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German Pages 393 [394] Year 1994
PARADEIGMATA 15
PARADEIGMATA Die Reihe Paradeigmata präsentiert historisch-systematisch fundierte Abhandlungen, Studien und Werke, die belegen, daß sich aus der strengen, geschichtsbewußten Anknüpfung an die philosophische Tradition innovative Modelle philosophischer Erkenntnis gewinnen lassen. Jede der in dieser Reihe veröffentlichten Arbeiten zeichnet sich dadurch aus, in inhaltlicher oder methodischer Hinsicht Modi philosophischen Denkens neu zu fassen, an neuen Thematiken zu erproben oder neu zu begründen.
Andreas Arndt, Prof. Dr. phil., Jg. 1949; apl. Prof. am Institut für Philosophie der Freien Universität Berlin und Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften (Schleiermacherforschungsstelle Berlin) im Rahmen der Kritischen Schleiermacher-Gesamtausgabe.
ANDREASARNDT
Dialektik und Reflexion Zur Rekonstruktion des Vernunftbegriffs
FELIX MEINER VERLAG HAMBURG
Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit der ursprünglichen Ausgabe identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abweichungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod.
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. isbn 978-3-7873-1132-3 ISBN eBook: 978-3-7873-2329-6 © Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1994. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruckpapier, hergestellt aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany. www.meiner.de
INHALT
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XI 1
1. Zur Rekonstruktion des Vernunftbegriffs: Problemstellung und Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
2. Reflexionsphilosophie und dialektische Vernunft . . . . . . . . . . . . . . .
4
3. >>Theoretische Mittel«. Zur Methode der Rekonstruktion . . . . . . .
7
4. Philosophie und Wissenschaften. Zu den Grenzen des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
I.
AUFKLÄRUNG UND REFLEXION . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . .
13
A.
Reflexion und Erfahrung: Aporien des Rationalismus (Descartes, Leibniz, Spinoza) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Descartes: Reflexion als erste Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Reflexion und Erfahrung ..............................*.......
15 15 17
3. Die idealistische Konstruktion von Rationalität . . . . . . . . . . . . . . . .
19
4. Unmittelbarkeit und Empirismus des Transzendenten . . . . . . . . . .
20
5. Leibniz: Innere und äußere Erfahrung.........................
21
6. Die Abwehr des Empirismus und das Problem der kontingenten
B.
C.
Wahrheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
7. Spinoza: Amphibolie des Empirismus und Rationalismus . . . . . . .
27
Gegenbilder: klassischer Empirismus (Locke) und Skepsis (Hume)
29
1. Locke: Rationalismus und Empirismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
2. Erfahrung als Verhalten in gegebenen Verhältnissen............
31
3. Reflexion als spezifische Vermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
4. Hume: Reflexion und Intersubjektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
5. Voraussetzungen der Skepsis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
Dialektik und transzendentale Reflexion (Kant) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
1. Verstand und Vernunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
2. Das Bedingungsgefüge in Kants Kritik des Empirismus und Rationalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
VI
D.
II. A.
Inhalt 3. Die Dialektik der Rationalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
4. Transzendentale Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
5. Die vergessene Reflexivität der Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
6. Vermittlungen: Schematismus und Urteilskraft . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
7. Reflexion im Stillstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
Dialektik, Topik, System (Kant und Fichte).......................
59
1. Kant: Transzendentale Dialektik und topische Reflexion . . . . . . . .
59
2. Fichte: Das Unbedingte im Wissen und die Reflexion . . . . . . . . . .
63
3. System aus einem Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
4. Reflexion als Repräsentation eines Unmittelbaren . . . . . . . . . . . . .
67
5. Fichtes Konzeption der Reflexion und die topische Dialektik . . .
70
UNMITIELBARKEIT UND REFLEXION . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . .
73
Ursprüngliche Identität und systematische Einheit in Fichtes Wissenschaftslehre (1794/95) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
1. Die Systemkonzeption der »Grundlage>Dialektik>Schranke« und >>Grenze« . . . . . . . .
170
3. Endliches Dasein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
175
4. Der Widerspruch im Endlichen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
180
5. Der Widerspruch im Unendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
185
6. Erschlichene Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
189
Die Logik der Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
194
1. Dialektik und Logik der Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
194
2. Die Bewegung der Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
198
3. Die Konstruktion des Gegensatzes im Zeichen der Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
203
4. Der Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
209
5. Wesenslogischer Widerspruch und Widerspruch im Endlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
213
6. Schwierigkeiten im Umgang mit Hegels Widerspruchsbegriff. . . .
216
VIII
D.
Inhalt Inversion der Dialektik: Reflexion als sich selbst vernichtende Spekulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
220
1. Absolute Idee und absolute Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
220
2. Abstraktion und wissenschaftliches Erkennen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
223
3. Das Scheitern der absoluten Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
226
4. Die Inversion der Dialektik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
229
IV.
DIALEKTIK IM BRUCH MIT DER SPEKULATION . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
231
A.
Im Schatten Hegels. 1: Alte und neue Unmittelbarkeiten..........
232
1. Schopenhauer als Vorläufer der nachhegelschen Hegel-Kritik . . .
232
2. Die Restitution der romantischen Dialektik beim späten Schelling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
235
3. Spekulative Voraussetzungen der Trendelenburgschen Hege!-Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
239
4. Die Unmittelbarkeit des bestimmten Seins bei Feuerbach als
B.
Problem einer begrifflichen Alternative zu Hege!...............
241
5. Individuelle Existenz und Dialektik bei Kierkegaard . . . . . . . . . . .
248
Im Schatten Hegels. II: Kritische Affirmation der Dialektik . . . . . . .
252
1. Realdialektik: Widerspruch als antilogisches Prinzip (Bahnsen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
252
2. Objektive Dialektik (Engels)..................................
254
3. Realdialektik als Philosophie des objektiven Geistes (Hartmann, Wein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
258
4. Dialektik der Befreiung: Philosophie der Tat (Hess, Lukacs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
260
5. Dialektik und Gegendialektik (Sartre) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
265
6. Dialektik der Aufklärung und negative Dialektik (Horkheimer, Adorno) . .. . .. . .. .. . . . . .. .. . . . . .. . .. . .. . .. .. . . . C.
269
Marx' Bruch mit der Spekulation und der Versuch einer neuen Grundlegung der Dialektik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
278
1. Statt Unmittelbarkeit: ein anderer Begriff der Vermittlung. Zur Grundoperation der Marxschen Hege!-Kritik . . . . . . . . . . . . . .
278
2. Die Funktion der Philosophie in den >>Pariser Manuskripten« . . .
282
3. Philosophie und Wissenschaften: Marx' zweideutiger Abschied von der >>bisherigen« Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
285
Inhalt
IX
4. Empirismus, Metaphysik und die Widersprüche in der Methode der politischen Ökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
288
5. Reflexion und Reflexionsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
293
6. »Realer Widerspruch>Kritik der historischen Vernunft>Ich weiß wohl, [ ... ] daß unsere gesamte Epoche, sei es in der Logik oder in der Epistemologie, sei es mit Marx oder mit Nietzsche, Hege! zu entkommen trachtet. [ ... ]Aber um Hege! wirklich zu entrinnen, muß man ermessen, was es kostet, sich von ihm loszusagen; muß man wissen, wie weit uns Hege! insgeheim vielleicht nachgeschlichen ist; und was in unserem Denken gegen Hege! vielleicht noch von Hege! stammt; man muß ermessen, inwieweit auch noch unser Anrennen gegen ihn seine List ist, hinter der er uns auflauert: unbeweglich und anderswo.>Rekonstruktion des Vernunftbegriffs>Vernunft>nachmetaphysisches Denken« 2 • Diese Zusammenhänge sind Gegenstand der hier vorgelegten Untersuchungen. Sie zielen auf eine Alternative zur Verwerfung des Vernunftbegriffs, welche die berechtigten Motive der Kritik nicht einfach abweist, sondern begrifflich aufnimmt und in den Vernunftbegriff selbst einträgt. Der bloßen Abkehr von der Tradition, die negativ auf sie fixiert bleibt, sollen die ungenutzten Reflexionspotentiale dieser Tradition entgegengesetzt werden. Durch den kritischen Anschluß nicht an deren Positionen, sondern an ihre theoretischen Mittel, tritt die- wenn auch in sich vielfach gebrochene - Kontinuität des Vernunftbegriffs mit dem Projekt der Aufklärung hervor. Daß der Prozeß der Aufklärung sich wesentlich als deren Selbstkritik vollzieht und dabei differenzierte theoretische Mittel entwickelt werden, die heute noch Geltung beanspruchen können, hat Johannes Robbeck für das gegenwärtig wohl fragwürdigste Theorem der Aufklärungsphilosophie, den Begriff des historischen Fortschritts, gezeigt. 3 So sind auch die hier erörterten Konzeptionen von Vernunft Bestandteil theoretischer Prozesse, in denen sie permanent in Frage gestellt und auf ihre Voraussetzungen hin befragt werden. 4 In diesem Sinne ist der Rückgang auf die Tradition nicht an ein affirmatives Vorurteil gebunden, sondern kann sich in den Vollzug ihrer Selbstkritik einstellen und diese weitertreiben. Dem kritischen Verfahren entsprechend zielt der Versuch, auf diesem Wege einen philosophischen Vernunftbegriff zu legitimieren, nicht auf die systematisch gerichtete Durchführung einer Alternative, sondern allererst darauf, eine solche Alternative überhaupt sichtbar und vor dem Hintergrund der behandelten Theorien diskussionsfähig zu machen. Es geht in erster Linie um den Aufweis einer Problem-Alternative zur Verwerfung des Vernunftbegriffs als dem Ergebnis einer fortschreitenden Entbegrifflichung der von der Vernunftkritik in Anspruch genommenen Voraussetzungen. Diese sollen begrifflich reformuliert und als Begriffe mit dem konfrontiert werden, wovon sie sich kritisch abstoßen, um somit die Möglichkeit zu gewinnen, das Verhältnis von Kritik und Kritisiertem jenseits des bloßen Festhaltens an Positionen begrifflich zum Austrag zu bringen. Für ein solches Verfahren ist die Philosophie Hegels Vorbild und zugleich das Gegenbild des dabei anvisierten Vernunftbegriffs. Vorbild, sofern sie mit vielfältigem Recht als Ergebnis einer begrifflich konsequent verfahrenden Kritik der vormaligen, metaphysisch begründeten Vernunftkonzepte verstanden werden kann, die sie aufeinander bezieht und sich begrifflich aneinander abarbeiten läßt. Im Ergebnis freilich wird der Begriff selbst spekulativ aufgeladen und mystifiziert, wodurch Vernunft zur absoluten gerinnt. Hierauf beruht wesentlich das Habermas 1988. Vgl. Rohbeck 1987. 4 Vgl. - im Blick auf die Rezeption der Kantischen Vernunftkritik im Deutschen Idealismus- Horstmann 1991. 2
3
Problemstellung
3
Mißtrauen der nachhegelschen Philosophie in den Begriff, das sie mit manchen Vorgängern und Zeitgenossen Hegels verbindet. Gleichwohl ist festzuhalten, daß sich der Bruch in der Philosophie des 19. Jahrhunderts, wie inkonsequent er auch immer begrifflich vollzogen worden sein mag, nicht widerrufen läßt. In diesem Sinne ist der absolute Vernunftbegriff Hegels das Gegenbild, gegen das sich gerade die begriffliche Anstrengung zu richten hat. Aus dieser Konstellation resultiert eine zweifache Richtung der Kritik. Auf der einen Seite versucht sie aufzuzeigen, daß die Absetzbewegungen vom traditionellen Vernunftbegriff, wie Hegel ihn im Resultat seiner kritischen Bemühungen theoretisch verdichtet und abgesichert hatte, in seinem Schatten bleiben und ihm begrifflich vielfach erliegen. Die Entbegrifflichung der Voraussetzungen der Kritik ist in dieser Hinsicht dem Fehlen einer tragfähigen begrifflichen Alternative geschuldet. Gleichwohl wird dabei etwas geltend gemacht, was - begrifflich gefaßt- Hegels Konzeption gerade dort widerstreiten könnte, wo er selbst nicht haltbaren spekulativen Vorentscheidungen erliegt. Die kritische Auseinandersetzung mit Positionen der nachhegelschen Philosophie erfolgt daher in der Absicht, sie auf dem Niveau des von ihnen Kritisierten zu realisieren. Dies geschieht, indem auf der anderen Seite versucht wird, Hege! mit demjenigen zu konfrontieren, was er begrifflich unterbestimmt läßt und aus seinem Diskurs ausschließt. Solche Bruchstellen berühren nicht nur sein Verhältnis zu den nachfolgenden philosophischen Konzeptionen, sondern auch das zu seinen Vorgängern und Zeitgenossen. An ihnen wird deutlich, was Hege) selbst an Einsichten verworfen und was er an Voraussetzungen unreflektiert mitgeschleppt hat. Dementsprechend befassen sich die ersten beiden Kapitel mit den begrifflichen Voraussetzungen des Hegeischen Vernunftbegriffs in der neueren Philosophie sowie bei den nächsten Vorgängern und den Zeitgenossen im engeren Diskussionsrahmen der deutschen Philosophie. Die Rekonstruktion dieser Zusammenhänge orientiert sich an ihrer systematischen Verarbeitung bei Hegel, wobei sie zugleich eine andere Perspektive zur Geltung bringt, die kritisch mit derjenigen Hegels konfrontiert wird. Dies geschieht eingangs des dritten Kapitels, das Hegels dialektische Konstruktion des Vernunftbegriffs nachzeichnet. Im Mittelpunkt der Darstellung steht dort Hegels spekulative Interpretation des Widerspruchs im Endlichen, durch deren Diskussion ein anderes Verständnis dialektischer Vernunft vorbereitet werden soll. Das vierte und fünfte Kapitel sind den teils selbst noch spekulativen Absetzbewegungen von Hege! in der Philosophie des 19. und 20. Jahrhunderts sowie exemplarischen Positionen der neuesten Philosophie gewidmet, die den Bruch mit der Spekulation mit philosophischen Mitteln durchführen wollen. 5 Dem dabei weitgehend zu konstatierenden Rück5 An dieser Stelle ist ein Hinweis darauf angebracht, daß ich mich hier nicht mit derjenigen Richtung der Vernunftkritik auseinandersetze, deren Strategie auf eine Überbietung des spekulativen Denkens gerichtet ist. Hierfür steht vor allem die Metaphysikkritik Nietzsches und derjenigen Nietzscheaner, die auf die Affirmation reiner Positivitäten setzen. Von
4
Einleitung
fall in spekulative Voraussetzungen und der negativen Bindung an das Kritisierte tritt die Marxsche Auffassung von Dialektik als eine begrifflich zu präzisierende Alternative entgegen. Diese wird zum Schluß als eine Problem-Alternative im oben bezeichneten Sinne skizziert.
2. Reflexionsphilosophie und dialektische Vernunft Als systematische Leitbegriffe der Untersuchung fungieren >>Dialektik« und >>ReflexionDialektik>dialektisch>keine von ihrem Gegenstand unabhängige Methode>Dialektik>Dialektik>Reflexion>ReflexionDialektik> Reflexion« zunächst vor allem eins signalisiert: im Erkennen wird die Rationalität auf sich selbst so (zurück-)verwiesen, daß in dieser Konfrontation Selbst- und Weltbewußtsein untrennbar aufeinander bezogen sind, worin >>Reflexion>ReflexionWeltIdee allgemeingültiger Wissenschaft>Wissenschaft der Logik>äußerliche>Idee allgemeingültiger WissenschaftKommunikation>Reflexion>WeltReflexion>Instauratio magna>Logik>Dialektik« die Vernunftkritik im Modus einer Selbstkritik der Vernunft, die sich den Voraussetzungen und Vorbehalten der Kritik stellt, und kann als Titel der Rekonstruktion des Vernunftbegriffs in Anspruch genommen werden. 3. »Theoretische Mittel«. Zur Methode der Rekonstruktion Diese Rekonstruktion verfährt zwar historisch, aber nicht im Sinne einer Doxographie oder Begriffsgeschichte. Ihr Verfahren wird vielmehr von dem leitenden systematischen Interesse bestimmt. Dieses konzentriert sich auf die grundlegenden theoretischen Mittel der Philosophie, mit denen innerhalb der Reflexions-Einheit von Selbst- und Weltbewußtsein die Erfassung und Darstellung des inneren Zusammenhangs der erscheinenden Wirklichkeit ins Werk gesetzt und der Vernunft-Anspruch auf Allgemeinheit realisiert werden soll. Der Vernunftbegriff selbst in seiner jeweiligen Spezifik kann als ein set theoretischer Mittel gelten. >>Mittel>interdisziplinärerReflexion« und >>Aufklärung« gegeben, der sich freilich bestimmter fassen läßt und im folgenden im Blick auf die theoretischen Mittel des Vernunftbegriffs präzisiert werden soll. Aufklärung im weitesten Sinne kann als Befreiung von der unmittelbaren Nötigung durch gegebene - natürliche oder gesellschaftliche -Verhältnisse verstanden werden. >>Reflexion« ist in diesem Zusammenhang diejenige Instanz, welche die Unmittelbarkeit des Gegebenen dadurch destruiert, daß sie es für uns in seinen inneren Zusammenhängen durchsichtig werden läßt, indem sie es rational einsichtig macht. Dabei geht es zunächst um die theoretische wie praktische Aneignung der >>~elt« für uns, und in dieser Rückwendung des aneignenden Subjekts auf sich verhält es sich, wie immer dieses Verhalten im einzelnen bestimmt werden mag, reflektierend. Soweit von der Reflexion endlich-empirischer Subjekte und deren Rationalität die Rede ist, bleibt darin die Bindung an ein gegenüber der subjektiven Reflexion Objektives bestehen, das diese beschränkt und in eine Erfahrungsstruktur einbindet, die sowohl transzendent als auch empiristisch gedeutet werden kann. Im ersten Fall wird eine absolute, göttliche Vernunft in Anspruch genommen, welche die durchgängige Rationalität der erscheinenden Wirklichkeit sichern soll, im zweiten Fall wird diese Wirklichkeit als eine innerhalb des Endlichen selbst gegebene anerkannt. Die rationalistischen Systeme und der klassische Empirismus kommen darin überein, unserer Reflexion ein unmittelbar Gegebenes vorauszusetzen, auf das sie sich vermittelnd bezieht. Diese Voraussetzung schlägt auf die Auffassung der endlichen Rationalität zurück: die Reflexionsinstanz erscheint ebenso als ein unmittelbar gegebenes rationales Vermögen. Die Möglichkeiten der in diesen Konzepten vorgegebenen theoretischen Mittel erlauben eine Aufklärung auch dieser Unmittelbarkeilen in zwei Richtungen. Entweder wird, auf der Linie des rationalistischen Reflexionsmodells, die Reflexion durch die Aufhebung jeder nicht von ihr gesetzten Unmittelbarkeit verabsolutiert, oder aber es wird, auf der Linie des empiristisch-skeptizistischen Reflexionsmodells, die Reflexion als gegenständliche Vermittlung im Handeln gesellschaftlicher Individuen objektiviert, welche das Gegebene als ein Unmittelbares für uns anerkennt, ohne es als Ansich aus der Reflexion auszuschließen. Die erste Möglichkeit wird von der idealistischen Radikalisierung der Aufklärung ergriffen und zuende gedacht. Die Totalisierung der Reflexion nimmt schließlich bei Hegel, wenn auch nur in ihrer metaphysischen Spitze, die reflexive Distanz zurück und vernichtet sich damit selbst als Reflexion in einerneuen Unmittelbarkeit. Die zweite Möglichkeit wird
I. Aufklärung und Reflexion · Descartes
14
Marx gegen Hege! ins Spiel bringen, wobei er sich auf Aporien der entfesselten Reflexion stützen kann. Das bewirkt eine strukturelle Annäherung an die Philosophie der Aufklärung, die dieser eine eigenständige systematische Bedeutung verleiht, welche nicht durch Hegels Kritik der Verstandesmetaphysik widerlegt ist. Insofern müßte auch jede Annäherung an das Reflexionsproblem systematisch zu kurz greifen, die sich ein eigenständiges Eingehen auf die Aufklärungsphilosophie versagen würde. Für deren begrifflich auszubuchstabierende und zu fixierende Vorstellungen von >>Reflexion>Über den Ursprung der Sprache>Reflexion>BesonnenheitSO frei würket, daß sie in dem ganzen Ocean von Empfindungen, der sie durch alJe Sinnen durchrauschet, Eine Welle, wenn ich so sagen darf, absondern, sie anhalten, die Aufmerksamkeit auf sie richten, und sich bewußt sein kann, daß sie aufmerke.>bei sich anerkennen>ReflexionReflexion>erste Philosophie>natürliche Lichtnur etwas Einziges, sozusagen Unteilbares ist« 5 • Falsch ist ein Urteil dann, wenn der Wille nicht richtig gebraucht wird, denn die Vorstellungen des Verstandes für sich genommen sind indifferent hinsichtlich Wahrheit und Falschheit. Urteilen ist ein Akt des freien Willens, diesen Vorstellungen Wahrheit und Falschheit beizulegen. Der Mißbrauch des Willens besteht darin, ihn von der Verstandeserkenntnis zu lösen, d. h. zu urteilen, ohne das, was wahr ist, klar und deutlich erlaßt zu haben. Der Willensakt des Urteilens ist abhängig von der deutlichen Erkenntnis dessen, worüber geurteilt wird. Das Urteil ratifiziert das So-sein des Beurteilten durch die Zustimmung des Subjekts, das sich als Grund seiner Erkenntnis weiß; es ist die Aneignung der >>Welt« durch das Subjekt als seine dadurch, daß es in sich selbst deren Prinzipien findet, die in der Reflexion als dem Erkennen des Erkennens erkannt und zugleich anerkannt werden. In ihrem Resultat ist diese Reflexion Selbstverhältnis, verstanden als Aneignung der durch die Verstandeserkenntnis gegebenen Objekte durch die Zustimmung des Subjekts, die sie als wahr anerkennt. Seinem Anspruch nach ist das Subjekt der Reflexion nicht nur der Ort, an dem sich Wahrheit ereignet, sondern der Grund der Geltung von Wahrheit überhaupt. Wahr ist nur die angeeignete >>Welt«. Zwar kann zu dieser Wahrheit auch die Beschränktheit der Erkenntnis des Subjekts gehören, die mit der Annahme eines vollkommenen Wesens oder Gottes korrespondiert, und dieser Gott kann (in scheinbarem Widerspruch zur reflexiven Selbstbegründung der prima philosophia) als Grund der Vernunft in Anspruch genommen werden: aber auch diese Wahrheiten beruhen auf dem Akt der Anerkennung durch das Subjekt und sind als Folgebestimmungen aus dessen reflexivem Verhalten allererst abzuleiten und einsichtig zu machen.
5 >>cum enim voluntas in una !anturn re, et tanquam in indivisibili consistat« (Meditationes, IV, 14).
Reflexion und Erfahrung
17
2. Reflexion und Erfahrung
Gleichwohlläßt sich dem Rekurs auf den ontologischen Gottesbeweis nicht jede Begründungsfunktion absprechen. 6 Seine Funktion besteht vielmehr darin, ein Problem auszuschalten, das sich aus der reflexiven Selbstbegründung des Wissens ergibt. Daß Wahrheit im Rückgang des Erkennenden auf sich als den Erkennenden gewonnen wird, läßt sich nur dann halten, wenn Wahrheit als Ergebnis eines Urteils verstanden und somit an die Beweisbarkeit geknüpft wird. Zu diesem Beweis gehört sowohl die klare und deutliche Vorstellung des beurteilten Sachverhalts als auch die aus dieser Einsicht resultierende Zustimmung des Subjekts. Beides, Erkenntnis wie Zustimmung, beruht auf der Durchsichtigkeit einer Rationalität, die im reflexiven Vollzug des Erkennenden als eigene erkannt und anerkannt wird. Diese Rationalität aber betrifft nur die Wahrheit als >>EssenzWidersprüche>Widerspruchdas ganze Universum auf Grund der Verbindung der gesamten Materie im erfüllten Raum ausdrückt, stellt die Seele auch das ganze Universum dar, indem sie diesen Körper darstellt, der auf eine besondere Art und Weise zu ihr gehörtdie Seelen und geschaffenen Geister niemals ohne Organe und niemals ohne Sinneswahrnehmungen sind, da sie ohne Zeichen nicht denken könnten>Les consecutions des bestes sont purement comme celles des simples empiriques qui pretendent que ce qui est arrive quelquesfois, arrivera encor dans un cas ou ce qui les frappe est pareil, sans estre capables de juger, si les memes raisons subsistent. C'est par Ia qu'il est si aise aux hommes d'attraper les bestes, et qu'il est si facile aux simples empiriques defairedes faules>que le monde change et que les hommes deviennent plus habiles en trouvant mille adresses nouvelles, au lieu que les cerfs ou les lievres de ce temps ne deviennent pointplus ruses que ceux du temps passe>les Ames et les Esprits crees ne sont jamais sans organes et jamais sans sensations, comme ils ne sauroient raisonner sans caracteres>Die Geschöpfe sind kontingent, das heißt, die Existenz folgt nicht aus ihrem WesenCreaturre sunt contingentes, hoc est existentia non sequitur ex ipsarum Essentia« (De contingentia, Kleine Schriften, 178 f.). 23 Vgl. Monadologie, §§ 37f. 21
22
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I. Aufklärung und Reflexion · Leibniz
vom zureichenden Grund als Prinzip, das zu dem der Widerspruchsfreiheit hinzutritt, schließt gerade aus, daß die Rückführung auf den zureichenden Grund für die endliche Rationalität die Beweiskraft einer notwendigen Wahrheit hat. In der Wendung auf den zureichenden Grund verhält sich daher die Reflexion nicht beweisend im Sinne rationaler Durchsichtigkeit der Wahrheit, sondern vielmehr erfahrend. Sie bezieht sich dabei auf ein vorausgesetztes Gegebensein, das sie als rational affirmiert, ohne dessen spezifische Rationalität vollziehen zu können. Dies gilt auch für die Folgebestimmungen der aus Gott hervorgehenden kontingenten Wahrheiten: »Bei kontingenten Sätzen aber geht der Fortschritt der Analyse über die Gründe der Gründe ins Unendliche, so daß man niemals einen vollen Beweis besitzt, obwohl immer ein Grund für die Wahrheit besteht und von Gott allein eingesehen wird, der allein mit einem Geistesblitz die unendliche Reihe durchläuftWeil wir den wahren formalen Grund der Existenz nicht in jedem besonderen Falle erkennen können, [ ... ] genügt es uns daher, daß wir die kontingente Wahrheit a posteriori, nämlich durch Erfahrungen erkennen, und dennoch zugleich das als universell und allgemein annehmen, was durch Grund und Erfahrung selbst befestigt wird>gerade die rationalistische Bindung der Wahrheit an die Beweisbarkeit dazu zwingt, die Erfahrung nicht nur als eine Quelle der Erkenntnis, sondern sogar als ein Beweismittel anzuerkennen>in contingentibus vero progressus est analyseos in infinitum per rationes rationum, ita ut nunquam quidem habeatur >plena< demonstratio [perfecta], ratiotarnen veritatis >Semper< subsit, et a solo Deo perfecte intelligatur, qui unus seriem infinitam uno mentis ictu pervaditNatur der Dinge« zu kennen, >>damit wir davon die Unterschiede der Dinge, ihre Übereinstimmungen und Gegensätze richtig herleiten; [ ... ]damit man richtig begreife, was sie zulassen können, was nicht; [ ... ]damit man dies mit der Natur und der Macht des Menschen vergleichejedes Seyende unter einem Attribute begriffen werden müsse, und dass, je mehr Realität oder Seyn es hat, es auch desto mehr Attribute habe, welche Nothwendigkeit oder Ewigkeit und Unendlichkeit ausdrücken>Sein>EndlichenUnumquodque unius substantiae attributum per se concipi debet>unumquodque ens sub aliquo attributo debeat concipi, et, quo plus realitatis, aut esse habeat, eo plura attributa, quae et neccessitatem, sive aeternitatem, et infinitalern exprimunt, habeat>Die Substanz geht von Natur ihren Affectionen voraus>Allgemeinheit>wie das Licht sich selbst und die Finsterniss offenbart, so ist die Wahrheit die Richtschnur ihrer selbst und des Falschendie nähere Weise, wie die Dinge zusammenhängen und das Einzelne mit dem Ganzen übereinstimmt>Substantia prior est natura suis affectionibus« (Ethik, I, Prop. 1; Werke 2, 88f.). Vgl. Ethik, II, Prop. 40, Scholium 2. 33 >>sicut Iux seipsam, et tenebras manifestat, sie veritas norma sui, et falsi est« (Ethik, II, Prop. 43, Schol.; Werke 2, 230f.). 34 Spinoza: Briefe, 49. 35 Vgl. ebd., 4 und 219. 31
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Rationalismus und Empirismus
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den wird. Die bestimmte Vermittlung wird - wie in Spinozas politischer Philosophie, die sich einer eindringenden >>ideologiekritischen« Analyse verdankteinem spekulativ-formalen Vermittlungskonzept untergeordnet und als dessen konkretisierende Anwendung vorgetragen, auch wenn sie sich darin nicht erschöpft. Mit seinem spekulativen Konzept will Spinoza die Aporien des Rationalismus dadurch aufheben, daß er Empirie und Spekulation prinzipiell gleichnamig macht. Er tut dies, indem er eine für sich zu stellende, substantielle Einheit als unmittelbare Selbstbezüglichkeit des Ganzen ausgibt und den bestimmten Vermittlungen so vorordnet, daß diese als abkünftig aus jener Einheit verstanden werden sollen. Die Unmittelbarkeit läßt Rationalismus und Empirismus gleichgültig werden, indem sie einen Indifferenzpunkt bietet, der sich der Reflexion auf bestimmte Verhältnisse unterscheidbarer Relate entzieht. Auf dieser Grundlage können Empirie und Spekulation ineinander umschlagen; sie sind verwechselbar (amphibolisch) geworden. Gleichwohl dient diese Konstruktion dazu, die Spekulation zu lizensieren, indem sie diese gegenüber der Empirie immunisiert. Dieses Modell spekulativer Konstruktion wird in der Philosophie des deutschen Idealismus in vielfachen Modifikationen begegnen. Seine Akzeptanz freilich hängt daran, ob die im Rahmen dieser Modellbildung zwingende Überbietung der Reflexion durch eine für sich zu stellende Unmittelbarkeit und dementsprechend auch - auf der Ebene der theoretischen Mittel - ihrer Überbietung durch einen wie immer gearteten unmittelbaren Zugang zu dieser Unmittelbarkeit, fraglos hingenommen wird. B. Gegenbilder: klassischer Empirismus (Locke) und Skepsis (Hume)
1. Locke: Rationalismus und Empirismus Die empiristische Position Lockes ist, in der ausdrücklichen Wendung gegen den cartesianischen Idealismus sowie den Platonismus der Cambridge-Schule, wesentlich aus dem Gegensatz zum Rationalismus zu verstehen. Sie erneuert aber nicht einfach eine sensualistische Position, sondern ist vielmehr daran interessiert, auf der Grundlage des Erfahrungsbegriffs die Tätigkeit des menschlichen Verstandes wissenschaftlich zu analysieren. Dieser Begriff ist weit gefaßt: sowohl die Wahrnehmung äußerer Dinge (perception) als auch die innere Wahrnehmung (reflection) gelten als Erfahrung. Die Grenze zum Idealismus wird dort markiert, wo die Ideen, welche die objektive Gültigkeit und Allgemeinheit der Erkenntnis verbürgen, als Resultat, und nicht als Voraussetzung der Erfahrung deklariert werden: >>No innate principles in the mind« 36 . Damit wird das Subjekt der Reflexion in seiner empirischen Endlichkeit zur unhintergehbaren, nicht zu über36
An Essay Concerning Human Understanding, 1, Ch. 2.
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I. Aufklärung und Reflexion · Locke
schreitenden Voraussetzung der Untersuchung der Verstandestätigkeit. Ihre Bewährung hat Lockes Position darin zu finden, wieweit es gelingt, auf dieser Grundlage die Einheit von äußerer und innerer Erfahrung als Vermittlungszusammenhang im Blick auf die Genese von Allgemeinbegriffen einsichtig zu machen. Hier aber trifft sie auf den Einwand des Rationalismus, daß Allgemeinbegriffe den Grund ihrer Geltung auch als Verallgemeinerungen einzelner und mithin kontingenter Erfahrungen nicht aus der Erfahrung selbst herleiten können. In diesem Sinne ist seit Leibniz immer wieder geltend gemacht worden, Locke habe einen Zusammenhang von Wahrnehmung und Denken, genauer: die Ableitung des Denkens aus der Wahrnehmung, im Appell an den gesunden Menschenverstand bloß postuliert. 37 Sofern der Empirismus an der objektiven Gültigkeit und Allgemeinheit der Verstandeserkenntnis festhält, ist er generell eines heimlichen Rationalismus bezichtigt worden, der die Allgemeinheit der Erkenntnis durch die Allgemeinheit der Rationalität begründe.38 Indessen ist auch die rationalistische Reflexion in eine Erfahrungsstruktur eingebunden, die schließlich dazu zwingt, Erfahrung als Beweismittel anzuerkennen. Der Vorwurf des heimlichen Rationalismus ließe sich daher an den Rationalismus als Vorwurf eines heimlichen Empirismus zurückgeben. Soweit dies zutrifft, sind Rationalismus und klassischer Empirismus nicht als Gegensätze, sondern als bloße Gegenbilder zu verstehen, die sich an ihren jeweiligen Aporien aneinander erneuern, weil sie sich auf einer gemeinsamen Grundlage bewegen. Diese These wird im folgenden noch zu erläutern sein, gleichwohl ist ihre Begründung nur eine Nebenabsicht dieser Überlegungen. Daß der Empirismus als Gegenbild zum Rationalismus fungiert, besagt ja auch, daß er selbst dann eine andere Perspektive auf die Problematik zur Geltung bringt, wenn er diese nicht durchzuhalten vermag. Durch diese Perspektive sind die Aporien des klassischen Empirismus in einem spezifischen Sinne problemanzeigend für das, was eine nichtidealistische Konzeption von Rationalität als Reflexion zu leisten hat. Soweit Locke an den gesunden Menschenverstand appelliert, hat sein Erfahrungsbegriff vor allem die Funktion der Abgrenzung gegen eine Ideenmetaphysik. Zu fragen ist aber, wie dieser Erfahrungsbegriff intern strukturiert ist, welche Vermittlungen zwischen äußerer und innerer Erfahrung dabei angesprochen sind und wieweit er es gestattet, diese Vermittlungen begrifflich zu präzisieren. Für Locke ist die empirische Endlichkeit des Erkenntnissubjekts und seiner Erkenntnisleistungen prinzipiell unhintergehbar. Die Beziehung auf ein Gegebenes, welche Erfahrung zunächst meint, ist immer die Beziehung auf ein Anderes, welches die Reflexion nicht gesetzt hat und auch nicht als von ihr gesetzt einholen kann, welches aber gleichwohl in die Vermittlung eingeht. >>Reflexion« ist, nimmt man den Empirismus beim Wort, in einem Zusammenspiel gegebener 37
38
Vgl. z. B. Kambartel 1968.
So, im Blick auf Hume, Kreimendahl 1982.
Erfahrung als Verhalten
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objektiver und subjektiver Instanzen zu situieren. Ihre objektive Gültigkeit und Allgemeinheit könnte nur darin bestehen, sie als spezifische Vermittlung in diesem Zusammenspiel aufzufassen, welche zugleich die durch dieses Spiel gegebenen Verhältnisse im Blick auf die Reflexionsinstanz erfaßt. Ein solcher Begriff von Reflexion liegt freilich jenseits jeder bloß mentalen Auffassung von Reflexion, wie sie auch bei Locke zugrundeliegt. Die bloß ideelle Vermittlung bleibt gerade unter den Voraussetzungen des Empirismus äußerlich und läßt das in ihr spezifisch zu Vermittelnde immer wieder in gleichgültige Relate auseinanderfallen. Dies aber ist nicht eine Aporie der Problemstellung, sondern der theoretischen Mittel, mit deren Hilfe sie gelöst werden soll. 2. Erfahrung als Verhalten in gegebenen Verhältnissen
Die klassische Formulierung des Erfahrungsbegriffs findet sich am Beginn des 2. Buches des >>Essay concerning human understanding«. Dort heißt es, der Geist habe das Material der Erkenntnis »mit einem Worte: aus der Erfahrung; in dieser ist unser ganzes Wissen begründet, und aus dieser leitet es schließlich sich selbst ab. Unsere Betrachtung, die entweder auf äußere sinnlich wahrnehmbare Objekte gerichtet ist, oder auf die innere Tätigkeit unseres Geistes, die von uns selbst wahrgenommen und zum Gegenstande der Betrachtung gemacht wird, versieht unseren Verstand mit allem Material für das Denken. Diese beiden sind die Quellen der Erkenntnis, aus welchen alle Ideen entspringen, die wir haben, oder natürlicherweise haben könnenWahrnehmungen [werden] in uns durch äußere auf unsere Sinne einwirkende Ursachen hervorgebracht [ ... ] Die Organe selbst [ ... ] bringen sie nicht hervor>powerability>facultynur im Zusammenhang von Erfahrungssituationen zu vermitteln>mit dem einheitlichen Erkenntnisprozeß eines konkreten Lebewesens zu tun [ ... ], das nicht Vgl. Essay, li, 8, 16. Vgl. Essay, li, 9, 1. 43 >>perceptions are produced in us by exterior causes affecting our senses [ ... ] The organs themselves [ ... ] do not produce them>Essay>Ein ruhender Körper gewährt uns keine Idee von irgend einer aktiven Kraft, sich zu bewegen, und wenn er selbst in Bewegung gesetzt wird, so ist diese Bewegung für ihn eher ein Leiden als eine Tätigkeit. Denn, wenn der Ball der Bewegung des Billardstocks gehorcht, so liegt darin keine Tätigkeit des Balles, sondern reine Passivität; auch teilt er, wenn er durch seinen Stoß einen anderen in seinem Wege liegenden Ball in Bewegung setzt, die von anders woher empfangene Bewegung nur mit, und verliert davon selbst so viel, wie der andere Ball empfing; was uns von einer in den Körpern enthaltenen aktiven Kraft der Bewegung nur eine sehr dunkle Idee gibt, weil wir nur sehen, daß sie Bewegung übertragen, nicht aber, 46 47
4B 49
Ebd., 5. Vgl. Klemmt 1952, 47. Vgl. Essay, II, 21. Vgl. dazu umfassend Wolff 1978.
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I. Aufklärung und Reflexion · Locke
daß sie solche hervorbringen« 50 • Die aktive Kraft wäre demnach nur die, die als ursprüngliche Quelle der Kraftübertragung, ohne selbst von außen angestoßen zu sein, Veränderungen zu bewirken vermag: >>Die Idee des Anfangs einer Bewegung gewinnen wir nur durch einen Rückblick auf das, was in uns selbst vorgeht, wo wir erfahrungsmäßig finden, daß bloß, indem wir es wollen, bloß durch einen Gedanken des Geistes, wir die Glieder unseres Körpers, die sich vorher in Ruhe befanden, bewegen können« 51 • Locke bestimmt hier die beiden grundlegenden Ideen der Reflexion, volition und perception, hinsichtlich ihrer gemeinsamen Eigenschaft als Kräfte. Im Anschluß an die zitierten Stellen unterscheidet er Wille und Verstand (understanding) als zwei Kräfte, wobei der Verstand als >>perceptive power« hier den Oberbegriff für die voneinander abhebbaren Funktionen der Perzeption bildet. 52 Der Wille dagegen bezieht sich auf den Beginn oder die Unterlassung von Tätigkeiten des Geistes oder des Körpers; beide Vermögen (faculties), so betont Locke ausdrücklich, sind nicht vorzustellen als >>SO viele unterschiedene tätige Subjekte in uns [ ... ], die ihre besonderen Gebiete und Behörden hätten>passive poweractive power>agentA body at rest affords us no idea of any active power to move, and when it is set in motion itself, that motion is rather a passion than an action in it. For, when the ball obeys the stroke of a billard-stick, it is not any action of the ball, but bare passion. Also when by impulse it sets another ball in motion that lay in its way, it only communicates the motion it had received from another, and loses in itself so much as the other received: which gives us but a very obscure idea of an active power of moving in body, whilst we observe it only to transfer, but not produce any motion>The idea of the beginning of motions we have only from reflection on what passes in ourselves, where we find by experience that, barely by willing it, barely by a thought of the mind, we can move the parts of our bodies, which were before at rest« (ebd.). 52 Im einzelnen unterscheidet Locke folgende Perzeptionen: (1) >>of ideas in our mindsof the signification of signsOf the connexion or repugnancy, agreement or disagreement, that there is between any of our ideas>SO many distinct agents in us, which had their several provinces and authorities>Es ist hier nicht unsere Sache, alle Dinge zu erkennen, sondern die, welche für unser Verhalten von Bedeutung sind. Wenn wir die Maßstäbe entdecken können, wonach ein vernünftiges Wesen in der Lage, worin sich der Mensch in dieser Welt befindet, seine Meinungen und die von diesen abhängigen Handlungen leiten kann und soll, dann brauchen wir uns nicht darüber zu beunruhigen, daß gewisse andere Dinge sich unserer Erkenntnis entziehen«56. Die Beschränkung der äußeren Erfahrung auf einzelne Gegenstände führt dazu, daß die Erkenntnis allgemeiner Zusammenhänge nicht an der Realität dieses Allgemeinen bestätigt werden kann, sondern jeder Versuch in dieser Richtung in der Kontingenz der Einzeldinge verläuft. Das Urteil (judgement) liefert daher keine zweifelsfreie Erkenntnis, sondern WahrscheinlichkeitY Die Wahrheit des Urteils bleibt problematisch. Seine Funktion besteht darin, die Erkenntnis für die Praxis zu bewerten. Hierbei kommt die >>active power>im subjektiven Urteil zustimmungspflichtigÜur business here is not to know all things, but those which concern our conduct. If we can find out those measures, whereby a rational creature, put in that state which man is in in this world, may and ought to govern his opinions, and actions depending thereon, we need not tobe troubled that some other things escape our knowledge>Natur« des Menschen zu erfassen. Dabei wird die Ausstattung der Subjekte durch die >>erste« Natur im Blick auf das gesellschaftliche Verhalten auf elementare Dispositionen einschränkt, um im Gegenzug die gesellschaftlichen Verhältnisse ihrer scheinbaren Natürlichkeit zu entkleiden und allererst aus dem Verhalten der Subjekte hervorgehen zu lassen. Dies führt zu einer Verschiebung im Reflexionsbegriff: die mentale Reflexion des Subjekts wird eingebunden in ein intersubjektives Reflexionsgeschehen. Dabei handelt es sich um aus moralphilosophischen Kontexten rekonstruierbare Ansätze, deren forcierte Systematisierung folgendes Bild ergibt: die intersubjektive, gesellschaftliche Reflexion wird als spontanes Verhalten der gesellschaftlichen Individuen zueinander aufgrundnatürlicher Verhaltensdispositionen (Bedürfnisse, Emotionen usw.) verstanden, das nicht durch subjektive Zwecksetzungen gesteuert wird. Durch wechselseitige Übertragungen und Internalisierungen werden dabei Verhaltensmuster hervorgebracht, welche die in dem gesellschaftlichen Verhalten eingegangenen Verhältnisse repräsentieren. Die Reflexion im engeren Verständnis von >>Selbstreflexion« kann auf dieser Grundlage empirisch erklärt werden als Einheit der Bewertung von Erfahrungen im vorangegangenen gesellschaftlichen Verhalten einerseits, und der Antizipation von Handlungen im Blick auf die gesellschaftlichen Verhältnisse unter Einschluß des zu erwartenden Verhaltens der anderen Subjekte andererseits. Hume geht von gesellschaftlichen Individuen aus, die wohl individuell handeln, aber nicht als erst zu vergesellschaftende Atome anzusehen sind. Die Vergesellschaftung vollzieht sich über die Herausbildung eines Verhaltensschemas (scheme of conduct), das nicht Ergebnis subjektiver Zwecksetzungen ist und seinerseits die gesellschaftliche Verfaßtheil der Subjekte bestimmt. Dieses Schema reflektiert das Allgemeine kooperativer Arbeitszusammenhänge, gesellschaftlicher Austauschverhältnisse und der sprachlichen Mittel gesellschaftlicher Kommunikation: >>So führen zwei Männer die Ruder eines Bootes nach einer gemeinsamen Konvention aus einem gemeinsamen Interesse, ohne irgendein Versprechen oder einen Vertrag; so werden Gold und Silber zu Maßen für den Güteraustausch gemacht; so werden Rede, Worte und Sprache durch menschliche Konvention und Übereinkunft festgelegt. Alles, was für zwei oder mehr Personen vorteilhaft ist, wenn alle ihren Teil erfüllen, aber ganz nutzlos wird, sobald es nur einer tut,
Reflexion und Intersubjektivität
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kann auf keinem anderen Prinzip beruhen. Es gäbe sonst für keinen von ihnen ein Motiv, sich auf dieses Verhaltensschema einzulassen«59 • Hume hat hier den Fall im Auge, wo das Allgemeine selbst Gegenstand des Handeins ist. Da dieses Allgemeine von den individuellen Handlungen und Interessen abstrahiert (und insofern das Verhaltensschema auch in die juristische Form allgemeiner Gesetze transformierbar ist), kann es nicht aus subjektiven Zwecksetzungen hervorgehen, die sich auf individuelle Objekte richten. Umgekehrt aber soll das Allgemeine nicht als äußerliche Bindung konfligierender Privatinteressen fungieren und diesen entgegengesetzt sein. Das Lösungsmodell, das Hume vorschlägt, besteht darin, die Gesellschaftlichkeit des Verhaltens als natürliche Voraussetzung zu betrachten und auf Neigungen und Bedürfnisse zurückzuführen, die Form der daraus entstehenden Verhältnisse jedoch an die Verallgemeinerung von Affekten (passions) und Überlegungen (reflections) zu binden: >>Die Neigungen der Menschen und ihre Bedürfnisse bringen sie dazu, sich zusammenzuschließen; ihr Verstand und ihre Erfahrung sagen ihnen, daß dieser Zusammenschluß unmöglich ist, wenn sich keiner einer Regel unterwirft und Rücksicht auf das Eigentum anderer nimmt: Und aus der Verbindung dieser Affekte und Überlegungen hat sich, sobald wir bei anderen dieselben Affekte und Überlegungen wahrnehmen, das Gefühl der Gerechtigkeit zu allen Zeiten unfehlbar und sicher, in einem stärkeren oder schwächeren Grad bei jedem menschlichen Individuum entwickelt«60 • Die hier angesprochene Allgemeinheit stellt sich im Vollzug des Handeins selbst her, indem die wechselseitige Wahrnehmung und Antizipation des Verhaltens des Anderen zu einer Angleichung in einem quasi-natürlichen Handlungssystem führt, das als solches nicht von den Subjekten des Handeins intendiert war. Diese >>zweite Natur« wird von den Subjekten durch emotionale Reaktionen auf Verhalten internalisiert. Das Ergebnis ist >>Konvention«, verstanden als >>Sinn für gemeinschaftliche Interessen [ ... ] , den jeder in seiner eigenen Brust spürt, den er bei seinen Mitmenschen bemerkt und der ihn in Übereinstimmung mit anderen zu
59 >>Thus, two men pull the oars of a boat by common convention for common interest, without any promise or contract: thus gold and silver are made the measures of exchange; thus speech and words and language are fixed by human convention and agreement. Whatever is advantageous to two or more persons, if allperform their part; but what loses all advantage if only one perform, can arise from no other principle. There would otherwise be no motive for any one of them to enter into that scheme of conduct« (An Enquiry concerning the Principles of Morals, App. 111, 306f.; Übers. 239f.). 60 >>Men's inclination, their necessities, Iead them to combine; their understanding and experience tell them that this combination is impossible where each governs hirnself by no rule, and pays no regard to the posessions of others: and from these passions and reflections conjoined, as soon as we observe like passions and reflections in others, the sentiment of justice, throughout all ages, has infallibly and certainly had place to some degree or other in every individual of the human species« (ebd., 307; Übers. 240f.).
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I. Aufklärung und Reflexion · Hume
einem allgemeinen Plan oder einem System von Handlungen hinführt, das auf öffentlichen Nutzen abzielt«6 1 • Das Gefühl ist diejenige Instanz, durch die das gesellschaftliche Verhalten Allgemeinheit gewinnt und zugleich individualisiert wird. Die Unmittelbarkeit des Gefühls repräsentiert gegenüber der Urteilsfähigkeit des Verstandes den Selbstzweck des moralisch als Tugend angesprochenen Allgemeinen und schließt darin ausdrücklich aus, daß dieses Allgemeine als Ergebnis rationaler Zwecksetzungen gefaßt wird: >>Da nun Tugend ein Endzweck und um ihrer selbst willen, ohne Entgelt oder Belohnung, lediglich um der unmittelbaren Befriedigung willen, die sie gewährt, erstrebenswert ist, so muß notwendigerweise irgendein Gefühl vorhanden sein, an welches sie rührt, eine innere Neigung oder ein inneres Empfinden« 62 . Instanz der Allgemeinheit kann das Gefühl deshalb sein, weil Emotionen als übertragbar vorgestellt werden. Der psychische Mechanismus dieser Übertragung ist die Sympathie (sympathy), durch welche die Vorstellung einer fremden Emotion in eine ihr entsprechende eigene verwandelt wird. In diesem Austausch der Emotionen werden Gefühle verallgemeinert und angeglichen und dadurch wird, auf der Basis des naturwüchsigen Zusammenhangs der Gefühle, in der Psyche des Subjekts jene Instanz zur Bewertung gesellschaftlichen Verhaltens produziert, die Shaftesbury und Hutcheson alsmoralsense bzw. moral sentiment in dessen Naturausstattung gelegt hatten. Die Unmittelbarkeit des Gefühls repräsentiert die Unmittelbarkeit des Allgemeinen gegenüber den partikularen Zwecken der Individuen. Das bedeutet zuallererst, daß sich das Allgemeine der Verfügbarkeit des Subjekts entzieht und ihm gegenüber objektiven Charakter gewinnt; es ist Unmittelbarkeit gegenüber der subjektiven Reflexion. Gleichwohl ist der Prozeß der Verallgemeinerung selbst wenigstens metaphorisch unter den Titel der Reflexion zu stellen: >>Ganz allgemein dürfen wir sagen: Die Menschen verhalten sich in ihrem Innern zueinander wie Spiegel. Und dies nicht nur in dem Sinne, daß sie ihre Gefühlserregungen wechselseitig spiegeln; sondern es werden auch die Strahlungen der Affekte, Gefühle, Meinungen wiederholt hin- und zurückgeworfen, bis sie ganz allmählich verlöschen« 63 . Nimmt man dies wörtlich, so wird >>Reflexion>Reflexion« von 61 >>sense of common interest; which sense each man feels in his own breast, which he remarks in his fellows, and which carries him, in concurrence with others, into a generalplan or system of actions, which tends to public utility>Now as virtue is an end, and is desirable on its own account, without fee and reward, merely for the immediate satisfaction which it conveys; it is requisite that there should be some sentiment which it touches, some internaltaste or feeling>In general we may remark, that the minds of men are mirrors to one another, not only because they reflect each others emotions, but also because those rays of passions, sentiments and opinions may be often reverberated, and may decay away by insensible degrees>Selbstreflexion>das internalisierte Resultat und zugleich die Vorwegnahme der Reflexionen in der Gesellschaft>Enquiry concerning the Principles of Morals>Sympathie«, vermittelnde Funktion für das andere, den bürgerlichen Egoismus des Subjekts, zukommt. Solange aber an der Unmittelbarkeit solcher Vermögen festgehalten wird, sind die aus ihnen hervorgehenden Verhaltensweisen auf der empirischen Ebene nicht miteinander zu vermitteln. Dies gilt nicht nur für Hume, sondern ebenso für den Empirismus Lockes. Das Argument einer praktischen Orientierung des Wissens appelliert unter diesen Voraussetzungen an den gesunden Menschenverstand, der sich schon immer in solchen Vermittlungen bewegt und sie darum auch dann unterstellt, wenn er sie nicht zu begründen vermag. In dieser Hinsicht kommt auch ein Vertreter der common-sense-Philosophie wie Thomas Reid mit Hume überein. 67 Schärfer als andere aber hat Hume gesehen, daß diejenigen Voraussetzungen, die sich auf der empirischen Ebene der kausalen Erklärung entziehen, auch die Voraussetzungen der rationalistischen Metaphysik sind. Dies nötigt dazu, der Metaphysik als Skeptizismus entgegenzutreten, der weitergehende Folgerungen aus dieser Voraussetzung abweist und gegenüber der transzendenten Begründung eine Überzeugung aufrechterhält, welche die Unmittelbarkeit der Subjekte und ihrer Vermögen wie auch deren Vermittlungen als gegebene, empirische Grundlage eines gesellschaftlichen Funktionsmechanismus versteht. Diese Voraussetzung ließe sich erst dadurch überwinden, daß das Subjekt nicht nur in eine intersubjektive Reflexion eingestellt wird, sondern die Struktur der Subjektivität als bestimmte Form begriffen wird, die aus der Reflexion als der (nicht nur mental zu fassenden) Beziehung auf Anderes hervorgeht. Der Skeptizismus ist aus dieser Sicht auch Ausdruck eines bestimmten Standes der Entwicklung der theoretischen Mittel im Umkreis der Reflexionsproblematik, der ihn an den Rationalismus zurückbindet. Die Skepsis ist dessen Gegenbild als positioneile Abwehr seiner Folgerungen.
67
Vgl. Lobkowicz 1986.
I. Aufklärung und Reflexion · Kant
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C. Dialektik und transzendentale Reflexion (Kant) 1. Verstand und Vernunft
Kant selbst hat wiederholt den Einfluß Humes auf das Unternehmen der kritischen Philosophie hervorgehoben und Humes Skeptizismus in der transzendentalen Methodenlehre der >>Kritik der reinen Vernunft« geradezu als Vorschule der Kritik gewürdigt. 68 Zugleich aber sah er in den >>skeptischen Verirrungen>den er doch mit allen Dogmatikern gemein hatte, nämlich, daß er nicht alle Arten der Synthesis des Verstandesapriori systematisch übersah>nachbildenden Einbildungskraft>Schätzung« dieses Vermögens aber müßte genau das zum Thema machen, was bei Hume als stillschweigende Voraussetzung fungiert: den Grund der Einheit der synthetischen Leistungen der erkennenden Subjektivität. Auf diesem Wege schlägt der Empirismus nach innen: die Unhintergehbarkeit der Erfahrungsstruktur des objektiv gültigen Wissens bleibt unangetastet und entlastet die reflexive Selbsterfassung der Rationalität von ihrem Totalitätsanspruch. Gleichwohl ist es diese Reflexion als >>Schätzung>gegründeten Ansprüchen« Kant die >>dialektischen Anmaßungen der Vernunft>ganz eigentümlicher Schwung hiebei nicht im mindesten gestöret, sondern nur gehindert worden>Kritik der Urteilskraft>episodische>welche es gar sehr verdient, in der Transzendentalphilosophie umständlich ausgeführt zu werden>Die Vernunft ist ein Vermögen der Prinzipien, und geht in ihrer äußersten Forderung auf das Unbedingte; da hingegen der Verstand ihr immer nur unter einer gewissen Bedingung, die gegeben werden muß, zu Diensten steht. Ohne Begriffe des Verstandes aber, welchen objektive Realität gegeben werden muß, kann die Vernunft gar nicht objektiv (synthetisch) urteilen, und enthält, als theoretische Vernunft, für sich schlechterdings keine konstitutive, sondern bloß regulative Prinzipien. Man wird bald inne: daß, wo der Verstand nicht folgen kann, die Vernunft überschwenglich wird, und in zuvor gegründeten Ideen (als regulativen Prinzipien), aber nicht objektiv gültigen Begriffen sich hervortut; der Verstand aber, der mit ihr nicht Schritt halten kann, aber doch zur Gültigkeit für Objekte nötig sein würde, die Gültigkeit jener Ideen der Vernunft nur auf das Subjekt, aber doch allgemein für alle von dieser Gattung, d. i. auf die Bedingung einschränke, daß nach der Natur unseres (menschlichen) Erkenntnisvermögens oder gar überhaupt nach dem Begriffe, den wir uns von dem Vermögen eines endlichen vernünftigen Wesen überhaupt machen können, nicht anders als so könne und müsse gedacht werden: ohne doch zu behaupten, daß der Grund eines solchen Urteils im Objekte liegeKritik der reinen Vernunft>Kritik der UrteilskraftBedingungen des Objektbezuges von Begriffen>Einheit>Erkenntniskräfteden Grund der Möglichkeit der objektiven Komparation der Vorstellungen unter einanderIchIch denke>Amphibolie der 89 90 91 92
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KrV B, 316. Ebd., 317. Ebd., 318. Vgl. Schnädelbach 1977, 92. KrV B, 319.
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I. Aufklärung und Reflexion · Kant
Reflexionsbegriffe« weit über die Funktion eines bloßen >>Anhangs« hinaus: es ist das Verfahren der kritischen Philosophie Kants selbst, was hier thematisch wird und auf dem Spiel steht.94 Auf den ersten Blick erscheint die transzendentale Reflexion nur als potenzierte logische Komparation, welche die Vorstellungen vor aller in logischer Hinsicht vorgenommenen Vergleichung und Unterscheidung in Hinsicht auf ihre Zugehörigkeit zu Erkenntniskräften vergleicht und unterscheidet. Als komparativ-topologisches Verfahren setzt sie die Vollständigkeit und Gültigkeit der >>Titel>AmphibolieAnstatt im Verstande und der Sinnlichkeit zwei ganz verschiedene Quellen von Vorstellung zu suchen, die aber nur in Verknüpfung objektivgültig von Dingen urteilen könnten, hielt sich ein jeder dieser großen Männer nur an eine von beiden>Sensifizierung>Verknüpfung>ganz verschiedene>und was der transzendentale Grund dieser Einheit sei«, unserer Erkenntnis verborgen. Wenn, wie es Kant voraussetzt, das >>Geheimnis des Ursprungs unserer Sinnlichkeit>SO gar uns selbst nur durch innern Sinn, mithin als Erscheinung, kennen«100, so ist zugleich auch das transzendentale Subjekt der Erkenntnis entzogen, in dem die Erkenntnisquellen notwendig verknüpft sein sollen. Kants Resümee fällt denn auch vergleichsweise dürftig aus: die Kritik der Reflexionsschlüsse bestätige, >>daß, obgleich Erscheinungen nicht als Dinge an sich selbst unter den Objekten des reinen Verstandes mit begriffen sein, sie doch die einzigen sind, an denen unsere Erkenntnis objektive Realität haben kann, nämlich, wo den Begriffen Anschauung entspricht« 101 .
5. Die vergessene Reflexivität der Bedingungen Die transzendentale Reflexion bleibt insgesamt in der Topik erstarrt. Sie ist nachgängige Reflexion auf ein vorausgesetztes Bedingungsgefüge im wirklichen Erkenntnisgeschehen, welches sich in unvermittelten Vermögen und undurchschaubaren Bedingungen präsentiert. Auf der anderen Seite geht die transzendentale Reflexion über das bloße Aufnehmen von Voraussetzungen dadurch hinaus, daß sie die Frage nach dem wirklichen Zusammenhang des Erkenntnisgeschehens stellt. Kant beantwortet diese Frage aber nicht im Blick auf den Prozeß der Erkenntnis, sondern im Blick auf einen Grund seiner Einheit. Er setzt diesen Einheitsgrund (wenigstens problematisch) in die Subjektivität selbst als Reflexionsinstanz. Dabei gerät Kants Argumentation in eine eigentümliche Schieflage. Während die Konzeption transzendentaler Subjektivität die Verknüpfung der Erkenntnisquellen sichern soll, bleibt das transzendentale Objekt als bloßes Noumenon, mit dem der Verstand die Sinnlichkeit auf Erscheinungen restringiert, für die Reflexion unterbestimmt. Die Bestimmung der Subjektivität als unmittelbarer Reflexionsinstanz, unabhängig von der Vermitteltheit ihrer eigenen Reflexion, schließt die Vermittlungen aus, die sich hinter dem Rücken der transzendentalen Subjektivität ereignen. Diese Vermittlungen scheinen dort auf, wo das transzendentale Objekt, wenn auch als bloß äußerlich bleibende Voraussetzung, ins Spiel kommt. Kants weitgehendem Absehen von ihm wurde in der Kant-Rezeption vielfach darin gefolgt, Ebd., 333. Ebd., 334. 101 Ebd., 335.
99
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I. Aufklärung und Reflexion · Kant
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daß es als konzeptionell ornamental abgetan wurde und damit zugleich ein Problemzusammenhang aus dem Blick geriet, der für die spätere idealistische Kritik und Überbietung Kants von herausragender Bedeutung war: daß in der Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit objektiv gültiger Erkenntnis nicht nur die Einheit des Subjekts (das in der transzendentalen Reflexion als Einheit - wie immer sie auch zu bestimmen sei- von heterogenen Erkenntniskräften anzusetzen ist) erfragt wird, sondern ebenso die Einheit von Subjekt und Objekt. Wenn Kant das >>Geheimnis des Ursprungs unserer Sinnlichkeit« in ihrer Beziehung auf ein transzendentales Objekt tendenziell in die Subjektivität zurückverlagert, so liegt dieser einseitigen Wendung der Problemstellung das stillschweigende Eingeständnis zugrunde, daß die Subjektivität sich als Subjektivität im Abstoß von dem Ansich des Objekts bestimmt. Dies hat Folgen für die Subjektivität selbst, denn indem sie diese sie als Subjektivität bedingende Reflexivität aus ihrem Erkennen ausschließt, ist sie sich selbst in ihrem Grund verborgen. Als in sich grundlos bleibt das transzendentale Subjekt mitsamt seinen Erkenntnisleistungen ein Zufälliges in dem Sinne, daß die Einheit des Ich als Bedingung der Erkenntnis mit den Mitteln der Erkenntnis nicht begründet werden kann. Ist ohne die >>Harmonie zwischen dem Verstande und der Sinnlichkeit [ ... ] keine Erfahrung möglich«, so ist doch kein Grund anzugeben, >>warum wir gerade eine solche Art der Sinnlichkeit und eine solche Natur des Verstandes haben, durch deren Verbindung Erfahrung möglich wird; noch mehr, warum sie, als sonst völlig heterogene Erkenntnisquellen [ ... ] doch so gut immer zusammenstimmen, als wenn die Natur für unsere Fassungskraft absichtlich eingerichtet wäre; dieses konnten wir nicht (und das kann auch niemand) weiter erklären>Apologie>unnachlaßliche Forderung der Vernunft>Kritik der UrteilskraftKritik der reinen Vernunft« thematisch, wo Kant das Schema als >>Vermittelnde Vorstellung>ein Drittes [ ... ] , was einerseits mit der Kategorie, andererseits mit der Erscheinung in Gleichartigkeit stehen muß, und die Anwendung der ersteren auf die letzte möglich macht. Diese vermittelnde Vorstellung muß rein (ohne alles Empirische) und doch einerseits intellektuell, andererseits sinnlich sein. Eine solche ist das transzendentale Schema« 106 • Die Funktion des Schemas besteht darin, >>einem Begriff sein Bild zu verschaffenBild>Produkt des empirischen Vermögens der produktiven Einbildungskraftein Monogramm der reinen Einbildungskraft a priori>die Einheit alles Mannigfaltigen der Anschauung in dem inneren Sinne, und so indirekt auf die Einheit der Apperzeption [ ... ]. Also sind die Sehemate der reinen Verstandesbegriffe die wahren und einzigen Bedingungen, diesen eine Beziehung auf Objekte, mithin Bedeutung zu verschaffen, und die Kategorien sind daher am Ende von keinem andern, als einem möglichen empirischen Gebrauche, indem sie bloß dazu dienen, durch Gründe einerapriorinotwendigen Einheit (wegen der notwendigen Vereinigung alles Bewußtseins in einer ursprünglichen Apperzeption) Erscheinungen allgemeinen Regeln der Synthesis zu unterwerfen>Produkt>Vorstellung [ ... ] von einem allgemeinen Verfahren der Einbildungskraft Zeitbestimmungen a priori nach RegelnVerknüpfung>Ais-ob«-Teleologie verfährt die Urteilskraft transzendental-reflektierend, d. h. nicht bestimmend, sondern sich selbst in Ansehung empirischer Gesetze ein Gesetz gebend, worunter diese zur Einheit gebracht werden können. Der durchgängige Zusammenhang empirischer Erkenntnisse in einem Ganzen der Erfahrung, um den es dabei zu tun ist, setzt die konkrete Einheit des Erkenntnisprozesses voraus, denn er bezieht sich im Erkennen auf Resultate des Erkennens, um dadurch Regeln des Erkennens zu gewinnen. Im Sinne solcher Reflexivität nach dem Vorgang des Schematismus-Kapitels ist der Gegenstand des Erkennens zugleich Mittel des Erkennens als angeeigneter bzw. durch Aneignung umgeformter. Dadurch wird derjenige Bereich empirischen Wissens in die Allgemeinheit der Erkenntnis aufgenommen, welcher sich der Bestimmung durch den Verstand entzieht. Der Sache nach handelt es sich um das Problem, das Leibniz' Theorie der kontingenten Wahrheiten zugrundelag. Die besonderen, empirischen Gesetze der Natur müssen in Ansehung dessen, was in ihnen durch die allgemeinen Naturgesetze des Verstandes »unbestimmt« gelassen würde, >>nach einer solchen Einheit betrachtet werden [ ... ] , als ob gleichfalls ein Verstand [ ... ] sie zum Behuf unserer Erkenntnisvermögen, um ein System der Erfahrung nach besonderen Naturgesetzen möglich zu machen, gegeben hätte« 114 • Die Urteilskraft sichert die Einheit und Einheitlichkeit der Erfahrung, indem sie (1) subjektiv die Angemessenheit der Erkenntnisvermögen zu diesem Zweck in der konkreten Einheit des Erkenntnisprozesses und (2) objektiv (im Sinne der >>Als-ob«-Teleologie) den Erkenntnisgegenstand als zweckmäßig für die Erkenntnis beurteilt. Sie setzt die Zweckmäßigkeit des Gegenstandes als Regel der Erkenntnis voraus, wie sie umgekehrt die Zweckmäßigkeit der Erkenntnisvermögen voraussetzt. Als besonderes, d. h. unselbständiges Erkenntnisvermögen115 ist sie auf ein anderweitig Gegebenes verwiesen, d. h. sie erfüllt ihre Aufgabe in der Bewertung des Erkenntnisgeschehens und seiner Resultate. Diese Bewertung bleibt zwar ein theoretisches (urteilendes) Verhalten, bildet aber zugleich die Grundlage, um das praktische Verhalten aus der Kausalität nach dem Freiheitsbegriff (wie ihn die Kritik der praktischen Vernunft expliziert) mit der Naturkausalität zu verbinden, d. h. >>die Kausalität der Naturdinge zu einer Wir-
114
115
KdU B, XXVII. Vgl. KdU, Einleitung, 1. Fassung, H 7.
I. Aufklärung und Reflexion · Kant
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kung, gemäß ihren eigenen Naturgesetzen, zugleich aber doch auch mit dem formalen Prinzip der Vernunftgesetze einhellig, zu bestimmen>höchsten Punkt, an dem man allen Verstandesgebrauch, selbst die ganze Logik, und, nach ihr, die Transzendental-Philosophie heften muß>Ich denke« eine »unbestimmte empirische Anschauung, d. i. Wahrnehmung,>mithin beweist er doch, daß schon Empfindung, die folglich zur Sinnlichkeit gehört, diesem Existentialsatz zum Grunde liege>höchste Punkt>Novum Organon>mit einem Schein von Gründlichkeit, zu vernünfteln, oder wortreich zu schwatzen« 119 • Andererseits setzte Kant den Maßstab eines neuen Verständnisses von Dialektik. Ihre negative Bewertung als illusio wird dadurch unterlaufen, daß der Schein als vernunftnotwendig erkannt wird. Diese Notwendigkeit des Scheins macht eine Dialektik unabweislich, die als Kritik das Täuschende des Scheins aufdeckt, ohne ihn damit vernichten zu können. Kants Gliederung der >>Kritik der reinen Vernunft>Organon>Wahrheit, aber durch unzureichende Gründe erkannt, deren Erkenntnis also zwar mangelhaft, aber darum doch nicht trüglich ist, und mithin von dem analytischen Teil der Logik nicht getrennt werden muß>Dialektik>natürlichen und unvermeidlichen Illusion zu tun, die selbst auf subjektiven Grundsätzen beruht, und sie als objektive unterschiebt>spekulative Vernunft in ihrem transzendentalen Gebrauche ist an sich dialektisch>Kritik der reinen Vernunft>Organon>drei Titeln aller transzendentalen Ideen>Titel« können als Loci der transzendentalen Dialektik angesehen werden. Sofern sie nicht der empirischen Synthesis des Verstandes in der Reihe der Erscheinungen entspringen, sondern >>ein reines und echtes Produkt, oder Problem, der reinen Vernunft« 128 sind, ist die transzendentale Dialektik als Topik keine Logik des Wahrscheinlichen, sondern eine Logik des Problematischen, die sich in dem Aufweis der Unabweislichkeit des Problemcharakters des von ihr Indizierten erschöpft. Die Ideen selbst sind nichts anderes als problematische Begriffe, die in unauflöslichen Antithesen gefangen bleiben. In der Antithetik der (psychologischen) Paralogismen, (kosmologischen) Antinomien und (theologischen) Ideale zeigt sich, Kant zufolge, die Unmöglichkeit, im Schluß von dem Bekannten und Erkennbaren (d. h. Bedingten) auf das Unbekannte (d. h. das Bedingende als das Unbedingte) zu einer Erweiterung der Erkenntnis der Realität an sich fortzuschreiten. Damit wird der traditionelle Begriff einer topischen Dialektik als ars inveniendi zurückgewiesen und eine prinzipielle Grenze objektiv gültigen Wissens behauptet. Indem die dialektische Opposition der widersprechenden Sätze sich logisch nicht auflösen läßt, d. h. nicht die Wahrheit des einen gegenüber dem anderen erwiesen werden kann, können beide (wie z. B. in den mathematischen Antinomien) als falsch bzw. (wie in den dynamischen Antinomien) als richtig angesehen werden. Die Gegen-Sätze der dialektischen Oppositionen zielen auf etwas, das in der Erfahrung nicht vorkommt und mithin kein Gegenstand objektiv gültigen Wissens sein kann. Weil aber die Einsicht in die Bedingtheit eine Beziehung auf das Unbedingte als ihr Bedingendes unabweisbar macht, ist es für die Vernunft eigentümlich und notwendig, über die Grenze der Erfahrung hinauszugehen und auf eine absolute Totalität der Synthesis der Bedingungen im Unbedingten zu zielen. In der >>Kritik der reinen Vernunft« ist dies die Synthesis der Bedingungen eines Gedankens überhaupt, des empirischen und reinen Denkens; in der >>Kritik der praktischen Vernunft« die Totalität der Bedingungen zu einem gegebenen Bedingten und in der >>Kritik der Urteilskraft« die Bedingung der Prinzipien der Kritik des Geschmacks. In allen Fällen geht es darum, die Totalität der Vernunft als Einheit ihrer Momente im Rückgang auf ihren Grund zu erfassen. Weil aber ein objektives Wissen dieses Grundes nicht statthaben kann, vermag die Vernunft das Bedingende des Bedingtseins im Unbedingten nicht zu geben, sondern nur als Problem aufzugeben, welches in problematischen Begriffen (Ideen) bestehen bleibt. Die Ideen sind Schein, sofern sie über die Erschei127 128
Vgl. ebd .• 390ff. Ebd., 392.
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I. Aufklärung und Reflexion · Kant und Fichte
nung hinausgehen zu dem abgespaltenen Territorium des Ansieh, an dessen Verschlossenheit für die Erkenntnis die Vernunft abprallt und sich als subjektive reflektiert. Der Schein der transzendentalen Dialektik ist die Reflexion des Bedingten am Unbedingten, und er ist notwendiger Schein, sofern das Bedingte als bedingte Subjektivität sich allererst in der Beziehung auf ein Unbedingtes zu erfassen vermag. Nun ist es aber nicht das In-sich-reflektiert-Sein von Bedingendem (Unbedingtem) und Bedingten, das Kant zum Thema seiner Dialektik macht; er faßt vielmehr den Schein als notwendiges Produkt einer bloß subjektiven, äußerlichen Reflexion auf, die bei dem Versuch der Vernunft, sich als Totalität zu erfassen, mit der Erscheinung die Grenze objektiv gültigen Realitätsbezugs überschreitet. Dem liegt eine implizite Unterscheidung des die Erscheinungen bedingenden Ansich und des bedingenden Unbedingten zugrunde. Dasjenige, was in der Beziehung auf das Unbedingte zu erscheinen scheint, hat nicht den Charakter eines Erscheinenden, sondern ist Scheinen der Subjektivität in sich. Der notwendige, dialektische Schein ist nicht der negative Vorschein eines Unbedingten, sondern Reflex des Bedingten (der Subjektivität) in sich. Hatte die transzendentale Topik die Reflexionsbegriffe hinsichtlich ihres Sitzes im Erkenntnisvermögen und dort letztlich als (logisches) Verstandesobjekt und Erscheinung unterschieden, so unterscheidet die dialektische Topik in letzter Konsequenz die problematischen Begriffe (Ideen) hinsichtlich ihres Geltungsanspruchs für Erscheinungen und Dinge an sich. Als regulative, nicht konstitutive Prinzipien sind sie der Vernunft immanent, ohne sich auf ein außer ihr Liegendes zu beziehen. Nur nebenbei sei bemerkt, daß die vier >>Titelsich etwa in der Zukunft entdecken, daß das unmittelbar gewisseste: Ich bin, auch nur für das Ich gelte, daß alles Nicht-Ich nur für's Ich sey [ ... ]: so würde daraus hervorgehen, daß ein Ding an sich [ ... ] wirklich und an sich so beschaffen sey, wie es von jedem denkbaren intelligenten Ich, d. i. von jedem nach dem Satze der Identität und des Widerspruchs denkenden Wesen gedacht werden müsse; daß mithin die logische Wahrheit für jede der endlichen Intelligenz denkbare Intelligenz zugleich real sey, und daß es keine andre gebe, als jene« 129 . Das Ansich wird zur leeren Abstraktion eines Denkens, das davon absieht, daß es, um zu denken und denkend zu abstrahieren, schon immer um sich als Denken wissen muß. Dieses Selbstbewußtsein ist für die Reflexivität des Erkennenden und Erkannten das eigentlich Begründende und Bedingende. Was bei Kant als bloße Subjektivität der Vernunft erschien, wird nun emphatisch zum absoluten Ich aufgewertet: >>so viel wir uns das Selbstbewußtseyn Gottes denken können, ist Gott selbst für Gott subjectiv>Idee der Gottheit« will die Synthesis aller empirischen Entgegensetzung, d. h. absolute Synthesis: >>Ein Ich, das durch seine Selbstbestimmung zugleich alles Nicht-Ich bestimme« 131 • Diese absolute Synthesis freilich ist empirisch-endlich nicht vollziehbar, sondern nur als unendliches Streben, bei dem durch das >>intelligente Ich«- d. h. das empirische Ich- >>das Ziel desselben außer ihm vorgestellt wird«, welche Vorstellung als Glaube (an Gott) qualifiziert ist, aber darum nicht als »wahrscheinliche Meynung«, sondern unmittelbar gewiß wie das >>Ich bin« 132 • Im Blick auf Kants Theorie der Dialektik und besonders die Funktionen des transzendentalen Ideals und des Postulates Gottes heißt dies, daß ihnen weder 129 130 131 132
AA 1, 2, 62. Ebd., 66. Ebd., 65. Ebd.
I. Aufklärung und Reflexion · Kant und Fichte
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der Charakter des Wahrscheinlichen nach den Regeln der aristotelischen Topik, noch des Problematischen nach den Regeln der Kantischen Dialektik zukommt, sondern der Status unmittelbarer Gewißheit eines Unmittelbaren. Dieses liegt als absolute Synthesis der reflektierenden Tätigkeit zugrunde, kann von ihr aber auf dem Wege der Reflexion nicht erlaßt werden. Fichte selbst verweist auf die Identität dieser Gewißheit mit der intellektuellen Anschauung des Ich. Das Ich ist in der intellektuellen Anschauung, >>weil es ist, und ist, was es ist; so ist es insofern sich selbst setzend, schlechthin selbstständig, und unabhängig« 133 • Diese Autonomie des (absoluten) Ich freilich wird konterkariert durch das Bedingtsein des Ich im empirischen Bewußtsein, das in einer Beziehung auf Intelligibles steht. Sofern das Unbedingte der intellektuellen Anschauung als Voraussetzung der Reflexionsleistungen des Ich als Intelligenz (des empirischen Ich) für dieses unabweisbar ist, steht es in einem Widerspruch von Bedingen und Bedingtsein, Selbständigkeit und Unselbständigkeit, Freiheit und Abhängigkeit. Hieraus resultiert das Streben, >>das Intelligible von sich selbst abhängig zu machen, um dadurch das, dasselbe vorstellende Ich, mit dem sich selbst setzenden Ich zur Einheit zu bringen« 134 - und dies ist die praktische Vernunft als das Praktischsein der Einen Vernunft in der (unendlichen) Vereinigung des reinen und empirischen Ich. Unter der Voraussetzung des Unmittelbaren im Wissen wird die topische Dialektik als Logik des Problematischen durch einen dynamischen Reflexionsbegriff als Logik einer sich praktisch realisierenden Vernunft abgelöst. Das Unbedingte im Wissen, wie es als absolutes Ich modelliert wird und durch die intellektuelle Anschauung einsehbar sein soll, ist zugleich das antizipierte Ziel eines Prozesses, in dem theoretische und praktische Vernunft in eins aufgehoben sind. Die Verschmelzung von theoretischer und praktischer Vernunft ist auch als Konsequenz der Ablösung von der (topischen) Dialektik Kants aufzufassen. Dieser hatte in den dynamischen Antinomien einen Widerspruch von Freiheit und Determiniertheit aufgestellt, in dem sich das Verhältnis von theoretischer und praktischer Vernunft innerhalb der theoretischen Vernunft reproduzierte, und indem beide Sätze im regulativen Gebrauch wahr sein konnten, verwies die theoretische auf die praktische Vernunft. Die Eliminierung der problematischen Denkfigur durch die unmittelbare Gewißheit eines Geglaubten, d. h. Antizipierten, wie Fichte sie vornimmt, gibt dieser Antinomie Realität im Widerstreit des Endlichen und erzeugt daraus das treibende Motiv einer praktischen Synthesis, in der sich beide Seiten des Widerspruchs bewegen können. Hierin allerdings wiederholt Fichte, wenn auch auf einer wesentlich veränderten Grundlage, den bei Kant präformierten dialektischen Dreischritt von thesis, antithesis und synthesis, wobei - wie auch bei Kant - die Synthesis keine reelle ist, welche die Widersprüche in sich aufhebt und >>löst«, sondern nur die Form, unter der aufgrundder 133 134
Ebd. Ebd.
System aus einem Grundsatz
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Anerkennung des Widerspruchs momentane Verträglichkeitsbedingungen der einander ausschließenden Seiten formuliert werden können. Im Unterschied zu Kant freilich werden diese Verträglichkeitsbedingungen nicht in besonderen, auf der Landkarte der Vernunft aufzufindenden Vermögen fixiert, sondern als Momente eines Reflexionsgeschehens bestimmt, in dem sich der Widerspruch ebenso partielllöst wie er sich auch immer wieder erneuert und darin unendlich macht. 3. System aus einem Grundsatz Mit dieser Konsequenz ist die Rationalität in die des absoluten Ich in seiner Unmittelbarkeit einerseits und die des empirischen Ich als Moment einer in sich widersprüchlichen Reflexions-Einheit andererseits auseinandergetreten. Gleichwohl beansprucht Fichte eine im obersten Grundsatz der »Wissenschaftslehre« begründete systematische Kohärenz, welche das Problem der Vermittlung der Rationalität in sich aufgibt. Dieser Anspruch wird von Fichte in seiner Schrift »Ueber den Begriff der Wissenschaftslehre oder der sogenannten Philosophie« 135 in aller Deutlichkeit formuliert. Er knüpft dabei unmittelbar an Kar! Leonhard Reinhold an, der den unendlichen Regreß des Begründens in einem Prinzip als >>Fundament des philosophischen Wissens« auffangen und von dorther »Philosophie als strenge Wissenschaft>aus dem der menschliche Geist nie herausgehen kann«: >>Wenn der Satz X erster höchster und absoluter Grundsatz des menschlichen Wissens ist, so ist im menschlichen Wissen ein einiges System [ ... ]: Da nun im menschlichen Wissen ein einiges System seyn soll, so ist der Satz X, der wirklich (laut der aufgestellten Wissenschaft) ein System begründet, Grundsatz des menschlichen Wissens überhaupt, und das auf ihn gegründete System ist jenes einige System des menschlichen Wissens>daß das menschliche Wissen völlig grundlos seidaß es überhaupt keine unmittelbare, sondern nur vermittelte Wahrheit gebe - und ohne etwas, wodurch sie vermittelt wird«i42. Der Zirkel bezeichnet eine systematische Grundfigur des Fichteschen Idealismus: er ist Ausdruck der Unmittelbarkeit des obersten Grundsatzes, welche verlangt, daß die Gewißheit des Wissens in ihrer systematischen Entfaltung als Totalität des Wissens unmittelbar bei sich bleibt. Dem scheint entgegenzustehen, daß das Handeln aus Freiheit, wie es die Wissenschaftslehre aufstellt, in den besonderen Wissenschaften bestimmt wird. Diese Bestimmtheit freilich bleibt dem 139 140 141 142
Vgl. ebd., 129 f. Ebd., 131. Ebd., 133. Ebd.
Unmittelbarkeit und Reflexion
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System des Wissens äußerlich, denn der »Gegenstand dieser freien Handlungen könnte nun kein andrer seyn, als das durch die Wissenschaftslehre überhaupt gegebene Nothwendige, da nichts vorhanden ist, das sie nicht gegeben hätte, und es überall nichts giebt, als das Nothwendige>der Freiheit ihre Bestimmung« 144 ; sie ist das Feld, auf dem sich die vorausgesetzte Unmittelbarkeit als Freiheit realisiert und darin bestimmt. So besteht die Naturwissenschaft als Vergleichung der in der Erfahrung gegebenen Gegenstände mit den in unserem Geiste gegebenen Naturgesetzen durchgängig aus Experimenten, >>die man sich willkürlich aufgiebt, und denen die Natur entsprechen kann oder nicht« 145 . Zwar steht im Experiment die Urteilskraft unter einer Regel- der der Vergleichung -, aber diese Regel ist nur die Bestimmung der Freiheit im an sich freien, d. h. willkürlichen Experiment. Im Experiment sucht die Freiheit aus freien Stücken ihre Bestimmung, und darum bleibt sie darin auch auf unendliche Weise frei, sich als Freiheit in der unendlich fortgehenden >>Perfektibilität des menschlichen Geistes« 146 zu realisieren. 4. Reflexion als Repräsentation eines Unmittelbaren Diese Struktur wird in der Betrachtung des Verhältnisses von Wissenschaftslehre und Logik als einer besonderen Wissenschaft 147 näher als Reflexion bestimmt. Logik ist Abstraktion, d. h. >>freie Absonderung der bloßen Form vom Gehalte«148, wodurch die Form als Form Gehalt der Logik wird und dieser Gehalt wieder unter die Form der Wissenschaftslehre gestellt wird: >>Diese zweite Handlung der Freiheit, durch welche die Form zur Form der Form selbst, als ihres Gehalts wird, heißt Reflexion« 149. Dieser Begriff der Reflexion ist, wie Fichte durch zahlreiche Hinweise deutlich macht, an Kants Begriff der reflektierenden Urteilskraft orientiert, die das Besondere als enthalten im Allgemeinen nach teleologischen Prinzipien denkt. Vor diesem Hintergrund ist Reflexion das Nachgängige einer Abstraktion, in der das Besondere aus dem Zusammenhang des Allgemeinen isoliert wurde; das Tun der Reflexion besteht dann darin, dieses Besondere wiederum auf das Allgemeine zu beziehen. Unter der Voraussetzung einer ursprünglichen, notwendigen Einheit des Wissens heißt dies, daß Reflexion schon immer ein Produkt der Trennung von jener ursprünglichen Einheit ist; hierin ist die für die Philosophie des deutschen Idealismus folgenreiche Gleich-
143 144 145 146
147 148 149
Ebd., 134. Ebd. Ebd., 136. Ebd. AA 1, 2, 137. Ebd., 138; 2. Auflage. Ebd.
68
I. Aufklärung und Reflexion · Kant und Fichte
setzung von >>Reflexion>Trennung/Entgegensetzung>vor unserem Wissen>Wenn alle diese Handlungen unter sich zusammenhangen, und unter allgemeinen, besondern und einzelnen Gesetzen stehen, für die etwanigen Beobachter auch ein System vorhanden>in so fern sie eine systematische Wissenschaft seyn soll, gerade so, wie alle möglichen Wissenschaften, in so fern sie systematisch seyn sollen>welche letztre hier insbesondre bestimmt ist, die Handlungsart des menschlichen Geistes überhaupt zum Bewußtseyn zu erheben>an sich Form ist, [ ... ] als Gehalt in eine neue Form die Form des Wissens, oder des Bewußtseyns aufgenommen>von aller Vermischung rein aufgestellt>unzertrennlich verbunden>Soll die nothwendige Handlungsart des menschlichen Geistes an sich in die Form des Bewußtseyns aufgenommen werden, so müßte sie schon als solche bekannt seyn, sie müßte mithin in diese Form schon aufgenommen seyn, und wir wären in einem Zirkel eingeschlossenin so fern sie nach Gesetzen vorgenommen wird [ ... ] auch zu den nothwendigen Handlungen des menschlichen Geistes>nur ein negativer Beweiß, der bloße Wahrscheinlichkeit begründet>absolut gewiß und infallibel>aber nie darf man auf Infallibilität Anspruch machen>höchste und absoluterste Handlung des Philosophen, als solchenauch nur ein Vorstellen seyn werdeweil sich die Vorstellung vollkommen erschöpfen läßt, und ihr Verfahren durchgängig nothwendig ist; mithin einen letzten Grund seiner Nothwendigkeit haben muß, der als letzter Grund keinen höhern haben kann>ElementarphilosophieVersuch einerneuen Theorie des menschlichen Vorstellungsvermögens>Über den Begriff der Wissenschaftslehre« vorgetragen wurde, hatte die transzendentalphilosophisch-kritizistische Erkenntnisrestriktion auf die nicht mit letzter Gewißheit auszuschließende Fallibilität der Darstellung im einzelnen heruntergeschraubt. Hieran wurde die Durchführung der Wissenschaftslehre von den Zeitgenossen allererst gemessen.
160 161
Vgl. z. B. Hartkopf 1967; Radermacher 1968; Harnmacher 1980. Lauth 1988.
II. UNMITTELBARKEIT UND REFLEXION
Fichtes Wissenschaftslehre setzte Prozesse in Gang, die sogleich über sie hinaustrieben. Auf dieser Wirkung beruht die gängige Genealogie »von Kant zu Hegel>vormaligen« Metaphysik konfrontiert. So konnten auf diesem theoretischen Feld auch Positionen mit den Ergebnissen einer Fichte-Kritik konvergieren, die sichwie diejenigen Schleiermachers und zum Teil auch Friedrich Schlegels - nicht einem >>Fichte-Erlebnis« verdankten. Daß dabei Fichteseigene Intentionen vielfach auf der Strecke blieben, kann kaum überraschen. 3 Gleichwohl hilft es im Blick auf die Diskussionszusammenhänge der Epoche wenig, den Rezipienten ein Mißverstehen der Intentionen nachzuweisen, 4 ging es ihnen doch vor allem um den Anspruch der Wissenschaftslehre auf systematische Kohärenz, den Fichte selbst zeitlebens in der Überzeugung vorgetragen hatte, die Kantische Vernunftkritik vollendet und auf festen Boden gestellt zu haben. Diese Selbststilisierung wurde weithin akzeptiert - selbst dort, wo der transzendentalphilosophische Ansatz insgesamt aus systematischen Gründen als überwunden galt- und bildete eine notwendige Quelle von Mißverständnissen. Diese konnten sich gleichwohl an Zweideutigkeiten der Wissenschaftslehre in ihrer ursprünglichen Fassung festmachen, welche Fichte selbst zu immer neuen Darstellungsversuchen veranlaßten, die schließlich auf die radikal veränderte Konzeption eines ichlosen Absoluten führten. Fichtes Versuch einer prinzipientheoretischen Radikalisierung Kants erwies sich als Sprengsatz an der transzendentalphilosophischen Restriktion des Erkennens, die Kant zum Angelpunkt seiner kritischen Bemühungen gemacht hatte. Damit aber schlug in der Wirkung Fichtes Kantkritik auf das Projekt der Wissenschaftslehre zurück. Die systematische Verknüpfung heterogener Erkenntnisvermögen durch die Philosophie aus einem Prinzip rückte die Einheit der Momente des wirklichen Erkenntnisprozesses in den Blick und ineins damit dasjenige, was von Kant im Jenseits der Erscheinungen gelassen worden war. Fichtes erste Fassung der Wissenschaftslehre wurde sogleich als Entgrenzung des Erkennens gegenüber Kant verstanden. Als ein prominenter Beleg mag der Kroner 1921.1924. Vgl. z. B. Hegel: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, ed. Jaeschke, Teil4, 149ff.; Schelling: Zur Geschichte der neuern Philosophie, Werke 1, 10, 1-200; F. H. Jacobi an Fries, 26.11.1807, in: Henke 1937, 310f. 3 Vgl. -im Blick auf Hegel - Beyer 1962; Girndt 1965; Siep 1970. 4 Vgl. Lauth 1987. I
2
74
II. Unmittelbarkeit und Reflexion · Fichtes Wissenschaftslehre
vielzitierte Brief Hölderlins an Hege! vom 26. 1. 1795 dienen: >>Fichtens spekulative Blätter- >Grundlage der gesamten Wissenschaftslehreeigentliche, höchste, alle andere Aufgaben unter sich enthaltende Aufgabe>wie das Ich auf das Nicht-Ich; oder das Nicht-Ich auf das Ich unmittelbar einwirken könne, da sie beide einander völlig entgegengesezt seyn sollendurch einen absoluten Machtspruch der Vernunft [ ... ]-durch Den: es soll, da das Nicht-Ich mit dem Ich auf keine Art sich vereinigen läßt, überhaupt kein Nicht-Ich seynder Knoten zwar nicht gelös't, aber zerschnitten würdeBeides soll Eins, und eben dasselbe seyn; das heißt kurz: [ ... ] Unendlichkeit und Begrenzung sind in Einem und eben demselben synthetischen Gliede vereinigt>selbst, und zwar bloß als thätiges, eins der Zusammentreffendenin das unendliche>den Grund der Möglichkeit der objektiven Komparation der Vorstellungen unter einander>Ich denke« alle Vorstellungen muß begleiten können, nicht aufzeigen konnte. Demgegenüber fragt Fichte nach dem Grund der Möglichkeit des Vergleichens und Unterscheidens, d. h. der Komparation überhaupt, in der unmittelbaren Einheit des Ich. Indem Fichte die spekulativ begründete Einheit des Erkenntnisgeschehens schon in der Tathandlung als Geschehen zum Leitproblem machte, verflüssigte er das Kantische Tableau der Erkenntnisvermögen im Sinne einer genetischen Rekonstruktion ihrer Einheit im Erkenntnisprozeß. Dabei kommt Fichte mit Kant jedoch darin überein, diese Einheit nicht in wirklichen Erkenntnisprozessen aufzusuchen, sondern in der Reflexion auf die Bedingungen der Möglichkeit objektiv gültigen Erkennens und Tuns. Dies führt dazu, daß die aus ihrer Erstarrung befreite Reflexion wiederum in die vorausgesetzte Unmittelbarkeit eines Grundsatzes verbannt wird, in welchem sie in der toten Unruhe des Setzens als Tathandlung um sich selbst oszilliert, ohne die Vermittlungen leisten zu können, für die sie einsteht.
6. Einbildungskraft Daß die Tätigkeit selbst, als Tätigkeit, unmittelbar gesetzt wird und damit an die Stelle der Kantischen Vermögen rückt, wiederholt sich auch auf der Ebene der unendlichen Entgegensetzung im theoretischen Wissen. Sofern die Antinomie des Bestimmtwerdens und Bestimmens in der unendlichen Tätigkeit des Ich durch eine Verträglichkeitsbedingung zum Widerstreit herabgestuft worden ist, kann dieser selbst als ein Vermögen deklariert werden, nämlich als das Vermögen der Einbildungskraft: >>Dieser Wechsel des Ich in und mit sich selbst, da es sich endlich, und unendlich zugleich sezt - ein Wechsel, der gleichsam in einem Widerstreite mit sich selbst besteht, und dadurch sich selbst reproducirt, indem das Ich unvereinbares vereinigen will, jezt das unendliche in die Form des endlichen aufzunehmen versucht, jezt, zurückgetrieben, es wieder ausser derselben sezt, und in dem nemlichen Momente abermals es in die Form der Endlichkeit aufzunehmen versucht - ist das Vermögen der Einbildungskraft>Die Einbildungskraft ist ein Vermögen, das zwischen Bestimmung, und Nicht-Bestimmung, zwischen Endlichem, und Unendlichem in der Mitte schwebt [ ... ]. Ienes Schweben eben bezeichnet die Einbildungskraft durch ihr Produkt; sie bringt dasselbe gleichsam 67
AA 1, 2, 359.
92
II. Unmittelbarkeit und Reflexion · Fichtes Wissenschaftslehre
während ihres Schwebens, und durch ihr Schweben hervor« 68 • Produkt der Einbildungskraft ist das Setzen der Grenze als »Produkt des Auffassenden im, und zum Auffassen, (absolute Thesis der Einbildungskraft, die insofern schlechthin produktiv ist)«69 • Dies gilt aber nur dann, wenn an der unmittelbaren Sichselbstgleichheit des Ich fraglos festgehalten wird; diese aber hatte die Schwierigkeiten erst hervorgebracht, die hier durch das Konzept der produktiven Einbildungskraft gelöst werden sollen. Das Problem selbst wird zu seiner Lösung erklärt. Im Unterschied zur absoluten Thesis gelten Antithesis und Synthesis der Einbildungskraft nicht als produktiv, sondern als >>reproduktiv«. Der Dreischritt von Thesis, Antithesis und Synthesis wiederholt insgesamt noch einmal die Folge der Grundsätze der Wissenschaftslehre, aber so, daß jetzt das Sich-Bestimmen des Ich im Setzen ein abkünftiger Modus des Sich-als-setzend-Setzen des Ich im ersten Grundsatz ist und durch ihn, als Bedingung der Möglichkeit des Setzens, beglaubigt wird. In diesem abkünftigen Setzen sind Produzieren und Produkt, Setzen und Gesetztes nicht unmittelbar identisch, sondern es ist ein vom Produzieren abhebbares Produkt vorhanden. Die Antithesis der Einbildungskraft fixiert dieses in der Entgegensetzung zum Produzieren (der Thesis). Als Reflexion auf ein Vorgängiges - Produzieren und Produkt - ist sie reproduktiv. Das heißt: Entgegensetzung ist Reproduktion der Identität unter entgegengesetzten Vorzeichen. In dieser Antithesis aber sind Identität und Entgegensetzung, Beisich-selbst-Sein und Beziehung auf Anderes amphibolisch geworden; es bedarf einer besonderen Beglaubigung dafür, daß nicht die Identität der Schein, nicht die Thesis reproduktiv sei, und diese Beglaubigung ist die Synthesis der Einbildungskraft, die beide, Thesis und Antithesis, so vereinigt, daß >>jene produktive Thätigkeit dem Ich zugeschrieben werden soll« und dabei »die Begrenzenden selbst in der Grenze zusammengefaßt«70 werden. Die Synthesis erst schreibt dem Ich die produktive Tätigkeit zu und definiert ineins damit sich (und die Antithesis) als bloß reproduktive Momente der Einbildungskraft. Liest man Fichtes Konzept der Einbildungskraft grundsätzlicher, im Blick auf den Zusammenhang der Grundsätze der Wissenschaftslehre, so wäre damit die anfängliche, unmittelbare Identität in ihrer Unmittelbarkeit ein gleichgültiges Prinzip, gleich geltend (und verwechselbar) mit dem der unvermittelten Entgegensetzung. Erst durch die vermittelnde Bewegung der Synthesis könnten beide aus der Gleichgültigkeit heraustreten und ihre Geltung als Grundsätze bewähren. Diese vermittelnde Bewegung vollzieht die produktive Einbildungskraft, aber nur auf eine scheinhafte Art. Die zirkuläre Bewegung der Reproduktion läßt die ursprüngliche Unmittelbarkeit als unvermittelte Voraussetzung stehen. Die scheinhafte Vermittlung fällt daher unmittelbar in die gleichgültige Entgegensetzung zurück. Sie vereinigt das Setzen der Grenze und das Entgegengesetztsein in 68 69
10
Ebd., 360. Ebd., 359. Ebd.
Einbildungskraft
93
der Grenze selbst, ohne diese fixieren zu können: >>Die Einbildungskraft sezt überhaupt keine feste Grenze, denn sie hat selbst keinen festen Standpunkt; nur die Vernunft sezt etwas festes, dadurch, daß sie erst selbst die Einbildungskraft fixirt>Das Vermögen der Synthesis hat die Aufgabe die entgegengesezten zu vereinigen, als Eins zu denken [ ... ] Dies vermag sie nun nicht; dennoch aber ist die Aufgabe da; und es entsteht daher ein Streit zwischen dem Unvermögen, und der Forderung. In diesem Streite verweilt der Geist, schwebt zwischen beiden; schwebt zwischen der Forderung, und der Unmöglichkeit, sie zu erfüllen, und in diesem Zustande, aber nur in diesem, hält er beide zugleich fest, oder, was das gleiche heißt, macht sie zu solchen, die zugleich aufgefaßt, und festgehalten werden könnenZustand des Anschauens>Realität für uns>die Möglichkeit unsers Bewußtseyns, unsers Lebens, unsers Seyns für uns; d. h. unsers Seyns, als Ich, sich gründet, so kann dieselbe nicht wegfallen, wenn wir nicht vom Ich abstrahiren sollen, welches sich widerspricht, da das abstrahierende unmöglich von sich selbst abstrahieren kann; mithin täuscht sie nicht, sondern sie giebt Wahrheit, und die einzige mögliche Wahrheit. Annehmen, daß sie täusche, heißt einen Skeptizismus begründen, der das eigene Seyn bezweifeln lehrt>Nova methodo>Grundlage>das Ich setzt sich als bestimmt durch das NichtIchdas Ich setzt sich als bestimmend das NichtIchdie Denkbarkeif des praktischen Grundsatzes sich auf die Denkbarkeit des theoretischen Grundsatzes gründet>als Intelligenz überhaupt, abhängig von einem unbestimmten, und bis jezt völlig unbestimmbaren Nicht-lch« 77 sei. Damit wird das Problem aufgeworfen, wie das Ich überhaupt als Intelligenz, d. h. als ein endliches Wesen gesetzt wird, und wie es seine Voraussetzung- das absolute Ich- innerhalb der Entgegensetzung wieder einholen kann, denn die Entgegensetzung des absoluten Ich und der endlichen Intelligenz widerspricht, so Fichte, >>der absoluten Identität des Ichdie Abhängigkeit des Ich, als Intelligenz, [ ... ] aufgehoben werden, und dies ist nur unter der Bedingung denkbar, daß das Ich jenes bis jezt unbekannte Nicht-Ich, dem der Anstoß beigemessen ist, durch welchen das Ich zur Intelligenz wird, durch sich selbst bestimmein seinem Wesen sich selbst entgegengesezt, und widerstreitend [ ... ]. Das Ich wäre gar nichts, denn es höbe sich selbst auf>kein höherer Grund der Möglichkeit irgend woherkann jeder nur durch seine eigene Erfahrung sich darthun>sie stellt lediglich solche Sätze auf, die a priori gewiß sind: Realität aber erhält sie erst in der Erfahrung>die Uebereinstimmung des Objekts mit dem lch« 83 , woraus ein unendliches Streben der Intelligenz folgt, das Widerständige des Nicht-Ich zu überwinden. In diesem unendlichen Progreß wird der Widerstreit des Ich und Nicht-Ich unendlich gemacht und das Ich befindet sich in einer fortdauernden, ursprünglichen >>Wechselwirkung zwischen dem Ich, und irgend einem Etwas ausser demselben, von welchem sich weiter nichts sagen läßt, als daß es dem Ich völlig entgegengesezt seyn muß« 84 • Von dieser >>Kraftendlichen Naturendas Gebiet der Unwissenheit«, und zwar einer >>dem Menschen unüberwindlichen«90. Gleichwohl gründet in dieser Freiheit das Wissen, denn die Wissenschaft selbst ist ein Produkt des Geistes aus Freiheit; das aber heißt: Wahrheit und Wissen gründen im >>Glauben an Freyheit«. Es >>muß die mit dem Glauben an Freyheit verknüpfte Unwissenheit [ ... ]jener der Wissenschaft unzugängliche Ort des Wahren seyn. - >Ziehe die Schuhe aus, denn hier ist heiliges Land!«< 91 • Die Unmittelbarkeit der Selbsttätigkeit im Handeln aus Freiheit ist dem so Handelnden in seinem Handeln und durch sein Handeln nicht durchsichtig. Das Unmittelbare ist zugleich das Nicht-Vermittelbare, an dem die Reflexion abprallt. Die Präsenz dieser Unmittelbarkeit im Handeln des Geistes bedarf der Beglaubigung durch den Glauben des Handelnden. Er verhält sich zu dem Grund seiner Freiheit als zu einem Empirischen, aber so, daß das Faktum der Freiheit als ein geglaubtes die Sache seiner Tat ist. Der Akt des Glaubens entspringt selbst jener Spontaneität und Freiheit, die in ihm geglaubt wird. Der Glaube als Beglaubigung des in ihm Geglaubten ist die unmittelbare Präsenz seines Inhalts. Das Glauben hat insofern den Status einer ursprünglichen Tathandlung; in ihm fallen Realitätsund Freiheitsprinzip unmittelbar zusammen. Indem im Glauben die Freiheit als Unmittelbarkeit unmittelbar beglaubigt wird, ratifiziert diese Anerkennung zugleich die Präsenz der Freiheit als unmittelbarer Selbsttätigkeit in den reflektierenden Handlungen. Durch den Glauben erscheint die Vermittlung als Schein, denn die Beziehung auf Anderes ist ebenso und unmittelbar schon immer Selbstsein im Anderen. Das Geheimnis des Glaubens besteht darin, die Unmittelbarkeit des uns von anderwärts her Gegebenen in die Unmittelbarkeit reiner Selbsttätigkeit zu überführen. Durch diese Transsubstantiation, in der Realitätsund Freiheitsprinzip, Unmittelbarkeit für uns und Unmittelbarkeit an und für sich ein und dasselbe werden, teilt sich der Glaube den Akten der Reflexion mit und beglaubigt sie als Akte der Freiheit. So ist die Unmittelbarkeit die Wahrheit der Vermittlung und damit auch die wahre Vermittlung, denn sie, die Unmittelbarkeit, ist es, die der Reflexion die Wahrheit gibt. Bei aller Nähe zu Fichte markiert der Gegensatz von Wissen und Glauben eine eindeutige Differenz, die in dem 1799 veröffentlichten Sendschreiben »Jacobi an Fichte« klar herausgestellt wird. Fichte wolle, so heißt es da, »den der Wissenschaft unzugänglichen Ort des Wahren« »in den Bezirk der Wissenschaft [ ... ] einschließen, und von dem Standpunkte der Speculation, als dem angeblich höchsten, als dem Standpunkt der Wahrheit selbst, auf ihn [ ... ] herab sehen
90 91
Werke 2, 322.
Ebd., 323.
Jacobi
99
lassen>die dem natürlichen Menschen gleiche Gewissheit dieser zwey Sätze: Ich bin, und es sind Dinge ausser mir, ungleich zu machen>umgekehrten SpinozismusIch bin>Gespräch>David Hume über den Glauben, oder Idealismus und RealismuS>daß auchbeyder allerersten und einfachsten Wahrnehmung, das Ich und das Du, inneres Bewußtseyn und äusserlicher Gegenstand, sogleich in der Seele da seyn müssen; beydes in demselben Nu, in demselben untheilbaren Augenblicke, ohne vor und nach, ohne irgend eine Operation des Verstandes, ja ohne in diesem auch nur von ferne die Erzeugung des Begriffes von Ursache und Wirkung anzufangenIch bin>Ich muß gestehen, daß dieser Anstand mich bey dem Studio der Kantischen Philosophie nicht wenig aufgehalten hat, so daß ich verschiedene Jahre hintereinander die Kritik der reinen Vernunft immer wieder von vorne anfangen mußte, weil ich unaufhörlich darüber irre wurde, daß ich ohne jene Voraussetzung in das System nicht hineinkommen, und mit jener Voraussetzung darinn nicht bleiben konnte« 96 • Die dagegen aufgebotene Unmittelbarkeit freilich installiert eine Trennung von intuitiver und begrifflicher Erkenntnis, durch die sich der Grund dem Begründeten entzieht; diese Trennung läßt die Behauptung über das, worin es sich gründet, für das Begründete zu etwas Beliebigen, nicht minder Subjektiven werden. Konsequent bezeichnet Jacobi daher auch das unmittelbare Wissen nicht eigentlich als Wissen, sondern als Nichtwissen, Glauben. Das aber führt zu einer eigenartigen Umkehrung (die auch bereits im cartesischen Reflexionsgeschehen begegnete): das Geglaubte, der Grund, wird in gewisser Hinsicht in die Verfügung des Glaubenden, des Begründeten gestellt. Er muß das, was sich ihm offenbart, als das annehmen, als was es sich ihm anbietet. Offenbart es sich aber, so ist es aus der Unmittelbarkeit des Bei-sich-selbst-Seins schon herausgetreten in die Beziehung oder Vermittlung auf etwas, das es auf sich beziehen soll, und auch in dieser Beziehung ist es Relat, Glied einer Vermittlung. Die Unmittelbarkeit selbst entzieht sich dem Geschehen, das sie begründen und in dem sie als Unmittelbarkeit affirmiert werden soll. So ist auch >>Unmittelbarkeit>Unmittelbar in Absicht auf uns, weil wir das eigentliche Mittelbare davon nicht erkennen. Aber deswegen zu läugnen, daß sie durch ein natürliches Mittel dennoch geschehe; oder wie der Idealist, das Factum selbst, als der Vernunft entgegen, zu verwerfen: dies halte ich beydes dem ächten philosophischen Geiste nicht gemäß>Unmittelbarkeit>Unmittelbarkeit« enthüllt sich als dasjenige theoretische Mittel, welches das frühidealistisch/frühromantische Konzept des Selbstseins im Anderen trägt. Für die Begründung dieser Position ist sie nicht ein theoretischer Defekt, sondern unerläßliche Voraussetzung. Dies erklärt ihren Erfolg und mit ihm den Erfolg der Jacobischen Philosophie, den diese trotzaller Kritikversuche und Absetzbewegungen bis hin zu Hege! hatte. In der Logik dieses Mittels freilich liegt es, indifferent auch gegenüber hinzutretenden positioneilen Entscheidungen des Urhebers zu sein. Jacobi wollte mit ihr den Grundbestand der Aufklärung, ein auf Freiheit gegründetes Selbst- und Weltverhältnis, nach zwei Seiten verteidigen: gegen die Selbstvergessenheit eines materialistischen Determinismus und gegen die Weltvergessenheit eines subjektiven Idealismus der Freiheit. Er tat dies, indem er beides, Selbst- und Weltbewußtsein, in die Unmittelbarkeit eines Ursprungs setzte, in dem sie ebenso unvermittelt auseinanderfallen wie ineinander umschlagen. In der Unmittelbarkeit gegenüber dem aus diesem Ursprung Begründeten freilich liegt es, daß diese Struktur als bloß subjektives, an sich leeres Formular behandelt werden konnte: der Grund konnte ebensogut zur Begründung einer Wirklichkeitsauffassungzitiert werden, in der sich die aufklärerische Absicht J acobis nicht mehr wiedererkannte. Die Wirkungsgeschichte der Jacobischen Philosophie im Deutschen Idealismus ist daher identisch mit ihrem theoretischen Kern: die auf der Amphibolie der Unmittelbarkeit gegründete Amphibolie des Selbst und des Anderen realisiert sich in Proklamationen der Übereinstimmung ebenso wie
Hölderlin, Sinclair, Zwilling
103
in heftigen Abgrenzungsversuchen, die doch auf dem Boden des Prinzips dieser Philosophie bleiben und sich daher in positionellen Deklarationen erschöpfen.
2. Ursprüngliche Einheit und Entfremdung (Hölderlin, Sinclair, Zwilling)
Jacobis Philosophie machte dadurch Epoche, daß in der Auseinandersetzung mit seinem Spinoza-Buch (welches zumeist in der veränderten zweiten Auflage von 1789 rezipiert wurde) dessen Intention ins Gegenteil verkehrt wurde. Geschrieben als Angriff auf den Spinozismus, wurde es zum Auslöser einer Spinozarenaissance, die ihrerseits das vorherrschende Urteil über Spinoza, seine Philosophie sei Pantheismus (=Atheismus= Materialismus) umwertete und ihn geradezu zum Kronzeugen christlicher Philosophie stilisierte. 102 Der Rückgriff auf Spinoza erfolgte im Kontext der Bemühungen, nach der Kantischen Kritik der Gottesbeweise und nach dem Scheitern der moralischen Begründung von Religion die metaphysische Erneuerung eines philosophischen Gottesbegriffs zu unternehmen.103 Systematisch fungierte die Substanzmetaphysik als Bezugspunkt, um das Problem der Identität, das die Transzendentalphilosophie aufgegeben hatte, neu zu verhandeln. >>Spinoza>SeinSpinoza plus Fichte>Urtheil und Seyn>VereinigungsphilosophieSeyn schlechthin>Wissenschaftslehre>UrteilUr-TeilungSeyn schlechthin>Wirklichkeit und Möglichkeit ist unterschieden, wie mittelbares und unmittelbares Bewußtsein. Wenn ich einen Gegenstand als möglich denke, so wiederhohl' ich nur das vorhergegangene Bewußtseyn, kraft dessen er wirklich ist. Es giebt für uns keine denkbare Möglichkeit, die nicht Wirklichkeit war.>wiederholend>Seyn schlechthin>ursprünglichen Trennunggar keine Theilung vorgenommen werden kan, ohne das Wesen desjenigen, was getrennt werden soll, zu verlezenSeyn>Philosophischen Raisonnements>Trennen>Setzen>Das Sezen, Trennen durch die Freiheit der Reflection ist alles kein Setzen, Trennen eines Ichs, es selbst wird erst dadurch>AthesisWie gelangen wir zum ästhetischen Gesichtspunkt? Dadurch daß es die Foderung der Einigkeit ist die uns zur Selbstverläugnung bringt. Das, daß die Reflection einer Foderung zu lieb, die nicht in ihr liegt, sich selbst aufhebt, berechtigt uns etwas höheres anzunehmen. Die Einigkeit muß das höhere sein, [ ... ] sie muß zugleich die Möglichkeit der Reflection enthalten, sie muß zugleich diese begnügen>Discours sur l'inegaliteReflexion>Reflexion« erhält die Qualität einer entfremdeten Wirklichkeit. Bezeichnete sie ursprünglich die Rückwendung des Erkennens in sich in der Weise, daß in dieser Wendung der Grund des Erkennens gewonnen werden konnte, so steht >>Reflexion« jetzt für den Verlust dieses Grundes und die Ohnmacht des begrifflich verfaßten Erkennens, ihn zu erreichen, denn die Rückkehr zum Ursprung als Beziehung auf das bewußtseinstranszendente Absolute erscheint geradezu als Vernichtung der Reflexion. 3. Die Antinomie der Reflexion (Heget) Dies gilt auch für die Positionen Hegels seit seiner Übersiedlung nach Frankfurt 1797, wo er in der philosophischen Gemeinschaft mit Hölderlin das Konzept der >>Vereinigungsphilosophie>[ ... ] welchem Zwekke denn« (1798) ihren ersten Niederschlag. Dort beschreibt Hegel den Kreislauf des Lebens als Bewegung von der unentwickelten zur vollendeten Einigkeit; diese Einigkeit ist >>darum vollendetes Leben, weil in ihr auch der Reflexion Genüge geleistet worden ist; der unentwikelten Einigkeit stand die Möglichkeit der Reflexion, der Trennung gegenüber; in dieser ist die Einigkeit und Trennung vereinigt, ein Lebendiges, das sich selbst entgegengesezt worden war, aber diese Entgegensezung nicht absolut machte« 117 • Die Reflexion erscheint als Durchgangsstadium einer Entwicklung der Einheit zu einem in sich vermittelten Lebendigen; innerhalb des Lebens ist es die Liebe als >>Gefühl des Lebendigen«, worin diese Einigkeit vollendet wird. Dabei handelt es sich- im Anschluß an F. H. Jacobi- um ein Unmittelbares, das mit den Mitteln des begrifflichen Denkens nicht erlaßt werden kann. Wenn also die Liebe der Reflexion >>Genüge leistet«, dann deshalb, weil das Gefühl auf eine nicht reflexive Weise >>Einigkeit und Trennung vereinigt«; das heißt aber auch, daß sich der Übergang von der Reflexion in die vollendete Einigkeit als metabasis eis allo genas vollzieht. Diese Problematik tritt bereits in dem unter dem Titel >>Glauben und Sein« (1797/98) bekannten Fragment deutlich hervor, auch wenn der Terminus >>Reflexion« hier noch nicht gebraucht wird. Hegel behandelt dort das Problem, daß die Trennung dann, wenn die Entgegengesetzten als Glieder einer Antinomie >>gefühlt oder erkannt werden«, nur dadurch als >>Widerstreitendes« erkannt werden können, >>daß schon vereinigt worden ist; die Vereinigung ist der Maßstab, an welchem die Vergleichung geschieht« 118 • Die >>Vergleichung« bezieht Getrennte 11s Vgl. Szondi 1974. 116 Vgl. Jamme 1983b. 117 Welchem Zwekke denn, 15. 118 Nohl, 382; HW 1, 251.
108
II. Unmittelbarkeit und Reflexion · Selbstsein im Anderen
aufeinander, die für Hege) >>Unbefriedigte« oder >>Beschränkte>Systemfragment von 1800>omnis determinatio est negatio>Die einzelnen Dinge also, in so fern sie nur auf eine gewisse bestimmte Weise da sind, sind die non-entia>Wissenschaft der LogikGlauben und Seinvorausgesetzt>bewiesen>daß sie vereinigt werden müssen, daß die Vereinigung sein soll. Aber die Vereinigung selbst, daß sie da ist, ist dadurch nicht bewiesen, sondern diese Art von Vorhandensein der Vorstellung von derselben wird geglaubt; und kann nicht bewiesen werden, denn die Entgegengesetzten sind die Abhängigen, die Vereinigung in Rücksicht auf sie, das Unabhängige>Systemfragmentals ruhende, bestehende, als feste Punkte>außer unserem beschränkten Lebendenkende Leben>fühlt« in dem Widerspruch des Bedingten und Unendlichen >>das Einseitige dieses Setzens«, um sich darüber zu erheben: >>Diese Erhebung [ ... ] vom endlichen Leben zum unendlichen Leben ist Religion« 125 . Die Formel des unendlichen Lebens heißt >>Verbindung der Verbindung und Nichtverbindung« 126 , was aber nicht so zu verstehen ist, daß das unendliche Leben selbst ein in sich Reflektiertes wäre. Das Unendliche, so Hege!, sei >>nicht ein Gesetztes, Verständiges, Reflektiertes, sondern sein für die Reflexion einziger Charakter sei, daß es ein Sein außer der Reflexion ist>Außerhalb>nur dadurch, daß das Endliche selbst Leben ist, trägt es die Möglichkeit in sich, zum unendlichen Leben sich zu erheben>Jena>Kurze Darstellung des Spinozistischen Systems>der Kantianismus scheint mir, wenn er sich selbst versteht, auf Spinozas Seite zu seyn>durch nichts veranlaßt als durch einen inkonsequenten Rest des alten Dogmatismus«, ein extramundanes Unbedingtes (noumenon) als >>Ursach der Verstandeswelt« 130 wenigstens nicht ausschloß, während Spinozas Intention darauf hinausläuft, die Inhärenz des Bedingten im Unbedingten aufzuzeigen. Dabei sei er, ebenso wie Kant, von dem Bestreben getrieben, >>den Dingen unsrer Wahrnehmung ein anderes Daseyn unterzulegen welches außer unserer Wahrnehmung liegt>Wenn man also gar keinen Grund hat eine Mehrheit der Noumenen zu behaupten, und wir nichts von ihnen sagen sollen als was sich nothwendig auf die Erscheinung bezieht, so ist es schon eine Anmaßung, wenn wir uns anders ausdrüken, als das noumenon, die Welt als noumenon. Eben so wenig geht es nun aber an sich weiter zu versteigen, und mit Spinoza eine positive Einheit und Unendlichkeit zu behaupten>Welt« als einer dem Wissen zugrundeliegenden Einheit kann es als Einheit kein positives Wissen geben; zugleich aber ist die Phänomenalität, von der wir allein ein Wissen haben können, dasjenige, was diesem Unbedingten inhäriert und insofern ist die Erscheinungswelt im Unterschied zu Kant nicht die durch das transzendentale Bewußtsein bearbeitete empirische Realität, sondern das Wissen bezieht sich durch die Erscheinung auf das Sein selbst. Schleiermacher nimmt in bezug auf die Welt Kants Restriktion der Erkenntnis auf, schränkt diese Beschränkung aber zugleich auf die Einheit an sich ein. Damit hat sich das Spiel der Instanzen gegenüber der Kautischen Position grundlegend geändert: der das Wissen ermöglichende transzendentale Grund ist nicht im Bewußtsein aufzusuchen, sondern ist als Grund bewußtseinstranszendent, obgleich im Bewußtsein >>präsentSpinozismus>Identität mit Bewußtseyn« als Charakteristikum der Person einerseits und der >>Einheit des Selbstbewußtseyns« als Charakteristikum der Personalität andererseits. 133 Wie die Personalität Bedingung der Möglichkeit dafür ist, ein Ding als Person aufzufassen, so beruht die Identität der Person auf der Einheit des Selbstbewußtseins. Diese Einheit verleite zu einem unkritischen Schluß: >>die alte Schule machte nun einen Sprung und sagte: wo diese transeendentale Einheit identisch ist, da muß auch das Substratum desselben, die Substanz identisch seyn>empirisch gewiß« 135 ist und als solches nach dem >>Reflexionsmodell>denn das Bewußtseyn, welches die einzige ratio cognoscendi des Selbstbewußtseyns ist bezieht sich nur auf das äußere des Dinges, nicht auf sein inneres, und die Einheit dieses Selbstbewußtseyns kann also auch nur auf das Ich und nicht auf die Substanz gehn>Gefühl des Seyns, der unmittelbare Begrif wie es Spinoza nennt; dieser läßt sich aber niemals wahrnehmen, sondern es werden nur einzelne Begriffe und Willensäußerungen wahrgenommen, und außer diesen existirt auch nichts in der Seele, in keinem Moment der Zeit; kann man aber deswegen sagen die einzelnen Begriffe hätten ihr abgesondertes, individuelles Daseyn? Nein, eigentlich existirt nichts, als das Gefühl des Seyenden: der unmittelbare Begrif. Die einzelnen Begriffe sind nur seine Offenbarungen. - Kann man sagen jener unmittelbare Begrif existire nur in einem andern Denkenden? Mitnichten, er ist ja der eigentliche wesentliche Grund der Seele, dasjenige, an dessen modis (Verstand und Willen) alle jene einzelnen Begriffe inhäriren. Aber freilich muß man nicht davon ausgehn zu sagen der unmittelbare Begrif sei das Zusamen der einzelnen Begriffe>Gefühl des Seyns>Grund der Seele>Zusammen der einzelnen Begrifeandern Denkenden>Reden>Über die Religion>Reden>Anschauen des Universums, ich bitte befreundet Euch mit diesem Begriff, er ist der Angel meiner ganzen Rede, er ist die allgemeinste und höchste Formel der Religion>Vergönnt mir [ ... ] einen Augenblik darüber zu trauern, daß ich von beiden nicht anders als getrennt reden kann [ ... ]. Aber eine nothwendige Reflexion trennt beide, und wer kann über irgend etwas, das zum Bewußtsein gehört, reden, ohne erst durch dieses Medium hindurch zu gehen« 139 • Das Medium der Reflexion trennt die Einheit der Anschauung und des Gefühls entsprechend dem »Ursprünglichen Bewußtsein unserer doppelten TätigkeitBild eines Objekts>flüchtiges Gefühl>ist und bleibt immer etwas einzelnes, abgesondertes, die unmittelbare Wahrnehmung>beide sind nur dann und deswegen etwas, wenn und weil sie ursprünglich Eins und ungetrennt sind>bräutliche Umarmungnun erst steht die Anschauung vor mir als eine abgesonderte Gestalt, ich meße sie, und sie spiegelt sich in der offnen Seele wie das Bild der sich entwindenden Geliebten in dem aufgeschlagenen Auge des Jünglings, und nun erst arbeitet sich das Gefühl aus dem Innern empor, und verbreitet sich wie die Röthe der Schaam und der Lust auf seiner Wange>ich meße sie«) und sich ihrerseits reflektiert (>>spiegelt«), sowie das Gefühl andererseits, das als >>Sinn und Geschmak fürs Unendliche« 145 religiöses Innewerden jener praereflexiven Einheit ist. Als sich aus dem Inneren emporarbeitend ist das Gefühl als Entäußerung von Subjektivität in einem doppelten Sinne zu verstehen: (1) als Bei-Sich-Sein der Subjektivität im Modus der Unmittelbarkeit, d. h. eines unmittelbaren Selbstbewußtseins, und (2) als Entäußerung der Subjektivität an das Unendliche als an eine bewußtseinstranszendente Einheit jenseits der Trennung des Subjektiven und Objektiven. Die systematische Reflexion auf diese Konstellation wird das Thema der Schleiermachersehen >>Dialektik>AnschauungGefühl« und >>Reflexion>Das Wesen der Identität läßt sich nur in einen Scheinsatz aufstellen. Wir verlassen das Identische um es darzustellen>es geschieht, was schon Ist>Scheinsatz>Ich bin Ich>lchseyn>Grund alles Bestimmens für das Ich, oder aller Form [ ... ]Grund seiner eignen Bestimmung, oder Form>es bezieht sich allemal auf ein was - Es ist eine Beziehung auf das Seyn, im bestimmten Seyn überhaupt nemlich im lch>Nur Seyn«) und seines Gehalts als bestimmtes Sein (Form), als Gegensatz in der Reflexion behandelt: >>So wechselt das Denken und das Fühlen die Rolle des Subjectiven und Objectiven«155. Das Gefühl als praereflexive Selbstvergewisserung des Ich wird Gegenstand der Reflexion; um das Ich bestimmen zu können, wird es in eine Beziehung gebracht zum >>Nur Seyn«, d. h. als bestimmtes Sein von diesem unterschieden. In dieser beziehentliehen Unterscheidung wird mit den Mitteln der Reflexion das wiederhergestellt, was ihr vorausgesetzt ist: die Einheit des Gehalts und der Form im Selbstsein als Selbstbestimmung. Indem sich die Reflexion auf das Gefühl als Ionewerden der Form richtet und es zum Objekt macht, d. h. aus der Autosuffizienz des Ich herausreißt und auf ein Anderes bezieht, bestimmt sie dessen Gehalt als Ich - oder sie ist Bestimmen als Formieren der Form eines vorausgesetzten Gehalts, das diesen eben dadurch einzuholen versucht. Der Gehalt als das Vorausgesetzte, von der Reflexion nicht zu setzende also gerade das, was die ursprüngliche Selbstbestimmung des Ich leistete - erscheint jetzt als die umschließende, dem Ich der Reflexion objektiv entgegengesetzte Sphäre: >>Nur aufs Seyn kann alle Filosofie gehn. Der Mensch fühlt die Grenze die alles für ihn, ihn selbst, umschließt, die erste Handlung; er muß sie glauben, so gewiß er alles andre weiß>die Grenzen der Filosofie. Das Gefühl kann sich nicht selber fühlen« 158 , denn als sich-selber-fühlend wäre es reflexiv, also nicht mehr Gefühl, oder es wäre die Urhandlung selbst, die aber das dem Gefühl Gegebene, Vorausgesetzte ist >>als Ursache und Wirkung« 159 . Deren Struktur reproduziert sich erst dann, wenn 151 152 153 154 t55 156 t57 158 t59
Vgl. ebd. Ebd., 106, Nr. 2. Vgl. ebd. Vgl. Frank 1987. Schriften 2, 106, Nr. 3. Ebd., 107, Nr. 3. Vgl. ebd., 113, Nr. 15. Ebd., 114, Nr. 15. Ebd.
Novalis
115
Gefühl und Reflexion in der Reflexion zusammengenommen, d. h. die mangelnde Selbstbezüglichkeit des Gefühls als subjektive Seite, als Tendenz, und die Reflexion als objektive Seite, als Produkt der Reflexion, angesehen werden, denn die Objektivierung des Gefühls ist Produkt der Reflexion. 160 Zugleich aber ist die Tendenz in dem Sinne objektiv, daß sie Beziehung auf ein der Reflexion entzogenes Gegebenes ist, das die Kraft der Reflexion nur reproduziert; die Tendenz richtet sich auf etwas, das sich in dem Gefühl mitteilt, so daß die Bewegung des Bewußtseins, die scheinbar vom Subjektiven, d. h. Beschränkten, zum Unbeschränkten geht, >>im Grunde aber das Gegentheil sey, daß ihm etwas Gegeben seyn müsse, und daß dieses ihm Gegebne die Urhandlung, als Ursache und Wirkung zu seyn scheine« 161 . Indem die Tendenz als objektive in die Reflexion selbst eingeht, wird das Zum-Objekt-Machen des Gefühls durch die Reflexion Objektivierung oder Manifestation des Absoluten. Dieses Absolute - >>das Ursprünglich Idealreale oder realideale« 162 - erscheint aber nur verkehrt im Medium des Beschränkten. Die Umkehrung dieser Verkehrung innerhalb des Reflexionsverhältnisses stellt zwar die ursprüngliche Ordnung wieder her, aber so, daß die Reflexion weiß, daß sie sich des Absoluten nicht bemächtigen kann. Es bleibt, als Grund der Erkenntnis, bewußtseinstranszendent. In diesen Zusammenhang der Reflexion ist nun die >>intellectuale Anschauung>Einheit des Gefühls und der Reflexion [ ... ] außer der Reflexion>Gefühl suppeditirt das Subjective, die Reflexion das Objective zur Anschauunggibt allein bloße Realität>absolute Realität>sich nicht entgegensetzen>SeynSeyn>Seyns>gedachten [ ... ] Zusammenhangs zwischen Denken und Fühlen>Die Philosophie soll eine Reformation konstruiren. Das organische Ganze der Künste und Wissenschaften ist so, daß jede einzelne das Ganze werde. Eine Wissenschaft, die, sowie die Politik die Religion und Moral verbindet, alle Künste und Wissenschaften in eine verbindet, die also die Kunst wäre, das Göttliche zu produzieren, könnte mit keinem andern Namen bezeichnet werden als Magie«269. 6. Schleiermachers Konzeption von »Dialektik«
Schlegels Konzeption der Dialektik mag Schleiermacher erinnert haben, als er im Sommersemester 1811 erstmals über die >>Dialectic, das heißt den Umfang der Principien der Kunst zu philosophiren« 270 las, denn sein bisheriger Gebrauch des Begriffs >>Dialektik« deutete nicht auf eine derartige Verwendung zur Bezeichnung der obersten Wissenschaft hin. 271 Was ihm, wie er schrieb, in dieser Hinsicht schon >>lange im Kopfe spukte« 272 , war das, was er bereits in den >>Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre« (1803) in Konkurrenz zur Fichteschen Wissenschaftslehre als >>Wissenschaft von den Gründen und dem Zusammenhang KFSA 12, 105. So die Ankündigung im deutschen Vorlesungsverzeichnis; der lateinische Ankündigungstext lautete: »Dialecticen s. artis philosophandi principiorum summam>selbst nicht wiederum [ ... ] auf einem obersten Grundsatz beruhen; sondern nur als ein Ganzes, in welchem jedes der Anfang sein kann, und alles einzelne gegenseitig einander bestimmend nur auf dem Ganzen beruht, ist sie zu denken, und so daß sie nur angenommen oder verworfen, nicht aber begründet und bewiesen werden kann>Die Vereinigung des Idealismus und des Realismus ist das, worauf mein ganzes Streben gerichtet ist, und ich habe darauf nach Vermögen hingedeutet in den Reden sowohl als den Monologen [ ... ] Schlegel, der schon so viel dahin Abzielendes gesagt hat, wird nicht verstandendie wirkliche Welt [ ... ] auch warlieh nicht nehmen laßen« 276 . Zu dem gemeinsamen Theoriebestand mit Schlegel gehört auch der Gedanke der Historizität und Progression des menschlichen Wissens, der sich in der Zurückweisung des Anspruchs der Fichteschen Wissenschaftslehre äußert, die Philosophie endgültig in Wissenschaft überführt zu haben. In den »Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre« heißt es dazu programmatisch, bei dem >>obwaltenden Streit über die ersten Principien>von einem Punkt aus, der außerhalb des streitigen Gebietes liegt, dasselbe [ ... ] vermessenEs ist doch nichts lieber Freund mit einer Philosophie die so bloß auf dialektischem Grunde ruht
273 274
Grundlinien, 20.
Ebd.
Briefwechsel mit Schwarz, 260. KGA 5, 3, 316, Brief758; vgl. in diesem Sinne auch Schleiermachers aufschlußreiche Selbstanzeige der >>Monologendas poetische Element in der Speculation«2so. Zwischen 1803 und 1811 aber unternahm Schleiermacher keine besonderen Anstrengungen, sein Konzept der Philosophie außerhalb des realphilosophischen Systemteils der Ethik darzustellen und zu begründen, sondern beschränkte sich darauf, auf Schellings Identitätssystem und Henrich Steffens' Naturphilosophie zu verweisen, um seinen Standpunkt zu verdeutlichen. Auch seine gelegentliche Verwendung des Terminus >>Dialektik>den inneren Zusammenhang alles Wissens« zu >>machen«281. Dieses >>Machen« ist im Sinne einer >>Kunstlehre« zu verstehen, die sich auf das Zustandebringen des Wissens richtet, nicht aber als das Wissen selbst auftritt, sondern dieses voraussetzt. In diesem Sinne ist sie keine Wissenschaft. 282 Auf der anderen Seite betont Schleiermacher jedoch die Einheit des Wissens, 283 die darin gründet, daß jedes einzelne Wissen auf einen Zusammenhang und damit auch die Bedingungen dieses Zusammenhangs verweist, wie auch die Regeln der Verknüpfung nicht von dem innerstenGrunddes Wissens zu trennen sind. 284 In dieser Perspektive ergibt sich eine tendenzielle Einheit von Wissenschaft und Kunst,285 die dazu führt, daß die Dialektik als >>Organon des Wissens« (1) mit der (subjektiven) Form des Zusammenhangs zugleich auf dessen (objektiven) Inhalt geht und daher auch {2) als >>Supplement alles realen Wissens welches man nicht auf dem scientifischen Wege selbst erlangt hat« 286 , auftreten kann. 278 279 280 281 2s2 283 284 285
286
An Reimer, Juli 1803, Briefe 4, 350. An E. von Willich, Juni 1801, Briefe 1, 282. Briefe 4, 580. Dialektik 1814115, 3. Vgl. ebd., 5, Nr. 21-23 und 10, Nr. 54. Vgl. ebd., 10-12. Ebd., 4, Nr. 13.14. Vgl. ebd., 5, Nr. 18. Ebd., 9f., Nr. 51.52.
140
II. Unmittelbarkeit und Reflexion · Romantische Dialektik
Indem sie das empirisch-einzelne Wissen an die Prinzipien alles Wissens bindet, kann die Dialektik in Schleiermachers Verständnis eine Totalität des Wissens begründen, deren Verträglichkeit mit der Allheit des empirischen Wissens sie vorab behauptet. Als Verträglichkeitsbedingung fungiert dabei die Indifferenz der Gegensätze, die letzthinnige Einheit des Idealen und Realen, des Wissens und Seins in einem transzendentalen Grund. Auf diese >>Idee der absoluten Einheit des SeinsYereinigungsphilosophie>ROMANTIK. Absolutisierung- Universalisierung - Classification des individuellen Moments [ ... ] ist das eigentliche Wesen des Romantisirens>das absolut Gemeinschaftliche soll wieder ein Individuelles werden; das Individuelle soll wieder in eine Gemeinschaft treten>unendlich [ist], weil es das Unendliche darstellen soll>alle Verknüpfungen aus Gegensäzen zur Indifferenz>das große 292 293 294 295 296 297
Vgl. Furth 1991a. Schriften 3, 256, Broullion 1798199, Nr. 87. Brouillon zur Ethik 1805106; Werke, Auswahl, Bd. 2, 91. KFSA 12, 39.
Dialektik 1811, 65f., Nr. 27; vgl. ebd. Nr. 29. Vgl. ebd., 68, Nr. 56; Dialektik 1814115, 85, Nr. 19.
Romantische Dialektik
143
Räthsel«, da es von ihm keinen »vernünftigen und verständigen Übergang zum Unendlichen>große Räthsel>romantischer Dialektiker« darzustellen, 1 so bleibt doch ein Romantizismus in dem Begriff des Absoluten als reflektierter Unmittelbarkeit festzuhalten, welcher der systematischen Konstruktion seinen Stempel aufdrückt. Mit seiner Konzeption absoluter Subjektivität realisiert Hege! auch eine Form der Reflexionsphilosophie der Subjektivität, die deren Paradigma nicht grundsätzlich verläßt. Die an- und fürsichseiende, substantielle Subjektivität vollendet auf andere Weise als in der romantischen Denkfigur deren ureigenstes Anliegen: die Universalisierung von Individualität. So ist zwar die Hegeische Theorie des Absoluten - mit ihrem Insistieren auf den begrifflichen Mitteln des Erkennens und deren Steigerung zum absoluten Wissen- der Ort des schärfsten Gegensatzes zur (im weitesten Sinne) >>romantischen« Schule, zugleich aber auch dasjenige Stück der Hegeischen Philosophie, in dem sich ihr heimlicher Romantizismus verbirgt. Hege! überbietet die romantische Reflexionsform des Selbstseins im Anderen mit der Figur der >>Absolutheit und Andersheit des Geistes« 2 • Selbstsein im Anderen, das hieß, daß die Entgegensetzung von Identität und Gegensatz als Schein galt, so daß das mit sich identische, endliche Selbst sich im Anderen finden und darin bei sich bleiben konnte. Beide gelten in der Unmittelbarkeit ihres Selbstseins gleich; sie sind in ihrem Wesen gleichgültig und indifferent gegen die Bestimmtheit der ausschließenden Identität und des Gegensatzes und somit bestimmungslose Substrate der Reflexion. Diese Reflexionsform, die nicht die Vermittlung zur Unmittelbarkeit mitdenkt, hat Hege! als äußerliche kritisiert. Zugleich aber hat er deren Resultat, die wesentliche Gleich-Gültigkeit der im Endlichen entgegengesetzten Relate, mehr oder weniger stillschweigend übernommen. Sie werden zu bloßen Momenten des Absoluten, in deren Beziehung es sich selbst reflektiert und darin bei sich bleibt. In der Logik des Wesens wird die seinslogische Reflexionsform des Übergehens in Anderes in eine Selbstreflexion des Absoluten aufgehoben, das kein Anderes mehr außer sich kennt. Das Andere ist ihm schon immer das Eigene, das Andere seiner selbst. Hege! zieht die Unmittelbarkeit, welche die Entgegensetzung von Identität und Gegensatz zur Indifferenz brachte, in die absolute Reflexion ein. Sie gilt jetzt als die wesentliche 1
2
Vgl. Behn 1925. Henrich 1981.
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III. Hege!: Begriff und Wirklichkeit
Unmittelbarkeit des Absoluten selbst. Dieses ist Unmittelbarkeit, sofern es kein Anderes hat, auf das es sich bezieht. Die Unmittelbarkeit des Absoluten ist aber zugleich bestimmt, sofern in ihm die gleichgültige Indifferenz der äußeren Reflexion reflektiert wird. Die Indifferenz wird positiv bestimmt als Identität, und an die Stelle der Indifferenz von Identität und Gegensatz tritt deren wesentliche Identität im Absoluten selbst. Diese Identität ist nicht mehr die Unmittelbarkeit als das Andere der Reflexion, sondern die Unmittelbarkeit unter der Reflexionsform des Widerspruchs. Die Unmittelbarkeit tritt nicht mehr nur spekulativ an die Stelle von Reflexion ein, wahre Unmittelbarkeit ist für Hege! vielmehr absolute Reflexion und daher auch auf dem Wege der Reflexion zu begreifen. Diesen Weg hat Hege! in der >>Phänomenologie des Geistes>Wissenschaft der Logik>objektive« Vermittlungen mit dem, wozu es sich verhält. Der Begriff selbst, als Mittel, repräsentiert Verhältnisse, in denen das Erkenntnissubjekt nur ein Relat ist. Diese Selbständigkeit und Eigendynamik der Begriffe als Mittel hat Regel zur Bewegung des Begriffs verdichtet. Anstatt den Begriff zu fliehen und äußerlich zu begrenzen, wäre daher zu fragen, ob die begrifflichen Mittel wirklich das hergeben, was Regel behauptet: ein Wissen des Absoluten. Und es wäre weiter zu fragen, ob Regel die in den Begriffen des endlichen Erkennens verdichteten Erfahrungen begrifflich adäquat realisiert, wenn er sie als Verstandesbegriffe in der dialektischen Bewegung zugrundegehen läßt. Der Begriff erscheint als die Bastion des absoluten Wissens; die absolute Reflexion gibt sich fugenlos, so daß eine immanente Kritik scheinbar notwendig schon immer vom Kritisierten vereinnahmt ist. Indessen ist es gerade der Begriff, der allererst eine zureichende Kritik ermöglicht. Indem das absolute Wissen beansprucht, die Voraussetzungen des endlichen, wirklichen Erkennens in sich aufgehoben zu haben, steht es unter der Beweislast, nicht nur seine Verträglichkeit mit der Empirie und Endlichkeit aufzeigen zu müssen, sondern diese an den Begriffen ihrer Erkenntnis selbst als nichtig zu erweisen und daraus einen sachhaltigen Begriff des Absoluten hervorgehen zu lassen. Die Angemessenheit des Begriffs für das empirische Erkennen und mit ihm die empirische Wirklichkeit selbst ist immanentes Kriterium der Wahrheit des behaupteten absoluten Wissens. Zu fragen ist daher, ob Hegels Kritik an der endlichen Verstandesreflexion begrifflich zwingend ist und ob die in dieser Kritik aufgezeigten begrifflichen Möglichkeiten des Überschreitens der Verstandesabstraktionen und der Äußerlichkeit des Erkennens nicht in einer anderen Richtung realisiert werden müßten, um Mittel der Erkenntnis dessen zu sein, was ist.
148
III. Hege!: Begriff und Wirklichkeit A. Begriff und Wirklichkeit: Drei Stellungen des Gedankens zur Objektivität 1. Spekulatives System und empirisches Wissen
Begreifendes Denken, wie Hege! es konzipiert, ist Reflexion auf den immanenten Zusammenhang der erscheinenden Wirklichkeit. Sie ist für die endlichen, reflektierenden Subjekte objektiv als die Bewegung der Sache selbst, die sie begreifen. Für Hege! vollendet sie sich im System einer absoluten Metaphysik, in welchem die Reflexion absolut- d. h. zur Reflexion des Absoluten selbst- wird. Darin wird der Gegenstand des Denkens unter der Form des Begriffs (das, was Hege! >>Nachdenken« nennt) schließlich durch die Totalität des sich begreifenden und darin durchsichtig werdenden Begriffs eingeholt. In dieser Totalität legitimiert sich die Rationalität als absolute, wodurch die Wirklichkeit als die der Vernunft ausgewiesen werden kann. Gleichwohl besteht die Bewegung des Begriffs nur als bestimmte Negation dessen, was als Objektivität der Inhalt der Begriffsform war. Gerade deshalb aber können sich die besonderen, >>methodisch verfahrenden Wissenschaften>nur als Beschränkungen des absoluten Wissens erweisen und blamierendurch die Freiheiteine durch alle Formen des Erkennens durchgeführte negative Wissenschaft>Einleitung>Wissenschaft der Logik>von allem abstrahiert und ihre reine Abstraktion, die Einfachheit des Denkens, erfaßt>Wissenschaft der Logik>wieder eine >PhänomenologiePhänomenologie>Yorbegriffs>Wissenschaft der Logik>Drei Stellungen des Gedankens zur ObjektivitätEnzyklopädie>in ein Buch auszulauffen anfieng>Logik>Die Philosophie bildet einen Kreis: sie hat ein Erstes, Unmittelbares, da sie überhaupt anfangen muß, ein nicht Erwiesenes, das kein Resultat ist. Aber womit die Philosophie anfängt, ist unmittelbar relativ, indem es an einen andern Endpunkt als Resultat erscheinen muß. Sie ist eine Folge, die nicht in der Luft hängt, nicht ein unmittelbar Anfangendes, sondern sie ist sich rundend>Vorbegriff>Enzyklopädie>Stellungen>befreit vonjener geschichtlichen Äußerlichkeit, rein im Elemente des Denkens>nur historisch und räsonnierend sich verhalten zu können« 11 bietet in diesem Zusammenhang den Vorteil, Hegels Erkenntnisauffassung von ihren historischen Voraussetzungen her durchsichtiger zu machen und daraufhin zu befragen, wieweit die vorbegriffliche Darstellung das Spezifische des begrifflich-systematischen Zugriffs an den referierten Positionen einsichtig zu machen vermag. 2. Denken als identifizierende Tätigkeit
Präludium des Durchgangs durch die >>drei Stellungen des Gedankens zur Objektivität>Enzyklopädie>die Bestimmtheit oder Form des Gedankens, ist das Allgemeine>das Nachdenken über Etwas>den Wert der Sache, das Wesentliche, das Innere, das Wahre>es ist somit nur vermittelst einer Veränderung, daß die wahre Natur des Gegenstandes zum Bewußtsein kommt>ebensosehr das Erzeugnis meines Geistes, und zwar als denkenden Subjekts, Meiner nach meiner einfachen Allgemeinheit, als des schlechthin bei sich seienden Ichs, -oder meiner Freiheit>Von aller Partikularität sonstiger Eigenschaften, Zustände usf. befreitesnur das Allgemeine tut, in welchem es mit allen Individuen identisch ist>Dinge in Gedanken gefaßt>Das Denken als die Tätigkeit ist somit das tätige Allgemeine, und zwar das sich betätigende, indem die Tat, das Hervorgebrachte, eben das Allgemeine ist. Das Denken als Subjekt vorgestellt ist Denkendes, und der einfache Ausdruck des existierenden Subjekts als Denkenden ist /ch>Denken als SubjektErzeugnis meines Geistes>des schlechthin bei sich seienden lchs>geht das Denken geradezu an die Gegenstände, reproduziert den Inhalt der Empfindungen und Anschauungen aus sich zu einem Inhalte des Gedankens und ist in solchem als der Wahrheit befriedigt. Alle anfängliche Philosophie, alle Wissenschaften, ja selbst das tägliche Tun und Treiben des Bewußtseins lebt in diesem Glauben«29. Nicht, daß dieses Verfahren auf die gedankliche Reproduktion der Objektivität geht, ist Hegel suspekt, sondern wie, unter welchen Voraussetzungen es dies tut. Es ist das Verfahren eines Bewußtseins, das auf doppelte Weise unmittelbar im schlechten Sinne- d. h. hier: ohne Bewußtsein der Vermittlungen, in denen es steht- zu Werke geht, nämlich (1) >>ohne das Bewußtsein des Gegensatzes des Denkens in und gegen sich>geradezu>Dieses Denken kann wegen der Bewußtlosigkeit über seinen Gegensatz ebensowohl seinem Gehalte nach echtes spekulatives Philosophieren sein, als auch in endlichen Denkbestimmungen, d. i. in dem noch unaufgelösten Gegensatze verweilen>wie sie vor der Kantischen Philosophie bei uns beschaffen war. Diese Metaphysik ist jedoch nur in Beziehung auf die Geschichte der Philosophie etwas Vormaliges; für sich ist sie überhaupt immer vorhanden, die bloße Verstandes-Ansicht der Vernunft -Gegenständefertige gegebene« zugrundegelegt werden, obwohl sie >>Totalitäten« sind, die nach Heget >>der Vernunft, dem Denken des in sich konkreten Allgemeinen angehören>Diese Metaphysik wurde Dogmatismus, weil sie nach der Natur der endlichen Bestimmungen annehmen mußte, daß von zwei entgegengesetzten Behauptungen, dergleichen jene Sätze waren, die eine wahr, die andere aber falsch sein müsse>geordnete Gestalt« der Verstandesmetaphysik führt Hegel den Kosmos der Wolffischen und an ihn anschließenden Hallischen Schulphilosophie vor, 36 nicht aber deren spekulative Vorgänger von Descartes bis Leibniz, welche der dritten Stellung des Gedankens zur Objektivität zugerechnet werden. Auf diese Weise wird in kritischer Absicht ein Kontinuum von Alltagsdenken, naiven einzelwissenschaftlichen Überzeugungen, Aufklärung und Popularaufklärung hergestellt. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, daß die Unmittelbarkeiten der spekulativen, rationalistischen Systeme systematisch als Antwort auf Schwierigkeiten des empiristischen Verstandesdenkens verstanden werden müssen und insofern eine höhere Dignität beanspruchen können, als die räsonierende Verstandesansieht der Vernunftgegenstände in der >>vormaligen>konkreten Inhalts gegen die abstrakten Theorien des Verstandes« geltend, die über den Allgemeinheiten die >>Besonderung und Be-
34
35 36
Ebd., § 30. Ebd., § 32. Ebd., §§ 33-36; vgl. auch den Kommentar zu Enz. 2 1827, GW 19, 501f.
Empirismus und Kritische Philosophie
155
stimmungdiese Quelle [ ... ] mit der Metaphysik selbst gemein, als welche für die Beglaubigung ihrer Definitionen - der Voraussetzungen sowie des bestimmtem Inhalts - ebenfalls die Vorstellungen, d. h. den zunächst von der Erfahrung herrührenden Inhalt zur Gewähr hatDrei Stellungen>Enzyklopädie>zunächst die richtige Reflexion>daß in dieser empirischen Weise die rechtlichen und sittlichen Bestimmungen und Gesetze sowie der Inhalt der Religion als etwas Zufälliges erscheinen und deren Objektivität und innere Wahrheit aufgegeben istdie Erfahrung für den einzigen Boden der Erkenntnisse anzunehmen, welche sie aber nicht für Wahrheiten, sondern nur für Erkenntnisse von Erscheinungen gelten läßt>nicht auf den Inhalt und das bestimmte Verhältnis dieser Denkbestimmungen gegeneinander selbst ein, sondern betrachtet sie nach dem Gegensatz von Subjektivität und Objektivität überhaupt>und derselben nichts gegenüber bleibt als das Ding-an-sich>ansichseienden>IchVernunft heißt dies abstrakte Ich oder Denken, welches diese reine Identität sich zum Gegenstande oder Zweck macht>das Ideal der Vernunft>verknüpft sich damit aber nicht die Einsicht, daß jenes das wahrhafte, ja die Wahrheitselbst ist. Vielmehr wird diese Einheit nur aufgenommen, wie sie in endlichen Erscheinungen zur Existenz kommt>Kanon, nicht ein Organon der Wahrheit, vermag nicht eine Doktrin des Unendlichen, sondern nur eine Kritik der Erkenntnis zu liefern. Diese Kritik besteht in ihrer letzten Analyse in der Versicherung, daß das Denken in sich nur die unbestimmte Einheit und die Tätigkeit dieser unbestimmten Einheit sei>Inbegriff« in der Weise eines Verstandesbegriffes, als ein unmittelbar Gegebenes, zu haben, sondern nur als Resultat des sich vollendenden Systems. Der Weg vom Sein zum Abstraktum des Denkens ist für Hege! der Versuch, das >>erfüllte Sein [ ... ] als ein allgemeines, an und für sich notwendiges und nach allgemeinen Zwecken sich bestimmendes und tätiges Sein« zu fassen, >>als Gott« 58 • Dagegen, so Hege!, biete Kant das empiristische Argument Humes auf, Allgemeinheit und Notwendigkeit seien aus den Wahrnehmungen nicht abzuleiten. Ebenso verfahre Kant in der Kritik des ontologischen Beweises, indem er auf der Differenz von Denken und Sein, Begriff und Wirklichkeit so beharre, daß eine objektiv gültige Erkenntnis der Vernunftgegenstände nicht zustandekommen könne. 59 Die Kritik dieses äußerlichen Denkens, welches den inneren Zusammenhang des erfüllten Seins in ein Ansich als Jenseits des Erkennens setzt, läßt sich jedoch von Kant das Formular einer durchschlagenden Identität des Bedingenden vorgeben. Ebenso, wie Kant den uneingestandenen Empirismus des Transzendenten in der rationalistischen Metaphysik aufgegriffen und ihm nur, unter Rekurs auf empiristische Argumente, eine negative Form gegeben hatte, hält Hege! an der Voraussetzung einer sich selber durchsichtigen Vernunfttotalität im Zeichen absoluter Identität fest, auch wenn er diese nicht als abstrakte Identität affirmiert. Das heißt: er folgt mit Kant dem metaphysischen Empirismus des Transzendenten, wie er umgekehrt auch dem klassischen Empirismus insoweit Recht gibt, daß es gegenüber leeren Abstraktionen auf den Reichtum eines in sich konkreten Wissens ankomme. Zugespitzt: Hege! greift die leere Identität der Vernunft bei Kant an, um sie zu einer erfüllten zu machen, aber er läßt sich dabei von Kant das metaphysische Formular der Identität der Vernunft mit sich vorgeben, das er auf anderem Wege erfüllen will. Hierauf beruht seine grundsätzliche Zustimmung zu den Unmittelbarkeiten der rationalistischen Metaphysik, die es freilich aus der Form der unvermittelten Unmittelbarkeit herauszunehmen und als Resultat der Vermittlungen zu begreifen gilt. 56 57
58 59
Zur Diskussion darüber vgl. Jaeschke 1983, 120ff. Vgl. Jaeschke 1986, bes. 361-370. Enz. 3 1830, § 50. Vgl. ebd., § 51.
Unmittelbares Wissen
159
5. Die dritte Stellung: Unmittelbares Wissen
Gegen die Verstandesmetaphysik behauptet der Empirismus die Wahrheit, daß ein erfülltes Sein zu denken ist. Er verfehlt aber seine eigene Wahrheit, indem er dieses in leeren Abstraktionen fixiert. Die Aufgabe besteht daher darin, die empirische Welt anders als im Empirismus und der Verstandesmetaphysik in das Denken aufzunehmen. >>Die empirische Welt denken heißt [ ... ]wesentlich, ihre empirische Form umändern und sie in ein Allgemeines verwandelnNegation>denn darin, daß die Welt zufällig ist, liegt es selbst, daß sie nur ein Fallendes, Erscheinendes, an und für sich Nichtiges istnur Schein [ ... ] , nicht das wahrhafte Sein, nicht absolute Wahrheit>als die Beschreibungen und Analysen des Ganges des Geistes in sich anzusehen, der [ ... ] das Sinnliche denkt>in dieser Vermittlung die Vermittlung selbst>der Begriff [ ... ] ist wenigstens die durch Aufhebung der Vermittlung hervorgehende, somit selbst unmittelbare Beziehung auf sich selbst; das Sein aber ist nichts anderes als diesesLogik>daß sie darin nur als Momente eines Ganzen vorkommen und daß sie nur vermittelst ihres Gegentheils aber wesentlich ebenso vermittelst des Aufhebens ihres Gegentheils hervortreten«187. Indem es gleichgültig geworden ist, womit nun der Anfang gemacht wirddem Endlichen oder dem Unendlichen - sind die Momente des Progresses indifferenziert und damit auch der Prozeßcharakter als Bewegung auf einen Horizont von Unendlichkeit hin entfallen. Die so gedachte, auch noch gegen ihren Richtungssinn gleichgültig gewordene Prozessualität ist das unendliche Werden des Endlichen und Unendlichen als den Momenten des Prozesses. Für diese Prozessualität, die sich durch die Vergleichgültigung ihrer Momente nur noch auf sich selbst bezieht und damit die Linie des Progresses in den Kreis zurückbeugt, behält Regel weiterhin den vom Verstandesdenken erborgten Titel der Unendlichkeit bei. Als nur noch in sich selbst rotierende ist sie aber mit sich selbst zusammengeschlossen und damit von der schlechten zur schlechthinnigen geworden: >>Wie also das Unendliche in der That vorhanden ist, ist der Proceß zu seyn, in welchem es sich herabsetzt, nur eine seiner Bestimmungen, dem Endlichen gegenüber und damit selbst nur eines der Endlichen zu seyn, und diesen Unterschied seiner von sich selbst zur Affirmation seiner aufzuheben und durch diese Vermittlung als wahrhaft Unendliches zu seyn« 1BB. Das Unendliche ist somit >>In-sich-Zurückgekehrtseyn, Beziehung seiner auf sich selbstEs ist, und ist dapresent, gegenwärtig« 189 • Nur dieses vom Unendlichen aus gedachte Dasein hat Realität, denn: >>Das Endliche ist nicht das Reale, sondern das Unendliche. So wird die Realität weiter als das Wesen, der Begriff, die Idee u. s. f. bestimmt« 190 . Diese Weiterbestimmungen haben aber die Endlichkeit als das an sich Nichtige schon immer hinter sich gelassen und ihm Realitätsgehalt nur in einem affirmativen Unendlichen zugebilligt. Mit der Unendlichkeit ist daher erstmals eine absolute Selbstbezüglichkeit modelliert, die in der Beziehung auf sich selbst aus sich die Bestimmtheilen entläßt und in sich zurücknimmt. Sie ist das erste Paradigma einer reflektierten Unmittelbarkeit auf dem Boden der >>SeinslogikLogik>der wesentlichen, sich setzenden Einheit der Unmittelbarkeit und Vermittlung>das tiefe Verdienst>daran erinnert zu haben, daß die Denkbestimungen
189
190 191
Ebd., 136. Ebd. Enz. 3 1830, § 65, Erläuterung.
Dialektik und Logik der Reflexion
195
in ihrer Notwendigkeit aufzuzeigen, daß sie wesentlich abzuleiten seien« 192 , woraus sich allein schon eine neue Methode der Bearbeitung der >>Logik« hätte ergeben sollen. Hierbei denkt Hege! offenbar an die drei obersten Grundsätze der Wissenschaftslehre, die unter die logischen Titel Identität, Gegensatz und Limitation gestellt sind, wobei der letztere das Problem des Widerspruchs im Endlichen mit sich führt. In einer Anmerkung äußert sich Hege! dabei zu dem Verfahren, die Reflexionsbestimmungen in Form von Sätzen aufzunehmen. 193 Dies führe notwendig zu einer schiefen Ansicht, denn sie seien keine qualitativen Bestimmungen, sondern >>Beziehungen an sich selbst« 194 . Was das heißt, erhellt aus einer späteren Bemerkung: >>Die Reflexion ist die reine Vermittlung überhaupt [ ... ]. Die reine Vermittlung ist nur reine Beziehung, ohne Bezogene« 195 . Die Reflexionsbestimmungen sind daher, so kann vorläufig gesagt werden, nicht solche, die von einem Etwas ausgesagt werden, d. h. in diesem Falle: »das Seyn, Alles Etwas>bestimmte gegen einander; sie sind also durch ihre Form der Reflexion, dem Übergehen und dem Widerspruche nicht entnommen. Die mehrern Sätze, die als absolute Denkgesetze aufgestellt werden, sind daher, näher betrachtet, einander entgegengesetzt, sie widersprechen einander und heben sich gegenseitig auf« 197 . Die Reflexionsbestimmungen stehen als in sich reflektierte unter dem Gesetz des Widerspruchs; in ihnen kehrt wesenslogisch der Widerspruch im Endlichen auf der Grundlage der Vergleichgültigung der Relate so zurück, daß sie sich als Bestimmungen widersprechen und dadurch >>in den Uebergang und in ihre NegationEnzyklopädie« gibt Hege! im Anschluß an den >>Vorbegriff« einen >>näheren Begriff« der Logik, indem er drei Momente des Logischen hervorhebt: (1) das abstrakte oder verständige; (2) das >>dialektische oder negativ-vernünftige«; (3) das >>spekulative oder positiv-vernünftige« 199 • Hierbei handelt es sich nicht um Teile der Logik, sondern um Momente jedes Logisch-Reellen. Die Einheit dieser Momente wird durch das spekulative Moment selbst erzeugt, sofern dieses >>die Einheit der Bestimmungen in ihrer Entgegensetzung« 200 auffaßt und damit das negative Resultat der Dialektik des Widerspruchs affirmativ in sich aufnimmt. Das Dialektische als das >>eigene Sichaufheben« der endlichen Bestimmungen ist somit als 192 193 194 195 196
197 198
199 2[)()
Ebd., § 42, Erläuterung. Vgl. GW 11, 258ff. Ebd., 259. Ebd., 292. Ebd., 259. Ebd., 260. Ebd. Enz. 31830, § 79. Ebd., § 82.
196
III. Hegels Logik der Reflexion
das mittlere das eigentlich vermittelnde Moment, >>wodurch allein immanenter Zusammenhang und Notwendigkeit in den Inhalt der Wissenschaft kommt>Logik>Logik>Logik>reflectirte Unmittelbarkeiteine unmittelbare Voraussetzung, eine unabhängige Seite gegen das Wesen>ZU zeigen, daß die Bestimmungen, die ihn vom Wesen unterscheiden, Bestimmungen des Wesens selbst sind>Seinslogik>Sein>Wesen>Unmittelbarkeit des Nichtseyns>Nichtigkeit an sichdie unendliche Bewegung in sich>welche seine Unmittelbarkeit, als die Negativität, und seine Negativität als die Unmittelbarkeit bestimmt und so das Scheinen seiner in sich selbst ist>aufgehobene Negativität>sie selbst und nicht sie selbst und zwar in Einer Einheit zu seyn>Unmittelbarkeit>Wesenslogik>schlechthin nur als diese Beziehung oder als Rückkehr aus einem, somit sich selbst aufhebende UnmittelbarkeitWissenschaftslehreabsolute Reflexion«, während es sich hier um >>die äusserliche oder reale Reflexion«217 handle. Diese ist Doppelung der ersten, der setzenden Reflexion (oder, was dasselbe sagt: Ur-teilung der absoluten), sofern die Selbstbeziehung einmal als >>das Vorausgesetzte, oder die Reflexion in sich, die das Unmittelbare ist«, erscheint, zum anderen als >>negativ sich auf sich beziehende Reflexion« 21 8. In dieser negativen Beziehung bezieht sich die Reflexion >>auf das Unmittelbare als auf ein Gegebenes>demselben äusserliche Bestimmungen«220 setzt. Diese Struktur ist als Konsequenz der Verendlichung eines Unendlichen zu verstehen; die vorausgesetzte Unmittelbarkeit als Reflexion-in-sich erscheint im Gegensatz gegen die Reflexion als Endliches, von dem die Reflexion anfängt. Gegenüber diesem Endlichen nun macht sich die endliche Reflexion, indem sie bis ins Unendliche Bestimmungen setzt, unter der Form des Gegensatzes selbst unendlich: >>das Unendliche ist die gegenüber stehende Reflexion in sich« 221 • Mit der äußeren Reflexion ist damit die daseinslogische Reflexionsform der Beziehung auf Anderes aus der Sicht Hegels auf den Punkt gebracht, wobei er glaubt, sich ihrer Scheinhaftigkeit schon vorher versichert zu haben, sofern sie aus der Unmittelbarkeit der absoluten Reflexion erst hervorgeht. Diese Ableitung freilich kann nur durchgehalten werden, wenn sich in der Vergleichgültigung der Relate Unmittelbarkeit und Reflexion als indifferent erweisen lassen. Hege! will dies dadurch erreichen, daß die Reflexion selbst sich unendlich macht und dadurch die Bestimmung mit der Unmittelbarkeit tauscht, die nun als endlich erscheint. Damit wird unter der Form eines äußeren Gegensatzes das realisiert, was schon in der setzenden Reflexion lag: Unmittelbarkeit und Reflexion sind austauschbare Bestimmungen. Darin liegt zugleich auch, daß der äußere Gegensatz sich nicht festhalten läßt und mit der Einseitigkeit der äußeren Reflexion die Endlichkeit überhaupt überwunden werden kann. In der äußeren Reflexion wird thematisch, was Hege! als Reflexionsphilosophie der Subjektivität vehement kritisiert hatte. In einer Anmerkung verweist er dementsprechend auch auf das Reflexionsverständnis der Kantischen >>Kritik der 217 21s 219 220 221
Ebd. Ebd., 252f. Ebd., 254. Ebd., 253. Ebd.
Bewegung der Reflexion
201
Urteilskraft« und bekennt selbstkritisch: >>Die äusserliche Reflexion war auch gemeynt, wenn der Reflexion überhaupt, wie es eine Zeitlang Ton in der neuern Philosophie war, alles Ueble nachgesagt und sie mit ihrem Bestimmen als der Antipode und Erbfeind der absoluten Betrachtungsweise angesehen wurdeSetzen des Unmittelbaren>nicht nur an sich [ ... ] dasselbe was die Reflexion ist, sondern es ist gesetzt, daß es dasselbe ist>Wissenschaftslehre>Einheit ihrer selbst und ihres Andern« 225 gefaßt wird. Sie ist bestimmende Reflexion, sofern sie angibt, worin die endlichen Bestimmtheiten ihr Bestehen haben. Bestimmtheit wird nicht in der Weise der äußeren Reflexion an etwas gesetzt, vielmehr ist das Gesetztsein ein Unmittelbares im Sinne der setzenden Reflexion, d. h. ein in die Reflexion in sich aufgehobenes. Gesetztsein ist Dasein, aber Dasein in Rücksicht auf das Wesen, d. h. >>eine Bestimmtheit oder Negation nicht als seyend, sondern unmittelbar als aufgehoben« 22 6. In der Affirmation des Prinzips, daß Bestimmtheit Negation sei, wird dieser Negation von Hege! zugleich der substantielle Boden entzogen; der >>Boden>das Seyn, als Wesen oder als reine Negativität>als Negatives, ein schlechthin nur auf die Rückkehr in sich bezogenes>als die Negation des Zurückgekehrtseyns in sich selbstdas Reflectirtseyn in sich selbstGleichheit mit sich selbst in ihrem Negirtseyn [ ... ]; ihr Negirtseyn ist daher selbst Reflexion in sich. Die Bestimmung besteht hier nicht durch das Seyn, sondern durch ihre Gleichheit mit sich>übergehendes, im Andern verschwindendes Moment>Es ist das Bestimmte, das sein V ebergehen und 225 226 227 228 229 230 231
Ebd., 257. Ebd., 255. Ebd. Ebd., 256. Ebd. Ebd. Ebd.
Gegensatz im Zeichen der Identität
203
sein bloßes Gesetztseyn sich unterworfen, oder seine Reflexion in anderes in Reflexion in sich umgebogen hat« 232 ; das Andere in ihr ist schon immer das Andere ihrer selbst. Halt also findet die Bestimmung allein in der Sichselbstgleichheit der Reflexion, die mit der wahrhaften Unmittelbarkeit identisch ist. Als Gesetztsein ist die Bestimmung >>Nichtseyn gegen ein anderes, nemlich gegen die absolute Reflexion in sich oder gegen das Wesen« 233 , zugleich aber ist sie in sich reflektiert, und insofern das Gesetztsein >>zugleich Reflexion in sich selbst ist, so ist die Reflexionsbestimmtheit die Beziehung auf ihr Andersseyn an ihr selbst« 234 • Das Ganze der Reflexion als Einheit der setzenden und äußeren reflektiert sich in der Reflexionsbestimmung als Einheit von Gesetztsein und Wesenheit, die ihr Anderssein in sich zurückgenommen hat. Die Abwesenheit des Anderen macht die Bestimmtheit selbst zu einer flüssigen in der unendlichen Beziehung ihrer als Wesenheit auf sich; sie ist nicht >>als eine seyende, ruhende Bestimmtheit, welche bezogen würde auf ein anderes, so daß das Bezogene und dessen Beziehung verschieden von einander sind« 235 • Beziehung überhaupt ist damit wesenslogisch in die Unmittelbarkeit reiner Selbstbeziehung umgedeutet, in der dem Dasein das Sein ausgetrieben ist, so daß von den Relaten nichts zurückbleibt, außer, Moment einer absoluten Selbstbezüglichkeit zu sein. Auf dieser Ebene erscheint die romantische Reflexionsform des Selbstseins im Anderen in potenzierter Gestalt als wesentliche Bestimmung der Wirklichkeit, nur daß dieses Selbst alle Endlichkeit hinter sich gelassen hat. 3. Die Konstruktion des Gegensatzes im Zeichen der Identität
Im zweiten Kapitel des ersten Abschnitts der >>Wesenslogik>Logik>Enzyklopädie>nicht unmittelbare, sondern negative Einfachheit; [ ... ] absolute Vermittlung mit sich« 237 • Die Reflexionsbestimmungen werden als Momente einer Reflexion gefaßt und sind somit selbst >>dem Uebergehen und dem Widerspruche nicht
232 233
Ebd., 256 f. Ebd., 257.
Ebd. Ebd. 236 Zur Entwicklungsgeschichte der >>Wesenslogikletzte>nur die Bestimmung, daß sie aufgehobene Bestimmung ist>Enzyklopädiebestimmte Grund>etwas Formelles; irgend eine Bestimmtheit, insofern sie als bezogen auf sich selbst, als Affirmation gesetzt wird>Reflexion-in-sich [ ... ] ebensosehr Reflexion-in-Anderes und umgekehrt>Wesentliche>insofern nicht abstracte Identität>die ganze Reflexion, nicht ein unterschiedenes Moment derselben« 243 . Diese war freilich nicht die eines ruhenden, positiven Seins, sondern als Reflexion war das Wesen absolute Negation, d. h. eine Negation, die unmittelbar sich selbst negiert. Sofern hier also unterschieden wird, findet ein Unterscheiden statt, >>Wodurch nichts unterschieden wird, sondern das unmittelbar in sich selbst zusammenfälltinnerliches Abstossen« 245 entspricht es der setzenden Reflexion. Indem diese sich als unmittelbare Einheit von Unmittelbarkeit und Vermittlung durch die Momente der reinen Identität (ohne Bezogene) und des reinen Unterschieds (ohne Unterschiedene) bewegt, hat sie Bestimmungen, nämlich die der Identität gegen die Nichtidentität. Die Identität ist das >>Gesetztseyn« der setzenden Reflexion, >>aus welchem sie die Rückkehr in sich ist«; so ist sie >>Moment [ ... ]als Bestimmung der einfachen Gleichheit mit sich selbst, gegen den absoluten Unterschied«246 • Damit aber ist der Satz der Identität reflexionslogisch schon immer als synthetisch zu verstehen, indem er eine Reflexionsbewegung enthält, die auch darin zum Ausdruck kommt, daß er im Satz des Widerspruchs eine negative Form findet, in der der verschwindende Unterschied aufscheint. 247 Der Unterschied ist zunächst >>die Negativität, welche die Reflexion in sich hat« 248 • Dieser >>absolute Unterschied« ist nichts anderes als das, was als einfache Identität eingeführt wurde, nämlich >>negative Beziehung auf sich oder Unterscheidung ihrer von sich selbst« 249 • Identität und Unterschied werden aus ihrem Wesens-Ursprung heraus als strukturell identisch gedacht: beide sind >>ihr Ganzes und ihr Moment« 250 , sowie als Moment die Beziehung auf ihr Anderes, die Identität bzw. den Unterschied. So ist die Identität Einheit der Identität und des Unterschieds, wie auch der Unterschied >>Einheit seiner und der Identität« 251 ist. Ebd., 262. Ebd. 247 Vgl. ebd., 265; Hege I gibt ihm die Form »A kann nicht zugleich A und Nicht-A sein«, da hier von Prädikationen noch gar nicht die Rede ist, die vielmehr erst in der Betrachtung des Widerspruchs als Reflexionsbestimmung thematisch werden. 248 Ebd. 249 Enz. 31830, § 116, Zusätze (HW 8, 239). 250 GW 11, 266. 25t Ebd. 245 246
111. Hegels Logik der Reflexion
206
Als Momente sind Identität und Unterschied gegeneinder bestimmt; es hat sich aber gezeigt, daß nicht nur die Identität, sondern auch der Unterschied in sich reflektiert ist, d. h. daß beide auch in ihrem Gesetztsein als Momente in sich reflektiert sind: »Der Unterschied, indem er zwey solche Momente hat, die selbst die Reflexionen in sich sind, ist Verschiedenheit« 252 • Das besagt: Identität und Unterschied sind als Momente >>gegen einander gleichgültigdas Ganze« 253. In der gleichgültigen Verschiedenheit realisiert sich die in der Unmittelbarkeit des Wesens vorausgesetzte Amphibolie der absoluten Identität bzw. des absoluten Unterschieds. Identität und Unterschied sind äußerliche Bestimmungen an einem, das gegen den Unterschied beider gleichgültig ist und das, als das Ganze, beides und zugleich weder das eine noch das andere ist. So ist die Reflexion-in-sich (des Ganzen) und eine Reflexion vorhanden, die äußerliche Bestimmungen der Identität und des Unterschieds an ihm setzt. Das heißt: die Verschiedenheit stellt die Struktur der äußeren Reflexion wieder her. Sie zeigt sich hier, entsprechend der traditionellen Bestimmung der Reflexion als Komparation, als äußere Bewegung des Vergleichens an Verschiedenem, bei der Gleichheit und Ungleichheit als Hinsichten auf ein und dasselbe erscheinen. In der Gleichgültigkeit gegenüber dem Substrat ist diese Reflexion >>sich selbst äusserlich« oder die Gestalt einer >>sich entfremdeten Reflexion« 254 • Für Hege! bedeutet dies, daß sich die Reflexion, die sich in die Äußerlichkeit verloren hat, selbst zerstören muß. Die Bestimmungen der Gleichheit und Ungleichheit schließen sich wechselseitig aus; sie sind, in Hegels Worten, >>Bestimmungen des Unterschieds«, >>Beziehungen aufeinander, das eine, zu seyn, was das andere nicht ist« 255 . Dieses Ausschließen fällt aber in gleichgültige Hinsichten auseinander; das Gleiche ist das Gleiche und das Ungleiche ist das Ungleiche, so daß sich die Bestimmungen gleichsam nicht berühren und amphibolisch werden, eben gleich-gültig; wiederum in Hegels Worten: >>Durch ihre Gleichgültigkeit aber gegen einander ist [ ... ] der Unterschied [ ... ] verschwunden [ ... ]; oder jede ist hiemit nur Gleichheit« 256 • Der Unterschied besteht nur in der Rücksicht auf die Gleichheit der Unterschiedenen mit sich; diese werden aber als Bestimmungen auf ein Drittes bezogen, an dem sie als Hinsichten unterschieden werden, ohne seine Gleichheit mit sich zu verletzen. In diesem Beziehen der Bestimmungen der Gleichheit und Ungleichheit durch die äußere Reflexion auf ein Drittes aber sind Gleichheit und Ungleichheit miteinander vermittelt; auf diese Vermittlung nun kommt es Hege! an, um die Verschiedenheit zum Gegensatz und Widerspruch zuzuspitzen. 252 253 254 255 256
Ebd., 267. Ebd. Ebd., 268 f. Ebd., 269. Ebd.
Gegensatz im Zeichen der Identität
207
Die äußere Reflexion bezieht, indem sie die Bestimmungen der Gleichheit und Ungleichheit setzt, beide aufeinander. Hegel drückt dies auch so aus, daß der von den Gegenständen ferngehaltene Widerspruch sich in dieser Reflexion erneuert.257 Die Spitze dieses Arguments richtet sich, obwohl im Kontext der Anmerkung namentlich nur Leibniz erwähnt wird, vor allem gegen Kants Konzeption transzendentaler Reflexion. 258 Indem Kant die topalogische Hinsicht der Komparation auf reine Verstandesbegriffe und Anschauungen einführt, will er die Gegensatzbeziehungen als >>reale>ist also in seiner Bestimmtheit das Ganze>Sache>Sache>Selbständigkeit>Gesetztsein>insofern es die Bestimmtheit ist, die als Ganzes in sich reflectirt ist>entgegengesetzte überhaupt; oder jedes ist nur das entgegengesetzte des andern>sein eigenes Nichtseynnur Bestimmtheit überhaupt>sie können verwechselt werden, und jede Seite ist von der Art, daß sie eben so gut als positiv wie als negativ genommen werden kann>Wesenslogik>Restitution bloßer Verschiedenheitschon der Widerspruch an sich>Wissenschaft der Logik« immer wieder deshalb, weil der Widerspruch im Endlichen so angesetzt war, daß er als Widerspruch die Nichtigkeit der endlichen Entgegengesetzten erweisen sollte. Seinslogisch ließ er ein negatives Resultat zurück, daß durch die erschlichene Unmittelbarkeit des Unendlichen affirmativ interpretiert wurde. Seine Funktion bestand dort darin, die endliche Reflexion an ihr selbst zu vernichten. Wesenslogisch soll dieses Verfahren begrifflich allererst gerechtfertigt werden, indem gezeigt wird, was überhaupt ein Widerspruch dem Begriffe nach ist. Damit wächst seiner Bestimmung aber zugleich die Aufgabe zu, am Widerspruch selbst das Hervorgehen eines positiven Resultats aufzuweisen. Gelänge dies nicht, so wäre die intendierte Aufhebung des Endlichen in das Unendliche und der Vermittlung durch sie selbst in die reflektierte Unmittelbarkeit gescheitert. Gerade weil der Widerspruch der ganzen bisherigen Reflexionsbewegung (einschließlich der seinslogischen) zu273 274
GW 11, 279. Vgl. Iber 1990, 447.
Widerspruch
211
grundelag, trifft es zu, daß mit der Reflexionsbestimmung des Widerspruchs eine krisenhafte Zuspitzung erreicht ist, in der die Macht des Absoluten auf dem Spiel steht. 275 Um diese Krise zu überwinden, beutet Hege! wiederum die Amphibolie der Reflexionsbestimmungen aus, wie sie sich auf der Grundlage der Abstraktion von der Bestimmtheit als Qualität ergeben hatte. Das Positive und das Negative sind in der Einheit der ersten und zweiten Stufe der Gegensatzbeziehung (in der Einheit der setzenden und äußeren Reflexion) Momente, die sich als gleichgültig gegeneinander gegenseitig ausschließen. >>Die gleichgültige Selbstständigkeit für sich hat jedes dadurch, daß es die Beziehung auf sein anderes Moment an ihm selbst hat; so ist es der ganze in sich geschlossene Gegensatz>in derselben RücksichtSO schließt sie in ihrer Selbstständigkeit ihre eigene Selbstständigkeit aus sich aus>ebensosehr unmittelbarder absolute Widerspruch des Positiven>unmittelbar der Vgl. Theunissen 1975. GW 11, 279. 277 Ebd. 278 Vgl. ebd.: die Selbständigkeit besteht »ebensosehr unmittelbar darin, sie selbst zu seyn und die ihr negative Bestimmung von sich auszuschliessen. Sie ist so der Wider275
276
spruchüberhaupt nicht ein unmittelbaresdie ganze, als Entgegensetzung auf sich beruhende Entgegensetzung, der absolute sich nicht auf anderes beziehende Unterschied>als die Identität selbst, die er ausschließt>jedes ist schlechthin [ ... ] das sich Uebersetzen seiner in sein Gegentheilrastlose Verschwinden der Entgegengesetzten in ihnen selbst>nächste{n] EinheitAusdruck>insofern es das Positive und Negative nicht betrachtet, wie sie an und für sich sindDas Positive und Negative machen das Gesetztseyn der Selbständigkeit aus; die Negation ihrer durch sie selbst hebt das Gesetztseyn der Selbständigkeit auf. Diß ist es, was in Wahrheit im Widerspruche zu Grund 279 280 281 282 283 284 285
Ebd., 280. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd., 283.
Verhältnis zum Widerspruch im Endlichen
213
geht>Die Selbständigkeit [ ... ] ist die Einheit des Wesens, durch die Negation nicht eines Andern, sondern ihrer selbst identisch mit sich zu seyn>es kam nur die Bestimmung der Einheit mit sich selbst hinzu, welche dadurch hervortritt, daß die selbständigen Entgegengesetzten jedes sich selbst aufhebt und sich zu dem andern seiner macht, somit zu Grunde geht, aber darin zugleich nur mit sich selbst zusammengeht, also in seinem Untergange, das ist, in seinem Gesetztseyn oder in der Negation vielmehr erst das in sich reflectirte, mit sich identische Wesen istwahre Schluß von einem Endlichen und Zufälligen auf ein absolut-nothwendiges Wesen>nicht darin, daß von dem Endlichen und Zufälligen als dem zum Grunde liegenden und liegen bleibenden Seyn, sondern daß, was auch unmittelbar in der Zufälligkeit liegt, von einem nur fallenden, sich an sich selbst widersprechenden Seyn aus, auf ein absolut-nothwendiges geschlossen>Die Wahrheit aber ist, daß darum, weil das Endliche der an sich selbst widersprechende Gegensatz, weil es nicht ist, das Absolute ist. [ ... ] Das Nichtseyn des Endlichen ist das Seyn des Absoluten>Sich gegenseitig aufhebende und gegen einander gleichgültige« 291 erwiesen werden. Diese Vergleichgültigung der endlichen Bestimmtheiten hat jedoch für die Endlichen die Bedeutung des Nichtseins, des Todes. Mit dem Erreichen der Indifferenz sind sie aus dem Dasein hinausgetreten; daraus folgt umgekehrt: in ihrem Dasein können sie die Entgegensetzungen im Endlichen nicht verlassen, deren Härte durch ihre Hinfälligkeit bezeugt wird. Mit dieser Position setzt sich Hege! in den schärfsten Gegensatz zur Romantik und es zeigt sich, daß er von der Bestimmtheit des Endlichen auch dann nicht einfach absieht, wenn er dessen Nichtsein behauptet. Es ist nicht >>Nichtsein>der daseyende Widerspruch selbst>die Wurzel aller Bewegung und Lebendigkeit; nur insofern etwas in sich selbst einen Widerspruch hat, bewegt es sich, hat Trieb und Thätigkeitdas Princip aller Selbstbewegung, die in nichts weiter besteht, als in einer Darstellung desselben>Ding, das Subject, oder der Begriff, [ ... ] als in seiner Sphäre in sich reflectirt, sein aufgelöster Widerspruch, aber seine ganze Sphäre ist auch wieder eine bestimmte, verschiedene; so ist sie eine endliche, und diß heißt eine widersprechende. Von diesem höhern Widerspruche ist nicht sie selbst die Auflösung; sondern hat eine höhere Sphäre zu ihrer negativen Einheit, zu ihrem Grunde. Die endlichen Dinge in ihrer gleichgültigen Mannigfaltigkeit sind daher überhaupt diß, widersprechend an sich selbst, in sich gebrochen zu seyn und in ihren Grund zurückzugehen>ein Existierendes [ ... ] in seiner positiven Bestimmung zugleich über seine negative überzugreiften und eine in der andern festzuhalten [ ... ] vermag« 298 • (4) Auf Dauer gestellt wird dieses Festhalten dort, wo der Widerspruch über das Endliche hinaustreibt; es kommt zu der eigentümlichen, von Hege! nicht zureichend reflektierten Dialektik im Stillstand, von der bereits die Rede war. 299 Sie beruht darauf, daß die Negativität im Sein des Absoluten zwar nicht verschwunden, aber gebannt und festgehalten ist. 296 297 298 299
Ebd., 287.
Vgl. ebd., 289.
Ebd., 287.
Vgl. oben III, A, 6.
216
111. Hegels Logik der Reflexion
Die erstgenannte Lösung des Widerspruchs bezeichnet eine fragile, temporäre Form, worin er sich bewegt. Diese Lösung ist selbst der Widerspruch, genauer: derjenige Zustand in seiner Entwicklung, in dem die Negativität noch festgehalten werden kann. Diese Form ist endlich und hängt von der bestimmten Beziehung, der Formbestimmtheit der Sphäre ab, in welcher der Widerspruch besteht. So erliegt er schließlich der Negativität und löst sich nach den Regeln von (2) auf. Nun ist Hegel der Überzeugung, daß daraus unmittelbar zugleich ein positives Resultat zu gewinnen sei, in dem strukturell die Lösung des ersten Typs wiederhergestellt wird. Bereits diese Überzeugung beruht auf der spekulativen Annahme, daß die ontologisch niedere Stufe teleologisch auf die höhere bezogen und in dieser vollständig aufgehoben sei. Unter dieser Voraussetzung erscheint die jeweils höhere Stufe als diejenige, worin die niederen Wahrheit und Realität haben, indem sie darin mit sich zusammengehen. Dadurch glaubt Hegel berechtigt zu sein, die Selbigkeit des Widerspruchs als sich durch alle Sphären hindurchziehend festhalten zu können. Die Vergleichgültigung der Bestimmtheiten im Begriff des Widerspruchs selbst, so wird hier deutlich, führt dazu, daß seine Formbestimmtheit innerhalb der spezifischen Sphäre, worin er sich bewegt, aus dem Blick verschwindet. Nur so kann behauptet werden, der Widerspruch gehe, indem er zugrundegeht, zugleich in seinen Grund zurück. Dieser Einwand bezieht sich bereits auf Hegels Konstruktion des Widerspruchs im Endlichen. Schon dort wird ein teleologischer Aufhebungsmechanismus in Gang gebracht, der den existierenden Widersprüchen stufenweise ihr Sein entzieht, indem das negative Resultat, dem sie erliegen, teleologisch in die aus dem Widerspruch hervorgehende Affirmation einer höheren Sphäre umgemünzt wird. Dieser Mechanismus kulminiert in der These, das Endliche überhaupt sei nichtig, ein Nichtsein, aus dem sich das Sein des Absoluten herauspressen lasse. Wie jedem realen Widerspruch eine Bedeutung unterlegt wird, die er erst durch seine Aufhebung gewinnt, so wird dem als negative Totalität konstruierten Endlichen insgesamt eine Bedeutung unterlegt, die es durch das Sein des Absoluten gewinnt. Läßt sich dieses als Begriff nicht zwingend machen und festhalten, so steht freilich das Wirklichkeitsverständnis der Hegeischen Philosophie und mit ihm die Hegeische Dialektik des Widerspruchs umfassend zur Disposition. 6. Schwierigkeiten im Umgang mit Hegels Widerspruchsbegriff Die hier vorgeschlagene Interpretation der Hegeischen Theorie des Widerspruchs im Rahmen der spekulativen Prämissen seines Systems erschwert den Umgang mit dem Widerspruchsbegriff gerade dort, wo er in dialektischen Theoriebildungen wenigstens als deskriptive Kategorie beansprucht wird. Seinen metaphysischen Voraussetzungen und Konsequenzen ist nicht dadurch zu entgehen, daß die spekulativen Spitzen einfach abgeschnitten werden, wie es besonders in der marxistisch-leninistischen Tradition gang und gäbe war, die dann ja auch
Schwierigkeiten mit dem Widerspruchsbegriff
217
einer Substantiierung des Widerspruchsprinzips in der sich selbst bewegenden Materie nicht immer widerstehen konnte und so das Hegeische Absolute unter anderem Namen wieder in Umlauf brachte. Solches Lehrbuchwissen wurde nicht erst seit Stalins Abriß über dialektischen und historischen Materialismus von 1938 bestimmend für eine an Marx anschließende Theorieform, 300 in der es, trotzaller Entstalinisierungen, bis in die jüngste Vergangenheit virulent blieb. 301 Stalin selbst konnte sich vielmehr in eine Tradition einstellen, die durch die Handwerkerphilosophen (von Weitling und Hess bis Dietzgen) und intellektuellen Parteigänger der Sozialdemokratie vorgeprägt war, die Tradition eines ganzheitlichen Denkens, das Spinoza und Hege! recht umstandslos in einer monistischen Prinzipienlehre zusammenschmolz. 302 Soweit dabei überhaupt auf den Begriff des Widerspruchs rekurriert wurde, kam zumeist eine (so von Hege! nicht vorgenommene) Unterscheidung von >>dialektischem« und >>formallogischern« Widerspruch zum Zuge, die den ersteren nur als mit ontologischen Voraussetzungen aufgeladene Metapher, nicht aber als Begriff verstand. Dies galt auch dort, wo - unter Berufung auf Marx - der >>dialektische Widerspruch« als Kern einer >>materialistischen Dialektik>dialektischen>forrnallogischen>dialektischer>formallogische>Widerspruch>formallogische>Widerspruch>Dingen>analytischenrealen>dialektischen>Widerspruch>objektiveNichts>Nichts>daß alle Einzeldinge, aufgrund ihrer Bestimmtheit gegeneinander, sich negativ zu sich selbst verhalten>äußere>nicht ein Gesetz über die Realität>Unser Reden selbst aufheben würdeobjektiven>aufgehobenobjektivZugrundegehen>objektiver« Widerspruch, entscheidet sich nach den Regeln einer >>Logik>Sache selbstWirklichkeit>Dinge>Üntologisierung>Produktivität der Antinomie>worin der Unterschied noch kein Andersseyn, sondern sich vollkommen durchsichtig ist und bleibtinnere Genesis der transzendentalen Metaphysik des Deutschen Idealismuslchzertrennung>Bezüge zwischen beiden Iehen stiftet nur der Philosoph; er ist es, der beide Iche miteinander verbindet, nachdem er sie getrennt hatGrundvorurteil« verteidigt, daß sie >>nur ein negatives Resultat habe>allgemeines Erstesan und für sich betrachtet [ ... ] als das Andre seiner selbst>rückwarts gehende Begründen des Anfangs und das vorwarfsgehende Weiterbestimmen desselben in einander fällt und dasselbe ist>Unmittelbarkeit>Andere ihrer selbst>an und für sich selbstfür>gesetztEndlichkeit« und >>Äußerlichkeit>Unmittelbarkeit>an und für sich>Absoluten>äußeren>endlichen>zugrundegehenSubjektivität>Logik>Trieb, durch sich selbst in Allem sich selbst zu finden und zu erkennen« 334 , aber diese Reflexion des Absoluten in sich bedarf keiner Beglaubigung durch uns und ist unter den genannten Voraussetzungen auch gar nicht fähig, von uns beglaubigt zu werden. Sie ist gleichgültig. Wo das Absolute sich zeigt, zeigt es sich immer im Modus eines Andersseins. Daß dieses Anderssein aber das Anderssein des Absoluten selbst sei, steht ihm nicht an der Stirn geschrieben, sondern ist in das weiche Element des Meinens eingebildet. So vergeht, wie dem natürlichen Bewußtsein das Hören und Sehen vergeht, der absoluten Metaphysik der Begriff. 334
Ebd., 238.
Sich selbst vernichtende Spekulation
229
4. Die Inversion der Dialektik
Das Denken, welches das Absolute im Horizont universeller Teleologie ergreifen will, behält, wie schon in der Konstruktion des Unendlichen sichtbar wurde, unreflektierte metaphysische Voraussetzungen als subjektive Vorurteile zurück. Die Motive eines solchen teleologischen Verfahrens sind schon - nicht nur im Blick auf Hegel - von Nicolai Hartmann in wohl erschöpfender Vollständigkeit beschrieben worden. 335 Was Hegel antreibt, hat er selbst dort durchblicken lassen, wo er das sich an sich selbst widersprechende Sein des Endlichen, den Fall des Zufälligen, durch den Schluß auf ein Absolut-Notwendiges auffangen will. Die Härte der Negativität und Endlichkeit, die im Begriff des Widerspruchs angezeigt ist, soll an ihr selbst in ein Positives umgewendet werden, worin das Endliche Halt und Bestand finden kann: es fällt in den Schoß des Absoluten. Der Abgrund soll seinen Schrecken verlieren; er gilt als der Zugang zur Geborgenheit und Versöhnung im Absoluten. Das Scheitern des Hegeischen Versuchs, einen Begriff des Absoluten für die Reflexion ausweisen, d. h. die Reflexion an ihr selbst in die spekulative Bewegung des Absoluten überführen zu können, hat Folgen für die realphilosophischen Teile seines Systems. Indem die endliche Wirklichkeit letztlich als Entäußerung des Absoluten angesehen wird, bleibt das Endliche selbst, wo es als solches thematisiert wird, Gegenstand einer äußerlichen Hinsicht. An ihm soll das Absolute aufgezeigt werden, aber dieses Aufzeigen wird in dem Maße zum Vorzeigen von Beispielen, wie von seinem bestimmten, endlichen Sein abgesehen wird. Das spekulative Verfahren kann daher unvermittelt in einen unkritischen Empirismus umschlagen. 336 Dieser Empirismus bezieht, im Absehen von den bestimmten Vermittlungen im Endlichen, die erscheinende Wirklichkeit unmittelbar auf den spekulativen Hintergrund. Logisch-kategorial tritt dies an der Vergleichgültigung der endlichen Bestimmtheiten und der Verschleifung der Formbestimmtheiten der Widersprüche im Endlichen hervor. Hegels Theorie des Widerspruchs könnte darin gefolgt werden, daß die endlichen >>Dinge« nur in bestimmten Verhältnissen bestehen und insofern, als sich widersprechende, nicht haltbar sind. Das Endliche wäre, was es ist, nur dadurch, daß es in seinem Sein gar nicht bestehen kann. Das hieße aber auch: es ist nur (im angezeigten doppelten Sinne) durch den Widerspruch und als Widerspruch, es ist selbständig gerade dadurch, daß es endlich ist; sein Sein ist die Bewegung des Widerspruchs, in der es sich verändert und schließlich verendet. Das Sein des Endlichen selbst wäre als ein- mit Hegel zu reden- >>gebrochenes>Sein« wäre nur als bestimmtes, in je spezifischen, endlichen Vermittlungszusammenhängen zu begreifen und die Totalität des Endlichen wäre kein Universum, sondern ein Multiversum endlicher Widersprüche (verschiedenster ontologischer Stufungen: von systemischen Totalitäten bis hin zu >>Einzeldingen«), eine sich verändernde und endliche Struktur als Effekt ihrer Bewegung. Das wiederum würde bedeuten: die Reflexion auf den Zusammenhang der erscheinenden Wirklichkeit vollzieht weder den Überstieg zu einem Absoluten, noch prallt sie an einem Ansich ab, sondern sie wird zurückgelenkt auf bestimmte Zusammenhänge, außerhalb derer es nichts zu erkennen gibt. Dieses Zurückbeugen der Reflexion auf das Endliche in seiner endlichen Bestimmtheit selbst wäre nicht als ein Scheitern der Vernunft, weder am Absoluten noch an den Fesseln des Verstandes, zu interpretieren; es wäre vielmehr die Realisierung eines Vernunftbegriffs von Dialektik, die dort, wo Hege! die Negativität der Dialektik stillstellt und ihren Vernunftbegriffvom Endlichen abspaltet, eine Inversion vollzieht. Indem sie das >>Sein« als ein endliches in bestimmten Beziehungen begreift, bleibt die Negativität des Endlichen ihr letztes Wort. Dieser negativen Dialektik geht es darum, in der Erfassung und Darstellung dessen, was ist, im >>positiven Verständnis des Bestehenden« (Marx) die Notwendigkeit seiner Negation aufzuzeigen. Diese Notwendigkeit folgt keinem Aufhebungsmechanismus ins absolut-Notwendige und hat insofern kein bestimmtes positives Resultat, das aus ihr zwingend hervorgehen würde und welches als über das Negative übergreifend festgehalten werden könnte. Das Bestehende verendet in einem Anderem, das nicht das Andere seiner selbst ist, und welches wiederum, als ein Bestehendes, in seiner Bestimmtheit und Negativität zu begreifen ist. Die Bewegung solcher Dialektik, in der eine endliche Reflexion immer wieder auf endliche Vermittlungszusammenhänge in ihrer jeweiligen, spezifischen Bestimmtheit zurückgeführt wird, wäre als die Grundoperation eines metaphysikkritischen Verfahrens nach Hegel zu dechiffrieren. Indem sie das Problem des Ganzen der Reflexion in den Blick nimmt, wäre sie im Gegenzug zu Hegels Konzeption der sich selbst vernichtenden endlichen und dadurch zum Absoluten übersteigenden Reflexion zu bestimmen als die Bewegung der sich selbst vernichtenden Spekulation. Deren Grundform hatte Hege! im Ergebnis seiner Kritik der »vormaligen« Metaphysik gefunden, aber zugleich dadurch mystifiziert, daß er der Härte der Negativität dieser Dialektik dadurch die Spitze zu nehmen suchte, daß er ihr überall die unmittelbare, auf sich selbst gegründete Positivität des Absoluten anklebte.
IV. DIALEKTIK IM BRUCH MIT DER SPEKULATION
Der Bruch in der deutschen Philosophie des 19. Jahrhunderts, wie immer er auch politisch, sozial, wissenschaftshistorisch und philosophisch motiviert war, vollzog sich im Schatten des Hegeischen Systems. Dieses galt in der Einheit des NegativVernünftigen und des Spekulativen, der Einheit von erscheinender Wirklichkeit und Vernunft, als Ausdruck einer nicht mehr zu haltenden Spekulation. Die Widersprüche in der erlebten Wirklichkeit, von den politisch-sozialen Konflikten bis hin zum Auseinandertreten der empirischen Wissenschaften untereinander und gegenüber der Philosophie, diskreditierten Hegels VernunftvorurteiL Wo an ihm festgehalten wurde, galt die Vernunft als eine allererst praktisch zu verwirklichende. Die Überzeugung, daß der Hegeische Vernunftbegriff mit der Wirklichkeit nicht mehr zur Deckung gebracht werden konnte, führte bei anderen in den empiristischen Positivismus oder zur Lizensierung einer gegenüber der Empirie immunisierten Spekulation. Die unterschiedlichsten Positionen lebten aus der Gegnerschaft zur Hegeischen Philosophie. Feuerbachs Behauptung, die >>Philosophie der Zukunft>nur begriffen, nur verstanden werden, wenn sie als die totale Negation der spekulativen Philosophieunmittelbare Erkenntniß des Verhältnisses von Ursach und Wirkungdie ganze Welt der Reflexion ruht auf der anschaulichen als ihrem Grunde des Erkennens>einem völlig heterogenen StoffDa [ ... ] die Vernunft immer nur das anderweitig Empfangene wieder vor die Erkenntniß bringt, so erweitert sie nicht eigentlich unser Erkennen, sondern giebt ihm bloß eine andere Form>Der Willensakt und die Aktion des Leibes [ ... ]sind Eines und dasSelbe, nur auf zwei gänzlich verschiedene Weisen gegeben: einmal ganz unmittelbar und einmal in der Anschauung für den Verstand. Die Aktion des Leibes ist nichts Anderes, als der objektivirte, d. h. in die Anschauung getretene Akt des Willens>In der Reflexion allein ist Wollen und Thun verschieden: in der Wirklichkeit sind sie Eins. Jeder wahre, ächte, unmittelbare Akt des Willens ist sofort und unmittelbar auch erscheinender Akt des Leibesihrer Natur nach niemals bewiesen>philosophische Wahrheit« schlechthin auszuzeichnen. 18 Freilich- was ist dieser Grundsatz anderes als die ursprüngliche Tathandlung des absoluten Ich in Fichtes Wissenschaftslehre, für die Schopenhauer nur Spott übrighatte? 2. Die Restitution der romantischen Dialektik beim späten Schelling Von ganz anderen Voraussetzungen ausgehend und mit ganz anderen Intentionen als Schopenhauer rückt auch die Spätphilosophie Schellings ein emphatisches Konzept von Unmittelbarkeit in den Mittelpunkt. Diese Philosophie ist als eine einzige Anstrengung zu verstehen, sich aus den Fängen des Hegeischen Begriffs zu befreien, obwohl SeheHing Hege! doch nur als >>Episode>Die ganze Welt liegt gleichsam in der Vernunft gefangen, aber die Frage ist: wie ist sie in dieses Netz gekommen>Welt>nicht nicht SeyendenDaß aber dieses nun auch in seiner eignen Reinheit [ ... ] über diesem Seyn existirt, dieses zu erkennen, kann nicht mehr die Sache jener negativen, sondern nur einer anderen, im Gegensatz zu ihr positiv zu 18 19
20 21
Vgl. ebd., 122. Vgl. Schelling: Zur Geschichte der neueren Philosophie, Werke 1, 10, 128. Schelling: Grundlegung der positiven Philosophie, 222. Einleitung in die Philosophie der Offenbarung, Werke 2, 3, 70.
IV. Bruch mit der Spekulation · Unmittelbarkeiten
236
nennenden Wissenschaft seyn, für welche positive Wissenschaft jene erst den eigentlichen, den höchsten Gegenstand gesucht hat>Wissenschaft der Logik>keinen Schritt thun>unterzuschiebenunmittelbare Inhalt>SeyendesPotenz vom Seyendennur in sich selbst, in seinem eignen Aether>Hinfälligkeit>Phänomenologie des Geistes>Über die ursprüngliche Bedeutung der dialektischen Methode>Philosophischen Einleitung in die Philosophie der Mythologie>der, ohne von Erfahrung auszugehen, zu seinem Ziel das Princip hat>kraft des dialektischen Vermögens Voraussetzungen, die nicht Principien, sondern wahrhaft bloße Voraussetzungen sind, wie Zugänge und Anläufe sich bildet, um mitteist derselben bis zu dem was nicht mehr Voraussetzung, zum Anfang von allem - Princip des Allseyenden - gehend, und dieses ergreifend, und wieder sich anhängend dem was diesem (dem Anfang) anhängt, so zum Ende herabzusteigen, ohne sich irgendwie eines Sinnlichen zu bedienen, sondern allein von den reinen Begriffen ausgehend, durch die Begriffe fortschreitend, in Begriffen endend>inductiv (denn sie geht durch Voraussetzungen hindurch)die Vernunft [ ... ]selbst es ist, welches diese Voraussetzungen bildet>besteht darin, daß die nicht willkürlichen, sondern vom Denken selbst dictirten Annahmen gleichsam dem Versuch unterworfen werden. Ebenso nun aber steht in der Physik zwischen Denken und Erfahrung etwas in der Mitte, das Experiment, das immer eine apriorische Seite hat. Der denkende und sinnreiche Experimentator ist der Dialectiker der Naturwissenschaft«34 . Das Experiment besteht darin, mögliche Prinzipien zu setzen, >>aber nur, um durch die Macht der Dialectik zu Nichtprincipien, zu bloßen Voraussetzungen degradirt zu 29
30 31
32 33 34
Werke 2, 1, Werke 2, 1, Politeia VI, Werke 2, 1, Ebd. Ebd., 329.
321ff.; vgl. Oeser o.J., bes. 79ff. 321. 51lb. 323.
IV. Bruch mit der Spekulation · Unmittelbarkeilen
238
werden>das Setzen jedes folgenden durch das Verneinen des vorhergehenden vermitteltEinheit>Voraussetzung eines Geistes, dessen Gedanke Ursprung alles Seins ist« 44 • Mit dieser Voraussetzung hat Trendelenburg das Prinzip der romantischen Dialektik restituiert. Er setzt eine unmittelbare Identität von Denken und Sein im Sinne des Friedrich Schlegelsehen Absoluten, des Schleiermachersehen >>transzendentalen Grundes« bzw. des SeheHingsehen unvordenklichen Seins - so als Grund der Vermittlung von Denken und Sein voraus, daß er einerseits von der Vermittlung nicht eingeholt werden kann und für sie ein Unmittelbares ist, andererseits aber durch seine Präsenz im Denken und Sein erst jene Identität beglaubigt, durch die ein Wissen innerhalb der Vermittlung möglich ist. Der Angriff auf die Hegeische Dialektik richtet sich nicht gegen die Begründung des Wissens im Absoluten, sondern gegen Hegels Begriff des Absoluten; genauer: er richtet sich gegen Hegels Forderung, daß das Absolute zu begreifen sei. Aufgrund dieser Zärtlichkeit für den spekulativen Gegenstand wird er von den Vermittlungen abgespalten und zugleich die Vermittlung des Denkens und Seins aus der Bestimmtheit herausgenommen und in einem Ansich begründet. Damit ist dann auch der Weg geebnet für die Anerkennung der Empirie, die dabei aber ebenso aus der bestimmten Vermittlung mit dem spekulativen Denken herausgenommen ist und als beliebige, letztlich nur als Abstraktion der Bewegung, vorausgesetzt wird. Trendelenburg identifiziert in letzter Konsequenz die reine Selbstvermittlung des logischen Prozesses mit sich (im Hegeischen Sinne) mit Vermittlung überhaupt. Entsprechend richtet sich seine Kritik vor allem darauf, Hegel Voraussetzungen nachzuweisen, die nicht aus der voraussetzungslosen Bewegung des Logischen entspringen. Sofern er dabei die Dialektik überhaupt mit der Voraussetzungslosigkeit des Logischen identifiziert, betrachtet er sein Verfahren als genetisch, d. h. als ein solches, das die Sache von ihrem Ursprung her im Werden rekonstruiert. Dieser Ursprung aber ist nicht minder eine abstrakte Unmittelbarkeit wie das Werden als Bewegung. Etwas - im Gegensatz zum dialektischen Verfahren - von der Genesis her zu verstehen, heißt daher für Trendelenburg: solche Voraussetzungen namhaft zu machen, die der Vermittlungslogik schlechthin vorausgesetzt sind. Dabei hält er (in gleicher Weise wie auch Feuerbach) 43 44
Vgl. Logische Untersuchungen, Bd. 1, 3 1870, 130ff. Ebd., Bd. 2, 510.
Bestimmtes Sein bei Feuerbach
241
Hege! vor, mit der Konzeption der vermittelten Unmittelbarkeit als dem Ganzen der Reflexion nur scheinbar Unmittelbarkeit anzuerkennen. 45 Unmittelbar aber sei in Wahrheit nur das, >>was aus nichts Anderem abgeleitet wird« 46, womit er das ameson des Aristoteles gegen Hegels vermittelte Unmittelbarkeit aufbietetY Nun ist freilich das Aufnehmen des besonderen Anschauungsinhaltes in bezug auf die Logik ein Aufnehmen ins Wissen; Wissen aber ist Identität von Denken und Sein. Diese Identität ist eine vermittelte, wenn auch- für Trendelenburgeine von anderwärts her vermittelte. Der Grund dieser vermittelten Einheit ist jedoch selbst wieder ein Unmittelbares, die Idee des Absoluten. So verstrickt sich auch Trendelenburg in der Dialektik des Setzens und Voraussetzens: die Unmittelbarkeit des spekulativen Grundes mag zwar hypothetisch gesetzt sein, aber tatsächlich besteht das Wesen der Hypothese gerade darin, die unmittelbare Begriffsbestimmung zu setzen, wobei der Inhalt des hypothetisch Gesetzten von dem als ameson ergriffenen und aufgenommenen nicht zu unterscheiden ist. Dies hat zur Konsequenz, daß der Begriff der Unmittelbarkeit, der doch den Gegensatz zu Hege! markieren sollte, bei Trendelenburg genau das ist, was dieser an Hegels Gebrauch des Terminus kritisiert hatte: ein zweideutiger Begriff. Und weiterhin wird - nicht anders als beim späten Schelling - das Aufnehmen der Voraussetzung letztlich in ein spekulatives Setzen überführt, das schließlich als die wahre Voraussetzung fungiert. Eine Alternative zu Hege! ist damit nicht erreicht, sondern in der Vergleichgültigung der bestimmten Inhalte ist das bei Hege! problematische Verhältnis von Denken und bestimmtem, empirischen Sein als Problem nicht mehr zugänglich. 4. Die Unmittelbarkeit des bestimmten Seins bei Feuerbach als Problem einer begrifflichen Alternative zu Hege/ Einen programmatischen Gegenpol hierzu bezeichnet die Hegel-Kritik Ludwig Feuerbachs, auch wenn sie zunächst vielfach mit Trendelenburg übereinzukommen scheint. Dies gilt vor allem für den Rekurs auf unmittelbare Voraussetzungen gegenüber der als absolute Vermittlung verstandenen Hegeischen >>Logik«. 48 Dabei soll durch eine Umkehrbewegung die Unmittelbarkeit des Ursprungs ganz in die menschliche Wirklichkeit gesetzt werden. Das Resultat dieser Umkehrung ist zweideutig. Auf der einen Seite besteht Feuerbach auf der Bestimmtheit des Seins der erscheinenden Wirklichkeit, auf der anderen Seite stattet er- wenigstens in seiner frühen Hege!-Kritik- diese Wirklichkeit mit Bestimmungen des Ebd., Bd. 1, 68ft.; vgl. J. Schmidt 1977, 143ff. Logische Untersuchungen, Bd. 1, 68. 47 Trendelenburg bezieht sich auf Aristoteles, analyt. post. II, 9; vgl. - auch zum Folgenden - Trendelenburgs Kommentar dieser Stelle in seinen Erläuterungen zu den Elementen der aristotelischen Logik, 3 1876, § 65. 48 Vgl. dazu Amdt 1990.1994a. 45
46
242
IV. Bruch mit der Spekulation · Unmittelbarkeiten
Hegeischen Absoluten aus. So ist Feuerbachs Philosophie der Zukunft ihrem Selbstverständnis nach nicht nur Anthropologie, sondern als Anthropologie zugleich Anthropotheismus. Diese Okkupation des Hegeischen Absoluten ist vor allem die Konsequenz der vorgefundenen theoretischen Mittel, deren sich Feuerbach für seine Regel-Kritik bedient. Dabei rekurriert er auf die Amphibolie der romantischen Reflexionsform, die er gegen Hegels Theorie der Reflexion ausspielen will. Er stützt sich auf Schleiermachers Gefühlsbegriff, um zu zeigen, >>daß objektiv Gott selbst nichts andres ist als das Wesen des Gefühls, wenn subjektiv das Gefühl die Hauptsache der Religion ist>schon im Endlichen das Unendliche, schon im Empirischen das Spekulative>Wesen des EmpirischenUnmittelbarkeitDas Wort >Un-
49 50
51 52
Feuerbach: Werke 9, 230. Werke 9, 231f.; vgl. Amdt 1994b. Zweifel; Werke 10, 156. Werke 9, 247.
Bestimmtes Sein bei Feuerbach
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mittelbar< wird unzählige Male von Hegel gebraucht, und doch fehlt das, was dieses Wort bezeichnet, das Unmittelbare, gänzlich seiner Philosophie, weil er nie aus dem logischen Begriffe herauskommt, indem er von vornherein das Unmittelbare zu einer Eigenschaft, in seiner Sprache: einem Momente, des Allervermitteltsten, des abstrakten Begriffs, macht« 53 . >>Unmittelbar« ist in diesem Verständnis zunächst dasjenige, was nicht von der vermittelnden Bewegung des Denkens hervorgebracht ist. Feuerbach geht jedoch einen Schritt weiter und spricht dieser Unmittelbarkeit, die zunächst nur negativ dasjenige bezeichnet, was nicht vollständig in die logische Vermittlung eingeht, als Unmittelbarkeit eine positive Qualität zu: >>wahr ist etwas nur, wenn es nicht mehr ein Vermitteltes, sondern Unmittelbares ist« 54 • Damit gerät Feuerbach freilich in konzeptionelle und terminologische Schwierigkeiten. Konzeptionell: ist das Unmittelbare das Wahre, das Denken aber nur Vermittlung, wie kann dann das Denken Wahrheit beanspruchen?Terminologisch: Soll das Denken nicht in dieser Weise verabschiedet werden, wie kann dann etwas begrifflich als unmittelbar ausgezeichnet werden, was doch in die Vermittlung mit dem Denken eingeht und in sich selbst als Totalität ein Mannigfaltiges und darum Vermitteltes darstellt? Ist doch das Sein »so verschieden als die Dinge, welche sind« 55 • In diesem Insistieren auf der Bestimmtheit des Seins und der Vermittlungen liegt das weitertreibende Element der Feuerbachsehen Kritik. >>Nur bestimmtes Sein ist Sein [ ... ] lässest du daher vom Sein die Bestimmtheit weg, so lässest du mir auch kein Sein mehr übrig« 56 . Damit widerstreitet Feuerbach der Vergleichgültigung der endlichen Bestimmtheiten bei Hegel; dieser gilt ihm als jemand, >>der auch das Unverträglichste im Magen seines >concreten Begriffs< verträgt, auch das Unvereinbarste vereinigt, und in dieser Vereinigung des Widersprechendstell das Grundwesentliche [ ... ] zu einer Stufe oder einem >Moment< macht« 57 . Aus der Vereinigung des Unvereinbaren geht jenes monologisch Sichauf-sich-Selbst-beziehende Substanz-Subjekt hervor, das die endlichen Subjekte zu seinen Momenten oder Prädikaten herabsetzt. Hegels Konzeption des Widerspruchs erscheint als Mittel zur Indifferenzierung der endlichen Bestimmungen, um sie in das Absolute aufheben zu können. Der Widerspruch ist daher für Feuerbach >>in die mit dem alten logischen Identitätsgesetz des gesunden Menschenverstandes übereinstimmende Einheit, nicht in die mystische, confuse Einheit der Gegensätze der modernen Absolutisten« 58 aufzulösen. Mit der Spekulation fällt auch die Dialektik des Widerspruchs. An deren Stelle tritt, als der wahre Begriff der Dialektik, der Dialog im Verhältnis von Ich und Du: >>Die wahre
53
54 55 56 57 58
Werke 11, 151.
Grundsätze der Philosophie der Zukunft, Werke 9, 321, § 39.
Ebd., 305, § 27.
Zur Kritik der Hegeischen Philosophie, ebd., 36f.
FSW 10, 234. Ebd., 238.
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IV. Bruch mit der Spekulation · Unmittelbarkeiten
Dialektik ist kein Monolog des einsamen Denkers mit sich selbst, sie ist ein Dialog zwischen Ich und DuDas Denken kann nur Seiendes denken>Nichtsein Einzelseins zum Allgemeinsein, des Individuums zur Gattung, und zwar nur des vorstellenden und reflektierenden Individuumsdas Bewußtsein der Gattung in sich>über sein wirkliches Sein hinausgehen, dasselbe als gleichgiltig setzen und sein Nichtsein [ ... ] antizipieren.>Indifferenz der Gattung oder des Bewußtseins der Gattung gegen das Einzelseinpositive BedeutungAber das negative Unwesen des Absoluten bleibt zugrunde liegen; die gesetzte Endlichkeit wird daher immer wieder aufgehoben. Das Endliche ist die Negation des Unendlichen und wieder das Unendliche die Negation des Endlichen. Die Philosophie des Absoluten ist ein Widerspruchnegiert das Denken, [ ... ] aber selbst wieder im abstrakten Denken, so daß die Negation der Abstraktion selbst wieder eine Abstraktion istBejahung des Wirklichen>in der Verneinung desselbender Satz: >Der Begriff ist konkret>konkreter Begriff« ist für Feuerbach eine contradictio in adiecto, weil der Begriff ihm immer als abstrakt gilt. Indem er zugleich das Denken auf Identität festlegt, unterstellt er ihm einen Zwang zur Eingemeindung des Nichtidentischen, auf Grund dessen Hege! das bestimmte Sein negiert habe. Die Negativität wird gleichgesetzt mit der Negation des bestimmten, endlichen, positiven Seins zugunsten der absoluten Identität, der reflektierten Unmittelbarkeit des mit sich im Unterschied identischen Absoluten. Was aber >>in der Wirklichkeit getrennt ist, soll auch im Gedanken nicht identisch sein« 70 • Wenn Feuerbach in diesem Zusammenhang die Übereinstimmung der >>Gesetze der Wirklichkeit« 71 mit denen des Denkens konstatiert, so heißt das zunächst: die Wirklichkeit ist widerspruchsfrei zu denken, weil in ihr selbst entgegengesetzte Bestimmungen widerspruchsfrei bestehen. Diese Widerspruchsfreiheit indessen ist ein Postulat, welches sich letztlich nicht begrifflich sichern läßt, denn phänomenologisch erscheint das bestimmte Sein als untrennbare Einheit von >>NichtSelbst und Selbst«72 • Dies kommt fundamental darin zum Ausdruck, daß Selbstsein und Selbstbewußtsein von Feuerbach durchgängig nicht als ursprüngliche, unmittelbare Identität, sondern reflexiv als Selbstbeziehung durch die Beziehung auf Anderes verstanden wird 73 : >>Ich setze nur ein Objekt, ein Du außer mich, weil an und für sich mein Ich, mein Denken ein Du, ein Objekt überhaupt voraussetzt. Ich bin und denke, ja, empfinde nur als >Subjekt-Objekt«>in dem Sinne, in welchem der Mann, das Weib ein synthetischer Begriff ist«: die BeZur Kritik der Hegeischen Philosophie, ebd., 42. Grundsätze der Philosophie der Zukunft, ebd., 313, § 30. 68 Ebd., 314, § 31. 69 Ebd., 311, § 29. 1o Ebd., 329, § 46. 71 Ebd. n FSW 10, 306. 73 Vgl. Das Wesen des Christentums, Werke 5, 33f.132; 10, 129. 74 Ober Spiritualismus und Materialismus, Werke 11, 172. 66 67
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IV. Bruch mit der Spekulation · Unmittelbarkeiten
stimmtheit kann nicht gedacht werden, >>Ohne mit dem Gefühle oder Begriffe meiner selbst zugleich den Begriffvon einem andern« Wesen zu verknüpfen, denn >>ich bin wesentlich ein mich auf ein anderes Wesen außer mir beziehendes Wesen, bin nichts ohne diese Beziehungaber gerade da, wo der Unterschied für den Gedanken sich aufhebt, beginnt der Unterschied, welcher der Quell des Lebens, der Quell der Individualität ist. Das Individuum ist unübersetzbar, unnachahmlich>unbegreiflich, undefinierbar; es ist nur Gegenstand sinnlicher, unmittelbarer, anschaulicher Erkenntnis>Das Sein, gegründet auf lauter [ ... ] Unsagbarkeiten, ist darum selbst etwas Unsagbares. Jawohl, das Unsagbare. Wo die Worte aufhören, da fängt erst das Leben an>Das Wirkliche ist im Denken nicht in ganzen Zahlen, sondern nur in Brüchen darstellbar. Diese Differenz ist eine normale- sie beruht auf der Natur des DenkensIch« und >>DU>Dinge>Selbst>Nicht-Selbstldentitätskern Ich>SubjektBrüchen>Erkenntnisprinzip, [ ... ] Subjekt>das wirkliche und ganze Wesen des MenschenIchGeistes>GottheitIch>DU>Zwischen>DU>ES>Zwischen>Zwischen« bringt einen Identitätskern zum Vorschein, während für Feuerbach umgekehrt das Geheimnis des Dialogischen in der Nichtidentität des >>Selbst« besteht. Das Ich selbst, welches das Relat der kommunizierenden Bewegung ist, muß als Gegensatz von Ich und Du verstanden werden. >>Allerdings«, so Feuerbach, >>kann man auch [ ... ]das Ich zu einem universalen Deduktionsprinzip machen, aber nur unter dieser Bedingung, daß man im Ich selbst ein Nicht-Ich, überhaupt Unterschiede, Gegensätze aufdeckt und nachweist« 83 • In diesem Nachweis, den er freilich nur phänomenologisch, nicht aber logischbegrifflich vollzieht, erreicht Feuerbach das Grundproblem einer Kritik Hegels auf dessen Niveau. Obwohl er sie mit seinen theoretischen Mitteln nicht durchführen konnte, erschöpft sich sein Einspruch gegen Hege! nicht in den Aporien der Unmittelbarkeit und den Unzulänglichkeiten seiner faktischen Affirmation der romantischen Dialektik. Die innere Widersprüchlichkeit der Feuerbachsehen Philosophie ist vielmehr problemanzeigend für jeden Versuch, der dem Wiederholungszwang einer selbst spekulativen Kritik der spekulativen Konsequenzen Hegels entgehen will. 84 Damit ist Feuerbach- wenn auch in einem anderen Sinne als in seiner Vereinnahmung durch eine marxistisch-leninistische >>Orthodoxie«Wegbereiter einer dialektischen Alternative zu Hege!, wie sie im Ansatz bei Marx hervortritt. 5. Individuelle Existenz und Dialektik bei Kierkegaard
In einer auch zeitlich parallelen Denkbewegung hat Sören Kierkegaard die Dialektik im Ausgang vom endlichen Subjekt zugespitzt. So erscheint Kierkegaard, dem im >>Begriff Angst>nach innen geschlagenDu>Ich>Philosophischen Brocken« (1844) programmatische Bedeutung auch für sein Verhältnis zu Hege!. >>Eine Fliegehat ebenso viel Sein wie Gott [ ... ] , denn im Hinblick auf das faktische Sein gilt die hamletische Dialektik: Sein oder Nichtsein. Das faktische Sein ist indifferent gegen alle Verschiedenheit der Wesensbestimmungen [ ... ]. Ideell verhält es sich anders [ ... ].Aber sobald ich ideell vom Sein spreche, spreche ich nicht mehr vom Sein, sondern vom Wesen>nicht dialektisch werden [ ... ] in den Bestimmungen des faktischen Seins, weil es ist>das Sein zu packen zu kriegen und Gottes Idealität dialektisch in das faktische Sein hineinzubekommenDie paradoxe Leidenschaft des Verstandes stößt also ständig an dieses Unbekannte, das wohl da ist, aber auch unbekannt und insofern nicht da ist. Weiter kommt der Verstand nicht, und doch kann er es in seiner Paradoxie nicht lassen, dahin zu kommen und sich damit zu beschäftigenneueEinzigen>Realdialektik>Der Widerspruch im Wissen und Wesen der Welt. Princip und Einzelbewährung der Realdialektik«- zugleich an Schopenhauer und Hege! an. Mit Heget geht es Bahnsen darum, die Dialektik durch die Objektivität des Widerspruchs zu rechtfertigen; sie ist >>Wissenschaft vom realen Widerspruch«96. Gegen Heget freilich vertritt er einen anderen Begriff von Wirklichkeit, der ebenso einen anderen Begriff des Widerspruchs zur Folge hat. Fundiert wird dieser Begriff der Wirklichkeit in so etwas wie einer negativen Metaphysik des Willens; die Realdialektik ist Resultat des >>selbstentzweiten Willens, ein in der Negativität des Seienden selber [ ... ] sich vollziehender und deshalb schliesslich allerdings jeden positiven Ergebnisses entbehrender Process«97 . Dieser mit sich selbst entzweite Wille ist gleichwohl ein Prinzip, sofern seine >>Selbstentzweitheit aparte ante wie aparte post für gleich ewig zu gelten hat« 98 . Daraus folgt die Kritik einer affirmativen Tendenz in Hegels Behandlung des Widerspruchs: >>der Widerspruch war ihm nicht der absolute Kerngehalt des Seienden, sondern nur ein Durchgangsstadium des Werdenden«; demgegenüber behaupte die Realdialektik >>die Widerspruchsnatur nicht bloss des empirisch Erscheinenden, sondern des Wirklichen selber nach seinem Ansich«99 . Das bedeutet: der Gedanke einer >>Versöhnung am Ende« in der >>überwindende[n] Aufhebung des Widerspruchs« ist mit Kant als Widersinn und subjektive Täuschung zu verwerfen, schwächt er doch von vornherein die Dialektik in ihrer >>Resistenzkraft gegen logische Gegenargumente«too. >>Widerspruch« in diesem Verständnis ist von dem logischen Begriff des Widerspruchs abgekoppelt und als >>Realopposition«, >>Widerstreit« bzw. >>Conflict« in die Nähe der Kantischen Realrepugnanz gerückt; 101 der Begriff hat, wie Bd. 1, 1. Ebd., Sf. 98 Ebd., 46. 99 Ebd., lf. 100 Ebd., 4. 101 Vgl. ebd., 48. 96
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Bahnsen
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Bahnsen betont, >>keine unmittelbare correlativische Beziehung zur Identität«toz. Insofern entzieht sich der Widerspruch dem begreifenden, diskursiven Denken, das unter der Prämisse der Identität steht. Erkenntnismittel der Realdialektik ist daher die Anschauung; 103 Darstellungsmittel ist die >>descriptive Präsentation« der Widersprüche, die sich dem Bewußtsein >>bei inductorischer Betrachtung der Welt>ein selber von Grund und Haus aus Antilogisches>alle logische Congruenz zwischen Denken und Sein an ihrer eigenen Schwelle todtgeschlagen und der Realdialektik ungehemmter Zutritt von selbst eröffnetals Willensmetaphysik [ ... ] , welche im Grundwesen des Seienden die Vereinigung eines Wollens mit einem widersprechenden Nichtwollen glaubt erkannt zu habenBauenAntilogische« des Widerspruchs zum Kriterium der Unwahrheit der Dialektik im Ganzen gemacht wird. In gleicher Weise hatte auch Eugen Dühring in seiner >>Kritischen Geschichte der Nationalökonomie und des Socialismus« argumentiert: >>Die Wirklichkeit des Absurden ist der erste Glaubensartikel der Hegeischen höheren Einheit von Logik und Unlogik [ ... ] je widersprechender desto wahrer>Kritik der politischen Ökonomie>Spiel der Gegensätze>Natur« als eines Ensembles dialektisch prozessierender Totalitäten, besteht denn auch der entscheidende Unterschied zwischen Marx und Engels in dieser Frage. 127 Engels' >>Dialektik der Natur>Lehrbuch der Dialektik>Deutschen Ideologie>marxistisch-leninistischen>Die selbständige Philosophie verliert mit der Darstellung der Wirklichkeit ihr Existenzmedium>wirkliche Extreme>Denn so sehr beide Extreme in ihrer Existenz als wirklich auftreten und l!lls Extreme, so liegt es doch nur in dem Wesen des einen, Extrem zu sein, und es hat für das andre nicht die Bedeutung der wahren Wirklichkeit. Das eine greift über das andre über. Die Stellung ist keine gleiche>philosophischen>Pariser Manuskripte>Kapital>epistemologischen Bruch>Pariser Manuskripten>Thesen zur Reform der Philosophie>Grundsätze einer Philosophie der Zukunft>Pariser Manuskripte>Feuerbach-Kults>Sie haben [ ... ] dem Sozialismus eine philosophische Grundlage gegeben, und die Kommunisten haben diese Arbeiten auch sogleich in dieser Weise verstanden. Die Einheit des Menschen mit dem Menschen, die auf dem realen Unterschied der Menschen begründet ist, der Begriff der Menschengattung aus dem Himmel der Abstraktion auf die wirkliche Erde herabgezogen, was ist er anders als der Begriff der Gesellschaft>Nicht-PhilosophieDeutschen Ideologie>Wie ein Theoretiker überhaupt gehen kann, ohne aufzuhören, Theoretiker und Philosoph zu sein>Daseinsweise der Entfremdung des menschlichen Wesenspositiv auf sich selbst begründete Positive>direkt und unvermittelt>Pariser Manuskripte« für das philosophische Interesse an Marxist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß Marx nach seinem programmatischen Bruch mit der Spekulation in der >>Deutschen Ideologie« eine zweideutige Haltung zur Philosophie einnimmt. Einerseits bemüht er sie weiterhin als Reflexionsinstanz, wovon seine kontinuierliche Auseinandersetzung mit Hege! bis in den ersten Band des >>Kapital>den innren Zusammenhang im Unterschied von der Mannigfaltigkeit der Erscheinungsformen begreifen>nothwendige Voraussetzung der genetischen Darstellung; des Begreifens des wirklichen Gestaltungsprocesses in seinen verschiedneo Phasen>widerspricht sich gelegentlich in dieser Analyse; sie versucht oft unmittelbar, ohne die Mittelglieder, die Reduction [auf die innere Einheit, Verf.] zu unternehmen und die Identität der Quelle der verschiedneo Formen nachzuweisen. DieB geht aber aus ihrer Analytischen Methode [ ... ] nothwendig hervorals gegebnen Voraussetzungenden Weg bahnt«283 zur Beseitigung der unhistarischen Auffassung. Dieser Weg aber wird erst dann gangbar, wenn die immanenten Widersprüche des analytischen bzw. empiristischen Verfahrens durchschaut werden: >>Smith selbst bewegt sich mit großer Naivität in einem fortwährenden Widerspruch. Auf der einen Seite verfolgt er den innren Zusammenhang der ökonomischen Categorien -oder den verborgnen Bau des bürgerlichen ökonomischen System[!]. Auf der andren stellt er daneben den Zusammenhang, wie er scheinbar in den Erscheinungen der Concurrenz gegeben ist«284 . Dem Eindringen in die >>innre Physiologie>Verstandesbegriffe« zu finden sind, unvermittelt entgegen. 285 Dieser Widerspruch, den Marx (wissenschafts-)historisch für unvermeidlich hält, bildet die Grundlage dafür, die Erscheinungen unmittelbar auf das zu beziehen, was als innere Einheit gilt. Nicht anders bringt der klassische Empirismus die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen unter ein (und sei es als Vermögen) gegebenes Allgemeines, das zugleich als das innere Band der erscheinenden Wirklichkeit selbst ausgegeben wird. In den Begriffen der Hegeischen >>Logik« ausgedrückt, handelt es sich dabei um das Verfahren der äußeren Reflexion, die zu einem gegebenen Einzelnen das Allgemeine findet bzw. umgekehrt das gegebene Allgemeine auf Einzelnes bezieht, wobei sie nicht zum Besonderen als der Einheit des Einzelnen und Allgemeinen vordringt. Marx, so scheint es, teilt diese Kritik Hegels am Empirismus, aber unter anderen Voraussetzungen und daher auch, wie sich zeigen wird, mit anderen Konsequenzen. Diese Voraussetzungen kommen dort in den Blick, wo Marx die von ihm so genannte >>grosse metaphysische Zeit der English political economy«286 behandelt, die er zwischen 1820 und 1830 ansetzt, also mit der Periode der Auflösung der Ricardoschen Schule und damit der klassischen Ökonomie überhaupt identifiziert. Hatte Hege! in seinen >>Drei Stellungen des Gedankens zur Objektivität« den Empirismus als Reaktion auf die leere Verstandesmetaphysik eingeführt, so betrachtet Marx umgekehrt die >>Verstandesmetaphysik« der politischen Ökonomie als Folge der widersprüchlichen theoretischen Verarbeitung der Empirie in der empiristisch ausgerichteten klassischen Ökonomie. Ihr Stre283 Ebd. 284 MEGA2, 2, 3, 3, 816. 2ss Vgl. ebd., 817. 286 MEGA2, 2, 3, 4, 1216.
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ben ist auf formelle Konsequenz gerichtet, d. h. bei ihr ist die Äußerlichkeit der empiristischen Reflexion dadurch gesteigert, daß sie sich im wesentlichen formell-äußerlich auf theoretische Abstraktionen, nicht auf die Erscheinungen selbst bezieht. Als der erste Vertreter dieser Richtung gilt Marx James Mill {der Vater John Stuart Mills), über dessen >>Elements of Political Economy« {1821) er schreibt: >>Was er anstrebt ist formelllogische Consequenz. Mit ihm beginnt daher auch die Auflösung der R(icardo ]'sehen Schule. [ ... ] Sein Rohstoff ist nicht mehr die Wirklichkeit, sondern die neue theoretische Form, wozu der Meister sie sublimirt hat. Theils der theoretische Widerspruch der Gegner der neuen Theorie, theils das oft paradoxe Verhältniß dieser Theorie zur Realität spornen ihn zum Versuch, die ersten zu widerlegen, das leztere wegzuerklären. Bei diesem Versuch verwickelt er sich selbst in Widersprüche und stellt mit seinem Versuch sie zu lösen zugleich die beginnende Auflösung der Theorie dar, die er dogmatisch vertritt« 287 • Auch diese Charakteristik entspricht insoweit der Hegeischen Kritik der >>vormaligen« (Verstandes-)Metaphysik, wie diese theoretisch mit dem Prinzip der formallogischen Verstandesidentität operiert und meint, damit schon die objektive Gültigkeit ihrer Aussagen gesichert zu haben. Und wie Hegel geht auch Marx davon aus, daß dieses Unternehmen, das nicht weniger dem Typus äußerer Reflexion zuzuordnen ist als der Empirismus, sich in Widersprüche gerade dadurch verstrickt, daß es sie vermeiden will. Die Widersprüche der >>metaphysischen« Ökonomie unterscheiden sich indessen von denen der empirisch-analytisch verfahrenden klassischen Ökonomie, die Marx als >>Dünger« der wissenschaftlichen Erkenntnis gelten und die >>von dem Reichthum der lebendigen Unterlage, aus der die Theorie sich herauswindet>Ün the principles of political economy, and taxation>der Physiologie des bürgerlichen Systems>seines innren organischen Zusammenhangs und Lebensprocesses>in unmittelbarer Weise die Congruenz der ökonomischen Categorien unter einander nachzuweisenMetaphysik>Reichthum der lebendigen Unterlage« - problemanzeigend für objektive, empirische Sachverhalte. So heißt es über Adam Smith, seine Widersprüche haben >>das Bedeutende, daß sie Probleme enthalten, die er zwar nicht löst, aber dadurch ausspricht, daß er sich widerspricht« 291 . Dem liegt, wie zu zeigen ist, eine Überzeugung zugrunde, die Marx mit Hegel teilt: daß nämlich über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerspruchs inhaltlich zu entscheiden ist und insofern die formelle Stimmigkeit gerade dazu dienen kann, >>reale>objektive>LogikKapital>In gewisser Art geht es den Menschen wie der Waare. Da er weder mit einem Spiegel auf die Welt kommt, noch als Fichtescher Philosoph: Ich bin Ich, bespiegelt sich der Mensch zuerst nur in einem andern Menschen. Erst durch ' 02 303
Ebd. Ebd.
IV. Bruch mit der Spekulation · Marx
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die Beziehung auf den Menschen Paul als seinesgleichen, bezieht sich der Mensch Peter auf sich selbst als Mensch«3°4 • Die zweite Anmerkung heißt: >>Es ist mit solchen Reflexionsbestimmungen überhaupt ein eignes Ding. Dieser Mensch ist z. B. nur König, weil sich andre Menschen als Unterthanen zu ihm verhalten. Sie glauben umgekehrt Unterthanen zu sein, weil er König ist« 305 . Diese Bemerkungen beziehen sich aufverschiedene Sorten von Reflexion. Die erste (welche deutlich auf Feuerbach Bezug nimmt) besagt, daß Marx Selbstbeziehung nicht als Unmittelbarkeit, sondern als Beziehung auf Anderes versteht. Das, was etwas ist, die Eigenschaften oder Bestimmungen eines >>DingsDing>Aufgehobenseins>Dinge>auch der Paul mit Haut und Haaren, in seiner paulinischen Leiblichkeit, als Erscheinungsform des genus Mensch>Dinge>Aequivalentsein ist so zu sagen nur eine Reflexionsbestimmung der Leinwand. Aber es scheint gerade umgekehrt. Einerseits gibt er [der Rock als Aequivalent, Verf.] sich selbst nicht die Mühe sich zu beziehn. Andrerseits bezieht sich die Leinwand auf ihn, nicht um ihn zu etwas zu machen, sondern weil er ohne sie etwas ist«; so scheint dem Aequivalent die Aequivalentform >>auch ausserhalb der Beziehung [ ... ]dinglich anzugehören>Dinglich« meint hier: zur Naturalform gehörig. Auf die dingliche Seite würde sich z. B. eine Vergleichungzweier Körper hinsieht304 305 306 307 308
Kapital', 18. Ebd., 23. Ebd., 18. Vgl. ebd., 17. Ebd., 22 f.
Reflexion und Reflexionsbestimmungen
295
lieh ihres Gewichts beziehen, während -wie es in der zweiten Auflage des ersten Bandes des »KapitalDa aber Eigenschaften eines Dings nicht aus seinem Verhältniß zu andern Dingen entspringen, sich vielmehr in solchem Verhältniß nur bethätigen, scheint auch der Rock seine Aequivalentform [ ... ] von Natur zu besitzenDinge> Überdeterminierung>schon immer gegebenen komplexen Ganzen>Dinge> Reflexionsbestimmung>Dings>Übergreifen>dinglicher« Verhältnisse des - mit Hege! zu sprechen - >>seinslogischenKapital>Produktionsverhältnisse« zu fassen sind, die ihrerseits im Rahmen der Marxschen Theorie auf die spezifischen materiellen Bedingungen (>>ProduktivkräfteAufhebung>Überdeterminierung>seinslogischen>KapitalBloss der Hegel'sche >Begriff< bringt es fertig, sich ohne äussern Stoff zu objektiviren>Werthsein>sofern es gegenständlich ausgedrückt wird, also nur im Waarenkörper selbstForm der Gegenständlichkeit ist eingeschlossen im Werthbegriff« 315 • Was dargestellt wird, ist der Wert; in ihm sind die verschiedenen Waren gleichgesetzt als Produkte menschlicher Arbeit überhaupt; die Waren sind in ihrer >>Gegenständlichkeit auf dieselbe Einheit bezogen; sie sind auf abstrakt menschliche Arbeit reducirt [ ... ]. Sie sind also alle schon relativ ausgedrückt, nämlich relativ zu der menschlichen Arbeit, als der sie bildenden gesellschaftlichen Arbeit>eine bestimmte gesellschaftliche Form der ArbeitDie abstrakt menschliche Arbeit ist Verausgabung menschlicher Arbeitskraft [ ... ] als Theil der gesellschaftlichen Arbeitskraft und das Maß ihrer Verausgabung wird daher nicht in der einzelnen Arbeitskraft gefunden, sondern in Verhältnissen, worin sie als Bestandtheil der Gesellschaftlichen Arbeitskraft wirkt>Springpunkt [ ... ), um den sich das Verständnis der politischen Ökonomie dreht« 318 . In der Terminologie der Regel-Kritik von 1843 ist hier der >>Widerspruch der Erscheinung«, wie er für Marx in der Äquivalentform hervortritt, nicht auf die >>Einheit im Wesen«, sondern auf einen >>wesentlichen Widerspruch« zurückgeführt. 319 Dieser >>wesentliche« Widerspruch ist dadurch charakterisiert, daß er seinerseits die Form der >>Überdeterminierung>seinslogischendinglicher>gesellschaftlicher>DingeTräger>rein physischen>dingliche>Üntologisierung« des Widerspruchs bei Marx und Hege! zumeist übersehen. 332 Vor dem Hintergrund des bisher Erörterten heißt das: in der Marxschen Konzeption von >>Widerspruch« muß ein anderer Begriff von Wirklichkeit als Totalität eines je spezifischen, historisch bestimmten Vermittlungszusammenhangs zur Geltung gebracht werden, der sich kritisch zu Hegels Konzeption der VernunftTotalität als Wirklichkeit des Absoluten verhält. Dementsprechend wird die Frage, worin die Lösung eines Widerspruchs besteht, zum entscheidenden Problem. Hinweise darauf finden sich- ebenfalls in dem Manuskript von 1861-1863 - dort, wo Marx zusammenfassend seine Krisentheorie methodisch reflektiert; denn: >>In den Weltmarktcrisen bringen es die Widersprüche und Gegensätze der bürgerlichen Production zum eclatworin die widerstreitenden Elemente bestehn, die in der Catastrophe eclatiren«, wogegen die ökonomische Apologetik die Krise dadurch leugnet, daß sie >>dem Gegensatz gegenüber die Einheitzwei entgegengesetzte Phasen>also wesentlich die Einheit beider Phasen«, aber zugleich >>ebenso wesentlich die Trennung derselben und ihre Verselbstständigung gegen einander>verewigt>eine specifisch entwickelte, eigenthümliche Form der gesellschaftlichen ProductionGegensätze, Widersprüche, und daher auch deren eclat in den CrisenZur Kritik der politischen Ökonomie>Die bürgerlichen Produktionsverhältnisse sind die letzte antagonistische Form des gesellschaftlichen Produktionsprozesses [ ... ],aber die im Schoß der bürgerlichen Gesellschaft sich entwickelnden Produktivkräfte schaffen zugleich die materiellen Bedingungen zur Lösung dieses Antagonismus. Mit dieser Gesellschaftsformation schließt daher die Vorgeschichte der menschlichen Gesellschaft ab>Kapital>Widerspruch« her nicht plausibel zu machen. Hieraus könnte gefolgert werden, Marx' Verständnis von >>Dialektik« bezöge sich nur auf die immanente Betrachtung des internen Funktionszusammenhangs einer gegebenen Gesellschaftsformation. In einem vergleichbaren Sinne hatte Marx ja in dem als >>Grundrisse« bekannten ersten Gesamtentwurf der Kritik der politischen Ökonomie von >>Grenzen der Dialektik>dialektischen Methode« wie die im Nachwort zur zweiten Auflage des >>Kapital« entgegen. Hier zitiert er aus einer (anonymen) Rezension des >>Kapital« im St. Petersburger >>V'stnik' Evropy« (Europäischer Bote) von I. Kaufman, worin es heißt, Marx bemühe sich >>nur um eins: durch genaue wissenschaftliche Untersuchung die Nothwendigkeit bestimmter Ordnungen der gesellschaftlichen Verhältnisse nachzuweisen [ ... ].Hierzu ist vollständig hinreichend, wenn er mit der Nothwendigkeit der gegenwärtigen Ordnung zugleich die Nothwendigkeit einer andren Ordnung nachweist, worin die erste unvermeidlich übergehn muß« 350 . Marx kommentiert zustimmend: >>Indem der Herr Verfasser das, was er meine wirkliche Methode nennt, [ ... ] so wohlwollend schildert, was andres hat er geschildert als die dialektische Methode?« 351 Marx' Auszug aus der Rezension hebt dabei auf folgende Punkte ab: (1) Untersuchung des Zusammenhangs einer gegebenen Produktionsweise; (2) Auffassung der Geschichte als naturhistorischer Prozeß, >>den Gesetze lenken, die nicht nur von dem Willen, dem Bewußtsein und der Absicht der Menschen unabhängig sind, sondern vielmehr umgekehrt deren Wollen, Bewußtsein und Absichten bestimmen«352 ; (3) Kritik als >>Vergleichung und Konfrontirung einer Thatsache [ ... ] mit der andern Thatsache«353; (4) Leugnung abstrakt-allgemeiner, formationsübergreifender Gesetze des ökonomischen Lebens; vielmehr >>besitzt im Gegentheil jede historische Periode ihre eignen Gesetze« 354 ; (5) >>Der wissenschaftliche Werth solcher Forschung liegt in der Aufklärung der besondren Gesetze welche Entstehung, Existenz, Entwicklung, Tod eines gegebenen gesellschaftlichen Organismus und seinen Ersatz durch einen andren, höheren regeln« 355 . 35o
MEGA2, 2, 6, 707.
351 Ebd., 708f. Ebd., 707. Ebd., 708. 354 Ebd. 355 Ebd.
352 353
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Betrachtet man diese Punkte im Zusammenhang, so wird deutlich, daß- vor allem aufgrund des Ausschlusses formationsübergreifender Gesetze des ökonomischen Lebens - für geschichtsteleologische Konstruktionen hier wenig Raum bleibt. Was die Unvermeidlichkeit des Übergangs von einer Formation zur anderen und den >>Ersatz« der ersteren durch eine >>höhere« angeht, ist freilich eine Zweideutigkeit zu konstatieren, die jedoch den Formulierungen Kaufmans, nicht Marx' selbst geschuldet ist. Sie ließen sich im übrigen auch schwächer interpretieren in dem Sinne, daß (1) unter der Voraussetzung, daß überhaupt menschliche Gesellschaften fortbestehen, eine Formation durch eine andere ersetzt werden muß; (2) daß die untergehende Produktionsweise die materiellen Voraussetzungen einer neuen im Sinne von Mitteln enthält; (3) daß mit diesen Mitteln begrenzte Möglichkeiten gesellschaftlicher Zusammenhänge realisiert werden können, deren tatsächlich eintretende Spezifik darin freilich nicht festgeschrieben ist, und (4) daß diese Möglichkeiten auch eine Vermeidung derjenigen Antagonismen einschließen können, an denen die vorhergehende Formation scheiterte und in diesem Verständnis eine >>höhere>die menschliche Gesellschaft>Auflösung>dialektische Methode>In ihrer mystificirten Form ward die Dialektik deutsche Mode, weil sie das Bestehende zu verklären schien. In ihrer rationellen Gestalt ist sie dem Bürgerthum und seinen doktrinären Wortführern ein Aergerniß und ein Greuel, weil sie in dem positiven Verständniß des Bestehenden zugleich auch das Verständniß seiner Negation, seines nothwendigen Untergangs einschließt, jede gewordne Form im Flusse der Bewegung, also auch nach ihrer vergänglichen Seite auffaßt, sich durch nichts imponiren läßt, ihrem Wesen nach kritisch und revolutionär ist>Kapital>Sie ist wieder im Anmarsch, obgleich noch begriffen in den Vorstadien, und wird durch die Allseitigkeit ihres Schauplatzes, wie die Intensivität ihrer Wirkung, selbst den Glückspilzen des neuen heiligen, preußisch-deutschen Reichs Dialektik einpaukenDialektik>Begriffsschrift, eine der arithmetischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens>Tractatus logico-philosophicus>die philosophischen Probleme>die Fragestellung dieser Probleme auf dem Mißverständnis der Logik unserer Sprache beruhtwie wenig damit getan ist, daß die Probleme gelöst sind>Das Gefühl der Welt als begrenztes Ganzes ist das mystische>Nicht wie die Welt ist, ist das Mystische, sondern daß sie ist>TractatuS>Tractatus« noch aufscheint: des Verschließens der traditionellen Problembestände und ihres Abstoßens als gleichgültiger. Als gleich-gültig aber sind sie nur verdrängt, nicht begriffen und überwunden, und noch das Absehen von ihnen erkennt sie als eine Macht an, die mit einem Tabu belegt ist. So bleibt auch dort, wo Wittgensteins Imperativ des Schweigens zum bloßen Vergessen wird, das Abgespaltene als ein Gleich-geltendes in Wirksamkeit. Die vielfach zu beobachtende Reontologisierung des Logischen ist hierfür Indiz. Es käme darauf an, die Perhorreszierung des Spekulativen dadurch zu überwinden, daß der Bann des Schweigens in antispekulativer Absicht durchbrochen wird. In einem strikten Sinne nämlich zeigt sich in der Abspaltung der traditionellen Problembestände der Restbestand der Philosophie als ein Verfahren 7
8
Vgl. ebd., 6.51. Ebd., 7; hierzu ausführlich Scheier 1991a.
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V. Dialektik und Vernunftkritik · Philosophie des 20. Jahrhunderts
äußerlicher Reflexion, wobei es sich dessen zumeist durchaus bewußt ist. Diese Äußerlichkeit soll davor schützen, Wissenschaft und Vernunft von partikularen Inhalten in Dienst nehmen zu lassen, wie es in der Anmutung zum Ausdruck kam und kommt, Sinngebungen vorzunehmen. Eine Vernunft aber, die in der Äußerlichkeit verharrt und sich auf formale Kriterien von Wahrheit zurückzieht, die sie zwar verantworten und für die sie innerhalb ihres aus der Selbstbeschränkung hervorgegangenen Bezirks Geltung beanspruchen kann, -eine solche Vernunft vermag kaum mehr anzugeben, worin ihre Wahrheit noch als konkrete Bestand haben könnte. Dabei- und dies zeichnet wiederum Wittgensteins ursprüngliche Einsicht im »Tractatus« aus- geht es durchaus nicht primär um Spiele sprachlich verfaßter Rationaltät, sondern um einen Rationalitätsanspruch, der hinter klassischen Maßstäben nicht zurücksteht: es geht um »Weltdie Welt« als ein begrenztes Ganzes inne wird. 9 In der Wendung zur Totalität wie auch in deren Fassung als Endlichkeit könnte, so scheint es, ein nichtspekulativer dialektischer Vernunftbegriff mit Wittgenstein übereinkommen, ohne indes der These zuzustimmen, daß hiermit die Aussicht auf das Mystische eröffnet werde. Es ist ja kein Zufall, daß gerade hier das Mystische hineinspielt, geht es doch in der Totalität des Endlichen immer wieder um das, was schon Hegel der Totalität endlicher Verstandesbestimmungen vorgerechnet hatte: sich in Widersprüchen zu verstricken und diese unendlich zu machen. Sollen solche Widersprüche freilich um jeden Preis eliminiert werden, so ist schwer einzusehen, welches Recht hier dem Begriff noch bleibt. Ist aber der Widerspruchper se nicht der Unbegriff und Anfang des Unsinns, so ist hier auch das Begreifen nicht am Ende. Zumindest könnte es als nicht von vornherein aussichtslos erscheinen, der von Hegel und Marx vorgezeichneten begrifflichen Alternative an diesem Punkt nachzugehen. Hierfür bietet das Spätwerk Wittgensteins selbst Anknüpfungspunkte, die wenigstens zu benennen sind. In eindeutiger Wendung gegen die Abstraktion einer gleichsam kristallinen, völlig durchsichtigen Ordnung des Denkens, wie er sie im >>Tractatus« vertreten hatte, kommt Wittgenstein in den >>Philosophischen Untersuchungen>der uns beunruhigt, den Zustand vor der Lösung des Widerspruchs, übersehbar zu machen« 10 • Mit dieser weitergehenden Selbstbescheidung der Philosophie kommt- innerhalb der Grenze der Sprache 11 - die Voraussetzung einer formellen Einheit ins Wanken: >>Wir erkennen, daß, was wir >SatzSpracheTräger>Familienähnlichkeiten>Ähnlichkeit>Sprachspiele>nicht begründet. Nicht vernünftig (oder unvernünftig)>wie unser Leben>AusschaltungEinklammerungnatürliche>reines>transzendentales>Habens>Haben>Selbsthabe>WeltAnsieh>Widersinn« der Humeschen Skepsis verborgene philosophische Motiv einer Erschütterung des Objektivismus entgegen, 18 der >>radikalste Subjektivismus, der die Welt selbst subjektiviertWelträtsel im tiefsten und letzten Sinne, das Rätsel einer Welt, deren Sein Sein aus subjektiver Leistung ist>Phänomenologie des Geistes>Monadenall>Welt>EinzigenTranszendenz des Ego>Weltnatürlich>appräsentiert« werden, d. h.: er ist, wie Husserl betont, nur einer >>analogischen Apperzeption« zugänglich.20 Solche analogische Repräsentanz verschließt das alter Ego der Intersubjektivität zu einer Unmittelbarkeit, an der die (selbst scheinhafte) Vermittlung der Intentionalität abprallt. Das aber heißt, sie vermag das Vorausgesetzte nicht begrifflich-reflektierend einzuholen. Auch hier zeigt sich das phänomenologische Verfahren als Abstraktion durch bloßes Absehen von den konkreten Vermittlungen einerseits (>>Einklammerntranszendentale Subjektivität>phänomenologischen AntinomienWeil die Vermittlungen ins Dunkel gescheucht wurden, können die Bestimmungen, auf die bei der Bildung allgemeiner Begriffe verzichtet werden muß, vom philosophischen Bedürfnis dem Resultat ohne Aufsehen doch wieder hinzugefügt werden>Subjektivität>Objektivität>Logischen UntersuchungenAufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften>Geist>oszillierenNaturGeistGeistLebens« für die begriffliche Reflexion dergestalt sichern will, daß sie gleichwohl dem Sog des absoluten Begriffs entrinnt. Sie ist die Begrenzung der Hegeischen Dialektik durch die romantische Dialektik und Hermeneutik, worin Dilthey nach dem Schema seines Lehrers Trendelenburg verfährt. Die selbst nur unmittelbar zu verstehende Unmittelbarkeit des >>Lebens>DialektikEs war Hegels Verdienst, daß er in seiner Logik den rastlosen Strom des Geschehens zum Ausdruck zu bringen suchte. Aber es war sein Irrtum, daß diese Anforderung ihm nun unvereinbar erschien mit dem Satz des Widerspruches: unauflösliche Widersprüche entstehen erst, wenn man die Tatsache des Flusses im Leben erklären will. Und ebenso irrig war und ist es, wenn man von derselben Voraussetzung aus zur Verwerfung der systematischen Begriffsbildung auf dem geschichtlichen Gebiet gelangt. So erstarrt in Hegels dialektischer Methode die Mannigfaltigkeit des geschichtlichen Lebens, und die Gegner der systematischen Begriffsbildung auf dem historischen Gebiet lassen in einer unrepräsentierbaren Lebenstiefe die Mannigfaltigkeit des Daseins versinken>Sein 24
25 26
Vgl. Lukacs 1962. Dilthey: Der Aufbau der geschichtlichen Welt, 192. Vgl. -im Blick auf Habermas- Spahr 1992.
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und Zeit>Reden>Über die Religion>Dialektik>Sein und ZeitPhänomenologische[n] Interpretationen zu Aristoteles>Der Gegenstand der philosophischen Forschung ist das menschliche Dasein als von ihr befragt auf seinen Seinscharakter>faktischen Grundtendenz des Lebens zum Abfallen von sich selbst und darin zum Verfallen an die Welt und hierin zum Zerfall seiner selbst>entfremdend, das heißt, das faktische Leben wird im Aufgehen in seiner besorgten Welt sich selbst mehr und mehr fremd>Gegenbewegung>Existenz>im faktischen Leben für es selbst zugängliche Sein seiner selbst»Gegen< als das >Nicht< [ ... ] eine ursprüngliche seinskonstitutive Leistung« 33 bekundet. Dieses fungiert gleichsam als eine negative Unmittelbarkeit. In Bezug auf Hege! wäre dies die seinslogische Totalität als Bewegung von Nichts zu Nichts und dadurch zu sich selbst zurück. Anders als in Hegels >>Wissenschaft der Logik« freilich ist diese Unmittelbarkeit, was immer sie über die Negativität hinaus sein mag, nichts, was reflektierend begriffen werden könnte. Dies macht Heidegger in seinem Interpretationsvorschlag zum 6. Buch der >>Nikomachischen Ethik« deutlich, wo er den WahrheitsVgl. die Hinweise bei Ott 1988, 101.112f. Auf solche >>Fundamentalbefindlichkeiten« bei Heidegger hat Rentsch 1989, 129ff. hingewiesen; insgesamt ist für Heidegger ein nicht zu unterschätzender Einfluß der Spätphilosophie Schellings in Anschlag zu bringen. 29 Heidegger: Phänomenplagische Interpretationen zu Aristoteles, 238. JO Ebd., 242. 31 Ebd., 243. 32 Ebd., 245. 33 Ebd. 27 28
Heidegger
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begriff im Sinne seiner Lesung von Aletheia als >>Unverborgenheit« expliziert: >>Der Sinn des alethes: als unverborgen da-sein, bzw. an ihm selbst vermeint-sein ist in keiner Weise aus dem >Urteil< explikativ geschöpft und daher auch nicht ursprünglich da beheimatet und darauf bezogen. Aletheuein besagt nicht: >sich der Wahrheit bemächtigennur, wo >Synthesis< ist>als Sichverhüllen hat nur Sinn auf Grund der ursprünglich nicht logos-bezogenen Bedeutung des alethes>Üffenbarkeit der Dinge>die Denkweise beizubringen, die uns instand setzt, die wesentlichen Dinge dieses Bereiches in Frage zu stellen. Der Begriff ist hier nicht mehr das Gedachte, Erdachte (Logik), nicht das Rationale im Gegensatz zum Irrationalen [ ... ].Aus der Notwendigkeit der Überwindung dieses alten >Begriffs< folgt eine höhere Weite des neuen Begriffs. Diese Begriffe sind die Inbegriffe unseres künftigen Seins>Sein und Zeit>Das Nichts ist niemals nichts, es ist ebensowenig ein Etwas im Sinne eines Gegenstandes; es ist das Sein selbst, dessen Wahrheit der Mensch dann übereignet wird, wenn er sich als Subjekt überwunden hat, und d. h., wenn er das Seiende nicht mehr als Objekt vorstellt>tiefer>Für Hege! ist die Sache des Denkens das Sein hinsichtlich der Gedachtheit des Seienden im absoluten Denken und als dieses. Für uns ist die Sache des Denkens dasSelbe, somit das Sein, aber das Sein hinsichtlich seiner Differenz zum Seienden. Noch schärfer gefaßt: Für Hege! ist die Sache des Denkens der Gedanke als der absolute Begriff. Für uns ist die Sache des Denkens, vorläufig benannt, die Differenz als DifferenzHaltung des vorstellenden Denkens>Abgrundin das Gehören zum Seinals Sein wesen>in sich schwingende Bereich, durch den Mensch und Sein einander in ihrem Wesen erreichen>in sich schwingende>Der Ruf entbehrt jeglicher Verlautbarung. Er bringt sich gar nicht erst zu Worten- und bleibt gleichwohl nichts weniger als dunkel und unbestimmt. Das Gewissen redet einzig und ständig im Modus des Schweigens. So verliert es nicht nur nichts an Vernehmlichkeit, sondern zwingt das an- und aufgerufene Dasein in die Verschwiegenheit seiner selbst«46 • Die Beliebigkeit solcher Unmittelbarkeiten indes wird dort offenkundig, wo das Schweigen politisch beredt wird: >>Der Städter meint, er ginge >unter das Volkkeine erste Bestimmung und auch keine prophetische Ankündigung einer bevorstehenden und noch unerhörten Benennung«51; vielmehr: >>Für uns bleibt die differance ein metaphysischer Name und alle Namen, die sie in unserer Sprache erhält, sind immer noch qua Namen metaphysisch« 52 . Hierin besteht die crux der Metaphysikkritik: die Metaphysik lebt fort in den >>Namen« der Kritik, sofern sie Namen sind, d. h., sie ist in der Kritik auch schon immer als das Kritisierte affirmiert, sofern Kritik als bestimmter Gegensatz das Entgegengesetzte voraussetzt und festhält. Deshalb will Derrida eine Bejahung, die aller Dialektik fremd ist (er meint freilich nicht alle Dialektik, sondern nur die Hegelsche), weil diese Position aus der Negation hervorgeht und damit den Gegensatz schon immer auf etwas hinführt, eine Einheit, in der, wenn auch in der Form des Widerspruchs, die Entgegengesetzten in einen Zusammenhang aufgehoben sind. Wie Heidegger die Differenz als Differenz zum Thema machte, um der Hegeischen >>Wissenschaft der Logik« zu entrinnen, so ist die differance bei Derrida nicht als Unterschied im Sinne einer Gegensatzbeziehung zu verstehen, sondern als Unterscheidung von solchem Unterschied.53 Gleichwohl ist die Sprache im Verständnis Derridas (und dies lädt jeden Namen metaphysisch auf) durch Oppositionen charakterisiert, die Arbitrarität der Zeichen, die sich erst in der Beziehung aufeinander bestimmen. Dieses Bestimmen als Spiel der Differenz zu begreifen, ohne seinen Ursprung in einen Begriff der Differenz als differance zu verlegen, und ohne es als etwas zu verstehen, das auf ein zugrundeliegendes Bezeichnetes hinführt, ist die sprachtheoretische (>>grammatologische«) Durchführung der Metaphysikkritik bei Derrida, die sich als Verfahren der Dekonstruktion versteht. Dabei knüpft Derrida an Ferdinand de Saussures >>Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft>beim Wert die Seite der Bedeutung einzig und allein durch seine Beziehungen und Verschiedenheiten mit andern Gliedern der Sprache gebildet wirdnicht der Laut selbst>sondern die lautlichen Verschiedenheiten, welche dieses Wort von allen andern zu unterschei50
Die Ditferance; in: 1976b, 36f.
51 Ebd., 36. 52 Ebd., 35.
53 Vgl. Kimmerle 1986; Kimmerle 1982b, 354 hat daher auch für difference-differance den Übersetzungsvorschlag >>Unterschied«-»Unterscheid>daß niemals ein Bruchstück der Sprache letzten Endes auf etwas anderes begründet sein kann als auf sein Nichtzusammenfallen mit allem übrigen. Beliebigkeif und Verschiedenheit sind zwei korrelative Eigenschaften«54. Sprache ist demnach für Derrida zu verstehen als ein Spiel der Differenzen, aber diese Differenzen sind zugleich auch >>Effekte«, d. h. sie sind >>nicht in fertigem Zustand vom Himmel gefallen« 55 . Differance wäre demnach das, was die Differenzen hervorbringt, obwohl es ihnen >>nicht etwa in einer einfachen und an sich unmodifizierten, in-differenten Gegenwart« vorausgeht: >>Die differance ist der nicht-volle, nicht-einfache, strukturierte und differierende Ursprung der Differenzen. Folglich kommt ihr der Name >Ursprung< nicht mehr zu« 56 . Sie erscheint darin, daß jedes Element >>sich auf etwas anderes als sich selbst bezieht, während es das Merkmal (marque) des vergangeneu Elementes an sich behält und sich bereits durch das Merkmal seiner Beziehung zu einem künftigen Element aushöhlen läßt« 57 . Der Sinn dieser Thesen wird deutlicher, wenn man die bei Derrida zustimmend zitierte Bemerkung de Saussures hinzunimmt, in der Sprache gebe es >>nur Verschiedenheiten ohne positive Einzelglieder« 58 • Daraus zieht Derrida die Folgerung: >>Jeder Begriff ist seinem Gesetz nach in eine Kette oder in ein System eingeschrieben, worin er durch das systematische Spiel von Differenzen auf den anderen, auf die anderen Begriffe verweist. Ein solches Spiel, die differance, ist nicht einfach ein Begriff, sondern die Möglichkeit der Begrifflichkeit, des Begriffsprozesses und -systems überhaupt« 59 . In den Begriffen einer dialektischen Konzeption reformuliert, liefe dies auf folgende Kernthesen hinaus: (1) es gibt kein >>Wesen« der erscheinenden Wirklichkeit- weder immanent noch transzendent- das sich als deren >>Ursprung«, >>Grund« oder >>telos« behaupten ließe; (2) der Zusammenhang eines endlichen Ganzen (>>System«) ist die Beziehung der Elemente dieser Totalität aufeinander so, daß sie das, was sie sind, nur in der und durch die Beziehung auf Anderes sind als auf das, was sie nicht sind; (3) als derart endlich in sich reflektierte sind sie keine >>positiv« bestimmbaren, im Sinne der Verstandesidentität mit sich identischen Entitäten, sondern sie sind nur, indem sie nicht so bleiben können, was und wie sie sind, als an ihnen selbst sich widersprechende; (4) die Zusammenhänge derart sich realisierender, prozessierender Widersprüche im Endlichen (Derridas >>Spur«) sind selbst nur unter dem Primat der Diskontinuität rekonstruierbar als Effekt von Nichtidentität, der diese nicht in sich aufhebt und zum Moment herabsetzt. Saussure 1967, 140f. Die differance; in: 1976b, 17. 56 Ebd.; >>strukturierte und differierende>ins Spiel« gebracht.60 Sie ist, als Lachen und Tanz, selbst Spiel. Und damit sie und mit ihr die differance nicht zum metaphysischen Ernst gerinnt, darf und muß sie am Ende selbst noch einmal spielerisch konterkariert werden; es wird eine Frage gestellt, >>die sich in die ausgespielte Bejahung der differance einschreibt«. D. h.: gegen diese Bejahung wird noch einmal etwas ausgespielt, was sich ihr >>einschreibt«, sofern dieses Ausspielen der Bejahung als Spiel gemäß ist. Das Spiel der differance ist universell, sofern alles als Text verstanden werden kann: >>Das, was ich also Text nenne, ist alles, ist praktisch alles. [ ... ] Folglich setzt dieser neue Begriff des Textes [ ... ] voraus, daß man in keinem Moment etwas außerhalb des Bereiches der differentiellen Verweisungen fixieren kann, das ein Wirkliches [ ... ]wäre, etwas, das nicht es selbst wäre, markiert durch die textuelle differance, durch den Text als differance mit einem >a«>Die Sprache ist erforderlich, damit das Sprechen verständlich sei« 62 • In diesem Sinne wird auch die als metaphysisch qualifizierte Semiologie durch die »Grammatologie«63 ersetzt. Die Universalität der differance rückt sie in die Nähe eines ontologisch-metaphysischen Prinzips. Dem soll dadurch entgegengesteuert werden, daß sie von der systematischen Last des Begriffs befreit und auf diese Weise für spezifische >>Texte« offengehalten wird, in denen sie jene >>Effekte« hervorbringt, um die es 60 61 62
63
Vgl., auch zum folgenden, ebd., 36. Derrida: Interview mit Peter Enge/mann; zit. bei Engelmann 1990, 20f. Saussure 1967, 22; vgl. das Zitat bei Derrida: Die differance; in: 1976b, 22. Derrida 1983; zuerst 1967.
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Derrida zu tun ist. Die Entbegrifflichung der differance in metaphysikkritischer Absicht sichert die Spezifik ihres Einsatzes. Darin schlägt sich eine systematische Verlegenheit nieder, welche darauf beruht, daß bereits auf der Ebene bestimmter Texte die differance als dasjenige, was die Differenzen produziert, von den bestimmten Vermittlungen abgekoppelt und ihnen gegenüber in einen gleichsam transzendentalen Status gerückt wurde. Sie ist so etwas wie das Unterscheidende in den Unterschieden überhaupt und gerade nicht Unterschied als bestimmte Gegensatzbeziehung. Die Abstraktion dessen, was den bestimmten Unterschied zum Effekt haben soll, von dieser Bestimmtheit aber macht die differance erst anfällig für Metaphysik. Das Spiel, in dem sie sich durch die Bejahung des Unterschieds zu sich selbst in der Schwebe hält, flieht den Abgrund der Indifferenz des bestimmten Seins in einem metaphysischen Prinzip. Dies gelingt freilich nur um den Preis, daß die differance selbst indifferent gegenüber der Bestimmtheit der Differenz gemacht wird, um diese nicht zu verletzen. Als der nicht volle Ursprung der Differenzen, der kein Ursprung ist, erhält sie theorietechnisch den Status eines Unmittelbaren. Nun steht es außer Frage, daß Unmittelbarkeit hier in keiner Weise als heimliches Eingeständnis eines Ursprungs verstanden werden kann; vielmehr soll die differance einer begrifflichen Fixierung entzogen werden, in der sie als Ursprung und Prinzip erscheinen könnte. 64 Insofern zielt auch Jürgen Habermas' Genealogie des Derridaschen Denkens als Ursprungsphilosophie ins Leere; 65 tatsächlich steht sie vielmehr den lebensweltlichen Unmittelbarkeiten Habermas' nahe, die ja auch nicht ein Ursprungsdenken signalisieren sollen, sondern den Horizont der Rationalisierungsprozesse kommunikativer Vernunft bilden. Die Universalität der differance bedeutet zunächst nicht mehr und nicht weniger als die Abwesenheit jedes Ursprungs in dem Spiel der Differenzen; sie ist >>Struktur« als die >>nicht weiter reduzierbare Komplexität«, welche die Metaphysik >>nicht zu denken vermagentstehen kann>dem Punkt, wo der Begriff der differance - und alles, was mit ihm verkettet ist - ins Spiel kommt, [ ... ]letzten Endes immer auf die Präsenz eines Gegenwärtigen>transzendentales Signifikatnicht a-strukturell ist: Sie bewirkt systematische und geregelte Transformationen, die bis zu einem gewissen Grad Anlaß zu einer strukturellen Wissenschaft geben könntenbegrifflichen Gegensätze[n]>Struktur>von innen>Die Dekonstruktion hat notwendigerweise von innen her zu operieren, sich aller subversiven, strategischen und ökonomischen Mittel der alten Struktur zu bedienen, sich ihrer strukturell zu bedienen, das heißt, ohne Atome und Elemente von ihr absondern zu können. Die Dekonstruktion wird immer auf bestimmte Weise durch ihre eigene Arbeit vorangetrieben>Dekonstruktion>Text>Von innen>Verwindung« der Metaphysik verstehen würde, ist nur Beschreibung, aber keine Erklärung. Die Erklärung für das Ausgeliefertsein an die Metaphysik liegt vielmehr darin, daß die differance durch den Gleichklang von Unterschied und Beliebigkeit etabliert wird, d. h. als Abstraktion von den bestimmten Vermittlungen. Als eine solche Abstraktion aber ist sie in Gefahr, zur Singularität eines Ursprungs zu gerinnen, in der die Unmittelbarkeit als das Jenseits des Begriffs aufgeladen wird zum An-und-für-sich-sein eines Subjekts. So ist es denn notwendig, solche Verfestigung noch einmal durch ein Spiel der Oppositionen aufzubrechen, um kenntlich zu machen, daß differance nicht der Name eines Ursprungs ist. Woher aber sollte dann noch- wenn nicht unmittelbar, d. h. durch Glauben und ein subjektives Fürwahrhalten - beglaubigt sein, es käme überhaupt auf die Differenz an? Worauf es strategisch ankommt, ist in der Tat nur die Beliebigkeit, die Indifferenz als gleich-gültige Differenz. Deren traditioneller Name freilich ist derjenige, den Derrida mit Heideggers Hoffnung beschwört. Nun kommt es auf Namen hier nicht an, weil sie ohnehin metaphysisch sind. Dann aber wäre der Titel der Identität genau so gut wie der der Differenz. Tatsächlich kommt Derrida aus diesem Schatten der Metaphysik nicht heraus. Der metaphysische Sinn und Grund ist nicht kritisiert und begrifflich destruiert, er ist verwunden allein darin, daß sich das Denken ihm entzog. Das Denken der Differenz ist Denken im Entzug dieses Grundes, der darin negativ anwesend bleibt. Wir müssen verstehen, so Derrida, >>daß es auf immer und ewig Bücher geben wird, in denen (sich), noch
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ehe er eins geworden ist, der Sinn einer von einem absoluten Subjekt ungedachten Welt bricht; daß die knechtische Negativität irgendeiner Dialektik das Ungeschriebene und das Ungelesene aus dem Un-Grund nicht einfangen können, und daß wir, durch >allzu viele Schriften< überwältigt, die Abwesenheit des Buches also beklagenWelt>Philosophieist eigentlich Heimweh, Trieb überall zu Hause zu seynHeideggers Hoffnung>metaphysischen begrifflichen Oppositionen>dekonstruktiven>sich versammelt, was das Sein als Präsenz begrenztDer Widerstreit>>Sprachwende< der abendländischen Philosophie>Kant der >dritten< Kritik und der historisch-politischen Texte (>vierte< Kritik)>Wittgenstein der Philosophischen Untersuchungen und der Nachlaßschriften>Konfliktfall zwischen (wenigstens) zwei Parteien, der nicht angemessen entschieden werden kann, da eine auf beide Argumentationen anwendbare Urteilsregel fehlt>weil er unmittelbar vorausgesetzt wird>>Sprache< [Langage] im allgemeinen>universale schlichtende Autorität>Recht>Recht>wenigstens eine Möglichkeit aufsuchen, die Integrität des Denkens zu retten >Leben und leben lassen>laßt spielen und laßt uns in Ruhe spielen>Ausdruck« verschafft werden soll - was anderes ist dies, als das traditionelle Formular der Trennung von Unmittelbarkeit (>>GefühlDiskurSvon etwasersticktpräsent>Organ>vierte>Man kann strictu sensu nicht behaupten, die Freiheit ermögliche die Erfahrung von Moralität, die Verpflichtung. Diese ist kein Faktum, das man belegen könnte, sondern nur ein Gefühl, ein Faktum der Vernunft, ein ZeichenAls-obSittlichguten>Streits der FakultätenEnthusiasmus>erhabenen Gefühls>am Rande der Demenz, ist ein pathologischer Anfall und besitzt als solcher in sich keine ethische Gültigkeit [ ... ]. Dennoch bewahrt das enthusiastische Pathos in seiner vorübergehenden Fesselung ethische Gültigkeit, es ist ein energetisches Zeichen, ein Tensor des >Wunschesder Widerstreitfällepar excellenceDie kantische Auflösung beruft sich auf das Gefühl selbst, das alle beide notwendigerweise empfinden, andernfalls könnten sie sich nicht über ihre Uneinigkeit verständigen. Dieses Gefühl belegt, daß ein Band von >Mitteilbarkeit< zwischen ihnen existiert [ ... ]. Das Band des Gefühls kann nicht [ ... ] zum Gegenstand eines Begriffs geraten, ebensowenig aber ist das Gefühl die Abwesenheit eines solchen Bandes [ ... ] . Dieses Band muß den Status eines Gefühls bewahren, während es zugleich danach strebt, sich in einen ausdrücklichen Konsensus über seinen Motivationsgrund [ ... ] zu verwandelngleichsam als Pflicht>Wissen>Diskurs>Ausdruck>Wahrheit>KonsensMir scheint, daß der Essay (Montaigne) postmodern ist und das Fragment (das Athenäum) modern>einen Auftrag zur Expressivität, zur Emanzipation, zur Offenbarung einer WeisheitIndifferenz [ ... ] zweyer sich entgegengesetzter IrrthümerEndlichenSatz des Geschmacksunentschiedenerspannungsvollermodernender gegenwärtigen Techno-Wissenschaft>daß das Subjekt dem Objekt, das untersucht und verändert wird, immanent istwechselseitige Umkehrung>Die Objekte verfügen über Sprachen, und jene kennen heißt, diese übersetzen können. Als Immanenz der Intelligenz in den Dingen. [ ... ] Vielleicht ist der Mensch nur ein besonders ausgeklügelter Knoten in der allgemeinen, das Universum konstituierenden Interaktion der StrahlungenIdeenModerne>wechselseitige Umkehrung>Widerstreit>Dialektik>reinen Denken>Recht>Einleitung>andere Methoden>für den einen und andere für den anderen Streit, oder eben so für diese und für jene Streitenden; sondern sie muß Grundsäze aufstellen, welche dieselben sind für Alle und allem Streit angemessen nicht um vorübergehend den einen Streitenden auf die Seite des andern hinüberzuführen, sondern um das zerfallene Denken zur Einheit des Wissens zu fördern« 99 • Dies freilich setzt voraus, daß beide Seiten sich wenigstens über die Regeln des Streits verständigen können und >>beiden Theilen die dialektischen Grundsäze selbst gleich gewiß sind>Einheit des Wissens>Identität>klassische>überschwenglichen« Vernunft. Dagegen wurde in der Philosophie des deutschen Idealismus der Vorwurf laut, Kant selbst habe durch eine äußerliche Begrenzung der Vernunft deren eigentlichen Begriff verfehlt und sie nach den Maßstäben des Verstandesdenkens gestutzt. Hegels Versuch, die äußerliche Grenze der Vernunft in den Vernunftbegriff selbst aufzuheben und dadurch zum absoluten Wissen hin zu überschreiten, mußte in Aporien verlaufen, sofern die so entgrenzte Vernunft als absolute für die endliche Reflexion empirischer Subjekte nicht mehr vollziehbar war, sondern selbst nur äußerlich nachvollzogen werden konnte. Das Problem einer Begrenzung der Vernunft wiederholte sich innerhalb des spekulativen Vernunftbegriffs selbst im Auseinandertreten dessen, was die absolute Reflexionfür das Absolute, und dem, was sie für die empirischen, endlichen Subjekte bedeutete. Für letztere war sie der äußerliche Zwang eines-ihnen gegenüber Objektiven, das die härtesten Entgegensetzungen im Endlichen hervorbrachte; für das Absolute aber war sie das Gegenteil von Entfremdung und Fremdheit, nämlich das Schon-immer-bei-sichselbst-Sein im Anderen als dem Anderen seiner selbst. Die Überschreitung des Endlichen im Nachvollzug des absoluten Wissens konnte nur theoretisch-kontemplativ, in den Abstraktionen einer >>erpreßten Versöhnung>metaphysischer>In ihrer eigentümlichen BestimmtheitEnzyklopädieist die Dialektik [ ... ]die eigene, wahrhafte Natur der Verstandesbestimmungen, der Dinge und des Endlichen überhaupt. [ ... ] Alles Endliche ist dies, sich selbst aufzuheben. Das Dialektische macht daher die bewegende Seele des wissenschaftlichen Fortgehens aus und ist das Prinzip, wodurch allein immanenter Zusammenhang und Notwendigkeit in den Inhalt der Wissenschaft kommt, so wie in ihm überhaupt die wahrhafte, nicht äußerliche Erhebung über das Endliche liegtdas Affirmative, das in ihrer Auflösung und ihrem Übergehen enthalten ist>Unmittelbarkeit« entspricht durchgängig ein emphatisches Verständnis von >>Identitätobjektive>Reflexion« den ursprünglichen Sinn des Rückgangs auf sich selbst bei. Der Begriff kann allererst als Titel für die menschliche - praktische wie theoretische - Aneignung der Welt in Anspruch genommen werden, in der sich das menschliche Selbstverhältnis realisiert. Ganz elementar bedeutet >>Selbstverhältnis« zunächst die Reproduktion des materiellen Lebensprozesses der gesellschaftlichen Individuen (einschließlich ihrer biologischen Reproduktion). Diese Reproduktion erfolgt im Zuge eines gesellschaftlich vermittelten Stoffwechselprozesses mit der Natur, der wesentlich durch den jeweiligen Stand der gesellschaftlichen Entwicklung und Anwendung der Arbeits- und Erkenntnismittel, also der gegenständlichen Produktivkräfte, bestimmt wird, und bestimmte gesellschaftliche Vermittlungen der Individuen untereinander einschließt. Die theoretische Aneignung der >>Welt«, d. h.: der Natur und Gesellschaft, ist Bestandteil dieses Prozesses und insoweit auch durch dessen Bestimmtheit determiniert. In diesem Sinne kann menschliche Arbeit, verstanden als gesellschaftlich vermitteltes Naturverhältnis, als Modell von Reflexion aufgefaßt und zugleich zur Zentralkategorie des menschlich-gesellschaftlichen Selbst- und Weltverhältnisses gemacht werden, wie dies im >>Arbeitskonzept« versucht wurde. 112 Sie ist nicht identisch mit Reflexion oder Vermittlung schlechthin, aber durch sie treten die gegenständlichen Vermittlungen der erscheinenden Wirklichkeit überhaupt erst in den Blick. Deren objektiv gültige Erkenntnis ist für uns auch dann vielfach beschränkt, wenn diese Schranken nicht als prinzipielle Grenzen der Erkenntnis aufgefaßt werden. Vielmehr: die Schranken bezeichnen die Endlichkeit unserer Reflexionen in der je spezifischen, historisch bestimmten Reichweite der Erkenntnismittel. Die historisch-gesellschaftliche Beschränktheit der Reflexionen gilt für den Einzelnen in der Schere zwischen dem gesellschaftlich-arbeitsteilig akkumulierten Wissen einerseits und den individuellen Rezeptionsfähigkeiten andererseits ebenso wie für die menschliche Gattung, der im Übergehen der endlichen Vermittlungen ineinander die >>Welt« erkenntnispraktisch als (im Hegeischen Sinne »schlechte«) Unendlichkeit gegenübertritt.
112
Vgl. Arbeit und Reflexion (1980); Arbeit und Philosophie (1983).
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V. Dialektik und Vernunftkritik · Vernunft und endliche Reflexion
Die Vermittlung der Erkenntnismittel und Erkenntnisse untereinander betrifft die gesellschaftliche Arbeitsteilung in der Produktion des Wissens und damit auch die Form der Allgemeinheit, die das Wissen über die sich spezialisierenden und gegeneinander verselbständigten Wissenschaften und Wissenschaftssektoren hinaus annehmen kann. Dies ist der Einsatz derjenigen Form von Allgemeinheit, die traditionell von der Philosophie besetzt wird. In ihr wäre ein Vernunftbegriff zur Geltung zu bringen, der auf der negativ-vernünftigen Endlichkeit unserer Reflexionen basiert. Solches Reflexionsverständnis käme unter veränderten Voraussetzungen und mit veränderten Inhalten und begrifflichen Mitteln wieder mit demjenigen Begriff von Reflexion überein, wie ihn die Aufklärung als Einheit von Perzeption und Apperzeption im theoretischen Verhalten endlicher Subjekte konzipiert hatte.
5. Negative Dialektik Das Negativ-Vernünftige der Dialektik bezeichnet das Allgemeine der Erkenntnisarbeit im Modus der Selbstkritik. Der dialektische Vernunftgebrauch stellt sich der spezifischen Bestimmtheit und Endlichkeit der erscheinenden Wirklichkeit, auf deren Zusammenhänge er reflektiert, indem er sich darin seiner spezifischen Bedingungen vergewissert und selbst als der Endlichkeit und Veränderung unterworfen begreift. Seine Versuche zur geistigen Reproduktion der Wirklichkeit bleiben in mehrfacher Hinsicht vorläufig; nicht nur in dem Sinne, daß die Revision ihrer Ergebnisse durch veränderte Problemlagen einkalkuliert wird, sondern der Gegenstand selbst ist in ihr ein vorläufiger, an dessen immanenten Widersprüchen die Notwendigkeit seiner Veränderung und seines Vergehens zu begreifen ist. Solche Vorläufigkeit des Endlichen begründet indessen keinen Relativismus im bestimmten Erkennen selbst. Daß Wahrheit immer konkret sei, dieser Satz bezeichnet keine sophistische Inanspruchnahme von Dialektik. Zu begreifen ist das, was ist, in seinen objektiven Vermittlungszusammenhängen, in denen es als ein endliches Sein seine Bestimmtheit hat, aber zugleich in dieser Bestimmtheit nicht dauerhaft bestehen kann. In dieser Hinsicht wäre Dialektik geradezu eine Theorie objektiv-notwendiger Falsifikation und nicht nur der Falsifikation eines Wissens im Modus äußerlicher Reflexion. Darin unterscheidet sich der negative Vernunftbegriff der Dialektik vom skeptischen Relativismus, der noch in der Zurückweisung der Möglichkeit dauerhafter Bewahrheitung negativ auf die Idee gelingender Identität als dem Anderen zur Relativität des Wissens fixiert bleibt. Solchem Relativismus hatte Hege! den sich vollbringenden Skeptizismus entgegengesetzt, der die Veränderung des Wissens auf die Veränderung des Gegenstandes selbst bezog und Wahrheit in ihrer prozessierenden, widersprüchlichen Einheit situierte. Dabei freilich wurde im Ergebnis der Vergleichgültigung der bestimmten Widersprüche im Endlichen deren Sein, an dem ihre Wahrheit sich festmachen ließe, in den für sich gestellten, mit sich selbst zusammengehenden Prozeß aufgehoben. Dieser erschien als die ganze
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Wahrheit, jenes nur in seinem Aufgehobensein als deren Moment. In der Indifferenzierung der endlichen Bestimmtheiten kam bei Hege! selbst eine äußerliche, relativistische Perspektive im Sinne der äußeren Reflexion zur Geltung, die sich relativ auf etwas hin bestimmt, was sie selbst nicht erreicht. Heget identifizierte das in sich reflektierte Sein des Endlichen in den endlichen Vermittlungen mit der äußeren Reflexion und stellte es damit unter den Maßstab einer gelingenden, emphatischen Identität, den es selbst nicht erreichen konnte. An diesem Punkt kommen Indifferenzierung und Relativismus zur Deckung. Beide messen das Heterogene am Maßstab einer Identität, durch welche es erst sinnhaft miteinander verknüpft werden und Wahrheit erhalten könnte. Dabei macht es in bezug auf das endliche Sein zunächst keinen Unterschied, ob es im Entzug dieser Wahrheit gedacht wird oder als schon immer - verborgen oder begreifbar- in ihr stehend. Der Zustand der Wahrheit wäre in jedem Falle der Zustand der Erlösung, in welchem sich die Aufklärung als Verklärung vollenden würde. Noch eine Dialektik der Aufklärung, die solche Verklärung als Verblendungszusammenhang dechiffriert, folgt ihr darin, daß sie im Gegenzug die Unwahrheit in das Ganze setzt, als ob in ihm allererst und überhaupt über Wahrheit und Unwahrheit zu verhandeln sei. Demgegenüber ist die Frage nach der Wahrheit in die prozessierenden Vermittlungen im Endlichen selbst zurückzunehmen. Darin verfällt sie nur dann einem bodenlosen Relativismus, wenn die Bestimmtheit dieser Vermittlungen der Vergleichgültigung anheimfällt. Die Frage nach der Wahrheit bzw. Unwahrheit stellt sich nur im Blick auf bestimmte Vermittlungszusammenhänge, innerhalb derer unseren Aussagen als Mittel der geistigen Reproduktion der Wirklichkeit Bedeutung zukommt. Mittel deshalb, weil sie ihrerseits nicht unmittelbar, sondern nur vermittelt, in einem bestimmten Zusammenhang untereinander, den Erkenntnisgegenstand reproduzieren. Ihre kritische Reflexion, welche das negativ-vernünftige Geschäft der Dialektik ausmacht, überprüft die Mittel in ihrer Beziehung auf Sachverhalte, d. h., sie richtet sich gleichermaßen auf >>subjektive>objektive>empirische>abstrakten>höhere« Wahrheit verweist, in der ihr die Bedeutung von Sinn zuwachsen könnte. Ihr Verlust bewertet sie nicht nach anderen Maßstäben von wahr und falsch, er ist nicht das Ereignis eines Weltgerichts, sowenig das, was ist, schon dadurch gerechtfertigt wird, daß es ist. Woran unsere Bewertungen sich festmachen, ist die Wahrheit der Widersprüche selbst, daß das, was im Widerspruch sich behauptet, ein Endliches ist, das sich verändert und vergeht und innerhalb dieser Entwicklung unter Bedingungen steht, in denen es sich zeitweilig zu erhalten, die es aber nicht auf Dauer zu beherrschen vermag. Seine Entwicklung realisiert bestimmte Möglichkeiten in den Konfigurationen objektiver Vermittlungszusammenhänge, in denen es sich reproduziert und welche es dadurch verändert. Zugleich aber behauptet es sich darin in seinem So-Sein auch immer nur gegen diejenigen aus den objektiven Verhältnissen hervorgehenden Möglichkeiten, die es nicht realisiert. Diese sind und sie sind selbst wahr, solange ihre Bedingungen nicht durch die Realisierung anderer Entwicklungsmöglichkeiten vernichtet sind. Die Formen der Lösung von Widersprüchen sind selbst dem Widerspruch ausgesetzt und darin nicht ohne Alternativen. Diese in den jeweiligen Zusammenhängen selbst sichtbar zu machen, ist das Anliegen des dialektischen Vernunftgebrauchs, der das, was ist, als das scheinbar mit sich identische am Nichtidentischen mißt und dadurch dem Identitätszwang blinder Notwendigkeit widersteht. Was subjektiv als So1Ien, Wünschen, Hoffen und Glauben sein Einverständnis mit dem verweigert, was ist, lebt - wie ausdrücklich auch immer - in dem Bewußtsein von dessen Nichtidentität als der Bedingung der Möglichkeit, sich von ihm distanzieren zu können. Hierin, daß Wirklichkeit nicht eine fraglos hinzunehmende sei, konnte sich die Philosophie der Aufklärung mit dem verständigen, was sie an Erwartungen vorfand. Bis hin zu Kants Fragen, was wir hoffen und glauben dürfen, und auch in Hegels Versuch, die Religion als exoterische Seite des spekulativen Wissens zu erweisen, bewahrte sie das Anliegen einer aus dieser Verständigung hervorgehenden Popularphilosophie in aufklärerischer Absicht. Auch die enttäuschte Aufklärung war und ist in ihrem Ursprung Nichteinverständnis mit dem, was ist. Sie lebt noch dort im Bewußtsein der Nichtidentität, wo sie a1le Hoffnung fahren läßt. Was subjektiv in skeptischer Distanz, aber ebenso als Verzweiflung und Ausgeliefertsein an ein Verhängnis sich niederschlägt, reflektiert den Verlust von Möglichkeiten im Bewußtsein dessen, daß die Wirklichkeit so, wie sie ist, gleichwohl keinen Bestand hat. Im Extrem verweigert sich
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ihr die enttäuschte Aufklärung, indem sie unsere Wirklichkeit als Nichtseinsollende abschaffen will, wie es als Perspektive >>anthropofugalen« Denkens hervortritt.114 Daß Hoffnung und Verzweiflung unvermittelt ineinander umschlagen, verweist auf ihren gemeinsamen Ursprung. Als subjektiv einander ablösende Extreme sind sie so endlich wie das, woran sie sich festmachen. Ihre Wahrheit haben sie in der Nichtidentität dessen, dem sie ihr Einverständnis verweigern. Gleichwohl tendieren beide dazu, es am Maßstab gelingender Identität zu messen, in der ihr unvermittelter Widerspruch selbst aufgelöst wäre. So wird die Flucht vor den Extremen zur Flucht ins Extrem, das als Totalität gesetzt wird und woran sie sich, als Extreme, aneinander erneuern. Die enttäuschte Aufklärung ist, als Gegensatz, das Gegenbild der Befriedigung und Versöhnung, die eine als absolut gesetzte Vernunft versprach. In dem Maße freilich, wie sie in ihrem Zustand verharrt, bleibt sie subjektiv und verfehlt ihre Bedingungen in dem, woran sie sich festmachte. Sie läßt darin die Motive der Hoffnung, des affirmativen Sollens gegen die Wirklichkeit, unberührt, das als ein nur subjektives ebenso als gleich geltende andere Möglichkeit erscheint. Dem Wechselspiel dieser Zustände ist nicht durch eine skeptische Haltung allein Einhalt zu gebieten, die sie erstarren läßt, auch wenn dies als Gratwanderung subjektiv gelingen mag. Der Widerspruch, der im unvermittelten Gegensatz der Extreme subjektiv durchbricht, läßt sich durch die Flucht ins Extrem ebensowenig lösen, wie er sich stillsteilen läßt. Worauf es auch hier ankäme, wäre ein >>sich vollbringender SkeptizismusLogik>Dialektik der Natur>Ontologie des gesellschaftlichen SeinsPhilosophischen BissenLogisch-philosophischen AbhandlungGeschichte