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German Pages 219 Year 1988
FRITZ WEINSCHENK
Die Anerkennung und Vollstreckung bundesdeutscher Urteile in den Vereinigten Staaten unter den "Foreign Country Money Judgment Recognition Acts"
Berliner Juristische Abhandlungen unter Mitwirkung von Manfred Harder und Georg Tbielmann herausgegeben von
Ulrich von Lübtow Band 33
Die Anerkennung und Vollstreckung bundesdeutscher Urteile in den Vereinigten Staaten unter den "Foreign Country Money Judgment Recognition Acts"
Von Dr. Fritz Weinschenk
Duncker & Humblot / Berlin
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Weinschenk, Fritz: Die Anerkennung und Vollstreckung bundesdeutscher Urteile in den Vereinigten Staaten unter den "Foreign Country Money Judgment Recognition Acts" I von Fritz Weinschenk. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1988 (Berliner Juristische Abhandlungen; Bd. 33) Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1986 ISBN 3-428-06381-3 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1988 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Irma Grininger, Berlin 62 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06381-3
Meiner Frau und meinen Söhnen
Vorwort Im Gegensatz zu den üblichen - auch guten oder ausgezeichneten Dissertationen junger Akademiker bietet diese Arbeit die Früchte und Erfahrungen eines langen Juristenlebens. Hier werden keine gelehrten Theorien entwickelt, verteidigt oder kritisiert, sondern hier schreibt ein im Beruf geübter Fachmann über ein Rechtsgebiet, mit dem er sich als praktizierender Anwalt ständig und seit vielen Jahren selbst auseinandergesetzt hat. Zunächst einmal liegt der Wert dieser Dissertation in der gründlichen und umjassenden Information des europäischen - besonders des deutschen - Juristen über ein für den transatlantischen Rechts- und Wirtschaftsverkehr eminent wichtiges "Gesetz" zum internationalen Verfahrensrecht. Zum anderen erfolgt diese Information in deutscher Sprache von einem Verfasser, der des Englischen in gleicher Weise mächtig ist. Ferner handelt es sich um die erste monographische Bearbeitung des Themas seit dem Inkrafttreten der "Foreign Money-Judgment Recognition Acts" um das Jahr 1970. Einen besonderen Vorzug dieser Dissertation sehe ich sodann in der Methode. Weinschenk deduziert nicht nach Art kontinental-europäischer Juristen aus vorgefundenen Normen oder vorgefaßten Meinungen, Theorien oder Begriffen, sondern er verknüpft aufs engste allgemeine Rechtsregeln mit einer Fülle amerikanischer (und deutscher) Gerichtsentscheidungen. Er steht damit in der besten Tradition des anglo-amerikanischen case-law-Denkens, das an die für jeden Juristen so wichtige Kunst des distinguishing from case to case hohe Anforderungen stellt. Die Arbeit ist zudem von einer in besonderer Weise "sympathischen" Zielsetzung geprägt. Der Verfasser will deutlich erkennbar eine Brücke schlagen zwischen deutschen und amerikanischen Prozeßparteien, Anwälten, Richtern und Wissenschaftlern in der Absicht, hier für ein besseres Verständnis U.S.-amerikanischer (New Yorker) Kriterien bei der Urteilsanerkennung zu werben. Damit trägt der Autor verdienstvollerweise zu einer größeren Rechtssicherheit im vielfältigen Rechts- und Wirtschaftsverkehr zwischen uns und den USA bei. Die Arbeit ist ein Musterbeispiel der Rechtsvergleichung. Denn Weinschenk stellt die amerikanischen und die deutschen Regeln über die Urteilsanerkennung nicht mehr oder weniger beziehungslos nebeneinander und überläßt dem Leser, daraus Schlüsse zu ziehen, sondern rückt bei jedem Sachproblem die hiesige und die dortige Doktrin und Praxis in engsten Zusammenhang. Ich freue mich deshalb, das Werk in meine Abhandlungsreihe aufnehmen und es damit der Wissenschaft und der Praxis zugänglich machen zu können.
Der Herausgeber
Inhaltsverzeichnis Einleitung ........................................................
17
1. Kapitel Die geschichtliche Entwicklung der Anerkennung deutscher Urteile in den U.S.A.
20
I. Anerkennung im 19. Jahrhundert ................................
20
1. Die frühen englischen Fälle ...................................
20
2. Anerkennung nach 1789: Einfluß der Verfassung Story und Marshall
22
3. "Hilton v. Guyot" ............................ . . . . . . . . . . . . . . .
24
4. Gegenseitigkeit und "comity" .................................
26
a) Die "Gegenseitigkeit" im deutschen Recht .................... b) Die "Gegenseitigkeit" im amerikanischen Recht
26
11. Anerkennung im 20. Jahrhundert ............................... . 1. Die Versicherungsfälle ...................................... .
29 29
2. Der erste Weltkrieg und seine Folgen: "trading with the enemy" ... .
31
3. Das Dritte Reich und die "Acts of State"-Doktrin
32
III. Die Entwicklung seit 1945 ..................................... . 1. Das Problem der unbestimmten Gegenseitigkeit ................. .
2. Die Entstehung der Uniform Acts ............................ .
28
36 36 37
2. Kapitel Die ,jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
42
I. Die Grundlagen der ,jurisdiction" im amerikanischen Recht ..........
42
1. Die umfassende Bedeutung der ,jurisdiction" ....................
42
2. Die "jurisdiction" als Begriff ..................................
43
3. "Jurisdiction" und der "due process of law"
.....................
45
4. Der "due process of law" in der Urteilsanerkennung ..............
46
Inhaltsverzeichnis
10
11. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
47
l. "Jurisdiction over the person" als Vorbedingung zur Kompetenzausübung .....................................................
48
a) Erfordernis der Ladung und Zustellung ......................
48
aal bb) cc) dd) ee)
Die amerikanische Norm .............................. Die Zulänglichkeit der deutschen Ladungsnormen .......... Das Haager Zustellungsabkommen .......... . . . . . . . . . . . . Die Postzustellung ........ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung der Ladungsnormen ..................
55 56
b) Erfordernis der verfassungsgemäßen Anknüpfungspunkte .......
57
aal Die Bedeutung der "Iong arm statutes" .................. bb) Die "International Shoe Co. v. Washington"-Entscheidung .. cc) Die nachfolgende Entwicklung .........................
59 61
c) Die New Yorker "Iong arm"-Gesetzgebung ...................
62
d) Die "Iong arm"-Norm als Anerkennungsstatut ................
66
2. Parteibedingte Kompetenzausübung ............ . . . . . . . . . . . . . . . .
69
a) Einlassung .............................................. b) Gerichtsstandsvereinbarungen .............................. c) Anerkennung von auf Prorogationsklauseln fußenden Urteilen ..
69 72
3. Begrenzte Kompetenzausübung -
"jurisdiction in rem" und "quasi in rem" ......................................................
a) b) c) d)
48 50
51
58
75
78 78
Definitionen ............................................. "Shaffer v. Heitner": Der "due process" im dinglichen Gerichtsstand Die nachfolgende Entwicklung: "Rush v. Savchuk" ............ Anerkennung von "in rem"-Urteilen .........................
79 80 81
aal Unbewegliche Werte .................................. bb) Bewegliche Werte - Sachen ........................... ce) Forderungen - "claims, choses in action" . . . . . . . . . . . . . . ..
82 83 83
4. "Third party jurisdiction" - Streitverkündung ...................
84
5. "Exorbitant jurisdiction" -
unerlaubte Gerichtsstände ............
88
a) Die deutschen Gerichtsstände .............................. b) Verbotene amerikanische Gerichtsstände ..................... c) Der deutsche Gerichtsstand der Niederlassung in der Anerkennungsproblematik .............................................
88 91
93
3. Kapitel Anerkennung unter den "Uniform Acts"
96
I. Anerkennungsgrenzen: Art des Urteils ............................
96
I. Zahlungsurteile .............................................
97
Inhaltsverzeichnis 2. Gestaltungsurteile
11
98
11. Anerkennungsgrenzen: Rechtskrafterfordernis ......................
100
I. Der Begriff der Rechtskraft ...................................
100
2. "Rechtskraft" unter den "Uniform Acts" ........................
101
a) Wirkung der Verfahrensunterschiede ........................ b) Wirkung der Revision ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
101 104
3. Rechtskraftwirkung ("res judicata") ............................
105
a) Rechtskraftwirkung deutscher Urteile auf nachfolgende U.S.-Verfahren .................................................. b) Rechtskraftwirkung auf Personen ........................... c) Rechtskraftwirkung als Verteidigungsmittel ................... d) Rechtswirkung auf den Kläger ............................. e) Der Begriff der "cause of action" ...........................
105 108 109 I 10 110
4. Sich widersprechende Ersturteile ...............................
III
5. "ColJateral Estoppel" ........................................
115
6. Teilurteile ..................................................
120
111. Anerkennungsgrenzen: "ordre public" ............. . . . . . . . . . . . . . . . .
122
I. Urteilserschleichung ("extrinsic fraud")
.........................
122
2. Versagung des rechtlichen Gehörs .............................
125
3. Sittenwidrige Ersturteile ......................................
128
4. "Forum non conveniens" .....................................
132
5. Verjährung ("limitation of actions") ............................
139
6. Versäumnis urteile ("default judgments") ........................
142
4. Kapitel
Das amerikanische Anerkennungsverfahren
148
Vorbemerkung ....................................................
148
I. Die amerikanischen Verfahrensnormen ............................
150
I. Ein Verfahrensvergleich ......................................
150
2. Die "motion to dismiss" .....................................
153
3. "Summary judgment" - Gestaltung und Form. . . . . . . . . .. . . . . . . .
154
4. Die Bedeutung des "summary judgment" für die Urteilsanerkennung
157
11. Verfahrensverlauf bis zum F-2-Urteil ..............................
158
I. Die Gerichtsstände ..........................................
158
2. Gestaltung des Antrags - Einwände und Einreden ..............
161
12
Inhaltsverzeichnis 3. Die "pre-trial discovery" .....................................
164
4. Vollstreckung ..............................................
169
5. Der Umwandlungskurs ......................................
170
6. F-I/F-2-Verfahren gegen Originärprozeß: Ein Kostenvergleich
171
HI. Das Anerkennungsverfahren auf einzelnen Rechtsgebieten
...........
178
I. Unterhaltstitel ..............................................
178
2. Der Versorgungsausgleich als anzuerkennender deutscher Geldtitel ..
181
3. Deliktische Urteile ..........................................
182
4. Verwaltungsbescheide ........................................
184
5. Schiedssprüche .............................................
187
IV. Zusammenfassung
190
Anhang I: Der vollständige Text des "Uniform Foreign Country Money Judgment Recognition Act" mit deutscher Übersetzung .......................
197
Anhang 11: Behandlung von Auslandsurteilen nach Staaten
202
Literaturverzeichnis .................................................
206
Abkürzungsverzeichnis A. a.A. a.a.O. Abs. affd AG AGB Ala. allg. A.L.R. Am.J.Comp.L. Am.L.Inst. Am.L.R. Anh. Anm. App.Div. App.Div.2d Atl. Aufl. AWD BB Bearb. bes. Bde BEG BGB BGBI BGH BGHZ BRAGO Brit. Ybk. I.L. Buffalo L.R. BuH.
Bus.L. bzw. C.A. ca. Cal.App. Cal.Rptr.
c.c.P.
cert.den. Ch. Col. L.R. Conn.
Atlantic Reporter anderer Auffassung am angeführten Ort Absatz affirmed Amtsgericht allgemeine Geschäftsbedingungen Alabama allgemein American Law Reports American Journal of Comparative Law American Law Institute American Law Review Anhang Anmerkung Appellate Division Reports Appellate Division Reports second series Atlantic Reporter Auflage Außenwirtschaftsdienst Betriebsberater Bearbeitung besonders Bände Bundesentschädigungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung British Yearbook of International Law Buffalo Law Review Bulletin The Business Lawyer beziehungsweise Court of Appeals cirka California Appeals California Reporter Code of Civil Procedure certiorary denied (Revisionsrückweisung) Chapter Columbia Law Review Connecticut
14
Cornell L.Q. CPLR Cl. App. Cum. Supp. d.A. DAJV DBA DDR ders. dies. Diss. E-Behörde E.D. EG EWG
F. f.
FamRÄndG Fed. fT. Fn. FRCP F. Supp. Geo. gesetzt. GG ggf. GKG GmbH GVG Harv. L.R. HBewÜbK Herausg. herausg. h.M. HZustlÜbk i.d.F. IlI. I1t.Rev.Stat. Ind. Insl.int.R. Inl.Comp.L.Q. Int.L. Iowa L.R. IPR IPRax IPRspr. i.S. i.S.v. (d.) JR
Abkürzungsverzeichnis Cornell Law Quarterly Civil Practice Law and Rules Federal court of Appeals cumulative supplement dieser Arbeit Deutsch-Amerikanische Juristenvereinigung Doppelbesteuerungsabkommen Deutsche Demokratische Republik derselbe dieselbe Dissertation Entschädigungsbehörde Eastern District Einführungsgesetz Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Federal Reporter für Familienrech tsänderungsgesetz Federal Reporter (1st + 2nd se ries) folgende Fußnote Federal Rules of Civil Procedure Federal Supplement George gesetzlich Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftu~ Gerichtsverfassungsgesetz Harvard Law Review Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland Herausgeber herausgegeben herrschende Meinung Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in der Fassung Illinois Illinois Revised Statutes Indiana Institut für internationales Recht International Comparative Law Quarterly The International Lawyer Iowa Law Review internationales Privatrecht Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts Makarov u.a. "Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiet des internationalen Privatrechts" in Sachen im Sinne von (des) Juristische Rundschau
Abkürzungsverzeichnis JuS JW JZ KG km LAG L.Ed. LG LR McKinney MCLA Md. MdB MDR Mich. L.R. Mio. Mise. MSA mwN N.D. N.E. Neth.Int.L.R. NJW Nr. N.S. N.Y. N.Y. Jud.Conf.Rep. N.Y.L.J. N.Y.S. N.Y.S.2d N.Y.U.L.R. Ohio St.L.J. OLG OR.S. § Penna. Penna. L.R. pub!. RabelsZ Rdn Reg. Präs. reh. den. Rest., Conflict Rest. Judg. 2d RG RGZ RiW Rutgers L.R. RzW s. Schw. Jb. Int.R. S.Ct.
Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kommanditgesellschaft Kilometer Lastenausgleich Lawyer's Edition Landgericht Law Review McKinney's Consolidated Laws of New York Michigan Code of Laws, annotated Maryland Mitglied des Bundestages Monatsschrift für Deutsches Recht Michigan Law Review Million Miscellaneous Reports Michigan Statutes, annotated mit weiteren Nachweisen N orthern Distriet Northeastern Reports Netherlands International Law Review Neue Juristische Wochenschrift Nummer Nationalsozialismus - nationalsozialistisch New York Court of Appeals Report New York Judicial Conference Reports New York Law Journal New York Supplement New York Supplement, second series New York University Law Review Ohio State Law Journal Oberlandesgericht Oregon Statues Paragraph Pennsylvania Pennsylvania Law Review publication, publishing Rabel's Zeitschrift Randnummer Regierungspräsident rehearing denied (Wiederaufnahme abgelehnt) Restatement of the Conflicts of Laws Restatement of Judgments, second series Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Rutgers Law Review Rechtsprechung zur Wiedergutmachung siehe Schweizer Jahrbuch für internationales Recht Supreme Court Reports
15
16
S.D. S.E. SJZ s.o. So. Stamf. L.R. Std. TIAS Tit. u.a. u.a.m. UCC UCLA Law.Rev. U.L.A. U. of Ca!. L.R. U. of Chi. L.R. U. of Penn. L.R. U.S. U.S.A. USC USCA U.S.D.C. USTA usw. Vanderbilt L.R. v.d. VEB vg!. VO Vorbem. vs W.D. WM Yale L.J. z.B. ZfZ ZPO ZR HO ZZP
Abkürzungsverzeichnis Southern District South Eastern Reporter Süddeutsche Juristenzeitung siehe oben Southern Stamford Law Review Stunde(n) Treaty Indices annotated series Title unter anderem, und andere und anderes mehr Uniform Commercial Code U niversity of the City of Los Angeles Law Review Uniform Laws Annotated University of California Law Review University of Chicago Law Review University of Pennsylvania Law Review United States United States of America United States Code, United States Code, annotated U.S. District Court United States Treaties, annotated und so weiter Vanderbilt Law Review von der volkseigener Betrieb vergleiche Verordnung Vorbemerkung versus Western District Wohnungswirtschafts- und Mietrecht Yale Law Journal zum Beispiel Zeitschrift für Zivilrecht Zivilprozeßordnung Rechtshilfeordnung in Zivilsachen Zeitschrift für Zivilprozeß
Einleitung "It should be c1ear today that recognition and enforcement of foreign judgments are far more than attractive subjects for academic exercises; they have become bread and butter problems for the legal profession wh ich increasingly encounters them on the interstate and international level."
So hat Homburge? in seinem Begründungskommentar zu den "Uniform Foreign Country Money Judgment Recognition Acts ..b treffend die Notwendigkeit der Annäherung zweier - an sich grundverschiedener - Rechtssysteme auf der Ebene der gegenseitigen Urteilsanerkennung gekennzeichnet. Heute, mehr als dreihundert Jahre nach der Niederlassung der ersten deutschen Einwanderer in Nordamerika,c ist New York etwa sieben (mit Überschallflug weniger als vier) Flugstunden von Frankfurt entfernt, jedoch findet sich der mit der täglichen Praxis der Durchsetzung von gegenseitigen Ansprüchen befaßte und vertraute Jurist sowohl in Europa als auch in den U.S.A., wenn auch nicht im Zeitalter der Segelschiffe, so doch in dem der "frühen Dampfschiffahrt" wieder. Während Europa mit einem dichten Netz von Anerkennungsverträgen bespannt ist,d schwebt das Rechtsverhältnis Bundesrepublik-U.S.A. in bezug auf gegenseitige Urteilsanerkennung und Vollstreckung aufvertragsloser Ebene weiter. Dabei hat der Waren- und Personenverkehr, die gegenseitige Investition, der Austausch von Gedankengut, "software", und das gegenseitige Niederlassungsvolumen besonders seit dem Ende des zweiten Weltkriegs ungeahnte, wahrhaft gigantische Ausmaße angenommen: Im Jahre 1984 erreichten direkte bundes deutsche Investitionen in den U.S.A. den Stand von über 33 Milliarden DM: Die Zusammenstellung deutscher Firmen mit Eigenunternehmen in den U.S.A. für 1981 kommt auf etwa 1400 Einheiten. Die Zahl der in den U.S.A. Homburger, Am. J. Comp. L., 18,367,368. Hiernach der" Uniform Act", wahlweise die" Uniform Acts". , Im Oktober 1683 landeten dreizehn deutsche Familien aus Krefeld in Pennsylvanien und gründeten unter der Führung des Anwaltes Franz Daniel Pastorius die historische Siedlung "Germantown", heute noch Teil der Stadt Philadelphia. 1983, dreihundert Jahre später, bezeichnen sich ca. 52 Millionen Amerikaner als "deutschstämmig". Vg!. ,,300 Jahre Deutsche in Amerika", Heinz Moos Pub!. Co., Baltimore, MD, 1982. d Kegel, S. 655 ff.: "Es wimmelt von Staatsverträgen". Siehe Zöller / Geimer, Rdnr. 5-30 zu § 328 ZPO; Schütze, DIZPR, S. 129-139 mwN;Raape/Sturm, S. 348 ff., mit umfangreichen Literaturnachweisen; Rosenberg/ Schwab, S. 1004 ff. mwN. e German Business Weekly, Herausg.: German American Chamber of Commerce, XXXI-9 vom 27.2.1986, S. I. a
b
2 Weinschenk
18
Einleitung
durch Vertreter, Verkäufer oder amerikanische Beteiligte aktiven deutschen Firmen geht in die Tausende. f Die U.S.-Exporte in die Bundesrepublik betrugen im Jahre 1985 6,11 Milliarden U.S.-Dollar, während sich bundesdeutsche Importe in die U.S.A. auf 13,47 Milliarden DM beliefen.g Nicht weniger eindrucksvoll ist der Personenverkehr. Bei einer Einwanderungsziffer von 7 Mio. zwischen 1830 und 1979 sind die Deutschen noch heute eine der größten Minderheiten in den U.S.A.h Es ist jedoch der Personen- und Warenaustausch zwischen den bei den Nationen, der erstaunliche Ausmaße erreicht hat: Zwischen den Hauptverkehrszentren der beiden Nationen verkehren täglich zwischen 15 und 20 "jumbo jets" mit einer Passagierzahl von schätzungsweise 2,5 bis 2,8 Mio. Personen jährlich.; Nicht eingerechnet ist der voluminöse Frachtverkehr per See und Luft. Man denke ferner an die auf deutschem Boden stationierten Truppen mit Familien und Hilfspersonal. Angesichts der riesigen Dimensionen dieser engen Beziehungen ist es unvermeidlich, daß Rechtsfolgen eintreten und Konflikte entstehen, deren Problematik vor dem einen oder anderen Forum auszutragen ist. Wie der Verfasser nach mehr als dreißigjähriger Erfahrung auf diesem Gebiet bestätigen kann, lassen sie sich nicht immer mit der Wirksamkeit lösen, die in diesem Stadium der Beziehungen gegeben sein sollte. Allzuoft ist es demjenigen, der sich den in einer Jurisdiktion eingegangenen Verpflichtungen durch "Flucht" in die andere entziehen konnte, gelungen, die Regreßmöglichkeiten einzuschränken oder sogar zu vereiteln. Nach vielen Jahren europäischer Unsicherheit und Zweifel an der amerikanischen Anerkennungsrechtsordnung, insbesondere der Gegenseitigkeitsgewährung, hat sich seit etwa einem Jahrzehnt unter den Staaten das Standardgesetz der Uniform Acts verbreitet. Diejenigen Staaten, die dieses Gesetz - noch nicht angenommen haben, richten sich nichtsdestoweniger danach. Es ist zu erhoffen, daß europäische, mit den U .S.A. verbundene Wirtschafts- und Rechtskreise nach Vorlage des amerikanischen Anerkennungsstatuts im Klartext endlich die umfassenden Erkenntnisse gewinnen, die zur Rechtssicherheit aufbeiden Seiten notwendig sind. Es ist Zweck dieser Arbeit, die Rechtslage in bezug auf die amerikanische Anerkennung und Vollstreckung bundesdeutscher Urteile, Verwaltungsbescheide und Schiedssprüche auf den letzten Stand zu bringen~ Nach einer kurzen r Keines der bedeutenden deutschen Unternehmen ist heute ohne amerikanische Tochterfirma. Vgl. "Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen in den U.S.A.", 1984, herausg. v.d. Deutsch-Amerikanischen Handelskammer, New York. • Deutsch-Amerikanische Handelskammer, Hrsg.: United States - German Economic survey, 1985, H. Aufl., S. 188. h U.S. Department of Commerce, Bureau of Census, Statistical Abstract of the United States, 1981, 102nd Edition, Table 130. (Vgl. Fn. c). ; Auskunft der Deutschen Lufthansa, New York.
Einleitung
19
Darstellung der Anerkennung im 19. und frühen 20. Jahrhundert sowie der Entstehungsgeschichte der Uniform Acts folgt die Erläuterung der zum Verständnis der Anerkennungslehre notwendigen Grundbegriffe, insbesondere der "jurisdiction". Sodann werden die Bestimmungen der Uniform Acts sowie die bisherige Rechtsprechung im einzelnen geprüft, die neuerdings gegebenen Verfahrensmethoden und Erleichterungen dargelegt, ein Kostenvergleich aufgestellt und einzelne Rechtsgebiete besprochen. Es ist das Ziel dieser Arbeit, die Aussichten einer raschen, wirtschaftlichen und erfolgreichen Inanspruchnahme von Verpflichteten, die sich im Staatsgebiet der U.S.A. aufhalten, darzustellen und zu prüfen, ob sich diese Aussichten mit Hilfe der Uniform Acts verwirklichen lassen.
j Hiernach wird lellineks (S. 22) präzise Terminologie rur die internationale Urteilsanerkennung angewandt. Diese ist: - Erstgericht: das urteilende Gericht; - Ersturteil: das Urteil des Erstgerichts, Welches im Ausland anerkannt werden soll; - Zweitgericht: das ausländische Gericht, dem das Ersturteil zur Anerkennung und Vollstreckung vorgelegt wird; - Zweiturteil: das dem Ersturteil im .. Gastland" Anerkennung gewährende (oder versagende) Urteil des Zweitgerichtes.
2"
1. Kapitel
Die geschichtliche Entwicklung der Anerkennung deutscher Urteile in den U.S.A. I. Anerkennung im 19. Jahrhundert 1. Die frühen englischen Fälle
Seit der Formierung rechtsstaatlicher Verhältnisse in der Geschichte der Zivilisation sind diejenigen, die mit dem Vollzug staatlicher Mandate zu tun haben, auf Schwierigkeiten gestoßen, wenn sich der Mandatsverpflichtete aus dem Macht- oder Hoheitsbereich der Staatsgewalt entfernt hatte. Konnte er in einem anderen Machtbereich ermittelt werden, so kam es darauf an, ob die dort herrschende Staatsgewalt einer Vollstreckung des Mandats des erlassenden Machtbereichs wohlwollend oder feindlich gegenüberstand. Leider erweist sich die Hoffnung auf theoretisch korrekte, abstrakt-wissenschaftliche Rechtspflege in der internationalen Anerkennung staatlicher Mandate als illusorisch. Wie in vielen Sphären des Völkerrechts, stehen Recht und Richter vor vollendeten Tatsachen und machtpolitischen Gegebenheiten. Die Einstellung des fremden Staatsgebildes gegenüber dem zu vollziehenden Mandat des Erststaates wird durch die Rechtsgeschichte bis zum heutigen Tag durch eine Reihe von Faktoren größtenteils örtlich gefärbter, macht politischer und eogistischer Art bestimmt und gelenkt. Freilich wurden im römischen Imperium die Mandate der römischen Justiz überall in der damaligen, von ihr beeinflußten Welt anerkannt,! da das Universum des überlegenen römisch-griechischen Systems Abweichungen weder erlaubte noch notwendig machte. Im christlichen Mittelalter übernahmen Papst und Kaiser die römische Form der universalen Anerkennung. 2 Mit dem Heranwachsen der - zumeist europäischen - Nationalstaaten wurde die Frage der Souveränitätsbegrenzung langsam zum aktuellen Rechtsprobiern. Der erwachende Nationalismus des 18. und frühen 19. Jahrhunderts übernahm das römisch-mittelalterliche Dogma der Rechtsprechungsuniversalität nur teilweise.) Es liegt in der Natur des Anerkennungswesens, daß der Gedanke der Gegenseitigkeit - der "reciprocity" - simultan mit dem allmählichen Abbruch des 'Ehrenzweig, Treatise, S. 160. Meili, S. 13. J Ehrenzweig, Treatise, S. 161. Vgl. Wieczorek. Bd. I, Allgemeines, Rdn. A IV. 2
l. Anerkennung im 19. Jahrhundert
21
römisch-mittelalterlichen Universalstaates und dem Anwachsen der nationalen Staatsgebilde eine Rolle zu spielen begann. Keine Nation ist dazu geneigt, Staatsakte einer anderen durch Anerkennung und Vollstreckung im eigenen Lande zu übernehmen, wenn die andere Nation sich weigert, ihr die "courtoisie" der Gegenseitigkeit zu gewähren. 4 N ach der Reformation hatte sich das angelsächsische "common law" zunächst nur beschränkt mit Kollisionsrecht und Anerkennung zu befassen. Die politische Realität des "empire" - nach dem Muster des römisch-mittelalterlichen Imperiums - bedurfte keiner Konfliktslehre, da entstehende Anerkennungsund Rechtswahlprobleme anhand der damaligen Völkerrechtsprinzipien gelöst werden konnten. Ehrenzweig sieht die frühe Entwicklung als Konflikt zwischen "no law", "law" und "super law": einerseits die Verneinung eines dem lokalen Recht übergeordneten Rechts und die Anerkennung anderer Rechte lediglich im Wege der "comity of nations", andererseits das "super law" der verbürgten Gerichtsbarkeit, der "vested rights", die als dem Lokalrecht vorgeordnete "Super-Rechtsordnung" von allen anderen Staaten bedingungslos anerkannt werden muß. 5 Als historische Tatsache steht jedoch fest, daß die frühen englischen Fälle gewisse Fundamente geschaffen haben, die sich - jedenfalls für die amerikanischen Anerkennungsnormen des 19. Jahrhunderts - als Gmndelemente der anglo-amerikanischen Urteilsanerkennung erhalten haben. So haben die "common law courts,,6 - in krassem Gegensatz zu den französischen Gerichten - es abgelehnt, Urteile materiellrechtlich nachzuprüfen. Ausländische Urteile, besonders Seerechtsentscheidungen, wurden ohne "revision au fond" als verbindlich und endgültig betrachtet. Andererseits wurde die Frage der Machtbefugnis des ausländischen Gerichts über den Beklagten als stets nachprüfbar und als "conditio sine qua non" angesehen, ohne die kein rechtsgültiges, anerkennendes Urteil entstehen konnte. 7 Eine weitere, wichtige Maxime war die der vorbehaltlosen Anerkennung, ohne Rücksicht auf fehlerhafte Rechtsanwendung oder Verfahrensabweichung vom
Yntema, Am. J. Comp. L., 2, 297. Ehrenzweig, Treatise, S. 2-16. Eine eingehende Behandlung des Konflikts zwischen "super-Iaw" und "no-law" in der Geschichte der amerikanischen Rechtsphilosophie - beginnend mit Marshall und Story über Holmes, LearnedHand, Goodrich, Stone, Cook und Lorenzen bis zu Leflar, Reese und Ehrenzweig selbst würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten. 6 So u.a. Burroughs v. Janineau (Jannino), Mosely, I, 25 English Reports 235; 2 Strange 733, 93 Eng. Rep. 815 (1726). J Der oft zitiete Fall Buchanan v. Rucker, 9 East, 192 (1808), der einem Urteil des Gerichtes der Insel Tobago wegen maneinder Zuständigkeit für den Beklagten die Anerkennung versagte, bewog Lord Ellenborough zu dem berühmt gewordenen Ausspruch: "Can the Island of Tobago pass a law to bind the whole world? Would the world sub mit to such an assumed jurisdiction?" 9 East, 194. Vgl. Goodrich, S. 185; Ehrenzweig, Treatise, S. 8 Fn. 5. 4
5
22
I. Kap.: Die geschichtliche Entwicklung
einheimischen Recht, sofern das fremde Urteil ohne Erschleichung, Überforderung oder Mangel an Zuständigkeit für Person und Sache ergangen war. 8 Dies war zur Zeit der amerikanischen Revolution und Unabhängigkeitserklärung die angelsächsische Rechtslage auf dem Gebiet der Fremdurteilsanerkennung. 2. Anerkennung nach 1789: Einfluß der Verfassung, Story und Marshall
Nach den Normen des Völkerrechts 9 und europäischen Vorbildern lO hat sich der neugegründete, amerikanische Staatenbund die eigene Gerichtsbarkeit gesichert. Zwar ruht das amerikanische Rechtssystem bekanntlich auf föderativer Basis mit dem Prinzip weitgehender Einzelstaatsautonomie, jedoch führen die Wege der einze1staatlichen Gerichtsbarkeit zu der einheitlichen Spitze, die die zwischenstaatliche Übereinstimmung herstellt und wahrt: dem United States Supreme Court.!! Föderative Staatsgebilde sind zum jetzigen Zeitpunkt weltweit: England, die Bundesrepublik, die U.d.S.S.R., die Volksrepublik China, Indien, die Schweiz und andere. Von maßgeblichem Interesse ist jedoch die Auswirkung der föderativen Struktur auf die amerikanische Gerichtsbarkeit, da diese für die Anerkennungsfrage ausschlaggebend ist. Die Gründer des amerikanischen Staatenbundes haben zwar die örtliche Gerichtsbarkeit der Einzelstaaten bewahrt,!~ jedoch den Bundesgerichten auf gewissen Gebieten ausschließliche Gerichtsbarkeit verliehen. I3 Gleichzeitig haben die Gründer das interlokale Kollisionsrecht in der bekannten ,,full faith and credit"-Klausel als zwischen den Einzelstaaten zwingend verbindlich erklärt.!4 Auf der Ebene richterlicher Entscheidungen fordert dieses Statut die bedingungslose Anerkennung der Urteile eines zuständigen staatlichen Gerichtes durch die Gerichte und Behörden eines anderen (oder aller anderen) Staaten. 15 8 Godard v. Gray. L.R. 6 Queens Bench 139, (1870); vgl. Goodrich. S. 604 und die zahlreichen Entscheidungen in Ehrenzweig. Treatise, S. 8 Fn. 5. 9 Warren. S. 3-54. 10 Siehe Hart/Wechsler. The Federal Courts, S. 2, besonders die dort in Fn. 2 enthaltenen Literaturhinweise. II U.S. Constitution, Artide I1I, Section I. Vgl. die Grundbeschlüsse des Nationalrates, "daß die Gerichtsbarkeit so unabhängig als möglich, jedoch nur ein Gericht die höchste Revisionsinstanz sein soll" (Hart/Wechsler a.a.O., S. 2). 12 U.S. Constitution, Amendment X. 13 U.S. Constitution, Artide III, Section 2: Zur ausschließlichen Bundesgerichtsbarkeit gehören u.a. Zuständigkeit über Diplomaten, Schiffs- und Seerecht ("Admiralty"), Kontroversen zwischen Staaten, Hochverrat ("Treason") und Kontroversen zwischen Staaten und fremden Ländern. 14 U.S. Constitution, Artide IV, Section 1: ~Full faith and credit shall be given in each State to the Public Acts, Records, and ludicial proceedings of every other State."
I. Anerkennung im 19. Jahrhundert
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Obwohl der allgemeine deutsche Einfluß in Amerika schon vor 1789 beträchtlich war/ 6 haben sich französische, spanische, holländische, deutsche und italienische Einflüsse in der Justiz nur vereinzelt Geltung verschaffen können. Rechtssprache, materielles Recht und Rechtsprechung sind britischen Ursprungs. Das "common law" und das reformistische Kirchenrecht der Church of England, die "equity", haben das gesamte amerikanische Rechtssystem, nicht zuletzt auch das Kollisionsrecht, entscheidend beeinflußt. 17 Die um die Jahrhundertwende (ca. 1800) entstandenen grundlegenden Verfassungsfragen der jungen Republik sind durch den ersten bedeutenden Chief Justice des Supreme Court, den Richter und Rechtswissenschaftler lohn Marshall, 18 entscheidend geprägt worden. Auf dem Gebiet der Anerkennung ausländischer Urteile hat Marshall in enger Anlehnung an die Rechtsprechung des House of Lords das Grundsatzprinzip entwickelt, daß diese generell als im Tenor verbindlich ("uniformly qualified") anzusehen seien, daß jedoch die Kompetenz ("capacity") des fremden Gerichts nachzuprüfen sei. 19 Diese "vested rights"-Lehre, die eine "revision au fond" ausländischer Entscheidungen ausschloß, solange die fremde Gerichtsbarkeit im völkerrechtlichen Rahmen ausgeübt wurde ("legitimately exercised") und der ordentlichen Kompetenz ("legitimate competence") des Forum-Gerichts entstammte, wurde zum ersten Mal in der amerikanischen Rechtsgeschichte durch den Richter und Rechtswissenschaftler loseph Story20 beschrieben und festgelegt. In starker Anlehnung an Vattel 21 hielt Story zu der These, daß die fremde Machtausübung, sofern rechtmäßig, wenigstens "prima facie" zu respektieren und ihr die "comitas gentium", die "courtoisie der Anerkennung", zu gewähren sei. 22 Die von Ehren15 Vgl. z.B. Artikel 54 des New Yorker CPLR (§ 5401 bis § 5408): "Enforcement of judgments entitled to full faith and credit." Das in New York zu vollstreckende Urteil eines anderen Staates bedarf lediglich der Registrierung (außer Versäumnisurteilen). Ähnliche Regelungen finden sich in fast allen Staaten der Union. Vgl. auch Goodrich. S. 601 (British Foreign Judgments Act of 1933) für die englische Praxis. Zur deutschen Regel siehe Schütze. DIZPR, S. 166 ff. Auch Deutschland gibt keine "Exequatur" ohne Verfahren. 16 Eine umfassende und mit ausführlichen Literaturhinweisen versehene Darstellung des deutschen Einflusses in Amerika findet sich in der anläßlich des 300. Jubiläums der ersten deutschen Einwanderer veröffentlichten Aufsatzsammlung "Germans to America - 300 years of immigration". herausgegeben von Günter Moltmann. Institut für Auslandsbeziehungen, Eugen Heinz Verlag, Stuttgart, 1982. J7 Es ist zu berücksichtigen, daß die neugegründete Nation den vollständigen Justizapparat der britischen Kolonien - einschließlich Richter und Procedere - übernahm. 18 1755-1835, Supreme Court Justice von 1801 bis 1835. 19 Rose v. Himely, 4 Cranch (8 U.S.) 241, 269, 270 (I 808). Marshall beruft sich in seiner Analyse auf Entscheidungen des British High Court of Admiralty. ,0 Story. Commentaries on the Conflict of Laws (1834). Zur umfangreichen Literatur über diesen bedeutenden Rechtsgelehrten gehören u.a. Nadelmann. Am.J.Comp.L.3, (1954) 15; Lorenzen. Har.L.Rev. 48, (1934) 17; Ezra Pound. Am.L.Re.48, (1914) 676. ,I Vattel. The Law of Nations of Principles of Law of Nature: Applied to the Conduct and Affairs of Nations and Sovereigns (1700). " Ehrenzweig. Treatise, S. 162, 163; Goodrich. S. 604,605; vgl. ferner Ehrenzweig/ Jayme. S.54ff.
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zweig treffend beschriebene Zweideutigkeit des "comity"-Begriffs (siehe nachfolgend) ist durch Story zum roten Faden in der amerikanischen Rechtslehre geworden. 23 3. "Hilton v. Guyot"
Bis zum Bürgerkrieg und der Erschließung des Westens durch die transkontinentale Eisenbahn blieb der amerikanische Wirtschaftskontakt mit den Staaten in Übersee in bescheidenem Rahmen. Mit der zunehmenden Industrialisierung der europäischen Großmächte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, dem rapiden Wachstum der europäisch-amerikanischen Handelsbeziehungen und den Folgen des Bürgerkrieges wuchs auch die Notwendigkeit der amerikanischen Justiz, den immer häufiger anfallenden anerkennungsuchenden europäischen Urteilen gerecht werden zu müssen. Im Jahre 1895 fällte der Supreme Court eine Grundsatzentscheidung i.S. "Hilton v. Guyot,,/4 die bis heute für Anerkennungsfragen gleichzeitig Prüfstein, Fundament und Ausgangspunkt geblieben ist. Ein französisches Geldurteil gegen amerikanische Staatsbürger wurde vom Circuit Court ohne Nachprüfung des Tatbestandes und des zur Entscheidung notwendigen materiellen Rechts, also ohne "revision au fond", anerkannt und für vollstreckbar erklärt. Die (amerikanischen) Beklagten rügten in der Revision an den Supreme Court, daß dem französischen Urteil keine einseitige Anerkennung zustehe, da im umgekehrten Falle, also eines amerikanischen Urteils in Frankreich, die französischen Gerichte dieses einer materiellen Nachprüfung unterworfen hätten. 15 Die Voraussetzungen der "comity" seien daher nicht gegeben, und die Entscheidung des Circuit Court zugunsten der französischen Klägerin sei aufzuheben.
In einer Mehrheitsentscheidung (fünf gegen vier) hob der Supreme Court das zwischeninstanzliche Urteil auf und verwies die Sache zurück an die untere Instanz. Seither ist immer wieder betont worden, daß die Normen der "comity" in einem Fall verkündet wurden, der an sich die Anerkennung verweigerte und zur "comity"-Gewährung die Gegenseitigkeit ausbedingte. 26 Bemerkenswert ist ferner, daß der Supreme Court in der Hilton-Entscheidung (immerhin 1895) Deutschland ausdrücklich als eines der Länder aufzählt, deren Anerkennung EhrenzlI'eig. Treatise, S. 163 und Fn. 25. 159 U.S. 113, 16 S. CI. 139,40 L. Ed. 95 (1895). 15 Seither hat Frankreich bekanntlich die "revision au fond" größtenteils abgeschafft. Vgl. Kegel. S. 653, und die dort angeführten Literaturhinweise, sowie Reesel Rosenberg. S. 227, Fn. 3; ferner Nadelmann. Am. J. Comp. L. 6, 13, I; ausführlich Weser. Am. J. Comp. L. 10, 323 ff. 26 "There is a distinct and independent ground upon which we are satisfied that the comity of our nation does not require us to give conclusive effect to the judgments ofthe courts of France, and that ground is the want of reciprocity, on the part of France, as to the efTect to be given to the judgments of this and other foreign countries." Hilton v. Guyot, nachgedruckt in ReeselRosenberg. S.224. 13
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ausländischer Urteile ohne Nachvollziehung auf Gegenseitigkeit beruhen/7 bei denen also nach amerikanischer Sicht Anerkennung zu gewähren ist. Trotzdem verkündet das Gericht die Anerkennungsgrundsätze, zu denen die Hilton-Entscheidung selbst die Ausnahme bildet: "In view of all the authorities upon the subject, and of the trend of judicial opinion in this country and in England, following the lead of Kent and Story, we are satisfied that where there has been opportunity for a full and fair trial abroad before a court of competent jurisdiction conducting the trial upon regular proceedings after due citation or voluntary appearance ofthe defendant and under a system of jurisprudence likely to secure an impartial adminstration of justice between the citizens of its own country and those of other countries, and there is nothing to show either prejudice in the court or in the system of laws under which it was sitting, or fraud in procuring the judgment, or any other special reason why the comity of this nation should not allow it full elfect, the merits of the case should not, in any action brought in this country upon the judgment, be tried afresh, as on a new trial or appeal, upon the mere assertion ofthe party that the judgment was erroneous in law or in fact. The defendants, therefore, cannot be permitted, upon that general ground, to contest the validity or the elfect of the judgment sued on.,,28
Am Tage der Hilton-Entscheidung verkündete der Supreme Court eine zweite Anerkennungsentscheidung i.S. "Ritchie v. McMullen".29 In diesem Fall gewährte der Supreme Court - als ob er die Hilton-Ausnahme betonen wolleeinem kanadischen Urteil aus der Provinz Ontario ohne Nachvollziehung "comity", da das Gericht die Gegenseitigkeit zwischen den U.S.A. und Kanada als gegeben ansah. Die Normierung der Anerkennungsmaxime durch Hilton erlaubt eine Zusammenfassung der amerikanischen Rechtslehre um die lahrhundertwende zur Anerkennung ohne Nachvollziehung etwa folgendermaßen: ,,full and fair trial", also erschöpfende, unbeschränkte Beweisfreiheit und rechtliches Gehör im Erstgericht; "competent jurisdiction", die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts; "regular proceedings", die Gewährleistung einer verfahrensrechtlich angemessenen Ordnung, Gerechtigkeit in der Verwaltung und Verfahrensweise und ein ,ordentliches' Gericht; "citation or appearance", entweder Einlassung des Beklagten oder rechtsgültige, den Gesetzen des Erststaates entsprechende Ladung ohne Überforderung oder Rechtsbeugung;
27 "In the great majority of the countries on the continent of Europe - in Belgium, Holland, Denmark, Sweden, Germany, the judgment rendered in a foreign country is allowed the same effect only as the courts of that country allow to the judgments of the country in which the judgment in quest ion is sought to be executed." Hilton, a.a.O., nachgedruckt in Reese / Rosen-
berg. S. 226.
28 Nachgedruckt in Reese/ Rosenberg. S. 224. 29 159 V.S. 235 (1895).
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"im partial administration of justice between citizens and foreigners", also Gleichheit vor dem Richter, keine auf Nationalität oder örtliches Domizil abgestellte Bevorzugung des (erststaatlichen) Klägers gegenüber dem (amerikanischen) Beklagten in Behandlung, Beweiswertung und Rechtsanwendung; "freedom from fraud in procurement", also keine Urteilserschleichung; "no violation of public policy", das Urteil darf nicht gegen die amerikanische "ordre public" verstoßen; -
"reciprocity", also Gegenseitigkeit.
Es gehört zu der geschichtlichen Eigenart der Hilton-Entscheidung, daß das von der Mehrheit zum kritischen Entscheidungspunkt gemachte Gegenseitigkeitserfordernis inzwischen oft abgelehnt wurde/o während die in der Entscheidung enthaltene informatorische und argumentative Problemdiskussion herrschende Meinung geworden ist. 31 Der New Yorker Court of Appeals begründet seine Weigerung, dem Gegenseitigkeitsprinzip zu folgen, durch die "vested rights"-Theorie: Nichtanerkennung wegen fehlender Gegenseitigkeit beraubt den Kläger seiner im Ausland wohlerworbenen Rechte. 32 Aber auch die HiltonMajorität verwahrt sich gegen den Vorwurf des richterlichen Revanchismus: "In holding such a judgment ... not to be concIusive ... we do not proceed upon any theory of retaliation upon one person by reason of injustice done to another, but upon the broad ground that internationallaw is founded upon mutuality and reciprocity."JJ 4. Gegenseitigkeit und "comity"
Zur Vervollständigung der historischen Entwicklung der Anerkennungslehre ist an dieser Stelle eine Gegenüberstellung der Gegenseitigkeitsnormen erforderlich. a) Die .. Gegenseitigkeit" im deutschen Recht
Das in der Hilton-Entscheidung als amerikanische IPR-Regel festgelegte Gegenseitigkeitserfordernis war schon seit geraumer Zeit Grundbestandteil der JO lohnston v. Compagnie Generale Transatlantique, 242 N.Y., 381, 152 N.E., 121 (1926); Cowans v. Ticonderoga Pulp and Paper Co., 219 App. Div. 120,219 N.Y., 284 (\927). Vgl. Ehrenzweig. Treatise, S. 165; Peterson. Ohio L.l., 24, 291,294; EhrenzlI"eig I Jayme. S. 56. Das "lohnston-Gericht" bezeichnete die Gegenseitigkeitsregel in HiIton als "magnificent dicta". 31 So hat das "HiIton-Gericht" selbst durchblicken lassen, daß "in rem" und "quasi in rem" sowie Statusurteile ohne Gegenseitigkeitserfordernis anerkannt würden. Vgl. Sm;'. UClA L. Rev. 9, 44, 49, 50. 32 "The decision in the Hilton case would deprive a party of the private rights he has acquired by reason of a foreign judgment because the country in whose court that judgment was rendered has a rule of evidence different from that which we have and does not give the same effect as this State does to a foreign judgment." Cowans v. Ticonderoga Pulp and Paper Co., a.a.O., Fn. 3D, nachgedruckt in Reesel Rosenberg. S. 228. 33 Hilton v. Guyot, a.a.O., nachgedruckt in Reesel Rosenberg, S. 226.
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kontinentalen Rechtssysteme. Die Forderung nach gleicher Behandlung im Urteilsaustausch als Voraussetzung für die einheimische Anerkennung wuchs besonders in Europa - paral1el mit dem zunehmenden Nationalismus der Industriestaaten als Ableitung der öffentlich-rechtlichen Souveränitätslehre in die privatrechtliche Sphäre. 34 Moderne - besonders auch amerikanische maßgebliche Meinungen gehen jedoch dahin, daß die Gegenseitigkeitsfrage in die staatspolitische Sphäre gehört und die Gerichte sich nicht damit abgeben sol1en. 35 Sogar der Verfasser der Minoritätsbegründung im Hilton-Fal1, Chief lustice Fuller, schrieb: "It is for the government, and not for its courts, to adopt the principle of retorsion, if deemed under any circumstances desirable or necessary." 36
Bekanntlich ist in der deutschen Rechtsordnung das Gegenseitigkeitserfordernis als Anerkennungsvoraussetzung (§ 328 Nr. 5 ZPO) schon lange Gesetz. Die dem deutschen Richter dadurch auferlegte Nachprüfung der ausländischen Gegenseitigkeitsgewährung erfolgt zunächst auf der Grundlage bilateraler oder multilateraler Staatsverträge. 37 Sind diese vorhanden, so entfal1t jede weitere Nachprüfung. Besteht mit dem Ursprungsland des anzuerkennenden Urteils jedoch keine Abmachung, so muß geprüft werden, ob und in welchem Maße der Urteilsstaat deutschen Urteilen Anerkennung gewährt. 38 Neuerdings - wie noch ausgeführt wird, war dies nicht immer so - genügt es zur Unterstel1ung der Gegenseitigkeit, daß die Anerkennung und Vol1streckung deutscher Urteile im 34 V gl. Ernst. Gegenseitigkeit und Vergeltung im IPR (1950), sowie ausführlich Hepting. Die Gegenseitigkeit im internationalen Privatrecht und internationalen Zivilprozeßrecht, Diss. München 1973, mit zahlr. Nachweisen. 31 Peterson. Ohio L.J. 24, 291, 294; Homburger. Am. J. Comp. L., 18,367,383; Lorenzen. Yale L.J. 29, 188, 200. Vgl. deutscherseits Kegel. S. 652: "Die Gegenseitigkeitsklausel (§ 328 NT. 5 ZPO) ist rechtspolitisch verfehlt." Wengier sieht bei starrer Adherenz an das Gegenseitigkeitsprinzip eine mögliche Verletzung des Gleichheitsprinzips im Rechtschutz (BGB-RGRK VI I, S. 401). Zahlreiche deutsche Kritiker, u.a. das Max-Planck-Institut, RabelsZ 47 (1983), S. 674 ff., haben den deutschen Gesetzgeber nicht daran hindern können, die Gegenseitigkeitserfordernis in der Novellierung des § 328 ZPO vom 25.7.1986 beizubehalten. J6 Nachgedruckt in Cheatham. S. 281. 37 Rosenberg/ Schl\'ab. S. 1003 f.; Staudinger/ Firsching. Rdn. 615 vor Art. 12 EGBGB; ausführlich Geimer / Schütze. S. 1758 ff. 38 Stein/ Jonas/ Schumann/ Leipold. Anm. VIII, bes. VIII 0 zu § 328 ZPO; Baumbach/ Lauterbach/ Hartmann. Anm. I C zu § 328 ZPO; Schütze. S. 144 ff.; Wieczorek. Rdn. E V b zu § 328 ZPO. Die Übersichten über Verbürgung der Gegenseitigkeit bedürfen in bezug auf die Vereinigten Staaten der Revision. Noch 1972 sprechen Schumann und Leipold in Stein/ Jonas (§ 328 ZPO bei Fußn. 266, S. 1423) von "fehlenden Erkenntnisquellen" für die U.S.A. Nur "Bundesgerichte, New York und Kalifornien" sollen Gegenseitigkeit gewähren. Baumbachl Lauterbach/Hartmann begnügen sich in der 45. Auflage (1987) unter Hinweis auf Bülol\'/ Amold (Länderteil, E V I), mit dem Vermerk:. "Für jeden Staat besonders zu prüfen", (Anhang zu § 328 ZPO, S. 1013). Vgl. ferner Schütze. S. 154 ff. unter Hinweis auf deutsche Urteile; Zöller/ Geimer (Anhang I, S. 2454) und Geimer/ Schütze. S. 1913 ff. mit Literatur-und Urteilshinweisen. Soweit feststellbar, hat außer Schütze und GeimerlSchütze noch kein deutscher Kommentar den "Uniform Foreign Judgment Recognition Acts" ausführlich besprochen. Eine kurze Übersicht enthalten Schurtman/Walter. S. 5, Drobnig. S. 355-7; und Geimer I Schütze, S. 1749 ff.
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fraglichen Erststaat nicht wesentlich schwerer ist als in Deutschland. 39 Es muß also eine schwerwiegende Diskriminierung, nicht in der Theorie, sondern in der Praxis, vorliegen, bevor die deutsche Judikatur die Gegenseitigkeit verneint. 40 b) Die" Gegenseitigkeit" im amerikanischen Recht
Während sich der europäische Anerkennungsgedanke weitgehend auf die durch bilaterale und multilaterale Anerkennungsverträge verbürgte Gegenseitigkeit stützt, fußt die amerika nische Anerkennung auf dem Prinzip der schon erwähnten "comitas gentium", der "comity of nations", dem schon in der frühen Rechtsprechung eigenen Entgegenkommen gegenüber anderen Staaten und deren gerichtlicher Staatsakten, zusammengefaßt in dem Begriff der "comity". Dieser dehnbare, ungenaue Begriff beruht auf "der freien Würdigung fremder Urteile aus Gründen der internationalen Hochachtung", der "courteoisie zwischen Gleichen", und ist weder verbindliches Mandat noch bloße Höflichkeits- oder Wohlwollensbezeugung. 41 Das Supreme Court hat die "comity" in folgenden Worten begrifflich normiert: "Comity is not a rule of Iaw, but one of practice, covenience and expediency. It is something more than mere courtesy, which implies only deference to the opinion of others, since it has a substantial value in securing uniformity of decision, and discouraging repeated litigation of the same question. But its obligation is not imperative. Comity persuades, but it does not command. ,,42
Daraus darf jedoch nicht gefolgert werden, daß die Gewährung der Anerkennung durch die amerikanischen Gerichte im Wege der "comity" unverbindliche Ermessenssache ist. Begrifflich ist die "comity" unklar, unbefriedigend und für die internationale Anerkennungspraxis ungeeignet. Als Regel liegt die "comity" zwischen Bitte und Befehl an die Gerichtsorgane, ist jedoch eher Befehl. Die Rechtsprechung fordert einhellig, daß nach Prüfung der Vorbedingungen die Versagung der "comity" bei unbedenklichen Auslandsurteilen möglichst vermieden werden soll.43 Die U.S.A. sind anerkennungsfreudig,jedoch hat sich der oft Wieczorek. Rdn. EVa zu § 328 ZPO mit Entscheidungsnachweisen. Wieczorek. a.a.O.; Zöller / Geimer. Rdnr. 177 zu § 328 ZPO; Rosenberg / Schll'ab. S. 1003 f.; Schütze. DIZPR, S. 144-45 m.w.N.; Wengier in BGB RGRK VI I, § 14 Nr. 9. ,19
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41 Der Begriff "comity" (wörtlich: Die Bereitschaft, ohne Zwang oder Pflicht aus freien Stücken und "good will" heraus ein Privileg zu gewähren) ist wegen seiner dehnbaren Unbestimmtheit heftig kritisiert worden. Vg!. Peterson. Ohio St. L. J., 24, 293, 294; Smit. UCLA L. R., 9 44, 53 ("The term comity is as chameleonic as its legal uses are varied ... "); Reese. Co!. L. R., 50, 783, 784 ("Comity, a word of loose and uncertain meaning at best ... "); Ehrenzll'eig. Treatise, S. 160-166. 42 Maast, Foos und Co. v. Mfg. Co., 177 U.S., 485, 488. 43 Die in der Rechtsprechung, besonders i.S. Hilton, betonte Tendenz ist die der "prima facie"-Anerkennung, die nur dann eingebüßt wird, wenn das Auslandsurteil dem Bedingungs-
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kritisierte44 Begriff der "comity" im auf Gegenseitigkeit bestehenden Ausland nicht sonderlich gut durchsetzen können. Als amerika nische Kollisionsnorm hat die "comity" die ausländischen Richter nicht befriedigt. Dies ist einer der Anlässe zur Entstehung der Uniform Acts. Im Gegensatz zur kontinentalen Lehre erfordert die "comity" - als vertragslose Gegenseitigkeit - weder Staatsverträge noch andere explizite Anerkennungsabmachungen. Noch heute steht die U.S.A. in bezug auf Anerkennung ausländischer Urteile in vertragslosem Zustand mit aller Welt, einschließlich der Bundesrepublik. 45 Die der "comity" eigene Gegenseitigkeit hat Reese46 treffend gekennzeichnet: "Perhaps the most important of these latter policies is that of reciprocity, or, stated in more explicit form, the desire that judgments rendered in this country should be held conclusive on the merits throughout the world, coupled with the thought that the best way to attain this end is to grant the judgment of a particular nation no more effect than the courts of that nation accord to one of American origin."
Obwohl, wie schon ausgeführt wurde,47 verschiedene "state courts" diese Gegenseitigkeitserfordernis überhaupt abgelehnt haben, ist unverkennbar, daß das Verhalten des Erststaates (Gesetze, Rechtsprechung, Urteilsanerkennung) gegenüber amerikanischen Hoheitsakten, seien es Urteile oder andere anzuerkennende Mandate, im Denken der um Anerkennung ersuchten amerikanischen Gerichte doch eine Rolle spielt.
11. Anerkennung im 20. Jahrhundert 1. Die Versicherungsfälle
Am 18. April 1906, elf Jahre nach der "Hilton"-Entscheidung, wurde San Francisco von einer Erdbebenkatastrophe heimgesucht, welche verheerende Personen- und Sachschäden zur Folge hatte. Unter den Haftpflichtversicherungsträgern befanden sich zahlreiche deutsche Versicherungsgesellschaften, die zur Schadensabdeckung herangezogen wurden. Einige der deutschen Versichekatalog nicht genügt. Die Einwände sind "defenses", nicht "conditions". Verweigerung der "comity" ist Anlaß zur Revisionsbeschwerde. 44 Neben den in Fn. 41 d.A. aufgeführten Kritiken findet sich eine maßgebliche Zusammenfassung der kritischen Stimmen im Restatement, Conflict ofLaws, Ch. 5, Topic 2, Introductory Note. Vgl. auch Goodrich. der die Bezeichnung der "comity" als irreführende Falschbenennung ablehnt und deren unpräzise Benutzung durch die Gerichte bedauert (Goodrich. S. 12). Ironischerweise ist es trotz dieses Chors der Kritik Tatsache, daß das Wort "comity" fast täglich in den Gerichtssälen der U.S.A. ohne Einwand oder Bedenken gebraucht wird. 45 Der deutsch-amerikanische Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 29.10.1954 (BGBI 1956 H 488) enthält keine Regelung über Urteilsanerkennung. Ausgenommen sind vertraglich anerkannte Schiedsgerichtssprüche (siehe 4. Kapitel, III 4 dieser Arbeit). 46 Reese. Col.L.R., 50, 783, 784. Zustimmend: Ehrenzweig. Treatise, S. 163, und Peterson. Ohio St. L.J., 24,291,293. 47 Siehe oben Fn. 30 und 32 d.A. sowie der diesbezügliche Text.
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I. Kap.: Die geschichtliche Entwicklung
rungsträger verweigerten Zahlung unter Hinweis auf ihre Versicherungsbedingungen. Auf in Kalifornien gegen sie angestrengte Klagen ließen sie sich nicht ein und entfernten ihre arrestfähigen Werte aus diesem Staat. 48 Da offensichtlich wurde, daß die resultierenden kalifornischen Versäumnisurteile im kaiserlichen Deutschland (§ 328 ZPO war schon seit 1896 Gesetz) mangels Gegenseitigkeit keine Anerkennung finden würden, verabschiedete der kalifornische Staatsrat mit Wirkung vom 11. März 1907 eine Novellierung des § 1915 der California Code of Civil Procedure: "A final judgment of any other tribunal of a foreign country having jurisdiction, according to the la ws of such country to pronounce the judgment, shall have the same effect as in the country where rendered, and also the same effect as final judgments rendered in this state. "49
Diese Ausnahmevorschrift 50 oder "arglistige Gesetzgebung,,51 verlieh ausländischen Urteilen unmittelbare inländische Geltung, eine Gleichstellung, die sogar den Urteilen anderer Bundesstaaten nicht unbedingt zukam. 52 Der erhoffte Erfolg, nämlich der Gegenseitigkeitseffekt in Deutschland und damit die Vollstreckung der kalifornischen Urteile, trat jedoch nicht ein. Mit Entscheidung vom 26.3.1909 5.1 versagte das Reichsgericht den kalifornischen Versäumnisurteilen Anerkennung nach § 328 Nr. 5 ZPO mit der Begründung, daß u.a. in Kalifornien die Gegenseitigkeit nicht verbürgt sei. In der seither auch in Deutschland oft kritisierten Entscheidung 5-1 wurde gefolgert, daß der kalifornische Richter nach dem Wortlaut des kalifornischen Statuts die deutsche Zuständigkeit nach deutschem (nicht nur seinem eigenen) Recht zu prüfen habe und daß dieses einer nach § 328 ZPO unzulässigen "revision au fond" gleichkomme. Auch die Rechtskraftwirkung der kalifornischen Urteile wurde vom RG (unter völliger Verkennung der "equity"-Regeln) angezweifelt. 48 Deutsche Versicherungsträger hielten Policen im Gesamtwert von etwa 100 Mio. Dollar. Vier Firmen zogen sich vom US-Markt völlig zurück. Eine Firma, die Hamburg-Bremen Feuerversicherungs AG. zahlte ihre Policen mit einem Diskont von 25 Prozent aus
(Thomas/Witts. S. 188-9). 49 Vg!. dazu Häger. S. 136. Im Einklang mit der damals üblichen anerkennungsfeindlichen Einstellung warnt Häger anhand des kalifornischen Beispiels vor .. unangenehmen Folgen",
wenn .. unentwickelte Kleinstaaten". durch Gesetzesmanipulation Deutschland zur Anerkennung ihrer Urteile zwingen können, indem sie nominell den Erfordernissen des § 328 (5) ZPO genügen. Als der Gegenseitigkeit ermangelnd nennt Häger (miteinander) .. Kalifornien. Montenegro, Nordamerika. Uruguay und den Kanton Zürich" (Häger. S. 20). 50 Häger. S. 134. Hägers Schilderung der deutsch-amerikanischen Prozeßvorgänge nach dem Erdbeben steht im Widerspruch zu anderen Historikern (vgl. oben Fn. 48 d.A.). SI Feiler. JW 1931, S. 112. Ehrenzweig/ Jayme. S. 57, bezeichnen sie sogar als .. fraudulent legalization" . S2 Ca!. Code Proc. § 1713 wird fortgeführt als die .. Uniform Acts". Vg!. Ehrenzll"eig. Treatise, S. 162, 163 sowie unten Anhang 11 d.A. S3 RGZ 70, S. 434. S4 Lorenzen. Yale L.J. 29, S. 203; Feiler, JW 1931, S. 112; Gaupp/Stein. S. 847, Anm., 88; Schütze. DIZPR S. 145, besonders die Hinweise in Fn. 125.
11. Anerkennung im 20. Jahrhundert
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Diese Reichsgerichtsentscheidung war daher bis zum ersten Weltkrieg und darüber hinaus der Schwerpunkt der deutsch-amerikanischen Urteilsanerkennung; aus deutscher Sicht betont negativ. Noch im Jahre 1931 beurteilte Feiler 55 die Anerkennung deutscher Urteile in den U.S.-Einzelstaaten als "großzügig", die Anerkennung amerikanischer Urteile in Deutschland jedoch aus verschiedenen Gründen als "ablehnend". 2. Der erste Weltkrieg und seine Folgen: "trading with the enemy"
Der Ausbruch des ersten Weltkrieges 56 zerstörte die damaligen Rechtsbeziehungen zwischen den beiden Nationen und führte zu beiderseitigen Regierungsrnaßnahmen gegen feindliche Werte und Personen im Inland. In dem in den U.S.A. am 6.10.1917 erlassenen "Trading with the Enemy Act,,57 wurde die Beschlagnahme aller deutschen Werte, von Patentrechten bis zu Erbschaften, gleichgültig ob öffentlicher oder privater Natur, durch den "Alien Property Custodian" vorgenommen. Simultan erfolgte die Devisensperre über deutsche Guthaben, Forderungen, Anleihen und Außenstände. Obwohl die der Beendigung des Kriegs folgenden politischen und wirtschaftlichen Veränderungen und Kriegsnachwehen Europa in einem fast permanenten Krisenzustand hielten, wurde die verhältnismäßig rapide Wiederherstellung des Normalzustandes mit den Vereinigten Staaten durch den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag vom 8.12.1923,58 die Einberufung der deutsch-amerikanischen "Mixed Claims Commission" durch Staatsvertrag vom 10.8.1922 und weitere Schritte zur Normalisierung der Beziehungen intensiviert. Obwohl die dem ersten Weltkrieg entstammenden privat- und öffentlich-rechtlichen Folgen - man denke nur an die Bereinigung der deutschen Anleihen - vollkommen neue, bis dahin noch nie aufgekommene Probleme mit sich brachten, lassen sich maßgebliche Änderungen in der negativen Einstellung Deutschlands zur Frage der Anerkennung amerikanischer Urteile zur damaligen Zeit nicht feststellen. Noch im Jahre 1931, kurz vor dem nationalsozialistischen Machtantritt, wurde die Rechtslage von der "Hilton"-Entscheidung in den U.S.A. einerseits, und der RG-Entscheidung vom 26.3.1909 in Deutschland andererseits, beherrscht. 59
SS 56
S7 S8 S9
Feiler, JW 1931, S. 114; noch pessimistischer Lorenzen, Yale L.J. 29, S. 203. Die U.S.A. erklärten am 6.10.1917 den Mittelmächten den Krieg. 40 Stat. 411, 50 U.S.C.A. app.; § 6, as amended. 44 Stat. Part 3, 2132, 1923 Treaty Series, No. 725. Feiler, JW 1931, S. 112.
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3. Das Dritte Reich und die "Acts of State"-Doktrin
Bekanntlich wurde der nationalsozialistische Machtantritt im Jahre 1933 Ausgangspunkt einer zunehmenden Entrechtung ganzer Bevölkerungsteile und erzwang eine fast totale Umwälzung der Fundamente des deutschen Rechtsstaates. 60 Das durch die Herrscher des Regimes eingeleitete System der "Gleichschaltung" der Justiz durch das System der Sondergerichte, der Parteirichter, der erzwungenen Ausrichtung der Anwaltschaft auf die nationalsozialistische Ideologie sowie die allmähliche Ausschaltung jüdischer und anderer Bevölkerungskreise aus dem rechtsstaatlichen Schutz, verbunden mit der Preisgabe von deren Person und Besitz an die außergesetzlichen Polizeiorgane als juristisches Freiwild, blieb der amerikanischen, auf den "due process of law" ausgerichteten Justiz nicht verborgen. Versuche, der nationalsozialistischen Entrechtung wenigstens auf amerikanischem Hoheitsgebiet entgegenzutreten, scheiterten jedoch an der sogenannten "Acts of State"-Doktrin, nach welcher die Gerichte der U.S.A. sich nicht mit der Recht- oder Unrechtmäßigkeit eines Hoheitsaktes auseinandersetzen dürfen, der im Gebiet einer durch die U.S.A. anerkannten Nation durch die dortige Regierung veranlaßt wird. "The act of state doctrine in its traditional formulation precludes the courts of this country from inquiring into the validity of the public acts a recognized foreign sovereign power committed within its own territory.61
Es war dadurch unmöglich, berechtigte Ansprüche gegen Organe des NaziRegimes in amerikanischen Verfahren geltend zu machen, da der Weg zur Tatbestandsprüfung und das Vorbringen von Klagebegehren durch die "Acts of State"-Lehre versperrt war.6~ Es ist geschichtliche Tatsache, daß eine Vielzahl der während des NaziRegimes begangenen Verletzungen der sittlichen Rechtsordnung63 erst dann ge60 Hirsch/ Majer/ Meinck. Recht, Verwaltung und Justiz im Nationalsozialismus, 1984; vgl. auch lohe. Die gleichgeschaltete Justiz, S. 117-154. 61 Justice Harlan als Sprecher für die Majorität in Banco Nacional de Cuba v. Sabbatino, 376 V.S. 398 (1964), nachgedruckt in Bishop. S. 877. Die grundlegende Entscheidung war Vnderhill v. Hernandes, 168 V .S. 250 (1897), die - ebenso wie die Hilton-Entscheidung bezüglich der Anerkennung - durch dasselbe Gericht die Normen der "Acts of State" zum ersten Mal fixierte. Vgl. Domke. American-German Private Law Relations, S. 51. 6, Holzer v. Deutsche Reichsbahngesellschaft, 277 N.Y. 474, 14 N.E. 2d 798,1938 (Vorzeitige, vertragswidrige Entlassung eines jüdischen Reichsbahnbeamten kann nicht durch New Yorker Kontenarrest von Reichsbahngeldern schlüssig geltend gemacht werden). Kleve und Warisch v. Basler Lebensversicherungsgesellschaft, 182 Mise. 776,45 N.Y.S. 2d 882, 1943 (Schweizer Lebensversicherungsträger kann in New York nicht dasfür haftbar gemacht werden, daß er zufolge der nationalsozialistischen Gesetzgebung deutschen Behörden Versicherungspolicen jüdischer Versicherungsnehmer auszahlte). Ferner: Bloch v. Basler Lebensversicherungsgesellschaft, 73 N.Y.S. 2d 523 (1947). Eine ausführliche Analyse dieser Rechtsprechung enthält Domke. a.a.O., S. 51-61. 63 KG vom 29.10.1946, SJZ 1947, S. 257, 262; BGH (Gesamtzivilsenat) vom 28.02.1955, NJW 1955, S. 905; als deutsche Richtlinie für die nach 1953 erlassene Rückerstattungs-, Lastenausgleichs- und Entschädigungsgesetzgebung, welche die Rechtswidrigkeit diskriminierender "Nazi Acts of State" voraussetzt.
11. Anerkennung im 20. Jahrhundert
33
prüft werden konnte, als das dritte Reich schon nicht mehr existierte. Da ab 1933, zunehmend mit der auf den zweiten Weltkrieg hinsteuernden Intensivierung der internationalen Spannungen, auch die normalen deutsch-amerikanischen Beziehungen rapide abnahmen, war das Problem der Urteilsanerkennung nicht spürbar. Der Schwerpunkt dieser Frage kam jedoch nach 1945 auf die amerikanischen Gerichte zu, als diese sich im Rahmen der Auseinandersetzungen von bis 1945 aufgestauten Vermögens-, Nachlaß- und Statuskonflikten kritisch mit deutschen Nazi-Maßnahmen, einschließlich der Urteile, auseinandersetzen mußten. Der Schulfall für die Beurteilung der Nazi-Justiz durch amerikanische Gerichte, der bleibende Spuren in der "Acts ofState"-Doktrin hinterlassen hat, ist die Klage des ehemaligen Hamburger Reeders Bernstein gegen die Erwerber seiner Schiffe, welche sich in mehreren Prozessen jahrzehntelang durch die Federal Courts zog.64 Im Jahre 1938 wurde Bernstein, deutsch-jüdischer Inhaber der ,Red Star Line', wegen angeblicher Devisenvergehen verhaftet und von einem Hamburger ,Sondergericht' zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Es war damals hinreichend bekannt, daß der eines sogenannten ,Wirtschaftsvergehens' Schuldige, besonders wenn er ,Nichtarier' war, nach Entlassung aus der gerichtlichen Haft und Obhut Gefahr lief, in die Hände der außergerichtlichen Organe der Gestapo oder des SO zu geraten und in einem Konzentrationslager zu enden. Während Bernsteins Untersuchungshaftzeit erschien ein Vertreter der New Yorker Schiffshypothekengläubigerin, der Chemical Bank, in Hamburg und machte dem aus dem Polizeigefängnis gebrachten Bernstein den Vorschlag, seine verbleibenden Eigentumsrechte der Chemical Bank zu übertragen. Als Gegenleistung würde die Bank bei der deutschen Regierung "ihren Einfluß geltend machen", um die Ausreise Bernsteins und seiner Familie zu ermöglichen. Bernstein unterschrieb und gelangte nach New York. Die Chemical Bank, nunmehr hundertprozentiger Eigentümer der Schiffe, verkaufte diese weiter an belgische und holländische Interessenten.
Zunächst weigerte sich die Federal Court of Appeals, die Klage gegen die belgischen Käufer als schlüssig zuzulassen, da dies einen "Act ofState", nämlich ein auf damaligem deutschen Recht fußendes Urteil des Hamburger Sondergerichts sowie die deutsche Devisengesetzgebung, in Frage und unter "revision au fond" stellen würde. Auch der Hinweis auf die Unsittlichkeit des Nötigungstatbestandes und die Nichtigkeit der Abtretung sogar nach damaligem deutschen allgemeinen Recht wurde von Judge Learned Hand verworfen: "Even though we assurne that a German court would have held the transfer unlawful at the time it was made, that is irrelevant. ,,65 64 Bernstein v. Van Heyghen Freres, S.A., 163 F. 2d246 (1947) und der nachfolgende Prozeß Bernstein v. N.V. Nederlandsche-Amerikaansche Stoomvaart Maatschappij, 173 F. 2d 71,210 F. 2d 375 (1947 und 1949). 65 Bernstein v. Van Heyghen, s. Fn. 64 d.A., 163 F. 2d 246, 247-8. JusticeHarlan wies in der Sabbatino-Entscheidung darauf hin, daß Leamed Hand sich trotz seiner Abneigung gebunden fühlte: "Recognizing the odious nature of this act of state, the court, through Judge Leamed Hand, nonetheless refused to consider it invalid on that ground." Bishop. S. 883.
3 Weinschenk
I. Kap.: Die geschichtliche Entwicklung
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Schließlich verwies das Gericht auf die bestehende Lehre in folgenden, seither in diesem Zusammenhang oft kritisierten Worten: 66,67 "We have repeatedly declared for over aperiod of at least thirty years that a court ofthe forum will not undertake to pass upon the validity und er the municipallaw ofanother state of the act of officials of that state, purporting to act as such. ~
Als im Zuge des nachfolgenden Prozesses gegen die holländischen Erwerber68 das State Department in einer Stellungnahme 69 erklärte, daß es amerikanischerseits staatspolitische Richtlinie sei, die amerikanischen Gerichte von der Zurückhaltung über die Beurteilung nationalsozialistischer Entziehungs- und Konfiskationsmaßnahmen zu befreien, da die U.S.A. derartigen Praktiken stets ablehnend gegenübergestanden hätte, wurde die Zurückhaltung der Gerichte durch Erklärungen der Exekutive entkräftet. Diese, als die "Bernstein exception" bekannt gewordene Ausnahme zur "Acts of State"-Doktrin, ebnete Bernstein den Weg zur Hauptverhandlung. Dort spielte die Rechtsnatur des in Hamburg ergangenen Sondergerichtsurteils eine heftig umstrittene Rolle. Obwohl die Klägerseite den Ausnahmecharakter und die Rolle der Sondergerichte im nationalsozialistischen Alltag hervorhob, wies die Beklagtenseite auf die formelle Rechtmäßigkeit des Urteils durch die damalige Sonderkammer hin und betonte, daß Devisenvergehen schon lange vor 1933 strafbar waren und daß die Mehrzahl der Länder, einschließlich der U.S.A., zu irgendeinem Zeitpunkt ähnliche Gesetze ha tten. 7(} Die "Act of State"-Doktrin erfuhr nach dem Regierungsantritt Castros in Kuba eine neue höchstrichterliche Prüfung. In Banco Nacional de Cuba v. Sabbatin0 71 bestätigte der Supreme Court erneut die Regel im Hinblick auf kubanische Konfiskationsmaßnahmen gegen amerikanische Privatwerte folgendermaßen: "However offensive to the public policy of this country and its constituent states an expropriation of this kind may be, we conclude that both the national interest and progress toward the goal of establishing the rule of la w among nations are best served by maintaining intact the act of state doctrine in this realm of its application.,,7 2 Bernstein v. Van Heyghen, a.a.O., 249. Note. Co!. L.R. 47, 1061 (1947); Yale L.J. 57, 108 (1947): Chicago L.R. 15,415 (1947). Vg!. House. Ca!. L.R. 3738 (1949) (Victor House war ..lead counsel" in den Bernstein-Prozessen auf der Klägerseite); Woo/sey, Am. J. Int. L., 44, 192 (1950). 68 Bernstein v. N.V. Nederlandsche-Amerikaansche Stoomvart Maatschappij, siehe Fn. 64 66
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d.A. oben. 69 U.S. Department ofState, Presseveröffentlichung des "Office ofthe Legal Advisor", vom 27.04.1949, bekannt unter der Kurzbezeichnung "Tate Letter", nach dem Unterzeichner, Undersecretary Tate. (Dept. of State Bulletins, 20, 592.). 70 Der Inhaber der "Zeit", MdB Dr. jur. Gerd Bucerius, der 1938 Bernstein vor dem Hamburger Sondergerichtshof verteidigt hatte, trat als Zeuge in New York auf und schilderte dem amerikanischen Gericht eindringlich die damaligen Zustände. Trotzdem konnte das deutsche Urteil nicht eindeutig als sittenwidrig anerkannt werden. Das Bernstein-Verfahren wurde endlich im Jahre 1955 verglichen (New York Times, vom 17.03.1955). 71 376 U.S. 398 (1964), siehe Fn. 61 d.A. oben.
11. Anerkennung im 20. Jahrhundert
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Diese Haltung des Supreme Court führte schließlich zur Intervention des Gesetzgebers. Im Jahre 1964 verabschiedete der Kongress das sogenannte "Sabbatino Amendment" /3 nach welchem es keinem amerikanischen Gericht gestattet ist, die Nachprüfung einer Entziehung oder Beschlagnahme durch fremden Hoheitsakt auf Grund der "Acts ofState"-Doktrin zu verweigern, es sei denn, daß der fremde Hoheitsakt mit internationalen Rechtsnormen vereinbar war oder der Präsident der U.S.A. die Anwendung der Doktrin im Staatsinteresse anordnet. Somit ist die "Bernstein exception" zur "Sabbatino-Regel" geworden. Damit war jedoch das Problem der Staatsimmunität weder gelöst noch abgeschlossen. Da sich nach dem 2. Weltkrieg eine rege kommerzielle Tätigkeit fremder Regierungen - zumeist staatseigener Betriebe, besonders des Ostblocks und der dritten Welt - in den U.S.A. anbahnte, und da diese Institutionen sich bei Inanspruchnahme durch amerikanische Gläubiger, Anspruchsteller oder Kläger als "Staatsgebilde" auf ihren diplomatischen bzw. konsularischen Status beriefen, regelte der Kongress in 1974 die Immunitätsfrage durch den "Foreign Sovereign Immunities Act" (FSIA).74 Dieses Gesetz, verbindlich nicht nur für alle EinzeIstaaten, sondern auch allen Staatsverträgen der U .S.A. übergeordnet 75, soll die wachsende Zahl der streitigen Auseinandersetzungen zwischen Amerikanern und ausländischen Regierungen und deren öffentlich-rechtlichen Organen regeln. Ob damit die endgültige Lösung der Immunitätsfrage gefunden wurde, sei dahingestellt. Für die Urteilsanerkennung zwischen der Bundesrepublik und den U.S.A. sind der FSIA und die "Acts ofState"-Doktrin nur von untergeordnetem Interesse 76, jedoch sind für die Beziehungen der U.S.A. zum "anderen Deutschland", der DDR, derartige Probleme aktuell. Die Rechtsfolgen des Zeitabschnitts von 1933 bis 1945 geben für die Anerkennungslehre in bezug auf ,totalitären' Jurisdiktionen entstammende Urteile besondere Erkenntnisse her, deren eingehende Besprechung den Umfang dieser Arbeit sprengen würde. Für die "Acts of State"-Doktrin hat diese Periode der " Daselbst, nachgedruckt in Bishop. S. 890. 73 78 Stat. 1013, 22 V.S. Code § 2370 (e). '" 29 V.S.c. 1602 ff. 75 Eine gründliche Darstellung des Werdegangs und der Bedeutung der FSIA ist in Raji v. Bank Sepah-Iran, N.Y. L.J. vom 7.11.1985, S. 7, enthalten. 76 Vgl. Restatement of Foreign Relations, 2d, § 41, und Reporter's Notes 1-5; und Silherman. N.Y.V.L.R., 53, 33,112 ff. Zur nach dem gewünschten Resultat zweckgesteuerten Auslegungskasuistik des Begriffs ,Acts ofState' siehe.z.B. Sharon v. Time, 599 F.Supp. 538(1984); Banco De Vizcaya v. First Nat. Bank of Chicago, 514 F.Supp. 1280 (1981), Perez v. Chase Manhattan Bank, 61 N.Y. 2d 460,474NYS 2d, 689, 463 NE 2nd 5, reh. den. 62NY2d 1028,468 NE 2nd S6 (1984); und besonders DunhilI of London, Inc. v. Republic of Cuba, 425 VS, 682 (1976). 3·
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I. Kap.: Die geschichtliche Entwicklung
deutschen Geschichte jedoch einen formierenden Einfluß gehabt, der heute noch deutlich spürbar ist. 77 III. Die Entwicklung seit 1945 I. Das Problem der unbestimmten Gegenseitigkeit
Die zunehmende Bedeutung der Vereinigten Staaten im Welthandel der Nachkriegszeit sowie die Intensivierung der politischen und wirtschaftlichen Bindung zwischen Europa und Amerika brachten die Frage der gegenseitigen Urteilsanerkennung in den Vordergrund akademischer und legislativer Aufmerksamkeit. Die auf Gegenseitigkeit bestehenden europäischen Staaten waren sich bei der Eigenart und Nebelhaftigkeit des Gummibegriffes der "comity", dazu noch von Einzelstaat zu Einzelstaat nicht immer übereinstimmend definiert, weder klar noch sicher, ob und inwiefern die Verbürgung der amerikanischen "reciprocity" gegeben war. Noch im Jahre 1957 hielt Nade/mann in seinem wichtigen Beitrag zur Vereinheitlichung der amerikanischen Anerkennungsnorm 78 seinen Kollegen einen Auszug aus der 18. Auflage des Stein-JonasKommentars zu § 328 ZPO 79 vor, nach dessen Tenor ausländische Urteile in den U.S.A. zwar durch die Rechtsprechung, (die als einzige Rechtsfindungsmöglichkeit in Betracht kam), anerkannt werden, jedoch eine "revision au fond nicht ausgeschlossen" sei. Daher, schloß der Kommentar, müsse die Gegenseitigkeit als "nicht verbürgt" angesehen werden. Nadelmann verwies ferner auf die damalige (1954) Ausgabe von Büloll'-Arnold, 80 die aufgrund eines völlig unbedeutenden New Yorker "Civii Court"-Urteils zu dem Schluß kam, daß deutsche Urteile oder Versäumnisurteile zwar im Staat New York vollstreckbar seien, für andere amerikanische Jurisdiktionen jedoch die Erkenntnisse fehlten. 81 Nadelmann und andere Kommentatoren waren sich bewußt, daß sich die U.S.A. wegen ihres föderativen Gerichtsbarkeitssystems nie wirksam auf bi-oder multilaterale Anerkennungsabkommen einlassen könnte. Was mit dem ,,full faith and credit" der gegenseitigen einzelstaatlichen Urteilsanerkennung durch die Verfassung geschaffen wurde, kann kaum auf die internationale Ebene übertragen werden. 82 Der ,,full faith and credit" für ausländische Urteile ist eine sich selbst widersprechende Anomalie. n Siehe z.B. den "Zeiss"-Fall, nachfolgend, Fn. 453 d.A. und diesbezgJ. Text. lowa L.R., 47, 236 (1957). 79 Stein/ Jonas/ Pohle, (18. Auflage, 1953), § 328 ZPO, Anm. VIII E. Die 19. Auflage 1972 (Stein/ Jonas/ Schumann/ Leipold, Anm. VIII D zu § 328 ZPO) lautet: "Ja (Gegenseitigkeitsverbürgung) für Urteile von Bundesgerichten, und ebenfalls im Verhältnis zu Kalifomien und New York. Im übrigen fehlt es noch an erforderlichen Erkenntnisquellen. " Diese Paraphrase ist überholt und bedarf ebenfalls dringend einer Novellierung. VgJ. auch oben Fn. 38 d.A. 80 lowa L.R., 47, 236, 254. 81 lowa L.R., 47, 254. 82 Von Mehren/Trautmann, Harvard L.R. 81, 1601, 1606-1607; Homburger, Am.J. Comp.L. 18,367,385. Vgl. oben I. Kap. I 2 d.A. Der MeinungPeterson's, die amerikanischen 78
III. Die Entwicklung seit 1945
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Nadelmann sah daher die Lösung in einer Vereinheitlichung der Normen durch ein von allen Staaten anzunehmendes "Uniform Law", ähnlich der inzwischen erfolgreich gewordenen "Uniform Commercial Code", die das Handelsrecht aller Staaten standardisiert hatte. Er erhoffte dadurch eine Erleichterung der Gegenseitigkeitsprobleme, da ausländische - vornehmlich europäische Gerichte endlich die amerikanische IPR-Anerkennungsregel als gesetzlich fixierten Klartext vor sich hätten. "A unique opportunity exists to make an important contribution to the solution of problems with which American judgment creditors have to cope abroad. nKJ
Mit zunehmender Lautstärke wurden neben einflußreichen akademischen Stimmen 84 auch die Richter, die Anwaltskammern, die Rechtsausschüsse der Bar Associations und andere, an internationalem Recht interessierte Kreise rührig, so daß Ende der 60er Jahre die ersten spruchreifen Regierungsvorlagen zu einem vereinheitlichten Anerkennungskodex zur Erwägung durch die "state legislatures" unterbreitet werden konnten. 2. Die Entstehung der Uniform Acts
Wie schon erwähnt, sind die Einzelstaaten in der föderativen Ordnung der U.S.A. auf weiten Gebieten des materiellen und prozeduralen Rechts autonom. Das ,common law', dem im anglo-amerikanischen Bereich alle Normen des materiellen Rechts entspringen, ist zwar überall das gleiche, jedoch liegt die Macht und Befugnis, es zu kodifizieren, zu promulgieren und durch die Justiz durchzusetzen, beim Einzelstaat. 85 Die Staatsgerichte, nicht die Bundesgerichte, sind die "siegelführenden" Elemente des U.S. Gerichtswesens, die "courts of record" mit Plenarzuständigkeit. Auch das materielle Recht wird durch Rechtsprechung und Statut der Staaten, nicht des Bundes, in die herrschende Rechtsordnung eingeordnet. Es gibt kein "Bundesfamilienrecht" oder "Bundesvertragsrecht" . Zwar haben die ,Jederal courts" ihre durch die Verfassung eigens festgelegten, beschränkten Zuständigkeitsbereiche, die "original federal jurisdiciton".86 Es ist jedoch schon lange verbürgtes Recht, daß die Bundesgerichte Gerichte würden in der Praxis ausländische Urteile "wie die von Schwesterstaaten" behandeln, wenn keine besonderen Gründe dagegen sprechen (RabelsZ, 3 (1969) 543, 545 f1), ist nicht ohne weiteres beizustimmen. Schwesterstaatliche Urteile unterliegen dem Gebot des ,,full faith and credit", fremde Urteile nicht. Siehe aber Fn. 431. 83 Nade/mann. Iowa L.R., 42, 236, 263. 84 Darunter Reese. Trautmann. Leflar. Peterson. Ginsburg. Homburger. Ku/zer. von Mehren und andere. Vgl. aber Kritik in Ehrenzweig/ Jayme. S. 58. 85 Die beste deutschsprachige Auseinandersetzung mit dem föderativen System der USA findet sich in Rheinsteins Beitrag (Das Kollisionsrecht im System des Verfassungsrechtes der Vereinigten Staaten von Amerika) in der Festschrift für Rabel I, S. 539 ff. 86 Hierzu gehören die Belange des Bundes, wie u.a. die "AdmiraIty" sowie die Auslegung und Rechtsmittelerledigung aller Bundesstatuten, Börse, Anti-Trust. Patente, usw. Vgl. oben Fn.13 d.A.
I. Kap.: Die geschichtliche Entwicklung
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bei der (unvermeidlichen) Anwendung materieller Rechtsnormen die desjenigen Staates anzuwenden haben, in dessen Gebiet sie tagen. 87 Dazu gehört auch das Kollisionsrecht. Zwar hat die Verfassung die Zuständigkeit über internationale Angelegenheiten dem Bund zugesprochen, so daß vom Bund abgeschlossene Staatsverträge auch für die Staaten übergeordnetes, verbindliches Recht darstellen. Diese Staatsverträge dürfen jedoch, um die Gefahr der Verfassungswidrigkeit zu vermeiden, nicht in die Souveränität der Staaten übergreifen: Ein schwieriges Kapitel der amerikanischen Rechtslehre. 88 Der Prüfstein zur Frage der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Bund und Staat im IPR kam für die in Rede stehenden Uniform Acts zur gegebenen Zeit: 1968 fällte der Supreme Court die Grundsatzentscheidung i.S. Zschernig v. Miller: 89 Die in der DDR domizilierten Kläger, gesetzliche Erben eines in Oregon verstorbenen Erblassers, forderten ihre Erbteile aus dem Nachlaß. Das Gesetz des Staates Oregon schrieb u.a. vor, daß ausländische- gesetzliche oder Testamentserben für folgende Bedingungen beweispflichtig sind, um ihren Erbteil zu erhalten: a) Zwischen dem Staat der Antragsteller und der U.S.A. muß Gegenseitigkeit bestehen, b) U.S. Bürger als Erben müssen im dortigen Staat unbeschränkte Empfangsrechte zu ihren dort anfallenden Erbteilen genießen, und c) die ausländischen Kläger gelangen ohne staatliche Kürzung, Konfiskation oder Devisenmanipulation in den vollen Genuß ihres Erbteils.
Diese Vorschrift, die in zahlreichen anderen Staaten in ähnlicher Form besteht,90 sollte dazu dienen, Bürgern totalitärer Regime zufallende amerikanische Erbteile vor der dortigen Staatskontrolle zu bewahren. Die Kläger rügten die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift und trugen vor, die Beurteilung ausländischer Politik und die Glaubwürdigkeitsprüfung ausländischer Staatsvertreter überschreite die Schranken der zulässigen Einzelstaatseinwirkung auf die ,,foreign policy" der Vereinigten Staaten und sei daher eine Transgression auf Bundesvorrechte. (Die "Acts of State"-Doktrin war schon wegen des "Sabbatino Amendment" nicht mehr anwendbar.) In einer (sechs zu zwei) Mehrheitsentscheidung gab das Gericht den Klägern statt und verwarf die Vorschrift als verfassungswidrig. In der nicht allzu klaren Entscheidung zog das Gericht die Grenzlinie zwischen "policy making", der aktiven Staatseinmischung in Bundesangelegenheiten, und der innerstaatlichen Verwaltung eigener Angelegenheiten im Lichte der ausländischen Rechtsordnung, gleichgültig, ob die aktive Einmischung nun mit den außenpolitischen Zielen der U .S.A. zusammenfällt oder nicht. Erie Railroad Co. v. Tompkins, 304 U.S. 64, 58 S. Ct. 817 (1938). Rheinstein. FS Rabel I, S. 559-560. 89 389 U .S. 429 (1968): Besprechungen der Entscheidung finden sich in Law Notes, Harvard L. R. 82, 63, 238-45, und Vanderbilt L. R. 21, 502. 90 Die unter dem Stichwort "use, benefit and controi" bekannt gewordene Gesetzgebung, die ursprünglich dazu bestimmt war, amerikanische Erbteile zugunsten deutscher Staatsbürger 1933-1945 aus den Händen des Nazi-Regimes und seiner Devisenmanipulationen herauszuhalten. 87 88
III. Die Entwicklung seit 1945
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" ... foreign policy attitudes, the freezing or thawing ofthe ,cold war' and the like, are the real desiderata of the Oregon judicial investigation."91 Es wurde also deutlich, daß die im Gegenseitigkeitsprinzip immer implizite Beurteilung außenpolitischer Gegebenheiten verfassungsrechtlich nicht zur Kompetenz der Einzelstaaten gehört. Diese Ansicht, parallel zu der in Sabbatin092 verkündeten Zuweisung der "acts of state" an die Exekutive, vervollständigte die Grundregeln, von denen die Urheber der Uniform Acts auszugehen hatten: Übergriffe in die außenpolitische Sphäre, darunter Gegenseitigkeitsvorschriften (wie § 328 Nr. 5 ZPO), sind den Staaten verfassungsrechtlich entzogen. Die Adjudikation individueller93 Ansprüche aufgrund ausländischer Urteile als privatrechtlicher Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung bleibt jedoch den Staaten erhalten. Wie aber, wenn der Supreme Court im "richtig gelegenen Fall" eine "Bundesgegenseitigkeitsregel" schaffen würde? Homburger hält dies für unwahrscheinlich: 94 "The antiquity of the Hilton case, the nonconforming practice in most states, the failure of the federal government to displace that practice by pre-emptive federal legislation, and the widespread criticism of the Hilton rule make it unlikely that the court would reaffirm the old rule of reciprocity on anational scale." Die durch diese Rechtsprechung gezogenen - wenn auch nur ungefähren Richtlinien kamen nicht zu früh: Am 27.09.1968 hatten die sechs Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen 95 unterzeichnet, welches seit dem 01.02.1973 in Kraft ist. 96 Nadelmann. Homburger und andere Kommentatoren 97 versäumten es nicht, auf diese Konvention mit ihren Gefahren für amerikanische Beklagte hinzuweisen. 98 Allerdings gewährte das Zusatzprotokoll zum EWG-Übereinkommen Anfechtungsfreiheit für von exorbitanten Gerichtsständen betroffene Beklagte, jedoch nur für Angehörige der Vertragsmitglieder, so daß die U.S.A. auch hier nicht miteingeschlossen war. Im Jahre 1964 hatte die International La w Association in ihrer 51. Konferenz in Tokio einen "Model Recognition Act" angenommen. Auch die Teilnehmer an 91 389 V.S. 429, 432. Siehe oben Fn. 73 d.A. 93 Sowohl "Zschernig" als auch "Sabbatino" beurteilen private Ansprüche nicht aus der jeweiligen Sachlage, sondern aus öffentlich-rechtlichen Aspekten heraus, die weder mit der Partei, noch dem Tatbestand zu tun haben. Vgl. Homburger. Am. J.Comp. L., 18,367,390. 94 Homburger. Am. J.Comp. L., 18,367,389. 95 BGBI 72 11 773. . 96 BGBI 73 II 60: Eine englische Übersetzung findet sich in 2 CCh Common Market Reports, § 6003 (1968) und 8 International Legal Materials, 229 (1969). 97 Vgl. Fn. 78 und 93 d.A. 98 Homburger spricht von den "in der Zwangszange der europäischen exorbitanten Gerichtsstände gefangenen V.S. Beklagten" (Am. J. Comp. L., 18, 392). 9'
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I. Kap.: Die geschichtliche Entwicklung
der 10. und 11. Sitzung der Haager Konferenz arbeiteten an einer Vereinheitlichung der Anerkennungsnormen in einer Konvention. Die an der 11. Konferenz teilnehmende amerikanische Delegation berichtete zu Hause, daß angesichts der Unsicherheiten in der Anwendung der EWG-Abkommen "Zurückhaltung bei einer möglichen Annahme" geboten sei. 99 Schließlich befand die New Yorker "Judicial Conference", daß in der großen Mehrheit der "civii law countries" amerikanische Urteile keine Anerkennung genossen. "Since many of these countries required reciprocity before enforcing a foreign judgment, the absence of a codified system of mIes made it difficult to convince these overseas ~urisdictions that foreign judgments were in fact recognized within the United States." 1
Es war allgemeine Ansicht, daß sich der Uniform Act nur aufZahlungsurteile beschränken solle, da die Frage der Gestaltungs- und Status urteile weit über ein "Uniform Law" hinausgehende Probleme bot. 101 Nach Vorlage eines "Uniform Foreign Money Judgment Recognition Act" genehmigt durch die National Conference of Commissioners,102 mit der Empfehlung, daß Verabschiedung dieser Vorlage die Anerkennung staatlicher Urteile im Ausland erleichtern würde,103 hatten zunächst sechs Staaten die Vorlage als Gesetz angenommen: Kalifornien, IIIinois, Maryland, Massachusetts, Michigan und Oklahoma. 104 In New York wurde der Uniform Act ungeändert übernommen und am 01.09.1970 als Artikel 53 der "Civii Practice Law and Rules", der Prozeßordnung für Zivilsachen, einverleibt. 105 Heute ist der Uniform Act in 12 Staaten Gesetz. 106 Es besteht die begründete Ansicht, daß auch diejenigen Staaten, die den "Act" nicht, oder noch nicht, angenommen haben, in der Rechtsprechung und Handhabung ausländischer Urteile in erheblichem Maße von den Normen und der aus den "Acts" hervorgegangenen Rechtsprechung beeinflußt sind, 107 besonders deshalb, weil die "Acts" keine radikale Abänderung oder Novellierung des durch "case law" geschaffenen Anerkennungsrechts darstellen, sondern lediglich die Kodifizierung der wesentlichen Punkte des bestehenden Rechts beinhalten. Da der "Act", oder, auf die Mehrzahl der annehmenden Staaten bezogen, die Uniform Acts für die nächsten Jahrzehnte in der Anerkennung ausländischer Urteile in den U.S.A. 99 "Report, V.S. Delegation to the Eleventh Sessionofthe HagueConference", 8 International Legal Materials, 785, 823 (1969). 100 N.Y. Judicial Conf. Report, 13, 195 (1968). Vgl. Weinstein/ Kom/ Miller. § 5301.01. 101 Siehe unten 3. Kapitel, I d.A. 102 9B V.L.A. 64 (1966). 103 9B V.L.A. 64, Comment. 104 Ku/zer. Buffalo L.R., 18, I, 3. 105 McKinney's Consol. Laws of New York, Art. 53, § 5301 bis § 5309. 106 The Lawyer's Almanac, 1982-83, 871. Vgl. unten Anhang I d.A. 107 Ku/zer. Buffalo L.R., 18,4-5.
III. Die Entwicklung seit 1945
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von grundlegender Bedeutung sind, befassen sich die nachfolgenden Themen dieser Arbeit mit einer Besprechung der Rechtsgrundlagen sowie einer kritischen Auseinandersetzung mit den einzelnen Bestimmungen dieses Standardgesetzes im Licht der neuesten Rechtsprechung.
2. Kapitel
Die ,jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung I. Die Grundlagen der ,jurisdiction" im amerikanischen Recht
Das Studium der amerikanischen Urteilsanerkennungslehre muß mit dem Begriff der "jurisdiction" als unterstem Fundament beginnen. Dieser zwar bekannte, jedoch oft mißverstandene Begriff bildet die Grundlage der amerikanischen Gerichtsbarkeit. 1. Die umfassende Bedeutung der ,jurisdiction"
Das Konzept der "jurisdiction" im common law und seiner amerikanischen Prägung geht weit über den Begriff der "Zuständigkeit" im deutschen Recht hinaus und ist nur bedingt vergleichbar. ws "lurisdiction" umfaßt nicht nur örtliche, zeitliche, sachliche und parteiliche Zuständigkeitsnormen, sondern dazu noch materiell- und verfassungsrechtliche Aspekte. Der Begriff der "jurisdiction" als Ermächtigung einerseits und Machtbegrenzung andererseits beherrscht das common law seit dem Vormittelalter lO9 und wurde vom englischen Recht übernommen. Die Verfassung regelt die "jurisdiction" der Gerichte, der Legislative und der Exekutive, insbesondere auch die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Bundesgerichte, bis in alle Einzelheiten. lw Wegen seiner Vielfalt hält Smit den Begriff "jurisdiction" für zweideutig und nur von seiner Anwendung aus deut bar. 111 Er wählt die Bezeichnung "Kompetenz" als begrifflich am nächsten. Auch Nußbaum w hält die Bezeich108 Statt vieler: Zöller/ Geimer. Rdnr. 101 ff. zu IZPR(S. 25 ff.); Wieczorek. § 328 ZPO, Rdn. E I und E V b - Vereinigte Staaten von Amerika -; EhrenzlI'eig. Treatise, S. 73 und Fn. 12; Ehrenzweig / Jayme. S. 20 ff. EhrenzlI'eig betont mit Recht, daß das Ausleihen fremder Rechtsterminologie zur Bezeichnung einer "zuhause" nicht geläufigen Einrichtungen im IPR nur zusätzliche Verwechslungen und Irrtümer in einem schon hinreichend verworrenen Gebiet schafft. 109 Maitland. S. 12 ff. In seiner zweiten Vorlesung beschreibt Maitlandtreffend das um das 12. Jahrhundert entstandene System der mit Gerichtsbarkeit ("Herr über Leben und Tod") verbundenen Macht des "Lords" über die "Tenants", vergleichbar mit der des königlichen Gerichtes. Ersterer besaß ,.Iimited" , letzteres "general" Jurisdiktion, da der "Lord" keine Befugnis über andere außer seinen leibeigenen "Tenants" besaß, der König jedoch Macht "über alle" ausübte. 110 U.S.Constitution, Article III und IV: Die "Jurisdiction" des Gerichtswesens der einzelnen Staaten wird durch die ,,state Constitution" festgelegt. 111 Smit. Am.J.Comp.L., 10, 164. 112 Nussbaum. Co!. L.Rev., 41, 221.
1. Die Grundlagen der "jurisdiction" im amerikanischen Recht
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nung "Kompetenz" als Umschreibung der Macht des Gerichts, Recht zu sprechen, für richtig. Dagegen betont Homburger ll3 die traditionellen Grundlinien der ,jurisdiction" als Befugnis einer demokratischen Rechtsordnung zur Machtausübung, während Kulzer l14 wechselweise die Bezeichnungen "jurisdiction" und "competence" als verschiedene Aspekte der Machtbefugnisse einer politischen Einheit über ihre Bürger ansieht. Aus deutscher Sicht ist die begriffliche Vielfalt der "common law jurisdiction" nur annähernd beschrieben worden. Kegel bezeichnet die anglo-amerikanische "jurisdiction" lediglich als eine internationale Zuständigkeitsregel. I15 Jellinek ll6 erkennt, daß die in bilateralen Staatsverträgen über Urteils anerkennung gebräuchliche Bezeichnung "Jurisdiktion" sich "nicht ganz" mit dem Begriff der internationalen Zuständigkeit deckt. Er sieht die Bezeichnung "Jurisdiktion" unter Anlehnung an die römische und kanonische Rechtssprache als rechtsetzende Gewalt auf dem Gebiet der Justiz. Andere deutsche Kommentatoren betrachten den Begriff als "Kompetenz" oder "competence directe".117 2. Die ,jurisdiction" als Begriff
Was dem deutschen Jurastudenten als Zuständigkeit, Gerichtsbarkeit, "competence", Gerichtsstand oder im Exekutivbereich sogar als "Staatsgewalt" beschrieben wird, erhält der amerikanische "law student" unter dem Sammelnamen der "jurisdiction". Er muß sodann lernen, daß dieser Kollektivbegriff als Adjektiv zu Tatbeständen, machtpolitischen Gegebenheiten und Mandaten der Rechtsprechung oder Gesetzgebung bei verschiedenen Anlässen verschieden zu gebrauchen ist. So beginnt der hochgeachtete Lehrer des New Yorker Verfahrensrechts, Professor Siegel, seine Erörterung der ,jurisdiction" mit den schlichten Worten: "There are many ways to subdivide 'jurisdiction'."118 Die Hauptaspekte der "jurisdiction", die sich teilweise überschneiden, sind verfahrensrechtlicher , verfassungsrechtlicher , materiellrechtlicher und kollisionsrechtlicher Natur. Sie gelten für Gesetzgeber, Gerichte, Behörden und politische Einheiten, wie auch für die funktionelle Zuständigkeit von Gerichtspersonen und Verwaltungsbeamten. Zur Verdeutlichung des Begriffs kann etwa folgendes Schema dienen:
IIJ 11' 111 116
117 118
Homburger. Am.J.Comp.L., 18, 367, ff. Kulzer. Buffalo L.Rev., 16, I, 84. Kegel. S. 15-16 sowie S. 647. Jellinek. S. 24-5. Rosenberg/ Schll'ab. S. 1001; Geimer. NJW 1972, 1010. Siegel. S. 9.
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung Im Bereich der Gerichtsbarkeit:
personal jurisdiction (natural and legal entities)
- Zuständigkeit über natürliche und juristische Personen
jurisdiction in rem / quasi in rem
- dinglicher Gerichtsstand, gegenständlich beschränkte Zuständigkeit
equity jurisdiction
- Gerichtsbarkeit über Gestaltungsklagen, Statusklagen, Familienrecht, Verfügungen Im Bereich des Verfahrensrechts:
jurisdictional prerequisites: process, submission, consent
- Zuständigkeitsvoraussetzungen: Ladung, Einlassung, Unterwerfung
subject-matter jurisdiction
- sachliche Zuständigkeit
venue
- Gerichtsstand, örtliche Zuständigkeit
plenary / general jurisdiction (courts of common pleas)
- allgemeine, ordentliche Zuständigkeit (§ 13 GVG)
limited jurisdiction
- Sondergerichtsbarkeit, bedingte Gerichtsbarkeit Im Bereich des IPR:
extraterritorial/"Iong arm" jurisdiction
-
exclusive jurisdiction
- ausschließliche Gerichtsbarkeit/ Gerichtsstände
internationale Zuständigkeit
Im Bereich des Verfassungsrechts:
jurisdictional boundary: "due process of law"
-
verfassungsgemäße Kompetenzbeschränkung
Wie ersichtlich, umfaßt die ,jurisdiction" auch beträchtliche materiellrechtliche Elemente. Ein gegen die Normen der "jurisdiction" verstoßender gerichtlicher, legislativer oder behördlicher Akt ist nichtig. 119 Gleich dem deutschen Recht setzt die amerikanische Rechtsordnung den Katalog der Qualifikationsfaktoren voraus, bevor das machtausübende Staatsorgan die "jurisdiction" besitzt. 120 Dieser Katalog, sofern er auf die Anerkennung ausländischer Urteile Wirkung ausübt, wird nachfolgend noch im einzelnen besprochen. Es kann jedoch festgestellt werden, daß die einzelnen ,jurisdictional requirements", besonders verfahrensrechtlicher Natur, nicht maßgeblich von den deutschen Normen abweichen, wenn man sie gesondert betrachtet, einreiht und vergleicht. 119 120
Siegel. S. 10. GVG § 13; vgl. Wieczorek. Rdn. B zu § 13 GVG.
1. Die Grundlagen der ..jurisdiction" im amerikanischen Recht
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3. ,,Jurisdiction" und der "due process of law"
Es bedarf keiner Diskussion, daß die in demokratischen Rechtsordnungen verbürgten Grundrechte nicht von Staatsorganen verfassungswidrig berührt werden dürfen, auch nicht von Gerichten. Die "privileges and immunities" eines Bürgers sind daher in den U.S.A. 121 wie in der Bundesrepublik l22 sakrosankt. Aufgrund dessen sind der Ausübung der Gerichtsbarkeit ("exercise of jurisdiction") Schranken gesetzt, die von den verfassungs rechtlichen Normen des sogenannten "due process of law" gelenkt und beherrscht werden. Ohne "due process of law" sind Zuständigkeit, Macht und Mandat eines Gesetzgebers oder Gerichtes anfechtbar, entbehren der Rechtsgrundlage und werden zu Willkürhandlungen. Das Konzept des "due process of law" ergibt sich aus der sogenannten "due process clause" 123 der Constitution: "No State shall make or enforce any law which shall abridge the privileges or immunities of citizens ofthe United States; nor shall any State deprive any person of Iife, liberty, and property without due process of law; nor deny to any person within its jurisdiction the equal protection of the laws."
Die seit 1868 unzählige Male zitierte, besprochene, ausgelegte und oft heftig umstrittene Schlüsselbezeichnung "due process of law" ist dehnbar: In der Zivilund Stratjustiz bezeichnet sie rechtliches Gehör, unparteiische Richter, ordentliches, anstandsloses Verfahren, adäquate Ladung, Gelegenheit zu Vernehmung und Kreuzverhör, das Anrecht aufanwaltliehe Vertretung, Zugang zur Revision, gerechte Tatsachenwürdigung, Geschworenenverhandlung und alle anderen Merkmale einer geregelten, gerechten, demokratisch orientierten Grundordnung. Der Supreme Court hat die "due process" Normen als "implicit in the concept of ordered liberty" 124 bezeichnet und sie als lebenswichtig angesehen: 125 "Neither Iiberty nor justice would exist if they were sacrificed."
Dieses allumfassende Grundprinzip des amerikanischen Rechtssystems gilt sowohl für materielles als auch für Verfahrensrecht und ist für die "jurisdiction" implizit, unentbehrlich und Bestandteil. Da die ,jurisdiction" selbst Grundvoraussetzung der Anerkennung fremder Urteile ist, ist der "due process" ein EleSiehe unten Fn. 123 d.A. GG Artt. I III, 20 III. 123 U.S.Constitution, Amendment XIV, Section I (1868). 124 Palco v. Connecticut, 302 V.S. 319, 58 S. CI. 149,82 L.ed. 288(1937); vgl. die Grundsatzentscheidung i.S. Pennoyer v. Neff, 95 V.S. 714 sowie die im 2. Kapitel, II 2) d.A. besprochene historische Entscheidung von Chief Justice Stone in International Shoe Co. v. Washington, 326 V.S. 310,66 S.Ct. 154 (1945). l2S Palco v. Connecticut (Fn. 124 d.A.). Obwohl das 14. Amendment der Constitution erst um die Zeit des Bürgerkrieges (1868) hinzugefligt wurde, bestand die auf dem .. Natural Law" basierende Norm der .. gesetzlichen Fairness" schon seit der Zeit der Gründer. Vgl. dazu ausf1ihrlich Gunther, S. 503-550. 121
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
me nt der Anerkennungstheorie und gehört daher zum amerikanischen IPR. Wie schon dargelegt, prüft das amerikanische Zweitgericht ausländische (hier deutsche) Urteile bezüglich deren Anerkennungsfähigkeit in Anlehnung an die internationale IPR_Praxis l26 nach der lex fori: "In Anglo-American terminology recognition and non-recognition of foreign judgments is largely phrased in terms of affirming or denying the rendering court's jurisdiction." 127 4. Der "due process of law" in der Urteilsanerkennung
Die "jurisdiction" umfaßt somit Macht, Befugnis und Statthaftigkeit, eine ,Person' (gemeint sind alle natürlichen und juristischen Personen im umfassenden Sinn) in ihrem Eigentum zu schmälern. Da ausländische Urteile in der Vollstreckungsphase wie einheimische Urteile Eigentum und Vermögen absprechen und Rechte verschieben, unterliegen sie denselben lurisdiktions- und damit "due process"-Regeln. Daraus folgt, daß fremde, zur Vollstreckung gegen "citizens" strebende Urteile nicht wirksam werden können, wenn sie den regeln des "due process" nicht genügen und diesbezüglichen Nachprüfungen nicht standhalten. ReeseJ~8 bestätigt diese Auffassung, betont jedoch, daß "due process"-Bedenken gegen ausländische Urteile nur dann auftauchen können, wenn Vernunft und "substantial justice" - ein annehmbares, gerechtes Endresultat - verletzt werden. Verfahrensabweichungen oder ungewöhnliche, fremd anmutende prozessuale Einzelheiten des Erstverfahrens können diese Bedenken nicht erwecken.1~9 Nichtsdestoweniger würde ein amerikanisches Zweitgericht bei Anerkennung eines im Sinne der "due process clause" offensichtlich unrechten, fremden Urteils selbst die "due process clause" verletzen, l.10, 131 und damit seine 1~6 Auch das deutsche Kollisionsrecht verlangt bei Vertragslosigkeit die Nachprüfung der AnerkennungsHihigkeit eines ausländischen Urteils nach autonomem Recht (Zöller I Geimer. Rdnr. 5 zu § 328 ZPO; Schütze. DIZPR S. 129; Kegel. S. 652). 127 Ehrenzll'eig. Treatise, S. 206. I" Reese. Col. L.Rev., 50, 783, 796: "There is every reason why our courts should not enforce judgments rendered under a form of procedure which, according to prevailing notions in this country, would be unlikely to result in substantial justice." 129 Reese. a.a.O., 796: "But it would be unfortunate if a court reached such a conclusion (non-recognition) merely because the foreign procedure seemed unusual in its eyes." Vgl. Fn. unten 481 d.A. Zur deutschen Regel vgl. Baumbachl Lau/erbachl Rar/mann. Rdnr. 5 B zu § 328 ZPO; Wieczorek. Rdn. E IV b zu § 328 ZPO; ZÖllerlGeimer. Rdn. 155 zu § 328 ZPO. 130 Hilton v. Guyot (Fn. 24 und 226 d.A.); Kulzer. Buffalo L.R., 18, I, 25-6; vgl. oben Kapitel 2, I 3 a d.A. Die New Yorker Rechtsprechung verlangt, daß Abweichungen der erststaatlichen Verfahrensweise vom lex fori grundlegend sein müssen ("a case of serious injustice must be involved"), bevor "due process" -Bedenken bezüglich des Ersturteils aufkommen können. Dunstan v. Higgins, 138 N.Y. 70,33 N.L. 729 (1893) ist die New Yorker Grundsatzentscheidung. Vgl. auch BGHZ 53,357 (Anm. Cohn. NJW 1970, 1506) und 73, 386. 131 Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele, besonders in Scheidungsurteilen. Vgl. Dolvin v. Talcott, 102 F. Supp. 979 (N.D. Ohio 1951), und Pemberton v. Hughes, ICh. 871 (1899), eine
H. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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eigene "jurisdiction" überschreiten. Dieselbe Regel gilt für den deutschen Richter im Anerkennungsverfahren, gegen dessen Urteil- falls die Sittenwidrigkeit des Ersturteils verkannt wird -'- die Revision zulässig ist. 132 11. Die Rolle der ,jurisdiction" in der Urteilsanerkennung Die Praxis hat erwiesen, daß der gegen das anzuerkennende deutsche Urteil opponierende U.S.-Beklagte in der Regel zunächst die Zuständigkeit und Kompetenz des deutschen Erstgerichts anficht. 133 Der in dieser Hinsicht immer noch bestehende Komplex von schwierigen, mit Verfassungsproblemen durchsetzten und teilweise kollidierenden Verfahrensnormen bildet das geeignete Gelände, in das der Urteilsgegner seine Hauptwiderstandslinie gegen das auf ihn zukommende Urteil verlegen kann. Ohne Wahrung dieser Normen erlangt der Kläger im deutschen Erstprozeß ein in den U.S.A. wertloses und nicht anerkennungsfähiges Urteil, so daß deren Prüfung und richtige Einschätzung zum Anerkennungs- und Vollstreckungserfolg unerläßlich iSt. 134 Wenn daher das amerikanische Zweitgericht die Kompetenz und Zuständigkeit des deutschen Erstgerichts nach seiner lex fori 135 prüft, so besteht diese Prüfung zunächst einmal aus der Nachvollziehung der Rechtmäßigkeit der Ladung und der Zustellung nach amerikanischer Sicht, 136 und sodann der Rechtmäßigkeit der Kompetenzausübung und damit ermöglichten Schmälerung der persönlichen Rechte desjenigen, gegen den das Urteil geltend gemacht werden soll. Beide Aspekte als Teile dieser Zuständigkeitsnorm sind in dem Begriff der "jurisdiction over the person" enthalten. Ist der Beklagte im Gerichtsbereich "faßbar", ansässig, domiziliert und geschäftstätig, so gehört er zur Gerichtsbarkeit des Erstgerichts und seine "Flucht" aus dem Gerichtsmachtbereich beeinträchtigt weder die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts noch die Anerkennungsfähigkeit des Ersturteils. Ist der Beklagte jedoch Ausländer, ohne gewöhnlichen Wohnsitz im Inland, so ist die Kompetenz des Erstgerichts probleenglische Entscheidung, welche ein in Florida ergangenes Scheidungsurteil anerkannte, obwohl das Urteil im Florida-Erstgericht widerrechtlich ergangen war. Die Anerkennung eines derartigen Urteils in den USA würde natürlich schwere "due process"-Folgen nach sich ziehen. Die Pemberton-Entscheidung ist daher heftig angegriffen worden. Harper. Mich. L.Rev., 29, 661. ll2 Baumbachl Lauterbachi Hartmann. Rdn. 5 B zu § 328 ZPO; Schütze. DIZPR, S. 143. Siehe auch unten Kap. 3 III 3 d.A. l3J Ehrenzweig. Treatise, S. 208-209; Peterson. RabelsZ 33, 543, 557. Wie noch ausgeführt wird, zeugt die Häufigkeit dieser Problematik in den Entscheidungen von deren "Ergiebigkeit" für die Beklagten. Statt vieler: Siedler v. Jacboson, 86 Mise. 2d 1010,383 N.Y.S. 2d 833 (1976). Dieser Komplex wird im 4. Kapitel, I 1-3, noch eingehend behandelt werden. 134 Geimer. JuS 1965, S. 475 Ir. I3l Die deutschen und amerikanischen Regeln sind identisch: Das F-2-Gericht prüft nach eigenen Normen. Siehe oben Fn. 126, 127 d.A. 136 Siehe unten I (a) dieses Kapitels.
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2. Kap.: Die ,jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
matischer und umstrittener. Seit der besonders nach der "International Shoe"Entscheidung 137 zur Flut anschwellenden Zuständigkeitsrechtsprechung hat sich das Schlagwort "long-arm jurisdiction" in die V.S.-Rechtssprache eingebürgert. 138 l. "Jurisdiction over the person" als Vorbedingung zur Kompetenzausübung
0) Erfordernis der Ladung und Zustellung
aa) Die amerikanische Norm Zu den frühesten Entwicklungen im "common law" zählt der "writ", später genannt "summons",139 der dem Beklagten durch persönliches Überreichen zugestellt werden mußte. Die durch Pennoyer v. Neff l40 geschaffenen verfassungsrechtlichen Dimensionen der Ladungszustellung haben sich in den seit dieser Entscheidung vergangenen hundert Jahren durch die dem angloamerikanischen Parteiensystem eigene Rechtsgestaltung verfeinert und zugespitzt. Im Verfahrensschema der Einzelstaaten wirkt die persönliche Zustellung der Ladung ("personal service of summons") als prozeßeröffnend und unterbricht die Verjährung. 141 Im V.S. Bundesbereich wird der Prozeß durch Hinterlegung der Klageschrift beim District Court fristwahrend eröffnet. 142 Die Zustellung der Ladung und der Klageschrift erfolgt sodann durch einen "process server". 143 Zustellung außerhalb der Gerichtsgrenzen ohne Inanspruchnahme ausländischer Rechtshilfe ist zwar nach den autonomen Staatsregeln (für die interne Gerichtsbarkeit) statthaft,l44 kann jedoch zu der hiernach zu besprechenden "exorbitant jurisdiction" 145 führen. Die Zustellungsregeln in bezug aufjuristische Ll7 International Shoe Co. v. Washington; a.a.O., Fn. 124 d.A.; siehe statt vieler: O'Connor, N.Y.L.J., 25.05.82; Bernstein, UFITA 76 (1976) 195. Vgl. 2. Kapitel, 11 b d.A. 1J8 Siehe nachfolgend b aa d. Kap. 1 A. 1J9 Maitland. S. 5,6: Shipman on Common Law Pleading, 17-24. Im mittelalterlichen England benötigte der Kläger die Genehmigung des Königs, um klagen zu dürfen ("Non potest quis si ne Brevi agere"); später die Mitwirkung des Sheriff bei der Zustellung. 1-10 95 U.S. 714 (1877). 141 Siehe z.B. § 304 der New Yorker CPLR: "An action is commenced and jurisdiction acquired by service of a summons". 142 Rule 3, FRCP: "A civil action is commenced by filing a complaint with the court." Vgl. unten 4. Kapitel, I I (VerfahrensvergIeich). 14J Rule 4 (a), FRCP. In vielen Bundesgerichtsbereichen ist die Zustellung durch den" U.S. MarshalI" wegen Überlastung eingestellt worden. 144 Als Beispiel für die Einzelstaatsregeln die New Yorker Bestimmung des § 313 CPLR: "A person ... subject to the jurisdiction of the courts of the state ... may be served with the summons without (außerhalb ) the state in the same manner as service is made within the state ... " Die hiernach genannten Bestimmungen der New Yorker "CiviI Practice Laws and Rules" (CPLR) können für die einzelstaatlichen Ordnungen jeweils als typisch betrachtet werden. 145 Siehe unten 11 5 dieses Kapitels.
11. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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Personen/ 46 Minderjährige, Prozeßunfähige und Staatsorgane l47 ähneln den deutschen Regeln, mit Ausnahmen. 148 Ersatzzustellung und öffentliche Zustellung sind sowohl nach dem Einzelstaatsvorschriften '49 als auch den Federal Rules l50 möglich, öffentliche Zustellung jedoch nur durch Gerichtsbeschluß. Vorbedingung für die wirksame Anwendung dieser Zustellungsmethoden ist die "due diligence",'51 der Nachweis, daß im Rahmen des Zumutbaren vergeblich versucht wurde, die persönliche Zustellung zu bewerkstelligen. Wie im deutschen Verfahren ist der Sinn der Ladung die Gewähr des rechtlichen Gehörs, die "notice of claim, fair hearing, and opportunity to defend." 152 The accepted principle of personal jurisdiction over individuals is based upon the requirement and the sufficiency of personal service within the state of the forum. 153
Das Ladungs- und Zustellungssystem der erststaatlichen Justiz muß diesen Anforderungen entsprechen, da das amerikanische Zweitgericht bei seiner Prüfung der erstgerichtlichen Zuständigkeit obige Maßstäbe anlegt. Es erhebt sich daher die Frage, ob und inwiefern das deutsche System diesen Normen entspricht, so daß die deutsche Ladung zum Erstprozeß dieser Prüfung standhält. 154 In Grubel v. Nassauer,155 einer Entscheidung aus dem Jahre 1913, prüfte der New Yorker Court of Appeals ein aus dem Königreich Bayern stammendes Versäumnisurteil gegen einen nach dem streitverursachenden Geschäft (jedoch vor Zustellung der Ladung) ausgewanderten Deutschen. Wie zugestellt wurde, ist nicht klar ersichtlich. Die Entscheidung spricht nur von "publication". Dem Urteil wurde wegen fehlender persönlicher Zustellung die Anerkennung versagt.156 Es muß daher seit ,Grubei' unterstellt werden, daß Ersatzzustellung 146
§ 311 CPLR, Rule 4 (d) (3), FRCP.
147 §§ 309, 310, 311, 312 CPLR, Rule 4 (d) (I bis 7), FRCP.
Vgl. z.B. § 171 ff. ZPO. Die deutschen Regeln sind im allgemeinen liberaler. § 308 (4) und § 316, CPLR. 150 Rules 4 (d) und 4 (e), FRCP. 151 § 315 CPLR: "The court ... shall order service of a summons by publication ... if service cannot be made by another prescribed method with due diligence. Siehe §§ 203, 204 ZPO. Eine Art "diligence" besteht auch in Deutschland. Vgl. Wieczorek, § 203 ZPO, Rdn. BI b. 152 Pennoyer v. Neff (oben Fn. 140 d.A.). Vgl. § 328 Abs. I Nr. 2 ZPO in der n.F. vom 25.7.1986 sowie FGG § 16 a Nr. 2 n.F. 153 Ehrenzweig, Treatise, S. 88. 154 Ku/zer, Buffalo L.R., 18,36, ist der Auffassung, daß der "personal service" in den USA das Zuständigkeitsfundament bildet, während er in Europa "unbekannt" sei. Im kontinentaleuropäischen System, so meint sie, ist die Ladung lediglich eine Funktion der prozeßeröffnenden Benachrichtigung. "Jurisdiction" im europäischen Sinn existiert schon vor der Zustellung, wird also nicht erst durch die Zustellung geschaffen. Siehe Ginsberg, Rutgers L.R., 20, 98, 99, 100. Dieser Auffassung ist nur mit Bedenken beizupflichten. Zu diesem Komplex siehe Schütze, JR 1986, S. 177 mit weiterer Literatur. 155 N.Y. 149, 103 N.E. 1113 (1913) abgedruckt und kommentiert in Cheatham, S. 103 tf. 156 " ••• a judgment for money recovered in one state without personal service of process on 148
149
ft
4 Weinschenk
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
gemäß §§ 181-185 ZPO oder öffentliche Zustellung gemäß §§ 203/4 ZPO ohne Heilung durch Anerkenntnis oder Einlassung die Anerkennung des darauf fußenden Urteils in Frage stellt, weil dadurch den Normen des "due process" nicht Genüge getan wird. Seit der Entscheidung in Sachen ,Grube I' hat sich die amerikanische Rechtsprechung in unzähligen Entscheidungen sowohl der Bundes- wie auch der Einzelstaaten mit dem Begriff der "verbindlichen Ladung im innerstaatlichen Verkehr" auseinandergesetzt.'57 bb) Die Zulänglichkeit der deutschen Ladungsnormen Wurde der Urteilsgegner im bundesdeutschen Erstprozeß durch persönliche Zustellung im Bundesgebiet geladen,'58 so ist jedenfalls nach § 5 (a) I der Uniform Acts die erstgerichtliche (deutsche) Zuständigkeit auch für das U.S. Zweitverfahren sichergestellt'59. Mußte der Urteilsgegner jedoch in den U.S.A. zum deutschen Erstprozeß geladen werden, so sind die deutschen Zustellungsvorschriften für das Ausland hinsichtlich ihrer Zulänglichkeit nach amerikanischer Sicht zu prüfen. Nichts käme dem Urteilsgegner im U.S. Zweitverfahren gelegener, als dem Kläger Zustellungsmangel nachweisen zu können. Bisher war das Zustellungswesen zwischen der Bundesrepublik und den U .S.A. vertragslos und fußte auf § 199 ZPO in Verbindung mit der "Rechtshilfeordnung für Zivilsachen" (ZR HO) vom 9.10.1956 in der letzten Fassung vom 26.2.1976'60. Diese Verwaltungsanordnung, die es übernimmt, den gesamten Rechtshilfeverkehr der Bundesrepublik mit der Außenwelt - also allen ca. 150 Staaten der Welt - zu regeln, gilt sowohl für den durch Staatsvertrag geregelten wie auch vertragslosen Rechtshilfeverkehr. Nach § 5 ZRHO können Zustellungen prozeßeinleitender Schriftstücke ,.formlos", d.h. durch "einfache Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger" vorgenommen werden, sofern dieser "zur Annahme bereit ist".
the defendant in that state cannot be enforced without the state ... it seems unreasonable that we should give greater respect to the judgments recovered in a foreign country than to one ... from our sister states." Grubel v. Nassauer, a.a.O .. nachgedruckt in Cheatham, S. 104. 157 Vgl. unten II 5 dieses Kapitels. 158 §§ 166, 193 ZPO. 159 "§ 5 (a): The foreign judgment shall not be refused recognition for lack of personal jurisdiction if: (a) The defendant was served personally in the foreign state." Die New Yorker Bestimmung [§ 5305 (a) (1) CPLR] ist gleichlautend. Siehe jedoch die noch folgenden Ausführungen über "exorbitant jurisdiction" und ..forum non conveniens" im 2. Kapitel, II 5, und 3. Kapitel, III 3 d.A. 160 Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) vom 9.10.1956 i.d.F. vom 26.2.1976. Siehe Zöller/ Geimer. Anhang V, S. 2513 ff. der 14. Aufl. 1984 sowie Rn. 20-26 zu § 199 ZPO (15. Aufl. 1987).
11. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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Der Begriff "zur Annahme bereit" ist für in die Bundesrepublik eingehende, nicht aber für im Ausland auszuführende Zustellungen definiert 161. Daß ein in den U.S.A. wohnhafter, mit der Ladung zu einem bundesdeutschen Prozeß konfrontierter Beklagter "nicht zur Annahme bereit" ist, bedarf keiner Erörterung, entspricht der Lebenserfahrung und muß de jure unterstellt werden, es sei denn, daß er unmißverständlich "einwilligt". Anträge auf förmliche Zustellung müssen in der vom Zustellungsstaat verlangten Form durch Inanspruchnahme der örtlichen Behörde erledigt werden (§ 5 Nr. I b ZRHO). Die "förmliche Zustellung" ist durch das Haager Zustellungsabkommen 162 ausführlich geregelt. Der Länderteil der ZRH0 163 besagt für die Vereinigten Staaten: "Es kann formlos zugestellt werden." Somit können bundesdeutsche Vertretungen in den U.S.A. prozeßeröffnende Urkunden formlos zustellen, zumal diese als "vollgültige Zustellungen im Sinne der Zivilprozeßordnung" 164 gelten. Die formlose Zustellung wird nach § 202 Abs. 2 ZPO nachgewiesen und genügt dem deutschen Richter. Sofern sie auch den amerikanischen Anforderungen genügt, was zu bejahen ist 165, ist sie eine schnelle, verläßliche und wirtschaftlich günstige Methode der Prozeßeröffnung im Erststaat. Leider stößt sich diese Zustellungsweisejedoch an § 13 Nr. 3 in Verbindung mit § 32 Nr. 3 ZRHO I66 • Da das jüngste amerikanische Fallrecht 167 jetzt die Postzustellung ohne Rücksicht auf die (nur deutscherseits erforderliche) Annahmebereitschaft des Empfangers bewilligt, dürfte die ohnehin unklare Problematik der ZRHO - wenigstens für U.S. Zustellungen - gegenstandslos geworden sein. ce) Das Haager Zustellungsabkommen Inzwischen ist seit dem 26.06.1979 zwischen der Bundesrepublik und den U.S.A. ein Abkommen in Kraft getreten, weIches erhebliche Erleichterungen sowie Rechtssicherheit in Zustellungsfragen schafft. Es ist das "Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke" 161 § 69 Nr. 3 ZRHO gibt Anweisungen über die Feststellung der Annahmebereitschaft bei eingehenden Zustellungsersuchen, die für die entsprechenden ausgehenden Ersuchen fehlen. Siehe 2. Abschnitt, 331-15 ZRHO. 16~ Siehe nachfolgend "cc". 163 Bülow/ Böckstiegel. Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 2. Aufl. (1973) sub G (S.900ff.). 16-l § 32 Nr. 4 ZRHO. 165 Siehe nachfolgend "cc" und "dd". 166 Diese Bestimmungen ,empfehlen' aus nicht recht ersichtlichen Gründen die förmliche Zustellung in Fällen, in denen "eine den Rechtsstreit einleitende Ladung in einem Staat zugestellt werden soll, dem gegenüber die Gegenseitigkeit bei der Anerkennung von Urteilen als verbürgt anzusehen ist ... ". 167 Siehe nachfolgend "cc".
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
(HaagÜbk)/68 welches in Verbindung mit § 199 ZPO l69 die Zustellung gerichtlicher und amtlicher Schriftstücke, darunter auch Ladungen und Klagen, regelt. Die Zustellung nach dem HaagÜbk wird durch die in jedem Mitgliedsstaat bestehende zentrale Behörde abgewickelt. Diese Stellen haben Zustellungsersuchen entgegenzunehmen und in ihrem Amtsbereich auszuführen, sind jedoch auch für die Übersendung inländischer Schriftstücke, die im Ausland zugestellt werden sollen, verantwortlich. '70 Die Zustellung wird sodann durch die ersuchte zentrale Behörde im Inland entweder nach Ortsrecht, oder in einer vom ausländischen Zusteller gewünschten Form, die jedoch nicht mit dem lokalen Ortsrecht unvereinbar sein darf, vorgenommen. 17I So kann der Zusteller einer amerikanischen Scheidungs- oder Trennungsladung und -Klage ("summons and complaint") Zustellung durch persönliche Übergabe verlangen, weil dies mit dem (deutschen) Ortsrecht nicht unbedingt unvereinbar ist (§ 211 ZPO). Das Abkommen umfaßt die Zustellung sowohl seitens der Gerichte (wo gerichtlich veranlaßte Zustellung und Ladung vorgeschrieben sind, so in der Bundesrepublik, den federal courts, einigen state courts), wie auch auf Parteienbetreiben (die große Mehrzahl der Einzelstaaten). 172 Das dem Abkommen eigene Sicherheitsventil ergibt sich aus Art. 4, wonach die zur Zustellung angegangene zentrale Behörde unverzüglich mitzuteilen hat, daß sie den Antrag als unzulänglich betrachtet. Die Begründung ist beizufügen. Dadurch wird dem Antragsteller die Möglichkeit gegeben, umgehend zu handeln, eine - besonders bei drohender Verjährung - unabdingbare Voraussetzung. Die in dem Abkommen vorgeschriebene Standardisierung der Rechtsbelehrung 173 und der Zustellungszeugnisse 174 sind hochwillkommene Vereinheitlichungen. Auch die einem Antragsteller gegebene Möglichkeit, sich unter Vermeidung des manchmal langwierigen Dienstweges direkt an die zentrale 168 BGBI, 1977, Teil 11, 1453, Nr. 54 vom 30.12.1977; in USA: USTA, Vol. 20, Pt. I, 1969, 361; TIAS, 6638. 169 § 199 ZPO verweist bei der Auslandszustellung sowohl auf ausländische Staatsbehörden als auch auf deutsche Auslandsvertretungen. Der Verweis auf die ausländischen Staatsbehörden richtet sich jedoch nach den mit dem betreffenden Staate bestehenden Zustellungsverträgen. Vgl. Wieczorek. Rdn. A I letzter Satz zu § 199 ZPO; Bülow/ Bäckstiegel. S. 531, i-46. 170 HaagÜbk, Art. 2, 3. 171 HaagÜbk, Art. 5. 172 HaagÜbk, Art. 1; Wortlaut: "Gerichtliches Schriftstück" ("acte judiciaire" bzw. "Judicial document"), enthält keine Beschränkung; es kann daher gerichtlichen - oder parteilichen Ursprungs sein. l7J HaagÜbk, Art. 7, Anlage (Muster für den Zustellungsantrag und den wesentlichen Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks), S. 1469, 1471. Die Musterformen sind in Zäller/Geimer. Anhang V, S. 2533 ff. der 14. Aufl. 1984 abgedruckt. 174 HaagÜbk, Anhang (.. Muster des Zustellungszeugnisses"), 1470.
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Behörde des Ausführungsstaates zu wenden,175 stellt eine Erleichterung der bisherigen Praxis dar. Zwar gestattet das Abkommen ausdrücklich die herkömmliche diplomatische und konsularische Zustellungspraxis l76 , jedoch muß dieser langwierige und zeitraubende Weg im Lichte der jetzt möglichen Erleichterung als überholt betrachtet werden. Die neue amerikanische Rechtsprechung ist einhellig, daß das Abkommen als Staatsvertrag den einzelstaatlichen Zustellungsvorschriften übergeordnet ist und somit sowohl Bundes- wie Einzelstaatsgerichte auch dann bindet, wenn einzelstaatliche Zustellungsregeln strengere Anforderungen stellen. 177 Die sich ergebende Anomalie, daß Einheimische im innerstaatlichen Verkehr diesen verschärften Regeln unterworfen sind, während Ausländer es "leichter" haben, wurde vom Court of Appeals im Ackermann-Fall 178 mit der Begründung abgelehnt, die internationale Regelung habe Vorrang (" ... to construe the Convention otherwise would unduly burden foreign judgment holders with the procedural intricacies of fifty states ... "). Bis vor kurzem stand jedoch nicht fest, ob der Postzustellung die Rechtssicherheit beizumessen war, die Anfechtungsmöglichkeiten gegen auf bloße Postzustellung hin ergehende Versäumnisurteile aus Gründen der "lack of jurisdiction" ausräumte. So erging noch in 1979, kurz vor dem Beitritt der Vereinigten Staaten zu dem Abkommen, eine Entscheidung des Federal V.S. District Court, Eastern District von New York 179, wonach die postalische Zustellung einer Ladung und Klage sowie eines daraus resultierenden Versäumnisurteils des LG Hamburg durch das New Yorker Generalkonsulat an eine Amerikanerin als ungenügend erachtet wurde, u.a. weil sie sogar der deutschen Regel nicht genügte ("die Empfängerin war nicht zur Annahme bereit").
17S HaagÜbk, Art. 10 (b) und (c), Art. II sowie besonders Art. 3 Satz I. Zu den nach dem Recht des Ursprungslandes zur Antragsübermittlung berechtigten .. Justizbeamten" müssen in USA auch Anwälte gerechnet werden, da diese als .. officers ofthe court" in fast allen Einzelstaatsprozeßordnungen eigenmächtig dazu berechtigt sind, Ladungen, Zwangsvorladungen (..subpoenas") und andere verpflichtende Zustellungen (.. compulsive process") zu erlassen. 176 HaagÜbk, Art. 8 Satz I, Artikel 9. 177 Aspinall's Club Ltd. v. Aryeh, 86 App. Div. 2d 428,450 N.Y.S. 3d 199(1982). Zustellung einer englischen Ladung und Klage auch dann wirksam, wenn nur nach Bundesregel unter Unterlassung der New Yorker Vorschriften zugestellt wurde. "It is both elementary and fundamental that the Federal Law and Treaties are the Supreme Law of the land (U.S. Constitution, Art. VI, Cl. I.) A "Convention" is a treaty for purposes ofthe Supremacy Clause ofthe Constitution." ibid, 450 N.Y.S. 2d, 202. 178 Siehe F n. 180 d.A. 179 Schuco International v. Schueler, U.S.D.C., E.D. N.Y. (MühleT, Chief Justice) 78 Civ. 582 (1979). " ... notice of the default judgment was served in the same manner as the summons and complaint and thus in violation of the pertinent provisions of the ZRHO ... thus, the default judgment is still open to collateral attack in Germany and not 'final and enforceable' in that forum ... since the German court would not give conclusive effect to the judgment, we should not take it upon ourselves to do so."
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
Diese Unstimmigkeiten sind jetzt durch eine Entscheidung des Court of Appeals, Second Circuit, endgültig beseitigt worden l80 • A, ein Westberliner Anwalt und L, ein amerikanischer Grundstücksmakler, trafen in Westberlin eine "Absprache", deren Tenor nie übereinstimmend festgestellt werden konnte. Während A die Absprache dahingehend verstand, daß er für ein von L in New Jersey geplantes Grundstücksprojekt die rechtlichen und steuerlichen Einzelheiten einer deutschen Anleihe bearbeiten sollte, blieb L dabei, daß A als "Makler" die deutsche Finanzierung für das Projekt auftreiben und dafür eine Maklergebühr erhalten solle. Von anwaltlicher Tätigkeit oder Mandatsübernahme für Rechtsgeschäfte war zwischen den Parteien anscheinend nie die Rede. Die Revision folgte der Feststellung der Erstinstanz S1 ), daß die Parteien in gutem Glauben völlig "aneinander vorbeiredeten" (" ... both parties behaved honorably and their dispute was born of mutual mistake ... ")
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Nachdem keine deutsche Finanzierung beschafft werden konnte, brachen die Beziehungen zwischen den Parteien ab. Am 22.10.1979 sandte A seine Kostenrechnung für geleistete anwaltliche Dienste nach der BRAGO. Als L nicht zahlte, erhob er am 11.01.1980 Klage bei dem LG Berlin. Zustellung der Ladung und Klage erfolgte per Einschreiben mit Rückschein durch das Generalkonsulat in New York. L ließ die Zustellung unbestätigt und versäumte den Berliner Termin C8~). Das resultierende Versäumnisurteil wurde L auf gleichem Wege zugestellt. Nach Rechtskraft erhob A die Anerkennungs- und Vollstreckungsklage im New Yorker District Court.
Die von L eingeschlagene Taktik gegen die Klage könnte als Schulbeispiel für die Verteidigung gegen Anerkennungsklagen dienen. L erhob drei Einreden gegen den Berliner Rechtstitel: -
Unzuständigkeit des Erstgerichts; Urteilserschleichung; Sittenwidrigkeit des Ersturteils.
Die Erstinstanz sprach sich für L aus und verweigerte dem Urteil aus Gründen der Siuenwidrigkeit, die an anderer Stelle noch besprochen wird 18J, die Anerkennung. Bezüglich der Zustellungsfrage befand die Erstinstanz, daß in Anlehnung an "Schuco v. Schueler" 184 die Postzustellung die Haager Konvention verletzt habe, die Zustellung somit defekt sei und dem deutschen Gericht keine internationale Zuständigkeit verschafft habe. In einer einstimmigen Entscheidung hob der Court of Appeals, Second District, die Erstentscheidung auf und entschied für L. Zunächst befand der Gerichtshof in Anlehnung an die bisherige Rechtsprechung l85 , daß L sich durch Ackermann v. Levine, (Court of Appeals, 2d Circuit), 788 F 2d 830 (1986). Sowohl L wie A behaupteten in ihren Vernehmungen zur Sache diametral entgegengesetzte Versionen ihrer Absprache. Vgl. die erstinstanzliche Entscheidung vom 20.5.85 und NYLJ vom 30.5.85, Seite 3, "US Judge Co oper refuses to enforce fee award to Berlin law firm." 182 Die Beweiserhebung ergab, daß L mindestens eine Beratung eines im IPR versierten New Yorker Anwaltes einholte, in der dieser ihm geraten haben soll, dem Berliner Prozeß nicht beizutreten. 183 Kap. 3, Ill, 3. 184 Siehe Fn. 179 d.A. 180 181
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seine Tätigkeit in Berlin (Gespräche, Konferenzen usw.) genügend eingelassen hatte, um die Berliner Gerichtsbarkeit zu begründen. Sodann bestätigte das Gericht unter ausdrücklicher Ablehnung der Schuco-Regel als veraltet, daß Postzustellung mit Rückschein nach den Art. 8 und 10 (a) des Abkommens zulässig sei. Zwar hat die Bundesrepublik gegen die Art. 8 und 10 protestiert, die Vereinigten Staaten jedoch nicht. Andererseits steht fest, daß die Postzustellungen den Anforderungen des "due process" genügen. Eine andere Handhabung, so folgerte das Gericht, würde dem Sinn und Zweck der Konvention widersprechen. "To uphold mai I service when effected against foreign defendants in signatory states that do not object to such service, but to invalidate such service when effected against an American defendant would undermine the Hague Convention's purpose of unifying the rules of process abroad."
Mit der Tatsache, daß die deutsche Zustellung zwar durch die Post, jedoch veranlaßt durch die örtliche bundesdeutsche konsularische Vertretung, erfolgte (Art. 8 I d. Abk.), und daß hinsichtlich dieser Zustellungsweise die Bundesrepublik keine Gegenseitigkeit gewährt, setzt sich das Gericht mit keinem Wort auseinander. Bundesdeutsche Konsulate können also in den USA das tun, was U.S. Konsulaten in der Bundesrepublik untersagt ist. Das mit der Ackermann-Entscheidung übereinstimmende Fallrecht neu esten Datums 186 bildet den Ausgangspunkt einer anerkennungsfreundlichen Rechtsphilosophie, die die ,courtoisie' der Anerkennung ausländischer Urteile auch dann beibehält, wenn lokale Rechtsinteressen dabei zu kurz kommen. Wegen ihres Beitrags zur Vereinheitlichung der Zustellungsregelung im IPR, der Ausrichtung von common-law Perspektiven auf civil-law Belange, und der Abschaffung von überholten ,althergebrachten' Grundsätzen, deren Grundlagen längst nicht mehr vorhanden sind, ist diese Rechtsprechung von besonderer Wichtigkeit. dd) Die Postzustellung Bis vor kurzem war die nach der deutschen Verfahrensordnung (§ 195 ZPO) vorgesehene direkte postalische Zustellung prozeßeröffnender Dokumente (Ladung, Klage) in den U.S.A. undenkbar, da sie mit dem Prinzip der persönlichen Übergabe kollidierte. Neuerdings sind jedoch, abgesehen vom Fallrecht, sowohl im U.S. Bundesbereich [Rule 4 (c) (2) (C) (ii)] als auch in einigen Einzelstaatsordnungen (so z.B. Massachussetts) Ausnahmen geschaffen worden, die die Post zustellung gestatten. "Hanson v. Denckla"; siehe Fn. 210 d.A. und nachfolgend Abschn. b. Zisman v. Sieger, 106 FRD 194 (1985) und dort angeführte Rechtsprechung, besonders Weight v. Kawasaki, 597 F. Supp. 1182 (1984). 185
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Rule 4 (c) (2) (C) (ii) FRCP sieht vor, daß die Zustellung der Ladung und Klage durch einfache Post von einer Anerkenntniserklärung begleitet werden muß, die der Zustellungsempfanger binnen einer Frist zurückzusenden hat. Verfehlt er dies, so wird die Zustellung durch persönliche Übergabe wiederholt,jedoch muß er hierfür die Kosten erstatten. Wenn daher eine deutsche Klage nach Art. 10 (a) des HaagÜbk verbunden mit Rule 4 (c) (2) (C) (ii) als Ortsregel unter Umgehung des konsularischen Weges direkt zugestellt wird, so müßte man annehmen, daß rechtsverbindlich zugestellt wurde. Tatsächlich war ein auf dieser Basis ergangenes Versäumnisurteil noch nis Subjekt einer U.S.-richterlichen Nachprüfung. Wohl wurde i.S. Vorhees v. Fischer & Kreke 187 entschieden, daß der bundesdeutsche Widerspruch zu Art. 10 des HaagÜbk die Anwendung von Rule 4 (c) auf Auslandsladungen zu U.S. Prozessen nicht zuläßt, da der Staatsvertrag Vorrang hat. Da die U.S.A. jedoch zu Art. 8 und 10 keinen Protest erhoben haben, ist das Gegenstück - bundesdeutsche Postladung in die U.S.A. zu deutschen Prozessen - nicht unbedingt unwirksam, zumal der Ackermann-Fall die deutsche Postzustellung auf dem diplomatisch-konsularischen Weg gutgeheißen hat. Nichtsdestoweniger ist die direkte postalische Zustellung in die U.S.A. immer noch ein Wagnis, welches, besonders wenn große Summen auf dem Spiel stehen, als riskant bezeichnet werden muß. ee) Zusammenfassung der Ladungsnormen Durch die novellierte Fassung des § 328 ZPO vom 25.7.1986 hat der deutsche Gesetzgeber die oft kritisierte 188 Beschränkung des § 328 Abs. 1 Nr. 2 auf "Deutsche" gestrichen und das Erfordernis des rechtlichen Gehörs im Prozeßstaat in Anlehnung an Art. 27 Nr. 2 und 3 EuGVÜ 189 verallgemeinert. Für den derart geäußerten ,ordre public' der deutschen Anerkennung bilden § 199 ZPO in Verbindung mit dem HaagÜbk und der ZRHO das Gegenstück zu den deutschen Maßstäben, die an im Inland zur Anerkennung anstehende, fremde Urteile gestellt werden. Für die Kernfrage der Zustellung als Fundament zur späteren Anerkennung Urteile - besonders Versäumnisurteilen - in den U.S.A. muß dem Praktiker eine klare, verläßliche und brauchbare Antwort vorliegen. Diese ist durch das HaagÜbk gegeben. Vorzuziehen sind förmliche Zustellungen durch die "Zentrale Behörde" (Art. 5), jedoch können sichere Zustellungen auch durch die bundesdeutschen konsularischen Vertretungen nach Artikel 8 und 9 bewirkt bund~sdeutscher
697 F. 2d 574, 1983. Geimer, NJW 1973, S. 2138; Zö/ler/Geimer, Rn. 155 ff. zu§328 ZPO (14. Aufl.),Rn. 134 zu § 328 ZPO (15. Aufl.); Raape/Srurm, S. 352 sowie Fn. 245 d.A. 189 Vgl. Basedow, NJW 1986, S. 2979; Kegel, S. 663, sowie unten Fn. 244 d.A. 187
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11. Die Rolle der "jurisdiction" in der Vrteilsanerkennung
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werden. Die beste Absicherung gegen spätere Prozeßrisiken ist jedoch immer noch die persönliche Zustellung durch örtlich befugte Personen, etwa "process servers", "commissioners" , oder von der Zentralen Behörde bestimmte Gerichtsorgane, gleichgültig, ob diese im Wege der förmlichen oder konsularischen Rechtshilfe (Art. 9) bestellt werden. Wie schon ausgeführt, ist die postalische Zustellung trotz der Ackermann-Entscheidung - besonders außerhalb der rechtlich fortschrittlichen lurisdiktionen - immer noch ein Novum, an welchem sich weniger aufgeklärte amerikanische Richter stoßen könnten. b) Erfordernis der verfassungsgemäßen Anknüpfungspunkte
Bekanntlich prüft das amerikanische Zweitgericht das zur Anerkennung und Vollstreckung vorgelegte deutsche Urteil nach dem Katalog seiner eigenen Anerkenntniserfordernisse. Dabei spielen die rechtmäßige Ladung und die rechtmäßige Kompetenzausübung - die Gerichtsbarkeit - als "proper exercise of jurisdiction" des Erstgerichts die weitaus größere Rolle. Ist die Ladung mangelhaft, so ist die Schwelle der Vorbedingungen zur Anerkennung nicht überschritten, und die Untersuchung der ordnungsgemäßen Kompetenzausübung erübrigt sich. Ist die Ladung jedoch rechtmäßig, so ist damit noch nicht gesagt, daß auch die erstgerichtliche (hier: deutsche) Kompetenzausübung den Normen der "proper exercise of jurisdiction" entspricht. Als prozeßhindernde Verteidigung gegen eine Anerkennungs- und Vollstreckungsklage ist die Anfechtung der Kompetenz, Zuständigkeit und Gerichtsstandsbehauptung des deutschen Erstgerichts - die "defense of lack of jurisdiction" - die aussichtsreichste, nicht selten einzige, Hoffnung des Beklagten auf erfolgreiche Abwehr des auf ihn zukommenden Titels. So überrascht es nicht, daß die Gerichtsbarkeits- und Zuständigkeitsfrage, die ,jurisdictional question", fast ausnahmslos in allen Anerkennungsprozessen auftaucht und oft für die Entscheidung über den Anerkennungsantrag von kritischer Bedeutung ist. Die nach § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO l90 zum Ausdruck kommende deutsche IPRRegel ist mit der amerikanischen sinngemäß identisch. Auch ihr liegt zugrunde, daß "der Grundsatz des rechtlichen Gehörs im internationalen Rechtsverkehr zu gewährleisten und durchzusetzen" ist. Daß im deutschen Rechtsgebiet eine Verurteilung ohne rechtmäßige Ladung verfassungswidrig sein kann, bedarf keiner Diskussion. Daher ist auch in der Bundesrepublik die Ladungsrechtmäßigkeit Schwellenerfordernis im deutschen Anerkennungskatalog. 191 190 Die von Weng/er vertretene Meinung, das V.S. Recht enthalte eine .. Vermutung" der internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts (BGB-RGRK VI 2, Fn. 266, S. 910), muß berichtigt werden. Eine derartige "praesumptio juris" existiert im amerikanischen Recht nicht. Während die Erstzuständigkeit vom deutschen Gericht von Amts wegen zu prüfen ist, ist das V.S. Gericht nur an das Parteienvorbringen gehalten. Behauptet der Kläger im Prozeßgang die Erstzuständigkeit, so hat der Beklagte diese zu widerlegen, ohne daß eine Vermutung für oder gegen dieselbe besteht.
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
Abweichende, autonome Bestimmungen im Einzelstaatsrecht sind nicht zu befürchten. Ladungen nach dem HaagÜbk müssen von allen Staatsgerichten und Behörden anerkannt werden. 192 Wie ausgeführt, ist das HaagÜbk in den U.S.A. als Staatsvertrag ("Treaty") dem Einzelstaatsrecht vorgeordnet, so daß auch Behörden daran gebunden sind. Neuerdings zeichnen sich Sonderbestimmungen in der Verwaltungspraxis ab, wonach der Zustellungsweg zwischen Behörden beider Länder sowie Personen und Behörden eigene Wege sucht. Es ist noch zu früh, um beurteilen zu können, ob sich dieser - an sich gesetzwidrige - Umgehungsweg durchsetzen kann. 193 aa) Die Bedeutung der "long arm statutes" Das dem amerikanischen Kollisionsrecht eigene Territorialitätsprinzip erlaubt es den Einzelstaaten, ihre eigenen Zuständigkeitsregeln und Gerichtsbarkeitsgrenzen zu bestimmen. Dazu gehören auch die Gerichtsstände über außerstaatliche und außernationale (ausländische) Personen, Sachen und Tatbestände, die "internationale Zuständigkeit" des deutschen Rechts. 194 Der amerikanische Einzelstaat ist zwar für seine eigenen "Bürger" (domizilierte natürliche und rechtliche Personen) zuständig, ist jedoch naturgemäß daran interessiert, seine Macht über diejenigen "Ausländer", sowohl Einwohner anderer Staaten wie anderer Nationen, auszudehnen, die im Staat selbst Schaden verursacht, Geschäfte getätigt, oder anderweitig Anknüpfungspunkte geschaffen haben, die daher eine innerstaatliche Gerichtsbarkeit als recht und billig erscheinen lassen, ohne daß verfassungswidrige Übergriffe, Rechtsbeugungen, oder Verweigerungen des rechtlichen Gehörs, kurz "violations of due process oflaw" , durch das "Herbeiholen" des Ausländers vor das innerstaatliche Gericht entstehen. Dabei befinden sich amerikanische Bürger anderer Staaten auf gleicher Stufe mit Ausländern. Nationalität ist für die innerstaatliche Zuständigkeitsfrage größtenteils bedeutungslos. Diejenigen einzelstaatlichen Gerichtsstandsvorschriften, die dazu bestimmt sind, in gewissen Fällen die staatliche Zuständigkeit auf "Ausländer" auszudehnen, indem der "lange Arm" der innerstaatlichen Statt vieler: Schütze. DIZPR S. 140 ff. U.S.Constitution, Art. VI, § 2 (die sog. "sumpremacy c1ause"). Vgl. 3. Kapitel, IV 2 oben. 193 In der Zustellungsflut von Verwaltungsbescheiden, die massenweise auf allen möglichen Gebieten (Steuer, BundesversicherunglSocial Security, BeschaffungiProcurement, Einwanderungllmmigration, Entschädigung und LAG/Foreign Claims Settlement usw.) den Atlantik in heiden Richtungen überqueren, gehen die Zusteller meist ihre eigenen, nach den jeweiligen Verwaltungsordnungen ausgerichteten Wege. Zwar kann den Behörden die förmliche Zustellung wegen des Volumens nicht zugemutet werden,jedoch handelt es sich bei diesen Zustellungen in Verwaltungssachen nicht selten um beträchtliche Vermögensverschiebungen und Eingriffe in die persönliche Sphäre des Empfängers. Allerdings wirkt die Notwendigkeit der förmlichen Zustellung nach Durchlauf der Behördenrechtsmittel und Anruf der ordentlichen Gerichte als Bremse und Sicherheitsventil. 19-4 Geimer, JuS 1965, S. 475, 477. Vgl. Schütze, DIZPR, S. 139 und Kegel. S. 652. 191
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Gerichtsbarkeit sie zurückholt und vor die internen Gerichte stellt, sind unter der Kurzbezeichnung "long arm statutes" bekannt geworden. Die "long arm" jurisdiction ist eine typisch amerikanische Norm, hervorgegangen aus dem Föderativsystem sowie den verfassungs bedingten Verknüpfungen der "jurisdiction" mit dem "due process of law" .195 Als aus der Eigenart der amerikanischen Judikatur entstandene Erscheinung bleibt diese Form der Ausübung der Staatsgewalt ohne eigentliches deutsches Äquivalent, nicht, weil es der deutschen Norm an verfassungsbedingten Beschränkungen ermangelt/ 96 sondern einfach deshalb, weil diese Norm nicht in das deutsche Schema hineinpaßt. Geimer 197 stellt fest, daß der in § 328 Nr. I ZPO festgelegte Maßstab, der auf die deutschen Gerichtsstandsnormen verweist, sich auf deutsche Zuständigkeitsbereiche beschränkt, so u.a. Wohnort des Beklagten (§ 12, 13 ZPO), Erfüllungsort für die der Klage unterliegenden Forderungen (§ 29 ZPO) u.s.w. Damit hört die deutsche Prüfung auf. "Es kommt also nur darauf an, ob irgendein Gericht des Vrteilsstaates bei Anwendung der deutschen Normen über die örtliche Zuständigkeit zuständig wäre.,,198
Die amerikanische Prüfung fängt jedoch erst an diesem Punkt an. Die Mißachtung der amerikanischen "long arm"-Normen durch das Erstgericht führt zur Nichtanerkennung. Deren Verständnis ist daher für die Anerkennungsfrage von grundlegender Bedeutung. bb) Die "International Shoe Co. v. Washington"-Entscheidung l99 Rheinstein 200 zitiert die "International Shoe"-Entscheidung im Zusammenhang mit dem Rückzug des Supreme Court aus dem Versuch in den vierziger Jahren, die Wirtschaft der U.S.A. durch verfassungspolitische Entscheidungen zu beherrschen und zu lenken. Er meint, durch sie hätte der Supreme Court es aufgegeben, feste Kollisionsregeln für die Zuständigkeit zu schaffen. Die "International Shoe" -Entscheidung ist jedoch ungleich mehr: Sie ist durch das tägliche Hin und Her der amerikanischen Parteipraxis in eine praktische Rolle hineingezwängt worden, die ihr Verfasser, Chief Justice Stone, vielleicht gar nicht wollte. Die Behörden des Staates Washington erließen gegen die in Missouri ansässige International Shoe Company einen mit einem Zahlungsbefehl versehenen Arbeitslosensteuerbescheid. Die Beklagte hatte keinen Firmensitz in Washington, sondern 19S
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200
Rheinstein. FS RabeI I, S. 539, 579 ff. Vgl. Ehrenzweig/ }ayme. S. 22 ff.
Siehe § 13 GVG. Geimer. JuS 1965, S. 476, 477. Geimer. JuS 1965, S. 477. 326 V.S. 310, 66 S.Ct. 154 (1945). Rheinstein. FS Rabe1 I, S. 575-576.
2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Vrteilsanerkennung
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ließ ihre Verkäufer lediglich dort Schuhe vertreiben. Verträge, Zahlungen und Versand wurden nur von außerhalb getätigt. Die Verkäufer beschränkten sich auf "exhibiting sam pies and soliciting orders".
N ach vergeblichen Anfechtungen des Bescheids durch den innerstaatlichen Washingtoner Instanzenweg erhob die Beklagte Verfassungsbeschwerde mit der Begründung, ihre "Anwesenheit" im Staat Washington sei so geringfügig, daß Machtausübung und Kompetenz der Gerichte des Staates Washington nicht begründet seien und daher der durch Urteil sanktionierte staatliche Eingriff in die Vermögensrechte der Beklagten der gesetzlichen Basis entbehre und dem "due process of law" widerspräche. Der Supreme Court nahm dies zum Anlaß, den inzwischen unzählige Male zitierten Gummiausdruck von "traditionellen Begriffen (notions) des fair play und der abgewogenen Gerechtigkeit" so zu formulieren: "Due process requires only that in order to subject a defendant to a judgment in personam, if he be not present within the territory of the forum, he have certain minimum contacts with it such that the maintenance of the suit does not offend ,tradition al notions of fair play and substantial justice,.,,201
Das Gericht ließ das Quantum oder Ausmaß der jurisdiktions unterwerfenden Kontaktnähe offen: '''Presence' in the state in this sense has never been doubted when the activities ofthe corporation there have not only been continuous and systematic, but also give rise to the liabilities sued on ... Conversely, it has been generally recognized that the casual presence of the corporate agent or even his conduct of single or isolated items of activity in astate in the corporation's behalf are not enough to subject it to suits on causes of action unconnected with the activities there.,,202
Das Gericht betont, daß die Grenzlinien zwischen jurisdiktions begründeter "Anwesenheit" und Nichteinlassung nicht mechanisch oder quantitativ abgesteckt werden können. Im Licht der "due process clause" ist es vielmehr erforderlich, die Interessenabwägung zwischen der qualitativen Art der Anknüpfungspunkte, dem öffentlichen Interesse und der "fairness" gegenüber den einzelnen Parteien von Fall zu Fall vorzunehmen. "Whether due process is satisfied must depend rather upon the quality and nature of the activity in relation to the fair and orderly administration of the laws which it was the purpose of the due process clause to insure.,,20J
Nur wenige Entscheidungen des Supreme Court haben die Tragweite dieses Falles erreicht. Zusammen mit Pennoyer v. Neffund der ,Hilton'-Entscheidung bildet ,International Shoe' eine Säule der amerikanischen Verfahrens-, Verfassungs-, und Kollisionslehre, weil der Fall- ob befriedigend oder nicht - jedenfalls eine Grundfrage beantwortet hat: die Grenzabsteckung der einzelstaatlichen Gerichtsbarkeit im Licht des "due process". 201 202 203
326 V.S. 310, 316. 326 V.S. 310, 317. 326 V.S. 310, 319.
H. Die Rolle der "jurisdiclion" in der Urteilsanerkennung
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cc) Die nachfolgende Entwicklung Die Zuständigkeitsprüfung ausländischer Urteile durch amerikanische Gerichte nach 1945 mußte naturgemäß die Normen der höchstrichterlichen "International Shoe"-Entscheidung in die Prüfungsmaßstäbe einbeziehen. Die Gerichte hatten daher zu entscheiden, ob der im Ersturteil unterliegende Beklagte auch die unter der "International Shoe"-Entscheidung geforderte Kontaktnähe zum Erstforum hatte. Noch 1948 weigerte sich der in New Yorker Rechtskreisen geschätzte Richter Pecora, einem englischen Versäumnisurteil gegen einen New Yorker, dem der "writ" in New York persönlich zugestellt worden war, "comity" zu gewähren. 204 Trotz Sanktion der Ladung durch die britische "Iong arm statute" (Order XI, Supreme Court) befand Pecora, daß ein einziger Vertragsabschluß eine ungenügende Basis der Erstgerichtskompetenz bildete. Das Urteil, weIches sich u.a. auf "Grubel v. Nassauer" 205 beruft, vermischt jedoch Ladungs-und Kompetenzfragen. Schon seit Hess v. Pawlowski 206 ist - besonders bei deliktischen Tatbeständen - die unerlaubte Handlung (the commission of a tort) im Etststaat als Anknüpfungspunkt zur Kompetenz angesehen worden. Bei vertraglichen Tatbeständen ist es das Ausmaß der Geschäftstätigkeit - "the extent of doing business" weIches die Kompetenz begründet. In den höchstrichterlichen Entscheidungen der fünfziger Jahre, so Mullane v. Central Hanover Bank and Trust Company,207 Traveller's Health Association v. Virginia 208 und besonders McGee v. International Life Insurance CO. 209 wurde das Prinzip der kompetenz begründenden Handlung (im Erststaat) dahin ausgelegt und erweitert, daß die Handlung selbst nicht im Erststaat stattzufinden brauchte, sondern daß es genügt, wenn die durch die Handlung erzeugten Konsequenzen im Erststaat kompetenzbegründende Wirkung hatten. Die Einzelstaatenstatuten, die die innerstaatliche "jurisdiction" aufgrund von im Staate prozeßerzeugenden Handlungen auf "non-domiciliaries" ausdehnten, Ross v. Ostrander, 79 N.Y.S. 2d 706 (1948). 210 N.Y. 149, 103 N.E. 1113; siehe oben Fn. 155 d.A. 206 274 V.S. 352,47 S.Ct. 632, 71 L.Ed. 1091 (1927): Ein im Erststaat schadenserzeugender Kfz-Fahrer kann aus dem Zweitstaat im Erststaat gerichtlich belangt werden, da das "Privileg" der erststaatlichen Straßenbenutzung als Anknüpfungspunkt genügt. 207 339 V.S. 306 (1950): Liquidation eines New Yorker Treuhandvertrages gegen zweitstaatliche Begünstigte. 208 339 U.S. 643 (1950): Versicherungsträger kann im Erststaat rechtsgültig durch einstweilige Verfügung von Geschäftstätigkeit abgehalten werden. 209 355 V.S. 220, 78 S.Ct. 199,2 L.Ed. 2d 223 (1957): Ein Versicherungsträger in Arizona wurde wegen auf dem Postweg getätigter Versicherungsgeschäfte in Kalifornien eingeklagt. Der Supreme Court bestätigte die kalifornische Gerichtsbarkeit. Die amerikanischen Gerichte neigen in Fällen auswärtiger Versicherungsgesellschaften, die durch Anfechtung der Gerichtsbarkeit im Erststaat ihren Verpflichtungen entgehen wollen, zur Seite der Versicherten. Vgl. Reese. Iowa L.Rev. 44, 249, 250-256 zur kritischen Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung. 204 205
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
wurden sowohl in "International Shoe" als auch "McGee" vom Supreme Court als verfassungsmäßige Machtausübung gebilligt. Diese Rechtsprechung öffnete den Weg zu den in den sechziger undsiebziger Jahren aus den U.S.A. kommenden gigantischen Delikthaftungsklagen, von denen noch die Rede sein wird. Im Jahre 1958 setzte der Supreme Court in der kontroversen (fünf zu drei) Entscheidung in Hanson v. Denckla2JO dieser Entwicklung Grenzen, indem die Majorität den jahrelangen Empfang von Versicherungszahlungen an den Kläger in Florida durch die in Delaware ansässige Beklagte als ungenügende Kompetenzbegründung und mangelnden Kontakt zu Florida ansah. Die Minorität verweist auf die Notwendigkeit der rechtspolitischen Interessenabwägung zwischen einzelstaatlicher Machtausübung und Protektion der einheimischen Bewohner gegenüber den Rechten des Fremdlings. Die durch die Rechtsprechung i.S. "International Shoe" und "McGee" verkündete Lehre, nach der die in diesen Fällen angefochtenen Zuständigkeitsstatuten der Einzelstaaten als verfassungsrechtlich unbedenklich bestätigt wurden, machte schnell Schule: Die "long arm statutes", auch als "one act statutes" bekannt, boten den Gesetzgebern der Einzelstaaten naturgemäß die Möglichkeit, die Macht ihrer Gerichtsbarkeit auch auf nicht domizilierte Ausländer auszudehnen. So entstanden in allen Staaten ohne wesentliche Ausnahme!ll die verfahrensrechtlichen Gesetze, die die Gerichtsbarkeit dieser Staaten über "non-domiciliaries" aufgrund von im Staat begangenen Handlungen ausdehnen. Das dadurch neugeschaffene innerstaatliche Kollisionsrecht wurde Bestandteil des amerikanischen Kollisionsrechts und ist schließlich durch die "Recognition Acts" als geltendes amerikanisches Kollisionsrecht übernommen worden. c) Die Ne\\' Yarker .. lang arm"-Gesetzgebung
Die durch die "International Shoe"- und darauffolgende Entscheidungen ermöglichte Erweiterung der einzelstaatlichen Gerichtsbarkeit wurde, wie erwähnt, von fast allen Staaten genutzt. Maine, Oklahoma, Illinois, Washington, Maryland und New York 212 verabschiedeten in den sechziger Jahren "long arm"-Gesetze. Die "National Conference of Commissioners of Uniform State Law", eine Gipfelkonferenz zur Vereinheitlichung der Staatsgesetzgebung, hat schon 1962 einen "Uniform Interstate and International Procedure Act"m 357 U.S. 235, 78 S.Ct. 1228 (1958). Vgl. Weinstein/ Korn/ Miller. § 302.02; siehe insbesondere das umfangreiche Literaturverzeichnis in der Einführung zu § 302.01. Dieses Thema hat buchstäblich Berge von Literatur hervorgebracht. 212 Eine Liste der "Long-Arm"-Staaten ist enthalten im .. Columbia Law School Project on International Procedure, 1962 - Mimeograph" sowie in Reese. Beitrag, S. 69, 131. Im Jahre 1982 haben alle Staaten der Union ausnahmslos "Long-Arm"- oder "One Act"-Gesetze bzw. deren Äquivalent entweder verabschiedet oder durch Rechtsprechung zum Bestandteil ihres Gerichtsbarkeitsstatuts gemacht. . 210 211
H. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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geschaffen, dessen "long arm"-Teil 214 die jeder "long arm statute" eigenen Normen festlegt. Getreu der in "International Shoe" verkündeten Rechtslehre fußen diese Normen auf den Grundsätzen der Tätigkeitsentfaltung und Nutzbarmachung von Einrichtungen, der damit verbundenen Einlassung und Unterwerfung unter die internen Einzelstaatsorgane und die Erzeugung von Rechtskonsequenzen im Staat durch in den Staat gerichtete Handlungen von außerhalb. 215 Der "Uniform Procedure Act" lautet folgendermaßen: 216 1.03 a) a court may exercise personal jurisdiction over aperson, who acts directly or by an agent as to a (cause of action) (claim for relief) arising from the person's (I) transacting any business in this state; (2) contracting to supply services or things in this state;
(3) causing tortious injury by an act or omission in this state; (4) causing tortious injury in this state by an act or omission outside this state if he regularly does or solicits business, or engages in any other persistent course of conduct, or derives substantial revenue from goods used or consumed or services rendered, in this state ...
Die New Yorker Fassung 217 entstammt der "long arm"-Version des "Illinois Practice Act,,218 und lautet wie folgt: § 302 (a) Acts which are the basis of jurisdiction. As to a cause of action arising from any of the acts enumerated in this section, a court may exercise personal jurisdiction over any non-domiciliary, or his executor or administrator, who, in person or through an agent: I.
transacts any business within the state or contracts anywhere to supply goods or services in the state; or
2. commits a tortious act within the state, except as to a cause of action for defamation of character; 3. commits a tortious act without the state causing injury to person or property within the state, if he (i) regularly does or solicits business, or engages in any other persistent course of conduct, or derives substantial revenue from goods used or consumed or services rendered, in the state, or (ii) expects or should reasonably expect the act to have consequences in the state and derives substantial revenue from interstate or international commerce ... Teilweise abgedruckt in Weinstein/ Korn/ Mi/ler, § 302.01 und Fn. 12a. Section 1.03, Uniform Interstate and International Procedure Act. 215 Siehe Reese's Besprechung in der lewa L.Rev. 44, 249, 258-265. Diese Besprechung ist immer wieder als bahnbrechend zitiert worden. Vgl. oben Fn. 209 d.A. 216 Siehe oben Fn. 214 d.A. m § 302 CPLR. 218 Section 17, Illinois Civil Practice Act, III.Rev.Statutes, Chapter 110, § 17. 21) 214
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
Die Formulierung des § 302 (a) I, ursprünglich nur "transacts any business", wurde am I. September 1979 mit dem Zusatz "or contracts anywhere to supply goods or services in the state" ergänzt. Dies hat zur Folge, daß New York wenigstens theoretisch - nicht nur einen lediglich durch Vertrag mit einem New Yorker verbundenen "non-domiciliary", sondern sogar einen vertragsbrüchigen, durch ein gebrochenes Versprechen an einen New Yorker Inländer "geketteten" Ausländer vor den New Yorker Richter laden und ihn dort rechtsgültig verurteilen kann. Diese radikal übertriebene Ausdehnung der einzelstaatlichen Gerichtsbarkeit ist als verfassungswidrig und unhaltbar kritisiert worden. 219 Die amerikanische Tendenz der einzelstaatlichen Ausdehnung der Machtausübung ist nicht ohne Parallele im internationalen Privatrecht. 220 Im deutschen und europäischen Bereich allgemein beruht die Inanspruchnahme ausschließlicher Gerichtsbarkeit gegen "Gerichtsausländer" zumeist auf den Fakten der tatbezogenen Anknüpfungspunkte, der Nationalität und der gegenseitigen Staatsverträge. 221 In den U.S.A. erscheint als rechtstheoretischer Ausgangspunkt immer die Grundfrage des den Einheimischen zu gewährenden Rechtsschutzes: "The basic standard for jurisdiction which should be considered is the reasonableness of compelling a defendant to contest a suit outside his domicile ... the courts, though they have an interest in affording New York citizens a forum, must also balance the potential cost to the State if commercial activities are discouraged by overexpansive juridictional readings ... :?2~
Hinsichtlich dieser Fragen scheint zwischen der deutschen und der amerikanischen Auffassung grundsätzlich Einigkeit zu bestehen. 223 Zusammenfassend kann die amerikanische "long arm"-Norm der einzelstaatlichen Gerichtsbarkeit folgendermaßen umrissen werden: I. Die Grundlage der amerikanischen Gerichtsbarkeit ist die Einzelstaatsgerichtsbarkeit. Eine allgemeine und umfassende "Bundesgerichtsbarkeit" gibt es nicht. 224 Zwar haben, wie erwähnt, die Gründer der Republik den damals 219 O'Connor, N.Y.L.R. vom 15.05.1982, S. I Ir. Vgl. die Kritik der New Yorker Rechtsprechung in Ehrenzweig I Jayme. S. 32 ff. 220 Heldrich. S. 106 ff. 221 Heldrich. S. 109, Abs. (d) und ff.; vgl. Schock. ZZP 97, S. 46, 48 ff. 221 Weinstein I Komi Miller. § 302.01; vgl. Wurtenberger v. Cunard Line Ltd., 370 F.Supp. 342 (S.O. N.Y. 1974) "Die Türen der New Yorker Gerichtsbarkeit müssen unseren von Fremden geschädigten Bürgern offenstehen ... " mit Drexel Burnham und Co., Inc. v. Silverman, 75 Mise. 2d 904,349 N.Y.S. 2d 293, 294(1973) "... die Gerichte müssen zwar ihre - NewYorker - Bürger beschützen, jedoch mit Rücksicht auf den Status New Yorks als Handelszentrum und unsere überfüllten Terminkalender." 223 Kegel. S. 644 ff.; vgl. BGHZ 44, 46; stark betont in Heldrich. S. 108 und 109: "Dem Interesse des Staates, durch seine Gerichte Rechtsschutz und Rechtsfürsorge um der inneren Ordnung willen zu gewähren, entspricht kollisionsrechtlich die Tendenz, der Anwendung der eigenen gegenüber ausländischen Rechtsordnungen den Vorzug zu geben, soweit dies im öffentlichen Interesse geboten erscheint."
H. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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neugeschaffenen Bundesgerichten ausschließliche Gerichtsbarkeit über gewisse Sachgebiete verliehen, jedoch haben die Bundesgerichte das allgemeine materielle Recht, einschließlich des materiell rechtlich verbrämten Verfahrensrechts, desjenigen Staates, in dessen Gebiet sie amtieren, anzuwenden. 225 Dazu gehören die Kollisionsregeln, einschließlich der "long arm statutes".226 2. Die "long arm statutes" sind daher für alle amerikanischen Gerichte verpflichtende Kollisionsregeln und wurden durch Juristen wie Reese, Lejlar und Ehrenzweig sowie die vorbereitenden State Law Commissions größtenteils vereinheitlicht. Trotz örtlicher Varianten stehen die Grundprinzipien als verfassungs gemäß und verfahrensmäßig fest. 3. Dies vorausgeschickt, ergibt sich für die Gerichtsbarkeit der Einzelstaaten folgendes Bild: a) Ausländer,227 die im Staat Geschäfte tätigen oder die sich vertraglich verpflichten, Güter oder Dienstleistungen in den Staat einzuführen oder dort zu leisten, unterstehen der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit und können rechtswirksam geladen und verurteilt werden. b) Ausländer, die im Staat eine "unerlaubte Handlung" begehen, unterstehen ebenfalls der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit (ausgenommen sind Verleumdungsklagen). c) Ausländer, die außerhalbder Staatsgrenzen eine unerlaubte Handlung mit Personen- oder Sachschadenfolgen innerhalb des Staates begehen, unterstehen der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit wie a) oben (ausgenommen Verleumdungsklagen), sofern (i) sie regelmäßig innerhalb des Staates durch Geschäfte oder anderweitige andauernde ("persistent") Tätigkeit im Staat oder durch Vertrieb von Verbrauchs- oder Konsumgütern oder Dienstleistungen erhebliche ("substantial") Gewinne erzielen; oder Vgl. oben 2. Kapitel, I 2, 3 d.A. Erie Railroad Co. v. Tomkins, 304 U.S. 64, 58 S.Ct. 817 (1938). 226 Obwohl nach "Hilton" zunächst Zweifel bestanden, welche Kollisionsrechtswahl die Bundesgerichte auszuüben hätten, ist diese Frage durch "Erie Railroad" und die nachfolgende Rechtsprechung zugunsten der Einzelstaaten geklärt worden. Statt vieler: Siegel. S. 58. 227 "Non-domiciliaries": Ausländer sind alle diejenigen, welche ihren ständigen Aufenthalt nicht innerhalb der Grenzen des Einzelstaates haben. Nationalität ist dabei irrelevant; es ist bedeutungslos, ob der "Non-domiciliary" ausländische oder US-Staatsbürgerschaft besitzt. Daher steht der Einwohner von Newark, New Jersey (ca. 5 km vom New Yorker Supreme Court entfernt) in derselben Rechtsposition wie der Berliner oder Shanghaier. Für juristische Prsonen bestimmt der Firmensitz (place of doing business) das "domicile" - Section 105 (h) CPLR; Weinstein/ Korn/ Miller. § 302.01, 3 bis 63. Der Court of Appeals hat unmißverständlich ausgesprochen, daß § 302 CPLR auf "foreign corporations as weil as non-resident individuals" anwendbar sei. Simonson v. International Bank, 14 N.Y. 2d 281, 5. 288,251 N.Y.S. 2d 433, 438 (1964). 224 225
5 Weinschenk
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
(ii) sie erwarten oder damit rechnen müssen, daß die von ihnen außerhalb des Staates vorgenommene "unerlaubte Handlung" im Staat Konsequenzen hat oder haben könnte und sie zugleich im zwischenstaatlichen oder internationalen Verkehr erhebliche Gewinne erzielen. d) Die "lang arm"-Norm als Anerkennungsstatut
Es wurde oben darauf hingewiesen, daß gemäß der IPR-Regel das amerikanische Gericht ausländische Urteile nach eigenen Kollisionsregeln prüft und daß die Zuständigkeit des urteilsfällenden Erstgerichts nach zweitgerichtlichen (hier einzelstaatlichen) Regeln geprüft wird. m Da die "long arm"-Norm der amerikanischen Gerichtsbarkeit als die amerikanische IPR-Regel zu gelten hat, wird das amerikanische Gericht in seiner Prüfung der erststaatlichen Gerichtskompetenz - so sollte man erwarten - die Normen der "long arm statutes" zugrundelegen und die erststaatliche Kompetenz an diesen messen. Diese für die Anerkennung deutscher Urteile in den U.S.A. grundlegenden Betrachtungen erfordern zunächst die Prüfung der "Uniform Acts". Unter Ausklammerung der ,Unterwerfung', der Prorogation oder anderer Kompetenzbasen, die die Erstgerichtsbarkeit auf anderen Wegen erzielen und eine Prüfung der ,,long arm jurisdiction" erübrigen, ergibt die Prüfung der "Acts" folgende Ergebnisse: § 4 (a) 2 des Uniform Act schreibt
VOr: 229
§ 4. Grounds .ror non-recognifion (a) No recognition. A foreign country judgment is not conclusive if: ... 2. the foreign court did not have personal jurisdiction over the defendant.
Der Begriff der "personal jurisdiction" ist wegen seiner grundlegenden Bedeutung ausführlich und gesondert definiert: 2JO § 5. Personal jurisdicfion (a) Bases of jurisdiction. The foreign country judgment shall not be refused recognition for lack of jurisdiction if: ... 5. The defendant had a business office in the foreign state and the proceedings in the foreign court involved a cause of action arising out of business done by the defendant through that office in the foreign statc ...
Vergleicht man diese Kollisionsregel mit der New Yorker "long arm"-Regelung des § 302 (a) I CPLR, so ergibt sich im Endergebnis der Unterschied zwischen dem "transacting any business within the state" und der Aufrechterhaltung eines "business office" im Erststaat. Daher ist die Vorbedingung zur "personal jurisdiction" in beiden Fällen, also im Inland (über Fremde) und im Ausland 228 229 230
Siehe oben 2. Kapitel, 11 I d.A. Gleichlautend: § 5304 CPLR (in New York). § 5305 CPLR; § 5 des Uniform Acts.
1I. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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(über Einheimische), daß der Streitgegenstand und Anspruchsgrund (vereint in dem Begriff "cause of action") der Geschäftstätigkeit bzw. dem Betrieb des "business office" entstammen muß. Beispiel 1: A., ein Amerikaner mit gewöhnlichem Wohnsitz in New York, besitzt und betreibt eine OHG in Frankfurt. Die Firma B, mit Sitz in Offenbach, verklagt die OHG im Landgericht Frankfurt und A persönlich wegen unbezahlter Lieferungen an die OHG. Ladung und Klage werden A in New York gemäß dem HaagÜbk. zugestellt. Im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren des deutschen Versäumnis urteils in New York erkennt der New Yorker Supreme Court höchstwahrscheinlich die deutsche Zuständigkeit an.
Beispiel 2: Derselbe Sachverhalt mit dem Unterschied, daß A sich nur einmal im Jahr
zwecks Geschäftsüberprüfung kurz in Deutschland aufhält, und daß der Streitgegenstand eine auf der Durchreise in Frankfurt erstandene Vase beinhaltet. Im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren erkennt der New Yorker Supreme Court höchstwahrscheinlich die deutsche Zuständigkeit nicht an. 231
Beispiel 3: Derselbe Sachverhalt mit dem Unterschied, daß der Streitgegenstand unbe-
zahlte Warenveredelungsverträge betrifft. Die Urteilsbegründung des Frankfurter Landgerichts entbehrt einer Feststellung, ob der Streitgegenstand im Zuge eines vom Beklagten in Frankfurt betriebenen Unternehmens entstanden ist. Im Anerkennungsund Vollstreckungsverfahren in New York kann A den Einwand des "lack of jurisdiction" nach § 5305 (a) 5 geltend machen, sofern kein weiterer Nexus zwischen A. und der Bundesrepublik Deutschland besteht. Der New Yorker Supreme Court wird höchstwahrscheinlich nur dann Anerkennung gewähren, wenn B den aus dem Unternehmen und dessen Geschäftsgebahren entstammenden Ursprung des Streitgegenstandes beweisen kann.
Es ist in der Kommentarliteratur mehrfach darauf hingewiesen worden, daß der Begriff "doing business", wie er in den "long arm statutes" ausgelegt wird,232 in den "Uniform Recognition Acts" nur eingeengte Behandlung erfährt. Kulzer 233 meint dazu: "Section 5 (a) 5 of the Act (gemeint ist der Uniform Act) does not go so far as section 302 in liberalizing acceptable bases of jurisdiction. It does, however, create a standard which, when met by the foreign court, must be respected ... the Act avoids using terms such as ,doing business' or ,transacting any business' as a measure of the ieasonableness of holding the defendant answerable in the first forum."
Der Berichterstatter der "New York Judicial Conference" bestätigt diese Ansicht in der Präambel zu § 5305 (a) 5 CPLR wie folgt: 234 "CPLR 5305 (a) 5 (maintaining a ,business office' in F-I) is similar to CPLR 302 (a) I, but does not go so far in liberalizing acceptable bases of jurisdiction." 231 Vgl. Siedler v. Jacobson, 86 Misc. 2d 1010,383 N.Y.S. 2d833 (1976): Der KaufeinerVase auf der Durchreise in Wien begründet keinen Gerichtsstand. m § 302 (a)(!) CPLR; siehe oben Fn. 217,218 d.A. Schütze vereinfacht in JR 1986, S. 177, 180, diese Norm etwas zu sehr. m Kulzer. Buffalo L.Rev., 18, 1,45. 234 Report Nr. 219 (1968), Bericht der New York Conference zur Gesetzesvorlage des "Uniform Recognition Act", 223.
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2. Kap.: Die ..jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
Weinstein/ Korn/ Miller. der führende New Yorker Kommentar zu den "Civii Practice Law and Rules", führt hierzu aus:2.l5 "The requirernent of rnaintaining a business office within the foreign jurisdiction indicates a stricter intent. Although New York has a fairly liberallong-arrn statute, it is apparent that it is not yet ready to accord recognition to foreign judgrnents prernised on sirnilarly liberal notions, but that it will require sorne objective criterion (business office in the foreign state) in order to avoid the obvious hardships to be encountered if called upon to interpret such broad concepts as found in CPLR 302 (a) 1."
Für die Praxis ist diese Frage von entscheidender Bedeutung. Die Demarkationslinien zwischen den Begriffen des "doing business", des "transacting business" und des ausführlicher gehaltenen Begriffes "maintaining a business office" sind nach Inkrafttreten der Uniform Recognition Acts in bezug auf Auslandsurteile - soweit feststellbar - noch nie höchstrichterlich ausgelegt worden. Erschwert wird das Auslegungsproblem noch durch § 5305 (a) 4,236 welcher die allgemeine Zuständigkeitsregel für juristische Personen (Geschäftssitz) als zulässige Basis für die Erstgerichtsbarkeit anwendet. 237 Wenn Satz 4 des § 5305 (a) sich auf ein handelsregisterlich eingetragenes, gemeldetes, rechtmäßig bestehendes Unternehmen im Sinne des deutschen Gerichtsstandes der Niederlassung (vgl. 5 c d. Kap.) bezieht, so stellt sich die Frage, wie dann das "business office" in dem nächstfolgenden Satz 5 zu verstehen ist. Verständlich ist, daß der Gesetzgeber dem ständigen Streit über den Begriff des "doing business" - wenigstens in Hinsicht auf Auslandsurteile - aus dem Wege gehen will. Die unglückliche Formulierung des Satzes 5, für nichtamerikanische Verhältnisse schlecht geeignet, schafft jedoch nur weitere, bisher unbeantwortete Rechtsunsicherheit. Es wird daher unvermeidlich sein, daß die Geschäftstätigkeit des Beklagten im Raum des Erstgerichts - im vorliegenden Fall in der Bundesrepublik - einer scharfen Prüfung unterzogen werden muß, um festzustellen, ob die Aktivität oft genug, intensiv genug, wirtschaftlich genug sowie zeitlich und räumlich konzentriert genug stattfand, um die Bezeichnung "maintaining a business office" zu verdienen. Während einerseits einzelne Geschäfte über eine gewisse Frist hin wahrscheinlich zur Begründung der Erstgerichtsbarkeit ungenügend sind, wird es andererseits - besonders im Hinblick auf Satz 5 - nicht erforderlich sein, daß dem Beklagten eine eingetragene, rechtlich fundierte juristische Person Weinstein/ Korn/ Miller. 1982, § 5305.02. Gleichlautend mit § 5 (a) (4) des Uniform Act: "(a) Basis for jurisdiction. The foreign country judgment shall not be refused recognition for lack of jurisdiction if: 4. The defendant was domiciled in the foreign state when the proceedings were instituted, or, being a body corporate, had its principal place of business, was incorporated, or had otherwise acquired corporate status in the foreign state." 237 Vgl. z.B. § 21 ZPO. Bei kleinlicher Lesung des § 5305 (a) (4) könnte behauptet werden, daß "corporations" im Sinne des amerikanischen Rechtsgebrauchs im Ausland überhaupt nicht existieren, und daß daher § 5305 (a) (4) sich selbst außer Kraft setzt. Es darf jedoch mit an Gewißheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß die amerikanischen Gerichte unter dem "body corporate" diejenigen Geschäftsformen verstehen, welche nach dem Erststaatsrecht dort als gesetzliche Unternehmen gelten. 135
236
H. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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nachgewiesen werden muß. Dabei darf nicht übersehen werden, daß diese Frage sich im konkreten Falle kaum isoliert, sondern jeweils im Verhältnis zu anderen Nexusmerkmalen stellen wird. 2. Partei bedingte Kompetenzausübung
a) Einlassung
Der Begriff der "Einlassung" umfaßt unter dem deutschen wie dem angloamerikanischen System die Rechtsform der verbindlichen Unterwerfung des Beklagten unter die Gerichtsgewalt. Wenn sich der ausländische Beklagte freiwillig dazu entschließt, der Ladung des Erstgerichts Folge zu leisten, vor diesem zu erscheinen, seine Sache zu verteidigen, Anträge zu stellen, Vertreter zu bestellen, sein "Recht zu suchen" und ein Versäumnisurteil zu vermeiden, so hat er sich nach den Normen beider Systeme "eingelassen", das heißt, sich der erstgerichtlichen Macht, Kompetenz, Zuständigkeit und Gerichtsbarkeit unterworfen. Der New Yorker Court of Appeals hat das rechtstheoretische Fundament des Einlassungsprinzips in folgenden Worten umschrieben: "Consent is the factor which imparts power".238 Das Restatement schließt sich dieser Auffassung an. 239 Daß die durch unerzwungenes Erscheinen geäußerte Willenskundgebung des Beklagten als subjektive Einwilligung in den Gerichtsstand ("consent to the jurisdiction") gewertet werden muß und die Macht des Gerichts über den so handelnden Beklagten endgültig fixiert, ist althergebrachte Maxime des common law. 240 Bekanntlich erlaubt das deutsche Prozeßrecht die ,prorogatio fori', die einem "an sich unzuständigen Gericht" Zuständigkeit verleiht, wenn gewisse Kategorien (Kaufleute, Parteien ohne allgemeinen deutschen Gerichtsstand) dies vereinbaren. 241 Die Prorogation kannjedoch auch "stillschweigend" eintreten, wenn die beklagte Partei nach Belehrung (§ 504 ZPO) mündlich zur Hauptsache verhandelt 242 , ohne die Rüge der Unzuständigkeit geltend zu machen. Nach deutschem Recht kann sich daher der Beklagte bei Zustellung einer Ladung aus dem Ausland 243 folgender Optionen bedienen: 238 Gilbert v. Burnstine, 237 N.Y.S. 171,135 Mise. 305, alT. 241 N.Y.S. 54,229 App. Div. 170, reversed 174 N.E. 706,255 N.Y. 348, 73 A.L.R. 1453 (1931). 239 Restatement, Second, Conflict of Laws, § 32: "A state has power to exercise judicial jurisdiction over an individual who has consented to the exercise of such jurisdiction." 240 Siehe jedoch die Grundsatzentscheidung in Harkness v. Hyde, 98 U.S. 476 (1878), wonach der Supreme Court definitiv entschied, daß ein erschienener Beklagter durch seine Einlassung den Einspruch des "lack of Jurisdiction" nicht verwirkt hat. Vgl. Ehrenzweig, Treatise, S. 90. 241 § 38 ZPO; siehe nachfolgend (b) dieses Kapitels. 242 § 39 ZPO; Vgl. Geimerl Schütze, S. 1542 IT.; Schütze, RiW 25, S. 590, 593 und Fn. 32 mwN; Schütze, DIZPR, S. 140; Zöllerl Geimer, (14. Aufl.) Rn. 159 IT. zu § 328 ZPO. 243 Ausführlich: Schröder, NJW 1980, S. 473,475 ff.
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2. Kap.: Die ..jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
Er kann sich zunächst von dem ausländischen Prozeß fernhalten, ohne daß dadurch dem ausländischen Gericht internationale Anerkennungszuständigkeit verliehen wird. 244 Der deutsche Beklagte hat sich bei "default" im Erstverfahren alle Einreden, einschließlich die der Unrechtmäßigkeit der Zustellung245 , bewahrt und kann sie im deutschen Anerkennungsverfahren vorbringen; - Er kann im ausländischen Verfahren die Rüge der internationalen Unzuständigkeit vortragen. Zwar hat er - nach deutschen Begriffen - dadurch die Einrede der unrechtmäßigen Ladung verwirkt 246 , hat jedoch die Rüge der internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts für das Zweitverfahren bewahrt; - Er kann sich im Ausland zur Hauptsache einlassen, und hat dadurch alle Zuständigkeitsrügen verwirkt. 247 Die amerikanische lex fori der Einlassung ("appearance") entstammt jedoch einer der kontinentalen Rechtsordnung völlig fremden Basis: Als Grundsatz gilt, daß das "Heiligtum" der verfassungsmäßigen "jurisdiction" durch nichts und niemand - weder Staat noch Individuum - vergrößert oder geschmälert werden kann. Im Laufe der Zeit haben sich hierzu Ausnahmen entwickelt, so daß jetzt Gesetzgeber, Staat und Privatparteien beschränkte Eingriffe in die "jurisdiction" der Gerichte vornehmen können. Somit unterliegt der Grundsatz "no court can be ousted of its jurisdiction" zur Zeit gewissen Prorogationsmöglichkeiten, die nachfolgend besprochen werden.~48 Die allgemeine Einlassung zur Hauptsache in einem amerikanischen Erstprozeß, die sogenannte "general appearance", muß daher nicht vom Standpunkt der jurisdiktionsverleihenden "stillschweigenden Prorogation", sondern von der zunächst einmal bestehenden, allumfassenden fixierten Zuständigkeit des siegelführenden Gerichts, der "general jurisdiction", gesehen werden. Die Rügen der Unzuständigkeit, des Gerichtsbarkeitsmangels, der Unrechtmäßigkeit der Ladung, kurz, der Nichtbefolgung der "jurisdictional prerequisites", werden durch eine allgemeine, unbeschränkte Einlassung - die "general appearance" - geheilt. Es ist althergebrachtes amerikanisches Verfahrensrecht, 144 Schröder unterscheidet zwischen Entscheidungszuständigkeit und Anerkennungszuständigkeit des Erstgerichts. Ein Gericht kann nach seiner eigenen lex fori entscheidungszuständig sein, jedoch folgt daraus nicht, daß das Gericht auch internationale Anerkennungszuständigkeit besitzt. Schröder. NJW 1980, S. 476. 245 Die neue Fassung des § 329 Abs. I Nr. 2 erlaubt die Anfechtung der Zustellung im Zweitprozeß. Auch die Rüge des Zuständigkeitsmangels steht noch zur Verfügung. Vgl. Bernstein. Festschrift für Ferid, S. 75, 78 fT. 246 Für die zur Verwirkung der Rüge der rechtmäßigen Ladung und Zustellung fiihrenden Einlassung legt das deutsche Prozeßrecht strenge Maßstäbe an ... Einlassung bedeutet jedes Verhandeln aus dem sich ergibt, daß der Beklagte Kenntnis von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren erlangt hat .. ". Zö/ler/Geimer. (14. Aufl.) Rn. 158 zu § 328 ZPO; desgI. Schütze. RiW 25, 1979, S. 590,592-3 und Fn. 32 mwN. 247 Statt vieler: Prütting. MDR 1980, S. 368 ff. 248 Siehe nachfolgend (b) dieses Kapitels.
11. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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daß diese "objections to the jurisdiction" durch rügelose Einlassung249 verwirkt sind. Gleich der deutschen Kollisionsregel bei ausländischen Verfahren verweist die amerikanische Kollisionsregel zur Qualifikation der "Einlassung" unter die örtlichen Begriffe auf das ausländische Prozeßrecht. Hat sich der Amerikaner im fremden Verfahren durch Äußerungen zur Hauptsache (Schriftsätze, anwaltliche Äußerungen zum Prozeßstoff, die sogenannte "defense on the merits") eingelassen, so kann unterstellt werden, daß eine "general appearance" vorliegt, und die Zuständigkeits rügen verwirkt sind. § 5 (a) 2 der Recognition Acts lautet: "§ 5. Personal jurisdiction (a) The foreign judgment shall not be refused recognition for lack of personal jurisdiction if . (2) the defendant voluntarily appeared in the proceedings, other than for the purpose ofprotecting property seized or threatened with seizure in the proceedings. or of contesting the jurisdiction of the court over hirn. ,,250
Somit entsteht bei rügeloser Einlassung des Beklagten im Erstverfahren die zur Anerkennungsfähigkeit des Ersturteils notwendige "personal jurisdiction" des Erstgerichts über den Beklagten. Die unter § 5 (a) (2) mitaufgeführte, nur zum Zweck der Zuständigkeitsrüge vorgesehene Einlassung zum Schutz gegen den dinglichen Arrest ("... protecting property seized or threatened with seizure ... ") ist für die deutsche Rechtsordnung unerheblich, da diese den Begriff der jurisdiktionsbegründenden Beschlagnahme nicht kennt, und da der Satz nur für Jurisdiktionen gedacht ist, in denen Sacharrest jurisdiktionsbegründende Wirkung hat. Verteidigt der Beklagte sich jedoch in Deutschland dadurch, daß er sich nur auf die Zustellungsrüge beschränkt, so steht ihm die "defense of lack of jurisdiction" im amerikanischen Zweitprozeß zur Verfügung. Bei deutschen "exorbitanten" Gerichtsständen könnte er damit auch erfolgreich sein 251 . Im Ergebnis kann daher Schülzes Beispiel des nach Tokio geladenen "Deutschen,,252 für das deutsch-amerikanische Verhältnis folgendermaßen erweitert werden: 249 Siegel. S. 136-144. Rule320 der New Yorker CPL R isttypisch: " ... an appearance of the defendant is equivalent to personal service of the summons upon hirn, unless an objection to jurisdiction ... is asserted by motion or in the answer ... ". Auch die rügelose "appearance" ohne Vorbringen der Unzuständigkeit oder anderer Beschwerden gegen die "jurisdiction" des Gerichts verwirkt diese Einwände. In der amerikanischen Praxis werden daher diese Einwände fast automatisch jeder Erstäußerung zur Klage ("ans wer" oder "motion) beigefligt, jedoch ist Bernsteins Beispiel (Festschrift flir Ferid, S. 79) etwas zu krass. 250 Die New Yorker Regel ist dem "Uniform Act" wörtlich entnommen. Vgl. § 5305 (a) 2CPLR. 251 Hierfür ist Dunstan v. Higgins, 17 NYS 887, atrd 138 NY 70, 74 (1893) die Grundsatzentscheidung. Vgl. Baldwin v. lowa State Trave1ing Men's Assn.,238 V.S. 522(1931)und Fairchild, Arabatzis and Smith v. Prometco, Fn. 472 unten d.A. sowie Weinstein/Korn/Miller. § 5305.02, 5326. m Schütze. RiW 25, 1979, S. 593.
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung I. Ein in den U .S.A. Domizilierter erhält von einem Verfahren gegen ihn in Frankfurt Kenntnis, in dem die mündliche Verhandlung am nächsten Tag stattfindet. Der Beklagte telegrafiert dem Gericht, er könne nicht erscheinen und bittet um Abschrift der Ladung und Klage. Eine Einlassung nach den Uniform Acts liegt nicht vor, und ein ergehendes Versäumnisurteil wird in den U.S.A. nicht anerkannt. 2. Derselbe Sachverhalt. Der Beklagte zeigt dem Gericht telegrafisch an, er bitte um Vertagung, versäumt jedoch den neu festgesetzten Termin. Ein ergehendes Versäumnisurteil wird trotz zwischenzeitlicher Ladungszustellung nicht anerkannt, wenn Ladungszustellung oder Gerichtsstand mangelhaft sind. 3. Der U.S.-Beklagte wurde nach dem HaagÜbk ordnungsgemäß geladen. Er ersucht telegrafisch um Fristverlängerung zur Bestellung eines Vertreters und läßt es sodann zum Verzug kommen. Vorbehaltlich der Regeln des "estoppei" hat der Beklagte im amerikanischen Zweitprozeß die Rüge der mangelnden Zuständigkeit oder Gerichtsbarkeit des Erstgerichts nicht verwirkt.
Trotz der Möglichkeit der Wiederholung von Zuständigkeits- und Gerichtsbarkeitsrügen im amerikanischen Zweitprozeß muß die erstgerichtliche Einlassung - auch wenn nur auf diese Einrede beschränkt - nichtsdestoweniger als ein Merkmal gewertet werden, welches in der überwiegenden Mehrheit der Fälle die Anerkennung und damit Vollstreckung erheblich erleichtert. Abgesehen von den schon erwähnten Regeln des "estoppei" wird es dem amerikanischen Richter leichter fallen, sich für die Anerkennung zu entscheiden, wenn - wie z.B. im Ackermann-Fa1l 25 .1 - die "due notice" und die Zuständigkeit als erwiesen zu erachten sind und der Beklagte sich in seiner Argumentation im Zweitgericht auf technische, der Substanz entbehrende Formalitäten versteift. 254 b) Gerichtsstandsvereinbarungen
Verbindliche Parteienverträge, bekannt als sogenannte "Gerichtsstandsvereinbarungen" , sind seit langer Zeit Bestandteile der europäischen Rechtssysteme. Durch sie können gewisse Parteien für etwaige zukünftige Streitf:ille die Zuständigkeit eines an sich nicht zuständigen Gerichts bestimmen, sofern dieses funktionell und prozessual zur Verfügung steht. 255 Ausschlaggebend ist der durch ausdrückliche Erklärung oder schweigende Einwilligung kundgegebene Parteiwille. 256 Gerichtsstandsvereinbarungen können bekanntlich durch StanSiehe oben Fn. 180 d.A. Die Problematik ist dieselbe wie bei in Deutschland anzuerkennenden US-Urteilen: Wenn der Beklagte im U .S. Erstprozeß auf die materiellen Einwendungen zur Klage verzichtet und dann verliert, muß er "zuhause" mit einem Anerkennungsverfahren gegen sich rechnen. Er ist sich dann nicht sicher, ob das deutsche Zweitgericht ihm anhand der prozessualen Tatsachen in seiner Behauptung, er habe sich ja nur zuständigkeitsanfechtend verhalten, recht geben wird. Tut es das nicht, so wird der Beklagte verbindlich verurteilt, ohne je rechtliches Gehör zur Sache genossen zu haben. 255 §§ 38-40 ZPO. 256 ZöllerlVollkommer. Rn. 5 zu § 38 ZPO. ~53
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H. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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dardverträge 257 und das Netz der EWG-Konventionen 258 erreichen, daß ausländische Gerichtsstände innerdeutsche Gerichtsstände aufheben, sofern letztere nicht ausschließlich sind. Maßgebend für die Anwendung ist die lex causae, für die Zu lässigkeit die lex fori. 259 Die Parallele im anglo-amerikanischen Bereich ist durch die Normierung der "jurisdictional concepts" umgeformt, im Resultat völlig unterschiedlich und ist von einer dem deutschen System fremden Rechtsphilosophie gefarbt. Bis vor kurzem war es in den U.S.A. unmöglich, den Gerichtsstand eines .,an sich" unzuständigen Gerichts zu vereinbaren. Während die Parteien auch im amerikanischen System im voraus den Gerichtsstand eines ,kompetenten' Gerichtes vereinbaren können,260 herrscht immer noch die - zwar jetzt liberalisierte Maxime, daß ein Konsens privater Parteien ein an sich zuständiges Gericht seiner Zuständigkeit nicht .,berauben" kann: "No private party can 'oust' the court of its jurisdiction ... 261 Zwar hält Ehrenzweig dieses Derogationsverbot für unbegründet,262 räumt jedoch ein, daß Zugang zu einem de lege zuständigen Gericht in folgenden zwei Fällen trotz Gerichtsstandsvereinbarung nicht verwehrt werden darf: Einmal in Fällen der Übervorteilung eines Schwachen und zweitens in Fällen, in denen ein Amerikaner Schutz gegen ein ausländisches Gericht benötigt. 263 Die erste Gruppe umfaßt gewöhnlich Fälle, in denen wirtschaftlich starke Kläger dem unverhältnismäßig schwächeren Beklagten eine Gerichtsstandsvereinbarung .,aufgezwungen" haben - sogenannte .,contracts of adhesion" (z.B. Versicherer). Die wirtschaftlich untragbare, überwältigend einseitige Benachteiligung eines in ein ausländisches, entferntes Gericht gezwungenen Beklagten wurden von den vom Beklagten angerufenen örtlich für ihn zuständigen Gerichten dadurch ,berichtigt', daß sie die dem Einheimischen aufgezwungenen Gerichtsstandsklauseln der .,adhesion contracts" außer Kraft setzten. AGB-Gesetz, BGB!. I 3317, in Kraft seit 1.4.1977. Siehe Lenhoffs ausführliche Besprechung in Rutgers L.Rev., 15, 414 ff. 259 Bernstein, Festschrift für Ferid, S. 95. Eine ausführliche Behandlung enthält Rahmann, S. 16 ff. 260 "There is of course, no question but that a court having subject matter jurisdiction may assurne personal jurisdiction conferred upon it by consent ofthe parties, whether this consent be expressed either prior or subsequent to the creation of a cause of action." Ehrenzweig, Treatise, § 27 and § 41 (a), 148. 261 Beale, Conflict, S. 1660; vg!. Restatement, Conflict of Laws, § 80. 262 Ehrenzweig, Treatise, § 41, 149: "Neither history nor rationale thus bear out the muchrepeated axiom that parties may not 'oust' the courts from their jurisdiction. Court language to this effect should be met with caution ., ." 263 Die umfangreiche Rechtsprechung betrifft in den meisten Fällen zwischenstaatliche "adhesive contracts". Die führenden Entscheidungen in bezug auf das Ausland sind Wood and Selick v. Compagnie Generale Transatlantique, 43 Fed. 2d 941 (1930), und Sliosberg v. New York Life Insurance Co., 217 App. Div. 685, 217 N.Y.S. 226 (1926). Vgl. EhrenzweiglJayme. S.45 ff. Ausführlich, mit Fallrechtsnachweisen: Rahmann. S. 65 ff. 257 258
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2. Kap.: Die "jorisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
Die zweite Gruppe von Fällen umfaßt Gerichtsstandsvereinbarungen, nach denen sich Amerikaner zu ihrem Nachteil inkompetenten ausländischen Gerichten, ungebührlichen Verfahren oder für amerikanische Begriffe unzulässigen Urteilen ausgesetzt haben. 264 Auch hier haben die Gerichte Gerichtsstandsvereinbarungen für ungültig erklärt. 265 Die zunehmende Anwendung von Prorogationsklauseln, besonders im Verkehr mit Europa, forcierte eine liberalisierte Rechtsprechung und Zurückhaltung in der Entkräftung von Gerichtsstandsvereinbarungen, teilweise aus Revanchefurcht. 266 Somit sind Prorogations- und Unterwerfungsverträge anerkannt worden, sofern die Parteien als ebenbürtige Vertragspartner in einem bestimmten vermögensrechtlichen Verhältnis stehen, ihrer Willenserklärung zur Gerichtsstandsunterwerfung klaren Ausdruck gegeben haben und keiner unverhältnismäßig starken Benachteiligung im rechtlichen Gehör ausgesetzt sind. 267 Die maßgebliche höchstrichterliche Entscheidung erging in einem Streit zwischen einer deutschen Reederei und einer amerikanischen Ölbohrinselinhaberin. 268 Die deutsche Reederei H. verpflichtete sich, die Bohrinsel der Zapata Co. von Louisiana nach Neapel zu schleppen. Im Golf von Mexiko entstand an der Insel Havarieschaden, und sie wurde in einen Hafen in Florida geschleppt. Zapata erhob Klage gegen die Reederei im District Court von Tampa, Florida. Die Reederei begegnete der Klage dadurch, daß sie die im Heuervertrag enthaltene Gerichtsstandsklausel geltend machte, wonach alle Streitigkeiten im High Court von London auszutragen seien. Zapata gewann in der ersten und zweiten Instanz. Die Revision des Supreme Court verwarf die vorinstanzlichen Urteile und gab der Gerichtsstandsklausel volle Geltung.
Prorogationsklauseln, so führte das Gericht aus, würden zwar historisch in amerikanischen Gerichten nicht gern gesehen ("not favored"), jedoch müsse aufgrund der modernen wirtschaftlichen Entwicklungen gegenüber derartigen Klauseln eine wohlwollende Haltung ("a more hospitable attitude") eingenommen werden. "This view is that such clauses are prima facie valid and should be enforced unless enforcement is shown by the resisting party to be ,unreasonable' under the 264 Sudbury v. Ambi Verwaltungs KG auf Aktien, 213 App. Civ. 98, 210 N.Y.S. 164 (1925); Re Hamburg American Line, 135 Misc. 715,238 N.Y.S. 331: aff. 228 App. Div. 239N.Y.S. 914 (1930). 265 Indussa Corporation v. SS Ranborg, 337 Fed. 2d 200 (1967): Der Court of Appeals entschied sich gegen eine in den Geschäftsbedingungen eines Konnossements enthaltene Prorogationsklausel zugunsten des gesetzlichen Mandats des "Carriage of Goods at Sea Act" ("From a practical standpoint, to require an American plaintiff to assert his claim only in a distant court lessens the Iiability of the carrier substantially ... "). 266 Export Insurance Co. v. Mitsui Corp., 26 App.Div.2d 436, 274 N.Y.S. 2d 977 (1974). Vgl. Reese. Am.J.Comp.L. 13, 187 (1964) und Nade/mann. Am.J.Comp.L. 13, 157 (1964). 267 Ku/zer, Buffalo L.R. 18, I Ir.; vgl. Reese, Am.J.Comp.L. 13, 187, 188. 268 Bremen v. Zapata Offshore Co., 407 U.S. I, 92 S.Ct. 1907, 32 L.Ed. 2d 513 (1972); ebenfalls: Geiger v. Keilani, 270 F. Supp. 761 (1967).
H. Die Rolle der "jurisdiction" in der Vrteilsanerkennung
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circumstances. We believe this is the correct doctrine to be followed up by federal district courts sitting in admiralty." 269
Seit "Zapata" hat sich das "reasonableness"-Konzept nicht nur auf "maritime law" beschränkt, sondern findet allgemeine Anwendung in Prorogationsfällen sowohl in den Bundes- wie auch den Staatsgerichten. 27o Die Prüfung der "reasonableness" besteht laut "Zapata" in der richterlichen Untersuchung der Frage, ob dem Vertragsgegner die Verhandlung in der Fremde zuzumuten ist: "It should be incumbent upon the party seeking to escape his contract to show that the trial in the contractual forum will be so gravely difficult and inconvenient that he will for all practical purposes be deprived of his day in court."m
Für den Nachweis der "unreasonableness" trägt der Antragsgegner die Beweislast. c) Anerkennung von auf Prorogationsklauseln fußenden Urteilen
Als Folge dieser Wandlung in der ursprünglich ablehnenden amerikanischen Einstellung gegen Gerichtsstandsabreden haben die Acts die Möglichkeit der Zuständigkeit des Erstgerichts aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung ausdrücklich bestätigt. Section 4 b 5 des Act (5305 (a) 3 des CPLR) lautet: "(a) The foreign country judgment shall not be refused recognition for lack ofpersonal jurisdiction if: ... 3. The defendant prior to the commencement of the proceedings hat agreed to submit to the jurisdiction of the foreign court with respect to the subject matter involved ... "
Diese an sich unzweideutige Regelung müßte sicherstellen, daß auf Prorogationsvereinbarungen gestützte Ersturteile mindestens in den "Uniform Acts"Staaten problemlos anerkannt werden. Die im (deutschen) Erstgericht erfolgreiche Vertragspartei muß jedoch damit rechnen, daß der unterlegene Beklagte noch nicht klein beigibt: Es besteht die Möglichkeit, daß er mit den "forum non conveniens" und "due process" Einwänden letzten Endes doch noch durchdringt. Nach der lex fori des Zweitgerichts ist es dem Anerkennungsgegner nämlich möglich, die behaupteten Tatbestände der Übervorteilung, der ungleichen Kräfteverhältnisse, die einer "Verschleppung in die Fremde" innewohnendenen "Unzumutbarkeiten", und schließlich den angeblich ausschließlichen Gerichtsstand im Anerkennungsverfahren nochmals vorzutragen. Daselbst, 9, 10 in 407 V.S. Vgl. Cowen/ DaCosta, "The Contractual Forum: Situation in England and the British Commonwealth", Am.J.Comp.L. 18, 179, 186 (1964). Bernsteins Bemerkung, "Zapata" beschränke sich nur auf Seerechtssachen, muß als überholt gelten (Bernstein, Festschrift für Ferid, S. 98). 271 Bremen v. Zapata, Fn. 268 d.A.; 407 V.S. I, 18. 269
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
Wie Bernstein hervorhebt, ist die deutsche Regel viel enger. 272 Falls das amerikanische Erstgericht (also in der "Zapata"-Situation) den Derogationseinwand nicht annimmt und der Deutsche läßt - im Vertrauen auf die Vertragsklauselein Versäumnisurteil gegen sich ergehen, so hat er mit dem Versuch des Klägers, für sein U.S. Urteil in Deutschland Präklusion zu erwirken, zu rechnen. 273 Nach der von Bernstein zitierten BGH-Entscheidung 274 und der in der Literatur herrschenden Meinunl 75 ist jedoch wahrscheinlich, daß die Präklusionswirkung in Deutschland nicht durchdringt. Der Meinung Bernsteins. es sei prozeßökonomisch nicht vertretbar, daß der deutsche Beklagte seinen Derogationseinwand zunächst (erfolglos) in den U.S.A., sodann vor dem deutschen Zweitgericht geltend machen müsse, ist nur bedingt zuzustimmen. Für die spiegelbildliche Rechtslage im deutschen Erstprozeß mit anschließendem U.S. Anerkennungsverfahren steht dem Beklagten jedoch der Gesamtkomplex des - nicht sonderlich prorogationsfreundlichen - materiellen U.S. Rechts zur Verfügung. Wie oben 276 bezüglich der Einlassung festgestellt wurde, sind Derogationseinreden im Falle des Verzugs im Erstverfahren dem Beklagten nicht verwirkt. Andererseits beteht immer die Möglichkeit, daß das U.S. Zweitgericht unter Verwerfung dieser Einreden dem Ersturteil comity gewährt, so daß der Beklagte in vollem Umfang verurteilt wird, ohne je zur Sache selbst gehört worden zu sein. Aus dieser Sicht ergibt sich die schwerwiegende Verantwortung des Beklagtenvertreters, den hier relevanten Faktoren in seiner Prognose zur Rechtslage im Lichte des jeweiligen Sachverhalts gerecht zu werden. Diese Problematik kann an folgendem Beispiel illustriert werden: Die in Düsseldorf ansässige Firma A verkauft der in Chicago domizilierten B Corporation Ersatzteile für ein Atomkraftwerk in IIIinois im Wert von DM 500.000. Der von B in Telex-Form erteilte spezifizierte Auftrag wird durch eine Standardauftragsbestätigung nach den allgemeinen AGB von A beantwortet. Diese trägt u.a. auf der Vorderseite die Aufschrift: "Unsere umseitigen Geschäftsbedingungen gelten für diese Lieferung." Auf der Rückseite ist unter Nr. 12 der Lieferungsbedingungen klein gedruckt: "Gerichtsstand und Erfüllungsort Düsseldorf." Wegen angeblicher Mängel an der Ware, verspäteter Lieferung usw. verweigert B die Zahlung. A klagt im LG Düsseldorf aufgrund der Gerichtsstandsvereinbarung und stellt B Ladung und Klage nach dem HaagÜbk. ordnungsgemäß zu. B erscheint nicht. A erlangt ein deutsches rechtsgültiges und vollstreckbares Versäumnisurteil. Im Anerkennungsverfahren in Chicago nach § 5 (a) 3 des Uniform Act trägt B in seiner "motion to dis miss" vor: Das Düsseldorfer Gericht konnte kein in den U.S.A. anerkennungsfahiges Urteil fallen, da es weder persönliche Zuständigkeit über B noch sachliche Zuständigkeit besaß. Hierfür argumentiert B: 272 Bernstein. Festschrift für Ferid, S. 98-101. m Schütze. DIZPR, S. 10. 274 BGHZ 52, 30 (Urt. v. 26.3.1969); IPRspr. 1968-69 Nr. 225. 275 Habscheid. Festschrift für Schirna, S. 175. Vgl. Wieczorek. Rdn. E 1-3 zu § 328 ZPO; Stein/ Jonas/ Schumann/ Leipold Anm. IV 4 zu § 328 ZPO. 276 Siehe Abschn. (b) dieses Kapitels.
II. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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a) Die vom Kläger behauptete Gerichtsstandsvereinbarung kam wegen der Unzulässigkeit der Lieferbedingungen zufolge der Uniform Commercial Code, dem Mangel an bestätigender Schriftform (die sog. ,Statute of Frauds') und der fehlerhaften Hinweise auf die Lieferbedingungen (die sog. ,Battle ofthe Forms,)277 nie zustande. Für das Düsseldorfer Gericht fehlten auch sonstige Gerichtsstände. b) Es wäre verfassungsmäßig unbillig ("a denial of due process of law"), B vor das ausländische Gericht zu zwingen und seinen gesamten Apparat von Zeugen, Beweisen, Sachverständigen und Anwälten in das ungewohnte Klima von Düsseldorf "exportieren zu müssen", zumal B dort der zwölf Laiengeschworenen (Jury) entbehren müßte; (das "forum non conveniens"-Argument). c) Der V.S. Atomic Energy Safety Act, durch seine Ausführungsbestimmungen, behält sich für Lieferungen dieser Art ausschließliche amerikanische Gerichtsbarkeit vor (das ,public policy' Argument).
Entscheidend hier ist die Frage des Zustandekommens der Abmachung. Zu letzterem weist Bernstein darauf hin, daß in einem Vertrag mit einem amerikanischen Kontrahenten die vorkonsensuale Verhaltensweise für die Einbeziehung der Klausel in den Vertrag ausschlaggebend ist. Dieses richtet sich nach der "gewohnten Umgebung" - gemeint sind wohl die "maximum contacts" - des Kontrahenten. Wenn diese Verhaltensweise, zwar der deutschen AGB-Praxis genügend, derart wirkt, daß die Klausel nicht nach dem Recht der "gewohnten Umgebung" des amerikanischen Partners angenommen wurde, so ist der Fall in diesem Beispiel zugunsten von B zu entscheiden. Wenn jedoch - besonders nach 2-207 UCC - die Abmachung als angenommen zu gelten hat, so ist sehr wahrscheinlich, daß die "forum non conveniens" und "due process" Einwände des Beklagten B nicht durchgreifen. Der Grund hierfür ist, daß der Verzug von B im deutschen Gericht und sein Versäumnis, die Hinderungsgründe dort geltend zu machen, dieselben Präklusionsfolgen hervorrufen, wie das Versäumnis eines deutschen Beklagten in den U.S.A. im umgekehrten Falle. Es ist daher für den deutschen Exporteur nach den U.S.A. zweckmäßig, seine Lieferungsbedingungen nach 2-207 UCC zu gestalten, zumal diese nur Zusätze, nicht aber Einschränkungen zu den AGB bilden. Da die UCC Uniformgesetz geworden ist, dürfte - so Bernstein - die Notwendigkeit der Prüfung der "Untiefen" der einzelstaatlichen Gesetzgebung überholt sein. 277 Vgl. die in fast allen Staaten angenommene Bestimmung des Uniform Commercial Code in § 2-207. Diese regelt das Zustandekommen von Vertragsabreden unter Kaufleuten auf folgende Weise: a) Eine Antwort auf ein Angebot, welche vom Angebot abweichende Bedingungen enthält, ist auch eine Annahme (nicht, wie vormals, eine Ablehnung), es sei denn, daß: I) die Gegenbedingungen nicht schon im Angebot als unannehmbar bezeichnet wurden, oder 2) sie das Angebot seiner Substanz nach ändern, oder 3) die Gegenbedingungen nach Erhalt durch den Anbieter zurückgewiesen werden; b) das Parteienverhalten (conduct ofthe parties) allein kann - auch ohne Schriftformeinen Vertrag begründen. Zur Auslegung des Vertragsverhältnisses wird dann der zwischen den Parteien ausgetauschte Schriftwechsel herbeigezogen. Vgl. den "Schulfall" Dorton v. Collins and Aikman Corp.,453 F. 2d 1161 (1972) undfürden Vergleich mit Deutschland siehe Schlechtriem. The Business Lawyer, 23, (1968), S. 655.
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
3. Begrenzte Kompetenzausübung ,jurisdiction in rem" und "quasi in rem"
a) Definitionen
Das anglo-amerikanische Gerichtsbarkeitsschema unterscheidet zwischen "jurisdiction in personam",278 "jurisdiction in rem" und "jurisdiction quasi in rem" nicht nur als Zuständigkeitsnormen, sondern auch als verfassungsrechtlich streng getrennte und begrenzte Arten der Kompetenzausübung und Machtbereiche. ,,1 urisdiction in rem" ist die Befugnis des Gerichts, die "Rechte der Allgemeinheit" an in ihrem Machtbereich befindlichen oder belegenen beweglichen sowie unbeweglichen Sachen festzusetzen, eine Art "Bereinigungszuständigkeit". "lurisdiction quasi in rem" umfaßt zwei Arten der Kompetenzausübung: Einmal die Abteilung behaupteter Rechte einer bestimmten Person an einer im Gerichtsbereich gelegenen Sache oder die Entscheidung über den Antrag eines Klägers, ihm die Rechte an einer im Gerichtsbereich gelegenen Sache, die zugestandenermaßen Eigentum des Beklagten ist, als Haftungssubstrat zuzusprechen. 279 Die für das Thema überaus wichtige Feststellung ist jedoch, daß "jurisdiction in rem" und "jurisdiction quasi in rem" also dingliche Zuständigkeit, gestützt auf die Belegenheit der Sache im Gerichtsgebiet, keine "jurisdiction in personarn" verleiht. Die Folge ist, daß ein "in remjudgment" die Grenzen des gerichtlichen Machtbereiches nicht überschreiten kann und daher im "Ausland" - sowohl in Nachbarstaaten als auch im nichtamerikanischen Ausland - dann wirkungslos ist, wenn es über die durch das Substrat gesetzten Grenzen hinausgeht oder sogar auf ausländische Dinge oder Forderungen übergreift. Für den deutschen 1uristen sind diese Begriffe genauso undurchsichtig wie die Regelung des § 23 ZPO für den amerikanischen "common law"-Rechtler, der sich nicht damit abfinden kann, daß die Belegenheit einer Sache im Gerichtsbezirk "jurisdiction in personarn" begründen soll. Der nach § 23 ZPO erlaubte deutsche Gerichtsstand der belegenen Sache als Basis eines "in personam"Urteils gegen Ausländer 280 gehört zu den unten noch zu besprechenden "verbotenen Gerichtsständen". 281 278 Die in diesem Kapitel (unter Ir I) besprochene persönliche Zuständigkeit. Siehe ferner die Vergleichstabelle oben S. 27 d.A. 279 Diese höchstrichterlich bestätigten Begriffsbestimmungen entstammen der Grundsatzentscheidung Shaffer v. Heitner, 433 U.S. 186,97 S.Ct. 2559, 53 L.E. 2d 683 (1977). Siehe aber Weintraub. S. 186 Fn. 57 ("quasi in rem" nur als Bezeichnung für dingliche Sicherung im Arrestverfahren als "security attachment"). 280 Schlesinger. S. 292, 293, 294; De Vries/ LOl1'enfeld. Iowa L.Rev. 44, 306, 330 ff.; Nadelmann. Col. L.Rev. 67, 995, 1006 bis 1011; Homburger. Am.J.Comp.L. 18,391,392. Vgl. auch unten Fn. 325 d.A. 281 Siehe unten Ir 5 dieses Kapitels.
11. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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Für beide Systeme können zweckbezogene Parallelen festgestellt werden: Unter beiden Rechtsordnungen dient die im Gerichtsbezirk gelegene Sache einmal der Zuständigkeitsbegründung, sodann der Sicherung des Anspruchs als Haftungssubstrat. 282 Daß die im Gerichtsbezirk belegene Sache eines Ausländers zur Befriedigung eines rechtsgültigen Inlandsurteils - oder anerkannten Auslandsurteils - in Anspruch genommen werden kann, ist problemfreies, seit langem bestehendes Recht in "common law"- sowie "civiI law"-Ländern. b) "Shaffer v. Heitner": Der "due process" im dinglichen Gerichtsstand
Maßgebliche, für die Urteilsanerkennung wesentliche Probleme ergeben sich dann, wenn das gegenwärtige, im Erststaat belegene Vermögen des Beklagten als Sicherung der Vollstreckung im dinglichen Arrest beschlagnahmt wird. 283 Nach § 23 ZPO ist für den deutschen dinglichen Gerichtsstand ein Arrest weder erforderlich noch relevant. In den U .S.A. ist jedoch das "attachment for jurisdictional purposes" zur dinglichen Gerichtsstandsbegründung unumgänglich. 284 Ohne die Voraussetzung des "attachment" kann kein dinglicher Gerichtsstand bestehen. 285 Schon im englischen "common law", seit Pennoyer v. Neff286 in den U.S.A. verfassungsrechtlich abgesichert, wirkte das "attachment" in Höhe des Wertes der unter Arrest gestellten Sache ohne sonstige Anknüpfungspunkte als zur Gerichtsstandsbegründung hinreichend. Der bisherige Rechtsgedanke war der einer Adjudikation über die "res" selbst ohne allzu große Rücksicht auf die Beziehung des (ausländischen) Eigentümers zur Sache, zum Gegner und zum Gerichtsstand. "It is true that, in a strict sense, a proceeding in rem is one taken directly against property, and has for its object the disposition ofthe property without reference to the title of the individual claimants; but, in a larger and more general sense, the terms are applied to actions between parties, where the direct object is to reach and dispose of property owned by them, or so me interest therein.,,287
,8, §§ 864, 883 ZPO; analog: CPLR, Article 10. Im US-Bereich siehe Harris v. Balk, 198 U.S. 215, 25 S. Ct. 625 (1905), die Grundsatzentscheidung für den dinglichen Sicherheitsarrest. Siegel weist darauf hin, daß "Harris" trotz Shaffer v. Heitner(Fn. 279 d.A.) noch "lebt" und nur in bezug auf das Entscheidungsergebnis zum Zuständigkeitssubstrat überholt ist (Siegel. S.123). ,83 § 917 ZPO; § 722 ZPO. ,8< Typisch: § 6201 CPLR ("An order ofattachment may be granted in any action, except a matrimonial action, where the plaintiff ... would be entitled ... to a money judgment against one or more defendants, when I) the defendant is a nondomiciliary residing without the state ... ") Der Gerichtsstand ist jedoch nicht vervollständigt, bis der ausländische Beklagte binnen 60 Tagen nach Erlaß durch Zustellung im Ausland oder Veröffentlichung von Ladung und Klage formell geladen wurde. Sinngemäß sind die Bestimmungen aller Staaten identisch. ,85 Siegel. S. 121, 122; § 314 (2) CPLR. ,86 Pennoyer v. Neff, 95 U.S. 714 (1877); s. oben Fn. 140 d.A. C87 Pennoyer v. Neff, a.a.O., abgedruckt in Field/3Kaplan. S. 657, 663.
2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
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Genau hundert Jahre später, im Jahre 1977, hat dasselbe Gericht die Gerichtsstandsthesen der "Pennoyer"-Entscheidung und die ihr nachfolgende Rechtssprechung in den "langverdienten Ruhestand,,288 versetzt. In der Grundsatzentscheidung Shaffer v. Heitner289 sprach der Supreme Court aus, daß auch in "quasi in rem"-Gerichtsständen die Maßstäbe des "due process" gemäß der "International Shoe"-Entscheidung anzuwenden seien. Die Kläger, Aktionäre einer im Staate Delaware gegründeten Corporation, erhoben dort Klage gegen Mitglieder des Aufsichtsrates und der Geschäftsführung. Der Gerichtsstand in Delaware begründete sich auf den dinglichen Arrestbefehl des dortigen Gerichts laut Staatsgesetz, obwohl die Aktien physisch nicht im Staate vorhanden waren, sondern nur nach dem Sachstatut von Delaware ihren "Sitz" dort hatten. Weder Kläger noch Beklagte hatten irgendwelche anderen Anknüpfungspunkte zum Staat Delaware. Indem der Supreme Court die in Delaware erhobene Klage als unzulässig erklärte, entschied er, daß der auf Forderungen oder Sachen und deren ausländische Eigentümer bezogene dingliche "quasi in rem"-Gerichtsstand den Erfordernissen des in der "International Shoe"-Entscheidung dargelegten "due process of law" zu entsprechen habe. "The case for applying to jurisdiction in rem the same test of ,fair play and substantial justice' as governs assertions of jurisdiction in persona m is simple and straightforward. It is premised on the recognition that the phrase 'jurisdiction over a thing' is a customary, elliptical way of referring to jurisdiction over the interests of a person in a thing."~9O
Wenn daher neuerdings der auf bestimmte ausländische juristische oder natürliche Personen bezogene, dingliche Gerichtsstand lediglich auf dem Sacharrest ohne weitere Anknüpfungspunkte beruht, so ist er verfassungswidrig, anfechtbar und nicht schlüssig. Ein auf einem derartigen defekten Gerichtsstand fußendes Urteil ist daher im Zweit staat nicht anerkennbar und entbehrt der Rechtsgrundlage. Die dem "Pennoyer"-Rechtsgedanken entgegengesetzte Auffassung hält die "bloße" Anwesenheit eines Haftungssubstrats im Forum als eine Umgehung der Notwendigkeit, verfassungsgemäß hinreichende Anknüpfungspunkte zur Gerichtsbarkeit beizubringen. Der Schwerpunkt der Machtausübung nach der ,,shaffer"-Doktrin ist nicht die ,Sachbereinigung' sondern der Eingriff in die Beziehung zwischen Person und Sache, die dem Gebot derverfassungsbedingten "fairness" unterliegt.
c) Die nachfolgende Entwicklung: Rush v. Savchuk In einer der "Shaffer"-Entscheidung vorangegangenen, umstrittenen Entscheidung (vier zu drei) hatte der New Yorker Court of Appeals den dinglichen Gerichtsstand in New York auf folgende Sachlage hin für angebracht erklärt: 291 288
289 290
Siegel, S. 124. Vgl. Peterson, RabelsZ 33 (1969), S. 543,552 mit weiterem Fallrecht. Shaffer v. Heitner, U.S. Law Week, 45, 4849, 433 U.S. 186,97 S.Ct. 2569 (1977). Dase1bst, Law Week, 45, 4855. Dazu LOlI'enjeld NYULR 53, S. 102 ff., 110 ff.
H. Die Rolle der "jurisdiction" in der lJrteilsanerkennung
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Der in New York domizilierte Kläger erlitt durch den in Kanada domizilierten Beklagten einen Kfz-Schaden in Vermont. Der Versicherungsträger des Beklagten, mit Sitz in Connecticut, hatte in New York eine Zweigstelle. Weder der Beklagte noch sein Versicherungsträger hatten weitere New Yorker Anknüpfungspunkte. Der Kläger wählte New York als Gerichtsstand mit der Behauptung, die Verpflichtung des in New York geschäftstätigen Versicherungsträgers, den Beklagten zu verteidigen und für dessen Schäden aufzukommen, sei eine in New York belegene, gerichtsstandsbegründende Forderung.
Der Court of Appeals war sich schon damals im Zweifel, ob die verfassungsrechtlichen Aspekte dieses an dünnen Fäden herbeigezogenen Gerichtsstandes eine bejahende Entscheidung zuließen. Auf jeden Fall schuf die "Seider"-Entscheidung einen für Kläger untragbaren Rechtszustand: Theoretisch mußte der Klägervertreter eines "multistate tort" überall dort Klage erheben, wo Versicherungsträger des Beklagten zu fassen waren. Das würde bedeuten, daß in mehreren - oder vielen - Staaten Klage erhoben werden müßte, diese sodann durch Anträge in einem Staate konsolidiert werden müßten - ein kostspieliger Leerlauf, der heftig kritisiert wurde. 292 Die "Seider"-Doktrin wurde jedoch durch mehrere Entscheidungen des Supreme Court im Jahre 1980 entschärft und im Sinne des ,,shaffer"-Falles mit der herrschenden Verfassungslehre vereinbart. 293 Diese Entscheidungen, besonders "Savchuk", bestimmen, daß der Nexus, der lediglich auf einem dinglichen Arrest einer Forderung beruht, nicht gerichtsstandbegründend wirken kann, wenn keine anderen Anknüpfungspunkte vorhanden sind. "While ownership of subject property within the forum is one type of contact and may suggest the presence of other ties, jurisdiction is lacking without furt her, significant contacts.,,294
Die Bedeutung dieser Entwicklung im Anerkennungsbereich ist unverkennbar: Ohne ausgedehnte Kontaktnähe hat das auf dem dinglichen Gerichtsstand beruhende Urteil keine Aussicht auf Anerkennung, wenn es sich um mehr als lediglich die eng auf die Sache selbst beschränkte Regelung der Rechtsbeziehungen handelt. 295 d) Anerkennung von "in rem"-Urteilen
Es gilt nunmehr, diese erst relativ neu entwickelten Normen des amerikanischen dinglichen Gerichtsstandes als Maßstab für anerkennungssuchende deutsche Urteile anzuwenden. 291 Seider v. Roth, 17 N.Y. 2d 111,269 N.Y.S. 2d 99, 216 N.E. 2d 312 (1966). 292 Statt vieler: Siegel. S. 126, 127, 130. 293 Rush v. Savchuk, 444 V.S. 320 (1980); WorId-Wide Volkswagen Corp. v. Woodson, 444 V.S. 286 (1980); in New York: Carbone v. Ericson, 79 App. Div. 2d 551 (1980). 294 Bache Halsey Stuart v. Besade, Supreme Court, New York, N.Y. L.J. vom 13.05.1983, Hf. 295 Vgl. Siegels Besprechung, S. 127 bis 130. 6 Weinschenk
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2. Kap.: Die ,jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
aal Unbewegliche Werte Seit den frühesten Zeiten des "common law" ist die IPR-Rechtswahl der "lex rei sitae" dahingehend bewertet worden, daß auch richterliche Verfügungen über im Gerichtsbezirk gelegene unbewegliche Werte unbedingte Anerkennung im Zweitstaat erfordern. 296 In der Regel wird daher ein deutsches Urteil über Immobilien problemfreie Anerkennung in den U.S.A. finden, sofern die in dieser Arbeit besprochenen Vorbedingungen (rechtmäßige Ladung, rechtliches Gehör, u.s.w.) eingehalten wurden. Anerkennung von "in rem"-Urteilen über Immobilien ist größtenteils nur von theoretischer Bedeutung, da Tatbestände, die die Anerkennung von "in remU-Urteilen im Zweitstaat notwendig machen, selten sind. In diesen Bereich gehören jedoch auch Urteile über Anrechte an Grundstücken, Vorkaufsrechte, Hypotheken, Grundschulden, Sequestrationsurteile und Urteile über Immobilien, die als Haftungssubstrat zur Sicherstellung einer Geldforderung dem Arrest verfallen waren, letztere natürlich nur in Höhe des Grundstückswertes. Die Frage der Anerkennung von"in rem"-Urteilen wird zumeist in amerikanischen Nachlaßsachen aufkommen, wie folgendes Beispiel zeigt: Der in New York domizilierte A stirbt in Queens unter Hinterlassung von Grundstücken und Hypothekenanrechten in Hamburg. Die Witwe aus zweiter Ehe B und die Söhne aus erster Ehe, C und D, prozessieren im Surrogate's Court, Queens County, über die Masse. Der Surrogate (Nachlaßrichter) in Queens wird Urteile des zuständigen Landgerichts Hamburg über die Anrechte von B, C und D nach deutschem Recht problemlos anerkennen, sofern die Vorbedingungen der rechtmäßigen Ladung und des richterlichen Gehörs erfüllt sind und keine anderweitigen Gründe zur Nichtanerkennung bestehen. Dabei beugt sich der amerikanische Richter nur der Entscheidung eines besser situierten Gerichts. da er ja sowieso gehalten wäre, im renvoi deutsches Recht anzuwenden. 297
In einer kürzlich ergangenen Entscheidung 298 hat die Mehrheit der Appellate Division (drei gegen zwei) sogar Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse als jurisdiktionsbegründend erklärt, so daß einem englischen Versäumnisurteil gegen einen Amerikaner, ergangen wegen Mietschulden in London, Anerkennung gewährt wurde. Das Gericht verwies auf CPLR § 302 (a) (4) (" ... that section permits our - New York - courts to exercise personal jurisdiction over a non-domiciliary who owns, uses or possesses real property within the state ... ") und urteilte, daß der Paritätsgedanke gleiche Behandlung ausländischer Jurisdiktionen erfordere, falls letztere gleichwertige Zuständigkeitsrechte beanspruchen müssen.
296 Siegel. S. 121: EhrenzlI'eig. Treatise, S. 79,80,209 bis 212; Goodrich. S. 453; siehe auch Firsching. S. 86 bis 89; Kegel. S. 433 ff. 287 Firsching. S. 89. 298 Porisini v. Petricca, 90 App.Div.2d 949, NYS 2d 888 (Nov. 1982).
H. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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bb) Bewegliche Werte - Sachen Der amerikanische Wortgebrauch der "immovables" und "movables" ist eine Konzession gegenüber dem internationalen Rechtswahlgedanken. Die "einheimische" Differenz zwischen "real" und "personal property" ist dem amerikanischen Juristen verständlicher, geläufiger, traditionsgebunden und durch Gebrauch definiert. Da kein Zweifel daran besteht, daß dem F-I-Gericht die Gerichtsbarkeit über in seinem Bereich gelegenes "real" sowie "personal property" zusteht/99 dürfte auch dinglichen Urteilen über "personal property" die Anerkennung nicht versagt werden, sofern die F-I-Entscheidung sich streng auf die Rechte und Pflichten der Streitparteien in bezug auf die Sache selbst beschränkt und sich keinen Eingriff in die "in personam"-Rechte und -Pflichten der Parteien erlaubt. 300 Echte "in rem"-Adjudikationen über Sachen gelten ebenfalls - analog der Regel über Grundwerte - gegen die Allgemeinheit. cc) Forderungen -
"claims, choses in action"
Nach deutschem Recht unterstehen Forderungen derjenigen Rechtsordnung, die über sie herrscht. 301 Das deutsche Recht beurteilt auch schuldrechtIiche Forderungen im Sachenrecht nach dem Belegenheitsort. 302 Nach Kegel regelt die "lex rei sitae" "das gesamte Schicksal dinglicher Rechte und Pflichten des Besitzes: Entstehung, Inhalt, Änderung, Übergang und Untergang.,,303 Somit würde für in Deutschland gelegene Forderungen der ausschließliche Gerichtsstand des "lex rei sitae" die Zuständigkeit deutscher Gerichte und damit die amerikanische Anerkennung des resultierenden deutschen Urteils begründen. Dieser Schluß steht jedoch im Widerspruch zu der sich aus Rush v. Savchuk und Shaffer v. Heitner ergebenen Sanktionen gegen die dingliche Zuständigkeit ohne den erforderlichen Nexus, wie folgendes Beispiel zeigt: Der in New York domizilierte Amerikaner A fügt B, einem durch den britischen Versicherungsträger X versicherten Engländer, in Augsburg durch einen von A schuldhaft hervorgerufenen Verkehrsunfall Körperschaden zu. A ist durch Y versichert, der in Europa keine Zweigstellen hat. X entschädigt B und verklagt Y am Unfallort Augsburg aus seiner Subrogation. Y läßt sich nicht ein. X beantragt in New York Anerkennung des Augsburger Versäumnisurteils und Vollstreckung gegen Y. Ladung, Klage und Urteil wurden fristgemäß nach dem HaagÜbk. zugestellt.
299 Über die Auseinandersetzung mit der Frage des Renvoi vgl. Firsching, S. 28,29; besonders die dort enthaltenen Beispiele. JOO EhrenzlI'eig, Treatise, S. 212,213. JOl Kegel, S. 427-8; vgl. BGH WM 1957, 1574. J02 Kegel, S. 434-5; § 11 EGBGB. JOJ Kegel, S. 434.
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
Zweifelhaft ist, ob das New Yorker Gericht die Zuständigkeit des Augsburger LG bejahen würde, da zwar örtliche und sachliche Zuständigkeit vorhanden sind,304 der unter ,,shaffer" und "Savchuk" erforderliche Nexus zwischen Y und der Bundesrepublik Deutschland jedoch nicht vorliegt. Zwar ist die "underlying cause" des Rechtsstreites, der Unfall, wie auch der Anspruch und dessen Übergang der deutschen, auf jeden Fall nicht der amerikanischen Zuständigkeit unterlegen. Dazu kommt, daß der Supreme Court sowohl in ,,shaffer" wie auch den nachfolgenden Entscheidungen offen gelassen hat, wie verfahren würde, wenn dem Kläger bei Versagung des"in rem"-Gerichtsstandes kein Forum mehr zur Verfügung stände:105 Nichtsdestoweniger besteht aus amerikanischer Sicht die Gerichtsbarkeit des Augsburger Gerichts über Y lediglich aus einem Substrat: Aus der Verpflichtung, A am Unfallort zu verteidigen und zu entschädigen. Die Rechtslage in den U.S.A. nach der Außerkraftsetzung der "Seider"-Lehre durch ,,shaffer" und "Savchuk" läßt stark darauf schließen, daß auf Forderungen begründeten Urteilen ohne Kontaktnähe die verfassungsrechtlich erforderliche Grundlage zur Anerkennung fehlt. 4. "Third party jurisdiction" - Streitverkündung
Die im internationalen Handel immer häufiger auftretenden StreitHille, die unter einer mehrgliedrigen Kette von Kontrahenten ausgetragen werden müssen, führen fast immer zu multinationalen Konflikten und Berührungsmomenten. Diese mehrstaatliche Kette von streitigen Berührungspunkten löst eine Reihe schwieriger Probleme aus: Das "forum shopping", die Kollision exorbitanter Gerichtsstände, der Wettlauf zum Gerichtssaal und nicht zuletzt auch die Frage, wie der ad ultimo Schuldige, also das letzte Glied der Kette, belangt werden soll. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, welche Möglichkeiten im Bundesgebiet gegeben sind, letzgliedrige amerikanische Kontrahenten zu belangen, um ggf. deutsche Urteile gegen sie in den U.S.A. geltend zu machen. Nach §§ 59 ff. ZPO können mehrere Personen als Streitgenossen verklagt werden, sofern sie in einem gemeinschaftlichen Prozeßverhältnis stehen, also durch dieselben tatsächlichen oder rechtlichen Gründe aneinander gebunden sind. In der überwiegenden Mehrheit internationaler Kettenprozesse wird eine derartige Situation nicht allzuoft vorkommen, da sowohl Tatbestand wie Rechtsfolge von Kettenglied zu Kettenglied verschieden sein können. Der wegen Spät304 Vgl. § 5 (a) (6) des Uniform Recognition Acts in bezug auf die Belegenheit örtlicher "jurisdiction" bei Kfz- und Flugzeugunfallen. Jedoch ist im gegebenen Beispiel die Versicherungshaftung nach New Yorker Ansicht keine deliktische, sondern eine vertragliche Verpflichtung. 305 Shaffer v. Heitner, 97 S.Ct. 2569, 2584, Fn. 37; vgl. Siegel. S. 125 und oben Fn. 289 d.A.; Note, Measuring the Long Arm after Shaffer v. Heitner, NYULR 53 (1978), S. 126 ff.
II. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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lieferung verklagte Hamburger Importeur und der eigentlich verantwortliche Hersteller in Alabama, der zunächst dem New Yorker Exporteur nach der Commercial Code haftet, dem Hamburger Importeur jedoch überhaupt vertraglich unbekannt ist, stellen keine Streitgenossen nach § 59 ZPO dar. Es ist in diesem Zusammenhang weder möglich noch notwendig, auf die innerdeutsche Prozeßproblematik der Streitgenossenschaft einzugehen. Es muß daher untersucht werden, ob die deutsche Streitverkündung nach § 72 ZPO gegen einen amerikanischen zwischen- oder endgliedrigen Streitverkündeten überhaupt möglich ist, und, falls dies der Fall ist, welche Wirkung die Streitverkündung aus amerikanischer Sicht auslöst. Die Problematik ergibt sich aus folgendem Beispiel: Die Firma A, Krefeld, verklagt den Importeur B, Düsseldorf, wegen Lieferung beschädigter amerikanischer Ware. Der Versicherungsträger der Firma B verkündet der Hamburger Spedition C den Streit, da einwandfrei feststeht, daß es sich um Seetransportschaden handelt. Die Spedition C verkündet ihrerseits der X-Corporation, Chicago, IIIinois, im Krefelder Verfahren den Streit nach §§ 72, 73 ZPO. Die XCorporation läßt sich nicht ein. Das LG Krefeld entscheidet zugunsten von B.
Zunächst ist zu prüfen, ob das Urteil im Hauptprozeß irgendwelche Rechtsfolgen gegen X auslösen kann, insbesondere die Frage, ob - gleich dem deutschen Prozeßrecht 306 - die deutsche Interventionswirkung auf den Nachfolgeprozeß übergreift. Dazu gehören die Tatsachenfeststellungen und die Begründung im Hauptprozeß. 307 Das amerikanische Verfahren kennt mehrere Klassifikationen von Beklagten, die dem Erstbeklagten im Falle des Unterliegens verpflichtet sein können. Es handelt sich um folgende Kategorien: a) "necessary parties"
-
die amerikanische Version des § 59 ZPO: Beklagte (oder Kläger), ohne deren Beitritt eine umfassende Entscheidung nicht möglich ist. 308
b) "dass actions"
-
Beklagte (oder Kläger), die als Vertreter einer unverhältnismäßig umfangreichen Anzahl von Personen, deren einzelner Beitritt verwaltungstechnisch nicht bewältigt werden kann, handeln oder handeln müssen. 309
c) "interpleader"
-
die Klage eines Aufbewahrers, der Ansprüche zwischen mehreren Prätendenten mit schuld- und pflichtbefreiender Wirkung entschieden haben will. 310
306 § 742 ZPO und Wieczorek, Rdn. B zu § 74 ZPO; ausführlich: Zöller I Geimer, Rn. 73, 74 zu § 328 ZPO (14. Aufl.), Rn. 52, 53 zu § 328 ZPO (15. Aufl.). J07 Dazu Wieczorek, Rdn. Alb) zu § 68 ZPO. J08 FRCP 19 (a); CPLR 1001 (a); sinngemäß f1ir die unwesentlich abweichenden Regelungen anderer Staaten. 309 FRCP 23, CPLR 901; ebenfalls als Muster der größtenteils identischen Normen in anderen Staaten: "Class Action" sind bis in alle Einzelheiten geregelt und umfassen bis zu tausende von in Interessengemeinschaften stehende Kläger oder Beklagte; so z.B. in Umweltschutzprozessen oder Produkthaftungsklagen. Vgl. Homburger, Co!. L.Rev. 71, 609.
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
d) "impleader"
- auch bekannt als "third party practice". Streitverkündung eines Beklagten gegen eine dritte (oder nachfolgende) Partei, die dem Beklagten zur Schadloshaltung oder Regreßleistung verpflichtet ist oder sein kann.)II
Wie Bernstein m ausgeführt hat, kann im deutschen Verfahren der Streit gemäß §§ 72, 73 ZPO verkündet werden, ohne Rücksicht darauf, ob am Prozeßort der Gerichtsstand gegen den Streitverkündeten gegeben ist oder nicht. Die deutsche Streitverkündung ist daher weder für den Streitverkündeten gerichtsstandmäßig verbindlich,m noch endet sie in einem auch für den Streitverkündeten verbindlichen Urteil im Hauptprozeß. Die unter a. bis d. beschriebenen amerikanischen Formen der Driubeiziehung in ein schwebendes Verfahren sind zwar den deutschen Formen verfahrensrechtlich annähernd vergleichbar, jedoch in Rechtswirkung und Effekt von ihnen völlig verschieden und bilden eine Falle für den deutschen Prozeßführer. Der amerikanische "joinder" resultiert ausnahmslos in einem rechtsgültigen Urteil gegen die unter a. bis d. oben beigeordneten Parteien im Hauptprozeß. In jedem dieser Fälle, auch im "impleader", muß der Zweit- oder Mehrbeklagte rechtmäßig geladen sein, die Zuständigkeit über die Person einer Prüfung standhalten und allen Anforderungen der schon besprochenen "jurisdiction over the person", einschließlich der "International Shoe"-Kriterien,m genügen. Im Gegensatz zu der deutschen Streitverkündgung ist daher der "impleader" eine Beiordnung der Drittbeklagten in den Hauptprozeß, der mit einem rechtskräftigen Urteil gegen alle teilnehmenden Parteien endet. Es gibt keinen Zweitprozeß, und man wird vergeblich nach einer dem § 72 ZPO verfahrensmäßig vergleichbaren, amerikanischen Regelung suchen.,1l5 Wenn daher in obigem Beispiel C durch die in § 73 ZPO enthaltene Vorschrift X im Krefelder Verfahren den Streit verkündet, so ist zweifelsfrei, daß dadurch den Vorbedingungen einer Gerichtsstandsbasis gegen X nicht genügt wird. 110 FRCP 22, CPLR 1006; die Regel ist in anderen Staaten ohne maßgebliche Abweichung im Prinzip dieselbe. )11 FRCP 19, CPLR 1007; ebenfalls Vorbild für andere Einzelstaatsregelungen. m Bernstein. Festschrift für Ferid, S. 85, 86. ,lU Der Gerichtsstand des Streitverkündeten ist im Hauptprozeß belanglos. Bernstein. a.a.O., S.86 sowie Fn. 35 (Vergleich mit Art. 333 des "Code de procedure civile", dem "demande en garantie" im Frankreich. Für den amerikanischen Verfahrensrechtier ist dabei von Interesse, daß dem Streitverkündeten im Folgeprozeß die Gelegenheit geboten wird, sowohl den Gerichtsstand als auch die Wirksamkeit der Streitverkündung zu prüfen; eine Abart des sogenannten "second bite of the apple". Wieczorek. Rdn. BIll zu § 74 ZPO. Vgl. Zöller/Geimer. Rdn. 73-75 (14. Aufl.), Rn. 52-54 (15. Aufl.) zu § 328 ZPO. JI4 Siehe oben Kapitel 2, 11 I d.A. JI5 Siegel. S. 197 ff.; Der amerikanische "amicus curiae" ist zwar eine Form des Beitritts einer am Ausgang des anhängigen Rechtsstreites interessierten Partei, jedoch nur in der Revision und nach Gerichtsermessen. Dem "amicus curiae" erwachsen keine prozeßrechtlichen Folgen, und sein Beitrag ist hier nicht verfahrensrechtlicher, sondern nur von ideeller Bedeutung.
II. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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Wenn X sich nicht einläßt, bleibt zu prüfen, ob das Vrteil im Hauptprozeß irgendwelche Wirkungen schlechthin gegen X haben kann, oder ob es sich bei der Streitverkündung um eine leere, aller Rechtsfolgen bare Geste handelt.
Bernstein. der das Spiegelbild zur vorliegenden Problemstellung, also die Anerkennung des amerikanischen "impleader" im Lichte des § 328 ZPO behandelt hat, kommt zu dem Schluß, daß bloße Annexzuständigkeit im Hauptprozeß nicht hinreicht, die nach § 328 I Nr. I ZPO erforderliche Zuständigkeit zu begründen. Bernstein folgert jedoch, daß das einem "impleader" de lege anhaftende Zuständigkeitserfordernis eine Anerkennung nach § 328 I Nr. 1 ZPO ermöglicht, sofern das amerikanische Gericht nach der allgemeinen Regel der deutschen Gesetze die internationale Zuständigkeit besaß, "als wenn es sich um eine selbständige Klage gegen eine Partei gehandelt hätte, gegen die der impleader mit Erfolg, d.h. mit dem Ergebnis einer Verurteilung, anhängig gemacht wurde.,,316 Da die deutsche Streitverkündung keinen der nach V.S.-Rechtsnormen notwendigen Zuständigkeitsfaktoren enthält, ist sie als wirkungsentfaltender Verfahrensschritt im amerikanischen Raum von sehr beschränkter Bedeutung. Jedenfalls sind die aus deutschem inländischen Recht resultierenden prozessualen Wirkungen 317 nicht gegeben. Die außerprozessualen Wirkungen, wie z.B. die Verjährung,318 sind aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls in den V.S.A. nicht rechtswirksam. In obigem Beispiel wirkt daher die deutsche Streitverkündung gegen X weder prozessual noch - wahrscheinlich - außerprozessual. Dieses unbefriedigende Ergebnis führt zur Erwägung, ob mangels anderer im deutschen Recht verfügbaren Handhaben eine Erstklage gegen X unter Zugrundelegung der deutschen Tatsachenfeststellung im Staate Illinois (mit allen Kosten und Risiken) unvermeidlich ist. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, inwiefern X unter den in Kapitel 2 11 61) bis (3) dieser Arbeit besprochenen Aspekten für die deutsche Zuständigkeit greifbar ist. Hat X sich in Deutschland im Sinne dieser besprochenen Faktoren "eingelassen", so besteht die Möglichkeit, daß eine formell (nach dem HaagÜbk.) zugestellte Streitverkündung gegenüber X diejenigen Folgen hat, die das innerdeutsche Recht ihr zuschreibt. Da jedoch § 73 ZPO keine ausdrücklichen Bestimmungen über Auslandszustellung und ausländische Streitverkündete enthält, muß damit gerechnet werden, daß bei einem Versuch, die Interventionswirkung des Haupturteils in den V.S.A. gegen X geltend zu machen, von amerikanischer Seite die Einrede der "exorbitant jurisdiction,,319 BernsTein. Festschrift für Ferid. S. 91. § 74 ZPO. JI8 § 209 II Nr. 4 BGB; vgl. Wieczorek. Rdn. C II zu § 74ZPO. Ausführlich hierzu: Milleker. ZZP 80, 288. 319 Siehe sogleich Nr. 5 dieses Kapitels. 316
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2. Kap.: Die ..jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
erhoben wird. Im Falle des Beispiels dürfte kein Zweifel daran bestehen, daß X ohne Kontaktnähe im Sinne der "Iong arm jurisdiction" derartige Versuche erfolgreich abwehren kann. Ändert man obiges Beispiel jedoch dahingehend ab, daß X laufend in Hamburg Geschäfte tätigt, einen dauernd Beauftragten unterhält, Gewinne erzielt und sich weitere ,.Iong arm"-Tatbestände ergeben, so ändert sich die Rechtslage maßgeblich. Die dem örtlich Beauftragten zugestellte Streitverkündung ist dann wirksam, wenn das (amerikanische) Zweitgericht die deutsche Zuständigkeit, betrachtet nach seiner lex fori/ 20 anerkennt. Unter diesen Umständen ist die Interventionswirkung, einschließlich der Tatsachenfeststellung und Begründung, um es mangels Rechtsprechung vorsichtig auszudrücken ,wahrscheinlich gegeben. Die Auswirkung einer anerkannten Streitverkündung und die Grenzen der Interventionswirkung sind Fragen der Rechtswirksamkeit und gehören mit in die Besprechung der "res judicata"- und "collateral estoppel"-Probleme. 5. "Exorbitant jurisdiction" - unerlaubte Gerichtsstände
a) Die deutschen Gerichtsstände
Die deutschen Gerichtsstände des Wohnsitzes (§ 13 ZPO), der Niederlassung (§ 21 ZPO), des Eigentums (§ 24 ZPO), des ,.forum contractus" (§ 29 ZPO), der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO), der Vereinbarung(§ 38 ZPO) und der Staatsangehörigkeit bzw. Staatenlosigkeit/~1 haben in Europa durch die EWG-Verträge und die durch die Bundesrepublik abgeschlossenen, bilateralen Anerkennungsabkommen viel an Vereinheitlichung gewonnen. 3~~ Auch eine Gegenüberstellung mit den vergleichbaren amerikanischen ParalleIregeln ergibt keine maßgebliche Divergenz, die dem Test der ,.fairness and reasonableness" der "International Shoe"-Entscheidung nicht genügen könnte. 323 Ausnahmen sind jedoch gewisse bundes deutsche Gerichtsstände, die von den amerikanischen Normen derart abweichen, daß sie ein darauf fußendes deutsches Urteil ab initio als anerkennungsunfähig klassifizieren. Diese sogenannte "exorbitant jurisdiction,,3~4 - im Sinne von "unerlaubt", "maßlos über320 Vieles wird davon abhängen, wie das Verhältnis zwischen X und dem Hamburger Beauftragten beurteilt wird: Vgl. World-Wide Volkswagen v. Woodson, Fn. 293 d.A. 32! Vgl. § 27 II ZPO Gerichtsstand für deutsche Erblasser, auch falls ohne Wohnsitz im Inland; auch im Scheidungs- und Familiengerichtsstand ist die Staatsangehörigkeit ein wichtiger Anknüpfungspunkt. 322 Kulzer. Buffalo L.Rev., 16,36,40; Weintraub. § 4.11, S. 135 f. Eine umfassende Zusammenstellung der EWG-Gerichtsstände enthält Weser. Am.J.Comp.L., 10, 323 ff. m Kulzer. Buffalo L.Rev., 16,84; Schlesinger. S. 287. 324 "Exorbitant: Deviating from the normal or customary, going beyond the rule of established limits of rights or propriety" (Black's Law Dictionary, S. 685).
11. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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schreitend" - bezieht sich auf diejenigen Gerichtsstände, deren Kompetenzanmaßung die Schranken der amerikanischen Jurisdiktionsgrenzen in unzulässiger Weise durchbricht. Wie erwähnt, ist besonders § 23 ZPO zum Prügelknaben der "common-law"-Kritiker geworden. 325 Bekanntlich ermöglicht dieses Gesetz einem bundesdeutschen Gericht, über einen Ausländer "jurisdiction in personarn" in unbeschränkter Höhe auszuüben, sofern "gegenwärtiges Vermögen,,326 im Bundesgebiet vorhanden ist. Den common-law-Kritikern dieses Gerichtsstandes stehen jedoch namhafte Verteidiger entgegen, die trotz einheimischer "Dissidenten,,327 die Notwendigkeit des Vermögensgerichtsstandes nach § 23 ZPO als "rechtssystematisch und rechtspolitisch geboten" bejahen. 328 Geimer meint: "Wem dies(er Gerichtsstand) ,exorbitant' erscheint, kann ja sein Vermögen ins Ausland transferieren", 329 während Schack in seiner ausführlichen Besprechung zu dem Schluß kommt, daß "Vermögensbelegenheit als Zuständigkeitsgrund ... sinnvoll und im Interesse des Klägers an effektivem, ortsnahen Rechtsschutz" ist. 330 Das Vorhandensein von Vermögen oder Forderungen als Gerichtsstandsbasis ohne weiteren Kontakt oder Nexus im Hoheitsgebiet verstößt jedoch in krasser Weise gegen die in "International Shoe" und den nachfolgenden Entscheidungen aufgestellten "due process"-Gebote, nach denen ein Rechtseingriff in das Vermögen einer Person ohne hinreichende Kontaktgrundlage verfassungswidrig ist. 331 Urteile bundesdeutscher Gerichte gegen vom amerikanischen Verfassungsbereich abgeschirmte Personen, die sich auf den Gerichtsstand des § 23 ZPO stützen, haben daher keine Aussicht auf amerikanische Anerkennung, sofern der defekte Gerichtsstand des belegenen Vermögens nicht durch andere jurisJ25 Kulzer, Buffalo L.Rev., 16,84,92 sowie Fn. 53; Homburger, Am.J.Comp.L., 18,367,391 sowie Fn. 138; Weintraub, § 4.1, S. 90 Fn. 2; Nadelmann, Col. L.Rev., 67, 995, 999; Ehrenzweig, Treatise, S. 73; derselbe, Festschrift für Yntema, S. 321, 329; Smit, Am.J.Comp.L., 10, 164; Schlesinger, S. 293; sowie Weser, Am.J.Comp.L., 10,323,327-8. Ehrenzweig/ Jayme ironisiert in seiner heftigen Kritik als "Schreckgespenst der JuraplÜfungen" die vom Kläger eigens hergestellte Zuständigkeit dadurch, daß er einen selbst inszenierten Prozeß "verliert" und dadurch den daraus resultierenden Kostentitel als Zuständigkeitsbasis über einen abwesenden Beklagten gewinnt (Ehrenzweig/ Jayme, S. 25). 326 Die vermögensrechtlichen Ansprüche können aus minimalen "symbolischen Wertobjekten" ("vier Obstkörbe im Wert von 2,00 Kronen"; RGZ 75, 147, 152) oder aus Forderungen (Lizenzen, registrierte Patente, eingetragene Anteile an Firmen, rein persönliche Forderungen gegen einen inländischen Schuldner, usw.) bestehen. Vgl. Wieczorek, Rdn. BIll zu § 23 ZPO; ausführlich hierzu: Schack, ZZP 97 (1984), S. 46 ff. Von Interesse ist, daß die deutsche Regel bezüglich des Situs von Forderungen und den daraus hervorgehenden Zuständigkeitskonsequenzen frontal mit den "Rush"- und "Seider"-Normen kollidiert. 327 Schack, S. 41 sowie S. 62 ff., bringt Nachweise über Kritiker, darunter den BGH; siehe ferner Mi/leker, Kompetenzkonflikt, S. 154. 328 Schütze, DIZPR, S. 139-140. 329 Geimer, JZ 1984, S. 979, 980. 330 Schack, ZZP 97 (1984), S. 67. 331 Vgl. die Besprechung der "Rush"- und ,,seider"-Entscheidungen im 2. Kapitel, II 3 d.A.
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2. Kap.: Die "jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
diktionsbegründende Tatbestände332 geheilt werden kann. Über die Problematik der EWG-Gerichtsstände gegenüber Nichtmitgliedern oder Teil-Mitgliedern, multinationalen Firmen mit Sitz innerhalb und außerhalb der EWG, ist umfangreiche Literatur vorhanden:m Der mit der Theorie übersättigte und nach brauchbaren Leitfaden suchende Praktiker kann in bezug auf die Urteilsanerkennung bundesdeutscher Geldurteile in der deutsch-amerikanischen Praxis zulässiger Gerichtsstände auf folgende Regeln zurückgreifen: a) Der "actor sequitor forum rei"-Gerichtsstand des Wohnsitzes entspricht der allgemeinen, amerikanischen Regel. b) Der Gerichtsstand der Niederlassung bedarf aufgrund der kürzlich ergangenen "VW v. Woodson"-Entscheidung einer gesonderten Besprechung. 334 c) Der Gerichtsstand des "forum contractus" nach § 29 ZPO entspricht den amerikanischen Nachprüfungsnormen, sofern die Kontaktnähe des "doing business"-Tatbestandes besteht. d) Der anerkennungsfähige Gerichtsstand der unerlaubten Handlung bedarf einer gesonderten Besprechung. Unter den "Acts" beschränkt er sich, wenigstens expressis verbis, bislang nur auf Kraftfahr- und Flugzeugunfalle. e) Der Gerichtsstand der Vereinbarung nach § 38 ZPO ist im allgemeinen anerkennungsfähig. f) Der Gerichtsstand der Staatsangehörigkeit gehört in bestimmte Rechts-
gebiete. Eine allgemeine Regel kann nicht aufgestellt werden. Die Zusammenhänge, in denen Staatsangehörigkeit bzw. Staatenlosigkeit in bezug auf Gerichtsstand besondere Wichtigkeit erlangen, finden sich hauptsächlich im Familien-, Scheidungs- und Erbrecht.
g) Der bloße Vermögensgerichtsstand nach § 23 ZPO ist nicht anerkennungsfähig, sofern er nicht, wie ausgeführt, durch Kontaktnähe des "doing business" als "geheilt" angesehen werden kann. 335 Mängel an obigen Gerichtsständen werden in jedem Falle durch die Einlassung des Beklagten im deutschen Verfahren behoben. m Gemeint sind die von .. Rush··•..Shaffer" und den nachfolgenden Fällen geforderten persönlichen Kontakte zwischen dem Beklagten und dem angerufenen Forum. m Im englischen Bereich hauptsächlich: Weser. Am.J.Comp.L.. 10,323; Nadelmann. Col. L.Rev., 67, 995. JJ4 Siehe die nachfolgende Besprechung im 2. Kapitel II 5 c d.A. m In der schon erwähnten (Fn. 168 d.A.), nicht veröffentlichten Entscheidung i.S. Schuco v. Schueler, U.S.D.C., Eastern District of New York, 78 C 582 vom 31.07.1979, wurde u.a. die Einrede des unerlaubten Gerichtsstandes nach § 23 ZPO gegen ein zur Anerkennung angebotenes Urteil des LG Hamburg geltend gemacht. Chief Judge Mishler ließ deutlich erkennen, daß die Kontaktnähe im Sinne der "Shaffer"-Entscheidung die verfassungsrechtlich gebotene ,jurisdiction over the person" begründen würde, so daß das Verbot der "exorbitant jurisdiction" nach § 23 ZPO als Einrede neutralisiert wird.
11. Die Rolle der "jurisdiction" in der Urteilsanerkennung
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b) Verbotene amerikanische Gerichtsstände
So wie der Gerichtsstand des § 23 ZPO im amerikanischen Bereich als unzulässig angesehen wird, verfallen gewisse amerikanische Gerichtsstände in der Bundesrepublik dem Anerkennungsverbot des § 328 I Nr. 1 ZPO. Dazu gehört vor allem der amerikanische Gerichtsstand der sogenannten "transient jurisdiction", von Bernstein treffend übersetzt mit "ambulante Zuständigkeit". 336 Zur Begründung dieses Gerichtsstandes genügt, daß einem Durchreisenden im Forumstaat die (amerikanische) Ladung (summons) in die Hand gedrückt (oder vor die Füße geworfen) wird, obwohl zwischen Beklagten und Forumstaat weder Nexus noch andere gerichtsstandsbegründende Berührungspunkte existieren. § 5 (a) der Uniform Acts 337 schreibt vor: "§ 5. Personal jurisdiction.
(a) the foreignjudgment shall not be refused recognition for lack ofpersonaljurisdiction if: (I) the defendant was served personally in the foreign state;"
Wenn daher einem in der Bundesrepublik vorübergehend anwesenden Amerikaner die Ladung persönlich zugestellt wird, so muß in den U.S.A. der nach dieser Vorschrift als zulässig erkannte deutsche Gerichtsstand zunächst als begründet gelten. 338 Dieser Gerichtsstand wirkt prophylaktisch: Zwar reicht die "transient jurisdiction" aus, u.a. auf der Durchreise in den U.S.A. befindliche Bundesdeutsche vor amerikanische Gerichte zu bringen, ist jedoch für Gerichtsstandsbegründung mit der deutschen Rechtsordnung nicht vereinbar. 339 Dies führt zu der absurden Anomalie, daß das Urteil eines deutschen Gerichtes, welches die (für seine Gesetze) unzulässige, ambulante Ladung zur Zuständigkeitsbegründung anwendet, in Amerika anerkannt werden müßte, während die nach deutschem Recht korrekte Gerichtsbarkeit nach § 23 ZPO nicht anerkannt 336 Bernstein, Festschrift für Ferid, S. 77. In seiner Bemerkung über die "transient jurisdiction" nach den Uniform Acts verwechselt Weng/er (BGB-RGRK VI 2, Fn. 263, S. 910) die persönliche Zuständigkeit ("personal jurisdiction") mit der Ermessensdisposition nach der "forum non conveniens"-Lehre. Der Gerichtsstand wird durch Zustellung des "summons" im Gerichtsstaat begründet und existiert, nur kann das Gericht die Sache nach Ermessen ab- oder weiterverweisen, wenn das Forum "seriously inconvenient" ist. Mit Zuständigkeit hat das nichts zu tun. 337 in New York § 5305 (a) (I) CPLR. 338 Ku/zer, Buffalo L.Rev., 18, 40; Homburger, Am.J.Comp.L., 18,392. Während Ku/zer einräumt, daß dieser Gerichtsstand den "Common Law"-Ländem eigen ist und für "Civii Law"-Länder lediglich eine Benachrichtigungs- oder Kenntnisnahmefunktion ausüben kann, hält Homburger diesen amerikanischen Gerichtsstand für genauso verwerflich wie die verpönten europäischen Gerichtsstände. Er bezeichnet diese Art der Gerichtsstandarrogation als ,judicial blackmail" (Homburger, a.a.O., 393). Zur geschichtlichen Entwicklung dieses schon lange und oft kritisierten Gerichtsstandes siehe Ehrenzweig, Treatise, S. 103 bis 107. 339 Die "transient jurisdiction" ist ein grober Verstoß gegen § 13 und § 16 ZPO. Der Aufenthalt nach § 16 ZPO darf keinesfalls nur vorübergehender Art sein. Vgl. Wieczorek, Rdn. A III zu § 16 ZPO.
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2. Kap.: Die .jurisdiction" als Vorbedingung zur Urteilsanerkennung
wird. 140 Zwar sieht § 328 I Nr. 2 ZPO die einem Deutschen persönlich zugestellte Ladung im Prozeßgerichtsstaat ebenfalls vor; jedoch ist diese lediglich eine der "fairness" dienende Schutzvorschrift zur Ermöglichung einer hinreichenden Verteidigung, die zwar Zuständigkeit, jedoch keinen Gerichtsstand schafft. 341 Es trifft weiterhin zu, daß die in ihrer Auswirkung oft ungerechte ambulante Zuständigkeit durch die Regeln des "forum non conveniens" berichtigt werden kann, jedoch ist der Beklagte zunächst mit der Abwehr gegen diesen Gerichtsstand belastet. .l42 Folgerichtig muß daher der amerikanische ambulante Gerichtsstand trotz gesetzlicher Sanktionen als "exorbitant" und "unerlaubt" abgelehnt werden, wenigstens im deutschen Raum. Für die amerikanische Seite muß jedoch folgende Überlegung angestellt werden: Der Amerikaner X befindet sich auf der Durchreise nach dem Femen Osten einige Stunden im Flughafen Rhein-Main. Der die Firma A vertretende Düsseldorfer Anwalt B erfährt das und läßt X schnell außer halb des Zollgebietes Ladung und Klage auf DM 10.000 durch persönliches Überreichen zustellen. Gerichtsstand des Düsseldorfer LG begründet sich nach § 23 ZPO auf eine Forderung des X gegen die Düsseldorfer Firma Y in Höhe von DM 10.000,-. X läßt sich nicht ein. Hat das resultierende Versäumnisurteil des LG Düsseldorf in Höhe von DM 10.000,- Aussicht auf amerikanische Anerkennung?
Die Antwort wird davon abhängen, ob das amerikanische Gericht den somit durch die persönliche Zustellung nach § 5 (a) (1) des Uniform Act - oder der diesbezüglichen Rechtsprechung in einem der "non-Act"-Staaten - begründeten deutschen Gerichtsstand als "zumutbar" (,,fair and reasonable"), erachtet. Ohne die besprochene Kontaktnähe des X mit Düsseldorf im Sinne von "International Shoe" wird die Anerkennungserwägung im Endresultat wohl zu
.'.tl Dieser Zustand hat zu Sarkasmen auf beiden Seiten des Atlantiks geführt: Der österreichische Vermögensgerichtsstand (ähnlich dem deutschen) veranlaßte ein österreichisches Gericht. aufgrund einer im Wiener Hotelzimmer hinterlassenen Unterhose dem französischen Skimeister Jean-C1aude Killy einen Vaterschaftsprozeß anzuhängen. Der New Yorker Professor Siegel kommentierte dies in einem Aufsatz: "Pack up your troubles - carefully." (New York Law Journal vom 19.03.1968). Demgegenüber wurde die von Bernstein Festschrift für Ferid. S. 77. als .. bilderbuchreif' bezeichnete Entscheidung Grace v. MacArthur, 170 F. Supp. 442 (1959) - eine im Flugzeug über dem Atlantik vorgenommene Zustellung - gutgeheißen. Vgl. zu diesem Fall Hamburger. Am.J.Comp.L.. 18.392 und Fn. 149 d.A. Wenn man daher in .. Civii Law" -Hotels sorgfältig packen muß. ist es ratsam. Flüge über .. Common La w"Territorien auf der Bordtoilette zu verbringen . .1