Deutsches Dichten und Denken von der Aufklärung bis zum Realismus: Deutsche Literaturgeschichte von 1700 bis 1890 9783111637280, 9783111254791


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German Pages 159 [176] Year 1958

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Inhalt
Vorblick
I. Das Zeitalter der Aufklärung
II. Das Zeitalter des Idealismus
III. Die Nachfahren des deutschen Idealismus
IV. Das junge Deutschland
V. Politische Dichtung
VI. Der Realismus
Literatur
Namenverzeichnis
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Deutsches Dichten und Denken von der Aufklärung bis zum Realismus: Deutsche Literaturgeschichte von 1700 bis 1890
 9783111637280, 9783111254791

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GÖSCHEN

BAND

1096

DEUTSCHES DICHTEN U N D D E N K E N YON DER A U F K L Ä R U N G BIS ZUM REALISMUS DEUTSCHE LITERATURGESCHICHTE VON 1700 BIS 1890 von

PROF.

DR. K A R L

VlfiTOR

Dritte, durchgesehene Auflage

WALTER DE GRUYTER & CO. vormals G. J . G ä s c b e n ' s c h e V e r l a g ü h a n d l u n g • J . G u t t e n t a g , V e r l a g s b u c h h a n d l u n g • Georg R e i m e r • K a r l J . T r ü b n e r • Veit & C o m p .

BERLIN

1958

D i e Durchsicht des Textes und die Zusammenstellung der Literatur besorgte Dr. G u s t a v

Erdmann

© Copyright einschl.

1958 by W a l t e r

der

Rechte

der V e r l a g s h a n d l u n g 1/10/14 W a l t e r

der

de Gruyter & Co., Berlin W

Herstellung

vorbehalten.

de Gruyter

&

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A r c h i v - N r . 11 10 96.

Co., 5000/273/57.

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Germany.

Inhalt Seite

Vorblick

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I : Das Zeitalter der Aufklärung 1. 2. 3. 4. 5.

Grundzüge D e r K a m p f um den K l a s s i z i s m u s D a s deutsche R o k o k o D i e Empfindsamkeit Deutsche Aufklärung

7 11 16 22 26

II: D a s Zeitalter des Idealismus

• .

32

Der Sturm und Drang 1. 2. 3. 4. 5.

G r u n d z ü g e und F ü h r e r D e r südwestdeutsche K r e i s D e r Hainbund D i e schwäbische G r u p p e M i t - und N a c h l ä u f e r

34 37 42 44 47

Die Klassik 1. 2. 3. 4. 5.

Grundzüge D i e W e i m a r e r Klassik. G o e t h e . Schiller. Herder Einzelgänger. Hölderlin. Jean Paul Zeitgenossen Goethes Alterswerk

48 50 59 64 64

Die Romantik 1. 2. 3. 4. 5.

Grundzüge D i e Frühromantik Kleist D i e Spätromantik Zeitgenossen

I I I : Die Nachfahren des deutschen 1. 2. 3. 4.

71 77 «4 87 101

Idealismus

Grundzüge D a s literarische B i e d e r m e i e r . . . Einzelgänger. Mörike, Grabbe, Büchner, Hebbel, O . Ludwig Klassizismus

I V : Das junge Deutschland



103 105 114 124

126

V : Politische Dichtung

-133

V I : D e r Realismus

135

Literatur

151

Namenverzeichnis

156 1*

Vorblick D a s deutsche V o l k hat ein erstes Zeitalter großer Dichtung im hohen Mittelalter gehabt, ein zweites in der Epoche der bürgerlichen Kultur. Aber jetzt erst gewann die deutsche Literatur Weltgeltung, in dieser Spanne von der A u f k l ä r u n g bis zum Ersten Weltkrieg. D a s Wachsen, Blühen und Vergehen der Dichtung eines Volkes vollzieht sich im Zusammenhang mit seinem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben. Blütezeiten der Dichtung gibt es nur, wenn in diesen Grundbereichen nationaler Wirklichkeit schöpferische K r a f t lebendig ist. Aber es muß nicht so sein, d a ß die Höhepunkte hier und dort zusammenfallen. So ist es in Deutschland geschehen: die Zeit der großen Dichtung reifte schneller heran und ging schon zu Ende, als die politischen und wirtschaftlichen K r ä f t e des Bürgertums sich durchzusetzen begannen. D i e Problematik dieses geschichtlichen Vorgangs liegt darin, d a ß der Geist der dichterischen Hoch-Zeit keine organische Verbindung mehr einzugehen vermochte mit dem des nachfolgenden Zeitalters der politischen und wirtschaftlichen Höhe. D i e bürgerliche Gesellschaft hat das geistige Leben des deutschen Volkes in den letzten 200 Jahren geprägt, ihre Entwicklung bestimmte auch in großen Zügen die Entwicklung der Literatur dieses Zeitraums. Aber die größten Dichter waren mehr als „Bürger"; sie waren groß, indem sie das gesellschaftlich Bürgerliche unter sich ließen. Die erste Leistung des bürgerlichen Aufstrebens bestand darin, d a ß der deutsche Mensch im Sittlichen und Seelischen selbständig wurde, die zweite w a r die Eroberung der kulturellen, die dritte die Eroberung der politischen und wirtschaftlichen Führung. D i e beiden W e l t k r i e g e und ihre Folgen haben das bürgerliche Zeitalter beendet; damit hat auch die Leistung der Vergangenheit aufgehört, sicherer Besitz oder selbstverständliches Vorbild zu sein.

Vorblick

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Aus der Auseinandersetzung der Kräfte, die aus der Breite des Volkes heraufkommen und eine neue nationale Wirklichkeit und Kultur wollen, mit der Überlieferung des bürgerlichen Zeitalters, wird die neue deutsche Dichtung hervorgehen. Der große Wachstumsvorgang, in dem die deutsche Literatur der letzten beiden Jahrhunderte entstanden ist, setzte damit ein, daß das deutsche Schrifttum sich zunächst freimachte von der ungeheuren, tödlichen Überfremdung, in die es im Zeitalter des 30jährigen Krieges und des westeuropäischen Absolutismus geraten war. Der erste Gewinn dieses neuen eigenen Weges war eine erzieherische Dichtung, die dem großen Zweck einer Vergeistigung der jungen Gesellschaftsschicht diente. Das wird im Zeitalter der A u f k l ä r u n g geleistet. Die zweite Wachstumsstufe wurde vollbracht von Kräften, die aus den naturhaften Schichten des deutschen Menschentums, aus den Spannungen der vielfältigen Artanlage und dem mystischen Grundstrom hervorbrachen: die Dichtung des S t u r m u n d D r a n g . Ihre Größe lag im Ausdruck leidenschaftlich bewegter Innerlichkeit, in der Erweckung ursprünglicher Gefühls- und Geisteskraft. So hatte die deutsche Kultur eine zweifache Ausprägung erreicht, die nach Einung verlangte. Es gelang in zwei rasch hintereinander folgenden, ja nebeneinander herlaufenden großen Bewegungen, die widerstreitenden Ansätze zu einem Ganzen zu einen: K l a s s i k und R o m a n t i k . So breit, hoch und tief dies Gebäude idealistischer Kultur und Dichtung war, von der Auslese der Nation für das ganze Deutschland geschaffen, es fand sich verlassen in dem geschichtlichen Augenblick, als das Bürgertum in den Kampf um die politische Macht gerufen wurde. Die unvorhersehbar riesenhafte Entwicklung der Technik und Wirtschaft, die rasche Entfaltung des zweckhaften „Erdgeistes", die großen gesellschaftlichen Umwandlungen - alle diese Vorgänge, in denen die neue Wirklichkeit des 19. Jahrhunderts heranreifte, waren von tiefen Umwälzungen im sittlichen, geistigen, seelischen Leben der Nation begleitet. Aus dem

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Vorblick

nach Ständen geordneten wurde ein in Klassen zerfallendes Volk. D e m politisch liberalen, wirtschaftlich kapitalistischen Zeitalter bedeutete die idealistische Kultur schon Vergangenheit, Geschichte. Das Leben der deutschen Literatur ging weiter, aber es besaß keinen verläßlichen Grund im Dasein des Volkes und keine innere Einheit mehr. Die Dichtung hatte ihre natürliche Stelle im deutschen Leben verloren. Unter den Dichtern, die bewahrende, entsagende, abwandelnde N a c h f a h r e n waren, zeigten die des B i e d e r m e i e r noch am meisten gemeinsame Prägung. Daneben gab es Richtungen, die, bei allen durch die Stunde des Hervortretens und die Art der Begabungen bedingten Unterschieden, Zusammenhang hatten in dem Bestreben, Literatur und Leben wieder anzunähern. D i e J u n g d e u t s c h e n und ihre Gesinnungsgenossen suchten das zu erreichen, indem sie politisch-tendenziös wurden, die R e a l i s t e n und N a t u r a l i s t e n , indem sie sich tief in die moderne Wirklichkeit einließen, die Überlegenheit des Bereichs der Notwendigkeit: der Natur, des wirtschaftlichen Lebens oder der Gesellschaft, anerkannten und dabei den Bereich der Freiheit, dem die Kunst von G r u n d aus zugehört, mehr und mehr verloren. Man endete schließlich in kritischer Erörterung und Zergliederung der immer krisenhafteren Zustände. Dies spätbürgerliche Zeitalter brachte zwar noch bedeutende Dichter und dichterische Werke von hoher Gültigkeit hervor; aber es gab auch hier keine positive Einheit des Glaubens und Wollens und keinen einheitlichen Stil. Gegen das E n d e des vorigen Jahrhunderts erhoben sich Gegenkräfte der E r n e u e r u n g . Die beiden Kriege unseres Jahrhunderts zerbrachen die alte Welt bis auf den Grund und öffneten dem Kommenden die Bahn. Wenn man das Ganze der abendländischen Kultur überschaut und die Bedeutung erwägt, welche die deutsche Dichtung in diesem Ganzen hat - wenn man fragt, worauf der geschichtliche Rang deutscher Dichtung aus den letzten 200 Jahren in diesem umfassendsten Zusammenhang sich gründet, so ist zu sagen:

Grundzüge

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D e m deutschen Volk, seinem Geist, war es aufgegeben, nun, in diesem Zeitalter, sein eigentümliches Wort zu sagen - das Wort, das sein Wesen und sein Wollen endlich rein und groß enthielt und eben darum die andern großen Kulturvölker zu bewegen vermochte. Die Dichtung und Philosophie des d e u t s c h e n I d e a l i s m u s hat das vollbracht. Jede Epoche hat ihre eigentümliche Bedeutung. Aber dies ist das Zeitalter, in dem der deutsche Geist sich vollendet, reicher und größer als je vorher sich entfaltet und im Werk verewigt hat. Was vorher war, erscheint in solchem Zusammenhang als Wegbereitung und Aufstieg; und keiner der späteren Dichter unseres Volks hat an diesem größten E r b e vorüberzugehen vermocht, keiner sich seinem Anspruch zu entziehen.

I. Das Zeitalter der Aufklärung 1. G r u n d z ü g e . D i e deutsche Aufklärung gehört einer großen Bewegung an, in der sich die abendländischen Völker der kirchlichen Beherrschung im Denken und Handeln entziehen und dem Menschen das Recht auf Freiheit, auf Selbstbestimmung erkämpfen. D i e Vernunft ist die Lehrmeisterin der Menschheit; in ihr, so glaubte man, besitzt jeder einzelne ein ihm von der Natur zugeteiltes Organ, das aus eigener Kraft mit dem Leben denkend und handelnd fertig zu werden vermag. D a die Vernunft Natur ist, konnte nur, was vor ihr zu bestehn vermochte, wahr und gültig sein. Vernunft verbreiten, die Geister aufklären, die Tugend befördern und so die Bestimmung des Menschen erfüllen, das schien eines und dasselbe; so allein glaubte man das große, immer wieder aufgerufene Ziel erreichen zu können: den Menschen glücklich zu machen, indem man ihn human, und das hieß hier: moralisch machte. „Die unglückseligen Zeiten sind eine Frucht des Lasters, die glückseligen eine Frucht der Tugend" (Wolff). D e r ungeheure Auftrieb, der aus solchem Glauben folgte, die Zuversicht in ein rasches Fortschreiten zu allgemeinem Glück, gab den Menschen Mut, alle Gebiete des geistig-

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D a s Zeitalter der Aufklärung

kulturellen wie des praktisch-zivilisatorischen Lebens durch diese neue Instanz zu überprüfen und umzugestalten. Religion, Kunst, Wissenschaft, Moral, Erziehung, Staat, Wirtschaft, alles wurde von der Ratio ergriffen und verwandelt. Das wissenschaftlich-systematische Denken, das überlegte Planen begünstigte eine solche Haltung besonders. Nichts als die Gesetze der Vernunft waren jetzt für das Denken verbindlich. Aber das Denken blieb nicht theoretisch - ein Zeitalter, das eifriger auf Erziehung bedacht war, hat es in der bürgerlichen Epoche nicht gegeben. Man war überzeugt, daß der Mensch, was er ist, durch seine Erziehung geworden sei, und handelte danach. Hier zuerst wurde der vor allem in den Naturwissenschaften des vorhergehenden Jahrhunderts entwickelte wissenschaftliche Geist zu einer kulturbildenden Macht, welche die alten auf die übernatürliche Glaubenswelt bezogenen Denk- und Empfindungsweisen des kirchlichen Christentums verdrängte. An ihre Stelle trat eine „natürliche Religion" (Deismus). Sie bewahrte christliche Elemente nur soweit, als sie für die Vernunft einsichtig und mit den Haupt-Wahrheiten der bedeutendsten Philosophen wie der modernen Naturwissenschaft verträglich schienen. Das Ziel des Lebens lag nun in diesem Leben selbst. Entschlossene Diesseitigkeit bestimmte den Willen, aus der Welt der Glaubensschwärmerei, der abgesonderten Innerlichkeit und Entrückung heimzukehren zur Erde, zum Leben. Sich selbst kennenlernen und in sich die Natur, Verständigkeit mehren, Ordnung und Zusammenhang in die Erfahrung bringen, die „Urteilskraft" ausbilden, so der sittlichen Lebensführung den Grund legen, Wohlfahrt und Glück als Frucht eigener Anstrengung und Moralität gewinnen, das waren die neuen Ideale. Humanitäre Bildung, so verstanden, wurde das Ziel alles Strebens. Es ergab sich dabei mit Notwendigkeit, daß man duldsam wurde in Sachen der Unterschiede des Glaubens und streng in Dingen der Folgerichtigkeit des Denkens und der Reinheit der Moral. Leidenschaft, Phantastik und jede Art von Überschwang aber erschienen trübe, unzulänglich und nützlos. Eine Glaubens-

Grundzüge

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weise war auch dies, aber eine von selbständigen Laien. G o t t wurde verehrt als Inbegriff und Hüter des Sittlichen, als Schöpfer der Welt und gütiger V a t e r ; mit dem optimistischen Vertrauen, das die Aufklärer erfüllte, hätten sich G e f ü h l e kreatürlicher Angst nicht vertragen. D i e s e Weltanschauung entwickelt sich aus dem Denken einer bestimmten Gesellschaftsschicht, dem des dritten Standes. W i e in E n g l a n d und Frankreich beginnt nun auch in Deutschland die bürgerliche Mittelschicht sich aus der Hörigkeit zu befreien, in die sie durch die Kriege, die wirtschaftlichen Vorgänge des 17. Jahrhunderts und durch die Machtentfaltung des absolutistischen Regiments geraten war. Politische Rückständigkeit und wirtschaftliche Armut machten hier den Aufstieg schwieriger. D i e deutsche Aufklärung wurde nicht politisch wie die französische. D a s deutsche Bürgertum eroberte sich zunächst den Raum, der von der höfischen Gesellschaft nicht mehr beansprucht w u r d e : den der Kultur. E i n e neue Wissenschaft und eine neue Literatur sind seine Schöpfungen. E s entstand ein bürgerlicher Kulturraum, der für das V o l k nicht zugänglich war, während der A d e l in ihn übersiedeln mußte. Innerhalb des Bürgertums waren es ausschließlich die akademisch Gebildeten, und unter ihnen vor allem Theologen oder Theologensöhne, von denen die neue schöngeistige Literatur geschaffen wurde. Weil Deutschland vergleichsweise rückständig war (Frankreich gegenüber geistig-gesellschaftlich, E n g l a n d gegenüber politisch-wirtschaftlich), setzte die geistige Befreiungsbewegung später ein (etwa um 1720) und war von A n f a n g an weniger radikal, selbst in ihren Angriffen auf Offenbarung und Kirche. D e r eigentliche R a t i o n a l i s m u s , der G l a u b e an den Vorrang der Vernunft und an ihre unbedingte Zuständigkeit für alle Erkenntnis und jedes Handeln, beherrschte am entschiedensten die französische Philosophie (Descartes, Bayle) und Dichtung (Voltaire). In Deutschland war er immer nur ein Kraftstrom des neuen geistigen Lebens unter andern. Daneben galt eine gradezu gegensätzliche Haltung, der S e n s u a l i s m u s , E r wurde vor allem durch die

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D a s Zeitalter der Aufklärung

englische Philosophie (Hobbes, Locke, Hume) und Literatur (Thomson) vermittelt. Hier war sinnliche Erfahrung die erste Quelle der Erkenntnis, und nur für ihren Bereich sollte die Vernunft zuständig sein. Gegen die einseitige Abstraktheit des entschiedenen Rationalismus trat die nüchterne Verständigkeit und die ursprüngliche Wirklichkeitsnähe der englischen Art, abwehrend und beschränkend. In Deutschland trafen diese Ideen und Haltungen zusammen. Und dazu kam nun eine dritte Macht, die einem andern Reich entstammte und doch mit Rationalismus und Sensualismus verschmolz: der P i e t i s m u s . Diese größte religiöse Laienbewegung des Protestantismus hatte sich aus der Mystik des Barock entwickelt und war zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Deutschland die lebendigste A r t protestantischer Frömmigkeit. In dieser Seelenschule hat das deutsche Volk unter Führung des Bürgertums die Tiefe, Innigkeit und Bewußtheit des inneren Lebens erworben, ohne die seine große Dichtung nicht hätte entstehen und verstanden werden können. W i e dann die religiösen Inhalte und Bezüge schwanden, wurde aus dem Pietismus E m p f i n d s a m k e i t - erst eine kulturelle, auch literarische Großmacht, dann zu seelischer Massenerkrankung entartend. Gemeinsam ist allen drei Strömungen, daß in ihnen der Mensch als ein aus eigener Kraft die Welt deutendes und das Leben mit Sinn erfüllendes Wesen erscheint, daß sie auf eine Stärkung und Entfaltung des Menschen als einzelnen, auf individuelle Bildung abzielen. Die philosophische Begründung des Individualismus hatte der erste große Philosoph der deutschen Neuzeit, Gottfr. Wilh. L e i b n i z ( 1 6 4 6 - 1 7 1 6 ) in seiner Monadenlehre gegeben. D i e Monade ist Sinnbild der Berufung des Menschen zum Göttlichen, jedes Individuum ist ein ursprünglich Einzigartiges, jedes ein Spiegel Gottes. Aus solchen Einzelwesen besteht die Welt. D i e ergänzende Idee einer organischen Ganzheit und sinnvollen Einheitlichkeit des Universums gibt den Grund her für die Vorstellung einer harmonischen Abgestimmtheit in allem Sein. Leibniz ist überhaupt ein auf Ausgleich gerichteter Geist,

D e r Kampf um den Klassizismus

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der die Wahrheiten aller Systeme zusammenschließen, zwischen den widerstreitenden Denkweisen seines Zeitalters vermitteln und die Gegensätze in den alten Menschheitsfragen versöhnen will. Seine „Theodizee" mit ihrer Rechtfertigung der Übel und der Gebrechlichkeit der Welt vor der Vernunft gab die vorbildliche Lösung für ein Problem, welches das rationalistische Denken des ganzen Jahrhunderts beschäftigte. Andere Motive seines Denkens, das Leibniz nie im Zusammenhang dargestellt hat, zeugten erst im Idealismus weiter. In eine systematische, rationalistisch-vereinfachende Form brachte es der Haller Professor Christian W o l f f (1679-1754), ein kritischer, pädagogischer Kopf, Verkörperung des neuen Ideals vom gesunden Menschenverstand und des Glaubens an die Tugend als sichere Quelle vollkommenen Lebensglückes. So erst eroberte sich Leibniz die deutschen Universitäten, wurde überhaupt Philosophie zu einer lebendigen Bildungsmacht. Bis auf Kant tat kein Philosoph in Deutschland größere Wirkung als Wolff. Für die Entwicklung der philosophischen Sprache hatte er große Bedeutung dadurch, daß er in deutscher Sprache philosophierte. Sein Schüler Alexander Baumgarten begründete die systematische Ästhetik, durch welche die auf Überlieferung und Fertigkeit beruhende Poetik verdrängt wurde. Ihr Gegenstand ist das „untere Erkenntnisvermögen", die sinnliche Wahrnehmung, ihre Hauptidee die der sinnlichen Vollkommenheit, der Schönheit. 2. D e r K a m p f um d e n K l a s s i z i s m u s . Die kulturelle Führung im deutschen Sprachgebiet ging zu Beginn des 18. Jahrhunderts an den dritten Stand über; die neue Literatur und Bildung wurde für die Dauer eines Jahrhunderts ausschließlich von der bürgerlichen Intelligenz der protestantischen Landesteile geschaffen. Leipzig, Hamburg, Zürich, Berlin, die Universitäten Halle und Göttingen waren zunächst die wichtigsten Sammelpunkte des literarischen Lebens. Der gesellschaftlichen Umschichtung entsprach ein Wechsel des Geschmacks. Eine Gegenbewegung gegen den höfischen Barock setzte ein, zunächst von fal-

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Das Zeitalter der Aufklärung

schem Ausgangspunkt her. Vom 17. Jahrhundert her war mit der französischen Kultur überhaupt auch die französische Dichtung schlechthin mustergültig geblieben. Der Klassizismus gehörte gesellschaftlich zur Feudalaristokratie des absolutistischen Staates. Er stand, auch in der bürgerlicheren Form, die er durch Boileaus Lehre erhalten hatte, dem Lebensstil, der Gesinnung und Gesittung des deutschen Bürgerlebens zu fern, als daß er verbindliches Vorbild hätte bleiben können. Die ersten Jahrzehnte der Aufklärungszeit in Deutschland sind beherrscht von dem Kampf des nationalen Geistes gegen und für die Geltung des westlichen Klassizismus. Johann Christoph Gottsched (1700-1766), seit 1730 Professor an der Universität Leipzig, versuchte eine Kunstdichtung verständiger Art, welche den Schwulst und das Pathos des Spätbarock verdrängen sollte, durch Übersetzung und Nachahmung der Franzosen zu schaffen. Daneben galten die Dichter der römischen Antike und die Poetik des Aristoteles auch jetzt wieder als Muster. Was die Griechen für die Römer gewesen, das sollten nun die Franzosen für Deutschland sein. Aber was so entstand, war französisches Drama in deutscher Sprache. Der praktische und eifrige Gelehrte versuchte vor allem die am meisten gesellschaftliche Kunststätte, das Theater, zu erneuern. An dem Prinzipal der Leipziger Schauspieltruppe, Joh. Neuber und seiner Frau, später an der Truppe von H. G. Koch, fand er tüchtige Bundesgenossen für seine Pläne. Die possenhaften Harlekinaden, die italienischen Ausstattungsopern und die lärmenden Schaustücke der Haupt- und Staatsaktionen, die bis dahin den Spielplan beherrscht hatten, wurden ersetzt durch Dramen, die Wortkunstwerke waren, wenn auch nach dem französischen Geschmack klassizistischer Regelmäßigkeit. Eine Sammlung, die Deutsche Schaubühne (1740/45), enthielt neben Übersetzungen auch die ersten Originalstücke Gottscheds (u. a. Der sterbende Cato), seiner Frau und seiner Schüler. Klarheit und regelhafte Richtigkeit, Beziehungsfindung im Bereich der sinnlichverständigen Erfahrung („Witz") statt freibildender Phan-

D e r Kampf um den Klassizismus

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tasie, die Fertigkeit statt der Eingebung, der moralische Nutzen als Ziel der Dichtung: auf solchen Begriffen und Grundsätzen beruht Gottscheds Versuch einer kritischen Dichtkunst (1730), das erfolgreichste Lehrbuch der dichterischen Kunstfertigkeit im 18. Jahrhundert. Philosophisch war Gottsched Schüler von Wolff, dessen Lehre er durch seine Ersten Gründe der gesamten Weltweisheit (1734) verbreitet hat. Gottscheds sklavische Abhängigkeit vom französischen Vorbild und seine pedantisch-rationalistische Kunstlehre forderten die erwachenden Kräfte einer eigenwüchsigen deutschen Kultur zur Gegenwirkung heraus. Die Gegner setzten sich aus verschiedenen Parteigruppen zusammen; sie alle waren gegen den Anschluß an den französischen Klassizismus. Den Hauptangriff führten die Züricher Professoren Joh. Jak. B ö d m e t (1698-1783) und Joh. Jak. B r e i t i n g e r (1701-76). Sie traten zuerst hervor als Herausgeber einer Zeitschrift für moralische und ästhetische Bildung, der Discourse der Mahlern (1721/23). Das Muster waren die Moralischen Wochenschriften, wie sie in England als Organe des bürgerlichen Strebens nach Bildungsgemeinschaft und Familiengesittung zuerst aufkamen (z. B. Addison, Spectator, 1711/12). Sie fanden in Deutschland zahlreiche Nachfolger: Gottscheds Wochenschriften Die vernünftigen Tadlerinnen (für Frauen) und Der Biedermann, des Gottsched-Anhängers Schwabe Belustigungen des Verstandes und Witzes, sind die bekanntesten. Die Schweizer lebten in einer Stadtrepublik, höfische und akademische Einflüsse gab es in Zürich nicht. Auch sie waren in ihrem Denken den Franzosen mannigfach verpflichtet, aber näher standen ihrem protestantischen Bürgersinn die neuen englischen Dichter, vor allem der große Epiker Milton, dessen Verlorenes Paradies Bodmer in Prosa-Übersetzung herausgab (1732). Wie sie, im Gegensatz zu Gottsched, von der lebendigen Anschauung ausgingen, so lernten sie am Verständnis Miltons, zeigten sie an seinem Beispiel, was große Dichtung sei und daß sie bewegen und rühren sollte. Sie zuerst erkannten durch die eigene ratio-

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Das Zeitalter der Aufklärung

nalistische Befangenheit hindurch, daß, w e n n K u n s t auch Nachbildung der „Natur" ist (Nachahmungstheorie), ihr Reich so groß ist, w i e Idee und Phantasie, B i l d und Gleichnis zu reichen vermögen. M i t Mitteln der rationalistischen K u n s t l e h r e w u r d e hier zuerst das Überrationale, die „Einbildungskraft", als das Lebenselement großer Dichter v e r fochten. A b e r v e r n ü n f t i g e Einsicht und sittliche Besserung blieben auch hier das Ziel. U n t e r dem Begriff des „ W u n derbaren" hat B o d m e r die G r ö ß e freigestaltender Phantasie und den A u s d r u c k erhabener E m p f i n d u n g als G i p f e l der Dichtung d a r g e t a n ; d i e G r e n z e der Wahrscheinlichkeit sollte aber nicht überschritten w e r d e n (Critische Abhandlung von dem Wunderbaren in der Poesie, 1 7 4 0 ) . In M i l ton schien das neue Dichtungs-Ideal schon v e r w i r k l i c h t , Klopstock w a r dann f ü r Deutschland seine E r f ü l l u n g . D a s religiöse Epos in reimlosen V e r s e n galt als G i p f e l d e r Poesie. Breitinger faßte in seiner Critischen Dichtkunst (1740) die Lehren zusammen, durch welche die Partei der Schweizer sich in entschiedenen Gegensatz zu. dem durch Gottsched vertretenen rationalistischen Klassizismus setzte und für Deutschland Wegbereiter der Poesie des erhabenen Enthusiasmus wie der anschaulichen Natürlichkeit wurde. Der mit Streitschriften und gelehrten Werken heftig geführte Kampf endete um 1750 mit Gottscheds Niederlage. Die jungen Dichter fielen von ihm ab. Unter seinen Augen, in Leipzig, bildete sich die Gruppe der Bremer Beiträge (1744/48, nach dem Verlagsort so genannt), einer Zeitschrift, die Schwabes Belustigungen verdrängen sollte und, ohne unmittelbare Parteinahme, den Schweizern zuneigte. In diesem Kreis trat Klopstock zuerst auf, hier wurden die ersten Gesänge des Messias veröffentlicht. Die jungen Poeten ( J . A. Cramer, Geliert, Rabener, Ebert, J. Elias und J. Ad. Schlegel, Giseke, Zachariä) waren im übrigen mit ihren Oden, Fabeln und religiösen Gedichten noch rechte Epigonen der französischen Dichtung, aber doch schon tastend auf dem Marsch zu einer deutschen Originaldichtung, für die sie das Publikum heranbilden halfen. Die satirische Musterung des neuen enthusiastischen und seraphischen Stils, vor allem Klopstocks, abgehalten durch den Freiherrn v. Schönaich in der Streitschrift Die ganze Ästhetik in einer Nuß (1754), rettete Gottscheds Sache nicht mehr. Aber auch Bodmer zerfiel später mit den jungen Dichtern und verein-

Der Kampf

um den Klassizismus

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samte. Ihm und Breitinger d a n k t e die Nation noch ein unschätzbares G e s c h e n k : sie begannen die W i e d e r e r w e c k u n g der altdeutschen Dichtung, indem sie die Minnesinger nach der Manesseschen Handschrift ( 1 7 4 8 und 1 7 5 8 ) herausgaben und den zweiten Teil des Nibelungenliedes ( 1 7 5 7 ) , das ganz verschollen w a r .

Dem philosophischen Sensualismus, wie er vor allem in England aufkam, entsprach eine beschreibende und lehrende Naturdichtung (James Thomson, Jahreszeiten). Aber ehe sie in Deutschland wirken konnte, hatte der Hamburger Barthold Hinrich B r o c k e s (1680-1747) in dem Gedichtwerk Irdisches Vergnügen in Gott (1721/48) schon etwas Gleichartiges geschaffen: malende Beschreibung und gedankenvolle Anschauung der kleinen Dinge. Überall entdecken diese Verse, die sich sprachlich mühsam aus dem spätbarocken Schwulst herausarbeiten, im Buch der Natur die Spur einer zweckmäßig waltenden Vorsehung, göttliche Vernunft. Auch Friedr. v. H a g e d o r n (1708-54) war ein Hamburger. Die verfeinerte Sinnlichkeit zierlicher Kleinlyrik des frühen französischen Rokoko, Horazens epikuräische Lebensweisheit und den unsentimentalen Natursinn der Engländer liebte dieser gebildete Weltmann gleicherweise {Poet. Nebenstunden, 1729). Der aus Bern stammende Albrecht v. H a l l er (1708-77), einer der größten Naturwissenschaftler seiner Zeit, ringt in seiner schwerflüssigen Gedankenlyrik um den Ausdruck tiefen Ernstes und unmittelbarer Wahrheit. Sie ist neben der Philosophie des Leibniz auch der englischen verpflichtet (Shaftesbury). Ein dichtender Denker, der Gedanken über Empfindungen mehr auszusprechen versteht als Empfindung selbst. Kritisches Denken und christliche Gläubigkeit wohnen in ihm nebeneinander, was nur Engländer und Deutsche damals fertig brachten. Sein Alexandriner-Gedicht Die Alpen (1729) malt zum erstenmal die großen und kleinen Schönheiten der Hochgebirgslandschaft, in welcher der fromme Naturwissenschaftler überall die Weisheit seines Gottes findet. Der städtischen Kultur wird das Dasein der Älpler entgegengehalten als ein Leben nach den ewigen Ordnungen der Natur und Religion - vor Rousseau und ohne

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Das Zeitalter der Aufklärung

Vordeutung auf seine demokratische Staatslehre, die Haller später in drei politischen R o m a n e n bekämpfte ( U s o n g 1 7 7 1 , Alfred 1 7 7 3 , F ab ins und Cato 1 7 7 4 ) . Ohne daß Gottscheds Versuch der Organisation eines deutschen Klassizismus nach französischem Muster hier gewirkt hätte, aber auch unberührt von den Gegenkräften der Naturdichtung nach englischem Vorbild, macht in Mitteldeutschland eine Reihe von jungen Akademikern den Versuch, eine klassische Lyrik im hohen Stil durch unmittelbares Zurückgehen auf Horaz zu schaffen: Oden, horazisch in der Haltung und den Wendungen, in antiken Rhythmen, aber modern die Themen und deutsch die Sprache. J. J. Pyra und S. G. Lange, befreundete Haller Theologen, wagten in ihren Freundschaftlichen Liedern (1745 von Bodmer herausgegeben) zuerst solche odenmäßigen, reimlosen Strophen. Der Meister dieser preußisch-römischen Odendichtung wurde der Berliner Professor Karl Wilh. R a m l e r (1725—98), ein philosophischer Humanist mit dichterischen Talenten (Oden 1767). Es gab auch eine Odendichterin: Anna Luisa Karsch. Die Versuche im deutschen D r a m a kamen nicht vom französischen Vorbild und der Gottschedschen Regel-Diktatur los. Der begabte Joh. Elias S c h l e g e l (1719—49) wies zwar schon auf Shakespeare hin, verstand ihn aber noch nach klassizistischer Lehrmeinung. Immerhin wagte er schon das englische Theater zu loben und ein der nationalen Sonderart gemäßes deutsches Theater zu fordern. Sein Trauerspiel Hermann (1743) war das erste Drama mit einem Stoff aus der nationalen Geschichte. Aber er wie andere Dramatiker der Aufklärungs-Zeit (J. Friedr. v. Cronegk: Codrus 1760, Christ. Felix Weiße: Richard III. 1759, J . W. v. Brawe: Der Freygeist 1758) steckten noch in abstraktem Tugendpathos und rhetorischem Alexandriner-Stil. Lessing wurde hier der Befreier; seine Jugenddramen (Der junge Gelehrte HAI, Die Juden 1749, Der Freigeist 1749) freilich stehen kaum höher. 3. D a s d e u t s c h e R o k o k o . D a s R o k o k o entstand als K u l t u r der französischen Gesellschaft im Z e i t a l t e r L u d wigs X V . E i n letztes M a l w u r d e durch sie französischer Lebensstil nach Deutschland verpflanzt. A b e r in Deutschland fehlten die sozialen G r u n d l a g e n für eine so feudale Lebenshaltung, ihre E l e g a n z der Sitten, Feinheit des Intellekts und Freiheit im Sittlichen. Gesellschaftliche F e u dalität, auf unbedrohten G e n u ß der M a c h t und eine breite bürgerliche Mitläuferschaft gegründet, das w a r der

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Das deutsche Rokoko

Boden, auf dem das französische Rokoko wuchs. Es entsprach dem deutschen Nationalcharakter so wenig wie den deutschen Zuständen im Zeitalter des Bürgergeistes, politischen wie gesellschaftlichen, zivilisatorischen wie geistigen, der deutsch-bürgerlichen Gesinnung nicht und nicht dem Lebensstil. Nur unter dem Einfluß der Höfe drang das Fremde noch einmal in das deutsche Leben ein. Die zugehörige Literatur aber: spielerisch-anmutige Verse mit geistreichen Wendungen, Galanterien, Zweideutigkeiten sie wurde von den deutschen Dichtern, soweit sie den Stil der heiteren Leichtigkeit des Zierlichen, Tändelnden und Gesprächigen zu treffen versuchten, in die Weise bürgerlicher Anständigkeit und die Unwirklichkeit der akademischen Bildungswelt übertragen. Hier herrschte das Ideal des „Witzes", der eine rationale Art von Phantasie, geistige Lebendigkeit war - graziös-geistreiche Auflockerung der pedantischen Aufklärungshaltung. Echt war auch hier der Durchbruch einer flachen Lebensfreudigkeit, eines unbedenklichen Glaubens an die verständige Ordnung des Lebens - Aufbruchslust einer selbstsicheren Jugend. D i e deutsche Musik dieser Zeit drückt solche Gesinnung am vollkommensten aus, die Dichtung aber tändelt und spielt unbeschwert, außer in philosophisch vertieften Gedichten, die etwa durch die Theodizee des Leibniz genährt sind, oder durch Shaftesburys Lehre von der Selbstvollendung durch Bildung und der Lust enthusiastischen Seelenschwunges. D i e A n a k r e o n t i k bewegt sich im engsten Kreis des verbürgerlichten deutschen Rokoko. Noch einmal entstand da eine gesellschaftlich gebundene Poesie. D i e Gemeinsamkeit akademischer Bildung mußte hier Ersatz sein für echte Gesellschaftskultur. D i e zu Unrecht unter Anakreons Namen überlieferten kleinen Gedichte aus spätgriechischer Zeit (übersetzt von Uz und Götz 1746), seit 200 Jahren in Europa das Vorbild für Poesie des Lebensgenusses, wurden Beglaubigung und Vorbild für alle diese Gedichtchen. In ein paar lose angereihten kurzen Versen mit und ohne Reim wurde da der durch Wein und Liebe verschönte Augenblick besungen. Der V i e t o r , Deutsches Pichten u. Denken.

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Poet trat auf in einer genießerischen Haltung, die über die Verhältnisse seiner gesellschaftlichen wie seiner moralischen Lage war. Mit Erlebnissen und Lebenswirklichkeiten hatte das kaum etwas zu tun, war Wunschbild und Theaterspiel. H a g e d o r n galt als erster Anakreontiker; seine Frische und Natürlichkeit sucht man bei den Späteren vergebens. Immerhin haben die spielerischen Kleinigkeiten von Wilh. Ludw. G l e i m (Scherzhafte Lieder, 1744), Joh. Peter Uz, Joh. Nik. G ö t z , L e s s i n g und ihren Nachahmern dem schweren Trott deutscher Dichtungssprache Gewandtheit und dem deutschen Vers lebendigeren Fluß gegeben. Die Trinkfröhlichkeit und ihre Motivik lebte im Studentenlied weiter. Bei späteren Dichtern wie Joh. Georg Jacobi drangen empfindsame Gefühlstöne in das herkömmliche Getändel ein; aber das gab keine gute Mischung. An Glanz und Leben übertrifft G o e t h e s anakreontische Jugendlyrik sie alle. Durch den allgemein für das Rokoko bezeichnenden Willen zur Grazie, Zierlichkeit, sinnlichen Gefälligkeit sind auch andere Gattungen bestimmt. Eine deutsche Sonderart entsteht durch Verbindung mit empfindsamen, überhaupt mit gemüthaften und gedanklichen Zügen. Die in Frankreich zur Gesellschaftsmaskerade gewordene S c h ä f e r p o e s i e hat es zwar auch in Deutschland gegeben, dies Getändel der Hirten, Faune, Nymphen kam wieder in Mode. Schäferspiele im überlieferten Stil vor allem ließen sich leicht machen, nur daß die deutschen Spiele einfacher und wahrer im Ausdruck waren (Gärtner, Geliert, Goethe: Die Laune des Verliebten). Die Idyllendichtung führte näher an das ursprüngliche und vergleichsweise realistische Naturgefühl der Engländer heran. Ewald v. K l e i s t s (1715-59) Versidylle Der Frühling (1749) schildert in der Art von Hallers Alpen statt maskierter Gesellschaftswelt ein gefühlvoll verklärtes Landleben. Hier wie in Salomon G e ß n e r s (1730-88), des Malers, Idyllen in schön stilisierter Prosa (1756) war die Hinwendung zum Land und der Natureinsamkeit schon Anzeichen dafür, daß die Einseitigkeit der rationalistischen Bildung bewußt wurde und

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eine Gegenbewegung sich vorbereitete. D i e urwüchsige K r a f t antiker Idylliker, des Theokrit vor allem, war hier ins modern Zierliche und Gemüthafte mit viel Geschmack übertragen, reinstes Rokoko in deutscher Prägung. Weil Geßners Naturpoesie den Kreis des Rokoko nicht verließ, aber doch schon Rousseaus Natursentimentalität vorwegnahm, konnte es geschehen, d a ß die neue deutsche Literatur durch diese Kleinkunst bei den Franzosen zuerst bekannt und sogar von ihnen nachgeahmt wurde. Aus der Verbindung der Idylle mit dem Stil des burlesken Epos nach Popes Vorbild (Zachariä, Der Renomiste 1744) entstanden humoristische Zwittergebilde wie die Prosaerzählung Wilhelmine (1764) von M. A. v. Thümmel. D e r Grundsatz, die Dichtung habe ihren sozialen Nutzen wie ihr Eigenrecht dadurch zu erweisen, d a ß sie belehre, aber auf „spielende", auf anschauliche und gefällige Weise, wodurch sie dann viel breiter wirken könne als die Philosophie - dieser vom Aufklärungsdenken vertretene Grundsatz brachte es mit sich, d a ß die F a b e l zur bezeichnendsten und beliebtesten Gattung der'Rokokodichtung wurde. Sie gibt unterhaltende Beispiele bösen und guten Handelns. H a g e d o r n begann, der Franzose Jean de Lafontaine war hier und später das Muster. Der deutsche Meister wurde Christian Fürchtegott G e l i e r t (1715-69). D i e Fabeln und. Erzählungen (1746/48) des Leipziger Professors wurden ein moralisches Hausbuch des deutschen Bürgers in allen Landschaften. Zu der in lebendigem Plauderton erzählten Begebenheit tritt hier stets die epigrammatisch geprägte, leicht faßliche Lehre; protestantische Moralität in der für das Zeitalter charakteristischen Verbindung von praktischem Sinn und empfindsamer Weichheit, aber auch gutmütiger Witz geben die Grundlage ab, von der aus der novellistisch-merkwürdige Fall beurteilt wird. Durch diese heitere, ehrliche, milde Tugendhaftigkeit verkörperte Geliert die deutsche Bürgergesittung in der Aufklärung, deren Hüter und Pfleger er wie kein anderer war. Neben der wuchernden Fabeldichtung (Lessing, Gleim, Lichtwer, Pfeffel) diente auch die Prosa-Satire von Chr. Ludw.

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L i s c o w und G o t t l . W i l h . R a b e n e r , und die E p i g r a m m a t i k von A . Gotthelf K ä s t n e r , der moralischen und ästhetischen Erziehung des dritten Standes. G r a d e in diesen Gattungen zeigt sich, wie unpolitisch das deutsche Bürgertum in seinem D e n k e n und W o l l e n noch w a r . Im R o m a n blieb Deutschland lange rückständig und ungewandt. Der höfische Gesellschaftsroman des Barock entsprach seinem Gehalt nach nicht dem Leben und Denken des Bürgertums, seiner Form nach nicht dem rationalen Ideal der Klarheit, Wahrheit und Gefälligkeit. Die tüchtigste deutsche Nachahmung des Robinson, Joh. Gottfr. Schnabels Insel Felsenburg (1731/43), ist ein volksmäßiges Abenteuerbuch und gehört nicht dem Reich und Zug der neuen deutschen Kunstpoesie an. Zweierlei Romanliteratur des Auslands wurde für die zögernd einsetzende deutsche Prosadichtung Ausgangspunkt und Muster: Frankreichs „orientalische" Feenmärchen (Perrault, Hamilton) und erotisch-satirische Erzählungen (Crebillon d. J . ) ; vor allem aber die moralische Erzählung, die in England zuerst in der Form des Familienromans aufgekommen war (Richardson) und unmittelbar von dort, später auch über Frankreich (Marmontel), in Deutschland eindrang. Der Familienroman spielt in der Welt des bürgerlichen Alltags, sein Ethos ist das der bürgerlichen Sitte, sein Pathos das des Tugendkultus. Die Handlung tritt zurück gegenüber der Wiedergabe inneren Lebens; dem Verlangen nach unmittelbarer Wahrheit entstammt die Briefform. Die menschliche und künstlerische Verfeinerung, die der zunächst platt-moralisierende englische Familienroman dann in seiner Entwicklung zum humoristischen und geistreich-spielenden Roman gewann (Fielding, Smollet, Goldsmith, Sterne), blieb den deutschen Nachahmern meist unerreichbar (Musaeus, Grandison der Zweite 1760/62, Volksmärchen d. Deutschen 1782/86; Hermes, Sophiens Reise 1769/73, Sophie v. La Roche, Gesch. d. Frl. v. Sternheim 1771, Moralische Erzählungen 1782/84; Joh. Karl Wezel, Lebensgeschichte Tob. Knaufs XlTillA. G e l l e r t s Roman Leben d. schwedischen Gräfin von G., (HAHA?,) wurde das erste deutsche Muster der moralischen Erzählung nach Richardsons Art. D e r Gipfel der deutschen R o m a n k u n s t in diesem Zeitalter sind die W e r k e von Christoph M a r t i n W i e l a n d (geb. 1 7 3 3 Oberholzheim b. Biberach, gest. 1 8 1 3 W e i m a r ) . W i e l a n d w a r der letzte deutsche Dichter, der unter dem E i n f l u ß des französischen Lebensstils stand und französische Dichtungsweise eindeutschte. E r faßte die aus der ari-

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stokratischen Gesellschaftsdichtung Frankreichs wie die aus der Literatur des englischen Bürgertums kommenden Antriebe zusammen in einer Weise, die den Bildungsbedürfnissen der deutschen Lage am Ende des Aufklärungszeitalters aufs beste entsprach. Dadurch ist Wieland der erfolgreichste Bildner innerer wie äußerer Gesittung von modern-weltläufiger Art geworden. Den deutschen Adel gewann er der neuen Nationalliteratur, dem Bürgertum weckt er geistige Freiheitlichkeit und formale Bildung. Unter den Alten waren ihm Aristophanes, Lucian, Horaz und Cicero vor allem wahlverwandt, unter den Modernen Voltaire, Shaftesbury und Sterne. Shakespeare, den er übersetzte (22 Dramen in Prosa 1762/66, fortgesetzt 1775/82 von Eschenburg), bedeutete ihm eine bewundernswerte Merkwürdigkeit, aber kein Programm und Muster. Wielands reife Werke handeln vom Zwiespalt zwischen Natur und Geist, von der Macht der Triebe, vom „Sieg der Natur über die Schwärmerei". Mit heiterer Ruhe trägt er seine Popularphilosophie vor. Ihr Hauptanliegen ist die Empfehlung vernünftig temperierter Sinnlichkeit als der besten Bürgschaft haltbarer Tugend. Um seelische oder moralische Einseitigkeit und Verlogenheit bloßzustellen, um bürgerliche Ziererei herauszufordern, scheut Wieland nicht vor Frivolitäten zurück. Sein Agathon (1766/67) begründet die weiterhin so blühende Gattung des deutschen Entwicklungs- und Bildungsromans. Da wird erzählt, wie die Individualität eines jungen Mannes sich unter den Erfahrungen eines wechselvollen Lebens entwickelt zu ästhetischer Moralität, gebildeter Sittlichkeit und einer Persönlichkeitsform, die schon auf die der klassischen Humanität vordeutet. Der andere große Roman seiner Mannesjahre, Die Abderiten (1774), stellt deutsches Spießertum auf geistreiche, witzige Art bloß. Der goldene Spiegel (1772) schildert den Staat des aufgeklärten Despotismus in reiner Gestalt. Neben Wielands Romanen stehen die graziösen Verserzählungen als Werke von eigenem Stil (Idris 1768, Der neue Amadis 1771). Sie sind spielerischer noch, tändelnder, als die Romane. Das Stoffliche ist hier, nach der

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Art des Rokoko, von ornamentalen Schnörkeln und allerlei Beiwerk völlig überdeckt. Das Epos in Stanzenstrophen Ober on (1780) allein lebt noch fort, spielerisch-romantisches Gegenstück zu Klopstocks pathetischem Messias. Auch als Herausgeber der einflußreichen Zeitschrift Der Teutsche Merkur (1773/1810) hat Wieland seinem Erziehungs- und Bildungswerk mit kluger Mäßigung gedient. 4. D i e E m p f i n d s a m k e i t . Empfindsamkeit war die andere Großmacht der deutschen Kultur im 18. Jahrhundert: eine Fühlweise, in der das innere Leben des einzelnen eine unerhörte Vielfältigkeit, Feinheit und Tiefe erreichte. D i e K r ä f t e des inneren Daseins, der individuellen Empfindung und der Ahnung, die da aufblühten, standen in starker Spannung zur intellektualistischen Einseitigkeit und Allgemeinheit der Aufklärung. Aber die mächtige Steigerung und Erweichung des Gefühlslebens setzt sich allenthalben neben der Vernunfthaftigkeit des Rationalismus durch. Beide Mächte walten im Leben und Ausdruck aller großen Persönlichkeiten des Zeitalters; ihr Ineinanderspielen ist die Quelle des Reichtums, mit dem die deutsche Dichtung sich in kurzem Zeitraum bis zur Höhe des vollendenden Nebeneinander« von Klassik und Romantik hin entfaltet hat. D i e Empfindsamkeit ist die weltliche Tochter der pietistischen Religiosität. Was dort im Bereich einer persönlichen Frömmigkeit und in der Gegenwirkung gegen verweltliche Staatskirche und erstarrte Orthodoxie als neuprotestantisches Sektenchristentum erwachsen war, blieb als Weise des inneren Lebens dem Bürger eigentümlich, auch als die Bewegung um 1730 herum abflaute. D e m Pietismus entsprachen Strömungen von gleicher Art in England (Puritanismus) und Holland, und so war auch die Empfindsamkeit in England zu Hause (englischer Familienroman), von wo sie nach Frankreich drang (Comédie larmoyante). D a ß sie in Deutschland in oft weinerliche Weichheit und zu gefährlicher, selbstgenügsamer Empfindungsseligkeit (Werther-Generation) entartete, daran hatte die politische und gesellschaftliche Unterdrückung des deutschen Bürgertums die Hauptschuld. D a ß die deutsche Lite-

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ratur so überladen mit Gefühlsidealität, so schwärmerisch wurde, aber auch daß sie so rasch heranwuchs und reifte, hat gewiß einen Grund in dem Ausgesperrtstein der bürgerlichen Intelligenz von allen großen Aufgaben des öffentlichen Lebens. Im Selbstbewußtsein und in der Selbstgenügsamkeit des inneren Daseins nur konnte die edelste Kraft des gebildeten Bürgers sich genießen, im Gebiet des geistigen Schaffens, der wissenschaftlichen, moralischen, ästhetischen Kultur allein als Tat und Werk sich verwirklichen. Eine politisch-kämpferische Haltung war noch nicht möglich. G e l l e r t s Lustspiele etwa sind ein Beispiel für die bezeichnende Verbindung von praktischem Weltverstand und Empfindsamkeit. Sie spielen in der W e l t des deutschen Bürgers, der in seinem Fühlen wie in seiner Moralität hier zuerst auf dem Theater ernst genommen wurde. Im L u s t s p i e l zeigten sich die Deutschen nicht selbständiger als im Trauerspiel. D e r Däne Holberg, die Franzosen Molière und Destouches waren schon für die braven Stücke von Gottscheds Frau verbindliche Muster gewesen. Jetzt kam Nivelle de la Chaussee hinzu, als Vorbild der „Rührkomödie". Ein unbeschwertes Spiel, wie die Verskomödie Die stumme Schönheit von Joh. Elias Schlegel (1747), gelang keinem sonst. In der Rührkomödie kam es nicht auf Spiel und Lachen, sondern darauf an, die Herzen weich und der Tugend geneigt zu machen. Nur ein gefühlvolles Herz konnte ein gutes Herz sein.

Daß die in der Schule des Pietismus erwachsene Fühlfähigkeit, die neue individualistische Innerlichkeit aber nicht notwendig diesem gutartigen Mittelzustand verhaftet, daß sie zu großem Aufschwung und hoher Idealität fähig war, beweist Klopstocks Person und Werk. Friedr. Gotti. K l o p s t o c k (geb. 2. 7. 1724 Quedlinburg, gest. 1803 Hamburg) hat als erster Deutscher in der Neuzeit wahres Dichtertum vorgelebt und die in der damaligen Kunstlehre angedeutete Idee von großer Dichtung zuerst erfüllt. Seit dem Humanismus war ein deutscher Poet gewöhnlich ein Gelehrter; jetzt war ein Dichter etwas Selbständiges, ein Berufener. Klopstocks Werke verwirklichten im Ton, Stoff, Gehalt, im Wort und in der Idee so sehr die inneren Wünsche und geistigen Strebungen der Nation, daß man

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mit der Person dieses Dichters zuerst den K u l t trieb, durch den die Deutschen seitdem ihren großen Genien zu danken pflegten. Klopstock begründete seinen R u h m durch den Messias (1748/73), ein E p o s von 20 Gesängen in Hexametern, mit dem er H o m e r und Milton selbst zu überbieten gedachte. D e r heiligste, erhabenste G e g e n s t a n d : das Martyrium des Gottessohnes, w a r hier in rhapsodischhohem Stil besungen. D i e Vorgänge sind d e m in lutherischem G l a u b e n und pietistischer Frömmigkeit aufgewachsenen Dichter Gelegenheiten zu hohen G e d a n k e n u n d strömenden Ergüssen. D a s Stoffliche der E r z ä h l u n g verschwimmt in unendlicher E m p f i n d u n g und in Visionen übersinnlicher Welten, wie es hier auch keine Grenze zwischen E r d e n - und Geisterreich gibt. Scharen von mythologischen Wesen, Engels- und Teufelsgestalten umgeben die Gestalt des Erlösers. Lyrisch-musikalisch ist dies E p o s seiner G r u n d a r t u n g nach, bekennerischer Ausdruck der erhabenen Innerlichkeit germanischen Wesens, und Lyriker ist Klopstock durchaus und überall. Aber ein Lyriker, der nicht beschreiben u n d belehren, sondern die Aktivität seiner Seele in die des M i t f ü h l e n d e n übertragen will. Seine Sprache will bewegen, überwältigen; d r u m schafft er die überkommene neu und wird zu kühnen Prägungen getrieben, überall eine Stilebene suchend, die hoch über der des Gewöhnlichen, Nurgedanklichen oder Geistvollen liegt. Zwischen Luther und G o e t h e hat kein Deutscher größere sprachschöpferische K r a f t gezeigt. D e r Messias verwirklichte erst die im deutschen Pietismus und der E m p f i n d s a m k e i t liegenden Möglichkeiten zu ekstatischer Gefühlssteigerung, aber auch den sich durchsetzenden D r a n g zu idealistischer Spannung im Anschauen des Ewigen, im G e f ü h l des Unendlichen. So ist dies denn auch das Hauptbuch der Gefühlsreligiosität und erste Verkündigung der eigentümlich deutschen, der idealistischen Willenshaltung geworden. Auch Klopstocks Gedichte, seine O d e n und Elegien (zuerst gesammelt 1771) sind alle unmittelbarer Ausdruck seiner E m p f i n d u n g , Betrachtung u n d seines hochgespannten Wollens, sind bekenntnishafte E r -

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lebnispoesie und begründen diese eigentümlich moderne, diese dem individualistisch-selbständigen Menschentum gemäße Dichtungsweise. In der von ihm geschaffenen Art der enthusiastischen Ode besingt Klopstock, bewegt und bewegend, nichts als erhabene Gegenstände: Gott, Unsterblichkeit, Tugend, Freundschaft, Freiheit, das Vaterland, und (allzu empfindsam) die Geliebte, aber die ersehnte lieber als die gegenwärtige. Immer lebt er in einer idealistisch gesteigerten Wirklichkeit. Die Suche nach würdigen, unverbrauchten und kraftvollen rhythmischen Formen führte ihn zu den reimlosen Strophen des Horaz. Gelehrte Grillen und der Irrtum, daß es im antiken Vers nur auf die Dauer der Silben, im deutschen nur auf den Nachdruck ankomme, verschuldeten allerlei akademische Künsteleien, durch welche die edle Gesamtform der Oden oft entstellt wird. Seit 1758 dichtet Klopstock auch freirhythmische Hymnen, diese höchste lyrische Gattung in deutscher Sprache begründend. Pindar und die Psalmen sind dabei die Muster. Im Strom des ersten idealistischen Aufschwungs wachte auch das Selbstgefühl des Deutschen auf. Friedrichs des Großen Gestalt und Taten gaben der Nation Selbstachtung und Stolz zurück. Die Dichtung wurde patriotisch: Gleims Kriegs- und Siegeslieder der Preußen von einem Preußischen Grenadier (1758), gutgemeint in ihrem Streben nach dem Volkston, aber ohne Saft und Kraft. Nationalen Idealismus sprach nur gelegentlich eine Schrift aus wie die von Thom. Abbt, Vom Tode fürs Vaterland (1761). Klopstocks vaterländische Gedichte sind in ihrer heldischen Gespanntheit unvergleichlich bedeutender. Statt der bis dahin als unentbehrlich geltenden Namen der antiken Mythologie greift Klopstock jetzt solche aus den OssianDichtungen Macphersons auf, die er, wie andere damals, für alte Originale hält. Die nordische Überlieferung tritt hier wieder in den Gesichtskreis der deutschen Dichter. Vor allem hielt Klopstock sich an die neu auftauchende Edda. Nach seinem und dem älteren Beispiel der SkaldenGedichte von H. W. v. Gerstenberg (1766) dichtete bald

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eine ganze Schule von Barden-Poeten (Kretschmann, Denis). Man warf allgemein keltische und germanische Überlieferung zusammen. Diese dichterisch nicht bedeutende Bardenpoesie ist ein Merkzeichen des erwachenden Interesses für nordische Art und ihre älteste, mythologische Symbolik und das erste Zeugnis einer neuen, uneigennützigen Liebe zum Vaterländischen. Von politischem Wollen, politischem Denken aber auch hier noch keine Spur. Nur im Fühlen und in der Gesinnung, in Sprache und Kultur war die Nation ein Ganzes und nur in diesen Gebieten konnte sie als Wirklichkeit erfahren werden. In vaterländischen Spielen von festlich-lyrischer Form, die er „Bardiete" nannte, feierte Klopstock das Gedächtnis des Befreiers Hermann, den heldischen Freiheitssinn, die sittliche Größe der germanischen Ahnen (Hermanns Schlacht 1769, Hermann und die Fürsten 1784, Hermanns Tod 1787). Vorher schon hatte er sich in religiösen Schauspielen versucht (Der Tod Adams 1757, Salomo 1764, David \112). In seinen Geistl. Liedern (1758) wollte er dem Gemeindegesang würdigere Haltung und erhabeneren Stil geben. Aber nicht sie, sondern die Geistliche Oden u. geben. Aber nicht sie, sondern die Geistlichen Oden u. der Aufklärungsfrömmigkeit. Zeugnisse einer großartig schöpferischen, ursprünglichen Kraft sind alle Werke Klopstocks, auch die in der Form so eigenwillig-absonderliche Deutsche Gelehrtenrepublik (1774). Da wird der Plan zu einer ständisch-zünftig geordneten Vereinigung deutscher Geistesmenschen vorgetragen, aristokratisch und vaterländisch in der Gesinnung, utopisch im politischen Denken, originalitätsgläubig in der Kunstanschauung. 5. D e u t s c h e A u f k l ä r u n g . Der Mann, in dem sich die deutsche Sonderart der Aufklärung am stärksten und fruchtbarsten ausprägte, war Gotthold Ephraim L e s s i n g (geb. 22. 1. 1729 Kamenz, Oberlausitz, gest. 1781 Braunschweig). Seine Dichtungen wie seine Schriften zeigen überall den kämpferischen, aufrechten, redlichen Geist dieses männlichsten Charakters unter den deutschen Schriftstellern der bürgerlichen Epoche. Die Wahrheit war seine

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Göttin, und er glaubte, daß die unermüdliche Anstrengung eines lauteren Wollens ihr allein zu dienen vermöge. Das Reich, in dem er zu herrschen verstand, umfaßte jede Art von Schriftstellerei, große Gebiete der Wissenschaft und so viel von Dichtung, wie man bei mäßiger Gabe, aber bei ungewöhnlicher Kraft zur Bildung und zur schöpferischen Kritik erreichen kann. Er war der erste große Schriftsteller der Deutschen, Bahnbrecher eines neuen, lebendigen Prosastils, Ahnherr der modernen Kritik und einer freien, unzünftigen Wissenschaftshaltung. Als dramatischer Dichter fand er erst während des Berliner Aufenthaltes 1752-55, vor allem in der Schule der Engländer, zu eigener Art durch. Der Verkehr mit Friedr. Nicolai, dem bedeutenden Buchhändler und durchschnittlichen Schriftsteller (s. Roman: Sebaldus Nothanker 1773/76; Nicolai war Herausgeber der bedeutendsten deutschen Aufklärungszeitschrift, der Allgemeinen deutschen Bibliothek, \1G5I92), und dem Popularphilosophen Moses Mendelssohn ( P h i l o s o p h i s c h e Schriften 1761, Phaedon 1767) festigte ihn in seinen neuen Anschauungen, vor allem auch über die Tragödie. In England, wo der bürgerliche Aufstieg am weitesten vorgedrungen war, hatte sich eine durch die neuen gesellschaftlichen Mächte bestimmte Dramengattung herausgebildet: das bürgerliche Trauerspiel (Lillo, Der Katifmann v. London 1730). Die Welt des bürgerlichen Lebens, welche die des neuen Theaterpublikums war, gab hier Stoff, Idee, Gesinnung und Stilform her. Der Geschmack des bürgerlichen Publikums verlangte realistische Wahrheit. Diese Stücke wollten nicht durch heldisches Pathos erheben, sondern durch Rührung zu Mitleid und Tugend führen. Mit Lessings bürgerlichem Trauerspiel Miß Sara Sampson (1755) begann die erfolgreiche Gattung in Deutschland. Die knappe Tragödie Philotas (1759) ist ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, daß die aufgeklärte Moralität auch heroischer Steigerung fähig war. Lessing erkannte zuerst Shakespeares dichterische Größe. In der Zeitschrift Briefe die neueste Literatur b e t r e f f e n d , die Lessing mit Nicolai, Mendelssohn, Abbt u. a. herausgab

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(1759/65), stellt er (im 17. Brief, 1759) dem scharf kritisierten klassizistischen D r a m a das formlos-große des Engländers gegenüber. Als Beweisstück dafür, d a ß diese Dichtung dem deutschen Volksgeist artmäßig verwandter sei als die der Romanen, teilt Lessing Szenen aus einem alten Volksdrama vom Doktor Faust mit, die in Wirklichkeit Bruchstücke seines eigenen Faust-Dramas waren. D a m i t war das deutsche D r a m a auf einen neuen, der Art gemäßen Weg verwiesen. D i e volle Befreiung des deutschen Kunstwollens von der ungemäßen französischen Autorität erkämpfte Lessing in der Hamburgischen Dramaturgie (1767/69). Wieder war Shakespeare das positive Gegenbild. Als bestellter Kritiker des neu eröffneten Hamburger Nationaltheaters schrieb er diese 52 Theaterkritiken. In Wirklichkeit werden die Aufführungen zur Veranlassung genommen, im Stil geistreicher, unsystematischer Polemik die neue, die deutsche Lehre vom D r a m a zu entwickeln. D i e Aristoteles-Auffassung der Franzosen und ihrer Lehre von den drei Einheiten erledigte Lessing mit einer neuen, ebenfalls einseitigen Auslegung der griechischen TragödienTheorie. D e m romanischen Ideal reflektierter Form setzte er das germanische Ideal naturhafter Ursprünglichkeit (Genie), dem rhetorischen Seelendrama das schicksalhafte Handlungsdrama entgegen. Im Laokoon (1766) hatte Lessing die alte Lehre, d a ß Kunst Nachahmung der N a tur nach ihren einzelnen Erscheinungen sei, ebenfalls aus der modernen Auffassung des Dichters als eines ursprünglich Schöpferischen neu gedeutet; hat er ferner die horazische Meinung, d a ß Dichtung und Malerei nur ihren Mitteln nach verschieden seien, durch eine neue Behauptung über den wesenhaften Unterschied zwischen bildender und redender Kunst bekämpft. D i e zweite Hauptgruppe von Lessings kritischen Werken bilden seine theologischen Schriften. Aus dem Nachlaß des Hamburger Philologen H. S. Reimarus gab er Fragmente eines Ungenannten (1774/77) heraus, radikalste Äußerungen des deutschen Deismus gegen die lutherische

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Orthodoxie, gegen den Offenbarungscharakter der Bibel und Offenbarung überhaupt. Lessing w u r d e in eine langdauernde Polemik verwickelt, vor a l l e m mit dem H a m burger Pastor Melchior Goeze ( A n t i - G o e z e 1778). Lessings bedeutendste theologische Schrift, Die Erziehung des Menschengeschlechts (1780), für die seine Verfasserschaft allerdings nicht in allen Teilen gesichert ist, deutet die Menschheitsgeschichte als Entwicklung zu wachsender „Erleuchtung" durch Vernunft, wobei das Christentum mit seiner Liebesbotschaft als eine Stufe nur, nicht als Vollendung aufgefaßt w i r d . D i e eigentliche Humanität ist noch zu leisten. Lessing ist kein nur kritischer Deist, kein Religionsfeind und kein Gegner des Christentums. Die lutherische Orthodoxie seiner Zeit bekämpfte er um ihrer Rückständigkeit und Starrheit w i l l e n ; aber ebenso die um die Jahrhundertmitte hervortretende, kompromißlerische Aufklärungstheologie („Neologie"), weil er eine Vereinigung von Offenbarungsdogmatik und von Vernunftwahrheit für unmöglich hielt. In diesen Stellungnahmen, die durch seine Neigung, mit geschlossenem Visier zu kämpfen, oft nicht deutlich zu erkennen waren, verkörpert Lessing den eigentümlich deutschen Aufklärungsgeist in seiner besten Art. Er hängt als deutscher Bürger zu innig mit dem religiösen Leben lutherischen Christentums zusammen, als d a ß sein kritisches Denken sich von den inneren Erfahrungen der Frömmigkeit ablösen könnte; ihn geht das Schicksal des Christentums zu tief an, als d a ß er entschiedener Religionsverächter von rationalistischer Einseitigkeit sein könnte. Bei Lessing gibt sich schon das Streben des immer spekulativen deutschen Geistes kund nach einer Einung des Religiösen mit dem W i l l e n zur Selbstbestimmung, der Vernunft mit den übervernünftigen Mächten in uns, das im Idealismus seine E r f ü l l u n g findet. Eine Neubegründung der Kultur aus erneuerter Religiosität erkannte er schon als deutsche Aufgabe. Von Lessing führte der W e g weiter zu Herder, Goethe, Schiller. A m deutlichsten w i r d dieser vermittelnde und wegbereitende Charakter von Lessings Weltanschauung in seiner

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Ethik. Seine sittliche Haltung ist zwar schon subjektivistisch, aber von höchstem Ernst gegenüber den Anforderungen, die sich aus der individuellen Selbstbestimmung für den Menschen ergeben. Lessings drei große Dramen, Höhepunkt seines Gesamtwerks, zeigen Menschen von mittlerem Format, die dadurch groß sind, d a ß sie um eine freie moralische Selbstbestimmung mit ganzem Einsatz ringen. W i e für Diderot, dessen Familienstücke er übersetzte (1760), war für den Dramatiker Lessing das Theater eine Stätte bürgerlicher Selbsterziehung. In diesem Sinne ist Minna von Barnhelm (1767) eine moralische Komödie. Sie soll nach Lessings Absicht lachend eine sehr ernsthafte Rührung und Erziehung bewirken. Hier löst sich der herkömmliche Widerstreit zwischen Liebe und Ehre, Pflicht und Neigung heiter, die List der liebenden Frau überwindet die Bedenklichkeit des charaktervollen und musterhaften Helden Tellheim, ihre wärmere und freiere Menschlichkeit erkämpft das Glück. Zeitgenössisches, wie der preußisch-sächsische Gegensatz, die ganze Stimmung des Siebenjährigen Krieges oder die Abrechnung mit dem durch Friedrich begünstigten Franzosentum (Riccaut), ist nicht Ziel, sondern Mittel der dramatischen Wirkung. Auch in der Rmilia Galotti (1772) ist die moralische Bloßstellung des absolutistischen Regiments, so sehr sie damals wirkte, nur eine Nebenabsicht. D a ß diese „bürgerliche Virginia" stirbt, um ihre sittliche Freiheit und Würde zu behaupten, darauf kommt es an. Lessings letztes D r a m a Nathan der Weise (1779) gibt seine Weltanschauung in thesenhafter Formulierung. Lessing vertritt hier die Forderung entschiedener Toleranz, die sich aus dem Unbedingtheitsanspruch der Aufklärungsmoral ergab. D e r dogmatische wie der geschichtliche Anspruch der positiven Religionen wird hier daran gemessen, wie sich die Gesinnung ihrer Bekenner praktisch bewährt. D i e bloße Zugehörigkeit zu einer Religion gibt noch keinen Vorrang. Eigentliches T h e m a des Stückes ist aber das große Problem, wie sich sittliche Vollendung aus freier Selbstbestimmung vereinigen lasse mit den Ansprüchen

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des Göttlichen. Durch freie Einstimmung des individuellen Willens in der Weltvernunft hat sich nach Lessings Anschauung die höchste Spannung zu lösen. Das war die Antwort, welche die deutsche Aufklärung dem Streben des Zeitalters gab. Seinen Charakter als „dramatisches Gedicht" beweist das Drama auch darin, daß es in Shakespeares Blankvers, in reimlosen fünffüßigen Jamben geschrieben ist, die dadurch zum gebräuchlichen deutschen Dramenvers werden, den barocken Alexandriner ersetzend. An geistigem Rang kann sich mit Lessing nur einer unter den deutschen Aufklärern vergleichen: der aus Hessen stammende Georg Christoph L i c h t e n b e r g (1742 bis 99), Professor der Naturwissenschaften in Göttingen. Sein witziger, scharfer, illusionsloser Geist lebte sich in Glossen und Aphorismen aus, ohne daß ihm ein rundes Werk, etwa von der Art des artverwandten Swift, gelungen wäre. Zu Beginn des Aufklärungszeitalters besaß Deutschland keine Dichtung, die sich der französischen an sittlicher Idealität und an Formkunst, die sich der englischen an religiösem Gehalt, an natürlicher Wahrheit und Empfindungsreichtum vergleichen konnte. Am Ende des Zeitalters hatte Deutschland eine wahrhaft deutsch geartete, eine Nationalliteratur: durch Lessings Werk ein Drama, das wahrer und lauterer Ausdruck der neuen humanitären Gesinnung war und dadurch wie durch seinen Kunstcharakter weiterzeugendes Vorbild, hatte Deutschland in Wielands Romanen Prosadichtungen von weltläufigem Rationalismus und außerordentlicher sprachlicher Eleganz und in Klopstocks Poesie den ins Große, Erhabene stre^ benden Ausdruck heldisch gespannten Wollens. Damit war aus den aufbrechenden Kräften der protestantischen Landschaften während eines Menschenalters eine Literatur erwachsen, in deren Raum sich die neue Bildungsgesittung entfalten, von der aus der deutsche Geist zu seiner eigentümlichsten modernen Schöpfung, der idealistischen Kultur, weiterschreiten konnte.

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II. Das Zeitalter des Idealismus Im deutschen Idealismus fand der Glaube der Neuzeit seine höchste Verwirklichung: der Glaube an die großen und guten K r ä f t e des Menschen, an freie Selbstbestimmung und an Selbstvollendung aus dem „göttlichen" Vermögen der eigenen Natur, an die Unabhängigkeit und W ü r d e des Geistes. Denkend, handelnd, gestaltend der Wirklichkeit Form zu geben, immer im Aufblick zu der überwirklichen Welt der verpflichtenden Ideale, das wurde hier als die höchste Bestimmung des Menschen verkündet. Der Bund zwischen N a t u r und Vernunft sollte die neue Kultur bereiten und bewahren. Harmonische Einheit der Individualität war das Bildungsideal: unser sinnliches und geistiges Teil, alle menschlichen Anlagen überhaupt galt es zu entfalten und zur Ganzheit der gebildeten Persönlichkeit zu einen. Im erkenntnis-theoretischen (Kant), im ethischen (Kant, Schiller, Fichte) Idealismus schuf sich der deutsche Geist die Begründung des neuen Strebens und der neuen Haltung. Das Gefühl eines großen Einklangs, einer Liebeseinheit im Weltganzen, in der die Disharmonien untergehen (Goethe, Schelling), gab dem strengen Ethos Wärme und Glanz. D e n Symbolen des Guten und Wahren gesellte sich als drittes das Schöne zu, Inbegriff der gestaltenden Mächte, durch welche die von Vernunft, Willen und Wirkungskraft geschaffene Kulturwelt Form und Bestand erhielt. Kunst und Philosophie hatten die Bestimmung, das große Werk der vollen Humanisierung des Menschen zu vollbringen. Sie traten an die Stelle der Kirchen, deren Wirkungsmittel zu so hohen Zielen nicht mehr auszureichen schienen. D i e Auslese des protestantischen Bürgertums war der Religion der Väter entfremdet, die katholische Kirche war unter dem Ansturm des kritischen Denkens kraftlos geworden. Nicht im Gegensatz zum Christentum entwickelte sich die idealistische Bewegung, aber außerhalb der Kirchen, obgleich der neue Glaube seine Herkunft aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis und der deutschen Frömmigkeit nirgends verleugnen konnte. Man mag darüber streiten, ob der Idea-

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lismus eine „Religion" w a r ; sicher ist, daß er seelisch, sittlich, kulturell in der Hoch-Zeit des deutschen Bürgertums das bedeutet und geleistet hat, was eine Religion zu bedeuten und zu leisten pflegt. Die idealistische Bewegung begann mit einer entschiedenen Gegenwirkung gegen den erstarrten Rationalismus der zu Ende gehenden Aufklärungsepoche. Gegenüber dem Rationalen wurden Wert und Macht der „dunklen", der übervernünftigen Kräfte hervorgehoben; daß sie spontan und zweckfrei wirken, daß sie Wachstumskräfte sind, nicht organisierbar, erscheint nun als ihr eigentlicher Wert. In ihnen fand man Inbegriff und Organ des Schöpferischen im Menschen, das im künstlerischen Hervorbringen am herrlichsten sich kundtut. Wenn die Bildungsidee der Aufklärung auf das Ethische als absoluten Wert ausgerichtet war, so stellte man nun daneben die Wertewelt des Naturhaften und des Ästhetischen. Die kämpferisch-radikal einsetzende Gegenwirkung der deutschen Kräfte überwand bald die Einseitigkeit des Beginns und gipfelte in der klassischen und romantischen Idee von Einheit, von Ganzheit als dem Inbegriff humanitärer Bildung. Durch eine höchste Anstrengung des kulturschaffenden Geistes sollte das Ganze des deutschen Lebens durchformt werden. Der Idealismus ist nicht aus politischen, sondern aus religiösen und weltanschaulichen Antrieben und Erfahrungen erwachsen. Damals herrschte, nach den Unruhen um die Jahrhundertmitte, eine längere Friedenszeit. Die elementaren Ereignisse der französischen Revolution riefen in Deutschland keine verwandte Bewegung hervor. Aber dann weckten die Stürme des Napoleonischen Zeitalters das Land furchtbar auf. Die Auseindersetzung mit diesen umwälzenden Ereignissen hat den deutschen Idealismus gereift und gehärtet. Daß er keine Haltung der Idylle, des „reinen Denkens" oder des lebensfremden Schwärmens für leere Wünschbarkeiten war, hat er in der Feuerprobe der Befreiungskriege großartig bewährt. Man hat den Idealismus die „deutsche Bewegung" genannt, weil er in dieser edlen Art und Kraft, zu solcher V i é t o r , Deutsches Dichtcn u. D e n k e n .

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Breite und Höhe nur in Deutschland sich entfaltete. Die Idee der idealistischen Humanität ist der Beitrag des deutschen Geistes zu der Anstrengung der europäischen Völker, eine auf den Glauben an den Menschen gegründete Kultur zu schaffen. In der Literaturgeschichte nennt man die Epoche nach ihrer größten Gestalt auch die „Goethezeit".

Der Sturm und Drang 1. G r u n d z ü g e und F ü h r e r . Der „Sturm und Drang" (der Name nach Klingers Schauspiel 1776) ist die Bewegung, die von der um 1770 auftretenden Jugend getragen wird Im Aufstand gegen die durchrationalisierte Aufklärungskultur erlebten die jungen Deutschen den Wert der über- und untervernünftigen Kräfte in der Welt und im Menschen. Der systematischen Vernunft wird das leidenschaftliche Gefühl als ursprüngliche Weltmacht, dem Geist das Herz, dem Denken die Ahnung, der moralischen Gesinnung der fromme Schauder, der dualistischen Weltansicht der Glaube an eine ursprüngliche Einheit von Mensch und Gott, der überlieferten Ordnung der ewige Freiheitsdrang, dem Stolz auf die geschaffene Kultur der Glaube an den Wert wachstumsmächtiger Natur, dem Lebensoptimismus die titanische Haltung ruhelosen Ungenügens entgegengesetzt. Auch diese jungen Menschen sind diesseitsgläubig und entschlossen der Endlichkeit zugewandt, zugleich aber sehnsüchtige Liebhaber der Unendlichkeit, die ihnen in der Natur sich auftut. Ihr Gott ist eins mit dem wogenden Leben. Rousseaus Kritik der rationalistischen Kultur und seine Lehre von der ursprünglichen Güte und Heiligkeit der Natur, vom einzigen Wert der Unschuld und Einfalt mythischer Vorzeit (Über Ursprung und Gründe der Ungleichheit unter den Menschen 1755, Gesellschaf tsvertrag 1762, Emile 1762) wirkten mächtig auf sie. Die ungeschichtlichen und politischen Züge dieser Kulturphilosophie aber waren der deutschen Jugend fremd, Rousseaus kulturhasserischen Pessimismus machte sie ebensowenig mit wie seine Feindschaft gegen den Geist. Doch

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auch die Deutschen wollten aus der rationalen Zweckwelt der Aufklärung zurück in die mütterlichen Gründe der schöpferischen Natur. Herder hat in seinen frühen Schriften die Auseinandersetzung des deutschen Geistes mit Rousseaus Philosophie am fruchtbarsten geführt und hier die idealistische Idee menschlicher Ganzheit entwickelt, die kein Geschenk der Natur ist, sondern herangebildet werden muß. Philosophische Systeme interessieren diese Generation wenig, theoretisch-spekulativ war sie nicht. Die dichterisch-beredte Art von Shaftesburys Philosophie, seine ästhetische Weltdeutung, der Glaube an die Fähigkeit des Menschen zur Selbstformung nach der Idee des Schönen, sein enthusiastisches Vertrauen in den guten Sinn des Lebens und die harmonische Einheit des Weltganzen - das entsprach im Ganzen ihrem optimistischen Wollen und Glauben, wurde zum Teil erst später fruchtbar. Vor allem wurde jetzt gegenüber der Aufklärung unter Natur etwas anderes verstanden: Kraft, ewige Schaffensgewalt, vegetative Ursprünglichkeit. Shaftesburys Idee der ästhetischen Bildung half die platt moralisierende Kunstauffassung der Aufklärung zu überwinden. Von ihm übernahm man den Begriff der „inneren Form", ein Grundbegriff der neuen Ästhetik, die das Kunstwerk als Wachstumseinheit auffaßte. England gibt auch jetzt wieder die wichtigen Anregungen, während von Frankreich her außer Rousseau nur noch Sebastian Mercier als Theoretiker des Ständedramas wirkte (Neuer Versuch über die Schauspielkunst, deutsch 1776). Die humor- und gemütvolle Idyllik von Goldsmith ( D e r Vikar von Wakefield), Sternes geistreiche Sentimentalität wurden als wahlverwandt empfunden, und Edward Youngs Gedanken über die Originalwerke (deutsch 1760) lieferten der neuen Lehre vom Genie die Grundlage. Der Begriff Genie, Originalgenie meint das Schöpferische im Menschen, den Künstler vor allem, der nicht Nachahmer ist, sondern aus ursprünglicher Kraft schafft (ein zweiter Prometheus, sagt Shaftesbury); nicht nach der Natur, sondern wie die Natur. Keine überkommene Fertigkeit oder Regel kann die angeborene Schaf3*

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fenskraft binden. Das Genie ist der eigentliche, der wahre Mensch, in seinem Werk allein ist gültige Wahrheit. Am begeistertsten hat der Züricher Theologe Joh. Kasp. L a v a t e r (1741-1801) Art und Mittlerrolle des Dichtergenies beschrieben. Damit war die in der Renaissance erneuerte und seitdem geltende Nachahmungstheorie aufgehoben und auch die Geltung der überlieferten Vorbilder beschränkt. Nach dieser neuen Lehre nennt man die Stürmer und Dränger auch Originalgenies, ihr Zeitalter die Geniezeit. Am meisten zur Weiterbildung und Vertiefung der Genielehre hat der Ostpreuße Joh. Gg. Hamann (1730-88) geleistet (Sokratische Denkwürdigkeiten 1759). Seine aphoristischen, dunkel redenden Äußerungen, Ahnungen mehr als Bestimmungen, waren Kreuzzüge eines tief Religiösen gegen die Aufklärung. Ihm sind die Kräfte des ahnenden Gemüts und der bilderschaffenden Phantasie die ursprünglichen, göttlichen, ist dichterische Sprache Naturlaut. Freund und Lehrer war er dem Landsmann Joh. Gottfr. H e r d e r (geb. Mohrungen 25. 8. 1744, gest. Weimar 1803), einem der reichsten und größten deutschen Geister, unschätzbar als Anreger, aber nie und nirgends fähig, sich in einem Werk wirklich zu vollenden und seine Eingebungsfülle gültig zu gestalten. Seine Rolle als geistiger Meister der Geniegeneration hat er am sichtbarsten bewährt als Lehrer Goethes, mit dem er in Straßburg 1770 in einer für den jungen Dichter entscheidenden Stunde zusammentraf. Herders Jugendschriften (Über die neuere deutsche Literatur 1767, Kritische Wälder 1769, Journal meiner Reise 1769, Über den Ursprung der Sprache 1772, Auch eine Philosophie der Geschichte der Bildung der Menschheit 1774) setzten die durch Hamann begonnene Betrachtung der Sprache und die Erklärung der Poesie als eines Ursprünglichen und Übervernünftigen fort, begründeten eine neue, auf dem mitlebenden Gefühl ruhende Kritik und den verstehenden Geschichtssinn. Durch Auseinandersetzung mit den großen Mustern machte Herder den Weg frei für die anhebende Dichtung, in der zum erstenmal deutsche Art sich frei und ursprünglich

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aussprechen wollte. Durch Herder wurden Goethe (Von deutscher Baukunst 1773) die Augen geöffnet für Art und Wert der Gotik, durch Herder vor allem mit dem Sinn für Naturdichtung überhaupt die Entdeckung des Volksliedes (das Wort von Herder geprägt) gewonnen, schließlich auch das volle Verständnis für Shakespeare (Blätter Von deutscher Art und Kunst 1773, Volkslieder 1778/89). Die in England einsetzende Volksliedbewegung (Thom. Percy, Reliques of ancient Engl, poetry 1765) hat nirgends die Kunstdichtung so befruchtet wie in Deutschland. Nebenher ging die Begeisterung für die durch James Macpherson erdichteten Gesänge des Ossian (1760), den Herder und seine deutschen Zeitgenossen als großen Volksdichter, als nordischen Homer verehrten. Unter die Väter der neuen Ideenwelt gehört noch der aus der vorigen Generation stammende Osnabrücker Justus M o s e r (1720 bis 94), Verfasser der auf reinste Weise bodenständigen, deutsch-konservativen Patriotischen Phantasien (1775) und der trefflichsten Entgegnung {Über die deutsche Sprache und Literatur 1781) auf des großen Friedrich verständnislose Schrift De la Littérature allemande (1780). Die Dichtung wurde jetzt bestimmt durch den Willen zu lebensunmittelbarem Ausdruck, wurde nach dem Vorbild des vor allen verehrten Klopstock Beichte, Bekenntnis der Freuden und Leiden des dichterischen Ich. Auf Wahrheit kam es ihr weit mehr an als auf Gefälligkeit, auf das Bezeichnende mehr als auf Schönheit, auf Fülle des Lebens mehr als auf Klarheit, auf kraftvollen Rhythmus der Abfolge mehr als auf übersichtliche Gliederung. Der so lange übermächtige Einfluß französischer Kultur und Literatur war damit überwunden, einer eigenwüchsigen Dichtung, national-deutsch in Gehalt und Stil, die Bahn gebrochen. 2. D e r s ü d w e s t d e u t s c h e K r e i s . Joh. Wolfgang G o e t h e (geb. Frankfurt a. M. 28. 8. 1749, gest. Weimar 22. 3. 1832) hatte während der Leipziger Studienjahre sich in Alexandrinerdramen (Die Laune des Verliebten, Die Mitschuldigen) und in anakreontischen Liebesgedich-

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ten (Liederbach Anette, Leipziger Liederbuch 1770) als gewandter Schüler des deutschen Rokoko gezeigt. Herder wurde sein Erwecker. D i e nun entstehenden Gedichte zeigten die neue, am Volkslied entfaltete Art des natürlichen Erlebnisliedes und den Stil begeisterter Hymnik, für die Klopstock und Pindar Vorbild waren. Das erste Drama aus dem neuen Geist, Götz von Berlichingen (1773, 1. Fassung: Geschichte Gottfriedens von Berlichingen 1771), ein „Denkmal aus unsern Ritterzeiten in unsrer Sprache", stellte der unkräftigen Gegenwart eine urwüchsige Persönlichkeit als Muster deutschen Charakters vor Augen, die vergebens ihr Naturrecht auf Freiheit im Dasein und im Handeln einer schlimmen Zeit gegenüber zu behaupten sucht. Mit diesem Drama war die neue, an Shakespeare entwickelte, deutsche Dramenform verwirklicht: ein Drama von epischer Grundform, der lockeren Bilderfolge und Ereignisfülle. Vorangegangen war Heinr. Wilh. v. Gerstenberg, Wegbereiter des unbedingten Shakespeare-Kultes, mit seiner Tragödie Ugolino (1768). Ein Prometheus-Drama, das den aufständischen Geist eines titanischen Individualismus darstellen sollte, hat Goethe nicht zu vollenden vermocht. Als Ausdruck wachsender Freiheit im Verhältnis zu den Mitmenschen und den Zeitgenossen, Zeugnis auch der kritischen Absonderung vom Geniewesen, entstand eine Reihe von derb-lustigen Farcen und Satiren (Fastnachtsspiel vom Pater Brey, Satyros). Ihr Sprach- und Versstil stammt von Hans Sachs ab, sie brachten den Knittelvers wieder zu literarischen Ehren. Das bürgerliche Trauerspiel Clavigo (1774) stellt in zeitgenössischem Stoff die Problematik des Anspruchs des genialischen Selbstgefühls auf eine Ausnahmesittlichkeit dar. Auch Stella (1776) spricht von der Not des jungen Genies, das von seinem unruhigen, leidenschaftlichen Gefühl überwältigt wird. Beide Dramen gehören der empfindsamen Lebensform an, die damals in eine gefährliche Endkrise trat. Weil er mit unerhörter Unmittelbarkeit und Sprachgewalt das selig-unselige Dasein dieser bedrohten Jugend beispielhaft darstellte und ausdrückte, machte

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Goethes erster Roman Die Leiden des jungen Werthers (1774) in Deutschland, in ganz E u r o p a einen ungeheuren Eindruck. In der unmittelbarsten, der Form eines monologischen Briefromans erzählt der Dichter die traurige Geschichte eines jungen Menschen, den die krankhaft gesteigerte Artung der Zeit, die Empfindsamkeit, zerstört. An der Fülle, am Reichtum seines Herzens geht der Gute, E d l e zugrunde, in ungestillter Liebe einsam verbrennend und, nach der Beschaffenheit damaliger Gesellschaftsordnung, als Bürger von aller Möglichkeit ausgeschlossen, durch eine Tätigkeit zu gesunden, die seinem hochgespannten Wollen hätte genugtun können. D i e Kunst, mit der hier seelische Vorgänge erfaßt und dargestellt werden, will der heilenden Wirkung dienen, um die es Goethe mit diesem unlehrhaften Zeitroman zu tun war: „Ich will sie darstellen, sie sollen sich erkennen". D e m aktivistischen Temperament der aufbrechenden Jugend entsprach am besten die dramatische Naturform der Dichtung, die den Menschen als handelndes Wesen zeigt. D e r fruchtbarste Dramendichter des südwestdeutschen Kreises war der dem Frankfurter Kleinbürgertum entstammende Friedr. Maximilian K l i n g e r ( 1 7 5 2 - 1 8 3 1 ) . E r lebte in steter Spannung zwischen Gefühlssturm und leidenschaftlichem sittlichen Wollen. Seine Stücke überbieten alle zeitgenössischen an Buntheit und Freiheit der Form, an Wucht des Gefühlsausdrucks und an Überspanntheit der Charaktere. Shakespeare mußte auch hier als Freibrief für diese Ausartungen dienen. D i e Handlung, wirr und heftig, stellt gewöhnlich das Leben als schicksalsdunkle Verstrickung dar. Klingers Otto (1775) ist das erste der vom Götz hervorgerufenen deutschen Ritterstücke. Das leidende Weib (1775), Die Zwillinge (1776), Simsone Grisaldo (1776), Sturm und Drang (1776) zeigen Gestalten, die im Drang der Leidenschaften schwanken, fallen, oder verzückte Kraftnaturen, große „Kerle", beherrscht von dem „unbedingten Streben, alle Begrenzungen zu durchbrechen" (Goethe). Später, als Offizier in Rußland lebend, hat Klinger Medea-Dramen geschrieben

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(1787) und eine Reihe von kulturphilosophischen Romanen (Fausts Leben 1791, u. a.), mit denen er dem skeptischen Rationalismus des vorhergehenden Zeitalters sich wieder annäherte. Zur gleichen Zeit mit Goethe, aber erst später mit ihm bekannt, lebte in Straßburg der Livländer Jakob M. R. L e n z (1751-92). Seine unsystematischen Anmerkungen übers Theater (1774) waren die einzige theoretische Rechtfertigung des ernsten Charakterdramas in Shakespeares regelloser Gestalt, die aus der jungen Generation hervorging. D i e tiefe Zwiespältigkeit, von der das wirre Leben dieses „forcierten Talents" beherrscht war, spiegelt sich in seiner bekennerischen Lyrik, aber stärker noch in seiner dramatischen Dichtung. Diese Dramen ( D e r Hofmeister 1774, Der neue Menoza 1114, Der Engländer 1777), die Lenz nach dem Vorbild des Plautus (Lustspiele nach d. Plautus 1774) „Komödien" nannte, sind reich an kritischen Sittenbildern. So verzerrt und absonderlich Lenz oft gestaltet, er verfolgt mit zähem Ernst seinen moralischen Zweck: Bekämpfung des Lasters. Aber selbst ein so lebendiges Zeitstück wie Die Soldaten (1776) wird durch gedankliche Absonderlichkeiten entstellt, in die dieser krankhafte Geist immer wieder verfiel. Dies Stück begründet innerhalb des bürgerlichen Dramas die Spielart des Ständedramas. Hier tritt zum erstenmal soziale Umwelt mit Schicksalsgewalt auf als die Macht, von der das Leben der gesellschaftlich gebundenen Menschen beherrscht wird. Der gleiche Konflikt zwischen Liebe und Gesellschaftsordnung wird in des Straßburgers Heinr. Leop. W a g n e r (1747 bis 79) Trauerspiel Die Kindermörderin (1776) dargestellt. An sprachlicher Wirklichkeitstreue und Theaterwirkung übertraf es alle zeitgenössischen Gesellschaftsstücke. Durch Stammesart, nicht durch Lebensgemeinschaft gehörte auch der Pfälzer Friedr. M ü l l e r (1749-1825) der südwestdeutschen Gruppe zu. E r selbst hielt von seiner bildnerischen Begabung mehr und nannte sich darum als Dichter „Maler Müller". Seine Pfälzer Idyllen sind urwüchsige Bauerngeschichten, lebenswahr im Ausdruck, bieder in der Ge-

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sinnung. Mit dramatischen Versuchen kam Müller in Ton und Bild, Stoff und Stimmung der Volksdichtung nahe, die er über alles liebte. Aber weder sein Faust-Drama (.Fausts Leben 1778), das mitShakespeare wetteifern wollte, noch die Dramatisierung des Volksbuches von der hl. Genoveva vermochte die ungebändigte Genialität des Phantasiereichen zu einem dramatischen Ganzen zu runden. Der »um Goethe sich sammelnden Gruppe gehörte durch Teilnahme oder Mitwirkung eine Reihe von Schriftstellern an, die in den Landen um den Rhein lebten. Joh. Heinr. M e r c k (1741-91), Goethes Darmstädter Freund, machte die Frankfurter Gelehrten Anzeigen zum Werkzeuge der neuen kritischen Grundsätze. In den Büchern, in denen der aus dem ärmsten Volk stammende Heinr. J u n g - S t i l l i n g (1740-1817) sein Leben darstellte als wunderbare Führung durch den väterlichen Gott (H. Stillings Jugend, 1777, H. Stillings Jünglings-Jahre 1778, H. Stillings Wanderschaft 1778 u. a.), kam die unterliterarische Schicht des pietistischen Bürgertums zu Wort. Bei Düsseldorf lebte Friedr. Heinr. J a c o b i (1743-1819), entschiedener Gegner von Spinozas Lehre, selber Christ nach der pietistischen Art und Anhänger des Leibniz. Sein philosophisch-religiöses Programm, das auf einen Ausgleich von subjektiver Gefühls-Gewißheit und objektiver Norm hinauslief und hinter Kants Erkenntnislehre zurückging, sprach er auch in Romanen aus ( A l l w i l l 1775, Woldemar 1777). In Düsseldorf war damals auch der Thüringer Wilh. H e i n s e (1746-1803), neben Winckelmann der erste Kunstschriftsteller seiner Zeit und neben Goethe der bedeutendste Romandichter des Sturm und Drang. Antik-heidnische Sinnlichkeit, ästhetische wie erotische und Rousseauscher Widerwille gegen gesellschaftliche Lebensdressur waren in keinem andern Deutschen des 18. Jahrhunderts so ursprüngliche und echte Wirklichkeit. Leben in Schönheit, Fülle und dionysischer Freiheit, unverwirrt durch Moralismus, schildern seine Romane, am schönsten der Ardinghello (1787). Hier wird zum erstenmal die italieni-

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sehe Renaissance als ein Zeitalter des ästhetischen Herrenmenschentums verstanden und geschildert. 3. D e r H a i n b u n d . Die südwestdeutsche Gruppe hatte außer Goethe keinen Lyriker von Bedeutung. D i e L y r i k wuchs breit heran in einem Kreis junger Akademiker, die, aus den nord- und süddeutschen Landschaften kommend, an der Göttinger Universität zusammentrafen. 1772 bildete sich unter empfindsamen Umständen ein literarischer Freundschaftsbund mit schwärmerischen Gesellschaftssitten, dem man nach dem Ort der ersten Feier und in Anlehnung an Klopstocks Ode Der Hügel und der Hain den altertümlichen Namen „Hain" gab. Oder man sagte „Bund". Der Name Hainbund ist erst später aufgekommen. Zwei Jahre lang (1772-74) bestand der Bund, zu dem Joh. Mart. Miller, Frd. Hahn, Hölty, Voß, Boie, Bürger, die beiden Grafen Stolberg, Leisewitz u. a. gehörten. In diesem Kreis gab sich zum erstenmal in bürgerlicher Zeit revolutionäre Gesinnung kund, ohne daß daraus schon irgendeine Art von aktivistischem Programm oder politischer Verschwörung hätte werden können. Der Geist dieser Jugendgruppe richtete sich im Politischen auf allgemeine Ideale wie Freiheit und Brüderlichkeit, im Gesellschaftlichen gegen den junkerlichen und landesfürstlichen Feudalismus. Wie in Klopstocks Bardendichtung war hier das Wunschbild einer durch kraftvolle Freiheitlichkeit und biedermännische Tugend bestimmten Deutschheit lebendig, das sich auf die Kunde von der Trefflichkeit und dem Heldentum der germanischen Ahnen gründete. Wenn diese Regungen auch über die edle Wallung und das dichterische Wort nicht hinausgelangten, so gab sich doch hier ein lauterer Freiheitssinn mit ausgesprochen nationaler Bestimmtheit als Gesinnung einer Elite zuerst kund. Über Schillers Idealismus wächst sie weiter zum Geist von 1813 und dem der burschenschaftlichen Bewegung. Dichterische Bedeutung hatte der Bund vor allem durch seine Lieddichtung. Seine einfachen, herzlichen Verse nach der Weise des wiedergewonnenen Volkslieds sind in großer Zahl lebendiger Besitz des unvergleichlichen Lie-

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derschatzes geworden und geblieben, der Gemeingut aller Schichten des deutschen Volkes war und ist. Den Hainbunddichtern, Goethe und den Romantikern dankt es das deutsche Lied, daß es so rein und reich sich entfaltet hat. In diesem Kreis waren Hölty und Voß die begabtesten Dichter. In sanft fließenden Liedern und elegisch gedämpften Oden hat Ludw. Christ. Heinr. H ö l t y (1748-76) die zarte, träumerische und gern wehmütige Innigkeit seines Wesens am schönsten ausgesprochen. Neben dem Volkslied schätzten die Göttinger auch den wiederentdeckten altdeutschen Minnesang als Muster einfältiger dichterischer Schönheit. Den alten Liebesgedichten entnahm man manches verschollene Wort. Der niederdeutsch-herbe Joh. Heinr. V o ß (1751-1826), ein Nachfahre des Rationalismus, war als Dichter am tüchtigsten in naturkräftigen Idyllen, die zusammen mit denen des Maler Müller die Schäfermaskerade des gesellschaftlichen Rokoko verdrängten. Theokrit war auch ihm das klassische Muster. Diese Hexametergedichte gaben mit einer bisher unbekannten Anschaulichkeit und Treue das Leben norddeutscher Bauern wieder. Eine Idylle ist auch sein bürgerliches E p o s Luise (1784), das das ländliche Pfarrerdasein verklärend schildert. Voß war, wie Ramler, ein gelehrter Kenner antiker Metrik. Durch seine Übersetzungen sind die Homerischen Epen (Odyssee 1781, Utas 1793) erst Besitz des Deutschen geworden. Von den Grafen Stolberg hat nur Friedrich Leopold (1750-1819) als Lyriker dichterischen Rang. Den ganzen Raum zwischen der antikisierenden Kunstlyrik und der neuen, am Volkslied gebildeten schlichten Liedweise füllte die Hainbunddichtung aus. Ihre Gedichte erschienen zunächst im Göttinger Musenalmanach (von 1770 ab), den Heinr. Christ. Boie nach dem Muster des französischen Almanac des Muses begründet hatte, und der rasch eine literarische Macht in Deutschland wurde. Eine Frucht der Volksliederbewegung ist auch die Schöpfung der Kunstballade durch Gottfr. Aug. B ü r g e r (1747-94). Bürger, eines der urwüchsigen Beginnertalente, wie sie in

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der Geniezeit heraufkamen, gab mit seiner Lenore (1773) der neuen Gattung volkstümlicher Balladendichtung ein Muster, das er selbst nicht mehr zu übertreffen vermochte. Auch seine Erneuerung des deutschen Sonetts begründete eine wichtige Gattung, und hier ist Bürger am reinsten Dichter. Der einzige Roman von Bedeutung, der aus dem Bund hervorging, war der Siegwart (1776) des Schwaben Joh. Martin Miller, eine tränenreiche Empfindsamkeitsorgie. Der einzige Dramatiker des Bundes blieb Joh. Ant. Leisewitz, dessen durch Lessings Technik bestimmter Julius v. Tarent (1776) inhaltlich die übliche Mischung von Sentimentalität und rationalistischer Gedanklichkeit zeigt. Der Bund hatte auch auswärtige Mitglieder oder Freunde, wie den Halberstädter Leop. Friedr. Göcking ( L i e d e r zweier Liebenden 1777). D a war aber vor allem Matthias C l a u d i u s (1740-1815), der als Schriftleiter des Wandsbecker Boten in Hamburg lebte. Neben Goethe hat dieser fromme, schlichte Mann und große Lyriker den Ton des Herzens, den dichterischen Ausdruck einfacher, tiefer Gefühle, den man am Volkslied wieder gelernt hatte, am vollkommensten getroffen. Sein Abendlied wird immer ein kostbares Beispiel dafür sein, daß große Kunst und volksmäßige Einfachheit, durchseelte Humanität und ursprüngliche Gefühlskraft im deutschen Dichter Eines zu sein vermögen. 4. D i e s c h w ä b i s c h e G r u p p e . Schwaben hatte als protestantische Landschaft im katholischen Süden abgeschlossen dahingelebt, in seiner Kultur länger als das übrige Deutschland durch Theologen bestimmt. Christ. S c h u b a r t (1739-1791) war hier der erste Parteigänger der jungen Bewegung. Ein begabter, aber unstäter Mann, ein feiner Musiker, der als Dichter sein Bestes in volksmäßigen Liedern und in scharfen politischen Gedichten gegeben hat. E r wurde auch der erste politische Märtyrer unter den Poeten des deutschen Bürgertums; die mutigen Artikel seiner Zeitschrift Deutsche Chronik (1774/77) trugen ihm 10 Jahre Haft auf dem Hohenasperg ein. An seine Stelle trat der noch unbedenklichere Wilh. Ludw.

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Wekherlin mit seinen Zeitschriften Chronologen (1779/81) und Das graue Ungeheuer (1784/87). Der harte Despotismus des Herzogs Karl Eugen machte, daß grade die Jugend des begabten Schwabenstammes politischer wurde als die der andern deutschen Länder. So war auch der junge Friedr. S c h i l l e r (geb. Marbach 10. 11. 1759, gest. Weimar 9. 5. 1805) in seinen ersten Dichtungen von politischen Leidenschaften und Ideen ungleich stärker bestimmt als die Hainbündler. Die Gedichte der Anthologie auf das ]ahr 1782 zeigten, in welchen ungeheuren Spannungen dieses gärende Genie lebte. Da werden alle Töne der deutschen Lyrik von Klopstock bis zu den Hainbündlern versucht. Ein charakteristisches Gesicht aber gab der Sammlung die verwirrende Mischung des Gehalts. Neben Rousseauscher Naturschwärmerei findet sich „platonischer Schwulst", der den kommenden philosophischen Dichter ankündet, physiologischer Sensualismus, der den jungen Mediziner verrät, und vor allem eine rebellische Lebenskraft, die dramatische Grundbegabung verbürgt. Es gab im gesamten Sturm und Drang keine Dichtung, durch' die jede Art von empfindsamer Süßlichkeit und deutsch-bürgerlicher Bravheit derart herausgefordert wurde. Von der gleichen Art war auch Schillers erstes Schauspiel Die Räuber (1781), empörten Ausbruch einer heldischen Natur ausdrückend, der die Wirklichkeit des Lebens bisher nur als unerträglicher Zwang begegnet war. Der Held ist ein „edler Verbrecher", ein groß veranlagter, unbändiger Mensch, durch das entartete Zeitalter zum Rebellen gegen die Gesellschaft, zum Führer einer Bande von „Libertinern, nachher Banditen" gemacht. Dies Drama wie die folgenden kündete eine Theaterphantasie an, die zwar zum Maßlosen, Unförmigen, Grausamen neigte, aber damals wie später in Deutschland nicht ihresgleichen fand. Die Räuber hatten denn auch einen beispiellosen Erfolg (Erstaufführung Mannheim 13.1.1782), der sich mit dem des Werther messen konnte. Nach Schillers Flucht aus der Stuttgarter Sklaverei entstand das politische Trauerspiel Die Verschwörung des Fiesko (1783). Der aristokratische

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Held wird zum Revolutionär, um die republikanische Freiheit gegen eine verrottete Diktatur zu schützen. Aber der von Natur zum Herrscher Bestimmte muß fallen der republikanischen Idee zuliebe: weil er sich unter dem Handeln in einen Liebhaber der Macht verwandelt und so die Freiheit verrät. Kabale und Liebe (1784) ist Schillers einziges bürgerliches Trauerspiel und zugleich das am meisten kämpferische Beispiel dieser Gattung, die einem gesellschaftlichen Umbildungsvorgang zugehört. Aus dem übergreifenden Gegensatz zwischen der korrupten Feudalschicht und dem biederen Bürgertum, das für handelnde Empörung zu kraftlos und zu ergeben ist, aus einem ständisch bedingten moralischen Gegensatz also stammt die tragische Spannung, aus welcher der Blitz des Schicksals zuckt. Der edle junge Mann aus der Hofgesellschaft und das einfache Bürgermädchen, die der Naturgewalt des Herzens sich überlassen - in diesen Gestalten empört sich das ständische Selbstgefühl des deutschen Bürgers im Namen der Moral gegen die Macht der lasterhaften Aristokratie, das Recht der heiligen Natur gegen die von der Kultur gesetzte vergängliche Ordnung, der unverletzliche Anspruch der „Menschheit" gegen die „Mode". So wirksam das Nebeneinander von realistischer Sittenschilderung und idealistischer Verklärung der Liebenden auf dem Theater ist: die tatsächliche Ohnmacht und Untätigkeit der Partei des höheren Rechts macht einen eigentlich handelnden Zusammenstoß der Mächte unmöglich, und so auch eigentliche Tragik. Aber dies war in deutscher Sprache das erste politische Tendenzdrama, wie denn Schillers Mannheimer Vortrag über Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet (1784) dem Theater eine politische Sendung in der Zeit zuwies. Es war die Art des Dichters, der darin zugleich echter Sohn der deutschen Bürgerkultur des 18. Jahrhunderts war, diese politische Aufgabe als eine allgemein moralische aufzufassen: Laster und Tugend, Freiheit und Schicksalszwang heißen die tragischen Gegensätze. Hier schon kündet sich das idealistische Ideendrama an, das Schillers eigenste Leistung wurde. Auf den neuen

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Dramentypus zielt zuerst Don Carlos, Infant von Spanien (1787). An der besonderen Begebenheit, in der Geschichtswirklichkeit wird ein Allgemeines und Überwirkliches sichtbar: die Idee der Freiheit und eines neuen Menschentums, das sittlich auf diese Idee ausgerichtet ist. Schillers großes Anliegen ist die Verkündigung der Idee eines neuen Menschen, der sich aus dem Vermögen freier Selbstbestimmung zu sittlicher Vollendung steigert. In der Anlage des Menschen zu solcher Selbstvollendung sieht Schiller das eigentlich Göttliche. - Seit 1789 lebte Schiller in Jena, zunächst als Professor der Geschichte und in geschichtlichen Darstellungen sich versuchend (Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande 1788; Geschichte des 30jährigen Krieges 1791/13), seit 1797 in Weimar. Eine Reihe von Zeitschriften gab er in diesen Jahren heraus: Thalia 1787 bis 91, Neue Thalia 1792/93, Die Hören 1795/97. Während der Jenaer Jahre (von 1792 ab) beschäftigte ihn das Studium von Kants Philosophie aufs innigste. In der Auseinandersetzung mit ihr entwickelte Schiller seine eigene ästhetische Lehre, die zugleich zur Grundlage seiner klassischen Dramen wurde. 5. M i t - u n d N a c h l ä u f e r . D i e neue Theaterblüte, die im bürgerlichen Deutschland sich entwickelte, brachte es mit sich, daß neben den dramatischen Genien auch bescheidene Talente sich tüchtig regten. Sie halfen mit, das Repertoire der deutschen Bühne vom Ausland unabhängig zu machen. D i e beiden größten deutschen Schauspieler des Jahrhunderts waren zugleich Autoren solcher publikumsgemäßen Schauspiele. Friedr. Ludw. S c h r ö d e r (1744 bis 1816) lieferte ernste und vor allem lustige Stücke, die meist nach ausländischen Dramen gearbeitet waren. Aug. Wilh. I f f l a n d s (1759

bis 1814) Stücke (Die

Jäger

1785, Die

Hagestolzen

Bernauerin

1780)

1793 u. a.)

schilderten im realistischen Stil des bürgerlichen Dramas deutsche Familienverhältnisse. Während diese Dramen Nachkommen der Rührkomödie und des bürgerlichen Schauspiels waren, schloß sich an den Götz eine deutsche Spielart an, das Ritterdrama. D a s war dramatisierende vaterländische Geschichte, die Helden kreuzbrave Biedermänner in Ritterrüstung (J. M. Babo, Otto v, Wittelsbacb

1782, J. A. v. Törring, Agnes

Unter den Lyrikern, die den Stil der Göttinger fortsetzten, brachte es Friedr, M a t t h i s s o n (1761—1831) zu großer Beliebt-

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Das Zeitalter des Idealismus

heit. Seine sanften, wehmütigen Töne und milden Empfindungen, die verschönernden Naturbilder, die einfache Form, alle diese gefälligen Eigenschaften verschafften seinen Liedern beim Publikum leichten Eingang. In die Nähe von Höltys Elegik gehört der Schweizer Joh. Gaudenz v. Salis-Sewis. — In Theod. Gottl. v. H i p p e l s umfangreichem Roman Lebensläufe nach aufsteigender Linie (1778 bis 81) verbinden sich empfindsame Züge mit der philosophischen Lehrhaftigkeit des Rationalismus, pietistische Seelenfeinheit mit scharfer Satire. In der humoristischen Haltung kam unter den deutschen Romanen dies Werk vor Jean Paul dem großen Engländer Lawrence Sterne am nächsten. Als seelengeschichtliches Zeugnis mehr denn als Dichtwerk hat die Geschichte hohe Bedeutung, die Karl Phil. M o r i t z (1757—93) unter dem Titel Anton Reiser (1785/90) veröffentlichte und einen psychologischen Roman nannte. Dies Buch, ein letztes Stück der aus dem Pietismus stammenden und nun aussterbenden autobiographischen Erzählungen, will die innere Geschichte des Menschen schildern, die einzelnen Regungen, mit denen der Heranwachsende auf die Erfahrungen eines schweren Lebens antwortet.

Die Klassik 1. G r u n d z ü g e . Auf den heftigen Durchbruch irrationaler Kräfte und naturalistischer Lebenshaltungen im Sturm und Drang folgte eine zweite Phase der „deutschen Bewegung", in der die das Jahrhundert durchziehenden mächtigen Ströme des aufsteigenden deutschen Lebens erst voll sich entfalteten. In diesem Sinne ist die Klassik eine Synthese von Aufklärung und Sturm und Drang. Der philosophische Vertreter dieser Richtung war Immanuel K a n t (1724-1804). Er entstammte dem Aufklärungsdenken; aber wenn die Methode seiner kritischen Philosophie aus der Methode der mathematischen Naturwissenschaft entwickelt war, so diente sie dazu, die Grenzen des Naturreichs und die Zuständigkeit des Wissens festzulegen. Dem Menschen sicherte sie das Reich der Freiheit, des Sittlichen, für das der Glaube zuständig ist. Die Unterscheidung der beiden Welten, der Sinnenwelt und der intelligiblen, wurde die Grundlage der weiteren Entwicklung in allen drei Gebieten, auf die sich Kants Hauptwerke bezogen: der Lehre von der Gesetzlichkeit der Erkennt-

Die

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Klassik

nis (Kritik der reinen Vernunft 1781), der Ethik (Kritik der praktischen Vernunft 1788), der Ästhetik ( K r i t i k der Urteilskraft 1790). Ohne unmittelbaren Zusammenhang mit Kants Lehre, die ihm wegen ihrer Haltung dem Naturhaften gegenüber immer fremd blieb, aus der Gesetzmäßigkeit seiner individuellen Entwicklung heraus vollzog sich in Goethe eine gleichgeartete Abkehr von der Natur- und Gefühlsvergötterung des Sturm und Drang. An die Stelle trat das Lebens- und Kunstideal geistmächtiger Bändigung, Formung, Normung. Die großen objektiven Mächte: das Sittliche, die Gemeinschaft, die Kultur gingen ihm auf und zwangen zu tätiger Anerkennung. Die Natur begriff Goethe nun als ein großartig geordnetes und abgestuftes Reich, in dem es weder Willkür noch Gewalt gibt. Daraus ergab sich ein überpersönliches, verpflichtendes Kunstideal: die Idee der Schönheit, die sinnliche und sittliche, natürliche und geistige Vollkommenheit zugleich umfaßt. Die Freiheitswut der Geniezeit erschien nun als Ausdruck von Zuchtlosigkeit und Unreife. Die sich selbst beschränkende, formende Kraft, die Vereinigung von Trieb und Geist, von Freiheit und Gesetz in einer gebildeten Persönlichkeit - die Vorstellung von ganzheitlicher Harmonie, das war ein sittliches und ästhetisches Ideal zugleich und darum so fruchtbar für den Gehalt der klassischen Dichtung wie für ihren Stil. Wilh. v. H u m b o l d t (1767-1835) hat dies Ideal menschlicher Selbstvollendung durch harmonische Bildung, das neue Humanitätsideal, am klarsten ausgesprochen. Vorbild für solches Wollen, Zeuge der Möglichkeit solcher Vollendung war ihm, wie den andern deutschen Neuhumanisten, die Antike, vor allem die griechische Antike, die nun als Mutter der gesamten alten Mittelmeerkultur größer und wichtiger erschien als die bisher im Vordergrund stehende römische. Johann W i n c k e l m a n n (1717-68) gab dem Griechenkult Begriff und Anschauung, er schuf den Griechenmythus, der die Entfaltung der deutschen Klassik befeuerte. Seine noch in Dresden entstandenen Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und BildV i e t o r , Deutsches P i c h t e n u. Denken,

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D a s Zeitalter des Idealismus

hauerkunst (1755) begriffen den Stil der griechischen Kunst als Ausdruck einer inneren Haltung der „edlen Einfalt und stillen Größe". Winckelmann lehrte, der moderne Künstler könne nur in der Schule der Griechen zu der Größe, Stille und Schönheit gelangen, die dem Zeitalter fehlte. Winckelmanns Hauptwerk, die in Rom entstandene Geschichte der Kunst des Altertums (1764) enthielt die allgemeinen Grundsätze der klassischen Kunstlehre. ' Die deutschen Maler und Dichter lernten in der hellenischen Antike das antwortende Gegenbild ihres Willens zum Ausdruck ruhiger Größe und zu einer mit der Natur wetteifernden Kunstwahrheit zu sehen. Im kulturphilosophischen Denken des Idealismus, bei Humboldt, Schiller, Hölderlin, wird der einzigartige Wert des Griechen in seiner unbewußten Einheit von Natur und Vernunft, Sinnlichkeit und Geist gesehen. Der Deutsche aber, nicht niedergedrückt, sondern angefeuert durch das große Vorbild, soll griechische Vollkommenheit zu der größeren Reife und Freiheitlichkeit seiner seelisch-sittlichen Kultur hinzugewinnen und so zu höchster Bildung, vollster Menschlichkeit sich steigern. Nach Winckelmanns Schriften wurden die des Malers Raphael Mengs und von K. Ph. Moritz (Über die bildende Nachahmung des Schönen 1788) wichtig für die klassische Kunstlehre. Allheit, Ganzheit, Harmonie, Schönheit, Norm, Bändigung, Ruhe, Maß, Größe, Steigerung und Vollendung sind ihre Hauptbegriffe. 2. D i e W e i m a r e r K l a s s i k . G o e t h e . Die Erfahrungen der italienischen Reise (1786-88) vollendeten für Goethe die Wandlung zum neuen Kunst- und Lebensideal. Aber die Keime und die Wachstumskräfte dieser Wandlung entstammen der deutschen Geisteswelt und der Gesetzlichkeit von Goethes persönlicher Entwicklung. Die großen klassischen Dramen reiften in Italien aus, doch waren sie schon vorher entworfen und zum Teil ausgearbeitet. Auch der noch in Frankfurt begönne Egmont (1788) wurde erst in Italien vollendet, ein geschlosseneres Charakterdrama als der Götz, aber noch nicht im klassischen Vers- und Baustil, D e r Held verkörpert in Haltung

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D i e Klassik

und Wort das sieghafte Lebensgefühl Goethes im Übergang vom Jugendtitanismus zu männlicher Gelassenheit und Zucht. Auch die Schicksalsmacht des Dämonischen wird gläubig bejaht, das tragische Ende in der Haltung eines völlig unpathetischen Heldentums bestanden. Für Iphigenie auf Tauris (1787) fand Goethe erst in Italien, im Anblick der Größe antiker Kunst, die hohe, reine Sprache und Gestalt, die dem Gehalt dieser ersten Dichtung strenger Klassizität gemäß war. Euripides wurde hier ins Modern-Humanitäre übertragen, aus dem unerbittlichen antiken Schicksalsmythus in ein lyrisches Spiel von der wunderbaren Macht lauterer Innerlichkeit und unvergleichlicher Sprachkunst umgeschaffen. Der reine Mensch überwindet gewaltlos, durch seine Hoheit und seinen Glauben das Schicksal, das nicht als objektives Verhängnis, sondern als innerliche Unrast, als seelisch-sittliche Verstrickung erscheint. Das Ideal der schönen Seele, die aus dem Gefühl heraus recht handelt und keines Gesetzeszwangs bedarf, ist in Iphigenie dargestellt; sie verkündet und verherrlicht die Idee höchster Humanität aus sittlicher Selbstvollendung. Diese humanitäre Heilige ist nichts als Seele und Sittlichkeit; dem Reich der Natur und der Notwendigkeit scheint sie nicht anzugehören. Goethe hat das Stück später selbst „ganz verteufelt human" genannt. D i e erste und einzige echte Tragödie Goethes ist Torquato Tasso (1790). Titanische Unbedingtheit, der Wille zu vollkommener Freiheit - dies dem schöpferischen Menschen, dem großen Künstler notwendige Bedürfnis, hier bis zur Grenze des Krankhaften gesteigert, stößt zusammen mit den ebenso notwendigen Forderungen einer Gemeinschaft, die auf Einordnung und Entsagung gegründet ist. Aber wenn das Genie auch unterliegt, es wird der Gemeinschaft immer notwendig sein, soll ihr Dasein über die Ebene des Nutzens hinauswachsen. Richtige Gemeinschaft, die Welt der großen, ewigen Lebensordnungen zeigt und rühmt das Versepos Hermann und Dorothea (1798). D i e gute Art bodenständigen deutschen Bürgertums wird hier verherrlicht, an der aktuellen Begebenheit die überzeit4*

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liehen Werte mittlerer Gemeinschaftskultur aufgezeigt. Die großen Zeitschicksale, durch die französische Revolution heraufgeführt, spielen in die kleinen Begebenheiten deutscher Provinzbürger hinein; aber hier, wie in den Revolutionsdramen Goethes (Der Groß-Cophta 1792, Der Bürgergeneral 1793, Die Au!geregten, Das Mädchen von Oberkirch), handelt es sich nicht um Politik oder Geschichte, sondern um den Einzelnen und sein Geschick in der großen Zeitkatastrophe. Am reinsten kam das in dem Trauerspiel Die natürliche Tochter (1803) zur Darstellung: ein reines und edles Mädchen gerät schuldlos in das Unwetter der Revolution; Opfermut und heldischer Einsatz vermögen den tragischen Untergang nicht zu hindern in solchen Zeiten der besinnungslosen Gewalt und des blinden Radikalismus, die für Goethe ohne Sinn und Größe sind. Hier gelangt Goethes klassischer Dramenstil zu fast abstrakter Reinheit und an qin Ende. - Goethes klassische Lyrik gipfelt in Liedern, die an Geist und Kunst ebenso reich sind wie groß durch das, was höher ist als Vernunft (Wanderers Nachtlied, An den Mond, die Mignon- und Harfnerlieder), in mythischen Balladen (Erlkönig, Der Fischer) und hymnischen Gedichten (Harzreise im Winter, Grenzen der Menschheit, Gesang der Geister über den Wassern, Meine Göttin, Das Göttliche), in denen Ideen und Mächte der Humanitätshaltung feiernd verkündet werden. Ausdruck der neuen Freiheit dem Natürlichen und Sinnlichen gegenüber, wie Goethe sie in Italien gewonnen hatte und seitdem bewahrte, auch Niederschlag italienischer und Weimarer Erlebnisse, waren die Römischen Elegien. Die mit mancherlei Polemik durchsetzten Venetianischen Epigramme sind eine Frucht von Goethes zweiter italienischer Reise (1790). Aber nicht diese aufklärerischen Bosheiten enthalten Goethes damalige Anschauung über Wert und Unwert des Christentums in reiner Form, sondern das Fragment eines allegorischen Epos Die Geheimnisse. Das für das Zeitalter wichtigste, das für Goethes klassische Dichtung bezeichnendste Werk wurde der Bil-

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dungsroman Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795/96). Die schon in der ersten Weimarer Zeit begonnene, von Goethe verworfene erste Fassung Wilhelm Meisters theatralische Sendung erzählt nur die Jugendgeschichte des Helden und seine Theaterzeit. Die Grundidee scheint schon darin zu stecken. Der Held, ein begabter Bürgerssohn, sieht sich mit seinem idealen Streben zunächst auf die Theaterwelt als die einzige Möglichkeit zu großem Wirken für die Nation verwiesen. Aber in dieser Welt des Scheins und der Lebensromantik vermag er seinem Willen, der auf die Entfaltung aller seiner Anlagen gerichtet ist, seinem Ideal organischer Bildung nicht genug zu tun. Durch mancherlei andere Welten und Werte gelangt er durch Irrtum und Schuld hindurch zu einer Abrundung und Reife, die ihn nicht abschließt, sondern, indem sie ihn in den freien Besitz seiner wesentlichen Kräfte setzt, dem lebendigen Wirken in der Welt erst aufschließt. Das klassische Lebensideal will die auf Entsagung und Selbstbeschränkung gegründete Ausbildung der Individualität, die aber zugleich auf Gemeinschaft, Gesellschaft verwiesen ist. Denn keiner vermag als einzelner die Idee menschlicher Ganzheit zu verwirklichen. „Nur alle Menschen machen die Menschheit aus." Die Gemeinschaft, in die Wilhelms Entwicklung mündet, ist ein Kreis erlesener Menschen, von denen jeder auf seine Art deutscher Bürger im Reich schöner Menschlichkeit ist. Über das Bildungsthema und das Gedankengut hinaus ist das Buch so reich an Romanhaftem, an dichterischen Gestalten, Motiven, Klängen, daß es dem Zeitgenossen, auch den gerade hervortretenden Romantikern, ein Grundbuch moderner Dichtung wurde. Es war auch das zeugende Muster für all die deutschen Bildungsromane, die in der Romantik und im bürgerlichen Zeitalter seither entstanden. S c h i l l e r . Auf gedankliche Klarheit und systematisches Begreifen aus den Spannungen seines Ich angewiesen, kam Schiller, dessen gärendes Jugenddenken die Philosophischen Briefe (1786) spiegeln, durch das Studium von Kants Hauptwerken (von 1791 ab) dazu, eine eigene

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Lebens- und Kunstphilosophie zu entwickeln. Mit Kant vereinigt sich Schillers Philosophie in der Grundansicht, daß der Mensch zwei Reichen angehört: seine Triebe und Leidenschaften verhaften ihn der Natur und ihrer Gesetzlichkeit, seine Vernunft aber will Unbedingtheit, Freiheit. Die Natur unter die Gesetze der Vernunft zu zwingen, sich aus der gebundenen Freiheit des Sittengesetzes in uns selbst zu bestimmen, das ist die große Lebensaufgabe des Menschen. Für Schillers heroische Willensnatur ist der Mensch dadurch über das Tier erhoben, daß er das Wesen ist, welches will - ist der Inhalt des Lebens Handeln, ist die Bestimmung des Lebens immerwährender Kampf des von der Vernunft geleiteten Willens gegen die Naturmacht und gegen das Schicksal um die Freiheit der Selbstbestimmung. Schillers ästhetische Schriften gehen von Kants ethischem und ästhetischem Dualismus aus. Um die Möglichkeit oder Unmöglichkeit eines Ausgleichs zwischen den ethischen und ästhetischen Ideen handelt es sich durchgehend bei Schiller. D i e Weise seines Begreifens und Darstellens ist eine des idealtypischen Gegensatzes; seine Schriften behandeln die gegensätzliche Entsprechung von Anmut und Würde (1793), von Moralischem und Ästhetischem (Über den moralischen Nutzen ästhetischer Sitten 1793). Zwei letzte Möglichkeiten der Lösung des Widerstreits von Natur und Vernunft, Sinnlichkeit und Sittlichkeit, Notwendigkeit und Freiheit gibt es, die durch zwei höchste Ideen bezeichnet werden: das Schöne und das Erhabene. Schönheit ist Freiheit innerhalb der Sinnenwelt, ihr Wesen ist Harmonie zwischen sinnlichem Trieb und dem Gesetz der Vernunft. Im Erhabenen aber erfahren wir eine andere Art von Freiheit; sie besteht darin, daß die Triebe keinen Einfluß auf die Gesetzgebung der Vernunft haben. Während das Schöne unsere Vollendung innerhalb des Naturreiches ist, erleben wir uns im Erhabenen als Bürger einer höheren Welt, mit der wir durch den „reinen D ä m o n " in uns zusammenhängen. Als letzter Zweck der Kunst gilt Schiller die Darstellung des Übersinnlichen, die Tragödie als höchste

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Dichtungsgattung; denn sie zeigt, wie wir in der Prüfung des Leidens und Todes die K r a f t zur Gegenwirkung gegen das Schicksal entfalten - das Vermögen höchster Freiheit, welches für Schillers Glauben unsere herrlichste Anlage, das im Menschendasein sich auswirkende Göttliche ist. Auf diese Lehre vom Erhabenen sind Schillers klassische Tragödien gegründet, vom Schönen und seinem Verhältnis zum Erhabenen, wie vom Verhältnis zwischen Idee und Wirklichkeit überhaupt handeln seine philosophischen Gedichte. D i e Briefe Über die ästhetische Erziehung des Menschen (1793/94) wollen von diesen Ideen aus eipe kulturphilosophische Diagnose und ein pädagogisches Programm für die damalige Gegenwart geben. Ideen Shaftesburys weiterführend, lehrt Schiller, die Kunst solle dazu dienen, die sinnliche N a t u r des Zeitgenossen zu veredeln, damit er ihr gegenüber frei und so in Stand gesetzt werde, zur unbedingten, zur moralischen Freiheit aus Vernunft zu gelangen. D e r ästhetische Zustand soll also nur überleiten von sinnlicher Abhängigkeit zu moralischer Freiheit. Gegenüber der Härte von Kants Pflichtethos rühmt Schiller der klassischen Ganzheitsidee entsprechend als Ideal eine Sittlichkeit, die Neigung und Pflicht verbindet. D i e Geschichte war für Schiller ein Arsenal ungeheurer Beispiele des ewigen Schauspiels, wie menschliche Willensgröße mit dem Naturzwang und dem Verhängnis um Freiheit kämpft. D i e besondere Begebenheit wird so umgestaltet, daß die ewigen Ideen, auf welche die großen Gegensätze in der Geschichte zurückgehen, rein und gebietend aus dem Einmaligen, Vergänglichen hervortreten. Idealistischer Formwille bestimmt auch die Sprache, die überall die allgemein gültige, reinste Formulierung sucht, und die Handlung, in deren Verlauf der große Zweikampf zwischen Idee und Schicksal, den der Mensch handelnd austrägt, sichtbar werden soll. D i e Wallenstein-Tn\og\e. (1800) zeigt einen nach Anlage und K r a f t großen Menschen, wie er schuldig wird und fällt, weil er nicht zum moralisch großen, zum erhabenen Menschentum sich zu

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steigern vermag. D i e Maßlosigkeit seines Ehrgeizes verführt ihn, die Macht zu mißbrauchen. Soviel auch dem Notzwang der Umstände und Verstrickungen, der ungeheuren Realität des Krieges zugeschrieben wird: das Schicksal erscheint in der Gestalt des vergeltenden Gerichts. Wallensteins tiefste Schuld, die Schuld des „Realisten", ist, daß er nicht an die freie Selbstbestimmung glaubt und sich dem Gebot des Moralisch-Göttlichen versagt, das in der Gestalt der „schönen Seele" Max mahnend und werbend ihm entgegentritt. Reiner als hier, wo das Netz der Notwendigkeit und der Verhängnisse dicht gesponnen ist, entfaltet sich der große Gegensatz zwischen Pflicht und Neigung, Freiheit und Notwendigkeit in der folgenden Tragödie Maria Stuart (1801). D i e Heldin macht aus dem Zwang, den sie erleiden muß, eine T a t ihrer Freiheit; den unverdienten T o d nimmt sie als Sühne für frühere Schuld an. In der Jungfrau von Orleans (1802) sucht Schiller, den Schuldbegriff von dem der moralischen Verfehlung, der Sünde, zu lösen. D i e Schuld besteht hier in der unbewußten Untreue gegen die Sendung, die Demut vor dem göttlichen Willen. Durch die Prüfung erst wird Johanna sich ihrer Pflicht recht bewußt und kann nun erst aus dem göttlichen Auftrag eine T a t ihrer Freiheit machen. Mit triumphierender Verklärung der Geläuterten endet diese „romantische Tragödie". In der Braut von Messina (1803) wollte Schiller dem Verhängnis die religiöse Bedeutung des antiken Schicksals geben und ein analytisches Drama nach der Art des „Ödipus" machen. „Alles ist schon da, und es wird nur herausgewickelt". Auch den antiken Chor weckt Schiller hier wieder auf; seine großartigen Strophen dürfen sich neben die Chöre des Sophokles stellen. Im Wilhelm Teil (1805) gelang Schiller einmal ein Schauspiel, in dem seine dramatisch-heroische Grundansicht vom Leben in einfacher Klarheit in der Handlung selbst hervortritt, jedem verständlich als Verherrlichung des ewigen Rechts der Unterdrückten und Beleidigten zur Selbsthilfe. Dies D r a m a war ein wahrhaftes Volksschauspiel auch in dem Sinne, daß hier

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das Volk handelt, daß es um seine politische Freiheit geht, nicht um die moralische Freiheit eines Einzelnen. Nur daß Teil Vollstrecker des Volkswillens ist, gibt seiner T a t eine Notwendigkeit und Heiligkeit die sie dem gewöhnlichen moralischen M a ß entzieht. Neben den Geschichtsdramen entstanden von 1797 ab Balladen; auch sie zeigen den Menschen als das zu freier Selbstbestimmung berufene Wesen und verherrlichen die große sittliche Ordnung, aber so, daß die Idee in der Handlung selbst hervortritt. Das Lied von der Glocke (1800) stellte den Kreis des bürgerlichen Daseins nach seinen reinen Formen und Inhalten dar. Mit Goethe zusammen hat Schiller über 400 Xenien verfaßt (1797), in denen ein kritisch-satirisches Gericht über Erbärmlichkeiten und Verkehrtheiten der zeitgenössischen Literatur gehalten wird. H e r d e r . Seit 1776 lebte auch Herder in Weimar, aber erst sieben Jahre später begann eine zweite Zeit geistigen Wechsellebens mit Goethe, deren wichtigste Begebenheit die Ausbildung des neuen Pantheismus war. Jetzt entstanden Herders große Werke, unter denen die geschichtlichen auf eine Gesamtdarstellung des Ganges der Menschheits-Kultur hinzielen. D i e Schrift Über die Wirkung der Dichtkunst auf- die Sitten der Völker (1778) entwirft noch einmal das Idealprogramm der ursprünglichen, naturwahren Dichtkunst, wie sie in den Frühzeiten lebte. Herders altes Problem, wie Religion und Kultur sich zueinander verhalten, wird für das Verhältnis zwischen Dichtung und Religion dahin beantwortet, daß sie zwei Blüten aus einer Wurzel sind, gleich nach Ursprung und Bestimmung: sie sollen die Menschheit gewaltlos der reinen Humanität zuführen. D i e Schrift Vom Geist der ebräischen Poesie (1782) brach einer neuen, einer geistesgeschichtlichen Betrachtungsweise der Dichtung die Bahn und lehrte schon, daß die Kunst eines Volkes, eines Zeitalters nur aus dessen Lebensmitte selbst wahrhaft verstanden und gewertet werden kann. „Jede Nation hat ihren Mittelpunkt der Glückseligkeit in sich." Herders Hauptwerk sind die

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Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit (1784/91). Der Glaubenssatz von Herders Geschichtsdeutung ist, daß sich der Verlauf der Menschheitsgeschichte als Verwirklichung eines göttlichen Plans begreifen lassen muß. Das Göttliche und das Wirkliche erfährt Herder als Einheit in der Geschichte, wie Goethe in der Natur. Herder beginnt mit Naturgeschichte. Der Mensch ist nach seiner Anschauung das höchste Produkt des Wachstums-, reiches der Natur, Vernunft ist seine höchste Eigenschaft. Aber sie war ihm ursprünglich nur als Anlage eigen, er hat sie erwerben, entfalten müssen. Durch die Sprache wurde die Anlage zur Vernunft erweckt, durch die Vernunft erwirbt der Mensch Freiheit als die weitere, nur ihn auszeichnende Eigenschaft. Humanität ist die Summe aller für den Menschen bezeichnenden Anlagen, Humanität die Gesamtheit ihrer Verwirklichung. Von Herders Hauptanliegen, der Frage nach dem Sinn und Ziel der Menschheitsgeschichte, handelt vor allem das 15. Buch. Wenn ein Gott in der Natur ist, so muß er auch in der Geschichte sein. Als Bestimmung des Menschen, an der sich der Erziehungsplan der Vorsehung erkennen läßt, gilt, daß er seine eigentümlichen Anlagen entwickle und so immer reinere Humanität erlange, in der Gemeinschaft der Generationen wie der Mitlebenden, durch Überlieferung und Erziehung wird sie verwirklicht. Die einzelnen Volkskulturen sind alle auf diese allgemeine Idee gerichtet, nur die Wege sind verschieden. Herders Werk ist im Letzten ein großer Geschichtsmythus, aus dem gleichen gläubigen Vertrauen in die gute, sinnvolle Grundartung des Lebens entworfen, das Goethe hegt, und aus dem großen Ideenerbe des 18. Jahrhunderts heraus. Das Göttliche, das er wieder in der Geschichte sich verwirklichen sieht, ist aber keine unberechenbar eingreifende Gottperson, sondern die gleiche Lebenskraft, die höchste Ursache von allem, welche auch im Naturreich nach ewigen Gesetzen west (dynamischer Pantheismus). Die Gespräche Gott (1787) führen das weiter aus; sie geschehen im Geist der wichtigsten Quellen von Herders Weltanschauung:

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Plato, Shaftesbury, Leibniz, Spinoza. Für Spinoza vor allem warb die Schrift, dessen Pantheismus durch den lebhaften Streit, der sich an Fr. H. Jacobis Eröffnungen über Lessings Religion (Über die Lehre des Spinoza 1785) anschloß, weithin bekannt geworden war. Herder verwahrte sich dagegen, daß man Spinoza einen Atheisten nannte; für ihn waren Christentum und Spinozismus völlig zu vereinen. Spinozas Gottidee hielt er für die umfassendder Humaniste und tiefste. Die Briefe zur Beförderung tät (1793/97)' verherrlichen erlauchte Glieder der einen unsichtbaren Kirche der Humanen, die sich durch alle Zeiten und Länder zieht. Sie erörtern von da aus die Lage der deutschen Kultur in ideologischer Auseinandersetzung mit der französischen Revolution, deren Heere um eben diese Zeit das alte deutsche Reich zu zertrümmern begannen. Herders letzte Schriften {Eine Metakritik 1799, Kalligone 1800, Adrastea 1801/03) galten durchweg dem Kampf gegen Kant, dessen Schüler Herder einmal gewesen war. Dieser Kampf, in dem er allein stand und äußerlich unterlag, richtete sich gegen „die kritische Ubervernunft", gegen Kants dualistische Unterscheidungen, seine Beschränkung des Genies auf die Kunst, die Verkennung des Verstehensaktes und seiner Gültigkeit usw. Herder, der mächtigste Beginner und Anreger in deutscher Neuzeit, starb in völliger Einsamkeit, zerfallen mit Goethe, Schiller, den Romantikern. Ein dichterisches Werk von Rang hat Herder nicht hinterlassen; immerhin ist seine Übersetzung der spanischen Romanzen vom Cid mehr Dichtung als Nachdichtung. 3. E i n z e l g ä n g e r . H ö l d e r l i n . Friedrich Hölderlin, am 20. 3. 1770 in Lauffen am Neckar geboren, erwuchs geistig aus dem klassischen Humanismus des Tübinger Theologen-Stiftes, in dem zur gleichen Zeit und als seine Freunde auch Hegel und Schelling erzogen wurden. Er stand zunächst unter dem Einfluß Schillerscher Ideen; in einem Zyklus pathetisch-allegorischer Hymnen An die Ideale der Menschheit pries er die Ideen der ästhetischhumanitären Kultur und malte in allgemeingültigen Zügen

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ihr bildendes Wirken aus. Die politische Ideologie der französischen Revolution verwandelt sich dem deutschen Dichter in die Unwirklichkeit eines heiligen Vollkommenheitstraums. Aus diesem abgezogenen Idealismus erwachte der Dreiundzwanzigjährige. Aber die Neigung zu philosophischer Begründung und Spekulation erhielt sich. Als erstes größeres Werk wuchs der Roman Hyperion oder in mehreren Stufen langsam der Eremit in Griechenland heran (ein erstes Fragment 1794 in Schillers Thalia) zu der zweibändigen Endfassung (1797/99) - ein Briefroman, der von der monologisch-lyrischen Form des Werther ausgeht, zugleich aber auch dem Wilhelm Meister-Typus verwandt ist durch seinen Reichtum an Bildungs- und Gedankengut. Der Held ist ein idealistischer Unbedingter, wie Hölderlin selbst, zerrissen und elegisch, weil die Gegenwart so arm und tot dasteht vor der großen Vergangenheit, dem alten Griechenland, und vor dem Wunschbild eines neuen Zustandes, in dem Gott, Natur und Mensch wieder eins sind. Die Entwicklung des Helden führt zu seelischer Erlösung durch die ideale Liebe zu Diotima; sie führt weiter zu der großen, heroischen Tat, die seinem Dasein den höchsten Sinn geben soll, indem sie die neue, auf gläubigen Liebesverband mit der göttlichen Natur gegründete Gemeinschaft schafft. Hyperion ist der erste und einzige politische Roman im deutschen Idealismus; seine Erziehungsidee meint Gemeinschaft der Nation und sein Ethos ist eines der Tat für diese neue Volkswirklichkeit. Der Held scheitert, weil die Zeitgenossen nicht reif für seine hohe Idee sind; er verliert zugleich Geliebte, Glück und Lebensziel. Es bleibt ihm nichts, als Dichter und Künstler zu sein. Hölderlins eigenes Schicksal in seiner Gegenwart spiegelt sich im Gang von Hyperions Geschick. In seinen Gedichten in antiken Strophen entwickelt Hölderlin sich aus dem Raum seines persönlichen Daseins zu dem der religiösen und kulturellen Ideen. Zyklische Elegien wie Archipelagus messen die deutsche Gegenwart an dem Idealbild griechischen Volkslebens, mit Brot und Wein beginnt Hölderlins Verwand-

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lung der idealistischen Kulturphilosophie in einem Geschichtsmythos, durch den Griechenland und Deutschland auf neue, auf religiöse Weise zum Angelpunkt des geschichtlichen Schicksalsganges werden. In Hymnen, die aus der Erschütterung eines seherischen Verkünders gedichtet sind, hat Hölderlin (etwa von 1800 ab) die Mythen des großen göttlichen Geschehens erzählt und die Naturmächte gefeiert, auf modern-deutsche Weise in die Nähe Pindars gelangend. Auf eine Synthese von Griechenland und deutschem Abendland, von Naturreligion und Christentum in einer neuen Gemeinschaft des Volkes war dieser gigantische Versuch gerichtet. Kein anderer Dichter ist so gläubiger Prophet der menschheitlichen Sendung der Deutschen gewesen. Ein Seher und Religionsstifter ist auch der Held von Hölderlins einzigem D r a m a Empedokles. Es sind nur Bruchstücke verschiedener Fassungen erhalten {Der Tod des Empedokles, Empedokles auf dem Aetna). Empedokles, ein Vertrauter der Götter, ist dem Titanenfrevel der Maßlosigkeit verfallen: der Diener und Mittler der Gottnatur wollte ihr Herrscher sein. Seitdem ist die heilige K r a f t von ihm genommen, er kann nicht mehr Reformator seines Volkes sein. Das feierliche Spiel von den Geheimnissen des Wirkens der göttlichen Kräfte, religiöses Läuterungsdrama mehr als heldische Tragödie, endet damit, d a ß Empedokles sich durch den Entschluß zum Sühneopfer reinigt und vor seinem E n d e durch die Wiederkehr der göttlichen K r a f t verklärt wird. E r hinterläßt, im T o d e seine Sendung erfüllend, seinem Volk das Evangelium der neuen Liebesgemeinschaft zwischen Mensch und Natur. D i e der Übersetzung der Trauerspiele des Sophokles (1804) beigegebenen Anmerkungen und der Grund zum Empedokles enthalten Hölderlins tiefsinnige Tragödienlehre. Von 1805 an war Hölderlin geisteskrank. E r starb 1843, eine erste Sammlung seiner Werke erschien 1846. Ideen der Klassik und der Romantik kann man gleicherweise in Hölderlins Dichtung finden. Ihre innere und äußere Form aber läßt sich weder dem einen noch dem

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andren Stil zuordnen. W i e er denn auch, von seiner Verehrung für Schiller und seiner Freundschaft mit Hegel abgesehen, keinem der großen Künstler und Philosophen seiner Zeit persönlich verbunden war. D i e seherische Artung seiner letzten Dichtung hob ihn vollends aus dem Raum seiner Gegenwart heraus. J e a n P a u l . Neben Hölderlin steht Joh. Paul Friedr. Richter (geb. 1763 Wunsiedel, gest. 1825 Bayreuth) als der andere große Einzelgänger seines Zeitalters. E r durchläuft in seiner individuellen Entwicklung noch einmal die Bahn, die den Deutschen im 18. Jahrhundert vom Rationalismus der Aufklärung über die Seelenverfeinerung der Empfindsamkeit zu der Synthese des humanitären Idealismus geführt hatte, ohne d a ß man ihn einer bestimmten Geistesmacht oder Dichtergruppe zuordnen könnte. Einen Klassiker der Empfindsamkeit könnte man ihn nennen, wenn sein Humor nicht zugleich auf skeptischen Realismus deutete. Swift und Sterne sind seine Lieblinge, aber er ist viel mehr als ein deutscher Nachahmer der englischen Satiriker und Humoristen. Seine ersten Romane zeigen ihn noch stark im Zuge der Empfindsamkeit (Die unsichtbare Loge 1793, Hesperus 1795, Siebenkäs 1796). D a n n die empfindsam-humoristischen Novellen (Quintus Fixlein 1796, Katzenbergers Badereise 1809), hellsichtigüberlegene Enthüllungen der gültigen Werte des äußeren und inneren Daseins deutschen Provinzbürgertums; realistisch in der Einzelheit und zugleich Glanzstücke eines phantastisch spielenden, seltsam kauzigen Humors. Dieser größte humoristische Erzähler der Deutschen hat in seinem theoretischen Werk, der Vorschule der Ästhetik (1804) Humor beschrieben als Darstellung der unauflösbaren Spannung zwischen idealistischem D r a n g und Gebundenheit im Wirklichen. D i e heillose Kluft, welcher der Tragiker bis auf den Grund schaut, deckt der Humor schonend zu. Aber auch er weiß darum, und immer wieder erscheint der große Riß in dieses gütigen Menschenfreundes Werk furchtbar enthüllt. Sein Wille zur Versöhnung der widerstreitenden Zeitkräfte und zu gültiger Ver-

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kündigung der humanitären Religion, der Dreieinheit von Tugend, Schönheit, Wahrheit, vollendete sich am großartigsten in den Romanen Titan (1800/03) und Flegeljahre (1804/05). Jeans Pauls Romane wollen, bei realistischer Einzelschilderung, im Gesamtsinn nicht Wirklichkeitsbilder, sondern Idealwirklichkeit geben, die er für wahrer hielt, vorgespiegelte Unendlichkeit des Gefühls und Geistes. Das Grundthema dieser Bildungsromane ist meist die Entwicklung heldischer Idealisten im Kampf gegen den bösen Dämon in der Welt und in der eigenen Brust. Seine Lieblingshelden sind „hohe Menschen", großgesinnte, hochgespannte junge Männer - seine Mädchengestalten innerliche Wesen, aber feinkultiviert. Daneben, als dämonische Gegenspieler, die Kinder und Opfer des subjektivistischmaßlosen Zeitalters, „Abgebrannte des Lebens", Titanen des idealistischen Strebens nach Unbedingtheit. Widerspiel dieser gesegneten und verfluchten Heroen sind tragische Originale, in deren Gestaltung Jean Paul am größten ist. Entwurzelte Genies sind sie, edle Unterlegene im Kampf mit den Lebensdämonen und der harteil Welt, vor der sie in quälerische Selbstbespiegelung fliehen. Seine „hohen Menschen" aber führt Jean Paul immer nur bis an die Schwelle, wo sich ihre idealistische Innerlichkeit an und in der Wirklichkeit bewähren müßte. Die Bewährung selbst hat er nie darzustellen vermocht. Reife Männer kommen in seinen Romanen nur als tragische Originale oder verzweifelnde Skeptiker vor. Die Erzählung wird, ähnlich wie bei Sterne, beständig unterbrochen durch Einlagen und „Extrablätter", gelehrte Randbemerkungen und allerlei Wissenskram, humoristische Reflexionen und unmittelbares Zwiegespräch zwischen Autor und Leser. Musikalisch-gestaltlos ist die Form selbst der großen Werke; im Handlungsmäßigen sind sie ohne große Ursprünglichkeit und oft ohne Geschmack. Biographien der seelisch-sittlichen Innerlichkeit wollte Jean Paul geben, nicht eigentliche Erzählungen. E r redet in Bildern, die aus der inneren Welt stammen.

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Das Zeitalter des Idealismus

Jean Paul war der letzte große Vertreter der deutschen Gefühls- und Seelenmächte, die in der Mystik des Barock sich in Bewegung setzten, über Pietismus und Empfindsamkeit in den Idealismus einmündeten, wo sie in der romantischen Bewegung sich mit dem spekulativen und kritischen Geist der Moderne verbanden. Diesen Übergang hat Jean Paul nicht mitgemacht. Sein Werk schließt die alte Welt, die zu Ende gehende hohe Zeit der bürgerlichen Kultur, das 18. Jahrhundert ab. Fr. H. Jacobis empfindsamer Glaubensphilosophie und Herders Humanitätsglauben fühlte er sich am nächsten verbunden. Der größte deutsche Reiseschriftsteller der Zeit war George Forster (1754-94). Seine Beschreibung der Reise um die Welt (1778/80), die für die geographische Wissenschaft Epoche machte, ist auch ein literarisches Kunstwerk. Die Ansichten vom Ni^derrhein (1791/94) gaben nach Heinse die schönsten Beispiele für die Beschreibung von Werken der bildenden Kunst, auch sie von hohem künstlerischem Rang. 4. Z e i t g e n o s s e n . Die Menge der Poeten und Schriftsteller, die vom allgemeinen Strom der reichen geistigen Lebens in Deutschland mitgeschwemmt und von ihm eine Strecke weit mitgetragen wurde, wuchs um die Jahrhundertwende außerordentlich an. Auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1 8 0 3 z. B. erschienen 2 7 6 Romane. Neben Iffland eroberte Aug. Friedr. Ferd. v. Kotzebue mit seinen reißerischen Stücken die deutsche Bühne. Menschenhaß und Reue (1789), ein von faustdicker Sentimentalität und Tugendpathos triefendes Schauspiel, machte ihn zum beliebsten Theaterschriftsteller der bürgerlichen Masse. Als Verfasser einer der wenigen guten deutschen Reisebeschreibungen, des Spaziergang nach Syrakus ( 1 8 0 3 ) ist Joh. Gottfr. Seume zu nennen. Durch populäre Mischung von philosophischen Ideen und christlich-empfindsamen Tönen hatte Chr. A . Tiedges Urania ( 1 8 0 1 ) , ein lyrisch-didaktisches Gedicht, gewaltigen Erfolg. Es wurde nun möglich, durchschnittliche Schriftstellerei als Beruf zu betreiben und davon zu leben.

5. Goethes A l t e r s w e r k . Neben den unwägbaren Erfahrungen eines Lebens, das nach Schillers Tod einsamer

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D i e Klassik

wurde trotz wachsender Öffentlichkeit, sind es vor allem die Erweiterungen und Vertiefungen seines Naturbildes gewesen, die Goethes Sein, Denken und Schaffen aus der klassischen Weise heraus- und fortgebildet haben. Neben Goethes dichterisches trat immer bedeutender sein naturwissenschaftliches Werk. So wenig Anerkennung er damit bei den Fachleuten gewann, er selbst empfand diesen Teil seines Schaffens als persönlich und sachlich erheblich. Goethes anschauendes Denken sucht unter der vielfältigen Formenwelt die letzten noch vorstellbaren Urphänomene, den Typus, aus dem die Mannigfaltigkeit der Einzelgestalten entwickelt ist. Urphänomene und nicht Endursachen sind das Letzte, zu dem menschliche Erkenntnis vorzudringen vermag. Daneben wird sein Naturbild beherrscht von der Idee der Metamorphose, des beweglichen Gesetzes, das die unerschöpfliche Mannigfaltigkeit und das rastlose Leben der Naturwirklichkeit, das den gesetzmäßigen Zusammenhang, die Ordnung in dieser Mannigfaltigkeit und den ständigen Gestaltwandel erklärt. Form und Freiheit, Beharrungstrieb und Metamorphose, Einatmen und Ausatmen, Systole und Diastole - überall verwirklicht sich das Göttliche im Lebensbereich nach dem Pulsschlag eines solchen polaren Rhythmus, der für Goethe „die ewige Formel des Lebens" ist. Goethes Naturforschung begann mit Arbeiten auf dem Gebiet des vergleichenden Knochenbaus (Osteologie). 1784 schon gelang ihm die Entdeckung des Zwischenkieferknochens beim Menschen. Daran schloß sich die Theorie, daß alle Teile des Schädel« aus Wirbelknochen hervorgegangen seien, der Versuch über die Geitalt der Tiere (1790), der die vergleichende Anatomie des Säugetierskeletts begründete. Sein Hauptwerk auf diesem Gebiet ist der Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie (1795). Aus einem allgemeinen Typus wird die Gesamtheit der tierischen Formen abgeleitet. Zu Goethes frühesten Studien gehören ferner die geologischen, zu denen er durch seine Tätigkeit für das Ilmenauer Bergwerk veranlaßt wurde (Über den Granit 1784). Das Hauptstück seiner naturwissenschaftlichen Arbeiten bilden aber die Studien 2ur Botanik und 2ur Optik. Alle Pflanzenteilc sind nach Goethes Metamorphosenidec ursprünglich identisch, V i c t o r ,

Deutsches Dichten u. D e n k e n .

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D a s Zeitalter des Idealismus

sie sind alle durch organische Umbildung aus dem Blatt entstanden {Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären 1790, Zur Morphologie 1817/24). D i e Folgegedanken daraus brachten Goethe in Gegensatz zu den Grundsätzen von Linnes System mit seiner Einteilung nach den unterscheidenden Merkmalen. Goethes Farbentheorie ist seine kühnste Leistung (Beiträge zur Optik 1791 bis 92, Zur Farbenlehre 1810), mit ihr stellte er sich in entschiedenen Gegensatz zu Newton. Der hatte die Farben aus dem weißen Licht abgeleitet, das weiße Licht war also aus farbigem zusammengesetzt. Für Goethes Überzeugung von der polaren Entsprechung in allen Naturerscheinungen war das grundfalsch. Licht ist nach Goethes Lehre nur der eine Pol der optischen Wirklichkeit, die auf dem ursprünglichen Gegensatz v o n Licht und Finsternis beruht. D i e Farbe entsteht durch Verbindung von Licht und Finsternis.

Kraft, Form, Gesetz sind für Goethes Weltbild die drei Grundmächte des Lebens. Der moralisierende Humanismus der Klassik wird durch die reichere und tiefere Naturerkenntnis ausgeweitet. Der Mensch erscheint nun zunächst als Naturwesen, aber zugleich als durch Sittlichkeit über die Natur hinausgehoben. Das Sittliche wird aus der Weltbeschaffenheit, der großen gesetzhaften GottNatur abgeleitet. Goethes Altersdichtung ist durchgehend kosmisch in dem Sinne, daß sie sich überall auf die Erscheinungen und Gesetze des Welt- und Lebensganzen bezieht, daß sie die freie Einstimmung in den gesetzhaften Rhythmus des Weltenlaufs als Grundlage der Sittlichkeit ansieht. Goethes Drang zu abschließender, zu ausformender Bewältigung der Erscheinungen und Erfahrungen führte in der lyrischen Dichtung zu zyklischen Werken. Der Kranz von 17 Liebes-Sonetten (1807/08), Ausdruck neuer Liebesleidenschaft und Entsagung, wetteiferte künstlerisch mit der reichen Sonettendichtung der Romantiker. Ein ganzes durchgestaltetes Gedichtbuch ist der Westöstliche Divan (1819). Wieder bildet das Erlebnis neuer Liebe, neuer Jugend und Schöpferkraft die gestaltende Mitte. Vor dem bedrohlichen Ansturm der chaotischen Zeit zog Goethe sich in den Gefühls- und Weisheitskreis dieses Buches zurück, dessen Lebensunmittelbarkeit und Bekenntnischarakter er verhüllte und

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verrätselte durch das Kostüm, das er sich aus der östlichen, der Welt des persischen Dichters Hafis holte. Marianne v. Willemer, die Suleika des Buches, spricht selbst darin mit fünf, von Goethe überarbeiteten Liedern. Der Berührung mit orientalischer Dichtung entstammt auch der fragmentarische Gedicht-Zyklus Chinesisch-deutsche Jahres- und Tageszeiten. Der Höhepunkt von Goethes letztem lyrischem Werk ist die in Empfindung, Gesinnung und Kunst gleich große Trilogie der Leidenschaft mit der Marienbader Elegie als Mittelpunkt. Die dichterische Hauptleistung von Goethes Alter ist die Vollendung des Faust-Dramas. Seine Anfänge reichen in die Straßburger Zeit zurück. Die gotische Magiergestalt aus dem merkwürdigen Zeitalter, als Geheimkunde und erste Regung naturwissenschaftlichen Geistes noch verbunden waren, hatte den jungen Dichter mächtig angezogen. Volksbücher, Puppenspiele und Volksstücke mit Nachklängen von Marlowes englischem Faustdrama waren Goethes Quellen. Der Erkenntnistitanismus wurde von der modernen Geniehaltung aus geläutert und erhöht; der Wille zu tiefstem Wissen und übermenschlicher Gewalt über das Leben, der Gottestrotz und der ungeheure Drang nach dem Letzten, Höchsten - solche Züge waren der Faustgestalt schon durch den ersten Entwurf eingeprägt. Auch der Vers- und Sprachstil nutzt die ganze Skala der Ausdrucksmöglichkeiten des Sturm und Drang. Die bis 1775 abgeschlossene Fassung, der Urfaust, enthält ferner in der Hauptsache noch die Gretchen-Handlung vollständig: der titanische Erkenntnissucher will in der Vereinigung mit dem Naturkind das ursprüngliche Leben unmittelbar, fühlend, „in der Dumpfheit der Leidenschaft", erfahren. Später bezeichnet die Formulierung des Paktes mit Mephisto Fausts Verlangen als das nach dem höchsten Augenblick, in dem er das Ganze des Lebens zu erfassen vermöchte. So wäre das Ewige schon hier erlebbar, würde die Schranke der Endlichkeit fallen, das Ich zum Weltganzen geweitet werden. Im Druck erschien 1790 ein Fragment, der vollständige 1. Teil, mit dem Vorspiel auf 5*

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dem Theater und dem für den Sinn des Ganzen so wichtigen Prolog im Himmel erst 1808. Mephisto ist nun ein dramatisch ebenbürtiger Gegenspieler geworden. Sein Wesen ist Lebensfeindschaft, Haß gegen das Sein, Nihilismus schlechthin; und sein Plan ist darauf gerichtet, Faust zu verderben, indem er die Kraft zu unermüdlichem Sichregen und Streben, den Willen zur Steigerung und Vollendung zerstört. Der Faust, der das Leben verflucht, scheint bestimmt, diesem Widergeist des Lebens zu erliegen. Der 2. Teil der Tragödie, 1831 vollendet, 1833 veröffentlicht, gehört einigen Grundmotiven nach wohl schon dem frühsten Plan an. In stark zusammendrängenden und verkürzenden Akten wird Fausts Streben durch große Lebensbereiche geführt. Auf ideelle Bedeutsamkeit kommt es dabei Goethe mehr an als auf realistische Sinnfälligkeit des Geschehens. Faust ist nun die Verkörperung neuzeitlich-deutschen Übermenschentums. Vom' Altertum bis zur modernen Volkswirklichkeit, von den vorirdischen Urbildern bis zum Überirdischen reicht das symbolische Schauspiel. Die Möglichkeiten eines „höchsten Daseins", eines Lebens aus dem Ganzen und des Wirkens ins Größte werden durchlebt; aber kein Zustand will dem Streben genügen. Vom moralischen Kern der alten Faustsage ist auf langen Strecken nichts mehr zu sehen, ein so ungeheures Dasein läßt solche Wertungen unter sich. Erst bei der Endabrechnung am Schluß handelt es sich wieder um Schuld. Aber Faust überwindet auch sie durch eine letzte Steigerung; der Drang zum Selbstgenuß verwandelt sich in den Gigantenplan einer neuen Gemeinschaftstat. Goethes immer wiederholte Altersweisheit, daß tätig-tüchtige Bewältigung des Lebens allein von der gedanklich unauflöslichen Fragwürdigkeit unseres Daseins zu erlösen vermag, wird auch von Faust als „der Weisheit letzter Schluß" verkündet - der aktivistische Idealismus des abendländischen Menschen in deutscher Prägung! Auf Fausts Tatvision, die seine irdische Existenz endet, folgt ein religiöses Mysterium. Die antwortende Gegenmacht, der freundliche, hilfreiche Geist des Lebens, in der Madonna als

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dem Inbegriff ewiger Liebe verkörpert, lohnt das rastlose Streben nach Steigerung mit höchster Vollendung; Irrtum und Schuld aber werden verziehen, weil es zu den notwendigen Begrenzungen des Menschen gehört, d a ß er irrt, solang er strebt. U n d nur ein tätig erfülltes Leben vermag zum Ewigen aufzuwachsen. Außer dem Faust enthält Goethes Alterswerk kein großes Drama. Pandora (1808) ist ein Festspiel, vom Höchsten redend, dessen erhabene Sprachmusik dem symbolischen Gehalt entspricht. Prometheus vertritt die Welt der entschlossenen Tatkraft, des auf Werk und Nutzen ausgehenden Willens, Epimetheus die aus kontemplativer Haltung verwirklichten ästhetischen und seelisch-sittlichen Werte. Pandoras Wiederkehr soll die neue Gemeinschaftskultur einleiten, in der Naturkraft und Seele, Nutzen und Idealität zu einer Einheit werden; durch das Gestalt-Symbol ist sie bezeichnet. Für die Siegesfeier 1815 wurde das Festspiel Des Epimenid.es Erwachen gedichtet. Einen tragischen Stoff hat Goethe nur noch einmal zu gestalten unternommen: in dem Roman Die Wahlverwandtschaften (1809). Der aus der Chemie stammende Begriff dient als sittliches Symbol. Wahlverwandtschaft wirkt auch zwischen Menschen als Naturzwang, und wie alle Naturgegebenheit kann sie nicht ursprünglich böse sein. D e r Mensch gehört aber als ein Geistwesen zugleich dem Reich der Freiheit, er gehört als ein Gemeinschaftswesen dem Reich des Sittlichen an; aus den widerstreitenden Anforderungen ergibt sich erst die volle Wirklichkeit des Menschseins und seiner Bestimmung. D i e Notwendigkeit der Naturgesetzmäßigkeit stößt zusammen mit der Notwendigkeit des Menschen, sich als ein übernatürliches Wesen zu behaupten. Vor der Entfesselung des schicksalsmächtigen Widerstreits vermag nur der freie, sittliche Akt der Entsagung zu bewahren. Dieser Roman spricht neben dem Faust die Grundsätze von Goethes Altersweisheit und reifer Sittlichkeit am tiefsten und gültigsten aus. Und keine andere von Goethes Altersdichtungen kann sich an gestalterischer Vollendung mit ihm messen.

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Goethes autobiographische Schriften sind von 1810 ab entstanden. Seine Lebensgeschichte Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit (1811/33) will die Entfaltung seiner Individualität nach ihrem Gesetz, aber im Zusammenhang mit den Zeitverhältnissen, im Wechselleben von Wirkung und Gegenwirkung mit der Umwelt darstellen. Es folgten die Italienische Reise (1816/17), Campagne in Frankreich und Belagerung von Mainz (1822). Kunsterzieherischen Zwecken vor allem diente, wie früher schon die Propyläen (1798/1800), die Zeitschrift Über Kunst u. Altertum (1816/32), die auch die Zeugnisse von Goethes neuer Auseinandersetzung mit der altdeutschen Kunst enthält. Ein Handbuch von Goethes Altersweisheit mehr als ein Roman sind Wilh. Meisters Wander jähre (1821; 2. Fassung 1829). Die Erzählung der weitern Schicksale des Helden ist nur die Schnur, an der Mannigfaches aufgereiht wird: eine Anzahl schon vorher veröffentlichter Novellen, eine Bildungs-Utopie (Die pädagogische Provinz), fachmännische Abhandlungen, Aphorismenreihen, Gedichte. Höchste Lebensweisheit ist auch hier entschlossen-tätige Diesseitigkeit und entschiedener Gemeinsinn, wie er dem Massen- und Industriezeitalter, das Goethe heraufkommen sah, allein angemessen sein konnte. Bildungsindividualismus und Humanitätsidealismus sind hier ersetzt durch ein Ethos der dreifachen Ehrfurcht vor dem Göttlichen, der Natur und dem Mitmenschen. Goethes letzte Prosadichtung ist die Novelle (1828). Die Erzählung einer „unerhörten Begebenheit", die nach Goethes Bestimmung den Kern jeder echten Novelle bilden muß, dient hier der höheren Bestimmung: eine umwälzende innere Erfahrung, eine wunderbare seelische Wandlung darzustellen. Dies kleine, aber meisterliche Werk tut zugleich dar, daß Goethes Alterstil, wenn er auch Züge von Manier hat, unvergleichlich durch seine Einheit von Natur und Kunst, von Weisheit und Anschaulichkeit ist.

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Die Romantik 1. G r u n d z ü g e . Die Romantik ist die letzte Entwicklungsstufe des deutschen Idealismus. Sie wird getragen von der zweiten Generation der „deutschen Bewegung", den um 1770 Geborenen. Mit der vorigen Generation, für deren Jugend die Geniedichtung, für deren Reife die Klassik die künstlerische Verwirklichung bildete, war diese neue Jugendbewegung einig in der Ablehnung und Überwindung der Aufklärungs-Kultur, die den Romantikern in der Lebenshaltung und Weltanschauung der Generation ihrer Väter noch als maßgebende Macht entgegentrat. Dem Kampf mit der alten Generation entstammen auch die Namen „Romantiker" und „Romantik". Von den Gegnern wurden sie geprägt. Die deutsche Literatur war inzwischen groß geworden, diese Jugend trat in eine ausgereifte Kultur ein. Keine Altersgemeinschaft der deutschen Geschichte hatte ein so reiches geistiges Erbe übernommen, wie diese letzte der idealistischen Epoche, keine glänzte durch eine so große Anzahl von hochbegabten Menschen. Hier hatte die deutsche Volkskraft eine strahlende Elite hervorgebracht, die sich fähig fühlte, alle Werte der abendländischen Geschichte, der antiken wie der christlichen Kultur neu zu beleben, alle Ansätze weiterzuführen, alle Einseitigkeit zu überwinden und die Klassik selbst zu überbieten durch die vollendete Einung von Geist und Natur, Endlichem und Unendlichem, Ich und All, Geschichte und Gegenwart - eine konservative Erneuerungsbewegung von größter Breite, in der sich die schöpferische Unruhe wie die bewahrende Kraft der deutschen Art gleich mächtig zeigte. Die tragenden Begriffe des europäischen Denkens glaubten die Romantiker zunächst untersuchen zu müssen, um sie in ihrer wahren Bedeutung wiederherzustellen. Was im Bereich der Kunst und der Philosophie losbrach, strömte schließlich ein in das religiöse, geistige und staatlich-gesellschaftliche Leben der deutschen Welt. Auf eine Durchdringung des ganzen Lebens mit dichterischen Kräften und Haltungen war es ab-

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gesehen. Ähnliche Kräfte, verwandte Strebungen findet man gegen Ende des 18. Jahrhunderts auch bei andern Völkern (in Frankreich und England: Naturkultus, Befreiung von der Diktatur des antiken Vorbilds, Rechtfertigung und Vertiefung der Gefühlskräfte, Erwachen des religiösen Geistes). In Deutschland allein wird diese allgemeine „Vorromantik" so reif und stark, daß sie über dreißig Jahre hindurch das seelisch-geistige und das sittlich-völkische Dasein der Nation zu beherrschen vermag. Die deutsche Romantik gab auch den andern Völkern mächtige Anregungen (französische Romantik); aber sie war zugleich als Wille zur Synthese von Antike und Christentum, von südlichem und nordischem Wesen, von faustischem Drang und Ehrfurcht vor den großen Ordnungen, von vermessenem Titanismus des absoluten Geistes und von demütig-frommem Gefühl so sehr eigentümlicher Ausdruck der mannigfaltigen Artung des deutschen Volkes, daß keine andere Nation sie zu wiederholen oder auf gleicher Höhe weiterzuführen vermochte. Obgleich die Romantiker von dem Selbstbewußtsein angefeuert wurden, vollendende Vollstrecker der abendländischen Geschichte zu sein, erfuhren sie immer wieder, daß nichts ihrem Traum von Vollkommenheit zu genügen vermochte, daß man sich auf das Ideal immer nur hinbewegen, es nie erreichen konnte. Ewiges Unterwegssein, Ahnung, Sehnsucht hielten sie selbst für die höhere und jedenfalls für die ihnen gemäße Daseinsweise. Fr. Schlegel sagt, die romantische Dichtung sei eine „progressive Universalpoesie". Die Phantasie als das Vermögen des freien, schöpferischen Hervorbringens einer zweiten, höheren Art von Leben wurde für sie die erhabenste menschliche Fähigkeit überhaupt; und mehr und mehr auch zu einer Zauberkraft, durch die sich der in seiner Einsamkeit erschauernde Einzelne von der Härte und den Forderungen der Wirklichkeit nach Willkür befreite. Ihre Erfahrungen in der Außenwelt sind ihnen oft nichts als Veranlassungen, die Wirklichkeit zu überfliegen, ihre Dichtungen oft nichts als Erledigungen der schlechten Endlichkeit

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durch magische Verzauberung. Das Hervorbringen erschien schließlich wichtiger als das Hervorgebrachte, dichterische Lebenshaltung wertvoller als das dichterische Werk. Viele romantische Dichtungen sind unvollendet geblieben, und das Fragment, als Äußerungsform der Ahnung, Eingebung, Improvisation, kam in der Romantik erst in Mode - ja, die ganze Bewegung selbst ist, an ihren Ideen, ihrem Vorhaben gemessen, ein ungeheures Bruchstück. ' Der ästhetische wie der religiöse und moralische Individualismus der Neuzeit scheint hier auf einem Gipfel angelangt, und dieser nach jeder Richtung „forcierte" romantische Mensch ein höchst gefährdeter, ja entarteter Spätlingstypus zu sein. Aber es gehört zur Eigentümlichkeit einer Bewegung, die auf das ideale Ziel einer höchsten Synthese gerichtet ist, daß sie überall Gegensätzliches umfaßt. Die dialektische Denkform der romantischen Philosophie (Fichte, Hegel) mit ihrem Dreischritt von These, Antithese, Synthese ist Ausdruck dieser romantischen Spannung und Ausgleichstendenz. Die Organismusidee ist überall entscheidend. Diese ästhetischen Individualisten waren zugleich überzeugt von der Einheit des Lebens und getrieben vom Verlangen nach Einung mit dem göttlichen Naturganzen. Im Endlichen wollten sie, wie alle Idealisten, das Unendliche finden. D i e romantische Gesellschaftslehre ist universalistisch. Staat und Volk begreift sie als Lebensorganismen, den Einzelnen als Glied der übergreifenden Gemeinschaft. Die meisten deutschen Landschaften waren an dieser das ganze Leben der Nation durchdringenden Bewegung gebend und nehmend beteiligt. Auch die katholischen Gebiete im Süden und Westen, die durch die Gegenreformation gegen die Kultur des protestantischen Deutschlands abgeriegelt worden waren, fanden über die bekenntnismäßige Spaltung hinüber wieder den Weg zu lebendiger Teilnahme an dem Gesamtleben des deutschen Geistes. Was als Bewegung protestantischer Bildung und Religio-

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sität begann, führte schließlich dahin, d a ß katholische Religion, Kirche und Kulturkraft in Deutschland sich erneuerten. Überhaupt war die Rechtfertigung der Religion, Erneuerung des religiösen Sinnes ein Hauptanliegen der Romantik. Zwischen Glauben und Wissen, Philosophie und Religion sollte keine Trennung mehr sein. Darin standen sie am entschiedensten im Gegensatz zur Aufklärung, waren sie vollendende Fortsetzer der Ansätze des Sturm und Drang, vor allem Herders, dem sie vielfältig verpflichtet sind. Friedrich S c h l e i e r m a c h e r (1768 bis 1834), der größte protestantische Theologe' seiner Zeit, hat am meisten dazu getan, das Christentum mit dem idealistischen Geist zu versöhnen. Seine religionsphilosophischen Schriften haben unter den deutschen Gebildeten den Sinn für das Übersinnliche, das Unendliche, für das fühlende Innewerden in der „Anschauung des Universums" wieder belebt (Reden Über die Religion 1799, Monologen 1800). Es sind Lieblingsgedanken der ersten Romantiker, daß Religion die alles durchwaltende und gestaltende K r a f t sei, d a ß alle wahre Kunst aus der religiösen Innerlichkeit stamme, d a ß Mythologie der Kern aller wahren Poesie sei, d a ß der moderne Dichter eine neue Mythologie schaffen und die romantische Poesie „Transzendentalpoesie" sein müsse. Aber die Romantiker entstammten auch der großen philosophischen Schule des 18. Jahrhunderts; sie waren zugleich verstandesscharf, Genies der Reflexion und Kritik, waren Theoretiker und Rühmer des Unbewußten und doch zugleich höchst bewußt. D e r Rationalismus und die irrationalen K r ä f t e der beiden vorhergehenden Jahrhunderte (Mystik, Pietismus) gingen hier eine Vereinigung ein, welche die der Klassik an Fülle, aber freilich nicht an einfacher G r ö ß e und Festigkeit überstieg. Den Preis der Entsagung, der Selbstbegrenzung wollten die Romantiker nicht zahlen; ihre Unersättlichkeit nach dem Unbedingten, dem Unendlichen duldete keine Grenze. Zum Programm der Romantiker gehörte eine Dichtung, die sich so rein und stark wie möglich an Ahnung und

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Unterbewußtsein, an Gefühl und Sinn wandte; geistig und magisch zugleich sollte sie, Darstellung des Wirklichen weniger als Klang- und Bilderzauber und Sinnbild sein. So wurden die Romantiker Entdecker und Erneuerer des Märchens, der volksmäßigen Literatur überhaupt, Vollender der im Sturm und Drang anhebenden Volksliedbewegung. Damit hängt es zusammen, daß ihre Lieddichtung an Fülle und Rang die erste Blüte des erneuerten deutschen Liedes weit übertraf, daß Stimmungsdichtung sich nun allgemein ausbreitete. Eine musikalische Artung der romantischen Dicljtungssprache und Ausdrucksweise ist unverkennbar. Man wollte in Tönen denken, in Worten und Bildern musizieren, das Innerste, Bewußtlose ohne den Umweg über Begriff und Gedanken unmittelbar ausdrücken, lieber dunkel und unbestimmt reden, als verständig. Der Piatonismus des 18. Jahrhunderts ist auch im Denken der Romantik lebendig. Jakob Böhme wurde hier erst entdeckt. An ihm, wie an den andern, nun wieder beachteten Mystikern, lernte man, was mystische Religiosität und Spekulation war. Man bewunderte an Böhme das schauende Erkennen von Ganzheiten. Naturphilosophie und religiöses Denken waren da in innigem Wechselleben. Fr. Schlegel fand, bei Böhme stehe das Christentum mit Physik und Poesie in Berührung. Großen Eindruck machte der holländische Philosoph Franz H e m s t e r h u i s (gest. 1790). Seine halbdichterischen Schriften bezeichneten als die höchste Eigentümlichkeit des Menschen das „moralische Organ"; es ist der Inbegriff aller Sympathiegefühle, das Mittel, durch welches wir das Wesen des Mitmenschen oder Gottes mitfühlend innewerden, und der Sitz des sittlichen Empfindens. In der Vergangenheit war es beim Menschen feiner ausgebildet; da hatte er mehr Sinne überhaupt und darum mehr Erfahrung von der Welt. D i e Gedanken, daß der Mensch aus eigener Kraft seine Organe wieder voller entfalten und vervollkommnen müsse, daß die Begeisterung für das Schöne schon jetzt die kommende Einheit mit dem Universum ahnen lasse, daß ein goldenes

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Zeitalter den Menschen das ganze Wissen und zugleich die Einfalt des Ursprungs geben werde - diese Gedanken des Hemsterhuis, die das Programm einer verfeinerten moralisch-ästhetischen Individualbildung vermitteln, gaben dem verwandten romantischen Denken viel Anregung. Kant, den sie als Kritiker der Aufklärungsphilosophie achteten, war ihnen als Denker nicht kühn genug, zu sehr befangen in seiner pedantischen Systematik und seinem Dualismus. Seine Ethik hielten sie für gemütlosen Moralismus, seine Art, die Religion aufzufassen, fanden sie unzulänglich. Und daß er die Mystik ablehnte, entfremdete sie ihm vollends. Unter den zeitgenössischen Philosophen wirkte F i c h t e (1762-1814) am mächtigsten auf die Jugend seiner Zeit ein (etwa bis 1800). Fichte hatte Kants Lehre weitergebildet in einer Weise, die eine Überwindung des Gegensatzes zwischen Kants Vernunftidealismus und dem Naturidealismus von Herder und Goethe ermöglichte. Bei Fichte erreichte der Grundsatz von der Selbstherrlichkeit und der schöpferischen Kraft des sittlichen Individualismus seine höchste Ausbildung. Alles wird durch das Ich hervorgebracht, dessen Wesen unaufhörliches Handeln ist. In diesem nicht mehr überbietbaren Idealismus sah sich das Unbedingtheitsstreben und schöpferische Freiheitsgefühl der jungen Generation gerechtfertigt. An Fichtes Lehre von der intellektuellen Anschauung, der Erschauung des Absoluten, knüpfte die für die romantische Geisteshaltung höchst bezeichnende Theorie von der Ironie an. Der Widerstreit von Endlichem und Unendlichem, von Idee und Erscheinung gibt sich auch im Tun des Künstlers kund. Aber im Bewußtsein dieses Widerstreits selbst während des schöpferischen Vorgangs, in der Haltung des sich selbst Zuschauens und über sich Reflektierens gewinnt das Ich seine Freiheit zurück, vermag es, in der Schwebe verharrend, Handelnder wie Zuschauer zugleich zu sein und die Erfahrung solcher höchsten Freiheit auch noch zum Ausdruck zu bringen. Diese spielerische Freiheit des schaffenden Geistes wird bei Tieck und andern Romantikern zur Quelle eines „besonnenen Mut-

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willens", der das Spiel des Lebens auch wirklich als Spiel nimmt. 2. D i e F r ü h r o m a n t i k . Die erste Gruppe der romantischen Generation begann um 1795 literarisch hervorzutreten. In der nächsten Nähe von Weimar, wo Goethe und Herder lebten, in der Stadt, die damals Schillers Wohnsitz war, in Jena sammelten sich die Führer der jungen Bewegung. Aber wie die Klassiker entstammten auch sie nicht der mitteldeutschen Landschaft. Seit 1794 lehrte Fichte in Jena; zu ihm zog sich die geistige Elite der Nation, das begründete den Ruf der Universitätsstadt. Von 1796 ab fanden sich die Romantiker in Jena ein: zunächst die Brüder Schlegel, Caroline, Dorothea, Schelling, Tieck. Novalis erschien als Gast im Kreis der Freunde. Gleichaltrige junge Männer schlössen sich an: der Naturphilosoph A. L. Hülsen und der norwegische Naturwissenschaftler Heinr. Steffens. Später wurde Berlin der zweite Sammelpunkt der frühromantischen Bewegung. Hier lebten Schleiermacher, Tieck, Wackenroder, Aug. Ferd. Bernhardi (Bambocciaden 1797/1800), vorübergehend auch die Schlegels. Ludwig T i e c k (Berlin 1773-1853) war der früheste Vertreter der neuen Poesie und der fruchtbarste Dichter unter den Frühromantikern, fein Mensch von außerordentlicher Wandelbarkeit und Bestimmbarkeit, vielen Empfindungsweisen und Überzeugungen offen; ein gefügiges Instrument, auf dem alle Weisen der bewegten Zeit erklingen, aber darum auch sehnsüchtig nach einem Halt in fester Wahrheit und nach innerer Kraft. Der Roman William Lovell (1795/96) spiegelt die schwere moralische und seelische Krisis, in der sich Tieck im Übergang zum Mannesalter befand. Die verzweifelte Genußphilosophie, der zu schrankenloser Willkür entartete Selbstherrlichkeitswahn des Geistes, die hier schonungslos bekennerisch als Lebensweisheit des jungen Dichters verkündet werden, zeigen die gefährliche Lage, in der sich der Verfasser damals befand. Den Weg der neuen Weise betritt Tieck erst mit seiner Märchen- und Komödiendichtung. Dem Publi-

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kum des aufgeklärten Zeitalters Märchen als ernsthaft gemeinte Literatur anzubieten, hatte noch kein deutscher Dichter gewagt. Es gab bisher nur Märchensatiren, phantastische Märchenromane wie Wielands Oberon, oder durch Ironie zersetzte Nacherzählungen von Volksmärchen (Musäus, Volksmärchen der Deutschen 1782/86). Tieck aber erzählt ernst und wahr seine Kunstmärchen und Märchendramen (Volksmärchen, herausgegeben von Peter Leberecht 1797, Ritter Blaubart, Rothkäppchen, Der blonde Eckbert 1796). Durch ihre Kunst, im einfachen Erzählungston geheimnisvolle und grausige Stimmungen zu beschwören, sind sie ein erster Ausdruck romantischer Wortkunst. Ursprünglich und reich zeigte sich Tiecks Talent vor allem in den Märchenkomödien nach Gozzis Art (Der gestiefelte Kater 1791, Prinz Zerbino 1799, Die verkehrte Welt 1798), die mit geistvoll-mutwilligem Witz die Aufklärung verspotteten und in denen die ironische Freiheit des romantischen Geistes sich als Spiel mit der dramatischen Illusion auslebte. Tiecks Jugendfreund war Wilh. Heinr. W a c k e n r o d e r (1773-98), dessen Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders (1797) ein erstes Muster romantischer Kunstbetrachtung boten. An die Stelle der kennerischen Beschreibung von Gemälden, wie sie in der Aufklärung vorherrschte, tritt eine aus nacherlebender Eingebung dichterisch redende Nachschöpfung der Idee und Gesinnung des Bildes. Mit religiösem Ernst spricht Wackenroder von der Kunst, Kunstgenuß ist ihm ein Vorgang frommer Hingabe; und aus religiösen Erfahrungen sind die Werke wahrhaft großer Künstler wie Leonardo oder Dürer erwachsen. Wunderbar ist die Sprache der Kunst, sie redet durch Bilder vom Unsichtbaren, Übersinnlichen. Das Programm der romantischen Malerschule (Ph. O. Runge und die Nazarener) wurde hier vorweggenommen. Und hier wurde das Verständnis für die mittelalterliche Kunst und altdeutsche Kultur (Nürnberg) erweckt. Kühn und neuartig waren auch die Betrachtungen über Wesen und Sendung der Musik. Sie wurden in den Phantasien über die Kunst (1799) erwei-

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tert, die Tieck nach des Freundes Tod herausgab. Beide Bücher enthalten auch Beiträge von Tieck im gleichen Geist und Ton. Eine Art Fortsetzung der Herzensergießungen war auch T i e c k s Roman Franz Sternbalds Wanderungen (1798) - als Bildungsgeschichte eines Malers, die in der Zeit und im Umkreis A. Dürers spielt, ein romantisches Gegenstück zum Wilb. Meister. D i e gestaltende Grundkraft war hier freilich lyrisch-musikalischer und nicht ideenhaft-sittlicher Art. D i e Entwicklungslinie verschwindet fast unter der bunten Folge von Stimmungen, Bekenntnissen, Gesprächen und Liedern. Am stärksten wirkte das liebevolle Hinneigen zu altdeutscher schlichter Art und Kunst nach; der Romantiker setzte die von der Klassik aufgegebene Hinwendung des Sturm und Drang zur nationalen Vergangenheit fort, die im weiteren Verlauf der Bewegung sich großartig entfaltete. D i e Welt des mittelalterlichen Katholizismus, der christlichen Legenden wurde wieder erweckt in dem Trauerspiel heben und Tod der heiligen Genoveva (1800), die des Rittertums in dem Schauspiel Kaiser Octavianus (1804). Den Volksbüchern des ausgehenden Mittelalters verdankte Tieck die Stoffe, die ursprüngliche Treuherzigkeit und Poesie der alten Zeiten wollte er den Zeitgenossen beispielhaft vor Augen stellen. Die Gestalt sollte eine Vereinigung von Hans Sachs, Shakespeare und Calderon sein; alle dichterischen Formen, welche die abendländische Poesie kennt, sollten darin vorkommen. Dies formlos-bunte Spiel ist die Vollendung von Tiecks romantischem Dichtwerk. E r gerät nach der Auflösung des Jenaer Kreises zu Beginn des 19. Jahrhunderts in eine schwere innere Krisis. D i e Bekanntschaft mit K . F. S o l g e r s Ästhetik (Erwin 1815) gab ihm weltanschaulichen Halt. Shakespeare-Studien (Tieck führte 1825/40 in 12 Bänden mit seiner Tochter Dorothea und dem Grafen Baudissin die von A. W . Schlegel 1797 bis 1810 mit der Übersetzung von 9 Dramen begonnene deutsche Shakespeare-Ausgabe fort) und ein reiches Werk von teilweise schon unromantisch-wirklichkeitstreu erzählten Novellen ( D e r Aufruhr in den Cevennen 1826, Der

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junge Tischlermeister 1836 u. a.), endlich der realistische Geschichtsroman Vittoria Accorombona (1840) sind die Früchte seiner nachromantischen Schaffenszeit. Die Märchen, Erzählungen und Schauspiele seiner romantischen Zeit hat er im Phantasus (1812/16) zu einem Zyklus verbunden. Der am meisten kritische und organisatorische Geist der frühromantischen Gruppe war Aug. Wilh. S c h l e g e l (Hannover 1767-1845). Seine Dichtungen sind ohne Bedeutung, aber er übertrifft alle Romantiker als Übersetzer (Shakespeare, Petrarca, Calderon). Mit seinem Bruder zusammen gab er die wichtigste Zeitschrift des Jenaer Kreises, das Atbenaeum (1798/1800) heraus. Seine Berliner Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst (gehalten 1801/04) und die Wiener Vorlesungen über dramatische Kamst und Literatur (1809/11) boten eine erste zusammenhängende Darstellung der romantischen Kunstlehre und geschichtlichen Anschauung. Sie warben unter den deutschen Gebildeten am wirkungsvollsten für die neue Richtung. Auch der Bruder Friedr. S c h l e g e l (Hannover 1772 bis 1829) war als Kritiker, Wissenschaftler, Ästhetiker bedeutender denn als Dichter. Er begann mit Abhandlungen über griechische Literatur und mit Kritiken zeitgenössischer Dichtungen, durch die eine neue, bedeutende Form des kritischen Aufsatzes begründet wurde. Die im Atbenaeum erschienenen Fragmente und Aufsätze, wie das Gespräch über Poesie (1800), zeigen seine spekulative und lehrhafte Genialität in hellstem Licht. Sein einziges Drama Alarcos (1802) hatte kaum höhere Bedeutung, als daß es das erste deutsche Drama aus der Nachfolge Calderons war. Der Roman Lucinde (1799) enthält verhüllte Bekenntnisse über des Verfassers „Lehrjahre der Männlichkeit". In der Form von spielerisch-unsystematischen Gedankenvariationen und im Stil der geistvollen Paradoxie wird die neue Lehre von der Überwindung des sinnlichgeistigen Zwiespalts und eine neue ganzheitliche Liebesmoral vorgetragen. Die Empörung, die dieser, Feldzug gegen die gesellschaftliche Scheingesittung hervorrief, ver-

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anlaßte Schleiermachers freundschaftliches Eintreten (Vertraute Briefe über Fr. Schlegels Lucinde 1800). Schlegels Zeitschrift Europa (1803/5) enthält seine Aufsätze aus der Zeit nach Jena. 1808 wurde er katholisch. Seine bedeutende Altersphilosophie enthalten die Wiener Vorlesungen über Philosophie des Lebens (1828) und Philosophie der Geschichte (1829). Seiner Frau, D o r o t h e a Schlegel, Tochter von Moses Mendelssohn, ist als einziger Frau der romantischen Bewegung ein dichterisches Werk von Rang gelungen, der Roman Florentin (1801). Von C a r o l i n e , seit 1796 mit A. W. Schlegel, seit 1803 mit Schelling verheiratet, haben wir nur Briefe, die eine geistvolle Selbstdarstellung dieser bedeutenden Frau und unvergleichlich unmittelbare Spiegelung des Lebens im Jenaer Kreis enthalten. Von Fr. Wilh. Jos. S c h e l l i n g (1775-1854) stammt die bedeutendste philosophische Leistung der frühen Romantik (Ideen zu einer Philosophie der Natur 1797, System der Naturphilosophie 1799, System des transcendentalen Idealismus 1800). Für ihn waren Kunst und Künstlertum die obersten Werte. Am künstlerischen Gestalten schienen Natur und Freiheit gleicherweise beteiligt, und Kunst stand ihm höher als Philosophie. Seine Naturphilosophie gab der Natur selbständiges Sein und Selbstwert, bestimmte aber auch ihren Zusammenhang mit dem Geist neu. Daß die Natur mit dem Geist im Tiefsten eins sei, war romantischer Glaube. Vom Geist ist sie durch Bewußtseinslosigkeit unterschieden. Natur ist sichtbarer Geist, der Geist unsichtbare Natur. Schellings Bestreben, die Natur als rastlos schaffende Kraft anzusehen, sie aus und an ihrem beständigen Werden und Schaffen zu verstehen, auch die wichtigsten einzelnen Anschauungen und Begriffe seiner Naturphilosophie waren nahe verwandt mit denen Goethes. Hier, im Naturidealismus, berührten sich Klassik und Romantik am nächsten. Naturphilosophie, das war zugleich die größte, die eigentliche philosophische Leistung der ersten Romantik, von der die Dichtung und Wissenschaft bis zum Ende der Bewegung immer neu befruchtet wurde. Die Verachtung, welche die exakten NaturwissenV i e t o t ,

Deutsches Dichten u. Denken,

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Schäften des 19. Jahrhunderts für die immer kühner, immer spekulativer werdende Betrachtungsart der Natur hatten, trug viel dazu bei, daß die Romantik so rasch versank. In der Spätromantik hoffte man, daß von Schellings Religionsphilosophie ein neues, vertieftes Christentum ausgehen werde. Daß diese Leistung ausblieb, hat den Zusammenbruch der romantischen Philosophie mit herbeigeführt. Der Dichter, bei dem mit den andern Quellen des neuen Denkens und Fühlens, auch die Naturphilosophie einmündete in den Willen zu einer allumfassenden Dichtung, einer Poesie der Poesie, war selber naturwissenschaftlich geschult und einer der kühnsten Köpfe auf diesem neuen Gebiet, ein „divinatorischer Physiker": Friedr. Frh. V . H a r d e n b e r g (geb. 2. 5. 1772 Wiederstedt, Grft. Mansfeld, gest. 25. 3. 1801 Weißenfels). Er nannte sich als Schriftsteller nach einem Familiengut N o v a l i s . Zu seinen Lebzeiten hatte er nur einen kleinen Teil aus seinen überreichen Notizen als Blütbenstaub-Ftagmente. im Athenaeum veröffentlicht. Die Dichtungen und Schriften wurden erst nach seinem Tode von den Freunden herausgegeben (1802). Sie sind das bedeutendste, was die frühromantische Dichtung überhaupt hervorgebracht hat. Seine Hymnen an die Nacht (1800), ein Zyklus von freirhythmischen Gedichten, in Gedanken und Gestalt gleich hoch und groß, erwuchsen aus den tiefen Erschütterungen, die Novalis durch den Tod seiner Braut Sophie v. Kühn erfuhr. Die Nacht ist hier mythologisches Symbol für die Welt des bewußtlosen Lebens, des auf Ahnung und Vision begründeten Wissens um das Unendliche, für Tod und Liebeserfüllung. Wenn Tag und Leben verlöschen, spricht das eigentliche Leben, das Übersinnliche aus der dunklen Stille; das ist die Stunde, da die Seele in sinnlich-übersinnlicher Lust ihr bräutliches Verlangen nach dem All und Ewigen stillen kann. Alte Motive der christlichen Mystik und der spekulative Geist der Romantik werden durch die Sehnsucht einer die Todesgewalt überwindenden Seele in der Kunstgestalt dieser erhaben auf-

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steigenden Hymnen vereint. Keine tragische Spannung, keine dunkle Dämonie trübt die heitere Seelenhaftigkeit dieses Frühvollendeten. D i e gleiche Art von vergeistigtem und zugleich gefühlsinnigem Christentum zeigen auch die Geistlichen Lieder, in denen die jahrhundertalte Überlieferung der Jesusminne-Poesie gipfelt. Der Aufsatz Die Christenheit oder Europa (1799 geschrieben, 1826 veröffentlicht) gab in umstürzenden Sätzen die neue Auffassung über Mittelalter, Katholizismus, Reformation, Aufklärung wieder. Eine zweite Reformation, aber eine einende, versöhnende, scheint anzubrechen: ein einiges Europa durch ein einiges Christentum. Die französische Revolution ist ihre Wegbereiterin, weil echte Anarchie das Zeugungselement der Religion ist.. Nicht die Antike dient hier mehr als Vorbild der kommenden Erneuerung, sondern das christliche Mittelalter mit seiner religiösen Kultur. Das Bruchstück der Erzählung Die Lehrlinge zu Sais enthält Naturphilosophie in sinnbildlicher Darstellung. Das Geheimnis der Natur, das kein Verstand der Weisen ergründet, dem wahrhaft Liebenden enthüllt es sich. Im Wettstreit mit dem zunächst bewunderten, dann als zu prosaisch verworfenen Wilh. Meister entstand der Roman Heim. v. Ofterdingen. Ein Dichter des deutschen Mittelalters ist der Held, den man damals für den Verfasser des Nibelungenliedes hielt. Es wird erzählt, wie er zum Dichter heranreift. Aber nicht um Schilderung von Wirklichkeiten ist es Novalis zu tun. Das Wesen der Poesie soll ausgesprochen, ihre Bestimmung erklärt werdep. So sind die Begegnungen des Helden mit einzelnen Gestalten der mittelalterlichen Welt in Wahrheit Begegnungen mit den großen, den allgemeinsten Mächten, Kräften, Wesenheiten des menschlichen Lebensgebiets. Durch Gespräche, Erzählungen, Träume werden sie ausgedeutet und für die Entfaltung des Dichters im Helden fruchtbar gemacht. Immer stärker strahlt das Übersinnliche ein. Der Sinn dieses Sinnbildlichen wird vordeutend ausgesprochen in dem Märchen, das Klingsor erzählt. Die Vision eines kommenden vollendenden Zeitalters überstrahlt das 6*

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gegenwärtige Leben und hebt es zu sich empor. An die Stelle des sittlichen Vollkommenheitsideals, wie es die Klassik, Entscheidung fordernd, dem Willen weist, tritt hier die Märchenapotheose eines vollendeten Zustands, vor dem alle irdische Notwendigkeit unwesentlich wird. Auch diese schönste Prosadichtung der Romantik ist ein Bruchstück geblieben, wie das Leben des Dichters selbst. 3. K l e i s t . Heinr. v. K l e i s t (geb. 18. 10. 1777 Frankfurt a. d. Oder, gest. 21. 11. 1811 Wannsee) gehört der Altersgemeinschaft der Romantiker an, aber weder ihrem Lebens- noch ihrem Schaffenskreis - ein einsamer und eigenwilliger Einzelgänger. Mit dem Denken der Romantik verbindet ihn macher Zug, aber das Ganze seiner Weltanschauung hat andere Gestalt. Sein tragisches Lebensgefühl, die Willentlichkeit seines Charakters, stellt ihn als den zweiten großen Dramatiker des deutschen Idealismus neben Schiller. Aber wie ihm Kants transzendentaler Idealismus keine Förderung war, sondern ihm zum tödlichen Gift zu werden drohte, so findet e r Sicherheit und Freiheit nicht in der Selbstbestimmung aus Vernunft, sondern in der unbewußten, aber unzerstörbaren Kraft des Ich-Gefühls. Aus der unruhevollen Bestimmtheit dieses Gefühlsgrundes stammen Kleists Helden; darin wurzelt ihre Freiheit, und aus Verwirrungen ihres Gefühls kommen die Verhängnisse ihres Schicksals. Sie kennen nur das Handeln aus dem dämonischen Zwang der dunklen Innenmacht. D i e tief pessimistische Tragödie Die Familie Schroffenstein (1803) stellt den Menschen noch als ohnmächtiges Opfer unbegreiflicher Verhängnisse dar. Das Lustspiel Amphitryon (1807) zeigt zuerst Kleists Gefühlsidealismus. Es ist zum größten Teil die getreue Übersetzung von Molieres Komödie; nur ein Drittel des Ganzen ist Kleists Werk. Aber, was wichtiger ist, die Deutung, die Kleist dem antiken Mythus gibt, macht aus dem possenhaften Spiel, soweit das möglich ist, eine feierliche Begebenheit: die Geschichte von der diamantnen Festigkeit des liebenden Herzens, der unerschütterlichen Sicherheit des echten Gefühls. „Das Gefühl ist unser metaphy-

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sischer Wesenskern". Nichts anders ist der Grund, auf dem unser Ich sicher stehen und aus dem es die Kraft zur freien Selbstbestimmung ziehen kann. Diese Freiheit ist individualistischer als die Vernunftfreiheit des Idealismus von Kant und Schiller; Gefühle gelten nur für den, der sie hat. Das Chaos droht hinter allen kleistischen Schicksalen, denn Urmächte sind da entfesselt. Sein kühnster Wurf war das Trauerspiel Penthesilea (1808), eines der maßlosesten und aufwühlendsten Werke der deutschen Dichtung, gigantischer Ausdruck nordischer Phantasie und des Willens zugleich zu erhabener Schönheit. Hier sollte gelingen, wozu das Bruchstück des Trauerspiels Robert Guiskard (1808) den Anlauf genommen hatte. Der Konflikt zwischen Pflicht und Neigung, dem Gesetz ihres Volkes und dem Gebot ihres Herzens, ist für Penthesilea nur die Veranlassung, etwas diesen Gegensatz Überragendes zu erfahren: die unbedingte Gewalt und Festigkeit des im Übervernünftigen, im Gefühl geborgenen Ich. Ihren titanischen Willen nach höchster Steigerung durch die Liebe zu Achill begreift sie als ihre Bestimmung. Als Irrtum und Verblendung überfällt das feindliche Schicksal sie mitten auf der heldischen Bahn. Die Kraft, von der sie zur Vollendung hätte getragen werden sollen, wirkt nun als entfesselte Besessenheit zerstörend nach Innen: ungeheures Schauspiel rasender IchDämonie. Der Tod, den Penthesilea stirbt und den auch Kleist gestorben ist, ist ihre eigene Tat, wenn auch keine Tat aus „Freiheit". In ihm erst gewinnt sie aber doch die Freiheit zurück und verherrlicht durch ihren Untergang die dunkle Gewalt des Gefühls. Durch die riesigen Kräftespannungen werden auch Bauform und Sprache des Dramas bestimmt: ungeregelt und ungehemmt durch Besinnung oder Überlegung schwillt der Strom des Ausdrucks zu heftigen Ausbrüchen an. Der Zwiespalt, aus dem Penthesilea kommt, wurde zum eigentlichen Thema in Kleists klarstem und ideenhaftestem Drama, dem Prinz v. Homburg (entstanden 1811). Eine Begebenheit der preußischen Geschichte ist hier auf beispielhafte Weise behandelt: der

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Unbedingtheitsdrang, die Traumromantik jugendlicher Leidenschaft wird zu freiwilliger Beugung unter das gemeinschaftsbedingende Gesetz des Staates erzogen und das Individuum so erst zu männlicher Vollendung und der Einheit von Leben und Geist gereift. Die Armut der deutschen Literatur an politischer Dichtung gibt diesem Drama noch einen besonderen Rang. Durch Höhe und Tiefe des Ich-Gefühls führt hier der Weg zur Entdeckung einer Welt übergeordneter Werke, in der das Dasein einer Nation gründet. Dies Drama gehört dem zwischen Niederlage und Freiheitskampf mächtig anwachsenden Nationalgefühl und dem politischen Denken der Romantik an, das Kleist durch den Freund Adam Müller vermittelt wurde. Mit Müller gab er in Dresden die literarische Zeitschrift Phöbus (1808), in Berlin die vorwiegend politischen Abendblätter (1811) heraus. Als Mittel zur Stärkung nationaler Energie und politischer Propaganda am Vorabend des österreichischen Krieges sollte die Hermannschlacht (entstanden 1808) dienen, Zeugnis des Willens der Poesie, „eine kriegsführende Macht" zu werden. Die geschichtliche Maske ist durchsichtig genug, um die Gegenwartsverhältnisse durchscheinen zu lassen, die Glut des Hasses gegen Napoleon als „den bösen Geist der Welt" und gegen die Unterdrücker leidenschaftlich genug, um allenthalben in der wuchtigen Schlagkraft der Sprache unmittelbar zum Ausdruck zu kommen. Dem Stil der romantischen Mittelalterdichtung und dem ihm von Müller gewiesenen Ideal einer christlich-nationalen Dichtung kommt Kleist am nächsten in dem Ritterschauspiel Das Käthchen von Heilbronn (1810). Auch Käthchen gehört zum Geschlecht der in der Sicherheit und Kraft des Gefühls Wurzelnden, so mächtig durch Treue und Hingebung, wie Penthesilea es durch Handeln ist. Der zerbrocbne Krug (1811), Kleists einziges Lustspiel und das bedeutendste in deutscher Sprache neben Minna von Barnhelm und den Meistersingern, ist am größten in der Meisterschaft der Handlungsdynamik und der eigentümlich dialektischen Dialogform. - Kleists Erzählungen (1810/11)

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sind der innern Form nach dramatisch; die vollkommene Stetigkeit des reinen Beiichtstils vermittelt aufs stärkste die große Spannung, die hier gebändigt ist. Einzelfälle, bis zur Absonderlichkeit merkwürdig (Michael Kohlhaas, Die Marquise v. O. usw.), werden mit chronikalischer Sachlichkeit erzählt. Um Verwirrung des Gefühls und Schicksale aus solchem Grunde handelt es sich auch hier. 4. D i e S p ä t r o m a n t i k . Die zweite Gruppe der Romantiker, deren Angehörige nur um wenige Jahre jünger waren als die ersten, ging von der durch die frühromantische Dichtung und Philosophie geschaffenen neuen Geistwirklichkeit aus nach allen Richtungen hin in die Breite des Lebens. In dieser zweiten Zeitspanne ist die Romantik nicht weniger Dichtung, aber sie entfaltet sich nun erst zu der umfassenden, alle Gebiete durchdringenden Bewegung, als die sie für die deutsche Kultur einzigartig bedeutsam geworden ist. Der Geist dieser jüngeren Wachstumsstufe der Romantik ist weniger spekulativ, der irrationalistische Charakter tritt stärker hervor, die Formsprache wird einfacher. Berlin wurde nun der wichtigste Sammelpunkt. Viele Spätromantiker, aber keineswegs alle, entstammen den nord- und ostdeutschen Landschaften. Preußen war damals das Kerngebiet des Volkswiderstandes und der nationalen Erneuerung. Um diese Kraftmitte sammelte sich jetzt alles, was im Bereich deutscher Politik und Kultur Leben zu empfangen und zu entfalten vermochte. Das nationale Bewußtsein, die Liebe zu deutscher Art und Geschichte entwickelten sich machtvoll, während der weltweite Universalismus der Frühromantik abklang. Von Preußen aus wurde dies Streben überall im deutschen Volk geweckt, auch im katholischen Westen und Süden. Zuerst fand sich, wie zuvor in Jena, ein enger zusammengehöriger Kreis in Heidelberg zusammen, wo zu Beginn des Jahrhunderts die Universität neu aufgebaut wurde. 1805 waren Brentano und Arnim in Heidelberg, an der Volksliedersammlung Des Knaben Wunderhorn arbeitend. 1806 fand sich Josef Görres ein, auch der Philologe Creuzer gehörte zum Kreis der Freunde. 1808

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kehrte Arnim noch einmal für ein Jahr nach Heidelberg zurück und gab hier die für die Spätromantik wichtigste Zeitschrift heraus, die Zeitung für Einsiedler (1808, als Buchausgabe unter dem Titel Tröst-Rinsamkeit). Mitarbeiter waren vor allem Görres, Brentano, die Brüder Grimm. Clemens B r e n t a n o (Ehrenbreitstein 1778-1842) ist neben Eichendorff der bedeutendste Lyriker der Spätromantik. Seinen Rang als Erzähler bestimmt nicht so sehr der phantastische Roman Godwi (1801/02), in dem der Grundriß des Bildungsromans überwuchert und verschnörkelt wird durch Gefühlsergüsse, Stimmungsmusik, satirische Ausfälle, witzige Spielereien - ein lebens- und zeitgeschichtliches Zeugnis mehr als eine für sich gültige Kunstgestalt. Die romantische Phantasie lebt sich nun mehr in Märchenerzählungen aus, die Novellen aber werden Wirklichkeitshaft, auqh wenn sie Geschichtliches berichten.

Die

großen

geschichtlichen

Umwälzungen,

der

Übergang vom Denken und Dichten zum Handeln, zu dem die Lage des Landes nötigte, solche tiefen Erfahrungen führen schon innerhalb der zweiten Romantik die Wendung zur gegenwärtigen Wirklichkeit herbei. Brentano gehört der realistischen Richtung der letzten Romantik nur mit zwei volkstümlich-einfachen Erzählungen (Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl, Die mehreren Wehmüller 1817) und der mittelalterlichen Geschichte Chronika eines jahrenden Schülers (1818) an. Seinem Fabuliergenie lag die phantastische Willkür der reinen Märchenerzählung näher (Märchen 1846), in der er der romantische Meister geblieben ist. Seine „Rheinmärchen" halfen die malerische Schönheit der Rheinlandschaft entdecken, seine „italienischen" Märchen übertrugen die Stoffe von Basiles Pentamerone (1637) ins DeutschRomantische. Das schönste unter ihnen ist das alle Farben von Brentanos phantastischer Laune spiegelnde deutsche Waldmärchen von Gockel, Hinkel und Gackeleia (erw. Fassung 1838). Das Lustspiel Ponce de Leon (1804) zeigt ihn als könnerischen Nachspieler der Komödientöne und -motive von Shakespeare, Gozzi und Goldoni, Wie

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in seinem Roman verschwindet auch hier die Handlung unter den Witzen und Stimmungen, dies Stück lebt durchaus vom Spiel mit Worten und Situationen. Das lyrische Epos Romanzen vom Rosenkranz ist nicht vollendet worden. Es hatte Gefäß für Brentanos religiöse Gesichte und Sehnsüchte sein sollen. Als er zu dem Glauben seiner Kirche zurückgefunden hatte, gewann sein unstäter Geist Ruhe in der Ausarbeitung von Erbauungsbüchern (Das bittere Leiden unsers Herrn 1833, Leben der heiligen Jungfrau 1852), deren Grundlage die Erzählungen der Dülmener Nonne Katharina Emmerick bilden. Brentanos kostbarstes Werk ist die Sammlung „alter deutscher Lieder", die er mit Arnim herausgab: Des Knaben Wunderhorn (1806/08). Das herrliche Hausbuch enthält neben echten Volksliedern viele alte und neue Gedichte, die um ihres einfachen Tons und ihrer natürlichen Anschaulichkeit willen wert schienen, jedem deutsch fühlenden Menschen zu gefallen. Aus alten Drucken, Almanachen, Gedichtbüchern ist die Hauptmasse der Gedichte zusammengetragen. In die Mitte der ständisch getrennten. Nation wollte das Buch sich in der bedrängten Gegenwart stellen, wollte erziehen, indem es zeigte, wie an dieser Poesie die Nation ein lebendiges Gemeinsames besaß: „das goldne Vließ, das allen gehört, was der Reichtum unsers ganzen Volkes, was seine eigene innere lebende Kunst gebildet . . .". Um dieser Bestimmung willen haben die Herausgeber den Wortlaut und die Gestalt der Gedichte meist verändert, haben aus romantischem Genie heraus um- und weitergedichtet. So ist dies Buch, die erste umfassende Sammlung deutscher Volksdichtung (Herders Sammlung enthielt Lieder von mancherlei Völkern) zugleich ein einzigartiges Zeugnis romantischer Dichtungsweise. Aus diesem unausschöpfbaren Schatz wurde seitdem alle deutsche Lieddichtung genährt. Achim v. A r n i m (Berlin 1781-1831) ist als Lyriker sonst nicht groß; ein Mann von edelster deutscher Adeligkeit, aber ein Dichter nach Empfindung und Bildung

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mehr als nach Gestaltungskraft. Unbekümmert ist sein Erzählerton, ungezügelt seine Einbildungskraft. Den neuen Stil realistischer Phantastik, eines romantischen Realismus zeigen seine Prosadichtungen ausgeprägt; vor allem seine geschichtlichen Erzählungen: Isabella von Ägypten (1812), eine mit vielen Zügen des Volksglaubens ausgeschmückte Novelle aus dem 16. Jahrhundert, und der Roman Die Kronenwächter (1817) wollen das Leben des ausgehenden Mittelalters, die der Romantik so teure altdeutsche Vergangenheit, Ritterwesen und Bürgertum schildern. Wahre Bilder vergangener nationaler Wirklichkeit will er erwecken und seiner Gegenwart vor Augen stellen. „Die Geschichte in ihrer höchsten Wahrheit gibt den Zeitgenossen ahnungsreiche Bilder". Der Zeitroman Gräfin Dolores (1809) erzählt in der Nachfolge von Goethes Wahlverwandtschaften vom Widerstreit zwischen Liebesleidenschaft und sittlicher Notwendigkeit in der Ehe, deren gesellschaftlichen Wert und deren Würde auch Arnim rühmt. Die Eigenart des bunten, aus schweifender Phantasie breit wuchernden romantischen Romans tritt im Vergleich mit Goethes klar gebautem Werk deutlich hervor. Einen Teil seiner reichen Novellendichtung faßt er im Wintergarten (1809) durch einen Rahmen zusammen. Seine Dramen {Halle und Jerusalem 1811, Die Gleichen 1819 u. a.) sind dialogische Erzählungen, die auf der Bühne nicht zu leben vermögen. - B e t t i n a Brentano (1785-1859), seit 1811 Arnims Frau, hatte die ungebändigte Phantasie und das ursprüngliche Dichtergenie des Bruders. Aber nur Bearbeitungen von Briefwechseln, freilich von höchst bedeutenden, sind ihr als Werk gelungen (Goethes Briefwechsel mit einem Kinde 1835, Die Günderode 1840, Cl. Brentanos Frühlingskranz 1844, llius Pamphilius 1848). Am eindrucksvollsten ist ihr Rühmen des großen Genies: von Goethe, Hölderlin, Beethoven spricht sie ahnungsvoll wissend, das schöpferisch Ursprüngliche tief verstehend. Mit ihrer kühnen, an Friedrich Wilhelm IV. gerichteten Schrift Dies Buch gehört dem König (1843) griff sie in die politischen Kämpfe im vormärz-

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liehen Preußen ein. Auch die andern Frauen aus dem Kreis der jüngeren Romantiker waren als Verkörperungen romantischen Lebens und als Trägerinnen romantischer Schicksale bedeutend, nicht als Dichterinnen: Karo-

line v. Günderode (Gedichte u. Phantasien 1804, Poeti-

sche Fragmente 1805) und Rahel Levin, seit 1814 verheiratet mit Varnhagen von Ense {Rahel, Ein Buch des

Andenkens

1834).

In der Spätzeit der Romantik wurden problematische Naturen häufiger. Ihre Lebensschicksale zeigten zuweilen katastrophenhafte Wendungen, ihre Werke krisenhafte Heftigkeit und leidenschaftlichen Erlösungsdrang. Brentanos Gedichte und die Erzählungen von Ernst Theodor Amadeus H o f f m a n n (Königsberg 1776-1822) zeigen diese „Zerrissenheit", unter der am Ende der Romantik die ganze gebildete Jugend leidet, zuerst als dichterischen Ausdruck. Das in Arnims Werk spannungslos bestehende Nebeneinander von realistischer Weltschilderung und romantischer Überwirklichkeit ist bei Hoffmann zum magischen Helldunkel geworden. Die Grenze zwischen Wirklichkeit und höherem Sein, zwischen Begebenheit und Märchenwunder, Tag und Traum ist da allenthalben fließend; unversehens geht eine Welt in die andere über. Den Schauplatz der bürgerlichen Gegenwart bevölkert Hoffmann mit den Wunsch- und Angstgestalten seiner Gesichte. Durch das wirkliche Leben und die Gesetzmäßigkeit der Natur ziehen sich die Bahnen der magischen Überwirklichkeit hindurch. Traum, Ahnung, magnetische Kräfte, Wahnsinn, aber vor allem die heilige Sehnsucht und Begeisterung genialischer Menschen sind Offenbarungen und Bürgen dieser höhern Welt. Große Erlebnisse der Liebesleidenschaft, der Kunstfrömmigkeit heben Hoffmanns gequälte und schuldvolle Helden in das Land der reinen Sehnsucht. Reine Frauengestalten sind die Engel dieser dunklen Schicksale. Doch ist der moralische, zur Entscheidung und Tat führende Idealismus Hoffmann fremd. Dämonen brechen über die Menschen herein. Hoffmanns Wesen ist am unverhülltesten beken-

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D a s Z e i t a l t e r des Idealismus

nerisch ausgedrückt in der Gestalt Kreislers. Wie Hoffmann ist er ein Künstler, Musiker, Feind der Gesellschaftswelt, und wie er gezwungen, in beiden Sphären, der idealen und der gemeinen, zu leben. Verwandte Gestalten sind die verkrampften Sonderlinge, in den zuckenden Wechsel von Genialität und Narrheit gestellt. Sie kommen fast in jeder Erzählung Hoffmanns vor. Hoffmanns Stil ist am ursprünglichsten in ironischer Heftigkeit. Sein Humor, mit dem er sich von der bürgerlichen Welt absondert, kommt aus Rachgier und Lachlust zugleich. Die gute Gesellschaft der sinkenden idealistischen Epoche mit ihrer fadenscheinig werdenden Bildung ist der beliebteste Gegenstand seiner sarkastischen Ausfälle. Auf die exzentrische Phantastik des Zeichners Callot hat Hoffmann sich als auf ein ihm Wahlverwandtes berufen (Phantasiestücke in Callots Manier 1814/15). Der Roman Die Elixiere des Teufels (1815/16) erzählt die grausige Geschichte eines Geschlechts, das durch Schuld dem Schicksal verfallen ist und den unversöhnbaren Fluch bis ins letzte Glied büßen muß. Der spätromantische Fatalismus geht hier bis zum entschiedenen Gegenidealismus. Auf der Nachtseite des Lebens, zu der es Hoffmann unwiderstehlich hinzieht, spielen die Geschichten der Nachtstücke (1817). Die Serapionsbrüder (1819/21) vereinigen in einem Rahmen eine bunte Folge kleinerer Erzählungen, die den Reichtum von Hoffmanns Genialität eindrucksvoll dartun. Das Höchste an Selbstdarstellung und Bewältigung seiner Lebensproblematik durch Witz erreichte er im Kater Murr (1820/22). Seine Lust an grotesker Komik beherrscht sein letztes Buch, Meister Floh (1822). - In Hoffmanns Werk gipfelt die romantische Erzählungskunst. Dieser aus Kunstidealismus, Märchenphantastik, Magie und Witz gemischte Stil entsprach dem Bedürfnis der Gesellschaft in der zu Ende gehenden Epoche nach stärkeren Reizen. Durch Hoffmanns Erzählungen ist die deutsche Romantik im Ausland, vor allem in Frankreich, am breitesten eingeführt worden. Vordeutende Verwandtschaft mit Hoffmanns Art zeig-

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ten die 1804 anonym erschienenen Nachtwachen des Bonaventura, die wahrscheinlich von Friedr. Gottlob W e t z e l (1779-1819) stammen. Die Neigung zu einfacherer, volkstümlicher Ausprägung romantischer Ideen und Motive wuchs besonders in der Erzählungsliteratur. Friedr. Baron de la Motte F o u q u e (1777-1843) bildete seine Erzählung Undine (1811) aus der Idee der romantischen Philosophie, daß Natur und Geist ursprünglich eines seien, daß die Natur nach Beseelung durch den Liebesbund mit dem Menschen verlange. Der Roman Der Zauberring (1813) malte ideale Bilder des mittelalterlichen Rittertums, als dessen Heimat Deutschland erscheint. Fouque ist ein Hauptvertreter des „forcierten Teutonismus", wie er in diesen Jahren des Aufruhrs nationaler Gefühle nebenbei aufkam. Seine Dramen-Trilogie Der Held des Nordens (1810) behandelt die Nibelungensage, wie sie die E d d a überliefert; auf die nordische Heldensage war damit der Blick wieder gelenkt. Fouques Bücher haben noch Wagners Rz>zg-Dichtung beeinflußt. Von ähnlicher Art sind die Dichtungen des Grafen Otto v. Loeben {Rosengarten 1817). Dem Berliner Kreis, der sich um Varnhagen von Ense, den fruchtbarsten Chronisten des Gesellschafts- und Geisteslebens, sammelte, gehörte auch Adelbert v. C h a m i s s o an (1781-1838), Sohn eines französischen Emigranten, preußischer Offizier, dann Botaniker und Forschungsreisender. Ein natürlicher, lauterer und eigenwüchsiger Mensch und Dichter. Seine erzählenden Gedichte haben echte Volkstümlichkeit. Peter Schlemihls wundersame Geschichte (1827) hat ihn bei allen Kulturvölkern bekannt und beliebt gemacht: ein durchaus ursprüngliches Werk, realistisch genug, um als Novelle, romantisch genug, um als humoristisches Märchen zu gelten - einfach im Sittlichen und Dichterischen, witzig in seiner vieldeutigen Sinnbildlichkeit. Der lyrisch-epische Charakter des romantischen D r a m a s trat immer stärker hervor. Die Gründung Prags von Cl. B r e n t a n o (1815) übertrifft Tiecks Dramen noch an musikalischer Grundartung und lyrischer Stimmungskunst.

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Das Zeitalter des Idealismus

Die großen Spannungen und Konflikte, die heldischen Entscheidungen und triumphierenden Untergänge, wie sie die deutsche Tragödie von der echten Art damals zeigte, findet man im Kreis der romantischen Generation nur bei Kleist. Durch Buntheit, Schaugepränge und Ereignisfülle will das romantische Drama wirken: ein fabulierendes und schilderndes Schaustück. Diesem Typus des „ungestalteten" Schaustücks, das sich manchmal der Oper nähert, gehören auch die Werke desjenigen spätromantischen Dichters zu, der das stärkste dramatische Talent in diesem Kreis war: Zacharias W e r n e r (Königsberg 1768-1823). Sein Leben führte durch unlösbaren, aufreibenden Zwiespalt und selbstzerstörerische Maßlosigkeit zu gewaltsamer Entscheidung; er trat 1810 zum Katholizismus über, wurde Priester und erfolgreicher Prediger. Seine Schwärmerei für Freimaurertum, eine Erbschaft des 18. Jahrhunderts, verband sich auf sonderbare Weise mit der Vorstellung von einem idealisierten Katholizismus, zu dem Europa zurückkehren müsse. Wie für Tieck war Jak. Böhme für ihn eine religiöse Offenbarung; seine Theosophie enthalte zugleich die wahre Kunstlehre. Denn Kunst und Religion waren für Werner, wie für andere Romantiker, im Grunde eines und dasselbe. Das Drama Die Söhne des Tales (1803) deutet den Untergang des Templerordens als verpflichtende Voraussetzung für die im Freimaurertum angelegte Bestimmung: Wegbereitung eines geläuterten Katholizismus zu sein. Das Kreuz an der Ostsee (1806) verherrlicht den Kampf der Ordensritter für das Christentum im deutschen Osten. Einem Lutherdrama Die Weihe der Kraft (1807) folgte die schon vor dem Übertritt entstandene, wirkungsvoll-straffe Tragödie Der vierundzwanzigste Februar (1815), durch welche die Schicksalstragödie, eine Spielart der Schauerromantik, in Mode kam. Das in unerbittlichem Gang wirkende, nur scheinbar zufallsmäßige Schicksal wird da als Werkzeug einer platt vergeltenden Gerechtigkeit sichtbar gemacht. Die Begebenheiten, an denen das geschieht, sind kriminalistisch-spannend (Adolf Müllner: Die Schuld 1816,

Die Romantik

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Ernst v. Houwald: Die Heimkehr 1821, Grillparzer: Die Ahnfrau 1817). Wie am Eingang der Romantik ein großer Dichter steht, Novalis, so wird sie groß und schön beschlossen durch Jos. Frh. v. E i c h e n d o r f f (geb. 10. 3. 1788 Schloß Lubowitz, Oberschlesien, gest. 26. 11. 1857 Neiße). Bedeutend ist er vor allem durch seine Lieddichtung (Gedichte 1826), die vom Wald, von der Liebe, vom Wandern singt, einfacher und tiefer Ausdruck des ursprünglichen deutschen Naturgefühls und christlich-gemüthafter Naturfrömmigkeit nach romantischer Weise. Einige der schönsten Volkslieder stammen von Eichendorff ( W e m Gott will rechte Gunst erweisen, In einem kühlen Grunde), und ohne ihn ist die romantische Liedmusik kaum denkbar. In der Geschichte von der Herrlichkeit des ziellosen Wanderns, der Novelle Aus dem Leben eines Taugenichts (1826), erhebt sich die romantische Kunst märchenhafter Verzauberung des Lebens, inniger Einung zwischen Natur und Mensch noch einmal zu einer Leistung, die darum rein und groß vor andern dasteht, weil sie aus einfachem, großem Gefühl und ordnungsfestem Geist kommt. Was die vielen problematischen Naturen seiner Generation suchen mußten, besaß der Katholik Eichendorff von früh an: Einheit von Religion und Leben, von Frömmigkeit und Poesie. Der Roman Ahnung und Gegenwart (1815) gibt als einzige romantische Prosadichtung eine bunte, lebendige Schilderung des äußeren und inneren Zustands, in dem sich die deutsche Gesellschaft damals befand. Die Farbigkeit, der Gestaltenreichtum und der lyrische Stimmungszauber machen die Schönheit dieses Buches aus, das aber auch durch seinen Gedankengehalt hohen Wert hat. Mit tiefem Ernst wird die kritische Lage der Gegenwart aufgedeckt, das Elend der Zeit gefühlt und gezeigt: ihr schönes, reiches Leben, das doch unter dem Fluch des ästhetischen Heidentums, des verwegenen Titanismus der Leidenschaften und des Geistes steht. Der Held, „ein Kämpfer Gottes an der Grenze zweier Welten", entwickelt sich zu der Einsicht, daß keine Gegenwart, so schön ihr

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D a s Zeitalter des Idealismus

Schein ist, seiner größeren Ahnung genugzutun vermag, die nur in der alten, besseren Zeit ihre Heimat weiß. In frommer Abkehr nur findet er Ruhe, denn seine Sehnsucht entstammt dem christlichen Erlösungsverlangen. Aber eine bessere Zukunft leuchtet über der Resignation des Schlusses auf. Der Gegensatz zwischen Kunst und Leben ist auch in der Erzählung Dichter und ihre Gesellen (1834) das mannigfach abgewandelte Thema. Unter seinen dramatischen Versuchen ragt die Komödie Die Freier (1833) hervor, ein anmutig-witziges Spiel aus der Nähe von Brentanos Ponce de Leon. Eichendorff, der mit diesen das Ende der Romantik verklärenden Werken zu einer Zeit hervortrat, als die Gegenbewegung schon den Schauplatz beherrschte, hat aus dem Rückblick des Alters noch selbst eine geschichtliche Deutung der Romantik gegeben (Zur Gesch. der neueren romantischen Poesie 1846). Subjektivistischer Hochmut wurde auch hier für die Entartung und den Zusammenbruch der großen Bewegung verantwortlich gemacht, der Protestantismus als Quelle angesehen. Dem konservativen und restaurativen Katholizismus, wie er gegen Ende der Bewegung auftrat, gehört diese bedeutendste Selbstkritik der Romantik in allen Grundbehauptungen an. Eichendorffs Lieddichtung und die Anregungen, die immer wieder vom Wunderhorn ausgingen, haben eine große Schar von Lyrikern romantischer Art und Abart geprägt. Unter ihnen ist Wilh. M ü l l e r (1794-1827) der bedeutendste. Sein einfaches, besinnliches mehr als sinnliches Wesen sprach sich im zierlich verschönten Volkston kleiner Lieder am liebsten aus, die er zu Zyklen aneinanderreihte ( M ü l l e r - L i e d e r 1818, Die Winterreise 1823). Der Anteilnahme am Freiheitskampf der Griechen gegen die Türken, damals unter den Gebildeten in Deutschland eine Sache modischer Begeisterung, entstammen seine Lieder der Griechen (1821). In der Spätromantik entsteht das moderne deutsche Nationalbewußtsein, wandelt sich das kulturelle Nationalgefühl in eines, das sich auf den ganzen Menschen und

Die

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Romantik

alle Gebiete der nationalen Wirklichkeit bezog. Hinwendung zum Mittelalter, zur deutschen Vorzeit vor allem, Wiederbelebung der alten Klänge, Lieder, Sagen und Gestalten, herzliche Versenkung in die Zeugnisse der Vergangenheit, die mit naiver Wahrheit und reiner Unmittelbarkeit deutsches Wesen aussprachen - dieser romantische Geschichtsmythus hat den Geist der Freiheitskriege zwar nicht eigentlich geschaffen, aber ihn seelisch und sittlich bereiten und veredeln helfen. Diese Volkserhebung ist durch den Notzwang der Wirklichkeit entzündet worden. Aber das Feuer, das da emporloderte, war genährt durch Schillers heroisches Pathos, den idealistischen Anruf der zeitgenössischen Philosophie (vor allem durch Fichtes

Reden an die deutsche Nation 1808), die Entwicklung des

völkischen Selbstbewußtseins, die Liebe zur nationalen Art und Geschichte, den Glauben an eine deutsche Sendung, welches alles die Romantik erst verbreitet hatte. Jetzt erlebten sich die Deutschen handelnd als ein einiges Volk; aber wofür sie kämpften, was dies Deutschtum war, kündete ihnen die große Dichtung und Philosophie. In solcher Gesinnung handelte sie. Dazu kam nun aus der Glut des geschichtlichen Augenblicks mit seiner grenzenlosen Bereitschaft zur Hingabe an das Vaterland der aufwallende Zorn gegen die welschen Unterdrücker, gegen Napoleon als Verkörperung des der verhaßten Revolution entstammenden französischen Eroberungswillens. Das zusammen gab Motive und Gehalt her in der Dichtung der F r e i h e i t s k r i e g e , vor allem in den Liedern von Theod. K ö r n e r (1791-1813), Max v. S c h e n c k e n d o r f (1783 bis 1817), Ernst Moritz A r n d t (geb. 1769 auf Rügen, gest. 1860 Bonn). Das war keine politische Dichtung, sondern eine der patriotischen Begeisterung und des sittlichen Wollens. Arndt, der am meisten politische Denker des damaligen Deutschlands, hat in zahlreichen Prosaschriften

(Geist d. Zeit 1806 ff., Schriften für und an seine

lieben

Deutschen 1845) auch die eigentlich politischen Zeitfragen behandelt, immer in der Haltung eines sittlichen Mahners, Lehrers der Nation und im Stil kraftvoller AllgemeinVietot,

Deutsches Dichten u. Denken.

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D a s Zeitalter des Idealismus

gültigkeit. Neben ihm hat Friedr. Ludw. J a h n (Deutsches Volkstum 1810) durch die gleiche Gesinnung mächtig gewirkt. Daß diese Entwicklung des Nationalbewußtseins, die Belebung des Gefühls für deutsche Art und Bestimmung eine Sache der ganzen Nation war und ein die konfessionelle Trennung übergreifendes Gemeinsames, zeigen Wirken und Wert des großen Katholiken Josef v. G ö r r e s (Koblenz 1776-1848). Im Heidelberger Kreis wurde er Mitarbeiter an den deutschwissenschaftlichen Bemühungen. Er schrieb das erste Buch über die deutschen Volksbücher (1807), gab eine Sammlung Altdeutsche Volks- und Meislerlieder (1817) heraus. Als politischer Schriftsteller war er zunächst Parteigänger der französischen Revolution gewesen, dann wortgewaltigster Gegner Napoleons und des „hündischen Rheinbundgeistes". Nach den Freiheitskriegen verfocht er die Idee des neuen Reiches der Deutschen (.Rheinischer Merkur 1814/16). Später wurde er der geistund wirkungsvollste Verfechter der Strebungen des erneuerten Katholizismus. Seine wissenschaftlichen Hauptwerke sind die in Heidelberg entstandene Mythengeschichte der asiatischen Welt (1810) und Die christliche Mystik (1836/42). Die mythologischen Forschungen des Heidelbergers Friedr. Creuzer (Symbolik und Mythologie der alten Völker 1810/12) waren aus verwandtem Geist. Dem romantischen Interesse für die Welt der Mysterien entstammten auch die zwischen Dichtung und Wissenschaft schwebenden Werke von Gotth. Heinr. v. S c h u b e r t (Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft 1808, Die Symbolik des Traumes 1814), die auf die Dichter der jüngeren Romantik, auf Hoffmann z. B., großen Eindruck machten. D i e Blüte der Philosophie, die neben der romantischen Dichtung und in ständigem Wechselleben mit ihr sich entwickelte, hielt bis zum Ende der Bewegung an. Franz v . B a a d e r (München 1 7 6 5 bis 1 8 4 1 ) , ein „divinatorischer Physiker" w i e Novalis, f o r d e r t e die Einheit von Theologie und Naturphilosophie ( B e i t r ä g e zur dynamischen Philosophie 1 8 0 9 , Begründung der Ethik durch die Physik

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Die Romantik

1818, Vorlesungen über religiöse Philosophie 1826). Baader, der aus der Überlieferung des mittelalterlich-katholischen Denkens kam, war seiner theologischen Stellung nach mystischer Theist. Als Ausleger und Fortsetzer von J. Böhmes Philosophie, auch der älteren deutschen Mystiker und des Paracelsus, hat er am stärksten gewirkt. Böhme war für ihn größer als Spinoza, Stifter einer wahrhaft deutschen Philosophie und Vermittler der Organismusidee, die für Baader wie für andere romantische Denker entscheidende Wichtigkeit hatte. Für die Überwindung der Aufklärung im katholischen Denken leisteten der bayerische Jesuitentheologe J. M. Sailer und in Wien der später heilig gesprochene Clemens Maria Hofbauer Großes; beide haben auf die Romantiker starke Wirkung getan. Dem universalistischen Streben und Denken der Romantik entsprang schließlich eine Staatsphilosophie, die den Gegensatz von Individuum und Gemeinschaft überwölbte durch die Idee einer organischen Ganzheit, welcher der Einzelne als Glied zugehört. Im Gegensatz zur individualistischen Staatslehre der französischen Revolution hat sich die Lehre der deutschen Romantik entwickelt: für sie ist der Staat nicht ein zweckhafter Verband selbständiger Einzelner, sondern ein eigenwüchsiger und eigenwertiger Organismus. Von Fichte, Schleiermacher, Schelling, Novalis begonnen, hat sich diese universalistische Staatslehre entwickelt zu der geschlossenen Darstellung in den Elementen der Staatskunst von Ad. M ü l l e r (1779—1829). Die aus konservativ-organischem Denken und dem Zustrom erneuerter orthodox-katholischer Ideen entspringende Anschauungs- und Regierungsweise wurde ferner vertreten durch Friedr. von Gentz, den Gehilfen Metternichs, und den schweizer Konvertiten Karl Ludw. von Haller (Restauration der Staats-Wissenschaft 1816/20). — Der durch Herder zuerst großartig vertretene neue Geschichtssinn, das ehrfürchtige Verstehen des unwiederholbar Einmaligen, der Besonderheit der Erscheinungen in der Zeit, blühte in der Romantik, auf und entwickelte sich zu einer der wichtigsten Geistesmächte der Gegenwart. Die große deutsche G e s c h i c h t s s c h r e i b u n g entstammt der Romantik, wenn sie auch von dem auf Klarheit und Wirklichkeit gestellten Sinn des neuen Realismus erst recht zur Reife gebracht wird. Ihren hohen Rang verdankte die deutsche Geschichtsschreibung auch der dichterischen Anschauungsweise der Geschichte, die sich in der Romantik entwickelt hatte; in ihr lebt das Talent zu künstlerischer Darstellung und die neue politische Denkweise weiter. Zu dieser „historischen Schule" gehörten vor allem: Barthold Niebuhr, Römische Geschichte (1811/32), Heinr. Luden, Geschichte des teutschen Volkes 1*

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Das Zeitalter des Idealismus

(1825/37), Christ. Schlosser, Weltgeschichte (1815/41), Friedr. von Savigny, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung (1814), Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter (1815/31), Friedr. von Raumer, Geschichte der Hohenstaufen (1823/25), endlich der große Leop. von Ranke. Auch die geschichtlichen Einzelwissenschaften blühten auf. Neben die klassische Philologie, deren Aufschwung auf Winckelmann und den Griechenkult der Klassik zurückging, trat nun als eine Frucht der romantischen Hinwendung zum Volkstum und zur nationalen Überlieferung endlich auch eine germanische Philologie. Was die Romantiker als Dichter für die Wiederbelebung von alter deutscher Art, nationaler Geschichte und Gesinnung taten, das wollten die Brüder Jakob (Hanau 1785—1863) und Wilhelm (Hanau 1786—1859) G r i m m als sammelnde, forschende und darstellende Wissenschaftler leisten, „im festen Glauben, daß nichts mehr aufbaue und größere Freude bei sich habe, als das Vaterländische". Von Jakob Grimm stammen grundlegende Werke wie: Deutsche Mythologie (1835), Deutsche Grammatik (1819/37), Deutsche Rechtsaltertümer (1828), Geschichte der deutschen Sprache (1848); von Wilhelm die Altdänischen Heldenlieder (1811) und Deutsche Heldensage (1829). Ihr bedeutendstes gemeinsames Werk ist das seit 1854 erscheinende Deutsche Wörterbuch. Wahre Volksbücher wurden ihre Kinderund Hausmärchen (1812/15) und Deutschen Sagen (1816/18). Vor, neben und nach ihnen taten sich andere Germanisten als Herausgeber altdeutscher Dichtwerke hervor: J. G. Büsching; v. d. Hagen ( N i b e l u n g e n l i e d 1810 und Minnesinger 1838); G. F. Benecke; Karl Lachmann; Moritz Haupt; Ludw. Uhland ( A l t e hoch- und niederdeutsche Volkslieder 1844/45). D i e neue geschichtliche Anschauung, die zur Höhe wissenschaftlicher K u n s t gesteigerte Geschichtsschreibung trat in starken Gegensatz zum spekulativen und konstruktiven D e n k e n der idealistischen Philosophie und ihren letzten großen V e r t r e t e r , W i l h . Friedr. H e g e l (geb. 1 7 7 0 Stuttgart, gest. 1 8 3 1 Berlin). E r w a r der „konkreteste" und logisch-strengste aller romantischen Philosophen; das „musikalische D e n k e n " der intuitiven Frühromantik hat er aufs entschiedenste v e r w o r f e n . A l s die f ü r a l l e philosophische Systematik gültige M e t h o d e e r k l ä r t e er die dialektische (die in der N a t u r des Denkens liegende gesetzmäßige B e w e g u n g : These, Antithese, Synthese). Seine H a u p t w i r k u n g hat er als Philosoph der Berliner U n i v e r -

D i e Romantik

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sität (seit 1818) ausgeübt; der größte Teil seiner Werke (Phänomenologie des Geistes 1807, Philosophie des Rechts 1821) ist erst auf Grund von Nachschriften seiner Kollegs nach seinem Tod herausgekommen. Seine Lehre vom Primat des Staates zeigt ihn ebenso als Vollender romantischen Denkens wie seine Geschichtsphilosophie. Das Ziel der Menschheitsgeschichte war nach seiner Meinung nun erreicht: der Geist war zu sich selbst gekommen, war zur höchsten Freiheit durch Selbstverständnis gelangt. Auf dieser unübersteigbaren Höhe hat die Geschichte nun weiterzulaufen. Diese Folgerung, so sehr sie mit. der romantischen Idee des goldenen Zeitalters verwandt war, brachte Hegel in entschiedenen Gegensatz zur historischen Schule; auch daß für Hegel die Zeitalter, Völker, Kulturen nur Entwicklungsstufen waren und nicht gleich „unmittelbar zu Gott", wie Ranke sagt. Die Romantik endete damit, daß die am Anfang stehende Einheit von Dichtung und Philosophie auseinander fiel. Von Hegels System aus gab es kein lebendiges Wechselleben mit der spätromantischen Dichtung. 5. Z e i t g e n o s s e n . Eine Bewegung, die so wie die Romantik den schöpferischen Geist der Nation in allen Gebieten des Lebens belebte und befruchtete - eine solche umfassende Bewegung hatte natürlicherweise ein Heer von Mitläufern und vereinzelt schaffender Genossen. Ein paar Namen von Rang nur können herausgehoben werden. Der seit dem Sturm und Drang nicht aussterbenden Gattung von gebildeten Männern, die im einfachen Ton und in der Sprache des Volkes zu dichten verstanden, gehörte der dem badischen Oberland entstammende Theologe Joh. Peter H e b e l (1760-1826) an. Von echtester Stammesart sind seine Alemannischen Gedichte (1803) und die aus dem Rheinischen Hausfreund, einem Bauernkalender, im Schatzkästlein (1811) gesammelten Geschichten. Sie dürfen sich als episches Gegenstück neben das Gedichtgut des Wunderhorn stellen. - Der vaterländischnationalen Richtung der Romantik entsprach als ergänzender Gegensatz die Richtung auf eine Art „Universal-

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D a s Z e i t a l t e r des Idealismus

poesie". Sie hat die Kunst des Übersetzens und die Lust daran auf die einzigartige Höhe gesteigert, durch welche die Deutschen seitdem alle andern Völker übertreffen. Über die antiken Literaturen wollten die Romantiker zu denen der ganzen Kulturwelt vordringen. Neben die Übertragungen romantischer Poesie traten vor allem solche von Werken der östlichen Literaturen. Die Brüder Schlegel begannen damit. Der Orientalist Friedr. R ü c k e r t (1788 bis 1866), ein Lyriker auch von kunstvoller Art (Deutsche Gedichte 1814, Liebesfrühling 1823) und lehrhafter Spruchdichter {Die. Weisheit des Brahmanen 1836/39), übertrug zahlreiche östliche Dichtungen. Die entschieden auf Anschluß an das wiederbelebte Mittelalter und das innere Leben des Volks gerichteten Strebungen der Spätromantik blühten noch einmal auf in der Gruppe der „schwäbischen Romantik". Auf die Eigenart der Heimatlandschaft sammelte sich hier Gefühl und Interesse für völkische Individualität. Ludw. Uhl a n d (Tübingen 1787-1862) ist in diesem Kreis der bedeutendste Dichter. Einige seiner schlichten Lieder sind ins Volk gedrungen. Am größten sind seine Balladen, die geschichtlich wahr und romantisch-fabulierend zugleich sein wollen ( G e d i c h t e 1815). Auch Gust. S c h w a b (1792-1850) war vor allem Balladendichter ( G e d i c h t e 1828/29). Justinus Kern er (1786-1862) ist als Lyriker einer unter den vielen Wunderhorn-Nachfahren ( G e d i c h t e 1826). Seinem Interesse für die in die Wirklichkeit „hereinragende Geisterwelt", für Magnetismus und Somnambulismus entstammen u. a. die Aufzeichnungen Die Seherin von Prevorst (1829). D i e durch A r n i m am wirkungsvollsten v e r t r e t e n e neue G a t t u n g des romantischen G e s c h i c h t s r o m a n s kam erst recht in Blüte in der treueren, vergleichsweise realistischen A r t , die im G e f o l g e v o n W a l t e r Scotts Erzählungen (Waverley-Novels 1 8 1 4 ) auch bei uns sich entwickelte. Wirklichkeitshaltige Erzählung geschichtlicher V o r gänge und anschauliche B i l d e r geschichtlicher Z u s t ä n d e w o l l t e n diese R o m a n e nach Scotts M u s t e r geben. D a b e i w u r d e n die abseitigen, „privaten" G e g e n d e n der Geschichte bevorzugt, und an die Stelle des heroischen Geschichtsmythus trat eine bürgerlich-demokratische

Grundzüge

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Bettachtungsweise. Wilh. Hauffs ( 1 8 0 2 — 2 7 ) württembergischer Roman Lichtenstein ( 1 8 2 6 ) war ein tüchtiges Beispiel der zum Genrehaften und Volkstümlichen neigenden deutschen Sonderart dieser Modegattung. Fruchtbarer war Willibald Alexis (Wilh. Häring, 1 7 9 8 — 1 8 7 1 ) , am erfolgreichsten durch seine Romane aus der brandenburgisch-deutschen Geschichte (Cabanis 1832, Der Roland von Berlin 1 8 4 0 , Die Hosen des Herrn von Bredow 1846, Ruhe ist die erste Bärgerpflicht 1 8 5 2 ) . Um noch echter zu wirken, suchte später die chronikalische Erzählform sogar Ton und Art der Vergangenheit nachzuahmen (Wilh. Meinhold, Die Bernsteinhexe 1843).

Das Zeitalter des Idealismus ist in der deutschen Geistesgeschichte der Neuzeit das größte, das fruchtbarste. Denn hier zuerst und allein wurde ein einheitliches und eigenständiges Leben in Deutschland geschaffen. Ehe die politische Einheit sich zu bilden vermochte, war in der Dichtung, der Philosophie, der Wissenschaft ein innerliches Reich der Deutschen erwachsen. Trotz der Bedingtheit, die diesem Werk wie jedem menschlichen anhängt, trotz der Verfallszüge, durch die es gegen das E n d e der Epoche hin entstellt wird: hier war einmal durch eine höchste Steigerung der frei aus den Antrieben deutschen Blutes und deutschen Geistes sich regenden Kräfte der Nation ein neues, adeliges Menschentum geschaffen, war in Idee und Werk eine geistige, seelische, sittliche Einheit vollbracht. Das Werk dieses großen Zeitalters ist die Bedingung und Grundlage der politischen Einung des deutschen Volkes gewesen.

III. Die Nadifahren des deutschen Idealismus 1. G r u n d z ü g e . D e r deutsche Idealismus war aus dem deutschen Bürgertum hervorgewachsen. Aber wie er mehr als Spiegelung oder Verkündigung einer Standeskultur, wie er höchste Kundgabe des deutschen Volksgeistes überhaupt war (die bürgerliche Schicht war sozusagen nur seine Wachstumsstelle) - so hatte er sich als Gemeinde eine Elite geschaffen, die oberhalb der gewöhnlichen ständischen Gliederung bestand und sich aus den verschiedenen

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Die Nachfahren des deutschen Idealismus

Schichten zusammengefunden hatte. Nach dem Schluß der Napoleonischen Epoche, nach dem Ende der Freiheitskriege löste sich diese Führerschicht auf. Ihr Ethos, ihre Willenskraft waren verbraucht, die herorische Spannung lockerte sich, die neue, nüchterne Zeit verschlang Schwung und Glauben. Ein allgemeiner Gärungs- und Wandlungsvorgang begann, durch welchen den neuen Ideen und Kräften, aus denen die Wirklichkeit des 19. Jahrhunderts herauswuchs, der Weg bereitet wurde. In der Reinheit zweckfreier Selbstgenügsamkeit war der deutsche Geist groß und reich gediehen; nun rief ihn eine offenbar andersgeartete Zeit zu unübersehbaren Aufgaben höchst praktischer, zweckhafter Art. Der Anpassungsvorgang war schmerzhaft und schwierig. Immer noch stand das Bürgertum mit seiner überreichen Kultur vor den Toren der politischen Macht - ein durchaus unnatürlicher Zustand. Auf den Siegestaumel war ein Zusammenbruch der Hoffnungen gefolgt. Die Fürsten dachten nicht daran, ihr Verfassungsversprechen einzulösen und das Volk in den Staat hineinzuführen. Die Karlsbader Beschlüsse (1819) und die Wiener Schlußakte (1820) brachten, statt der erhofften demokratischen, schlimmste reaktionäre Maßnahmen, die selbst über die des aufgeklärten Absolutismus im 18. Jahrhundert hinausgingen. Damit war die Bewegung der Freiheitskriege beendet. Statt eines Zeitalters der Freiheit, eines im ganzen Volke sich entfaltenden politischen Lebens begann nun ein Zeitalter der „Restauration", der Wiederherstellung unbedingter Fürstengewalt. Nur die bürgerliche Jugend, Studenten und Handwerker vor allem, suchte in den dunklen Jahrzehnten, die nun folgten, den aussichtslosen Kampf um die politische Macht verbissen weiterzuführen. Die Masse des Bürgertums wandte sich noch einmal dem angestammten Reich des Geistes, der Kunst, der Wissenschaft zu. Und hier, in der Wissenschaft zumal, waren entscheidende Siege noch zu erringen. Die aus Spekulation und Religion in rationale Forschung umschlagenden Naturwissenschaften eröffneten Möglichkeiten der materiellen Beherrschung und Ausbeutung der Natur, durch

D a s literarische Biedermeier

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welche alte Träume der Menschheit überboten wurden; umwälzende Entdeckungen und Erfindungen häuften sich in unerhörtem Tempo. Im Zusammenhang mit diesen politischen und wirtschaftlichen Wandlungen fanden Verschiebungen in der Zahl und Gliederung der Bevölkerung statt, die das Denken, die sittliche Gesinnung und die Organisationskraft vor vollkommen neue Aufgaben stellten. Das Denken, in der Schule der idealistischen Philosophie zu höchster logischer und dialektischer Kraft und Gewandtheit entwickelt, warf sich nun mit einem Sturm kritischer Zweifel gegen die Stellungen des zu Ende gehenden Zeitalters. In dem Strudel aller dieser Veränderungen schien das E r b e der Hoch-Zeit deutscher Geisteskultur untergehen zu müssen. D e r Idealismus hörte nicht auf, in einzelnen Deutschen weiterzuleben, aber er hörte auf, eine das Zeitalter bestimmende Macht zu sein. Aber Werke von diesem Rang fallen nicht so rasch, Überlieferungen von solcher Größe können so bald nicht verbraucht oder ausgelöscht werden. D i e deutsche Geistesgeschichte, auch die Geschichte der deutschen Literatur war seitdem gradezu bestimmt von der Notwendigkeit, daß jedes Neue, mit welchem Anspruch oder welcher sieghaften Gewalt es auch auftrat, sich mit der Überlieferung des idealistischen Zeitalters auseinandersetzen mußte. So ist es geblieben. 2. D a s l i t e r a r i s c h e B i e d e r m e i e r . In dem halben Jahrhundert nach dem Ende der klassisch-romantischen Epoche trat eine Reihe von Dichtern hervor, die unter sich keinen unmittelbaren Zusammenhang hatten. Darunter befanden sich große Dichter, die eben auch in ungünstigen Zeiten erwachsen. Wenn zwischen ihnen auch nicht überall Gemeinschaft des Wollens und Wirkens bestand, so waren sie doch alle in ihrem Leben und Gestalten ausgerichtet von der großen Überlieferung her. Sie alle fühlten und wußten sich als Nachfahren der hohen Dichtung. Was sie selber als Kinder anderer Zeiten schufen, war nicht Wiederholung der klassisch-romantischen Literatur, aber doch Abwandlung, Weiterführung. D i e Romantiker schon waren Erben gewesen, aber Erben mit

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Die Nachfahren des deutschen Idealismus

dem Willen zur höchsten Vollendung des Überkommenen, mit dem Selbstgefühl des abschließenden Vollbringens. Die nun in der gedrückten Reaktionszeit hervortretende neue Generation aber vermochte nur an Erhaltung, Fortbildung, Erweiterung zu denken. Sie war nicht so stark und schöpferisch, daß sie ihr eigenes Leben und Werk auf selbsterobertem Neuland hätte verwirklichen können. Aber wenn sie auch im Schatten der gigantischen Überlieferung wohnte, sie war doch schöpferisch genug, um im allgemeinen dem wirklichen Epigonenschicksal entgehen zu können, war stark genug, um noch (und dies war das letztemal im bürgerlichen Zeitalter) einen eigentümlichen deutschen Lebensstil ausbilden zu können. Dieser Lebensstil hatte nichts mehr vom Schwung und Glanz, der heroischen Kampfgesinnung, nichts von der Willenshärte und den erhabenen All-Erlebnissen des vorigen Zeitalters. Man hatte Mühe, sich aus der negativen Stimmung eines gescheiterten Idealisten, eines Bankrotts des unbedingten Strebens durchzufinden zu einer Haltung, die über Verzicht und Entsagung hinweg das Ufer eines neuen Lebenssinnes gewinnt, der freilich auf Kompromisse zwischen idealer Forderung und möglicher Wirklichkeit begründet war. Ein stilles Glück, die Genügsamkeit eines sich bescheidenden Wollens, der Genuß eines geordneten Hausund Gartendaseins, gelassener Gehorsam unter dem Schicksal, sich beschränken auf den kleinen, auszufüllenden Kreis des privaten Lebens, so von der Problematik der „Zerrissenheit", den Dämonen des Weltschmerzes verschont bleiben - das war ein Dasein, in dem die großen Ideen und Werte des Idealismus weiterlebten, wenn auch entzaubert, ihrer gebieterischen Unbedingtheit entkleidet, also: verbürgerlicht. Im Biedermeier sucht das deutsche Bürgertum noch einmal den Zustand der Beschränkung auf das unpolitisch Kulturelle, auf den es wieder, wie im 18. Jahrhundert, gegen seinen Willen verwiesen wird, fruchtbar zu machen. Aber es handelt sich um eine sinkende Epoche; man sieht es daran, daß die Lust zum Sammeln und Hegen größer ist als die Kraft zum Schaf-

Das literarische Biedermeier

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fen. D i e Ehrfurcht vor dem Überkommenen führte mit sich eine Verehrung des Gewordenen mehr als des Werdenden. D a r u m waren die Dichter des Biedermeier der Geschichte zugewandt, nicht der Politik. Zwar zeigten sie sich als Volksfreunde und im Religiösen freidenkend; mit der Reaktion wollten sie trotz ihrer konservativen Artung nichts zu tun haben. Aber ihre Abneigung gegen gewaltsame Veränderungen machte sie duldsam gegenüber dem System Metternichs und seiner Gefolgsleute. Als Dichtung erkannten sie nur an, was rein zweckfrei und dem Ewigen zugewandt war. Sie waren als Dichter groß und als Denker tief genug, um von der Zweideutigkeit und Fragwürdigkeit des Daseins wie von der Bedrohlichkeit ihrer Gegenwart ergriffen zu sein. Ja, tiefe Zwiespältigkeit, Schmerz und düstere Melancholie - das sind Erfahrungen, deren Ausdruck in ihren Dichtungen und Aufzeichnungen durchbricht. Schmerzlicher Verzicht, dunkle Resignation: das ist die für viele dieser Biedermeier-Zeitgenossen kennzeichnende Art, mit so bedrohlichen Erfahrungen und Stimmungen fertig zu werden. Auf solchem Boden gedeihen die klassischen Dichtgattungen nur schlecht. Großformen, wie die Tragödie und der Roman, werden mit lyrischen Elementen durchsetzt. Dagegen blühen nun die Kleinformen der Erzählung und Lyrik auf. Das Biedermeier begann in den 20er Jahren und dauerte bis gegen 1850. Aber wenn es der bezeichnendste und der durchgehende Lebensstil in dieser Zeitspanne war, wenn fast alle Dichter nun biedermeierliche Züge zeigen, so füllte die eigentliche Biedermeier-Literatur doch keineswegs den ganzen deutschen Literaturraum aus. Daneben, und sogar in feindseliger Kampfstellung, entwickelte sich die zeitkritische und politischkämpferische Literatur des Jungen Deutschlands und des Vormärz, entwickelte sich dann die neue realistische Erzählungskunst. Und außerhalb dieser Richtungen standen einzelne Dichter, auf deren schöpferischer K r a f t der eigentlich poetische Rang dieser Zeit sich sogar mehr gründet als auf die Angehörigen der gruppenhaft unterscheidbaren Bewegungen.

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Erst auf dieser Stufe trat Österreich in die Entwicklung der neuzeitlichen deutschen Literatur ein. Seine beiden großen Überlieferungen, Jesuiten-Barock und josefinische Aufklärung, gingen mit dem aus dem Protestantismus erwachsenen Idealismus eine schöpferische Verbindung erst in der Stunde ein, als der Idealismus sich seinem Ende zuneigte und in der Spätromantik politisch reaktionär wurde. ' Die einzigartige Verbindung solcher Grundteile und die geistige Färbung, die aus der Beschaffenheit des geschichtlichen Augenblicks hinzukam, verwirklichte sich am bedeutendsten im Werk Franz G r i l l p a r z e r s (geb. 15. 1. 1791 Wien, gest. 21. 1. 1872). Seine Dramen zeigen in der Wahl der Stoffe, in ihrer sinnlichen Fülle, in Gebärde und Handlung, dem Sinn für den Illusionszauber der Bühne die Nachwirkung des barocken Jesuitendramas; von hier aus öffnete sich Grillparzer auch das Drama des spanischen Barock. Anschauliche Bildlichkeit und Gestalt wollte er geben, nicht Gedankenstoff. Der Gehalt seiner Stücke aber verleugnet nirgends die Weise josefinisch gefärbter idealistischer Humanität. Dem Romantischen, das ihm als Zeitgut zukam, setzte er das an Goethe erfahrene Ideal klassischer Bändigung und Formung entgegen. Auf eine Synthese von barockem Schaustück und klassischem Ideendrama etwa ging sein Wille. Grillparzer war der erste Österreicher in der neuzeitlichen Literatur deutscher Zunge, der sich nach Art und Werk neben die andern Dichter der gesamtdeutschen Kultur zu stellen vermochte. An dramatischem Genie übertreffen ihn nur Schiller und Kleist, an eigentlicher Theaterbegabung werden Schiller und er von keinem übertroffen. Grillparzers Stücke sind, bei aller Nähe zum klassischen Jambenstil, doch weniger Ideendramen als die Schillers. Die Verbürgerlichung des Idealismus beginnt. An Stelle der sieghaften Willentlichkeit des idealistischen Trauerspiels tritt bei dem resignierenden Nachfahren die schmerzliche Gebanntheit durch das Gesicht eines Lebens, in dem dämonische Gewalten herrschen, auf Siegerglück nicht zu hoffen und durch Opfer nur die Reinheit des Herzens zu

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bewahren ist. Er glaubt nicht mehr an freie Selbstbestimmung, nicht an den Wert der heldischen Haltung. Die Menschen seiner Dramen schwanken zwischen Lebensgier und Friedensverlangen; sie leiden an der so zwiespältig beschaffenen Welt und sehnen sich doch nach Erfüllung im schönen bunten Dasein. Um den Preis der Entsagung nur vermögen sie schuldlos zu bleiben und Ruhe zu erlangen - ein Ideal, das tiefe Verwandtschaft hat mit der Abkehr von der Welt, in der barocke Lebensschicksale zu enden pflegen (Die Ahnfrau 1817, Das goldene Vließ 1822, König Ottokars Glück und Ende 1825, Der Traum ein Leben 1840, Die Jüdin von Toledo 1872). Daß der nach innen Lebende, der Betrachtende allein Gewissen habe, der Handelnde gewissenlos sei und zerstörerisch, diese das Leben bloßstellende Wahrheit hat Grillparzer immer wieder aufdecken wollen (Libussa 1840, Ein Bruderzwist in Habsburg 1872). Lächelndes Hinnehmen ( W e h dem, der lügt, Lustspiel 1840) oder die beruhigende Einsicht in die lebensgesetzliche Gegebenheit des tragischen Widerspruches, des großen Zwiespalts (Des Meeres und der Liebe Wellen 1840) erscheinen einzig als Erlösung. Daß nicht moralische Schuld den tragischen Zusammenstoß schafft, sondern daß das Tragische ein Element des Lebens selbst ist: von dieser tiefen Einsicht war Grillparzer erfüllt. Auch die Dramen, welche scheinbar anderes behandeln, sind vom tragischen Urgesicht her bestimmt: Sappho (1819), wo die unauflösbare Zwiespältigkeit als Gegensatz von Kunst und Leben erscheint, Ein treuer Diener seines Herrn (1830): das Opfer des Lauteren beschwört die entfesselten Lebensdämonen. Die schöne Novelle vom Armen Spielmann (1848), dem Menschen, den das Leben der Anderen nicht brauchen kann, weil er reine Innerlichkeit ist, gestaltet die gleiche Erfahrung; das tut auch, in der Farbe des romantischen Nachtstücks, die Erzählung Das Kloster von Sendomir (1828). Es ist die eigentümlich österreichische Note dieser nachidealistischen Stimmung, daß sie in eine Resignation mündet, die nicht pessimistisch und lähmend ist; auch daß sich

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schwermütige Heiterkeit, das Lächeln mit zuckenden Zügen damit verbindet. Schuberts Musik ist von solcher Art, auch das damalige Wiener Volkstheater. Aus der einzigartigen Spielfreude des bayerisch-österreichischen Volkstums und den Überlieferungen des Wiener Theaterlebens ist die im Biedermeier blühende dichterische Volksposse erwachsen. An Motive des barocken Jesuitentheaters, der italienischen Stegreifkomödie und des alten bodenständigen Volkstheaters knüpfte das Wiener Biedermeierlustspiel an, das von zwei Theatergenies geschaffen wurde. Ferd. R a i m u n d s (1790-1836), des großen Schauspielers, geniale Volksstücke verbinden Stoff und Stil des überlieferten Zauberspiels mit der Art der Lokalposse (Der Diamant des Geisterkönigs 1824, Der Bauer als Millionär 1826, Der Alpenkönig und der Menschenfeind 1828). Überall, am anmutigsten im Verschwender (1834), zeigt sich der humanisierte, aber nicht verbildete Wiener Volkshumor von der liebenswürdigsten Seite. Auch Joh. Nep. Nestroy (1802-62) war Schauspieler. Mehr als 70 Stücke hat er geschrieben (,Lumpazivagabundus 1833, Einen Jux will er sich machen 1842). Seine Sonderart ist die satirische Gesellschaftsposse, deren Personal aus Standestypen besteht, seine Charakterisierungsmittel sind Wortwitz und Wortspiel. Die bittere Schärfe eines vom Leben Enttäuschten und der Wille zur Lebensentlarvung ist spürbar; das Erwachen zur neuen politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit auch und die Stimmung des vormärzlichen Österreich. Von gleicher Art ist auch der zuweilen bissige Humor des literarischen Gesellschaftsstückes, dessen begabtester Vertreter Ed. v. B a u e r n f e l d (1802-90) war. Dem seicht werdenden Gesellschaftsgeschmack tat Friedr. Halm (Frh. v. Münch-Bellinghausen, 1806-1871) mit epigonenhaften Jambendramen ( G r i s e l d i s 1835, Der Fechter von Ravenna 1854) besser genug als Grillparzer. Der größte Epiker der nachromantischen Zeit, ein letzter großer Dichter des österreichischen Biedermeier, ist Adalbert S t i f t e r (geb. 23. 10. 1805 Oberplan i. Böhmerwald, gest. 28.1. 1868). Auch er ein Mann des Maßes, der Ruhe;

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Leidenschaft findet er trüb und verächtlich, echte Größe ist einfach und sanft. Das Heldische und Tragische spricht nicht zu ihm und also auch nicht die Willentlichkeit der Freiheitsreligion. Der Roman Nachsommer (1857) ist eines der wenigen großen konservativen Bücher des 19. Jahrhunderts, unübertroffen in seiner Einheit von katholischer Humanität und Goetheschem Kunstidealismus. Es erzählt die Erziehung junger Menschen durch die aus Entsagung weise und gut gewordene ältere Generation; deren Leben vollendet sich herrlich im reinen Glück der Kinder, das in Wahrheit die Frucht ihrer eigenen Reife ist. Die Rühmung der auf den ewigen Ordnungen der Liebe und Sittlichkeit ruhenden Familie ist das eigentliche Anliegen des unmerklich lehrhaften Buches. Ein Dichter-Erzieher tritt hier seiner aus den Fugen geratenen Gegenwart entgegen. Der Wille zu antiker Einfachheit und Wahrheit verbindet sich mit andächtigem, ehrfürchtigem Hinschauen auf die Schönheit der einzelnen kleinen Dinge und Vorgänge zu einem Stil, der dem des zeitgenössischen Realismus zwar verwandt ist, aber klassisch zugleich durch seinen Willen zu reiner Wesentlichkeit. Und romantisch ist die märchenhafte Vollkommenheit, durch die jedes Ding und Geschehen verklärt wird. Die vorausgegangenen Erzählungen (gesammelt als Studien 1844/50, Bunte Steine 1853) waren nach Gehalt und Stil von gleicher Art, standen zuweilen aber der romantischen Novelle noch näher. Der andere große Roman Witiko (1865/67) erzählt mit erhabener epischer Einfachheit, wie um einen frommen, tüchtigen, tätigen Mann herum, indem er reift, sich Gemeinschaft und Staatsvolk bildet, und wie in solchem Geschehen der Wille Gottes sich erfüllt, der für Stifter wie für Goethe ein Gott der Ordnung und des Gesetzes ist. Diese Gläubigkeit, und daß die Kultur, die Kunst für ihn von da her religiösen Sinn bekommen, hebt Stifter über die Biedermeier-Resignation hinaus. Wie in diesen Nachfahren der Drang zur dichterischen Bewältigung der unverstellten Lebenswirklichkeit erwacht ist, ohne schon zu neuem Darstellungsstil durchzudringen,

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wie sie mit der Neigung zu pessimistischem Denken, mit dem Zeitgefühl tiefer Niedergeschlagenheit fertig zu werden haben, das zeigt deutlich auch Leben und Werk des männlich-tapferen Karl I m m e r m a n n (geb. 1796 Magdeburg, gest. 1840). Die Wirklichkeit fühlte er wie eine ungeheure Last auf sich liegen, die Krankheit der Zeit hat sein auf unverschönte Wahrheit gestellter Geist deutlich und entschlossen erkannt und verstanden. Aber die Überzeugung, daß die Verzerrungen, Wirren und Kämpfe der Gegenwart aus ihrem Übergangs-Charakter folgen mußten, konnte auch ihn nicht entbinden von der Nötigung, dem großen idealistischen Erbe treu zu bleiben. Sein Ruhm als Dramatiker, der sich am ersten auf ein vaterländisches Stück, Das Trauerspiel in Tyrol (1828), gründen konnte, ist verblaßt gegenüber dem großen Werk, das er für die deutsche Theaterkultur als Leiter der Düsseldorfer Bühne getan hat. Mit dem Titel schon traf sein kritischer Zeitroman Die Epigonen (1836) das Selbstgefühl der Gegenwart und seine tiefste Problematik. Durch das geistige und gesellschaftliche Chaos des Zeitalters führt das gedankenund gestaltenreiche Buch. Zum erstenmal tritt da der industrielle Unternehmer auf. Der unbeschwerte Münchhausen (1838/39), ein satirischer Angriff auf den anmaßenden Zeitgeist, dem die unsolide Figur des Lügenbarons eine bloßstellende Verkörperung ist, gibt in der eingelegten Geschichte vom westfälischen Oberhof ein Bild des bäuerlichen Lebens, das noch in den großen, natürlichen Ordnungen gründet. Die „Idee des unsterblichen Volkes" wird der zerrissenen Epoche entgegengestellt. Bevor durch die Dorfgeschichte solche Gestalten in Mode kamen, wurde hier im Dorfschulzen die bodenständige Kraft germanischen Freibauerntums verkörpert. Die Summe von Immermanns Denken enthält das um tiefsten Ausdruck ringende Versepos Merlin (1832). Der Zwiespalt der heidnischen und christlichen Bestandteile von Immermanns Wesen, der unheilbare Widerspruch des Daseins erscheint verkörpert in der Gestalt dieses Sohnes des Satans und einer Jungfrau, der auf dem Wege zu Gott ver-

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loren geht. Aber wie Immermann dieser seiner faustischen Dichtung nicht dichterische Gültigkeit zu geben vermochte, so stand er mit seinem Willen zu tätiger Teilnahme am aufbrechenden neuen Leben des Volks und mit seinem tüchtigen Werk in einsamem Abseits. Es beginnen die verhängnisvollen Schicksale, wo Dichter sich nicht entfalten können oder in Verkünstelung und Gewaltsamkeit geraten, weil sie Dichter ohne Volk sind. Das Verhängnis des 19. Jahrhunderts beginnt. *

Das für das labile Übergangs-Zeitalter so bezeichnende Zugleich von skeptischer Aktivität und melancholischem Verzicht herrscht in den Gedichten (1832) von Nik. L e n a u (Niembsch Edler v. Strehlenau, geb. 1802 Csatad b. Temesvar, gest. 1850). In seinen Stimmungsliedern singt mit nobler Verhaltenheit eine wunde Seele, die in einsamer Zwiesprache mit der Natur sich am reinsten entfaltet. Trauernd über die Vergänglichkeit des Lebens, die Hinfälligkeit der Schönheit sehnt Lenau sich nach Erlösung. Zerrissenheit, Weltschmerz war die modische Seelenkrankheit der nachromantischen Generation, soweit sie nicht in Biedermeier-Haltung zur Ruhe gekommen war. Aus dem Gefühl eines unheilbaren Gegensatzes zwischen den Ansprüchen des individualistischen Selbstgefühls und der entgötterten Wirklichkeit stammend, hatte sie sich in Byrons Gestalt und Dichtung am gültigsten verkörpert. Lenaus „düstrer Unmut" hat die empörerjsche Leidenschaft Byrons, die überall anklagt und überall gegen die Mauern der Konvention anrennt; aber nicht des Engländers dämonischen Trotz, nicht seinen selbstzerstörerischen Spott. Aus Byrons Nachfolge stammen auch Lenaus lyrische Epen (Faust 1836, Savonarola 1838, Die Albigenser 1843, Don Juan 1851). Polemisch auch sie: gegen den Rationalismus der zeitgenössischen Philosophie (Lenau war ein Anhänger Baaders), gegen die im Herkommen erstarrte Kirchenfrömmigkeit, selber reines Streben -und hohen Glauben verkündend. V i e t o r ,

Deutsches Dichten u. Denken.

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3. E i n z e l g ä n g e r . D a ß Deutschland auch in der nachromantischen Zeit noch Lyriker von höchstem R a n g hervorzubringen vermochte, d a f ü r ist E d u a r d M ö r i k e s (geb. 8. 9. 1804 Ludwigsburg, gest. 4. 6. 1875) Dichtung ein kostbares Zeugnis (Gedichte 1838). Seine Lieder entstammen, wie die verwandten der Romantik, der schöpferischen Begegnung mit dem Volkslied und mit Goethes Lieddichtung. D a s ahnungsvolle Wechselleben mit den mütterlichen K r ä f t e n der Naturgottheit hat auch dieser N a c h f a h r e der Romantik noch, aber dabei schon die verfeinerte Fühlbarkeit, die -nervöse Zartheit der Spätzeit. D i e „Zerrissenheit" bedrohte auch ihn. A b e r eine eigentümliche Helligkeit des Bewußtseins und unzerstörbare Sicherheit des G e f ü h l s ermöglichen dem D r a n g nach innerer Stille und Ausgeglichenheit, sich immer wieder durchzusetzen. D i e BiedermeierSehnsucht nach Lebensidyll und heiterer Bescheidung kennt auch er, Weltschmerz und bittere Resignation sind auch ihm f r e m d . D e r gebildeten Geistigkeit römischer Lyriker fühlte er sich w a h l v e r w a n d t . W a h r h a f t groß ist Mörike in volltönenden, tiefen Gedankengedichten, Versen aus einer hellseherischen Schau, die ihn über den romantischen Lebenskreis heraus in Goethes N ä h e rückt. Wieviel D u n k les, Dämonisches auch in seinem äußerlich so behaglichbiedermeierlichen Dasein wirksam w a r und bezwungen werden mußte, zeigt sein R o m a n Maler Nolten (1832). E i n e romantische Künstlergeschichte d e m Gegenstand nach, ohne eigentliche Bildungsidee, nicht ursprünglich in der E r f i n d u n g und Erzählweise. Aber über den klassischen und den romantischen R o m a n reicht dieser hinaus durch das, was Mörikes eigentümliche K u n s t ist: die große Feinheit und K r a f t der Seelenschilderung, die nirgends in unf r o m m e Zergliederung ausartet. In den dunklen Regungen des Menscheninnern wirkt das Überwirkliche, im Erleiden der Seele das Schicksal. D i e Hauptgestalten leben alle in beiden Bereichen. D i e ganze dichterische K r a f t ist hier gesammelt auf das Bestreben, das verborgene innere Leben als das Wahre Dasein des höheren Menschen zur D a r stellung zu bringen. D i e Seele ist der eigentliche Schau-

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platz. Romantisch sind noch Empfindungsweise, Motive, Mächte, Gestalten; aber die innere Stimmung des Gestalters ist klassische Ruhe, sein Wille ist auf klassische Bewältigung des romantischen Stoffes gerichtet. Unter den Novellen ragt Mozart auf der Reise nach Prag (1855) durch reinen Erzählstil und feinste Stimmungskunst hervor. Mörikes Märchen (Das Stuttgarter Hutzelmännlein 1853) sind Werke volkstümlich-unmittelbarer Fabulierlust und hohen Kunstverstandes zugleich; solche gebildete Naivität hatten die Romantiker gesucht, aber nur selten erreicht. Noch einmal ging in Mörikes Dichtertum klassische Formgesinnung und Lebenshaltung mit romantischer Phantasie und Mystik einen Bund ein. Mörike war, wie D. F. Strauß sagte, „der letzte lebende Dichter von der guten alten Art". - Die Lyrik der westfälischen Dichterin Annette Freiin v. D r o s t e - H ü l s h o f f (1797-1848) ging künstlerisch von romantischer Stimmungsdichtung aus. Aber wie der einfache feste Glaube der Dichterin, ihre gesunde Art, der tüchtige Sinn ihrer Heimat sie vor den Seelenleiden der Zeit bewahrten, so war ihre Dichtung schon vor dem Sieg des Realismus sinnlich-wirklichkeitshaltig und voll natürlicher Kraft ( G e d i c h t e 1838/44). Die fromme Dichterin, die auch religiöse Lyrik geschaffen hat (Das geistliche Jahr 1862), weiß und fühlt aber im Dinglichen zugleich überall das innerliche Geheimnis, das auf Gott hindeutet. Ihr und Mörikes Werk stehen noch auf dem alten Boden, aber an der Grenze, hinter der moderne Problematik und Überfeinerung beginnen. Eine neue, empörerisch ausbrechende Art von dichterischem Pessimismus und Zeitablehnung, die aber doch die Nachfahrenlage nicht aufzuheben vermochte, zeigte sich im Werk Chrn. Dietr. G r a b b e s (Detmold 1801-36). Ein drangvoller Mensch, dessen Natur ursprüngliche Gefährdung genug enthielt, um durch Unglück und Laster rasch entstellt und zerstört zu werden. Dieser Westfale aus dem Volk war wie Hebbel von Natur ein Aristokrat. Was in ihm als enttäuschter und verdrängter Herrschaftsanspruch litt, und das war der 8*

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Kern seines Wesens, setzte sich um in Verachtung der Zeit, Verachtung der Masse und verzerrten Heroenkult'. Die dichterisch aus der Luft des Schicksalsdramas stammende Tragödie Herzog Theodor von Gothland (1827) lebt nur von dem Willen zur Herausforderung und Verhöhnung der bürgerlichen Welt. Nachfahre der Romantik ist Grabbe in der spielerischen Komödie Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung (1827). Tiecks Literaturkomödien sind der künstlerische Ausgangspunkt, aber der Witz überschreitet hier durchaus das herkömmlich Übliche. Um die geistvoll ausgeführte Hauptgestalt des Teufels ist eine bunte Folge von Szenen aus dem deutschen Bildungsspießertum und dem Gesellschaftsleben des Biedermeier gruppiert. Auch die beiden Geschichtsdramen Barbarossa (1829) und Heinrich VI. (1830) waren trotz realistischer Züge noch Schößlinge spätromantischen Geistes, übrigens auch unmittelbar durch Raumers Hohenstaufengeschichte veranlaßt. In der größeren Vergangenheit sucht Grabbe den wahren, den großen Helden auf, dessen Schicksal es ist, an einer unzureichenden Gegenwart zu Grunde zu gehen. Sein Napoleon-Dtama (1831), das erste in deutscher Sprache, schildert die Begebenheiten der 100 Tage. Napoleon erscheint da als der letzte Held vor dem Anbruch des schwächlichen Zeitalters, dem Grabbes Verachtung galt. Die sachliche Prosa des Stückes und die Bauform der Bilderfolge stammen aus dem neuen Willen zu geschichtlicher Objektivität. Auch der Hannibal (1835) hat diese lockere Bauform, die dann so bedeutungsvoll wurde und in der Gestalt des naturalistischen Milieudramas ausreifte. Grabbes Drama ist auch in anderer Hinsicht Anzeichen einer neuen Weltansicht: der Held und sein Volk sind Gegenspieler, Heldengeist und Händlergesinnung stehen gegeneinander; der illusionslose Hannibal opfert sich für die Sache eines Vaterlandes, das ihn verrät. Das liegt auf dem Wege, an dessen Ende ein Drama entsteht, in dem die Übermacht der Umwelt die Gestalt des Schicksals annimmt. Aus aufrichtigem Nationalgefühl ist Die Hermannsschlacht gedichtet (1836); aber

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Kleists großes Tendenzstück, mit dem Grabbe wetteifern wollte, wird durch dies schwächliche Gebilde in keiner Weise erreicht. Ein einziges Mal versuchte Grabbe sich am großen Ideendrama, dem Glanzstück des idealistischen Zeitalters. Der Stoff schon sollte alles überbieten: Don Juan u. Faust (1829) sind die Helden, heldische Verkörperungen sinnlicher und übersinnlicher Menschenart, Unbedingte, die das Letzte wollen, was Natur und was Geist herzugeben vermögen. Der Streit um „Sensualismus" und „Spiritualismus", wie er, geführt durch den französischen Saint-Simonismus, das Zeitalter bewegte, steht hinter der Ideenspannung des Dramas. Aber nicht Grabbe, sondern Büchner und Hebbel bewältigten die großen Zeitspannungen dramatisch. In ihren Dramen kommt ein neuer, ein heroischer Pessimismus zum Ausdruck. Die gefährliche Zeitkrankheit war allgemein, ihre Ursache die allgemeine Enttäuschung und Verzweiflung, die dem Zusammenbruch der großen idealistischen Spannung folgte. Eine der Reaktionsweisen bildete der Weltschmerz, wie ihn nach Byrons Muster Dichter wie Lenau oder die jungdeutschen Schriftsteller, auf eigenwüchsigere Art die österreichischen Biedermeierpoeten aussprachen. Melancholie, Zerrissenheit, Skepsis, Resignation heißen die Ergebnisse der leidvollen Auseinandersetzungen, in denen diese einsamen Geister mit den zersetzenden Einwirkungen der glaubensschwachen Übergangszeit fertig zu werden suchten. Die pessimistische Stimmung blieb das Jahrhundert hindurch lebendig. Lebensekel, Lebenstrauer, Lebensmüdigkeit, die Haltung des „unzeitgemäßen" Aufbegehrens gegen das Zeitalter, auch alle diese späteren Haltungen entstammten der einen, für das 19. Jahrhundert kennzeichnenden Grunderfahrung. Arthur S c h o p e n h a u e r (1788-1860) war ihr Systematiker. Wie alle Pessimisten ging er von der Erfahrung aus, daß „wesentlich alles Leben Leiden ist". Überall deckte er die Fragwürdigkeit des Lebens unter dem trügerischen schönen Schein auf. Widerwille und Ekel dem Leben gegenüber waren die Folgen, auch Verachtung des Menschen, dieses

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Wesens ohne Würde und Freiheit. Daß nicht leben besser sei als leben, das Beste aber Auslöschen des Willens 2um Leben, dessen Erscheinung alles in Raum und Zeit Bestehende ist - diese melancholische Lehre war die krönende Konsequenz des Beweises, den Schopenhauer gegen das Leben führte. Sein Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung war schon 1819 erschienen (der 2. Band 1844). Aber erst um die Mitte des Jahrhunderts, als es in allen europäischen Literaturen schon Melancholiker, WeltschmerzDichter, in Deutschland schon die großen pessimistischen Tragödien gab, drang Schopenhauers Lehre durch, um nun allgemein zu wirken. Georg B ü c h n e r (geb. 17. 10. 1813 Goddelau, gest. 19. 2. 1837) hatte mit den zeitgenössischen Dichtern und Literatenkreisen, auch mit den Jungdeutschen nichts gemein als die pessimistische Grundstimmung und die revolutionäre Gesinnung, wie sie in der ersten Jugendgeneration nach den Freiheitskriegen allgemein wurde. Aber wie er seine Zeitgenossen im Politischen durch Radikalismus übertraf und unter den Dichtern seiner Zeit der einzige war, der vom Programm zum revolutionären Handeln überging, so erscheint in seinem Werk und deutlicher noch in seiner Gestalt zuerst eine Haltung, in der sich die Überwindung des lähmenden Pessimismus durch den Geist entschlossener Lebensbereitschaft ankündigt. Das Drama Dantons Tod (1835), das einzige von Büchners Werken, das bei seinen Lebzeiten gedruckt wurde, ist kein revolutionäres Tendenzstück; auch kein Drama aus dem Willen zu geschichtlicher Wirklichkeitstreue, obgleich die Revolutions-Atmosphäre, die düstere Stimmung der Stunde lebendig gemacht wird. An Dantons Schicksal kommt die Sinnlosigkeit menschlichen, die tiefe Nutzlosigkeit auch des revolutionären Wollens zur Darstellung. Das Dasein ist so mit Notwendigkeit und Verhängnis durchsetzt, daß nirgend und nie Größe und Freiheit möglich scheinen. Die gebrechliche Beschaffenheit der Menschennatur erlaubt nichts als Scheinfreiheit und unzugängliche Tat. Die sich als Helden gebärden, sind Werkzeuge nur einer un-

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begreiflichen und unerschütterlichen Notwendigkeit. Die erschütternde Wucht und Wirkung des Stückes geht von der Spannung aus, in der hier ein leidenschaftlicher Lebenswille mit radikalem Pessimismus steht. Das idealistische Menschenbild wird hier gestürzt. Aber die Kraft, mit der Büchner in die Nacht des Nichts, der Sinnlosigkeit vordringt, die Stärke, mit der er das furchtbare Gesicht aushält, sogar auch Bauform und Dialog des Dramas drücken die Entschlossenheit zu unverschönter, zu härtester Unmittelbarkeit und Wahrheit aus. Das Lustspiel Leonce und Lena (1838) nimmt das Leben als Marionettenspiel. Es musiziert die melancholische Hamletweise der modischen Weltschmerzlichkeit mit einer Ironie, die Ausdruck innerer Freiheit ist: Freiheit gegenüber den Resten romantischer Idealität in Büchner selbst und in der Zeitstimmung. Die neue Zeit des Göttersturzes, des Gegenidealismus und der politischen Empörung spielt in der Schellenkappe mit. Die Größe von Büchners Ursprünglichkeit zeigt sich am schönsten in den Szenen des Fragments Woyzeck (entstanden 1836). Zum erstenmal in deutscher Dichtung ist hier der namenlose Massenmensch dichterisch gestaltet, zum erstenmal wird die Verlorenheit des proletarischen Daseins dargestellt am Schicksal eines armen Teufels, gegen den alles sich verschworen hat: Natur, Geschick und Gesellschaft. Mit unvergleichlich unmittelbarer Lebensgewalt spricht die Dichtung, die mit manchem Zug an die Spiele von Lenz erinnert, den Büchner liebte und dessen Zusammenbruch er in einer Erzählung {Lenz, 1839) schilderte. Ein Werk aus der Welt des revolutionären Handelns, von der Büchner mächtig angezogen wurde und an der er zunächst scheiterte, ist die Flugschrift Der hessische Landbote (1834). Sie war unter den vielen Propagandaschriften der Zeit die phrasenloseste, aber radikalste; und die einzige, die im Klassenunterschied das entscheidende revolutionäre Element sah, die auf eine soziale, nicht auf eine politische Revolution nur abzielte. Büchners Werk, durch seinen frühen Tod abgebrochen, übertrifft als Ganzes an Unmittelbarkeit des Ausdrucks und

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Kraft der Gestaltung alle Dichtung der Nachfahren-Zeit bis zu Hebbel hin. Aber es enthält nichts als das radikale Nein zum Gestern und Heute und steht drum selbst noch unter dem Fluch des Übergangs-Zeitalters. Friedr. H e b b e l (geb. 18. 3. 1813 Wesselburen i. Dithmarschen, gest. 13. 12. 1863 Wien) hat eine Theorie der Tragödie entworfen, die an Tiefe selbst die von Schiller übertrifft. Ein geborener Tragiker, mit dem Blick für den unauflösbaren Widerspruch in allen wesentlichen Erscheinungen des Lebens. W i e Büchner ist er gebannt durch das Gesicht einer Welt, in der überall Notwendigkeit und Leid das Dasein der Menschen bestimmen. Der kritischen Auseinandersetzung mit dem idealistischen Individualismus entstammt der Ideengegensatz, von dem Hebbel ausgeht: der dem Leben innewohnende, mit ihm gesetzte Dualismus besteht in dem Gegensatz zwischen dem Individuellen und dem Universum, zwischen dem Einzelnen und dem Allgemeinen. Der oberste Wert ist dabei nicht mehr die Individualität, sondern das Allgemeine. Darauf, daß es sich behaupte, kommt es im Lebensvorgang an. Der unauflösbare Widerspruch, der alles Sein durchzieht, liegt darin, daß das Allgemeine nur Welt, Wirklichkeit werden kann, indem es sich individualisiert, daß aber das Individuelle unfähig ist, sich zu behaupten, in seiner Bedingtheit zu beharren. Indem es absolut zu werden sucht, zerstört es sich selbst. Keine Erscheinung vermag der Idee zu genügen, keine das Absolute zu verwirklichen. Und keine darf es. Immer wieder muß die Idee, das Allgemeine, jede individuelle Form sprengen und vernichten. Und dies ist das Tragische: ein Wert vernichtet den andern, trotzdem einer im Verlauf der Weltgesetzlichkeit immer auf den andern als seinen erfüllenden Gegensatz angewiesen ist. Diese Theorie ist nicht frei von Widersprüchen. Aber sie ist groß, weil sie die moralische Deutung der tragischen Schuld, die Gleichsetzung von Schuld und Sünde aufhebt. Hebbel kennt nur die metaphysische Schuld, die der ursprünglichen Unangemessenheit von Idee und Erscheinung entstammt. Vom individuellen Wollen aus ge-

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sehen, dessen „Freiheit" nur im Nichtwissen der Abhängigkeit besteht, ist das eine schuldlose Schuld. Denn was kann das Individuum dafür, daß es den positiven Gehalt seines Wesens nur als Verneinung des andern Individuums durchzusetzen vermag, daß jeder große, kraftvolle Mensch aus innerer Notwendigkeit dazu gedrängt wird, „maßlos" zu werden? Das Warum des tragischen Widerspruchs und die „Schuld"-Frage gehören der undurchdringlichen Nacht des Weltmysteriums an. Hebbels tragischer Pessimismus ist die reinste Verkörperung heroischen Menschentums in der deutschen Dichtung des letzten Jahrhunderts. Hebbel war ein Willensmensch, für den es die schönste Eigenschaft des Lebens bedeutete, daß es Kampf war. Einen Ausgang aus dem metaphysischen Pessimismus gewinnt er durch geschichtsphilosophische Ideen. Mit ihnen steht er der Hegeischen Geschichtsphilosophie nahe, ohne von ihr abhängig zu sein. Die tragischen Konflikte entspringen am größten und reichsten an den Stellen des Geschichtsverlaufs, die wir Wendezeiten nennen. Wenn die Welt aufs tiefste aufgewühlt ist, wenn die Form des Lebens sich verändert, dann knüpfen sich die großen Konflikte, in denen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft um die Herrschaft ringen. Der Untergang des Individuums ist notwendig für das Leben der Gesamtheit, die Wunde dient der erhöhten Gesundheit des Ganzen. Was im einzelnen Vorgang grausam erscheint, ist auf das Ganze gesehen notwendig und sinnvoll. Die Tragödie deckt diesen geheimen Sinn der Geschichte auf. Hebbels Dramen sind sämtlich Variationen dieses streng durchgehaltenen großen Themas. Die erste Tragödie schon, Judith (1841), zeigt den unaufhebbaren Widerspruch auf: wie ein Mensch als Werkzeug des Weltwillens eine Tat tun soll, bei der er als Individuum aufgeopfert wird; und wie er, eben weil er ein Ich mit seinem besonderen Leben ist, sich aus einem Werkzeug in ein selbsthandelndes Individuum verwandelt. Schon hier geht auch das tragische Geschehen aus der „außerordentlichen Weltlage" hervor. Genoveva (1843) zeigt das Streben des Individuums nach

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Absolutheit in der Gewaltsamkeit eines pathologischen Falls. Hier wie dort entzündet sich der Urgegensatz am Dualismus der Geschlechter. Maria Magdalene (1844), ein bürgerliches Trauerspiel und das letzte große Beispiel dieser Gattung, spielt in mannigfacher Variation das große Thema durch, wie der Mensch die sittliche Idee verletzt durch Handlungen, die eben dieser Idee dienen sollen; wie man im Moralischen auch maßlos werden kann; wie das Zusammentreffen bestimmter Menschen dieser Art genügt, um das Verhängnis zu entfesseln; endlich, wie die Einsicht, daß in diesem tragischen Vorgang das allgemeine Leben eine Störung überwindet und sein Gleichgewicht wiederherstellt, einen versöhnenden Sinn hergibt. Hier ist die in der Folgezeit so gebräuchliche Form des „Dramas des reifen Zustands" in genauester Weise ausgearbeitet: zu Beginn schon liegt alles die Tragödie technisch Bedingende sozusagen fertig da, und die Handlung besteht darin, daß der Kausalmechanismus in Bewegung gerät und abläuft. In Herodes und Mariamne (1850) ringt Hebbel darum, die Abhängigkeit des Menschen von den als Schicksal auftretenden Mächten des Absoluten in der allgemeingültigsten Weise zu zeigen, alles Einmalige des geschichtlichen Vorgangs zu überwinden und das individuelle Handeln der Helden als vollkommene Notwendigkeit erscheinen zu lassen. Die Geschichte der Augsburgerin Agnes Bernauer gab den Stoff her zu einem Trauerspiel (1855), in dem der Untergang eines schönen, adligen Individuums als notwendiges Opfer erscheint, dargebracht der Idee der Gesellschaft, des Staates. Gyges und sein Ring (1856) verherrlicht die Idee der Sitte durch den Untergang des Kandaules. Und eine neue Art von Versöhnung wird darin gesucht, daß „das Individuum im Untergang selbst eine geläuterte Anschauung seines Verhältnisses zum Ganzen gewinnt und in Frieden abtritt". Die großgedachte Dramatisierung des Nibelungen-Epos (1862)in Hebbels Trilogie eroberte den größten germanischen Mythus der Schaubühne. Auch hier deutete Hebbel, so sehr er die Sage selbst sprechen lassen wollte, die Geschichte von seiner

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tragischen Grundsicht aus, vor allem in der Gestalt der Brunhild und der Begründung von Kriemhilds Rache. Den geschichtsphilosophischen Sinn eröffnet der Schluß: die alte Welt mit ihrem starren Trotz und Vergeltungsprinzip richtet sich selbst zugrunde, die Idee des Christentums geht siegreich auf über dem Untergang des germanischen Heldenzeitalters. Hebbels Lustspiele (Der Diamant 1847, Der Rubin 1851) bleiben hinter seinen Tragödien zurück. Aber in Gedichten von schwerer Gedanklichkeit auch war er groß. Hebbel war der letzte deutsche Dramatiker, der die ungeheuren Spannungen eines Zeitalters ohne Sicherheit des Geistes und ohne Einheit des Glaubens auszuhalten vermochte mit der heldenhaften Eigenkraft, aus der allein die große Tragödie in solcher Zeit noch kommen konnte. Es wird nicht der starken spekulativen Begabung allein, sondern auch dem Zeitklima zuzuschreiben sein, wenn Hebbels Dramen so viel größer in Gedanken und Ideen sind, als in Wort und Gestalt. Das hamlettsche Übermaß an Reflexion gehörte auch zu den Zeichen der Zeit. Hebbels D r a m a hat nicht den sinnlichen Theater- und Sprachzauber, das ursprüngliche Schauspielleben, durch das Schillers D r a m a sich auf der Bühne auch in Zeiten zu behaupten vermochte, die den Ideen seiner Spiele entfremdet waren. Hebbel ist größer im Gedanken als im Wort, im Rhythmischen stärker als im Melodischen, Ideenkünder mehr als Schau-Dichter. Es scheint deutsche Eigentümlichkeit zu sein, , d a ß tragische Dichter zunächst durch Kritik und Spekulation die ihnen vorschwebende Tragödienart der Idee nach zu sichern oder die schon vollbrachte nachträglich theoretisch zu begründen suchen. Bei schöpferischen Menschen von der Größe Schillers und Hebbels ist das ein befruchtendes Miteinander. Geringere Talente erliegen den Gefahren des Theoretisierens; bei ihnen mündet der spekulative Seitenweg nicht wieder auf die Bahn der Dichtung. So ging es Otto L u d w i g (1813-65). Seine Shakespeare-Studien und kritischen Auseinandersetzungen mit älteren und

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D i e Nachfahren des deutschen Idealismus

neueren Dramen sind das Bedeutendste, was ihm gelungen ist. Das bürgerliche Trauerspiel Der Erbförster (1850) ist ein Nachfahre der Schicksalstragödie in realistischem Bauund Sprachstil. Es sollte „ein Warnungsbild für das Übergewicht des Instinkts" in der damaligen Zeitstimmung sein. Aber niemand wird es so moralisch verstehen. Durch psychologische Verwicklung von ausgeklügelter Schwierigkeit suchte Ludwig dichterische Tiefe zu erreichen. Die Makkabäer (1852) schildern die Erhebung des jüdischen Volkes unter Judas Makkabäus. Die Familientragödie soll sich hier zur Volkstragödie steigern. Im Ausdruck der Leidenschaft allein hat das schwächliche Stück einige Größe. Durch psychologische Verwicklung von beträchtlicher Künstlichkeit unterschied sich die thüringische Geschichte Die Heiterethei und ihr Wider spiel (1855) von den Dorfgeschichten der zeitgenössischen Schriftsteller. Die Neigung zu seelischer Zergliederung, zur Aufdeckung des verwickelten Seelenmechanismus, der dunklen Verknüpfungen in uns, die gegen Ende des Jahrhunderts europäische Literaturmode wurde, trat bei uns zuerst hervor in Ludwigs Roman Zwischen Himmel und Erde (1856). Hier war Ludwig einmal eigenwüchsiger Dichter; aber die Vorliebe für das Interesse, Abseitige entstellt auch diese fein gearbeitete Erzählung vom überzarten Gewissensmenschen, dem die Lauterkeit zu sittlicher Spitzfindigkeit entartet und der dadurch aus dem andern, dem Bruder, gradezu das Böse herauslockt. 4. K l a s s i z i s m u s . Den Kult der Antike, wie ihn die Hochklassik getrieben hatte, suchte Aug. Graf v. P l a t e n (1796-1835) am Ende der Romantik zu erneuern. Romantische Dichtung verachtete er als ewiges Schmachten, spielerische Phantastik und Reimgeklingel. Die katholische und die politisch rückschrittliche Richtung auch war ihm verhaßt; aber die Gegenwartspoesie, die Tagesliteratur, als deren gefährlichsten Vertreter er Heine ansah, war es ihm nicht weniger. Dem stolzen Aristokraten verwandelte sich das Leid aufgezwungener Einsamkeit in das Gefühl von Erlesenheit und Berufung. Große Kunst, erhabene

Klassizismus

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Schönheit zu rühmen, fühlte er als eine Sendung. In der griechischen Vergangenheit nur fand er das und in ihrer abendländischen Nachfolge; wie er in Italien lieber lebte als in Deutschland. Hier gibt sich zuerst in Gesinnung und Stil deutscher Klassizismus kund, eine sentimentalische Abwandlung der Klassik. Die entartete Gegenwart erscheint unfähig, Kunst von klassischem Stil hervorzubringen und zu ertragen. Bei Platen verband sich damit ästhetenhafte Haltung dem Leben gegenüber. Ohne Würde, Schönheit und Sinn stellt es sich diesem verwundeten Gemüt dar. In erinnernder Vergegenwärtigung vergangener Größe, im Glauben an schönere Zukunft fühlt Platen allein Befriedigung: Großes wollend, edel und unglücklich. So ist denn nur das zeitlose, verklärte Leben, wie es in großer Kunst erscheint, Gestalt seiner Dichtung. Seine feierlichen Oden, seine schönen Sonette (am vollkommensten der Zyklus Venedig) sind Gebilde von edelster Linienstrenge; die Form in all ihrer Regelmäßigkeit und reinen Rundung wird hier so mächtig, so selbständig, daß das Gedicht nur in ihr, durch sie bestehen könnte. Dem Willen, in barbarischer Gegenwart das Überlieferungsgut hohen Stils und edler Dichtformen zu bewahren, entstammen seine Oden, seine orientalischen Dichtungen, auch seine „aristophanischen" Lustspiele (Die verhängnisvolle Gabel 1826, Der romantische ödipus 1829). Nachfahren der Klassik gab es in D e u t s c h l a n d immer w i e d e r und immer auch ein Publikum für diese Epigonenliteratur. D e r N a c h f o l g e v o n Hölderlins Hyperion entstammt der Roman eines andern (1823) von Wilh. Waiblingen — Italien-Liebhabers, der Phaeton D e n Charakter einer Schule nahm der Klassizismus aber erst im sogenannten M ü n c h e n e r K r e i s an, der sich um die Jahrhundertmitte bildete. K ö n i g Maximilian II. w a r sein Gönner; aber w e d e r sein Programm noch seine Mitglieder waren bodenständig. Sie w o l l ten der politischen und „zeitgemäßen" Literatur eine D i c h t u n g entgegenstellen, die, w e n n auch als Ausdruck gegenwärtigen Lebens, e d l e s Fühlen in schöner Form darbieten sollte. D a s technische K ö n nen w a r beträchtlich, die Gesinnung wohlanständig. A b e r an die Stelle der hohen Schönheit trat farblose Regelmäßigkeit, an die Stelle idealistischer Gespanntheit virtuoser Schwung, an die Stelle

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Das junge Deutschland

humanitären Vollmenschentums ein korrekter Bildungshumanismus. Bildung wurde nun immer abgeleiteter, herkömmlicher. Diese Art von Epigonenpoesie deckte in Wirklichkeit nur die Schwäche und Blässe eines Idealismus auf, der als edle Salonliebhaberei oder hohles Wortgepränge ohnmächtig neben dem Leben der Zeit vegetierte, im Volke nicht und nicht in der Gesellschaft wurzelnd, niemandem wirklich notwendig: eine Luxussache für die ganz andern, wirklicheren Dingen zugewandte Bourgeoisie. Die hohen Auflagen der Bücher dieser Poeten beweisen nur, daß die Masse der Leser anwuchs und die Literatur ein allgemeines Bedürfnis gesellschaftlicher Durchschnittsmenschen geworden war. Emanuel G e i b e l (1815—84) war der beliebteste Lyriker dieser Schicht ( G e d i c h t e 1840), später der Dichter des siegreichen Krieges (.Heroldrufe 1871). Neben ihm als Führer des Kreises sein Freund Paul H e y s e (1830—1914), eines der gewandtesten Formtalente des Jahrhunderts. Seelische Problematik von gebildeten Gesellschaftsmenschen, Liebeserlebnisse mit allerlei Spannungen, aber ohne Abgründigkeit, stellt er in geschmackvollen Formen dar, oder auch Schicksale von Menschen aus dem italienischen Volk, das er liebte (Novellen 1855/58 u. a.). Seine Romane zeigen ihn in der Gesinnung einer optimistischen Diesseitigkeit und zeitgemäßen Freidenkerei ( D i e Kinder der Welt 1873, Merlin 1892). Sie sind verschollen, wie seine zahlreichen Dramen. Höheren Rang als seine eigenen Gedichte haben seine Übersetzungen spanischer und italienischer Lyriker. Eine neue Übersetzungs-Kunst entwickelte sich überhaupt im Münchener Kreis (Geibel: Klassisches Liederbuch 1875, Geibel u. Heyse, Spanisches Liederbuch 1852, A. Graf von Schack, Spanisches Theater 1845). Andere Lyriker, die dem Münchener Kreis angehörten oder ihm nahestanden, sind: Herrn. L i n g g (1820 bis 1905); Martin G r e i f (1839—1911), am stärksten in anspruchsloser Einfachheit; der Schweizer Heinr. L e u t h o l d (1827—1879), bei dem die durch Platen zuerst verwirklichte ästhetisierende Ablehnung der Gegenwart sich besonders deutlich zeigt, das kraftlose Zehren von der Klassizität griechischer und Weimarer Vergangenheit; der dichtende Orientalist Friedr. B o d e n s t e d t (1819—1892), der seine Verse unter dem erfundenen Namen eines persischen Dichters Mirza Schaffy herausgab (1851).

IV. Das junge Deutschland Neben der politischen Bewegung eines Jungen Deutschland, einer unbedeutenden Organisation, die von dem Verschwörerbund des Italieners Mazzini ausging und der Stu-

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denten und Handwerksburschen angehörten, gab es in den auf die französische Julirevolution (1830) folgenden Jahren auch in Deutschland eine literarische Bewegung, die so benannt wurde. Wieder trat eine neue Altersgemeinschaft in das wirkende Dasein der Nation ein: die zu Beginn des 19. Jahrhunderts Geborenen waren es; aber eine eigentliche „Schule" bildete sich nicht heraus und auch keine geschlossene Gruppe. Daß diese Schriftsteller alle von den reaktionären Regierungen unter Metternichs Führung verfolgt wurden, ließ sie nach außen hin als Gemeinschaft, ja als verschworene Kampfgenossenschaft erscheinen. Der Zusammenhang zwischen ihnen war aber doch nur einer der Gesinnung, der Haltung, des Stils, nicht der persönlichen Gemeinschaft und des organisierten Handelns. Mit der alten politischen Welt, dem aufgeklärten Absolutismus und der romantischen Reaktion, deren Ende die als Flammenzeichen wirkende zweite französische Revolution ankündigte, schien auch die idealistische Dichtung und Philosophie dahinzusinken. Das große Erbe, das die „Nachfahren" bewahren und weiterbilden wollten, suchte die revolutionäre Gruppe der zwischen 1830 und 1840 auftretenden Jugend hinter sich zu lassen. Die Gegenwart enthielt andere Aufgaben; vor den ungeheuren Umwälzungen des aufgehenden Zeitalters der Naturbeherrschung und industriellen Produktion, vor der Erscheinung des Volkszerfalls in bürgerliche Besitz-Demokratie und den Sozialismus der Massen, der kapitalistischen Wirtschaft und des Klassenkampfes - vor dieser gigantischen Wandlung verblaßten humanistische Idee und romantische Traumwelt, ja die erhabene Vollendung klassischer Lebens- und Kunstgestalt selbst. Die politischen Aufregungen schieben diese gestern noch herrschende Ideen- und Kunstwelt beiseite. Bewegung heißt das Losungswort der Epoche, ein Aufbruchsgeist von entschlossenstem Willen treibt die aktivistischen Vortrupps der bürgerlichen Intelligenz aus dem Garten der Dichter- und Denker-Kultur in die dämmerige Unendlichkeit des neuen Zeitalters. D a s Denken und Wollen wird politisch und sozial. In der

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Gegenwirkung gegen die despotische Politik nach dem Wiener Frieden, gegen den Polizeistaat und den Bundestag, in den Kämpfen um parlamentarische Verfassungen, um demokratisches Wahlrecht, Pressefreiheit, um Denkund Wirtschaftsfreiheit waren diese Kräfte erwachsen. In der aus dem Freiwilligen-Geist der Freiheitskriege entstandenen burschenschaftlichen Bewegung hatte eine nationale Ideenwelt mehr moralisch-idealistischer als praktisch-politischer Art nach Entfaltung gedrängt. Aber diese Ansätze zu einer eigenwüchsig deutschen Art von Demokratie wurden durch die bei den Westvölkern sich rascher entfaltenden liberalen Ideen und die politisch brauchbareren Programme der neuen Jakobiner erstickt. So erging es auch den in Arndts späteren Schriften und in der nachromantischen Erweckungsbewegung sich offenbarenden Strebungen, die auf die Erneuerung eines deutschen Christentums und auf christliche Politik ausgingen. Die jungdeutschen Literaten sind nicht die Ursache, daß die politische Widerstandsbewegung immer mehr unter die Herrschaft der aus Frankreich herüberwirkenden liberalen Ideen gerät; aber daß die Jungdeutschen von diesem Strom mitgerissen wurden, daß ihre Schriften immer ungehemmter der Propaganda dieser Ideen dienten, entschied den Sieg des Liberalismus in Deutschland. Hier zuerst entstand in Deutschland eine umfassende klassenkämpferische Tendenzliteratur, die das ganze Feld zwischen Dichtung und Schriftstellerei besetzte; eine Literatur also, die nicht, wie wahre Dichtung, sich an den Menschen im Zeitgenossen, sondern an den Zeitgenossen im Menschen wendet. Auf Handeln, Verwandeln, auf Neuprägung des nationalen Lebens war die neue Literatur gerichtet, die meisten Jungdeutschen fühlten sich als Aktivisten, Lebensreformer, versetzte Täter, empfanden sich als Kinder einer verwirrten, gärenden Übergangszeit, einer kritischen, skeptischen Periode, als „zukunftskranke" Wegbereiter im Vorfeld des Neuen. Weltschmerz, Zerrissenheit, Zynismus bedrohten sie von Innen, der Widerstand der bürgerlichen Masse und die Gewalt des reaktionären Staates von außen.

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Trotz aller Kritik an Goethes „Egoismus" und an der romantischen Wirklichkeitsscheu hingen sie als Literaten noch zu sehr mit der großen Dichtung von gestern zusammen, um sich nicht als heruntergekommene Erben zu fühlen. Für ihr Weltbild war der Zusammenhang mit dem Idealismus, auch dem Idealismus in Hegels realistischer Fassung, weniger wichtig als ihre Hinneigung zur materialistischen Denkweise. Ideen der Aufklärung wurden wieder lebendig, und wieder wirkten sie vor allem von Frankreich herüber. An dieser Bewegung hatten zum erstenmal deutsche Juden führend teil. Ludw. B ö r n e (geb. Frankfurt a. M. 1786, gest. Paris 1837), ein Moralist in der Art der aufklärerischen Naturrechtler und ein fanatischer Hasser deutscher Zustände der Restaurationszeit, wurde durch seine Briefe aus Paris (1831/34) der wirkungsvollste Schrittmacher des westlichen Liberalismus. Seine Schriften begründeten in Deutschland den politischen und ästhetischen Journalismus. Er zuerst hat die politische Bewertung der Dichtung eingeführt. Dagegen geht der ungleich begabtere Heinr. H e i n e (geb. Düsseldorf 1797, gest. Paris 1856) von der Märchenwelt und Gefühlsdichtung der deutschen Romantik aus; aber so, daß er ihre phantasiehafte Überwirklichkeit ironisch-überlegen entlarvt, ihre Gemüthaftigkeit übertreibend und spottend herabsetzt. Alle romantischen Mittel beherrscht sein virtuoses Talent noch einmal; und doch war Heine kein Romantiker, sondern ihr erfolgreichster Erlediger. Im kleinen Gedicht, das den sentimentalischen Augenblick formt oder von einer witzigen Pointe lebt, ist er vor allem neu und glänzend. Und in Balladen am reinsten und ernsthaftesten Dichter. Im übrigen vermischen seine Lieder und Gedichte ( G e d i c h t e 1822, Lyrisches Intermezzo 1823, Buch der Lieder 1827, Neue Gedichte 1844, Romanzerò 1851) den Schein romantischer Volkslied-Innigkeit und Stimmungsmusik, Byronschen Weltschmerz, revolutionäre Rhetorik und witzigen Zynismus auf eine Weise, die von der Bourgeoisie in Deutschland und außerhalb als unvergleichlich interessant empV i è t o r , Deutsches Dichten u. Denken.

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funden wurde. In einem neuen Sinne international war diese Lyrik, indem sie das Deutsch-Romantische in einer dem weltanschaulichen Liberalismus wie der neuen Sinnlichkeit entsprechenden Weise „modernisierte" und eben dadurch in gewisser Weise aufhob. Heine begann auch die politische Dichtung mit aufreizenden, scharf treffenden Gedichten, verspottete aber dann selbst die neue Tendenzpoesie in seiner Verserzählung Atta Troll (1843). Deutschland. Ein Wintermärchen (1844) bekämpfte kirchliche und junkerliche Reaktion vom Standpunkt des Liberalismus aus. Harmlosere Vorläufer dieser Verserzählungen waren die Reisefeuilletons (Reisebilder 1824/27): Die Harzreise und die Italienischen Reisebilder (1830). Für die Klärung des Ideenwirrwarrs der Übergangszeit haben Heines elegante Essays eine Rolle gespielt. Die romantische Schule (1833), ursprünglich französisch für Franzosen geschrieben, versuchte eine erste Gesamtdeutung aus geschichtlichem Abstand. Die hier gemachte Unterscheidung von christlich-romantischem Spiritualismus und modernem Sensualismus wird in dem Aufsatz Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland (1835) zum Schlüsselbegriff für die Deutung der gegenwärtigen Krise. „Emanzipation" war hier wie in den Schriften der eigentlichen Jungdeutschen das Schlagwort des Tages: Befreiung vom sozialen und staatlichen Feudalismus, vom KirchenChristentum, von idealistischer Weltanschauung, von gesellschaftlichen Vorurteilen. Die geschichtlichen Schranken, durch welche die Stellung der Bürger, der Bauern, der Arbeiter, der Frauen, der Juden noch gebunden war, sollten niedergelegt werden. Das war die „neue Religion". Im Schlagwort von der „Emanzipation des Fleisches" (vor allem in Heines Prosaschriften, den Romanen der Jungdeutschen, in Gutzkows Vorrede zur Neuausgabe von Schleiermachers Vertrauten Briefen über die Lucinde 1835) wurden die ersten Bestrebungen zur Reform der Geschlechtsmoral nach der neuen materialistischen Denkweise zusammengefaßt. Die Ideen des gemäßigt-reforme-

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rischen Frühsozialismus wurden von den deutschen Schriftstellern meist in der Fassung angenommen, die ihnen der Franzose Saint-Simon gegeben hatte. Auch der Gegensatz zwischen christlichem Spiritualismus und modernem Sensualismus, zwischen idealistischem Dualismus und einem neuen Monismus hatte schon große Bedeutung in der Lehre Saint-Simons und seiner Fortsetzer Bazard und Enfantin. Dazu traten in Deutschland später die Schriften radikaler Kritiker der christlichen Überlieferung und Gesinnung wie Dav. Friedr. Strauß ( L e b e n Jesu 1835), Ludw. Feuerbach (Das Wesen des Christentums 1841) und die Junghegelianer Bruno und Edgar Bauer. Der Name Junges Deutschland wurde geläufig durch das einzige Werk, das, freilich ohne Klarheit und Glück, versuchte, die neuen literarischen Strebungen begrifflich zu fassen: Ludolf W i e n b a r g s Ästhetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet (1834). Die politische Welle, die durch die französische Julirevolution (1830) und den Aufstand in Polen (1830/31) ausgelöst worden war, trug die Anfänge der aktivistischen und tendenziösen Zeitliteratur. Der Erlaß des Bundestages vom Dezember 1835 verbot die Schriften von Heine, Gutzkow, Laube, Wienbarg, Mündt für das gesamte Gebiet der deutschen Länder. In Preußen wurde auch die öffentliche Besprechung der vorhandenen, wurde sogar das Erscheinen weiterer Schriften dieser Autoren verboten. Gutzkow und Laube mußten mit Gefängnisstrafen büßen. Damit war das erste Ungestüm der jungen Bewegung erstickt. Die folgenden Werke gaben sich zahmer. Die Dichter des Vormärz nahmen die politischen Strebungen wieder auf und halfen, die erste deutsche, die bürgerliche Revolution von 1848 vorzubereiten. Das Vorherrschen von Kritik, Gedanken, programmatischen Ideen und reformerischen Strebungen begünstigte diejenigen literarischen Gattungen, die dem Bedürfnis nach unmittelbarem Sichaussprechen und nach Erörterung von Zeitproblemen am ersten offen standen: der Essay (Gutzkow: Öffentliche Charaktere 1835, Mündt: Kritische 9*

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Wälder 1833, Laube: Moderne Charakteristiken 1835), die Briefform (Herrn. Fürst v. Pückler-Muskau: Briefe eines Verstorbenen 1830/31, Laube, Das neue Jahrhundert 1832/33, Gutzkow: Briefe eines Narren an eine Närrin 1832), die Reiseerzählung (Laube: Reisenovellen 1834 bis 37), der Zeitungsaufsatz. Die geistreich-absichtsvolle, scharf gewürzte, mit Schlagworten rednerisch aufgeputzte Schreibart drückt den neuen aktivistischen Geltungswillen aus. In diesem Stil werden nun auch Romane und Novellen geschrieben. Die Erzählung selbst bildet nur den Rahmen für ein buntes Vielerlei von Charakterskizzen, Gesprächen, Tagebuchbruchstücken, Briefen, Zeitglossen, Fragmenten. Auch hier kommt es überall auf unmittelbare Beunruhigung des Denkens und Herausforderung des Willens der Zeitgenossen an. Für die Ewigkeit schreiben diese „eiligen Söhne der Zeit" nicht, die letzten Fragen werden durch skeptische Überlegungen erledigt. Roman und formlose Erzählung jeder Art begannen alle andern Gattungen zu überwachsen. Der Roman erschien als „die zeitgemäße Form des Epos" (Mündt). Hier konnte die moderne Forderung nach Stoffen aus der gesellschaftlichen, sittlichen und geistigen Mittellage (nur keine „geschraubten extremen Ideale"!), nach Lebensnähe überhaupt, nach freier Bahn für kritische und aktivistische Gedanklichkeit und Dienst am Tage am leichtesten sich verwirklichen. Die Gesellschaftsromane des Engländers Edward Bulwer vor allem galten als Muster der neuen Art. Das einzige gültige Werk aus der ersten Schaffenszeit von Karl G u t z k o w (Berlin 1811-78) ist der Roman Wally, die Zweiflerin (1835). W a l l y ist eine Dame nach der Mode, die der mit ihr veranstalteten geistigen und moralischen Emanzipation nicht gewachsen ist und sich das Leben nimmt. Ein Buch von der seelisch-sittlichen Krankheit, von der die Jugend des krisenhaften Zeitalters befallen ist, und darin dem Werther vergleichbar. Die Charakterskizze des Helden Cäsar zeichnet einen Problematischen, den genialischen Weltverächter mit allen Merkmalen der „Zerrissenheit": gemachter Herzenskälte, selbstzerstörerischer Skepsis,

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Angst vor Illusionen, Sehnsucht nach einem Halt und nach der Möglichkeit zur Tat. Einen ähnlichen Helden hat Gutzkows erstes Drama Nero (1835), das Zeitkritik und Tendenz in geschichtlicher Maske vorträgt. Auch die erfolgreicheren Schauspiele (Uriel Acosta 1846) und Lustspiele ( Z o p f und Schwert 1844, Das Urbild des Tartuffe 1845) kamen von der Art des aktualisierten Geschichtsdramas nicht los; obgleich Gutzkow selbst verlangte, daß die Bühne Menschen der Gegenwart zeigen sollte. Ähnlich verhält es sich mit Heinrich L a u b e s (1806-84) Stücken (Struensee 1845, Die Karlsschüler 1846, Graf Essex 1856). Sein einziges bedeutendes Prosawerk ist der Roman Das junge Europa (1833/37), eine Erzählung aus dem eben beendeten polnischen Krieg, angefüllt mit den gärenden Gedanken der suchenden Jugend und mit bürgerlicher Bescheidung als melancholischem Schluß. Literarische Geltung hatten in der unbefriedigten und unbefriedigenden Übergangszeit zwischen Romantik und Realismus noch: Theodor Mündt, wissenschaftlicher Journalist von Rang und Romanschreiber ( M o d e r n e Lebenswirren 1834, Madonna 1835); Gustav Kühne, der damals die wichtige Zeitung für die elegante Welt herausgab; Ernst Willkomm, Nachahmer des französischen Modeschriftstellers Eugene Sue (Die Europamüden 1838); Julius Mosen, dessen Werke im Übergang von schwäbischnationaler Romantik zu moderner Problematik stehen. Als Verkünderinnen des neuen Liebesideals traten zwei Frauen hervor: Ida Gräfin Hahn-Hahn, erfolgreichste Nachahmerin der Französin George Sand, und die verstandesstarke Fanny Lewald. Gönner erst, dann gefährlicher Gegner der Jungdeutschen war Wolfgang Menzel, Herausgeber des einflußreichen Cottaschen Literaturblatts. V. Politische Dichtung Aus der wachsenden politischen Spannung im Jahrzehnt vor der ersten deutschen, der Märzrevolution 1848, entstand die erste deutsche Revolutionslyrik. Auch diese bis-

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her individuellste Dichtungsart wurde nun im Zuge der großen Wandlung des deutschen Lebens öffentlich und aktivistisch. Vom allgemeinen Dasein, den öffentlichen Interessen, den großen Ideen des bürgerlichen Befreiungskampfes sollten nun auch Gedicht und Lied reden: von Verfassung, Gleichberechtigung, deutscher Einigung. Aber so wenig war der Deutsche schon zu gegenständlichem Denken und direktem Handeln im Politischen erzogen, daß auch diese erste politische Dichtung noch von der Kraft des deutschen Idealismus lebte. Allgemein das Freiheitspathos, abstrakt der Freiheitskultus: so war es schon in den Gedichten gewesen, in denen sich die Parteinahme der Deutschen für die griechischen und polnischen Freiheitskämpfer kundgab. Wie eine riesige Kulissenwand war diese allgemeine Ideologie und dies unbestimmte Begeisterungspathos aufgebaut; es verstellte das wirkliche Geschehen, den Kampf des zum letzten Sturm ansetzenden Bürgertums um die politische und wirtschaftliche Macht. Die politische Lyrik trat zuerst hervor in dem Lande, wo der Druck der Reaktion am stärksten war, in Österreich. Hier war Anastasius G r ü n am bedeutendsten ( S p a z i e r gänge eines Wiener Poeten 1831, Schutt 1836), ein Edelmann und Majoratsherr (Alexander Graf v. Auersperg), der ohne revolutionäre Schärfe, mit idealistischem Schwung und in bilderreichem Stil einen gemäßigten, josefinischösterreichischen und humanitären Liberalismus vertrat. In Norddeutschland glänzte vor allem H o f f m a n n v. F a l l e r s l e b e n , tüchtiger Germanist und liberaler Reformer, mit kernig redenden Spottgedichten auf deutsche Schwächen, wie mit schlagenden politischen Liedern ( U n p o l i t i sche Lieder 1840/42). Ihm gelang das schönste deutsche Nationallied: Deutschland, Deutschland über alles (1841). Auch als Kinderliederdichter war er bedeutend. Vertreter des gemäßigten Liberalismus waren ferner: Franz Dingelstedt ( L i e d e r eines kosmopolitischen Nachtwächters 1842) und Robert Prutz ( G e d i c h t e 1842). Ein mehr biedermeierlich-konservativer als politischer Poet war der Schlesier Moritz Graf S t r a c h w i t z ( L i e d e r eines Erwachenden

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1842), der aber als Balladendichter größere Bedeutung hat. Die radikal-demokratische Richtung der politischen Dichtung vertraten am eindrucksvollsten der Schwabe Georg H e r w e g h und der Westfale Ferd. F r e i l i g r a t h . Herweghs Gedichte eines Lebendigen (1841) enthalten den schärfsten Ausdruck des politischen Freiheitspathos. Er hat selbst in den Reihen des badischen Aufstands von 1848 mitgekämpft. Freiligrath begann mit „Wüsten- und Löwenpoesie". Diese Balladen mit ihren exotischen Stoffen und der effektvoll aufgeputzten Sprache standen unter dem Einfluß der französischer Romantik (Victor Hugo). Seine politischen Gedichte, kraftvoll und glühend (Ein Glaubensbekenntnis 1844, Politische und soziale Gedichte 1849'51), zwangen ihn, der dem Kreis um Karl Marx angehörte, zur Auswanderung nach London. Von der Politik hielt er sich nun fern. 1870 war der nach Deutschland Zurückgekehrte schwungvoller Sprecher der patriotischen Begeisterung, aber ein Anhänger von Bismarcks Politik ist er nie geworden. Als Übersetzer hat Freiligrath Großes geleistes für die Vermittlung der damaligen französischen (V. Hugo, A. de Musset), englischen (Rob. Bums, Tennyson) und amerikanischen Dichter (Longfellow, Walt Whitman). Mit dem Zusammenbruch des bürgerlichen Radikalismus in den gedrückten Jahren nach der Revolution, dem Ende der idealistischen Hoffnungen, dem Übergang zur neuen Wirtschaftsgesinnung und kleindeutschen Realpolitik war die erste Revolutionsdichtung der Deutschen erledigt. VI. Der Realismus Nach dem Ablauf der politischen Revolutionszeit setzte sich die neue, für den Rest des Jahrhunderts bezeichnende Weise des Denkens, Fühlens und Handelns durch: die naturalistische. Der weltanschauliche Naturalismus des 19. Jahrhunderts gründete sich auf die neuen Erkenntnisse der Naturwissenschaften und die neue Wirklichkeitsgesinnung. Die Ablösung vom Kirchenglauben, der wach-

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sende Widerstand eines sich „emanzipierenden" Geschlechts gegen die asketischen Gebote der Religion, der Stolz auf den ungeheuren Zuwachs an Wissen von den Gesetzen der Natur und an Fähigkeit, sie zu beherrschen - diese Bewegungen und Erfahrungen führten zu der Anschauung, daß die Natur und ihre Vorgänge die einzige Wirklichkeit sind, von der das Geistige nur als Bewußtsein sich unterscheidet. Eine große gesetzmäßige Verknüpfung hält beide Naturreiche, das organische und das anorganische, zusammen. D e r Materialismus, die Metaphysik des Naturalismus, erklärt alle Lebensvorgänge als mechanische Bewegungen von Atomen, von materiellen Teilen also. Auch der Geist erschien nun als Produkt der Materie: seines Zaubers entkleidet, in seinem Geltungsanspruch zurückgewiesen. An die Stelle der fordernden Idee einer Menschheit, die in wachsender Vergeistigung und Versittlichung sich vollendet, trat die durch Charles Darwin am wirkungsvollsten vertretene Lehre (1859), wonach der Mensch, wie alle Naturwesen, das Produkt mechanischer, rational beschreibbarer Lebensvorgänge ist und die Menschheit sich auch weiter nach solchen, ihrem Willen unzugänglichen Gesetzen entwickeln wird. D i e Umwelt, die Triebe und Interessen, die biologische Entwicklung, der wirtschaftliche Fortschritt - das waren die Bedingungen und Zusammenhänge, in die man nun den Menschen hineingestellt und durch die man ihn bedingt sah. Populäre Darstellungen von Naturwissenschaftlern (Jakob Moleschott, Der Kreislauf des Lebens 1852; Ludwig Büchner, Kraft und Stoff 1855; Karl Vogt, Köhlerglaube und Wissenschaft 1855) verbreiteten die neuen Ideen. Vorher hatte auch die spekulative Philosophie einen Materialismus an die Stelle von Hegels Idealrealismus gesetzt. Ludwig F e u e r b a c h s ( 1 8 0 4 - 7 2 ) Philosophie will Anthropologie sein, eine Philosophie vom Menschen und seiner Mutter, der Natur. Dem Idealismus wirft Feuerbach vor, er handle vom Geist als ob der Mensch nicht sinnlicher Natur sei; ferner, daß er das Individuum nicht in der Lage des Mitseins, nicht in der Rolle des Mitmen-

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sehen sehe. Reines Denken - ein leeres Spiel! Nur das sinnlich Faßbare verschafft Gewißheit. Gott, Unsterblichkeit, alle Transzendenz gelten jetzt als Wahngebilde unsrer Wünsche und Ängste. Die ganze Frömmigkeit und Willentlichkeit des modernen Menschen, der Gott und Jenseits hinter sich gelassen hat, soll auf das Diesseits sich richten, damit das irdische Leben besser werde. Wie Kirche und Reaktion damals zusammengehörten, so entsprang aus dieser neuen Diesseitsreligion politischer Aktivismus. („Es soll, es muß besser werden auf der Erde"). Feuerbachs Vorlesungen über das Wesen der Religion (1851), die er 1848/49 vor Studenten und Bürgern im Rathaus zu Heidelberg gehalten hatte (G. Keller war unter den Zuhörern) haben zusammen mit den andern Angriffen, die von der neuen materialistischen Philosophie gegen den Offenbarungsanspruch wie die Ethik des Christentums gerichtet wurden, damals große Wirkung getan. D i e Folgerungen, die sich aus der neuen Denkweise für die nun beginnenden wirtschaftlichen und sozialen Kämpfe ergaben, zog Karl Marx, der wie Feuerbach ein abgefallener HegelSchüler war. Seine Schriften ( D a s kommunistische Manifest 1848, Das Kapital 1867) sind erste Beispiele politischen Philosophierens und materialistischer Geschichtsdeutung. Auch hier die Abwertung des Geistigen: Religion, Philosophie, Kunst sind nur Ausscheidungen der wirtschaftlich-gesellschaftlichen Verhältnisse. In der gemäßigteren Form des Positivismus, dessen klassische Ausprägung der französische Philosoph Aug. Comte gab, hat der Materialismus zunächst für die Wissenschaftshaltung große Bedeutung gewonnen; aber auch für die Einstellung, welche die neue L i t e r a t u r der Wirklichkeit gegenüber herausbildete. Der Mensch wird auch hier gesehen in seiner Bedingtheit durch die Naturgesetzmäßigkeit. Nicht das „Wesen" der Dinge ist unsrer Erkenntnis zugänglich, sondern nur die Erscheinungen und ihre Beziehungen untereinander. Um so aufmerksamer und ruhiger muß der Blick auf den Dingen ruhen. Das war das Ideal der echten Realisten unter den deutschen Schrift-

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stellern. D i e K u n s t hat, so meinte man nun, auf religiöse Wirkung nicht auszugehen. Sie soll nicht ein Reich der Freiheit und „ E r l ö s u n g " über der Wirklichkeit schaffen; sondern sie soll, d a die Wirklichkeit des Lebens allein wichtig ist, diese Wirklichkeit so schildern, wie die M a s s e der Menschen sie zu sehen gewohnt ist oder sehen sollte - verändert nur nach den Bedürfnissen literarischer D a r stellungsweise oder leicht „vergoldet". D e r moderne Dichter, gehemmt durch das G e f ü h l seiner Naturabhängigkeit und Umweltsgebundenheit, wagt nicht mehr, deutender und umgestaltender Herr der Wirklichkeit zu sein. Dieser Wille zu wirklichkeitsnaher Wiedergabe, die sich freilich nicht so einfach ausführen ließ und vollkommen von keinem Realisten ausgeführt worden ist, mußte notwendig die erzählende und schildernde Weise der Literatur noch üppiger entfalten. A l l e bezeichnenden Werke des Realismus sind Werke der Prosaepik. - E i n eigentliches D e n k g e b ä u d e der realistischen Kunstanschauung hat es in Deutschland nicht gegeben. D i e letzte große Ästhetik, welche den Idealismus mit der neuen Wirklichkeitsgesinnung zu vereinen und, noch im Hegelianismus wurzelnd, zu einem zeitgemäßen Idealrealismus vorzudringen sucht, hat der schwäbische Professor Friedr. T h e o d . Vischer geschrieben (1847/58). D e r realistische R o m a n will die moderne Lebenswirklichkeit erzählend und beschreibend in bezeichnenden Ausschnitten spiegeln. Ohne ordnende Ideen, ohne Überzeugungen und weltanschauliche Ordnungsbegriffe war aber auch diese „wirklichkeitstreue" Schilderung nicht zu vollbringen. Zu den beschriebenen materialistischen Anschauungen, die sich bei den einzelnen Persönlichkeiten doch meist mit allerlei idealistischem Ideengut mischten, trat die neue politische Ideenwelt, der L i b e r a l i s m u s . E r wurzelte in den Ideen von 1789, die er aber stark abschwächte und mit deutschem Humanitätsidealismus verband. N u n erst beginnt der moderne Individualismus sich in Deutschland ungehemmt durchzusetzen: dem Individuum kommen alle Freiheiten und Ansprüche zu, der

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Staat hat nur Pflichten. Der Kampf gegen jede „universalistische" Bindung in der Politik, in der Wirtschaft, im Denken wird zu Ende geführt. Wirtschaftliche Wohlfahrt, zivilisatorischer Fortschritt, gegründet auf dem Glauben, daß der Mensch gut sei, das sind jetzt die Ziele des Lebens. Die Literatur, deren Würde und Wert im Getriebe des modernen Erwerbs- und Machttaumels, in der Luft der Wirklichkeitsanbetung und der Technik nicht mehr unbestritten blieb, versuchte die Fühlung mit dem gegenwärtigen Leben durch Anpassung zu behalten. Sie wandte sich Stoffen zu, die bisher nicht literaturfähig gewesen waren, nun aber als „Wirklichkeiten" des natürlichen Daseins gerechtfertigt schienen. Das alltäglich Gewöhnliche, das Niedrige auch, der Lebenskreis des Volkes (Bauern, Arbeiter, Handwerker), die Großstadt, das praktische Dasein der Kaufleute und Techniker - diese Dinge werden nun zugelassen als Stoffe der Literatur. Der Realismus ist wieder eine gesamteuropäische Erscheinung, seit der Aufklärung die erste; wie auch der weltanschauliche Naturalismus und seine Grundlage, die gewaltige Umwandlung des gesamten Lebens, allen europäischen Völkern gemeinsam waren. Die Führung haben die westlichen Nationen, Deutschland bleibt bis zum Jahrhundertende ständig zurück, wenn auch nicht in eigentlicher Abhängigkeit vom Ausland. Der realistische Roman mit seiner eigentümlichen Thematik, der Schilderung des zeitgenössischen Gesellschaftslebens, entwickelt sich zuerst in Frankreich (Balzac, Flaubert) und in England (Dickens, Thackeray). Innerhalb der deutschen Überlieferung können Tiecks Altersnovellen (Der junge Tischlermeister 1836 usw.), Immermanns Romane, die geschichtlichen Erzählungen von W. Alexis als Vorläufer gelten. - Die zweite Wandlung besteht in der schonungsloseren Erforschung und Schilderung des Seelenlebens. Auch in der Ausbildung des psychologischen Romans ging Frankreich " voran (Balzac, George Sand). Das erste bedeutende deutsche Beispiel solcher Analyse verwickelter Seelenlagen ist Otto L u d -

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w i g s Roman Zwischen Himmel und Erde (1856). Von der jungdeutschen politischen Dichtung übernahm die realistische Epik die Richtung auf Aktualität; aber so nur, daß man aus der Gegenwart für die Gegenwart erzählen, gegenwartsnah sein wollte. Diese Einstellung wurde dadurch gefördert, daß manche Schriftsteller zugleich als Journalisten tätig waren oder ihre Erzählungen zunächst in Zeitungen veröffentlichten. Das moderne Feuilleton bildete sich aus und wurde immer mehr zum wichtigsten Mittler zwischen der Wissenschaft, der Literatur und dem Publikum (erstes deutsches Feuilleton: Köln. Zeitung 1835). In der gleichen Richtung wirkte der neue, auf breite Schichten eingestellte Zeitschriftentypus (Grenzboten 1848, Gartenlaube 1853, Westermanns Monatshefte 1856, Preußische Jahrbücher 1858). Drei Arten herrschen in der realistischen Erzählungsliteratur vor: der Z e i t r o m a n , d i e Epik des l a n d s c h a f t l i c h e n V o l k s t u m s , der g e s c h i c h t l i c h e Roman. G u t z k o w , der die politisch-weltanschauliche Entwicklung und den Stimmungsumschwung der Epoche in seinem literarischen Schaffen widerspiegelt, gestaltete die bedeutendsten Muster des realistischen Zeitromans. Auf Aktualität des Stoffes und der Probleme kommt es da vor allem an. Daß er die herkömmliche Form des Entwicklungsromans mit ihrem „Nacheinander" durch eine Form des vielräumigen „Nebeneinander" ersetzte, war notwendig, wenn die verschiedenen ständischen Volksschichten und Lebenskreise des Deutschlands um 1850 geschildert werden sollten (Die Ritter vom Geist 1850/52). Die Stellung der katholischen Kirche in der modernen Geistes- und Staatenwelt wird dargelegt in Gutzkows anderem Zeitroman Der Zauberer von Rom (1858/61). Gust. F r e y t a g s Soll und Haben (1855), ein Gegenstück zu den Romanen von Dickens, erzählt Schicksale einer Breslauer Handelsfirma als Beispiel deutscher, vor allem preußisch-kolonisatorischer Bürgertüchtigkeit: ein Buch, das nach Idee, Anschau-

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ung und literarischem Rang ungemein bezeichnend ist für den nationalen Liberalismus der nachrevolutionären Zeit. Die gleiche optimistische Lebenstüchtigkeit zeigt auch Stil und Geist von Freytags Lustspiel Die Journalisten (1852). Den Lebenskreis des bürgerlichen Gelehrten in der gleichen Epoche schildert der Roman Die verlorene Handschrift (1864). Gewandter und phantasievoller, aber auch politisch-tendenziöser war Friedr. S p i e l h a g e n (1829 bis 1911). Der Roman Problematische Naturen (1860/61) hat seinen Wert als lebendige Schilderung der seelischen Spannungen, von denen die intellektuelle Jugend kurz vor der Revolution heimgesucht wurde. Später hat Spielhagen versucht, theoretisch zwischen der idealistischen Überlieferung und dem Realismus zu vermitteln (Beiträge zur Theorie und Technik des Romans 1883). Die entschiedene Hinwendung zur unmittelbar gegebenen Wirklichkeit führte zur Entdeckung der Heimatlandschaft und des heimatlichen Volkstums. Sie wurden nun erfahren als die Lebensbereiche, denen das Individuum am nächsten und sinnfälligsten zugehört. Hier schien auch ein Halt zu sein gegenüber den auflösenden Wirkungen des modernen Lebens. Diese erste Heimatliteratur begann mit Erzählungen vom bäuerlichen Leben, mit Dorfgeschichten. Aber die modische Gattung (Berthold Auerbach: Schwarzwälder Dorfgeschichten 1843/53, Herrn. Kurz: Der Weihnachtsfund 1855, O. Ludwig: Die Heiterethei 1855) wäre nicht weiter wichtig geworden, wenn nicht drei Dichter gezeigt hätten, was aus ihr poetisch zu machen war: G. Keller mit der dramatischen Erzählung Romeo und Julia auf dem Dorfe (1856), Annette v. Droste-Hülshof f mit der düsteren Novelle Die Judenbuche (1842) und Gotthelf mit seinen Schweizer Volksgeschichten. Der Pfarrer Jeremias G o t t h e l f (Alb. Bitzius, Murten 1797-1854) schrieb Geschichten vom bäuerlichen Leben für seine Berner Bauern. Es sind erzieherisch gemeinte Volksbücher, Taten eines Volksführers, mit großartiger epischer Einfachheit und Kraft geschrieben {Der Bauernspiegel 1836, Die Armennot 1840, Uli der Knecht, „eine Gabe für Dienst-

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boten und Meisterleute" 1841, Uli der Pächter 1849, Zeitgeist und Bernergeist 1852). Aus besorgter Liebe zu seiner Heimat eifert und lehrt er, wie die Bauern es machen sollen, daß sie in der modernen Umwelt ihre urwüchsige Kraft aus altem gutem Kern weiter entfalten, daß sie tüchtig und gut bleiben. Frömmigkeit, Sittsamkeit, Erfolg in der Arbeit - das ergibt sich in diesen Büchern einfach und sicher eins aus dem andern. - Auch sonst ging die Dorfgeschichte in den realistischen Bauernroman über 1854). Unter den Erzäh(Herrn. Kurz, Der Sonnenwirt lungen, die in der neuen realistischen Art exotische Landschaft und fremdes Volkstum schilderten, hatten die spannenden Amerikageschichten des Österreichers Charles Sealsfield (Karl Postl) den höchsten Rang ( D e u t s c h - a m e rikanische Wahlverwandtschaften 1839/40, Kajütenbuch 1842). Der bedeutendste unter den Erzählern, deren Werk bodenständigem Volkstum entstammte, der größte Dichter unter den realistischen Erzählern war Gottfried K e l l e r (Zürich 19. 7. 1819-15. 7. 1890). Seine Epik wurzelt zwar im Schweizer Volkstum, aber ihr Wipfel steht im Bereich deutsch-dichterischer Allgemeingültigkeit. Den Weg seiner Jugend hat Keller selbst in einem der Nachfolge des Wilhelm Meister entstammenden Entwicklungsroman, dem Grünen Heinrich (1854/55) erzählt und gedeutet. Wie in Goethes Werk ist auch hier die Erziehung einer Individualität zum Leben und Wirken in der Gemeinschaft seines Volkes das Ziel. Aber erst der hellere Schluß der 2. Fassung (1879/80) läßt dies problematische Schicksal in äußerlich-bescheidenem, innerlich aber haltbarem Vollbringen zur Ruhe kommen; während die erste Fassung unerbittlichen Gerichtstag hält über die Unverantwortlichkeit romantisch-ästhetischen Lebensstils und die Untüchtigkeit individualistischer Geistigkeit. Der Roman ist zugleich ein Gefäß für Kellers weltanschauliche Grundgedanken: eine ruhige Naturgläubigkeit, gegründet auf das Gefühl der Gliedhaftigkeit des Einzelnen - ein frommer Atheismus, dem der Unglaube an Unsterblichkeit die Erde und das

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Leben kostbarer und heiliger macht. In Feuerbachs Schule hatte er sich voll entwickelt. Die Verwirklichung von Kellers Humanismus ist der gottlose, auf sich selbst gestellte, aber verantwortungsernste, allem Naturhaften gegenüber tief ehrfürchtige Mensch. Kellers Lyrik erhebt sich zu bedeutender Gestalt nur in Weltanschauungsgedichten ( G e d i c h t e 1846 u. 1851). Stärker noch als im Roman verwirklicht sich Kellers Wille, seinem Volke und allen Deutschen ein dichterischer Mahner und Bildner zu sein, in dem Novellenbuch Die Leute von Seldwyla (1856/74) und Die Züricher Novellen (1878). Merkwürdige Begebenheiten werden da erzählt aus der merkwürdigen Stadt Seldwyla, einem deutsch-schweizerischen Schiida mit seinen närrischen Eigenbrötlern, seinen kleinbürgerlichen Politikern und fixen Kapitalisten, seiner Tüchtigkeit und seiner Schwindelhaftigkeit. Im Kuriosen und Abwegigen noch macht Keller ein Menschliches und Schicksalhaftes sichtbar. Die Quelle seines großartig gerechten Humors ist die Überzeugung, daß „jedes Unwesen noch mit einem goldenen Bändchen an die Menschlichkeit gebunden" ist. Mit ruhigem Blick und klarem, frommen Geist schaut er aus der Einsamkeit seines Einsiedlertums auf das Leben und die Natur. Und malt Bilder des Lebens in einer auf einfache Wahrheit und sinnliche Anschaulichkeit gestellten Sprache, deren Ethos eine unverführbare Wahrhaftigkeit und Wesentlichkeit ist. Die Züricher Novellen sind ausgerichtet auf die in der Rahmengeschichte geführte Erörterung über wahre Originalität, die für Keller nur im praktisch Sittlichen, in musterhafter Tüchtigkeit liegen kann. Die Sieben hegenden (1872) wollen der Gottesvorstellung und der Himmelssüchtigkeit christlicher Frömmigkeit den durch Feuerbach vermittelten Glauben entgegensetzen, daß das Menschliche im Menschen das Höchste sei. Am kunstvollsten ist die Bauform des Sinngedichts (1882) erdacht und durchgeführt. Dieser Novellenband ist eines der bedeutendsten Beispiele für die Form der Rahmenerzählung. Die Bemühung um einen Ausgleich des Gegensatzes Natur = Kultur, Freiheit =

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Gesittung ist die organisierende Mitte des zyklischen Gefüges. Der fragmentarische Altersroman Martin Kalander (1886) zeigt den Dichter in scharfer Auseinandersetzung mit dem hemmungslosen Kapitalismus, mit der entartenden Wirtschaftsgesinnung des zu E n d e gehenden bürgerlichen Zeitalters. Dies letzte Werk Kellers noch ist eines der Sorge um die bürgerliche Kultur. Seine früheren, größeren Werke aber zeigen, wieweit in realistischer Art überzeitliches Dichtertum möglich war. Größe und Grenzen von Kellers Epik sind zugleich die der realistischen Literatur in Deutschland. D a ß im Realismus die Zahl h u m o r i s t i s c h e r E r z ä h l e r auffallend und für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich stark anwächst, läßt sich verstehen. D e r Humor versöhnt, vergoldet die nun so viel entschlossener aufgefaßte „schlechte Wirklichkeit". Es ist ein Humor des „Trotzdem", dem Wissen eine Erlösung, dem trauernden Gefühl Befriedigung, dem schwankenden Lebensglauben ein Trost. Der Humor im Roman des landschaftlichen Volkstums spiegelt den vielfältigen Reichtum deutscher Stammesart. D a sind die beiden niederdeutschen Humoristen: der Mecklenburger Fritz R e u t e r (1810-74), dessen Lebenskraft und Heiterkeit selbst durch die Quälereien und Mißstände der Reaktionszeit nicht in Menschenhaß und Verzweiflung zu verwandeln waren (Kein Hüsung 1858, Ut mine Festungstid 1862, Ut mine Stromtid 1863/64, Dörchläuchting 1866); und der viel pessimistischere, bittere Hannoveraner Wilhelm B u s c h (1832-1908), ein Genie der Erledigung des Gemeinen, Kleinen, der deutschphiliströsen Narrheit durch ironische Definition, durch unerbittlich treffende Schilderung - schlechthin einzigartig als zeichnerischer Karikaturist provinzhafter Bürgerwelt und der Typen des unsterblichen Spießertums ( M a x und Moritz 1865, Die fromme Helene 1872, Herr und Fraù Knopp 1877, Balduin Bählamm 1883). Auch Lyrik in niederdeutscher Mundart tritt nun mit dem Anspruch auf, als Kunstpoesie genommen zu werden: Klaus Groths dithmarsische Gedichte (Quickborn 1852). Das mundartliche

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Lokalstück hatte seinen H ö h e p u n k t schon in des D a r m städters E . E . N i e b e r g a l l Posse Datterich (1841) erreicht. In Österreich, wo die Dichtung die Verbindung mit dem Volk nie verloren hatte, traten am Ende des realistischen Zeitalters noch zwei wirkungsreiche Volksdichter hervor: der Dramatiker Ludw. Anzengruber (Der Pfarrer v. Kirchfeld 1870, Der Meineidbauer 1871, Der G'wissenswurm 1874, Das vierte Gebot 1878) und Peter Rosegger (Die Schriften d. Waldschulmeisters 1875). Österreichische Landschaft, österreichische Menschen sind auch der Gegenstand der Erzählungen von Marie v. Ebner-Eschenbach ( D o r f - und Schloßgeschichten 1883), die am stärksten ist in Schilderungen des österreichischen Landadels (TJnsühnbar 1890), und von Ferd. v. Saar (Novellen aus Österreich 1876/1904). Unter dem Einfluß der neuen Wirklichkeitsgesinnung und der modernen Geschichtsforschung wurde die g e s c h i c h t l i c h e E t z ä h l u n g s k u n s t immer sachlicher und treuer. Dieser Realismus zeigt sich aber mehr in der Schilderung von Zuständen und Sitten, als in der Gestaltung der Charaktere. Da wird das Vergangene entweder ins Modern-Genrehafte und Humoristisch-Romantische umgebildet (Viktor v. Scheffel, Der Trompeter von Säckingen 1854, Ekkehard 1857), mit modernem Gedankenstoff durchsetzt (Wilh. Jordan, Die Nibelunge 1867/74) oder ins national und gesellschaftlich Vorbildliche verklärt (Wilh. Heinr. Riehl, Kulturhistorische Novellen 1856; Louise v. François, Die letzte Reckenburgerin 1871; Gust. Freytag, Die Ahnen 1872/81, Bilder aus d. dt. Vergangenheit 1859/67). A u s der Verbindung des geschichtswissenschaftlichen Realismus mit d e m Kultus des großen Tatmenschen und heldischen Menschentums überhaupt ist der Stil der monumentalen Geschichtsdichtung des Schweizers Conrad Ferd. M e y e r (Zürich 1 8 2 5 - 9 8 ) erwachsen. N i c h t der modischen Liebhaberei für die italienische Renaissance (deren Verständnis Jak. Burckhardts Kultur der Renaissance in Italien 1 8 6 0 begründet hatte), sondern der sehnsüchtigen Verehrung für das reiche, starke Leben in den großen Epochen der Geschichte entsprang Meyers V o r l i e b e für dies Zeitalter. D i e hohe G r ö ß e und Schönheit, die er an d e n Kunstwerken der Renaissance bewunderte, w o l l t e er mit d e m gewählten Stil seiner Balladen (1864, Gedichte 1882), seiner Verserzählungen (Huttens letzte Tage 1 8 7 1 ) V i c t o r , Deutsches Dichten u. Denken. IQ

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und Novellen (Das Amulett 1873, Der Heilige 1880, Die Hochzeit des Mönchs 1885, Die Versuchung des Pescara 1887, Angela Borgia 1891) erneuern. Meyers Bewunderung gilt den ungebundenen Macht- und Kraftmenschen, von denen die Geschichte gemacht wird; aber dem widerstreitet sein auf tiefe Christlichkeit gegründetes moralisches Zartgefühl und sein Glaube an einen religiösen Sinn der Geschichte. So hat er mit besonderer Liebe die an der Welt leidenden Menschen des Gewissens, die Innerlichen und schwer Lebenden gestaltet. Der Schweizer Roman Jiirg Jenatsch (1874) ist ganz auf den Gegensatz von Macht und Recht, dämonischer Weltlichkeit und religiöser Gewissenhaftigkeit aufgebaut. Daß der einzelne Geschichtsvorgang einen ewigen Sinn enthält, und daß Meyer überall auf die Sichtbarmachung dieses verborgenen Sinns ausgeht, dies hebt sein Werk nach Stil und Gehalt weit über die Grenzen des Realismus hinaus. Keller ist der dichterische Gipfel des Realismus, der sich in drei großen Erzählern vollendet. Der Braunschweiger Wilh. R a a b e (1831-1910) zeigt am deutlichsten, wie mächtig in Deutschland das Erbe der großen Vergangenheit fortlebte. Ohne Jean Pauls Empfindsamkeit, romantische Deutschheit und Stimmungsdichtung, biedermeierliche Ehrfurcht für die kleinen Dinge ist Raabes umfangreiches Werk nicht zu denken; aber auch nicht ohne Goethes Altersweisheit. Zu der Höhe der großen Dichtung des Idealismus gelangt er aber auch in seinen besten Werken nicht. Die Chronik der Sperlingsgasse (1857) steht noch ganz unter diesen Sternen. Wie Stifter verherrlicht Raabe die Kultur deutscher Innerlichkeit und leidenschaftsloser Harmonie. Ihm ist die Verbindung von bürgerlicher Lebenstüchtigkeit und klassischer Humanität das deutsche Ideal CDie Leute aus dem Walde 1863). Mit Angst und wachsendem Pessimismus, für den er dann bei Schopenhauer die philosophische Begründung fand, sah Raabe das Deutschland des modernen „Fortschritts" und der wissenschaftlich-technischen Stadtkultur sich entwickeln. Für Kampf und Prophetenzorn war er nicht gemacht, Aber in.

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großen realistisch-sentimentalischen Zeitromanen stellte ermahnend und warnend dar: wie ein in sittlich-seelischer Kultur ruhendes Leben, wie lauterer Idealismus und ein Dasein uneigennützigen Wirkens innerhalb der Gemeinschaft des Volkes unmöglich zu werden beginnt in der entartenden Welt der Bourgeoisie (Der Hungerpastor 1865, Abu Telfan 1867, Der Schüdderump 1870, Meister Autor 1874); wie auch der geniale Ausnahmemensch an dieser schlimmen Wirklichkeit zerbricht (Die Akten des Vogelsangs 1896); wie dem Lauteren nur Flucht aus der Gesellschaft und eine in heitere Fassung verwandelte Entsagung als Ausweg bleiben (Stopfkuchen 1891). Das Bismarcksche Deutschland lehnte Raabe zwar nicht ab, aber im Grunde galt ihm nur die bürgerliche Kulturnation nach der großen humanistischen Überlieferung als das wahre Deutschland. Er findet es vor allem bei den Stillen, den idealistischen Bürgertypen der kleinen Städte und des Landes. Mit den großen Krisenerscheinungen des Jahrhundertendes (Sozialismus usw.) hat er sich nicht auseinandergesetzt. Auch seine geschichtlichen Erzählungen (JJnsers Herrgotts Kanzlei 1862, Des Reiches Krone 1870, Das Odfeld 1888, Hastenbeck 1899) sind mahnende Denkmale wahrer deutscher Gesittung, einer abgearteten Gegenwart entgegengestellt. Raabes Humor ist der lächelnde Ernst eines gefaßten und weltgläubigen Weisen, der die Bedingungen „dieser verworrenen, feindseligen E r d e " nach vielen Schmerzen und Enttäuschungen angenommen hat. Inniger noch als Raabe wurzelt der Friese Theodor S t o r m (Husum 1817-1888) in seiner Landschaft, und er hat aufs schönste gezeigt, daß deutsche Heimatdichtung zugleich allgemeingültige Poesie zu sein vermochte. Ein schmales aber feines Gedichtwerk offenbart Storms lyrische Grundartung (Gedichte 1852). In den Versen wie in seinen ersten Erzählungen (Immensee 1852) spricht sich die verhalten gemüthafte Weise des Norddeutschen und die Menschenart der herben Landschaft um Meer, Moor und Heide aus. Seine gedämpfte melodische Erzählweise, die starke innere Verwandtschaft mit deutscher Romantik 10*

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hat, mischt schwermütig Töne von Erdenlust und Vergänglichkeitsschauer. Von entsagender Liebe, von edel ertragenem Schicksal erzählt Storm, von seelischer N o t und herb verschwiegenem Leid. Durch ihre Tonfarbe, wie durch verhängnisvolle Begebenheit und tragischen Ausgang drücken die Novellen Storms nicht weniger als seine Gedichte die Endzeitmelancholie aus, von der grade die innerlichsten und edelsten Deutschen damals mehr und mehr umdüstert wurden (yiola tricolor 1873, Carsten Curator 1877, Der Herr Etatsrat 1881). In geschichtlichen Erzählungen, am liebsten in der Form der chronikalischen Novelle, fand er den reinsten Ausdruck für seine Neigung, das traurige Geschehen im Widerschein der erinnernden Vergegenwärtigung zu verklären (Aquis submersus 1875, Renate 1877, Chronik von Grieshuus 1883, Ein Fest auf Haderslevhuus 1884). In der letzten und bedeutendsten Novelle, dem Schimmelreiter (1888), hat er es vollbracht, einen Mythus der norddeutschen Landschaft und ihres Menschentums zu schaffen. Neben Freytag ist Theodor F o n t a n e (Neu-Ruppin 1819 bis 1898) der bedeutendste Vertreter bürgerlicher Erzählungskunst aus liberalistischer Gesinnung. E r begann mit Balladen (1861), die der Nachfolge der englisch-schottischen Volksballade entstammten. Deren Art hatte sich ihm während eines längeren Aufenthalt in England erschlossen. Begebenheiten der englischen Geschichte hat er in seinen Gedichten erzählt; dann solche aus der vaterländischen, der preußischen Geschichte. Diese Gedichte dürfen sich neben Adolph Menzels Geschichtsbilder stellen, sie sind ihnen nach Gesinnung und Stil nahverwandt. Auf gleichem Feld bewegt er sich mit seinen geschichtlichen Romanen ( V o r dem Sturm 1878, Grete Minde 1880, Schach von Wuthenow 1883). Die gegenwärtige Wirklichkeit der heimatlichen Landschaft hat er in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg (1862/82) beschrieben. Seine Neigung zum Stil des anekdotisch Bezeichnenden und seine Begabung zur schildernden Charakteristik gesellschaftlicher Zustände erfüllten sich erst in seinen

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Berliner Romanen (L'Adultera 1882, Irrungen, Wirrungen 1888, Stine 1890, Frau JennyTreibel 1892, Die Poggenpuhls 1896). Die Geselischaftsschichten der Hauptstadt des Kaiserreichs schildert Fontane mit scharfsichtig-überlegenem Humor. Seine Liebe gilt den eigenwüchsigen Adelsmenschen, aber auch dem Tüchtigen, phrasenlos Echten im Proletariat und im städtischen Bürgertum. Stark ist sein Glaube an den menschlichen Kern des deutschen Volkes. Er wußte, daß die große Zeit des Adels vorbei war (Der Stechlin 1899), daß die bürgerliche Welt einer Krisis entgegen ging, daß es im Volk gärte. Wie Keller wollte er nicht durch Sittenpredigt und Pathos in die Gegenwart eingreifen. In gewandtem und witzigem Gesprächsstil, der nichts als sachliche Schilderung zu geben scheint, enthüllter die Schäden und Gefahren des zeitgenössischen Lebens. Fontanes Ideal ist ein Zustand mittlerer Bürgergesittung; in einem Ethos der Bravheit, der schlichten Herzenswärme und des Ordnungssinns, wie es dem Leben in einem kleinen Kreis angemessen ist, glaubt er die bedrohlichen gesellschaftlichen Spannungen aufheben zu können. Daß sein Wissen und Können über den charakterisierenden Zeitroman hinausreichte, zeigt Fontane in seinen psychologischen Romanen ( C é c i l e 1887, Unwiederbringlich 1891), deren weisester und schönster, E f f i Briest (1895), von der irrenden Liebessehnsucht und dem glanzlosen Ende einer Frau aus der Gesellschaft erzählt im ruhigen Stil unsentimentaler, aber mitfühlender Wahrhaftigkeit. In Fontanes Werk kommt der strenge Realismus, der Stil der sachlichen Schilderung, des bezeichnenden „Nebensächlichen", der unverschönten, aber liebevollen Charakterisierung und des versöhnenden Humors zu einer Reife, die nicht mehr übertroffen werden konnte. Fontane leitet zum Naturalismus über, die junge Generation hat ihn als Ahn- und Schirmherrn angesehn und verehrt. Der R e a l i s m u s war die letzte literarische Strömung, die dem deutsch-bürgerlichen Geist und Lebensstil entstammte. Zu retten, was verfiel, zu heilen, was erkrankte,

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dazu war der Realismus zu passiv, zu sehr durch Zweifel und Schwermut gehemmt oder zu kraftlos. D i e um 1890 auftretende, robustere Altersgemeinschaft der Naturalisten gab die überlieferte bürgerliche Humanität und den ausgelaugten Idealismus der Nachfahren endgültig preis. Unbedingte Modernität war nun die Losung, und das hieß: Behandlung aktueller, vor allem sozialer Erscheinungen und Probleme im Geiste und nach den Methoden des wissenschaftlichen Positivismus. D a b e i geriet die deutsche Literatur für einige Zeit wieder in Abhängigkeit von ausländischen Mustern. W a s den Zeitgenossen als Zeichen fortschrittlicher Entwicklung erschien, stellt sich dem geschichtlichen Rückblick dar als letztes Aufflackern bürgerlicher Kulturkräfte und als Untergang alter Überlieferungen. D i e Massenhaftigkeit und Geschäftigkeit eines ziellosen Literaturbetriebs, ein immer zunehmendes Chaos der Weltanschauungen und Stile sind deutliche Kennzeichen der sich zuspitzenden Krise. Zugleich aber traten aus der M a s s e der Schreibenden einige große Dichter hervor, „Unzeitgemäße", die dem Zerfall neue Losungen, Gesichte, Gestaltungen entgegenstellten.

151 Literatur Bibliographien und Nachschlagewerke K . G o e d e k e : G r u n d r i ß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Bd. 4 — 1 5 (Aufklärung, Klassik, Romantik bis 1830). 1910/38, 1955 ff.; N e u e Folge (Fortführung von 1830—1880) Bd. 1. 1955 ff. — A. Bartels: Handbuch zur Geschichte der deutschen Literatur. 2. Aufl. 1909. — R. F. A r n o l d : Allgemeine Bücherkunde zur neueren deutschen Literaturgeschichte. 3. Aufl. 1 9 3 1 . — J. K ö r n e r : Bibliographisches Handbuch des deutschen Schrifttums. 3. Aufl. 1949. — P. M e r k e r / W . Stammler (Hrsg.): Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. 4 Bde. 1 9 2 5 / 3 1 ; 2. Aufl. 1955 ff. —• G. V. W i l p e r t : Sachwörterbuch der Literatur. 1 9 5 5 . — W . Kosch: Deutsches Literaturlcxikon. 2 Bde. 1927/30; 2. Aufl. 1948 ff., bisher 3 Bde. —• H . A. Frenzel: D a t e n deutscher Dichtung. 1953. — H. Pongs: Kleines Lexikon der Weltliteratur. 2. Aufl. 1956.

Allgemeine Darstellungen H. O. Burger (Hrsg.): Annalen der deutschen Literatur. 1 9 5 2 . — A. Kleinberg: D i e deutsche Dichtung in ihren sozialen, zeit- und geistesgeschichtlichen Bedingungen. 1927. — F. Martini: Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 8. Aufl. 1957. —• J. N a d l e r : Deutsche Literaturgeschichte der Stämme und Landschaften. 4 Bde. 1912/28. — W . Schcrer: Geschichte der deutschen Literatur. 1883 (Neuausg. mit F o r t f ü h r u n g durch O . W a l z e l : Von Goethes T o d e bis zur Gegenwart. 1918). A. Eloesser: D i e deutsche Literatur vom Barock bis zur Gegenwart. 2 Bde. 1930/31. — H. H e t t n e r : Literaturgeschichte des 18. Jahrhunderts. 3 Teile. 1856/83 (Teil I I I : Deutsche Literatur; Neudruck, hrsg. von G. Witkowski, 3 Bde. 1929). — G . Lukäcs: Skizze einer Geschichte der neueren deutschen Literatur. 1953. — R. N e w a l d : Vom Späthumanismus bis zur Empfindsamkeit. 2. Aufl. 1957. Von Klopstock bis zu Goethes T o d . 1957 (de B o o r / N e w a l d : Geschichte der deutschen Literatur. Bd. 5 und 6/1). — O . W a l z e l : Deutsche Dichtung von Gottsched bis zur Gegenwart. 2 Bde. 1927/32. O. Fambach (Hrsg.): Ein Jahrhundert deutscher Literaturkritik ( 1 7 5 0 — 1 8 5 0 ) . 6 Bde. 1957 ff. (bisher Bd. I I : Schiller und sein Kreis in der Kritik ihrer Zeit). — H. Mayer (Hrsg.): Meisterwerke deutscher Literaturkritik. 2 Bde. 1954/56,

Literatur

152

P. Böckmann: Formgeschichte der deutschen Dichtung. Bd. I. 1949. — R. F. Arnold (Hrsg.): Das deutsche Drama. 1925. — R. Petsch: Das Wesen und die Formen des Dramas. Allgemeine Dramaturgie. 1945. — K. Holl: Geschichte des deutschen Lustspiels. 1923. — B. v. W i e s e : Deutsche Tragödie von Lessing bis Hebbel. 3. Aufl. 1955. — H. H. Borcherdt: Geschichte des Romans und der Novelle in Deutschland. Bd. I. 1926. — W . Rehm: Geschichte des deutschen Romans. 2 Bde. 1927 (Sammlung Göschen 229 und 956). — G. Lukäcs: Der historische Roman. 1956. — J. Klein: Geschichte der deutschen Novelle von Goethe bis zur Gegenwart. 3. Aufl. 1956. —• B. v. W i e s e : Die deutsche Novelle von Goethe bis Kafka. Interpretationen. 1956. — E. Ermatinger: Die deutsche Lyrik in ihrer Entwicklung. 3 Bde. 1925. — J . Klein: Geschichte der deutschen Lyrik von Luther bis zum Ausgang des 2. Weltkrieges. 1956. — G. Müller: Geschichte des deutschen Liedes. 1925. — K. Vietor: Geschichte der deutschen Ode. 1923.

Aufklärung — Sturm und Drang F. J. Schneider: Die deutsche Dichtung vom Ausgang des Barocks bis zum Beginn des Klassizismus (1700—1785). 1924. Neubearb.: Deutsche Dichtung der Aufklärungszeit (1700—1775). 1949 und: Deutsche Dichtung der Geniezeit (1750—1800). 1 9 5 2 . — B. Markwardt: Geschichte der deutschen Poetik. Bd. II: Aufklärung, Rokoko, Sturm und Drang. 1956. — E. Ermatinger: Deutsche Kultur im Zeitalter der Aufklärung. 1934/36. — A. Köster: Die deutsche Literatur der Aufklärungszeit. 1925. — H. M . W o l f f : Die Weltanschauung der deutschen Aufklärung. 1949. — H. Fried e n d : Das deutsche bürgerliche Lustspiel der Frühaufklärung (1736—50). 1957. — H. B. Garland: Storni and Stress. 1 9 5 2 . — H. A. Korff: Geist der Goethezeit ( s . u . ) Bd. I: Sturm und Drang. 1923; 2. Aufl. 1954. — R. Pascal: The German Sturm und Drang. 1950.

Klassik und Romantik W . H. Bruford: Die gesellschaftlichen Grundlagen der Goethezeit. 1936. — R. Buchwald: Das Vermächtnis der Klassiker. 1944. — H. A. Korff: Geist der Goethezeit. 5 Bde. 1923/57; 2. Aufl. 1954 ff. — B. Markwardt: Geschichte der deutschen Poetik. Bd. III: Klassik und Romantik. 1958. — W . Rehm: Griechentum und Goethezeit. 3. Aufl. 1952. — W . Rehm: Götterstille und Göttertrauer. Aufsätze zur deutsch-antiken Begegnung. 1951. —

P, R e i m a n n :

Hauptströmungen

der deutschen

Literatur

Literatur

153

1750—1848. 1956. — F. Schultz: Klassik und Romantik der Deutschen. 2 Bde. 1935/40; 2. Aufl. 1952. — F. Strich: Deutsche Klassik und Romantik. 4. Aufl. 1949. — K. Vietor: Die Idee des Erhabenen in der deutschen Literatur. In: Geist und Form. 1952. —• H. Voegt: Die deutsche jakobinische Literatur und Publizistik (1789—1800). 1955. — R. Haym: Die romantische Schule. 1870; 5. Aufl. 1928 (hrsg. v. O. Walzel). — P. Kluckhohn: Das Ideengut der deutschen Romantik. 1941. 19. Jahrhundert E. Alker: Geschichte der deutschen Literatur von Goethes Tod bis zur Gegenwart. 2 Bde. 1949/50. — H. Bieber: Der Kampf um die Tradition. Die deutsche Dichtung im europäischen Geistesleben 1830—1880. 1928. — G. Brandes: Die Literatur des 19. Jahrhunderts in ihren Hauptströmungen. 6 Bde. 1882/91; Neuausg. in 2 Bdn. 1924. — W. Dietze: Junges Deutschland und deutsche Klassik. Zur Ästhetik und Literaturtheorie des Vormärz. 1957. — M. Greiner: Zwischen Biedermeier und Bourgeoisie. 1953. — G. Lukäcs: Deutsche Realisten des 19. Jahrhunderts [Kleist, Eichendorff, Büchner, Heine, Keller, Raabe, der alte Fontane], 1951. —• R. M. Meyer: Die deutsche Literatur des 19. Jahrhunderts. 1900; 7. Aufl. 1923 (fortgeführt von H. Bieber). — J. Proelß: Das Junge Deutschland. 1892. — A.Stern: Die deutsche Nationalliteratur vom Tode Goethes bis zur Gegenwart. 1884; 6. Aufl. 1909. — O. Walzel: Die Geistesströmungen des 19. Jahrhunderts. 2. Aufl. 1929. — G. Weydt: Biedermeier und Junges Deutschland. In: Dt. Vjschr. 29, 1951. Einzelne Dichter W. Humm: Börne als Journalist. Diss. Zürich 1937. — H. Mayer: Georg Büchner und seine Zeit. 1947. — K. Vietor: Georg Büchner. Politik, Dichtung, Wissenschaft. 1949. — H. E. Haas: Eichendorff als Literaturhistoriker. In: Jahrb. f. Ästhetik 1952/53. — M. Moser: Georg Forster in der französischen Revolution (Progr. Bern) 1942; zu diesem Thema vgl. auch H. Voegt a. a. O . — M. Loesche: Goethes geistige Welt. 1948. — G. Lukäcs: Goethe und seine Zeit. 1950. — O. Fambach (Hrsg.): Goethe und seine Kritiker. 1953 (1955). — A. Zastrau (Hrsg.): Goethe-Handbuch. 4 Bde. 1955 ff. — G. Baumann: Franz Grillparzer. Sein Werk und das österreichische Wesen. 1954. — J. Nadler: Joh. Georg Hamann. Der Zeuge des Corpus mysticum. 1949. — M. Seils: Theologische Aspekte zur Hamann-Deutung. 1957. — J. Müller:

154

Literatur

Das Weltbild Friedrich Hebbels. 1955. — W. Wadepuhl: HeineStudien. 1956. — W. Dobbek: Joh. Gottfr. Herder. 1950. — H. Begenau: Grundzüge der Ästhetik Herders. 1956. — B. Kaiser: Georg Herweghs Exil in der Schweiz. In: Der Freiheit eine Gasse! Auswahl a. d. Werk G. Herweghs. 1948. — R. Guardini: Hölderlin. 1939. — W. Michel: Das Leben Friedr. Hölderlins. 1941. — W. Hof: Hölderlins Stil als Ausdruck seiner geistigen Welt. 1954. — Um Hölderlins neu aufgefundene und 1954 veröffentlichte Ode „Die Friedensfeier" entspann sich ein lebhafter wissenschaftlicher Streit; vgl. etwa B. Allemann: Hölderlin Friedensfeier. Interpretation und Kommentar. 1955; F. Beißner: Der Streit um Hölderlins Friedensfeier. In: Sinn und Form 7, 1955; E. Lachmann in: DLZ 78, 1957. — M. Kommerell: Jean Paul. 3. Aufl. 1957. — E. Ackerknecht: Gottfried Keller. 2. Aufl. 1942. — H. M. Wolff, Kleist. 1954. — L. Muth: Kleist und Kant. 1954. — K. Kindt: Klopstock. 2. Aufl. 1948. — K. A. Schleiden: Klopstocks Dichtungstheorie als Beitrag zur Geschichte der deutschen Poetik. 1954. — M. Kommerell: Lessing und Aristoteles. 2. Aufl. 1957. — B. Markwardt: Studien über den Stil G. E. Lessings im Verhältnis zur Aufklärungsprosa (VI. Lessings Kampfprosa — VIII. Einzelzüge zeitgebundener Sprachgestaltung). In: Wiss. Zschr. d. Univ. Greifswald 3—5, 1953/56. — P. Requadt: Lichtenberg. Zum Problem der deutschen Aphoristik. 1948. — P. Rippmann: Werk und Fragment. G. C. Lichtenberg als Schriftsteller. 1953. — L. Richter: Philosophie der Dichtkunst. M. Mendelssohns Ästhetik zwischen Aufklärung und Sturm und Drang. 1948. — G. Weydt: Friedrich der Große und Moser. 1944. — R. Buchwald: Schiller. 2 Bde. 1937; Neubearb. 1953/54. — B. Markwardt: Schillers Kunstanschauung im Verhältnis zu seinem Kunstschaffen. In: Wiss. Zschr. d. Univ. Greifswald 4, 1954/55. — O. Fambach (s. o.) — E. Staiger: Stifter als Dichter der Ehrfurcht. 1943. — H. Niethammer: Des jungen Uhland Umwelt. 1953. — Erst im letzten Jahrzehnt in breiterem Umfang bekannt wurde Georg Weerth (1822—56), Satiriker und Sozialkritiker; formal stark abhängig von Heine, politisch jedoch der radikalste der Revolutionsdichter von 1848: Gesammelte Werke. 5 Bde., hrsg. von B. Kaiser. 1956/57. — F. Sengle: Wieland. 1949. — H. W. Seiffert: Der junge Wieland. Diss. Greifswald 1950.

Literatur

155

D i e L i t e r a t u r a n g a b e n w o l l e n lediglich einige A n r e g u n g e n jeden

Anspruch

auf

Forschungsarbeiten Vietor

selber

in

Vollständigkeit geben;

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Auflagen

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der

ohne

bedeutenden

außer

den

genannten

Jahrzehnten,

von Titeln

da

am

T e x t Vietors von 1 9 3 6 keine Nachträge und Sachkorrekturen vorgenommen w o r d e n sind.

156

Namenverzeichnis A Abbt, Thomas 25, 27 Addison, Jos. 13 Alexis, Willibald 103, 139 Anakreon 17 Anzengruber, Ludw. 145 Arndt, Ernst Moritz 97,

Brentano, Bettina 90 f. Brentano, Clemens 87, 88 f., 90, 93 Brockes, Barthold Hinr. 15 Büchner, Georg 117, 118 bis 120, 153 Büchner, Ludw. 136 Bürger, Gottfr. Aug. 42, 128 43 f. Arnim, Ludw. Achim v. Büsching, Joh. Gust. 100 87, 89 f., 102 Bulwer, E d w a r d 132 Arnim, Bettina v. siehe Burckhardt, Jak. 145 Brentano, Bettina Burns, Robert 135 Aristophanes 21 Busch, Wilh. 144 Aristoteles 12, 28 Auerbach, Berthold 141 Byron, Lord George 113, 117, 129 Auersperg, Alex. Graf v. siehe Grün, Anastasius ß Baader, Franz v. 98 f., 113 Babo, Jos. Marius 47 Balzac, Honoré de 139 Basile, Giambattista 88 Baudissin, Wolf Graf 79 Bauer, Btuno 131 Bauer, Edgar 131 Bauernfeld, Eduard v. 110 Baumgarten, Alex. Gottlieb 11 Bayle, Pierre 9 Bazard, Saint-Armand 131 Beethoven, Ludw. v. 90 Benecke, Georg Friedr. 100 Bcrnhardi, Aug. Fcrd. 77 Bitzius, Albert siehe Gotthelf, Jeremias Bodenstedt, Friedr. 126 Bodmer, Joh. Jak. 13 f. Böhme, Jak. 75, 94, 99 Börne, Ludwig 129, 153 Boie, Heinr. Chrn. 42, 43 Boileau, Nicolas 12 Brawe, Joach. Wilh. v. 16 Breitinger, Joh. Jak. 13 bis 15

Enfantin, Prosper 131 Euripides 51 Eschenburg, Joh. Joach. 21 F

Feuerbach, Ludw. 131, 136 f., 143 Fichte, Joh. Gottlieb 32, 73, 76, 77, 97, 99 Fielding, Henry 20 Flaubert, Gust. 139 Fontane, Theodor 148 f , 153 Forster, Joh. George Adam 64, 153 Fouqué, Friedr. Baron de la Motte 93 François, Louise v. 145 r Freiligrath, Ferd. 135 Calderon 79, 80 Freytag, Gust. 140, 145, Chamisso, Adelbert v. 93 148 Cicero 21 Friedrich der Große 25, Claudius, Matthias 44 30, 37 Comte, Auguste 137 « Cramer, Joh. Andr. 14 Crébillon, Claude de Gärtner, Karl Chrn. 18 (d. J.) 20 Geibel, Emmanuel 126 Creuzer, Georg Friedr. 87, Geliert, Chrn. Fürchtegott 98 14, 18, 19, 20, 23, 26 Croncgk, Joh. Friedr. v. Gentz, Friedr. v. 99 16 Gerstenberg, Heinr. Wilhelm 25, 38 I) Geßner, Salomon 18 f. Darwin, Charles Robert Giseke, Nik. Dietr. 14 Gleim, Joh. Wilh. Ludw. 136 Denis, Michael 26 18, 19, 25 Descartes, René 9 Göcking, Leop. Friedr. 44 Destouches, Phil. Néri- Görres, Jos. 87, 98 cault 23 Goethe, Joh. Wolfg. 18, 24, 32, 37-39; 41, 42, Dickens, Charles 139, 140 43, 44, 49, 50-53, 57, Diderot, Denis 30 58, 59, 64-70, 76, 81, Droste-Hülshoff, Annette 90, 108, 111, 114, 129, Freiin v. 115, 141 142, 146, 153 Goetz, Joh. Nik. 17 E Gocze, Joh. Melchior 29 Ebert, Joh. Arn. 14 Ebner-Eschenbach, Marie Goldoni, Carlo 88 Goldsmith, Oliver 20, 35 v. 145 Gotthelf, Jeremias 141 f. E d d a 25 Gottsched, Joh. Christ. Eichendorff, Jos. Frhr. v. 12 f., 16 88, 95 f., 153

Namenverzeichnis Gottsched, Luise Adelgunde Viktoria 23 Gozzi, Carlo 78, 88 Grabbe, Chrn. Dietr. 115-117 Greif, Martin 126 Grillparzer, Franz 95, 108 f., 153 Grimm, J a k . 88, 100 Grimm, W i l h . 88, 100 Groth, Klaus 144 Grün, Anastasius J 3 4 Günderode, Karoline v, 90, 91 Gutzkow, Karl Ferd. 130, 131, 132 f., 140

Heyse, Paul 126 Hippel, Theodor Gottl. v. 48 Hobbes, Thomas 10 Hölderlin, Joh. Chrn. Friedr. 50, 59-62, 90, 154 Hölty, Ludw. Christoph Heinr. 43, 48 Hofbauer, Clemens M a r i a 99 Hoffmann, Ernst Theod. Amadeus 91 f., 98 Hoffmann v. Fallersleben, Aug. Heinr. 134 Holberg, Ludw. Frhr. v. 23 Homer 24, 43 11 Horaz 15, 16, 21, 25 Häring, Georg W i l h . Houwald, Ernst v. 95 Heinr. siehe Alexis, Hülsen, Aug. Ludw. 77 Willibald Hugo, Victor 135 Hafis 67 Humboldt, W i l h . v. 49, Hagedorn, Friedr. v. 15, 50 18, 19 Hume, David 10 Hagen, Friedr. Heinr. v. d. 100 I Hahn, Friedr. 42 Hahn-Hahn, Ida Gräfin Iffland, Aug. W i l h . 47, 64 133 Immermann, Karl LebeHaller, Albrecht v. 15 f. recht 112 f., 139 Haller, Karl Ludw. v. 99 Halm, Friedr. 110 .1 Hamann, Joh. Georg 36, Jacobi, Friedr. Heinr. 41, 153 59, 64 Hamilton, Anthony 20 Hardenberg, Friedr. Frhr. Jacobi, Joh. Georg 18 Jahn, Friedr. Ludw. 98 v. siehe Novalis Jordan, W i l h . 145 Hauff, W i l h . 103 Jung-Stilling, Heinr. 41 Haupt, Moriz 100 Hebbel, Friedr. 115, 117, K 120-123, 154 Hebel, Joh. Peter 101 Kant, Immanuel 32, 41, Hegel, Georg W i l h . Friedr. 47, 48 f., 53, 55, 59, 59, 62, 73, 100 f., 121, 76, 84, 85 129, 137, 138 Karsch, Anna Luise 16 Heine, Heinr. 124, 129 f., Kästner, Abraham Gott131, 153, 154 helf 20 Heinse, Joh. J a k . W i l h . Keller, Gottfr. 137, 141, 41, 64 142-144, 146, 149, 153, Hemsterhuis, Franz 75 154 Herder, Joh. Gottfr. 35, Kerner, Justinus 102 36, 38, 57-59, 64, 74, Kleist, Ewald v. 18 77, 89, 99, 154 Kleist, Heinr. v. 84-87, Hermes, Joh. Timotheus 94, 108, 117, 153, 154 20 Klinger, Friedr. Max. 34, 39 f. Herwegh, Georg 135, 154

]57 Klopstock, Friedr. Gottlieb 14, 22, 23-26, 31, 37, 42, 45, 154 Koch, Heinr. Georg 12 Körner, Theod. 97 Kotzebue, Aug. Friedr. Ferd. v. 64 Kretschmann, Karl Friedr. 26 Kühne, Gust. 133 Kurz, Hermann 141, 142 L La Chaussee, P.-C. Novelle de 23 Lachmann, Karl 100 Lafontaine, Jean de 19 Lange, Samuel Gotthold 16 La Roche, Sophie v. 20 Laube, Heinr. 131, 132, 133 Lavater, Joh. Kasp. 36 Leibniz, Gottfr. W i l h . 10 f., 15, 17, 41, 59 Leisewitz, Joh. Ant. 42, 44 Lenau, Nikolaus 113, 117 Lenz, J a k . Mich. Reinh. 40, 119 Lessing, Gotthold Ephraim 16, 18, 19, 26-31, 44, 59, 154 Leuthold, Heinr. 126 Lewald, Fanny 133 Levin, Rahel 91 Lichtenberg, Georg Christoph 31, 154 Lichtwer, Magnus Gottfr. 19 Lillo, George 27 Lingg, Herrn. 126 Liscow, Chrn. Ludw. 20 Locke, John 10 Loeben, Graf Otto v. 93 Longfellow, Henry 135 Lucian 21 Luden, Heinr. 99 Ludwig, Otto 123 f., 139 f., 141 Luther, .Martin 24 M Macpherson, James 25, 37 Marlowe, Christophet 67

158 Marmontcl, Jean François 20 Marx, Karl 135, 137 Matthisson, Friedr. 47 f. Mazzini, Giuseppe 126 Meinhold, W i l h . 103 Mendelssohn, Moses 27, 81, 154 Mengs, Raphael 50 Menzel, Adolph 148 Menzel, W o l f g a n g 133 Mercier, Sebastian 35 Merck, Joh. Heinr. 41 Metternich, Clemens Lothar Wenzel Fürst v. 99 Meyer, Conr. Ferd. 145 f. M i l l e r , Joh. M a r t i n 42, 44 Milton, John 13, 24 Mórikc, Eduard 114 f. Moser, Justus 37, 154 Moleschott, J a k . 136 Molière ( J e a n Baptiste Poquelin) 23 Moritz, Karl Phil. 48, 50 Mosen, J u l i u s 133 M ü l l e r , A d a m 86, 99 M ü l l e r , Friedr. ( M a l e r M ü l l e r ) 40 f., 43 M ü l l e r , W i l h . 96 M ü l l n e r , Adolf 94 Mündt, Theodor 131, 132, 133 Musaeus, Joh. Karl Aug. 20, 78 Musset, A l f r e d de 135

Namenverzeichnis Pindar 25, 38, 61 Platen, Aug. Graf v . 124 f. Plato 59 Pope, A l e x . 19 Postl, Karl siehe Sealsf i e l d , Charles Pückler-Muskau, Herrn. Fürst v. 132 Pyra, Immanuel J a k . 16 K Raabe, W i l h . 146 f., 153 Rabener, Gottl. W i l h . 14, 20 Raimund, Ferd. 110 R a m l e r , Karl W i l h . 16, 43 Ranke, Leop. v. 100 Raumer, Friedr. v. 100, 116 Reimarus, Herrn. Sam. 28 Reuter, Fritz 144 Richardson, Samuel 20 Richter, Joh. Paul Friedr. siehe Paul, J e a n Riehl, W i l h . Heinr. 145 Rosegger, Peter 145 Rousseau, Jean Jacques 15, 19, 34, 35, 41, 45 Rückert, Friedr. 102 Runge, Phil. Otto 78

S Saar, Ferd. v. 145 Sachs, Hans 38, 79 Salis-Seewis, Joh. GauX denz v. 48 Nestroy, Joh. Nepomuk S a i l e r , Joh. Mich. 99 110 Saint-Simon, C l a u d e Ncubcr, Johann 12 Henri Graf de 131 Neuber, Karoline 12 Sand, George 133, 139 Nicolai, Friedr. 27 Savigny, Friedr. v. 100 N i e b e r g a l l , Ernst E l i a s Schack, Adolf Friedr. 145 Graf v. 126 Niebuhr, Barthold 99 Scheffel, Jos. Victor v. Novalis 77, 82-84, 95, 99 145 Schelling, Caroline siehe P Schlegel, Caroline Schölling, Friedr. Wilh. Paracelsus 99 Paul, Jean 48, 62-64, 32, 59, 77, 81, 99 Schenckendorf, M a x V. 97 146, 154 Schiller, Friedr. 32, 42, Percy, Thom. 37 4 5 - 4 7 , 50, 53-57, 59, Perrault, Charles 20 62, 64, 77, 84, 85, 97, Petrarca 80 108, 120, 123, 151, 154 Pfeffel, Gotti. Konr. 19

Schlegel, Aug. W i l h . 77, 79, 80, 102 Schlegel, Caroline 77, 81 Schlegel, Dorothea 77, 81 Schlegel, Friedr. 72, 75, 77, 80 f., 102 Schlegel, Joh. Adolf 14 Schlegel, Joh. Elias 14, 16, 23 Schleiermacher, Friedr. Ernst D a n . 74, 77, 81, 99, 130 Schlosser, Friedr. Christoph 100 Schnabel, Gottfried 20 Schönaich, Christoph Otto Frhr. v. 14 Schopenhauer, Arthur 117 f., 146 Schröder, Friedr. Ludw. 47 Schubart, Chrn. Friedr. D a n i e l 44 'Schubert, Franz 110 Schubert, Gotth. Heinr. v. 98 Schwab, Gust. 102 Schwabe, Joh. Joach. 13, 14 Scott, W a l t e r 102 S e a l s f i e l d , Charles 142 Seume, Joh. Gottfr. 64 Shaftesbury, Anton Ashley Cooper Graf v. 15, 17, 21, 35, 55, 59 Shakespeare, W i l l i a m 16, 21, 27, 31, 37, 38, 39, 41, 79, 88, 123 Smollett, Tob. George 20 Solger, K a r l W i l h . Ferd. 79 Sophokles 56 Spielhagen, Friedr. 141 Spinoza 41, 59, 99 Steffens, Heinr. 77 Sterne, Lawrence 20, 21, 35, 48, 62. 63 Stifter, A d a l b e r t 110 f., 146, 154 Stolberg, Chrn. Graf zu 42, 43 Stolberg, Friedr. Leop. 42, 43 Storm, Theod. 147 f. Strachwitz, Moritz Graf v. 134 f.

159

Namenverzeichnis U Strehlenau, N i k . Franziskus Niembsch v . siehe Uhland, L u d w . 100, 102, Lenau, N i k . Uz, Joh. Peter 17 Strauß, D a v . Friedr. 115, 154 131 Sue, Eugène 133 V Swift, Jonathan 31, 62 Varnhagen v. Ense, Aug. 91, 93 Varnhagen v. Ense, Rahel siehe Levin, Rahcl T Vischer, Friedr. Thcod. Tennyson, A l f r e d 135 138 Thackeray, William V o l t a i r e (François Arouct Makepeace 139 de) 9, 21 Theokrit 19, 43 Vogt, Karl 136 Thomson, J a m e s 10, 15 Voß, Joh. Heinr. 42, 43 Thiimmel, Moritz A u g . v. 19 w Tieck, Dorothea 79 Wackenroder, W i l h . Tieck, L u d w . 76, 7 7 - 8 0 , Heinr. 77, 78 f. 94, 116, 139 W a g n e r , Heinr. Leop. 40 T i e d g e , Christoph A u g . 64 W a g n e r , Rieh. 93 Torring, Jos. Aug. v. 47 W a i b l i n g e n W i l h . 125

Weerth, Georg 154 W e i ß e , Chrn. Felix 16 Wekherlin, Wilh. Ludw. 45 Werner, Zacharias 94 Wetzel, Friedr. Gottlob 93 Wezel, Joh. Karl 20 W h i t m a n , W a l t 135 W i e l a n d , Christoph M a r tin 20-22, 31, 154 W i e n b a r g , Ludolf 133 W i l l e m c r , M a r i a n n e v. 67 W i l l k o m m , Ernst 133 Winckelmann, Joh. Joach. 41, 51 f., 100 W o l f f , Christian 7, 11 V Young, Edward 35 % Zachariä, Just Friedr. W i l h . 14, 19

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Werner Kohlschmidt und Woligang Mohr Insgesamt sind d r e i B ä n d e mit e t w a 3 0 0 0 Seiten geplant, die in schnell a u f e i n a n d e r f o l g e n d e n L i e f e r u n g e n mit je 96 Seiten zum Preise von je D M 9,50 erscheinen. D e r dritte B a n d enthält ein ausführliches Register. E i n b a n d d e c k e n erscheinen j e w e i l s nach V o r l i e g e n eines B a n d e s . In der neuen A u f l a g e v e r b i n d e t sich eine gute T r a d i t i o n mit A n r e g u n g e n und G e sichtspunkten, d i e sich aus der Entwicklung der Zeit notw e n d i g ergeben mußten. Ein großer Kreis von Fachgelehrten trägt d a s W e r k durch seine M i t a r b e i t und bietet die G e w ä h r , d a ß d a s R e a l l e x i k o n d e m heutigen Stand der W i s s e n s c h a f t gerecht w i r d .

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ÏÏUPiA où 300 ¡Sünde. der kurzen, klaren, allgemeinverständlichen Einzeldarstellungen der

AM M III NG ÖSCHÜM sind schon wieder lieferbar. Jeder Band DM 2,40 — Doppelband DM 4,80 Stand November 1957 Biologie 8 — Botanik 8 — Chemie 7 — Deutsche Sprache und Literatur 4 Elektrotechnik 9 — Englisch 4 —

Erd- und Länderkunde 5 — Franzö-

sisch 4 — Geologie 9 — Germanisch 4 — Geschichte 3 — Griechisch 5 Hebräisch 5 — Hoch- und Tiefbau 11 — Indogermanisch 4 —

Italie-

nisch 4 — Kristallographie 9 — Kunst 3 — Land- und Forstwirtschaft 9 Lateinisch 5 — Maschinenbau 10 — Mathematik 6 — Mineralogie 9 Musik 3 — Pädagogik 2 — Philosophie 2 — Physik 7 — Psychologie 2 Publizistik 5 — Religionswissenschaften 3 — Russisch 5 — Sanskrit 5 Soziologie 2 — Technologie 8 —

Volkswirtschaft 5 — Wasserbau 11

Zoologie 8. Die Zahlen entsprechen den Seiten im Innern des Heftes.

W A L T E R DE G R U Y T E R & CO. B E R L I N W 35

Geisteswissenschaften Philosophie Einführung in die Philosophie von H. Leisegang f.3. Aufl. 145 S. 1957 (Bd. 281) Hauptprobleme der Philosophie von G. Simmel f . 7., unveränd. Aufl. 177 S. 1950 (Bd. 500) Geschichte der Philosophie I : Die Griechische Philosophie von W. Capelle. 1. Teil. Von Thaies bis Leukippos. 2., erw. Aufl. 135 S. 1953 (Bd. 857) I I : Die griechische Philosophie von W. Capelle. 2. Teil. Von der Sophistik bis zum Tode Piatons. 2., stark erw. Aufl. 144 S. 1953 (Bd. 858) I I I : Die griechische Philosophie von W. Capelle. 3. Teil. Vom Tode Piatons bis zur Alten Stoa. 2., stark erw. Aufl. 132 S. 1954 (Bd. 859) I V : Die griechische Philosophie von W. Capelle. 4. Teil. Von der Alten Stoa bis zum Eklektizismus im 1. J h . v.Chr. 2., stark erw. Aufl. 132 S. 1954 (Bd. 863) V : Die Philosophie des Mittelalters von J. Koch. In Vorb. (Bd. 826) V I : Von der Renaissance bis Kant von K . Schilling. 234 S. 1954 (Bd. 3941394a) V I I : Immanuel Kant von G.Lehmann. In Vorb. (Bd. 536) V I I I : Die Philosophie des 19. J a h r hunderts von G. Lehmann. 1. Teil. 151 S. 1953 (Bd. 571) I X : Die Philosophie des 19. J a h r hunderts von G. Lehmann. 2. Teil. 168 S. 1953 (Bd. 709) X : Die Philosophie im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts I von G. Lehmann. 128 S. 1957 (Bd. 845) Die geistige Situation der Zelt (1931) von K. Jaspers. 4., unveränd. Abdruck der 1932 bearb. 5. Aufl. 211 S. 1955 (Bd. 1000) Erkenntnistheorie von G. Kropp. I . Teil: Allgemeine Grundlegung. 143 S. 1950 (Bd. 807) Philosophisches Wörterbuch von M . Apelf. 5. Aufl., neub. von P.Ludz 2

1958 In Vorb. (Bd. 103111031a) Philosophische Anthropologie. Menschliche Selbstdeutung in Geschichte und Gegenwart von M. Landmann. 266 S. 1955 (Bd. 1561156a)

Pädagogik, Psychologie Soziologie

Geschichte der Pädagogik von Herrn. Weimer. 12., neub. u. verm. Aufl. von Heinz Weimer. 177 S. 1956 (Bd. 145) Therapeutische Psychologie. Ihr Weg durch die Psvchoanalyse von W. M. Kranefeldt. Mit einer Einführung von C. G. Jung. 3., unveränd. Aufl. 152 S . 1956 (Bd. 1034) Allgemeine Psychologie von Th. Erismann. 3 Bde. I : Grundprobleme. 2., neub. Aufl. 144 S. 1958 (Bd. 831) Soziologie. Geschichte und Hauptprobleme von L. von Wiese. 5. Aufl. 162 S. 1954 (Bd. 101) Sozialpsychologie von P. R. Hofstätter. 181 S., 15 Abb., 2 2 T a b . 1956 (Bd. 1041104a) Psychologie des Berufs- und Wirtschaftslebens von IV. Moede. 1958 In Vorb. (Bd. 8511851a) Industrie- und Betriebssoziologie von R. Dahrendorf. 120 S. 1956 (Bd. 103)

Religionswissenschaften

Jesus von M. Dibeliusf. 2. Aufl. Unveränd. Nachdr. 137 S. 1949 (Bd. 1130) Paulus von M. Dibeliusf. Nach dem Tode des Verfassers herausgegeben und zu Ende geführt von W. G. Kümmel. 2. Aufl. 155 S. 1956 (Bd. 1160) Römische Religionsgeschichte von F. Altheim. 2 Bde. 2., umgearb. Aufl. I : Grundlagen und Grundbegriffe. 116 S. 1956 (Bd. 1035) II: Der geschichtliche Ablauf. 164 S . 1956 (Bd. 1052) Geschichte Israels von E.-L. Ehrlich. 1958 In Vorb. (Bd. 2311231a)

Musik Musikästhetik von H. J. Moser. 180 S. 1953 (Bd. 344) Systematische Modulation v o n R. Hernried. 2. Aufl. 136 S. 1950 (Bd. 1094) Der polyphone Satz von E. Pepping. 2 Bde. 1. T e i l : Der c a n t u s - f i r m u s - S a t z . 2. Aufl. 223 S. 1950 (Bd. 1148) 2. T e i l : Ü b u n g e n im d o p p e l t e n K o n t r a p u n k t u n d im K a n o n . 137 S. 1957 (Bd. 116411164a) Allgemeine Muslklehre von H. J. Moser. 2., durchges. Aufl. 155 S. 1955 (Bd. 2201220a) Harmonielehre von H. J. Moser. 2 Bde. I : 109 S. 1954 (Bd. 809) Die Musik des 19. Jahrhunderts von W. Oehlmann. 180 S. 1953 (Bd. 170) Die Musik des 20. Jahrhunderts v o n W . Oehlmann. 1958 In V o r b . (Bd. 1711171a) Technik der deutschen Gesangskunst von H. J. Moser. 3., d u r c h ges. u n d v e r b . Aufl. 144 S., 5 Fig. 1954 (Bd. 5761576a) Die Kunst des Dirigierens von H. W. von Waltershausen-t. 2. Aufl. 138 S. 1954 (Bd. 1147) Die Technik des Klavierspiels aus dem Geiste des musikalischen Kunstwerkes von K. Schubertf 3. Aufl. 110 S. 1954 (Bd. 1045)

Kunst Stilkunde von H. Weigert. 2 Bde. 3., d u r c h g e s . Aufl. I : Vorzeit, Antike, Mittelalter. 136 S „ 94 Abb. 1958 (Bd. 80) I I : Spätmittelalter und Neuzeit. 1958 In V o r b . (Bd. 781) Archäologie von A. Rumpf. 2 Bde. I : Einleitung, historischer Uberblick. 143 S., 6 Abb., 12 T a f . 1953 (Bd. 538) I I : Die Archäologensprache. Die a n t i k e n R e p r o d u k t i o n e n . 136 S., 7 Abb., 12 T a f . 1956 (Bd. 539)

Geschichte Einführung In die Geschichtswissenschaft v o n P. Kirn. 2. Aufl. 121 S. 1952 (Bd. 270)

Z e l t r e c h n u n g d . röm. Kaiserzeit, des Mittelalters u n d der Neuzeit f ü r die J a h r e 1—2000 n. Chr. v o n H. Lietzmann-f. 3. Aufl., durchges. von K. Aland. 130 S. 1956 (Bd. 1085) K u l t u r der Urzeit von F. Behn. 3 Bde. 4. Aufl. d e r „ K u l t u r der U r z e i t " Bd. I — I I I von M. Hoernes! I : Die vormetallischen Kulturen." (Die Steinzeiten E u r o p a s . Gleichartige K u l t u r e n in a n d e r e n E r d t e i len). 172 S., 48 A b b . 1950 (Bd. 564) I I : Die älteren M e t a l l k u l t u r e n . ( D e r Beginn d e r M e t a l l b e n u t z u n g . K u p fer- u n d Bronzezeit in E u r o p a , im Orient u n d in Amerika). 160 S., 67 A b b . 1950 (Bd. 565) I I I : Die j ü n g e r e n M e t a l l k u l t u r e n . ( D a s Eisen als K u l t u r m e t a l l . Halls t a t t - L a t t n e - K u l t u r in E u r o p a . D a s erste A u f t r e t e n des Eisens in den a n d e r e n Erdteilen). 149 S., 60 A b b . 1950 (Bd. 566) Vorgeschichte E u r o p a s von F. Behn. Völlig neue B e a r b e i t u n g d e r 7. Aufl. der „ U r g e s c h i c h t e der M e n s c h h e i t " von M. Hoernes. 125 S., 47 A b b . 1949 (Bd. 42) Der Eintritt der G e r m a n e n in die Geschichte v o n J. Haller. 3. Aufl., durchges. von H. Dannenbauer. 120 S., 6 K t n s k i z z . 1957 (Bd. 1117) Von den Karolingern zu den S t a u f e r n von J. Haller -f. Die a l t d e u t s c h e Kaiserzeit (900—1250).4., d u r c h g e s . Aufl. von H. Dannenbauer. 1958 In Vorb. (Bd. 1065) Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, der Gegenreformation und des 30 jährigen Krieges von F. Härtung. 129 S. 1951 (Bd. 1105) Deutsche Geschichte von 1648 bis 1740 von W . Treue. 120 S. 1956 (Bd. 35) Deutsche Geschichte von 1713 bis 1806 von IV. Treue. 168 S. 1957 (Bd. 39) 1 Quellenkunde der deutschen Geschichte im Mittelalter (bis z u r Mitte des 15. J a h r h u n d e r t s ) v o n K. Jacob f . 3 Bde. I I : Die Kaiserzeit (911 — 1250). 4. Aufl. 127 S. 1949 (Bd. 280\ I I I : Das S p ä t m i t t e l a l t e r ( v o m I n t e r r e g n u m bis 1500). Herausgeg. v o n 3

F. Weden. 152 S. 1952 (Bd. 284) Geschichte Englands von H. Preller. I : bis 1815. 3., stark umgearb. Aufl. 135 S., 7 Stammtaf., 2 Ktn. 1952 (Bd. 375) I I : von 1815 bis 1910. 2., völlig umgearb. Aufl. 118 S., 1 Stammtaf., 7 Ktn. 1954 (Bd. 1088) Römische Geschichte von F. Altheim. 4 Bde. 2., verb. Aufl. I : Bis zur Schlacht bei Pydna (168 v. Chr.). 123 S. 1956 (Bd. 19) I I : Bis zur Schlacht bei Actium (31 v. Chr.). 130 S. 1956 (Bd. 677) Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika von O. Graf zu Stolberg-Wernigerode. 192 S., 10 Ktn. 1956 (Bd. 105111051a)

Deutsche Sprache und Literatur

Geschichte der deutschen Sprache von H. Sperber. 2. Aufl., durchges. von W. Fleischhauer. 1958 In Vörb. (Bd. 915) Deutsches Rechtschrelbungswörterbuch von M. Gottschald. 2., verb. Aufl. 269 S. 1953 (Bd. 2001200a) Deutsche Wortkunde. Eine kulturgeschichtliche Betrachtung des deutschen Wortschatzes von A. Schirmer. 3., durchges. Aufl. 109 S. 1949 (Bd. 929) Deutsche Sprachlehre von W. Hofstaetter. 9., neubearb. Aufl. von G. Spree. 144 S. 1953 (Bd. 20) Stimmkunde für Beruf, Kunst und Heilzwecke von H. Biehle. 111 S. 1955 (Bd. 60) Redetechnik. Einführung in die Rhetorik von H. Biehle. 115 S. 1954 (Bd. 61) Sprechen und Sprachpflege (Die Kunst des Sprechens) von H. Feist. 2., verb. Aufl. 99 S., 25 Abb. 1952 (Bd. 1122) Deutsches Dichten und Denken von der germanischen bis zur staufischen Zelt von H. Naumann. (Deutsche Literaturgeschichte vom 5.—13. Jahrhundert). 2., verb. Aufl. 166 S. 1952 (Bd. 1121) Deutsches Dichten und Denken vom Mittelalter zur Neuzelt von G. Müller (1270—1700). 2., durchges. Aufl. 159 S. 1949 (Bd. 1086) Deutsches Dichten und Denken von der Aufklärung bis zum Realismus 4

(1700—1890). von K. Vietor f 3., durchges. Aufl. von G. Erdmann. 1958 In Vorb. (Bd. 1096) Der Nibelunge Nöt in Auswahl mit kurzem Wörterbuch von K. Langosch: 10., durchges. Aufl. 164 S. 1956 (Bd. 1) Kudrun- und Dletrlch-Epen in Auswahl mit Wörterbuch von O. L. Jiriczek. 6. Aufl. bearb. von R. Wi'sniewski. 173 S. 1957. (Bd. 10) Wolfram von Eschenbach. Parzlval. Eine Auswahl mit Anmerk. und Wörterbuch. Von H. Jantzen. 2. Aufl., bearb. von H. Kolb. 1 2 8 S . 1957 (Bd. 921) Die deutschen Personennamen von M. Gottschald. 2., verb. Aufl. 151 S. 1955 (Bd. 422) Althochdeutsches Elementarbuch von H. Naumannt und IV. Betz. 2. Aufl. 156 S. 1954 (Bd. 1111) Mittelhochdeutsche Grammatik von H. de Boor und R. Wisniewski. 141 S. 1956 (Bd. 1108)

Indogermanisch,

Germanisch

Gotisches Elementarbuch. Grammatik, Texte mit Übersetzung und Erläuterungen von H. Hempel. 2., umgearb. Aufl. 165 S. 1953 (Bd. 79) Indogermanische Sprachwissenschaft von H. Krähe. 2 Bde. 3. Aufl. I : Einleitung und Lautlehre. 1958. In Vorb. (Bd. 59) Germanische Sprachwissenschaft von H. Krähe. 2 Bde. 3., neub. Aufl. I : Einleitung und Lautlehre. 147 S. 1956 (Bd. 238) I I : Formenlehre. 149 S. 1957 (Bd. 780) Altnordisches Elementarbuch von F. Ranke. Schrifttum, Sprache, Texte mit Übersetzung und Wörterbuch. 2., durchges. Aufl. 146 S. 1949 (Bd. 1115)

Englisch, Französisch Italienisch Altenglisches Elementarbuch von M. Lehnert. Einführung, Grammatik, Texte mit Übersetzung und Wörterbuch. 3., verb. Aufl. 178 S . 1955 (Bd. 1125)

Historische neuenglische Laut- und Formenlehre von E.Ekwall. 3. ,du rchges. Aufl. 150 S. 1956 (Bd. 735) Englische Phonetik von H. Mutschmann 117 S. 1956 (Bd. 601) Englische Literaturgeschichte. 4Bde. I : Die alt- und mittelenglische Periode v. F. Schubel. 163 S. 1954 (Bd. 1114) I I : Von der Renaissance bis zur Aufklärung von F. Schubel. 160 S. 1956 (Bd. 1116) I I I : Romantik und Viktorianismus von P. Meissner-)-. 150 S. 1938 (Bd. 1124) IV: Das 20. Jahrhundert von P. Meissner f . 150 S. 1939 (Bd. 1136) Beowulf von M. Lehnert. Eine Auswahl mit Einführung, teilweiser Obersetzung, Anmerkungen und etymologischem Wörterbuch. 2., verb. Aufl. 135 S. 1949 (Bd. 1135) Shakespeare von P. Aleissnerf. 2. Aufl. neübearb. von M. Lehnert. 136 S. 1954 (Bd. 1142) Italienische Literaturgeschichte von K. Voss/erf. Unveränd. Nachdr. der 1927 erschien. 4., durchges. und verb. Aufl. 148 S. 1948 (Bd. 125) Romanische Sprachwissenschaft von H. Lausberg. 2 Bde. 1956. I : Einleitung und Vokalismus. 160 S. (Bd. 1281128a) I I : Konsonantismus. 95 S. ( Bd. 250) Griechisch, Lateinisch Griechische Sprachwissenschaft von W. Brandenstein. 2 Bde. I: Einleitung, Lautsystem, Etymologie. 160 S. 1954 (Bd. 117) Geschichte der griechischen Sprache. 2 Bde. I : Bis zum Ausgang der klassischen Zeit von O. Hoffmann f . 3. Aufl. bearb. von A. Debrunner. 156 S. 1954 (Bd. 111) I I : Grundfragen und Grundzüge des nachklass. Griechisch. Von A. Debrunner. 144 S. 1954 (Bd. 114) Geschichte der griechischen Literatur von IV. Nestle. 2 Bde. 2., verb. Aufl. I I : Von Alexander d. Gr. bis zum Ausgang der Antike. 128 S. 1948 (Bd. 557) Geschichte der lateinischen Sprache von F. Stolz-f. 3., stark umgearb.

Auflage von A. Debrunner. 136 S. 1953 (Bd. 492) Hebräisch, Sanskrit, Russisch Hebräische Grammatik von G. Beert. 2 Bde. 2., völlig neub. Aufl. von R. Meyer. I: Schrift-, Laut- und Formenlehre I. 157 S. 1952 (Bd. 763/763a) I I : Formenlehre II. Svntax und Flexionstabellen. 195 ' S. 1955 (Bd. 7641764a) Sanskrit-Grammatik von M. Mayrhofer. 89 S. 1953 (Bd. 1158) Russische Grammatik von E. Berneker. 6., unveränd. Aufl. von M. Vasmer. 155 S. 1947 (Bd. 66) Erd- und Länderkunde Afrika von F. Jaeger. Ein geograph. Überblick. 2 Bde. 2., umgearb. Aufl. I: Der Lebensraum. 179 S., 18 Abb. 1954 (Bd. 910) I I : Mensch und Kultur. 152 S., 6 Abb. 1954 (Bd. 911) Australien und Ozeanien von H. J. Krug. 176 S., 46 Skizz. 1953 (Bd. 319) Kartenkunde von M. Eckert-Greifendorfff. 3., durchges. Aufl. von W. Kleffner. 149 S., 63 Abb. 1950 (Bd. 30) Volkswirtschaft, Publizistik Allgemeine Betriebswirtschaftslehre von K. Mellerowicz. 3 Bde. 9., unveränd. Aufl. I: 142 S. 1956 (Bd. 1008) I I : 112 S. 1956 (Bd. 1153) I I I : 143 S. 1956 (Bd. 1154) Allgemeine Volkswirtschaftslehre von A. Paulsen. 4 Bde. 1: Grundlegung, Wirtschaftskreislauf. 2., durchges. u. erg. Aufl. 140 S. 1958 (Bd. 1169) I I : Haushalte, Unternehmungen, Marktformen. 1. Aufi. 163 S., 32 Abb. 1956 (Bd. 1170) Zeltungslehre von E. Dovifat. 2 Bde. 3., neubearb. Aufl. I: Theoretische und rechtliche Grundlagen — Nachricht und Meinung — Sprache und Form. 148 S. .1955 (Bd. 1039) 11: Redaktion — Die Sparten Verlag und Vertrieb, Wirtschaft und Technik, Sicherung der öffentlichen Aufgabe. 158 S. 1955 (Bd. 10401 5

Naturwissenschaften Mathematik Geschichte der Mathematik von J. E. Hofmann. 3 Bde. I : Von den A n f ä n g e n bis z u m A u f t r e t e n v o n F e r m a t u n d Descartes. 2 0 0 S. 1953 (Bd. 226) I I : Von F e r m a t u n d Descartes bis z u r E r f i n d u n g des Caiculus u n d bis z u m A u s b a u d e r neuen M e t h o d e n . 109 S. 1957 (Bd. 875) I I I : Von den A u s e i n a n d e r s e t z u n gen u m den Caiculus bis zur F r a n z ö sischen R e v o l u t i o n . 107 S. 1957 (Bd. 882) Mathematische Formelsammlung v o n F. Ringleb. Vollst, u m g e a r b . Neuausg. des Werkes von O. Th. Bürklen. 6., erw. Aufl. 278 S., 53 Fig. 1956 (Bd. 51151a) Fünfstellige Logarithmen v o n A. Adler. Mit m e h r e r e n graphischen Rechentafeln und häufig vorkomm e n d e n Z a h l w e r t e n . 2. Aufl. N e u d r . 127 S., 1 T a f . 1949 (Bd. 423) A r i t h m e t i k von P. B. Fischer + 3. Aufl. von H. Kohrbach. 1958 In V o r b . (Bd. 47) Höhere Algebra von H. Hasse. 2 Bde. 4., durchges. Aufl. I : Lineare Gleichungen. 152 S. 1957 (Bd. 931) I I : Gleichungen höheren Grades. 158 S., 5 Fig. 1958 (Bd. 932) Aufgabensammlung zur höheren Algebra von H. Hasse u n d W. Klobe. 2., v e r b . u n d v e r m . Aufl. 181 S. 1952 (Bd. 1082) Elementare und klassische Algebra vom modernen Standpunkt von W. Krutl. 2 Bde. 2., erw. Aufl. I : 136 S. 1952 (Bd. 930) Einführung In die Zahlentheorie von A. Scholzf. Ü b e r a r b . u n d herausgeg. von B. Schoeneberg. 2. Aufl. 128 S. 1955 (Bd. 1131) Elemente der Funktionentheorie v o n K . K n o p p s . 4. Aufl. 144 S., 23 Fig. 1955 (Bd. 1109) Funktionentheorie von K . K n o p p s . 2 Bde. I : G r u n d l a g e n d e r allgem. Theorie der analytischen F u n k t i o n e n . 9., 6

n e u b . Aufl. 144 S., 8 Fig. 1957 (Bd. 668) 11: A n w e n d u n g e n u n d W e i t e r f ü h r u n g d e r allgemeinen Theorie. 8./9. Aufl. 130 S., 7 Fig. 1955 (Bd. 703) Aufgabensammlung zur Funktionentheorie v o n K. Knopp-f. 2 Bde. I: A u f g a b e n zur e l e m e n t a r e n Funktionentheorie. 5. Aufl. 135 S. 1958 (Bd. 877) 11: A u f g a b e n z u r höheren F u n k tionentheorie. 4. Aufl. 151 S. 1949 (Bd. 878) Gewöhnliche Differentialgleichungen von G. Hoheisel. 5., durchges. Aufl. 129 S. 1956 (Bd. 920) Partielle Differentialgleichungen v . G. Hoheisel. 3., n e u b . Aufl. 130 S. 1953 (Bd. 1003) Aufgabensammlung zu den gewöhnlichen und partiellen Differentialgleichungen v o n G. Hoheisel. 2., u m g e a r b . Aufl. 124 S. 1952 (Bd. 1059) Integralgleichungen von G. Hoheisel. 2., durchges. Aufl. 1958 In Vorb. (Bd. 1099) Mengenlehre von E. Kamke. 3., neub. Auflage. 194 S., 6 Fig. 1955 (Bd. 9991999a) Ebene und sphärischeTrigonometrle von.G. Hessenberg. 5. Aufl., d u r c h ges. von H. Kneser. 172 S „ 60 Fig. 1957 (Bd. 99) Darstellende Geometrie von W. Haack. 3 Bde. I : Die wichtigsten Darstellungs>methoden. Grund- und Aufriß ebenflächiger K ö r p e r . 2. Aufl. 1958 In Vorb. (Bd. 142) I I : K ö r p e r m i t k r u m m e n Begrenzungsflächen. K o t i e r t e P r o j e k t i o nen. 129 S., 86 A b b . 1954 (Bd. 143) I I I : A x o n o m e t r i e u n d Perspektive. 127 S., 100 A b b . 1957 (Bd. 144) Analytische Geometrie von K. P. Grotemeyer. 201 S., 73 A b b . 1958 (Bd. 65165a) Sammlung von Aufgaben und Beispielen zur analytischen Geometrie der Ebene von R. Haussner f . Mit den vollständigen Lösungen. 139 S., 22 Fig. N e u d r . 1949 (Bd. 256)

Nichteuklidische Geometrie. H y p e r bolische G e o m e t r i e der Ebene. V o n R. Baldus^. 3., v e r b . A u f l . , durchges. und herausgeg. v o n F. Lobeil. 140 S., 70 F i g . 1953 (Bd. 970) Differentialgeometrie v o n K. Strubecker ( f r ü h e r R o t h e ) . 3 B d e . I : K u r v e n t h e o r i e der E b e n e und des R a u m e s . 150 S., 18 F i g . 1955 (Bd. 1113/11130) I I : F l ä c h e n t h e o r i e . 1958 I n V o r b . (Bd. 117911179a) I I I : T h e o r i e der F l ä c h e n k r ü m m u n g . 1958 In V o r b . (Bd. 1180/ 1180a) Einführung in die konforme A b b i l dung v o n L. Bieberbach. 5., e r w . A u f l . 180 S „ 42 F i g . 1956 (Bd. 7681768a) Vektoren und Matrizen v o n S . Valentiner. 8., e r w . A u f l . der , , V e k t o r analysis". Mit Anh.: Aufgaben zur V e k t o r r e c h n u n g v o n H. König. 1958 In V o r b . (Bd. 354i354a) Vermessungskunde v o n P. Werkmeister. 3 B d e . I : S t ü c k m e s s u n g und N i v e l l i e r e n . 10., v o l l . neub. A u f l . v o n W. Grossmann. 140 S., 117 F i g . 1958 (Bd. 468) 11: Messung v o n H o r i z o n t a l w i n k e l n . Festlegung v o n P u n k t e n im K o o r d i n a t e n s y s t e m . A b s t e c k u n g e n . 7. A u f l . 151 S., 93 F i g . 1949 (Bd. 469) I I I : T r i g o n o m e t r i s c h e und barometrische H ö h e n m e s s u n g . T a c h y m e t r i e und T o p o g r a p h i e . 6. A u f l . 147 S . , ' 6 4 F i g . 1949 (Bd. 862) Versicherungsmathematik v o n F. Böhm. 2 B d e . I : E l e m e n t e der Versicherungsrechnung. 3., v e r m . und v e r b . A u f l . Durchges. N e u d r . 151 S. 1954 (Bd. 180) II: Lebensversicherungsmathematik. E i n f ü h r u n g in die technischen Grundlagen der Sozialversicherung. 2., verb. Aufl. 205 S. 1953 (Bd. 9171917a)

Physik Einführung in die theoretische Physik v o n W . Döring. 5 B d e . I : Mechanik. 119 S., 29 A b b . 1954 (Bd. 76) I I : Das e l e k t r o m a g n e t i s c h e F e l d . 123 S., 15 A b b . 1955 (Bd. 77)

I I I : O p t i k . 117 S., 32 A b b . 1956 (Bd. 78) I V : T h e r m o d y n a m i k . 107 S., 9 A b b . 1956 (Bd. 374) V : Statistische M e c h a n i k . 114 S., 12 A b b . 1957 (Bd. 10171 Atomphysik v o n K . Bechert und Ch. Gerthsen. 7 B d e . 3., u m g e a r b . A u f l . I : A l l g e m e i n e G r u n d l a g e n . 1. T e i l . 124 S „ 55 A b b . 1955 (Bd. 1009) 11: A l l g e m e i n e G r u n d l a g e n . 2. T e i l . 112 S., 48 A b b . 1955 (Bd. 1033) I I I : T h e o r i e des A t o m b a u s . I . T e i l . 148 S „ 16 A b b . 1954 (Bd. 112311123a) I V : T h e o r i e des A t o m b a u s . 2. T e i l . 170 S., 14 A b b . 1954 (Bd. 116511165a) Differentialgleichungen der Physik v o n F . Sauter. 2. A u f l . 148 S., 16 F i g . 1950 (Bd. 1070) Physikalische Formelsammlung v o n G. Mahlerf und K. Mahler. 9., durchges. A u f l . 153 S., 69 F i g . 1955 (Bd. 136) Physikalische Aufgabensammlung v o n G. Mahlert. Neub. von K. Mahler. M i t den E r g e b n . 9., d u r c h ges. A u f l . 127 S., 1957 (Bd. 243)

Chemie Geschichte der Chemie in k u r z g e f a ß t e r Darstellung v o n G. Lockemann. 2 B d e . 1: V o m A l t e r t u m bis zur E n t d e k kung des Sauerstoffs. 142 S., 8 B i l d n . 1950 (Bd. 264) 11: V o n der E n t d e c k u n g des Sauerstoffs bis zur G e g e n w a r t . 151 S., 16 B i l d n . 1955 (Bd. 2651265a) Anorganische Chemie von W. Klemm. 10., durchges. und erg. A u f l . 185 S., 18 A b b . 1958 (Bd. 37) Organische Chemie v o n W. Schlenk. 7., e r w . A u f l . 269 S., 16 A b b . 1957 (Bd. 38138a) Allgemeine und physikalische Chemie v o n W. Schulze. 2 B d e . 4., neubearb. A u f l . I : 139 S „ 10 F i g . 1955 (Bd. 71) I I : 176 S „ 37 F i g . 1956 (Bd. 6981698a) Molekülbau. T h e o r e t i s c h e G r u n d lagen und M e t h o d e n der S t r u k t u r e r m i t t l u n g v o n W . Schulze. 1958 In V o r b . (Bd. 786)

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Analytische Chemie von J. Hoppe. 2 Bde. 5., verb. Aufl. I: Reaktionen. 135 S. 1950 (Bd.247) I I : Gang der qualitativen Analyse. 166 S. 1950 (Bd. 248) Maßanalyse. Theorie und Praxis der klassischen und der elektrochemischen Titrierverfahren. Von G. Jander und K. F. Jahr. 7., erg. Aufl. 303 S.,50 Fig. 1956 (Bd. 2211221a) Thermochemie von W. A. Roth. 2., verb. Aufl. 109 S., 16 Fig. 1952 (Bd. 1057) Stöchiometrische Aufgabensammlung. Mit den Ergebn. von W. Bahrdti und R. Scheer. 6., durchges. Aufl. 118 S. 1957 (Bd. 452) Elektrochemie und ihre physikalisch-chemlschen Grundlagen von A. Dossier. 2 Bde. 1: 149 S., 21 Abb. 1950 (Bd. 252) I I : 178 S., 17 Abb. 1950 (Bd. 253) Technologie Warenkunde von K. Hassakf und E. Beutelf. 2 Bde. I : Anorganische Waren sowie Kohle und Erdöl. 8.Aufl. Neubearb. von A. Kutzelnigg. 1958 In Vorb. (Bd. 222) 11: Organische Waren. 7. Aufl. 143 S., 32 Fig. 1949 (Bd. 223) Die Fette und Öle von K. Braun f . 5., völlig neubearb. und verb. Aufl. von Th. Klug. 145 S. 1950 (Bd. 335) Die Seifenfabrikation von K. Braun f . 3., neubearb. und verb. Aufl. von Th. Klug. 116 S., 18 Abb. 1953 (Bd. 336) Textilindustrie I : Spinnerei und Zwirnerei. Von A. Blümcke. 111 S., 43 Abb. 1954 (Bd. 184) Biologie Einführung In die allgemeine Biologie von M. Hartmann. 132 S., 2 Abb. 1956 (Bd. 961 Hormone von G. Koller. 2., neubearb. und erw. Aufl. 187 S., 60 Abb., 19 Tab. 1949 (Bd. 1141) Fortpflanzung im Tier- und Pflanzenreich von J. Hämmerling. 2., erg. Aufl. 135 S., 101 Abb. 1951 (Bd. 1138) Geschlecht und Geschlechtsbestimmung im Tier- und Pflanzenreich von M. Hartmann. 2., verb. Aufl. 8

116 S„ 61 Abb., 7 Tab. 1951 (Bd. 1127) GrundrlB der allgemeinen Mikrobiologie von IV. Schwartz. 2 Bde. I : 104 S., 17 Abb. 1949 (Bd. 1155) I I : 93 S., 12 Abb. 1949 (Bd. 1157) Symbiose der Tiere mit pflanzlichen Mikroorganismen von P. Buchner. 2., verb. und verm. Aufl. 130 S., 121 Abb. 1949 (Bd. 1128) Botanik Entwicklungsgeschichte des Pflanzenreiches von H. Heil. 2. Aufl. 138 S„ 94 Abb., 1 Tab. 1950 (Bd. 1137) Morphologie der Pflanzen von L. Geitler. 3. Aufl. 126 S., 114Abb. 1953 (Bd. 141) Pflanzengeographie von L. Diels f . 5., voll. neub. Aufl. von F. Mattick. 196 S., 2 Ktn. 1958 (Bd. 3891389a) Die Laubhölzer. Kurzgefaßte Beschreibung der in Mitteleuropa gedeihenden Laubbäume und Sträucher. Von F. W. Negerj- und E. Münchf. 3., durchges. Aufl. herausgeg. von B. Huber. 143 S., 63 Fig. 7 Tab. 1950 (Bd. 718) Die Nadelhölzer (Koniferen) und übrigen Gymnospermen von F. W. Negerf und E. Münchf. 4. Aufl. Durchges. und erg. von B. Huber. 140 S., 75 Fig., 4 Tab., 3 Ktn. 1952 (Bd. 355) Pflanzenzüchtung von H. Kuckuck 2 Bde. I : Grundzüge der Pflanzenzüchtung. 3., völlig umgearb. Aufl. 132 S., 22 Abb. 1952 (Bd. 1134) I I : Spez. gartenbaul. Pflanzenzüchtung. 178 S., 27 Abb. 1957 (Bd. 117811178a) Zoologie Entwicklungsphysiologie der Tiere von F. Seidel. 2 Bde. I: Ei und Furchung. 126 S., 29 Abb. 1953 (Bd. 1162) 11: Körpergrundgestalt und Organbildg. 159S.,42Abb. ¡953(Bd.1163) Das Tierreich. F i s c h e von D. Lüdemann. 130 S., 65 Abb. 1955 (Bd. 356) I n s e k t e n von H. von Lengerken. 128 S„ 58 Abb. 1953 (Bd. 594)

L u r c h e (Chordatiere) von K. Herter. 143 S., 129 Abb. 1955 (Bd. 847) S p i n n e n t i e r e (Triiobitomorphen, Fühlerlose) und Tausendfüßler, von A. Kaestner. 96 S., 55 Abb. 1955 (Bd. 1161) W ü r m e r . Platt-, Hohl-, SchnurWürmer, Komptozoen, Ringelwürmer, Protracheaten, Bärtierchen, Zungenwürmer von S . Jaeckel. 114 S., 36 Abb. 1955 (Bd. 439) W e i c h t i e r e . Urmollusken,Schnekken, Muscheln, Kopffüßer von S . aeckel. 92 S., 34Abb. 1954 (Bd. 440) t a c h e l h ä u t e r . Tentakulaten, Blnnenatmer u. Pfeilwürmer von S . Jaeckel. 100 S., 46 Abb. 1955 (Bd. 441) S c h w ä m m e u n d H o h l t i e r e von H. J. Hannemann. 95 S., 80 Abb. 1956 (Bd. 442) K r e b s e von H. E. Gruner und K . Deckert. 114S.,43Abb. 1956(Bd.443) E i n z e l l e r , P r o t o z o e n von E. Reichen. 115 S., 59 Abb. 1956 (Bd. 444) Vergleichende Physiologie der Tiere von K. Herter. 2 Bde. 3. Aufl. der „Tierphysiologie". I : Stoff- und Energiewechsel. 155 S., 64 Abb. 1950 (Bd. 972) I I : Bewegung und Reizerscheinungen. 148 S., 110 Abb. 1950 (Bd. 973)

I : Allgemeines, Entwässerung. 122 S., 47 Abb. 1947 (Bd. 691) I I : Bewässerung, Ödlandkultur, Umlegung. 150 S „ 67 Abb. 1949 (Bd. 692) Agrikulturchemie von K. Scharrer. 2 Bde. I : Pflanzenernährung. 143 S. 1953 (Bd. 329) I I : Futtermittelkunde. 192 S. 1956 (Bd. 3301330a)

Geologie, Mineralogie Kristallographie

Geologie von F. Lotze. 176 S., 80 Abb. 1955 (Bd. 13) Mineral- und Erzlagerstättenkunde von H. Huttenlocherf. 2 Bde. I : 128 S., 34 Abb. 1954 (Bd. 1014) I I : 156 S., 48 Abb. 1954 (Bd. 101511015a) Allgemeine Mineralogie. 9., erw. Aufl. der „Mineralogie" von R, Braunsf und K. F. Chudoba. 104 S., 107 Fig., 1 Taf., 2 Tab. 1955 (Bd. 29) Spezielle Mineralogie. 9., erw. Aufl. der „Mineralogie" von R. Brauns+ und K. F. Chudoba. 133 S., 105 Fig. 1955 (Bd. 31) Petrographie (Gesteinskunde) von W. Bruhns-i und P. Ramdohr. 4., durchges. Aufl. 104 S., 10 Fig. 1955 (Bd. 173) Kristallographie von W. Bruhnsf und P. Ramdohr. 4. Aufl. 106 S., Land- und Forstwirtschaft 163 Abb. 1954 (Bd. 210) Landwirtschaftliche Tierzucht. Die Einfahrung In die Kristalloptik von Züchtung und Haltung der land- E. Buchwald. 4., verb. Aufl. 138 S., wirtschaftlichen Nutztiere von H. 121 Flg. 1952 (Bd. 619) Vogel. 139 S., 11 Abb. 1952 (Bd. 228) Lötrohrprobierkunde. MineraidiaKulturtechnische Bodenverbessegnose mit Lötrohr- und Tüpfelrerungen von O. Fauser. 2. Bde. 4., aktion. Von Af. Henglein. 3., verb. neubearb. Aufl. Aufl. 91 S., 11 Fig. 1949 (Bd. 483)

Technik Graphische Darstellung In Wissen- I : Die drei Feldformen. 96 S., schaft und Technik von M. Pirani. 41 Abb., 6 Taf. 1956 (Bd. 196) 3., erw. Aufl. bearb. von J. Fischer I I : Die wichtigsten elektr. und unter Benutzung der von I. Runge phys. Grunderscheinungen. 95 S., bes. 2. Aufl. 216 S., 104 Abb. 1957 36 Abb., 7 Taf. 1956 (Bd. 197) I I I : Schaltvorgänge, Widerstands(Bd. 7281728a) formen, Meßtechnik. 91 S., 59 Abb., Elektrotechnik 1 Taf. 1956 (Bd. 198) Grundlagen der allgemeinen Elek- Die Gleichstrommaschine von K . trotechnik von O. Mohr. 3 Bde. Humburg. 2 Bde. 2., durchges. Aufl. 9

I : 102 S., 59 Abb. 1956 (Bd. 257) I I : 101 S„ 38Abb. 1956 (Bd.881) Die synchrone Maschine von K. Humburg. Neudr. 109 S., 78 Abb. 1951 (Bd. 1146) Induktionsmaschinen von F. Unger. 2., erw. Aufl. 142 S., 49 Abb. 1954 (Bd. 1140) Die komplexe Berechnung von Wechselstromschaltungen von H. H. Meinke. 2. Aufl. 180S., 120Abb. 1957 (Bd. 115611156a) Theoretische Grundlagen zur Berechnung der Schaltgeräte von F. Kesselring. 3. Aufl. 144 S., 92 Abb. 1950 (Bd. 711) Einführung in die Technik selbsttätiger Regelungen von W. zur Megede. 174 S., 86 Abb. 1956 (Bd. 714/ 714a) Elektromotorische Antriebe (Grundlagen für die Berechnung) von A. Schwaiger. 3., neubearb. Aufl. 96 S., 34 Abb. 1952 (Bd. 827) Technische Tabellen und Formeln von W. Müller. 4., verb. und erw. Aufl. von E. Schulze. 152 S., 105 Fig. 1951 (Bd. 579) Überspannungen und Überspannungsschutz von G. Frühauf. Durchges. Neudr. 122 S., 98 Abb. 1950 (Bd. 1132)

Maschinenbau Metallkunde von H. Borchers. 2 Bde. 3. Aufl. I: Aufbau der Metalle und Legierungen. 120 S., 90 Abb., 2 Tab. 1956 (Bd. 432) I I : Eigenschaften, Grundzüge der Form und Zustandsgebung. 154 S., 100 Abb., 8 Tab. 1957 (Bd. 433) Die Werkstoffe des Maschinenbaues von H. Thum und C. M. von Meysenbug. 2 Bde. I : Einführung in die Werkstoffprüfung. 2., neubearb. Aufl. 100 S., 7 Tab., 56 Abb. 1956 (Bd. 476) Dynamik von W. Müller. 2 Bde. 2., verb. Aufl. I : Dynamik des Einzelkörpers. 128 S„ 48 Fig. 1952 (Bd. 902) II: Systeme von starren Körpern. 102 S., 41 Fig. 1952 (Bd. 903) Technische Schwingungslehre von L. Zipperer. 2 Bde. 2., neubearb. Aufl. 10

I : Allgemeine Schwingungsgleichungen, einfache Schwinger. 120 S., 101 Abb. 1953 (Bd. 953) I I : Torsionsschwingungen in Maschinenanlagen. 102 S., 59 Abb. 1955 (Bd. 9611961a) Werkzeugmaschinen für Metallbearbeitung von K. P. Matthes. 4 Bde. I: 100 S., 27 Abb., 11 Zahlentaf., 1 Tafelanh. 1954 (Bd. 561) I I : Fertigungstechnische Grundlagen der neuzeitlichen Metallbearbeitung. 101 S., 30 Abb., 5 Taf. 1955 (Bd. 562) Transformatoren von W. Schäfer. 3., überarb. u. erg. Aufl. 130 S., 73 Abb. 1957 (Bd. 952) Das Maschinenzeichnen mit Einführung In das Konstruieren von W. Tochtermann. 2 Bde. 4. Aufl. I: Das Maschinenzeichnen. 156 S., 77 Taf. 1950 (Bd. 589) I I : Ausgeführte Konstruktionsbeispiele. 130 S., 58 Taf. 1950 (Bd. 590) Die Maschinenelemente von E. A. vom Ende. 3., verb. Aufl., 166 S., 175 Fig.,'9Taf. 1956 (Bd. 313a) Maschinen der Elsenhüttenwerke von L. Engel. 156 S., 95 Abb. 1957 (Bd. 5831583a) Walzwerke von H. Sedlaczek unter Mitarbeit von F. Fischer und M. Buch. 206 S., 157 Abb. 1958 (Bd. 5801580a) Getriebelehre von P. Crodzinski. 2 Bde. 2., neubearb. Aufl. I: Geometrische Grundlagen. 159 S., 142 Fig. 1953 (Bd. 1061) Gießereitechnik von H. Jungbluth. 2 Bde. I : Eisengießerei. 126 S., 44 Abb. 1951 (Bd. 1159) Die Dampfkessel und Feuerungen einschließlich Hilfseinrichtungen in Theorie, Konstruktion und Berechnung von W. Marcardf. 2 Bde. 2. Aufl. Neubearb. von K. Beck. I: Die theoretischen Grundlagen, Wärme, Verbrennung, Wärmeübertragung. 150 S., 42 Abb., 16 Tab. 1951 (Bd. 9)I I : Dampfkessel. 147 S., 43 Abb. 1952 (Bd. 521) Dampfturbinen, ihre Wirkungsweise, Berechnung und Konstruktion von C. Zietemann. 3 Bde. 3., verb. Aufl.

I : Theorie d i r D a m p f t u r b i n e n . 139 S., 48 Abb. 1955 (Bd. 274) I I : Die B e r e c h n u n g d e r D a m p f t u r binen u n d die K o n s t r u k t i o n der Einzelteile. 132 S., 111 A b b . 1956 (Bd. 715) I I I : Die Regelung der D a m p f t u r binen, die B a u a r t e n , T u r b i n e n für Sonderzwecke, Kondensationsanlagen. 126 S „ 90 A b b . 1956 (Bd. 716) Verbrennungsmotoren von VV. Endres. 3 Bde. I : Überblick, M o t o r - B r e n n s t o f f e , V e r b r e n n u n g im Motor allgemein, im O t t o - u n d Diesel-Motor. 153 S., 57 A b b . 1957 (Bd. 107611076a) Technische Thermodynamik von IV. Nußelt. 3 Bde. I : G r u n d l a g e n . 4., verb. Aufl. 144 S., 71 A b b . 1956 (Bd. 1084) I I : Theorie der W ä r m e k r a f t m a schinen. N e u d r . 144 S., 87 Abb., 32 Z a h i e n t a f . 1951 (Bd. 1151) Autogenes Schweißen und Schneiden von H. Niese. 5. Aufl. N e u b e a r b . von A. Küchler. 136 S., 71 Fig. 1954 (Bd. 499) Die elektrischen Schweißverfahren von H. Niese. 2. Aufl. N e u b e a r b . von H. Dienst. 136 S., 58 A b b . 1955 (Bd. 1020) Hebezeuge. E n t w u r f von W i n d e n u n d K r a n e n von G. Tafel. 2., v e r b . Aufl. 176 S., 230 Fig. 1954 (Bd. 414/414a)

Wasserbau Wasserkraftanlagen v o n A. Ludin u. M i t a r b . v. W. Borkenstein. 2 Bde. I: Planung, Grundlagen und Grundzüge. 124 S., 60 A b b . 1955 (Bd. 665) II : A n o r d n u n g u n d A u s b i l d u n g d e r H a u p t b a u w e r k e . 1958 In Vorb. (6661666a) Verkehrswasserbau von H. Dehnert. 3 Bde. I : E n t w u r f s g r u n d l a g e n , Flußregel u n g e n . 103 S., 52 A b b . 1950 (Bd. 585) I I : F l u ß k a n a l i s i e r u n g u n d Schifff a h r t s k a n ä l e . 94 S., 60 A b b . 1950 (Bd. 597) I I I : Schleusen u n d H e b e w e r k e . 98 S., 70 A b b . 1950 (Bd. 1152)

Wehr- und Stauanlagen v o n H. Dehnert. 134 S., 90 Abb. 1952 (Bd. 965) Talsperren von F. Tölke. 122 S., 70 Abb. 1953 (Bd. 1044)

Hoch- und Tiefbau Die wichtigsten Baustoffe des Hochund Tiefbaus von O. Graf. 4., v e r b . Aufl. 131 S., 63 A b b . 1953 (Bd. 984) B a u s t o f f v e r a r b e i t u n g und Baustell e n p r ü f u n g des Betons von A. Kleinlogel. 2., n e u b e a r b . u n d erw. Aufl. 126 S „ 35 Abb. 1951 (Bd. 978) Festigkeitslehre. 2 Bde. ' I : Elastizität, P l a s t i z i t ä t u n d Festigkeit der B a u s t o f f e und Bauteile von W. Gehlert u n d W. Herberg. Durchges. u n d erw. N e u d r . 159 S., 118 A b b . 1952 (Bd. 1144) II: Formänderung, Platten, Stabilität u n d B r u c h h y p o t h e s e n von W. Herberg u n d N. Dimitrov. 187 S., 94 A b b . 1955 (Bd. 114511145a) Grundlagen des Stahlbetonbaus v o n A. Troche. 2., n e u b e a r b . u n d erw. Aufl.208 S.,75 Abb., 17 Bemessungstaf., 20 Rechenbeisp. 1953 (Bd.1078) Statik der Baukonstruktionen v o n A. Teichmann. 4 Bde. I : G r u n d l a g e n . 100 S., 51 Abb., 8 F o r m e l t a f . 1956 (Bd. 119) I I : Statisch bestimmte Stabwerke. 107 S . , 5 2 Abb., 7 T a f . 1957 (Bd.120) I I I : Statisch unbestimmte Systeme. 1958 I n V o r b . (Bd. 122) Fenster, Türen, Tore aus Holz und Metall. Eine A n l e i t u n g zu ihrer guten Gestaltung, wirtschaftlichen Bemessung u n d h a n d w e r k s g e r e c h ten K o n s t r u k t i o n von W. Wickop. 4., Überarb. u n d erg. Aufl. 155 S., 95 Abb. 1955 (Bd. 1092) Heizung und Lüftung von J. Körtings u n d W. Körting. 2 Bde. 8., n e u b e a r b . Aufl. I : Das Wesen u n d die B e r e c h n u n g der Heizungs- u n d L ü f t u n g s a n l a gen. 140 S., 29 Abb., 18 Z a h i e n t a f . 1951 (Bd. 342) 11: Die A u s f ü h r u n g der H e i z u n g s u n d L ü f t u n g s a n l a g e n . 152 S., 165 Abb., 7 Z a h i e n t a f . 1954 (Bd. 343) Industrielle K r a f t - u n d W ä r m e w i r t s c h a f t von F.' A. F. Schmidt u . A. Beckers. 167 S., 73 A b b . 1957 (Bd. 3181318a) 11

SAMMLUNG GÖSCHEN/BANDNUMMERNFOLGE 1 Langosch, Der Nibelunge Not 3/3 a v. Ende, Die Maschinenelemente 9 Marcard-Beck, Dampfkessel I 10 Jlriczek-Wisniewski, Kudrun- und Dietrichepen 13 Lotze, Geologie 19 Altheim, Rom. Geschichte I 20 Hofstaetter-Spree, Dt. Sprachl. 29 Brauns-Chudoba, Allg. Mineralogie 30 Eckert-Greifendorff-Kleffner, Kartenkunde 31 Brauns-Chudoba, Spez. Mineralogie 35 Treue, Dt. Geschichte von 1648 bis 1740 37 Klemm, Anorganische Chemie 38/38 a Schlenk, Organ. Chemie 39 Treue, Dt. Geschichte von 1713 bis 1806 42 Behn, Vorgeschichte Europas 47 Fischer, Arithmetik 51/51 a Ringleb-Bürklen, Mathematische Formelsammlung 59 Krähe, Indogerm. Sprachwiss. 60 Biehle, Stimmkunde 61 Biehle, Redetechnik 65/65a Grotemeyer, Anal. Geom. 66 Berneker-Vasmer, Russische Grammatik 71 Schulze, Allg. u. phys. Chemie 1 76 Döring, Einf. i. d. theoret. Physik I 77 Döring, II 78 Döring, - III 79 Hempel, Gotisches Elementarb. 80 Weigert, Stilkunde I 96 Hartmann, Einf. i. d. allgem. Biologie 99 Hessenberg-Kneser, Ebene und sphär. Trigonometrie 101 v. Wiese, Soziologie 103 Dahrendorf, Industrie- und Betriebssoziologie 104/104a Hofstätter, Sozialpsychologie 111 Hoffmann-Debrunner, Gesch. d. griechischen Sprache I 114 Debrunner, — II 117 Brandenstein, Griechische Sprachwissenschaft I 119 Teichmann, Statik der Baukonstruktionen I 12

120 Teichmann, - II 122 Teichmann, - III 125 Vossler, Ital. Literaturgesch. 128/128 a Lausberg, Romanische Sprachwissenschaft 1 136 Mahler, Physikalische Formelsammlung 141 Geitler, Morphol. der Pflanzen 142 Haack, Darst. Geometrie I 143 Haack, — II 144 Haack, — III 145 Weimer, Gesch. der Pädagogik 156/156a Landmann, Philosophische Anthropologie 170 Oehlmann, Musik des 19. J a h r h . 171/17la Oehlmann, Musik des 20. Jahrhunderts 173 Bruhns-Ramdohr, Petrographie 180 Böhm, Versicherungsmath. I 184 Blümcke, Textilindustrie I 196 Mohr, Grundlagen d. Elektrotechnik I 197 Mohr, II 198 Mohr, - III 200/200a Gottschald, Dt. Rechtschreibungswörterbuch 210 Bruhns-Ramdohr, Kristallographie 220/220 a Moser, Allg. Musiklehre 221/221a Jander-Jahr, Maßanalyse 222 Hassak-Beutel, Warenkunde I 223 Hassak-Beutel, - II 226 Hofmann, Geschichte der Mathematik I 228 Vogel, Landw. Tierzucht 231/231a Ehrlich, Geschichte Israels 238 Krähe, German. Sprachwiss. I 243 Mahler, Physika!. Aufgabenslg. 247 Hoppe, Analytische Chemie I 248 Hoppe, - II 250 Lausberg, Roman. Sprachwissenschaft II 252 Dassler, Elektrochemie I 253 Dassler, - II 256 Haussner, Aufgabensamml. zur analyt. Geometrie der Ebene 257 Humburg, Die Gleichstrommaschine I 264 Lockemann, Geschichte der Chemie I 265/265a Lockemann, — II 270 Kirn, Einführung in die Geschichtswissenschaft

274 Z i e t e m a n n , D a m p f t u r b i n e n I 280 J a c o b , Q u e l l e n k u n d e der d e u t schen Geschichte I I 281 L e i s e g a n g , E i n f ü h r u n g in die Philosophie 284 J a c o b - W e d e n , Q u e l l e n k u n d e der déutschen Geschichte I I I 318/318a S c h m i d t , Industrielle K r a f t - und W ä r m e w i r t s c h a f t 319 K r u g , Australien und Ozeanien 329 Scharrer, A g r i k u l t u r c h e m i e I 330/330a Scharrer, II 335 B r a u n - K l u g , F e t t e und ö l e 336 B r a u n - K l u g , S e i f e n f a b r i k a t i o n 342 K ö r t i n g , H e i z u n g u n d L ü f t u n g l 343 K ö r t i n g , II 344 Moser, M u s i k ä s t h e t i k 354/354a V a l e n t i n e r , V e k t o r e n 355 N e g e r - M ü n c h , N a d e l h ö l z e r 356 L ü d e m a n n , Fische 374 D ö r i n g , E i n f . in die t h e o r e t . Physik I V 375 P r e l l e r , Geschichte E n g l a n d s I 389/389a D i e l s - M a t t i c k , P f l a n z e n geographie 394/394a Schilling, V o n der Renaissance bis K a n t 414/414a T a f e l , H e b e z e u g e I 422 G o t t s c h a l d , Deutsche Personennamen. 423 A d l e r , Fünfstell. L o g a r i t h m e n 432 Borchers, M e t a l l k u n d e I 433 Borchers, — I I 439 Jaeckel, W ü r m e r 440 Jaeckel, W e i c h t i e r e 441 Jaeckel, Stachelhäuter 442 H a n n e m a n n , S c h w ä m m e und Hohltiere 443 G r u n e r - D e c k e r t , K r e b s e 444 R e i c h e n o w , E i n z e l l e r 452 Bahrdt-Scheer, S t ö c h i o m e t r i sche A u f g a b e n s a m m l u n g 468 W e r k m e i s t e r , Vermessungskunde I 469 W e r k m e i s t e r , — I I 476 T h u m - M e y s e n b u g , D i e W e r k s t o f f e des Maschinenbaus I 483 H e n g l e i n , L ö t r o h r p r o b i e r k u n d e 492 S t o l z - D e b r u n n e r , Geschichte der lateinischen Sprache 499 Niese, A u t o g e n . Schweißen 500 S i m m e i , H a u p t p r o b l e m e der Philosophie 521 M a r c a r d - B e c k , D a m p f k e s s e l I I 536 L e h m a n n , K a n t 538 R u m p f , A r c h ä o l o g i e I 539 R u m p f , II

557 N e s t l e , Griechische L i t e r a t u r geschichte I I 561 M a t t h e s , W e r k z e u g m a s c h i n e n ! 562 M a t t h e s , II 564 B e h n , K u l t u r der U r z e i t I 565 Behn, II 566 Behn, III 571 L e h m a n n , P h i l o s o p h i e des 19. J a h r h u n d e r t s I 576/576a Moser, Gesangskunst 579 M ü l l e r - S c h u l z e , T e c h n . T a b e l l e n 580/580a Sedlaczek, W a l z w e r k e 583/583a E n g e l , Maschinen der Eisenhüttenwerke 585 D e h n e r t , Verkehrswasserbau I 589 T o c h t e r m a n n , Maschinenzeichnen I 590 T o c h t e r m a n n , — I I 594 L e n g e r k e n , Insekten 597 D e h n e r t , Verkehrswasserbau I I 601 M u t s c h m a n n , E n g l . P h o n e t i k 619 B u c h w a l d , K r i s t a l l o p t i k 665 L u d i n , W a s s e r k r a f t a n l a g e n I 666/666a L u d i n , — I I 668 K n o p p , F u n k t i o n e n t h e o r i e I 677 A l t h e i m , R o m . Geschichte I I 691 Fauser, K u l t u r t e c h n . B o d e n verbesserungen I 692 Fauser, - I I 698/698a Schulze, A l l g e m e i n e und physikalische C h e m i e I I 703 K n o p p , F u n k t i o n e n t h e o r i e l l 709 L e h m a n n , Philosophie des 19. Jahrhunderts I I 711 Kesselring, Berechnung der Schaltgeräte 714/714a zur Megede, E i n f . in die T e c h n i k selbsttät. R e g e l u n g e n 715 Z i e t e m a n n , D a m p f t u r b i n e n I I 716 Z i e t e m a n n , — 111 718 N e g e r - M ü n c h , L a u b h ö l z e r 728/728a Pirani, G r a p h . D a r s t e l l u n g 735 E k w a l l , Historische neuengl. L a u t - und F o r m e n l e h r e 763/763a B e e r - M e y e r , H e b r ä i s c h e Grammatik I 764/764a B e e r - M e y e r , II 768/768a B i e b e r b a c h , E i n f ü h r u n g in die k o n f o r m e A b b i l d u n g 780 K r ä h e , G e r m . Sprachwiss. I I 781 W e i g e r t , S t i l k u n d e I I 786 Schulze, M o l e k ü l b a u 807 K r o p p , E r k e n n t n i s t h e o r i e I 809 Moser, H a r m o n i e l e h r e I 826 K o c h , P h i l o s o p h i e des M i t t e l alters

13

827 Schwaiger, E l e k t r o m o t o r i s c h e 1009 B e c h e r t - G e r t h s e n , A t o m Antriebe physik I 831 E r i s m a n n , Alig. Psychologie I 1014 H u t t e n l o c h e r , Mineral- u n d 845 L e h m a n n , Philosophie im Erzlagerstättenkunde I ersten Drittel des 20. J a h r h . 1015/1015a H u t t e n l o c h e r , - I I 847 H e r t e r , Lurche 1017 Döring, E i n f . i. d . t h e o r e t . 851/851a Moede, Psychologie des Physik V Berufs- u n d W i r t s c h a f t s l e b e n s 1020 Niese-Dlenst, E l e k t r . 857 Capelle, Grieah. Philosophie I Schweißverfahren 1031/1031 a Apel, Philosophisches 858 Capelle, II Wörterbuch 859 Capelle, - I I I 862 W e r k m e i s t e r , Vermessungs1033 B e c h e r t - G e r t h s e n , A t o m kunde III p h y s i k II 863 Capelle, Griech. Philosophie IV 1034 K r a n e f e l d t , T h e r a p e u t i s c h e 875 H o f m a n n , Gesch. d . M a t h . II Psychologie 877 K n p p p , A u f g a b e n s a m m l u n g 1035 A l t h e i m , R o m . Religionszur F u n k t i o n e n t h e o r i e I geschichte I 878 K n o p p , — II 1039 D o v i f a t , Z e i t u n g s l e h r e I 881 H u m b u r g , Gleichstrom1040 D o v i f a t , - II maschine II 1044 Tölke, T a l s p e r r e n 882 H o f m a n n , Gesch. d. M a t h . I I I 1045 S c h u b e r t , T e c h n i k des 902 Müller, D y n a m i k I Klavierspiels 9 0 3 Müller, - II 1051 /1051a Stolberg-Wernigerode, Gesch. d e r Verein. S t a a t e n 910 J a e g e r , A f r i k a I von Amerika 911 J a e g e r , — II 915 Sperber-Fleischhauer, Gesch. 1052 Altheim, R o m . Religionsgeschichte II d e r d e u t s c h e n Sprache 917/917a B ö h m , Versicherungs1.057 R o t h , T h e r m o c h e m i e m a t h e m a t i k II 1059 Hoheisel, A u f g a b e n s a m m l u n g zu den gewöhnl. u n d 920 Hoheisel, Gewöhnliche Diffepartiellen Differentialgleirentialgleichungen chungen 921 J a n t z e n - K o l b , 1061 Grodzinski, Getriebelehre I W . v. E s c h e n b a c h . Parzival 1065 Haller, Von a e n Karolingern 929 Schirmer, D t . W o r t k u n d e zu den S t a u f e r n 930 Krull, E l e m e n t a r e u n d klassi1070 S a u t e r , Differentialgleichunsche Algebra I gen der P h y s i k 931 Hasse, Höhere Algebra I 1076/1076a E n d r e s , V e r b r e n n u n g s 932 Hasse, - II motoren I 952 Schäfer, T r a n s f o r m a t o r e n 1078 Troche, S t a h l b e t o n b a u 953 Zipperer, T e c h n . Schwin1082 Hasse-Klobe, A u f g a b e n gungslehre I 961/961 a Zipperer, — II s a m m l . z u r Höheren Algebra 965 D e h n e r t , W e h r - u n d S t a u a n l . 1084 N u ß e l t , T e c h n i s c h e T h e r m o 970 Baldus-Löbell, N i c h t e u k l i d . dynamik I Geometrie 1085 L i e t z m a n n , Z e i t r e c h n u n g 972 H e r t e r , Tierphysiologie I 1086 Müller, D t . D i c h t e n u. D e n k e n 973 H e r t e r , - II 1088 Preller, Geschichte E n g l a n d s 11 978 Kleinlogel, B a u s t o f f v e r a r b . u. B a u s t e l l e n p r ü f . des B e t o n s 1092 Wickop, F e n s t e r , T ü r e n , T o r e 984 Graf, Die wichtigsten B a u 1094 Hernried, S y s t e m . M o d u l a t i o n stoffe des H o c h - u. T i e f b a u s 1096 Vietor, D t . D i c h t e n u n d Den999/999a K a m k e , Mengenlehre ken 1000 J a s p e r s , Geistige S i t u a t i o n 1099 Hoheisel, Integralgleichungen 1003 Hoheisel, Partielle Diffe1105 H ä r t u n g , D t . Geschichte im rentialgleichungen Zeitalter d e r R e f o r m a t i o n 1008 Mellerowicz, Allgemeine Be- 1108 de Boor-Wisniewski, Mitteltriebswirtschaftslehre I hochdeutsche Grammatik 14

1109 K n o p p , E l e m e n t e der F u n k tionentheorie U l i N a u m a n n - B e t z , Althochdeutsches Elementarbuch 1113/1113a S t r u b e c k e r , Differentialgeometrie I 1114 Schubel, Englische L i t e r a t u r geschichte I 1115 R a n k e , A l t n o r d . E l e m e n t a r b . 1116 Schubel, Englische L i t e r a t u r geschichte II 1117 Haller, E i n t r i t t der G e r m a n e n in die Geschichte 1121 N a u m a n n , D t . Dichten u n d Denken 1122 Feist, Sprechen u. S p r a c h pflege 1123/1123a B e c h e r t - G e r t h s e n , Atomphysik III 1124 Meissner, Englische Literaturgeschichte III 1125 L e h n e r t , Altengl. E l e m e n t a r b . 1127 H a r t m a n n , Geschlecht und G e s c h l e c h t s b e s t i m m u n g im Tier- u n d Pflanzenreich 1128 B u c h n e r , Symbiose der Tiere m i t pflanzl. Mikroorganismen 1130 Dibelius, J e s u s 1131 Scholz-Schoeneberg, E i n f ü h r u n g in die Zahlentheorie 1132 F r ü h a u f , Ü b e r s p a n n u n g e n und Überspannungsschutz 1134 K u c k u c k , P f l a n z e n z ü c h t u n g I 1135 Lehnert, Beowulf 1136 Meissner, Englische Liter a t u r g e s c h i c h t e IV 1137 Heil, Entwicklungsgeschichte des Pflanzenreichs 1138 H ä m m e r l l n g , F o r t p f l a n z u n g im Tier- u n d Pflanzenreich 1140 Unger, I n d u k t i o n s m a s c h i n e n 1141 Koller, H o r m o n e

1142 Melssner-Lehnert, S h a k e speare 1144 Gehler-Herberg, Festigkeitslehre I 1145/1145a H e r b e r g - D l m i t r o v , - II 1146 H u m b u r g , S y n c h r o n e Maschine 1147 v . W a l t e r s h a u s e n , K u n s t des Dirigierens 1148 Pepplng, Der p o l y p h o n e Satz I 1151 Nußelt, Technische T h e r m o d y n a m i k II 1152 D e h n e r t , Verkehrswasserbau I I I 1153 Mellerowicz, AUgem. Bet r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e 11 1154 Mellerowicz, — I I I 1155 S c h w a r t z , Mikrobiologie I 1156/1156a Meinke, K o m p l e x e Berechn. d e r W e c h s e l s t r o m schaltungen 1157 S c h w a r t z , Mikrobiologie II 1158 Mayrhofer, S a n s k r i t - G r a m matik 1159 J u n g b l u t h , Gießereitechnik I 1160 Dibelius-Kümmel, P a u l u s 1161 Kaestner, Spinnentiere 1162 Seidel, E n t w l c k l u n g s physiolog. der Tiere I 1163 Seidel, — II 1164/1164a Pepping, Der polyp h o n e S a t z 11 1165/1165a B e c h e r t - G e r t h s e n , A t o m p h y s i k IV 1169 Paulsen, Allgemeine Volkswirtschaftslehre I 1170 Paulsen, — II 1178/1178a K u c k u c k , Pflanzenz ü c h t u n g 11 1179/1179a S t r u b e c k e r , Different i a l g e o m e t r i e II 1180/1180a S t r u b e c k e r , — I I I

AUTORENREGISTER Adler 6 Aland 3 A l t h e i m 2, Apel 2 Bahrdt 8 Baldus 7

Bechert 7 Beck 10 Beckers 11 Beer 5 Behn 3 Berneker 5

Betz 5 Beutel 8 Bieberbach Biehle 4 Blümcke 8 Böhm 7

de Boor 4 Borchers 10 B o r k e n s t e i n 11 Brandenstein 5 Braun 8 Brauns 9 15

Bruhns 9 Buch 10 Buchner 8 Buchwald 9 Bürklen 6 Capelle 2 Chudoba 9 Dahrendorf. 2 Dannenbauer 3 Dassler 8 Debrunner 5 Deckert 9 Dehnert 11 Dibelius 2 Diels 8 Dienst 11 Dimitrov 11 Döring 7 Dovifat 5 EckertGreifendorff 5 Ehrlich 2 Ekwall 4 Ende, vom 10 Endres 11 Engel 10 Erdmann 4 Erismann 2 Fauser 9 Feist 4 Fischer, F. 10 Fischer, J . 9 Fischer, P. B. 6 Fleischhauer 4 Frühauf 10 Gehler 11 Geitler 8 Gerthsen 7 Gottschald 4 Graf 11 Grodzinski 10 Grossmann 7 Grotemeyer 6 Gruner 9 Haack 6 Hämmerling 8 Haller 3 Hannemann 9 Hartmann 8 Härtung 3 Hassak 8

Hasse 6 Haussner 6 Heil 8 Hempel 4 Henglein 9 Herberg 11 Hernried 3 Herter 9 Hessenberg 6 Hoernes 3 Hoffmann 5 Hofmann 6 Hofstätter 2 Hofstaetter 4 Hoheisel 6 Hoppe 8 Huber 8 Humburg 9, 10 Huttenlocher 9 Jacob 3 Jaeckel 9 Jaeger 5 Jahr 8 Jander 8 Jantzen 4 Jaspers 2 Jiriczek 4 Jung 2 Jungbluth 10 Kaestner 9 Kamke 6 Kesselring 10 Kirn 3 Kleffner 5 Kleinlogel 11 Klemm 7 Klobe 6 Klug 8 Kneser 6 Knopp 6 Koch 2 König 7 Körting 11 Kolb 4 Koller 8 Krähe 4 Kranefeldt 2 Kropp 2 Krug 5 Krull 6 Kuckuck 8

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Küchler 11 Kümmel 2 Kutzelnigg 8 Landmann 2 Langosch 4 Lausberg 5 Lehmann 2 Lehnert 4,5 Leisegang 2 Lengerken.von Lietzmann 3 Lockemann 7 Löbell 7 Lotze 9 Ludin 11 Ludz 2 Lüdemann 8 Mahler 7 Marcard 10 Matthes 10 Mattick 8 Mayrhofer 5 Megede, zur 10 Meinke 10 Meissner 5 Mellerowicz 5 Meyer 5 Meysenbug 10 Moede 2 Mohr 9 Moser 3 Müller G. 4 Müller W. 10 Münch 8 Mutschmann 5 Naumann 4 Neger 8 Nestle 5 Niese 11 Nußelt 11 Oehlmann 3 Paulsen 5 Pepping 3 Pirani 9 Preller 4 Ramdohr 9 Ranke 4 Reichenow 9 Ringleb 6 Rohrbach 6 Roth 8

Rumpf 3 Runge 9 Sauter 7 Schäfer 10 Scharrer 9 Scheer 8 Schilling 2 Schirmer 4 Schlenk 7 Schmidt 11 Schoeneberg 6 Scholz 6 Schubel 5 Schubert 3 Schulze, E. 10 Schulze, W. 7 Schwaiger 10 Schwartz 8 Sedlaczek 10 Seidel 8 Simmel 2 Sperber 4 Spree 4 Stolberg-Wernigerode, zu 4 Stolz 5 Strubecker 7 Tafel 11 Teichmann 11 T h u m 10 Tochtermann 10 Tölke 11 Treue 3 Troche 11 Unger 10 Valentiner 7 Vasmer 5 Vietor 4 Vogel 9 Vossler 5 Waltershausen, von 3 Weden 4 Weigert 3 Weimer 2 Werkmeister 7 Wickop 11 Wiese, von 2 Wisniewski 4 Zietemann 10 Zipperer 10