Der Widerruf im Arbeitsrecht [1 ed.] 9783428491131, 9783428091133

Das Thema der Untersuchung ist eigentlich nicht neu. Generationen von Juristen haben sich mit ihm auseinandergesetzt. Au

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German Pages 348 Year 1998

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Der Widerruf im Arbeitsrecht [1 ed.]
 9783428491131, 9783428091133

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ANDREA KRÄMER

Der Widerrruf im Arbeitsrecht

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 160

Der Widerruf im Arbeitsrecht Von Andrea Krämer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Krämer, Andrea: Der Widerruf im Arbeitsrecht I von Andrea Krämer. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht ; Bd. 160) Zugl.: Erlangen, Nümberg, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-09113-2

Alle Rechte vorbehalten

© 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Gennany ISSN 0582-0227 ISBN 3-428-09113-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

9

Vorwort Auf diesem Wege möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mit Rat und Tat, Kritik und Diskussionen zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben, inbesondere bei meinen Freunden, meiner Familie und den Mitarbeitern des Lehrstuhls für Arbeits- und Wirtschaftsrecht an der FriedrichAlexander-Universität Erlangen-Nümberg. Nicht unerwähnt bleiben soll dabei auch die großzügige finanzielle Unterstützung durch Stipendien der Friedrich-Alexander-Universität ErlangenNümberg und der Fritz-Nüchterlein-Stiftung, Nümberg. Besonderer Dank gilt an dieser Stelle Prof. Dr. Wolfgang Blomeyer, der als ,,Doktorvater" diese Arbeit von der Themensuche bis zu ihrer Veröffentlichung betreut und unterstützt hat. Schwanstetten, im Oktober 1995

Andrea Krämer

Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel

Elnfiihnmg in die Problemstellung

21

§ 1 Einleitung...................................................................................................

21

§ 2 Der Widerruf als Ändenmgsinstrument .... ........... ...... .................. ...... .........

26

I. Der Widerrufals Regelungsgegenstand der Gesetzgebung....................

26

II. Die Erscheinungsformen des Widerrufs im Arbeitsrecht: vorbehaltene oder vorbehaltlose Vertragsanpassung .................................................

27

ill. Der Widerruf im Spannungsfeld zwischen tragenden Grundsätzen des Zivilrechts und arbeitsrechtlichen Interessenkonflikten...... .. ...... ... .......

30

§ 3 Die flexible Gestaltung des Dauerschuldverbältnisses... ................. .............

31

I. Das Dauerschuldverhältnis als Regelungsproblem ...............................

31

II. Das Vertragsrisiko als Regelungsproblem.............................................

34

l. Das Vertragsrisiko im Arbeitsrecht...............................................

35

2. Die Bedeutung des Richters bei der Risikoverteilung........... ....... ..

36

3. Risikoverteilung und -kontrolle im Arbeitsrecht...........................

38

ill. Die Vertragsanpassung als Regelungsproblem.......................................

39

§ 4 Zusammenfassung ......................................................................................

42

2. Kapitel

Der Widerruf als arbeltsrechtllches Änderungsinstrument

45

§ 5 Rechtsgrundlage und Vertragsanpassung.....................................................

46

I. Die Bedeutung fiir das Ändenmgsinstrument . ......... ........... ........ ... ...... .

46

II. Die Bedeutung fiir die Kontrolle der Ändenmg....................................

49

8

Jnhaltsverzeidmis

m. Die Problemstellung im betriebsratslosen Betrieb ...............................

51

IV. Die Bedeutung fiir die Richtigkeitsgewähr einer vertraglichen Regelung.....................................................................................................

52

V. Das Sonderproblem bei der Betrieblichen Übung........................ .........

52

§ 6 Der Vertragsgegenstand als mögliches Änderungskriterium .............. ..........

53

I. Die rechtliche Einordnung der abzuändernden Leistungspflicht und ihre Bedeutung fiir die Vertragsanpassung...... ...................... .. ... ... ... .. ......

54

I. Das Synallagma im Arbeitsvertrag ...... ........... .... .... .. ......... . .. ...... ..

54

2. Das Äquivalenz- und Ordnungsgefiige ..........................................

56

3. Haupt- und Nebenleistungspflichten .............................................

51

ll. Der Begriff des Arbeitsentgelts............................................................

59

ill. Der Begriff der Sozialleistung.................................. .. .............. .... .. ......

60

IV. Die Besonderheiten bei der betrieblichen Altersversorgung ... ... ..... ......

64

1. Die Bedeutung fiir das Arbeitsverhältnis.......................................

64

2. Die Entstehung eines Ruhegeldanspruches......................... ...........

65

3. Die diskutierten Fallgruppen des Zeitrisikos in der betrieblichen Altersversorgung ..........................................................................

67

4. Die Ruhegeldzusage als Teil der Gegenleistung des Arbeitgebers..

67

5. Der betroffene Personenkreis als Regelungsproblem.....................

69

6. Der Einfluß des Steuerrechts innerhalb der betrieblichen Altersversorgung....................................................................................

70

7. Der Insolvenzschutz.....................................................................

72

8. Der Regelungszusammenhang zwischen betrieblicher Altersversorgung und anderen Entgeltleistungen des Arbeitgebers ... ...... .....

73

§ 7 Die Änderungsinstrumente Wld ihre Bedeutung fiir den Widerruf.... ...........

73

I. Einseitige oder einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen ....

74

l. Einvernehmliche Änderungen. ......................................................

74

a) Nachträgliche Ändef\Dlgen eines bestehenden Arbeitsvertrages........................................................................................

74

b) Antizipierte Vertragsänderungen ...........................................

76

2. Einseitige Änderungen ..................... ....... ..... ................... ... ...... ... .

78

ll. Die Möglichkeiten der vorbehaltlosen ÄndefWlg im einzelnen . ...... .....

79

I. Die Ändef\Dlgskündigung ...... .... ... ....... .............. ..... .. ... ...... ...... .....

79

Inhaltsverzeidmis

a) Voraussetzungen Wld ProblemstellWlg .................................. b) Die Kürzung der Gegenleist\Ulg durch ÄnderWlgskündigwg.. c) ÄnderWlgskündigwg und Widerruf....................................... aa) Der RegelWlgszusammenhang zwischen ÄnderWlgskündigwg Wld vorbehaltenem Widerruf......................... bb) Der RegelWlgszusammenhang zwischen ÄnderWlgskündigwg Wld vorbehaltlosem Widerruf........................ d) Die Wert\Ulgen des Kündigungsschutzgesetzes im Hinblick auf die VertragsanpassWlg ......... ............................................ e) Die ÄnderWlgskündigung Wld ihre Akzeptanz in der arbeitsrechtlichen Praxis .. ....... ..... ........ ..... ... ..... ... .. ....... ..... .... ..... .... 2. Die Teilkündigwg........................................................................ a) Die Ansicht der herrschenden MeinWlg................................. b) Die gegenteilige Ansicht von Wank Wld Stahlhacke/Preis ..... c) Der RegelWlgszusammenhang zwischen Teilkündigwg Wld Widerruf...............................................................................

9

79 81 82 83 84 85 88 91 91 92 93

3. Die Berufimg auf den Wegfall der GeschäftsgrWldlage.................. 95 a) Überblick über AnwendWlgsbereiche Wld ProblemstellWlgen 95 b) Der Wegfall der GeschäftsgrWldlage bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners .. ......... ............ ........ .. .... ...... . 98 c) Das Verhältnis zwischen Wegfall der Geschäftsgrundlage Wld ÄnderWlgskündigung...................................................... 99 aa) Wegfall der GeschäftsgrWldlage Wld außerordentliche Kündigung . .. ...................... ... .. ....... ........... .. ..... ... ....... ... . 100 bb) Wegfall der GeschäftsgrWldlage Wld außerordentliche ÄnderWlgskündigwg...................................................... 103 cc) Wegfall der GeschäftsgrWldlage Wld ordentliche ÄnderWlgskündigwg.............................................................. 105 d) Wegfall der Geschäftsgrlmdlage Wld rückwirkende Eingriffe . 105 e) GestaltWlgsrecht oder von Amts wegen zu priifende EinwendWlg ..................................................................................... 108 4. Ergänzende Vertragsauslegwg ..................................................... 109 5. Unzulässige RechtsausübWlg............... ........................... ... ........... 112 a) Die Kürzung der Gegenleist\Ulg Wlter Berufimg auf WlZUlässige RechtsausübWlg während des bestehenden Arbeitsverhältnisses .. ... .... .................... ....... ............ .. ......... ..... ... ..... ...... 113

b) Die Kürzung der Gegenleist\Ulg nach Beendigwg des Arbeitsverhältnisses .............. .... ...... .... ...... ........ ......... ... ...... ...... 115 c) Die verbleibenden Fallgruppen fur eine Entgeltkürzung......... 116 d) Die GeltendmachWlg der WlZUlässigen RechtsausübWlg durch den Arbeitgeber........................................................... 117

10

Jnhahsverzeidmis

ill. Die Möglichkeiten der vorbehaltenen Vertragsändenmg im einzelnen . 117 1. Die Befristtm.g von Arbeitsbedingungen........................................ 118 2. Die Kürzung einer Anwesenheitsprämie ... .. ........... .......... .. ........... 120 3. Rückzahbmgs- \Dld Stichtagsklauseln ........................................... 122 a) ProblemsteU\Dlg \Dld Rechtsprech\Dlgsentwickl\Dlg................ 123 b) Die Bedeutung der jüngsten Entscheid\Dlgen des BAG fiir den Widerrufsvorbehalt in der betrieblichen Altersversorgung ...................................................................................... 126 4. Anrechn\Dlg von Tarißohnerhöh\Dlgen aufübertarifliche Zulagen.. 128 5. Die betriebsverfass\Dlgsrechtlichen Kompetenzvorbebake ............ 130

§ 8 Zusammenfass\Dlg...................................................... ................................ 131 I. Allgemeines .. ...... ........ ... ........... ........... ... ... .... ... ............ ......... .. ......... .. 131 ll. Der vorbehaltlose Widerruf............ ........................................ ............. 132

ill. Der Widerrufsvorbehalt....................................................................... 133

3. Kapitel

Der Widerruf in der Recbtsprechungsentwiddung

135

§ 9 Der Widerrufvon Teilen der Gegenleist\m.g (ohne BetrAVG) ..................... 135 I. Die Rechtsprech\Dlg des ersten \Dld dritten Senates des BAG............... 135 Il. Die Rechtsprech\Dlg des fiinften Senates des BAG ............................... 137

m. Analyse der dargestellten Entscheid\Dlgen .. .. .. .. .. .... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .

140

§ 10 Die Ändenmg von Arbeitszeit Wld Arbeitsleist\m.g...................................... 144 I. Die AbgrellZWlg zur Weis\Dlg: Vertragsimmanentes Leist\m.gsbestimm\Dlgsrecht oder Vertragsändenmgstatbestand..................................... 145 ll. Die Umgeh\Dlg des Kündigungsschutzes durch Ändenmgsvorbebalte... 147 l. Die EntscheidWlg des siebten Senates aus dem Jahr 1984............. 147

2. Die EntscheidWlg des sechsten Senates aus dem Jahr 1988........... 151 3. Folgenmgen fiir den Widerrufsvorbebalt....................................... 152

§ 11 BetrAVG: Die RechtsprechWlg zwn vorbehaltlosen Widerruf..................... 154 I. Der Widerruf bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Arbeitgebers ... 15 5 1. Die Rechtsprech\Dlg des RAG Wld RG.. ........................................

155

Inhaltsverzeidmis

11

2. Die RechtsprechWlg des BAG....................................................... 156 II. Der Widerrufbei Änderung des Gesamtversorgungssystems................ 159 1. Die ProblemstellWlg..................................................................... 160 2. Die RechtsprechWlg des BAG............................................. .......... 161

m. Der Widerrufbei Treuepflichtverletzungen des Arbeitnehmers ............

163

§ 12 BetrAVG: Die RechtsprechWlg zum vorbehalteneo Widerruf.......... ............ 165

I. Die Rechtsprechung zum Widerrufsvorbehalt bei einer Altersversorgung, die in Form einer Wlmittelbaren Versorgungszusage gewährt

wird....................................................................................................

166

TI. Sonderfall Unterstützungskassen ......................................................... 169 1. Problemstellung und Bedeutung ................................................... 169

2. Die Rechtsprechung des BAG....... ...... .. .... ...... .. ........... ... ... ... ... ..... 170 3. Die Rechtsprechung des BVerfG aus den Jahren 1983 und 1987 ... 176 § 13 Die Einschaltung des Pensionssicherungsvereins ........................................ 180 § 14 Die Mitbestimmung des Betriebsrates........................................................ 182 § 15 Vergleichende Betrachtung......................................................................... 184

I. Änderung einer einheitsvertraglichen Regelung durch Abschluß einer neuen Betriebsvereinbarung................................................................. 185 TI. Kündigung einer Betriebsvereinbarung ................................................ 190 § 16 Schlußbetrachtung...................................................................................... 192

4. Kapitel

Der vorbehaltlose Widerrufvon Entgeltzusagen

195

§ 17 Die Kürzung des noch nicht erdienten Arbeitsentgelts ................................ 195

I. Zusammenfassung der im zweiten Kapitel erzielten Ergebnisse und der von der Rechtsprechung aufgeworfenen Probleme.......................... 195 TI. Der Vorrang der Änderungskündigung.................................... ............. 198 1. Bisherige Ergebnisse.................................................................... 198 2. Das Konkurrenzverhältnis im Hinblick auf allgemeine schuldrechtliche Änderungsgründe und unter Berücksichtigung der Kündigungsschutzvorschriften. ...... ..... .............. ...... ..... ... ... ...... .. ... 200

12

Inhahsver:zeidmis

ill. Normative oder vertragliche RisikozuweisWlgen ............................ ..... 204

1. Die VerteilWlg des Wirtschaftsrisikos nach §279 BGB ................. 204 2. Die von§ 1 Abs. 2 KSchG getroffene WertentscheidWlg .............. 206 3. Vertragliche RisikozuweisWlgen........ ........................................... 207 IV. Die Fallgruppen der GeschäftsgrWldlagenlehre .................................... 208 1. Die ÄquivalenzstörWlg................................................................. 208 2. Die ZweckstörWlg........................................................................ 210 3. Die Unzumutbarkeit..................................................................... 211 V. Die Perspektive fiir die weitere UntersuchWlg...................................... 212

§ 18 Die Kürzung des erdienten Arbeitsentgelts .. ............................................... 214

I. ZusammenfassWlg der bisherigen Ergebnisse....................................... 214 ll. Der Schutz des Ruhegeldes im Arbeitsvertrag...................................... 215 1. Die ProblemstellWlg..................................................................... 215 2. Die in der Literatur vertretenen Ansichten.................................... 216

ill. Der Schutz der Vorleist\Dlg im Arbeitsverhältnis ................................. 217 IV. Eigener Ansatz: Der Schutz der erdienten Ruhegeldanwartschaft in Wlserer VertragsordnWlg...................................................................... 218 1. VorüberlegWlg.............................................................................. 218 2. Die rechtliche EinordnWlg der Ruhegeldanwartschaft....... ............ 219 a) Ruhegeldanwartschaft Wld dingliche Anwartschaft .. .. .. .. .. .. .. .. 220 b) Ruhegeldanwartschaft Wld sozialversicher\Dlgsrechtliche Rentenanwartschaft (oder die Frage nach dem verfassWlgsrechtlichen Eigentumsschutz)................................................ 221 c) Ruhegeldanwartschaft Wld Anwartschaften aus einer LebensversichefWlg.......................... ............................. ... ......... 224 d) Ruhegeldanwartschaft Wld Pensionssicher\Dlgsverein . ........... 225 e) Ruhegeldanwartschaft Wld Unverfallbarkeit bzw. Insolvenzschutz (die EntscheidWlgen des BVerfG)............................... 226 f) Ruhegeldanwartschaft Wld verdienter Lohn bzw. Gehalt........ 227

3. Der Schutz der sogenannten erdienten Anwartschaftsdynamik bei vorbehaltlosen ÄndefWlgen ............ .... .................. ... ........ ..... ........ 231 4. Zusätzlich zu berücksichtigende FragestellWlgen.......................... 231

Inhahsverzeidmis

13

a) Die Hafhmg fiir Ruhegeldanwartschaften bei Betriebsübergang oder Ausscheiden eines persönlich haftenden Gesellschafters................................................................................ 231 b) Das Fehlen von Musterwiderrufsvorbehalten......................... 232 § 19 BetrAVG: Die besonderen Widerrufsgründe.. ............................................. 233

I. Der Widerrufbei Ändenmg des Gesamtversorgungssystems................ 233 1. Die rechtliche Bedeutung der sogenannten Gesamtversorgungszu-

sage.............................................................................................. 233 a) Die Kürzungen der Versorgungsanwartschaft bei Absinken des gesetzlichen Rentenniveaus .... ........................................ 234 b) Die Kürzung der Versorgungsanwartschaft bei Eintreten einer Überversorgung............................................................... 235

2. Ändenmgen des Sozialversichenmgssystems ohne Vorliegen einer Gesamtversorgungszusage ............. ......................................... 237 li. Der Widerrufwegen Treuepflichtverletzungen des Arbeitnehmers....... 239 1. Bisherige Ergebnisse.................................................................... 239

2. Die in der Literatur vertretenen Ansichten.................................... 239 3. Eigener Ansatz: Untersuchung der drei möglichen FallgestaltuDgen eines Widerrufes wegen Treuepflichtverletzungen.................. 243 a) Verfehlungen während des Arbeitsverhältnisses bei Bestehen von absoluten Kündigungsverboten ... ........ ........ ...... ... ...... .. .. . 243 b) Die Verfehlung erfolgt während des Arbeitsverhältnisses und der Arbeitnehmer verhindert absichtlich die Entdeckung (so daß eine Versorgungsanwartschaft unverfallbar werden kann oder weiter anwächst).............. ............................................. 244 c) Verfehlungen während oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, bei denen eine Schadenskompensation nicht möglich ist. ........................................................................... 245 § 20 Das Arbeitsrecht ohne vorbehaltlosen Widerruf.......................................... 248

I. Die Ergebnisse des vierten Kapitels im Überblick ..... ....... ..... ... ........ ... 248 li. Die Zukunft der betrieblichen Altersversorgung ohne ein Recht zum vorbehaltlosen Widerruf. ........................ ............................................. 250

5. Kapitel Der vorbehaltene Widerrufvon Entgeltbestandteilen

253

§ 21 Die Inhaltsschranken des Widerrufsvorbehaltes.......................................... 253

14

Inhahsverzeidmis

I. Der Widerrufsvorbehalt vor dem Hintergnmd der Inhaltskontrolle im Arbeitsrecht .... ... ......... .... ....................... .... .................... .. ...... ... .......... 253

11 Die UmgehWlg des Ändenmgskündigwgsschutzes .. ........ ........ .. .......... 254 I. Der AusgangspWlkt der UntersuchWlg..... ... .......... .. ........... . .......... 254

2. Die tatbestandliehen Voraussetzungen der UmgehWlg .... .............. 255 3. Die Motive des Gesetzgebers Wld die ratio legis........................... 257

ill. SchrankenbestimmWlg durch § 138 Abs. 1 BGB. ... .............. ... .. .... .. ..... 259 1. Die EntscheidWlg des LAG Ramm ............................................... 259

2. Die Ansicht von Hromadka .................. ........ .. .......... ....... .. ........... 260 3. StellWlgnahme ..... .......................... ..... ............................. ............ a) Die tatbestandliehen Voraussetnmgen der Norm......... .......... b) Der Schutzzweck der Norm.... ...... ......................................... c) Die Rechtsfolgen des Sittenwidrigkeitsverstoßes ................... d) Das tarifliche oder tarifiibliche Entgelt als mögliche Untergrenze fiir den Widerrufsvorbehalt ....................................... aa) Die Wert\Dlgen des § 65 HGB im Hinblick auf flexible Entgeltbestandteile.......... ... ... .. .... .. ............................... .. bb) § 612 Abs. 2 BGB Wld der Schutz des tarifiiblichen Entgeltes ............................................................................. cc) Art. 3 Abs.l GG und der Schutz von nicht tarifgebund~>o nen Arbeitnehmern .. .. .. .. .. .. ... ..... ..... .. .. .. .. .. .. .. .... ... .. .... .. .. dd) § 138 Abs. 1 BGB und die Überwälzung des Marktrisikos......... .............................................................. ..........

261 261 262 262 263 264 264 265 266

IV. Ansatzpunkte fiir eine der Sittenwidrigkeit vorgelagerte Inhaltskontrolle ................................................................................................... 268 I. Der Konflikt zwischen einer Inhaltskontrolle und der Privatautonomte............... ............................................................................ 268 2. Die Situation im allgemeinen Zivilrecht .... ... .. .. ..... .. .. .. .... .. .. ....... .. 268 3. Die Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht............................................. 269 4. Die Aufgaben- und Fragestellung fiir die weitere Vorgehensweise. 272

5. Die Begründungsversuche fiir eine vorgelagerte Inhaltskontrolle... a) Die Ansicht von Söllner Wld die neuere Rechtsprechungsentwicklung des BAG zur Anwendung des § 315 BGB im Rahmen einer Rechtskontrolle ................................... ........... b) Die Kontrolle von einheitsvertraglichen Vereinbarungen in Anlehnung an das AGBG ...................................................... c) Der Ansatz von Canaris über den Schutz von personalen Grundrechten. .......................................................................

273 273 276 277

Jnhahsverzeidmis

15

d) Nebenbestimmungen des Arbeitsvertrages als Grundlage einer Inhaltskontrolle............................................................... 279 e) Die Fragwürdigkeit der bisherigen Determinanten für eine gestörte Vertragsparität ......................................................... 280 aa) Einheitsvertragliche Regelungen..................................... 281 bb) Freiwillige Sozialleistungen........................................... 282 6. Das arbeitsrechtliche Schutzprinzip als Grundlage einer Inhaltskontrolle .... ........ ............................. .. .... ........... ........ .. ...... .... .. .. .... 283 a) Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse......................... 283 b) Das arbeitsrechtliche Schutzprinzip in Rechtsprechung und Literatw-. .. . ... .. .... .. ....... .. ......... .. ... ............. ........... .............. .. .. 284 c) Das arbeitsrechtliche Schutzprinzip und der vorbehaltene Widerruf....... ........................................................................ 285 aa) Die Abgrenzung zwischen Inhalts- und AusübungskontroUe .............................................................................. 285 bb) Die einzelnen Ansatzpunkte für eine Inhaltskontrolle bei der vorbehaltenen Änderung von Entgeltbestandteilen.... 287 cc) Die Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle anband des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips ............ .. ......... .... ....... . .. . 291 § 22 Die Kontrolle der Ausübung eines vorbehaltenen Widerrufsrechts.............. 294

I. Die Anwendbarkeit des§ 315 BGB aufden Widerrufsvorbehalt .......... 294 II. § 315 BGB und der schuldrechtliche Bestimmtheilsgrundsatz.. .. ......... 296 ID. Die gerichtliche Überprüfung aufbilliges Ennessen.................. ........... 297 I. Die gerichtliche Nachprüfbarkeil der Billigkeitsentscheidung ..... .. 297

2. Der Vertrauenstatbestand beim Widerrufsvorbehalt......... ............. 299 3. Die Billigkeitskontrolle bei einheitsvertraglichen Regelungen. ..... 302 4. Der Widerrufsvorbehalt im Prozeß....... ........................................ 304 a) Die Rechtsfolgen einer unbilligen Leistungsbestimmung ....... 3 04 b) Die Geltendmachung der Unwirksamkeit................ .............. 305 c) Die richtige Klageart..... .. ............ ......... ............ .... ... ... ... .. ...... 306 § 23 Der Widerrufsvorbehalt in der betrieblichen Altersversorgung.................... 307 I. Zusammenfassung der im 3. Kapitel erzielten Ergebnisse.................... 307

ll. Der Widerrufsvorbehalt in der Literatw- .............................................. 310 1. Widerrufsvorbehait und Entgelttheorie......................................... 311

16

Inhaltsverzeidmis

2. Der Widerrufsvorbehalt bei der Kürzung von Steigenmgsbeträgen 311 ffi. Der Widerrufsvorbehalt als Gegenstand einer einseitigen rückwirkenden Leistungsändenmg ........................ .... ... .............. .............. ... ...... .... 313 IV. Das arbeitsrechtliche Schutzprinzip als Rechtsgnmdlage und Maßstab der InhaltskontroUe............................................................................. 314 l. Der Vorbehalt einer rückwirkenden Vertragsändenmg und das

arbeitsrechtliche Schutzprinzip......... .. .... .. ....................... .. .... ..... .. 314

2. Die Konsequenzen für die betriebliche Altersversorgung. ............. 318 3. Der Schutz der Vorleistung bei Unterstützungskassen................... 321 4. Die "erdiente Gebaltsdynamik" .................................................... 322 5. Die Konsequenzen für den gesetzlichen Insolvenzschutz .............. 324

6. Die Lösung von Alt- und Übergangsfallen ......................... .... ....... 324 V. Wege aus dem steuerlichen Musterwiderrufsvorbehalt ........................ 326

1. Die von den Musterwiderrufsvorbehalten aufgeworfene Problemstellung................................................................................. 326 2. §6a EStG vor dem Hintergnmd der Rechtsprechungsentwicklung. 327 3. Die entstandene Divergenz zwischen aUgemeinen und speziellen Vorbehalten................................................................................. 327 4. Die teleologische Reduktion des § 6 a EStG im Hinblick auf den Teilwiderrufvon Steigenmgsbeträgen........................................... 328 5. Die Bedeutung der Musterwiderrufsvorbehalte im Hinblick auf erdiente Anwartschaften............................................................... 328

6. Fazit............................................................................................. 329 VI. Widerrufsvorbehalte bei besonderen Tatbeständen.............................. 330

1. Treuepflichtverletzungen .............................................................. 330 2. Anrechnungsklauseln und Versorgungs- bzw. Leistungsobergrenzen .............. ................................................................................. 330 § 24 Der Widerruf im Falle einer Betrieblichen Übung ...................................... 332

6. Kapitel

Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Arbeit

335

Literaturverzeichnis.... .. .. ........... ... ......... ..... ... ........... .. .... ... ..... ..... ... ................ ...... 339

Abkürzungsverzeichnis L Gesetze, Zeitschriften, Entscheidungssammlungen AbzG

Abzahlungsgesetz

AcP

Archiv fiir civilistische Praxis

AGBG

Gesetz zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

AP

Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts

ArbGG

Arbeitsgerichtsgesetz

ArbR-Blattei

Arbeitsrechtsblattei

Arb.Gr.

Arbeitsrechtliche Gnmdsätze

AuR

Zeitschrift fiir Arbeit und Recht

BAG

Bundesarbeitsgericht

BAGE

Fntscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

BAT

Bundesangestelltentarifvertrag

BB

Betriebsberater

BetrAVG

Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung

BetrVG

Betriebsvetfassungsgesetz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBI.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Fntscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BschFG

Beschäftigungsförderungsgesetz

BT-Drucksachen

Bundestagsdrucksachen

BVerfG

Bundesvetfassungsgericht

BVerfGE

Fntscheidungen des Bundesvetfassungsgerichts

DB

Der Betrieb

DGB

Deutscher Gewerkschaftsbund

2 Krämer

18

EStG

Einkommenssteuergesetz

EArbVG

Kommissionsentwwf fiir ein Arbeitsvertragsgesetz

EzA

Entscheidungssammhmg zum Arbeitsrecht

GG

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

GRUR

Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht

GS

Großer Senat

HGB

Handelsgesetzbuch

JA

Juristische Arbeitsblätter

Iherblb

Iherings Jahrbücher der Dogmatik der bürgerlichen Rechts

IR

Juristische Rundschau

JuS

Juristische Schuhmg

JZ

Juristenzeitung

KSchG

Kündigungsschutzgesetz

LAG

Landesarbeitsgericht

LG

Landgericht

LM

Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofes, herausgegeben von Lindenmaier und Möhring

MuSchG

Mutterschutzgesetz

MüKo

Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

NJW-Rechtsprech~mgsreport Zivilrecht

NZA

Neue Zeitschrift fiir Arbeits- 1md Sozialrecht

OLG

Oberlandesgericht

Pal.

Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

RAG

Reichsarbeitsgericht

RdA

Recht der Arbeit

RG

Reichsgericht

RGZ

Entscheid1mgen des Reichtsgerichts

RGRK

Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtssprech1mg des Reichsgerichts 1md des BIDldesgerichtshofes, Kommentar

SAE

Samml1mg arbeitsrechtlicher Entscheidungen

SchwbG

Schwerbehindertengesetz

Abkornmgwa-zeidmis

StGB

Strafgesetzbuch

'IVG

TarifVertragsgesetz

VAG

Versicherungsaufsichtsgesetz

WiStG

Wirtschaftsstrafgesetz

WM

W ertpapiennitteihmgen, Zeitschrift für Wirtschafts-1Dld Bankrecht

ZfA

Zeitschrift für Arbeitsrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

ZPO

Zivilprozeßordn1Dlg

ß. Allgemeine Wortabkürzungen a.A.

andere Ansicht

a.a.O.

am angegebenen Ort

abl.

ablehnend

Abs.

Absatz

a.E.

amEnde

allg.M.

allgemeine Mein1Dlg

AT

Allgemeiner Teil

Anm.

Anmerkl.mg

Art.

Artikel

Aufl

Auflage

Bd.

Band

Beil.

Beilage

BT

Besonderer Teil

bzw.

bezieb1Dlgsweise

ders.

derselbe

d.h.

das heißt

Einf

Einfiihnmg

Einl.

Einleitung

etc.

ecetera

19

20

Abkür21Dlp,werzeidmis

Gern. Anm.

Gemeinsame Anmerkung

f.

folgende

ff.

fortfolgende

Fn.

Fußnote

h.L

herrschende Lehre

h.M

herrschende Meimmg

Hs.

Halbsatz

i.S.

im Sinne

i.V.m.

in VerbindWlg mit

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

Nr.

Nummer

PSV

PensionssicherWlgsverein

Rdnr.

Randnummer

Rspr.

RechtsprechWlg

s.

siehe

s.o.

siehe oben

sog.

sogenannte

str.

strittig

st. Rspr.

ständige RechtsprechWlg

s.u

siehe Wlten

ua.

Wlter anderem

Urt.

Urteil

vgl.

vergleiche

Vor

Vorbemerkung

Vorbem.

Vorbemerkung

z.B

zum Beispiel

1. Kapitel

Einführung in die Problemstellung § 1 Einleitung Das Thema "Der Widerruf von Entgeltzusagen des Arbeitgebers" ist wahrlich nicht neu. Generationen von Juristen haben sich mit ihm auseinandergesetzt. Der arbeitsrechtliche Widerruf ist inzwischen als Änderungsinstrument etabliert; er kann sich auf eine gefestigte Rechtsprechung stützen. Warum also eine weitere Untersuchung zu einem eigentlich alten Problem? Diese berechtigte Frage soll gleich am Anfang der Betrachtung stehen, da sie rasch zur Aufgabenstellung dieser Arbeit führt. Zunächst einmal hat der Widerruf durch die Entscheidung des Großen Senates vom 16. 9. 1986 zur ablösenden Betriebsvereinbarung1 einen neuen Stellenwert erhalten. Vorher konnten sich die Arbeitgeber noch darauf verlassen, betriebseinheitliche Individualvereinbarungen im Wege einer Betriebsvereinbarung auch zu Lasten der einzelnen Arbeitnehmer und unter Absenkung des Dotationsrahmens zu beseitigen. Die Ausübung eines Widerrufs war quasi Änderungsinstrument zweiter Wahl. Dies zeigt sich vor allem daran, daß der Widerruf in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung nie als eigentliches Thema, sondern in der Regel nur als Rand-problem "der Vollständigkeit halber" zur Sprache kommt. Nur wenige Autoren haben den Schwerpunkt von vornherein auf die individualrechtliche Ebene verlegt2 . Nach der Entscheidung des Großen Senates, der in einem einmaligen Akt richterlicher Rechtsfortbildung den kollektiven Günstigkeilsvergleich aus der Taufe gehoben hat, stehen die meisten Betriebe vor einer vollkommen veränderten Situation: während eine bloße Umstrukturierung im Rahmen des kollektiven Günstigk:eitsvergleichs meist ausreichend ist, um im Bereich der Zusatzleistungen den Gleichbehandlungsurteilen des BAG gerecht zu werden, mehren sich in Zeiten einer angespannten Wirtschaftslage die Forderungen nach sinnvollen Möglichkeiten zur betriebseinheitlichen Senkung des Dotationsrahmens. Ob und BAG GS, Urt. vom 16. 9. 1986- GS 1/82- AP Nr. 17 :ru § 77 BttrVG = NZA 1987, 168 = SAE 1987, 175mitAnm.Löwisch. 2 Coester, BB 1984, 797 ff.; Richardi, RdA 1983, 201 ff.

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l.Kapite1: Einftlhrung in die Prob1amtelhmg

welchen Voraussetzungen der Widerruf das geeignete Instrument dafür darstellt. ist die erste wesentliche Aufgabenstellung der Arbeit. Jedoch stößt man dabei auf eine eigenartige Besonderheit: Im Bereich des Widerrufs verläuft eine gravierende Trennlinie zwischen der betrieblichen Altersversorgung einerseits und den übrigen Sonderleistungen des Arbeitgebers auf der anderen Seite. In der betrieblichen Altersversorgung spielt praktisch nur der vorbehaltslose Widerruf eine Rolle. während im Bereich anderer Zusatzleistungen allein über die Kontrolle des Widerrufsvorbehaltes diskutiert wird. Rückkopplungen zwischen beiden Gebieten finden praktisch nicht statt. was nicht zuletzt dadurch deutlich wird. daß Autoren. die bisher am Widerruf gearbeitet haben. sich stets nur auf eines von beiden Gebieten beschränken. unter Verweis auf die Besonderheiten des anderen. Die betriebliche Altersversorgung gerät damit - trotz ihrer praktischen Relevanz - in die Position eines arbeitsrechtlichen "Exoten". Widerruf und Widerrufsvorbehalt sind ein typisches Beispiel für die weitverbreitete Ansicht. daß das zivilrechtliche Instrumentarium die Probleme der betriebliche Altersversorgung nur ungenügend erfassen kann. Deshalb schafft man ein Sonderrecht der betrieblichen Altersversorgung. Ob das Berechtigung hat. ist eine weitere Aufgabenstellung dieser Arbeit. Allerdings ist es in einem Bereich zumindest zu einer begrifflichen Harmonisierung beider Gebiete gekommen. Die allesübergreifende "Zauberformel" der Billigkeit des BAG erweist sich auch hier als Dreh- und Angelpunkt der Rechtsprechung. Doch dieses fast anglo-amerikanisch anmutende "case-law" hat seinen Grund: Der Widerruf ist einer detjenigen Themengebiete. an dem die vornehme Zurückhaltung des Gesetzgebers auf dem Gebiet des Arbeitsrechts besonders deutlich wird. Die wesentlichen Entscheidungen triffi das BAG. nicht mehr der Gesetzgeber. Diese Tatsache trägt nun nicht unbedingt zur Rechtssicherheit bei3 . Das wird bei der betrieblichen Altersversorgung besonders deutlich. Ein Unternehmer zum Beispiel. der in den 60er Jahren eine Versorgungsordnung geschaffen hat, steht 30 Jahre später vor rechtlichen Rahmenbedingungen, die selbst der gewissenhafteste Arbeitgeber nicht voraussehen konnte. Allerdings macht es sich detjenige zu einfach. der die starke Präsenz der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. wie sie auch im Bereich des Widerrufs deutlich wird. pauschal in Frage stellt. In den letzten Jahrzehnten hat sich das soziale und wirtschaftliche Umfeld in einem Ausmaß geändert wie nie zuvor. Der Gesetzgeber kann dem häufig nur mit erheblicher Verzögerung nachkommen. Hier liegen die Vorteile der Rechtsprechung: "Die Gerichte können eher als der Gesetzgeber anband von Einzelfällen schrittweise vorgehen. Sie brauchen im allgemeinen nicht sogleich ein fertiges Gebäude zu er3

Blomeyer, in: Hromadka, Die Änderung vw Arbeitsbedingungen S. 193 (19.5).

§ 1 Einleitung

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richten. "4 Der Starrheit und der Rechtssicherheit der Gesetze stehen also Flexibilität, Entwicklungsfähigkeit, aber auch die Rechtsunsicherheit des Richterrechts gegenüber. So wundert es auch nicht, daß das Richterrecht häufig eine Vorreiterrolle für spätere gesetzliche Regelungen einnimmt. Die Rechtsprechung zur betrieblichen Altersversorgung und die Regelungen des BetrAVG sind ein hervorragendes Beispiel dafür5. Die Schnittstelle zwischen Gesetzgebung und Richterrecht markiert das Gewaltenteilungsprinzip. Diese Schnittstelle gilt es auch für den Widerruf von zusätzlichen Entgeltleistungen des Arbeitgebers herauszuarbeiten. Aber nicht nur innerhalb der Sonderleistungen selbst fehlen wichtige Verbindungslinien. Der Gesetzgeber hat zwar im Kündigungsschutzgesetz einen zumeist zufriedenstellenden Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses geregelt; der Vertragsinhaltsschutz für die einzelnen Arbeitsbedingungen erschöpft sich jedoch in den Regelungen über die Änderungskündigung (§§ 2, 4 S. 2, 8 KSchG). Auf welche Art und Weise man sich Änderungen vorbehalten kann oder sogar ohne einen Änderungsvorbehalt erreichen kann, dafür fehlen weithin Vorgaben des Gesetzgebers. Es kann bei weitem noch nicht als ausreichend erforscht gelten, inwieweit § 2 KSchG für andere Regelungen eine Sperrwirkung entfaltet, - ja, inwieweit er überhaupt den Vertragsinhalt schützt. Unterfallen alle Vertragsbestimmungen des Arbeitsvertrages seinem Schutzbereich oder sind dies nur die wesentlichen Bestandteile, die essentalia negotii? In diesem Punkt zeigen sich die Verbindungen des Widerrufs zu den Problemen bei den Rückzahlungsklauseln, der Anwesenheitsprämie und der Teilkündigung, um nur einige wenige zu nennen, auf die an späterer Stelle noch einzugehen sein wird. Ein System dieser Änderungsinstrumente liegt bisher nur im Ansatz vor' und dies, obwohl die Änderung von Arbeitsbedingungen der betriebliche Alltag ist, die Beendigung des ganzen Arbeitsverhältnisses jedoch die Ausnahme. Der Widerruf ist ein Instrument, für das wir in keinem Gesetz eine Kompetenznorm finden, gerade deshalb muß er sich an einem System der Änderungsinstrumente messen lassen können. Er ist nur ein Symptom für ein wachsendes Auseinanderdriften der arbeitsrechtlichen Ände-

4 Hilger, RdA 1981,6 f.; allerdin~ sind in soweit Zweifel an demAusmaß 11112llDle1dm, in dem Hilger die Weiternildung des RedJ.tes durd:! dm Rid:!ter befiirwcrtet. Zu weit geht wOOl ihre These (S. 7): "Dieser Rollmtausdl zwisd:!en Geset~elnmg IDld RedJ.tspredJ.IDlg Tht in einem demokratischen Staatswesm nur deshalb vatretbar, weil der Geset~eber- auch solange er im Beobad:!tcr.tand verharrt - die Materie jederzeit aufgreifen kaon. Er bleibt mithin in der Rechtspolitik obeme Instanz." 5 SowOOI die ADpassun~egebmg des § 16 BetrAVG, als aud:! die Unverfallbarlceitsregel=g des § l BetrAVG stellen nur die Kodifl.zienmg voo GnmdslltZf:II.IDld RegellDlgen dar, die im wesmtlid:!m voo der RedJ.tspredJ.lDlg erarbeitet wurden. 6 Vp)..Hromadko,RdA l992,214ff.

!.Kapitel: Einfilhrung in die Problawtelbmg

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rungsinstrumente. Auch vor diesem Hintergrund erwächst eine weitere Aufgabenstellung der Arbeit. Aus den anfangliehen Ausführungen zur Bedeutung der Entscheidung des Großen Senates zur ablösenden Betriebsvereinbarung ergibt sich noch eine weiterer Gesichtspunkt, der bei der Behandlung des Widerrufs nicht außer acht gelassen werden darf: Der Widerruf ist zweifellos ein Instrument des Individualarbeitsrechts, sein Änderungsziel ist jedoch auf die Kürzung von Sozial- und anderen Sonderleistungen gerichtet. Derartige Leistungen werden aber zumeist nicht mit jedem einzelnen Arbeitnehmer ausgehandelt, sondern einem größeren Teil der Belegschaft zugesagt. Rechtsgrundlage dafür sind daher Einheitsarbeitsverträge, Gesamtzusagen und Betriebliche Übung. Der Widerrufsvorbehalt erweist sich damit in der Regel als ein spezifisches Flexibilisierungsinstrument an der "Nahtstelle" zwischen Kollektiv- und Individualarbeitsrecht7 , die Rechtsprechung und Literatur bereits bei der ablösenden Betriebsvereinbarung soviel Kopfzerbrechen bereitet hat. Inwieweit dies Auswirkungen auf den Widerruf hat, auch dies wird Gegenstand der Betrachtung sein. In diesem Zusammenhang muß noch gleich zu Beginn auf eine Tendenz in Rechtsprechung und Literatur verwiesen werden, soweit es um den Vergleich der Voraussetzungen geht, die an den anspruchsbegründenden Tatbestand im Gegensatz zum anspruchsändernden Instrument gestellt werden. Während im Arbeitsrecht teilweise die Voraussetzungen für eine rechtsgeschäftliche Bindung erheblich herabgeschraubt werden, wie das Beispiel der Betrieblichen Übung zeigt, werden die Anforderungen an die Änderungen einer einmal erteilten Zusage sehr hoch gesteckt8 . Am Beispiel der Änderungskündigung und des Widerrufsvorbehalts in der betrieblichen Altersversorgung soll dies noch später erläutert werden. Diese gegenläufige, auf den ersten Blick arbeitnehmerfreundliche Tendenz kann aber aus der Sicht des Arbeitgebers auch kontrapunktiv9 wirken. Ein Arbeitgeber wird es sich immer mehr überlegen, welche Zusagen er macht, wenn er das berechtigte Gefühl hat, daß er sich irgendwann nicht mehr davon lösen kann. In beiden Fällen, also Vertragsbegründung und Vertragsanpassung, spielt in den Argumentationsstrukturen von Rechtsprechung und Literatur der Gesichtspunkt Cles "Vertrauens" eine überragende Rolle. Auch für den Schutz des Vertrauens im Zivil- und Arbeitsrecht kennen wir im wesentlichen keine gesetzlichen Regelungen, obwohl eine funktionierende Zivilrechtsordnung kaum ohne Vertrauenstatbestände auskommen kann. Wie kann der an griffigen Kriterien mangelnde Begriff des Vertrauens im Bereich der Vertragsanpas7 8 9

Marlens, RdA 1983,217 (218). Hromadka, NZA 1987, Beil. 3, S. 3. Hromadka, RdA 1992,214ff.

§ I Einleitlmg

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sung konkretisiert werden? Wer sich mit dem Widerruf befaßt, muß sich auch dieser Frage stellen. Inzwischen werden auch Stimmen laut, die bezweifeln, ob bei der gegenwärtigen Rechtslage überhaupt noch ein tragfähiges Konzept aufgestellt werden kann, das das Vertrauen der Wirtschaft in die rechtlichen Rahmenbedingungen sichert10. Dies wird vor allem im Bereich der betrieblichen Altersversorgung akut. Deshalb werden Forderungen erhoben, die Änderung primär unabhängig von kautelaijuristischen Findigkeiten alleine im Wege einer normativen Ordnung zu ermöglichen 11 . Auch diesen Ansichten wird sich diese Arbeit nicht verschließen. Dies zumal gerade vielen mittelständischen Arbeitgebern und deren Arbeitnehmern die "Finessen" bei Vertragsgestaltung oder Vertragsänderung, die sich inzwischen in der Rechtsentwicklung herauskristallisiert haben, herzlich egal sind. Das Recht muß auch von demjenigen, der es anwendet, noch nachvollziehbar sein, sonst verliert es an Wert und Glaubwürdigkeit. Dieser Aufgabe hat sich das Arbeitsrecht in besonderem Maße zu stellen. Vor diesem Hintergrund liegt die Hauptaufgabe dieser Arbeit darin, die Möglichkeiten und Grenzen eines Widerrufes nach geltendem Recht zu untersuchen. Wenn die dabei erzielten Ergebnisse nicht befriedigen sollten, sei es weil ein höherer sozialer Schutzbedarf des Arbeitnehmers besteht, sei es weil die vorhandenen Gesetze der Rechtswirklichkeit hinterherhinken, so muß Punkt für Punkt danach gefragt werden, ob diese Lücke noch im Wege richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen werden kann oder, ob sie ein Tätigwerden des Gesetzgebers erfordert. Dazu aber darf der Widerruf nicht isoliert betrachtet werden. Bereits aus den kurzen Ausführungen dieser Einführung ist deutlich geworden, daß es ungeheuer viele Verbindungslinien, Naht- und Schnittstellen gibt, die eine dogmatisch saubere Herausarbeitung des Widerrufs zu beachten hat. Nur wenn diese aufgezeigt werden, kann er auch der weiteren Rechtsentwicklung auf anderen Gebieten standhalten und bietet Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine sichere Grundlage für ihre langjährigen Vertragsbeziehungen. Der Blickwinkel dieser Arbeit kann daher nur ein sehr weiter sein. Darüber hinaus darf sie trotz aller Notwendigkeit einer stimmigen Dogmatik die Anforderungen der Rechtswirklichkeit nie außer acht lassen. Im Laufe dieser Arbeit hat sich jedoch nicht allein die rechtliche Brisanz des Themas gezeigt. Der Widerruf von Bestandteilen des Arbeitsentgelts ist auch ein bedeutendes sozialpolitisches Thema geworden: Durch die wirtschaftliche Entwicklung im Jahr 1993 sehen sich die meisten Firmen gezwungen, ihre Sozial- und anderen Zusatzleistungen zu reduzieren. 10 Schuhmann, ZIP 1987, 137 (150), der mit einigem Recht kritisiert, daß diese Aufgabe im Moment allein bei dm Betriebspartnern liegt. 11 Wank, in: Hromadka, Die Ändenmg vcn Arbeitsbedingungen, S. 35 (46).

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l.Kapitel: Einfilhrung in die Problanstelhmg

Dies kommt nicht von ungefähr: Die Lohnnebenkosten, d.h. also diejenigen Kosten, die ein Unternehmen für gesetzliche und betriebliche Sozialleistungen aufbringen muß, belaufen sich im Durchschnitt der deutschen Wirtschaft auf 84 % des ausgezahlten Lohnes und Gehaltes. Davon nehmen die gesetzlich verankerten Leistungen, wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlte Feiertage nur 37% ein. 47% , also noch einmal zusätzlich fast die Hälfte des "eigentlichen" Arbeitsentgeltes werden für zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers aufgewendet. 12 In Zeiten der Rezession sind Kurzarbeit und Entgeltkürzung die ersten Schritte, um Arbeitsplätze wenigstens noch eine Zeit lang zu sichern. Die Arbeitnehmervertretungen sind häufig nicht bereit an einer Kürzung mitzuwirken. Was dem Arbeitgeber bleibt, sind die Kündigung bestehender Betriebsvereinbarungen und die einseitige Änderung der Entgeltzusage. Der Widerruf ist damit wieder Änderungsinstrument erster Wahl.

§ 2 Der Widerruf als Änderungsinstrument I. Der Widerruf als Regelungsgegenstand der Gesetzgebung

Sowohl im BGB, als auch in den arbeitsrechtlichen Spezialgesetzen sucht man vergeblich nach einer einheitlichen Rechtsfigur mit dem Namen "Widerruf'. Im Allgemeinen Teil des BGB stößt man auf einen Widerruf in den§§ 109, 130, 168 S. 2, 171 und 183 BGB, der entweder das Wirksamwerden einer Willenserklärung verhindert oder deren rückwirkende Unwirksamkeit auslöst. Im Besonderen Schuldrecht findet man häufig einen Widerruf statt einer Kündigung zur Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses. So treffen die§§ 530 ff., 610, 671 BGB Regelungen über die vom Gesetzgeber zugelassenen Widerrufsgründe von Schenkung, Darlehen und Auftrag. Auffallend dabei ist, daß es sich stets um besondere Auflösungsrechte des Schuldners bei einseitigen oder zweiseitig unvollkommenen Verträgen handelt, bei denen die Verpflichtungen der Parteien zumindest zum Teil nicht im Gegenleistungsverhältnis der§§ 320 ff., dem sogenannten Synallagma stehen 13. Der Gesetzgeber hält aber diese Terminologie hinsichtlich nicht-synallagmatischer Verträge nicht einheitlich durch, denn bei der Leihe spricht er wiederum von einem Kündigungsrecht des Verleihers nach § 605 BGB. Es läßt sich also keine These dergestalt aufstellen, daß die Kündigung das Beendigungsinstrument für 12 Maier-Mannhart, SZ vom 5. 4. 1993, S. 4. 13 Pal.-Heinrichs, Einf. vor§ 320 Rdnr. 2 ff.

§ 2 D« Widaruf als Ändmm.~ent

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synallagrnatische, der Widerruf fiir nicht-synallagmatische Dauerschuldverhältnisse ist. Die Begriffsbildung im BGB erfolgt vielmehr willkürlich. Auch hinsichtlich ihrer Wirkungsweise besteht kein Unterschied zwischen Kündigung und Widerruf: Beide führen zur Vollbeendigung des Rechtsverhältnisses fiir die Zukunft. Außerhalb des BGB finden sich noch im Verbraucherkreditgesetz und im Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften Regelungen über ein befristetes Widerrufsrecht, das bereits das Wirksamwerden einer Willenserklärung verhindert (vgl. §§ 7 VerbrKrG, § 1 HaustürWG). Eine spezielle arbeitsrechtliche Regelung des Widerrufs hat der Gesetzgeber allein in§ 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung getroffen. Jedoch bestimmt diese Norm nur das Eingreifen des Insolvenzschutzes bei einem Widerruf wegen wirtschaftlicher Notlage des Arbeitgebers; eine Widerrufskompetenz verleiht sie nicht. Dies ergibt sich auch aus den Materialien zur Entstehung des BetrAVG. Danach war es gar nicht die Absicht des Gesetzgebers, den Widerruf von Versorgungszusagen durch den Arbeitgeber zu regeln; vielmehr sollte dies der Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur überlassen bleiben 14. Mit der Insolvenzschutzregelung des§ 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 BetrAVG knüpfte der Gesetzgeber vielmehr nur an eine im Jahr 1974 als gefestigt geltende Rechtsprechung zum Widerrufsrecht an. Als Fazit dieser anfangliehen Betrachtung läßt sich festhalten, daß es nicht den Widerruf als genau definiertes zivilrechtliches Gestaltungsmittel gibt. Wir wissen allein, daß der Widerruf eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung ist, welche entweder Einfluß auf die Wirksamkeit einer Willenserklärung hat oder ein Gestaltungsrecht zur kündigungsgleichen Vollbeendigung eines Dauerschuldverhältnisses gibt. Von der Regelung eines arbeitsrechtlichen Widerrufes hat der Gesetzgeber ganz abgesehen.

D. Die Erscheinungsformen des Widerrufs im Arbeitsrecht:

vorbehaltene oder vorbehaltlose Vertragsanpassung

Untersucht man die Erscheinungsformen des Widerrufes im Arbeitsrecht, so stellt man zunächst fest, daß der Widerruf wenig mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses selbst zu tun hat. Sein Ziel ist nur die einseitige Modifikation einzelner Vertragspflichten durch eine von beiden Vertragsparteien, ohne den Bestand Arbeitsverhältnisses zu berühren: Innerhalb eines bestehenden Rechtsverhältnisses will sich eine Partei von einzelnen schuldrechtlichen 14 BT-Drud