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German Pages 139 [277] Year 2022
D>Aphoriömen des HippokrareS, verteutscht und commentirt durch
Dr. I. tzs. Pitschaft, G. H. B. Hof- und Medieinalrath, mehrerer ge lehrten Gesellschaften Mitglied, praktischen Arzt zu Carlöruh.
Erster Theil, enthaltend die vier ersten Bücher und Bagliv's goldene Sprüche als Einleitung.
Berlin, 1825. Gedruckt und verlegt bet G. Reimer.
//Nur ein Theil der Kunst kann gelehrt werden, derKünstler braucht sie gan»." Göthe.
Seiner
Königlichen Hoheit
Ludewig, Großherzog von Baden, Herzog von Zäh ringen u. s. w.
allcrunterthänigst zugeekgnet.
Durchlauchtigster Großherzog!
Gnädigster Herzog und Herr!
Möchten Ew. Königliche Hoheit die Zueignung dieser Schrift als ein wohl schwaches Symbol unsichtbarer Em pfindungen allergnädigst anerkennen, und das innigste Dankgefühl und die lauterste Hochverehrung des Verfas sers als Bestimmungsgrund für ihn
zu dem Ende allergnädigst zu erken
nen geruhen!
Ich verharre in tiefster Ehrfurcht Eiv. Königlichen Hoheit
allerunterthänigster
Pitschafr.
Vorwort. Favete, adelte aequo animo et rem cognoscite.
Ter ent. Hippokrates
Der Natur Vertrauter und Liebling, Mann von Beobachtungsgeist, von tiefdurch schauendem Blicke, Geleitet vom Gefühl der Wahrheit, daS ihn
nie verließ, Gründlich, obwohl kein zweckloser Forscher,
Aemsig
und unermüdet im Sammeln der
Zeichen, Ein glücklicher Seher der Zukunft, Hippokr. v. Pir schäft, I. Lft.
A
2 sondern natürlicher
Kein Schwärmer,
Folgen sorgsamer Beobachter, Verführerischer Unterschiede Feind,
Heilsam in allen Gebrechen des hinfälligen Leibes,
Den innern und äußern.
Ein wahrer Arzt,
Einfach wie die Natur, wirksam wie sie im
Handeln, Minder durch widrige Mittel, als schickliche Nahrung,
Stiftete er die Kunst,
die vor ihm nicht
Kunst war. Ward dann mißverstanden. Erhielt ein Ansehen, das er selbst verworfen
hätte, Dis endlich durch edlere Künstler die Kunst'
vom Joche des Anschns,
Der Demonstrirsucht, der Erfahrung ohne Erfahrung
Befreit, wieder Hippokratisch geworden,
«den. Za, den Geist der Aerzte immer Hippo kratischer zu machen, ist die Absicht, die ich'
stets nach
meinen Kräften
verfolge,
und
wenn ich durch die vorliegende Arbeit diesen
Geist bei jungen Männern erwecke, erfrische und recht lebendig mache, so finde ich darin
den schönsten Gcistesgcnuß,
und dieses in
einem um so höheren Grade als ich fühle,
daß ich keine andere Absicht beim Entwürfe dieses Buches chatte, als gerade diese.
Aber Freunde, -wollt ihr wissen, was Hippokratcs wußte, wollt ihr denken lernen,
wie er dachte, soll es Euch gelingen zu wir ken, wie er wirkte: so ist es eine unerläßli
che Bedingung, daß ihr seid, was er war.
Er war wahr, edel, nüchtern, bescheiden, wohlwollend, im Geiste und der Wahrheit dem Göttlichen zugethan, sein Verstand war
großartig, sein Gemüth edle Einfalt. Es ist ewig wahr,
in der Heilkunst
kommt es nicht minder darauf an, was der
Mann ist, als was er weiß.
Wenn je
der mit Ter en z wird sagen müssen: Homo
$um: human! nihil a me alienum puto; A 2
4
so wollen wir doch mit dem herrlichen Schil ler dieses Vorwort schließen „ Vor Unwürdigem kann dich der Wille, ter ernste, bewahren," „ Alles Höchste es kommt frei von den Göt tern herab." und die goldenen Sprüche deö großen Arz tes Baglio, eines wahrhaft Hippokratischen Geistes, als Einleitung zu den Aphorismen des Hippokratcs wäblcn.
Intel cuneta leges ■ st pcrcontabcre dcctos,
H o r a r.
Von der höchsten Nothwendigkeit der Deob/ achtung im Gebiete der Medizin. Der Ärzt, der Natur Diener und Mittler, kann nur in so weit die Natur beherrschen, als seine Denk- und Handlungsweise ihren Gesehn ent
spricht.
Denn der Krankheiten Ursprung und ihre
eigentliche Ursache liegen im Grunde viel zu tief, als daß deS Menschen Scharfsinn bis dahin-drin
gen könne; ja oft schafft die Natur ein neues Werk, wo unser Streben nichts mehr vermag. L^r mit dem Hülfsmittel vieljähriger Erfah
rung ausgerüstete scharfsinnige Geist wird vorzüg
lich die Gabe, Krankheiten zu heilen, erlangen; besonders wenn er das Studium der Bücher da mit verbindet.
Trifft er aber dabei keine sorg-
fällige Auswahl, fa ist zu befürchten, daß er da zu Irrungen verleitet werden dürfte, wo er neue
Hilfsquellen
für
die. Wissenschaft zu
entdecken
hoffte. Die Sprache der Natur, nicht die eines Men schen, redete Hippokrates der RomuluS der Aerzte.
In der alten. Welt glich ihm keiner in der Heil kunst,. und in der neuen wird ihm keiner gleichen,
wenn, die Aerzte nicht zur Erkenntniß kommen,
und gleichsam aus einem- tiefen Schlafe erwacht, nicht einsehen lernen, wie sehr die «^Thatsachen
sich fußende männliche Heilkunde der Griechen von der speculativen und schwankenden Lehre der Neuern
abweicht.
Nicht mehr dürfen sie Hirngespinsten
huldigen, sie müssen zu der Einsicht gelangen, daß man die Heilkunst nicht in die engen Grenzen un seres Verstandes einzwängen kann, sondern daß
man sie vielmehr aus dieser Eingeschlossenheit auf die Bühne der Natur hervortreten lassen muß. Was
die heutige Doctrin vor der Unvoll
kommenheit der älteren auszeichnetdas verdan ken wir lediglich der Experimentalphilosophie un
seres Zeitalters.
Iemehr aber die Arbeiten der
Einzelnen sich zur Gemeinnützigkeit erheben, um
so mehr muß nach besten Kräften unser Streben dahin gehen, eine möglichst vollendete Gewißheit
in der Heilkunst, denn daö ist ja doch der Kunst
7 höchstes Ziel, zu erreichen. 2suf diese Weise wird die Lehre nicht nur die schon so lang her eingemischten vorgefaßten Meinungen unseres Verstan des, die Urquelle aller unserer Irrthümer, able gen, sondern auch auS einem unmündigen und ro hen Zustande, endlich mündig und weise hervorrreten. Man muß die Neuern den Alten nicht ent gegensetzen, sondern in so weit es geschehen kann, mit ihnen in Uebereinkunft verbinden. Denn waS wäre ungereimter, als Schriftsteller, die in der Sache übereinstimmen, der Verschiedenheit der Ausdrücke wegen, der der Ansicht zu zeihen. Ge rade diese Sucht, neue Worte zu bilden, hemmt in seinen glückliche n Fortschritten den Anfänger, diese Zweideutigkeit macht ihn unsicher und mistrauisch, darum weiß er nicht, wo er halten, und ist in ewigem Zweifel, wohin er sich bei Behand lung der Krankheiten wenden soll, er stößt oft an, und nicht selten tauscht er sich oder wird betrogen durch den Schein des Wahren oder Wahrscheinli chen. Den Kranken selbst mag wohl wenig daran gelegen sein, ob ihr die Symptome der Krankhei ten und die Grundprincipien des belebten Orga nismus mit barbarisch klingenden Benennungen älterer Aerzte bezeichnet, wenn ihr nur die wahre Heilmethode kennet, wenn nur eure Worte in die
That übergehen,
und der Erfolg Len Vorhersa-
gungerr entspricht. Nichts zieht aber den Geist von der wahren
Kenntniß der Krankheiten mehr ab als das zü
gellose Ausschweifen im Speculiren und Difputiren- worin sich die arabischen Aerzte, sogar in der praktischen Medicin, so sehr gefielen; ja auch die spateren Galenisten waren nicht besser, sie zogen
dem angenehmen und weiten Gebiete der Natur,
wo das Genie sich freier hätte entfalten können, Albernheiten und leere Spitzfindigkeiten der Dia-
lrctiker vor.
Hierin lange beschäftigt und befan
gen hatten sie niemals den Muth auf neue Ent deckungen zu hoffen.
Die Medicin ist keine Ausgeburt des mensch lichen Verstandes, sondern eine Tochter der Zeit;
welche
durch
lange-.Erfahrung
entstanden
ist.
Man kann sie füglich mit einem- Manne vergleü chen, welcher die verschiedenen Arten der Krank heiten auö dem, was er lange Seit hindurch mit
Bezeichnung des Erfolgs beobachtet und wahrge
nommen hat, erkennt, anschaut und erklärt; nicht nach plausibeln Hypothesen Mittel anwendet, son dern solche, die von der göttlichen Kunst als durch
lange Erfahrung erprobte,
und der nach
strebt.
einer
vorgeschrieben sind,
unvergänglichen
Heilkunst
Diese Heilwissenschaft mit dem Schimmer,
mit der vermeintlichen Pracht und'Hoheit der hy pothetischen verglichen, unansehnlich
dürfte vielleicht gering,
und verächtlich erscheinen. — Aber
in. jener ist kein Heit, kern Leben, nur eine au ßerordentliche Fülle von Aesten und-Blättern *),
vielleicht zum Ansehen
schön,
die
aber- sogleich
wieder verwelkt, wenn sie der Neuheit Reiz ver
loren hat.
Diese hingegen,
so wie wir sie be
schrieben haben, welche nicht auf Erdichtungen be
ruht,-nicht prahlt, und nicht eitel ist, sondern nach einem wahren,
ernsten und dauerhaften Ruhme,
welcher aus-der Heilung der Kranken hervorgeht,
trachtet, die nicht da ist, um mit Blumen zu pran
gen, sondern um die reichlichsten und angenehmsten
Früchte hervorzubringen, wächst von Lage Zu Lage
immer mehr, und tritt immer kräftiger-ins Leben. Zur Heilkunst gehört keineswegs' der Theil der Wissenschaft, welcher zuviel auf Speeul-aticn
baut; sie rechnet auf einsichtsvolle und bedächtige Manner.
Die Kunst besteht aus Gegenständen,
die man ganz durchschaut unb erkannt, hat; und
aus Vorschriften,
welche- mit der Willkühr der
Meinungen nichts gemein haben; sie stellt sichere
*) L l cht en ve ra fnjoit„ Die Gelehrsamkeit kann auch in'd Laub treiben, ohne Früchte zu tragen. Man sinder oft sehr seichte Köpfe, die zum Erstaunen viel wisst«
Gründe auf, die sich von selbst an einander rei hen *), **) welche vor Fehlgriffen im Handeln schü tzen: denn was ist ungewisser als Hypothesen, an denen man heutzutage so viel Geschmack findet? Haben sie wohl etwas Anders zum Gegenstände, als meistens bloße Muthmaßungen, wodurch wir der Ähnlichkeit wegen zu ganz von der Sache verschiedenartigen, ja nicht selten gerade entgegen gesetzten Schlüssen verleitet werden? Wahrlich die trefflichste Kunst, welche das. Werk fleißiger, ge nauer und scharfsinniger Wahrnehmung und For schung ist, gründet sich nicht auf menschlichen Witz; sie ist vielmehr eine aus den verschiedenen Wer ken der Gelehrten aller Zeiten erstandene Weis heit, der in ein Ganzes vereinigte Verstand vie ler Menschen, zu nennen Es w-üre langweilig und überflüßig hier zu berühren, wie viel und welch großes Unheil durch die heiße und brennende Sucht Hypothesen zu schmieden in die Medicin eingeführt worden ist: nur das will ich berühren, daß einige be rühmte Genies von jenen gelehrten und witzigen Erdichtungen gleichsam bezaubert, zu unpolirter und gemeiner Gelehrsamkeit ♦*), wie sie sich hier*) Mo einer aus dem andern nothwendig hervorgeht. **) Das verstanden unter craisa Minerva die Römer.
über auszudrücken belieben, das heißt zur Beob achtung der Beschaffenheit der Krankheiten, und zu der Untersuchung der Kräfte und Eigenschaf ten der Arzneien sich herabzulaffen nicht nur zu träge sind, sonder sich derselben wohl gar noch schämen- Dazu kommt noch, daß. der von diesen erdichteten,, und ersonnenem Sentenzen befangene Geist der Studierenden,, eben darum, weil sie sich einmal darauf verlegt, und dieselbe in. Anwen dung gebracht, haben, sich so sehr.- daran gewöhnt, daß solche hernach in der praktischen Medicin nicht nur nicht als wahrscheinlich erscheinen, sondern daß auch in der Anwendung' in: ihre Gewißheit kein es weg es Zweifel, gesetzt wird-
Wir habrN bisher mehr als zu- viel witzigen Hypothesen in der Physik, subtilen logischen Eintheilungen und Definitionen nachgehangen» DaS mag wohl der Kunst zum Schmuck dienen, — aber gefördert wird sie dadurch nicht. Die Natur ist, freywaltend, und dieß in viel weiterm und größerm Umfange, als dass wir ihr bestimmte Gren zen sitzen und sie in die engen Schranken des menschlichen- Verstandes vrrwrisim dürften, über
Horaz gebraucht diesen Ausdruck Sat, II, r. 3. Baglko bediente sich hier dieses Ausdrucks.
12 welche sie nicht Hittausschreiten könnte,
Die Kör
perwelt wird nach einer wunderbaren, ewigen und unveränderlichen- Norm regiert
ES thut- daher
Noth, wenn wir die Menschen nicht mit Worten
allein beschwichtigen, sondern ihnen in der That helfen wollen, die Naturgesetze aufzufässen, darü ber nachzudenken,, sie zu beobachten,
sich treu
nach ihnen zu richten,, und im. Naturdienste zu
leben: Diejenigen, welche die Theorie mit der Er
fahrung in Widerspruch erachten, die kommen mir in Wahrheit unsinnig vor, mögen sie nun Empi
riker oder Theoretiker seyn.
Denn wie kann man
sagen, Alles gehöre in einer Doctrin,
die,
wie
jeder Vernünftige bekennen muß,, nur durch viel
fache- Anwendung und Versuche erworben wird,
der Theorie an?' Oder man habe nur einzig die
Erfahrung in Betracht zu ziehen, und auf keine
Weise-einen Vernunftschluß gelten zu lassen; man verstehe aber unter dieser geistigen Facultat nicht
jene- Geisteskraft, welche das Verborgene der Na
tur ergründen und entschleiern will, was eigent lich. in dar Gebiet der. höhern Physik gehört;- son
dern jene über Alles herrschende Königin Vernunft,
durch welche der. Arzt das Folgende vorhersieht, ben- Grund und die Ursache der Krankheiten er
kennt,, ihren Fortgang, und Erfolg, weissagt, und
13 aus dem Gegenwärtigen das Zukünftige erräth
und vorhersieht.
2.
Der Ursprung , die Fortschritte, und alles was in der Medicin auf sicherer Basis be, ruht, wurde größtentheils durch Beobach tung. begründet.. Das Bedürfniß hat die Medicin erfunden, die Erfahrung hat sie vervollkommnet.
Sie, die
in ihrer Kindheit roh und unwissend war, wurde
in der Zeitfolge durch neue Beobachtungen berei
chert, welche sich gegenseitig beleuchteten und auf klärten, besonders durch das Alles leitende und ordnende Licht der Vernunft zu einer edcln Kunde
erhoben und von grober Empirie entbunden. Zwei Pole sind in der Medicin, die Vernunft
und die Beobachtung;
die Beobachtung aber ist
der Faden, nach welchem die Vernunftschlüffe des Arztes, sich richten müssen-
Jede Krankheit hat
ihre bestimmte nicht erdichtete, sondern ihre eigen
thümliche Natur: eben so bestimmt und er'gonthümlich. ist ihr Ursprung, ihr Wachsthum, ihre- Höhe und ihre Abnahme.
Und so wie dieses alles ohne
Hülfe des Verstandes und außer allem Zusam menhänge mit. dem Verstände vor sich geht; eben
so hilft uns zur Erforschung der Natur und ihrer Geheimnisse keine Vernünftelei und subtile Dia lektik, sondern nur wiederholtes und fleißiges Be obachten desjenigen, was bei einzelnen Krankhei ten verfällt, und nicht minder jene geistige Fakul tät dem Geiste der Natur conform zu handeln ♦). Sehr häufig entspricht der Erfolg der Erwar tung der Merzte nicht, obgleich wohl dieselbe sich auf Vernunftschluß und Erfahrung stützte; und dieß nicht wegen mangelhafter Beschaffenheit der Regeln der vortrefflichen Kunst; sondern wegen einem vielfachen unerwarteten Zusammentreffen, sowohl von innern als äußern Verhältnissen oder gar wegen Vernachläßigung und Fehlern des Kranken, der Umstehenden und des Arztes bei Anordnung, und Bestimmung dessen, was zur Kur gehört.
Viele Aerzte trauen den Vernunftschlüssen zu viel, und nichts der Erfahrung zu, viele handeln wieder umgekehrt. Beide Theile 'fehlen auf glei che Weise; daher so viele Streitigkeiten unter
*) ES heißt im Texte: ncc non solertia mcntis naturae methodo conformis ac pedissequa. DaS wäre wohl jene facultas innata et inconimunicabilis von der Sillen in seiner Synopsis universae medicinao practicae spricht.
15 den Aerzten, daher so viele Widersprüche in der Theorie und Prärie. Jenes unendliche, feine, nicht allein den Sin nen sondern selbst dem Scharfsinn des menschlichen Geistes entzogene Gewebe *)**) der Bestandtheile des lebenden Organismus ist uns verhüllt, und wird es ewig bleiben. Auch eine der Leitung der Vernunft entzogene Erfahrung, ist nicht selten trüglichWenn sich daher nicht beide wechselseitig be leuchten, werden sie beide die Veranlassung zu Irrthümern abgeben. Obschon wir nicht wissen, worin eigentlich das Gebrechen eines leidenden Organs besteht und uns die eigentliche Wesenheit *♦) her Krankheit unbekannt ist:, so beobachten wir doch den jeder Krankheit eigenthümlichen Typus, ge wisse Gesetze ihrer Au- und Abnahme, oder ihre bestimmten und unwandelbaren Perioden. Daß sich die Sache also und genau so verhalte, geht klar hervor, wenn man die Natur ihrem Willen ge mäß handeln laßt und nicht durch ein unpassendes Heilverfahren stört. Verhält sich dieß anders, so *) Man vergesse hier nicht, die Etymologie dieses Aus drucks wohl tu erwägen.
**) Wir kennen eben das Wesen des Lebens überhaupt nicht.
liegt die Schuld an der Heilmethode.
Denn zwei
von ein und derselben Krankheitsform ergriffene Kranken von verschiedenen Aerzten nach verschie dener Methode behandelt, werden rvolch auch ver
schiedene Symtome darbieten müffen.
Geht nun
in dem Heilverfahren ein Fehler vor,, so wird
wohl der Arzt nicht
der
Urheber vieler Symptome,
aber die Krankheit die
veranlaffende Ur
sache seyn.
Vergleicht man die Aphorismen und die Dor hersagungen des Hippokrates mit- den -Beobacht Lungen der Spätern, so ergieüt sich, daß das W?
sen der Krankheiten noch dasselbe ist, und daß sie noch denselben Verlauf haben, als ehemals.
Aus
dem Allen kann man wohl mit allem Recht fol
gern, daß die Medicin weder so ungewiß sey, noch auf so sichren Gründen, wie man gemeinhin da für Halt,
sondern auf bestimmten, durch lange
Erfahrung bewahrten Gesetzen beruhe.
Denn die
Beobachtungen, welche die Hauptsache der Kunst
sind, haben den menschlichen Körper zum Gegen
stand, dessen sowohl normale als anomalische Be wegungen ihren unveränderlichen.Ursprung, regel
mäßige und beständige Zeiträume haben.
Dem
nach kann es nicht fehlen, daß die auf selche Deobachtungen gegründeten Lehrsätze gewiß und halt
bar sind.
Da dieses Hippokrateö klar einsäh,
so ging
sein ganzes Streben dahin, daß er richtig und
fleißig Beobachtungen anstellte, vermöge welchen
er erkannte, daß die Krankheiten ihre besrändi-
gen und individuellen Symptome, aber auch ei
nige sind,
accidentelle
und
solche die andern gemein
Die beständigen hängen nun von
haben.
der individuellen und constanten Natur der Krank
heit ab.
Die hinzugekommenen zum Theil von
der verschiedenen Heilmethode, zum Theil von dem
vielfachen und verschiedenen Eonflikt von Veran lassungen.
Die erstem als Regeln in der Kunst
hat er in seine Aphorismen und Vorschriften aus
genommen^ seine
Die andern,
Lehrsätze
hat
er sie
nicht ausgenommen,
doch nicht gemeint,
schon in
so war er
daß man sie vernachlässigen
solle, er hat sie den Kunsttalenten des klugen und
scharfsinnigen Arztes überlassen.
Diese unverän
derlichen Krankheitäsymptome (welche man charak
teristische Zeichen der Krankheiten nennen könnte)
sind zuweilen klar, und liegen offen vor unsern Sinnes, bisweilen sind sie dunkel, und ihr wahr scheinlicher Grund ist schwer herauszuheben.
Wel
cher Art sie aber auch immerhin seyn mögen, so darf
sie der Arzt, doch nicht gering achten, sondern mit derselben Einfachheit in der sie erscheinen, aufzeich
nen.
Denn gleichwie von den geringsten Umstän-
den Heilanzeigen abgeleitet werden, so muß man den kleinsten und halbdunklen Bewegungen der Krankheiten nachspüren, und sie beschreiben. Da durch wird nicht nur allein die Geschichte der Krankheiten vervollkommnet, sondern, woran noch mehr gelegen ist, die Heilmethode selbst. Ueber so etwas, wenn sie es hören, pflegen die neuern Aerzte zu lachen, sie übersehen es bei ihren Beobachtungen zum großen Nachtheil der Kran ken. Es giebt der Dinge viele, welche über un serm Horizont liegen; diese darf man nicht ge ring achten, es ist die Sache der Weisheit, da wo ihre wahre Natur durch Vernunftschlüffe nicht zu ergründen ist, die äußern Erscheinungen flei ßig zu bemerken, und daraus Vorschriften für die Praxis zu entlehnen.
Der menschliche Geist, wenn er verzweifelt oder nicht stark genug ist, vorliegende Schwierig keiten zu beseitigen, und den wahrscheinlichen Grund eines Dinges zu ergründen, pflegt sich gern selbst zu verzehren und sich gleichsam im Betrieb unnü tzer Gegenstände aufzureiben. So sagt Baco: „wenn die Menschen an dem Aufsinden der Wahr heit einmal verzweifeln, so entwickelt sich Alles weit träger, daher es denn geschieht, daß sie lie ber zu ergötzlicher Dialektik und zu flüchtigen
Durchwanderungen durch das Gebiete der Natur ihre Zuflucht nehmen, als auf dem Wege der strengen Forschung zu verharren." Wenn nun das geistige Aug- der Gegenstände Höhe nicht er schauen kann, so muß man die Beobachtungen, wie sie auch immerhin seyn mögen, aufzeichnen und nicht durch die Schminke der Speculation entstellt den Lesern vorlegen, so wie man ehemals von den Asklepiaden zu sagen pflegte, daß sie ohne Farben, fein gemalt haben. Aus dem Ge sagten erhellt: daß der Ursprung der Heilwissenschaft und alles Haltbaren in ihr von der Ersah, rung ausgegangen ist. Was aber die besondere Kur einer jeden Krankheit betrifft, so dürste diese wohl schwerlich gelingen, wenn sich die Vernunft nicht zur Erfahrung gesellte. Denn die tausend erlei Ursachen der Krankheit, die verschiedenen Temperamente der Kranken, Alter, Geschlecht, Le bensart, die klimatischen Verhältnisse, die ver schiedene Beschaffenheit der Jahre, endlich unzäh lige andere Dinge, die zur Erzeugung und Be günstigung der Krankheiten Zusammentreffen, ver wirren den Gang und das bestimmte Wesen der Krankheit und ihrer Erscheinungen bisweilen der gestalt, daß es schwer fällt das Wahre zu ent decken, wenn nicht Alles umsichtig erfaßt, mit Scharfsinn überdacht und beleuchtet wird.
3.
Von den Hindernissen, welche bis hieher die Aerzte In ihren Beobachtungen beschränkten. Wenn das bisher Gesagte zum wenigsten wahrscheinlich ist;
wahr oder doch
so bleibt nur
noch übrig, die Gründe aufzufinden,
wodurch es
geschah, daß'die praktische Medicin durch ein sol
ches Studium der Beobachtungen m'cht sonderlich
gewinnen konnte Dahin rechnen wir; die Verhöhnung der alten Aerzte; falsche Götzen oder falsche vorgefaßte Meinungen der Aerzte, falsche Analo
gien, verkehrtes Bücherlesen, unrichtige Auslegung
der Bücher,
und die üble Gewohnheit, Systeme
zu schmieden, das unterlassene Studium, die Krank heiten kurz und bündig abzuhandeln.
Außerdem
wäre noch vieles zir rügen und- zwar ganz insbe sondere der verkehrte-Unterricht der Lehrer.
Da
wir unsern von Dorurtheilen noch nicht befange
nen Verstand fürs Erste ihnen unterwerfen müs
sen,
so geschieht es denn,
daß wenn diese keine
Lehrmethode haben, oder von Irrthümern befan
gen, oder mit wenig Scharfsinn begabt sind, die ses Alles auf uns übergetragen wird, und uns so
fest anhängt, daß es hernach kaum auszulöschen ist, wenn uns nicht bessere Lehre oder eigene Er
fahrung auf den Weg der Wahrheit leiten und
21 somit die erste und hauptsächliche Quelle unsres
Irrthums verstopfen. Der stärkere Glaube an unnütze Hirngespinste,
als an die Winke der Natur hat unzähliae und schädliche Irrthümer hervorgebracht.
Man be
herzige nur, daß die Natur frei handelt, daß sie
nicht unsern Einfällen unterworfen ist: daß
sie
ihre Verrichtungen so verborgen vo.rnimmt, daß sie auf keinem andern Wege erforscht werden kön
nen,
als durch naturtreue Beobachtungen und
Dernunfrschlüfse.
Es ist wohl nicht zu verwun
dern, daß Männer, welche mit erhitzter Phanta sie gleichsam nach Willkühr über sie aburtheilen,
falsche Schlüsse machen und auf diese gestützt bei
ihrem Heilverfahren keinen erwünschten Ausgang sehen.
Aber darüber muß man sich wundern, daß
sie die Ursachen der hieraus entspringenden Ir
rungen leichtsinnig genug der Unhaltbarkeit und
Ungewißbeit
der Kunst,
nicht aber ihrer .ver
kehrten Art Betrachtungen.anzustellen und Schlüsse
zu machen,
beimessen.
Aus diesen Ursachen ist's
heut zu Tage dahin gekommen, daß viele die Me dicin als ungewiß verschreien, daß andere über die
Lorhersagung spötteln, andere die Arzeneien tumultuarisch, ohne die Gesetze der Kochung und der
Krise zu würdigen, ohne Beherzigung des Zeit punkts der Krankheit, anwenhen; viele den Alten
nichts, den Neuern zu viel zutrauen, andere aber
gar keinem Theile Glauben beimessen. Da sie
nun
ihres
Geistes Niedrigkeit
der
Schlichtheit und Einfalt der Natur nicht unter
werfen mögen, sondern mit der Arroganz ihrer Theorien über ihre Erscheinungen absprechen, und
anstatt sie treu nachzuahmen, sie nachäffen, so ist's kein Wunder,
daß sie *-ie über die Kurarten der
Krankheiten herrschenden Irrthümer nicht lösen, sondern nähren,
gegen andere eintauschen,
und
nicht auslöschen. 4,
Ueber Verspottung der alten Aerzte. So wie es unter der Würde eines Gelehrten
und eines Mannes von Ehre ist, der ausgezeich neten Arbeiten und Bemühungen anderer zur Be
förderung der Wissenschaften zu spotten,
eben so
gereicht es auch dem allgemeinen Besten und dem glücklichen Fortschreiten Nachtheil.
Dieses
der Wissenschaften
bestätigt
sich
nirgends
zum
wo
mehr, als in der Medicin. Was nun vorzüglich die Alten angeht:
so
verdienen sie wohl eher Lob als Geringschätzung und Lästerung.
Abgesehen davon,
daß
sie den
Grundstein der erhabensten Kunst gelegt haben,
haben sie daS Wesen der einzelnen Krankheiten
so sorgfältig erwogen, und die reine practische Medicin, durch so reichhaltige Zusätze bereichert, daß uns nur eine geringe Hoffnung etwas Höhe res zu erreichen übrig bleibt. Die Neuern zu vergöttern und über Gebühr zu erheben, ziemt keinem vernünftigen Manne. Wir bitten demnach alle Aerzte, daß sie künftig hin sowohl die Neuern wie die Alten gleicherweise würdigen möchten, daß sie beim Lesen beider Theile nichts sorgfältiger alS bewahrte Vorschrif ten, Winke und Arzneymittel, welche von reellem Werthe, ewigem Nutzen und Wirksamkeit sind, suchen; alles übrige Unwesentliche, und waS nichts frommt, aber gänzlich übergehen möchten. 5.
Von den falschen vorgefaßten Meinungen der Aerzte. Diejenigen, welche dafür halten, sie würden die Krankheiten glücklich behandeln, weil sie die Theo, rie inne haben, irren sich. Ich sage, sie irren sich, weil der Arzt etwas Höheres im Auge haben muß, wenn er die schuldlose Kunst gegen Derläumdungen sicher stellen, und die Kranken aus dem leidigen Zustande der Krankheit in den be haglichen der Gesundheit versetzen will. Er muß
Leichenöffnungen der an Krankheiten Verstorbe
nen vornehmen,
und der Hände Schmutz nicht
fürchten, um den Sitz der Krankheit und ihre Ur sache zu finden, und um den Erfolg aller Erschei nungen der vorhergegangenen Krankheit möglichst
-klarer einzusehen.
Er muß den Koth und den
Harn, die Zunge und die Augen, den Puls und
das Gesicht des Kranken genau betrachten, seine
Leidenschaften, seine ganze Lebensart, seine Feh ler, und vieles andere,
was denselben angeht,
wohl erwägen, auf daß er zur wahren Erkennt niß und Vorhersagung gelange, und die wahren
Heilanzeigen erkenne.
Das bloße Glänzen auf
Academien oder Besuchen der Bibliotheken, der
Reichthum von Büchern, ohne daß man dieselben liest, Mitglied gelehrter Gesellschaften zu sein, in allen Zeitschriften zu prangen, wird zur Linde
rung ter Schmerzen der Kranken micht im ge
ringsten etwas beitragen.
Aber wohl, wenn man
an die schmutzigen Betten der Kranken tritt, die
öffentlichen Krankenhäuser fleißig besucht,
und
mit strenger, unerschütterlicher Beharrlichkeit alles, was sich Gutes oder Schlimmes in den einzelnen
Stadien der Krankheiten zugctragen hat,
auf
zeichnet, welchen Verlauf die Symptome gehabt haben, welche Veränderungen nach
der Anwen
dung
düng von Arzneien eittgetreten sind: ob die ge genwärtige Krankheit die Form einer andern er
leidet, inwiefern sie selbst gutartig, bösartig, hef tig, oder im Zeitverhaltniß zu ihren Symptomen es ist; welche Heilmethode für jede Krankheit un
veränderlich haltbar befunden wurde, welches das Bild der Krankheit und ihrer Symptome gewe
sen, welchen Ausgang fie genommen, was ausge stoßen oder was zurückgeblieben sey.
So steht
noch gar manches mit der Natur der Krankheit
in naher Beziehung, was wohl aufgefaßt und nicht übersehen werden darf. Die eitle Ruhm-Begierde, hat zu allen Zei,
ten die Aerzte genarrt, und sie verleitet Parteyen
zu bilden, anstatt daß fie einzig und allein hätten
darauf denken sollen, neue Erscheinungen zu ent
decken, welche die Geschichte der Krankheiten auf klären und bestätigen.
Da sie sich aber das We/
sen der Krankheiten nach Willkühr dachten, und nach ihren Träumereyen verkehrt darstellten; so
ists kein Wunder, daß sie Grund und Eigenthum
der Medicin beeinträchtigten, und daß ihr blühen der Zustand durch die Menge unnützer Bücher ge* trübt werden mußte.
Aber die Anhänger dersel
ben wollen sich lieber aus eitler Achtung für jene
Träumereyen, oder aus Trägheit von ernster For, Llpvokr. v. Pitschafr, I. £().
B
schimg abgeschreckt
den Ruf eines scharfsinnigen
Auslegers, eines starken Gegners oder eines ge drängten Methodikers erwerben, als durch eigene Beobachtungen die Diagnose, Prognose, und die Heilmethode bestimmen; oder daß ich eS noch deut licher sage, sie spielen die Rollen des Meisters —
des Docenten (des Lesers)*), nicht aber die des Erfinders, und dessen, der zu dem schon Erfunde
nen Beiträge liefert.
Einige, Sätze
auS
verschiedenen
Ca-
p i te ln. Sm Grunde ist daS wahre Fortschreiten der
Medicin nur dann zu erwarten, wenn Alle zu ei
nem allgemeinen Einverständniß hinstreben. Die Art, durch Vergleichungen zu schließen, ist zur Vervollkommnung der Kunstzweige, welche der Naturwissenschaft angehören, und besonders
der Medicin,
allen übrigen Schlußweisen vorzw
ziehen; theils, weil sie der Natur folgt, und so zu sagen, gemeinschaftliche Sache mit ihr macht;
*) Es heißt im £ in otio occupatus, multo agendo nihil rationale agene gemacht hat, erholen, ist eine bekannte Sache. Daß man hierin nichts übertreiben darf, ist wohl natürlich. DaS meint auch Hippokrates, da er dem Vorder» fatze gegenüber „schnell" sagt. Id arbitror Adprime in vita ess» utile* ut ne q^uid nimis. Ter e nu
8. Wenn Jemand nach erstandener Krankheit beim- Genuß von Speisen nicht an Kräften zu nimmt, so ist's ein Zeichen, daß er sich zu reichlich nähre. Nimmt er hingegen keine Nahrung, und dieß wiederfahrt ihm, so wisse man, daß ihm ein» Ausleerung Noth thut.
Wenn Jemand nach vollkommener Solution der Krankheit beim Genusse der Speisen nicht an Kräften zunimmt, sa hält Hippokrates dafür, daß er sich zu stark, nähre. Es ist dieses sehr na türlich. Wenn mehr Nährstoff den VerdauuygS, Werkzeugen übergeben wird, als sie vertragen,
verarbeiten können; so muß natürlich das Verdauungsgeschäst alienirt, demnach kein guter Chy-
lus bereitet, und die Zunahme an Kräften ver
eitelt werden.
Dieser Satz ist also gleichsam ein
Commentar zu dem vorausgesandten.
Dadurch
wird der Sinn, in dem derselbe zu verstehen sei, auch sicherer gestellt. Fehlt aber nach einer Krankheit die Eßlust, und der Kranke kommt nicht zu Kräften,
so ist
die Krise nicht vollkommen vor sich gegangen, er ist noch etwas Dom Caput mortuum zurück: und das muß natürlich auf schicklichen Wegen entfernt werden.
Jeder erfahrene Arzt hat täglich Gelegenheit, zu beobachten, daß nach acuten Fiebern, nament
lich ist dieses bei exanthematischen der Fall,
die
Reconvaleöcenten trotz aller sogenannten Roborantien nicht zum
vollkommenen Gesundheitsgefühl
gelangen, ja daß sie nicht selten an allerlei Nach wehen kränkeln,, bis sie
mit Weglassung- aller
vermeinten Stärkungsmittel durch ein Abführungs
mittel, und durch Mittel, welche die freie Diaphoresis bewerkstelligen, wie durch einen Zauber schlag zur vollkommenen Gesundheit plötzlich gelan
gen.
Cachectrscher Zustand, Leucophlegmatie der
Haut, gestörte Nierenfuncti'on, Taubheit werden
nach Masern und Scharlach durch laue,, erwei-
chende Bäder, und durch cfn. antiphlogistisches Abführungsmittel, oft weggezaubert..
9; Will man purgieren,, so muß man daS AuSruführende zum Abflusse gangbar, machen..
ES ist eine'bewährte Regel,, die alle großen Aerzte beobachten, daß man die Krankheitsmaterle erst beweglich- machen müsse;- daS geschieht durch solche Mittel, welche die alten. Aerzte sehr schicklich Resolventia nannten,, eine Benennung,, die hin und wieder verrufen ist. Es wäre sehr ungeschickt,, gleich mit. starken Abführungsmitteln, darein zu- fahren». Wir haben auch am unserem jetzigem antiphlo«gistischen, auflösenden und abführenden. Mitteln,, welche diese Eigenschaften mit einander, verbinden,, einen großen Vortheil gegen, die früheren- Aerzte der alten- Welt. HippokraleS kannte $u: seiner Zeit hauptsächlich nur stark, abführende. Mittel.. ES that also um so mehr Noth,, auf daS Deweglichmachen der/ Stoffe durch anfeuchtende- Mittet recht aufmerksam zu machen- Unsere vortreffli chen Salze und Muße/ unser herrlicher Tartarus
87
emeticus u. s. w. standen Hlppokrates noch nicht zu Gebote.
So ist es z. B. gefährlich,
Leute, die an
Obstructiones viscerum, an Stagnationes humorum in diesen Theilen leiden, mit starken Ab-
führungsmitteln mit
zu
resolvirenden.
thun.
behandeln.. gelinden-
Man
muß es
Abführungsmitteln
So bekommen Leutewelche lange an or,
ganischen. Fehlern des Herzens, und. der Respira tionsorgane laboriren, eine vorstehende Contrac-
tilitätsschwache im. ganzem Darmkanal, sie leiden sehr häufig an KothanhäufunA im. C'oecum, wozu
sich abwechselnd nicht» selten, ein Durchfall gesellt,
der aber, allemal mit Abgang dieser Kothverhar-
tungen aufhort;
diese Zustände wiederholen sich
oft, die dabei, statt findenden. Kolikschmerzen ha,
ben Ähnlichkeit.
mit denen bei.
der Bleikolik.
Solche Individuen mit starken, heftigen,, schnell
wirkenden Laxantien zu: behandeln- wäre sehr ver derblich;' man würde Contractilitätsschwäche, die
Anhäufung von Saburra für die Folge nur ver
mehren.
Dahingegen man. sie zu ihrer. Wohlfahrt
mit gelinden, auflösenden,, seisenhaltigen, bitter stoffreichen Mitteln,., und- mit. Neutralsalzen be
handeln wnd, denen man auch zeitlich solche Mit tel, welche den Ton der Faser heben
ken, beizufügen bedacht sein muß.
und stär
SS 10.
Je mehr man unreine Körper nähren wird, je mehr wird man ihnen schaden.
So richtig und klar dieser Lehrsatz ist, so
giebt es doch noch leider Aerzte, welche die ver meinte Schwäche in Fiebern mit kräftigen Brü hen und Suppen zu heben bemüht sind.
Man
kann diesem Unwesen , das auch von vielen Laien in den Häusern der Reichen, so wie auch der nie
dern Classen getrieben wird, nug. Einhalt thun.
nicht, sorgfältig ge
Die kräftigen Brühen und
Sulzen, die oft hinter dem Arzte gereicht wer,
ben, vereiteln oft den ganzen. Curplan..
tt. Man erquickt sie leichter mit Trinkenals mit Essen. Die Natur ist hier selbst Fingerzeig.
Diese
Individuen sehnen sich nach Flüssigkeiten, welche denn auch sehr geeignet sind, das Rohe zu lösen,
aufzulockern, und beweglich zu machen.
12.
Ueberbleibsel »ach der Krise verursachen Rück fälle. ES ist wohl sehr natürlich, daß, wenn die die Krankheit bedingende Ursache nicht ganz ge, hoben, wenn der Krankheitsstoff nicht ganz aus geschieden, demnach im Grunde die Krise keine vollkommene war, Rückfälle zu befürchtn sind. Zeichen hievon sind, wenn der Urin, nachdem er sich zwar schon einmal gebrochen hat, wieder roh wird, wenn bei Frösteln der Schweiß klebricht wird; auch pflegen die Kranken über Hitze in den in, nern, Schauder in den äuffern Theilen zu klagen, wenn die Zunge und die Rachenhöhle wieder trocken werden, die Lippen spröde sind, wenn man eine begrenzte Nöthe, einen rothen Flecken auf einer Wange, selten auf beiden wahrnimmt, wenn sich die Augenlieder verkleben, die Nase kei nen Schleim absondert, wenn die gewöhnliche Phy siognomie sich nicht wieder einstellen will, der Kranke über Verschlagenheit der Glieder, über unruhigen Schlaf, über vermeintlichen Hunger ohne wahre Eßlust klagt *)♦ *) Diese Rückfälle, so wie die jetzt häufiger alS ehedem vorkommende Meraüasen suchen sehr häufig ihren Grund
In diesem Falle' hat man Ursache, auf der
Hut zu sein; der Rückfall wird nicht ausbleiben, und ist nicht selten, schlimmer, wenigstens langer
dauernd, als die vorhergegangene Krankheit.
Das
Heilgeschäst wird hier nothwendig, dem vorliegen
den Falle entsprechend,. wieder begonnen, werden müssen.
DaS Wort Krise kann, in diesem Lehr
sätze nicht streng genommen werden.
Die Krank
heit scheint nur ihre Endschaft erreicht zu haben.
Coluber latet herba. —
13.
Diejenigen, welchen die Krise bevorsteht, brin gen vor dem Paroxysmus eine schwere Nacht zu:
die folgende ist. dagegen, meistens besser. Bevor die Krise tintritt", hat die Krankheit
ihre Höhe erreicht,, und die Natur ist im heftig
sten Kampfe mit. der- Krankheit begriffen. ist eine ausgemachte. Beobachtung.
Da
Merkwürdig
ist es: daß, der Sieg,, wie die Niederlage der Le benskraft fast immer in die Nacht fällt; es ist
also natürlich, daß in diesem Kampfe gerade diese
in einem tumuttnarisch eingelöteten, reihenden Heil, verfahren; eben so kann sie ein zu weit getriebenes an tiphlogistisches Heilverfahren herbeiführen.
Nacht die härteste ist. Tritt die Krise ein, ebnet sich das schäumende Meer-, nun so wird der Kahn beim freundlichen. Tageslicht ruhig, dahin schwim men. Die folgende Nacht wird erquicklich sein. Dieser Zeitpunkt ist für den Heilkünstler wich tig. Man wird denr Kranken Ruhe,., kühle Luft, leichte Bedeckung empfehlen, sehr sparsame Nah/ rung, fleißiges Trinken auflösender Getränke, Zuckerwasser, leichte Ptisane verschreiben. Man wird bei zu heftigem Congestionen nach, dem Ge hirn kalte Umschläge, bei sehr heißer Haut kalte Waschungen vornehmen lassen, bis die kritischen Erscheinungen eintreten. Ja, man wird bei star ker Plethora, bei zu heftiger Aufwallung des Blutes sogar einen Aderlaß zu ungemeiner Er/ lcichteruna des Krankem vornehmen lassen. So sagt Selle in der Abhandlung der Febris continens putrida sehr richtig: Quodsi ergo simul virium ratio in censum trahatur, venae sec. tio omnino et in. Ins febribus. praecipue ver sus crisin, ubi ejus motus saepe abundantia humorum impediuntur, utilitatem praestare potest. Pyretologia p. 192.
Dagegen wird man auch bei kleinem sinken dem, zitterndem Pulse das Gefäßsystem unter stützen, das aufgeregte Nervensystem beschwichti-
gen mässen.
In solchen Fällen muß der Kranke
häufiger besucht werden.
Der Arzt muß gleich
sam auf der Lauer stehen.
gehen.
Er muß ab- und zu
Der gereifte Arzt weiß aber: baß er hier
am besten thut,
wenn es nur immerhin möglich
ist, mehr den Zuschauer zn machen; mehr defensiv als offensiv
zu Werke zu gehen.
Wir können
hier nicht ausführlicher sein; verweisen aber noch
auf den rosten Aphor. des 2. B.
14. Bei Bauchflüssen sind Veränderungen/ welche in den Excrementen vorgehen, wenn sie anders nicht in's Schlimmere gehen, heilsam.
HippokrateS macht nun hier auf ein wichti
ges Zeichen einer bevorstehenden guten Entschei
dung aufmerksam. Werden nach
Schleiminfarcten
Ausleerungen und
gallichter
von
Saburra,
Materie
die
Stuhlgänge kothig, nun so ist das natürlich ein
sehr gutes Zeichen; es zeigt dieses Wiederherstel
lung der alienirt und alterirt gewesenen Verdau ungsorgane an.
Ganz dasselbe finden wir in der
Ruhr, in der Lienterie,
im Bauchfluß, in dem
Morbus niger Hipp, und in der Gelbsucht. Wer-
den.dag.egen die Ausleerungen immer colliquati-
ver, stinkender, gehen die Speisen unverändert
nun so deutet das natürlich die größte Zer
ab:
rüttung der Verdauungswerkzeuge und Auflösung des Körpers an.
15. Sft die Rachenhöhle ergriffen,
oder kommen
Geschwülste auf dem Körper zum Vorschein,
gebe man auf die Ausleerungen Acht.
so
Denn ge
setzt,
sie wären gallicht, so ist der Körper mit
krank.
Hingegen darf man getrost Nahrung rei
chen, wenn dieselben den gesunden gleichen.
Daß die Angina faucium gastrica nicht sel ten vorkommt, ist eben so bekannt, als die Beob, achtung, daß mancherlei Hautgeschwülste, Dlutge« schwüre, Mitesser, Nesselsucht, und so mancherlei
kleine Hautverschwärungen, u. s. w. von gastri schen
und
gallichten
Unreinigkeiten
herrühren.
HippokrateS sagt daher, wenn man nun bei frag
lichen Affectionen gallichte Ausscheidungen
wahr,
nimmt, so ist anzunehmen: daß der ganze Orga nismus in Mitleidenschaft gezogen, und das Lei
den nicht alö ein topisches zu betrachten ist.
Dem
nach kann mah die Nahrungsmittel in fraglichen
Affettionen nur dann getrost reichen, wenn die Ausleerungen den gesunden gleichen. Ich wüßte meinerseits diesem Aphorismus keinen andern Sinn abzugewinnen. 16.
Beim Fasten erschöpfe man sich durch Arbei/ ken nicht.
Der Sinn dieses Aphorismus ist sehr klar. ES wäre Gesundheit untergrabend, wenn mau beim Fasten sich durch Arbeiten erschöpfen wollte; das Leben würde alsbald unterliegen. 17.
Wird eine reichlichere Nahrung, alS es der Natur entspricht, genossen, so entsteht Krankheit. DaS Heilverfahren selbst weis't daS aus. Die Erfahrung hat das so sattsam ausgewicsen, und die Sache ist auch so einleuchtend, daß wir sie nicht mit langer Rede begleiten wol len. Wenn ein Reconvalescent zu viel Nahrung, mehr als er vertragen kann, zu sich nimmt, so wirb ein Rückfall nicht ausbleiben, oder auch der
Stoff für eine künftige Krankheit dadurch abger geben werden. „Das Heilverfahren selbst weis'L das ans." Wenn der Reconvalescent sich einen Rückfall durch Ueberladung mit Speisen zuzieht; nun so werden AbführungLmittel die Gesundheit wieder herstellen. 13. Die, welche sich reichlich und schnell nähren, haben auch schnelle Abgänge.
Sehr einfach; wer reichliche Nahrung und oft zu sich nimmt, der muß auch geschwinde Ab gänge haben.
Jeder aufmerksame Beobachter kann bei ®e/ vesenden wahrnehmen, daß sie, wenn sie auf frag liche Weise sich nähren, sehr häufige Excretionen haben; das geschieht nun bei einer mäßigeren und seltner genommenen Kost nicht, welche letztere den Genesenden nur zusagt, nur verdaut, asstmilirt und animalisirt werden kann. Wa- auch physiologisch sehr einleuchtend ist.
19.
Zn HLtzlgen Krankheiten sind die Vorher-» sagungen, sowohl die des TodeS als die der Ge nesung, keinesweges zuverläßig.
Jeder erfahrene Arzt weiß: daß in acuten Fiebern die Prognostik schwierig, daß sie aber in Beziehung auf den Ausgang durchaus nicht zuverlüßig ist. Bei einem oft dem Scheine nach ganz guten Verlaufe stirbt der Kranke; und von den verwickelteste» bösartigsten Fiebern steht der Leidende wieder auf. Diese Tücke haben Vorzüge lich die gastrisch-nervösen und die Schleimsieber en sich; das muß sich der junge Arzt fein mer ken. Vorzüglich mag er sich merken: daß wenn in solchen Fiebern die Symptome sich widerspre chen, die zuverläßige Prognose eine sehr mißliche Sachs ist. 20.
Leute, welche in der Zugend weichleibig wa ren, werden im Alter hartleibig sein. Dagegen werden die, welche in der Jugend trockene Stuhl gänge haben, im Alter flüssige haben.
Die
Die Weichleibigkeit an und für sich ist dem jugendlichen 2slter angemessen, wir werden später im 5Zsten Aphorismus auf den Gegenstand zu
rückkommen.
Es ist also dieses nur der Fall bei
solchen Individuen, welche in der Jugend an ab normer Weichleibigkeit von allzugroßer Reizbar
keit des Darmkanals leiden.
Diese Neigung zu
Durchfällen wird im jugendlichen Alter durch Ver
stimmung des ganzen Darmkanals bedingt; das kann nun geschehen durch Saburra, Wurmstoffe, Würmer, durch zu große Reizbarkeit der Gallen
organe, durch allzu große Reizbarkeit der Nerven des Unterleibs, durch Erschlaffung der Häute des Darmkanals, Contractilitäts-Schwäche und krank hafte Stimmung der Drüsen des Unterleibs. Diese
Ueberreizung und krankhaft gesteigerte Funktion des Darmkanals geht im voranschreitenden Alter
in Stumpfheit und Lahmheit über.
Es ist con-
stante Erfahrung: daß anhaltende abnorme Reiz barkeit und Ueberreizung des Organs in Stumpf heit und Lahmheit übergehen. So geht z. B. all
zugroße Reizbarkeit der Geschlechtsorgane in Im potenz über,
durch hitzige Nahrungsmittel und
Getränke allgewaltig aufgeregte Thätigkeit des
Gehirns endigt mit Stumpfsinn, u. s. w.
Hippokr. v. Pitschafr, I. Ty.
E
21. Der Genuß des Weins mildert den Hunger.
Hippokrates
hat
hier
in wenigen Worten
eine gemachte Erfahrung niedergeschrieben.
Der
Wein vermindert die Sensibilität der Organe, na
mentlich die der ganzen Bauchhöhle. bekannte Erfahrung,
Es ist eine
daß Weintrinker
weniger
Appetit haben, als Wassertrinker; und daß man
daä
Gefühl
des Hungers
Wein auf einige
durch
einige Gläser
Zeit verscheuchen kann.
Der
Wein hat das mit den Narcoticis gemein.
Der Genuß macht muthig, weil er die Sen
sibilität vermindert.
Der
im Anfänge der Be
rauschung mit Unempfindlichkeit gegen Beschwer
den und Schmerzen physischer und psychischer Art vergesellschaftete, in Uebermuth und Tollkühnheit übergehende Muth ist eben nicht ein Seichen ei ner erhöhten Thätigkeit des Nervensystems, son
dern ist vielmehr die Folge aufgehobener Aengstlichkeit und Vorsicht, welche beide Eigenschaften mit der Sensibilitätsgröße des Nervensystems im
Verhältniß stehen.
So vermindert auch der Wein
genuß die Sensibilität der Geschlechtsorgane. Die Nachwirkung ist freilich wieder anders.
Wein
Denn der
t-vhN't das Leben im Blutsystem,
sonach
99 vermehrt er die Secretion der absondernden Or gane u. s. w.
22. Durch Ueberfüllung entstandene Krankheiten heilt eine Ausleerung; so wie die von einer Aus,
leerung Anfüllung heilt; und so auch bei-den übrü
gen immtr das Gegentheil.
Hippokrates spricht hier mit schlichten und einfachen Worten die Grundregel der Kunst im Allgemeinen auß, welche sogar die Laien erfaßt
und sich angeeignet haben.
Freilich ist hier der
specifischen Mittel-noch nicht gedacht, welche der wichtigste Gegenstand der Kunst sind.
Immerhin wird es aber wahr bleiben: daß
Ueberfüllung Anfüllung, — Entleerung Entziehung
erheischt.
Was auch in umgekehrten Verhältnis
sen richtig ist.
Die vorangeschrittene Kunst hat
diese Absicht, welche immerhin dieselbe bleibt, auf
verschiedene Weise zu erreichen gelernt. fcinev klar:
Es ist
daß Hippokrates hier die acuten
Krankheiten vorzugsweise im Auge hat.
E >
23,
Die acuten Krankheiten entscheiden sich in nerhalb i4 Tagen. Dieser Aphorismus, eine reine Beobachtung von Hippokrütes selbst, oder doch wenigstens eine Bemerkung der koischen Aerzte durch ihn bestätigt, steht als Norm da. Die hitzigen Krankheiten ent scheiden sich im Durchschnitte, wenn nicht in sel teneren Fällen schon am 7ten Tage, am i^ten Tage. Dieses ist um so mehr der Fall, wenn die hitzigen Krankheiten einfach, nicht mit allzu großer Geschäftigkeit, und im Anfänge antlphlc/ gisiisch behandelt werden. Hippokratcs sagt: „entscheiden sich." Nämlich der 14.fc Tag ist im Allgemeinen der Entscheidungstag, der Tag der Krisen in hitzigen Fiebern. Wenn auch die Krise nicht ihre Endschast ganz erreicht hat, so deutet doch die ganze Haltung der Krankheit an diesem Tage den Aus gang der Krankheit an. Wenn es auch Ausnah men giebt, so ist doch dieses im Allgemeinen ein richtiger Erfahrungssatz. Gewiß ist es, daß die spätere Entscheidung fast immer einer unrichtigen Behandlung zugeschrieben werden dürfte. Manche sporadische Nerverrsieber machen aber auch hierin
eine Ausnahme. Der nachfolgende Lehrsatz zeigt deutlich, daß Hippokrates mit dem vorangehen den nicht sagen will, daß die acuten Fieber am i4ten Tage beendigt wären: sondern vielmehr, wie schon gesagt, daß dieser Tag der entscheü dende ist.
24. Der vierte ist von sieben Tagen der anzei gende. Mit dem achten beginnt die andere Woche. Der eilste ist demnach der zu bemerkende, denn dieser ist in der zweiten Woche der vierte. Wie derum ist der siebenzehnte der zu bemerkende, denn dieser ist der vierte vom vierzehnten Tage an ge zählt, demnach der siebente vom eilften Tage an gerechnet.
Diese Aeußerung des Hippokrates gründet sich zuverlaßig auf lange Beobachtung. Es kann hierzu nichts gesagt werden. Es versuche jeder, ob er dieses dem Urvater nachbeobachten kann. —
25.
Die Quartanfieber sind im Sommer meistens kurz; die im Herbste aber langwierig, und vorab die, welche den Winter erreichen.
Eine reine Beobachtung, eine vielfältig be stätigte Erfahrung. Die Hunderte von Hypo thesen über das Wechselsieber hier nachzuschlagen und zu wiederholen, wäre eine sehr undankbare und unnütze Arbeit. — Ich bin dazu um so we niger geeignet, als ich alle dergleichen Spielereien in der Medicin für unnützen Kram halte. — So viel ist aber gewiß: daß das Wechselsieber und namentlich die Quartana den ganzen Verdauungs kanal, das Gallen/, das Pfortadersystem, und das Solarsystem in besondere Mitleidenschaft zieht. Eß ist schon im Commentar zum i8- Aphor. des i. B. gesagt worden: warum der Herbst fragli chen Organen und ihren Functionen eine feindse lige Jahreszeit ist; ich verweise demnach dahin. Hippokrates ist nicht gemeint zu sagen: daß die Wechselsieber im Winter vorzüglich langwierig waren, sondern vorab die, welche in den herbst lichsten, also in den spateren Lagen des Herbstes entstanden sind, also den Winter erreichen, es sind. Der Winter ist nun nicht die Jahreszeit, in welcher eine lange Zeit hindurch alienirt gewe sene Hautfunction leicht wieder hergestellt wird. Wie wichtig aber die freie Diaphorests bei der Cur der Wechselsieber ist, ist jedem erfahrenen Arzte bekannt. Im Winter selbst aber sind die Wechselsieber gerade nicht häufig.
26.
Es ist besser, das Fieber kommt zum Krampfe hinzu, als der Krampf zum Fieber.
Es ist eine bekannte Sache: daß chronische Krämpfe, an denen Weiber, und auch nicht selten Hypochondrien leiden, nicht gefährlich sind.
Die«
selben können von verschiedenen Ursachen herrüh ren, von erhöhter Sensibilität des Nervensystems
und
geschwächtem
Wirkungsvermögen
desselben,
welcher Zustand aber von verschiedenen Ursachen bedingt werden kann.
In den Organen des Un
terleibs ist gewöhnlich der Grund, wovon sie aus
gehen.
Stagnationen im Gefäßsystem, vorab in
den Venen des Unterleibs,
erzeugung im
anomalische Schleime
Verdauungskanal,
Würmererzeu
gung, Säure in den ersten Wegen,
gehindert-
Zirkulation des BlutS in den Geschlechtsorganen,
erhöhte Vegetation in diesen Organen,
nament
lich erhöhtes Leben in den Eierstöcken (so häufig
die Ursache der Catalepsis Lysterica) muß der Arzt bei solchen Krämpfen immer im Auge ha ben.
Jeder erfahrene Arzt weiß, wie oft mit den
sogenannten Nervinis hier Mißbrauch
wird.
getrieben
Daß die Resolventia der Alten, der Ge
nuß des Wassers, Bewegung, edle Beschäftigung
des Geistes und Reinerhaltung des GemüthrS oft mehr wirken, als alle hochgepriesene Nervina, besonders als jene, welche zu den reizenden ge hören. Die Erfahrung hat gelehrt: daß eS nicht nur nicht gefährlich ist, wenn zu solchen Leiden Fieber hinzutreten, sondern daß das Fieber selbst dieselben heilt. Dasselbe enthält in sich den Reiuigungöact der fremdartigen Stoffe im Organis mus, und ist der von der Natur eingeschlagene Weg, die Integrität der Systeme wiederherzu stellen. Daß ist ein Zirkel, wirb man sagen. Ich weiß es wohl. Aber Alles in der Welt erscheint uns in diesem Zirkel. Weiter reichen wir nicht! — In'S innere Heiligthum der Natur dringt kein erschaffener Geist *) Wir sind glücklich, wenn wir sehen, was von geht, wenn wir aus dieser Erkenntniß die Norm zum Handeln abstrahiren **).
*) Non potcst aliud, nlio magis minusve comprehendi, quoniam omniuin re rum uiia est defini» tio comprchendcndi. Cic. quacst. acad. L. 4. **) In hoc sumus sapientcs, quod naturam, optimam duccm, tamquam Deum, sequimur eique, paremus.
C i ce ro.
Wie es vorgeht, das wissen wir nicht. — Ich
schreibe in diesem Buche für die Praxis.
Wer
anderen Glaubens ist, der lege das Buch aus den Händen; vielleicht thut es Einer oder der Andere
mit mitleidigem Blicke auf den Verfasser. — Nun so etwas, ich bekenne es ehrlich, incommodirt mich
nicht. — „Mit Worten laßt sich trefflich streiten.
Mit Worten ein System bereiten,
An Worte läßt sich trefflich glauben,
Don einem Wort laßt sich kein Iota rauben!"
Göthe. Wenn der Krampf sich zu dem Fieber gesellt, so ist das nach den Beobachtungen des Hippokra,
tes eben nicht gut.
Auch dieses ist eine bestä
Wenn sich zu Fiebern con-
tigte Beobachtung.
vulsivische Bewegungen in den Muskeln, Krampf
in
dem
Schlunde,
Sehnenhüpfen,
oder
solche
Krampfe, die zur Gattung Tetanus gehören, ge sellen: so ist das bekanntlich ein sehr schlimmes
Zeichen.
Es deutet ein bedeutendes Ergriffensein
des Sensorrums, des Nervensystems, des ganzen
Rückenmarks an.
Diese Affeclionen können nun
bei entzündlichen oder nervösen Fiebern vorkom
men.
Wir wollen hier noch einige Krankheiten
namentlich anführen, wo dieses der Fall ist. —
Gehirnentzündung ,
Nückenmarkentzündung,
Febris nervosa versatilis, Febiis nervosa hy-
das sogenannte Todtensieber mit
drocephalica,
dem Typus der Febris quotidiana.
27.
Auf erleichternde Ereignisse,' welche der be
stehenden Regel
nicht entsprechen, verlasse man
sich eben nicht.
Dagegen fürchte man sich auch
nicht vor eintretenden Uebeln,
die mit dem Her
gänge der Krankheit nichts gemein haben: denn viele von ihnen sind folgelos,
sie pflegen weder
anzuhalten, noch sich in die Länge zu ziehen.
Auf Begebenheiten, die zwar dem Kranken Erleichterung
verschaffen,
aber nicht zum Her
gänge, in dem sich die Krisis manifestirt, gehö ren, — jede Krankheit hat in dieser Hinsicht ihre bestimmte qualitative Haltung, — hat man nicht
Ursache, großen Werth zu legen, oder ihnen gar zu trauen.
Verliert ein Kranker in der Pleure,
sie seine Schmerzen plötzlich, ohne die charakteri stische Krisis, ohne Expectoration,
u. f. w., so
hat man Ursache, auf der Hut zu sein;
eö wer,
den sich Desorganisationen, Lungensucht oder Brust,
Wassersucht entwickeln wollen.
Verschwinden beim
hitzigen Rheumatismus ohne kritische Zeichen die Schmerzen schnell,
so wird
das Rheuma über
kurz oder lang seine Rolle in einem andern wich tigern Organ spielen; eben so verhalt es sich in der Gicht.
£)ie verlarvte Gicht wird sich als
bald als Störung in den Funktionen des Gal
len-,
des Pfortadersystems, des Verdauungsge-
schäfts, der Ehylisication manifestiren; und von
diesen Organen aus wird das Material zur Stein-
bildung in den Nieren abgegeben werd-n, u. s. w.
Verschwindet ein hitziges Exanthem ohne die
Zeichen der Krisis, so ist das nicht minder ver dächtig;
es werden Wassersüchten,
Herzens und seiner großen Gefäße,
Leiden
des
asthmatische
Beschwerden, scrophulöse Affectionen u. s. w. zum
Vorschein kommen.
Dem ruhigen,
nüchternen,
nicht durch Schulwitz befangenen Arzte wird das
Axiom: Dies criticos religiöse observate! eben durch sorgfältige Beobachtung immer fester bocu;
mentirt werden.
Neble Zufälle, die den Kranken
belästigen, die aber mit der Krankheit nicht we
sentlich Zusammenhängen, sind
nicht hoch anzu
schlagen.
Jedem Beobachter werden dergleichen Zufälle oft vorkommen.
28. Bleiben stark ergriffene Fieberkranke, wie sie
find, verlieren sie nichts an ihrer Masse,
oder
zehren sie mehr ab, als es der Natur der Sache
nach geschehen dürfte,
so ist es böse.
Denn je-
nes deutet auf Dauer der Krankheit, dieses auf Schwache.
Eine wichtige und sehr richtige Erfahrung,
welche sich der junge Arzt fein merken muß. Jedes
Fieber
muß
seiner Wesenheit
nach als erhöhte Thätigkeit des Blutsystems an gesehen werden.
Das Fieber ist ein organischer
Fcrmentationsprozeß, der wie in der sogenannten
todten Natur verschiedene Grade hat; so ist z. V. Fäulniß der letzte Grad der Fermentation.
Das
Fieber ist 'eine krankhafte Störung der vegetati ven Thätigkeit im Organismus, und das repro
duktive System leidet ursprünglich. — Es muß
also hier Konsumtion der Materie, Stoffenver
brauch eintreten.
Die äußere Peripherie, wie die
innere der Materie muß einsinken.
Geschieht die
ses nicht; so zeigt dieses auf Effervescenz der Saftmasse, auf große Auflockerung der Materie,
auf Ultraanimalisation, auf Fäulniß des organi schen Materials, auf innere Spaltung der näch-
sten Bestandtheile der den Organismus eonstrui-
renden Theile. lumen.
Es entsteht die Plethora ad. Vo
Ein so dem höheren organischen Wir
kungskreise entrücktes Leben kann sich nur lang
sam und mühsam wieder restauriren,
materiell
und organisch ergänzen.
Kraft und Materie bleibt mir in der Physik
ein ewiger Zirkel.
werden.
sie setzen will.
hohlen.
Immerhin muß etwas gesetzt
Wir überlassen e§ der Metaphysik, was Wir wollen hier nicht weiter aus
Dem Physiologen wird es einleuchtend
sein: daß in fraglichem Falle die Krankheit' von
langer Dauer ist.
Diese Erfahrung ist hinläng
lich bestätigt.
Zehren die Kranken aber ungewöhnlich ab,
so kann es wohl nicht fehlen:
daß ein außeror
dentlicher Verbrauch von Stoff, ein außerordent
licher Kraftaufwand
den Zustand
hervorbringt,
welchen wir mit Hippokrates Schwäche nennen.
29.
Bei angehenden Krankheiten bringe man das,
was bewegt zu werden nöthig scheint, in Bewe gung.
Es ist nämlich besser, daß die Kranken
zur Zeit der Höhe Ruhe haben.
Wenn im Anfänge' der Krankheit ein Krankheitsstoff turgescirt,
leere man ihn auf dem
so
von der Natur angewiesenen Wege aus.
In der
Atme des Fiebers geht das nicht an. — Es ist
dieses die Vorbereitung
zur Krisis.
Hier darf
die Natur in ihrem geheimnißvollen Wirken nicht durch Ausleerungen unterbrochen werden.
Wir verweisen hier auf den ^ftcn Aphor» auch auf den 22sten des lfrcn B.
30. Beim Anfang und Ende ist Alles am schwäch sten, zur Zeit der Höhe am heftigsten.
Eine reine Beobachtung, die keinem entgehen
wird.
Alle Ereignisse sind zu Anfänge der Krank
heit, und eben so auch gegen das Ende dem Grade nach am schwächsten.
In der Akme des Fiebers
wie natürlich am heftigsten.
31. Ist Einer nach einer Krankheit ganz ordent
lich, und nimmt am Leibe nicht zu, so ist's böse.
Ein sehr einleuchtender Satz.
Wenn Jemand
nach einer Krankheit mit Eßlust Speisen genießt,
und nimmt am Leibe nicht zu, heitsursache
nicht gehoben.
so findet keine
Es ist die Krank
vollkommene Genesung statt.
Der Arzt hat also
auf der Hut zu sein,! und derselben nachzuspüren.
32. Gemeinlich verlieren die, welche sich sehr übel
doch im Anfänge Speise zu sich
befinden,
und
nehmen,
ohne sich dabei zu erholen, diese Eßlust
gegen das Ende der Krankheit wieder.
Diejeni
gen aber, welche im Anfänge keine Eßlust, nach her aber dieselbe haben, befinden sich besser.
Wenn ein Mensch
sich übel
befindet,
und
doch Eßlust hat, ohne sich dadurch zu erho
len, so ist das ein Appetitus spurius, der von einer krankhaften Stimmung
von abnorm
der Magennerven,
erhöhter Sensibilität des Organs,
von alienirtem Magensaft, von Säuren in den ersten Wegen, u. s. w. herrührt.
tion,
Die Chylisica-
die Animalisation und Assimilation gehen
nicht vor sich.
Das Speisenehmen ist zwecklos,
ja eö wirkt nachtheilig.
Erreicht nun die Krankheit ihre Endschaft, so verliert sich auch dieser Appetitus
spurius
wieder.
Diejenigen dagegen befinden sich besser, wel che Anfangs der Krankheit kerne Eßlust fühlen,
sie aber,
wenn dieselbe ihre Endschaft erreicht,
wieder erhalten.
Man sieht aus dem Ganzen,
daß Hippokrates hier vorzüglich Auge hat.
die Fieber im
Die Krisis in den Fiebern wird durch
Speikegenuß gestört, verschoben,
die Speise, die
nicht verdaut wird, ist für den Organismus ein
fremder Körper; sie ist dem Verdauungsapparat zur Last: sie wird ein neuer Krankheitsreitz.
Es
ist also ersichtlich, daß diejenigen sich besser befin den, die im Anfänge des Fiebers ohne Eßlust sind. Kehren sämmtliche Organe zur wechselseitigen Har
monie zurück, so stellt sich auch die Eßlust wie der ein u. s. w.
Wir haben schon oben an meh
reren Stellen diesen Gegenstand besprochen.
33. Ist der Kranke in ungetrübtem Besitz seines Geistes, befindet er sich auf daß, was man ihm
darreicht, behaglich, so ist das in jeder Krankheit ein gutes Zeichen; das Gegentheil ein böses.
Dieser Satz' ist so einfach und klar, daß er
einer weitläufigen Erörterung nicht bedarf.
Störungen in dem Geiste, Delirien, zeigen große Abweichungen von dem normalen organi
schen Leben an.
Wenn ein Kranker sich auf Al
les, was ihm selbst mit der größten Umsicht von dem erfahrungsreichsten Geiste gereicht wird, übel
und unbehaglich fühlt, und man ihm auf keine
Weise beikommen kann, so zeigt das eine tiefe
Disharmonie der Systeme, eine wahrhafte Ent zweiung des organischen Lebens mit der Außen welt an.
Jeder erfahrene Praktiker macht solche
Erfahrungen. Mit Schmerzgefühl muß
man nur zu oft
ausrufen r
Non est in medico semper releretur ut eeger Interdum doeta plus valet arte malum. O vi d. 34. Diejenigen sind
in Krankheiten weniger in
Gefahr, die vermöge ihrer Natur, Alter, Consti tution, und vermöge der Jahreszeit zur Krank
heit in einer gewissen Causalbeziehung stehen, als die, bei denen dieß nicht der Fall ist.
Wir wollen diesen Satz, um ihn desto deut
licher zu machen, mit Beispielen belegen:
Ein kräftiger, energischer, athletisch gebauter Jüngling wird bei zweckmäßiger Behandlung eine
Pleuresie,
eine Lungenentzündung
weit leichter
ohne Nachkrankheit überstehen, als ein schwächli
cher, hagerer, erschöpfter, entnervter, weibischer
Jüngling. — Alle exanthematische Fieber verlau fen in der Regel im Kindeöalter leichter als im
vorangeschrittenen. Kindesaltcr,
Entwickeln sich Skropheln im
nun so wird sie die Zeit und guter
Heilplan aufheben,
entwickeln sie sich aber erst
im Mannesalter, waö zwar selten der Fall ist, so sind sie nicht selten sehr gefährlich.
Es wal
tet hier gewöhnlich eine außerordentliche Störung im reproductiven System — eine große Dyscrasie
der Saftmasse ob.
Oie Gicht im Mannesalter
wird nicht sehr befremden, aber in seltnern Fäl len, im Jünglingsalter, wird sie es.
Im letzte
ren Falle wird es an einem durch Schwelgerei und Ueppigkeit gänzlich destruirten Unterleib nicht feh
len.
Die Verdauung,
so wie die Harnseeretiou
wird in größter Deroute seyn. Catarrhalfieber wird an den
Ein epidemisches Jünglingen leicht
vorübergehen, dagegen hohe Greise daniederstrek>
ken. — Quartanfieber werden im Herbste nicht auffallen; wird Jemand aber in den freundlichsten
Sommertagen von ihm lange heimgesucht; so wird es an Stockungen im Pfortadersystem, in der Le ber, in der Milz nicht fehlen. Rheumatische Fie ber sind in den kalten Wintertagen nichts selte nes. Ein solches in den schönsten Tagen des Sommers wird aber auf große Zerrüttung der Hautfunction und Harnabsonderung deuten u. s. w. Doch auch hier, in Beziehung auf den gan zen Satz, wie überall: nulla re^ula sine exccptione.
Alles dieses mit weitläufigem physiologisch-pa thologischem Raisonnement zu begleiten, wäre über flüssig, und für den gebildeten Arzt als Wieder holung des Bekannten lästig. Wir haben nur die Absicht, die goldenen Satze des Hippokrates als gefälliges Vademecum zunächst für junge Aerzte, denen die Cardinalbüdung ruht gebricht, zu bearbeiten. Finem omnium rerum specta, et supervacua devites. Seneca.
35.
Es ist in allen Krankheiten sehr gut, wenn die Nabel- und Schamgegend eine gewisse Vollheit hat; böse hingegen, wenn sie mager und ab-
gezehrt ist. Dieser Umstand ist auch nach dem Gebrauch der PurgiermitLel gefährlich.
Es ist dieses ein sehr merkwürdiges diagno stisches Kennzeichen, auf welches viel zu halten ist. Besonders wird es über die Gefahr bei entzünd lichen Affectionen des Unterleibö, bei Coliken, bei Atrophie der Kinder großen Aufschluß geben. Bei Coliken ist es ein sehr böses Zeichen, wenn der Unterleib eingezogen und eingefallen ist; na mentlich gilt dieses bei der Bleikolik; eben so ist es sehr bedenklich, wenn bei Atrophie, bei Drüsenverhärtungeu der Kinder dieses der Fall ist; bei weitem ist mehr Hoffnung zur Genesung, wenn diese Regionen sich etwas voll zeigen. Ich habe diese Beobachtung sehr häufig gemacht. — Es ist wohl sehr einleuchtend, daß wenn der Tungor vitalis, der jedem lebenden Organe ei gen ist, verschwindet, wenn das Lichte der Kanäle auf das Minimum reducirt wird, die Thatkraft deS Lebens im Organe ihre Endschast erreichen dürste.
Eben so ist es auch sehr kunstwidrig, Leute, die lange an chronischer Leibesverstopfung gelitten haben, wobei immer der Ton der Gedärme her abgestimmt, die Contrattilität der Wände des
Darmkanals sehr vermindert ist, wo der Kanal
stellenweise krampfhaft
zusammengeschnürt,
und
wieder in größeren Strecken ungemein ausgedehnt und gelähmt ist, plötzlich mit heftig einwirkenden
Laxiermitteln, mit Drastica zu behandeln, dadurch plötzlich Lähmung entstehen kann.
weil
Solche
Kranke müssen mit resolvirenden Mitteln, zweck mäßigen Disceralklystieren, mit welchen man von Zeit zu Zeit gelinde tonfördernde Mittel verbin
den muß, behandelt werden. — So hebt Opium und Alaun die Verstopfung bei der Bleikolik.
36.
Völlig gesunde Körper werden durch den Ge brauch heftig eingreifender Ausleerungsmittel, so
wie durch den Genuß schlechter Speisen herabge
stimmt und aufgelös't.
Ueber diesen Lehrsatz ist sehr gelehrt schola-
sticirt worden.
Nach meinem Dafürhalten ist er
aber ganz klar.
Alle heroische und heftig eingrei
fende Arzneikörper
müssen
doch wohl für einen
gesunden Körper krankmachende
Potenzen
sein,
denn sonst waren sie ja in extremis morbis keine
Arzneyen. zu spielen.
Mit Arzneyen ist ja überhaupt nicht
Der Arzneygebrauch, wenn er auch
ganz indicirt ist, bringt ja so zu sagen, eine an
dere Krankheit hervor. Hier muß man nicht übersehen, daß sich Hippokrates aufgefordert fühlte, vor unzeitigem Ge
brauch starker Arzneymittel sehr zu warnen.
Die
knidischen Priester hatten mit ihren Drastica, und
mit ihrer übertriebenen, auflösenden Diät großen Auch in unserer Zeit giebt es
Schaden gestiftet.
Arzte, leider noch viele, die sich gar glücklich und gelehrt fühlen, wenn sie ein Rezept um's Andere
verordnen können; die täglich das Heiligthum der Rauir verletzen,
und des großen Boerhave's
Wahlspruch „simplex sigillum veriu nicht zu würdigen verstehen.
Jedes Arzneymittel, zur Unzeit gereicht, ist ein Vcrkürzungsmittel des Lebens,
daher
sagt
Hippokrates:
37.
Alle Gesunde befinden sich auf den Gebrauch von Arzneymitteln übel.
38.
Man
wähle
lieber Speisen und Getränke,
wären sie gleichwohl weniger zuträglich, die dem
Kranken angenehmer sind, als solche die ihm un angenehm sind.
Man sieht aus diesem Lehrsatz,
krates nicht gemeint ist,
daß Hippo-
mit allzugroßer Aengst-
lichkeit bei der Auswahl der Diät zu Werke zu gehen, wir haben weiter oben schon darüber ge
sprochen; sondern daß man eher an und für sich weniger zuträgliche Speisen und Getränke geben könne, als daß man dem Kranken solche, die ihm
widrig sind, aufnöthige.
Es ist für den Arzt
Pflicht, und ist auch in Beziehung auf den Heil plan selbst beherzigungSwerth, das; man die Diät
und die Bereitung der Arzncymitte! selbst, so viel
cs
ohne Beeinträchtigung
des
zu
Zweckes geschehen kann, so einrichte,
erreichenden
daß sie dec
Kranke con amore nehme.
Es ist wohl natürlich: daß der Genuß frag licher Stosse, wenn sie mit gefällig gestimmten
Nerven, mit Behaglichkeit der Sinne genommen werden, in den meisten Fällen mehr zusagen wer den, als wenn das Gegentheil der Fall ist.
ES
ist nicht zu übersehen, daß Hippokrates hier nicht
von
raffinirtcr Kochkunst und
hitzigen Geträn
ken spricht.
ES ist überhaupt beherzigungswerth für den Arzt, die Sinnenwelt des Kranken in der gefäl-
ligsten Stimmung zu erhalten. Es ist in dieser Beziehung auf Krankenpflege noch vieles zu wünscheu. Es giebt gar viele Dinge, ich möchte sa gen, medicinische Vortheile, die man zum Vor/ theil und Frommen des Leidenden anwenden kann, so etwas läßt sich nun so eigentlich nicht lehren; dem geistreichen und edelwüthigen Arzte ergeben sie sich von selbst. — Ich erlaube mir ein kurzes Wort, weil ich aller Breite feind bin, welches ich in Hufeland's Journal nicderschrieb, zu wie derholen : „Hysterische Weiber und gewisse Hypochondrie sten, welche an einer ewigen PusillaniMitat lei den, muß man mit einer ernsten Miene und mit einem imponirenden Blicke, aber ja Theilnahme zeigend, ansprechen. Man muß nicht zu viel Worte mit ihnen machen, aber bestimmt und klar mit ihnen sprechen. Ja nie über sie spötteln. Oft ist's nöthig, daß man ihnen die Gesundheit gleichsam in die Seele rede. Lustigkeit ist ihnen schädlich, Heiterkeit Heilmittel. Ihre geistigen Arbeiten müssen sich theilen in solche, welche die Phantasie, und solche, welche die höheren Geistes kräfte in Anspruch nehmen. Einsamkeit, so wie bunte Gesellschaft ist ihnen nachtheilig. Müßig gang eben so schädlich, als Erschöpfung. Heitere Musik wirkt gewöhnlich sehr heilsam auf sie. Ge-
Gegen Melancholische muß man sich hinge bend verhalten,
sie gleichsam an
das Herz
zie,
den, ihnen Aufmerksamkeit und Theilnahme im
ganzen Benehmen zeigen, aber doch nicht lange
Rede,
wenn es den Gegenstand des Schmerze
betrifft, mit ihnen wechseln^
Glaube und Wille
müssen bei ihnen recht kräftig angesprochen wer den. — Scharfes Denken ist ihnen äußerst zuträg
lich.
Schon der berühmte arabische Arzt vulgo
Rhazes genannt, empfiehlt zur Kur der Melan
cholie das Schachspiel.
Man rege sie zu geistigen
Arbeiten durch irgend eine ihnen eigene Leiden
schaft,^ z. B. dnrch Ehrgeiz an.
Daß körperliche
Arbeiten diesen so eben besprochenen Leidenden un umgänglich nothwendig sind, ist eine bekannte und
anerkannte Sache.
Bei der Febris nervosa stupid«, beim Ty phus mit Torpor, sollte man die Kranken einer belebenden ergreifenden Musik, Hellem Lichte, er
freulichem Farbenspiele und erweckenden Gerüchen
aussetzen.
Man
dürste sie mit Blumentöpfen,
die Wohlgeruch und Augenlust gewahren, umge ben.
Dieselbe Umgebung sollten Lebensmüde ha
ben, auch die Ansicht einiger munterer Vögel mit
lieblichem Gesang würde hier wohlthätig wirken.
Bei Nervenfieber mit erhöhter Sensibilität wird ein sanftes Adagio, ein rührendes Gemälde,
Hippok. v. Pitschaft, I. Th.
F
Zwielicht, sanftes Grün, Mondschein, ungeheuer wirken. Anhaltender Schlaflosigkeit wird der langweilige lästige Gang einer Pendeluhr zu Hülfe kommen. Bei Abneigung gegen Speisen, wenn sie zunächst in einer fixen Idee beruht, setze man dem Kranken scheinbar absichtslos eine gefällige Speise, etwa lachende Obstfrüchte vor. Das thut nicht selten Wunder. Bei anhaltenden Wechselfie bern, welche gleichsam ohne materielle Ursache ha bituell geworden sind, sind in den fieberfreien Stunden leichte Affecte heilsam. Etwa bei einem Kunstfreunde lebhafter Redewechsel über solche Ge genstände vor der Ankunft des Paroxysmus; den politischen Kannengießer dürfte man in Harnisch versetzen u. s. w. Einem schmerzleidenden gebildeten tapfern Manne suche unvermerkt fein leise Bilder wie Muciu s S cäv o la vor die Seele zu bringen. Dem Bilde einer schönen Seele, wir denken hier an Göthe's Meister, wird man leicht ihren Hei land zuführen können u. s. w. Wer diesen Theil der Heilkunst recht versteht, es ist freilich gerade der, welcher eigentlich nicht gelehrt werden kann, der ist ceteris paribu» gewiß der wahre Arzt der leidenden Menschheit. Die Hauptsache bleibt immer die: daß der Kranke es seinem Arzte an sehen muß, daß er ihm von ganzer Seele hel-
fen will.
Das ist wohl der feinste Magnetismus,
-------- Freilich muß da der Hofrath u. s. w. ab
gelegt werden.
„Der Mensch bedarf des Men
schen sehr," sagt der herrliche Schiller.
Lich
tenberg sagt daher gar sachbezeichnend von dem
Könkgl.
Wundarzte
Hawkins:
Eintritt in die Stube war es,
„Bei seinem
als gingen Zu
trauen und Hülfe vor ihm her, mit so liebreichem
Ernste nahete er sich mir.
Er sahe mir lange in
das Auge, aber ohne Kopfschütteln, gab mir als dann die Hand,
und sagte mit unbeschreiblich
sanftem Ton, den ich noch immer höre: „Sein
Sie ganz ohne Sorgen, fürchten u. s. w."
Sie haben nichts zu be/
Ders. über einige Pflichten
gegen die Augen, Zter B. p. 43,
Die Frucht des
Geistes ist Liebe, Geduld, Freundlichkeit, Gütig keit, Glaube, Sanftmuth u. s. w., sagt der Apo
stel Paulus. Es giebt auch eine gewaltige Willenskraft, welche einigen der Himmel verliehen hat.
Die
solches Pfund haben, werden es nicht vergraben. Gewiß sind die Apollonius alter und jüngerer Zeit seltner, als man jetzt anzunehmen geneigt ist.
39.
Insgemein erkranken alte Leute weniger, als Fs
junge, stoßen ihnen aber langwierige Krankheiten
zu, so pflegen sie meistens an denselben zu sterben.
Diese Erfahrung ist von allen Aerzten bestä
tigt, und sie bestätigt sich besonders zur Zeit epi demischer Krankheiten auffallend.
Es ist sehr na
türlich, daß da, wo die Lebenskraft abvimmt, wo die Funktionen aller Systeme träger und küm merlicher von Statten gehen, auch die Empfäng
lichkeit für alle Potenzen der Aussenwelt vermin dert wird.
Das Leben im Blute nimmt nament
lich bei Greisen ab; es ist also sehr natürlich, daß
sie von Fiebern nicht so
leicht ergriffen werden.
Denn jedes Fieber ist an und für sich seiner We senheit
systemS.
nach eine erhöhte Thätigkeit des Blut-
Im Alter nehmen die Leidenschaften ab,
welche die Duelle so vieler Krankheiten sind.
Der
Alte geht schonender mit seinem Leben umy giebt
also auch von der Seite weniger Veranlassung zum Krankwerden.
Das Greisenalter ist einiger
maßen schon als eine Kränklichkeit anzusehen, und Kränklichkeit schützt wirklich vor 'vielen entzündli chen Affectionen, und solchen Fiebern.
bezeichnet diesen Zustand sehr richtig, tranquil. animi,
Seneca
Lib. de
„In statu ut non pessimo
ita maxime querulo positui 8um, nec aegroto
ncc valeo. “
Cicero sagt sehr schön: „Habet natura ut
aliarum omnium rerum sic vivendi modum,
senectus autem peraetio aetatis est tamquam .fabulae/1 Es must sich in einem solchen Abschnitte
des Lebens die Geringschätzung
des Eiteln
von
selbst ergeben, und das psychische Leben religiöser
werden.
Daß ein solcher Seelenzustand vor vie
len Krankheiten schützt, leuchtet jedem geistreichen Arzte ein.
Leider giebts auch Ausnahmen
Daß aber dir gebrechlichere organische Ma
schine, wenn sie von langwierigen Krankheiten er
griffen wird, leicht aufgerieben wird, ist dem Phyfiologen so einleuchtend, daß wir hier nicht zum
Ueberfluß das sehr Bekannte wiederholen möchten.
40.
Bei der Heiserkeit und dem Schnupfen der
Greise findet keine Kochung statt.
Hippokrates theilt hier eine Beobachtung mit,
die Keinem entgehen wird.
Alte Leute pflegen
gemeiniglich an habitueller Verschleimung ter RespirationSorgane und der Rachenhöhle zu leiden.
Es bildet sich
dabei keine Krise,
Die Respira-
tionsorgane gehören zu den Werkzeugen, im
höheren Alter
welche
an Lebenskraft am frühesten
abnehmen; die absondernden Organe daselbst, die Schleimhäute,
wie die Drüsen,
schleimigte Flüssigkeiten ab,
sondern mehr
die im jugendlichen
Alter dunstartiger und feinerer Natur sind.
Die
aufsaugenden Gefäße verlieren an ihrer That
kraft im Alter.
Die Lebenskraft der Nerven der
Respirationsorgane nimmt in dem höheren Alter,
vor der aller anderen Nerven, die zum automa tischen Leben gehören,
ab.
sterben an Lungenlähmung.
Die meisten Greise Es ist eine bekannte
Erfahrung, wir gefährlich Alten Lungencatarrhe
sind.
Der junge Arzt muß sich sehr hüten, hier
zu antiphlogistisch zu verfahren.
Die Senega,
die Arnica und die Flores benzoes sind hier herrliche Mittel.
Greise sterben oft an solchen
Catarrhen, ehe man sich's versieht, bei dem schein
bar gutartigsten Charakter des Fiebers.
41.
Diejenigen, welche oft und starke Ohnmach ten ohne augenscheinliche Veranlassung bekommen,
sterben plötzlich.
Hippokrates theilt hier eine gemachte Erfah rung mit, welche jeder beschäftigte Practiker zu
machen Gelegenheit haben wird.
Diese fraglichen
Ohnmachten werden von organischen Fehlern des Herzens bedingt. geschwülste,
Herzhöhlen des Herzens.
Gewöhnlich sind es Pulsader
aneurysmatische Erweiterungen und
der
Verknöcherungen
der
Gefäße
Am häufigsten kommt dieser schnelle
Tod bei der Angina pectoris, Syncope cordis
vor.
Es ist wohl einleuchtend, daß solche, wenn
auch oft sehr langsam zunehmende organische Feh,
ler schnell den Lod herbeiführen.
42. Einen starken Schlagfluß jif heilen, ist un möglich, einen schwachen — schwer.,
Ein durch die Erfahrung aller Aerzte leider
nur zu bestätigter Satz Krankheit und
Hier die Aetiologre der
ihre verschiedenen Einteilungen
zu wiederholen, wäre überflüssig.
Der junge Arzt
hüte sich nur,- zn weit in dem antiphlogistischen
Heilverfahren zu gehen.
der Aderlaß allerdings
Bei Vollblütrgkeit ist
angezeigt;
wo aber die
InLication zweifelhaft ist, begnüge er sich mit der
Anwendung örtlicher Blutentziehung.
Jedenfalls
muß man alsbald zum innerlichen..Gebrauch der.
Arnica (sie ist da» souverainste Mittel), zu kalten Fomentationen und zu starker Anwendung
der
Rubefacientien und selbst zu d-er des Glüheisens
und der Moxa schreiten.
Unter die schwachen Schlagflüsse gehören na mentlich die consensuellen,
die von Ueberladung
des Magens, Ueberfüllung des Derdauungskanals
und Plethora der Gefäße des Magens, der Milz und der Leber herrühren.
Der Arzt übersehe eS
nie, beim Schlagfluß den Unterleib genau zu un tersuchen.
Ein mäßiger Aderlaß,
Emeticum und oft Wunder.
wegen
ein kräftiges
ausleerende Klystiere
thun hier
Die Terpentinklystiere stehen hier
ihrer schnellen
Wirkung
oben an.
Für
Leute, welche die Disposition und die Architectura zu
fraglichem Uebel haben,
ist ein Haarseil im
Nacken unstreitig das erste Prophylacticum. bitte junge Aerzte,
sehen.
Ich
diesen Wink nicht zu über
Diesen will ich auch noch bemerken,
daß
sie bei Hemiplegien die Tinct. semin. colchici
und
das Extractum nucis vomicae
und des
Rhois. radicantis et Toxicodendri nicht ver gessen mögen.
43.
Unter den Erstickten und Ertrunkenen, aber noch nicht Todten, kommen die nicht wieder in’5
Leben, welche Schaum vor dem Munde haben.
Dieser Aphorismus leidet in neuerer Zeit,
wo das Rettungsverfahren bei Scheintodten das der Alten bei weitem übertrifft, eine große Ein
schränkung.
Allerdings werden auch solche, bene»
Schaum vor dem Munde stehet, noch gerettet.
44. Von Natur sehr fette Leute sterben eher als magere.
Eine Beobachtung, die jeder beschäftigte Arzt machen wird.
Fette Leute sterben namentlich an-
acuten Krankheiten eher, als magere.
Wenn die
thierische Masse in einem- Organismus überwie
gend ist, so tritt bei allen entzündlichen Krankheü ten leicht Ultraanimalisation ober, mit den Alten
zu reden, Fäulniß ein.
Je größer die Masse, je
intensiver die Fermentation,
Bei fetten Leuten
gehen die Funktionen, welche die Ausscheidung
der unbrauchbaren und verdorbenen Stoffe beab* sichtigen, träger von Statten,
Es ist also auch
in Krankheiten die Krisis an die.sen Gang gebunden, und die Ausscheidung des Caput mortuum
schwer. Auch das Nervenleben geht bei Fetten träger von Statten^ dieses System hat nicht den Ton
und die ausdauernde Thätigkeit wie bei magere;
ren Leuten.
Je größer die vegetative Thätigkeit
tm Organismus wird, um so mehr tritt das HL, Here animalische Leben zurück.
Daher sagt @eU
suö Lib. L. C. i. Obesi plerumque acutis morbis et difficil!täte spirandi strangulantur,
subitoque saepe moriuntur, quod in corpore
tenuiore vix evenit. Die nämliche Beobachtung macht der Thier
arzt auch bei Epizotien.
Die fettesten Thiere
werden am leichtesten dahingestreckt.
45.
Die Veränderung des Alters, des Clima's, des Wohnortes, und der Lebensart befreiet junge
Fallsüchtige noch am ehesten von ihrer Krankheit.
Daß die Heilung der Fallsucht das schwerste Problem ist, ist eine nur zu
bekannte Sache.
Daß wir ihre Wesenheit nicht kennen, ist eben so bekannt.
Daß wir nur gegen die
entfernteren
wahrscheinlichen Ursachen kämpfen können,
daß
wir vorzüglich die Momente, unter welchen sie
begann, auffassen müssen, um zu Erkenntniß des etwa gekrankten Systems zu gelangen, darüber ist wohl jeder hippokratische Arzt im Reinen.
Daß
der Uebergang vom Jünglingsalter in’5 männliche, und die fraglichen' Veränderungen der Lebensver-
hältniffe oft mehr leisten , als die bis hierher be
rühmtesten Arzneimittel, gegen
dieselben^
wird
wohl kein nüchterner, besonnener Arzt in Abrede
stellen»
Das- Cuprum ammoniatum , das Ar
gentum nitiicum,
die Flores zinci, bie Va
leriana, die Asa foetida und manche andere Mit
tel haben sich in einzelnen Fällen Nus erworben:
aber immer noch gehört die habituelle Fallsucht zu den Scandala medicorunu
Schließlich wollen
wir noch bemerken, daß
über manchen schönen Monographien dieser Krank
heit junge Aerzte
dir zwar rhapsodischen aber
acht hippokratischen Bemerkungen von
über fragliche Krankheit
Lent in
nicht vergessen mögen.
Dessen Beitrage zur Arzneywissenschaft, Ster B.
Man vergleiche Aphorism. 7. 5. V.
46.
Von zwei Schmerzen, die zugleich an ver schiedenen Stellen sind, verdunkelt der heftigere
den andere
Ein allgemeines Gesetz in der thierischen Haus
haltung.
Der geringere Schmerz tritt in Hin-
tergründ,
sobald das Empfindungsvermögen von
einer stärkern Potenz angeregt wird.
Es ist die
ses im physischen, wie im psychischen Leben; dem
gemeinen Menschenverstand ist daS einleuchtend;
man weiß Vieles, ohne es so eigentlich erklären zu können.
Da Hören, Sehen, Fühlen, ein Ge
heimniß, ein Wunder ist, wo ist eine befriedigende
Erklärung? So wollen wir diesen Satz nicht mit
gelehrtem und breitem Schulwitz begleiten. kennen nur
das Geschichtliche;
Wir
die Welt
seele, wir kennen sie nicht; und den Gott suche Keiner in den Regionen des speculativeu Ver standes! —
47. Während
der
Eitererzeugung
findet» sich
mehr Schmerz und Fieber e.in, als nach seiner Erzeugung.
Ganz
einfach und natürlich;
ein Prodnct der Kochung;
der Eiter ist
und die Fieberbewe
gungen bewerkstelligen diese.
48. Nach jeder Bewegung des Körpers, sobald
Ermüdung eintritt, ist Ruhe das Mittel, welches die Mattigkeit hebt.
Bei diesem Aphorismus ist nichts zu bemer ken , als daß er schicklicher in der Diätetik vor
käme.
49. Leute, sind sie auch schwach und alt, erstehen
Arbeiten, die sie gewohnt sind, leichter, als selbst kräftige und junge Leute, welche dieselben nicht
gewohnt sind. Eine Erfahrung, die man alle Tage machen
kann.
Consuetiido est altera natural
Es ist
erstaunlich, wie weit es der Mensch durch Uebung
in der Anwendung seiner Organe bringen kann; Beweise geben uns die Läufer, die Tänzer, die Fechter, die Bereiter.
Ein Schmidt, mit den Muskeln eines Laokoon, würde unterliegen,
wenn er mit einem
schnellfüßigen Läufer gleichen Schritt halten sollte,
und dieser würde alsbald
vor dem
gewaltigen
Ambos in die Knie sinken, wenn er mit dem Mei ster gleiche Hammerschläge thun müßte.
Diese
Eigenschaft des thierischen Organismus muß der
Arzt zu benutzen wissen.
Was der durch festen
Willen erzwungene, anhaltende Gebrauch tief ge
kränkter Organe zur Veredlung und Brauchbar
keit ebenderselben beiträgt, übersteigt oft alle Er-
Wartung. Gicht,
Wr'r wissen, was Bewegung bei der
bei Rheumatalgren, Eontracturen, Ver
kürzungen der Glieder ir. s. w. vermag. — Ja, aus einem Stotterer wird- ein Redner, und der
Veteran mit dem hölzernen Bein wird ein tüch tiger Bote in der Gemeinde.
Baco sagt mit allem Rechte, Lib. IV. de augment, scient. — ,,Vix aliquam in morbum inclinationem invenui,
quae non exercita-
tione quadam propria corrigi possit..“ sehr beherzigungswerthe Regel für den Arzt.
versteht sich wohl von selbst,
Eine
Es
daß man bei Dis
position zu Entzündungen, bei großer Vollblütig
keit cum grano salis zu Werke gehen muß, und die hippokratische Warnung nicht übersehen darf: „ ut graciles iter faeturi, lentis passibus in-
cedant.“
Wie viel eine' allmahlig vorgenommene
Ausdehnung der Lungen, lautes Lesen und Spre chen, oft den schwächsten Lungen nützt, ist bekannt. Die Aerzte der alten Welt empfahlen den
Gebrauch der Stimme gegen Magenschwäche und schlechte Verdauung.
Wir finden diese Vorschrif
ten beim Hippo k rat es, Cel su K und Aetius. Ja Plutarch sagt-in seinen diätetischen Vor, schritten r „Die Stimme, als eine Bewegung des
Odems, die ihre Kraft nicht auf die Oberfläche, sondern in den edleren Eingeweiden, wie in ihrer
Quelle, äußert, vermehrt die Wärme, verdünnt das Blut, reiniget alle Adern, öffnet die Arterien und verhindert, daß die überflüssigen Feuchtigkei ten sich nicht in den, zur Ausnehmung und Ver dauung der Speisen bestimmten Gefäßen sammlen: und wie ein Bodensatz verdichten." Diese Vorschriften der Alten sind in Bezie hung auf den merkwürdigen Einfluß, den die Stimmnerve auf die Verdauung hat, sehr in teressant. 50.
So man etwas gewohnt ist, sei es gleichwohl schlechter, als etwas, was man nicht gewohnt ist, so wird es doch weniger beschwerlich fallen. Man halte sich dennoch an'L Gewohnte.
Dieser Aphorismus ist eine unmittelbare Fort setzung des vorangegangenen. Der Sinn ist plan und einfach. Dieser Satz macht den Uebergang zum folgenden:
51.
Es ist überhaupt gefährlich, plötzlich auszu leeren oder anzufüllen, zu erwärmen oder zu kuh-
len,
oder auf irgend eine andere 2frt den Kör
per anzuregen, denn Alles, was zu viel ist, wirkt
auf die Ncnur feindselig. ’ Ein allmähliger Ueber-
gang ist immerhin sicher, handelt eS sich darum, von Einem zum Andern überzuschreiten»
Es ist wohl sehr natürlich, der überall die betrachtet,
Natur
als
daß ein Mann,
seine
Lehrmeisterin
solche Vorschriften giebt; die Natur
macht in der Regel im gewöhnlichsten Hergänge keine Sprünge.
Entwickelung
Es geht alles in
Eines
aus
dem
Eines bedingt daZ Andere.
allmähliger
Andern
Anfang
hervor;
und Ende
liegen ausser dem Fassungsvermögen des menschli
chen Geistes.
Nur
das Dasein
des Gegebenen,
das Begebniß vermögen wir zu erkennen. heimnißvoll ist der Wandel der Natur.
Ge-
Glück
lich, daß sie dem nüchternen Auge ihre Spuren,
ihre Fusitapfen zurückläßt. in dieselben.
Treten wir immerhin
Alle Kunst ist Reflex der Natur.
Daß HippokrateS kein Freund von einem he
roischen Verfahren war,
geht aus
allen seinen
Vorschriften hervor; vorzüglich ist er aber allem
tumultuarischen Verfahren am Krankenbette feind gewesen.
Alle großen Aerzte, die wir in der Ge
schichte als
glückliche Praktiker
hegten dieselben Grundsätze.
kennen lernen,
Fragliche Aerzte haben sich immer durch ein
einfaches
schlichtes
Heilverfahren
ausgezeichnet.
Wir machen Im*er junge Leser auf einen interes
santen Aufsatz über die Heilkraft der Natur von Dr. Günther^ (Hufel. I. 1823,(Sept, S.Zg.) aufmerksam.
52. Wer vernunftgemäß
zu
Werke geht,
der
schreite, entspräche der Erfolg auch nicht der Re gel, nicht sogleich zu anderweitigem Verfahren, wenn der Zustand bcr bleibt, so wie er von An
beginn das Ansehen hatte.
Ein tiefer Sinn liegt in diesem Satze,
den
freilich nur der ächte, mit der Meisteranlage ver sehene Künstler lebendig aufzufassen vermag. Ein, dem besonnenen, festen, gründlich gelehrten Arzte
großer bewährter Grundsatz.
und auch überflüssig,
Es ist unmöglich
diesen Lehrsatz mit langer
und breiter Rede zu beleuchten.
Solche Ursätze
der Kunst sind nur dem wahren Kunsttalente licht und vernehmlich.
Wehe dem Kranken, dessen Arzt
am Morgen weiß und am Abend schwarz verord net, der am Krankenbette stets irrlichterliert, in dessen Schädel alles in Scherben unter einander
geht.
Wer nicht fest ist, dem gebricht's an Klar
heit^ wer nicht frei ist, der ist noch weit hinter
der Wahrheit. sequenz.
Nur wo Kraft ist,
da ist Con-
Es ist das Schwerste im thatenvollen
Denn nach dem Gedachten handeln ist
Leben. schwer.
Nur der ächte Schüler, der den Keim zum
Meister in sich trägt, versteht den Meister ganz.
Denn „des
achten Künstlers Lehre schließt den
Sinn auf!" (Göthe.)
53.
Weichleibige, wenn sie noch jung sind, befin den sich besser, als wenn sie hartleibig sind; im Alter hingegen befinden sich jene schlechter,' denn
in der Regel müssen alte Leute hartleibig sein,
Zm jugendlichen Leben ist die Vegetation am stärksten.
Es wird viel Stoff ausgenommen, viel
reproducirt. den.
Die Saftmasse ist in Fülle vorhan
Die Vis vltalis im Blute ist groß.
Es
muß das Material zur Ausbildung und Vollen
dung des Organismus abgeben.
Alle Secretions-
organe sind demnach thätiger, als im spateren Lebensabschnitt.
Das
Abgesonderte ist
feiner,
fluchtiger, und plastischer.
Das Leben des ganz
zen Verdauungskanals, der Heerd, wo die Nah* rungsmittel den ersten Grad der Animalisation
erhalten, steht auf seiner Höhe.
Es ist also sehr
einleuchtend, daß Weichleibigkeit ein Zeichen eines
guten Befindens ist.
Hartleibigkeit im jugendli
chen Alter zeigt Trockenheit, Rigidität, herabge,
stimmtes
Wirkungsvermägen
des
Ueberreitzung des Solarsystems,
Darmkanals,
Stockungen in
dem Drüsen-, im Pfortadersystem, und alicnirte
Gallenabsonderung an.
Dadurch wird die Erzeu
gung von Saburra aller Art, Schleim, Würmern und Säure bedingt.
flüssige bleibt zurück. überdieß gelehrt,
Das Unbrauchbare, UeberDie Erfahrung hat uns
daß fast in allen Krankheiten
der Lugend ausleerende Mittel heilsam wirken.
Alten Leuten sagt eine mäßige Hartleibigkeit zu. Alle copiosen Ausleerungen sind dem Alter nach»
(heilig; die Entziehung zu vieler Flüssigkeiten thut dem Organismus des Alten, der zur Trockenheit,
Rigidität, zur Erstarrung hinneigt, und immer terrestrischer wird, weh.
Sn der Flüssigkeit be
ruht das Leben zunächst im
Blute.
nisi sunt Haida, non agunt.
Neigung ZU Durch/
Corpora,
fällen zeigt an, daß der Ton der Faser erlischt, und der Turgor vitalis einsinkt.
den 20. Aphorismus.
Man vergleiche
Ich bemerke hier abermals:
daß Jpippirttateä seine Erfahrungen überall nur
rhapsodisch hinwirst.
Seine Lehrsätze waren treue
Begleiter für die Schüler, für die Jünger, die nicht bloß in der Schule vom Lehrstuhle herab, sondern am Krankenbette selbst gebildet wurden.
Eelsus hat diesen hippokratischen Satz ebenfalls ausgenommen.
Er sagt: Mellor est fusa alvus
in juvene, sicca in sene.
54.
Eine große Natur giebt dem Jüngling An sehen und wüthiges Aussehen.
ist sie unbequem,
und
Im Alter aber
weniger zuträglich,
als
eine kleine.
Hippokrates hat nämlich,
ken kann, beobachtet,
was feder bemer
daß sehr große alte Leute
schwerfälliger ihre Verrichtungen thun,
Einsinken des ganzen Baues wie natürlich, kleine;
daß beim
eine große Natur,
unbequemer sein müsse, als eine
daß Leute von mittlerer Statur mehr
Ausdauer,
mehr Ton
Regel haben,
und Lebenskraft in der
und gewöhnlich ein höheres Le
bensalter erreichen, als sehr große.
det dieß große Ausnahmen.
Freilich lei
Es hängt das Alles
141 von der ganzen Architectur und Constitution ab. Wir sind nicht gemeint, uns lange bei diesem Satze aufhalten zu müssen. Arte opus est: autem sollers quoque periioit usus, Perficit ars quid quid repperit ingenium. Jo via. Pontan.
Drittes Buch der
Aphorismen des Hippokrates. Grau, Freund, »st alle Theorie, Doch ßtiin des Lebens goldner Daum, Göthe
1. Die Veränderungen der Jahreszeiten,
und
eben so große Abwechselung von Kälte und Wärme in denselben bringen vornehmlich Krankheiten her vor; dasselbe gilt auch in eben diesem Verhält niß von andern Dingen.
Der große Einfluß, den die Veränderung der
Jahreszeiten auf die Krankheitsconstitution aus übt, ist durch die Erfahrungen der besten Aerzte
hinlänglich bestätigt,
und eben so allgemein an
erkannt.
Junge Aerzte dürfen es nicht übersehen, daß
der herrschende Orundcharacter einer etwa vor-
handenen Epidemie beim Wechsel der Jahreszei ten immer mehr oder weniger modisicirt wird;
so wird z. B. die nervös gastrische Constitution im Herbste beim Eintritt des Winters mehr ent
zündlich - nervös werden u. s. w. Solche Erfahrungssätze sind sehr wichtig, weil
sich nach ihnen Las Heilverfahren richten muß.
Je rapider der Wechsel der Jahreszeiten ist, um so größere Berücksichtigung ist auch natürlich nö
thig.
Eß ist dasselbe bei Abwechselung von Kälte
und Warme in den Jahreszeiten selbst der Fall. So wird z. B. plötzlich eintretender Ost- und
Nord-Wind ein gutartiges epidemisches Catarrh-
sieber durch den höheren entzündlichen Charakter bedenklich machen u. s. w. thig,
Wir haben nicht nö
unß länger bei diesem.Aphorismus aufzu
halten, da wir schon Gelegenheit gehabt haben,
über diese Erfahrungen ausführlicher zu handeln.
2 Diesen Naturen sagt der Sommer, jenen der
Winter, im Verhältniß zu ihrer Constitution, gut oder schlecht zu.
ES konnte wohl dem Hippokrates fragliche Beobachtung nicht entgehen.
CS machen sie die
gemeinsten Leute
an sich selbst.
Wie oft hört
man nicht sagen: meiner Natur sagt der Winter,
meiner der Sommer zu. —- Solche Beobachtun
gen, so alltäglich sie auch sind, sind für den Arzt sehr beherzigungswerth, weil sie in Beziehung auf Constitution, Temperament Aufschluß geben. Erfahrung hat gelehrt,
Die
daß die melancholischen
Temperamente sich im Herbste schlecht, dagegen im Frühlinge behaglicher,
daß sich rein sanguinische
im Herbste besser als im Frühling, die phlegmati
schen im Winter und
Frühling besser
als
im
Sommer und Herbste befinden; ferner, daß den
Menschen mit phthisischer Constitution und Archi tektur der Winter eine feindselige,
dagegen der
Sommer eine freundliche Jahreszeit ist; trägen, schlaffen, zu Cachexien geneigten Organismen sagt
der Winter zu, der Herbst ist ihnen zuwider; so
genannte atrabilarische und gallichte Constitutio nen befinden sich dagegen im Winter und Früh
ling besser, als im Herbste und im Sommer^
Alle diese Beobachtungen sind dem Arzte sehr
bshülflich zum richtigen Entwürfe prophylaktischer Curpläne, und eben so auch bei dem Heilverfah
ren.
Herrscht z. B. ein rein entzündliches Fieber,
so wird das phlegmatische Temperament ein we
niger streng
antiphlogistisches
Verfahren -erhei
schen, als das sanguinische, wenn auch die Epidesmie
mie ihrem Grundcharacter nach rem entzündlich ist.
Die feineren Nüancirungen im Heilverfah
ren sind freilich die schwersten.
So etwas kann
eigentlich nicht im Buche gelehrt werden. — Die
breitste Rebe macht es nicht deutlich.
Der mit
dem Kunsttalente ausgerüstete Jünger lernt das
am schnellsten an der Hand des ächten Meisters.
Practica est multiplex. Hufe land:
Ueberaus richtig sagt
„Jede wahre Cur muß in jeder
neuen Epidemie, so wie in jedem Individuum, und aus ihr heraus, von neuem erfunden werden."
3.
So stehen auch einige Krankheiten zu dieser oder jener Jahreszeit in einem günstigeren oder
ungünstigern Verhältniß, und nicht minder manche
Lebensalter zu den Jahreszeiten, zum Klima und zu Lebensweisen.
Der aufmerksame Leser wird den Zusammen hang dieser Aphorismen nicht übersehen, es wird
ihm nicht entgehen, daß HippokrateS das ganze
Leben in seinen mannigfaltigsten Verhältnissen, in seiner vielseitigen
Beziehung
zur
Innenwelt beobachtete und würdigte.
Aussen - und
Man könnte
diesen Satz mit einer Menge von Beispielen be-
Lwvokr. v. Pitschaft, I. Th.
G
legen. Allen Leiben der Brust ist der Winter unhold, der Sommer zuträglich. Eine stille, ru hige, abgemessene, höchst nüchterne Lebensweise nur kann bei Brustleiden, die in Phthisis überzuge hen drohen, das Grab entfernt halten. Ja der höchste Pedantismus in der Lebensweise, die strengste Zurückgezogenheit von allen sinnlichen Ergötzlichkeiten ist hier das einzige wahrhafte Prophylacticum, ohne welches auch die außerdem bewährtesten Arzneimittel wenig oder gar nichts fruchten; nicht minder ist das Lebensalter zu be rücksichtigen; hat der sogenannte Phthisiker ein mal das Jünglingsalter und die erste Hälfte des Manneealters zurückgelegt, so eröffnet sich ihm die Aussicht zu einem längeren und behaglicheren Leben weit zuversichtlicher, versteht sich mit Bei behaltung fraglicher Lebensweise. Kann er nun gar den Winter in südlichen Ländern, etwa in Rom, Pisa, Neapel zubringen, so ist er um so mehr geborgen. Ausserdem muß er den Winter durch zu Haus verweilen. Nach James Clarks merkwürdigen Erfahrungen soll weder Nizza noch Hiäres noch eine andere Seestadt des südlichen Frankreich zuträglich sein; ob man gleichwohl bis hierher jährlich eine Menge Kranke aus an dern Ländern, besonders aus England dahin schickte. Rom soll ganz vorzüglich sein.
Wir verweisen auf das Werk des Verfassers,
auf die Recension in der Hu fe landschen Biblio thek, Maystück 1821; auf Fro r i eps
Notizen
für Natur- und Heilkunde 1. B. S. 41 und auf
Hu^elandS Journal, Aprilstück 1815. S. 115;
wo sich ein interessanter Auszug über die Süd lufthäuser für Schwindsüchtige vorfindet;
ferner
auf Hufelands Abhandlung über Ems, dessen
praktische Uebersicht der Heilquellen Teutschlands S. 176., und auf das Maystück 1816. S. 70, von dessen Journal.
Noch mehr Belege zu diesem Satze anzufüh
ren, würde uns zu weit führen, wir müßten bei nahe die ganze Therapie und Makrobiotik abhan deln.
daß
Der junge Arzt lasse sich's nur gesagt sein: er
seine
Kunst nicht
im Receptschreiben
suche; die ganze Natur, die ganze physische und psychische Welt ist der Arzneischatz für den den
kenden Arzt.
Mir sagte einmal ein großer viel
seitig und tiefgebildcter Arzt *), als ich noch sein Schüler war: ,,Ich kann die Zahl aller Arzney/
körper, die meinem Heilverfahren nöthig gewor
den sind, auf ein Kartenblatt schreiben." lich er hatte Recht.
Wahr
Dieser Mann war noch Lber-
dieß ein großer Wundarzt und Geburtshelfer; er
) Es war ver seelige Weidmünrr.
zeigte Mir seinen herrlichen Instrumentenapparat; er sah dem Schüler das Vergnügen über die Schönheit dieser Instrumente, aber auch die Angst, die er wegen der Menge derselben fühlte, an, und sagte zu mir: „Ich habe nur sehr wenige von diesen Sächelchen in meinem Leben gebraucht." So sprach der Mann, der tausende von Operationen mit gekröntem Erfolge verrichtete, zu mir; und ich ging sehr beruhigt nach Hause. In trän dum est in rerum naturam, et penitus quid ea postulat pervidendunv Cicero de finib. V. 16.
4. Wechselt in einzelnen Jahreszeiten an einem Tage bald Hitze bald Kälte, so hat man HerbstKrankheiten zu erwarten. Es ist wohl sehr natürlich: daß, wenn die Jahreszeit einen herbstlichen Charakter hat, es an Krankheiten, wie sie im Herbste vorzukommen pflegen, nicht fehlen wird. Eine Beobachtung, die keinem Arzte entgehen wird.
5.
Die Südwinde bringen schweres Gehör, Dun kelheit des Gesichts, Schwere des Kopfs, heit und Schlaffheit hervor.
stehenden Witterungskonstitution Uebel in den Krankheiten vor.
Träg
Bei dieser in Rede kommen solche
Herrscht der Nord
wind, so giebt es Husten, Halsweh, Verstopfungen, Harnstrenge, Fieber mit Schauder, Seitenweh und
Brustbeschwerden. Bei diesem Windstande hat man solche Zufälle in Krankheiten zu erwarten.
Dem erfahrenen Arzte wird die Nichtigkeit dieses Erfahrungssatzes sich vielseitig aufgedrun
gen haben.
Der junge Arzt, der ein genauer und
sorgfältiger Beobachter ist,
wird dieses alsbald
unserm Hippokrates nachbeobachten. Der Einfluß,
den der herrschende Wind auf
Menschen, Thiere und Pflanzen ausübt, waltig.
ist ge
Wir erinnern junge Aerzte an die ver
heerende Gewalt des SamielS,
der stoßweise in
den Wüsten Arabiens weht, und einen eigsnthümlichen Geruch mit sich führt.
Dieser Wind er
streckt sich bis nach Dalmatien und Italien, wo er aber von seiner Gewalt, nachdem er über Meer,
Berge und Klüfte gezogen,
hat.
schon viel eingebüßt
Er trägt allda den Namen Sirocco.
Auch
wollen wir zu dem Ende der Influenza der Jahre
1782 und 1800 gedenken.
Wir können bei dieser
Gelegenheit nicht unterlassen,
bitten,
Hufelands
treffliche
junge Aerzte zu
Abhandlungen:
„die Atmosphäre in ihren Beziehungen
auf den
Organismus" dessen Journal Novemberstück 1310. Juliheft 1820. und „atmosphärische Krankheiten"
Julistück 1Q23, ja nicht ungelesen zu Lassen.
6. Gleicht der Sommer dem Frühjahr, so er
warte man in den Fiebern häufige Schweiße.
Dieser Aphorismus mag sich nur auf Grie chenlands Localbeschaffenheit und auf die climatische Beschaffenheit des Frühlings in diesem Lande
fußen.
Allgemein kann er -wohl nicht angenom
men werden.
7.
Bei trockener Luft giebt es hitzige Fieber; ist nun die Jahreszeit zum größern Theil so geeigenschaftet, so wird man wohl auch solche Krank
heiten erwarten dürfen.
ES ist eine bekannte Erfahrung, daß trockene Luft, die sehr reich an Sauerstoffgas ist, wobei fast immer Ostwind weht, die Entstehung der hitzlzen Fieber begünstigt. Eine Luft, welche das Geschäft des Athemholens steigert, die den Kreislauf sehr vermehrt, welche eben dadurch alle Secretionen vermehrt, alen Muskeln, allen Fasern mehr Elasticität und Ton giebt, muß wohl die entzündliche Constitu tion bedingen. Trockene heiße Luft bringt acute, feuchte kalte Lust chronische Krankheiten hervor. 6. Wei beständiger Jahreszeit, und wenn die -Witterungen zeitgemäß eintreffen, haben die Krank heiten in ihrem Verlaufe ihren Bestand und bre chen sich gut. Wei unregelmäßigem Wetterstand ist das nicht der Fall, sie brechen sich schwer.
Dieser Aphorismus stimmt wohl mit der Er fahrung aller Menschen überein. Denn wer hatte wohl noch nicht beobachtet, daß beständiger Wech sel von Warme und Kalte, von Trockenheit und Feuchtigkeit, von Sonnenlicht und trübem Him mel, bald herrschender Ost-, bald herrschender Süd wind den nachtheiligsten Einfluß auf die Gesund-
heit Hatz um wie viel mehr muß der kranke Or ganismus davon alienirt werden. Vorzüglich ist aber rapider Wechsel der Temperatur dem chierischen Organismus sehr nachtheilig.
9.
Im Herbste sind die Krankheiten am hefticsten und auch am tödtlichsten. Der Frühling ist am gesundesten, und gering ist die Sterblichkeit in dieser Jahreszeit. Dieser Aphorismus läßt sich nicht ganz auf das Continent anwenden. Es mag dieses der Fall bei den Bewohnern der Inseln des ägäischen Meeres gewesen sein. Denn unstreitig ist bei uns die Sterblichkeit im Winter größer, als im Herbste; nach diesem kommt der Herbst, dann der Frühling, was diesen Gegenstand betrifft. Wer die Beschaffenheit dieser Jahreszeiten, namentlich in Teutschland, vor Augen hat, den wird das auch gar nicht befremden. Aus dem nachfolgenden Aphorismus geht deutlich hervor, daß im Ganzen der Herbst in Griechenland eine feindseligere Jah reszeit war, als er es bei uns ist.
10.
Den
Schwindsüchtigen
ist
der Herbst
ge
fährlich.
Der Herbst ist allerdings allen Schwindsüch
tigen eine feindselige Jahreszeit.
Wir haben schon
weiter oben angeführt, warum diese Jahreszeit die Hautfunction so sehr beeinträchtigt;
ein Um
stand, der Schwindsüchtigen sehr nachtheilig sein
muß; unter solchen Umständen wird die Ausscheü düng durch die Lungen alkalischer.
Ueberwiegende
Alkaliscenz im thierischen Organismus führt zur Auflösung. Auf dem Continente ist aber unstreitig der
Frühling
den Schwindsüchtigen die feindseligste
Jahreszeit, der Winter ist eS aber nicht weniger. Daß im Winter weniger Schwindsüchtige sterben,
mag wohl seinen Grund darin haben, weil die Leute fein in den Zimmern bleiben.
Wie wech
selnd die Temperatur in unsern Frühlingstagen ist,-Leigt das so häufige Verunglücken der Blüte
unserer Obstbäume.
Heute lachen uns noch Blü
ten aller Art an, morgen hat der unheilbringende Boreas alles zernichtet.
Eine Jahreszeit, wo
Wärme oft in Kälte urplötzlich übergeht,
muß
dem Schwindsüchtigen die feindseligste sein; vor-
züglich ist es der trockene Ost- und Nordostwind des Märzes, und der unbeständige April.
An ab
len Sprichwörtern des Volkes ist viel Wahres: „Was der März nicht will, nimmt der April."
Im Frühling ist die Luft reich an Sauerstoff, an
Electricität, die Lichtcntwickelung ist groß. ter Eigenschaften,
Lau
welche dem Schwindsüchtigen
nicht zusagen, und nur den Lcbensprozeß beschleu
nigen müssen.
1L Was
nun die Jahreszeiten anbelangt,
so
werden im Sommer, wenn der Winter bei herr
schender Nordluft trocken, das Frühjahr aber bei
Südluft regnerisch gewesen ist, hitzige Fieber, Augenentzündungen, Rühren, und das am meisten
bei Frauen, und Männern von feuchter Natur, vorkommen.
Solche Satze, welche Hippokrates auch nur im Allgemeinen aufstellt, welche jihre großen Aus
nahmen leiden, durch Localität, Lebensart modisicirt werden, können im Grunde nicht commen-
tirt werden.
Wir müssen hier doch bemerken, daß Hippo krates, wenn er auf Luft, Wasser und Klima zu
sprechen kommt, etwas mehr speculativ, als an
derswo zu Werke geht, und daß die Dialectik der
Schule des Naturphilosophen Empedokles nicht ganz zu verkennen ist.
2sm besten wird sich der
Leser im Buche von der Lust, maten,
Wasser und Klü
welches sehr viel Schönes enthält, aber
nicht frei von Spekulationen im Gebiete der Phy
sik und von Theorieen der fraglichen. Schule ist, davon
überzeugen.
Wir
lesen
im
angeführten
Buche dieselbe Stelle: ,,War der Winter trocken
und Ult, der Frühling hingegen feucht und warm, so werden im Sommer Fieber und Augenentzün-
dungen Vorkommen;
vorab, wenn in demselben
plötzlich Hitze eintritt, denn, indem die Erde von
dem feuchten Südwinde des Frühlings noch feucht
ist, so wird die Hitze sich verdoppeln, zum Theil wegen der erhitzten feuchten Erde, zum Theil we gen der erhitzenden Sonne selbst.
Dadurch nun
werden Fieber, zumal bei Frauen und Menschen von feuchter Natur, hervorgebracht werden."
Prüfet alles und das Beste behaltet.
12. Wenn der Winter bei herrschendem Südwinde
beständig naß und gelind, der Frühling aber bei herrschendem Nordwinde trocken ist,
so sind
die
Frauen,
welche im Frühling
ihrer Niederkunft
entgegensetzen, auch bei geringfügigen Veranlas
sungen zum Abortiren geneigt. Kommen sie glück lich nieder, so bringen sie schwächliche und kränk liche Kinder zur Welt, welche entweder bald ster ben, oder elend und kränklich leben.
Andere Leute
bekommen Rühren , und trockene Augenentzündun gen, und die Greise Katarrhe, die sie in Kurzem
todten. Wenn
auch
es
keinem
Zweifel unterliegt,
daß der in Rede stehende Witterungsstand nach theilig auf die Gesundheit der Menschen wirkt,
daß er zu
den angeführten Leiden disponirt:
gilt doch für diesen Lehrsatz die
wir dem
vorangehenden
so
dieselbe Randglosse, angehängt
haben.
Nach unserm Dafürhalten ist er unstreitig zu apo diktisch gegeben.
Die Angabe von dem Abortiren
der Frauen, so wie die Sterblichkeit der Kinder, muß nothwendig eine große Beschränkung erlei den.
Daß aber Greise bei solchem Witterungs-
zustande gern an Katarrhen sterben, ist eine be kannte Erfahrung;
wir haben weiter oben schon
darüber gesprochen. Ueberhaupt ist es
eine ausgemachte Erfah
rung: daß auf das Leben nichts nachtheiliger ein wirkt, als schneller Wechsel der Temperatur, so-
wohl der Uebergang von der Kälte zur Wärme,
als auch der im umgekehrten Verhältnisse.
Jede
andere auch sonst nachtheilige Witterung bringt
weniger Krankheiten
hervor.
Wir wollen als
Belege nur die Lahre 1816 und 1817 anführen.
WaS aber alles
in dem unendlichen Zeughaus
vorgehen, was Zusammentreffen muß, um dieses oder jenes Miasma zu erzeugen, darüber wissen
wir im Grunde so wenig Zuverlässiges, als über
die Erzeugung manches Contagiums.
Wie ge
lehrt die Schule nicht AllsS zu deduciren ver steht, das haben wir noch unlängst an dem Pro
duct eines prophetischen Arztes,
dem es nicht
an Kenntnissen, aber auch nicht an Schulwitz ge bricht, gesehen.
13. Wenn der Sommer bei herrschendem Nord/
winde trocken,
der Herbst aber bei anhaltendem
Südwind naß ist, so stellen sich im Winter Kopf
schmerzen, Husten, Heiserkeit, Schnupfen und bei Einigen auch Schwindsucht ein.
14. Wenn der Herbst bei herrschendem Nordwind trocken ist, so bekommt er Männern von feuchter
Natur und Frauen wohl.
Im Uebrigen werden
trockene Augenentzündungen,
hitzige und lang
wierige Fieber, und hin und wieder auch Melan
cholie vorkommen.
15. In Ansehung des Wetterstandes deS Jahres ist im Ganzen Trockenheit gesunder als anhal
tender -Regen,
und die Sterblichkeit in solchem
Jahre geringer.
16. Bei feuchter Witterung kommen die meisten Krankheiten, als langwierige Fieber, Bauchflüsse,
faulichte Krankheiten,
Fallsuchten,
Schlagflüsse
und Bräunen vor: bei trockener aber Schwind süchten, Augenentzündungen, Gicht, Harnstrenge
und Rühren.
17. Was nun die täglichen Wetterstände anbelangt: so macht die Nordluft die Körper dicht, kräftig, gewandt, sie verleiht frische Farbe, scharfes Ge
hör, verursacht Verstopfung, Brennen in den Au gen, und vergrößert die etwa vorhandenen Brust,
leiden.
Die Südluft hingegen erschlafft den Kör-
per und feuchtet ihn an; sie stumpft das Gehör ab, verursacht Schwere tm Kopfe und Schwindel vor den Augen, vermindert die Beweglichkeit des Körpers und macht weichleibig. 18.
Was nun die Jahreszeiten anbelangt > so be finden sich im Frühling und im beginnenden Som mer Kinder und junge Leute am besten, und sind in dieser Jahreszeit am wohlsten; im Sommer und zum Theil im Herbste die Greise; im übri gen Theil des Herbstes und im Winter die von einem mittleren Alter. Hippokrates theilt in diesen Aphorismen das allgemeine Resultat seiner Erfahrungen mit, und nachdem er den folgenden Lehrsatz nothwen dig eingeschaltet hat, fährt er weiter in eben die ser Mittheilung fort. 19.
Krankheiten aller Art stellen sich aber zu je der Jahreszeit ein: inzwischen entstehen und ver mehren sich einige zu dieser oder jener Jahreszeit.
20. So kommen Lm Frühling Wahnwitz, Schwer-
muth, Fallsuchten, Blutflüsse, Bräunen, Schnup fen, Stockflüsse, Aussatz, Husten, Flechten, Haut
geschwüre, Geschwülste und Gliederschmerzen am
häufigsten vor.
21. Im Sommer zwar auch einige von diesen,
ferner anhaltende Fieber, als hitzige Fieber, die meisten dreitägigen, Erbrechen,
Durchfalle, Au-
genentzündungen, Ohrenweh, Mundgeschwüre, faulichte Geschwüre an
den Geschlechtstheilen
und
Hitzblattern. 22. Sm Herbste kommen auch Scmmerkrankhei-
ten 'vor, überdieß viertägige und unregelmäßige Wechselsieber, Milzsuchten, Wassersüchten, Schwind süchten, Harnstrenge, Lienterie, Rühren, Hüftweh,
Bräunen, Asthma, Darmgicht, Fallsuchten, Rase rei und Melancholie. 23.
Im Winter endlich Seitenstechen, Lungenent zündungen, Schnupfen, Heiserkeit, Husten, Brust-
schmerzen, Seiten - und Hüftweh, Kopfschmerzen,
Schwindel und Schlagflüffe.
Wie schon gesagt, Hippokrates theilt in die
sen Aphorismen das Resultat vielfältiger Erfah rung und Beobachtung, so wie es sich schon im
Allgemeinen
darstellte,
mit.
Daß es hier
Ausnahmen giebt, wird keinem genauen Beobach ter entgehen; denn solche Ergebnisse müssen noth wendig durch Ortsverschiedenheit, climatische Ver hältnisse, nach den Grenzen der Meere, der Flüsse,
Berge, Wälder, durch die ganze Lebensart bedingt
und modificirt werden.
Es wird sich aber der
fleißige, scharfe Beobachter mit den Jahren über zeugen, daß Hippokrates im Ganzen sehr rich
tig beobachtet hat.
Allgemeine Sätze der Art,
wie sie Hippokrates hier aufstellte, sind das Re sultat der Vergleichung
lang und vielfältig ge
machter Beobachtungen.
So wenig Zuverlässiges
wir auch über das Leben der Atmosphäre wissen, so wird nicht leicht Jemand die Herrschaft, welche
sie auf die Thier-
übersehen.
und
Pflanzenwelt
ausübt,
Sehr schön und wahr sagt unser Hu
feland Journ. 1820. Iuliheft Seite 29: „So
gut wie wir im Wasser, besonders in den Mine ralwassern, ein inneres Leben, eine eigene Art der
Verbindung und
Darstellung jener Grundstoffe,
und ein darauf gegründetes eigenes Dasein und Wirken annehmen müssen, woraus allein ihre so mannigfaltigen und eigenthümlichen Wirkungen auf das animalische Leben sich erklären lassen, eben so auch in der Luft. Für und durch dieses Leben können innere geheime Veränderungen in den feinsten Verhältnissen der Atmosphäre mög lich werden, welche sich freilich nicht durch die ge wöhnlichen physischen und chemischen nicht belebten Prüfungsmittel darstellen lassen, welche aber das feinere Prüfungsmittel, ein anderes Leben der organischen Körper, gar wohl empfindet, und welche ich mir daher schon früher einmal die Frei heit genommen habe, als Lebensveränderungen Krankheiten der Atmosphäre zu nennen. Die täg liche Erfahrung und die ganze Geschichte der Me dicin ist voll von Beweisen darüber. Das ganze Oeheimniß der großen Lehre von der herrschenden Constitution und von dem epidemischen Einflüsse beruht darauf. Hier wird Medicin und medicinische Beob achtung ein wesentlicher Theil der Naturkunde, und so wenig der Arzt den Physiker entbehren kann zur Erkenntniß der physisch-chemischen Ei genschaften der Atmosphäre, eben so wenig kann der Naturforscher den Arzt entbehren, um diese höhere und gewiß noch wichtigere Seite der At-
mosphäre, ihre organisch-vitalen Beziehungen kennen zu lernen. Beides vereinigt, giebt erst ein vollkommenes Ganzes, eine vollkommene Me teorologie oder vielmehr 2Nmosphärologie. Denn das ist der Gegenstand der Untersu chung; das, was die Erde umgiebt, jenes geheim nißvolle Meer, in dem sich Licht, Wärme, Schall, elektrische und magnetische Kraft unaufhörlich durchkreuzen, und ein wunderbares neues Leben erzeugen, die Wohnung des LebensathemS, noch jetzt des Geistes, der über dem Wasser schwebt, die Werkstatt unaufhörlicher Metamorphosen und neuer Schöpfungen, vom Thautropfen an, bis zum Blitze und Meteorsteine, einer beständigen Wechselwirkung und Circulation zwischen ihr,und dem Erdkörper nebst seinen Bewohnern, des gro ßen Kreislaufs zwischen Thier - und Pflanzen reich, zwischen Wasser und Erde, eine Fortsetzung der Erde in Dunstgestalt, und der Behälter aller sich von ihr entwickelnden und verflüchtigenden Stoffe, selbst feste Körper und Metalle nicht aus genommen, die ihr in tausendfacher Gestalt von djr wiedergegeben werden, und auf sie und ihre Bewohner zurückwirken. — Und dieses Reich glau ben wir ergründet zu haben, wenn wir sagen, es besteht aus Sauerstoff, Kohlenstoff und Stick stoff? -
Hier nur Einiges, um das Dasein und die Wichtigkeit dieser innern atmosphärischen.Verhält nisse und die Nothwendigkeit der Beachtung ihrer einzigen Erkenntniß-Quelle, der Reaction des or ganischen Lebens, zu beweisen. Das erste ist die stehende oder stationaire Gesundheitsconstitution. Offenbar ist manche Zeiten hindurch die Le, Lensenergie in einem mehr erhöhten, dann wieder in einem mehr herabgestimmten Zustand, in gan, zen Gegenden und Massen von Menschen, ohne daß wir eine sinnlich wahrnehmbare Ursache in den äußern allgemeinen Eigenschaften weder der Atmosphäre noch anderer Lebensbedr'ngungen ent decken können. Selbst 'der Wechsel der JahresZeiten macht keinen Unterschied. Hier scheint das elektrische Verhältniß der Atmosphäre von vor züglichem Einfluß zu sein, vielleicht auch das mag netische. Zuweilen äußert sich dieser allgemeine Ein fluß mehr in der Lscalität, in dem Vorherrschen einzelner Systeme des Organismus. Manche Zei ten ist das Blutsystem das vorherrschende und der entzündliche Charakter allgemein, zu andern das gastrische und Gallensystem, und der gastrische und gallichte Charakter allgemein, zu andern daS System der Schleimhäute und der schleimichte
Charakter allgemein,
zu andern das Nervensy
stem und der nervöse Charakter allgemein, eben
so das Lymphsystem und so ferner. Ja was noch merkwürdiger ist, selbst ganz-
bestimmte einzelne Organe des Körpers können Gegenstände si-rses atmosphärischen Einflusses wer
den.
Wir sehen zu einer Zeit das Gehirn, zur
andern Zeit die Lungen, zur andern die Leber, zu noch anderer die Haut, zur andern die Halsdrü-
sen (Angina parotidea epidemica), ja zu man chen Zeiten die Fingerspitzen (panaritia epide
mica) allgemein ergreifen.
Noch wichtiger ist die Erscheinung, wenn sich
in der Atmosphäre ganz neue Krankheiten von bestimmter Form und Charakter (wirkliche Epi-
demieen) auebilden, die eine Menge Menschen zu--
gleich befallen, ja selbst neue Miasmen, die sich in und durch die Atmosphäre fortpflanzen, und gleich sam eine ansteckende Wirkung auf sie ausüben.
Zuweilen ist es schwer, den ersten Ursprung, sol
cher Miasmen zu entdecken, ob sie nämlich in der organischen oder atmosphärischen Sphäre sich ent
wickelt haben.
Aber auch im erstern Fall, wenn
sie offenbar organischen Ursprungs sind, zeigt sich
unS oft ein höchst merkwürdiger atmosphärischer Einfluß in so fern, daß sie zu manchen Zeiten sich
schnell und allgemein verbreiten, zu manchen nicht
16(5 und isoll'rt bleiben, woraus deutlich erhellt, daß
dennoch in der Atmosphäre die geheimen Bedin gungen verborgen liegen muffen, wenn auch nicht
ihres
ersten Daseins,
und Fortpflanzung.
doch
ihrer Entwickelung
Die Pocken, Masern, Rö-
theln, Scharlachsieber, geben uns die deutlichsten Beweise.
Sie können zuweilen lange Zeit spora
disch und selten existiren, und dann plötzlich eine
allgemein herrschende Krankheit werden.
Hier kommen nun wieder zwei höchst merk/ würdige Umstände in Betracht, eines Theils die
Begrenzung, andern Theils die Richtung solcher Miasmen.
giebt
Von der Begrenzung
Fieber den besten Beweis.
und
das gelbe
Das Daseyn dieses
Miasma und seine Reproduction ist offenbar auf eine Gegend beschränkt, die nicht über 3o Meilen vom Seeufer entfernt ist,
und die
den 4östen
Grad der Breite nicht übersteigt.
Von der Richtung und Fortpflanzung, die
ein solches miasmatisches Erzeugniß durch die At mosphäre erhalten kann,
gab uns die Influenza
des Jahres 1782 den besten Beweis.
Sie kam
aus Nordwesten, und pflanzte sich immer in der
Richtung nach Westen fort»
Immer bekam sie der
westlich liegende Ort später als der östliche, und
so pflanzte sie sich durch ganz Leutschland bis nach Frankreich und Amerika fort. Es war of< fcnbar eine atmosphärische Epidemie, ein atmo sphärisches Miasma. Doch dieses sei für jetzt ge nug über diesen wichtigen Gegenstand. Ich wollte nur aufmerksam machen auf die Wichtigkeit der medicinischen Seite der Atmosphärologie, und die Winke meines geehrten Freundes, Herrn Geh. Rath Hermbstäd t, bestätigen. Nur erlaube man mir noch zu bemerken, wie sehr hieraus die Wich tigkeit vergleichender Beobachtungen, eb'n so wie über die meteorologischen Veränderungen, also auch über die gleichzeitigen Veränderungen der Gesundheitsconstitution, epidemischer Krankheiten und ihre Richtung erhellt, wohin selbst ähnliche Erscheinungen im Pflanzenreiche, z. E. die soge nannten Mehlthaue und andere epidemisch erzeugte Krankheiten der Gewächse, desgleichen die oft so plötzlich und allgemein sich bildende Erzeugung von Insecten, die so viel Analoges mit der Er zeugung epidemischer Krankheiten hat, zu rechnen sind, und daß nur dadurch und durch vergleichende Zusammenstellung beider befriedigendere Resultate für das Ganze zu erwarten sind." Ferner sagt er 1823. Juliheft, Beite 39: „ 1. Die Atmosphäre kann, als Disposition, den allgemeinen Krankheitskarakter bestimmen: sie
kann aber auch den Grund oder Lebenskeim einer
bestimmten Krankheit erzeugen und mkttheilen. 2.
Jedes Contagium ist ein solcher Lebens
keim, ein Same, der seines Gleichen hervorbringen kann.
Z.
Das Contagium
kann
erzeugt werden,
sowohl in der Atmosphäre (atmosphärisches Con tagium), als auf der Erde (terrestrisches Contagium), und da sowohl im Todten als im Leben
digen.
Es kann sich sowohl von der Atmosphäre
der Erde, als von der Erde der Atmosphäre mit
theilen. 4.
Das atmosphärische Contagium kann ent
weder atmosphärisch bleiben (einfache Epidemie),
oder sich in den ergriffenen Individuen reproduciren, und dann von Individuum zu Individuum übertragen (contagiöse Epidemie, Contagion). 5.
Das terrestrische Contagium kann eben
so entweder terrestrisch bleiben, das heißt, sich nur von Individuum zu Individuum mittheilen (In-
fection, individuelle Ansteckung), oder es theilt sich auch der Atmosphäre mit, und erzeugt eine con
tagiöse Epidemie (Contagion).
6.
Dies hängt ab theils von der Luftre-
ceptivität, theils von der Auflöslichkeit und Lust verwandtschaft des Contagiums.
Ist es bloß che
mische Aufnahme oder Auflösung des Contagiums in
in der Atmosphäre, so entsteht contagiöseAtmosphäre nur in der Nähe des Contagiums.
Ist es aber
wirkliche NeproducLion und Fortleben desselben in der Atmosphäre selbst, dann Contagion. 7-
Das atmosphärische Contagium kann die
Atmosphäre selbst anstecken, wodurch allein die alt mosphärisch begrenzten und atmosphärisch verbrei
teten Krankheiten zu erklären sind.
8-
Einfache Znfection wird also entstehen,
wenn entweder das Eontagium gar nicht in der Luft auflöslich ist oder, wenn es das auch ist, di-e
zu seiner NeproducLion in der Atmosphäre nöthü
gen Bedingungen wenn
das
fehlen.
Contagium
Contagion
hingegen,
entweder atmosparischen
Ursprungs, oder aber, wenn auch terrestrischen Ur sprungs, dennoch in der Atmosphäre auflöslich ist,
aber auch dann nur, wenn zugleich die seine Reproduction in der Atmosphäre begünstigende Be-
dingungen vorhanden sind.
£).
Dieses auf das gelbe Fieber angewendet,
ergiebt sich, daß dasselbe eine atmosphärische, zu gleich aber auch — obwohl nur unter begünstigen
den atmosphärischen Verhältnissen — contagiöse Krankheit ist,
daß man es folglich sowohl durch
die Atmosphäre — was
man
gewöhnlich,
aber
fälschlich, nennt „ohne Ansteckung" — als durch den ContacL mit schon angesteckten Körpern erHi-vokr. y. Pirschaft/ I. Th.
*&
halten sann, und daß es folglich in den nördli chen Gegenden, jenseits des Soften Grades, zwar wohl 'einzelne Infektion aber keine Contagion er zeugen kann, wozu die klimatischen Bedingungen fehlen." 24.
Dem Alter nach stellen sich nun die Krank heiten folgender Weise ein. Bei ganz kleinen und neugeborenen Kindern Mundschwamme, Er brechen, Husten, Schlaflosigkeit, Zusammenfah ren, Entzündung des Nabels und Ausfließen der Ohren. 25. Wei den im Zahnen begriffenen, Jucken und Stechen im Zahnfleisch, Fieber, Zucken, Bauch flüsse, vor allem in dem Zeitpunkt, in welchem die Augenzahne sich entwickeln, und wenn die Kinder fett und zu Verstopfungen geneigt sind. So das Schicksal des Menschen. Kaum ist er auf der Erde angekommen, so droht auch schon das schwarze Heer der bösen Dämonen über ihn her zufallen. Die Krankheit wie die Sünde um stricken ihn. Die heilige Schrift sagt: „Er wird
:n Sünden geboren. "
Eine füfe dem Verstände
zwar unergründliche Wahrheit!
Leben hindurch sicht ihn
das
aber sein ganzes geistige Auge im
Schweben zwischen Tag und Nacht, zwischen Him mel und Erden.
In allen Mythen ist die Rede
vom Abfall des Menschen,
von seiner göttlichen
Natur, vom Sturze der Engel.
Es ist auch ganz
medicinisch genommen wahr: durch die Sünde ist der Tod in die Wett gekommen.
Merken wir
Aerzte uns das recht: nur der Medicophitanthrop
ist der Arzt, der an der Verbesserung des phy sisch-psychischen und des psychisch-physischen Ver
falls des ganzen Geschlechts zu arbeiten vermag. Seien wir eingedenk des tiefgefühlten Spruches des bescheidenen, ich sage des bescheidenen Hippo-
krates: „Göttergleich ist ein weiser Arzt." Hal tet es nicht für Schwärmerei, oder vielleicht gar für Frömmelei, wenn ich Euch bemerke, daß Chri
stus ein Arzt war —daß er der Heiland der Wett
ist: und daß ich zum Schluffe dieser Episode sage: fiat applicatio. —
TertUlliaN sagt: „Bona jam nee nasci licet, ita corrupta sunt semina. “
In der Kin
derwelt ist die Sterblichkeit am größten.
In die
ersten Entwickelungsperioden des Menschen fallen
eine Menge
Krankheiten.
Ich kann mir nicht
versagen, hier zum Theil zu wiederholen, waS ich H 2
172 schon früher in Hufelands Journal äußerte: Je höher
mehr
die Stufe der
Krankheit,
ist
eine
Animalitat,
desto
bekannte Erfahrung;
je größer die Welt ist,, in der das Individuum
lebt,
mehr Ecncurrcnz
je
Einflüssen.
maler
von
krankmachenden
Je reiner der Naturzustand, je nor
die Entwickelungsperiode,
weil sie durch
einwirkende Schädlichkeiten von außen nicht ge
stört wird.
Je mehr das Thier seiner ihm ei
gentlichen Welt, seiner seinem Organismus ent sprechenden Lebensweise entrückt wird, um so mehr Krankheiten ist es unterworfen, denen es in sei nem freien ungebundenen Leben nicht unterworfen
ist.
Die Zahl der Krankheiten unserer Pferde ist
sehr groß; aber auch kein Thier wird in seiner ganzen Lebensweise,
sowohl durch Unwissenheit,
als auch durch Rohheit, manchmal auch durch Noth
wendigkeit, wie z. B. im Kriege, krankt,
als das edle Pferd.
so sehr ge
Darum fallen auch
schon in ihre Aahnentwickelungsperiode, besonder-
der Augenzähne, mehr Krankheiten, als bei an
dern Thieren,
und
dioser: Periode
schenkt
der
Pferdekenner besondere Aufmerksamkeit.
Der Mensch, dessen Bestimmung es ist, auch in der Welt der Geister zu leben, konnte dies nur mit Hintansetzung mancher, ja vieler körperlichen
Vortheile, er mußte die Verhältnisse eines mecha-
4 *v*)
1/u
ru'schen, einfältigen Lebens durchbrechen, um jene Höhe zu erreichen auf der er steht. Hat er auf der einen Seite eingebüßt, so hat
er auf der andern unendlich gewonnen.
Gleichgewicht wird dadurch
Und das
um so mehr herge
stellt, als ihm eben seine Geistescultur auch die Waffen in die Hande giebt, die schädlichen Dämo
nen, die er sich zum Theil durch das angeeignete Leben hervorgcrufen hat, abzuhalten, und so viel
wie möglich unkräftig zu machen.
Es ist also
natürlich, daß, je weniger Thier, Mensch er ist, um so mehr muß er Krankheiten überhaupt, wie
auch in seinen Entwickelungsperioden unterworfen sein, denn er lebt ja in einer Welt, steht mit ei
ner Tm Verkehr, dl? eine ganz andere ist, als die
enge Thierwelt, die ganz andere Anforderungen an ihn macht, als diese.
dieses Opfer,
Er bringt auch gern
Wenn man aber überdies noch be
denkt, daß er die, durch die ihm nun einmal an gewiesene und sich durch eignes Streben cmgeeig,
nete Sphäre
nothwendig
geschmälerte physische
Kraft noch dadurch verringert, daß er oft muthwillig ,
wie auch nothgedrungen ein Leben lebt,
welches dieses sein wirkliches Sein gar nicht be dingt: so ist es mir sehr natürlich, daß alle seine
Entwickelungsperioden — also auch die der Zähne — mehr gefährdet werden muffen, als in der Thier-
welt, dieses immer in dem steigenden Verhältniß zu den angegebenen Bedingungen. Das Zahngeschäft fallt übrigens bei dem Menschen gerade noch v> eine Periode, wo im Gehirn des Menschen gewiß große Ereignisse vor/ gehen; seine Sinne setzen sich in das Verhältniß zu ihrer Welt. Es übt sich sein Auge, berichtiget durch das Gefühl; es scharst sich sein Ohr, er faßt die Töne auf; und ehe er sprechen lernt, versteht er andere; sein Auge, die Geberden seiner Hand, seine ganz eignen Töne zeigen deutlich, daß sein Inneres spricht, daß die Sprache vor der Loquela da ist, auf einmal lernt er reden. Sein innerer Sprachsinn verhält sich zu den Sprachorganen, wie der Tonsinn zu dem Instru ment- die Symphonie muß im Innern aufgenom, men, vernommen sein, ehe sie die Saite wiedergiebt. Welch ein merkwürdiger Zustand! Auf einmal wird ihm die Welt eine anderer denn jezt sangt sie an, sich immer mehr in ihm zu ge stalten. Sein Nervenleben beginnt und die Alu ßcnwelt äußert ihre wohlthätigen und nachtheilü gen Einflüsse jetzt erst recht auf ihn. Sollte diese Entwickelung nicht eine weit wichtigere sein, als die der Zähne, die beide Zusammentreffen und Zu sammentreffen müssen weil das ganze Leben ein Eausalzirkel ist. Allein sie geht in der Blüte
175 seines Menschenlebens in der WerkstäLte des Den» kens im Gehirn vor.
Die Sprachorgane nehmen
nur in so fern Antheil daran, als sie nun auch zu
anderm Zwecke gebraucht werden,
denn sie sind
vorher schon fertig, eingerichtet zu diesem Zwecke gewesen.
In
diesem
Gesichtpunkte
ist
mir die
Cutwickelungsperiode der Zähne ein wichtiger Ge genstand für die Pathologie; allein ich kann mich
durchaus nicht überzeugen,
daß
die Kinder am
Zahngeschäfte als solchem, wohl aber im Zahngeschafte und in dieser wichtigen, oben angeführten Entwickelungsperiode,
welche mit der der Zähne
in eine Zeit fällt, häufiger sterben als zu ande rer Zeit.
Das Blühen des Baumes ist für den Baum
eine so natürliche Sache, als das Zahnen für das
Er wird von einem kalten Nebel,
Thier.
von
einem schädlichen Thau in der Blütezeit krank, die
ihn
Eben
so
außer
derselben
nicht
afsicirt
hätten.
ist die Reccptivität des Thieres und
mehr noch die.des Menschen in seinen Entwicke lungsperioden eine andere als
zu anderer Zeit.
Wie viele Mädchen erkranken in der Periode der
Pubertät, aber dieselbe ist doch nicht eine Krank
heit selbst, sondern das was krank macht, stört auch das Geschäft, das in den Serval-Organen
176 vergeht: daß diese Mißstimmung wieder zurück
wirken kann, versteht sich von selbst. Wenn der Organismus in
einem wichtigen
Geschäfte für seine ihm eigenthümliche Haushal tung oder gar in einer weitern Bildung seines Selbst begriffen ist;
wie leicht können ihn dann
Dinge krank machen, die ihm vielleicht ausserdem
nur eine kaum fühlbare,
vorübergehende Unpäß
lichkeit zugezogen hätten!
Ein Mädchen tanzte
schon drei Jahre vor ihrer Menstruation,
und
das Tanzen that ihr nichts, ob sie sich gleichwohl
nicht schonte und
öfters am Catarrhsieber litt.
Ein Ball fällt in den Moment, wo zum ersten
mal die Menstruation eintreten will, sie erhitzt sich übermäßig, trotz ihres Eatarrhcs, der ihr bisher nicht geschadet; sie erkaltet sich, die Men
struation kommt nicht zu Stande, die Circulation des Blutes wird innormal, sie bekommt ein star kes Blutspeien und stirbt.
Sie starb doch wie
natürlich, nicht an, sondern in dieser Entwicke
lungsperiode.
Wie sollte auch an einer Entwi-
ckelungsperiode ein Thier erkranken; wir können ja übrigens gar nicht bestimmen, wann diese an
gefangen hat! ich möchte sagen, sie fängt gar nicht an, denn im ganzen Leben ist von Anfang bis zu
Ende ein Streben, ein geschlossenes Ganzes zu werden.
Ich muß gestehen, daß mir die Worte: Zahn
ruhr, Zahneonvulsionen oder gar Zahnausschlag
unverständliche Laute sind.
Ich
sehe
gar nicht
ein, wie der Durchbruch der Zähne, einen soge nannten Nervenreitz, der pathologisch zu betrach
ten wäre, der als solcher ein für diesen zeitlichen Zustand
des
krankmachender Reitz
Organismus
werden dürste, abgeben sollte; als wenn die Na
tur nicht, gleich einer weisen Hausfrau, alle Vor
richtungen zu ollem,
was in ihrer Haushaltung
nah oder fern vorgehen muß, getroffen und auf das Ganze berechnet hätte.
sehr gut ein,
Aber das sehe ich
daß der Organismus im Verhält
niß zu den wichtigeren Abschnitten seines Lebens eine qualitative Receptivität für die Aussenwelt hat, und vermöge dieser zu diesen Zeiten anders
ergriffen wird von Einflüssen, die zu anderer Zeit unbeschadet an ihm vorübergegangcn wären, denn
darin beruhet ja gerade sowohl die absolute als relative Möglichkeit des Krankwerdens. Der Zahnreitz verhalt sich zu diesem. Lebens
abschnitte, mung
wie z. B. die ganz besondere Stim
des Nervensystems
bei
der bestimmteren
Geschlechtsentwickelung und Vollendung ihrigen,
beide
bedingen
einander
zu. dem
wechselseitig.
Wie denn auch alles im Leben der großen und
kleinen Welt ein Zirkel und nur eben dadurch ist.
Ich bin von des großen Wichmanns Ansichten
nur mit einer kleinen Modisicirung in Auffassung
der Sache immer noch überzeugt; ich glaube da
her, daß man in Beziehung auf das Zahngeschäft noch gar zu oft in den Trugschluß verfällt: „Ba-
culus stat in angulo, ergo pluit! “
Wie oft
mag ein Kind an Krankheiten des Gehirns, vieler anderer gar nicht zu gedenken, in dieser merkwür
digen Entwickelungsperiode, z. B. an jenem spe
ciellen acuten Nervenleiden, das wir Gehirnwas sersucht nennen,, oder an einer Entzündung der Ge hirnhäute gestorben sein, das'nun einmal den Zahn-
convulsionen unterliegen, mußte.
Wenn wir nun
gar einen Blick werfen auf die Ereignisse, welche
im ersten Lebensjahr in dem arteriellen System, im Herzen selbst, im Pfortadersystem, in der Leber,
im ganzen Gallensystem vorgehen, und auf die,
welche früher im Intestinum coecum vorgegan« gen sind und in einem oder dem andern Falle noch
nachwirken, worüber uns zwar die Anatomie be
lehrt,. aber noch nicht so voll,bändig belehrt hat, daß uns der physiologische Theil klar vor Augen
läge-—so. wird es mit der sogenannten Zahnruhr,
bei welcher, oft wirkliche Häute abgehen,
eine
ganz eigene Bewandtniß haben. „Veniet tempus quo posteri nostri tarn
operta nos nescisse niirentur/' sagt SeNeka.
Ein jeder thue was an ihm ist,
auf daß diese
Zeit sich nahe! Daß sich bei zahnenden Kindern
Jucken,
leichte Stiche im Zahnfleisch einstellen,
ist dasselbe Phänomen, welches wir bei Entwicke
lungen anderer Organe
auch wahrnehmen.
In
einem Organe, das in seinem Wachsthum, in seiner Vollendung, begriffen ist, das sich zu einer neuen
Function, ja zu einem neuen Leben erhebt, wird
sich die Vis vitalis auf alle Weise durch Turgor und erhöhte Sensibilität manifestiren.
Wenn ein
Mädchen zur Jungfrau heranreift, so stellt sich erhöhte Warme, Jucken und- leichte Stiche in den
Brüsten ein, ähnliche Ereignisse kommen in den eigentlichen Geschlechtstheilen vor, es sondert die
Scheide etwas Schleim ab u. s. w.
sehnliche
Erscheinungen stellen sich beim mannbar werden, den Jüngling
ein.
Er bekommt häufigere (Srec,
tionen, mitunter Samenergießungen u. s. w. Bei
dicken vollsaftigen,. zahnenden Kindern bewerkstel ligt die Natur einen gelinden Durchfall, wie Hip-
pokrates sehr richtig bemerkt, um bei der erhöh ten Plastik des Gefäßsystems,
zunächst der der
Haargefäße, das Ebenmaß in der Saftmasse zu
erhalten, um schädliche Ueberfüllung zu verhüten.
Ueberall erblicken wir die Weisheit der Natur, sie thut überall das Rechte. — Wir erblicken uns
ewig auf Irrwegen,
wenn wir von der Dahn
abweichen, die sie so unverkennbar verzeichnet. —
Wir müssen an sie glauben, ohne sie eigentlich be greifen zu können.
Der Naturforscher, der Phi
losoph, der Theosoph, kommen alle zu demselben Postulat, soll anders Wohlgestaltheit
Denkweise sein.
in
ihrer
Der größte Denker hat, sobald
er auf daö verborgene Erkenntnißvermögen des
Urgeistes von Ewigkeit kommt, unentwickelte Begriffe, und vernehmen,
aber
gleichfalls nur
die sich wohl empfinden nicht beschreiben
lassen.
„Tilgt Gott aus der Brust *), so ist alles, was
über und hinter der Erde liegt,, nur eine wieder derselben,"
holende
Vergrößerung
Paul.
Ich habe nirgendwo einen großem, einen
sagt Jean
zurechtweisenderen **) Gedanken ausgesprochen ge>
funden.
Mit wenig Worten ist die Nichtigkeit,
das Unbefriedigende des gewöhnlichen und unge wöhnlichen Philosophirens damit herausgehoben.— Vielleicht findet ein oder der andere Leser
meine Raisonnements gerade in diesem Buche nicht schulgerecht.
Nun ich lasse mir's gefallen.
Ich halte mich selbst nicht für einen Gelehrten
von Profession.
Ich schmeichle mir doch hin und
wieder meinen Leser zu finden. —
*) Aus dem All. **) Man erlaube den ungrammatiralischen Comparativ; den ich nicht vermeiden mochte.
26. Der zunehnemendem Alter finden fich Ent
zündungen der Mandeln,
Einwartsbeugung
der
Halswirbel dicht hinter dem Hinterhauptsbein,
Engbrüstigkeit, SLeinbeschwerden, Spulwürmer, Askariden,
Ohrengeschwülste,
Warzen,
Kröpfe
und andere Geschwülste vor.
Die Richtigkeit aller dieser Angaben in diesen
Lehrsätzen wird die eigne Erfahrung jedem prak
tischen Arzte bestätigen.
Wir enthalten uns, die
einzelnen Angaben von Krankheiten zu commen-
tiren; denn alles dieses ist in den guten Lehrbü chern der Pathologie hinreichend auseinander ge
setzt.
Lesen wir diese Aphorismen aufmerksam, so
müssen wir erstaunen,
wie richtig ein einzelner
Mann ohne erhebliche Vorarbeiten so ungemein
sorgfältig und richtig beobachtete. Merkwürdig ist eS, daß Hippokrates schon der freiwilligen Erarticularion
der
Halswirbel
gedenkt, offenbar meint er hier die des Atlas mit dem Epistropheus.
Welche, wie Herr Rust in
seiner vortrefflichen Schrift über die Verrenkun gen durch innere Bedingungen bemerkt, von den
neuern Aerzten gänzlich übersehen wurde, welche
aber
Galenus,
Aetius und Paul Aegi-
neta schon beschrieben haben.
27, Bei denen, die im Alter noch mehr vorange schritten sind, und sich der Mannbarkeit nähern, kommen viele von den vorigen Krankheiten, wie
auch langwierige Fieber und Nasenbluten vor.
28, Die
meisten
Kinderkrankheiten
haben
ihre
Entscheidung, und zwar einige in vierzig Tagen,
andere in sieben Monaten, noch andere in sieben
Jahren und einige halten bis zur Mannbarkeit
an.
DLe> welche bei den Knaben fortoauern und
sich beim Eintritt der Mannbarkeit,, oder bei den Mädchen mit der sich einstellenden Menstruation nicht entscheiden,
pflegen sich in die Länge zu
ziehen. Kein nüchterner Beobachter wird den sieben tägigen Typus für eine CHLmere halten.
sich die
acuten Krankheiten
um den
Daß
siebenten,
vierzehnten,, ein und zwanzigsten, und in seltenen Fällen um den acht und zwanzigsten entscheiden,
ist gewiß.
Diesen Typus wird man sogar in chronischen
Krankheiten, besonders wenn Fieber und Conge
stionen damit verbunden sind, wahrnehmen. Eben so richtig ist es: daß Kinderkrankheiten,
welche
sich nicht nach zurückgelegtcm siebentem
Jahre entscheiden,, gewöhnlich bis zum Mannbar werden dauern.
Vorzüglich gilt das vom Grinde,
Scropheln, Krämpfen und nicht minder von epi leptischen Zufällen.
Entscheiden sich die Krank
heiten auch dann nicht,
so werden sie habituell.
Der Zeitpunkt zwischen dem sechsten und siebenten
Jahre ist
ein sehr merkwürdiger Abschnitt im
Menschenleben.
In ihm erwacht das höhere ani
malische Leben, die Knochen, die Muskeln,
Sehnen bilden sich
mehr aus,
die
der Zahnwechsel
geht vor, die Sinne schärfen sich, die Geistesan
lagen treten mehr bezeichnet hervor, die Leiden
schaften erwachen, das Kind fängt an allmählig eine Physiognomonie zu erhalten. anatomischen Untersuchungen
Ist es nach
gleichwohl
keinem
Zweifel unterworfen, daß das Gehirn des Fötus
während den Monaten der Schwangerschaft nach
Graden seine Hauptbildungsstufen durchlauft,
so
findet die vollendete Ausbildung des Gehirns doch
in diesem Zeitpunkte statt. Dieses ist die Meinung von Sömmering, Caruß, Bartels und Emmert.
Die große physische und psychische Metamor
phose, die mit dem mannbarwerdenden Menschen vorgeht, entgeht keinem denkenden Menschen, es ist
dieser Gegenstand in den guten Werken der Anthro pologie, der Physiologie und Pathologie von allen Seiten beleuchtet.
Da in diesem Zeitabschnitt der
Mensch das vollendetere Gepräge des Geschlechts
erhält, da dieses der Zeitpunkt seiner individuel len Menschenbildung des
speciellen Menschenty-
pus ist, so ist es wohl sehr einleuchtend,
daß
Krankheiten, die hier noch fortdauern, sich in die
Länge ziehen; sie sind aufs innigste mit der Ar chitektur und Constitution verwebt, durch diesel
ben bedingt. —- Dieser Zeitpunkt ist also für den Arzt ungemein wichtig. lauern,
Man muß sorgfältig auf
welche Organe die Natur zu ihren Aus
gleichungspunkten erwählt
hat,
genaue Umsicht
haben, welchen in der Anlage des Organismus verkürzten Organen man zu Hülfe kommen muß
29.
Iünglmge bekommen Blutspeien, Schwind sucht, hitzige Fieber, Epilepsien und andere Krank
heiten, besonders aber die angeführten.
30.
Die, welche über dieses Alter hinaus sind, sind der Engbrüstigkeit,
dem Seitenstiche,
Lun
genentzündungen, Schlafsüchten, Fieberwahnsinn,
Brennsiebern, langwierigen Durchfällen, der Cho lera, Rühren, der Lienterie und Hämorrhoiden unterworfen.
31.
Bei alten Leuten hingegen kommen Engbrü stigkeit, Catarrhalhusten, Harnstrenge, Harnbren
nen, Gliederschmerzen, Nierenentzündung, Schwin del, Schlagfluß, Cachexien, Jucken über den gan
zen Körper, Schlaflosigkeit, Bauchflüsse, Rinnen der Augen und der Nase, Abnahme des Gesichts,
grauer Staar und schweres Gehör vor.
Multa eenem circumyeniunt incommoda. Horat. Wir haben es nicht für nöthig erachtet, diese
reinen Erfahrungssätze, die jeder gute Arzt nach/ beobachten wird, weitläufig zu commentiren. So wichtig diese von Hippokrates gemachten
Erfahrungen sind: so schließen wir doch absicht-
186 lich mit folgender Stelle aus Baglio, die wir
zwar schon einmal angeführt haben:
Natura sui juris est, ac longius latiusque patet quam ut certos ei fines angustosque humani ingenii terminos constituamus, extra quos egredi non possit.
Viertes Buch der
Aphorismen des Hippokrates. Ter varios usus artem cxperientia fecit, Exemplo monstrantc viam», Marc. Manil, I. 61.
Schwangere purgiere man, nämlich, wenn ein Krankheitestoff turgescirr,
vom vierten Monate
bis gegen den siebenten hin; die in letzterm aber schon weniger.
In dem Zustande der Schwan
gerschaft, wo der Fötus jünger und in dem, wo
er schon älter als ein siebenmonatlicher ist*), mag man sich immer vor dielen Mitteln hüten.
Jeder erfahrene Arzt, jeder gute Beobachter weiß: daß in der Regel dec Abortus zwischen dem
*) Ich mußte den letzten Satz der Deutlichkeit wegen etwas freier üdersetzcn.
188 zten und 4ten Monat vorkommt, und die Früh Die Rede
geburten am häufigsten im 7Len Monat.
ist, wie sich von selbst versteht, von Mondsmona
Man muß- sich in fraglichen Monaten bei
ten.
Schwängern sehr vor Abführungsmitteln in Acht nehmen.
Sind sie durchaus angezeigt, so bewerk
stellige mau dieses
durch Clystiere^
Getränke und anfeuchtende Diät,
erweichende
dasselbe gilt in
den ersten Monaten nach der Empfängniß, wo ein ganz neues Leben in der Höhle der Gebärmutter
und in ihrer Substanz selbst beginnt.
Man ver.
gesse nicht, daß die Gebärmutter sich noch nicht
frei über das Becken erhoben hat, daß sie in den ersten Monaten noch im Becken ruht.
lich
Bekannt
hebt sich die größer werdende Gebärmutter
erst im 3Len wieder aus dem Becken.
Man be
denke aber, daß der Mastbarm ihr nächster Nach
bar ist; daß eine erhöhte Thätigkeit desselben dies
geheimnißvolle neue Leben des Uterus, an dem er
unmittelbar anliegt, alienieren muß.
Mit einem
Worte, die Erfahrung hat den Nachtheil des Ge brauchs der Laxirmittel in diesem Zeitpunkt ge
zeigt.
Ich weiß wohl, daß es auch sehr oft schein
bar unbeschadet abgeht.
Die drastischen Mittel,
die schlechte Dirnen brauchen, geben dazu Belege. Ueberhaupt must man Schwangere nicht mit eigentlichen
Abführungsmitteln
behandeln.
Es
giebt deren viele, bi-c an beständiger Verstopfung leiden, welche ebenfalls Mißfälle erzeugt und den
Gebäract
sehr
beeinträchtigt,
das
Wochenbett
stört und die in vielen Monaten angehäufre Sa-
burra giebt den Stoff zu den gastrischen, gallich
ten und Kindbetterinnenstebern ab.
Diesen Zu
stand hebt der Arzt durch den Gebrauch von Extracten aus Löwenzahn, Triticum repens, Och
sengalle, ganz kleinen Gaben Ipecacuanha, schick liche Diät und Getränke und durch mäßig ange-
wendete Bewegung.
Morgens eine Stunde nach
dem Frühstück ein Glas Selterser oder ein ähn liches Waffer mit etwas Tartarus tartarisatus
mit etwas Zucker thut die herrlichsten Dienste.
Nur
aber keine
eigentlichen Abführungsmittel,
nach deren Wirkung
die Verstopfung nur ver
mehrt wird.
Was nun den Gebrauch der Abführungsmit-
tel betrifft, so leere man nur das aus, was mit Nutzen
abgeht,
es
wenn
(durch die Naturkraft) verhindere rungen.
aber
die
von
freien
Stücken
ausgeleert wird.
Man
nicht zuträglichen Auslee
rau Eine Wiederholung früherer Lehrsätze. berall die Natur als Lehrmeisterin,
Ue-
Immer nur
dem Geiste der Natur conform.
3.
Wenn das ausgeleert wird, was ausgeleert werden soll, so b-kommt es gut und die Kran
ken ertragen es leicht: das Gegentheil aber übel.
Dieser Lehrsatz
ersten Buches.
erinnert an den
aten des
Wiewohl dort eigentlich mehr von
den freiwilligen Ausleerungen, welche der sorgfäl tige Beobachter aber als Norm für sein Heilver/ fahren nehmen muß, hier aber zunächst von den künstlichen die Rede ist.
Aber beide führen zu
denselben Reflexionen.
4. Im Sommer mag man mehr nach oben, im
Winter mehr nach unten aloes, aconiti, mit tar-
tanis tartarisatus,
mit terra fol. tartari und
kleinen Gaben Ipecacuanha oben ansteht.
Unter
diesen Mitteln wird der anhaltende Gebrauch des Brunnen zu Marienbad, zu Karlsbad, zu Pfef
fers, zu Kanstatt einen ausgezeichneten Rang btHäupten. Junge Aerzte werden über diesen Ge
genstand in Hufeland's vorzüglichsten Heilquel len Teutschlands die herrlichsten praktischen Vor
schriften finden.
Hippokrates erklärt
es für ein sehr böses
Zeichen, wenn auch andere übele Farben an die
sen Abgängen wahrgenommen werden, wenn sie lauchgrün, bläulich, grau, schmutzigschillernd u. s.
w. sind.
Damit stimmt die Erfahrung aller er
fahrenen Aerzte überein. ♦) Wiewohl der Verf., was die Begriffe von Entzün dung betrifft, ein Ultra ist! Seine Eintheilnng in die verschiedenen Entzündungen ist sehr vag und willkührllch.
Besser ist es, sagt HippokrateS, wenn diese Abgänge durch Arzneimittel abgetrieben werden.
Nun das ist sehr einfach;
nämlich wird das Lei
den zur rechten Zeit erkannt, gehön'g behandelt, und dieselben erfolgen, so ist eS ein Zeichen, daß
die Vis medicatri^ der Natur nach zur rechten Zeit von der Heilkunst angesprochen wurde.
Ist
einmal ein bedeutender cachectischer Zustand aus diesen atrabilarischen Leiden hervorgegangen,
so
endet fast immer das Leben beim Eintritt fragli
cher Abgänge, und nicht selten treten auch noch Hämorrhoiden zwar zu augenblicklicher Erleichte
rung des Kranken,
der aber bald sein Auge für
diese Welt schließt, ein.
22.
Wenn mit dem Beginnen
einer Krankheit
schwarze Galle nach oben oder unten abgeht, so
ist's tödtlich.
Wenn beim Ausbruche einer Krankheit, be vor die Kochung statt gefunden
hat,
schwarze
Galle ausgeleert wird; so ist das ein Zeichen ei
ner höchst verdorbenen Beschaffenheit des BlutcS, es deutet auf große Anomalie in den Functionen
der Leber und Milz,
und auf eine überwiegende
Kohlenbildung
im venösen
Blute,
wovon
der
Heerd namentlich im Pfortadersystem ist; es ist ein
damit
allgemein
cachectischer
Zustand
ver
bunden. 23.
Die durch acute oder chronische Krankheiten, durch Wunden, oder auf irgend eine andere Art
wenn
abgemergelten Kranken sterben,
schwarze
Galle oder etwas, schwarzem Blute ähnliches von ihnen geht, den folgenden Tag darauf.
Man vergleiche hiermit den 2istcn Aphoris
mus und den Commentar dazu.
Es ist sehr ein
leuchtend, daß dieses den höchsten Grad organi
scher Zerstörung und Zersetzung des Blutes an zeigt.
Dieser Aphorismus ist
fahrung belehrt:
hat.
daß er seine
volle Richtigkeit
ES wird Interesse gewahren, daS 8te Ca
pitel des sten BucheS Aphorismen
21.
22.
des
CelsuS
die Zeichen
welche entweder Hoffnung
anzeigen.
mit
23. zu vergleichen.
fraglichen Capitel werden
delt,
in prognostischer Mich hat die Er
Beziehung sehr merkwürdig.
den Im
abgehan-
oder Gefahr
24. Die Ruhr, wenn sie von schwarzer Galle ih ren Ursprung nimmt, ist tödtlich.
Dieser Satz hängt mit den vorhergehenden zu
sammen. Man übersehe hier nicht r daß die Ruhr eine entzündliche Affection des Pfortader- und hypo
gastrischen Systems ist, sie ist in den meisten Fäl len ein Rheumatismus der arteriellen Gefäße die
ses Systems, welche an den Endpunkten desselben in dem Haargefaßsystcm
die vermehrte Lymph-
Schleim - und im höheren Grade Blutauösouderung zur Folge hat.
Sie hat,
was diesen Caulalnexus
betrifft,
große Aehnltchkeit mit den Mulimi^a Ilaemur-
rlioidnnu
Die Sache ist wahrlich nicht abge
than, wenn man die Ruhr als Catanhus iates-
tinorum,
der sich vorzüglich im untern Theile
derselben manifcstire, schlechtweg bezeichnet.
Möge
der hier gegebene Wmk nicht übersehen werden. 25.
Wird Blut, habe,
welche Beschaffenheit eS auch
nach oben aukgeleert, so ist es böse, und
gut, wenn es unterwärts abgeht.
Wenn man die vorhergehenden Aphorismen im Auge hat, und daß man von jeher unter Aus
leerungen nach oben die durch den Mund,
und
unter Ausleerungen nach unten die durch den Af ter verstand,
daß hier von
so ist es wohl klar,
den fraglichen die Rede ist, und daß Hippokrates wahrscheinlich nicht das gemeinhin unschuldige
Nasenbluten darunter gezählt haben wird.
Bluthusten ist immer ein bedenklicher Um
stand, er geht von Verletzung des Venen - oder
arteriellen Systems
der Lungen
aus.
Bedeu,
tende Verletzungen der Gefäße eines nie ruhenden Organs, das immer im Eontact mit der Lebens
lust ist, heilen schwer,
gehen leicht in Eiterung
über, und^ bilden, wenn sie heilen,
adhäsive
Entzündungen
an
nachtheilige
benachbarten
Thei
Doch sehen und bewundern wir auch hier
len.
nicht selten die Allmacht der Natur. Blutbrechen wird durch Ergießungen aus der
Vena
coeliaca
zunächst aus ihren Milz- und
Magenzweigen bedingt.
Es setzt immer bedeu
tende Zerrüttung in der Milz,
Pfortadersystem voraus.
der Leber,
im
In seltenen Fällen geht
es auch von den Zweigen der Arteiia coeliaca
aus.
Die Ausleerungen durch den untern Theil
des Darmkanals zeigen nun ebenfalls auf diese
Leiden; die Rede ist hier von der Melaena. Wenn
sie
aber durch den Magen geschehen,
daß
dies,
derselbe
in
bedeutende
so zeigt
Mitleiden
schaft gezogen ist; derselbe ist aber ein weit ed
leres Organ, kanals.
als
der untere Theil des Darm
Die Erfahrung hat gelehrt, daß Stag
nationen im Denensystem des Unterleibs um so gefährlicher sind, als sie mehr nach oben sich bil
den, und die ediern Organe in ihrer Integrität beeinträchtigen. Wie oft die Natur Hämorrhoiden veranstal
tet, um diesen Stagnationen in
edlern Einge
weiden abzuhelfen, ist eine bekannte Sache.
Die
selben können eben so gut primär als secundär
sein»
Daraus ersieht man schon, wie gefährlich
es ist, die Hämorrhoiden äußerlich mit kalten und adstringirenden Fomentationen zu behandeln.
Den
selben Fehler sieht man nicht feken beim Nasen
bluten junger vollblütiger Leute (um so gefährli
cher, wenn sie eine Constitutio und Archivec. tura phthisica haben) begehen.
26. Wenn Ruhrkranke fleischartige Gebilde oder
schwarze Abgänge ausleeren, so ist's tödtlich.
Es setzt dieses voraus, daß der Entzündungs zustand der Gedärme
einen hohen Grad erreicht
hatte, oder der Kranke vorher an Jnfarcten, an Verhärtung, Vergrößerung der Milz und Leber,
an bedeutenden Stagnationen im Pfortadersystem gelitten hatte.
Es ist wohl sehr einleuchtend, daß
bei einer solchen
krankhaften Beschaffenheit
deS
die immerhin eine bedeu
Unterleibs die Ruhr,
tende Krankheit ist, um so mehr, wenn die Epi
demie sich zu dem typhösen Charakter hinneigt, leicht tödtlich wird.
Doch hat man auch einzelne
Fälle, wo das Leben trotz dieses Ereignisses noch gerettet wurde.
mieen,
Die Ruhr gehört zu den Epide-
die manchmal sehr bösartig sind,
oft sehr mannigfaltig complicirt.
sie ist
Alle Fieber,
wo solche Afterbildungen organischer Massen vor
sich gehen, sind gefährlich. gung befriedigend zu leichtes Problem sein.
schon über
Die Art ihrer Erzeu
erklären,
wird wohl kein
Wir haben
weiter oben
solchen Gegenstand gesprochen,
auf mehrere Schriften hingewiesen.
und
Wir wollen
hier mehrere Alten anführen, welche dieses Um
stands bei der Ruhr gedenken.
Caelius Au-
relianus Lib. 4. Morb. chronic. c. 6. Alex
ander von Tralles Lib. 8. c. F, wo aber
mehr von der dabei stattsindenden Vereiterung der Gedärme
die Rede ist.
Man vergleiche damit
Arefaeus Lib. 2. c. g. Lib. i. c. iZ. Ac tins Serm. g. c. 4r. Serapion Tract. ter-
lins de ulceribus intestinorum seu de dysen-
teria c. 26. Rhazes Lib. 9. c. 72. Avicen-
na Canon. I. III. Fen. XVI. und viele andere Stellen in denselben.
Die bessern Ausgaben ha
ben alle ausführliche Register.
Man findet noch
in mehreren Alten diese Ruhrarten erwähnt.
27, Diejenigen, welchen während den Fiebern vier
Blut, woher es auch sei, abgeht, bekommen wäh rend der Genesung flüssige Stuhlgänge.
Bedeutender Abgang von Blut
vermindert
die Muskelkraft, bringt Contractilitätsschwäche
hervor, das Material, was namentlich den Orga
nen das verleiht, was wir Ton nennen, wird vorzüglich durch Blutverlust eben so, wie durch zu
häufige Samenergießungen, sehr geschmälert.
Re-
laration der Muskulatur de§ Darmkanals dispo-
nirt zu Durchfällen.
SWit der Abnahme des Blu
tes wird auch die thierische Wärme vermindert; gebricht diese Wärme dem VerdauungsproceH, so
wird kein zur Plastik geeigneter EhyluS gebil det , er geht als solcher wieder ckb; die Saure
prädominier in diesem organischen FermentationSproze-, eS mangelt der sattsame Zutritt der Galle,
sie wird in zu geringem Maße abgesondert; dün nes flüssiges Blut giebt dem Pfortadersystem nicht
den nothwendigen Kohlen- und Stickstoff ab. —
Uebrigens leidet dieser Lehrsatz auch seine Aus nahme.
Er ist unserm Dafürhalten nach doch et
was zu allgemein, zu unbedingt gesetzt.
Wir wollen aber hier noch erinnern, daß zu großer Blutverlust die Krisis stört, verzögert, sie
sehr häufig in Lysis verwandelt, welche sich dann nicht selten in Ausleerungen mancherlei Art,
als
vermehrte Speichelabsonderung, Durchfälle, ver,
mehrte Urinabsonderung u. s. w.
erkennen giebt.
Eine beherzigungswerthe Wahrheit in unsern blut
dürstigen Zeiten. —
28.
Bei denen, welche an gallichten Bauchflüffen leiden, hören sie auf, wenn sich Taubheit einstellt; und mit dem Entstehen gallichter Bauchflüffe hört
die vorangegangene Taubheit auf.
HippokrateS
Auge war der mächtige Rap
port, welcher zwischen dem Gallensystem und dem
Gehörorgan statt hat, nicht entgangen.
fig Gehörleiden mit
Leberleiden
Wie häu
vergesellschaftet
find, wie in solchen Fällen bei vermehrten gallich-
ten Stuhlgängen sich das Gehör verbessert, das Sausen abnimmt, bei eintretender Verstopfung aber die Taubheit wieder zunimmt,
kannte Sache.
ist eine be
Bei gallichten Fiebern verschwin
det mit dem Eintritt der kritischen Ausleerungen das Ohrenklingen und die Stumpfheit dieses Sin
nes alsbald.
Wir kennen bei habituellen Leber
leiden, womit Verminderung des Gehörs verbun
den ist, die wohlthätige Wirkung.der Aloe.
erinnern hier
an den Aufsatz
W5r
in Hufelands
Journal, 1822. Febr. S. 66., empfehlen aber vor züglich jungem Aerzten den schönen Aufsatz über
Schwerhörigkeit von Hufe land selbst verfaßt I. 182T. December, S. 92. Ich erlaube mir, die
sen Eommentar mit dem, was ich Huf. Iourn.
.18^4. Novemberheft S. 106 sagte, zu schließen. „Ich habe schon mehrmals beobachtet, und gewiß
theile ich diese Beobachtung mit vielen Aerzten, daß anhaltendes Ohrensausen sehr oft mit Sto ckungen im Pfortadersystem und Schwerhörigkeit,
mit Atonie, Verhärtung und Infarkten der Leber zusammenhängt.
Aloetische Mittel, denen ich häu
fig kleine Gaben Balsam, peruv. zusetze, in klei
nen Gaben anhaltend gebraucht, womit nach Um standen auch Aderläße verbunden sind, nützen hier
viel.
In dieser Beziehung sind die Beobachtun
gen, die Hr. Krimer über das Wechselverhält«
niß der Leber zum Gehörorgan
mittheilt,
sehr
merkwürdig (S. dessen physiologische Untersuchn« gen 1820.).
Ja L Jakobson will sogar ein
neues Nervenganglion im Ohre, welches vom fünf ten Paare, dem Nervus glossopharyngeus und bem Sympathicus maximus gebildet wird, ge, funden haben.
In fünf von Hrn. Krimer an
geführten Fallen traf Leiden des Gehörs mit Feh, lern der Leber zusammen.
Der Verfasser macht
hier auf den herumschweifenden Nerven, dessen
Ursprung beinahe mit dem des Gehörnerven zu« sammensüllt, Dnd dessen Bauchtheil die Leber größ-
tentheils versieht, aufmerksam.
Für diese Mei
nung sprechen dem Verfasser noch
folgende Um
stände: Daß bei Irren, deren Gehörsinn in Sin
nestäuschungen befangen ist,
sehr oft Fehler der
Leber vorkommen, und bei Gallenkrankheiten sel
ten Sausen und Klingen der Ohren fehlen.
Daß
eben so umgekehrt Leiden des Gehörorgans Ver stimmungen des Vagus nicht selten bedingen.
Der
Verf. hält dafür: daß Taube aus diesem Grunde so leicht mißtrauisch und ärgerlich gestimmt seyen.
Er hat nach Petit beobachtet: daß Durchschnei«
düng des Vaguspaars die Thiere um das Gehör bringe.
Ja, noch eine höchst wichtige Beobach
tung will der Verf. gemacht haben: daß Hunde
«nd Kaninchen nach weggenommevemKopfe, wenn
nur
nur tie Verblutung verhindert, und für Fortse tzung des Athmens eine Zeitlang gesorgt wird, durch einen in ihrer Nähe angebrachten Schall gleichsam erschrocken zusammenfahren. Hier wird vielleicht Manchem das Hören mit der Regio epigastrica bei dem freiwilligen und durch Magne tismus veranlaßten Somnambulismus einfallen. Eine Stelle aus Platons Limäos, wo der selbe schon des Wechselverhaltnisses der Leber zum Gehörorgan gedenkt/ regte den Verf. zu diesen Versuchen an. Ich schmeichle mir, daß solche Zu sammenstellungen nicht von dem Leser als bloß sehr willkührliche Zusammenstellungen, wie diese meine Arbeiten ein Recensent zu benennen beliebt, angesehen werden dürften. Hier dürste man vielleicht nicht übersehen, daß das Ohr mehr die Pforte für die Genüsse des Gemüths, das Auge mehr die für die des Geistes abaicbt. — ES ist etwas ganz anderes um eine schöne Musik, als um den Anblick eines herrlichen Kunstgegenstandes. Der Genuß der Freude in beiden Fallen ist qualitativ verschie den. Auch in therapeutischer Beziehung, wann die Musik als Arzneimittel anzkrwenden sey, beherzigungswerth."
Ltppokr. v. Pttscdafr, I. ta.
K
29.
Wenn in Fiebern am sechsten Tage sich Starr frost einstellt, so entscheiden sich die Fieber schwer.
In den hitzigen Fiebern ttnb namentlich in
den Entzündungen ist der Zeitraum zwischen dem 6ten und yten Lage der, wo sich die Natur zur
Krisis anschickt. Metastase
Eintretender Frost
oder einen
zeigt eine
Metaschematismus
an.
Das Caput mortuum wird also nicht ausgeschie-
den.
Der Fermentationsproceß beginnt aufs neue.
Die Krisis wird Lysis.
Wir wissen, wie schwer
sich Fieber entscheiden, wo keine regelmäßige Ko chung statt hat.
Fehlerhafte Behandlung, ver
wegene Afterkunsteingriffe, sowohl zu weit getrie benes antiphlogistisches als reitzendeö Verfahren
bringen dieses Ereigniß sehr häufig hervor.
Die
ses um so leichter, wenn irgend ein Organ im
Organismus für Las jeweilige in den Fiebern ob
waltende Krankheitsprincip
eine besondere
Em
pfänglichkeit hat. —
30. Wenn der Paroxysmus den folgenden Tag in derselben Stunde, wo er den Lag vorher nach-
219 gelassen hat, wiederkommt, so brechen sich die
Krankheiten schwer.
Eine Erfahrung, die durch die Beobachtung
aller Aerzte bestätigt ist.
Jeder Paroxysmus
kann so zu sagen als ein neues für sich bestehen
des Fieber betrachtet werden.
Man kann das,
sit venia verbo, als eine Recidive im Fieber selbst ansehen.
ES zeigt dies deutlich und offen
bar auf ein tief eingedrungenes Krankheitsprin-
cip, die Vis naturae medicatrix fühlt sich zu außerordentlichen, gewaltigen Anstrengungen auf
gefordert.
nach
Mir Lst's gleichviel, ob das Einer
den Grundsätzen
der Humoratpathologen
oder der Dynamiker am herrlichsten darzustellen vermag.
Zch muß ehrlich bekennen, daß ich bei
Erklärungen *ber Art immer in der Einfalt mei
nes Geistes in einen Zirkel gerathe.
leicht zu überreden.
Ich bin nicht
Ich habe auch nicht das Ta
lent mich selbst zu überreden.
Gerade meine ewige
Skepsis hat mich gelehrt, wqs ich nothwendig setzen, ja was ich glauben — muß.
Mir ist'S
dennoch in mancher Beziehung, nämlich wenn^s an die technische Anwendung kommt, einerlei, wie die Leute das Gesetzte zu nennen belieben. — Was
-:ft Kraft, was ist Materie,
wo ist Anfang und
K 1
Ende?
Welches Schauspiel zwischen diesen beiden
Punkten,
die der
hülfbedürftige
sich
Verstand
nothwendig aufstellt! — „Wo faß' ich dich un
endliche
Natur?"
Uebermüthige
spitzfindige Dialektik,
fein
Spekulation,
geglättete Scholastik
kann keiner in meinen Schriften lernen.
„Und sehe, daß wir nichts wissen können! Das will mir schier das Herz verbrennen."
Göthe. Ich tröste mich mit dem Gedanken, und er
fülle damit auch meine Pflicht, daß ich mich als ein kleines
Pünktlein
des
großen
Naturgeistes
nothwendig auch ansehe und ansehen muß; und so
schaffe ich denn auch in aller Demuth, so gut'S meine Kräfte gestatten, und so viel als eben gött
liches in meinem, Willen ist, am sausenden Web stuhl der Zeit, und helfe wirken der Gottheit le
bendiges Kleid. Wenn Jemanden solche Reflexionen in solchem Luche,
ich muß cS nochmals wiederholen,
nicht
anstehen, der lege es eben ohne Groll aus den Händen *).
Man muß das ja bei so manchem
Buche.
♦) ES Hegt nun einmal in meiner psychischen Natnr, daß ich eine Sache nicht lange ifclirt betrachten kann — ich kann dem Einzelnen gar keine Seite abge,
31. Diejenigen, welche während dem Fieber gro ßes Mattigkeitsgefühl haben, erleiden leicht Ver setzungen auf die Glieder und die Kinnbacken.
DaS Gefühl von Verschlagenheit und großer Abgespannthnt geht in den Gliedern und Theilen vorher," worin die Natur die Vorbereitung zur Absceßbildung einleitet. Daher sagt van Smie ten in seinen Commentariis in Herrmaiini Boerliaav e Aphorismos T. II. §. 75g. pag. 451. Quan do homines post nimios motus et inprimis non consuctos, toto corpore dolent, ac si contusi fuissent, et simul prae nixnia defatigatione languent, summa lassitudo adesse dicitur. Ubi autem in febribus similis molestiae sensus adest, notat, rapidissimo motu Humores agitari, vel etiam inflammatoria densitate immeabilem redditum sanguincm difliculter - per ultimas arteriarum angustias transire uti in Commentariis §. 754* dictum fuit. Verum ex ante dictis patet, tawinnen — toehn ich eS nicht alSbald zu Allem >ux rückführe. Das ist nun einmal die Bahn meiner Syl, logistik. Es ist mir gar nicht möglich anders -11 Werke gehen.
lia in febre ardente obtinere, und« et Hip po crates summam lassitudinem inter febris ardentis symptomata numeravit, quam ooieoxoäof vocavit, quando ad ossa usque corpus quasi conquassatum dolet. Ubi ergo talis molestae lassitudinis sensus in febre ardente est jam ab inilio, et diu perstat, novimus, inflammatoriam sanguinis spissitudinem adesse z quae diu perseveran», et per morbum aucta quotidie, postea difsieillime resolvi poterit, sed, si aegri ab bis morbis evaserint, mutatio illius spissi in pus, ejusdemque metastasis ad varia corporis loca exspectanda sunt. Ob hanc causam forte dixit Hippocrates: Lassitudine per febres laborantibus ad ar tr eulos ac maxime circa maxillas abscessus oriuntur. Patebit autem postea §. 741 in febribus ardenübus neu raro parotidei nasci. 32.
SDujenigen, welche nach irgend einer erstan denen Krankheit an irgend einem Theile ihres Leibes von Schmerzes heimgesucht werden, be kommen daselbst Zlbscesse. Solche Schmerzen zeigen, daß der Krank heitsstoff nicht ganz aus dem Körper getilgt ist,
und er sich eine Stelle noch zum Aufenthalt er wählt hat.
Zn solchen Fällen bilden
sich nun
Doch dünkt uns dieser
nicht selten Versetzungen.
Satz zu apodictisch ausgesprochen, wenn wir streng
den BegriffAbsceß damit verbinden wollen.
Neh
men wir aber das Wort Versetzung in der wei
tern Bedeutung des Worts, so ist das allerdings wichtig.
Nämlich der Krankheitsstoff hat sich auf
diese Theile geworfen,
und kann in mancherlei
siguriren,
Krankheitsform
Arthritis, Flechten,
z. B. als Rheuma,
Phlegmatia und auch als
wirklicher Absceffus, 33.
Wenn aber auch schon vor der Krankheit ein
Theil des Körpers gelitten hatte,
so wirft sich
die Krankheit leicht dahin. Ein sehr
einfacher Satz, den man täglich
beobachten kann.
Deswegen wird der Arzt bei
Krankheiten den geschwächten Organen immer vor zügliches Augenmerk schenken.
34.
Wenn einen Fieberkranken, ohne daß er eine Geschwulst im Halse hat, plötzlich eine Erstickung
befällt, so Lst's tödtlich.
Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß die ses ein sehr böses Zeichen ist.- Es kann dieser
Zustand von verschiedenen Ursachen bedingt wer den.
Von organischen Difformitäten und Fehlern
des Herzens, seiner großen und kleinen Gefäße,
der Lungen, von plötzlicher Lähmung der Nerven, der Respirationsorgane.
Hippokrates spricht hier
nicht von hypochondrischen und hysterischen Reängstigungen.
Wir müssen aber doch bekennen,
daß dieser Lehrsatz etwas zu allgemein und zu unbedingt gegeben ist.
hitzigen Fiebern
Sind
gleichwohl
solche Zufälle
sehr
in
bedenklich und
Gefahr verkündend, so wird doch nicht selten durch
einen zeitig angewandten Aderlaß bei Plethora, durch ein großes Blasenpflaster auf die Brust,
durch den Gebrauch der Arnika, der Flores Ben zoes in Verbindung
Kranke gerettet.
mit Campher u. s. w. der
So wirkt die Aqua Lauroce-
rasi in der Angina pectoris, wenn die Kranken von einem heftigen Fieber ergriffen sind, nicht sel
ten als ein wahrhaft göttliches Mittel.
Wenn einem Fieberkranken der Hals seit
wärts verzogen wird und er kaum schlucken kann,
ohne daß fine Geschwulst vorhanden ist, so ist'S rödtlich.
Diese Zufälle
von
gehören
und
Tetanus
Welche Art von
unter
die Categorie
Hydrophobia
ein
Zufällen
spontanea.
Höchsts ergriffenes
Nervensystem anzeigen; welche von verschiedenen
Ursachen herrühren können.
Wir müssen hier an
die Lehre von Tetanus erinnern, der rein entzünd
lich, nervös entzündlich, peracut wie sudacut vor kommen kann; zündung
des
dem gar nicht selten eine Ent
Rückenmarks
Diese Zufälle können
zum
auch
Grunde liegt.
von einer Luxatio
spontanea der Halswirbel herrühren,
der aber
immer schleichende Entzündung dieser Knochen vor ausgeht.
Hippokrates hat aber hier schwerlich
dieselbe im Auge gehabt.
Auch hier müssen wir
bemerken, daß diese Zufälle, so gefährlich sie im
merhin sind,
nicht immer
den Tod zur Folge
haben. 36. Heilsam sind die Schweiße der Fieberkranken,
wenn sie sich den dritten, den fünften, den sieben
ten, den neunten, den eilften, den vierzehnten, den siebzehnten, den ein und zwanzigsten,
sieben und zwanzigsten,
den ein
dreißigsten Tag' einstellen:
brechen die Krankheit. ders
ereignen,
den
und vier und
denn diese
Schweiße
Die aber, welche sich an
verkündigen entweder den
Tod
oder Schmerzen,
Langwierigkeit der Krankheit
oder auch Rückfalle.
Wir sehen überall, wie genau HippokrateS die kritischen Tage beobachtete, wie viel er auf
dieselben hielt.
Wer mit jenem Fleiße, mit die
ser beharrlichen Auf- und Umsicht am Kranken
bett, wie er, beobachtet, der wird sich überzeugen,
daß er Recht hat.
Uebrigens zeigt die anderwei
tige Qualität der Schweiße, so wie die anderen coincidirenden Symptome, von denen er ebenfalls
spricht, die critische heilverkündende Natur dersel ben unverkennbar an.
Vorzüglich muß der Arzt,
um daü Aufschlußgebende der Schweiße recht wahr nehmen zu können, sorgfältig die critischen Er
scheinungen des Urins damit Zusammenhalten und vergleichen.
37.
Kalte Schweiße verkündigen in einem sehr hitzigen Fieber den Tod, in einem gelindern aber eine langwierige Krankheit.
Entstehen in einem Fieber, das peracut verlief, plötzlich kalte Schweiße,, so zeigt das deut
lich
eine
ganz gesunkene Lebenskraft,
eine ge-
hemmte Entwickelung der thierischen Warme an. Der Fermentationsproceß hat den raschesten Gang
gehalten,
es ist Gangräna, Ultraanimalisation,
schlechtweg gesagt Fäulniß eingetreten.
Es kann
nun dieser Zustand von dem Tode eines zum Le
ben wesentlichen Organs, z. D. von Gangräna der Lungen, oder mehrerer Systeme zugleich oder
auch von vollkommener Zersetzung des Blutes aus gehen.
Im Blute ist das Leben, und Wärme ist
das unumgängliche Attribut des Lebens ; fehlt, ist der Tod.
wo sie
Kalte klebrichte Schweiße in
gelinderen Fiebern, die zu. den schleichenden Fie-
bern gehören, die mit sehr niederer Temperatur beginnen und verlaufen, verkünden einen langwie
rigen Gang der Krankheit, eS entstehen leicht hectische Fieber.
Sie rühren nicht selten von wirkli
cher Armuth
an Lebenskraft und
her.
Ledenswärme
Am meisten hängen sie aber mit hypochon
drischen, hysterischen Beschwerden, mit Unreinig keiten in
den ersten Wegen und
Saburra zusammen.
atrabilarischer
Diese mit krankhaft gestei
gerter Sensibilität des Solarsystems vergesellschaf teten Unterleibsbeschwerden sind immer mit ver
minderter Hautthätigkeit gepaart.
Eben darum
wirkt auch das Muzelsche Mittet,
eine Verbin
dung des Tartarus solubilis mit Tartarus emeticus, in fraglichen Leiden so wohlthätig, weil eö
den beiden Indikationen
sehr' entspricht. —
so
Wir verweisen hier auf das,
was wir zu dem
dieses Buches
vierten Aphorismus
sagten.
dieser Beziehung wird der junge Arzt in
In von
Wedekind' s Aufsätzen über verschiedene wich tige Gegenstände
der Arzneiwissenschaft
S. 29.
und in Lentin's Beiträgen zur ausübenden Arz neiwissenschaft
I. Theil,
S. 248.
interessante
Winke finden.
23. Der Theil des Körpers, wo der Schweiß hervorbricht, zeigt den Sitz der Krankheit an.
Wo der Ausbruch des Schweißes ist, da ist die Stelle, welche vorzüglich in Mitleidenschaft
gezogen ist, und wo sich häufig der Krankheltsstoss ablagert.
Gicht,
Wir sehen das bei der chronischen
bei Rheumatalgien,
bei der Migraine,
welche letztere den folgenden Tag nach ihrer Ent
stehung gegen Abend nach vollendeter Verdauung mit
dem
Stirne,
Ausbruche
namentlich
eines
Schweißes
eines Schweißes
auf der auf einer
Seite des Gesichts, welcher sich dann allmählig über die übrigen Theile deS Körpers verbreitet,
aufzuhören pflegt.
Rheumatismus des Magens,
zurückgehaltene Ausdünstungsmaterie,
welche so
ist in unendlich
häufig Saureerzeugung bedingt,
vielen Fällen die Ursache dieser Migraine.
39.
An dem Theile des Körpers, wo sich Hitze oder Kalte äußert, ist der Sitz der Krankheit.
Muß in derselben Beziehung,
wie der vor
hergehende Aphorismus, verstanden werden.
Er
leidet aber große Ausnahme, und ist zu apodic-
ausgesprochen.
tisch
Bei schlechter
Verdauung
entsteht Hitze im Kopf und Gesichte, bei Stockun gen im Unterleib kommen kalte Füße und bren
nende Hände im hectischen Fieber vor, kalte ge sellen sich zur Gangräne des Unterleibs, die soge
nannten Kirchhofrosen auf den Wangen bei der
Lungensucht sind bekannt genug u. s. w.
Hippo-
krates scheint vorzüglich die topischen Entzündun gen im Auge gehabt zu haben.
40. ES
wenn
zeigt
die
eine
langwierige
Abwechselungen sich
Körper ereignen,
Krankheit drocephalica
der Tempera-
turwechsel, so wie das bald Roth - bald Dlaßwerden, ein Hauptzeichen der Diagnostik.
4L Häufiger Schweiß im Schlaf ohne offenbare Ursache zeigt an, daß der Körper zu viel Nah-
rung erhalte: trägt sich dieses aber bei einem Kranken, der nicht speist, zu, so zeigt dieses an, daß er einer Ausleerung bedarf. Eine überaus richtige Beobachtung von Hippokrates. Eine zu reichliche Ernährung vermehrt die Absonderungen im Haargefäßsystem, es wird dem Blut zu viel Material zugeführt, mehr als zur Restauration der abgehenden Partikeln nöthig ist, die Natur entledigt sich des Ueberflusses ver mittelst der aushauchenden und aussondernden Organe. Wir haben schon oben gesagt, daß diese hier angegebenen Acte am leichtesten im Schlafe vor sich gehen. Wenn Jemand im Schlafe viel schwitzt ohne äußere Veranlassung, und er über haupt kränkelt, so kann man sicher auf Saburra und atrabilarische Unreinigkeiten schließen. Der Rapport, in dem das Malpighische Netz mit dem Verdauungökanal steht, ist bekannt. Bei Hypo/ chondristen hebt sich die krankhafte Reizbarkeit, die überaus große Sensibilität der Nerven des Unterleibs, welche so oft periodisch bei ihnen vor kommt, gewöhnlich mit vermehrter Hautausdün stung. Diese Ausdünstung ist ein wahrer Entla dungsact des Krankheitsstoffs, der als schädlicher Reitz auf das Solarsystem wirkt. Mir ist gleich viel, ob das einer nach dem System der Humo-
ralpathologen oder nach dem der Dynamiker er
klären y)ill.
So ist's.
Genug, der feindselige
Dämon, der im Unterleib spukt, ist Saburra und atrabilarische Unreinigkeit.
Soll der Kranke ge
nesen, so muß er ausgetrieöen werden.
Thut der
Verdauungskanal seine Schuldigkeit nicht,
geht
die Scheidung des Unbrauchbaren im Verdauungs-
kanal nicht vor sich, so werden verdorbene und fremdartige Stoffe in die zweiten Wege ausge nommen, es wird durch das Hautorqan und die
Nieren ausgestoßen.
gehen
vom
Wie viele Hautkrankheiten
verstimmten
Unterleib
aus.
Die
Schlacke wirft sich auf die Haut, und bildet man
cherlei Afterorganisationen auf derselben.
Geden
ken wir nur der Flechten, das NeffelauZschlages, kleiner
Hautgcschwüre
in
hunderterlei Formen
und Gestalten (die ein Gallier allzu gelehrt in
Gattungen, Arten und Spielarten
einzutheilen
verstanden hat; für mich, ich sage nur, für mich,
haben solche Gelehrtheiten gar keinen Werth), der
Rose u. s. w., welche immer mit Leberleiden, Ver dauungsbeschwerden, mit Saburra und mit Wurm, stoss zusammenhangen. —Wir verweisen auch hier
auf das, was wir Ne. 4. und 37. in diesem Buche gesagt haben.
42.
Ein häufiger bald warmer bald kalter bestän dig triefender Schweiß zeigt Krankheit an, der kalte eine bedeutendere, der warme eine leichtere.
Dieser Aphorismus hängt mit dem vorher gehenden zusammen. Er ist schon durch die Be merkungen bei dem vorhergehenden gehörig commentirt. 43.
Fieber, die am dritten Tage nicht Nachlassen und sich an demselben verstärken, sind schon ge fährlicher: treten aber fieberfreie Zwischenräume irgend einer Art ein, so ist das ein sehr beruhi gendes Zeichen.
Es ist wohl sehr einleuchtend, daß Fieber, welche nicht nachlassen (nicht selten bemerkt man dieses am dritten Tage *)), ja sogar sich an die sem Tage verstärken, anzeigen, daß ihnen ein Krankheitöstoff zu Grunde liegt, der gewaltig *) Hipp, sagt Aph. 24. r. V. Don sieben Tagen ist der vierte der anzeigende. Zeigt sich an demselben einiger Nachlaß, so isi's ein günstiges Zeichen.
ins Leben eingreift,
sonst hätte er nicht eine so
heftige Effervescenz zur Folge: fieberfreie Zwi schenzeiten verkündigen aber ein gutartiges, mil
des Fieber.
Die Natur äußert weniger außeror
dentliche Anstrengung, denn der Feind, den sie zu
bekämpfen hat, ist weniger stark und bösartig.
44. Gei denjenigen, welche an langwierigen Fie bern leiden, entstehen Absceffe und Schmerzen an
den Gelenken.
Wo wenig Thatkraft von Seiten der Natur statt hat,
erscheint die Krisis immer mehr oder
weniger als Lysis.
Es entstehen Metastasen, das
rückständige Caput mortuum
muß
auf andere
Weise ausgeschieden werden, es geschah nicht voll
kommen durch die Fieberbewegungen, woraus her/ v-rgrht, daß es um die Integrität der Aussonde rungsorgane nicht sehr erfreulich aussieht z
oder
daß die Bösartigkeit des Krankheitsstoffes' sie zu allgewaltiger Reaktion aufforderte,
und sie sich
dabei so abgemüht haben, daß sie längerer Zeit bedürfen, um wieder zum normalen Lebensverhält
niß zurückzukommen.
Füllen
Es bleibt aber in solchen
noch Krankheitsstoff zurück,
die
Natur
wirft ihn auf die äußern Theile,
dann Schmerzen verursacht. sches,
in welchen er
— Ein tumultuari-
sowohl reitzendes als zu weit getriebenes
antiphlogistisches Verfahren, vorab wenn dieses in
den Zeitpunkt der Kochung fällt, hat solche Er
eignisse
nur zu häufig zur Folge.
Man schlage
hier den 20. Aph. des ersten Buches nach.
Die
ses pflegt nun auch durch Ueberfüllung mit Nah rungsmitteln zu geschehen,
diese Beobachtung ist
unserm Hippokrateö nicht entgangen; daher sagt er:
45.
Die,
welche nach langwierigen Fiebern Abs-
cesse oder Schmerzen an den Gelenken bekommen, nehmen zu reichliche Nahrungsmittel zu sich.
Junge Aerzte mögen das fein merken,
auf
daß sie ja nicht während der Kochung oder bei
dem Bruche der Krankheit,
wo der Absatz ge
schieht, der vermeinten Schwäche des Kranken mit
kräftigen Brühen, concentrirten Suppen oder gar
mit altem Weine zu Hülfe eilen.
Ein Fehler,
in welchen leider noch viele Aerzte und überaus oft die gar zu geschäftigen Hausmütterchen aus lauter Herzenßgüte
verfallen.
So etwas kann
wirklich den übrigens ganz gut angelegten Heil-
Man sieht also, wie nothwendig
plan vereiteln.
der Arzr alleö im Auge haben müsse.
im
ersten Buche schon
über
Wir haben
diesen Gegenstand
gesprochen.
Stultum Consilium non modo efEectu caret, Sed ad pemiciem quoque mortales devocat* Pliaedrus Lib. I. Fabul. 20. 46. Wenn
einem
in
anhaltenden
Fieber
einen
schon erschöpften Kranken Starrfrost befällt, so ist's tödtlich.
Cs zeigt dieses,
daß die Bemühungen der
Natur, die Krise zu bewerkstelligen, fruchtlos wa ren, daß entweder die beste Kunsthulfe die Na
tur
zu
Ende
dem
zu
veranlassen,
nicht
im
Stande war, oder daß ihr Zuwiderhandelnde Af
terkunst die Sache verdarb;
sonach das Fieber
mit neuer Heftigkeit beginnt; oder daß Versetzun
gen nach edlen Organen sich ereignet haben, und
Vereiterungen, wo dann der Starrfrost in gro^ steln, das langer noch fortwährt, übergeht, oder
gar Gangräna, frost
bleibt,
wo es denn nur bei dem Starr
begonnen haben.
Solche Scenen
endigen, es giebt kaum eine Ausnahme, nvZ dem Tode.
47. Bleifarbige, blutige, übelriechende, gallichte Außwürfe sind in anhaltenden Fiebern alle bös;
gehen sie aber gut und in Ordnung ab, so ist das heilsam:
verhält eS
so
sich auch mit den
Darmausleerungen und mit dem Harn.
Wenn
aber auf diesen Wegen nichts, was erleichtert,
ausgeworfen wird, so ist das bös.
Ze mehr die Auswürfe und Excremente von
ihrer Farbe, Beschaffenheit und ihrem Gerüche, die sie im gesunden Zustande des Organismus ha
ben, abweichen, um so mehr muß wohl daS Or gan, das sie ab - und aussondert, krankhaft affi-
cirt sein.
Das ist wohl alles so einleuchtend, daß
wir nicht lange Zusätze machen wollen,
um so
mehr als diese Sachkenntniß dem Einzelnen nach in den besondern Krankheiten dem Arzte bekannt sein muß.
48. W?rrn
in
anhaltenden Fiebern die
äußern
Theile kalt sind, der Kranke aber in den innern
Hitze und brennenden Durst fühlt, Gefahr drohend.
so ist diefts
Dieser Zustand zeigt,
daß die Eirculation
des Blutes unregelmäßig vor sich geht,
daß es
sich in den Gefäßen der innern Organe anhäust, daß es von seiner normalen Mischung abgewichen ist, daß eine Zersetzung, ein rascher EombustionS-
proceß in ihm vorgegangen ist, daß Ultraanimalisation, schlechtweg Fäulniß sich in den Säften
entspinnt.
geht immer
Diesem hohen Grade von Verderbniß
brennende Hitze
Durst im Innern vorher.
und unersättlicher
Der höchste Grad des
Typhus, so wie die Pest, sind dazu Belege.
49.
Wenn in anhaltenden Fiebern
die Lippen,
das Auge, die Nase verdreht (verzerrt) sind, wenn
der schon matte Kranke das Gesicht, das Gehör verliert, wenn sich überhaupt Dinge der Art ein stellen, so verkündet das den nahen Tod.
Wenn die Harmonie der edelsten Theile all-
mählig zerfließt, wenn das Ebenmaß der daß Ge sicht, den Reflex der Psyche, constituirenden Theile
den Gesetzen der
sogenannten todten Natur
anheim fällt, so zeigt das deutlich, daß der ge^ heimnrßvolle
Zirkel
dynamisch - materieller und
materiell-dynamischer Potenzen,
der Inbegriff
dieser unerklärbaren Formation, durch die dieses
zeitliche
Seyn
in
eigenthümlicher
individueller
Haltung vermittelt wird, auseinander weicht, je/
ner Zustand, den wir im Gegensatze Tod nennen,
nahe ist *). — Daß diese Zeichen sehr richtig an
gegeben sind, wird auch der oberflächlichsten Beob achtung nicht entgehen.
50, Wenn in anhaltenden Fiebern beschwerliches Athmen mit Delirium eintritt,
so Lst's ein tddt-
licheS Zeichen.
ES giebt sehr viele Fieber, wo Delirien ein treten, die darum nicht tödtlich sind, eben das gilt
vom beschwerlichen Athmen; aber wenn sehr er schwertes Athmen mit Delirium eintritt, so ist
dieses wirklich eines der gefahrdrohendsten Zei chen.
Die Kranken pflegen gewöhnlich zu sterben.
Ich habe immer bemerkt,
daß eS ein Delirium
•) „Wie arm, wie reich, wie g-ring, wie yerrlich, wie künstlich zusammengewebt ist der Mensch! Und wie weit ist derjenige über alle Verwunderung erha« den, der ihn so machte, der in unserm Wesen solche fremde und ferne Grenzen in einem Mittelpunkte ver einigte !" Voung'S Nachtgedanken i. D.
tacitiirnum ist, mit welchem sich denn dieses er schwerte Athmen zugleich einstellt.
ES ist nicht
selten der letzte Act von Lungenentzündungen, die
in Brand oder Lähmung übergehen; sehr häufig
trifft man auch diesen Zustand
bei Apoplexia
Sanguinea und nervosa an^ wenn sie Menschen,
die noch im kräftigen Alter sind, befällt.
51.
Absätze in Fiebern, wenn sie sich in den er sten Zeiträumen des Bruches der Krankheit nicht
lösen, zeigen Langwierigkeit der Krankheit an.
Wenn diese Absätze an den Entscheidungsta gen nicht zur Solution oder zu gutartiger Eite rung gelangen, so ist dieses wohl ein Zeichen von
sehr gehemmter und alienirter Thatkraft der Na tur,
und eS ist denn wohl ein langsamer Gang
der Krankheit zu erwarten.
irgendwo
abgelagerte
Wird aber daS schon
Caput mortuum wieder
aufgesogen; oder kommt eS vielleicht in einem ed leren Organe wieder zu Tage,
so
beginnt die
Krankheit auf'S Neue, wohl auch in anderer Form. Man hat eS dann in den meisten Fällen mit infidiofen und hartnäckigen Uebeln zu thun.
52 Wenn in Fiebern oder andern Krankheiten die Kranken mit Wissen Thränen vergießen, so hat das nichts auf sich.
Ereignet sich dieses aber
ohne Bewußtsein und so zu sagen ohne Willkühr des Kranken, so ist's gefährlicher.
Das erste
beobachtet man
sehr häufig bei
Hypochondrien, hysterischen Weibern,
bei sehr
reitzbaren Subjecten, bei sehr weichen Gemüthern;
dieses zeigt nun gar keine Gefahr an, im Gegen
theil ist eine ihnen sonst ungewöhnliche Gleichgül
tigkeit ein schlimmes Zeichen.
Eben so ist ein sich
einstellendes Weinen mit Empfindung
bei sonst
starkmuthigen Menschen in schweren Krankheiten ein sehr gutes Zeichen.
Ein gewaltiger Aufruhr,
ein brausender Sturm im Physischen wie im Psy
chischen läßt keine Thränen zu, sie stellen sich erst ein, wenn die lodernde Gluth zu verlöschen be
ginnt.
Man kann Thränen mit einem wahren
Entladungsakt vergleichen. gen, die
Das Herz will sprin
beklimmene Brust will dem eisernen
Drucke unterliegen; es Ließen Thränen und siehe
da, schon erblickt die hoffende Seele hinter grauem
Nebel die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne, die wieder einen freundlichen Tag verspricht. — Hippokr. v. Pitschaft, I. LH.
b
DaS Vermögen zu weinen ist ein merkwürdiges
Vorrecht der menschlichen Natur.
die größten Helden,
Die Welt hat
einen Alexander,
einen
Scipio, einen Friedrich, einen Adolph wei nen sehen.
Virgil läßt seinen Aeneaö Thrä
nen vergießen.
Sic fatur lacrymans classique
immittit habenas, et tandem Euboicis Cuma* rum allabitur oris.
Lib. 6.
Das Thränen der Augen ohne Bewußtsein, was eigentlich kein Weinen ist,
nur ein Auge thränt,
besonders wenn
wobei zugleich die Augen
trüb, schmutzig, klebricht, erstorben sind, ist ein
sehr schlimmes Zeichen.
53.
Die Fieber nehmen an Heftigkeiten,
wenn
sich Kleber an die Zähne ansetzt.
2emehr die Absonderungen von dem Zustande in gesunden Tagen abweichen, je dichter, zäher sie werden, um so mehr deutet das auf Heftigkeit der Fieberbewegungen.
Dieser Zustand findet sich
mehr oder weniger fast in allen Fiebern vor.
Je-
mehr er hervorsticht, um so mehr sind die Ver
dauungsorgane ergriffen.
Dazu gesellen sich die
bekannten Zeichen der belegten Zunge, Den schwär-
zen Kleber, der aussieht als wäre er ein Coagu-
lum von verdorbenem, schwarzem Blute,
Wir im Typhus
Und in
der Febris
finden
continua
putrida, den gelbbraunen in gallichten Fiebern,
den schleimichten in gastrischen und in Schleimfie bern;
den blutartigen bei Milzleiden, einen Kle
ber, der die Zähne wie man zu sagen pflegt, gleich Säuren stumpf macht,
Lei Säureerzeugung im
Magen, und nicht selten bei gichtischen Leiden. 54.
Diejenigen, welche in hitzigen Fiebern an ei nem trockenen Husten, der mit einem schwachen
Reitze verbunden ist, leiden, find nicht sehr durstig. Ich muß bekennen, daß ich so etwas nie be
obachtet, auch diese Beobachtung nirgendswo sonst
gefunden habe.
Aufrichtig gesagt, ich weiß nicht,
was ich so eigentlich aus diesem Aphorismus ma
chen soll, weil in der Regel das Gegentheil be obachtet wird.
Mag sich vielleicht dieser Satz auf
eine Beobachtung eiyer so geeigenschafteten Crpu
demie fußen. — 55.
Fieber mit entzündeten Beulen sind insge
sammt bös, ausgenommen die eintägigen.
r 2
Wenn die Natur solche Krise veranstaltet, so
zeigt das immer auf ein sehr Lnsicirtes Blut, das Krankheitsmaterial hat die Saftmasse so durch, drungen, es hat sich das aufgenommene Conta-
gium so stark reproducr'rt,
daß es auf den ge
wöhnlichen Wegen der Secretionsorgane aus dem Körper nicht kann geschafft werden.
Belege hierzu
geben die pestartigen Krankheiten,
die Lyphus-
epidemieen mit Antrax und Bubonen.
Merkwür
dig ist es, daß in der Pest nur die genesen, de
ren Bubonen in Eiterung übergehen;
und für
uns interessant, daß Celsus rathet, man soll die
Pestbeulen gleich brennen, wodurch also Eiterung
erzeugt wird. D. 5.
Man sehe das interessante C. 28.
sehnliches bemerken wir bei der Paroti
tis in einigen Lyphuseprdemieen.
Die Parotitis
und andere leichte Drüsenentzündungen,
gewöhnlich
einen rheumatischen,
oder auch erysipelatosen Charakter haben,
men in sehr
welche
katarrhalischen
kom
vielen Fällen als Ephemera vor.
Solche leichte Entzündungen sind gewöhnlich nicht gefährlich,
56.
Bricht bei einem Fieberkranken Schweiß aus, und das Fieber läßt nicht nach, so ist's bös: es
245 iityt sich die Krankheit in die Länge,
und ver
räth Ueberfluß an Feuchtigkeit.
Dieses zeigt auf sehr beeinträchtigte Natur,
fräste, dieselben vermögen nicht den Krankheits
stoff durch kritische Bewegungen aus dem Körper zu schaffen, entweder weil der Krankheitsstoff zu tief seiner Qualität oder Quantität nach in den
Organismus eingegriffen hat,
oder weil es um
die Wohlgestaltheit und Beschaffenheit der zu dem Ende thätigen Organe nicht zum besten steht, —
das Conamen naturae ist da, sie kann aber die
Absicht nicht erreichen. Daß durch diese Zustände sich die Krankheit in die Länge ziehen muß, ist wohl sehr einleuchtend. Hippokrates sagt: eS verräth Ueberfluß an Feuchtigkeit. Da, wo die
Vis plastica im organischen Leben vermißt wird, da muß rrwhl die Saftmasse und vorab das Blut,
woraus die Säfte abgesondert werden, worin das Leben zunächst besteht, aufgelös't, seine Bestand
theile müssen zur Zerrinnung, zum Auseinander
weichen geneigt sein. — Allen Absonderungen ge bricht es am Gepräge des Organischen. —
57. Kommt ein Fieber zu Convulsionen und zu
dem Starrkrampf hinzu, so hebt es die Krankheit.
Man sieht wohl hier sogleich: daß dieser Lehrsatz zu allgemein hingeworfen ist, daß er sich die größte Einschränkung muß gefallen lassen. Das Fieber selbst muß freilich, als die von der Natur veranstaltete Abhülfe, als das von ihr eingeleitete Geschäft das Fremdartige, Feindselige aus dem Organismus zu entfernen, angesehen werden. — Aber es folgt nicht immer Friede nach dieser Revolution, sondern sehr oft gänzliche Auflösung, Tod. Diesem Satze gereicht auch eine pathologische Jncorrectheit zum Dorwurf: denn der Te tanus selbst gehört zur Gattung Fieber. — 58. Ein zu einem hitzigen Fieber Hinzukommen oer Starrfrost'hebt dasselbe. Aufrichtig gesagt: diesen Satz müssen wir fallen lassen, wir wissen nichts anzuführen, was ihn auch nur zum Theil aufrecht erhalten dürfte. Unsere eigene, wie die angeeignete Erfahrung will nicht zu seinen Gunsten wissen. — 59.
Das ächte dreitägige Fieber entscheidet sich auf's längste in sieben Umläufen.
Ob sich dieses
bei einem ächten sich selbst
überlassenen, nicht kunstwidrig behandelten dreitä gigen Fieber so ergebe,
stellt sein
lassen.
das müssen wir dahinge
Wir haben
gehabt, so etwas zu beobachten.
nie Gelegenheit Daß aber die
siebentägigen Umläufe sowohl in langdauernden
Fiebern, als auch selbst in chronischen Krankheiten,
die Zeitabschnitte sind,
in welche die Genesung
fallt, finden wir unserer sorgfältigen Beobachtung ganz conform. Die langwierigen kalten Fieber suchen ihren Grund nur zu häufig in unrichtiger Anwendung
der Fieberrinde, und zwar gewöhnlich in ihrer zu
starken Anwendung.
Wir machen junge Aerzte
auf das aufmerksam, was über den Gebrauch klei ner Gaben der China in Wechselsiebern Thues-
finf in feinen
und Nasse darüber,
erschienenen Wäarnemlngem
nach ihm Hufeland's
Iourn. i8i4, Zannerheft S. 78. sagt.
Cul,
len, Home, Selle, Sydenham, Hahne
mann, Mursinna, Friedrich Hoffmann haben dieselbe Ansicht.
Letzterer sagt sehr wahr:
nNec enim sunt intermittentium sanationes jam temporis difficiles invento usu chinae,
modo quis rite procedat cum ipsa in applicatione.
Tenendae autem circa ejus exhibi-
tionem sequentes sunt regulae:
1) ut pa-
lato consulatur, optime sumitur in forma pilulari, ei nempe cum mucilagine tragacanthi ex iolo pulvere fiant pilulae. s) Longe eHicacior ejus effectus percipitur in substantia, quam in essentiis, decoctis et elixiriis. 3) Offerri debet saepius repetita, parca tarnen dosi, et numquam ante paroxysmum vel in ipso paroxyemo, sed semper diebus intermissionis, incipiendo etatim post febrilis paroxysmi declinadonem» 4) Numquam china danda est, nisi prius detersis purgante primis viis, soluta pletliora, obetructionibus expeditis et transpiratione liberiori. 5) In exliibitione chinae alous non movenda, nulla sudorifera calida, purgantia, vomitoria, turbantia, vel in usu vel post ejus usum exbibontra, alias raCÜlime febris recidiyat/* Lr» merken wollen wir noch: daß zur Heilung der Febris intermittens apoplectica die Verbin dung des Opiums mit der China unumgänglich nothwendig ist. Welche Verbindung auch in ha bituell gewordenen Welchselsiebern, wenn alle Sa, burra entfernt ist, das zuverlaßigste Heilmittel ist. Daß wir an dem Chinum suJphuricum nun ein sehr herrliches Mittel haben, ist wohl hinreichend bekannt. Auch wollen wir jungen Aerzten noch bemerken, daß die Wechselsieber oft
mit rheumatischer Verwickelung vorkommen;
in
denselben zeigt sich die Verbindung kleiner Gaben Brechweinstein mit der China ungemein wirksam.
Haben sich schon sogenannte Fieberkuchen, Obstructionen in der Milz und Leber gebildet, so steht die Verbindung mit der Aqua laurocerasi oben an.
60. Die, welche in Fiebern Taubheit befällt, be
freit entweder Nasenbluten oder Durchfall
von
ihrer Krankheit.
Diese Taubheit steht fast immer mit gallichtgastrischer Unreinigkeit und mit Anhäufung von
Blut in dem Pfortadersystem und den Gefäßen der Milz in Verbindung*)
Solche Leiden verur
sachen immer Congestionen nach dem Kopf,
und
verursachen namentlich Ohrensausen und Taubheit;
welcher Zustand durch Nasenbluten und Durchfall gehoben wird.
Habituelles Nasenbluten kommt,
wie bekannt, sehr häufig bei Stagnationen der Denen des Unterleibs vor. In gallichten, gastri
schen Fiebern, wie in der Febris continens pu♦) Die chronische Taubheit har bekanntlich sehr häufig einen katarrhalisch, rheumatischen Characrrr.
trlda, im Typhus ist Taubheit nichts seltnes. Auch gehört sie unter die häufigen Nachkrankheiten des Scharlachs. Das Scharlachsieber ist ein consensuell-gastrisches entzündliches Fieber. Der Rap port, im welchem das Gehörorgan mit dem gan zen Lebersystem steht, ist überhaupt sehr merk würdig. Man vergleiche Aphorism. 23. und den Commentar. 61.
Das Fieber pflegt gern wieder zu kommen, wenn es sich nicht an einem kritischen Tage ent schieden hat.
Wir wissen, wie viel HippokrateS auf dik kritischen Tage der bekannten Zahl nach hält. Er hält dieses für ein wahres Urgesetz im Naturleben. Lch bin der Meinung, daß er Recht hat. Vielleicht entscheidet sich eine Krankheit gar nicht anders, als nach diesem Zahlentypus. Aber ich bezweifle sehr, daß man immer genau bestimmen kann, wenn eine Krankheit begonnen hat. Es muß also sehr oft eine mißliche Sache sein, die Berechnung der kritischen Tage auf Tag und Stunde hin anzustellen.
62. Wenn sich zu Fiebern vor dem siebenten Tage Gelbsucht gesellt, so Lst'S bös.
Wenn sich vor dem Entscheidungstage die Gelbsucht, welche ein bedeutendes Leiden des Gal lensystems anzeigt, zu Fiebern gesellt, so ist daS ein übles Zeichen. Es tritt vor dem Zeitpunkt, in welchem das Fieber sich zur Entscheidung hin neigt, bevor der wirkliche Bruch der Krankheit statt hat, eine neue Krankheit hinzu, es ist dieses aber gar keine unbedeutende Krankheit. Solche Complication kann also nicht anders, als schlimm sein. Man hat im Grunde, so zu sagen, mit zwei Krankheiten zu kämpfen. Bedeutende Leiden der Leber sind in Fiebern immer sehr mißlich. Man vergesse hier nicht zu erwägen, daß die Le ber nicht bloß ein absonderndes, sondern auch ein reinigendes Organ ist, das wirklich Terrestrisches, den Kohlenstoff, aus. dem Organismus schafft, — 63. Wenn in Fiebern täglich neuer Frost ent steht, so werden diese Fieber auch täglich ent schieden.
Solche Fieber haben den Typus des Wech
selsiebers, ja sie sind im Grunde mit diesem Na men zu belegen.
Die Anfälle gehen aber bei kaum
wahrnehmbarer Apyrexie in einander über.
So
etwas darf der Behandlung wegen nicht überse
hen werden.
64. Wenn sich in Fiebern am siebenten oder neun ten oder vierzehnten Tage eine Gelbsucht zeigt, es sei denn, daß die Lebergegend verhärtet wäre,
so ist's gut: wenn das aber nicht so ist, so ist es bös.,
Nämlich, wenn es sich wie Nr. 62. verhielte. Man sieht also daß das „gut" vergleichungs weise mit fraglicher Beobachtung zu nehmen ist.
Denn immerhin ist es besser, wenn sich ein Fieber
ohne Metaschematismus nach den einfachen, schlich
ten, gewöhnlichen Gesetzen entscheidet.
Die Gelb
sucht ist kein seltener Metaschematismus der Fie
ber, nachdem eben mehr oder weniger das Gallen
system in Mitleidenschaft gezogen war.
sucht, wenn nicht Verhärtung,
Die Gelb
große organische
Fehler der Leber und Milz obwalten, ist aber eine
Krankheit, die der Kunst weicht.
65.
In hitzigen Fiebern ist heftiges Brennen im Unterleib, und brennender Schmerz in der Ma
gengegend bös. Wir rkissen, daß diese Schmerzen im Bauche
und in der Regio epigastrica ein Hauptzeichen
des Typhus, der Febris continens putrida sind. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß das auf
genommene Contagium alsbald in der Schleim haut der ganzen Rachenhöhle, des ganzen Schlun des, des Magens seine feindseligen Wirkungen äu
ßert, und daselbst eine subacut entzündliche Affection,
alienirte Absonderung hervorbringt, diese
Subinflammation hat
eine
gung, in den Zustand,
hervorstechende Nei
welchen man nervös ent
zündlich zu nennen pflegt, überzugehen, und nicht selten
und
zwar sehr rasch mit einem wahren
Sphacelirungsproceß dieser Theile zu enden, dar um wirken auch die Brechmittel in diesen Leiden so heilsam.
Das ist es, was wahres an Brous-
eais Gastroenteritis ist.
Hr. Broussais hat
aber uns teutschen Aerzten nichts neues gesagt.
Im Verlaufe der Fieber zeigen fragliche Symp tome bedeutende Versetzungen nach den Eingewei
den, und Neigung zu Gangrän an.
66. In hitzigen Fiebern sind Konvulsionen und heftige Schmerzen in den Eingeweiden ein gefähr
liches Zeichen.
Dieser Aphorismus ist eine unmittelbare Fort/ setzung des vorhergehenden.
Wir haben nicht nö
thig uns länger bei demselben aufzuhalten.
67. Auffahren und Zuckungen im Schlafe sind in Fiebern bös.
Schreckliche Traumbilder, stete Unterbrechung des Schlafes, der sich als wahrer Vermittler zwi
schen das Leben und seine vielen physischen, und psychischen Feinde stellt,
hängen fast immer mit
bedeutenden Kränkungen des Solarsystems, mit großen Abweichungen des Gallen - und Pfortadersystemö vom naturgemäßen Zustande! und
ausgebreiteten
Esse
einer
von Krankheitsmaterial in
den Unterleibsorganen
zusammen.
Auch wollen
wir nicht unterlassen zu bemerken, daß Delirien in
sehr vielen Fällen mit Leiden der Urinblase Zu
sammenhängen.
Diese Unruhe, diese Delirien im
Schlafe werden sehr oft in hitzigen Fiebern, weit
der Kranke bei voller Harnblase den Urin nicht lassen kann,
erst dann gehoben, wenn man des
Kranken Willen durch öfteres Auffordern zu dem
Ende aufregt, oder wenn eS sein muß, durch die Application des
Catheterö die Blase entleert.
Ein Wink für junge Aerzte.
Daß diese Symp
tome sich zu topischen Leiden des Gehirns und sei
ner Häute gesellen, ist hinreichend bekannt. Wenn die müde Natur, das tiefgekränkte Le
ben sich immer sehnsuchtsvoll nach dem eigentli chen Erholungs- und Erfrischungsakt der Lebens
kräfte und Säfte hinneigt,
und nicht dazu ge
langen kann, immer wieder aufgescheucht wird, so ist dieses wohl das böse Zeichen eines gewaltigen
Aufruhrs im organischen Leben, einer großen Ent zweiung der Systeme. „Der müden Natur süßes Labsal, balsami scher Schlaf! er besucht gleich der Welt nur die
jenigen gern, denen das Glück zulächelt; die Elen den verläßt er, fliegt auf seinen weichen Fittigen
schnell vom Jammer hinweg, und senkt sich auf Augenlieder, die keine Thräne benetzt." Voung's Klagen i. Th.
68. In Fiebern ist ein schluchzender anstoßender Athem schlimm: es zeigt Krampf an.
Je mehr das Athemholen in den Fiebern be einträchtigt ist, um so heftiger pflegt dasselbe zu
sein, und namentlich deutet dieses auf entzündli chen Zustand der Respirationsorgane und der gro
Auch kann es von gro
ßen Gefäße des Herzens.
ßer Reitzbarkeit dieser Organe herrühren.
Nicht
selten findet auch Torpor der Lungennerven statt. Man unterscheide ja immer sorgfältig Peripneumonia inflammatoria von Pneumonia notha.
69.
der sparsame Abgang eines
Sn Fiebern ist
Diesen, trüben Urins, wenn eine Menge dünner
hinten herfolgt, heilsam.
Von dieser Beschaffen
heit zeigt er sich vorzüglich dann,
wann gleich
anfangs oder kurz darauf der Harn einen Boden satz bekommt.
Eine Beobachtung die ganz streng genommen
werden muß.
Es zeigt dieses auf wichtigen Ver
lauf der Fieber. Zeit vor sich.
.Die Kochung geht zur rechten
Ist dicker trüber Urin abgegangen,
und es folgt dann viel dünner Urin von norma ler Beschaffenheit:
so
zeigt das vollkommenen
Bruch deS Fiebers an.
Die^
70.
Diejenigen aber, welche in Fiebern einen dikken dem des Rindviehes ähnlichen Urin lassen, haben Kopfschmerzen oder, bekommen sie. Dieser fragliche Urin findet sich immer vor, wenn das Fieber noch im Stadium der Rohheit, besonders wenn das gastrische und gallichte Sy stem sehr alienirt ist. Diese letzteren Zustände bringen immer Kopfschmerzen hervor. In den meisten Fällen sind die phrenitischen Affectionen consensuell gastrisch entzündlich. —
71.
Wenn sich das Fieber.am siebenten Tage ent scheidet, so bildet der Urin am vierten Tage eine rothe Molke; und die übrigen kritischen Umstände stimmen damit überein. Dieses ist das Bild eines sehr regelmäßigen, sehr günstig verlaufenden Fiebers. 72.
Weißer durchsichtiger Urin ist böS: vorab in phrenitischen Affectionen. Lwvokr. v. Pitfchaft, I. £6.
M
2Ö8 Wenn die Kochung nicht erfolgen will, so ist dieses natürlich
ein Zeichen eines sehr heftigen
Fiebers, eines Krankeitsstoffes, der sich in den Organen und Systemen hartnäckig fest gesetzt hat, der den größten Anstrengungen der Vis medica-
trix naturae nicht weichen will, und sie demnach
zu
der
außerordentlichsten
Reaction
auffordert.
Man kann das nach Belieben, auch nach den Prin cipien der Dynamiker erklären.
Tritt keine Ko
chung ein, so muß das wohl zu dem Schluffe füh
ren, daß die Natur den Sieg nicht erringen dürste.
73. Diejenigen, denen die Hypochondrien aufgetrieben sind, und welchen es in dieser Gegend des Leibes kollert, sobald sich Lendenschmerz, einstellt,
bekommen den Durchfall: es sei denn, es gingen Winde oder eine Menge Urin ab.
Diese Zufälle
ereignen sich in Fiebern.
Es handelt sich hier von der Art und Weise, auf welche sich die kritischen Durchfälle ereignen.
Es gehen der Turgescenz nach unten aufgctriebener Unterleib und Lendenschmerzen vorher.
Die
ses findet man aber auch bei großer Luftentwick-
lung im Darmkanal.
Dieselben Zustände gehen
2d9 auch vorher,
wenn
eine Lange Zeit wenig Urin,
welches in den Tagen der Rohheit der Krankheit der Fall ist, abgegangen ist z mit reichlicher Ab -
und Aussonderung desselben hebt sich diese Affection.
Vor der kritischen Urinabsonderung findet
man die Hypochondrien gespannt.
In den La
gen der Rohheit ist das Lichte aller Gefäße stär
ker, in den Fiebern ist Effervescenz im Blute un verkennbar.
Wird der Leib weich, und bekommen
die Kranken ein behagliches Gefühl in demselben, so gehört das mit zu den Zeichen, welche für gute
Kochung der Absonderungen sprechen. 74.
Wenn ein Absatz nach den Gelenken, nämlich der Natur der Krankheit nach,
zu erwarten ist,
so verhütet der häufige Abgang eines dicken und weißen Urins, so wie er sich in manchen Fiebern
mit Mattigkeitsgefühl am vierten Tage zu zeigen
anfängt,
diese Versetzungen.
Gesellt
sich auch
Nasenbluten hinzu, so lös't sich die Krankheit um
so bälder. Wohl sehr einfach;
die kritischen Ausleerun
gen sind es ja eben, welche den Organismus von
dem Krankheitsferment,
befreien.
vom Caput mortuum
75. Geht Blut oder Eiter mit dem Harne ab, so zeigt es eine Verschwärung der Nieren oder der Blase an.
76. Wenn mit dickem Urine kleine Fleischfasern wie Haare *) abgehen, so werden sie- aus- den Nieren abgeschieden.
77. Gehen mit dickem Urine kleyenahnliche Kör/ perchen ab, so ist die Urinblase räudig.
Man findet dieses jezuweilen in exanthematischen Fiebern, nicht selten entstehen sie in der Gicht, in Rheumatalgien, in Flechtenausschlagen, Versetzungen nach den innern Häuten der Harn blase.
78. Entsteht von freien Stücken Dlutharnen, so zeigt dieses das Bersten eines Blutgefäßes der Nieren an. *) Wohl von der Stärke, von dem Umfang eines Haa/ res, sie seyen aus wie cylinderförmige Gefäßlein.
Dieses Blutharnen kommt bei Nierenentzün dung, bei sehr heftigen Fiebern, bei den Pocken,
auch hin und wieder bei dem Scharlach und auch
bei den Masern vor.
Bei heftigen Beleidigungen
von Außen ereignet es sich ost.
79. Bildet der Harn einen sandigen Niederschlag, so leidet der Kranke am Blasen, oder Nierenstein.
Hier muß bemerkt werden, daß Nieren- und Blasensteine vorhanden sein können, ohne daß sich dieser sandige Niederschlag zeigt.
Geht aber GrieS
o6> so hat entweder die Steinbildung schon be gonnen, oder man. sieht ihrer Bildung entgegen. Vermehrt sich in diesem Falle wahrend des Heil
verfahrens dieser Griesabgang, so Lst's natürlich gut,
es spricht für die Zweckmäßigkeit des Heil
plans. — Es kann also der eigentlichen Steinbildung durch gehörige Diät und Kunsthülfe entge-
gengearbeitet werden.
80.
Harnt Jemand Blut und Blutklümper mit Harnstrenge und hat
er dabei Schmerz im
Unterleibe, an der Gefäßnarh und dem Perinäum,
so leiden die zur Harnblase gehörigen Theile.
Dieses kann herrühren von Blasenhämorrhoi-
den, Blasensteinen, Blasengeschwüren, Blasenent zündung, von allzuheftiger Anstrengung beim Uri-
niren,
bei Verhärtung, Verschwärung der Pro
stata, bei fleischichten Aftergebilden in der Harn
röhre, und ihrer Verengerung.
Die anderweiti
gen Zeichen dieser Leiden sind ein Gegenstand der
Semiotik. 81. Harnt jemand Blut, Eiter und Schorfe, und
der Urin verbreitet Gestank, so ist dieses ein Zei chen einer Verschwärung der Blase.
82.
Bilden sich in der Harnröhre Tuberkeln, so werden die Zufälle gehoben, wenn sie in Eiterge schwüre, die sich eröffnen, übergehen.
83. Abgang von vielem Harn des NachtS zeigt
wenig Kothabgang an.
Aufrichtig gesagt,
ich kann zu diesem mir
sonderbar lautenden Aphorismus nichts sagen, ich
habe so Etwas nie beobachtet.
Vielleicht könnte
es daher rühren, daß große Thätigkeit der Nie ren die des VerdauungskanalS vermindern.
Wir
wissen, daß Magen und Nieren in auffallendem
Rapport mit einander stehen.
So stellt sich bei
gehinderter Nierenabsonderung, z. B. beim Nie
rensteine leicht Würgen und Erbrechen mit Ma
genkrampf ein.
Freilich muß man hier nicht ver
gessen, daß schlechte Verdauung, Säureerzeugung der Gicht und
der Steinbildung
vorausgehcn.
Vielleicht nützt diese Andeutung doch zu Etwas.
Der Urin, der Schweiß sowohl ihrer quanti
tativen als qualitativen Beschaffenheit nach ge hören zu den Zeichen, welche über die Natur und
den Stand der Krankheiten ungemein viel Auf
schluß Aerzte,
geben.
Demnach
ermahnen wir
junge
ja fleißig diesen Theil der Semiotik zu
studieren, und selbst sorgfältig zu beobachten. Wir theilen zu dem Ende unsere Beobach
tungen, welche wir mit gewissenhafter Aufmerk
samkeit am Krankenbett angestellt, und im Hu, selandschen Journal September-Heft 1819. S. 19. niedergeschrieben haben, hier mit: Die Besichtigung des Harns ist sowohl in acu
ten als chronischen Krankheiten für den Arzt ein diagnostisches Hülfsmittel.
nachlässigt werden.
Sie sollte nicht ver,
Dies Zeichen hat mit allen
übrigen diagnostischen das gemein, daß eS für sich
allein nicht ein bestimmtsprechendes, sondern nur in der Zusammenstellung mit andern ein sehr viel
Aufschluß gebendes wird.
Viele Aerzte schenken
ihm zu wenig Aufmerksamkeit.
Wenn der Harn
in hitzigen Fiebern, seine Natur nicht ändert, so
ist es ein übeles Zeichen, so wie es auch eines ist, wenn gleich beim Beginnen des Fiebers derselbe dick ist und es den Verlauf des Fiebers hindurch
bleibt.
Scheidet er sich, und es fallt eine einer
röthlichen Sandstaubwolke ähnliche Masse zu Bo den,, so ist dies schon ein günstiges;, schwimmt
dagegen eine sogenannte Wasserwolke in der Mitte der Flüssigkeit, so ist dies ein sehr gutes Zeichen.
Bleibt der Urin hochroth,
geht wenig ab,, und
will er sich lange nicht scheiden,, so deutet das in acuten wie in chronischen Krankheiten auf Ver
letzung der Eingeweide.
Man muß den Urin nach
der Kochung, nach der Exacerbation betrachten; bald nach dem Genuß von Speisen gelassen- bleibt
er oft auch in chronischen Uebeln wie in gesunden
Tagen wasserhell.
Gefräßige Menschen haben ge,
wohnlich einen etwas trüben Urin.
Dies ist bei
überfütterten Kindern, die dabei schlecht verdauen, häufig der Fall.
Leute, die schlecht verdauen und
an Unreinigkeiten in den ersten Wegen leiden, ha ben gewöhnlich einen dicken weniger durchsichtigen
Harn.
Die Gelbsüchtigen
lassen
einen
dicken,
braungelben, die Leinwand färbenden Harn.
Die
so am Verhärtung, Physconia der Leber leiden,
lassen einen dunkelrothen Urin, der alsbald einen ziegelmehlartigen Bodensatz bildet, der wie feiner rother Sand, dem ähnlich, dessen man sich zu den Sanduhren bedient, an den Wänden des Gefäßes
gerne hängen bleibt, und die Leinwand gern braun gelb fÜM." Häufiger Abgang
eines wässerichten,
oft honigartigen, die Menge der genossenen Flüs
sigkeiten übersteigenden Harnes ist dem Diabetes mellitus eigen.
Schwimmt eine fett- oder ölar
tige Masse auf dem Harn, so deutet das auf eine
bedeutende Verletzung eines Eingeweides und Zer
rüttung dessen Parenchymas — (Diabetes
tor-
pidus.) Ein sehr dünner
wäfferichter Harn in Fie
bern zeigt ost Hartnäckigkeit und lange Dauer
desselben an. chen lassen Harn.
Bleichsüchtige und hysterische Mäd sehr
ost
einen
dünnen
wasserhellen
Wenn den Wassersüchtigen viel wässerich-
ter Harn abgeht, so ist dieses natürlich ein gutes
Zeichen; müssen sie aber oft harnen, geht nur we nig heißer, rother Harn ab, und dies gar noch mit
Schmerzen,
so ist dieses in der Wassersucht und
namentlich in der Brustwassersucht ein sehr böses Zeichen.
Es deutet auf schlechten Zustand der
Eingeweide.
Ist nur der Urin nicht dunkelroth,
sondern hellgelb, geht auch gleich sehr wenig ab,
so wird eine adäquate Behandlung die Wasser sucht heben. Nephritis.
Ein blutiger Urin gesellt sich zur
Das Blut, das aus den Nieren kommt,
ist innig mit dem Harn gemischt, und die Blu
tung aus den Nieren ist stärker, als die aus der Blase. Das Blut, das aus der Blase kommt, z. B. bei Hämorrhoiden der Urinblase, fällt sehr schnell zu Boden und scheidet sich sehr schnell vom (Die beiden Uebel unterscheiden sich ohne
Harne.
hin sehr deutlich von einander.)
Blutiger Harn
bei acuten Ausschlägen ist ein sehr schlimmes Zei Ein milchartigcr, dem der pflanzenfressenden
chen.
Thiere, namentlich dem der Pferde ähnlicher Harn, der einen weißen Niederschlag bildet, gesellt sich
zu den Würmern.
Der Blasencatarrh verkündet
sich durch einen zähen, alsbald
solches
schlekmichten Harn,
Sediment
der
Niederschlag
bildet.
von Eiter, der sich nie in Menge vorsindet, deu
tet auf ein Geschwür der Blase.
Stinkt er, so
kommt er aus einem lang geschloffen gewesenen
Absceß der Blase. Unterdrückte
Menstruation wird
von einem trüben Harn begleitet. Crocus-,
gelb.
gewöhnlich
Rhabarber/,
Curcuma-Gebrauch färbt den Harn
Terpentingebrauch macht ihn nach Veilchen
riechen; Genuß der Spargel aber stinken. Stahlr arzneien machen ihn schwärzlich. Auch hat man bei Melancholischen einen schwarzen Harn bemerkt. Die so oft an rheumatischen Entzündungen lei den, lassen einen Harn, der gewöhnlich stark nach Harnstoff riecht. Hört das auf — so erneut sich gewöhnlich der Rheumatismus. — Während der Höhe des Uebels riecht man das nicht — u. s. w. Etiamsi omnia a veteribus inventa sunt, hoc semper novum erit, usus tt invenlorum ab aliis scientia et dispositio. Sen e ca.
Verbesserungen i m ersten Theile.
Aeberall statt BaglLo Bagliv. S. 51, nur DOT LLtlbriNgend. — 52. — 4. statt wachen l. wachsen. — ^5. — 5. st. vermischet l. vermischest. —- 87- — 10. st. vorstehende l. vorstechende. — 110. — 17. st. Ist l. Ißt. — in. — 7. st. gemeinlrch I. gemeiniglich. — 140. — 9. st. Natur l. Statur. — 15Z. — 10. st. AlkaliScenz l. Alkalescenz. — 172. — 6. st. je normaler l. um so normaler. — 203. — 12. st. wäre l. hätte. — 223. — 8. st. wichtig 1. nichtig. — 236. — 22. st. haben l. hat. — 256. — 17. st. wichtigen l. richtigen. — 257. — i2. st. Molke l. Wolke. Einigemal kommt statt atrabilarische Consti tution atrabilarischeS Temperament vor. — Klei nere Versehen ergehen sich von selbst.