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German Pages 61 [108] Year 1875
Des Geistes Pilgerfahrt.
Inhalt. Seite
Auf auf!! .
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Der Oluf wird gehört ES kommen Viele
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Die Fröhlichen
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Die Suchenden...................................................................................
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Fahr' wohl!....................................................................................................Wanderstab
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Die Trauernden........................................
Sie erkennen sich .
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Aufbruchsmorgen.......
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Erster Schritt....................................................................................
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Sie wandern Der Führer .
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Sturm und Sonnenschein.
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Oer Wanderer Unfen. Der Klageruf...................................................................................................................37 Der Freihcitsruf....................................................................................................... 40 Der Siegesruf
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Oer Wanderer Fernblicke. Auf den Wald............................ Auf den Strom
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Teite Auf daö Aebrenfeld ........................................ . . . . 51 Auf das Meer . ... ...................... 52 Auf den Felsen........................... 54
Ser Wanderer Gespräche. Lassen und halten................................................................... .59 Leben und weben ..................................................... 51 Vergessen ... ................................................. .63 Gedenken............................................................. . . - 65 Gleich-gültig................................................................................... 67
Ser Wanderer Geleit. Der Geist des Paulus................................... Der Geist des Petrus . ............................... Der Geist des Johannes....................... • .
.71 74 . . 76
Ser Wanderer stille öetrachtung. DaS Ziel ist nahe................................................................................. 83 Knechtschaft und Freibeit........................... «. • 86 Tuchen und Finden.......................... ... - 88
Ser Wanderer Ankunst. In der Vorhalle ....................................... 93 Am Altar............................................ 95 An der Krippe........................................ ...................... . . 97 Am Kreuz ... ........................................ . . 98 Der Pilgerfahrt Ziel ............................... . • 101 Zurück.......................... • • . 103 SkeueS Leben . .................. ...................... 107
Auf auf!!
träumend einst hab' ich erklommen Die Höh', die dem Aug' sich entrückt, Wo in freudigem Schauern und Beben
Der Geist seine Heimath erblickt! Und da sah ich hieniedcn sie wandern Die Pilger durch Doruen und Sand,
Die da suchten den heiligen Boden, Wo das Ewige stehet und stand.
Und ich fühlte mich ihnen verbunden
Zu starkem und festem Vertrau'n, Nm so in Gemeinschaft mit Brüdern
Das Land der Verheißung zu schau'n. Zu schau'n — nicht wie müßige Waller, Die gebunden durch Zeit und durch Ort,
Zu schau'n — nicht wie Priester und Laien,
2 Die geknechtet durch Bild und durch Wort. Und der Weg — nicht die Syrische Wüste, Und das Ziel — nicht Kreuz und nicht Grab,
Und der Zweck — nicht Erlösung von Sünden, Und die Stütze — kein brechender Stab. Und dennoch ein Suchen und Finden, Ein Suchen, das wurde zur Kraft, Ein Finden, das wurde zum Willen,
Der geistige Pilgerfahrt schafft. Der Stunde mit Stunde verknüpfet,
Um zu bilden die heilige Schaar, Die das Herz mit dem Einen erfüllet
Das sein wird, das ist und das war. Auf auf denn! so klang mir's im Herzen, Auf auf! und verlasset das Thal! Laßt steigen uns auf zu den Bergen,
Wo uns grüßet der sonnige Strahl!
Wo der Geist, der nrew'ge, «reine, Laut mahnt, bis der Mensch ihm vertraut, Bis der Taube erwachet — und höret, Bis der Blinde ihm folget — und schaut.
Und als ich, dem Traum mich entraffend,
Zur Wirklichkeit wieder erstand, Da hab' ich das Schauen und Mahnen In irdische Worte gebannt. Doch der Bann — bald wird er sich lösen,
Denn das Wort ist nur här'nes Gewand,
3 Mit dem sich die Pilger umgürten, Wenn sie suchen das heilige Land. Und Viele schon haben's gesprochen, Und Viele gesucht und geahnt, Und die werden's als Weckruf erkennen, Der zu geistiger Pilgerfahrt mahnt.
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Der Uns wirb gehurt.
es gewöhnt sich nicht mein Geist hieher!" läßt der Dichter jene Jungfrau sagen, Die an den fernen, fremden Strand getragen, Nach Griechenland zurilckschaut, sehnsuchlsschwer, Was ihr auch ward an Gütern und an Ehren, Ein tief Genügen konnt' ihr's nicht gewähren.
Die Jungfrau ist der Mensch!----- Hineingestellt In dieses Erdenlebens engen Nahmen Umschwirrt von Bildern, Tönen, Zeichen, Namen, Fühlt er ein Fremdling sich, in fremder WeltEs zieht ihn fort zum Reich des Ewig-Schönen, Sein Geist kann nimmer sich hieher gewöhnen Er denkt der Sage von der Blume blau, Die auf deS Berges kahlem Hang geboren, Dem, der sie Pflückt, aufschließt mit gold'nen Thoren
5 Des Berges schatzerfüllten Wunderbau!
Und zu den Höhen aufwärts muß er sehen, Der blauen Blume Blühen zu erspähen.
Wird er sie schaun?? O sel'ger Augenblick
Wenn er erklommen hat die steile Höhe,
Bon da er auf des Lebens Lust und Wehe Herniederschaut mit freigeword'nem Blick,
Um mit der blauen Blüth' — er nennt sie Beten —
Des tiefsten Innern Hallen zu betreten.
Hier liegen Schätze, strahlend hell und schön,
Die nie verglüh'», vermodern und verblassen,
Die ewig schaun er kann und ewig fassen, Und was er ahnt und sucht — hier kann er's sehn.
Hier kann mit freien, vollen, tiefen Zügen
Einsaugen er ein seliges Genügen.
Denn hier umgiebt ihn süße Heimathluft,
Hier hat des Vaters Grüßen er vernommen, Hier ward ihm klar, von wannen er gekommen, Und auch wohin ihn Gottes Stimme ruft! Hier kann die Erd' dem Himmel sich versöhnen, Und hie her freudig sich sein Geist gewöhnen.
Drum suche Mcnschenherz, den Weg hinauf!
Und hast nach manchen wanderömüden Stunden
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Die stille blaue Blume du gefunden, Und schließt der Freiheit heil'gen Dom sie aus, Dann sollst du nur nach seinen Schätzen fragen, Um froh hinein ins Leben sie zu tragen.
Es kommen Diele.
fAJjzerbunben sind Biele auf Erden, /rflP Durch Namen sind Biele vereint,
Sie nennen sich Bruder und Schwester, Und Gatte, und Gattin, nnd Freund. Sie tauschen Worte um Worte,
Und Kuß und Händedruck au9, Sie sehen einander ins Anise
Und theilen den Tisch nnd das Hans; Sie leben so eng bei einander
Durch nichts getrennt, noch gehemmt, Und sind doch ini Geiste geschieden, Im Geiste sich ferne nnd fremd.
Getrennt sind Biele auf Erden Durch Namen, durch Raum, und durch Zeit,
Der Eine denket vom Andern:
8 Wie ist er so fern doch und weit! Sie reichen sich nimmer die Hände, Sie tauschen nicht Blick und nicht Wort,
Sie stehen, vom Schicksal gehalten, Hier Einer, der Andere dort.
Der Lebensstrom rauscht zwischen Beiden, Kein Steg und kein Nachen erscheint, Und doch sind im Geist sie verbunden, Im Geiste auf ewig vereint.
Was soll euch nun Ferne, was Nähe'? Was Trennung, waS Einigung sein'? Was soll als „Verloren" euch schmerzen'?
Und was als „Gefunden" euch freun? O wißt, nur ein Lieben auf Erden
Hat Weihe, und Kraft, und Bestand,
Das frei von irdischem Wünschen, Im Geiste gegründet sich fand. Laßt rauschen die trennenden Wogen,
Die irdischen Mauern laßt stehn, Es giebt einen heiligen Bogen Herüber — hinüber zu gehn.
Er wölbt über Berge und Ströme Sich hin, über Alter und Stand,
Er suchet nicht irdische Namen,
Braucht Wort nicht, noch Blicke, noch Hand
- 9 Denn droben — inmitten des Bogens, Da steht eine heil'ge Gestalt, Die hält — was in ihr sich verbunden — Mit stiller, doch ewiger Gewalt. Und was auf Erden geschieden, Gehalten von Fesseln des Scheins, Das fügt sie auf ewig zusammen, Und spricht: „In mir seid ihr Eins!!"
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Die Fröhlichen. Auf'ö Leben sei, nicht auf den Tod bedacht. Der Rath gewußt, als er dich hergebracht, Hat Math*genug, dich weiter auch pt führen.
st sprechen sie: „Verschließe Herz und Augen, „Du sollst nicht Honig auö der Blüthe saugen, „Die dir am Baum des Lebend glüht und lacht! „Du sollst mit jedem neuen Athemzuge „Bedenken, daß der Tag vergeht im Fluge, „Und daß der Tod daran hält ernste Wacht!" Sie sagen: „Nur dem Tode dient das Leben! „Der Tod allein kann ihm die Weihe geben, „Nur Todessehnsucht füll' des Christen Brust'" Ich aber denke: Dieses Leben schauen Als Gottesgabe, der ich froh vertrauen, Die treu ich nützen kann, in Leid und Lust, Das muß die Botschaft sein, die Jeder kennet, Der Gott mit Freuden Herr und Vater nennet.
11 Und als sein Mahnwort'S höret, Tag und Nacht,
„Aus's Leben sei, nicht auf den Tod bedacht!"
Da sprechen sie: „Was ist's auch nm die Freude? „Was soll die Lust? Im harnen Büßerkleide „Das Haupt gesenkt, daß nichts den Blick besticht,
„So soll der Mensch durch diese Jammerhöhle
„DeS Lebens tragen seine arme Seele, „BiS das Gefängniß seines LeibeS bricht!" Sie sagen: „Fühlst du nicht den Boden wanken „Auf dem du stehst? was sollen die Gedanken?
„WaS daS: Woher? Wohin der Weg und Lauf?"
Ich aber denke: Menschenantlitz leuchte! Ob Lippe lächle, ob der Blick sich feuchte,
Doch präg' der Kindschast Siegel sich dir auf! Dem Fragen freilich darfst du nimmer wehren,
Doch muß dein Herz dich stets die Antwort lehren: „Der hat „Woher" und auch „Wohin" bedacht,
„Der Rath gewußt, als er dich hergebracht!"
Da sprechen sie von einem Zaubergarten, In dem der Menschenseele Engel warten,
Um sie zu führen zu des Lammes Thron! Sie sprechen bald von Höll' und Fegefeuer, Und bald von Paradieses Einzugsfeier,
Als von der Sünde und der Tugend Lohn.
Sie sagen: „Dieser Glaub' heißt seelges Sterben,
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„Und daran zweifeln: ewiges Verderben, „Durch Tod wird Himmel oder Höll' erreicht!" Ich aber denke: Glauben heißt: Nicht wissen! Heißt: froh und freudig eS bekennen müssen, Daß über's Grab hinaus kein Auge reicht! Daß du nicht sehn, und wissen willst, was kommt, Weil du das Eine weißt, — daß es dir frommt! Denn Er, dess' Vaterhände dich berühren, „Hat Rath genug, dich weiter auch zu führen!"
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Die Trauernden.
' er bist du Gast?
Mit deinen fremden Zügen, Mit deinem ernsten kalten Blick? Dein Schritt, er macht den Quell der Lust versiegen, Sag' warum bist du aus der Gruft gestiegen, Und bleibst allein bei mir zurück?
Ich schau' dich an und frag' mit scheuer Hast:
Wer bist du Gast? Du bist der Schmerz!
Die Nacht hat dich geboren, Und Thränen haben dich gesäugt! Die Sterne haben ihren Glanz verloren,
Und Blum' und Blüthen haben sich verschworen,
Daß keine Duft und Farbe zeigt! Schwarz rings umher — und daran fühlts mein Herz:
Du bist der Schmerz!
14 Nun grüß' dich Gott! Wohl hab' ich nicht gerufen, Hab' deines Kommens jetzt mich nicht versehn, Hab' nicht gesucht was deine Hände schufen,
Doch wenn du nahest meines Hauses Stufen,
Soll mein Willkommen dir entgegengehn!
Tritt ein, und sei geschützt vor Hohn und Spott — Es grüß' dich Gott!
Du kommst von ihm!
Er hat dich mir gesendet,
Ein Bote bist du seiner ew'gen Huld!
In dir auch hat er sich mir zugewendet,
Dess' Vatergüte nimmer wankt und endet, Ob ich auch irrend häufe Schuld auf Schuld!
Nimm denn mein Herz, brich seinen Ungestüm,
Du kommst von ihm! Und dann zu dir,
Der auch das Kreuz getragen! Leg' auf's gebroch'ne Herz die Segenshand!
„Simon Johanna" — hör' ich leis dich fragen — „Hast du mich lieb?" O lass' in Schmerzenstagen
Mich zeigen, daß mein Geist dein Wort verstand; Und daß im Tragen auch, du Meister mir! Ich komm' zu dir!!
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Die Suchenden.
ie Freiheit wollte er suchen ^Und zog gen West und gen Süd, Wo nicht Thron und nicht Krone zu finden, Und kein Herrscherftab golden erglüht. Und er fand wohl das Land und die Menschen, Da kein Fürst und kein König gebeut, Doch die Freiheit, die göttlich geborene, Die schien ihm so weit, ach so weit! —
Und die Wahrheit wollte er suchen, Und trat hinein in den Dom, Zu lauschen des Priesters Gebeten, Und der Rode feurigem Strom! Und er hörte vom Blute des Lammes, Das uns heilet von Sünde und Noth, Doch der Wahrheit hell strahlende Flamme, Die sah er erloschen und todt. —
IG Und er ging die Gerechtigkeit suchen
Er hatte von Männern gehört, Die Vergeltung zn üben beschlossen, Weil hoch sie die Ordnung verehrt!
Und nun sah er dort Gutes und VöseS Gemessen, gewogen, gezählt,
Doch der ew'gen Gerechtigkeit Odem Hat nicht Maas und nicht Rechnung beseelt. —
Nun wollte die Liebe er suchen,
Und sah, daß ein KreiS sich ihr weiht,
Dess' Glieder sich alle erwählet Die Loosung: Barmherzigkeit!
Und er fand wohl, wie Armer und Kranker Zu warten, man gründlich bespricht,
Doch die Lieb', die in Allen sieht Brüder, Und Kinder des Ewigen — nicht!! —
Da erklingt die vergessene Kunde, Die einst er als Kind schon gehört, Von der Wahrheit, die Leben geworden, Von der Lieb', die im Tod sich bewährt!
Von der Freiheit, die dornennmkränzet, Und gebückt unterm Kreuze er schaut, Vom Geist, der dem Sinken deS Bösen,
Und dem Siege des Guten vertraut.
17 Und nun weiß er, was lang' lhm gefehlet, Und was lang' er vergeblich gesucht, Und nun bei dem Einen gefunden, Der verspottet, verhöhnt und verflucht; Und er fühlt, wie sein Herz sich gewendet, ,.Mcin Meister!" jubelt es laut, Und da ist er ein Kind wieder worden, Das den Frieden des Gottesrcichs schaut.
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Sie erkennen sich.
t/VTfr* roei Zeichen, einfach, klein und schlicht,
Durchbrechen leis der Erde Treiben,
Und deuten, waS der Meister spricht, Hört ihr es nicht?
„Ihr sollet Brüder sein, und Kinder bleiben!" Zwei Zeichen! — Nicht gelehrter Schwall
Kann ein Verstehn der Mahnung bringen, In jeder Menschenstimme Schall, Allüberall -
Soll dieser Zeichen heil'ger Ton erklingen.
„Seid Brüder!" Brüder sagen „Du", Sie reichen liebend sich die Hände,
Und schauen heiter lächelnd zn,
Wie in dem Dn
DeS Ich's begehrlich Wünschen nimmt ein Ende!
19 „Bleibt Kinder!" Kinder fngnt „Du", Sie wissen nichts von Stand und Namen, Was wir verlernten, lehrt im Nu,
Ihr süßes Du, —
Daß wir auf eines BatcrS Nnfcn kamen. Zwei Zeichen!! Ihr, die ihr es wißt,
Daß sie im „Du" daS Werk bezeichnen, Für das der Meister 'storben ist
Am Schandgerüst, Könnt ihr dies Wissen dennoch stets verleugnen?
Nein zeuget! Zeugen sollt ihr sein! Für den, dess' Leben euch gesegnet!
Drum nennt, — nicht mit deS Wortes Schein —
Nein, klar und rein,
In Wahrheit Du — daS Herz, daS euch begegnet. In Wahrheit!! Jedes Angesicht Lehr' euch daS falsche Ich versenken Im süßen Dn! wenn'S dann auch nicht Die Lippe spricht, —
ES lebt!! denn ihr könnt'S fühlen, schaun und denken!
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Fahr' wähl.
Inschest gar so Bicles und sehnest es herbei, hoffest das; Erfüllung im Rathschluß Gottes ses. Bald nennst du's Amt und Ehre, weil das ein würdig Gut,
Bald Freundschaft und bald Liebe, weil's wohl dem Herzen thut, Bald hast du ausgefunden, dein höchstes Glück sei Gold,
Und wünschest, ringst nnd flehest, daß dir's cntgegenrollt Bald wünsch'st im blut'gen Kampfe du Ruhm und SiegeSpreis. Und bald für deine Locken des Lorbeers grünes Reis. Bald wünschest Anerkennung der Mit- und Nachwelt du,
Und bald von Krankheitsschmerzen Genesung dir und Ruh! Und allem diesem Wünschen, das durch den Sinn dir geht,
Giebst in Gedank' und Worten du Ausdruck im Gebet! Gott soll das Alles hören, und stets voll Gütigkeit
Zn geben und zu nehmen, wie du willst, sein bereit. Und nur zu einem Wünschen dn nimmer Zelt gewannst,
DaS du zu allen Stunden dir selbst erfüllen kannst!
21 DaS du nur stark erfassen, nur innig denken mußt,
Nur fest und Iren verschließen in deine eigne Brust — Daß dort eS sei und bleibe dein eigen, dein allein,
Es ist das heiße Wünschen, Kind GotteS ganz zu fein. Zu bleiben ihm verbunden aus eigner, freier Wahl,
Wie Meer und Wassertropfen, wie Sonn'und Sonnenstrahl —
Wie Baum und VaumeSblüthe, so gestern, morgen, heut',
BiS aus dchm W ollen wurde Ak a ch t und Nothwendigkeit.
BiS eS ein ew'geS Kvnnen, ein heil'ges V! ü ssen ist, Und bis des Jch's Berlangen in Gott sich ganz vergißt,
In Gott sich ganz verlieret, und doch in Gott besteht, So daß ,,dein Will' geschehe" alleinzigeS Gebet.
Herz! willst du nicht erfahren, wie wohl solch' Wünschen thut, Und wie, von ihm durchfluthet, es still, in Frieden ruht?
Willst du dahin nicht geben, mit freudigern „Fahr' wohl"!
WaS einst als Schatz du ehrtest, und waS nun leer und hohl? Willst du die Hand nicht fassen, die treue Freundeshand, Die das Verlorne suchet und das Verirrte fand?
Still winkend, ziehend, führend, so saust und doch so ernst, BiS du den W u n s ch v e r stehe n und selbst crfiillen lernst? ?
22
Wanbcrflab.
bin der Weg, die Wahrheit und das Leben! ^>S^llnb nur durch mich könnt ihr zum Bater kommen!" Das große Wort, das Alle ihr vernommen, Habt ihr die rechte Deutung ihm gegeben? „Ich bin der Weg, Ute Wahrheit und das Leben!" ,,Ich bin der Weg!" Geht ihr, wo er gegangen? Wählt ihr das Kreuz, wählt ihr die Dornenkrone? Gebt ihr bewußt euch hin, dem Spott, dem Hohne? Der hohen Sendung treu, die ihr empfangen? „Ich bin der Weg!" Geht ihr, wo er gegangen?
„Ich bin die Wahrheit!" Habt ihr das bezeuget, Als Schein und Heuchelei, als Wahn und Lüge Gelangt zu ird'scher Macht, zu irdischem Siege? Bor deren Thron sich Stolz und Ehrsucht beuget? „Ich bin die Wahrheit!" Habt ihr daö bezeuget?
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23
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„Ich bin das Leben!" Habt ihr das erkoren Zum Schild, da ihr das Gute sahet sterben? Habt ihr's gewußt: Ein ewig Leben erben Muß Alles, was aus Gott, zu Gott geboren? „Ich bin das Leben!" habt ihr das erkoren?
„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!" Der Meister sprach's, so laßt auch uns es sprechen, Das Irdische mag fallen, sinken, brechen, Mit Kraft und Muth wird's unser Herz durchbeben: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!'
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Aufbruchsmorgen.
n 1ttn g 6m or g c n! heilge Gottesstimme! Ernster Mahnruf an deS Menschen Herz! Daß es muthig wieder aufwärts klimme AuS des Lebens Sünde, Noth und Schmerz! Daß es von sich werfe das Gemeine, Das die Welt mit ihren Kronen ziert, freudig schauend auf das Ewig-Eine, Das, vom Hauch der Sünde unberührt, Bor uns steht in wunderbarer Klarheit, Auf den Geist der Liebe und der Wahrheit! So nn tags morgen! zieh' auch unsre Seelen Zn dem Heiligthum des Geistes hin! Daß auf's Neue wir und ihm vermählen, In deS Wortes tiefstem, schönstem Sinn' Daß mit freiem frendigem Entschlüsse
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25
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Wir ihm folgen, treu nnd unbeirrt, Und, gestärkt von seinem Weihekusse, Unser Herz ein Tempel Gottes wird, Ja, ein Tempel, dranS mit Zorn und Eifer Wir verbannen Wechsler und Verkäufer.
SonntagSmorgen! wecke unsre Geister Ans dem Traume ird'scher Eitelkeit! Lass' und schauen unsern Herrn und Meister, Mach' zu seinem Wort uns hörbereit! Lass' uns fühlen, wie auch uns gegeben Jene ewig freie GotteSkraft, Die, so wir eS wollen, hier im Leben Gottes Willen durch uns wirkt und schafft! Das; wir's wollen, wie wir eS vermögen, Sonntagsmorgen, gieb uns deinen Segen!
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Erster Schritt.
Wv.«' t rückwärts schau'! Vorüber ist vorüber, hin ist hin, geschehen ist geschehn!
'Kein lebenswarmer Odem zieht herüber
Bon jenem Einst, das sterben du gesehn! Die Phantasie umhüllt's mit duft'gem Schleier, Webt bald ein Blüthen- bald ein Dormenkleid,
Und hält für seine Anferstehungsfeier
Geschäftig Farbe, Klang und Ton bereit.
Was soll der Schmuck? Für offne Geistesaugen Mag wohl der Tod — doch nie die Mumie taugen.
Nicht vorwärts schau'! Das Warten, Sehnen, Sorgen Umflort den Blick, verwirret Herz und Sinn;
Eh' du es ahnest, kommt und flieht „das Morgen" Und wird zum Gestern, daö ans ewig hin!
Mit tausend Augen strebst du'ö zn erschauen,
27 Mit tausend Armen willst du's zu dir ziehn, Auf das, waS werden soll, setzst du Vertrauen, Und das, was ist, läßt ungenützt du fliehn!
Fliehn zu dem Schattenreich, dem öden, leeren, Bei dem kein Wandeln und lein Wiederkehren. Nur auswärts schau! Ein Himmelsbote werde
Dir Alles, waS daö Leben giebt und nimmt! Nur deinen Fuß berühr' der Staub der Erde, Dem Auge sei des HimmelS Blau bestimmt. Von ihm gestärkt, hörst du der Stürme Toben,
Fühlst du den Stein, auf den die Sohle tritt,
Doch nimmst du volle, reiche Kraft von oben, Um — leis und sicher reihend Schritt an Schritt —
Dem gegenwärt'gen Augenblick zu zeigen Daß du es weißt: Nur er ist ganz dein eigen! Nur er ist dein! Ihm mußt du anvertrauen
Das Saatkorn deiner Lieb' und Geisteskraft! Das Gute wollen, an den» Guten bauen Das sei des Christen heil'ge Meisterschaft!
Nicht an des Wissens Macht ist sie gebunden, Nicht an der Zeiten Woge, Sturm und Drang, Nein, jede der enteilenden Sekunden
Bezeuge, daß der kühne Wurf gelang!
Der Wurf: deö Augenblickes flücht'ges Leben Durch deine That zur Ewigkeit erheben.
28
Sie wandern.
kommen und geben ’ ^^^Das nkidjtigp Weltenrad
In rastlos ewigem Drehen Gebracht und genommen sie bat CS haben Herzen gcglühet, Cö haben Geister gestrebt,
Es haben Wangen geblühet, Es haben Lippen gebebt.
Es haben sich Hände verschlungen, Es haben sich Seelen vereint,
Es haben Menschen gerungen,
Und Menschen gejauchzt und geweint.
Sie haben vor Wonne trunken Ans menschliche Giroße geschaut,
Und mit den Menschen versunken 3ft, was sic gelenkt und gebaut.
Und wird so Alles begraben?
29 Und wird so Alles verscharrt? Ist all' unser Wollen und Haben Mit Tod und Verwesung gepaart?'? Ta steht in cwißcin Vcbcii
il