleitern der Oberlandesgerichte lau­ send bekanntgegeben, die dann ihre Gemeinschaften und Übungen zu der festgesetzten Stunde zu gemeinschaftlicher Anhörung des betreffen­ den Redners zusammenrufen würden. In den größeren Städten besitzt die Justizverwaltung wohl durchweg eigene Rundfunkanlagen, in den mittleren und kleineren Städten werden solche, und zwar notfalls durch Sammlungen, beschafft werden können. Ich glaube kaum, daß die Durchführung des Vorschlages auf Schwierigkeiten stoßen könnte, bin

156

IX. Ausblick und Entwicklungsmöglichkeiten.

vielmehr überzeugt, daß die Reichssendeleitung wie den Schulfunk so auch diesen Lehrfunk nur begrüßen und unterstützen wird. Um so mehr, als es sich um fast 13000 Referendare in Deutschland handelt, also um eine recht stattliche Hörerzahl, die zudem bei ihrer Vorbildung und geistigen Reife für diese Art der Fortbildung besonders geeignet und empfänglich sein dürfte. Vielleicht läßt sich die Übertragung im gegebenen Falle auch von Jüterbog aus durchführen, so daß durch einen Vortrag ein zweifacher Erfolg erreicht würde. Und umgekehrt könnten selbstverständlich auch die Jüterboger Referendare in dem neuen Klausurensaal an einer Gemeinschafts-Übertragung aus Berlin oder einem anderen Orte teil« nehnien. So würde es einem vielbeschäftigten Redner bei der technischen Vervollkommnung des Rundfunkes unter Umständen niöglich sein, seinen Vortrag vom eigenen Arbeitsplatz aus zu halten. Darüber hinaus ist es natürlich Sache der Gemeinschaftsleiter, das laufende Rundfunk-Progranim darauf hin zu beobachten, ob für die Erziehungsarbeit besonders geeignete Veranstaltungen stattfinden. Diese müssen in den Dienst der Gemeinschaftsarbeit gestellt und ihr Gemeinschafts-Enipfang durchgeführt werden. So habe ich z. B. in Kassel jetzt die Übertragung der Reichsscndung: In der Stunde der jungen Nation spricht Reichslciter Alfred Rosenberg über „Das erste Reich der Teutschen" als Genieinschaftsstunde für alle Kasseler Re­ ferendare angesetzt. Alles in allem läßt sich der Rundfunk mit großem Gewinn in den Dienst der Referendarausbildung stellen. Gemeinschaftsempfang für alle Referendare ein neuer Weg, der zur Erreichung des in der Ausbildungsordnung gesetzten hohen Zieles viel wird beitragen können!

Gemeinschaftsleiter, denkt stets daran, daß Ihr die Verant­ wortung für die deutsche Juristenjugcnd und damit für die Verwirklichung nationalsozialistischen Rechtes tragt! Referendare, vergeßt niemals, welch hohe Aufgabe Euer harrt! Macht Euch in den Arbeitsgemeinschaften, macht Euch in junger Kameradschaft stark dafür!

Wortverzeichnis. Tie Zahlen geben die Leiten an.

Akten für Prüfungszwecke, AB. vom 2. 10. 1934

91 ff.

Arbeitsweise im allgemeinen 42/47. Arbeitsmittel und -Wege 47/68. Arbeitstag 57/58. Ausbildungsgang der Referendare 103 ff. Ausblick und Entwicklungsmöglichkeiten 151 ff.

Ausflüge 59/60. Ausnutzung, bessere Ausnutzung der Aus­

Einzelunterricht 67, 68. Eisenbahnfahrten, Gesellschaftsfahrten, RV. vom 4. 9. 34 88/84.

Entwicklungsgang der Referendare 99 ff. Erzieher, Gemeinschaftsleiter 12. Erziehungsmittel der Arbeitsgemein­ schaften 12.

Erziehungsziel der Arbeitsgemeinschaf­ ten 10.

Ergänzung der praktischen Ausbildung 17.

Auswahl der Gemeinschaftsleiter 35/38.

F. Fehler der ftüheren Ausbildung 4 ff. Förderung des inneren Menschen in den

B. Bauernstand, der deutsche, Gesamtaus­

Formular des Personalbogens 119/121.

bildungszeit 21.

Arbeitsgemeinschaften 14.

gabe 70/71.

Bedenken gegen die Arbeitsgemeinschaf- l len und ihre Ausräumung 19 ff. Beobachtungen der Gemeinschaftsleiter 116. Berichte der Gemeinschaftsleiter 136 ff. Besichtigungen 58/59. Betätigung der Referendare außerhalb der Berufsausbildung 112 ff. Bewährung, praktische Bewährung der Arbeitsgemeinschaft 23/24. Brigadebesehl der SA. betteffend Be­ urlaubung zum Gemeinschaftsdienst 153/54. Buchbesprechungen 50/52.

E. Charakter- und Befähigungsbild als Teil des Schlußzeugnisses 130 ff. ------- Beispiele 132/34.

D. Disziplin 31.

E. Einheitliche Ausbildung, RB. vom 19. 6. 1934 88.

EinzelarbeitSaufgaben 68/73.

G. Gemeinschaft 25/31. Gemeinschaftsaufgaben 29. Gemeinschaftslag 28. Gemeinschaftsleiter 32/38. Gemeinschaftssinn 30. Gemeinschaftliche Gesetzesdurcharbei­ tung 66/67. Gesamtausgabe der Arbeitsgemeinschaf­ ten 13.

Geschichte in den Arbeitsgemeinschaften 16/17. — in den Referendarübungen des Ober­ landesgerichts 146ff. Grundlagen der Arbeitsgemeinschaften, Allg. Vers, vom 16. 5. 1934 75 ff. — Runderlaß vom 22. 12. 1934 79/82.

H. Heranbildung von Bolkserziehern 14/15. Hineinwachsen in die Volksgemeinschaft 18.

I. Jugendherbergen, Übernachtung in Ju­ gendherbergen, RV. vom 1. 12. 1934 86/87. Juristischer Unterricht, praktischer 67.

158

Wortverzeichnis.

Justiz, die Deutsche Justiz, ein lebendiger

S. Organismus, Gesamtausgabe 71/73. Schlustzeugnisse der Gemeinschaftsleiter JustizauSblldungSordnuug, § 34 74. 126 ff. — 8 54 der Ersten Durchführung^ V er— Beispiele 128 ff. ordnung zu § 34 IAO. 70/75. ! Schreibmaschinenerleruung, RB. uont — § 35 75. ! 21. 6. 1934 88. S. ' Schülerkarten, Eisenbahn-, RB. vom | 2. 1. 1935 84/85. Kameradschaft 25/26. Kameradschaftsabeude 61/62. Kenntnis der nationalsozialistischen Gesetz­ gebung 15/16. I Typ des früheren Juristen 3 ff. ‘ Typ deS kommenden Juristen 9.

i

L. Lehrgänge, kurze 62/66. Lesevormittag 48/49.

PPersonalbogen 98 ff.

r.

' Übungen am OLG. 140 ff. i Unfallversicherung der Referendare, RB. vom 3. 1. 1935 88 ff.

V. Vertrauen 27. ! Vertretung des Gemeinschastsleiters 36. Recht und Arbeit, Gesamtausgabe 70. Recht und Verkehr, Gesamtausgabe 69/70. ; Verwaltungsausbildung 95 ff. Recht und Volksgesundheit, Gesamtaus­ ' Vorttäge der Referendare 52/55. j — von Persönlichkeiten des öffentlichen gabe 69/70. Lebens 56/57. Recht und Wirtschaft, Gesamtausgabe Z. 44/46. Zeitschriften, Besprechungen 50 52. Referendar, der 38/42. Reichsnährstand, RV. vom 15. 6. 1934 Ieitschriftenmappe 52. 82/83. Zeugnisse, § 18 IAO. 123. Reichswirtschaftsminister, Verfügung — 8 36 IAO. 124. R.

vom 30. 7. 1934 betreffend die Be­ — § 55 der EDB. zum 8 36 IAO. 124. sichtigung gewerbl. Betriebe durch Re­ — RB. des Präsidenten des ReichsjustizPrüsungsamtes vom 30. 11.1934 124 ff. ferendare 83. Reisekostenvergütung, RB. vom 3. 1. 1 Ziel der Ausbildung 1. 1935 85/86. ! — das neue Erziehungsziel 8ff. — für Borträge von Sachverständigen, — des Vorbereitungsdienstes 8. RB. vom 13. 12. 1934 86. Zweck, Sinn und Zweck der ArbeitsRundfunk 154/55. gemeinschasten 10/11.

In Schweitzers

(blauen) Textausgaben

erschienen:

Strafgesetzbuch Mit den Rebengesetzen

Stand vom 1. Juni 1934. Mit kmzen Erläuterungen von Oberlandesgerichtsrat Dr. Schäfer und Oberstaatsanwalt Dr. Krug im Reichs­ und Preuß. Justizministerium. 1934. 12°. IV, 354 S. Geb. RM.4.60.

Reichserbhofgesetz mit den 8 Durchführungsverordnungen. Textausgabe mit Anmerkungen unter Berücksichtigung der -esouderen bayerischen Verhältnisse.

Herausgegeben von Dr. Leonhard Meulel, Ministerialrat im bayer. Justizministerium. 1934. 12°. 123 S. Kart. RM. 2.50. Die Ausgabe ist ein Wegweiser, der durch Kürze, Übersichtlichkeit und Be­ schränkung das Wesentliche es ermöglicht, sich rasch zurechtzufinden.

Das Wechselgesetz und das Scheckgesetz mit de« einschlägige« Bestimmungen erläutert von Dr. Paul Schaefer, Amtsgerichtsrat in Berlin. 1934.12«. VIII, 272 S. In biegsam. Leinen geb. RM. 4.—

Zivilprozeßordnung Mit Rebengesetzen, Einleitung, Berweisungen und Sach­ register. 5. Auflage von I. Schiedermair, Senatspräsident am Oberlandesgericht München. 1934.12°. IX, 302 S. In biegsam. Leinen geb. RM. 3.—. Die Textänderungen sind kenntlich gemacht, jene durch das Gesetz vom Oktober 1933 durch Fettdruck. Die Bestimmungen, die die ZPO. zwar nicht formell ändern aber für ihre Anwendung unmittelbar erheblich sind, sind abgedruckt, ebenso die zivilprozessualen Bestimmungen der Notverordnungen. Ein gutes Sachregister ist beigegeben.

I. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier) München, Berlin u. Leipzig.

Demnächst erscheint:

Sachbericht und Gutachten Von

Dr. Edmund Keßler Landgerichtsrat

Mitglied des Justizprüfungsamtes in Kassel. 8°. ca. RM. 3.—.

Der Meine Staudinger Hmdausgabe dcS BGB. auf Grund von Staudingers Kommentar zum BGB.

Bearbeitet von F. «etdel, Rat am B. ObLG.

«envearbeitete Anfrage. Lex. 8®

1281 S. 1931. Geb. in Leinen RM. 18.90.

Der „Kleine Staudinger" ist ein Handkommentar. Er hat gegenüber anderen Hand-

kommentaren den besonderen Vorzug, sofort in jeder Lage über den Standpunkt des herrschenden Staudinger-Kornmentars schlagwortartig und übersichtlich zu unter» richten. Auch dem Besitzer des großen Kommentars leistet er willkommenen Dienst, indem er ihm in einfacheren Fällen daS Nachschlagen im Hauptwerk erspart, in schwierigen Fällen aber das Zurechtfinden im Hauptwerk erleichtert.

Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammergerichts 1931 Nr. 10: Das Handbuch eignet sich ausgezeichnet für die tägliche Praxis.

MltteUunge« deS Prentz. Richtervereins 1931 Nr. 5: Dieser Handkommentar ist beliebt geworden wegen seiner vorbildlichen präzisen, klaren und erschöpfenden Zusammenfassung der Rechtsgrundfätze und der Rechtsprechung.

Der junge Rechtsgelehrte 1931 Nr. 15: Die Handausgabe iff für Rechtsstudenten und Referendare vorzüglich geeignet.

Der Referendar 1931 Nr. 5: .... ein wertvolles, konzentriertes und in jeder Beziehung modernes Kompendium.

I. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier) München, Berlin «. Leipzig.