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German Pages 115 Year 1989
MEINULF DREGGER
Die antizipierte Zustimmung des Parlaments zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen
Schriften zum Völkerrecht Band 90
Die antizipierte Zustimmung des Parlaments zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen
Von Dr. Meinulf Dregger
DUßcker & Humblot . Berliß
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Dregger, Meinulf: Die antizipierte Zustimmung des Parlaments zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen / von Meinulf Dregger. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1989 (Schriften zum Völkerrecht; Bd. 90) Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1988 ISBN 3-428-06726-6 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1989 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin 61 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0582-0251 ISBN 3-428-06726-6
Inhaltsverzeichnis 1. Teil Die Problemstellung § 1 Einleitung
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§ 2 Beispiele von Rechtsverordnungsermächtigungen, die der Exekutive zur In-
geltungsetzung oder Ausführung normativer völkerrechtlicher Verträge dienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Tiefsee bergbaues . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Weitere Beispiele von Rechtsverordnungsermächtigungen, die der Exekutive zur Ingeltungsetzung normativer völkerrechtlicher Verträge dienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendung von allgemeinen Rechtsverordnungsermächtigungen .. . 2. Anwendung von auslandsbezogenen Rechtsverordnungsermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verordnungsermächtigungen, die inhaltlich näher konkretisiert sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verordnungsermächtigungen, die bestimmte Arten von völkerrechtlichen Verträgen nennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 3 Die Problemstellung in der Beurteilung durch Rechtsprechung und Schrifttum
I. Der Wegfall des Zustimmungserfordernisses aus Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG durch Übertragung der Rechtsetzungsbefugnis gemäß Art. 80 Abs. 1 GG 11. Die Delegation des Zustimmungsrechtes auf die Exekutive 111. Die Antizipation des Zustimmungsrechtes
11 11 18 18
20 20 25 27 27
33 33
2. Teil Art. 59 Abs. 2 S.l GG Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck § 4 Einleitung
35
§ 5 Entstehungsgeschichte
35 35 37 40 44
I. 11. III. IV.
.................................. Die Verhandlungen des Parlamentarischen Rates . . . . . . . . . . . . . . Art. 11 Abs. 3 Reichsverfassung von 1871 . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Art. 45 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 6 Der Regelungszweck des Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG
. . . . . . . . . . . . . . . .. I. Der Schutz des parlamentarischen Rechtsetzungsrechtes ......... 11. Die parlamentarische Kontrolle der Regierung im Bereich der auswärtigen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
44 44 47
6
Inhaltsverzeichnis 1. Das Parlament als oberstes Kontrollorgan der Exekutive ....... 2. Das Verhältnis von Parlament und Regierung im Bereich der auswärtigen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Verhältnis von Parlament und Regierung beim Abschluß völkerrechtlicher Verträge i. S. d. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG ........... III. Ergebnis
47 49 54 63
3. Teil Lösung § 7 Entfällt das Zustimmungserfordemis gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG,
wenn eine Rechtsverordnungsermächtigung besteht?
..............
§ 8 Kann das Zustimmungsrecht aus Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG auf die Exekutive
delegiert werden?
.....................................
§ 9 Kann die Zustimmung zu völkerrechtlichen Verträgen, die Gegenstände der
Bundesgesetzgebung betreffen, antizipiert erteilt werden? ........... I. Das antizipierte Zustimmungsverfahren .................... 11. Die Einhaltung des Kontrollprinzips aus Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG .... 1. Die inhaltliche Konkretisierung einer antizipierten Zustimmung . .. a) Die Bestimmtheitskriterien einer Rechtsverordnungsermächtigung gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Bestimmtheitskriterien einer antizipierten Zustimmung i. S. d. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die Überprüfung der Einhaltung des inhaltlichen Rahmens einer antizipierten Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Befristung der Geltungsdauer einer antizipierten Zustimmung .. 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111. Die Transformation der Vertragsinhalte in innerstaatliches Recht ... 1. Die Einhaltung des Prinzips vom Gesetzesvorbehalt .......... 2. Die Einhaltung des Prinzips vom Gesetzesvorrang ........... IV. Die Herstellung der völkerrechtlichen Wirksamkeit ............
65 70 71 71 73 73 74 79 81 82 83 83 86 87 91
§ 10 Ergebnis
96
§ 11 Die Auswirkungen des gefundenen Ergebnisses auf die Staatspraxis .....
98 98 99
I. Die Vereinbarkeit der Staatspraxis mit Art. 59 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG ..
1. Die Anwendung einer allgemeinen Rechtsverordnungsermächtigung 2. Die Anwendung einer auslandsbezogenen Rechtsverordnungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Der Ausgangsfall des Tiefseebergbaugesetzes ................ 1. Die Zulässigkeit der mit § 14 Abs. 3 Tiefseebergbaugesetz erteilten auslandsbezogenen Rechtsverordnungsermächtigung ......... 2. Die ausdrückliche Anwendung des antizipierten Zustimmungsver- .fahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . LiteraturverzeicbÜl
100 100 100 103
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Abkürzungsverzeichnis anderer Ansicht Absatz Alternative Alt. Anmerkung Anm. Archiv des öffentlichen Rechts, Tübingen, (1.1886ff.) AöR Artikel Art. alte Reichsverfassung von 1871 aRV Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters, AWD Recht der internationalen Wirtschaft Bundesanzeiger BAnz. Bayerische Verwaltungsblätter, Zeitschrift für öffentliches Recht BayVB!. und öffentliche Verwaltung, München 1955ff. Band Bd. BGB!. I und 11 Bundesgesetzblatt Teil I; Teil 11 (1951 ff.) Bundesratsdrucksache BR-Drs. Bundestagsdrucksache BT-Drs. Bundesverfassungsgericht BVerfG Entscheidungen des BVerfG (1.1952ff.) BVerfGE derselbe ders. Dissertation Diss. Die Öffentliche Verwaltung, Zeitschrift für Verwaltungsrecht DÖV und Verwaltungspolitik, Stuttgart und Köln (1. 1948ff. ) Deutsches Verwaltungsblatt, Köln - Berlin (65.1950 ff.) DVB!. ebenda ebd. Fußnote Fn. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5.1949 GG Heft H. Entwurf des sog. Verfassungskonvents, der vom 10. - 23.8. 1948 HCHE in Herrenchiemsee tagte Handbuch des Deutschen Staatsrechts HdBDStR herrschende Meinung h.M. Herausgeber Hrsg. herausgegeben hrsg. in der Regel i.d.R. International Legal Materials, Bimonthly Publication of ILM The American Society of International Law a.A. Abs.
8 i.S. v. JrR JöR
Jura JuS JZ Komm. Lfg.
MDR N.F.,n.F. n.F. NJW Nr.
Rdnr. RGBI. RGZ
S.
s.o. VerwArch vgl. VVDStRL WRV ZaöRV Ziff. ZRP
Abkürzungsverzeichnis im Sinne von Jahrbuch für internationales Recht Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Tübingen (n.F. 1931ff.) Juristische Ausbildung Juristische Schulung, Zeitschrift für Studium und Ausbildung Juristenzeitung Kommentar Lieferung Monatsschrift für Deutsches Recht, Hamburg (1.1947ff.) neue Fassung neue Folge Neue Juristische Wochenschrift, München und Berlin, (1. 1947/48ff. ) Nummer Randnummer Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (1.1880 - 77.1944) Seite siehe oben Verwaltungsarchiv Zeitschrift für Verwaltungslehre, Verwaltungsrecht und Verwaltungspolitik vergleiche Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (1.1924 ff.) Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Ziffer Zeitschrift für Rechtspolitik
1. Teil
Die ProblemsteUung § 1 Einleitung
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Beantwortung der Frage, ob die nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG erforderliche Zustimmung zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge, die Gegenstände der Bundesgesetzgebung betreffen, vorweggenommen werden kann. Wäre das der Fall, so könnte die Zustimmung, die üblicherweise erst nach der Unterzeichnung der ausgehandelten Vertragstexte erfolgt, bereits zu einem früheren Zeitpunkt erteilt werden. Zu diesem Zeitpunkt steht der Vertragsinhalt jedoch noch nicht im einzelnen fest, gegebenenfalls sind die Vertragsverhandlungen noch nicht aufgenommen. Die Frage nach der Zulässigkeit einer derartigen zeitlichen Vorverlegung des Zustimmungsverfahrens hängt davon ab, welche Funktionen dem Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG zukommen und ob diese Funktionen auch zu einem früheren Zeitpunkt wirksam ausgeübt werden können. Mit der Frage nach der Zulässigkeit einer derartigen antizipierten Zustimmung eng verknüpft ist die weitere Fragestellung, wann und wie auf Grund einer antizipierten Zustimmung abgeschlossene Verträge innerstaatliche Geltung erlangen können. Denn zum Zeitpunkt der Zustimmungserteilung liegt ein transformationsfähiger Vertrag noch nicht vor, so daß die Transformation nicht gleichzeitig mit der Zustimmungserteilung erfolgen kann. Zu denken wäre hier an eine Rechtsetzung mittels Rechtsverordnung. Der Erörterung dieser Thematik liegt eine besondere Problemstellung aus der Praxis zu Grunde. Aus der intmer enger werdenden Verflechtung der Staaten untereinander resultiert eine immer größere Vereinheitlichung vieler Rechtsbereiche. Beim innerstaatlichen Vollzug entsprechender internationaler Abkommen ist häufig eine Reihe von Regelungen zu treffen. Dabei besteht die Notwendigkeit, innerstaatliches Recht zu setzen oder bereits bestehendes Recht, sei es nun die Folge autonomer innerstaatlicher Rechtsetzung oder völkerrechtlicher Verträge, zu ändern oder aufzuheben. In der Staatspraxis hat es sich daher als praktisch notwendig erwiesen, das Parlament von der Fülle der insofern anstehenden Aufgaben zu entlasten und der Exekutive bei der Ausübung der auswärtigen Gewalt einen ausreichenden Handlungsspielraum einzuräumen. Diesem praktischen Bedürfnis wird Rechnung getragen, indem es als zulässig angesehen wird, wenn die Exekutive ohne weitere Beteiligung des Parlaments völkerrechtliche Verträge schließt und auf
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§ 1 Einleitung
Grund einer bestehenden Rechtsverordnungsermächtigung innerstaatlich in Geltung setzt. Häufig wird auch eine Rechtsverordnungsermächtigung durch die Legislative gerade zu dem Zweck ausgesprochen, künftige völkerrechtliche Verträge in Kraft zu setzen. Ebenfalls enthalten völkerrechtliche Verträge selbst oder die dazu ergangenen Vertragsgesetze im Sinne von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG Ermächtigungen, um Änderungen von oder Ergänzungen zu internationalen Vereinbarungen durch Rechtsverordnung zu ermöglichen. Im Schrifttum besteht jedoch keine Einigkeit darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang diese Praxis mit Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG vereinbar ist. Umstritten ist in diesem Zusammenhang auch, ob durch die o. g. Praxis die Legislative ihre Zustimmung vorab erteilt, ob sie ihr Zustimmungsrecht auf die Exekutive delegiert oder ob in diesen Fällen das Zustimmungserfordernis i.S. v. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG entfällt; denn ein besonderes Vertragsgesetz ergeht in diesen Fällen nicht. Die bestehenden Unsicherheiten und Zweifel geben Anlaß, die Gesamtproblematik erneut zu überdenken und dabei ein Ergebnis anzustreben, das sowohl mit dem durch das Grundgesetz vorgegebenen Rahmen zu vereinbaren ist als auch der Praxis den notwendigen Handlungsspielraum einräumt, der den Erfordernissen des völkerrechtlichen Verkehrs entspricht. Diesen praktischen und rechtlichen Anforderungen könnte eine in bestimmtem Rahmen zulässige antizipierte Zustimmung verbunden mit einer Rechtsverordnungsermächtigung zur Transformation der Vertragsinhalte gerecht werden. D·ie nachfolgenden Erörterungen werden die Frage beantworten, ob dem Bedürfnis der Praxis nach einem vereinfachten Vertragsschlußverfahren durch Antizipation, Delegation der Zustimmung oder durch Erteilung einer Rechtsverordnungsermächtigung unter gleichzeitigem Wegfall des Zustimmungserfordernisses entsprochen werden kann. Im Mittelpunkt wird dabei die Konkretisierung des rechtlichen Rahmens stehen, den das Grundgesetz durch den Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG vorgegeben hat. Erst wenn Bedeutung, Inhalt und Zweck dieser Norm bestimmt sind, ist der notwendige Maßstab geschaffen, der die Beantwortung der Ausgangsfrage sowie die rechtliche Einordnung und Beurteilung der Staatspraxis ermöglicht. Zuvor sollen in einer Betrachtung der Staatspraxis die verschiedenen Fallkonstellationen sowie Bedeutung, Umfang und Bedürfnis eines "abgekürzten" Verfahrens für die Praxis dargestellt werden. Dem schließt sich ein Überblick über den Meinungsstand im Schrifttum an.
I. Änderungsgesetz zum Tiefseebergbaugesetz
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§ 2 Beispiele von Rechtsverordnungsermächtigungen, die der Exekutive zur Ingeltungsetzung oder Ausführung normativer völkerrechtlicher Verträge dienen
Der folgende Abschnitt gibt einen Einblick in die gängige Praxis l , in der die Exekutive zur Inkraftsetzung völkerrechtlicher Abkommen mittels Rechtsverordnung ermächtigt wird. Im sachlichen Rahmen dieser Ermächtigung steht dann der Exekutive neben dem Recht, völkerrechtliche Verträge abzuschließen, die Kompetenz für ihre innerstaatliche Ingeltungsetzung oder Vertragsausführung zu. Der Fall des Tiefseebergbaugesetzes vermag deutlich zu zeigen, daß dieses Verfahren nicht nur bei Abkommen mit eher unbedeutendem Regelungsgegenstand Anwendung findet. Gerade seine wirtschaftliche Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland vermochte die Aufmerksamkeit der am Verfahren Beteiligten auf die verfassungsrechtliche Problematik dieses Verfahrens zu lenken. Bei der sich anschließenden Darstellung weiterer Beispielsfälle werden zwei Gruppen unterschieden: 1. In der ersten Gruppe handelt es sich um Rechtsverordnungsermächtigungen, die nicht im Hinblick auf die Transformation oder Ausführung völkerrechtlicher Verträge erteilt worden sind, sondern zum Zwecke autonomer innerstaatlicher Rechtsetzung. 2. Die zweite Gruppe besteht dagegen aus solchen Verordnungsermächtigungen, die ausdrücklich auch oder ausschließlich auf die innerstaatliche Ingeltungsetzung völkerrechtlicher Verträge gerichtet sind. Diese können zur Unterscheidung als auslandsbezogen bezeichnet werden. Dabei werden inhaltlich näher konkretisierte Verordnungsermächtigungen und solche unterschieden, die lediglich die Art der Verträge, also z. B. Handelsabkommen, nennen. I. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Tiefseebergbaues1
Durch dieses Gesetz wurde § 14 Tiefseebergbaugesetz3 um den folgenden Absatz 3 ergänzt: ,,(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung völkerrechtliche Vereinbarungen in Kraft zu setzen, die die Voraussetzungen für die Erteilung von Berechtigungen im Verhältnis zu anderen Staaten regeln, soweit es zur Anerken1 2
3
Treviranus, NJW 1983, S. 1949. vom 12.2. 1982, BGBI. 1982 I, S. 136. vom 16.8.1980, BGBI. 1980 I, S. 1457.
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§ 2 RVO-Ennächtigungen zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge
nung der Gegenseitigkeit erforderlich ist; die Vereinbarungen können insbesondere schiedsgerichtliche Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten vorsehen, die beim Zusammentreffen mehrerer Anträge auf Erteilung von Berechtigungen entstehen, und bestimmen, daß Berechtigungen nicht vor 'einem international vereinbarten Zeitpunkt erteilt werden, "
Gegen die Erteilung dieser Rechtsverordnungsermächtigung wurden erhebliche Bedenken geltend gemacht, weil sie zur Transformation völkerrechtlicher Verträge ermächtigt, ohne das Parlament gemäß Art. 59 Abs. 2 S, 1 GG am Vertragsschlußverfahren zu beteiligen. Die Mehrheit der Abgeordneten sah jedoch die Möglichkeit, völkerrechtliche Vereinbarungen durch Rechtsverordnung in Kraft zu setzen, als "verfassungsrechtlich unbestritten" an4 . Der mit der Beurteilung der verfassungsrechtlichen Seite befaßte Rechtsausschuß faßte in seiner Sitzung am 20. Januar 19825 den Beschluß, gegen den oben genannten Gesetzentwurf "keine durchgreifenden verfassungspolitischen und verfassungsrechtlichen Bedenken zu erheben". Das eingeschlagene Verfahren wollte der Rechtsausschuß jedoch "auf die unabweislichen Ausnahmefälle beschränkt wissen", womit er zweifelsohne ein gewisses Unbehagen zum Ausdruck brachte. Der Umstand, daß trotz dieser Bedenken die o. g. Rechtsverordnungsermächtigung erteilt wurde, hatte folgenden Hintergrund: Die Bundesrepublik Deutschland als rohstoffarmes Land verbraucht jährlich etwa zehn Prozent der in der Welt erzeugten metallischen Rohstoffe. Diesen Bedarf deckt sie beinahe vollständig aus Importen6 • Dadurch ist die Abhängigkeit vom Ausland groß. Auf dem Tiefseeboden, dessen Gebiet etwa 60 Prozent der Weltmeeresflächen umfaßt, lagern ungeheure Rohstoffvorräte. Gegenstand des Interesses sind insbesondere die metallischen Rohstoffe Mangan, Nickel, Kobalt und Kupfer, die sich vorwiegend auf dem Boden des Pazifischen Ozeans als knollenförmige Ablagerungen befinden? Wie groß diese Vorkommen sind, ist bis heute nicht genau übersehbar, doch betragen sie ein Vielfaches der terrestrischen Vorräte8 • 4 - Protokoll über die 26. und 27. Sitzung des Rechtsausschusses am 13. und 20.1.1982; - Protokoll über die 25. und 26. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft am 9. und 11. 12. 1981; - Protokoll über die 23. und 24. Sitzung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit am 9. und 11. 12. 1981; - Protokoll über die 24. und 25. Sitzung des Auswärtigen Ausschusses am 9. und 11.12.1981. 5 Beschlußprotokoll der 27. Sitzung des Rechtsausschusses am 20.1.1982. 6 Waldner, Grenzen des Wachstums, S. 13; Schoser, UN-Seerechtskonferenz, S. 21. 7 Halbach / Fellerer, Geo Journal 1980, S. 408. 8 Studier, Wandel seerechtlicher Konzeptionen, S. 89; Halbach / Fellerer, Geo Journal 1980, S. 417.
I. Änderungsgesetz zum Tiefseebergbaugesetz
13
Mittlerweile ist die Förderung dieser sogenannten Manganknollen aus Tiefen bis zu 6000 m technisch möglich9 . Doch die politischen Risiken für abbauwillige Unternehmen sind außerordentlich groß. Nach Berechnungen über die Wirtschaftlichkeit 10 von Manganknollenförderungen bedürfte es in einem 20000 - 40000 qkm großen Abbaugebiet etwa 15jähriger Förderung, bis die immensen Investitionen amortisiert wären. Derartige, andere ausschließende Förderungsrechte müssen aber zum Schutz der Unternehmen völkerrechtlich abgesichert sein. Auch die IH. UN-Seerechtskonferenz hat sich der rechtlichen Gestaltung der Tiefseebodennutzung zugewandt. Ihre langjährigen Beratungen wurden im Dezember 1982 abgeschlossen ll . Die Konvention sieht für die Nutzung des Tiefseebodens die Einrichtung einer Internationalen Meeresbodenbehörde vor, die den Abbau von Rohstoffvorkommen aus der Tiefsee überwacht und steuert, indem sie gegen hohe Gebühren Produktionsgenehmigungen erteilt und die Produktion zum Schutz der rohstofferzeugenden Länder vor einem Preisverfall kontingentieren kann. Die Kontraktoren sind ferner verpflichtet, der Meeresbodenbehörde Informationen über ihre Technologie zu geben, damit die Behörde selbst Meeresbergbau betreiben kann 12 . Gegen diese Regelungen und eine Zeichnung der Konvention durch die Bundesrepublik Deutschland wurden erhebliche Bedenken vorgebracht. Es wurde die Meinung vertreten, daß insbesondere in den Bereichen Meerestechnik und Meeresbergbau die wirtschafts- und ordnungspolitischen Vorstellungen und Interessen der Bundesrepublik nur ungenügend berücksichtigt würden 13 • Die Bundesrepublik Deutschland hat die Konvention nicht gezeichnet; das Kabinett trat einer Zeichnung durch die EG allerdings nicht entgegen 14 • Mit dem die Entwicklungsländer stark begünstigenden dirigistischen Nutzungskonzept bezüglich der Rohstoffvorkommen des Tiefseebodens wollten 9 Feilerer / Neuweiler, Erdöl und Kohle, Erdgas, Petrochemie, 31. Jahrgang (1978), H. 3, S. 119, 124. 10 Wildberg, ZRP 1981, S. 205. 11 Die erste Session der Konferenz begann am 3. 12.1973; die 11. und letzte Session fand vom 8.3. - 30.4.1982 in New York statt, die Abschlußkonferenz vom 6. 10.12.1982 in Montego Bay (Jamaika). Zum Verlauf der Konferenz vgl. ZaöRV Bd. 38, S. 435ff.; VRPr. 1979, ZaöRV Bd. 41, S. 604f.; VRPr. 1980, ZaöRV Bd. 42, S.522ff.; VRPr. 1981, ZaöRV Bd.43, S.351ff.; VRPr. 1982, ZaöRV Bd.44, S. 514ff. 12 Text abgedruckt in: ILM Bd. 21 (1982), S.1261 - 1354; vgl. zum Inhalt Herber, AWD 1984, S. 357ff. \3 Köhler, Seerechtskonferenz, S. 57; Woifrum, Europaarchiv 1983, Bd. 3, S. 83ff.; ders., Das neue Seerecht, S. 25ff.; Genscher ,Die deutschen Bedenken zum neuen Seerecht, in: Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 10.7.1982; Dolzer, Wird auch Bonn der Seerechtskonferenz nicht zustimmen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12.7.1982; BT-Drs. 8/3760, S. 2; 8/4328, S. 2; 9/1771, S. 5f.; 9/2400, S. 18; 10/224, S.1. 14 Vgl. Handelsblatt vom 28.11. 1984; Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28.11.1984.
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§ 2 RVO-Ennächtigungen zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge
sich die USA, Frankreich, Großbritannien und die Bundesrepublik Deutschland nicht abfinden. Vielmehr entschlossen sie sich, noch vor dem Abschluß der III. UN-Seerechtskonferenz eine eigene Regelung der Tiefseebergbauverhältnisse zu schaffen. Dazu erließ der Deutsche Bundestag - ebenso wie die übrigen drei Staaten - ein Gesetz zur vorläufigen Regelung des Tiefseebergbaus ls . Die Notwendigkeit des Gesetzes wurde wie folgt begründet: "Eine für alle akzeptable Regelung des Tiefseebergbaues durch die III. UN-Seerechtskonferenz ist noch nicht absehbar. Um die unkontrollierte Erforschung und Ausbeutung der Schätze des Meeresbodens zu verhindern, den Unternehmen eine rechtliche Grundlage für ihre Tätigkeit zu geben und die Voraussetzungen für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der marinen Technologie auch im Interesse der Entwicklungsländer zu gewährleisten, ist bis zum Inkrafttreten einer Konvention eine vorläufige gesetzliche Regelung des Tiefseebergbaues erforderlich"l6. Den Tiefseebergbauunternehmen der vier beteiligten Staaten wurde darin erlaubt, nach Erteilung einer Berechtigung die wertvollen Rohstoffablagerungen auf dem Meeresboden aufzusuchen. Ihre Förderung sollte allerdings erst ab 1988 gestattet werden können l7 . Es handelt sich insofern um eine vorläufige Regelung, die erst Bedeutung erhält, wenn bis 1988 eine Seerechtskonvention nicht oder ohne Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist. Im Jahr 1981 nahmen die vier Tiefseebergbaunationen (USA, F, UK, D) Verhandlungen über sogenannte Gegenseitigkeitsabkommen zum Schutz ihrer jeweiligen Tiefseebergbauaktivitäten auf1 8 • Diese völkerrechtlichen Vereinbarungen sollten die Voraussetzungen für die Erteilung von Berechtigungen im Verhältnis zu den Staaten regeln, die bereits am Tiefseebergbau beteiligt waren. Ziel dieser Vereinbarungen war, konfliktfreie Genehmigungserteilungen zwischen den beteiligten Ländern zu gewährleisten, etwaige Überschneidungen von Abbaufeldern durch friedliche Regelungen, insbesondere vom 2. 7.1980, BGBL 1980 1,1457. BT-Drs. 8/4359 (3.7.1980), S. 13ff. 17 § 4 Abs. 3 Tiefseebergbaugesetz von 1980. 18 Hinsichtlich der Ausführungen über die Vorgeschichte, die wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Bedeutung, die tatsächlichen politischen Umstände und die daraus resultierenden Beweggründe für das abgekürzte Vertragsschlußverfahren mittels Rechtsverordnung wird auf die Beratungen der zuständigen Bundestagsausschüsse und die dort abgegebenen Stellungnahmen der Regierungsbeamten Bezug genommen: - Protokoll über die 26. und 27. Sitzung des Rechtsausschusses am 13. und 20.1. 1982; - Protokoll über die 25. und 26. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft am 9. und 11. 12. 1981; - Protokoll über die 23. und 24. Sitzung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit am 9. und 11.12.1981; - Protokoll über die 24. und 25. Sitzung des Auswärtigen Ausschusses am 9. und 11. 12. 1981. Vgl. auch Lauff, NJW 1982, S. 2700ff. lS
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I. Änderungsgesetz zum Tiefseebergbaugesetz
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schiedsgerichtliche Verfahren, zu beseitigen, die Antragsvoraussetzungen auf Abbaulizenierteilung in den beteiligten Staaten anzunähern und die in den einzelnen Staaten erteilten Genehmigungen in den anderen Staaten - gegenseitig - anzuerkennen. Diese Verträge hätten gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG der Zustimmung oder Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften in Form eines Bundesgesetzes bedurft, da sie Gegenstände der Bundesgesetzgebung betreffen. Denn nach h.M.19 sind Gegenstände der Bundesgesetzgebung dann berührt, "wenn zur Vollziehung des Vertrages ein Bundesgesetz erforderlich wird, also wenn der Bund durch den Vertrag Verpflichtungen übernimmt, deren Erfüllung allein durch den Erlaß eines Bundesgesetzes möglich ist20". Im vorliegenden Fall hätte die innerstaatliche Erfüllung der beabsichtigten Gegenseitigkeitsabkommen nur durch Gesetz vorgenommen werden können. Die dazu erforderliche Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Art. 74 Nr. 11 GG. Daher hätten diese Verträge der Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG bedurft. Allerdings bestand erheblicher Zeitdruck. Denn die Verträge sollten noch vor der letzten Session der UN-Seerechtskonferenz in Kraft getreten sein, um weitere Proteste anderer Nationen, insbesondere der Entwicklungsländer, zu vermeiden. Damit stand die Bundesrepublik Deutschland vor einem verfassungspolitischen Problem. Es war absehbar, daß der Zeitraum zwischen dem Vertragsschluß durch die Regierungsvertreter und dem beabsichtigten Zeitpunkt des Inkrafttretens für das parlamentarische Zustimmungsverfahren gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG nicht ausreichen würde. Die Partner der Bundesrepublik Deutschland wollten jedoch auf die deutsche Novellierungssituation keine Rücksicht nehmen. Ein Verzicht auf die Teilnahme an diesem Abkommen kam wegen der dann drohenden erheblichen wirtschaftlichen Nachteile nicht in Betracht: - Die Bundesregierung wäre nicht in der Lage gewesen, ihrer Meeresbergbauindustrie den Status als sogenannte Pionierinvestoren zu sichern durch gegenseitige Anerkennung der in Deutschland erteilten Genehmigungen. Denn für diese sollte später in der Konvention eine gewisse Vorzugsstellung möglich sein. - Eine isolierte deutsche Lizenzvergabe wäre politisch gegenüber westlichen Konkurrenzländern und auch in der Seerechtskonferenz nicht durchsetzbar gewesen. - Deutsche Firmen hätten den beim Bundesministerium für Wirtschaft für ihr internationales Konsortium gestellten Antrag auf Abbaugenehmigungen 19
20
Siehe dazu im einzelnen § 3. BVerfGE 1, 372 (389).
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§ 2 RVO-Ermächtigungen zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge
mangels deutschen Rechtsschutzes sofort zurückziehen müssen. Ein internationales Konsortium hätte sich dann ausschließlich unter amerikanischen Rechtsschutz gestellt. - Langfristig hätte eine solche Entwicklung für die Bundesrepublik Deutschland eine Abwanderung einer neuen Spitzentechnologie und negative Folgen für die deutsche Rohstoffversorgung und den Arbeitsmarkt bedeutet. - Ein deutsches Ausscheren aus dem Gegenseitigkeitsverbund hätte ein deutlich negatives Signal auf der Seerechtskonferenz setzen und das Auseinanderbrechen der Gruppe der Spitzentiefseebergbaustaaten signalisieren können. - Bei einem Ausscheiden der deutschen Industrie würde der Tiefseebergbau im wesentlichen allein in den USA betrieben worden sein. Die vom Bundestag in Resolutionen zur Seerechtskonferenz geforderte Wahrung der deutschen Interessen wäre nur noch sehr beschränkt möglich gewesen, das deutsche Tiefseebergbaugesetz wäre fortan ins Leere gelaufen. Da die Bundesregierung und die Parlamentarier diese erheblichen Nachteile für die Bundesrepublik Deutschland nicht in Kauf nehmen wollten, die Vertragspartner andererseits auf das langwierige Novellierungsverfahren keine Rücksicht nehmen wollten, besann man sich des Ausweges einer Rechtsverordnungsermächtigung. Das Bundesverfassungsgericht hatte nämlich in der o. g. Entscheidung zu den deutsch-französischen Wirtschaftsabkommen ausgeführt, daß sich ein Vertrag, zu dessen Ausführung eine Verordnung nötig sei, nur dann auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehe, wenn die Verordnung nicht ohne die Mitwirkung einer gesetzgebenden Körperschaft ergehen könne21 • Daraus wird der Umkehrschluß gezogen22 , daß ein Vertrag Gegenstände der Bundesgesetzgebung dann nicht betrifft und demgemäß nicht zustimmungsbedürftig i. S. v. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG ist, wenn die Exekutive auf Grund einer Rechtsverordnungsermächtigung in der Lage ist, die Verträge selbst zu vollziehen. Durch die Rechtsverordnungsermächtigung in § 14 Abs. 3 des Tiefseebergbaugesetzes23 sollte die Bundesregierung in die Lage versetzt werden, die noch im einzelnen auszuhandelnden Gegenseitigkeitsabkommen unmittelbar nach der Unterzeichnung mittels Rechtsverordnung in innerstaatliches Recht zu transformieren. Dieses Verfahren stieß zwar in den beratenden Ausschüssen auf erhebliche Bedenken. Es wurde die Meinung geäußert, daß so die parlamentarischen Mitwirkungsrechts nach Art. 59 Abs. 2 GG beim Abschluß völkerrechtlicher Verträge nicht beachtet oder umgangen würden24 • Dennoch wurde diese Rechtsverordnungsermächtigung erteilt. 21
22 23
BVerfGE 1, 372 (390). Siehe dazu § 3. § 14 Abs. 3 Tiefseebergbaugesetz, BGBl. I 1982, S. 136.
I. Änderungsgesetz zum Tiefseebergbaugesetz
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Zu einer Verwirklichung des beabsichtigten Gegenseitigkeitsabkommens ist es seinerzeit nicht gekommen. Denn bei den Abschlußverhandlungen zwischen den beteiligten Staaten konnte keine Einigung erzielt werden; schließlich wurden die Verhandlungen ohne Ergebnis beendet. Der Rechtsausschuß des Bundestages hat im September 1982 noch einmal über das eingeschlagene Verfahren im Hinblick auf das Gegenseitigkeitsabkommen beraten. Dabei hat der Rechtsausschuß ausdrücklich festgestellt, daß er dieses Verfahren nicht als Staatspraxis anerkenne25 • Bei diesen Beratungen wurde sogar erwogen, ob nun, da es des "nicht unbedenklichen Weges einer Verordnungsermächtigung" nicht mehr bedürfe, sondern gegebenenfalls "der reguläre Weg der Zustimmung gegangen werden könne", diese Ermächtigung nicht besser wieder zurückgenommen werden sollte26 • Dagegen wurde jedoch eingewandt, daß eine Rücknahme der Ermächtigung aus außenpolitischen Gründen nicht opportun sei. Es wurde befürchtet, daß darin ein negatives Signal nicht nur für die deutsche, sondern auch für die internationale Industrie gesehen werden könnte, was den Willen der Bundesrepublik Deutschland anlange, ein Hort der Meeresbautechnologie zu sein27 • Auch wurde eingeräumt, daß die Erteilung von Verordnungsermächtigungen zur innerstaatlichen Ingeltungsetzung von Vertragsänderungen oder -ergänzungen üblich sei. Am konkreten Fall des Gegenseitigkeitsabkommens kamen allerdings Bedenken auf, denn hier sollte ein neuer Vertrag in Kraft gesetzt werden. Auch bei der Änderung oder Ergänzung eines bestehenden Vertrages im Wege der Verordnungsermächtigung sei es möglich, daß die Einzelheiten der Änderung zum Zeitpunkt der Zustimmung des Gesetzgebers noch nicht erkennbar seien28 • Wegen dieser Bedenken kam der Rechtsausschuß des Bundestages überein, dieses Thema zu gegebener Zeit einmal generell zu untersuchen, und zwar im Hinblick sowohl auf Vertragsänderungen und -ergänzungen, als auch auf Neuabschlüsse von Verträgen unter Berücksichtigung der Elemente von Antizipation und Delegation der Zustimmungskompetenz29 • 24 Vgl.: - Protokoll über die 26. und 27. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 13. und 20. Januar 1982. - Protokoll über die 25. und 26. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft des Deutschen Bundestages am 9. und 11. Dezember 1981. - Protokoll über die 23. und 24. Sitzung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit des Deutschen Bundestages am 9. und 11. Dezember 1981. - Protokoll über die 24. und 25. Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages am 9. und 11. Dezember 1981. 25 Stenographisches Protokoll über die 39. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 8.9.1982, S. 14. 26 Ebd., S. 10. 27 Ebd., S. 10,11. 28 Ebd., S. 12,13.
2 Dregger
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§ 2 RVO-Ennächtigungen zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge
Der Ausgangsfall des Tiefseebergbaugesetzes zeigt deutlich, daß es in der Praxis Fälle gibt, deren äußere Umstände und Interessenlage ein Verfahren verlangen, das die Bundesregierung in die Lage versetzt, ohne nachträgliche parlamentarische Beteiligung völkerrechtliche Übereinkünfte mit außenstaatlicher Bindungswirkung zu vereinbaren und innerstaatlich in Geltung zu setzen. Mittlerweile ist auf Grund der in § 14 Abs. 3 Tiefseeberbaugesetz enthaltenen Rechtsverordnungsermächtigung eine "Vorläufige Absprache über Fragen des Tiefseebergbaues" und ein "Memorandum" über ihre Durchführung abgeschlossen und in Geltung gesetzt worden30 • Darin treffen die vertragschließenden Parteien Bundesrepublik Deutschland, Königreich Belgien, Französische Republik, Italienische Republik, Japan, Königreich der Niederlande, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika Vereinbarungen unter anderem über die Erteilung von Berechtigungen, Unternehmungen auf dem Tiefseeboden zu betreiben, über die Verpflichtung, vor dem 1. 1. 1988 die Gewinnung festmineralischer Rohstoffe des Tiefseebodens weder zu genehmigen noch selbst zu betreiben, über Konsultationspflichten, über die Harmonisierung innerstaatlicher Vorschriften, über Antragsvoraussetzungen und Antragsanforderungen an Betriebe sowie über die Beilegung von Streitigkeiten. Dadurch sollen ergänzend zum Erlaß der nationalen Tiefseebergbaugesetze die nationalen Schritte in Richtung auf ein vorläufiges Tiefseebergbauregime der Industriestaaten koordiniert werden. Diese Vereinbarung ist als Regierungsabkommen abgeschlossen worden, d. h. sie erlangte mit der Unterzeichnung durch die Bundesregierung völkerrechtliche Wirksamkeit. Der Bundespräsident war somit nicht mit der Abgabe einer Ratifikationserklärung beteiligt. Das entspricht der Staatspraxis, nach der grundSätzlich nur diejenigen Verträge durch den Bundespräsidenten ratifiziert werden, die der Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG bedürfen3l • D. Weitere Beispiele von Rechtsverordnungsermächtigungen, die der Exekutive zur Ingeltungsetzung normativer völkerrechtlicher Verträge dienen
1. Anwendung von allgemeinen Rechtsverordnungsermächtigungen
In diesen Fällen wird eine allgemeine, d. h. nicht zur Transformation völkerrechtlicher Verträge erlassene Verordnungsermächtigung benutzt. Zum Zeitpunkt ihrer Erteilung hat das Parlament nicht an die Möglichkeit einer TransEbd., S. 14. BGBI. 11, 1984, S. 747ff. 31 Vgl. zur Praxis Regehr, Völkerrechtliche Vertragspraxis, S. 111ff.; Härle, JIR 12 (1965), S. 121 ff. 29
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11. Weitere Beispiele
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formation oder Ausführung normativer völkerrechtlicher Verträge durch eine auf diesen Ermächtigungen beruhende Verordnung gedacht. a) § 106 des Zollgesetzes vom 20. März 193932 ermächtigt die Regierung ganz allgemein, "Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Reichsgrenze oder die Zollgrenzen zu erlassen". Am 10. Februar 1950 schloß die Bundesregierung mit der Regierung der Französischen Republik in Paris ein Handels- und ein Zahlungsabkommen. Diese wurden als "DeutschFranzösische Wirtschaftsabkommen" im Bundesanzeiger veröffentlicht33 • In einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht34 wurde von der Antragstellerin u. a. beantragt festzustellen, daß das Recht des Bundestages aus Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG dadurch verletzt worden sei, daß das Wirtschaftsabkommen nicht dem Bundestag zur Zustimmung i. S. v. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG vorgelegt worden sei. In seinen Entscheidungsgründen stellt das Bundesverfassungsgericht fest, daß der Vertrag weder ein politischer Vertrag sei noch sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehe. Letzteres folge aus dem Umstand, daß zur Vollziehung des Vertrages ein Vollzugsakt unter Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften, also ein Bundesgesetz, nicht erforderlich seP5. Denn auf Grund der Verordnungsermächtigung in § 106 des Zollgesetzes könnten die Wirtschaftsabkommen vollzogen werden, ohne daß es eines Erlasses von Rechtsvorschriften unter Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften bedurft hätte 36 • b) Auf Grund der Rechtsverordnungsermächtigung in § 70 Personenstandsgesetz vom 3. 11. 193737 wurde die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland uI1d der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die erleichterte Beschaffung von Ehefähigkeitszeugnissen sowie über den Austausch von Personenstandsurkunden vom 28. 7.195338 in Geltung gesetzt. Die Vereinbarung ist inzwischen durch einen Staatsvertrag ersetzt39 . c) Die in § 3 Abs. 1 des Paßgesetzes 40 enthaltene Rechtsverordnungsermächtigung diente dazu, das Europäische Übereinkommen über die Aufhebung des Sichtvermerkzwanges für Flüchtlinge vom 7.8.1961 41 in Geltung zu setzen.
32 33
34 35 36 37
38 39 40 41
2·
RGBl. 1939, I, S. 529. Bundesanzeiger vom 14.2. 1950, Nr. 31. BVerfGE 1, 372ff. vom 29. 7.1952. BVerfGE 1, 372 (388, 389). BVerfGE 1,-372 (393). RGBl. 1937, I, S. 1152. BGBl. 1953,11, S. 519. BGBl. 1960, 11, S. 453. BGBl. 1952, I, S. 290f. BGBl. 1961,11, S. 1097.
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§ 2 RVO-Ennächtigungen zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge
d) Auf Grund der in § 14 des Postverwaltungsgesetzes42 enthaltenen Rechtsverordnungsermächtigung wurden mehrere Abkommen über die Einführung von Inlandsgebühren im Postverkehr unter den benachbarten Grenzbezirken abgeschlossen und durch Rechtsverordnung innerstaatlich in Geltung gesetzt, so z. B. mit Belgien43 und mit Dänemark44 • e) Auf Grund des § 9 Abs. 1 Nr. 2,4 und 5 und Abs. 2 S. 1 Nr. 1 des Seeschiffahrtsaufgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juni 197745 erging die Verordnung über die Inkraftsetzung des Protokolls von 1978 zu den internationalen Übereinkpmmen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See vom 26. März 198046 • 2. Anwendung von auslandsbezogenen Rechtsverordnungsermächtigungen Diese Rechtsverordnungermächtigungen wurden gerade zu dem Zweck erteilt, die innerstaatliche Ingeltungsetzung noch abzuschließender normativer völkerrechtlicher Verträge mittels Rechtsverordnung vorzunehmen. a) Verordnungsermächtigungen, die inhaltlich näher konkretisiert sind aa) Art. 3 Abs. 1 i. V.m. Abs. 2 des Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. 11. 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen vom 22. 6. 195447 , neu gefaßt durch das Gesetz vom 28.2.196448 , enthält eine Ermächtigung an die Bundesregierung, mit zwischenstaatlichen Organisationen Vereinbarungen abzuschließen und innerstaatlich durchzusetzen, die diplomatische Vorrechte oder sonstige Befreiungen gewähren. Auf Grund dieser Ermächtigung wurden durch Rechtsverordnung die Vereinbarung zwischen der Nordatlantikvertragsorganisation und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an international Bedienstete der Nordatlantikvertragsorganisation49 , die Vereinbarung über die Vorrechte und Befreiungen der Internationalen Atomenergie-Organisation50 , das Übereinkommen über BGBI. 1953, I, S. 676. BAnz. 1957 Nr. 150 und Nr. 70 (ausführende Rechtsverordnung). 44 BAnz. 1955, Nr. 47. 45 BGBI. 1977, I, S.1314, inzw. geändert durch Gesetz vom 10.5.1978 (BGBI. 1978, I, S. 613) und vom 28.4. 1980 (BGBI. 1980, 11, S. 606). 46 BGBI. 1980,11, S. 525. 47 BGBI. 1954,11, S. 639. 48 BGBI. 1964,11, S. 187. 49 BGBI. 1962, 11, S. 113. 42
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11. Weitere Beispiele
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den Status der Westeuropäischen Union, der nationalen Vertreter und des internationalen Personals51 , das Protokoll über Vorrechte, Befreiungen und Immunitäten der internationalen Fenmeldesatellitenorganisation INTELSAT vom 19.5.197852 sowie die Vereinbarung über Vorrechte und Befreiungen der Naturkautschukorganisation53 in Kraft gesetzt. bb) Nach Artikel 2 des Gesetzes zu dem Abkommen vom 30.5.1958 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die Zusammenlegung der Grenzabfertigung und über die Errichtung von Gemeinschafts- oder Betriebsbahnhöfen an der deutsch-niederländischen Grenze vom 25.8.196054 können von den zuständigen Bundesministern die zur Durchführung von noch abzuschließenden Vereinbarungen nach Art. 1 Abs. 4 notwendigen Rechtsverordnungen erlassen werden. Ursprünglich war die Festlegung der gemeinsamen Grenzabfertigungsstellen und ihrer Amtsbereiche sowie die Bestimmung der Strecken, auf denen die gemeinschaftliche Grenzabfertigung in den Zügen oder auf den Schiffen erfolgt, den zuständigen Ressortministern in gegenseitiger Vereinbarung überlassen55 • Bei der Beratung wandte aber der Bundesrat ein, daß die Festlegung der Gebietszonen den Amtsbereich der fremden Staatsorgane begrenze und daher Rechte und Pflichten der an der Grenze abzufertigenden Personen bestimme. Die Festlegung derartiger Gebietszonen berühre daher Gegenstände der Bundesgesetzgebung, so daß eine Rechtsverordnungsermächtigung zur innerstaatlichen Ingeltungsetzung nötig sei56 . Daraufhin wurde in das Vertragsgesetz der Art. 2 aufgenommen. Inzwischen wurden einige gemeinsame Grenzabfertigungsstellen und deren Amtsbereiche vereinbart und die entsprechenden Rechtsverordnungen erlassen57 • Die Rechtsverordnungsermächtigung wurde gleichzeitig auf die bereits bestehenden Vereinbarungen erweitert. Das gleiche Rechtsverordnungsrecht enthält das Vertragsgesetz zum gleichartigen Vertrag mit Frankreich58 • cc) Art. 2 des Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 13.12.1957 über Straßenmarkierungen59 ermächtigt den BundesverkehrsminiBOBl. 1960, 11, S. 1993. BOBl. 1959,11, S. 704. 52 BOBl. 1980,11, S. 705. 53 BOBl. 1981,11, S. 461; vgl. dazu jetzt auch Art. 3 und Art. 4 des Oesetzes zu dem Übereinkommen vom 13. Februar 1946 über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen vom 16. August 1980, BOBl. 1980, 11, S. 94l. 54 BOBl. 1960, 11, S. 218l. 55 Art. 1 Abs. 4, BOBl. 1960, 11, S. 2183. 56 BR-Drs. 287/1/59. 57 BOBl. 1961,11, S. 77, S. 543, S. 1591, S. 1633. 58 BOBl. 1960, 11, S. 1533 (Art. 2). 59 BOBl. 1962, 11, S. 841 ff. 50
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§ 2 RVO-Ennächtigungen zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge
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ster, durch Rechtsverordnung noch abzuschließende Änderungs- und Ergänzungsabkommen in Kraft zu setzen. dd) Art. 2 des Gesetzes vom 6.8. 196460 zu dem Wiener Übereinkommen vom 18.4. 1961 über diplomatische Beziehungen ermächtigt die Bundesregierung, zur Durchführung des Art. 47 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18.4. 1961 durch Rechtsverordnung besondere diplomatische Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe der Gegenseitigkeit zu gewähren oder diese einschränkend anzuwenden. ee) Die Gesetzesnovelle zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Tiefseebergbaus enthält selber eine weitere Ermächtigung. Nach Art. 1 Nr. 1 der Novelle wird "die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung völkerrechtliche Vereinbarungen in Kraft zu setzen, durch die vor dem Inkrafttreten eines internationalen Übereinkommens über den Tiefseebergbau vorgenommene Investitionen eines Gebietsansässigen geschützt werden"61.
Durch diese Änderung sollte der Bundesregierung ermöglicht werden, sich im Rahmen der noch andauernden dritten UN-Seerechtskonferenz an internationalen Regelungen zu beteiligen, die solchen Antragstellern, die bisher schon die Aufsuchung betrieben und dafür hohe Investitionskosten aufgewendet haben, einen Bestandsschutz einräumen. Auch hier handelt es sich um eine Materie, die die Voraussetzungen des Art. 59 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG erfüllt. Durch die Rechtsverordnungsermächtigung soll eine Mitwirkung des Parlamentes jedoch überflüssig sein. ff) Auf Grund von § 3 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter vom 6. August 197562 , der zum Erlaß von Rechtsverordnungen zur Durchführung oder Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften und zur Erfüllung von Verpflichtungen aus zwischenstaatlichen Vereinbrungen ermächtigt, in Verbindung mit § 9 Art. 1 S. 1 Nr. 2, 4, 5 und 6 und Abs. 4 des Seeschiffahrtsaufgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juni 197763 erging die Verordnung über die Inkraftsetzung des internationalen Übereinkommens von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See vom 11. Januar 197964 •
gg) Eine nach außen gerichtete Ermächtigung zur Erfüllung künftiger zwischenstaatlicher Vereinbarungen oder zur Erfüllung bindender Beschlüsse der BGBL 1964,11, S. 957. 61 BGBL 1982, I, S. 136. 62 BGBL 1975, I, S. 2121. 63 BGBL 1977, I, S. 1314, inzwischen geändert durch Gesetze vom 10. 5. 1978 (BGBL 1978, I, S. 613) und vom 28. 4. 1980 (BGB1. 1980, 11, S. 606). 64 BGBL 1979, 11, S. 141. 60
11. Weitere Beispiele
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Europäischen Gemeinschaften enthält auch § 6 Abs. 5 des Bundeswaffengesetzes in der Fassung vom 10. März 197665 . hh) Außenwirtschaftsgesetz66 : Nach § 2 können durch Rechtsverordnungen Beschränkungen des Waren-, Dienstleistungs-, Kapital-, Zahlungs- und sonstigen Wirtschaftsverkehrs mit fremden Wirtschaftsgebieten angeordnet werden. Nach § 5 können Rechtsgeschäfte und Handlungen im Außenwirtschaftsverkehr beschränkt werden, um die Erfüllung von zwischenstaatlichen Vereinbarungen zu ermöglichen, denen die gesetzgebenden Körperschaften in Form eines Bundesgesetzes zugestimmt haben. Bei der Beratung wurde anerkannt, daß die Bundesregierung auch berechtigt ist, die Verpflichtungen auszuführen, die sich aus Staatsverträgen und den Beschlüssen oder den Ermächtigungen der geschäftlichen Vertragsorgane ergeben, oder neue Verpflichtungen zu begründen und in Geltung zu setzen, wenn die jeweils dazu erforderlichen normativen Regelungen die Begrenzungen des Rechtsverordnungsrechtes nicht überschreiten und deshalb eine gesetzliche Regel nicht erfordern67 • ii) Auch § 103 Abs. 3 Güterkraftverkehrsgesetz vom 17. 10. 195268 enthält eine nach außen gerichtete Rechtsverordnungsermächtigung. Danach kann der Bundesminister für Verkehr zur Ordnung des grenzüberschreitenden Güterverkehrs und des Durchgangsverkehrs und zur Durchführung internationaler Abkommen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften erlassen. kk) Nach § 1 Abs. 2 S. 2 Kindergeldgesetz vom 14.4.196469 darf die Bundesregierung durch Rechtsverordnung bestimmen, daß Kindergeld auch Personen zu gewähren ist oder gewährt werden kann, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, aber in diesem Gebiet erwerbstätig sind, wenn die Lage des Arbeitsmarktes oder zwischenstaatliche Vereinbarungen es erfordern. 1I) Das Vertragsgesetz zum Internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Verschrnutzung durch Öpo enthält in Art. 3 eine Rechtsverordnungsermächtigung, zur Durchführung des Übereinkommens sowie bei Änderungen nach Art. 16 oder Anhang A Nr. 3 des Übereinkommens Rechtsverordnungen zu erlassen. Der Bundesminister für Verkehr kann danach vorgeschlaBGBL 1976, I, S. 433. BGBL 1961, I, S. 481. 67 BT-Drs. 111/1285 S. 237 zu § 5; S. 270 zu § 26 des Entwurfs und S. 278 bei Ziff. 17 Nr. 2. 68 BGBL 1952, I, S. 697 (711). (:I} BGBL 1964, I, S. 265. 70 BGBL 1956, 11, S. 379. 65
66
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§ 2 RVO-Ennächtigungen zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge
gene Änderungen annehmen und diese durch Rechtsverordnung innerstaatlich in Geltung setzen. Das Übereinkommen wurde inzwischen geändert. Dazu erging ein Vertragsgesetz71 • Die Rechtsverordnungsermächtigung an den Bundesminister für Verkehr ist jedoch erhalten geblieben (Art. 3). Er kann ergänzende Ausführungsregelungen erlassen und im Verfahren nach Art. 16 vorgeschlagene Änderungen zum Übereinkommen annehmen und in Geltung setzen. Durch das Internationale Übereinkommen vom 2.11.1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe und das Protokoll zu diesem Übereinkommen wurde das Ölverschmutzungsabkommen teilweise ersetzt und verschärft72 • mm) Nach § 2 des Gesetzes über die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an dem Internationalen Übereinkommen vom 25.10.1952 über den Eisenbahnverkehr vom 15.2.195673 kann der Bundesminister für Verkehr die durch die Revisionsausschüsse beschlossenen Änderungen oder Ergänzungen annehmen und durch Rechtsverordnung in Geltung setzen. Zur Änderung der Anlage I, die die Vorschriften über die von der Beförderung ausgeschlossenen oder nur bedingt zugelassenen Stoffe und Gegenstände enthält, erging die Rechtsverordnung vom 4.12.195874 , und zur Änderung der bei den Übereinkommen und einiger Anlagen ergingen die Rechtsverordnungen vom 4.6.196075 ,4.10.196176 und vom 15.5.196277 • nn) Art. 12 Abs. 10 des Ergänzungsgesetzes78 zum Vertragsgesetz zur Konvention der Internationalen Überfischungskonferenz79 ermächtigt den Bundeslandwirtschaftsminister, Empfehlungen des Ausschusses, die nach Annahme durch die Regierungen aller Vertragsstaaten in Geltung getreten sind (Art. 12 Abs. 1 und 10), mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland durch Rechtsverordnung in Kraft zu setzen. 00) In dem Seefischereivertragsgesetz 1971 vom 25. August 1971 80 ist in Art. 2 Abs. 1 eine ausdrückliche Ermächtigung für den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vorgesehen, durch Rechtsverordnung bestimmte Vorschläge internationaler Kommissionen innerstaatlich durchzusetzen, soweit dies zur Erreichung der Ziele der Übereinkommen erforderlich
BGB!. BGB!. 13 BGB!. 74 BGB!. 75 BGB!. 76 BGB!. n BGB!. 78 BGB!. 79 BGB!. 80 BGB!. 71
72
1964, 11, S. 762. 1982, 11, S. 2. 1956, 11, S. 33. 1958, 11, S. 360. 1960,11, S.1749. 1961,11, S. 1623. 1962, 11, S. 205. 1955,11, S. 697. 1954,11, S. 469. 1971,11, S.1057.
11. Weitere Beispiele
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ist. Die in diesem Rahmen möglichen Regelungen sind in Art. 2 Abs. 2 aufgeführt. Eine ähnliche Ermächtigung ist auch in Art. 3 enthalten. Eine Ergänzung dieser Ermächtigung in sachlicher Hinsicht ist durch das Seefischereivertragsgesetz 1976 vom 10. September 1976 erfolgt81 • pp) Der Vertrag mit Österreich über Zollerleichterungen im kleinen Grenzverkehr und im Grenzdurchgangsverkehr82 weist in Art. 1 Abs. 2 und 16 Abs. 2 den Finanzminister die einvernehmliche Änderung der Anlage I über die festgelegten Grenzzonengemeinden und der Anlage 11 über die festgelegten Grenzdurchgangsstrecken zu. Im Art. 2 des Vertragsgesetzes wurde dem Bundesminister der Finanzen ein entsprechendes Rechtsverordnungsrecht zugesprochen, um diese Änderungen innerstaatlich in Geltung zu setzen. Diese Ermächtigung gilt auch für die Änderung der Anlage I zum deutsch-schweizerischen Abkommen vom 5.2. 1958 über den Grenz- und Durchgangsverkehr83 • Die bis hier aufgezählten Beispiele mögen hinreichen, um deutlich zu machen, wie häufig und vielfältig die Fälle sind, in denen normative völkerrechtliche Verträge mittels Rechtsverordnung in Geltung gesetzt werden. Die dabei zu Grunde liegenden Rechtsverordnungsermächtigungen sind entweder in den Vertragsgesetzen i. S. d. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG oder autonomen Bundesgesetzen enthalten und richten sich ausschließlich auf erst noch abzuschließende völkerrechtliche Verträge. Legt man die Definition des Begriffs "Gegenstände der Bundesgesetzgebung" durch die h. M.84 zu Grunde, verlieren die im sachlichen Rahmen der Verordnungsermächtigung geschlossenen Verträge ihre Qualität als zustimmungsbedürftig i. S. v. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG, weil zur Ausführung oder Ingeltungsetzung der Abkommen ein Rechtsetzungsakt der gesetzgebenden Körperschaften nicht mehr erforderlich ist. b) Verordnungsermächtigungen, die bestimmte Arten von völkerrechtlichen Verträgen nennen Bei dieser Vertragsgruppe ist an Rechtsverordnungsermächtigungen zu denken, die die Bundesregierung generell zur Inkraftsetzung bestimmter Arten von künftigen völkerrechtlichen Verträgen, also z. B. Handelsabkommen, berechtigen, ohne eine nähere inhaltliche Konkretisierung vorzunehmen. Die Bundesregierung hat in der ersten Legislaturperiode einen Gesetzentwurf vorgelegt85 , der eine Verordnungsermächtigung beinhaltete, die die Bun81 82 83 84
BGBJ. 1976, 11, S. 1542. BGBJ. 1963,11, S. 1279. BGBJ. 1960, 11, S. 2161. VgJ. § 2 I, § 3 I.
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§ 2 RVO-Ennächtigungen zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge
desregierung zur vorläufigen Durchführung eines wirtschaftlichen Vertrags mit einem ausländischen Staat zum Erlaß von Vorschriften z. B. über das Aufenthaltsrecht, die Betätigung in Handel und Gewerbe, das Niederlassungsrecht, Zolltariffragen oder die Legalisierung von Urkunden des Warenverkehrs86 ermächtigte. Die Geltungsdauer dieser Rechtsverordnungen sollte auf längstens sechs Monate befristet sein und spätestens 29 Tage nach einer Versagung der nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG erforderlichen Zustimmung außer Kraft treten81 • Begründet wurde diese Initiative in erster Linie damit, daß die wegen des Zustimmungsverfahrens lang dauernde Phase zwischen Paraphierung und Inkraftsetzung des Vertrages schon zu erheblichen Schwierigkeiten mit den Vertrags partnern geführt habe88 • Mit diesem Gesetzentwurf wollte die Bundesregierung dem Urteil des BVerfG zu den Deutsch-Französischen Wirtschaftsabkommen89 entsprechen. In dieser Entscheidung hat sich das BVerfG zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Rechtsverordnungsermächtigung geäußert, die der Ingeltungsetzung bestimmter Arten völkerrechtlicher Verträge dienen soll. In diesem Verfahren hatten der Rechtsausschuß des Bundestages und die Antragstellerin, die SPD-Fraktion des Deutschen Bundestages, empfohlen, das Parlament solle gemäß Art. 80 GG der Bundesregierung eine beschränkte Ermächtigung zur Inkraftsetzung von Handelsabkommen durch Rechtsverordnung erteilen. Dadurch sollte einer untragbaren Arbeitsüberlastung des Bundestages und einer Verzögerung der Vertragsabschlüsse vorgebeugt werden, die darin bestehen würde, daß sich der Bundestag mit jedem der zahlreichen oft kurzfristigen Handelsabkommen befassen müßte. Diesen Lösungsversuch wies das Bundesverfassungsgericht jedoch zurück90 • Die Zustimmung oder die Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften gemäß Art. 59 Abs. 2 GG sei nach Wesen und Inhalt ein Regierungsakt in der Form eines Bundesgesetzes, der nur unmittelbar durch förmliches Gesetz und nicht durch eine Rechtsverordnung vorgenommen werden könne. Die Zustimmung oder Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes sei ein zwingender und nicht verzichtbarer Sondervorbehalt der Legislative. Diese dem Bundestag vorbehaltene Kompetenz könne nur im Wege der Verfassungsänderung auf die Bundesregierung übertragen werden. Nach Art. 80 GG könne die Bundesregierung nur ermächtigt werden, in der Form von Rechtsverordnungen Recht zu setzen, nicht aber 85 BT-Drs. 114289; Entwurf eines Gesetzes zur vorläufigen Durchführung von wirtschaftlichen Verträgen mit ausländischen Staaten. 86 Ebd., § 1. 87 Ebd., § 2. 88 BT-Drs. 114289, S. 3, amtliche Begründung S. 3. 89 BVerfGE v. 29.7.1952; BVerfGE 1, 372ff. 90 BVerfGE 1, 372 (395).
I. Der Wegfall des Zustirnmungserfordemisses
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Regierungsakte vorzunehmen, für die das Grundgesetz Gesetzesform vorschreibe91 • In der Begründung zu dem o.g. Gesetzentwurf bringt die Bundesregierung unter Bezugnahme auf dieses Urteil zum Ausdruck, daß sie auch der Ansicht sei, daß die Zustimmung nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG ein Regierungsakt sei und nicht durch eine Rechtsverordnung ersetzt werden könne. Neben der Funktion eines Regierungsaktes habe das Vertragsgesetz jedoch noch die Aufgabe, die Vertragsbestimmungen endgültig in deutsches Recht umzuwandeln. Der Entwurf wolle die frühere Durchführung eines Vertrages dadurch ermöglichen, daß er den Erlaß solcher Normen als vorläufig und kurz befristete im Wege einer Rechtsverordnung vorsehe. Dadurch werde weder das erforderliche Vertragsgesetz überflüssig noch greife der Entwurf der Zustimmung oder Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften in anderer Weise vor. Die völkerrechtliche Verpflichtung entstehe nach wie vor erst nach dem Erlaß des Zustimmungsgesetzes92 • Dieser Entwurf konnte wegen der zu Ende gehenden Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet werden. Die Bundesregierung brachte den Entwurf unverändert in der zweiten Legislaturperiode wieder ein93 . Er ist aber dann doch nicht Gesetz geworden. § 3 Die ProblemsteUung in der Beurtellung durch
Rechtsprechung und Schrifttum
Die zuvor dargestellte Staatspraxis, nach der die Exekutive zur Ingeltungsetzung oder Ausführung völkerrechtlicher Verträge ohne weitere Mitwirkung der Legislativorgane berechtigt sein soll, wenn der Bundesregierung das innerstaatliche Rechtsetzungsrecht durch Rechtsverordnung zusteht, ist in der Literatur diskutiert worden. Es können drei Grundmeinungen unterschieden werden. I. Der Wegfall des Zustimmungsedordernisses aus Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG durcb Übertragung der Rechtsetzungsbefugnis gemiß Art. 80 Abs. 1 GG
1. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Deutsch-Französischen Wirtschaftsabkommen vom 29.7.195294 •
In dieser Entscheidung hat sich das Bundesverfassungsgericht ausführlich mit der Frage der Zustimmungsbedürftigkeit völkerrechtlicher Verträge 91 92 93 94
BVerfGE 1, 372 (395). BT-Drs. 1/4289, S. 3,4. BT-Drs. 11,77. BVerfGE 1, 372ff.
§ 3 Rechtsprechung und Schrifttum zur Problemstellung
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beschäftigt. Im Mittelpunkt stand dabei die Bestimmung der Mitwirkungsvoraussetzungen für die Beteiligung der gesetzgebenden Körperschaften. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes ist für die Frage, ob sich ein Vertrag auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht, nicht der Zuständigkeitskatalog des Grundsgesetzes maßgebend. Entscheidend sei vielmehr, ob im konkreten Fall ein Vollzugsakt unter Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften erforderlich sei95 • Das sei dann der Fall, wenn der Bund durch den Vertrag Verpflichtungen übernehme, deren Erfüllung allein durch Erlaß eines Bundesgesetzes möglich sei96 • Damit knüpfte das Gericht ausdrücklich an die Regelungen im Art. 11 Abs. 3 der Reichsverfassung von 1871 und in Art. 45 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung und ihre Auslegung an97 , wonach als Verträge, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetzgebung bezogen, allein diejenigen galten, deren Umwandlung in innerstaatliches Recht notwendig war und nur im Wege der Gesetzgebung erfolgen konnte 98 • Wie nach diesen Verfassungen bezögen sich auch nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG nur diejenigen Verträge auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung, deren Inhalt, wenn es sich nicht um eine völkerrechtliche Vereinbarung, sondern um eine innerstaatliche Regelung handelte, zu den Gegenständen der Gesetzgebung und nicht zu denen der Verwaltung gehörte 99 • Es solle verhindert werden, daß die Regierung völkerrechtliche Verpflichtungen übernehme, wenn sie diese nicht auch in eigener Kompetenz ohne ein Tätigwerden der gesetzgebenden Körperschaften erfüllen könne. Dadurch solle sichergestellt werden, daß die Erfüllung völkerrechtlich übernommener Pflichten auch erfolgen könnel()(). Aus Sinn und Zweck der Vorschrift folge, daß es sich nicht um den Gegensatz Bundesgesetzgebung und Landesgesetzgebung, auch nicht um den Gegensatz Gesetz und Verordnung handele, sondern um die Zuständigkeitsverteilung zwischen den gesetzgebenden Körperschaften und der Bundesregierung. Daher beziehe sich ein Vertrag, zu dessen Ausführung eine Verordnung nötig sei, nur dann auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung, wenn die BVerfGE 1, 372 (388). BVerfGE 1, 372 (389). 97 BVerfGE 1, 372 (389). 98 zur aRV Laband, Staatsrecht Bd. 2, S. 136ff.; zur WRV Anschütz, Verfassung des Deutschen Reiches, S.262; Hecke!, AöR N. F. 7 (1924), S. 209ff., 220f.; Kraus, HdBDStR 11 (1932), S. 347f.; Poetzsch-Heffter, Komm. zur Reichsverfassung, S. 221; Pohl, Völkerrecht und Außenpolitik, S. 36f.; Schmitz, ZaöRV 3 (1933), S. 313ff., 339ff. 99 BVerfGE 1, 372 (389/390). 100 BVerfGE 1, 372 (390). 95
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Verordnung nicht ohne die Mitwirkung einer gesetzgebenden Körperschaft ergehen könne 101 • Dieser Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes hat sich das Schrifttum überwiegend 102 angeschlossen. Differenzen bestehen aber darüber, wie eine die Exekutive zum selbständigen Vertragsschluß berechtigende Verordnungsermächtigung ausgestaltet sein soll. 2. Stüben schließt sich der Auffassung an, daß Gegenstände der Bundesgesetzgebung gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG solche sind, die auf den Weg der förmlichen Gesetzgebung gehören 103 • Statte nun das Parlament die Exekutive mit dem Recht zum Erlaß von Rechtsverordnungen auf bestimmten, gegenständlich begrenzten Gebieten aus, so seien damit diese Gegenstände zu ihrer Disposition gestellt. Dies geschehe zunächst noch gar nicht im Hinblick auf den Abschluß internationaler Verträge. Insoweit entfalle aber im Hinblick auf den Abschluß völkerrechtlicher Verträge auf Grund der Verordnungsgewalt die Zustimmung des Parlamentes, da Gegenstände der Bundesgesetzgebung durch den Vertrag nicht berührt seien. Damit sei jedoch nichts darüber ausgesagt, ob der Vertrag nicht deshalb der parlamentarischen Mitwirkung unterliege, weil er gleichzeitig die "politischen Beziehungen des Bundes" regele. Die parlamentarische Kontrolle werde also nicht in toto berührt, sondern es werde allein festgestellt, daß der Vertrag Gegenstände der Bundesgesetzgebung nicht mehr betreffe 104 • Dagegen sei die generelle Ermächtigung der Exekutive, eine bestimmte Kategorie von Verträgen völkerrechtlich verbindlich abzuschließen und ihre innerstaatliche Wirksamkeit herbeizuführen, nicht zulässig. Dies würde nämlich über die Feststellung, daß ein solcher Vertrag nun nicht mehr Gegenstände der Gesetzgebung betreffe, hinausgehen. Vielmehr würde dies eine Entäußerung des gesamten Kontrollrechtes auch insofern bedeuten, als ein Vertrag "die politischen Beziehungen des Bundes" regele 105 • BVerfGE 1, 372 (390). Böning, DÖV 1957, S.820; Backsmann, DVBl. 1956, S.317; Schlochauer, Öffentliches Recht, S.111; Beer, Staatsverträge, S. 26; Stüben, Parlamentarische Kontrolle, S. 35, 46; Wabnitz, Zwischenstaatlicher Zahlungsverkehr, S. 94; Kaiser, Beteiligung der gesetzgebenden Körperschaften, S. 5, 25; Meyer-Lindenberg in: Festschrift für Jahrreiß, S. 269ff.; Bernhardt, Abschluß völkerrechtlicher Verträge, S.138; Reichel, Auswärtige Gewalt, S.123; Härle, JIR 12 (1965), S.106f.; Rudolf, Völkerrecht, S.194; Menzel in: Bonner Komm., Art. 59 Anm. 11 6; AöR 79 (1953/54), S. 338f.; Hamann, GG-Komm., Art. 59 Anm. B 6; Maunz in: Maunz / Dürig, GG-Komm., Art. 59 Rdnr.17; Rojahn in: v. Münch, GG-Komm., Art. 59 Rdnr. 26; a. A. Klein in: v. Mangoldt / Klein, GG-Komm., Art. 59 Anm. IV 2c. 103 Stüben, Parlamentarische Kontrolle, S. 46. 104 Stüben, Parlamentarische Kontrolle, S. 57. 105 Stüben, Parlamentarische Kontrolle, S. 58. 101
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3. Härle bildet unter Hinweis auf die Vertragspraxis den Begriff "normative Verwaltungsabkommen"l06. Diese seien Vereinbarungen, die auch Verpflichtungen zur Rechtsetzung enthielten, dabei aber den Sachbereich eines Rechtsverordnungsrechts nicht überschritten und als delegierte Rechtsetzung noch zur Kompetenz der Exekutive gehörten 107 • Durch dieses Rechtsetzungsrecht entstehe ein normativer völkerrechtlicher Vertragsbereich, an dem das Parlament als gesetzgebendes Organ nicht beteiligt sei, d. h. die Zustimmungskompetenz der legislativen Organe sei aufgehoben, denn Gegenstände der Bundesgesetzgebung würden hier nicht berührt. Danach habe also die Exekutive im Sachbereich des Rechtsverordnungsrechtes ohne die Mitwirkung der legislativen Organe das normative völkerrechtliche Vertragsrecht und die Kompetenz für die innerstaatliche InkraftsetzunglOS. 4. Reichel schließt sich dieser Auffassung an. Bestehe eine Rechtsverordnungsermächtigung, seien Gegenstände der Bundesgesetzgebung nicht betroffen und eine Zustimmung komme nicht mehr in Betracht. Denn in solchen Fällen könnten die Vereinbarungen von der Bundesregierung in alleiniger Zuständigkeit erfüllt werden, so daß nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung eine Zustimmungsbedürftigkeit nicht gegeben sei109 • Dabei reiche jede Rechtsverordnungsermächtigung aus, da sich der Gesetzgeber seiner Regelungskompetenz begeben habe, ohne daß es darauf ankomme, ob der Gesetzgeber mit dem Vertragsabschluß rechnete oder rechnen mußte llO • Reichel pflichtet dem BVerfG bei, daß das GG zwar die Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen kenne, nicht aber die Delegation von Legislativbefugnissen, die nur in Form eines Gesetzes gekleidete Regierungsakte seien. Daher hält er eine Inkraftsetzungsermächtigung der Bundesregierung, die allein auf das Außenverhältnis zugeschnitten ist und die Ratifikationszustimmung ersetzt, für unmöglichlll . Dagegen sei im Falle einer Verordnungsermächtigung ein Zustimmungsrecht von vornherein nicht gegeben, so daß logischerweise von einer Delegation nicht gesprochen werden könne. Nun räumt Reichel ein, daß dies im Ergebnis der Delegation des Zustimmungsrechtes gleichkomme. Aber im Fall der Rechtsverordnungsermächti106 107 108
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Härle. JIR 12 (1965), S. 97. Härle, JIR 12 (1965), S. 97. Härle, JIR 12 (1965), S. 109, 110. ReicheI, Auswärtige Gewalt, S. 123. ReicheI, Auswärtige Gewalt, S. 123, 124. ReicheI, Auswärtige Gewalt, S. 126/127.
I. Der Wegfall des Zustirnrnungserfordemisses
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gung würden primär Rechtsetzungsbefugnisse delegiert. Folge davon sei, daß entsprechend dem Prinzip der Übereinstimmung der auswärtigen mit den inneren Kompetenzen auch die Zuständigkeit zum Vertrags abschluß übergehe. Denn die nach außen gerichteten seien eine Rechtsfolge der inneren Zuständigkeiten; es werde nicht eine pauschale Inkraftsetzungsermächtigung erteilt, sondern vielmehr eine an einen bestimmten Vertrag oder eine bestimmte Vertragsmaterie gebundene, den rechtstaatlichen Kautelen des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG unterworfene Verordnungsermächtigung112 . 5. Auch Meyer-Lindenberg folgt der Auffassung, daß beim Bestehen einer Rechtsverordnungsermächtigung Gegenstände der Bundesgesetzgebung nicht mehr betroffen seien 113 • Da eine Rechtsverordnung nicht an die Stelle des in Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG vorgeschriebenen förmlichen Gesetzes treten könne, müsse sich das Gesetz nach Art. 80 GG, das der Exekutive den Erlaß der zum Vollzug des Vertrages erforderlichen Rechtsverordnungen ermöglicht, auf die Ermächtigung zur innerstaatlichen Rechtsetzung beschränken 114 • Für die Form der Ermächtigung schlägt er allerdings eine generelle Ermächtigung vor, die nicht ausdrücklich auf den Vollzug völkerrechtlicher Verträge abstellt. Dies hält er für die "verfassungsrechtlich sauberere" Lösung, weil eine Verordnungsermächtigung mit dem ausdrücklichen Zweck des Vollzuges völkerrechtlicher Verträge in die Nähe des Verordnungstyps gerückt werden könne, der die Exekutive zum Abschluß einer bestimmten Art von Verträgen ermächtigt und der vom BVerfG als unzulässig abgelehnt worden sei 115 • 6. Haas vertritt eine differenzierte Meinung. Auf staatsrechtlicher Ebene sei es möglich, daß die Legislative die Bundesregierung oder einen Minister ermächtigt, gewisse Verträge abzuschließen. Ein Grund für eine gegenteilige Auffassung sei nicht ersichtlich; insbesondere bestünde keine Veranlassung anzunehmen, daß Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG nur die Möglichkeit formeller Gesetze vorgesehen habe. Vielmehr sei anzunehmen, daß diese Fälle ganz analog dem Art. 80 zu behandeln seien und der Bundespräsident zur Ratifikation auch in den Fällen des Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG schon dann berechtigt sei, wenn der Delegator zugestimmt habe 116 . Das vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochene Delegationsverbot dürfte nur dann zutreffen, wenn es sich um Verträge handele, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln, ohne sich zugleich auf Gegenstände Reichei, Auswärtige Gewalt, S.128. Meyer-Lindenberg in: Festschrift für Jahrreiß, S. 272. 114 Meyer-Lindenberg in: Festschrift für Jahrreiß, S. 274. 115 Meyer-Lindenberg in: Festschrift für Jahrreiß, S. 275; Boehrner, Völkerrechtlicher Vertrag, S. 6. 116 Haas, AöR 78 (1953), S. 384. 112 113
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der Gesetzgebung zu beziehen; hier ergebe sich das Delegationsverbot schon aus der ratio legis 117 • Bei Verträgen dagegen, die sich auf die Gesetzgebung bezögen, sei das sog. Ratifikationsgesetz zugleich ein materielles Gesetz, welches die Transformation in innerstaatliches Recht bewirke; in solchen Fällen sei aber nicht einzusehen, warum Art. 80 GG unanwendbar sein solle 118 • Ob die Bundesregierung auf Grund einer gemäß Art. 80 GG erteilten normalen Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen ohne weiteres auch ermächtigt wäre, internationale Verträge abzuschließen, die sich im sachlichen Rahmen dieser Ermächtigung halten, sei allerdings zweifelhaft. Hier würde wegen des zu bestimmenden Ausmaßes dieser Ermächtigung wohl eine ausdrückliche Bestimmung nötig sein 119 • 7. Das Auswärtige Amt hat im Jahre 1973 Richtlinien für die Behandlung völkerrechtlicher Verträge herausgegeben 12o• Darin wird die auslandsbezogene Verordnungsermächtigung zur Durchsetzung völkerrechtlicher Übereinkünfte durch Rechtsverordnung als zulässig angesehen.
Es heißt dort unter B. 1.: "Eine völkerrechtliche Übereinkunft, die sich ihrem Inhalt nach auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht, bedarf keines Vertragsgesetzes nach Artikel 59 Abs. 2 S. 1 GG, wenn ihr Inhalt von einer ausreichenden Verordnungsermächtigung nach Art. 80 Abs. 1 GG gedeckt ist. Eine Verordnungsermächtigung in diesem Sinne liegt vor, wenn ihre Ausnutzung zum Zweck der Durchsetzung völkerrechtlicher Übereinkünfte unter Berücksichtigung der in dem ermächtigenden Gesetz behandelten Materie und der heutigen Vorstellung von der Möglichkeit einer zwischenstaatlichen vertraglichen Regelung nach dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers gestattet sein sollte. "
8. Der Rechtsausschuß des Bundesrates hat zu gegebenem Anlaß121 die Auffassung der h.M. bekräftigt, nach der ein Vertragsinhalt nur dann Gegenstand der Bundesgesetzgebung betrifft, wenn zur Vollziehung des Vertrages ein Bundesgesetz erforderlich ist. Andere normative Abkommen könnten ohne Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG durch Rechtsverordnung in innerstaatliches Recht transformiert werden 122 . Haas, AöR 78 (1953), S. 384. Haas, AöR 78 (1953), S. 385. 119 Haas, AöR 78 (1953), S. 385. 120 Richtlinien für die Behandlung völkerrechtlicher Verträge, 1973, hrsg. vom Referat 501 des Auswärtigen Amtes. 121 Rechtsverordnung (BGB!. 1958 11, S. 117) zur Transformation des Übereinkommens über den Status der Organisation des Nordatlantikvertrages, der nationalen Vertreter und des internationalen Personals (NATO-Statut), BGB!. 195811, S.118. 122 Bericht des Bundesratsrechtsausschusses in: Verhandlungen des Bundesrates, Stenographische Berichte, 1957 Nr. 185, S. 842 (B)f. und ZaöRV 20 (1959/60), S. 119, 120. 117
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III. Die Antizipation des Zustimmungsrechtes
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11. Die Delegation des Zustimmungsrechtes auf die Exekutive
Jarass 123 befürwortet eine Delegation der Zustimmungskompetenz aus Art. 59 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG auf die Exekutive in bestimmten Grenzen. Denn die Zustimmung habe in Form eines Bundesgesetzes zu ergehen und daher sei die Anwendung des Art. 80 GG naheliegend 124 . Es genüge, wenn die Volksvertretung die besonders wichtigen Entscheidungen in den Grundzügen selbst treffe. Die Regelung der Detailfragen könne sie dagegen der Exekutive überlassen, ohne damit die in Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG gewollte Aufgaben- und Gewichtsverteilung zwischen erster und zweiter Gewalt zu beeinträchtigen 125 . Die vorgenannte h. M. beruhe dagegen auf widersprüchlicher Argumentation. Wenn nämlich ein Vertrag deshalb nicht zustimmungsbedürftig sei, weil zu seiner Transformation nur Rechtsverordnungen, aber keine förmlichen Gesetze nötig seien, so könne der Gesetzgeber die Exekutive im Rahmen des Art. 80 GG mit der Verordnungsgewalt ausstatten, die zur Transformation eines Vertrages nötig sei, mit der Konsequenz, daß der Vertrag nicht mehr der Genehmigung des Gesetzgebers bedürfe. Dies sei letztendlich doch nichts anderes als eine Delegation 126 . ill. Die Antizipation des Zustimmungsrechtes
1977 hat der Rechtsausschuß des Bundesrates an eine Kommission der Landesjustizverwaltungen die Erörterung von Fragen übertragen, die verfassungsrechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Ratifizierung internationaler Vereinbarungen betreffen. Die Ergebnisse wurden in "Leitsätzen zu mit völkerrechtlichen Verträgen zusammenhängenden Rechtsfragen"127 zusammengefaßt. Darin heißt es unter A. 11. 2: "Die Zustimmung zu Änderungen eines Vertrages, die nicht politische Beziehungen des Bundes regeln, kann auch vorweggenommen werden. Betrifft die Änderung normative Vertragsbestimmungen, so setzt die Vorwegnahme der Zustimmung voraus, daß Inhalt, Zweck und Ausmaß der in Betracht kommenden Änderung in dem Vertrag, in dem Vertragsgesetz oder in einem anderen Gesetz bestimmt sind. Die Zustimmung kann auch durch eine ausreichende auslandsbezogene Verordnungsermächtigung vorweggenommen werden."
Zu diesem Leitsatz wurde erläuternd ausgeführt l28 , daß die vorweggenommene Zustimmung keine Verordnungsermächtigung im Sinne von Art. 80 Jarass, DÖV 1975, S. 117ff. Jarass, DÖV 1975, S. 122. 125 Jarass, DÖV 1975, S. 122. 126 Jarass, DÖV 1975, S. 122. 127 Niederschrift über die 447. Sitzung des Rechtsausschusses des Bundesrates am 7. und 8. 6.1977, Punkt 15 der Tagesordnung, Anlage. 123
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3 Dregger
§ 3 Rechtsprechung und Schrifttum zur Problemstellung
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Abs. I GG darstelle, doch seien bei normativen Bestimmungen an die Vorwegnahme bezüglich Inhalt, Zweck und Ausmaß vergleichbare Anforderungen zu stellen. Der Gesetzgeber müsse auf Grund des Vertrages, des Vertragsgesetzes oder anderer Umstände abschätzen können, in welchem Rahmen Vertragsänderungen möglich sind. Wegen der im internationalen Bereich erforderlichen Flexibilität brauche er dabei nicht jede Einzelheit und künftige Entwicklungen in seinen Willen aufgenommen zu haben. Eine vorweggenommene Zustimmung zur Vertragsänderung könne auch insoweit angenommen werden, als die Bundesregierung ermächtigt worden ist, innerstaatlich eine auslandsbezogene Verordnung zu erlassen, da ihr insoweit ein begrenztes Verfügungsrecht eingräumt worden sei 129 •
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Niederschrift der 447. Sitzung des Bundesratsrechtausschusses, S. 36. Ebenso Lauff, NJW 1982, S. 2701; Treviranus, NJW 1983, S. 1950.
2. Teil
Art. S9 Abs. 2 S. 1 GG Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck § 4 Einleitung
Bei der Lösung der Frage nach der Zulässigkeit einer Antizipation der parlamentarischen Zustimmung zu völkerrechtlichen Verträgen, die Gegenstände der Bundesgesetzgebung betreffen, kommt es entscheidend darauf an, welcher Sinn und Zweck der Regelung des Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG zukommt. Sie sind der Maßstab bei der Antwort darauf, ob die Zustimmung schon zu einem Zeitpun,t erteilt werden kann, in dem der Vertragsinhalt noch nicht im einzelnen feststeht oder die Vertragsverhandlungen möglicherweise noch nicht aufgenommen worden sind. Liegt der Sinn und Zweck der Norm allein darin, den innerstaatlichen Vollzug der Vertragsinhalte zu gewährleisten, so entfällt das Zustimmungserfordernis in den Fällen, in denen die Exekutive die innerstaatliche Vertragsverwirklichung mittels Rechtsverordnung selbst vornehmen kann. Zu einem anderen Ergebnis gelangt man dagegen, wenn das Zustimmungserfordernis als ein im Hinblick auf den Vertragsabschluß besonders ausgestaltetes politisches Kontrollrecht des Parlaments gegenüber der Bundesregierung anzusehen ist. Welche Auffassung zutreffend ist, hängt davon ab, welche Funktionen Parlament und Regierung - insbesondere im Bereich der auswärtigen Gewalt nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes zukommen und in welchem Verhältnis diese Organe zueinander stehen. § 5 Entstehungsgeschichte I. Die Verhandlungen des Parlamentarischen Rates
Das Grundgesetz äußert sich zu den Mitwirkungsrechten der gesetzgebenden Körperschaften beim Abschluß völkerrechtlicher Verträge in Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG, der wie folgt lautet: "Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der
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§ 4 Entstehungsgeschichte
Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes."
In den Beratungen des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates! wurde nicht die Frage erörtert, ob im Rahmen dieser Vorschrift ein abgekürztes Vertragsschlußverfahren möglich sein soll, nach dem normative völkerrechtliche Verträge durch Rechtsverordnung ohne parlamentarische Mitwirkung abgeschlossen in Geltung gesetzt werden. Wesentlicher Streitpunkt der Beratungen im Hauptausschuß2 war dagegen die Frage, ob die parlamentarische Mitwirkung beim Abschluß völkerrechtlicher Verträge "durch Gesetz" oder "in der Form eines Gesetzes" ergehen solle. Während der Abgeordnete Hoch3 durch die Aufnahme eines derartigen Zusatzes zum Ausdruck gebracht wissen wollte, daß neben der Zustimmung zum völkerrechtlichen Vertrag auch die Transformation in innerstaatliches Recht sichergestellt werden müsse, vertrat der Vorsitzende Schmid4 eine entgegengesetzte Position. Danach gehe es hier lediglich um die Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften zum Akt des Abschlusses des Vertrages und nicht um das Problem der Transformation des Vertrages in Landesrecht. Denn diese könne erst in einem späteren Stadium, nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden erfolgen. Auch