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German Pages 316 Year 2005
Schriften zum Strafrecht Heft 171
Der Versuch – Überlegungen zur Rechtsvergleichung und Harmonisierung Von
Katrin Schubert
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
KATRIN SCHUBERT
Der Versuch – Überlegungen zur Rechtsvergleichung und Harmonisierung
Schriften zum Strafrecht Heft 171
Der Versuch – Überlegungen zur Rechtsvergleichung und Harmonisierung
Von
Katrin Schubert
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg hat diese Arbeit im Sommersemester 2005 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 3-428-11939-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen Eltern
Vorwort Angesichts des Bedarfs nach einer international abgestimmten Strategie der Verbrechensbekämpfung und einer einheitlichen rechtlichen Regelung in einem enger zusammenwachsenden Europa ist es Ziel der Untersuchung, eine eigenständige und allgemeine, nicht auf wirtschaftliche Sektoren beschränkte Modellvorschrift zu formulieren, die innerhalb der gesamten Europäischen Union auf Akzeptanz stoßen könnte. Die Versuchskonzeption als für die Struktur eines Haftungssystems zentrales, da die Mindestschwelle strafrechtlicher Relevanz kennzeichnendes Rechtsinstitut ist aus strafrechtsdogmatischer Sicht besonders interessant und ihre Untersuchung vielversprechend, da die gesetzgeberische Entscheidung, welches Verhalten als strafwürdig und daher versuchsbegründend angesehen wird und welches nicht, Rückschlüsse auf die generell verfolgte Kriminalpolitik erlaubt. Der mögliche Inhalt zukünftiger europäisch-einheitlicher Regelungen wird im Wege der funktionalen Rechtsvergleichung ermittelt. Der hier unternommenen Entwicklung einer Modellvorschrift geht also eine komparative Darstellung des aktuellen Rechtszustands im europäischen Raum voraus. Die ausführliche Präsentation des Rechts der hier als für die großen europäischen Strömungen repräsentativ ausgewählten Länder (Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich und Spanien) ist ausreichend, um sich über die in Europa bestehenden Problemkreise einen Überblick zu verschaffen. Neben der Skizzierung der Versuchsvorschriften der nordischen Staaten findet im Hinblick auf die gerade erfolgte und noch im Fortschreiten befindliche Erweiterung der Europäischen Union jedoch auch das Recht einiger osteuropäischer Länder Berücksichtigung. In Anbetracht der Tatsache, dass die materiellen Lösungen in der Anwendungspraxis der verschiedenen Rechtssysteme nicht immer vollständig mit dem vom Gesetzgeber eingeschlagenen Weg übereinstimmen, setzt eine aussagekräftige Untersuchung auch eine eingehende Analyse der Rechtsprechung voraus. Weiterhin werden die wesentlichen Entwicklungslinien in der Strafrechtswissenschaft nachgezeichnet. Ergänzend zu den aktuellen mitgliedstaatlichen Vorschriften werden die bereits vorhandenen übernationalen Lösungsansätze analysiert. Innerhalb der behandelten Rechtsordnungen zeichnet sich eine Entwicklung der eher objektiv orientierten Ansätze in Richtung mehr subjektiv geprägter Systeme ab. Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen den vorwiegend liberal formulierten Gesetzestexten und der Subjektivierungstendenz in der Rechtsprechung. In der Konsequenz ergibt sich daraus eine Annäherung bei der kon-
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Vorwort
kreten Behandlung von Fällen fehlender Vollendung ungeachtet sich widersprechender gesetzlicher Regelungen, das heißt Gerichte und Strafrechtswissenschaft gleichen die Unterschiede in den Rechtsvorschriften durch Abweichung vom als unzulänglich erachteten Gesetzeswortlaut aus. Diese primär am Gesetzestext vorbei durch Rechtsprechung und Lehre vorangetriebene Tendenz geht zu Lasten der Rechtssicherheit und des Grundsatzes „nullum crimen sine lege“. Die Antwort auf die gesellschaftspolitischen Herausforderungen der allgemein steigenden Kriminalität, des organisierten Verbrechens und des internationalen Terrorismus kann jedoch nicht in der Aufgabe rechtsstaatlicher Grundsätze liegen. Gerade angesichts der Neigung der Gerichte, rechtspolitischen Notwendigkeiten im Einzelfall nachzugeben, muss der Gesetzgeber gegensteuern, um wenigstens den status quo zu sichern. Der Regelungsvorschlag beruht demzufolge auf der Prämisse, dass eine europäische Versuchsvorschrift, um einer weiteren Vorverlagerung der Strafbarkeit durch allzu großzügige Einbeziehung subjektiver Kriterien entgegenwirken zu können, im Grundsatz objektiv ausgerichtet sein muss. Die vorliegende Dissertation wurde im Sommersemester 2005 von der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommen. Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Dr. h. c. Thomas Hillenkamp für die Betreuung und Förderung des Projekts durch wertvolle Anregungen, aber auch für eine sehr schöne und interessante Zeit an seinem Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht in Heidelberg. Herrn PD Dr. Jürgen Rath danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Die Arbeit profitierte außerdem von Forschungsaufenthalten am Max-PlanckInstitut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg und am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg. Felix Steffek (LL.M.) danke ich für seine Unterstützung und dafür, dass er mir Mut macht, wenn es nötig ist. Ich widme die Arbeit meinen Eltern, Christa und Dr. Gernot Schubert. Sie haben mein Promotionsvorhaben durch aktive Ermunterung und ihr Vorbild gefördert, sind mir in vielerlei Hinsicht mit Rat und Tat zur Seite gestanden und waren immer für mich da. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Bonn, August 2005
Katrin Schubert
Inhaltsübersicht 1. Teil Einführung
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A. Der sozio-ökonomische Hintergrund und seine Bedeutung für die Europäisierung des Strafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sozio-ökonomische Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Europa als „kriminalgeographischer Raum“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. „Europäisierung“ des Strafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23 23 24 24
B. Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsvergleichende Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berücksichtigung übernationaler Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Grundlagen zur Versuchskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriff des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geistesgeschichtliche und rechtsphilosophische Hintergründe . . . . . . . . . . . III. Strafgrund und Versuchsunrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Grundfragen der Versuchskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37 37 38 43 57
2. Teil Nationale und übernationale Regelungen des Versuchs
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A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands in Europa . . . . . . . . . 60 I. Strafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II. Strafmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 III. Versuchsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 IV. Untauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 V. Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 B. Übernationale Regelungen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Versuch im Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . II. Der Versuch im europäischen Wirtschaftsstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Versuch im Rom-Statut des IStGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Versuch im amerikanischen „Model Penal Code“ . . . . . . . . . . . . . . . . . .
215 215 225 233 247
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Inhaltsübersicht 3. Teil Ergebnis
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A. Rahmenregelungen und Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 I. Rahmenregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 II. Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 B. Formulierungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 I. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 II. Englisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
Inhaltsverzeichnis 1. Teil Einführung
23
A. Der sozio-ökonomische Hintergrund und seine Bedeutung für die Europäisierung des Strafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sozio-ökonomische Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Europa als „kriminalgeographischer Raum“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. „Europäisierung“ des Strafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sondercharakter des Strafrechts als „Inbegriff nationaler Souveränität“ 2. Notwendigkeit der Europäisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. „Europäisches Strafrecht“ in actio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Europäische Gemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Projekte der Strafrechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23 23 24 24 25 26 26 27 29 31
B. Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsvergleichende Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berücksichtigung übernationaler Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Grundlagen zur Versuchskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriff des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geistesgeschichtliche und rechtsphilosophische Hintergründe . . . . . . . . . . . III. Strafgrund und Versuchsunrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Romanischer Rechtskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Deutschsprachiger Rechtskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Grundfragen der Versuchskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37 37 38 43 44 46 49 56 57
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Inhaltsverzeichnis 2. Teil Nationale und übernationale Regelungen des Versuchs
60
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands in Europa . . . . . . . . . 60 I. Strafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 a) Strafbarkeit nur bei gesetzlicher Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 b) Differenzierung zwischen verschiedenen Deliktstypen . . . . . . . . . . . 61 c) Strafbarkeit bei allen Vorsatzdelikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2. Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3. Fahrlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4. Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 5. Erfolgsqualifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 II. Strafmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 1. Gleichbestrafung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Strafmilderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Obligatorische Milderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Fakultative Milderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 III. Versuchsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 1. Autoritärer Ansatz: England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) „Common Law“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 bb) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (1) „Last act“-Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (2) „Proximity“-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (3) „Unequivocality“-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (4) „First act“-Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Rechtslage seit CAA 1981 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 aa) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 (1) Vorsatzform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 (2) Umfang des Vorsatzerfordernisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 bb) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 2. Liberaler Ansatz: Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 a) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Beginn der Ausführung: Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (1) Frankreich, Belgien, Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Inhaltsverzeichnis (aa) Objektive Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Subjektive Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Gemischte Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Gerichtliche Konkretisierung des Ausführungsbeginns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Praktische Anwendung des Kausalitätskriteriums (cc) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Objektiver Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Subjektivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Kombinationstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Adäquanz und Eindeutigkeit: Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Adäquanz/Tauglichkeit („atti idonei“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Eindeutigkeit („in modo non equivoco“) . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vergleich mit Erfordernis des Ausführungsbeginns . . . . . . . 3. Vermittelnder Ansatz: Deutschland, Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Abgrenzungsdogmatik und Entscheidung des Gesetzes . . . (2) Konkretisierung des unmittelbaren Ansetzens . . . . . . . . . . . . (a) Individuell-formelle Zwischenaktstheorien . . . . . . . . . . . (b) Individuell-materielle Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Kombinationstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Harmonisierungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Subsumtion der Ansatzformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Vorstellung von der Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Teilverwirklichung des Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes . . . . . . . (d) Sonderfall des beendeten Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Abgrenzungsdogmatik und Entscheidung des Gesetzes . . . (a) Objektive Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Subjektive Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 102 105 107 109 109 113 116 116 117 118 118 119 119 121 122 124 124 125 126 127 127 129 129 130 131 132 134 135 135 137 137 138 139 140 141 141 141 142
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Inhaltsverzeichnis (c) Manifestationstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Konkretisierung der Ausführungsnähe . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Untauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Autoritärer Ansatz: England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Common Law“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tatsächliche Untauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Untauglichkeit des Mittels: „Apparent“ und „intrinsic impossibility“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Untauglichkeit des Objekts: „Missing victims“ und „missing objects“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliche Untauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Irrtum über einen tatsächlichen Tatumstand (so genannte „legal impossibility“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) „Haughton v. Smith“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Theoretische Begründungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtslage seit CAA 1981 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Empfehlung der „Law Commission“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Regelung in s. 1 Abs. 2 und 3 CAA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsprechung nach 1981 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Liberaler Ansatz: Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Repressive Tendenz: Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Objektive Theorie: Straflosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Subjektive Theorie: Strafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vermittelnde Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Absolute und relative Untauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtliche und tatsächliche Untauglichkeit . . . . . . . . . . (4) Subjektivierungstendenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Subjektivierungstendenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Absolute und relative Untauglichkeit: Belgien, Luxemburg, Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Belgien und Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Straflosigkeit: Italien, Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
142 144 145 147 148 148 149 149 149 150 151 152 152 153 154 155 156 156 157 161 162 162 162 162 163 164 165 166 167 167 167 170 172 172 173 174
Inhaltsverzeichnis
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aa) Maßnahmen der Sicherung: Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Sanktion: Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vermittelnder Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Irrealer/abergläubischer Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Untauglichkeit des Subjekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 8 öStG: Generalisierende ex post-Betrachtung . . . . . . . . . (2) Ex ante-Betrachtung im Sinne der Eindruckstheorie . . . . . . (3) Objektive Theorie des OGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Autoritärer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unbeachtlichkeit des Rücktritts für den Versuchstatbestand . . . . . . . b) Rechtsfolgen auf Strafzumessungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Liberaler Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Negativ-implizite Lösung: Frankreich, Belgien, Luxemburg . . . . . . aa) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Positiv-explizite Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vermittelnder Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Unbeendeter, beendeter und fehlgeschlagener Versuch . . . . (2) Unbeendeter Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Beendeter Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
174 175 176 176 176 177 179 179 180 181 182 182 183 184 184 185 188 190 190 190 191 192 193 193 194 196 196 196 196 197 198 198 199 200 200 200 201 201 204 206
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Inhaltsverzeichnis (4) Versuchter Rücktritt vom vermeintlich vollendbaren Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Freiwilligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Unbeendeter und beendeter Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unbeendeter Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Beendeter Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Putativrücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Freiwilligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B. Übernationale Regelungen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Versuch im Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . 1. Das Corpus Juris-Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die allgemeine Regelung des Versuchs im Corpus Juris . . . . . . . . . . . . a) Der Allgemeine Teil des Corpus Juris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Versuchsregelung in Art. 11bis Corpus Juris . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Strafgrund und Versuchsunrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Strafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Strafmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Versuchsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Untauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsnatur und Umsetzbarkeit des Corpus Juris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Integrative Wirkung des Corpus Juris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Versuch im europäischen Wirtschaftsstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Madrid-Symposium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Freiburg-Symposium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die allgemeine Regelung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Allgemeine Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Versuchsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Strafgrund und Versuchsunrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Strafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Strafmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Versuchsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
207 207 208 209 209 210 210 211 212 213 213 215 215 215 218 218 219 220 220 221 221 221 221 222 222 222 224 225 226 226 226 227 227 228 229 229 230 230
Inhaltsverzeichnis
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(1) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Untauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsnatur und Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Integrative Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Versuch im Rom-Statut des IStGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Rom-Statut des IStGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die allgemeine Regelung des Versuchs im IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . a) Der Allgemeine Teil des Völkerstrafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Versuch im Völkerstrafrecht vor In-Kraft-Treten des IStGHStatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Versuchsregelung in Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut . . . . . . . . . . aa) Strafgrund und Versuchsunrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Strafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Strafmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Versuchsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Völkerstrafrechtliche Näherungsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Untauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Implementierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Integrative Wirkung des Statuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Versuch im amerikanischen „Model Penal Code“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der „Model Penal Code“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die allgemeine Regelung des Versuchs im „Model Penal Code“ . . . . . a) Der Allgemeine Teil des „Model Penal Code“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Versuchsregelung in § 5.01 MPC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Strafgrund und Versuchsunrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Strafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Strafmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Versuchsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Untauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsnatur und Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Integrative Wirkung des MPC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
230 231 231 231 232 233 233 233 234 234 236 237 238 239 240 240 240 240 242 243 243 245 247 247 247 248 248 249 249 249 250 252 252 252 254 255 257 258
18
Inhaltsverzeichnis 3. Teil Ergebnis
A. Rahmenregelungen und Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rahmenregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schlussfolgerungen aus der rechtsvergleichenden Untersuchung . . . . . a) Stand der gesetzlichen Regelungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Autoritärer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Liberaler Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vermittelnder Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kriminalpolitische Strömungen und Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Erweiterung der Versuchsstrafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausdehnung der Strafbarkeit auf das Vorbereitungsstadium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Tendenz zur Bestrafung des untauglichen Versuchs . . . . . . . bb) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorverlagerung des Versuchsbeginns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Tendenz zur Bestrafung des untauglichen Versuchs . . . . . . . (3) Restriktive Auslegung der Rücktrittsvorschrift . . . . . . . . . . . cc) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskussion der übernationalen Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Europäisches Wirtschaftsstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rom-Statut des IStGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der amerikanische „Model Penal Code“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Postulat der Konsensfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konsistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Regelungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Materielle Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leitlinien für ein gemeineuropäisches Modell der Versuchsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Dogmatische und kriminalpolitische Grundlagen . . . . . . . . . . . . bb) Subjektivierungstendenz, Legalitäts- und Tatprinzip . . . . . . . . . . b) Beantwortung der Grundfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Strafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
259 259 259 259 260 260 261 263 264 265 265 265 266 266 266 268 269 270 270 270 271 271 272 273 273 273 274 275 275 276 276 276 277 278 278
Inhaltsverzeichnis bb) cc) dd) ee)
Strafmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versuchsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 280 281 283 286
B. Formulierungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 I. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 II. Englisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Sachwortregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
Abkürzungsverzeichnis ABl. A. C. ALI All E. R. Appel corr. beCP BGH BGHSt bulgStGB Bull. crim. Bull. lég. C. A. CAA Cald. Camb. L. J. Cass. Cass. pen. Cas. T. Hard. Ch. des mises CML Rev. Col. L. R. Corr. Cox. C. C. Cr. App. R. Crim. Crim. L. R. C. S. J. CYELS D. dänStG D. C. D. D. D. P. DRiZ Dr. pén. dStGB
Amtsblatt Law Reports, Appeal Cases American Law Institute All England Law Reports Cour d’appel siégeant en matière correctionnelle belgischer Code Pénal Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen bulgarisches Strafgesetzbuch Bulletin des arrêts de la Cour de cassation, chambre criminelle Bulletin législatif Court of Appeal Criminal Attempts Act Caldecott’s Magistrates’ and Settlement Cases The Cambridge Law Journal Cour de cassation Sentenza della sezine penale della Corte di Cazzazione Cases tempore Hardwicke, Lee’s King’s Bench Reports Chambre des mises en accusation Common Market Law Review Columbia Law Review Tribunal correctionnel Cox Criminal Cases Criminal Appeal Reports Cour de cassation française, chambre criminelle The Criminal Law Review Cour Supérieure de Justice The Cambridge Yearbook of European Legal Studies Dalloz dänisches Strafgesetz Divisional Court Delikt en Deliktwet Dalloz, Recueil périodique et critique Deutsche Richterzeitung Droit pénal deutsches Strafgesetzbuch
Abkürzungsverzeichnis E. J. C. C. L. C. J. EvBl F. & F. finnStGB frCP GA Gaz. Pal. Giust. pen. Harv. L. R. HR HRLJ HVR IStGH IStTJ IStTR itCP JBl J. C. J. C. P. J. L. J. P. J. T. JuS JZ K. B. KritV Law Comm. L. Ed. lettStGB Limb. Rechtsl. L. J. M. C. L. J. R. luxCP MDR M. L. R. MPC N. J. NJW nlStGB NStZ N. Z. L. R.
21
European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice Evidenzblatt der Rechtsmittelentscheidungen, Beilage zur ÖJZ Foster & Finlason’s Nisi Prius Reports, 1858–67 finnisches Strafgesetzbuch französischer Code Pénal Goltdammer’s Archiv für Strafrecht Gazette du Palais Giustizia penale e la procedera penale italiana Harvard law review Hoge Raad Human Rights Law Journal Humanitäres Völkerrecht Internationaler Strafgerichtshof Internationales Straftribunal für das ehemalige Jugoslawien Internationales Straftribunal für Ruanda italienischer Codice Penale Juristische Blätter Johnson’s Cases Semaine Juridique (Jurisclasseur périodique) Jurisprudence de Liège Justice of the Peace Journal des Tribunaux Juristische Schulung Juristenzeitung Law Reports, King’s Bench Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Law Commission Lawyers’ Edition, United States Supreme Court Reports lettisches Strafgesetzbuch Limburgse Rechtsleven Law Journal Reports, Magistrates’ Cases Law Journal Reports luxemburgischer Code Pénal Monatsschrift für deutsches Recht The Modern Law Review Model Penal Code Nederlandse Jurisprudentie Neue Juristische Wochenschrift niederländisches Strafgesetzbuch Neue Zeitschrift für Strafrecht New Zealand law review
22 OGH ÖJZ öStGB Pas. Pas. lux. polnStGB Q. B. R. D. P. C. Rev. sc. crim. RGSt R. I. D. P. Riv. pen. R. L. J. R. W. schwKrGB spCP SSt Stb StPdG StV ULA VRS W. L. R. ZRP ZStW
Abkürzungsverzeichnis Oberster Gerichtshof Österreichische Juristen-Zeitung österreichisches Strafgesetzbuch Pasicrisie belge Pasicrisie luxembourgeoise polnisches Strafgesetzbuch Law Reports, Queen’s Bench Revue de droit pénal et de criminologie Revue de science criminelle et de droit pénal comparé Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Revue internationale de droit pénal La Rivista penale Rutgers Law Journal Rechtskundig Weekblad schwedisches Kriminalgesetzbuch spanischer Código Penal Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Strafsachen und Disziplinarangelegenheiten Staatsblad Strafrechtliche Probleme der Gegenwart Strafverteidiger Uniform Laws Annotated Verkehrsrechts-Sammlung Weekly Law Reports Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft
1. Teil
Einführung A. Der sozio-ökonomische Hintergrund und seine Bedeutung für die Europäisierung des Strafrechts I. Sozio-ökonomische Entwicklungen „Was ist für unser heutiges Recht die Entfernung, und was war sie einst! Einst ein absolutes Hindernis für die Vornahme eines jeden Rechtsgeschäfts, ist sie heutzutage für den Verkehr rechtlich fast ohne allen Einfluß. (. . .) Die Lokomotive hat das Lasttier, der Telegraph den Boten, die Feder den Menschen ersetzt – Dampf, Elektrizität und Tinte sind die völlig unentbehrlichen Vermittler des heutigen Verkehrswesens geworden.“1 Schon von Jhering ahnte offenbar, dass die Entstehung einer „Weltgemeinschaft“ durch moderne Transport- und Kommunikationstechniken wie interkontinentale Verkehrsmittel, Internet, globale Telekommunikation und die weltweite wirtschaftliche Verflechtung die Rechtswissenschaft vor neue Herausforderungen stellen würde. In der postindustriellen „Informationsgesellschaft“ herrscht eine zunehmende Abhängigkeit von Daten und den ihrer Verbreitung dienenden Technologien; die größere Mobilität führt zu einer „Weltgesellschaft“ und damit – insbesondere innerhalb der Europäischen Union – zu einem Bedeutungsverlust der nationalen Grenzen. Das Phänomen der Globalisierung betrifft nahezu alle Lebensbereiche: In ökonomischer Hinsicht führt die Entstehung eines weltweiten Marktes zu einem globalen Wettbewerb, aus dem Fortschritt der Kommunikationstechnologien folgen, je nach Betrachtungsweise, die kulturelle Annäherung oder Konfrontation, und die ökologischen Auswirkungen zeigen sich in weltweit spürbaren Umweltproblemen. Aus dieser wirtschaftlichen, technischen und ökologischen Dimension der Globalisierung ergibt sich das politische Bedürfnis nach verstärkter intergouvernementaler Zusammenarbeit und Schaffung internationaler Kontrollmechanismen als notwendige Konsequenz.2
1 2
v. Jhering, Geist des römischen Rechts 2.2, 663. Hilgendorf, in: Raum und Recht (2003), 333, 339.
24
1. Teil: Einführung
II. Europa als „kriminalgeographischer Raum“3 Auch die europäische Kriminalpolitik ist mit diesen grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen konfrontiert: Die sozio-ökonomischen Entwicklungen, nämlich die fortschreitende europäische Einigung, die Globalisierung der Wirtschaft und das Vordringen neuer Technologien in den Bereichen Internet und Telekommunikation, bedingen die Entstehung moderner Formen der Kriminalität sowie eine generelle Internationalisierung des Verbrechens als dem Gegenstand der Strafgesetzgebung.4 Besonders evident ist dies im Bereich der Internetkriminalität, das heißt des Computermissbrauchs in internationalen Datennetzen. Zwar lässt sich hier kein eigentlicher „Tatort“ ermitteln, dafür zeigen sich die Konsequenzen aber an unzähligen „Erfolgsorten“. Grenzüberschreitende Auswirkungen von Straftaten sind auch im Rahmen des Umweltstrafrechts sowie bei der Beeinträchtigung übernationaler Rechtsgüter im Völkerstrafrecht zu verzeichnen. In einer Gesellschaft, die auf den Grundprinzipien des freien Handels und des unbegrenzten Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs beruht, bekommen jedoch auch traditionelle Straftaten eine internationale Dimension.5 Unerwünschte Nebenfolge eines Europa ohne Grenzen ist, dass sich Straftäter die europaweite Mobilität für kriminelle Zwecke zunutze machen. Durch den Missbrauch der Grundfreiheiten zur Begehung von Straftaten wirkt sich die Realisierung des Binnenmarktes also unmittelbar auf die Kriminalität und deren Bekämpfung aus.6 Dabei begünstigen der Wegfall der Binnengrenzkontrollen und die wirtschaftliche Verflechtung vor allem die organisierte Kriminalität. Die mit Blick auf Umfang und Schadenhöhe schwerwiegendsten Formen grenzüberschreitender Straftaten sind Wirtschafts- und Umweltdelikte, Drogenhandel, Geldwäsche sowie Korruption.7
III. „Europäisierung“ des Strafrechts Nach dem erfolgreichen Anwachsen von sechs auf fünfzehn Mitgliedstaaten hat die Europäische Union im Mai 2004 durch Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder sowie Maltas und Zyperns die größte Erweiterung ihrer Geschichte vollzogen: Von den dreizehn Bewerberstaaten wurden zehn (Estland, 3
Dannecker, in: Handbuch, Rn. 17 f. Dannecker, in: Handbuch, Rn. 1; Weigend, in: Roxin-Festschrift (2001), 1375, 1376. 5 Sieber, JZ 1997, 369, 370; Weigend, in: Roxin-Festschrift (2001), 1375, 1376. 6 Dannecker, in: Handbuch, Rn. 17; Jung, JuS 2000, 417, 418; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 262. 7 Dannecker, in: Handbuch, Rn. 18; Jung, JuS 2000, 417, 418. 4
A. Der sozio-ökonomische Hintergrund und seine Bedeutung
25
Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern) aufgenommen. Bulgarien und Rumänien werden voraussichtlich 2007 hinzukommen, während mit der Türkei bisher noch keine offiziellen Beitrittsverhandlungen geführt wurden. Die Europäische Union ist eine primär durch auf europäischer Ebene gesetztes unmittelbar oder mittelbar geltendes Recht geformte Gemeinschaft. Insbesondere werden weite Bereiche des Wirtschafts- und Verbraucherschutzrechts nicht mehr in den Mitgliedstaaten, sondern von Kommission, Rat und dem Europäischen Parlament beraten und beschlossen. Angesichts des fortschreitenden europäischen Einigungsprozesses stellt sich die Frage, wie in einem enger zusammenwachsenden Europa die Zukunft des bislang überwiegend national ausgerichteten Strafrechts aussehen soll. Die seit Beginn der neunziger Jahre intensiv geführte rechtspolitische Diskussion um die Europäisierung des Strafrechts betrifft vor allem den Umfang der strafrechtlichen Integration sowie die Erarbeitung eines Europäischen Modellstrafgesetzbuches.8 1. Sondercharakter des Strafrechts als „Inbegriff nationaler Souveränität“9 Im Gegensatz zu öffentlichem Recht und Zivilrecht beschäftigte sich die Strafrechtslehre bisher wenig mit den europäischen Herausforderungen an ihr Gebiet. Dies erklärt sich zum einen aus den für den sensiblen Bereich des Strafrechts besonders bedeutsamen unterschiedlichen kulturellen Verankerungen und Traditionen und andererseits aus der Zugehörigkeit der Strafbefugnis zum Kernbereich staatlicher Souveränität:10 „Wo keine monopolisierte Staatsgewalt, da auch kein Strafrecht.“11 Die Strafrechtspflege ist wesentlich enger als andere Rechtsgebiete mit der nationalen Souveränität, auf die die Mitgliedstaaten bislang nicht verzichten wollten und die sie auch nicht abgegeben haben, verknüpft. Während die Europäische Union vor allem im wirtschaftlichen Sektor durch Übertragung von Hoheitsrechten umfassende Kompetenzen erhalten hat, verblieben die traditionell nationalen Rechte, insbesondere im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung, grundsätzlich bei den Mitgliedstaaten.12 Es besteht auch Einigkeit dahingehend, dass dies auf absehbare Zeit so bleiben und die Souve8 Vgl. z. B. Jung, JuS 2000, 417 ff.; Sieber, ZStW 103 (1991), 957 ff.; Vogel, JZ 1995, 331 ff. 9 Dannecker, in: Handbuch, Rn. 264. 10 Albrecht/Braum, KritV 2001, 313; Vogel, JZ 1995, 331, 332; Weigend, ZStW 105 (1993), 774, 786 ff. 11 Albrecht/Braum, KritV 2001, 313. 12 Eisele, JZ 2001, 1157; Sieber, JZ 1997, 369, 370.
26
1. Teil: Einführung
ränität des nationalen Gesetzgebers in Strafsachen prinzipiell nicht angetastet werden soll.13 2. Notwendigkeit der Europäisierung Die partielle Integration führt zu der Absurdität, dass sich Delinquenten dank der europäischen Grundfreiheiten innerhalb Europas ohne Schwierigkeiten bewegen, während die Strafverfolgung grundsätzlich auf das Territorium des Nationalstaates begrenzt ist.14 In diesem System von europaweit operierenden Straftätern und national beschränkten Strafverfolgungsbehörden, das durch Unterschiedlichkeit der Rechtssysteme sowie Diskontinuität der zur Kriminalitätsbekämpfung ergriffenen Maßnahmen gekennzeichnet ist, gestaltet sich die Strafverfolgung komplex, uneinheitlich und daher zum Teil nur begrenzt wirksam.15 Macht die Bedrohung von Rechtsgütern an nationalen Grenzen nicht Halt, darf auch die Reaktion nicht partikularistisch ausfallen, sofern nicht die Effizienz der Verbrechensbekämpfung Schaden nehmen soll; in einem Europa der transnationalen Kriminalität ist es daher geboten, auch über ein Strafrecht nachzudenken, das fähig ist, Ländergrenzen zu überwinden.16 Die europäische Herausforderung stellt sich folglich als zentrale Frage auch für die Strafrechtswissenschaft. 3. „Europäisches Strafrecht“ in actio Die Europäisierung des Strafrechts ist als unumkehrbarer Prozess in vollem Gange.17 Im Folgenden soll ein Überblick über den aktuellen Stand und die zu erwartende Fortentwicklung der europäischen Einigungsbestrebungen auf dem Gebiet des Strafrechts gegeben werden. Ein umfassendes europäisches Kriminalstrafrecht („Strafrecht der Strafgesetzlichkeit“18) existiert bisher zwar nicht, dennoch wirkt das europäische Recht in vielfältiger Weise auf das nationale Strafrecht ein.19 Ziel der Europäisierung des Strafrechts ist es, durch Angleichung und Harmonisierung der Strafvorschriften in den Mitgliedstaaten ein „effizientes straf13
Albrecht/Braum, KritV 2001, 313 m. w. N. Dannecker, in: Handbuch, Rn. 270; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 262. 15 Delmas-Marty, Corpus Juris, 13, 14. 16 Dannecker, in: Handbuch, Rn. 20; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 256; krit. Albrecht, ZRP 2004, 1, 2 f.; Hilgendorf, in: Raum und Recht (2003), 333, 341 f. 17 Hilgendorf, in: Raum und Recht (2003), 333, 334; Sieber, ZStW 103 (1991), 957, 963; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 256. 18 Albrecht, ZRP 2004, 1. 19 Hilgendorf, in: Raum und Recht (2003), 333, 340; Satzger, Internationales Strafrecht, 80 ff.; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 257. 14
A. Der sozio-ökonomische Hintergrund und seine Bedeutung
27
rechtliches Reaktionsarsenal“ zu schaffen.20 Einerseits setzt dies die formelle Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft bei der Kriminalitätsbekämpfung und Strafverfolgung voraus, andererseits die Einigung auf einen Mindeststandard materieller Straftatbestände zum Schutz bestimmter Gemeinschaftsrechtsgüter.21 Die Integration kann grundsätzlich auf mehrere Arten, nämlich durch Strafrechtssetzung auf europäischer Ebene oder durch Angleichung nationaler Bestimmungen, geschehen.22 Dabei unterscheiden sich die verschiedenen Optionen im Grad ihres Einflusses auf das nationale Recht: Während die Assimilation durch Ausdehnung des Anwendungsbereichs der nationalen Strafrechtsordnungen auf den Schutz gemeinschaftsrechtlicher Tatobjekte das nationale Recht kaum berührt, ist dies bei einer Harmonisierung etwa durch Richtlinien und Übereinkommen schon in stärkerem Maße der Fall. Die intensivste Beeinflussung erfährt eine mitgliedstaatliche Regelung bei Vereinheitlichung der Bestimmungen durch unmittelbar geltendes europäisches Sanktionen- und Untersuchungsrecht.23 a) Europäische Gemeinschaften Durch den Amsterdamer Vertrag vom 2. 10. 1997, der am 1. 5. 1999 in Kraft getreten ist, wurden wesentliche Teile der bisherigen Dritten Säule der Europäischen Union (Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres) in die Erste Säule, das heißt den EG-Vertrag (EGV), überführt.24 Aufgrund des im Gemeinschaftsrecht geltenden Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 EGV) existiert keine allgemeine originäre Kompetenz der EG zur Schaffung supranationalen Strafrechts.25 Mit Einführung des Art. 280 Abs. 4 EGV wurde der Rat jedoch ermächtigt, zur Gewährleistung eines effektiven und gleichwertigen Schutzes in den Mitgliedstaaten „die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien, die sich gegen die finanziellen Interessen der Gemeinschaft richten“, zu ergreifen.26 20
Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 263. Dannecker, in: Handbuch, Rn. 13. 22 Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 262. 23 So z. B. durch die VO 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften oder die Einrichtung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung („office de la lutte antifraude“, OLAF), Albrecht/Braum, KritV 2001, 313, 319. 24 Dannecker, in: Handbuch, Rn. 7; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 259. 25 Albrecht, ZRP 2004, 1, 2; ders./Braum, KritV 2001, 313; Dannecker, in: Handbuch, Rn. 64; Eisele, JZ 2001, 1157; Jung, JuS 2000, 417, 419; Sieber, ZStW 103 (1991), 957, 969; Vogel, JZ 1995, 331, 332. Vgl. zur Rechtssetzungskompetenz ausführlich Satzger, Europäisierung, 90 ff.; ders., Internationales Strafrecht, 83 ff.; Schröder, Richtlinien, 103 ff. 21
28
1. Teil: Einführung
Satz 2 der Vorschrift („Die Anwendung des Strafrechts der Mitgliedstaaten und ihre Strafrechtspflege bleiben von diesen Maßnahmen unberührt.“) führte zu Kontroversen um die Frage, ob Art. 280 Abs. 4 EGV als partielle Kompetenzzuweisung den Erlass genuin supranationaler Strafrechtsnormen erlaubt.27 Wegen der jedenfalls fehlenden allgemeinen originären Ermächtigung der Gemeinschaft zur Schaffung von Strafvorschriften verbleibt für die EG im Rahmen der Ersten Säule lediglich die Möglichkeit, kraft ihrer Anweisungskompetenz die Mitgliedstaaten zur Schaffung neuer oder zur Änderung bestehender Straftatbestände zu veranlassen.28 Dieser Befugnis bedient sich die EG regelmäßig in Form von Richtlinien oder Verordnungen (Art. 249 EGV), die von den Mitgliedstaaten die Verhängung von Sanktionen im Hinblick auf die jeweils geregelte Materie verlangen.29 Beispiele sind die Richtlinie zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte30 sowie die Richtlinie zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche.31 Integrativ wirkt im Rahmen der Ersten Säule auch die Assimilierung durch Verweisung auf nationales Strafrecht in EG-Rechtsakten, die den Anwendungsbereich der mitgliedstaatlichen Regelungen auf den Schutz von Gemeinschaftsrechtsgütern erweitert.32 Weiterhin werden die nationalen Strafverfolgungsbehörden durch Institutionen wie das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung („office de la lutte antifraude“, OLAF) bei der Durchführung von Untersuchungen und Koordination ihrer Ermittlungstätigkeiten unterstützt.
26 Auf diese Kompetenzzuweisung stützt sich der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft, KOM/2001/0272, endg., ABl. 2001, Nr. C 240 E v. 28. 8. 2001, S. 125 ff. (überarbeitete Fassung vom 16. 10. 2002, KOM/2002/0577 endg.). 27 Dagegen Eisele, JZ 2001, 1158; Hilgendorf, in: Raum und Recht (2003), 333, 340; a. A. Dannecker, in: Handbuch, Rn. 72; Tiedemann, in: Lenckner-Festschrift (1998), 411, 415; ders., ZStW 110 (1998), 497, 499; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 259 ff. 28 Die Anweisungskompetenz wird entweder aus der „implied powers“-Lehre bzw. dem Gedanken des „effet utile“ oder aus Art. 94 bzw. 95 EGV abgeleitet, vgl. Dannekker, in: Handbuch, Rn. 65; Eisele, JZ 2001, 1157, 1158; Hilgendorf, in: Raum und Recht (2003), 333, 340; Satzger, Europäisierung, 393 ff.; ders., Internationales Strafrecht, 99 ff.; ausführlich Schröder, Richtlinien, 184 ff. 29 Sieber, ZStW 103 (1991), 957, 965; ders., JZ 1997, 369, 371. 30 Richtlinie des Rates 89/592/EWG vom 13. 11. 1989, ABl. 1989, Nr. L 334 v. 18. 11. 1989, S. 30. 31 Richtlinie des Rates 91/308/EWG vom 10. 6. 1991, ABl. 1991, Nr. L 166 v. 28. 6. 1991, S. 77. Vgl. zu weiteren Beispielen und Regelungsvorhaben Dannecker, in: Handbuch, Rn. 93 ff. 32 Dannecker, in: Handbuch, Rn. 68.
A. Der sozio-ökonomische Hintergrund und seine Bedeutung
29
b) Europäische Union Auch im Rahmen der Dritten Säule der Europäischen Union wurde die Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung durch den Amsterdamer Vertrag mittels Schaffung eines gemeinsamen Mindeststandards an nationalen Strafvorschriften und durch Kooperation im Bereich des Strafverfahrens ausgebaut.33 Bei den aufgrund des EU-Vertrages getroffenen Maßnahmen handelt es sich nicht um Gemeinschaftsrecht im engeren Sinne, sondern um eine besondere Mischung aus supranationalen und völkerrechtlichen Elementen, das heißt um so genanntes „abgeleitetes Gemeinschaftsrecht“.34 Die Einigungsbestrebungen auf dem Gebiet des Wirtschafts- und Verwaltungsstrafrechts dienen dem Ziel, „den Bürgern in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein hohes Maß an Sicherheit zu bieten“ (Art. 29 Abs. 1 EUV). Dazu kann sich der Rat verschiedener Rechtsformen der völkervertraglichen Zusammenarbeit bedienen: Nach Art. 34 EUV hat er die Befugnis zur Annahme von Gemeinsamen Standpunkten, von Rahmenbeschlüssen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten und von Beschlüssen sowie das Recht der Erstellung von Übereinkommen, die er den Mitgliedstaaten zur Annahme empfiehlt. Der Begriff der „organisierten Kriminalität“ als Merkmal der Ermächtigungsnormen in Art. 34, 31 lit. e EUV ermöglicht es der EU also, im Wege der unionsvertraglichen Zusammenarbeit durch verbindliche, mittelbar wirksam werdende Rechtsakte – nämlich Rahmenbeschlüsse und Übereinkommen – das nationale Strafrecht zu beeinflussen und umzugestalten und wird so neben der „Funktionstüchtigkeit des Binnenmarktes“ zu einem weiteren Einfallstor europäischer Strafrechtsvereinheitlichung. 35 Der Rat kann auf Initiative eines Mitgliedstaates oder der Kommission einstimmig Rahmenbeschlüsse zur Angleichung des mitgliedstaatlichen Strafrechts annehmen (Art. 29 Abs. 2, Art. 31 lit. e EUV i. V. m. Art. 34 Abs. 2 lit. b EUV). Diese haben Richtliniencharakter, das heißt sie sind im nationalen Recht nicht unmittelbar wirksam, aber für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden punktuellen Zieles bei Freiheit der Wahl der Mittel verbindlich.36 Beispiele sind der Rahmenbeschluss über Geldwäsche sowie Ermittlung, Einfrieren, Beschlagnahme und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten,37 der Rahmenbeschluss des Rates über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten38 sowie der Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Umweltkriminalität. 39 33 34 35 36 37
Satzger, Internationales Strafrecht, 86, 103 ff. Albrecht/Braum, KritV 2001, 313, 314, 317; Dannecker, in: Handbuch, Rn. 255. Albrecht/Braum/Frankenberg/Günther/Naucke/Simitis, KritV 2001, 279, 283 f. Eisele, JZ 2001, 1157, 1159; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 262. (2001/500/JI), vgl. Dannecker, in: Handbuch, Rn. 53.
30
1. Teil: Einführung
Durch die Konvention als flexiblere Form der Harmonisierung, die zunächst freiwilligen Konsens erfordert und dann durch Übertragung in nationales Recht bindend wird, gehen die Mitgliedstaaten formal die Verpflichtung ein, die völkerrechtlich vorgegebenen Inhalte in innerstaatliches Recht umzusetzen.40 Der bedeutendste Schritt war das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften,41 das die Mitgliedstaaten verpflichtet, Maßnahmen zur effektiven, angemessenen und abschreckenden Ahndung des Betrugs zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften zu ergreifen. Inzwischen wurde die Konvention mehrmals ergänzt, nämlich durch das Erste Protokoll zur Harmonisierung der Strafen für Bestechungshandlungen42 und das Zweite Protokoll zu Geldwäsche und Verantwortlichkeit juristischer Personen.43 Ein Drittes Protokoll zu Geldwäsche, Verantwortlichkeit von juristischen Personen und der Rolle der Kommission bei Zusammenarbeit der Justizbehörden wird zur Zeit validiert.44 Durch die Unterzeichnung des Übereinkommens zur Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind,45 wurde der Strafrechtsschutz auf Handlungen ausgedehnt, die nicht in Zusammenhang mit der Schädigung von EU-Finanzinteressen stehen. Im Rahmen des Europäischen Polizeirechts der Dritten Säule wurden Institutionen und Organisationsstrukturen geschaffen, die der Koordinierung im Bereich des Strafverfahrens dienen sollen, wie etwa das Europäische Polizeiamt (Europol), das Europäische Justizielle Netz und die Europäische Stelle für Justizielle Zusammenarbeit (EUROJUST).46
38 ABl. 2002, Nr. L 190 v. 18. 7. 2002, S. 1 ff., vgl. Dannecker, in: Handbuch, Rn. 39. 39 ABl. 2003, Nr. L 29 v. 5. 2. 2003, S. 55 ff. 40 Albrecht/Braum, KritV 2001, 313, 316; Sieber, JZ 1997, 369, 377. Beispiele sind die Übereinkommen zu Auslieferung, Vollstreckungshilfe, „ne bis in idem“ und zur Rechtshilfe in Strafsachen. 41 ABl. Nr. C 316 v. 27. 11. 1995, S. 49, vgl. eingehend Dannecker, in: Handbuch, Rn. 43 ff. 42 ABl. Nr. C 313 v. 23. 10. 1996. 43 ABl. Nr. C 221 v. 19. 7. 1997, S. 11. 44 Vgl. zu den Protokollen ausführlich Dannecker, in: Handbuch, Rn. 46 ff. 45 ABl. 1997, Nr. C 195 v. 25. 6. 1997, S. 1, 2 ff., vgl. Dannecker, in: Handbuch, Rn. 50 ff. 46 Dannecker, in: Handbuch, Rn. 22 ff., 234 ff.
A. Der sozio-ökonomische Hintergrund und seine Bedeutung
31
c) Projekte der Strafrechtswissenschaft Über die soeben skizzierte eher punktuelle gemeinschaftsrechtliche Harmonisierung hinaus beschäftigt sich die europäische Strafrechtswissenschaft mit weiter angelegten Vereinheitlichungsprojekten. Anschauliches Beispiel für das beginnende Zusammenwachsen der europäischen Staatengemeinschaft auch auf dem Gebiet des Strafrechts47 ist der zwar immer noch bereichsspezifische, aber insoweit umfassende Entwurf des Corpus Juris als einer partiellen Strafrechts- und Verfahrensordnung zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union.48 Neben diesem gemeinsamen Projekt des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission, der Vereinigungen für europäisches Strafrecht und europaweiter Strafrechtsforschung gibt es unabhängig von konkreten Planungen der EU Überlegungen zur Ausgestaltung eines Europäischen Wirtschaftsstrafrechts. Diese Thematik war Gegenstand zweier größerer Symposien in Madrid („Bausteine des Europäischen Wirtschaftsstrafrechts“)49 und Freiburg („Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union“).50 Wie das Corpus Juris enthalten sowohl der 1992 in Spanien ausgearbeitete Vorschlag einer EG-Verordnung über Grundsätze für die Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Sanktionen als auch der in Freiburg präsentierte Katalog der „Europa-Delikte“ eine Vorschrift zur Versuchsstrafbarkeit, auf die unten noch im Detail eingegangen werden wird.51 Das im Jahr 1996 von Sieber entwickelte Konzept eines europäischen Modellstrafgesetzbuches („Memorandum for the Council of Europe on an European Model Penal Code“) beruht auf Initiativen des Europarates von 1971 und 1993.52 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich das Strafrecht derzeit noch „seinen Weg zwischen schwach ausgebildeter originärer Kompetenz in den Verträgen und ausladenden politischen Absichtserklärungen, die zunehmend mit Inhalt gefüllt werden“, sucht.53 Das Ausbleiben einer weitergehenden Vereinheitlichung des Strafrechts ist aber nicht auf einen Mangel an rechtlichen Möglichkeiten, sondern auf den bisher fehlenden politischen Willen der Mitgliedstaaten zurückzuführen; Art. 42, 29, 31 lit. e EUV und Art. 67 EGV statuieren für die 47
LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 149; vgl. Sieber, JZ 1997, 369, 380. Vgl. Delmas-Marty, Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union (1998). 49 Vgl. Schünemann/Suárez Gonzáles, Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts, Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann (1994). 50 Vgl. Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union, Rechtsdogmatik, Rechtsvergleich, Rechtspolitik, Freiburg-Symposium (2002). 51 Vgl. 2. Teil B. I. und II. 52 Sieber, JZ 1997, 369 ff. 53 Jung, JuS 2000, 417, 421. 48
32
1. Teil: Einführung
Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in Strafsachen eine „gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit auf politischen Abruf“.54
B. Ziel der Untersuchung Die Öffnung der Binnenmarktgrenzen wird sich bei Aufrechterhaltung der bisherigen fünfundzwanzig Rechtsordnungen und daraus resultierender Disharmonie der Strafverfolgungssysteme als problematisch erweisen.55 Eventuell entstehende „Oasen der Straflosigkeit“ („Crime Havens“) und zu milde Sanktionierung in einem Mitgliedstaat lassen ein Ausweichverhalten der Täter in Form von „Kriminalitätstourismus“ befürchten, wobei eine Verschärfung durch Beitritt der Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas, des baltischen Raumes und Zyperns zu erwarten ist.56 Solange der gemeinsame Markt nicht mit einem echten „europäischen Rechtsraum“ einhergeht, wird die Verfolgung von grenzüberschreitenden Straftaten innerhalb der Europäischen Union daher schwierig bleiben. „Der einzige Weg zur Lösung der durch die (unvollständige) europäische Integration verursachten Probleme ist eine noch weitergehende Integration.“57 Das fortschreitende Zusammenwachsen der europäischen Strafrechtssysteme ist dabei in unterschiedlichem Ausmaß und in verschiedenen Modellen denkbar: Als informelle Angleichungsmechanismen stellen Abstimmung und Kooperation durch wechselseitige Anerkennungsregeln die Minimalbedingung der Europäisierung dar; weitergehend ist die Harmonisierung des internen Rechts nach supranationalen empfehlenden oder zwingenden Vorgaben. Schließlich kommt auch eine völlige Vereinheitlichung durch Schaffung eines originär europäischen Strafrechts in Betracht.58 Die Diversität in positivem Recht, Rechtsphilosophie und Rechtstheorie legt eine vorsichtige, rahmenhafte Abstimmung beziehungsweise die Formulierung bloßer Mindeststandards nahe.59 Selbst die lockerste Form der Zusammenarbeit kann jedoch nur auf der Grundlage einer gewissen Annäherung von Werten und Gesetzen funktionieren, das heißt die Rechtsharmonisierung ist notwendige Mindestvoraussetzung einer stärkeren Integration der europäischen Strafjustiz.60 54
Albrecht/Braum, KritV 2001, 313, 314. Dannecker, in: Handbuch, Rn. 266; Delmas-Marty, Corpus Juris, 13. 56 Dannecker, in: Handbuch, Rn. 20, 266; Sieber, JZ 1997, 369, 373, 374 f. 57 Sieber, JZ 1997, 369, 370. 58 Jung, JuS 2000, 417, 418; Sieber, ZStW 103 (1991), 957, 961 f.; ders., JZ 1997, 369, 372 Fn. 26, 376. 59 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3. 60 Sieber, JZ 1997, 369, 376. 55
B. Ziel der Untersuchung
33
Anhand der Beispiele des amerikanischen „Model Penal Code“ von 196161 und des vom chilenischen Institut für Strafrecht entwickelten lateinamerikanischen Modellstrafgesetzbuches62 hat sich gezeigt, dass die Entwicklung von Modellgesetzen eine Möglichkeit darstellt, auf die Harmonisierung von nationalen Strafrechtsordnungen hinzuwirken.63 Die gesellschaftlichen Veränderungen seit der erstmaligen, ergebnislosen Erörterung der Schaffung eines Europäischen Modellstrafgesetzbuches durch den Europarat im Jahre 1971 haben 1993 zu einer erneuten Initiative geführt.64 Mittlerweile wird die Idee einer Europäischen Modellregelung selbst von Kritikern der Europäisierung befürwortet, da sie als der Devise des Europarates von der „sanften Überredung“ entsprechende Orientierungshilfe rechtskulturellen und politischen Bedenken Rechnung trägt.65 Ein Modellgesetz ohne zwingenden Charakter wirkt primär durch seine Vorbildfunktion und ermöglicht durch Einräumung der Möglichkeit einer Abweichung nationaler Rechtsordnungen vom Modell eine flexible Harmonisierung.66 Folglich würde ein Europäisches Modellstrafgesetzbuch alle oben aufgezählten in Frage kommenden Formen der Integration unterstützen und dabei aufgrund seiner Flexibilität die Berücksichtigung kultureller Besonderheiten erlauben. Zudem könnte es zu einer Überprüfung und anschließenden Rationalisierung und Systematisierung der nationalen Strafgesetze beitragen.67 Im Unterschied zum sektoralen, bereichsspezifischen, das heißt auf Teilharmonisierung angelegten Konzept des Corpus Juris scheint eine Erfassung des gesamten materiellen Strafrechts durch Ausarbeitung eines europäischen Modellstrafrechts mit Allgemeinem und Besonderen Teil sinnvoll und wünschenswert.68 Angesichts des Bedarfs nach einer international abgestimmten Strategie der Verbrechensbekämpfung und einer einheitlichen rechtlichen Regelung69 ist es Ziel der Untersuchung, eine eigenständige und allgemeine, nicht auf wirtschaftliche Sektoren beschränkte70 Modellvorschrift zu formulieren, die innerhalb der 61
Vgl. dazu unten 2. Teil B. IV. Vgl. dazu Sieber, ZStW 103 (1991), 957, 961; ders., JZ 1997, 369, 377 m. w. N. 63 Vogel, JZ 1995, 331, 334. 64 Sieber, JZ 1997, 369 f. 65 Jung, JuS 2000, 417, 423; Sieber, JZ 1997, 369, 378; Vogel, JZ 1995, 331, 334. 66 Sieber, JZ 1997, 369, 378. 67 Sieber, JZ 1997, 369, 380. 68 Jung, JuS 2000, 417, 423; Sieber, ZStW 103 (1991), 957, 977 ff.; Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3, 5; krit. Dannecker, in: Handbuch, Rn. 284; für Beschränkung auf den politisch neutraleren Allgemeinen Teil des Strafrechts Vogel, JZ 1995, 331, 334. 69 Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 5; Weigend, in: Roxin-Festschrift (2001), 1375, 1376. 70 „Der dem Allgemeinen Teil immanente Abstraktionsprozeß setzt voraus, daß nicht einige wenige, sondern tendenziell alle Deliktsgruppen Modell für die Entwicklung von Prinzipien und Regeln des Allgemeinen Teils sind.“, Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3, 19. 62
34
1. Teil: Einführung
gesamten Europäischen Union auf Akzeptanz stoßen könnte. Da im Rahmen dieser Arbeit die Entwicklung eines vollständigen Regelwerks nicht geleistet werden kann, beschränken sich die Ausführungen auf die dem Allgemeinen Teil angehörende Versuchsvorschrift. Selbst wenn eine internationale Normierung nur einen bestimmten Bereich strafbaren Verhaltens erfasst, kommt sie, will sie die gleichmäßige Anwendung der Straftatbestände durch die Gerichte gewährleisten, nicht ohne Regelungen aus, die Materien des Allgemeinen Teils betreffen.71 Zwar scheint dieser Sektor grundsätzlich einer Vereinheitlichung zugänglich, da er „auf ganz besondere Weise ein gemeineuropäisches Erbe darstellt“,72 jedoch herrscht faktisch europaweit noch erheblicher Harmonisierungsbedarf: „With regard to the general requirements for criminal responsibility, there are huge differences between the countries. For instance with respect to the elements of attempt, complicity, and mens rea, or regarding the position of legal entities (. . .) in criminal law. In other words, we have a rather limited uniformity in this area.“73 Daraus ergibt sich jedenfalls in Bezug auf den dogmatischen Allgemeinen Teil die Notwendigkeit der Bestandsaufnahme und des stärkeren Engagements für laufende internationale Harmonisierungsbemühungen.74 Einer gesetzlichen Regelung bedarf der Allgemeine Teil jedenfalls insoweit, als seine Zurechnungsregeln eine Ausdehnung der im Besonderen Teil vorgesehenen Strafbarkeit begründen, das heißt ein Strafrechtssystem kann nicht ohne Regeln etwa über die Strafbarkeit von Versuchs- und Vorbereitungshandlungen funktionieren,75 und ein strafbarer Versuch ist nur dann anzunehmen, wenn die Sanktionierung vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen ist.76 Die Lehre vom Versuch erscheint insofern als europaweit konsens- und damit auch grundsätzlich harmonisierungsfähiges Prinzip.77 Die Fragen nach dem Strafzweck und dem Zeitpunkt des Einsetzens der Strafbarkeit berühren die Grundlagen der Strafrechtswissenschaft. Die Versuchskonzeption als für die Struktur eines Haftungssystems zentrales, da die Mindestschwelle strafrechtlicher Relevanz kennzeichnendes Rechtsinstitut78 ist aus strafrechtsdogmatischer Sicht besonders interessant und ihre Untersuchung viel71 Dannecker, in: Handbuch, Rn. 267; Greve, in: Europäische Einigung, 107; Sieber, JZ 1997, 369, 375; Tiedemann, ZStW 110 (1998), 497, 500; Weigend, in: Roxin-Festschrift (2001), 1375, 1378. 72 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 170 m. w. N. in Fn. 5. 73 Greve, in: Europäische Einigung, 107. 74 Tiedemann, in: Lenckner-Festschrift (1998), 411, 415; Vogel, JZ 1995, 331. 75 Weigend, in: Roxin-Festschrift (2001), 1375, 1379. 76 Tiedemann, ZStW 110 (1998), 497, 513; ders., in: Lenckner-Festschrift (1998), 411, 417; ders., Freiburg-Symposium, 3, 19, 21. 77 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3, 5. 78 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 170, 180.
C. Vorgehensweise
35
versprechend, da die gesetzgeberische Entscheidung, welches Verhalten als strafwürdig und daher versuchsbegründend angesehen wird und welches nicht, Rückschlüsse auf die generell verfolgte Kriminalpolitik erlaubt. Aus dem Anliegen, an einer stärkeren Harmonisierung der allgemeinen Grundlagen und insbesondere des Versuchs als einer zentralen Institution weiterzuarbeiten,79 erklärt sich die hier vorgenommene Schwerpunktsetzung.
C. Vorgehensweise I. Rechtsvergleichende Methode Der mögliche Inhalt zukünftiger europäisch-einheitlicher Regelungen ist im Wege einer funktionalen Rechtsvergleichung zu ermitteln.80 Der hier zu unternehmenden Entwicklung einer Modellvorschrift muss also eine komparative Darstellung des aktuellen Rechtszustands im europäischen Raum vorangehen.81 Der Allgemeine Teil des Kriminalstrafrechts hat in Europa weitreichende gemeinsame historische Wurzeln im „ius commune“, in den Ideen der Aufklärung und in den europaweit geltenden Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention.82 Diese Berührungslinien können als Grundlage der Harmonisierung dienen.83 Daneben sind selbstverständlich die aktuellen nationalen Regelungen zum Versuch zu berücksichtigen. Dabei kann eine erschöpfende Darstellung der Vorschriften zur Versuchsstrafbarkeit in allen aktuellen und zukünftigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in diesem Rahmen nicht erfolgen. Die ausführliche Präsentation des Rechts der hier als für die großen europäischen Strömungen repräsentativ ausgewählten Länder (Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich und Spanien) erscheint aber ausreichend, um sich über die in Europa bestehenden Problemkreise einen Überblick zu verschaffen. Neben der Skizzierung der Versuchsvorschriften der nordischen Staaten soll im Hinblick auf die gerade erfolgte und noch im Fortschreiten befindliche Erweiterung der Europäischen Union jedoch auch das Recht einiger osteuropäischer Länder Berücksichtigung finden.
79
LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 149. Vogel, JZ 1995, 331, 336. Vgl. zur Methode auch Wittemann, Grundlinien, 1 f. 81 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 6, 17; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 149. 82 Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 10; Tiedemann, ZStW 110 (1998), 497; ders., in: Lenckner-Festschrift (1998), 411, 412; ders., Freiburg-Symposium, 3. 83 Hennau-Hublet, in: Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 6. 80
36
1. Teil: Einführung
Der Anhang dieser Arbeit enthält eine Synopse der behandelten Regelungen zur Versuchsstrafbarkeit (jeweils im Originaltext und in der deutschen Übersetzung). In Anbetracht der Tatsache, dass die materiellen Lösungen in der Anwendungspraxis der verschiedenen Rechtssysteme nicht immer vollständig mit dem vom Gesetzgeber eingeschlagenen Weg übereinstimmen, setzt eine aussagekräftige Untersuchung auch eine eingehende Analyse der Rechtsprechung voraus.84 Weiterhin sollen die wesentlichen Entwicklungslinien in der Strafrechtswissenschaft nachgezeichnet werden.
II. Berücksichtigung übernationaler Regelungen Neben den aktuellen mitgliedstaatlichen Vorschriften müssen auch die bereits vorhandenen übernationalen Lösungsansätze berücksichtigt werden. Im europäischen Kontext ist das „Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union“ von Bedeutung, das auch eine Vorschrift zur Versuchsstrafbarkeit enthält.85 Gleiches gilt für die anlässlich der Symposien in Madrid und Freiburg erarbeiteten Regelungsvorschläge zum Europäischen Wirtschaftsstrafrecht.86 Vereinheitlichungsbestrebungen in Europa dürfen weiterhin die Entwicklung im Völkerstrafrecht nicht ignorieren.87 Am 1. 7. 2002 ist das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Kraft getreten; es enthält einen Allgemeinen und einen Besonderen Teil strafrechtlicher Vorschriften. Die Thematik des Versuchs gehört auch hier zu den Sachbereichen, deren Regelung unverzichtbar war. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung wird folglich auch Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut sein.88 Hilfreich für das Projekt der Entwicklung eines europäischen Modellstrafgesetzbuchs erscheint auch der Blick über die EU hinaus auf die Versuchsregelung des amerikanischen „Model Penal Code“ von 1961.89
84 85 86 87 88 89
Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 175 Fn. 25, 176. Vgl. 2. Teil B. I. Vgl. 2. Teil B. II. LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 152. Vgl. 2. Teil B. III. Vgl. 2. Teil B. IV.
D. Grundlagen zur Versuchskonzeption
37
D. Grundlagen zur Versuchskonzeption I. Begriff des Versuchs Der Versuch stellt sich insofern als eine Sonderform kriminellen Verhaltens dar, als die vollständige Umsetzung des Tätervorhabens misslingt.90 Eine allgemeine Versuchstheorie des „cogitare, agere, sed non perficere“ wurde erstmals in der mittelalterlichen italienischen Lehre des 14. Jahrhunderts entwickelt.91 Das germanische Recht, demzufolge der Eintritt des schädlichen Erfolges grundsätzlich über Art und Maß der Strafe entscheiden sollte, kannte noch keinen abstrakten Versuchsbegriff, sondern behalf sich mit der Herausbildung typischer Versuchstatbestände wie zum Beispiel des „Schwertzückens“, der „Wegsperre“ oder des „Bruchs fremder Were“.92 Erst durch die Rezeptionsgesetze im Anschluss an die italienische Lehre wurden diese Versuchsdelikte beseitigt.93 Die erste allgemeine Legaldefinition des Versuchs als „steckengebliebene Vollendung wider Willen“94 findet sich in Art. 178 der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. (Constitutio Criminalis Carolina, CCC): „Item so sich jemand einer Missethat mit etlichen scheinlichenn Wercken, die zu volbringung der Missethat diennstlichen sein mögen, vndersteet vnnd doch ann Volbringung derselben missethat durch anndere mittell wider seinen willen verhindert wurde: sollicher boser will, darus ettliche werck, als ob steet, vollgen, Ist peinlich zu straffenn, Aber jnn einem fall hartter dann jn dem andern.“ Diese Vorschrift von hohem wissenschaftlichen Anspruch benennt bereits alle wesentlichen Erfordernisse des strafbaren Versuchs, nämlich das Vorliegen einer äußerlich erkennbaren Handlung („scheinlichenn Wercken“) und des Vorsatzes („sollicher boser will“) sowie die Möglichkeit der Strafmilderung und des Rücktritts („durch anndere mittell wider seinen willen verhindert wurde“) und wirkte so bis ins 19. Jahrhundert fort.95 Der Versuch lässt sich beschreiben als „die begonnene, aber unvollendet gebliebene Tat, und zwar unvollendet in dem Sinne, daß die Tat zwar subjektiv vollständig gewollt, aber objektiv unvollständig geblieben ist“,96 das heißt es
90
Rath, JuS 1998, 1006. Prins, Science pénale, 134 Rn. 220; Rüping/Jerouschek, Grundriß, Rn. 45. 92 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 511; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 40; Schmidt, Einführung, § 21; Vehling, Abgrenzung, 1. 93 Schmidt, Einführung, § 99; Vehling, Abgrenzung, 2. 94 Rüping/Jerouschek, Grundriß, Rn. 99. 95 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 512; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 40. 96 Schönke/Schröder/Eser, Vor § 22 Rn. 12; vgl. Lackner/Kühl, StGB, § 22 Rn. 1; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 11. 91
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1. Teil: Einführung
existiert ein Defizit auf der Ebene des objektiven Tatbestandes bei voll wirksamem, teilweise betätigtem Vorsatz, sodass der Versuch ein „Zwischenstadium“ darstellt.97 Der Anlass, sich mit der Strafwürdigkeit des Versuchs näher zu beschäftigen, ergibt sich insbesondere aus dem Ausbleiben des schädlichen Erfolges, das heißt daraus, dass „doch gar nicht passiert ist“.98 Angesichts des Grundsatzes „nullum crimen, nulla poena sine lege“ wird die Problematik der Voraussetzungen strafrechtlichen Eingreifens aufgeworfen, das heißt es stellt sich die Frage, ob und wenn ja wie es Aufgabe des Kriminalrechts ist, sich mit dem Versuch als einer Vorstufe der Tatbestandsverwirklichung zu befassen.99 Die Vorschrift über den Versuch betrifft also strafrechtsdogmatische Grundfragen wie die nach dem Strafzweck sowie nach dem Zeitpunkt des Einsetzens der Strafbarkeit. Die Entscheidung darüber, ab welcher Stufe des „iter criminis“ das Täterverhalten strafwürdig wird, ist rechtsphilosophischer Natur100 und erlaubt Rückschlüsse auf die zugrunde liegende Kriminalpolitik: „La ligne de partage entre ce qui est punissable au titre de la tentative et ce qui ne l’est pas (. . .) est (. . .) délicate et révélatrice de la politique criminelle (voire des politiques criminelles) d’un pays: courant libéral, autoritaire, mixte, etc.“101
II. Geistesgeschichtliche und rechtsphilosophische Hintergründe In Strafrechtswissenschaft und Gesetzgebungsgeschichte finden sich – abhängig von Ort und Zeit – unterschiedliche Antworten auf die Frage nach der Versuchsstrafbarkeit. Das Spektrum der möglichen Annäherungsweisen ist dabei, wie oben bereits angedeutet, nicht zufällig, sondern determiniert von staatstheoretischen Implikationen sowie von den rechtsphilosophischen und kriminalpolitischen Hintergründen. Die Unterschiede in der Versuchskonzeption stehen also in Zusammenhang mit dem Rechts- und Staatsdenken der Zeit: Einer obrigkeitsstaatlich-autoritären Auffassung entspricht tendenziell eher ein subjektives, einer liberalen Rechts- und Staatsauffassung beziehungsweise rechtsstaatlichen Denkweise eher ein auf die Gefährlichkeit der Tat abstellendes objektives Versuchsrecht. Kennzeichnend für den freiheitlichen oder obrigkeitsstaatlichen Charakter einer Staatstheorie mit der Folge eines mehr objektiv oder subjektiv ausgerichteten Strafrechts ist das Verhältnis zwischen Staat und Individuum, das heißt die Gewichtung der gegenläufigen Interessen des Schutzes der Gemein97
Rath, JuS 1998, 1006 f. Rath, JuS 1998, 1006, 1007. 99 Rath, JuS 1998, 1006. 100 Pradel, Droit pénal comparé, 273. 101 Hennau-Hublet, in: Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 5. 98
D. Grundlagen zur Versuchskonzeption
39
schaft vor dem möglichen Delinquenten einerseits und der Bewahrung der individuellen Freiheit des Bürgers andererseits.102 Je nach Abstellen primär auf den gefährlichen Täter oder die von ihm konkret vorgenommene Tat entscheidet sich, ob eher ein Gesinnungs- oder ein Erfolgsstrafrecht begünstigt wird. Im Folgenden soll kurz skizziert werden, wie sich die Ideen des Absolutismus einerseits und der Aufklärung beziehungsweise des Liberalismus andererseits auf das Versuchsstrafrecht ausgewirkt haben. Zuerst wurde der Versuch in der frühabsolutistischen Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. (Constitutio Criminalis Carolina, CCC) von 1532 allgemein geregelt.103 Die Kodifizierung der Versuchsstrafbarkeit gerade in dieser Zeit war dabei kein Zufall, sondern Ergebnis der mit der Reformation eingeleiteten grundlegenden Neugestaltung der die mittelalterliche Feudalordnung ablösenden Wirtschaftsgesellschaft.104 Die damit einhergehende Fokussierung auf das Recht der einzelnen Individuen, statt auf die Ständeprivilegien, führte zu einem Ordnungsdefizit, das zu beheben Funktion auch der Versuchsbestrafung war.105 Die weite, auch Vorbereitungshandlungen umfassende Versuchsregelung in Art. 178 CCC ist Ausprägung einer subjektiven Strafrechtstheorie: Strafgrund war der verbrecherische Wille, das heißt das Verbrechen wurde nicht primär über den entstandenen Schaden, sondern über die Beeinträchtigung der Ordnung durch die böswillige Handlung definiert.106 Erst die von Grotius, Hobbes und Pufendorf initiierte Reduzierung des Staatsund Strafrechtszwecks auf die Sicherung der vorgegebenen natürlichen Freiheiten der Individuen lieferte die Grundlage für eine positiv-rechtliche Beschränkung der Versuchsstrafbarkeit.107 Die Epoche des Vernunft- beziehungsweise Naturrechts löste im 17. Jahrhundert das mittelalterliche Denken ab.108 Kennzeichnend für die Staats- und Rechtstheorie der beginnenden Neuzeit ist der Verzicht auf religiöse Prämissen: Der Staat wurde nicht mehr unmittelbar von Gott abgeleitet, sondern das Staatsverständnis war geprägt durch die Vernunft des Souveräns.109 Die Hobbessche Konzeption des modernen Staates („Leviathan“) leitete den Absolutismus aus der Notwendigkeit ab, den natürlichen Zustand des Kriegs aller gegen alle durch Gesellschafts- und Unterwerfungsvertrag zu überwinden. Die Säkularisierung und Rationalisierung auch des straftheoretischen Denkens führte dazu, dass es nicht mehr als Funktion der Strafe angese102 103 104 105 106 107 108 109
Kracht, Entwicklung, 146. Rüping/Jerouschek, Grundriß, Rn. 99. Vehling, Abgrenzung, 2. Vehling, Abgrenzung, 7, vgl. auch 2 f. Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 512; Vehling, Abgrenzung, 7 f. Vehling, Abgrenzung, 8. Rüping/Jerouschek, Grundriß, Rn. 150. Kracht, Entwicklung, 29.
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1. Teil: Einführung
hen wurde, Gott zu rächen, sondern auf einen vergangenen Normverstoß zu reagieren.110 Nach der utilitaristischen Auffassung wurde Strafe damit in der Hand des absoluten Fürsten zur Zweckmaßnahme zur Beförderung des allgemeinen Wohls.111 Die moderne Kriminalpolitik entwickelte sich seit Beginn der Aufklärung im 18. Jahrhundert.112 Mit dem zunehmenden Bedürfnis nach Rechtfertigung von Herrschaft trat der „Bürger“ in den Mittelpunkt der Staatstheorie.113 Im Strafrecht rückte der Gedanke der Prävention in den Vordergrund: Verbrechensbekämpfung sollte nicht mehr primär durch repressiven Strafzwang, sondern vorbeugend erfolgen: „La véritable jurisprudence est d’empêcher les délits.“ (Voltaire). Die Möglichkeit der Abschreckung wurde auch bei maßvollen Strafen als gegeben angesehen: „(. . .) les peines plus ou moins cruelles ne font pas que l’on obéisse plus aux lois. Dans les pays, où les châtiments sont modérés, on les craint comme dans ceux où ils sont tyranniques et affreux.“ (Montesquieu). Der Grundsatz der Proportionalität von Verbrechen und Strafen forderte eine Beschränkung staatlicher Intervention auf das zur Gewährleistung der Sicherheit und des Friedens der Gemeinschaft unbedingt Erforderliche. Es sollten prinzipiell nur Handlungen geahndet werden können, die – beim Versuch zumindest potentiell – objektiv gefährlich und daher gesellschaftsschädigend sind.114 Der Einfluss der Ideen der Aufklärung auf die Strafgesetzgebung und insbesondere die Versuchskonzeption zeigte sich in Österreich am Wandel von der Constitutio Criminalis Theresiana (CCTh, 1768) zur Josephina von 1787.115 Das Versuchsstrafrecht der Theresiana (Teil 1, Art. 13 CCTh) beruhte auf einer den Gotteswillen mit dem Ziel allgemeiner Wohlfahrt kombinierenden straftheoretischen Grundlage: Die bloße böse Gesinnung, die zwar mit dem göttlichen Willen nicht vereinbar ist, aber die allgemeine Wohlfahrt nicht beeinflussen kann, sollte straflos bleiben, während die beide Belange betreffenden Vorbereitungshandlungen für strafbar erachtet wurden.116 Dieser ambivalente Versuchsbegriff erklärt sich aus dem Staatsverständnis Maria Theresias, das trotz seiner theokratischen Verwurzelung durch Berücksichtigung des allgemeinen Wohles auch gesellschaftlichen Belangen gerecht werden wollte.117 Demgegenüber gilt die Josephina als erstes Strafgesetz, das die Forderungen der Aufklärung wirklich berücksichtigte und damit die objektive Tradition in Österreich einlei110
Rüping/Jerouschek, Grundriß, Rn. 162; Schmidt, Einführung, § 203. Rüping/Jerouschek, Grundriß, Rn. 159, 164. 112 Schmidt, Einführung, §§ 1, 210. 113 Kracht, Entwicklung, 29 f. 114 Kracht, Entwicklung, 9; Schmidt, Einführung, § 207. 115 Rüping, Jerouschek, Grundriß, Rn. 200. 116 Art. 13 § 3 CCTh unterscheidet drei Grade des Versuchs: Vorbereitung, Ausführungshandlung und beendeten Versuch. 117 Kracht, Entwicklung, 147. 111
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tete.118 Ihr zwischen Vorbereitung und Versuch unterscheidendes objektives Versuchsstrafrecht119 war Konsequenz des Bestrebens, im Sinne der aufklärerischen Ideen nur Handlungen zu bestrafen, die der Gesellschaft schädlich sein können und dadurch die individuelle Freiheitssphäre zu achten.120 Die Versuchsbestimmung des österreichischen Strafgesetzbuchs von 1787 war nicht nur dem französischen „Code Pénal“ von 1810, sondern mittelbar auch deutschen Strafgesetzbüchern und damit dem Reichsstrafgesetzbuch von 1871 vorbildlich.121 Die führende Rolle bei der praktischen Umsetzung der Aufklärungsideen übernahm in Deutschland der preußische Staat.122 Trotz der starken Beeinflussung Friedrichs II. von den Gedanken der italienischen und französischen Aufklärung und deren prinzipieller Anerkennung konnten sich diese im Recht des absoluten Staates jedoch nicht unmittelbar durchsetzen. Das preußische Allgemeine Landrecht (ALR) entstand zu Beginn der revolutionären Bewegungen in Europa, spiegelt aber noch die aufgeklärt absolutistische Auffassung des Verbrechens wider. Das ausgeprägte Misstrauen gegenüber dem Individuum als Rechtssubjekt und seiner ihm zustehenden Freiheitssphäre schlug sich in der das Einzelinteresse notwendig mit dem Gesamtinteresse identifizierenden Definition des Individualismus nieder.123 Ergebnis dieser spätabsolutistischen Denkweise ist der ausgeprägt polizeistaatliche Charakter des ALR: Der Staat durfte ungeachtet der Intensität des Eingriffs in die Individualsphäre alle zur Aufrechterhaltung der Ordnung erforderlichen Maßnahmen treffen.124 Diese präventiv-polizeiliche Tendenz zeigt sich besonders deutlich in den Bestimmungen über die Bestrafung vortatbestandlicher Handlungen (§§ 39 ff. Th. II Tit. 20 ALR125). Ähnlich der vor der Carolina bestehenden Rechtslage kannte das ALR keinen allgemeinen, eigenständigen Versuchsbegriff, sondern stellte die Versuchshandlungen auf eine Ebene mit anderen Vorfeldaktivitäten; jede auf Vollendung eines Verbrechens gerichtete Handlung wurde entsprechend ihrem Abstand zur vollendeten Tat bestraft.126 Die Notwendigkeit, auch bloße Vorberei118
Kracht, Entwicklung, 19. § 9 Josephina: „Obschon der Gedanke, und ein inneres böses Vorhaben allein noch kein Kriminalverbrechen sind; so ist doch zum Verbrechen auch nicht nöthig, dass die Uibelthat wirklich ausgeführet werde. Schon der Versuch der Uibelthat ist ein Kriminalverbrechen, sobald der Bösgesinnte zur wirklichen Ausübung derselben sich angeschicket, und sein Vorhaben durch äußerliche Kennzeichen, und eine Handlung offenbaret hat, die That aber in der Folge nur aus Unvermögen, aus dazwischen tretenden fremden Hinderniße, oder aus Zufall nicht vollbracht worden ist.“. 120 Kracht, Entwicklung, 147. 121 Horrow, Grundriß, 206. 122 Schmidt, Einführung, §§ 241, 248. 123 Kracht, Entwicklung, 31. 124 Kracht, Entwicklung, 32. 125 Zit. bei Vehling, Abgrenzung, 13. 119
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1. Teil: Einführung
tungshandlungen zu ahnden, ergab sich daraus, dass der absolutistische Staat jeden Angriff auf die gesellschaftliche Ordnung verfolgen musste, konstituierte doch erst die staatliche Einbindung überhaupt den Bürger.127 Am Beispiel des ALR wird deutlich, dass der Umsetzung der Ideen der Aufklärung im monarchischen Staat des 18. Jahrhunderts auch hinsichtlich der Versuchskonzeption Grenzen gesetzt waren.128 Bedeutende Fortschritte wurden erst im 19. Jahrhundert, das als „Jahrhundert des liberalen Rechtsstaats“ gilt,129 erzielt. Aus den Ansätzen des naturrechtlichen Gesellschaftsvertrages und dem kantischen Ideal des liberalen, bürgerlichen Staates wurde der Rechtsstaatsbegriff als Gegenpol zum Polizeistaat des 18. Jahrhunderts entwickelt.130 Infolge des rechtsstaatlich-liberalen Grundgedankens „nullum crimen, nulla poena sine lege“ trat die gesetzlich bestimmte Tat in den Vordergrund der Verbrechensbetrachtung.131 Aus der Rücknahme des staatlichen Gehorsamsanspruchs auf gesetzlich positivierte, poenalisierte Verhaltensweisen ergab sich für die Versuchsstrafbarkeit das Erfordernis des Vorliegens eines Ausführungsbeginns.132 Die objektivistische Beschränkung auf die Ausführungshandlung resultiert also aus dem Bestreben des sich im 19. Jahrhundert etablierenden bürgerlich-liberalen Rechtsstaatsdenkens, die Ausübung staatlicher Gewalt durch deren enge Bindung an das Gesetz zu begrenzen.133 Art. 2 des französischen „Code Pénal“ von 1810 enthielt erstmals die ausdrückliche Limitierung des strafbaren Versuchs auf Ausführungshandlungen134 und wurde so zur Grundlage der europäischen Gesetzgebungen über den Versuch. Dabei entsprach die objektive Versuchsregelung nicht der generell autoritären Tendenz dieses auf die besonderen politischen Verhältnisse des nachrevolutionären Frankreich zugeschnittenen Gesetzes, in dem die Unsicherheit der Staatsgewalt in der Härte des auf Abschreckung politischer Gegner abzielenden Strafsystems ihren Ausdruck fand.135 Als das „erste wirklich moderne Strafgesetzbuch“ Deutschlands gilt das durch Feuerbach und den liberalen Geist der Hochaufklärung geprägte Bayri126
Kracht, Entwicklung, 33. Vehling, Abgrenzung, 13. 128 Kracht, Entwicklung, 34. 129 Schmidt, Einführung, § 277. 130 Rüping/Jerouschek, Grundriß, Rn. 239. 131 Schmidt, Einführung, § 248; Vehling, Abgrenzung, 15. 132 Vehling, Abgrenzung, 16. 133 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 512; Vehling, Abgrenzung, 11. 134 Art. 2 frCP a. F.: „Ein Versuch liegt vor, sobald er, kundgetan durch den Beginn der Ausführung, nur aufgrund von Umständen aufgegeben wird oder erfolglos ist, die vom Willen des Täters unabhängig sind.“. 135 Schmidt, Einführung, §§ 247 ff. 127
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sche Strafgesetzbuch von 1813,136 das in Art. 57137 i. V. m. Art. 60 den Versuch begrifflich von den Vorbereitungshandlungen abgrenzte.138 Die Widersprüchlichkeiten in den deutschen Partikulargesetzen (Erfordernis eines „Anfangs der Ausführung“ für den Versuchsbeginn bei gleichzeitiger Bestrafung des untauglichen Versuchs) resultierten noch aus Übergangsschwierigkeiten bei der Abwendung vom aufgeklärten Absolutismus und der Entwicklungstendenz zu einem liberalen Rechtsstaat, die eine Neudefinition der Grenze zwischen der Freiheitssphäre des Bürgers und staatlichen Befugnissen erforderlich machte.139 Erst im Anschluss an die französische Julirevolution 1830 und die Ereignisse von 1848 gewann der Liberalismus endgültig an Bedeutung auch für die Strafgesetzgebung und insbesondere für die Objektivierung des Versuchsstrafrechts.140 Der Wandel vom Polizeistaat zum Konstitutionalismus wird deutlich am Vergleich zwischen ALR und dem Preußischen Strafgesetzbuch von 1851. Die restriktive Bestimmung des Versuchs in § 31141 war von immenser Bedeutung für die künftige gesetzliche Ausgestaltung der Versuchsvorschriften. Im Widerspruch zu dem eher eine objektive Auslegung begünstigenden Wortlaut in § 43 Abs. 1 des Reichsstrafgesetzbuchs von 1871142 stand die subjektivistische Rechtsprechung des Reichsgerichts. Im nationalsozialistischen, am Täter, nicht an der Tat orientierten Willensstrafrecht setzte sich diese Abkehr von der tatbestandlichen Vertypung sozialschädlicher Verhaltensweisen fort.143
III. Strafgrund und Versuchsunrecht Grundlegende rechtsphilosophische und -politische Vorfrage ist die nach dem Strafgrund des Versuchs. Die hier vorgenommene Weichenstellung wirkt sich
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Schmidt, Einführung, §§ 248, 262. Nach Art. 57 GB liegt ein Versuch vor, „wenn eine Person, in der Absicht, ein Verbrechen zu begehen, äußerliche Handlungen vorgenommen hat, welche auf Vollbringung oder Vorbereitung desselben gerichtet sind“. 138 Kracht, Entwicklung, 43, 45 f. Vgl. zu dem bezüglich der Versuchsregelung in weiten Teilen abweichenden Strafgesetzentwurf Feuerbachs von 1924 ausführlich Schubert, Entwurf, 139 ff. 139 Kracht, Entwicklung, 98. 140 Kracht, Entwicklung, 99. 141 Erfordernis des „Anfangs der Ausführung“ in Anlehnung an den „Code Pénal“ von 1810, LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 41; Vehling, Abgrenzung, 34. 142 § 43 Abs. 1 RStGB: „Wer den Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben, durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten, betätigt hat, ist, wenn das beabsichtigte Verbrechen oder Vergehen nicht zur Vollendung gekommen ist, wegen Versuchs zu bestrafen.“. 143 Rüping/Jerouschek, Grundriß, Rn. 283; Vehling, Abgrenzung, 48. 137
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entscheidend auf die Behandlung der zentralen Probleme der Versuchsregelung wie Strafbarkeit, Strafmaß, Versuchsbeginn, Untauglichkeit und Rücktritt aus und ist damit Basis jeglicher Versuchskonzeption.144 Zwar zeigt das europäische Recht des Versuchs diesbezüglich heute ein buntes Bild,145 jedoch zeichnen sich neben so genannten „vermittelnden“ Konzeptionen zwei große kriminalpolitische Tendenzen ab.146 Diese Strömungen spiegeln noch immer die im vorangehenden Abschnitt in Grundzügen dargestellte klassische Auseinandersetzung zwischen eher autoritären und tendenziell liberalen Systemen,147 das heißt zwischen der subjektiven und der objektiven Versuchslehre wider. Deren extreme Grundpositionen lassen sich dabei grob wie folgt charakterisieren: Während die subjektivistisch ausgerichtete Konzeption den Ansatzpunkt für die Versuchsbestrafung primär in dem vom Täter manifestierten verbrecherischen Willen sieht und damit eindeutig der inneren Seite des Versuchs den Vorrang einräumt, setzten objektive Lehren den Akzent auf die äußere Tathandlung und wollen den Versuch formal durch die Ausführung von Tatbestandsmerkmalen beziehungsweise durch die materielle Gefährdung des geschützten Rechtsguts gekennzeichnet wissen. Vermittelnde Lösungen bemühen sich unter Kombination objektiver und subjektiver Gesichtspunkte um Überwindung dieses Gegensatzes. In allen im Rahmen dieser Arbeit untersuchten europäischen Rechtsordnungen wurden im Laufe der rechtsgeschichtlichen Entwicklung von der Strafrechtslehre unterschiedliche Ansichten zum Strafgrund des Versuchs vertreten, die im Folgenden kurz skizziert werden sollen. 1. England So ist auch die englische Versuchslehre von der grundsätzlichen Auseinandersetzung zwischen Subjektivisten und Objektivisten geprägt: „The emphasis on the actor’s intent as the core of the offense stands in conflict with the emphasis on the objective criteria as a condition for liability.“148 Der objektivistische „harm-“ beziehungsweise „act-centred approach“149 favorisiert eine liberalere Lösung: „(. . .) choice (. . .) in favour of guaranteeing that the innocent be protected, that the heavy weight of the criminal sanction 144
Vgl. zu Konsequenzen für die Beantwortung der Grundfragen 1. Teil D. IV. Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 527. 146 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 6, 19. 147 Pradel, Droit pénal comparé, 273. 148 Fletcher, Rethinking, 135. 149 Vgl. dazu Ashworth, Principles, 466; ders., R. L. J. 19 (1988), 725, 735; Duff, Attempts, 63 f.; Fletcher, Rethinking, 138, 139 ff.; ders., Concepts, 174 m. w. N. Das Bekenntnis von Duff, Attempts, 348 ff. zu einem „objektivistischen Versuchsrecht“ be145
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be not imposed too broadly and that the process work moderately rather than oppressively.“150 Dieser opferbezogene Ansatz fragt nach der Tatgefährlichkeit151 und versteht Strafe als „response to the perception of certain situations as socially injurious“.152 Das Unrecht des Versuchs liegt danach primär in der Gefährdung und potentiellen Schädigung eines konkreten Rechtsguts.153 Demgegenüber will der „fault-“ beziehungsweise „culpability-centred approach“154 durch frühere Intervention gefährliche Täter identifizieren und an der Tatausführung hindern.155 Der täterbezogene Ansatz fragt nicht nach der Gefährlichkeit der Handlung für ein bestimmtes Opfer, sondern ob der Täter generell eine Bedrohung für die Gesellschaft insgesamt darstellt.156 Die dem Versuch innewohnende Gefahr beruhe allein auf der rechtsfeindlichen Intention des Täters; folglich bestehe das Wesen des Versuchsunrechts einerseits in dessen krimineller Absicht und der darin zum Ausdruck kommenden bösen Gesinnung157 sowie andererseits in der Auflehnung gegen die dem Schutz anderer dienenden Rechtsnormen. Schon diese nicht hinnehmbare Missachtung der Rechtsordnung gebe dem Staat das Recht einer präventiven strafrechtlichen Intervention.158 Die aktuell gültige, dem „intent to commit an offence“ herausragende Bedeutung beimessende und konsequent den Versuchsbeginn sehr früh ansetzende, auch untaugliche Handlungen bestrafende Regelung des Versuchs in s. 1 Abs. 1 des „Criminal Attempts Act 1981“159 erweist sich als Ausprägung dieser subjektiven Lehre.
deutet nach Ambos, Völkerstrafrecht AT, 721 in der Sache lediglich die Ablehnung einer rein subjektiven und die Verteidigung einer gemischt-dualistischen Versuchslehre. 150 Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 66 führt diese Haltung auf einen „distaste for preventive detention“ zurück. 151 Fletcher, Rethinking, 173; ders., Concepts, 174. 152 Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 65. 153 Fletcher, Concepts, 174. 154 Vgl. dazu Ashworth, Principles, 466; ders., R. L. J. 19 (1988), 725, 735 f.; Duff, Attempts, 63 f., 165, 167 f.; Fletcher, Rethinking, 138, 166 ff.; ders., Concepts, 173 m. w. N. 155 Fletcher, Rethinking, 171 f. 156 Fletcher, Concepts, 173, 177. Nach Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 66 kennzeichnet den Subjektivisten ein „profound distaste for the wicked and the lucky“. 157 Duff, Attempts, 53. Duff unterscheidet zwei subjektivistische Ansätze: Abzustellen sei entweder auf die freie Entscheidung des Einzelnen („choice“, Duff, Attempts, 147 ff.) oder auf die Gesinnung des Täters („character“, Duff, Attempts, 173 ff.). 158 Fletcher, Concepts, 174. 159 S. 1 Abs. 1 CAA: „If, with intent to commit an offence to which this section applies, a person does an act which is more than merely preparatory to the commission of the offence, he is guilty of attempting to commit the offence.“.
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2. Romanischer Rechtskreis Im vor allem durch das französische Recht beeinflussten kontinentaleuropäischen Raum wurden zu der Frage nach dem Strafgrund des Versuchs auf dem Boden subjektivistischer beziehungsweise objektivistischer Lehren ebenfalls unterschiedliche Ansichten vertreten: „(. . .) conception objective (. . .) entend lier la tentative punissable à l’existence d’un trouble social effectif, donc à un élément matériel caractérisé; au contraire, une autre conception, subjective, plus répressive (. . .) s’attache à la volonté de nuire et préconise la répression dès que la perversité a commencé à se manifester par des actes extérieurs (. . .).“160 Anders als im englischen Recht werden diese extremen Gegenpositionen aber durch vermittelnde Theorien zu relativieren versucht. Die subjektive Lehre bestimmte die rechtliche Behandlung schwerer Verbrechen (so genannter „crimes atroces“) im älteren französischen Recht.161 Sie hält den Versuch gegenüber dem vollendeten Delikt für sozial gleichwertig.162 Das Strafrecht müsse einen wirksamen Schutz der Gemeinschaft vor möglichen Tätern und den Gefahren, die von ihnen ausgehen, gewährleisten.163 Strafgrund des Versuchs sei ausschließlich die böse Gesinnung: „Punir la tentative, c’est réprimer l’intention criminelle.“, 164 sodass die Strafbarkeitsschwelle schon mit jeglicher Äußerung der kriminellen Absicht als überschritten angesehen wird.165 Die objektive Theorie identifiziert als Strafgrund des Versuchs eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung („trouble à l’ordre public“).166 Damit die Gesellschaft das Recht habe, den Versuch zu ahnden, müsse die strafrechtliche Verfolgung zum Schutz der allgemeinen Sicherheit notwendig,167 das heißt das Tatobjekt konkret gefährdet sein: „Het aangetast rechtsbelang, de schade, de beroering in de gemeenschap zijn de criteria.“168 Bestraft wird also die gefähr160 Pradel, Droit pénal général, 344 Rn. 381; vgl. auch Salvage, Droit pénal général, 37, der „une conception objective qui, s’intéressant essentiellement au trouble social occasionné par un processus criminel, exige un maximum de matérialité“ und „une conception subjective, davantage préoccupée par la perversité de l’agent, et qui tend à exiger moins de matérialité“ unterscheidet. 161 Vgl. dazu Constant, Traité élémentaire, 250 Rn. 181 m. w. N. 162 Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 212 Rn. 231. 163 Dupont/Verstraeten, Handboek, 304 Rn. 541; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 391 Rn. 791. 164 Prothais, Tentative, 44 Rn. 58. 165 „La peine doit saisir la volonté criminelle dès que celle-ci a commencé de se manifester par des actes extérieurs (. . .).“, Constant, Traité élémentaire, 250 Rn. 181; vgl. Merle/Vitu, Traité, 628. 166 Vgl. dazu Constant, Traité élémentaire, 251 Rn. 181; Haus, Principes généraux, 329 Rn. 438, 355 Rn. 470, 359 Rn. 474; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 69, 127; Prothais, Tentative, 37 Rn. 47 m. w. N. 167 Constant, Traité élémentaire, 251 Rn. 181; Haus, Principes généraux, 329 Rn. 438, 355 Rn. 470.
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liche Handlung („gevaarlijkheid van de daad zelf“)169 ohne Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit. Daraus folgt, dass das materielle Element des Versuchstatbestands an Bedeutung gewinnt:170 „(. . .) seuls comptent les faits accomplis, le trouble causé, le danger effectif. On n’a pas à punir des individus pour leurs intentions coupables mais des agissements socialement dommageables.“171 Auf diesem System basiert Art. 51 des belgischen „Code Pénal“ von 1867,172 sodass das belgische Recht als „franchement objectiviste“ bezeichnet werden kann.173 Auch das streng am Legalitätsprinzip orientierte174 italienische Recht beruht auf einer objektiven Lehre der Versuchsstrafbarkeit.175 Gemäß Art. 56 Abs. 1 itCP176 setzt die Strafbarkeit des Versuchs die Vornahme zur Tatbestandsverwirklichung geeigneter Handlungen (von „atti idonei“), das heißt eine objektive Gefährdung des geschützten Rechtsguts („pericolosità in senso oggettivo“) voraus.177 Auch aus der Entscheidung für die Straflosigkeit des untauglichen Versuchs in Art. 49 Abs. 2 itCP178 ergibt sich, dass der italienische Gesetzgeber Handlungen für strafrechtlich irrelevant hält, die zwar auf eine gewisse Gefährlichkeit des Täters schließen lassen, aber keinen effektiven Schaden anrichten können. Damit spricht er sich ausdrücklich gegen eine subjektivistische Ver-
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Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 390 Rn. 789. Dupont/Verstraeten, Handboek, 304 Rn. 541. 170 Merle/Vitu, Traité, 627; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 212 Rn. 231. 171 Prothais, Tentative, 42 Rn. 53. 172 Art. 51 beCP: „Strafbarer Versuch liegt vor, wenn der Entschluss, ein Verbrechen oder Vergehen zu begehen, durch äußere Handlungen in Erscheinung getreten ist, die einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten und nur infolge von Umständen ,die von dem Willen des Täters unabhängig waren, nicht zur Vollendung gelangt sind oder ihre Wirkung verfehlt haben.“. 173 Constant, Traité élémentaire, 251 Rn. 181; vgl. Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 355 Rn. 699, 362 Rn. 712: „In ons recht geldt nog steeds het objectieve standpunt, het uitgangspunt van onze wetgever.“, 390 Rn. 789. 174 „Sistema inspirato al principio di stretta legalità“, Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 10. 175 „Teorie oggettive della punibilità del tentativo“, Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 12. 176 Art. 56 Abs. 1 itCP: „Wer geeignete Handlungen ausführt, die in eindeutiger Weise auf die Begehung eines Verbrechens abzielen, ist für den Versuch des Verbrechens verantwortlich, wenn die Tat nicht zur Ausführung gelangt oder der Erfolg nicht eintritt (49 Abs. 2).“. 177 Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 12. 178 Art. 49 Abs. 2 itCP: „Die Strafbarkeit ist auch dann ausgeschlossen, wenn infolge der Untauglichkeit der Handlung oder des Fehlens des Handlungsgegenstandes der schädigende oder gefährliche Erfolg unmöglich ist (56).“. 169
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suchskonzeption aus, die jede Äußerung der rechtsfeindlichen Gesinnung für strafbarkeitsbegründend hält.179 Gleiches gilt für das spanische Recht, demzufolge sich das Versuchsunrecht nicht nur aus dem Vorsatz und den übrigen subjektiven Unrechtselementen, sondern primär aus der Art und dem Grad der Verwirklichung der Handlung, sowie deren Gefährlichkeit ergibt.180 Das Abstellen auf die objektiven Kriterien der äußeren Handlung und des unmittelbaren Ausführungsbeginns in Art. 16 Abs. 1 spCP181 spricht faktisch für das Erfordernis auch eines Erfolgsunwertes. Die objektive Begründung des Versuchsunrechts folgt weiterhin aus Art. 62 spCP,182 der die Versuchsstrafe im Hinblick auf die Gefährlichkeit des Versuchs bemessen will. Während das ältere französische Recht zunächst die bloße kriminelle Gesinnung bestrafte,183 wollten die revolutionären, streng objektivistisch denkenden Utilitaristen im Jahre 1791 grundsätzlich nur das vollendete Delikt ahnden.184 Die „gemischte“ Regelung des „Code Pénal“ von 1810 spiegelt als „synthèse des deux conceptions“185 diese historische Entwicklung wider und ist im Zuge der Strafrechtsreform im Jahr 1992 durch Art. 121-5 frCP n. F.186 bestätigt worden.187 Bezüglich der Fragen der Strafbarkeit des Versuchs und des Versuchsbeginns ist das französische Recht stark durch das liberal-rechtsstaatliche Denken der Aufklärung geprägt:188 Die Abhängigkeit der Versuchsstrafbarkeit von der 179 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 114; Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 10, 12. 180 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 138. 181 Art. 16 Abs. 1 spCP: „Versuch liegt vor, wenn der Täter durch äußere Handlungen unmittelbar mit der Ausführung der Straftat beginnt und alle oder einen Teil der Handlungen vornimmt, die objektiv den Erfolg herbeiführen würden, dieser jedoch aus Gründen, die vom Willen des Täters unabhängig sind, nicht eintritt.“. 182 Art. 62 spCP: „Dem Täter einer vollendeten oder versuchten Straftat wird die um einen Grad oder zwei Grade niedrigere Strafe auferlegt als diejenige, die das Gesetz für die vollendete Straftat androht; dies erfolgt in dem Umfang, der unter Berücksichtigung der Gefahr, die der Versuch in sich birgt, und des erreichten Grades der Ausführung als angemessen angesehen wird.“. 183 Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 213 Rn. 233; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 311. 184 Ausnahmsweise strafbar waren aufgrund der besonderen Schwere der Tat nur Tötungs- und Vergiftungsversuche, Salvage, Droit pénal général, 37; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 213 Rn. 233; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 311. 185 Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 213 Rn. 233. 186 Art. 121-5 frCP: „Ein Versuch liegt vor, sobald er, kundgetan durch den Beginn der Ausführung, nur aufgrund von Umständen aufgegeben wird oder erfolglos ist, die vom Willen des Täters unabhängig sind.“. 187 „Le droit français (. . .) est actuellement à mi-chemin de l’une et de l’autre.“, Merle/Vitu, Traité, 628; so auch Salvage, Droit pénal général, 37; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 311.
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Qualifizierung des Delikts als Verbrechen oder Vergehen (Art. 121-4 Nr. 2 frCP)189 sowie das Erfordernis eines Beginns der Ausführung der Tat („commencement d’exécution“, Art. 121-5 frCP) sind eindeutig objektivistisch motiviert.190 Ein Zugeständnis an die subjektive Lehre ist demgegenüber das französische Konzept der Gleichbestrafung von Versuch und Vollendung (Art. 121-4 frCP).191 Dieses System hat, wie später noch genau ausgeführt werden soll, unabhängig von einer Änderung des Gesetzestextes seit 1810 jedoch bedeutende Modifikationen durch die Rechtsprechung erfahren: Einerseits ließen sich die Gerichte bei der Auslegung des materiellen Tatbestandselements des „commencement d’exécution“ zunehmend von der subjektiven Lehre inspirieren, andererseits wurde trotz des gesetzlich verankerten Gebots der Gleichbestrafung faktisch die Möglichkeit einer individuellen Strafmilderung eingeführt.192 Auch in den Niederlanden hat sich mittlerweile eine vermittelnde Auffassung durchgesetzt. So ermöglicht die subjektivistische generelle Anordnung der Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen in Art. 46 nlStGB die Verfolgung gefährlicher Täter und der von ihnen ausgehenden Risiken. Strafgrund ist insoweit das Bestreben, Rechtsgutsverletzungen weitestgehend zu verhindern; vorwerfbar ist dem Täter daher auch seine rechtsfeindliche Intention.193 Andererseits erfasst die Versuchsstrafe des Art. 45 Abs. 1 nlStGB194 die Vornahme tatbestandsnaher Handlungen.195 Dabei weist die Definition des Versuchsunrechts als Gefährdung strafrechtlich geschützter Rechtsgüter objektive und subjektive Komponenten auf.196 3. Deutschsprachiger Rechtskreis Parallel zur Gesetzgebungsgeschichte wurden auch im deutschsprachigen Rechtskreis diverse Strafgrundlehren vertreten. Im Wesentlichen ist dabei zwischen drei Auffassungen zu unterscheiden: Objektive und subjektive Ansätze 188
Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717. Art. 121-4 Nr. 2 frCP: „Täter einer Straftat ist, wer versucht, ein Verbrechen, oder, in den gesetzlich vorgesehenen Fällen, ein Vergehen zu begehen.“. 190 Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 213 Rn. 233. 191 Conte/Chambon, Droit pénal général, 172 f.; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 213 Rn. 233. 192 Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 213 Rn. 233. 193 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 162. 194 Art. 45 Abs. 1 nlStGB: „Der Versuch eines Verbrechens ist strafbar, wenn sich das Vorhaben des Täters durch einen Beginn der Ausführung offenbart hat.“. 195 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 128. 196 „De strafwaardigheid van de poging is ook het beste door een combinatie van objectieve en subjectieve noties aan te geven. Zij ligt in het door de poging veroorzakte gevaar voor de rechtsgoederen die door de strafbepaling worden beschermd.“, v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 162. 189
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lassen sich seit Mitte des neunzehnten Jahrhunderts nachweisen, später wurden diese durch die so genannte Eindruckstheorie ergänzt.197 Daneben wurden in jüngerer Zeit alternative Lehren mit philosophischer oder strafzweckorientierter Ausrichtung entwickelt.198 Für die auf Feuerbach zurückgehende199 objektive Theorie ist Ausgangspunkt der Beurteilung die äußere Beschaffenheit des potentiell strafrechtlich relevanten Verhaltens. Keiner näheren Auseinandersetzung bedarf es in diesem Rahmen mit den nunmehr lediglich historisch bedeutsamen Varianten der Lehre vom Mangel am Tatbestand, nach der Versuch nur anzunehmen ist, wenn mit dem Erfolg lediglich das „tatbestandliche Schlussstück“ fehlt,200 sowie mit der älteren abstrakt-objektiven Theorie.201 Die in den dreißiger Jahren herrschende, durch von Hippel und von Liszt begründete,202 jüngere konkret-objektive Gefährlichkeitstheorie203 sieht den „Rechtsgrund der Strafbarkeit und Strafwürdigkeit des Versuchs in seiner Gefährlichkeit“:204 „Die Gefährlichkeit der Tat, nicht des Täters begründet die Strafbarkeit des Versuches.“205 In diametralem Gegensatz zur in Deutschland damals herrschenden objektiven Strafrechtslehre befand sich schon seit Beginn seiner Spruchtätigkeit in Strafsachen das Reichsgericht.206 „Für den Siegeszug der subjektivistischen Auffassung entscheidend waren (. . .) die Umbrüche in der deutschen Unrechtslehre. (. . .) ausschlaggebend war allein, daß es die Lehre vom Handlungsunrecht ermöglichte, schon in der finalen Betätigung des auf die Tatbestandsverwirklichung gerichteten Willens strafbares Unrecht zu sehen, so daß die Frage der Erfolgsherbeiführung ihre unrechtskonstitutive Relevanz verlor.“207 Die Vertre197 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 56; SK-Rudolphi, Vor § 22 Rn. 11; Zaczyk, Unrecht, 23 Fn. 20. 198 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 56. 199 Lehrbuch, 43; relativierend allerdings in seinem in weiten Teilen auf dem Boden der subjektiven Theorie aufbauenden Strafgesetzentwurf von 1924, vgl. Schubert, Entwurf, 144. 200 Vgl. dazu für Deutschland LK-Vogler, 10. Aufl., Vor § 22 Rn. 41 ff.; Roxin, AT II, § 29 Rn. 30; Weigend, in: Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften 1, 113, 114; in Österreich vertreten von Horrow, Grundriß, 208, 210; Rittler, AT, 255; Stooss, Lehrbuch, 115. 201 Vgl. dazu Roxin, AT II, § 29 Rn. 9 m. w. N. 202 v. Hippel, Strafrecht II, 403 f.; v. Liszt/Schmidt, Lehrbuch I, 302. 203 Spendel, ZStW 65 (1953), 519, 521; ders., NJW 1965, 1881 ff.; Treplin, ZStW 76 (1964), 441, 447 m. w. N.; ähnlich auch die „echte subjektiv-objektive Theorie“ von Hirsch, in: Roxin-Festschrift (2001), 711, 726. 204 v. Hippel, Strafrecht II, 403 f. 205 Rittler, AT, 254 f. 206 RGSt 1, 439, 441; 459; 8, 198; 17, 158; 24, 382; 34, 21; 38, 423; 42, 92; 47, 92; 189; 49, 20; 50, 35; 58, 303; 60, 138; BGHSt 1, 16; 2, 76; 4, 200; 11, 324 ff.; 15, 211; vgl. Weigend, in: Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften 1, 113, 114. 207 Weigend, in: Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften 1, 113, 119.
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ter der subjektiven Lehre208 verstehen das Verbrechen als „Manifestation einer Persönlichkeit“.209 Dem spezifischen Sinngehalt des Versuchs werde man daher nur gerecht, wenn man vom Vorsatz ausgehe und nicht von der äußeren Beschaffenheit des Verhaltens.210 Subjekt dieser Handlung sei nämlich der „Bösgesinnte“; „sein böser Wille und seine Vorstellung sind demnach für das Vorliegen eines strafbaren Versuchs entscheidend“.211 „Seinsgrund der Versuchsstrafe“ sei demzufolge der Vollendungsvorsatz:212 „Nicht der Gefährdungserfolg, sondern der Verletzungsvorsatz trägt die Versuchsstrafe.“213 Während sich das subjektiv bestimmte Versuchsunrecht für die ältere Auffassung also aus der Betätigung des rechtsfeindlichen Willens ergab,214 wollte eine andere Strömung, die so genannte „Tätertheorie“, auf die zukünftige Gefährlichkeit des Täters abstellen.215 Ausgehend von der subjektiven Versuchslehre begrenzt die so genannte Eindruckstheorie216 diese mit einem generalpräventiven Erwägungen entlehnten objektiven Moment.217 Strafbegründend bleibt dabei der verbrecherische Wille, dessen Strafwürdigkeit setzt aber voraus, dass seine Betätigung das Vertrauen auf Geltung der Rechtsordnung und das Gefühl der Rechtssicherheit zu erschüttern geeignet ist.218 Die Eindruckstheorie vereinigt somit vermittelnd den subjektiven Ansatz mit objektiven Aspekten,219 wobei sie sich an den Strafzwecken orientiert: Der Strafgrund besteht darin, dass „sich der Vollendungswille 208 In Deutschland Kühl, AT, § 15 Rn. 39; Lackner/Kühl, StGB, § 22 Rn. 11; Welzel, Strafrecht, 192 f. m. w. N.; in Österreich Burgstaller, JBl 1969, 521, 522 f.; Nowakowski, Grundzüge, 88 ff.; ders., ÖJZ 1953, 596; Roeder, Erscheinungsformen, 13 ff. 209 Nowakowski, ÖJZ 1953, 596. 210 Burgstaller, JBl 1969, 521, 523; ders., JBl 1976, 113, 114; ähnlich auch Nowakowski, ÖJZ 1953, 596, 599. 211 Roeder, Erscheinungsformen, 28. 212 Burgstaller, JBl 1969, 521, 522; ders., in: StPdG, 7, 8. 213 Nowakowski, Grundzüge, 89. 214 RGSt 1, 439, 441, 442 f. („daß im Versuche der verbrecherische Wille diejenige Erscheinung ist, gegen welche das Strafgesetz sich richtet“); vgl. LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 64. 215 v. Liszt, ZStW 25 (1905), 24, 36. 216 In Deutschland Blei, AT, 232; Gropp, AT, § 9 Rn. 48; Haft, AT, 223; Jescheck/ Weigend, Lehrbuch, 514; Joecks, Studienkommentar, Vor § 22 Rn. 13; LK-Vogler, 10. Aufl., Vor § 22 Rn. 52 ff.; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 40 Rn. 40 ff.; Papageorgiou-Gonatas, Grenze, 200 ff., 209 ff.; Roxin, JuS 1979, 1; Schönke/Schröder/Eser, Vor § 22 Rn. 17, 22 f.; SK-Rudolphi, Vor § 22 Rn. 13 f.; Tröndle/Fischer, StGB, § 22 Rn. 40; Wessels/Beulke, AT, Rn. 594; vgl. für Österreich Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 16; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 354 Rn. 6 m. w. N. 217 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 77; SK-Rudolphi, Vor § 22 Rn. 13. 218 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 514; LK-Vogler, 10. Aufl., Vor § 22 Rn. 52; Schönke/Schröder/Eser, Vor § 22 Rn. 22. 219 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 16; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 354 Rn. 6.
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(subjektiver Ansatz) in einem Tatgeschehen offenbart (objektive Komponente), dessen Tolerierung einen negativen Eindruck bei der Allgemeinheit hinterlassen und zu einer Korrumpierung des allgemeinen Rechtsbewusstseins und damit zur Gefährdung des Rechtsfriedens führen würde“ (soziale Komponente).220 Ausgehend von philosophischen beziehungsweise Strafzwecküberlegungen hat die jüngere deutsche Strafrechtswissenschaft alternative Theorien entwickelt. Jakobs221 versteht den Versuch als expressiven und tatbestandsnahen Bruch einer wirklich vorhandenen Norm: „Strafgrund des Versuchs ist das ExpressivWerden eines Normbruchs“ in einem äußeren Verhalten.222 Auf dieser Theorie baut auch die normative Versuchslehre Vehlings auf, wonach sich aus dem Grundsatz der positiven Generalprävention ergibt, dass der unrechtskonstituierende Erfolgsunwert des Versuchs in der Enttäuschung normativer Erwartungen besteht.223 Vehling definiert das Versuchsunrecht entsprechend der Lehre von der normativ-objektiven Zurechnung224 als Geltungsschaden beziehungsweise Übertretung des erlaubten Risikos, das heißt es besteht in einer „Überschreitung des erlaubten Risikos durch die Schaffung eines Erfolgsunwerts als Enttäuschung normativer Erwartungen“.225 Die dualistische Konzeption Roxins226 lässt sich als Verbindung von Eindruckstheorie und objektiver Gefährlichkeitstheorie qualifizieren.227 Der Strafgrund des Versuchs ist danach auf zwei verschiedene Wurzeln zurückzuführen: Primär soll auf die tatbestandsnahe Gefährdung abgestellt werden; beim ungefährlichen untauglichen Versuch sei subsidiär der rechtserschütternde Normbruch einzubeziehen. 228 Das general- oder spezialpräventive Strafbedürfnis ergebe sich also „im Regelfall aus der vorsätzlichen tatbestandsnahen Gefährdung, ausnahmsweise aber auch schon aus einem in einer tatbestandsnahen Handlung sich manifestierenden rechtserschütternden Normbruch“.229 Das Gefährdungsprinzip habe jedenfalls den Vorrang.230 Auch Alwart und Schmidhäuser unterscheiden zwei im Unrechtsgehalt voneinander verschiedene Formen des Versuchens, nämlich den intentionalen 220
Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 16. AT, 25 Rn. 21 f.; ders., ZStW 97 (1985), 751 ff. 222 Jakobs, AT, 25 Rn. 21. 223 Vehling, Abgrenzung, 87, 127. 224 Vehling, Abgrenzung, 87 ff., 124 ff., 141. 225 Vehling, Abgrenzung, 123. 226 Roxin, AT II, § 29 Rn. 10 ff. (noch für „zweispurige“ Eindruckstheorie ders. in JuS 1979, 1). 227 Kühl, AT, § 15 Rn. 5 Fn. 5. 228 Roxin, AT II, § 29 Rn. 11, 23. 229 Roxin, AT II, § 29 Rn. 10. 230 Roxin, AT II, § 29 Rn. 13; zur Begründung vgl. Rn. 14 ff. 221
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„Zielversuch“ und den „Gefährdungsversuch“.231 Strafbar ist ein Versuch danach nur dann, wenn er entweder ex post betrachtet objektiv tauglich (Gefährdungsunwert) oder von der Absicht getragen war, das tatbestandliche Unrecht herbeizuführen (Zielunwert). Teilweise wird auch eine auf Kant und Fichte zurückgehende philosophische Unrechtsbegründung unternommen. Der Absicherung der Theorie Zaczyks232 vom Versuch als „Zugriff auf rechtlich konstituierte Freiheit“233 dient die Anerkennungslehre Murmanns, die das Versuchsunrecht in Anlehnung an die Gedanken der objektiven Zurechnung und des tatbestandsmäßigen Verhaltens neu bestimmen will. Der Versuch wird definiert als „Verletzung des Anerkennungsverhältnisses, in dem die Mitglieder der Rechtsgemeinschaft einander als freie und gleiche verbunden sind“.234 Auf die Verletzung des Gleichheitsverhältnisses beim Opfer will auch Rath abstellen.235 Er definiert das kriminalrechtliche Unrecht als „negativ gewendetes Rechtsverhältnis“:236 Dieses sei insofern gestört, als der Täter den Status der Gleichheit zu seinem Opfer durchbreche, indem er sich „über den anderen stellt“. Somit bestehe das Versuchsunrecht in einem tatbestandsspezifischen „Übergriff in die Wirkungssphäre des Opfers“.237 Die Versuchsregelung in § 15 des österreichischen StGB von 1974238 wurde maßgeblich durch die Eindruckstheorie geprägt.239 Gesetzgeberisches Anliegen war es, in dieser Vorschrift die Vorzüge der objektiven und subjektiven Theorien zu vereinen und deren Nachteile zu vermeiden.240 Dabei steht die prinzipielle Gleichbehandlung von Vollendung und Versuch in § 15 Abs. 1 öStGB einem rein objektiven Verständnis entgegen,241 sodass sich die Betätigung des Vorsatzes als tragender Grund der Versuchsstrafe erweist.242 Andererseits wider231 Alwart, Strafwürdiges Versuchen, 163 ff., 172 ff.; Schmidhäuser/Alwart, Studienbuch, 11 Rn. 16 ff., 27 ff., 34 ff. 232 Zaczyk, Unrecht, 126 ff., 229 ff. 233 Zaczyk, Unrecht, 308. 234 Murmann, Versuchsunrecht, 5. 235 JuS 1998, 1006, 1009; 1106, 1109. 236 Rath, JuS 1998, 1106, 1109. 237 Rath, JuS 1998, 1006, 1009. 238 § 15 öStGB: „1. Die Strafdrohungen gegen vorsätzliches Handeln gelten nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch und für jede Beteiligung an einem Versuch. 2. Die Tat ist versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen oder einen anderen dazu zu bestimmen (§ 12), durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. 3. Der Versuch und die Beteiligung daran sind nicht strafbar, wenn die Vollendung der Tat mangels persönlicher Eigenschaften oder Verhältnisse, die das Gesetz beim Handelnden voraussetzt, oder nach der Art der Handlung oder des Gegenstandes, an dem die Tat begangen wurde, unter keinen Umständen möglich war.“. 239 Burgstaller, JBl 1976, 113, 127; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 14. 240 Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 354 Rn. 6.
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sprechen die Straflosigkeit des absolut untauglichen Versuchs gemäß § 15 Abs. 3 öStGB243 sowie die objektive Unrechtskomponente in § 15 Abs. 1 öStGB einer rein subjektiven Konzeption.244 Folglich vermag der Vollendungsvorsatz allein die Versuchsstrafe noch nicht zu begründen,245 vielmehr muss als objektives Moment eine „Störung des allgemeinen Rechtsfriedens“ beziehungsweise eine „Erschütterung des Bewusstseins der Rechtssicherheit“ hinzutreten.246 Andererseits zeigt die Strafbarkeit des relativ untauglichen Versuchs, dass nicht im Sinne einer streng objektiven Theorie eine konkrete Gefährdung verlangt wird, sondern dass eine abstrakte Gefährdung ausreichen soll.247 Nach der Regelung der §§ 22 f. des deutschen StGB248 liegt ein Versuch dann vor, wenn der zur Tat Entschlossene nach seiner (zutreffenden oder unzutreffenden) Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt. Danach scheiden auch hier extrem subjektive und objektive Positionen zur Begründung des geltenden Rechts aus:249 Der objektiven Versuchslehre wird einerseits durch die Aufnahme der „Vorstellung“ in die Begriffsbestimmung des Versuchs eine Absage erteilt,250 zudem widerspricht die Anordnung der Strafbarkeit auch des untauglichen Versuchs der objektivistischen Auffassung, dass es zu einer Rechtsgutsgefährdung gekommen sein muss.251 Beide gesetzgeberischen Entscheidungen sind nur auf der Basis einer subjektiven Versuchslehre denkbar.252 Allerdings sprechen die Berücksichtigung 241 Burgstaller, in: StPdG, 7, 18; ders., JBl 1976, 113, 114; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 15; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 354 Rn. 6. 242 Burgstaller, in: StPdG, 7, 9. 243 § 15 Abs. 3 öStGB: „Der Versuch und die Beteiligung daran sind nicht strafbar, wenn die Vollendung der Tat mangels persönlicher Eigenschaften oder Verhältnisse, die das Gesetz beim Handelnden voraussetzt, oder nach der Art der Handlung oder des Gegenstandes, an dem die Tat begangen wurde, unter keinen Umständen möglich war.“. 244 Burgstaller, in: StPdG, 7, 18; ders., JBl 1976, 113, 127; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 15; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 354 Rn. 6. 245 Burgstaller, in: StPdG, 7, 19. 246 Burgstaller, in: StPdG, 7, 20; ders., JBl 1976, 113, 122. 247 Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 354 Rn. 6. 248 § 22 dStGB: „Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.“ § 23 dStGB: „1. Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. 2. Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). 3. Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, dass der Versuch nach Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).“. 249 Kühl, AT, § 15 Rn. 38. 250 Kühl, AT, § 15 Rn. 38; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 62. 251 SK-Rudolphi, Vor § 22 Rn. 14.
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der mangelnden Gefährlichkeit durch die Möglichkeit der Strafmilderung bei grob unverständigen Versuchen in § 23 Abs. 3 dStGB und das objektive Kriterium des unmittelbaren Ansetzens gegen eine rein subjektive Versuchslehre,253 sodass mit der aktuellen Rechtslage in Deutschland nur Begründungen vereinbar sind, die sowohl die subjektive als auch die objektive Komponente des Versuchsbegriffs berücksichtigen.254 Die herrschende Auffassung deutet die Regelung der §§ 22 f. dStGB daher – ebenso wie in Österreich – im Sinne der gemischt subjektiv-objektiven Eindruckstheorie.255 Dagegen lässt sich aber einwenden, dass diese die Wertungen des geltenden Rechts grundsätzlich nicht besser erklären könne, als die subjektive Versuchslehre.256 Dies wird besonders deutlich an der Vorschrift des § 23 Abs. 3 dStGB. Daher wird die Versuchsregelung zunehmend als Ausprägung eines prinzipiellen gesetzgeberischen Bekenntnisses zur subjektiven Theorie interpretiert.257 Der Reformgesetzgeber habe sich in Abkehr von der eher eine objektivistische Deutung begünstigenden Versuchsregelung des Reichsstrafgesetzbuchs ausdrücklich von der subjektiven Versuchslehre leiten lassen.258 Zwar stehe der objektive Bewertungsmaßstab des unmittelbaren Ansetzens der theoretisch möglichen allein subjektiven Bestimmung des Versuchsbeginns entgegen, dies ändere aber nichts an der ausschließlich subjektivistischen Strafbegründung; allenfalls lasse sich von einer insoweit „eingeschränkt subjektiven Versuchslehre“ sprechen.259 Das Versuchsunrecht bestehe also in einem „auf die Verwirklichung eines konkreten Tatbestands gerichteten und die Gefährlichkeit des Täters (nur) hierin erweisenden Handlungsunwert“,260 das heißt das Verhalten des Täters müsse sich als Teilverwirklichung seines auf Herbeiführung tatbestandsmäßigen Unrechts gerichteten Willens qualifizieren lassen.261 Diese Ausrichtung der subjektiven Theorie auf die Tatbestandsverwirklichung ermöglicht es, auch auf dem Boden der subjektivistischen Lehre tatbestandsferne und völlig ungefährliche Betätigungen des rechtsfeindlichen Willens aus dem Be252
LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 62. Kühl, AT, § 15 Rn. 38. 254 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 519; Kühl, AT, § 15 Rn. 38. 255 Gropp, AT, § 9 Rn. 48 f.; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 515; LK-Vogler, 10. Aufl., Vor § 22 Rn. 52 m. w. N.; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 40 Rn. 40 f.; Schönke/Schröder/Eser, Vor § 22 Rn. 22; SK-Rudolphi, Vor § 22 Rn. 14. 256 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 79. 257 Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 695; Kühl, AT, § 15 Rn. 1, 39, 77; Lackner/Kühl, StGB, § 22 Rn. 11; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 60 f.; Weigend, in: Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften 1, 113, 115 f. 258 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 60. 259 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 75. Vgl. zu gegen die subjektive Theorie vorgebrachten Einwänden diese entkräftend LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 66 ff. 260 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 69. 261 Kühl, AT, § 15 Rn. 39. 253
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reich des strafbaren Versuchs auszuschließen.262 Die Durchsetzung der subjektiven Lehre beruhe nämlich gerade darauf, dass „sie Kompromisse eingegangen ist und so die Bedenken abgeschwächt hat, die der subjektivistischen Lehre seit jeher wegen ihrer Tendenz zur Expansion des Bereichs des Strafbaren entgegengebracht werden“.263 Die Versuchsbestrafung enthält somit eine repressive und spezialpräventive Komponente: Repressiv reagiert die Versuchsstrafe auf das Unrecht einer tätigen Auflehnung gegen die Strafnorm, präventiv berücksichtigt sie die Tätergefährlichkeit:264 „L’approche allemande présente donc l’avantage de combiner les éléments objectifs de mise en danger effective et les éléments subjectifs concernant la dangerosité de l’agent“.265 4. Schlussfolgerungen Die im Rahmen dieser Arbeit behandelten europäischen Regelungsmodelle zur Versuchshaftung lassen sich wie folgt grob kategorisieren: Dem eher autoritären, subjektivistischen britischen Ansatz266 stehen die durch das französische Recht geprägten tendenziell liberalen, objektivistischen Rechtsordnungen Belgiens, Luxemburgs, Spaniens, Italiens und der Niederlande gegenüber.267 Eine vermittelnde Auffassung wird im deutschsprachigen Raum vertreten.268 Diese vorläufige Zuordnung der einzelnen Länder zu einer kriminalpolitischen Strömung dient der Systematisierung sowie der besseren Vergleichbarkeit und wird auf Grundlage der jeweils aktuell gültigen gesetzlichen Regelung des Versuchs vorgenommen. Die Einsicht, dass keine der Theorien in ihrer Reinform kriminalpolitisch zufriedenstellen kann,269 hat jedoch dazu geführt, dass die geltenden Vorschriften zum Versuch in Europa trotz ihrer grundsätzlichen, die Identifizierung mit einer rechtspolitischen Strömung rechtfertigenden Ausrichtung an einer eher objektiven oder subjektiven Versuchslehre teilweise auf Kosten der dogmatischen Folgerichtigkeit Kompromisslösungen getroffen haben. Es wird zudem zu untersuchen sein, inwieweit die hier vorgenommene Kategorisierung
262
LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 69. Weigend, in: Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften 1, 113, 120. Vgl. zu Begründungen der Begrenzungen der Versuchsstrafbarkeit aus der Perspektive des subjektiven Ansatzes LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 70 ff. 264 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 65. 265 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 87. 266 Tendenziell dem autoritären Ansatz zuzuordnen sind wohl auch die Versuchsregelungen des dänischen (§ 21 dänStG), lettischen (§§ 15 f. lettStGB) und polnischen (Art. 13 ff. polnStGB) Strafrechts. 267 Eher liberal erscheint auch die Regelung des Versuchs in Bulgarien (Art. 18 bulgStGB) und Schweden (Kap. 23 §§ 1 ff. schwKrGB). 268 So wohl auch im finnischen Strafrecht (Kap. 4 finnStGB). 269 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 354. 263
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angesichts neuerer Tendenzen in Rechtsprechung und Strafrechtswissenschaft der Modifikation bedarf.
IV. Grundfragen der Versuchskonzeption Die gegensätzliche Bestimmung des Strafgrunds des Versuchs und des Versuchsunrechts führt zur unterschiedlichen Beantwortung der zu entscheidenden Grundfragen der Versuchskonzeption nach Versuchsstrafbarkeit, Strafmaß, Versuchsbeginn, Behandlung des untauglichen beziehungsweise abergläubischen Versuchs und der Rücktrittsregelung.270 Im Folgenden sollen die aus der jeweils favorisierten Strafgrundlehre sich dogmatisch folgerichtig ergebenden Konsequenzen kurz skizziert werden. Dies dient dazu, ein „Koordinatensystem“ für die spätere rechtsvergleichende Darstellung der Einzelheiten zu entwerfen. Hinsichtlich der Frage nach der Versuchsstrafbarkeit müsste eine subjektiv, das heißt auf den Täter ausgerichtete Lehre eine Strafbarkeit grundsätzlich bei allen Vorsatztaten annehmen, während nach der erfolgsbezogenen objektiven Theorie allenfalls die Beschränkung des strafbaren Versuchs auf besonders gravierende Einzelfälle oder zumindest eine Differenzierung zwischen verschiedenen Deliktstypen in dem Sinne geboten erscheint, dass eine generelle Versuchsstrafbarkeit nur bei den schwereren Straftaten anzunehmen wäre und diese ansonsten einer speziellen gesetzlichen Anordnung bedürfte. Auch für die Bemessung der Höhe der Versuchsstrafe gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Sieht man mit der subjektiven Theorie den Strafgrund in dem bei Versuch und Vollendung identischen Täterwillen, folgt daraus grundsätzlich eine Gleichbestrafung mit der vollendeten Tat. Der Umstand, dass die Rechtsgutsverletzung ausgeblieben ist, könnte dann allenfalls durch Strafmilderung innerhalb des anzuwendenden Vollendungsstrafrahmens berücksichtigt werden.271 Eine objektive Auffassung müsste hingegen aufgrund der Erwägung, dass eine bloße Gefährdung das Rechtsgut nicht oder jedenfalls weniger als eine Verletzung beeinträchtigt272 und deshalb auch Gefährdungsdelikte in der Regel einen niedrigeren Strafrahmen aufweisen als Verletzungsdelikte273 beim Versuch generell eine Bestrafung aus einem besonderen Strafrahmen vorsehen, dessen Anwendung obligatorisch oder fakultativ sein kann. Die Anordnung einer nur fakultativen Strafmilderung folgt aus einer gleichrangigen Berücksichtigung des Täterwillens und des Ausbleibens der Vollendung, während eine obligatorische Anwendung des milderen Strafrahmens auf der Annahme beruht, der fehlende Erfolg bedeute immer ein Minus im Unrechtsgehalt der Tat.274 270 271 272 273
LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 442. Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 114. Constant, Traité élémentaire, 251 Rn. 281; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 353. Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 353.
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Erheblich wirkt sich die durch die Entscheidung für eine Strafgrundlehre vorgenommene Weichenstellung auch auf die Frage nach dem Versuchsbeginn, das heißt nach der Abgrenzung derjenigen Verhaltensweisen, die der Bürger straflos soll vornehmen können von denen, die ihm unter Androhung von Strafe verboten sind, aus.275 Sieht man den Strafgrund primär in der rechtsfeindlichen Gesinnung, kann die Strafbarkeit bereits bei jeder beliebigen Betätigung des kriminellen Entschlusses eintreten, was eine erhebliche Ausdehnung des Bereichs des strafbaren Versuchs in das Vorbereitungsstadium bedeutete. Hält man dagegen das Vorliegen einer objektiven Rechtsgutsgefährdung für erforderlich, ist eine Versuchsstrafbarkeit erst ab dem Zeitpunkt denkbar, in dem der Täter durch eine äußere Verhaltensweise bereits eine Gefahr für das Tatobjekt geschaffen, das heißt mit der Ausführungshandlung schon begonnen hat.276 Dies bedeutet eine enge Anlehnung des Versuchsbeginns an den Tatbestand des vollendeten Delikts und damit die grundsätzliche Straflosigkeit von Vorbereitungshandlungen. Eine subjektive Versuchslehre müsste sich auch für die prinzipielle Strafbarkeit jedenfalls des untauglichen Versuchs aussprechen, da die Untauglichkeit nichts an der für diesen Ansatz allein entscheidenden moralischen Verwerflichkeit und Tätergefährlichkeit ändert.277 Der verbrecherische Tatentschluss manifestiert sich auch in einer objektiv harmlosen, aber vom Täter für gefährlich gehaltenen Handlung.278 Dagegen müssten nach der objektiven Theorie sowohl der untaugliche als auch der abergläubische Versuch mangels einer tatsächlichen Gefahr für das angegriffene Rechtsgut straflos bleiben.279 Ein ausschließlich repressiv reagierendes Strafrechtssystem würde sich gegen jegliche Berücksichtigung der freiwilligen Tataufgabe oder Verhinderung verwehren.280 Die negativ-implizit oder positiv-explizite Regelung der Straflosigkeit oder Milderbestrafung des Versuchs nach Rücktritt des Täters entspricht dagegen der aufgeklärten Auffassung, dass das Mittel des Strafrechts nur so weit eingesetzt werden darf, wie es für den Frieden und die Sicherheit unabdingbar ist,281 das heißt ist Ausdruck einer Kriminalpolitik der Prävention.282 Dabei müsste die subjektive Theorie Straffreiheit beziehungsweise zumindest Strafmilderung bei jeglicher Äußerung des der Tat entgegenstehenden Willens
274 275 276 277 278 279 280 281 282
Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 114; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 45. Rath, JuS 1998, 1006, 1007. Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 353. Constant, Traité élémentaire, 251 Rn. 181. Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 353; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 48. Constant, Traité élémentaire, 251 Rn. 181. Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 7. Kracht, Entwicklung, 18. Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 7.
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annehmen, während die objektivistische Lehre nur objektiv wirksame Rücktrittshandlungen berücksichtigen könnte, sodass bei Untauglichkeit oder Erfolgsverhinderung durch Dritte eine Straffreiheit ausschiede.283 Die anschließenden rechtsvergleichenden Untersuchungen orientieren sich an den soeben aufgeworfenen Grundfragen der Versuchskonzeption.
283
LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 53.
2. Teil
Nationale und übernationale Regelungen des Versuchs A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands in Europa I. Strafbarkeit Bei der Frage nach der Versuchsstrafbarkeit geht es zunächst darum, grundsätzlich festzulegen, ob diese generell bei allen vorsätzlichen Taten in Betracht kommen oder auf bestimmte Deliktsgruppen beziehungsweise Tatbestände beschränkt sein soll. Zwar wird theoretisch auch diese Entscheidung durch die favorisierte Strafgrundlehre determiniert: Während eine auf den Täterwillen abstellende subjektive Theorie eine Strafbarkeit bei allen Vorsatztaten annehmen müsste, scheint nach der am Erfolg orientierten objektiven Lehre eher eine Beschränkung auf besonders schwerwiegende Einzelfälle oder zumindest eine Differenzierung zwischen verschiedenen Deliktstypen dahingehend naheliegend, dass eine generelle Versuchsstrafbarkeit nur bei gravierenderen Taten anzunehmen wäre und diese ansonsten einer gesetzlichen Anordnung bedürfte. Hinsichtlich des Anwendungsbereichs des Versuchs weichen viele der hier behandelten Regelungen jedoch aus kriminalpolitischen Gründen vom System ab. Weiterhin stellen sich in diesem Zusammenhang die Fragen nach der strafrechtlichen Behandlung der Beteiligung am Versuch beziehungsweise der versuchten Beteiligung, nach der Strafbarkeit des fahrlässigen und des Unterlassungsversuchs sowie des Versuchs bei erfolgsqualifizierten Delikten. 1. Anwendungsbereich a) Strafbarkeit nur bei gesetzlicher Anordnung In Finnland1 und Schweden2 setzt die Versuchsstrafbarkeit grundsätzlich eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung im Einzelfall voraus. Diese gesetzgeberische Wertung ist Ausdruck eines insoweit eher liberalen Ansatzes.
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Kap. 4 § 1 Abs. 1 finnStGB: „When, by law, an attempt is punishable (. . .).“.
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b) Differenzierung zwischen verschiedenen Deliktstypen Ganz überwiegend wird bezüglich der Versuchsstrafbarkeit nach der Schwere der anvisierten Tat differenziert. Dabei orientiert sich die Strafbarkeitsschwelle zumeist an der allgemeinen Klassifizierung der Tatbestände entsprechend ihrem Unrechtsgehalt. Weder besteht in Europa jedoch Einigkeit hinsichtlich dieser Kategorisierung – insoweit existieren drei- und zweigeteilte Modelle mit unterschiedlichen Grenzziehungen – noch darüber, bei welchem Deliktstyp eine generelle Versuchsstrafbarkeit anzunehmen ist, und wo diese etwa einer besonderen gesetzlichen Anordnung im Einzelfall bedarf. S. 1 Abs. 4 des englischen CAA3 erklärt grundsätzlich nur den Versuch so genannter „indictable offences“ für strafbar, das heißt schwererer Delikte, die durch die „Crown Courts“ abgeurteilt werden. Die Versuchsstrafbarkeit der der Gerichtsbarkeit der „Magistrates Courts“ unterfallenden „summary offences“ setzt dagegen ausdrückliche gesetzliche Anordnung voraus.4 Diese Abweichung vom Vorschlag der „Law Commission“ dient der Entlastung der „Magistrates Courts“ und lässt sich mit dem bei „summary offences“ geringeren Bedürfnis nach Spezial- und Generalprävention rechtfertigen.5 Die Notwendigkeit der Sanierung der überlasteten „Crown Courts“ führte seit 1981 zur kriminalpolitisch umstrittenen Ausweitung der „summary offences“.6 Anders als der CAA differenzieren die im Rahmen dieser Arbeit behandelten kontinentaleuropäischen Strafgesetze französischer Prägung überwiegend zwischen Verbrechen („crimes“), Vergehen („délits“) und Übertretungen („contraventions“).7 2 Kap. 23 § 1 Abs. 1 schwKrGB: „(. . .) so ist er in den Fällen, in denen dies besonders geregelt ist, wegen Versuchs der Straftat zu verurteilen (. . .).“. 3 S. 1 Abs. 4 CAA: „This section applies to any offence which, if it were completed, would be triable in England and Wales as an indictable offence, other than a) conspiracy (at common law or under section 1 of the Criminal Law Act 1977 or any other enactment); b) aiding, abetting, counselling, procuring or suborning the commission of an offence; c) offences under section 4 (1) (assisting offenders) or 5 (1) (accepting or agreeing to accept consideration for not disclosing information about an arrestable offence) of the Criminal Law Act 1967.“. 4 Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 22; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 26; Smith/Hogan, Criminal Law, 317 f.; Williams, Textbook, 403. 5 Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 7; Williams, Textbook, 405. 6 Smith/Hogan, Criminal Law, 318 konstatieren in der Folge eine „undesirable gap in the law“. 7 Art. 111-1 frCP: „Die Straftaten werden nach ihrer Schwere in Verbrechen, Vergehen und Übertretungen eingeteilt.“ Nach Art. 131-1 frCP sind Verbrechen Delikte, die mit Zuchthaus- oder Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht sind. So auch Art. 1 beCP, wobei die Grenze zum Verbrechen gegenüber dem französischen Recht niedriger, nämlich bei fünf Jahren Freiheitsstrafe angesetzt ist, vgl. Art. 13, 16,
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Die Frage nach der Strafbarkeit des Versuchs wurde im französischen Recht in der Vergangenheit unterschiedlich beurteilt. Während das „Ancien Droit“ eine generelle Versuchsstrafbarkeit annahm, und nur das Strafmaß entsprechend der Schwere des Delikts variierte, sanktionierte der nachrevolutionäre „Code Pénal“ von 1791 nur den Versuch der Tötung beziehungsweise Vergiftung. Spätere Gesetze etablierten die Versuchsstrafbarkeit erst generell für Verbrechen, dann auch für bestimmte Vergehen. Diese Regelung wurde in den „Code Pénal“ von 1810 und mit der Strafrechtsreform in Art. 121-4 Nr. 2 frCP8 übernommen.9 Inhaltlich jedenfalls hinsichtlich der Versuchsstrafbarkeit identische Regelungen enthalten die Art. 52 f. des belgischen10 sowie des luxemburgischen „Code Pénal“. Die Strafbarkeit des Versuchs wird auch hier von der Deliktsnatur des anvisierten Tatbestands abhängig gemacht. Zur Begründung wird angeführt, dass die Versuchsbestrafung sich nur bei Bedrohung bedeutender Rechtsgüter rechtfertigen lasse: „Le caractère „extraordinaire“ de l’incrimination d’infractions non consommées et la gravité de la peine (. . .) justifient que l’institution soit strictement limitée aux crimes et à quelque délits, ceux dont la tentative est expressément incriminée par le législateur (. . .).“11 Insoweit beruhen die Regelungen in Frankreich, Belgien und Luxemburg eindeutig auf einem objektivistischen Ansatz.12 Während der Verbrechensversuch also grundsätzlich strafbar gestellt wird,13 gilt dies für den Versuch von Vergehen nur bei besonderer gesetzlicher Anordnung.14 Ein Reformvorschlag in Belgien sprach sich für die Ausdehnung der Versuchsstrafbarkeit auf alle Tatbestände aus, neuere Projekte wollen jedoch 25 beCP; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 73; Merle/Vitu, Traité, 639 Rn. 505; Paulin, Droit pénal général, 48; Salvage, Droit pénal général, 41. 8 Art. 121-4 Nr. 2 frCP: „Täter einer Straftat ist, wer versucht, ein Verbrechen, oder, in den gesetzlich vorgesehenen Fällen, ein Vergehen zu begehen.“. 9 Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 223 Rn. 250. 10 Art. 52 beCP: „Der Versuch eines Verbrechens wird mit der Strafe bestraft, die gegenüber der für das Verbrechen selbst angedrohten Strafe nach Art. 80 und 81 die nächstniedrigere ist.“ Art. 53 beCP: „Das Gesetz bestimmt, in welchen Fällen und mit welchen Strafen der Versuch eines Vergehens bestraft wird.“. 11 Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 172 Rn. 196; ähnl. Doucet, Précis, 131; Haus, Principes généraux, 356 Rn. 470 („La loi ne doit déclarer punissables que les tentatives qui ont pour objet des infractions graves.“); Robert, Droit pénal général, 211; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 388 Rn. 786. 12 „Le législateur paraît ici choisir en faveur de la conception objective.“, Pradel, Droit pénal général, 346 Rn. 382; vgl. auch Conte/Chambon, Droit pénal général, 173. 13 Zu Ausnahmen (z. B. Versuch der „faux témoignage“) vgl. Merle/Vitu, Traité, 639 Rn. 505 sowie für das belgische Recht Haus, Principes généraux, 350 Rn. 465; Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 172 Rn. 196 Fn. 74; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 75.
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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an der Differenzierung zwischen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen festhalten.15 Während in Frankreich die Versuchsstrafbarkeit bei den meisten Vergehen bereits gesetzlich vorgesehen ist,16 tendiert auch die neuere belgische Gesetzgebung eindeutig zu einem „elargissement répressif“.17 Insbesondere die erst im Jahre 1993 vorgenommene Ausdehnung der Versuchsstrafbarkeit auf das Vergehen des Betrugs18 sowie die zwei Jahre später erfolgte Gesetzesänderung bezüglich der versuchten Geldwäsche19 waren von großer praktischer Bedeutung. Diese kriminalpolitischen Entscheidungen bestätigen die Tendenz des modernen Strafrechts, im Hinblick auf die Zunahme dieser Formen von Wirtschaftskriminalität solche Verhaltensweisen zu sanktionieren, die für die Gesellschaft besonders gefährlich sind.20 Erklärter Zweck der belgischen Reformen war aber auch die Angleichung an andere europäische Staaten, insbesondere an die französische Rechtslage.21 Eine parallele Entwicklung vollzog sich in Luxemburg.22 In Frankreich und Belgien wird der Versuch der Übertretung aufgrund der geringen Tatschwere für grundsätzlich nicht strafwürdig gehalten.23 Einzelne
14 „(. . .) générale pour les crimes, la tentative est spéciale pour les délits.“, Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 388 Rn. 457; vgl. auch Merle/Vitu, Traité, 639 Rn. 505; Pelletier/Perfetti/Viennois, Code pénal, Art. 121-5, I C 8; Pradel, Droit pénal général, 346 Rn. 382; Robert, Droit pénal général, 211. So auch in Belgien, vgl. Constant, Traité élémentaire, 280 f. Rn. 200 f.; Dupont/Verstraeten, Handboek, 311 f. Rn. 557 f.; Haus, Principes généraux, 350 Rn. 464; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 73; Messinne, Droit pénal, 64 f.; Prins, Science pénale, 145 Rn. 237; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 312 und in Luxemburg, vgl. C. S. J. (appel corr.), 7 février 1984, no 35/84, Pas. lux., XXVII, Somm., 116; C. S. J. (Ch. de mises), 20 juin 1984, no 42/84, Pas. lux., XXVII, Somm., 116; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 244 f. 15 Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 313. 16 Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 388 Rn. 457. Daher entstehen auch bei dem restriktiven, auf Delikte, die mit einer Strafe von mindestens zehn Jahren bedroht sind, beschränkten französischen Verbrechensbegriff keine Strafbarkeitslücken. 17 Eine „récente extension de la répression de la tentative de délit“ stellen HustinDenies/Spielmann, L’infraction inachevée, 73, 128 fest. 18 Gesetz vom 16. 6. 1993, M. B., 24 juillet 1993, 17287; Bull. lég. 1993, 671; vgl. Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 16 Fn. 4, 110, 128; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 312 Fn. 441. Im beCP 1867 wurde von einer Strafbarkeit mit Hinblick auf Abgrenzungsschwierigkeiten noch bewusst abgesehen, Hustin-Denies/ Spielmann, L’infraction inachevée, 110. 19 M. B., 10 mai 1995, 12378; Err. M. B., 25 mai 1995, 14794; Bull. lég. 1995, 202. 20 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 111. 21 Doc. parl., Sénat, sess. o. 1992–93, Doc. No. 597-2, 3. 22 Änderung des Art. 496 luxCP durch Einführung der Strafbarkeit des Betrugsversuchs am 15. Juli 1993, Mém. A, 1993, 1152, bzgl. Geldwäsche vgl. Hustin-Denies/ Spielmann, L’infraction inachevée, 16 Fn. 4, 73 f. Fn. 220; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 245.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
luxemburgische Entscheidungen nehmen jedoch in Ausnahmefällen eine Versuchsstrafbarkeit des „délit-contravention“ an.24 In Anlehnung an Art. 2 f. des französischen CP 1810 statuierte auch das Preußische Strafgesetzbuch von 1851 in § 33 das Prinzip der generellen Versuchsstrafbarkeit von Verbrechen bei nur im Einzelfall angeordneter Strafbarkeit des Vergehensversuchs.25 Diese Unterscheidung wurde 1870 in das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund übernommen26 und lag auch § 43 Abs. 2 des Reichsstrafgesetzbuchs von 1871 zugrunde.27 Selbst in dem vom nationalsozialistischen Willensstrafrecht maßgeblich geprägten E 1936 waren Ausnahmen von der Strafbarkeit des Vergehensversuchs vorgesehen.28 Ebenso differenziert das geltende deutsche Recht in § 23 Abs. 1 dStGB.29 Die trotz des grundsätzlichen Bekenntnisses zur subjektiven Versuchstheorie nur ausnahmsweise vorgesehene Strafbarkeit des Vergehensversuchs beruht in Deutschland auf einem Kompromiss zwischen dogmatischen und kriminalpolitischen Erwägungen, dessen Notwendigkeit aus der ultima ratio-Funktion des Strafrechts folgt, die auch bei grundsätzlich subjektivistischer Ausrichtung des Gesetzes eine Abstufung nach Gewicht und Grad des Handlungsunrechts gebietet.30 Aus generalpräventiven Gründen ist eine Bestrafung des Vergehensversuchs grundsätzlich nur bei den Delikten mittlerer Kriminalität geboten, bei denen der Tatanreiz besonders groß ist.31 23 Für Frankreich Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 388 Rn. 457; HustinDenies/Spielmann, L’infraction inachevée, 74; Merle/Vitu, Traité, 639 Rn. 505. Für Belgien Constant, Traité élémentaire, 282 Rn. 202; Dupont/Verstraeten, Handboek, 302 Rn. 537, 312 Rn. 559; Haus, Principes généraux, 361 f. Rn. 477 („trop peu d’importance pour que la tentative de les commettre puisse troubler le bon ordre“); Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 74; Messinne, Droit pénal, 65; Prins, Science pénale, 145 Rn. 237; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 312; Vanhoudt/ Calewaert, Belgisch Strafrecht, 382 Rn. 768, 385 f. Rn. 779 f. 24 Z. B. unveröffentlichte Entscheidung 3 décembre 1987 no 2027/87, vgl. HustinDenies/Spielmann, L’infraction inachevée, 75 Fn. 225; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 245. 25 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 44, § 23 Rn. 1. 26 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 44. 27 § 43 Abs. 2 RStGB: „Der Versuch eines Vergehens wird jedoch nur in den Fällen bestraft, in welchen das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt.“. 28 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 44. 29 § 23 Abs. 1 dStGB: „Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.“. Anders als noch das französisch geprägte und daher Verbrechen, Vergehen und Übertretungen unterscheidende RStGB von 1871 beschränkt sich das geltende dStGB jedoch auf die erstgenannten Kategorien, Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 11 Rn. 3. § 12 Abs. 1 dStGB definiert Verbrechen als rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind. Zur Versuchsstrafbarkeit in Deutschland ausführlich Meinecke, Gesetzgebungssystematik. 30 Vgl. ausführlich LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 44 f., 74, § 23 Rn. 5. 31 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 521.
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In Lettland ist der Versuch einer „violation“32 gemäß § 15 Abs. 6 lettStGB33 generell straflos. Die Möglichkeit der gesetzlichen Anordnung der Strafbarkeit im Einzelfall besteht hier nicht. Aus dem Umkehrschluss ergibt sich die Versuchsstrafbarkeit bei allen Formen von „crimes“.34 Während das Strafgesetzbuch des „Koningrijk Holland“ von 1809 eine Bestrafung des Versuchs lediglich bei einzelnen schweren Delikten vorsah,35 normiert das geltende niederländische Recht in Art. 45 Abs. 1 nlStGB36 den Grundsatz der Versuchsstrafbarkeit bei Verbrechen („misdrijven“).37 Ausnahmen von diesem Prinzip beruhen nicht auf strukturellen, sondern auf kriminalpolitischen Erwägungen.38 Aufgrund ihrer zu geringen Außenwirkung39 sind Übertretungen von Art. 45 nlStGB nicht umfasst, was für einen objektivistischen Ansatz spricht.40 Auch von der Regelung der generellen Versuchsstrafbarkeit in Art. 56 Abs. 1 des italienischen „Codice Penale“41 sind nur die Übertretungen ausgenommen.42 32 § 7 Abs. 2 lettStGB definiert die „violation“ als Delikt, das maximal mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren bedroht ist. 33 § 15 Abs. 6 lettStGB: „A person shall not be held criminally liable for an attempt to commit a criminal violation.“. 34 § 7 Abs. 1 Satz 2 lettStGB unterscheidet drei Formen von „crimes“: „less serious crimes“, „serious crimes“ und „especially serious crimes“. 35 Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 390. 36 Art. 45 Abs. 1 nlStGB: „Der Versuch eines Verbrechens ist strafbar, wenn sich das Vorhaben des Täters durch einen Beginn der Ausführung offenbart hat.“. 37 Das nlStGB unterscheidet nur zwischen Verbrechen (2. Buch) und Übertretungen (3. Buch). 38 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 164, 173; Hazewinkel-Suringa/ Remmelink, Inleiding, 410; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 27 Fn. 39. So ist von der Versuchsstrafbarkeit beispielsweise die einfache Körperverletzung („Eenvoudige mishandeling“, Art. 300 Abs. 5 nlStGB) ausgenommen, weiterhin das Duell („Tweegevecht“, Art. 154 Abs. 5 nlStGB) sowie Teilnahme am Selbstmord („Hulp bij zelfmoord“, Art. 294 nlStGB). 39 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 172; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 390; zu weiteren, aber widerlegbaren Argumenten für die Straflosigkeit von Übertretungen vgl. v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 173. 40 Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 396. Zwar war die Straflosigkeit der versuchten Übertretung früher ausdrücklich in Art. 46 nlStGB a. F. geregelt, die Streichung dieser Norm diente aber lediglich dazu, für die Strafbarstellung von Vorbereitungshandlungen Platz zu schaffen; in der Sache sollte keine Änderung erfolgen, vgl. v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 161; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 390. 41 Art. 56 Abs. 1 itCP: „Wer geeignete Handlungen ausführt, die in eindeutiger Weise auf die Begehung eines Verbrechens abzielen, ist für den Versuch des Verbrechens verantwortlich, wenn die Tat nicht zur Ausführung gelangt oder der Erfolg nicht eintritt (49 Abs. 2).“. 42 Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 20. Wie das niederländische Recht differenziert auch der itCP nur zwischen Verbrechen und Übertretungen, vgl. Art. 39 und 17 itCP.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Eine noch extremere Ausweitung des Versuchsbereichs enthält das spanische Strafrecht, das in Art. 13 spCP43 zwischen schweren Straftaten („delitos graves“), weniger schweren Straftaten („delitos menos graves“) und Übertretungen („faltas“) unterscheidet.44 Entsprechend differenziert auch Art. 15 spCP hinsichtlich der Versuchsstrafbarkeit.45 Während Abs. 1 den Versuch von „delitos graves“ und „delitos menos graves“ für generell strafbar erklärt, gilt dies gemäß Art. 15 Abs. 2 spCP sogar bei „faltas“ dann, wenn es sich um Angriffe gegen Personen oder das Vermögen handelt. Diese ohnehin schon weitgehende Versuchsstrafbarkeit wurde durch die Vereinigung von beendetem und unbeendetem Versuch in Art. 16 spCP n. F. noch verschärft: Im Gegensatz zum früheren Recht wird nun auch der unbeendete Versuch bestraft, wenn sich die Übertretung gegen die in Art. 15 Abs. 2 spCP bezeichneten Rechtsgüter richtet.46 Ganz unabhängig vom Deliktstyp sieht § 21 Abs. 3 dänStG47 eine generelle Versuchsstrafbarkeit bei Tatbeständen vor, für die eine Strafe verhängt werden kann, die vier Monate Gefängnis übersteigt. Ansonsten setzt die Ahndung eine besondere gesetzliche Anordnung voraus. c) Strafbarkeit bei allen Vorsatzdelikten Einige der hier untersuchten Rechtsordnungen nehmen eine generelle Versuchsstrafbarkeit bei allen vorsätzlich begangenen Taten an. So enthält etwa das österreichische StGB in § 15 Abs. 148 eine nicht zwischen verschiedenen Tatbestandstypen unterscheidende grundsätzliche Anord43
Art. 13 spCP: „1. Schwere Straftaten sind Taten, die das Gesetz mit schwerer Strafe bedroht. 2. Weniger schwere Straftaten sind Taten, die das Gesetz mit weniger schwerer Strafe bedroht. 3. Übertretungen sind Taten, die das Gesetz mit leichter Strafe bedroht. 4. (. . .).“ Als schwere Strafe definiert Art. 33 Abs. 2a spCP u. a. Gefängnis von mehr als drei Jahren; weniger schwere Freiheitsstrafen bewegen sich in dem Rahmen von sechs Monaten bis zu drei Jahren, Art. 33 Abs. 3a spCP. 44 de la Cuesta/Varona, E. J. C. C. L. C. J. 1996, 226, 229; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 35 Fn. 73. 45 Art. 15 spCP: „1. Strafbar sind die vollendete Straftat und der Versuch der Straftat. 2. Übertretungen werden nur bestraft, wenn sie vollendet wurden, mit Ausnahme versuchter Übertretungen gegen Personen oder das Vermögen.“. 46 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 132. 47 § 21 Abs. 3 dänStG: „Sofern nichts anderes bestimmt ist, wird der Versuch nur bestraft, wenn für die Straftat eine Strafe verhängt werden kann, die 4 Monate Gefängnis übersteigt.“. 48 § 15 Abs. 1 öStGB: „Die Strafdrohungen gegen vorsätzliches Handeln gelten nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch und für jede Beteiligung an einem Versuch.“.
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nung der Versuchsstrafbarkeit für alle Vorsatzdelikte.49 Da § 15 Abs. 1 öStGB die Strafbarkeit vorsätzlich begehbarer Taten generell um das Versuchsstadium erweitert, lässt sich die Vorschrift als „Strafausdehnungsgrund“ qualifizieren.50 Der prinzipiellen Versuchsstrafbarkeit lässt sich jedoch entgegenhalten, dass sie zumindest bei den leichten Delikten dem grundsätzlichen Bestreben des österreichischen StGB nach Entkriminalisierung des Bagatellbereichs zuwiderläuft. Die Vorschrift des § 42 öStGB zur mangelnden Strafwürdigkeit der Tat erscheint insoweit als notwendiges Korrektiv.51 Auch das bulgarische52 und polnische53 Recht statuieren eine generelle Versuchsstrafbarkeit für alle Vorsatztaten. 2. Beteiligung Weitgehende Übereinstimmung besteht hinsichtlich der Beurteilung der Fragen nach der Beteiligung am Versuch und der versuchten Beteiligung. Dabei lassen sich die Versuchsregelungen zum einen daraufhin untersuchen, ob sie auf einem Akzessorietätsmodell beruhen, bei dem dem Teilnehmer das Versuchsunrecht des Haupttäters zugerechnet wird, oder ob ihnen ein System der Alleintäterschaft zugrunde liegt, wonach jeder Beteiligte seinen eigenen Versuch begeht. Weiterhin ist der Aspekt der Gleich- beziehungsweise Ungleichbehandlung von Interesse, das heißt die Frage, inwieweit das Gesetz im Rahmen der Versuchsbestrafung an verschiedene Beteiligungsformen unterschiedliche Rechtsfolgen knüpft.54 In den hier untersuchten Rechtsordnungen wird eine Beteiligung am Versuch grundsätzlich für möglich gehalten. Diese liegt vor, wenn zwar der Tatbeitrag vollständig geleistet wurde, die Haupttat aber nur das Versuchsstadium erreicht. Bei Zugrundelegung eines Teilnahmemodelles beruht die Strafbarkeit auf der Zurechnung des vom Haupttäter begangenen Versuchsunrechts. 49 SSt 60/16; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 3; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. I; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 11. 50 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 13; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 3; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 352 Rn. 1; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 25. 51 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 12. 52 Art. 18 Abs. 1 bulgStGB: „Versuch ist die begonnene Ausführung einer vorsätzlichen Straftat, bei der die Ausführungshandlung nicht vollendet wird oder, obgleich sie vollendet wird, die im Gesetz vorgesehenen und vom Täter gewollten gesellschaftsgefährlichen Folgen dieser Straftat nicht eingetreten sind.“. 53 Art. 13 § 1 polnStGB: „Wegen Versuchs ist strafbar, wer mit dem Vorsatz der Begehung einer verbotenen Tat sein Verhalten unmittelbar auf deren Vollendung richtet, diese jedoch unterbleibt.“; vgl. Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 113; LK-Vogler, 10. Aufl., Vor § 22 Rn. 104. 54 Hamdorf, Beteiligungsmodelle, 317.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Im deutschen Recht ergibt sich die Möglichkeit der Teilnahme am strafbaren Versuch aus §§ 26 f. dStGB, die lediglich das Vorliegen einer vorsätzlich begangenen, rechtswidrigen Haupttat voraussetzen.55 Aus der Akzessorietät der Teilnahme folgt die Bestrafung wegen bloßen Versuchs trotz eigentlich gefassten Vollendungsvorsatzes bezüglich der Haupttat.56 Dasselbe gilt für das französische Recht.57 Zwar legt in Schweden der Wortlaut von Kap. 23 § 1 Abs. 1 schwKrGB58 nahe, dass nur der täterschaftliche Versuch strafbar sei, die Möglichkeit auch der Teilnahme am versuchten Delikt ergibt sich jedoch aus der Auslegung dieser Norm in Verbindung mit Kap. 23 § 4 schwKrGB.59 Das spanische Strafrecht unterscheidet nur zwischen Tätern (Alleintäter, Mittäter, mittelbarer Täter, Anstifter und notwendiger Teilnehmer, Art. 28 spCP) und Gehilfen (Art. 29 spCP). Die Strafbarkeit der Beihilfe zum Versuch folgt aus Art. 63 spCP.60 Im System der Alleintäterschaft begeht jeder Beteiligte unabhängig von der Strafbarkeit des Haupttäters stets seinen eigenen Versuch. Dem Einheitstäterbegriff des österreichischen Strafgesetzbuches (§ 12 öStGB) entsprechend ordnet § 15 Abs. 1 öStGB61 die Strafbarkeit auch für alle Beteiligten am Versuch an, sodass Bestimmung und Beitrag (§ 12 2. und 3. Alt. öStGB) zu einem versuchten Delikt als Versuch zu ahnden sind.62 Da im funktionalen Einheitstätersystem jeder Beteiligte zwar eigenes Unrecht verwirklicht, 55
Kühl, AT, § 20 Rn. 137; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 131. RGSt 38, 248, 250. 57 Czepluch, Täterschaft und Teilnahme, 71 m. w. N. in Fn. 8. 58 Kap. 23 § 1 Abs. 1 schwKrGB: „Hat jemand die Ausführung einer bestimmten Straftat begonnen, ohne daß diese zur Vollendung gelangt ist, so ist er in den Fällen, in denen dies besonders geregelt ist, wegen Versuchs der Straftat zu verurteilen, sofern die Gefahr bestanden hat, daß die Handlung zur Vollendung der Straftat führen würde, oder eine solche Gefahr nur aufgrund zufälliger Umstände ausgeschlossen war.“. 59 Kap. 23 § 4 schwKrGB: „1. Die nach diesem Gesetzbuch für eine bestimmte Straftat vorgesehene Strafbarkeit trifft nicht nur denjenigen, der die Tat ausgeführt hat, sondern auch einen anderen, der sie mit Rat oder Tat gefördert hat. (. . .). 2. Wer nicht als Täter anzusehen ist, wird, wenn er einen anderen zur Ausführung bewegt hat, wegen Anstiftung zu der Straftat oder sonst wegen Beihilfe zu ihr verurteilt. 3.–4. (. . .).“; vgl. Hamdorf, Beteiligungsmodelle, 317. 60 Art. 63 spCP: „Dem Gehilfen einer vollendeten oder versuchten Straftat wird die im Grad niedrigere Strafe auferlegt als diejenige, die im Gesetz für den Täter derselben Straftat festgelegt ist.“. 61 § 15 Abs. 1 öStGB: „Die Strafdrohungen gegen vorsätzliches Handeln gelten nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch und für jede Beteiligung an einem Versuch.“. 62 OGH EvBl 1980/6; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 5; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. II; Hamdorf, Beteiligungsmodelle, 318; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 367 Rn. 47; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 21. 56
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aber alle Beteiligten wegen Vollendung nur bestraft werden können, wenn das Tatbild erfüllt worden ist, begehen auch der Bestimmungs- und Beitragstäter nur den Versuch einer Straftat, wenn die Tat des unmittelbar Handelnden im Versuchsstadium steckengeblieben ist.63 In Polen ist die Strafbarkeit von Anstiftung und Beihilfe zum Versuch in Art. 22 § 1 polnStGB64 geregelt. Die Zuordnung des polnischen Rechts zum Alleintätermodell ergibt sich aus Art. 22 § 2 polnStGB. Auch nach dänischem Recht ist gemäß § 21 Abs. 1 dänStG65 jede Beteiligung am Versuch strafbar, jedoch kann die Strafe sowohl nach § 21 Abs. 266 als auch nach § 23 Abs. 1 Satz 2 dänStG gemildert werden.67 Die Formulierung des § 21 Abs. 1 dänStG spricht für das alleintäterschaftliche System, da nicht von Beteiligung am Versuch sondern davon die Rede ist, dass auch Beteiligungshandlungen als Versuch bestraft werden, das heißt auf der Basis ihres eigenen Versuchsunrechts.68 Die Problematik der versuchten Beteiligung betrifft Konstellationen, in denen eine Handlung vorgenommen wurde, die darauf abzielt, die Ausführung einer Straftat zu fördern oder zu bewirken, wobei die Haupttat nicht einmal in das Versuchsstadium gelangt. Auf der Basis des Alleintätermodells differenzieren die dänischen (§ 21 Abs. 1 dänStG69) und polnischen (Art. 22 § 2 polnStGB70) Regelungen nicht zwischen verschiedenen Formen der versuchten Beteiligung. Vorgesehen ist jeweils (§§ 21 Abs. 2, 23 Abs. 1 Satz 2 dänStG, Art. 22 § 2 polnStGB) aber eine fakultative Strafmilderung oder sogar das Absehen von Strafe. 63 Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 367 Rn. 47; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 21. 64 Art. 22 § 1 polnStGB: „Ist die verbotene Tat nur versucht worden, so sind die in Art. 18 §§ 2 und 3 bezeichneten Personen wie wegen eines Versuchs zu bestrafen.“. 65 § 21 Abs. 1 dänStG: „Handlungen, die darauf abzielen, die Ausführung einer Straftat zu fördern oder zu bewirken, werden, wenn die Straftat nicht zur Vollendung gelangt, als Versuch bestraft.“. 66 § 21 Abs. 2 dänStG: „Die für die Straftat vorgesehene Strafe kann bei Versuch herabgesetzt werden, namentlich wenn der Versuch von geringerer Stärke oder Festigkeit des verbrecherischen Vorsatzes zeugt.“. 67 § 23 Abs. 1 Satz 2 dänStG: „Die Strafe kann für denjenigen herabgesetzt werden, der nur einen weniger wesentlichen Beitrag leisten oder einen bereits gefassten Tatentschluß bestärken wollte, sowie wenn die Straftat nicht vollendet oder eine beabsichtigte Beteiligung mißglückt ist.“. 68 Hamdorf, Beteiligungsmodelle, 320. 69 § 21 Abs. 1 dänStG: „Handlungen, die darauf abzielen, die Ausführung einer Straftat zu fördern oder zu bewirken, werden, wenn die Straftat nicht zur Vollendung gelangt, als Versuch bestraft.“. 70 Art. 22 § 2 polnStGB: „Ist eine verbotene Tat nicht einmal versucht worden, so kann das Gericht die außerordentliche Strafmilderung anwenden oder sogar von der Verhängung von Strafe absehen.“.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Im Widerspruch zum österreichischen Einheitstäterprinzip steht die Regelung des § 15 Abs. 2 öStGB zur versuchten Beteiligung.71 Zwar ist die versuchte Bestimmung eines anderen zu einer Straftat (§ 12 2. Alt. öStGB) in Österreich strafbar gemäß § 15 Abs. 2 2. Alt. öStGB.72 Da sich die Legaldefinition des Versuchsbeginns in § 15 Abs. 2 öStGB aber nur auf den unmittelbaren Ausführungs- und Bestimmungstäter bezieht, bleibt der Versuch der Beitragstäterschaft (§ 12 3. Alt. öStGB) straflos, das heißt die Strafbarkeit des Unterstützenden wegen Beitrags zum Versuch tritt erst dann ein, wenn der unmittelbare Täter selbst das objektive Versuchsstadium erreicht hat.73 In Spanien ergibt sich die Straflosigkeit der versuchten Beihilfe aus einem Umkehrschluss aus Art. 16 spCP. Auch in Deutschland ist die versuchte Beihilfe seit dem 3. StrÄG vom 4. 8. 1953 straflos.74 Die dem Akzessorietätssystem der §§ 26 bis 28 dStGB zuwiderlaufende75 Strafbarkeit der versuchten Anstiftung ist gem. § 30 Abs. 1 dStGB76 auf Verbrechen beschränkt. Die Bestrafung richtet sich nach den Vorschriften über den Verbrechensversuch, jedoch ist eine Strafmilderung gem. § 49 Abs. 1 dStGB vorgesehen; § 23 Abs. 3 dStGB gilt entsprechend (§ 30 Abs. 1 Satz 2 dStGB). Eine Sonderregelung für den Rücktritt vom Versuch der Anstiftung enthält § 31 Abs. 1 Nr. 1 dStGB. In Frankreich, Belgien und Luxemburg allerdings kommt in konsequenter Durchführung des Teilnahmemodells ein Versuch mangels strafbarer Haupttat generell nicht in Betracht.77 Aus der Akzessorietät der Teilnahme folgt das 71
Hamdorf, Beteiligungsmodelle, 319. § 15 Abs. 2 öStGB: „Die Tat ist versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen oder einen anderen dazu zu bestimmen (§ 12), durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.“; vgl. dazu Burgstaller, JBl 1976, 113, 116; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 6, 8 ff.; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. III; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 21; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 366 Rn. 44. Dabei ist der Begriff der „unmittelbar vorangehenden Handlung“ beim Bestimmungsversuch restriktiver auszulegen, als beim Versuch einer unmittelbaren Täterschaft, um eine zu weite Vorverlagerung der Strafbarkeit zu vermeiden, Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 22; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 366 Rn. 44; krit. Hamdorf, Beteiligungsmodelle, 319; relativierend WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 35. 73 SSt 56/19; OGH JBl 1994, 627; EvBl 1995/6; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 6, 13; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. III; Fuchs, ÖJZ 1986, 257, 263; Leukauf/ Steininger, StGB, § 15 Rn. 23; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 367 Rn. 46; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 13, 21 („limitiert quantitative Akzessorietät der Beitragstäterschaft“); krit. Hamdorf, Beteiligungsmodelle, 319. 74 BGHSt 14, 156 f.; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 135. 75 Hamdorf, Beteiligungsmodelle, 318. 76 § 30 Abs. 1 dStGB: „Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.“. 72
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Prinzip des „emprunt de criminalité“, das besagt, dass die Strafbarkeit des Teilnehmers die des Haupttäters voraussetzt.78 Fehlt ein „fait principal punissable“, kommt eine Strafbarkeit wegen bloßen Teilnahmeversuchs nicht in Betracht. Gleiches gilt in den Niederlanden.79 Auch in Schweden ist die versuchte Teilnahme auf jeden Fall straflos.80 In England statuiert s. 1 Abs. 4 CAA ausdrücklich die Straflosigkeit des Versuchs der „conspiracy“ (s. 1 Abs. 4a CAA) und der Beihilfe (s. 1 Abs. 4b CAA). Der Versuch der Anstiftung („incitement“) ist hingegen auch hier strafbar.81 3. Fahrlässigkeit Grundsätzlich nicht denkbar ist nach einhelliger Ansicht die Konstruktion eines fahrlässigen Versuchs.82 77 Für Frankreich „Lacour“, Crim., 25 octobre 1962, D. 1963, 221; Czepluch, Täterschaft und Teilnahme, 71 m. w. N. in Fn. 8; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 74; Merle/Vitu, Traité, 639 Rn. 506; Paulin, Droit pénal général, 48; Pelletier/Perfetti/Viennois, Code pénal, Art. 121-5, I C 7. Für Belgien Constant, Traité élémentaire, 270 Rn. 193; Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 165 Rn. 185 Fn. 61, 172 Rn. 196; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 73. Für Luxemburg Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 245. 78 Czepluch, Täterschaft und Teilnahme, 70; Pradel, Droit pénal général, 463 Rn. 374. 79 Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 413 f. m. w. N. 80 Dies lässt sich sowohl aufgrund des Teilnahmemodells als auch im Alleintätersystem begründen, vgl. Hamdorf, Beteiligungsmodelle, 317. 81 Smith/Hogan, Criminal Law, 317. 82 Für England Smith/Hogan, Criminal Law, 318. Für Frankreich, Belgien und Luxemburg Conte/Chambon, Droit pénal général, 180; Constant, Traité élémentaire, 254 Rn. 184, 283 Rn. 203; Dupont/Verstraeten, Handboek, 302 Rn. 537; Haus, Principes généraux, 325 Rn. 431; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 75; Prins, Science pénale, 145 Rn. 237; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 246; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 314; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 354 Rn. 696, 379 Rn. 762. Für die Niederlande v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 174; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 411; HustinDenies/Spielmann, L’infraction inachevée, 27. Wie nach teils vertretener Ansicht im anglo-amerikanischen Recht soll Fahrlässigkeit bezüglich der Tatumstände eine Versuchsstrafbarkeit jedoch nicht hindern, vgl. HR, 6. Februar 1990, N. J. 1990, 417; v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 174; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 412. Für Italien Bartone/Delpino, Diritto penale I, 310; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 123. Für Österreich OGH EvBl 1978/93; JBl 1982, 437; Burgstaller, JBl 1969, 521 Fn. 2; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 2; Foregger/ Serini, StGB, § 15 Erl. I; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 352 Rn. 1; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 8 f. Für Deutschland Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 22 Rn. 72; Jakobs, AT, 25 Rn. 28; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 516; Kühl, AT, § 15 Rn. 23; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 29; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 40 Rn. 72; vgl. zum insofern rein theoretischen Streitstand zur Möglichkeit fahrlässiger Versuche ausführlich LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 15.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
4. Unterlassen Kontrovers beurteilt wird jedoch die Strafbarkeit des Unterlassungsversuchs. Entgegen der Empfehlung der „Law Commission“83 wurde diese Konstellation in England nicht in die Fallgruppen von s. 1 Abs. 4 CAA, für die die Strafbarkeit ausdrücklich ausgeschlossen wird, aufgenommen,84 sodass mangels klarer gesetzlicher Regelung Auslegungsschwierigkeiten entstehen. Teilweise wird vertreten, dass wie beim Begehungsdelikt ein Versuch durch Unterlassen möglich sei, sobald feststehe, dass die Untätigkeit des Täters direkt in die Vollendung einmünden sollte.85 Nach überwiegender Ansicht ist aber der Wortlaut von s. 1 Abs. 1 CAA einer solchen Auslegung nicht zugänglich: „Act“ beinhalte gerade nicht „omission“;86 die dadurch entstehende Regelungslücke sei hinzunehmen.87 Im kontinentaleuropäischen Raum besteht weitgehend Einigkeit über die Strafbarkeit des Versuchs bei unechten Unterlassungsdelikten,88 umstritten ist dagegen die Möglichkeit des Versuchs echter Unterlassungsstraftaten.89 In Deutschland wird der Unterlassungsversuch in allen seinen Erscheinungsformen für strafbar gehalten.90 83
Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 7. Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 7 erklärt dies mit dem Bestreben, sich die Möglichkeit der Bestrafung des Versuchs durch Unterlassen in Einzelfällen offenzuhalten. 85 Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 8; für Möglichkeit des Versuchs durch Unterlassen s. auch Regelungsvorschlag Duff, Attempts, 398. 86 Williams, Textbook, 410 begründet dies mit dem Bestimmtheitsgrundsatz: „(. . .) a measure of fixity must be given to the basic legal terms; and for this reason the word „act“ in a statute should not include an omission, in default of clear language on the subject.“. 87 Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 23 f.; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 66; Smith/Hogan, Criminal Law, 316, 318; Williams, Criminal Law, 621. 88 Für die Niederlande Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 411. Für Österreich Fuchs, ÖJZ 1986, 257; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 27; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 378 Rn. 87; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 16; WK-Nowakowski, § 2 Rn. 39; a. A. Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. I. Auch in Italien gestattet eine weite Auslegung des Begriffs „atti“ die Annahme der Strafbarkeit des Versuchs bei unechten Unterlassungsdelikten, vgl. Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 27. 89 Z. B. in Österreich dagegen WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 14 f.; für Beschränkung auf Fälle relativ untauglichen Versuchs Fuchs, ÖJZ 1986, 257; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 378 f. Rn. 89 f. In Belgien für Strafbarkeit Haus, Principes généraux, 349 Rn. 463; Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 167 Rn. 189 Fn. 65; a. A. Constant, Traité élémentaire, 254 Rn. 184, 283 Rn. 203; Dupont/Verstraeten, Handboek, 304 Rn. 539; Prins, Science pénale, 143 Rn. 235; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 314. 90 Jakobs, AT, 29 Rn. 113; Kühl, AT, § 18 Rn. 142; Lackner/Kühl, StGB, § 22 Rn. 17; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 100; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 40 Rn. 97; Schönke/Schröder/Eser, Vor § 22 Rn. 27; jedenfalls für das unechte Unterlassungsdelikt BGHSt 38, 356, 358 f.; 40, 270; BGH NStZ 1997, 485. 84
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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5. Erfolgsqualifikationen Unterschiedlich behandelt wird auch der Versuch in Zusammenhang mit erfolgsqualifizierten Delikten. Während in den Niederlanden eine Versuchsstrafbarkeit bei „misdrijven met strafverzwarende gevolgen“ grundsätzlich ausscheidet,91 wird überwiegend zwischen dem so genannten erfolgsqualifizierten Versuch, bei dem die besondere Folge eingetreten, das Grunddelikt aber nur versucht ist und Konstellationen der versuchten Erfolgsqualifikation, in denen bei Versuch oder Vollendung des Grunddelikts der vom Vorsatz umfasste qualifizierende Erfolg ausbleibt, unterschieden.92 In Österreich wird bezüglich der letztgenannten Variante eine Strafbarkeit abgelehnt,93 dagegen soll der erfolgsqualifizierte Versuch strafbar sein.94 Anders wird der Versuch erfolgsqualifizierter Delikte in Deutschland beurteilt.95 Die grundsätzliche Möglichkeit des Versuchs solcher ein Fahrlässigkeitsmoment enthaltender Tatbestände ergibt sich hier aus deren Einstufung als Vorsatztaten in § 11 Abs. 2 dStGB. Während die versuchte Erfolgsqualifizierung entgegen der österreichischen Auffassung einhellig für strafbar erachtet wird,96 ist dies bezüglich des erfolgsqualifizierten Versuchs umstritten.97 Nach der so genannten Lehre von der Erfolgsgefährlichkeit kommt eine Bestrafung nur bei Vollendung des Grundtatbestands in Betracht,98 dagegen liegt nach der Lehre von der Handlungsgefährlichkeit unabhängig von der Deliktsstruktur ein erfolgsqualifizierter Versuch immer dann vor, wenn der Versuch des Grunddelikts die schwere Folge herbeiführt.99 Eine differenzierende Theorie macht die Strafbarkeit abhängig von der tatbestandlichen Ausgestaltung: Kein erfolgsqualifizierter Ver91 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 174; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 27. Eine Ausnahme wird bei „diefstal met geweld“ (Art. 312 nlStGB) gemacht, vgl. HR, 28. Juli 1911, W 9225. 92 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 41 f. 93 SSt 47/84; OGH EvBl 1977/163; RZ 1977/130; EvBl 1987/141; Foregger/Serini, StGB, § 83 Erl. IV; WK-Burgstaller, § 7 Rn. 27, § 84 Rn. 39; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 18; a. A. Leukauf/Steininger, StGB, § 84 Rn. 37; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 381 Rn. 94. 94 Leukauf/Steininger, StGB, § 7 Rn. 34; WK-Burgstaller, § 7 Rn. 26; § 84 Rn. 38; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 18; a. A. Foregger/Serini, StGB, § 83 Erl. IV. 95 Vgl. ausführliche Darstellung bei LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 107 ff. 96 BGH NStZ 2001, 371, 534; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 524 f.; Kühl, AT, § 17a Rn. 32. 97 Vgl. ausführliche Darstellung des Streitstandes m. w. N. und Beispielen bei Hillenkamp, AT, 16. Problem, 110 ff. 98 RGSt 40, 321, 325; BGHSt 20, 230; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 43 Rn. 117; vgl. zur Argumentation u. w. N. Hillenkamp, AT, 16. Problem, 111 f. 99 BGHSt 7, 37; BGH Dall. MDR 1971, 363; Otto, Grundkurs, § 18 Rn. 83 ff.; vgl. zur Argumentation u. w. N. Hillenkamp, AT, 16. Problem, 112 f.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
such ist danach anzunehmen, wenn die schwere Folge gerade auf der Vollendung des Grunddelikts beruhen muss.100
II. Strafmaß Für die Bemessung der Höhe der Versuchsstrafe hat der Gesetzgeber grundsätzlich die Wahl zwischen zwei Regelungsmodellen. Eine eher subjektive Auffassung vom Versuchsunrecht legt eine prinzipielle Gleichbestrafung mit der Vollendung nahe. Aufgrund des primär zu berücksichtigenden, bei Versuch und Vollendung identischen Täterwillens kann das Ausbleiben des Erfolgs sich dann allenfalls im Rahmen des Vollendungsstrafrahmens strafmildernd auswirken.101 Dagegen wird eine objektive, vor allem auf die beim Versuch gegenüber der Vollendung jedenfalls geringere Rechtsgutsbeeinträchtigung abstellende Lehre dazu tendieren, beim Versuch generell einen milderen Strafrahmen vorzusehen, dessen Anwendung zwingend oder fakultativ sein kann. Eine nur fakultative Bestrafung aus dem Versuchsstrafrahmen ermöglicht eine Berücksichtigung sowohl des Ausbleibens der Rechtsgutsverletzung als auch des gleichwohl vorhandenen Täterwillens, während bei Anordnung einer obligatorischen Strafmilderung der fehlende Erfolg immer als Minus im Unrechtsgehalt der Tat verbucht wird.102 In den im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Rechtsordnungen finden sich Beispiele für alle hier dargestellten Regelungskonzepte. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Gesetzeswortlaut und praktische Handhabung oftmals auseinanderfallen. 1. Gleichbestrafung Mit Rücksicht auf die Zufälligkeit der Tatvollendung normiert s. 4 Abs. 1 des englischen CAA103 den Grundsatz der Gleichbestrafung von versuchtem und 100 Blei, AT, 222; Jakobs, AT, 25 Rn. 26; Joecks, Studienkommentar, § 18 Rn. 6; Kühl, AT, § 17a Rn. 48 ff.; Lackner/Kühl, StGB, § 18 Rn. 9; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 110; Rath, JuS 1999, 140, 142; Roxin, AT II, § 29 Rn. 328 ff.; SK-Rudolphi, § 18 Rn. 7; Tröndle/Fischer, StGB, § 18 Rn. 4; Wessels/Beulke, AT, Rn. 617; vgl. zur Argumentation u. w. N. Hillenkamp, AT, 16. Problem, 113 f. 101 Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 114. 102 Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 114; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 45. 103 S. 4 Abs. 1 CAA: „A person guilty by virtue of section 1 above of attempting to commit an offence shall a) if the offence attempted is murder or any other offence the sentence for which is fixed by law, be liable on conviction on indictment to imprisonment for life; and b) if the offence attempted is indictable but does not fall within paragraph (a) above, be liable on conviction on indictment to any penalty to which he would have been liable on conviction on indictment of that offence; and
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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vollendetem Delikt.104 In der Praxis wirkt sich das Ausbleiben des Taterfolgs jedoch meist strafmildernd aus.105 Begründet wird dies mit kriminalpolitischen Erwägungen: Zum einen müsse der Täter das Gefühl haben, die ihm auferlegte Strafe zu verdienen, zum anderen sei es nach der öffentlichen Meinung der Zweck von Sanktionen, einen entstandenen Schaden auszugleichen.106 Wie s. 4 Abs. 1 CAA, aber anders als die ansonsten eng verwandte belgische und luxemburgische Regelung107 normiert Art. 121-4 des französischen „Code Pénal“108 das Prinzip der Gleichbestrafung von Versuch und Vollendung.109 Die Vorschrift bestätigt insoweit die bereits durch das napoleonische Strafgesetz etablierte Gleichbehandlung beider Deliktsstufen.110 Der Grund dieser kriminalpolitischen Entscheidung für die „assimilation totale“111 von Versuch und Vollendung liegt in der Fokussierung auf die Täterpersönlichkeit: „(. . .) ce n’est pas la tentative d’infraction qui est assimilée à l’infraction consommée, c’est l’auteur d’une tentative qui est assimilé à l’auteur d’une infraction consommée et qui est donc passible des mêmes peines.“112 Das französische Recht misst in diesem Punkt der Intention des Delinquenten erhebliche Bedeutung bei.113 Indem auf den Täter und nicht auf die Tathandlung abgestellt wird, optiert Art. 121-4 frCP klar für einen subjektiven Ansatz; eine objektive Konzeption der Versuchsbestrafung ist insoweit ausdrücklich ausgeschlossen.114 Was die Rechtsfolgenseite
c) if the offence attempted is triable either way, be liable on summary conviction to any penalty to which he would have been liable on summary conviction of that offence.“. 104 „On conviction of attempt, the court may (with a few exceptions) impose any penalty that would be within its powers for the completed offence (. . .).“, Williams, Textbook, 404; vgl. Fletcher, Concepts, 173; Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 22. 105 „The lenient treatment of attempts depends upon the fact that the evil result has not occurred.“, Williams, Textbook, 405; vgl. ders., Criminal Law, 654. 106 Williams, Textbook, 405. Konsequent für Grundsatz der Strafmilderung daher Duff, Attempts, 398: „Other than in exceptional cases, however, the penalty imposed shall be lighter than that which would have been imposed had he been convicted of that offence.“. 107 s. u. 2. Teil A. II. 2. a). 108 Art. 121-4 frCP: „Täter einer Straftat ist, wer 1. die Merkmale der Straftat verwirklicht; 2. versucht, ein Verbrechen, oder, in den gesetzlich vorgesehenen Fällen, ein Vergehen zu begehen.“. 109 Conte/Chambon, Droit pénal général, 181; Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 388 Rn. 457; Pradel, Droit pénal général, 345 Rn. 382; Salvage, Droit pénal général, 42. 110 Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 388 Rn. 457. 111 Merle/Vitu, Traité, 640 Rn. 506. 112 Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 388 Rn. 457; ähnlich auch Paulin, Droit pénal général, 49; Pradel, Droit pénal comparé, 285 Rn. 191. 113 Merle/Vitu, Traité, 639 f. Rn. 506. 114 Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 389 Rn. 457.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
betrifft, entscheidet sich das französische Recht also für eine eher autoritäre Lösung.115 Diese systemfremde Konzeption lässt sich mit Erwägungen der „défense sociale“, nämlich dem Bedürfnis nach Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen potentiellen Tätern, rechtfertigen.116 Zwar verlangt der Wortlaut von Art. 121-4 frCP eindeutig die Gleichbestrafung, praktisch wurde in Versuchsfällen von den Gerichten aber – hier zeigt sich eine Parallele zum englischen Recht – die Möglichkeit einer Strafmilderung gemäß Art. 132-24 frCP aufgrund der im Einzelfall geringeren Gefährlichkeit des Täters anerkannt:117 „Cette solution (. . .) consacre la thèse subjective, mais se trouve en pratique assouplie dans le sens de la bienveillance grâce à l’application de l’indulgence judiciaire et de la correctionnalisation.“118 Folglich ist die Systemwidrigkeit nur theoretischer Natur – faktisch wird auch die Bestimmung des Strafmaßes im Sinne der objektiven Lehre gehandhabt. Bereits § 8 Abs. 2 des österreichischen Strafgesetzes von 1852119 normierte den Grundsatz der Gleichbestrafung mit einer Milderungsmöglichkeit gemäß § 47 lit. a StG.120 Auch nach der Strafrechtsreform stellt das österreichische StGB in § 15 Abs. 1121 den Versuch hinsichtlich der Rechtsfolgen prinzipiell dem vollendeten Delikt gleich, indem es für beide denselben Strafrahmen vorsieht.122 Die Nichtvollendung ist gemäß § 34 Nr. 13 öStGB123 lediglich als besonders genannter, dominanter Milderungsgrund bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, das heißt innerhalb des für den Vollendungstatbestand geltenden Strafrahmens ist eine fakultative Herabsetzung der Strafe vorgesehen.124 § 15
115 Conte/Chambon, Droit pénal général, 172 f., 182; Messinne, Droit pénal, 64; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 223 Rn. 249. 116 Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 224 Rn. 251. 117 Conte/Chambon, Droit pénal général, 182; Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 389 Rn. 458; Pradel, Droit pénal comparé, 285 Rn. 191; Stefani/Levasseur/ Bouloc, Droit pénal général, 224 Rn. 251. 118 Pradel, Droit pénal général, 345 Rn. 382. 119 § 8 Abs. 2 öStG: „Es ist daher in allen Fällen, wo das Gesetz nicht besondere Ausnahmen anordnet, jede für ein Verbrechen überhaupt gegebene Bestimmung auch auf das versuchte Verbrechen anzuwenden, und der Versuch einer Übeltat, unter Anwendung des § 47 lit. a, mit derselben Strafe zu ahnden, welche auf das vollbrachte Verbrechen verhängt ist.“. 120 Horrow, Grundriß, 206. 121 § 15 Abs. 1 öStGB: „Die Strafdrohungen gegen vorsätzliches Handeln gelten nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch und für jede Beteiligung an einem Versuch.“. 122 Burgstaller, in: StPdG, 7, 8; ders., JBl 1976, 113; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 3; Foregger/Serini, § 15 Erl. I; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 13; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 352 Rn. 1; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 8. 123 § 34 Nr. 13 öStGB: „Ein Milderungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hat oder es beim Versuch geblieben ist.“.
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Abs. 1 öStGB weist also klar auf ein der subjektiven Auffassung entsprechendes Versuchsverständnis hin.125 Auch das dänische Recht normiert in § 21 Abs. 2 dänStG126 den Grundsatz der Gleichbestrafung bei fakultativer Milderung entsprechend der Vorsatzintensität. In Bulgarien soll ausschlaggebend für die Möglichkeit der Strafmilderung im Rahmen des Vollendungsstrafrahmens gemäß Art. 18 Abs. 2 bulgStGB127 die Berücksichtigung des geringeren Verwirklichungsgrads und der Gründe für das Ausbleiben des Erfolges sein.128 Bei grundsätzlicher Gleichbestrafung nach Art. 14 § 1 polnStGB beschränkt der polnische Gesetzgeber in § 2 der Vorschrift die Möglichkeit der Milderung beziehungsweise des Absehens von Strafe auf Fälle des untauglichen Versuchs.129 2. Strafmilderung a) Obligatorische Milderung Anders als in allen anderen Fragen der Versuchsstrafbarkeit hat sich der belgische Gesetzgeber hinsichtlich der Rechtsfolgen nicht am französischen Vorbild der Anordnung der Gleichbestrafung orientiert, sondern – in Konformität mit dem objektivistischen System – in Art. 52 f. beCP130 eine gegenüber der 124 Burgstaller, JBl 1969, 521, 523; ders., JBl 1976, 113; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 3; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. I; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 13; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 352 Rn. 1; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 8. 125 Burgstaller, in: StPdG, 7, 8; ders., JBl 1976, 113. 126 § 21 Abs. 2 dänStG: „Die für die Straftat vorgesehene Strafe kann bei Versuch herabgesetzt werden, namentlich wenn der Versuch von geringerer Stärke oder Festigkeit des verbrecherischen Vorsatzes zeugt.“. 127 Art. 18 Abs. 2 bulgStGB: „Beim Versuch wird der Täter mit der Strafe bestraft, die für die vollendete Tat vorgesehen ist, wobei der Grad der Verwirklichung des Beabsichtigten und die Gründe, aus denen die Straftat unvollendet geblieben ist, Berücksichtigung finden.“. 128 Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 115. 129 Art. 14 polnStGB: „§ 1 Das Gericht bemißt die Strafe für einen Versuch innerhalb des Rahmens der für die betreffende Straftat vorgesehenen Strafdrohung. § 2 In dem in Art. 13 § 2 bezeichneten Fall kann das Gericht die außerordentliche Strafmilderung anwenden oder sogar von der Verhängung von Strafe absehen.“ 130 Art. 52 beCP: „Der Versuch eines Verbrechens wird mit der Strafe bestraft, die gegenüber der für das Verbrechen selbst angedrohten Strafe nach Art. 80 und 81 die nächstniedrigere ist.“ Art. 53 beCP: „Das Gesetz bestimmt, in welchen Fällen und mit welchen Strafen der Versuch eines Vergehens bestraft wird.“ Die Regelungen der Art. 52 f. des luxem-
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Vollendungsstrafe mildere Sanktion des Versuchs vorgesehen.131 Art. 52 beCP normiert den Grundsatz der Strafmilderung bei Verbrechen,132 bei Vergehen bedarf die Strafdrohung gemäß Art. 53 beCP besonderer gesetzlicher Festlegung.133 Begründen lässt sich diese sanktionenrechtliche Differenzierung zwischen Versuch und Vollendung mit materiellen Erwägungen: Da die gesellschaftliche Reaktion am Resultat zu messen sei, müsse die Strafe bei Ausbleiben des Taterfolges milder ausfallen:134 „Frapper de la même peine l’un et l’autre, c’est confondre la responsabilité pénale avec la responsabilité morale; c’est faire abstraction de l’élément matériel du crime et n’avoir égard qu’à la perversité de l’intention (. . .).“135 Ausschlaggebend für die strafrechtliche Verantwortlichkeit sollen eben nicht – wie bei moralischen Bewertungen – die kriminellen Gedanken des Täters, sondern objektive Kriterien wie Ausbleiben der Schädigung und geringere Beeinträchtigung der Allgemeinheit sein.136 Die Regelung des Art. 52 beCP ist in sich insofern widersprüchlich,137 als die Anordnung der „peine immédiatement inférieure“ zwar auf eine obligatorische Strafmilderung schließen lässt, der Verweis auf Art. 80 f. beCP aber dem Richter wiederum einen Gestaltungsspielraum gewährt.138 Abhilfe schafft hier die luxemburgische Regelung, die auf den Bezug auf Art. 80 f. CP verzichtet139 und das Gebot der Strafmilderung statt dessen durch Anfügung einer Tabelle konkretisiert.140
burgischen „Code Pénal“ stimmen im Wesentlichen mit der Rechtslage in Belgien überein. Auf eine Besonderheit wird unten besonders hingewiesen. 131 „Se conformant aux directives de la théorie objective (. . .), le législateur belge de 1867 a considéré que la tentative doit être punie d’une peine inférieure à celle qui frappe l’infraction consommée.“, Constant, Traité élémentaire, 279 Rn. 199. 132 Haus, Principes généraux, 338 Rn. 474; Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 174 Rn. 200; Messinne, Droit pénal, 63; Prins, Science pénale, 146 Rn. 238. 133 Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 174 Rn. 200. 134 Messinne, Droit pénal, 64; Prins, Science pénale, 136 Rn. 222. 135 Haus, Principes généraux, 359 Rn. 474; in diesem Sinne auch Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 389 Rn. 786. 136 Prins, Science pénale, 146 Rn. 239. 137 Schaus, Contribution, 18. 138 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 22 Fn. 18. 139 „C’est donc à juste titre que le législateur luxembourgeois a supprimé le renvoi aux articles 80 et 81, tout en précisant qu’en cas des circonstances atténuantes, le juge peut descendre de deux degrés au-dessous de la peine comminée, de sorte qu’en ce cas la peine appliquée à la tentative peut être de trois degrés inférieure à celle établie par le Code pour le crime consommé.“, Schaus, Contribution, 18. 140 Diese wurde nicht durch das „loi du 13 juin 1994 portant modification du régime des peines“ (Mém. A, 1994, 1095) modifiziert, das nach lebenslanger Freiheitsstrafe als nächste Stufe eine Dauer von 20–30 Jahren vorsieht, C. S. J. (appel crim.), 21 avril 1997 (aff. M. P. c/Borsa); Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 22 Fn. 18; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 280.
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In Belgien ist, was die Frage nach der Versuchsbestrafung betrifft, eine Subjektivierungstendenz zu beobachten, die auf den Gedanken der „défense sociale“ beruht, denen zufolge „la vraie mesure de la pénalité, c’est l’intensité du danger social effectif, la nature de la volonté coupable, bien plus que l’étendue du préjudice causé“.141 So hat sich die belgische Reformkommission mittlerweile für das Prinzip der Gleichbestrafung ausgesprochen,142 und auch das so genannte „Avant-projet“ favorisiert die französische Lösung.143 In den Niederlanden wurde durch Normierung des Grundsatzes der Strafmilderung im Jahre 1854 die bis dahin geltende, Gleichbestrafung vorsehende Regelung des Art. 2 frCP abgelöst.144 Art. 45 Abs. 2 nlStGB schreibt nunmehr bei Freiheits- und Geldstrafen eine obligatorische Milderung im Strafmaß vor.145 Die Differenzierung hinsichtlich der Rechtsfolgen beruht auf einer „objectieve afweging“ zwischen Versuch und Vollendung; der subjektive Tatbestand sei in beiden Fällen gleich, der Taterfolg bleibe beim Versuch jedoch aus.146 Aus objektivistischer Sicht „spelen nu eenmal de gevolgen een belangrijke rol bij de straftoemeting“.147 Auch Art. 62 des spanischen CP148 sieht beim Versuch eine obligatorische Milderung der Strafe um ein bis zwei Stufen vor. Anders als nach Art. 51 spCP a. F. besteht die Möglichkeit der Reduzierung des Strafmaßes um zwei Grade nunmehr auch in Fällen des beendeten Versuchs.149 Die Berechnung der Milderung um einen Grad geschieht dabei folgendermaßen: Von der Untergrenze des Strafrahmens des Vollendungstatbestandes wird die Hälfte abgezogen; der so ermittelte Wert bildet die Untergrenze des Versuchsstrafrahmens, der nach oben bis zur Untergrenze des normalen Strafrahmens reicht. Bei Milderung um zwei Grade ist der Vorgang zu wiederholen.150 141
Prins, Science pénale, 129 Rn. 211; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 313. Commission pour la révision du Code pénal, Rapport sur les principales orientations de la réforme, 86; vgl. Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 313. 143 Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 313. Für eine Gleichbestrafung sprechen sich auch Messinne, Droit pénal, 64 sowie Prins, Science pénale, 147 f. Rn. 240 ff. aus. 144 Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 390. 145 Art. 45 Abs. 2 nlStGB: „Der Höchstbetrag der für das Verbrechen angedrohten Hauptstrafen wird beim Versuch um ein Drittel vermindert.“. 146 Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 397, 409. 147 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 163. Aus Art. 78 nlStGB ergibt sich jedoch, dass bei Versuch und Vollendung dieselben Maßregeln verhängt werden können. 148 Art. 62 spCP: „Dem Täter einer versuchten Straftat wird die um einen Grad oder zwei Grade niedrigere Strafe auferlegt als diejenige, die das Gesetz für die vollendete Straftat androht; dies erfolgt in dem Umfang, der unter Berücksichtigung der Gefahr, die der Versuch in sich birgt, und des erreichten Grades der Ausführung als angemessen angesehen wird.“. 149 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 132. 142
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Die Rechtsfolgen der Versuchsstrafbarkeit sind in Italien in Art. 56 Abs. 2 itCP151 geregelt. Vorgesehen ist eine obligatorische Strafmilderung um ein bis zwei Drittel, wobei für die lebenslange Freiheitsstrafe eine Sonderregelung besteht. Auch das finnische Recht ordnet in Kap. 4 § 1 Abs. 1 2. Halbsatz finnStGB152 die Anwendung des gemäß Kap. 3 § 2 finnStGB153 gemilderten Strafrahmens an.154 b) Fakultative Milderung Anders als der französische „Code Pénal“ von 1810 relativierte bereits § 32 Abs. 1 Satz 1 des Preußischen Strafgesetzbuchs von 1851 das Prinzip der Gleichbestrafung durch Herabsetzung der lebenslangen Zuchthaus- und Todesstrafe auf zeitige Zuchthausstrafe sowie durch Einführung der Möglichkeit der Strafmilderung innerhalb des Vollendungsstrafrahmens.155 Das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 sah eine obligatorische Strafmilderung vor, die allerdings mit Einführung der fakultativen Gleichbestrafung durch § 4 der Gewaltverbrecherverordnung vom 5. 12. 1939 faktisch an Bedeutung verlor. Unter Berufung auf die Erfordernisse des „Willensstrafrechts“ wurde die obligatorische Strafmilderung im Dritten Reich endgültig durch die fakultative abgelöst.156 Auch das aktuelle deutsche Recht sieht in § 23 Abs. 2 dStGB157 eine lediglich fakul-
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Art. 70 spCP; vgl. Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 132 Fn. 15. Art. 56 Abs. 2 itCP: „Der Täter eines versuchten Verbrechens wird bestraft: (. . .) mit Gefängnisstrafe nicht unter zwölf Jahren, wenn die angedrohte Strafe lebenslange Gefängnisstrafe ist; in den übrigen Fällen mit der für das Verbrechen angedrohten Strafe, die um ein bis zwei Drittel herabgesetzt wird.“. 152 Kap. 4 § 1 Abs. 1 finnStGB: „When, by law, an attempt is punishable, and no specific punishment is provided for it, the sentence shall be passed according to the penalty provision for a completed offence; however, this punishment shall be reduced as provided in chapter 3, § 2 for offenders over fifteen but not yet eighteen years old.“. 153 Kap. 3 § 2 finnStGB: „A person who is fifteen but not yet eighteen years of age and commits an offence shall be sentenced, when said offence may be punishable by life imprisonment, to imprisonment for at least two and at most twelve years. If the punishment in the provision in question is a fixed term of imprisonment or a fine, the sentence shall be at most three fourths of the most severe punishment provided and at least the minimum punishment provided in chapter 2.“. 154 Ein Reformvorschlag sieht allerdings anstelle des gemilderten obligatorischen Strafrahmens eine fakultative Strafmilderung vor, Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 114. 155 Begründet wurde dies damit, dass „das subjective Moment, welches das französische Recht ausschließlich im Auge habe, nicht allein als das bestimmende angesehen werden könne“, da vielmehr „mit der deutschen Gesetzgebung und Jurisprudenz auch das objektive als ein wesentlich mitbestimmendes hinzugezogen werden müsse“, LKHillenkamp, Vor § 22 Rn. 46 m. w. N. 151
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tative Strafmilderung vor,158 die sich als „logische Konsequenz aus der im neuen StGB ausdrücklich anerkannten subjektiven Versuchstheorie“ ergeben soll.159 Tatsächlich erscheint die Anordnung der nur fakultativen Strafmilderung mit den straftheoretischen Vorgaben der primär auf den verbrecherischen Willen abstellenden subjektiven Theorie vereinbar: Grundsätzlich soll zwar für die Strafbemessung irrelevant sein, ob der Erfolg eingetreten oder ausgeblieben ist, allerdings unterscheide sich das Unrecht des Versuchs auch durch den Grad der Willensbetätigung und die daraus folgende Bereitschaft, die Tat wirklich zum Erfolg zu führen, von der Vollendung, sodass auch eine das Handlungsunrecht besonders betonende Lehre nicht gehalten sei, das Ausbleiben des Erfolgs völlig zu ignorieren.160 Im Sinne der Eindruckstheorie lässt sich die Milderungsmöglichkeit damit begründen, dass die strafrechtliche Beurteilung der Tat von Vollendungsnähe, Gefährlichkeit und Intensität des verbrecherischen Willens abhängen müsse.161 § 23 Abs. 2 dStGB sieht eine zweistufige Strafzumessungsentscheidung vor, indem er zunächst die Möglichkeit des Übergangs auf den milderen Strafrahmen des § 49 Abs. 1 dStGB eröffnet. Dieser Strafrahmenwahl, der ausschließlich versuchsbezogene Kriterien zugrunde liegen dürfen,162 hat dann die konkrete Straffestsetzung zu folgen.163 156 Normierung einer bloß fakultativen Strafmilderung ohne Ausschluss der Todesstrafe im Rahmen der Novelle vom 29. 5. 1943, LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 46, § 23 Rn. 10, 19. 157 § 23 Abs. 2 dStGB: „Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs.1).“ Die systemwidrige Anordnung der obligatorischen Strafmilderung in § 25 Abs. 2 des Alternativentwurfs wurde nicht in das 2. Strafrechtsreformgesetz übernommen, LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 47, § 23 Rn. 7. 158 Zur Umdeutung in eine obligatorische Strafmilderung in besonderen Versuchskonstellationen vgl. Nachweise bei LK-Hillenkamp, § 23 Rn. 18; Schönke/Schröder/ Eser, § 23 Rn. 6. 159 Bericht SA BT-Drucks. V/4095, 11; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 61, § 23 Rn. 8. 160 LK-Hillenkamp, § 23 Rn. 8. 161 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 522. 162 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 59; Jakobs, AT, 25 Rn. 78; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 522; Lackner/Kühl, StGB, § 49 Rn. 4; grundsätzlich zust. LK-Hillenkamp, § 23 Rn. 27 ff. (zu Relativierung durch Anpassung des Begriffs der Versuchsbezogenheit an die ratio des § 23 Abs. 2 dStGB vgl. Rn. 30 ff.); NK-Zaczyk, § 23 Rn. 8; Schönke/Schröder/Eser, § 23 Rn. 7; SK-Rudolphi, § 23 Rn. 3; Tröndle/ Fischer, StGB, § 23 Rn. 4. Für vorrangige Berücksichtigung versuchsbezogener Gesichtspunkte auch die neuere Rechtsprechung, vgl. BGH JZ 1988, 367; BGH Holtz MDR 1995, 878 (anders noch die ältere Rechtsprechung, die eine Gesamtbetrachtung aller Tatumstände und der Täterpersönlichkeit über die Strafrahmenwahl entscheiden lassen wollte, BGHSt 26, 311; BGH Holtz MDR 1981, 979; BGH GA 1984, 375; zust. Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 40 Rn. 183). 163 Schönke/Schröder/Eser, § 23 Rn. 8; SK-Rudolphi, § 23 Rn. 2. Erst im Rahmen der Festsetzung der konkret zu verhängenden Strafe soll eine Gesamtbetrachtung im
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III. Versuchsbeginn Die substantielle Frage, welches Gewicht den gegenläufigen Interessen der Bewahrung der individuellen Freiheit des Bürgers und potentiellen Täters einerseits und des Schutzes der Gemeinschaft vor diesem möglichen Delinquenten andererseits beigemessen werden soll, entscheidet über die Reichweite des Versuchstatbestands. Das öffentliche Interesse an Kriminalprävention durch Abschreckung und möglichst frühen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden auf potentiell gefährliche Täter verlangt nach einer autoritäreren Regelung; betont man dagegen die Bedeutung der Handlungsfreiheit des Einzelnen, gebietet der Schutz vor allzu früh einsetzenden, repressiven und unverhältnismäßigen staatlichen Eingriffen eine weniger weitreichende und insofern liberalere Versuchsstrafbarkeit. Die miteinander konkurrierenden Werte sind dabei allgemein anerkannt; Differenzen bestehen lediglich hinsichtlich der Schwerpunktsetzung beziehungsweise Gewichtung. Bei Abstellen auf die rechtsfeindliche Gesinnung des gefährlichen Täters mit dem Ziel eines möglichst effektiven Schutzes der Allgemeinheit vor Straftaten liegt es nahe, die Grenze zur Strafbarkeit relativ früh anzusetzen und den Bereich des Versuchs in das Vorbereitungsstadium hinein auszudehnen, sodass jegliche Betätigung des kriminellen Entschlusses strafbegründend sein könnte. Hält man dagegen eine objektive Gefährdung des Rechtsguts durch die Tat für erforderlich, so rückt der Versuchsbeginn näher an den Tatbestand des vollendeten Delikts heran. 1. Autoritärer Ansatz: England a) „Common Law“ aa) Subjektiver Tatbestand Dem subjektiven Element des Versuchstatbestands („fault element“164 beziehungsweise „mens rea“165), nämlich dem Vorsatz („intent“), kommt im „Common Law“ als „principal ingredient“166 des Versuchsdelikts herausragende Bedeutung zu. Dabei gehört die subjektive Tatseite schon seit jeher zu den weniger umstrittenen Aspekten der Versuchsstrafbarkeit,167 sodass es diesbezüglich hier keiner weiteren Ausführungen bedarf. Auf Einzelfragen wird im Rahmen
Sinne der Gesamtwürdigung von Täter und Tat zulässig sein, LK-Hillenkamp, § 23 Rn. 38. 164 Ashworth, Principles, 463. 165 Smith/Hogan, Criminal Law, 306. 166 Per Lord Goddard C. J., in: „Whybrow“ (1951), 35 Cr. App. R. 141, 147; vgl. Ashworth, Principles, 463; Fletcher, Rethinking, 159 („core element of the crime“); Smith/Hogan, Criminal Law, 306; Williams, Criminal Law, 619.
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der Darstellung der Rechtslage nach In-Kraft-Treten des „Criminal Attempts Act“ näher eingegangen werden.168 bb) Objektiver Tatbestand Das objektive Element („conduct element“169 beziehungsweise „actus reus“170) erweist sich als bedeutend problematischer. Zwar besteht Einigkeit dahingehend, dass die bloße kriminelle Gesinnung nicht strafbar sein dürfe,171 jedoch existiert in der englischen Lehre eine fast unüberschaubare Meinungsvielfalt bezüglich der Frage, welche Anforderungen für die Überschreitung der Strafbarkeitsschwelle an die äußere Handlung des Täters zu stellen sind. Zur Bestimmung der Reichweite des Versuchstatbestands ist zu klären, wo innerhalb des Spektrums zwischen dem ersten und dem letzten Teilakt strafwürdiges Verhalten beginnt,172 das heißt wie weit der Täter mit seinem kriminellen Vorhaben fortgeschritten sein muss. Diese Entscheidung hängt dabei maßgeblich von den oben173 dargestellten Überlegungen zum Strafgrund sowie der dem objektiven Element innerhalb des Versuchstatbestands zugedachten Funktion ab.174 Die objektive Auffassung versteht den „actus reus“ als eigenständige, für das Versuchsunrecht zentrale,175 konstitutive Komponente des Versuchstatbestands.176 Nicht die innere Tatseite soll danach primär interessieren, vielmehr gebiete das Legalitätsprinzip, dass die fragliche Handlung, um versuchsbegründend zu sein, dem gesetzlich definierten Tatbestand entspreche.177 Da es den Objektivisten nicht um die Identifikation gefährlicher Täter, sondern um die Verhinderung konkret rechtsgutsbedrohender Taten geht,178 erfüllt folglich nicht jede beliebige Handlung die an den „actus reus“ zu stellenden Anforderun167 „To decide on what constitutes the mens rea in attempt has not been a matter of difficulty since it is nothing more than a clear intention to perform the actus reus of some other crime.“, Turner, Outlines, 103; vgl. Law Comm. No. 102, 2.10. 168 s. u. 2. Teil A. III. 1. b). 169 Ashworth, Principles, 466. 170 Smith/Hogan, Criminal Law, 311. 171 „Sutton“ (1763), Cas. T. Hard., 370, 373. 172 „(. . .) problem is, therefore, to determine at what point a person’s conduct warrants criminalization.“, Bassiouni, Criminal Law, 207; Duff, Attempts, 34, 61. 173 1. Teil D. III. 1. 174 „To resolve this issue, we need to ask why the law should punish attempts at all, and why it should require a conduct element.“, Duff, Attempts, 34 f. 175 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 721; Duff, Attempts, 386; Fletcher, Rethinking, 138. 176 „(. . .) the prime component of any offence is the actus reus (. . .). Mens rea is but a subordinate factor.“, Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 65. 177 Fletcher, Rethinking, 158 f., 181. 178 Duff, Attempts, 64.
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gen.179 Daraus resultiert eine engere („minimalist“180) Konzeption der Versuchsstrafbarkeit, die auf der Überzeugung basiert, dass diese hinreichende Tatbestandsnähe voraussetze:181 „The intervention of the criminal law must be postponed until the particular conduct is about to ripen into a crime.“182 Die objektiven Theorien bemühen sich daher insgesamt um eine nähere Heranführung der für den Versuchsbeginn entscheidenden Handlung an die Deliktsverwirklichung.183 Nach dem subjektiven Ansatz ist dagegen primär das „fault element“ Grundlage strafrechtlicher Verantwortlichkeit;184 der objektive Tatbestand hat bloße Beweisfunktion, das heißt dient lediglich dem Nachweis des Tatentschlusses (Lehre vom „dolus ex re“) und damit der generellen Gefährlichkeit des Täters.185 Ausschlaggebend sei also nicht die drohende Verletzung eines konkreten Rechtsguts, sodass für den „actus reus“ jede Handlung genüge, die einen hinreichend sicheren Schluss auf das „fault element“ erlaube:186 „(. . .) any person who has gone so far as to translate a criminal intention into action has crossed the threshold of criminal liability and deserves punishment.“187 Diese geringeren Anforderungen an das objektive Element bedingen also eine tendenziell weitere („maximalist“188) Versuchsstrafbarkeit. (1) „Last act“-Lehre Die strengsten Maßstäbe legt die „last act“-Lehre („final stage“-Theorie189) an,190 deren Vertreter für die Bestimmung des Versuchsbeginns auf die unmittelbar vor der Tatbestandsverwirklichung liegende letzte Handlung des Täters abstellen wollen.191
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Fletcher, Rethinking, 158. Duff, Attempts, 386; Fletcher, Rethinking, 139. 181 „(. . .) the law of attempts should be used sparingly to cover only those situations in which the defendant has come close to accomplishing his criminal project.“, Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 66. 182 Bassiouni, Criminal Law, 207. 183 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 722. 184 „Mens rea is elevated to become the prime factor in criminal liability.“, Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 65. 185 Duff, Attempts, 42, 64, 165; Fletcher, Rethinking, 167; Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 66. 186 Turner, Outlines, 104. 187 Ashworth, Principles, 466. 188 Duff, Attempts, 64, 386; Fletcher, Rethinking, 139. 189 Law Comm. No. 102, 2.24. 190 Ashworth, Principles, 466; Duff, Attempts, 37 f.; Fletcher, Rethinking, 140; Smith/Hogan, Criminal Law, 311; Williams, Criminal Law, 623. 180
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Zur Konkretisierung dieses „final act“-Erfordernisses wurden verschiedene Kriterien entwickelt. Nach der so genannten „Eagleton“192-Formel sind nur solche Handlungen strafbarer Versuch, die unmittelbar mit der Tatbestandsverwirklichung verknüpft sind und nicht nur entfernt auf sie zuführen: „The mere intention to commit a misdemeanour is not criminal. Some act is required and we do not think all acts towards committing a misdemeanour are indictable. Acts remotely leading towards the commission of the offence are not considered as attempts to commit it, but acts immediately connected with it are; and if, (. . .) any further step on the part of the defendant had been necessary to obtain payment, we should have thought that the obtaining credit (. . .) would not have been sufficiently proximate to the obtaining of the money. But (. . .) no other act on the part of the defendant would have been required. It was the last act, depending on himself, towards the payment of the money, and therefore, it ought to be considered as an attempt.“193 Als weitere Indizien gelten die Unwiderruflichkeit der Handlung („irrevocable act test“) sowie die Möglichkeit der Unterbrechung des Kausalverlaufs („possible intervention test“).194 Die mit dem Abstellen auf den „last act“ verbundene extreme Einschränkung der Versuchsstrafbarkeit wird damit begründet, dass die abschreckende Funktion des Strafrechts erst versage, wenn der Täter alles aus seiner Sicht Notwendige getan habe, um den Erfolg herbeizuführen.195 Bis zu diesem Zeitpunkt müsse dem Täter eine Rücktrittsmöglichkeit („locus poenitentiae“) eröffnet werden.196 Allein die „last act“-Lehre ermögliche zudem eine eindeutige Bestimmung des Versuchsbeginns.197 Gegen diese Konzeption wird jedoch in formaler Hinsicht eingewandt, dass sich ein zur Tatbestandsverwirklichung führender Geschehensablauf gerade nicht zwingend in klar abgrenzbare Einzelakte zerlegen lasse.198 Zudem sei die „last act“-Lehre zu eng: Auch Handlungen, die nicht ohne weitere Zwischen191 „A „last act“ test, (. . .) convicts of attempt only those whose conduct comes so close to a completed crime that they have all but committed it.“, Duff, Attempts, 42. 192 „Eagleton“ (1855), 6 Cox. C. C. 559 ff. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt täuschte der Täter über eine Warenlieferung, der Betrug wurde jedoch vor der für einen späteren Zeitpunkt vereinbarten Zahlung entdeckt. 193 „Eagleton“ (1855), 6 Cox. C. C. 559, 571; zit. in: „Taylor“ (1859), 1 F. & F. 511; „Robinson“ (1915), 2 K. B. 342; „Jones v. Brooks“ (1968), 52 Cr. App. R. 614; „Stonehouse“ (1978), A. C. 55, 68, 71, 76, 85. 194 Duff, Attempts, 40. Ein Versuch erfordert danach das Vorliegen eines „overt act, the consequences of which cannot be recalled by the accused.“, „Tannahill and Nielson“ (1943), J. C. 150, 153. 195 Ashworth, Principles, 466. 196 „(. . .) only if I have done some „irrevocable act“ is there no longer any locus poenitentiae.“, Duff, Attempts, 40. 197 Duff, Attempts, 41. 198 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 735.
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akte in die Deliktsvollendung einmündeten, könnten ausreichend tatbestandsnah sein, um eine Versuchsstrafbarkeit zu rechtfertigen.199 Dass die „last act“-Theorie solches an sich strafwürdiges Verhalten nicht erfassen könne, werde deutlich an der Entscheidung im Fall „Robinson“:200 Robinson, ein Juwelier, täuschte einen Überfall vor, indem er Ware versteckte, sich selbst fesselte und dann um Hilfe rief. Später gestand er gegenüber der Polizei seine Absicht, die Versicherungssumme zu kassieren. Eine Strafbarkeit wegen Betrugsversuchs („attempt to obtain by false pretences“) wurde mit der Begründung verneint, dass weder eine Schadensmeldung noch eine sonstige Kommunikation mit der Versicherung erfolgt sei. Die Interventionsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden würden dadurch in einem Maß beschränkt, das mit dem kriminalpolitischen Ziel der Prävention von Verbrechen nicht mehr vereinbar sei.201 Auch die abschreckende Wirkung des Strafrechts verliere an Effektivität, wenn potentielle Täter wüssten, dass sie sehr weit gehen könnten, ohne strafrechtlich verantwortlich zu sein.202 (2) „Proximity“-Test Nur scheinbar weiter führt der so genannte „proximity“-Test,203 der angesichts der gegen die „last act“-Lehre vorgebrachten Kritik auf das strikte Erfordernis eines „final act“ verzichtet und statt dessen auf hinreichende Tatbestandsnähe abstellt.204 Schwierigkeiten der Abgrenzung zur „last act“-Theorie ergeben sich daraus, dass für die Definition der „proximity“ ebenfalls auf die „Eagleton“Formel rekurriert wird.205 Sicher ist nur, dass reine Vorbereitungshandlungen keine Versuchsstrafbarkeit begründen können,206 sowie dass die Ausführung des 199 200 201
Ashworth, R. L. J. 19 (1988), 725, 751; Duff, Attempts, 41. „Robinson“ (1915), 2 K. B. 342. Ashworth, Principles, 466; Fletcher, Rethinking, 136; Law Comm. No. 102,
2.25. 202
Duff, Attempts, 41. „Jones v. Brooks“ (1968), 52 Cr. App. R. 614; Duff, Attempts, 42 ff.; Fletcher, Rethinking, 140 f.; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 64; Smith/Hogan, Criminal Law, 311; Williams, Criminal Law, 622 ff. 204 „As the aim of the law is not to punish sins, but to prevent certain external results, the act done must come pretty near to accomplishing that result before the law will notice it.“, „Commonwealth v. Kennedy“, 48 N. E. 770 (Massachusetts). Vgl. zur „proximity“-Theorie im irischen „case law“ Charlton/McDermott/Bolger, Criminal Law, 271 ff. Rn. 4.34 ff. 205 „The act relied on as constituting the attempt must not be an act merely preparatory to commit the completed offence, but must bear a relationship to the completion of the offence referred to in „R. v. Eagleton“ (. . .) as being „proximate“ to the completion of the offence and in „Davey v. Lee“ (. . .) as being „immediately and not merely remotely connected“ with the completed offence.“, Lord Hailsham, in: „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476, 492. 206 Lord Reid, in: „Haughton v. Smith“ (1975) A. C. 476, 499. 203
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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vorletzten Handlungsschrittes genügen soll.207 Generell dürfe das Erfordernis weiterer Zwischenakte den Versuchsbeginn nicht hindern,208 insbesondere müsse die Vornahme der letzten Handlung im Einflussbereich des Täters dem „proximity“-Test genügen.209 Berühmt, aber praktisch wenig hilfreich ist Lord Diplocks Formulierung eines Abgrenzungskriteriums in „Stonehouse“: „(. . .) the offender must have crossed the Rubicon and burnt his boats.“210 Die „proximity“-Lehre zielt zwar auf einen angemessenen Ausgleich zwischen individuellen Freiheitsrechten und den Interessen der Gemeinschaft, indem sie dem Täter einerseits extensive Rücktrittsmöglichkeiten einräumt und andererseits ein Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden vor Vollzug der letzten Handlung erlaubt. Dennoch führt auch sie teilweise zu unbefriedigenden praktischen Ergebnissen, wie zum Beispiel in „Comer v. Bloomfield“:211 In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ging der Täter sogar noch einen Schritt weiter als Robinson im oben behandelten Fall, indem er sich, nachdem er sein Auto beschädigt, im Wald versteckt und als gestohlen gemeldet hatte, erkundigte, ob er Ansprüche gegen die Versicherung geltend machen könne. Dennoch wurde eine Strafbarkeit wegen „attempt to obtain money by deception“ mit der Begründung verneint, dass das vorläufige Einholen von Informationen nicht als tatbestandsnah zu qualifizieren sei. Das Kriterium der „proximity“ erscheint zur Beurteilung solcher Sachverhalte nicht hinreichend präzise.212 Die Einsicht in die Unbestimmtheit der „proximity“-Formel hat zur Entwicklung mehrerer Varianten dieser Lehre geführt. Stephen definiert den Versuch als eine vorsätzliche Handlung, „forming part of a series of acts, which would constitute [the] commission, if it were not interrupted“,213 muss jedoch selbst einräumen, dass diese Formel keinen Gewinn an Präzision bedeutet.214 Dennoch fand sie Anwendung in Fällen wie „White“:215 White gab mit Tötungsabsicht eine noch unschädliche Dosis Cya207
Williams, Criminal Law, 625. Law Comm. No. 102, 2.43. 209 „(. . .) the act of the accused is necessarily proximate if, though it is not the last act he intended to do, it is the last that it would have been legally necessary for him to do if the result desired by him had been afterwards brought about without further conduct on his part.“, Williams, Criminal Law, 625. 210 „Stonehouse“ (1978), A. C. 55, 68. Stonehouse täuschte seinen Tod vor, um seiner Frau die Lebensversicherungssumme zukommen zu lassen, wurde aber vor der Auszahlung entdeckt und wegen „attempt to obtain property by deception“ aus s. 15 Abs. 2 Theft Act 1968 verurteilt (a. A. Lord Edmund-Davies, der am Erfordernis eines „final act“ festhalten will, A. C. 55, 85 f.). 211 „Comer v. Bloomfield“ (1970), 55 Cr. App. R. 305. 212 Duff, Attempts, 42, 48; Law Comm. No. 102, 2.29. 213 Stephen, Digest, Art. 29; zit. in: „Lineker“ (1906), 2 K. B. 99, 102; „Hope v. Brown“ (1954), 1 W. L. R. 250, 253; „Stonehouse“ (1978), A. C. 55, 85. 208
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
nid in das Getränk seiner Mutter, die allerdings das Gift nicht zu sich nahm. Unabhängig davon, ob White dachte, die Menge sei ausreichend, oder ob er den Tod durch kumulatives Verabreichen mehrerer Dosen herbeiführen wollte, wurde versuchter Mord bejaht. Holmes verlangt für den Versuchsbeginn eine unmittelbare Gefährdung des geschützten Rechtsguts.216 Als Indizien für eine solche „dangerous proximity to success“ nennt er „the nearness of the danger, the greatness of the harm, and the degree of the apprehension felt“.217 Erforderlich soll dabei nicht eine konkrete, sondern lediglich eine abstrakte Gefahr sein.218 Holmes’ Ansatz ermöglicht jedoch auch keine präzise Bestimmung des Versuchsbeginns219 und ist insofern nicht weiterführend.220 Zudem lässt sich das Abstellen auf die objektive Gefährlichkeit der Handlung nicht mit der Strafbarkeit – jedenfalls ungefährlicher – untauglicher Versuche vereinbaren.221 Ebensowenig hilfreich ist die amerikanische Lehre von der „probable desistance“, die für den Versuchsbeginn eine Handlung verlangt, aus der sich eindeutig auf den Willen des Täters schließen lässt, das Delikt zu begehen222 und die nach dem gewöhnlichen oder natürlichen Verlauf der Dinge zur Tatvollendung führt.223 Ziel eines solchen Tests ist es, nur denjenigen Täter strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, der einen hinreichend festen Vorsatz gebildet hat und den freizusprechen, der möglicherweise noch zurückgetreten wäre.224 Wie aber die innere Tatseite aus der äußeren Handlung zu ermitteln sein soll, ist fraglich, sodass dieser Ansatz nicht nur unbestimmt, sondern auch wenig praktikabel erscheint. Unter Umständen kann der „probable desistance“-Test auch zu einem sehr frühen Einsetzen der Versuchsstrafbarkeit führen.225
214 „The point at which such a series of acts begins cannot be defined; but depends upon the circumstances of each particular case.“, Stephen, Digest, Art. 29. 215 „White“ (1910), 2 K. B. 124. 216 Fletcher, Rethinking, 141; ders., Concepts, 176 f. 217 Holmes J., in: „Hyde“ (1912), 56 L. Ed. 1114, 1134; „Commonwealth v. Kennedy“, 48 N. E. 770 (1978, Massachusetts); Holmes, The Common Law, 68 f. 218 Duff, Attempts, 47. 219 Fletcher, Rethinking, 141. 220 Law Comm. No. 102, 2.28. 221 Williams, Criminal Law, 631. 222 „Goddard“, 447 P. 2d 180, 183 (1968, Washington); „Wright“, 444 P. 2d 676 (1968, Washington). 223 Burnet J., in: „Dupuy“, 325 S. W. 2d 238, 244 (1959, Tennessee). 224 Duff, Attempts, 45. 225 So etwa bei Gewohnheitstätern, vgl. Duff, Attempts, 45 f.
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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(3) „Unequivocality“-Test Ganz ähnlich definiert der so genannte „unequivocality“-Test („res ipsa loquitur“-Test/„manifest criminality“-Prinzip) 226 den Versuchsbeginn: „A criminal attempt is an act which shows criminal intent on the face of it. The case must be one in which Res ipsa loquitur.“227 Ein äußerlich unauffälliges Verhalten kann danach auch nicht durch den Nachweis eines verbrecherischen Tatentschlusses als kriminell qualifiziert werden,228 vielmehr indiziert erst eine eindeutige Handlung den Vorsatz.229 Zur Beurteilung der Eindeutigkeit wird auf die Perspektive eines „normally knowledgeable adult“ abgestellt.230 Die Beschränkung der Versuchsstrafbarkeit durch den „unequivocality“-Test wird damit begründet, dass nur eine Beeinträchtigung der Öffentlichkeit durch eindeutig kriminelles Verhalten, das allein einen sicheren Beweis für den Vorsatz liefere, eine Strafverfolgung rechtfertige.231 Gegen die „unequivocality“Lehre spricht, dass rein beweisrechtliche Erwägungen eine Einschränkung der Versuchsstrafbarkeit nicht rechtfertigen können.232 Jedenfalls erscheint der Test zu eng, soweit die eindeutige Manifestation des Vorsatzes der Begehung eines bestimmten Delikts gefordert wird.233 Die Orientierung an der Wirkung auf die Öffentlichkeit kann zudem zu willkürlichen, uneinheitlichen, praktisch nicht befriedigenden Beurteilungen führen.234 Aufgrund dieser Einwände ist die „unequivocality“-Lehre für das englische Recht nunmehr lediglich von historischem Interesse.235
(4) „First act“-Lehre Ausdruck einer rein subjektiven Versuchskonzeption ist die „first act“-Lehre („first stage“-Theorie),236 die die Strafbarkeit ausschließlich auf die subjektive 226 „Davey v. Lee“ (1968), 1 Q. B. 366 (Kombination von „Eagleton“-Formel mit „unequivocality“-Test); Duff, Attempts, 48 ff. Fletcher, Rethinking, 141 ff., 146 ff., 157 ff., 166 kombiniert die Kriterien der „manifest criminality“ bzw. „aptness“ mit seinem „rational motivation“-Test. 227 Salmond J., in: „Barker“ (1924), N. Z. L. R. 865, 874 f. 228 Fletcher, Rethinking, 143. 229 „A defendant’s „unequivocal acts“ need create only a prima facie against her, raising „the presumption of mens rea“(. . .).“, Duff, Attempts, 50. 230 „Barker“ (1924), N. Z. L. R. 865, 879. 231 Fletcher, Rethinking, 144. 232 Duff, Attempts, 52. 233 Duff, Attempts, 50. 234 Fletcher, Rethinking, 144; Law Comm. No. 102, 2.26. 235 Smith/Hogan, Criminal Law, 311 Fn. 2. 236 Ashworth, Principles, 466; Duff, Attempts, 35 f.; Law Comm. No. 102, 2.22.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Tatseite gründet: „The intent is the offence.“237 Dieser Ansatz stellt die geringsten Anforderungen an den Versuchsbeginn, indem er die Strafbarkeitsschwelle durch jegliches Umsetzen der kriminellen, den Täter gefährlich und strafrechtlich verantwortlich machenden Intention238 in die Tat („any overt act“) als überschritten ansieht.239 Auch Verhalten, das selbst äußerlich unauffällig sei, werde, wenn es mit dem entsprechenden Tatvorsatz gekoppelt sei, kriminell und strafbar.240 Das frühe Einsetzen der Strafbarkeit wird damit begründet, dass auch die erste Handlung des Täters schädlich für die Gemeinschaft sei.241 Die „first act“-Lehre hat gegenüber den unbestimmten „proximity“-Tests den Vorzug der Eindeutigkeit: Das Gericht muss nur feststellen, dass irgendeine vom kriminellen Vorsatz getragene Handlung vorgenommen wurde. Weiterhin fördert sie durch die frühe Interventionsmöglichkeit der Strafverfolgungsbehörden eine effektive Prävention.242 Der extremen Fokussierung auf die Intention des Täters243 wird aber entgegenhalten, dass sie eine zu weite Ausdehnung der Versuchsstrafbarkeit bedeute.244 Zwar bestehe ein gesellschaftliches Interesse am frühen Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden; dem Eingeständnis der Tatentschlossenheit eine derart gesteigerte Bedeutung beizumessen, berge jedoch in sich die Gefahr der Verletzung individueller Freiheitsrechte durch unlautere Vernehmungsmethoden.245 Werde die Strafbarkeitsschwelle bereits mit der ersten Handlung überschritten, habe der potentielle Täter zudem keinerlei Möglichkeit, von der Tat Abstand zu nehmen.246 In neueren Entscheidungen wurde die „first act“-Lehre angesichts dieser gegen sie vorgebrachten Kritik nicht mehr angewendet.247
237
„Sutton“ (1763), 2 Strange 1074. Duff, Attempts, 42. 239 Ashworth, Principles, 466. So verlangt auch das dänische Recht für den Versuchsbeginn lediglich das Vorliegen von „Handlungen, die darauf abzielen, die Ausführung einer Straftat zu fördern oder zu bewirken“ (§ 21 Abs. 1 dänStG). Etwas restriktiver sind die lettischen und polnischen Regelungen, nach denen das Verhalten des Täters „directly dedicated to intentional commission of a crime“ (§ 15 Abs. 3 lettStGB) beziehungsweise „unmittelbar auf (. . .) Vollendung“ gerichtet (Art. 13 § 1 polnStGB) sein muss. 240 Lord Mansfield, in: „Scofield“ (1784), Cald. 397, 403. 241 „Higgins“ (1801), 2 East 5, 21. 242 Duff, Attempts, 36. 243 Law Comm. No. 102, 2.22. 244 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 734; Duff, Attempts, 36. „So broad a law of attempts would, surely, strike the wrong balance (. . .) between individual freedom and the countervailing interests of the community.“, Law Comm. No. 102, 2.7. 245 Ashworth, Principles, 466; Duff, Attempts, 37. 246 Ashworth, Principles, 466; Duff, Attempts, 37. 247 Duff, Attempts, 35. 238
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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b) Rechtslage seit CAA 1981 Mit In-Kraft-Treten des auf dem „Report No. 102“ der britischen „Law Commission“ von 1980 basierenden „Criminal Attempts Act“ (CAA) am 27. 8. 1981 wurde das bis dahin entstandene, detaillierte „Common Law“ zum Versuch in weiten Teilen Großbritanniens abgelöst.248 Um ein Konkurrenzverhältnis zwischen statuiertem Recht und „Common Law“ auszuschließen,249 erklärt s. 6 Abs. 1 CAA250 die bis dahin ergangenen Entscheidungen zur Versuchsstrafbarkeit für nicht mehr bindend. Grundlage gerichtlicher Rechtsfindung ist demnach in England und Wales nunmehr primär der sich als Ausprägung der subjektiven Lehre erweisende Wortlaut des CAA.251 aa) Subjektiver Tatbestand Schon vor In-Kraft-Treten des „Criminal Attempts Act“ im Jahre 1981 wurde der Schwerpunkt im Rahmen der Versuchsstrafbarkeit im englischen Recht auf den subjektiven Tatbestand, das so genannte „fault element“ („mens rea“) gelegt.252 Auch nach der entsprechend der Empfehlung der „Law Commission“ formulierten253 Regelung in s. 1 Abs. 1 CAA254 kommt dem „intent to commit an offence“ herausragende Bedeutung zu.255 (1) Vorsatzform Der „intent“ im Sinne des „Criminal Attempts Act“ hat die gleiche Bedeutung, wie im „Common Law“,256 das heißt er ist in Anlehnung an die traditio248 Ashworth, Principles, 463; Smith/Hogan, Criminal Law, 306; Williams, Textbook, 402. 249 S. 6 Abs. 1 CAA: „(. . .) concurrent statutory and common law offences should not exist (. . .).“, Law Comm. No. 102, 2.142; vgl. Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 23. 250 „The offence of attempt at common law (. . .) are hereby abolished for all purposes not relating to acts done before the commencement of this Act.“; vgl. Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 9; Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 22; Smith/Hogan, Criminal Law, 313. 251 „(. . .) first task (. . .) to apply the words of the Act of 1981.“, Lord Lane, in: „Gullefer“ (1990), 1 W. L. R. 1063, 1065; „(. . .) look first at the natural meaning of the statutory words [rather than] to construe [them] by reference to previously conflicting case law.“, Lord Taylor, in: „Jones“ (1990), 1 W. L. R. 1057, 1060 f. 252 Ashworth, Principles, 463; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 47; Smith/Hogan, Criminal Law, 313. 253 „(. . .) we recommend that the mental element for the offence of attempt should be defined as an intent to commit the offence attempted.“, Law Comm. No. 102, 2.18. 254 S. 1 Abs. 1 CAA: „If, with intent to commit an offence to which this section applies, a person does an act which is more than merely preparatory to the commission of the offence, he is guilty of attempting to commit the offence.“. 255 Smith/Hogan, Criminal Law, 306.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
nelle Rechtsprechung im Fall „Mohan“ von 1976257 wie folgt zu definieren: „An attempt requires the proof of specific intent, a decision to bring about, in so far as it lies within the accused’s power, the commission of the offence which is alleged that the accused attempted to commit, no matter whether the accused desired that consequence of his act or not.“.258 „Intent“ liegt nach dieser Formel auch dann vor, wenn die Tatvollendung unvermeidbare Folge des in Wahrheit beabsichtigten Handlungszieles ist, das heißt es ist keine Absicht erforderlich,259 sondern direkter Vorsatz ausreichend.260 Mit dem Argument, dass s. 1 Abs. 3 CAA261 ansonsten überflüssig wäre, soll auch „dolus eventualis“ grundsätzlich genügen,262 allerdings werden in solchen Fällen von den Gerichten höhere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts gestellt: Während früher noch ein „very high degree of probability“ für ausreichend erachtet wurde,263 wird heute weitergehend „foresight of virtual certainty“ verlangt.264 Anders als beim vollendeten Delikt ist der subjektive Versuchstatbestand jedoch nicht schon bei Abwesenheit substantieller Zweifel über den Erfolgseintritt erfüllt.265 (2) Umfang des Vorsatzerfordernisses Während das Vorsatzerfordernis in Bezug auf den Deliktserfolg („consequence“) allgemein anerkannt ist,266 ist umstritten, ob die Versuchsstrafbarkeit 256 „Pearman“ (1985), 80 Cr. App. R. 259; Smith/Hogan, Criminal Law, 307; Williams, Textbook, 408. 257 „Mohan“ (1976), 1 Q. B. 1, C. A., 11: Verurteilung wegen „attempt to cause grievous bodily harm“ bei Zufahren auf einen Halt gebietenden Polizisten, um den Fluchtweg freizumachen. 258 Law Comm. No. 102, 2.14; Dennis; Crim. L. R. 1982, 5, 11; Hustin-Denies/ Spielmann, L’infraction inachevée, 47 f. Fn. 128. 259 „Purpose is not required“, Ashworth, Principles, 464. 260 „Pearman“ (1985), Cr. App. R. 259, 263; Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 24; Smith/Hogan, Criminal Law, 307; vgl. „Walker“ (1989), 90 Cr. App. R. 226; Williams, Textbook, 409. 261 S. 1 Abs. 3 CAA: „In any case where a) apart from this subsection a person’s intention would not be regarded as having amounted to an intent to commit an offence; but b) if the facts of the case had been as he believed them to be, his intention would be so regarded, then, for the purposes of subsection (1) above, he shall be regarded as having had an intent to commit that offence.“. 262 Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 25; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 48 f. 263 „Walker“ (1989), 90 Cr. App. R. 226. 264 „Woollin“ (1999), A. C. 92; Ashworth, Principles, 464; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 49; Smith/Hogan, Criminal Law, 307. 265 Law Comm. No. 102, 2.17; krit. Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 24 f.
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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dadurch ausgeweitet werden soll, dass hinsichtlich der Tatumstände („circumstances“) Fahrlässigkeit für ausreichend gehalten wird.267 Diskutiert wird dieses Problem vorwiegend anhand von Fällen wie dem der Entscheidung in „Pigg“268 zugrunde liegenden Sachverhalt: Der Täter will an dem Opfer Geschlechtsverkehr vollziehen, ohne sich über dessen fehlendes Einverständnis Gedanken zu machen. Zwar verlangt der „common sense“ in solchen Konstellationen nach einer Strafbarkeit wegen Versuchs, fraglich ist jedoch, wie dies mit dem tatbestandlichen Vorsatzerfordernis in Einklang zu bringen ist. Der CAA enthält zu diesem Problem keine ausdrückliche Regelung. Der Wendung „with intent to commit“ lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob Vorsatz hinsichtlich des Taterfolges in Kombination mit Fahrlässigkeit bezüglich der Tatumstände genügen soll.269 Teilweise wird am Vorsatzerfordernis auch bezüglich der „circumstances“ festgehalten.270 Dies wird vor allem mit dem Wortlaut des CAA, der nicht zwischen verschiedenen Elementen des Tatbestandes differenziere, sowie mit der Wortbedeutung begründet: Unter dem Begriff des Versuchs sei immer ein Bemühen um die Tatbestandsverwirklichung, das heißt vorsätzliches Handeln zu verstehen.271 Mit dem Argument, dass die Unterscheidung zwischen „consequence“ und „circumstance“ unpraktikabel und komplex sei,272 hat zunächst auch die „Law Commission“ diese Auffassung geteilt und „knowledge of the factual circumstances“ verlangt.273 Aufgrund der kriminalpolitischen Erwägung, dass neben der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs nicht auch noch fahrlässige Versuche möglich sein sollten, hat sich auch die Regierung in diesem Punkt schließlich gegen eine Erweiterung der Versuchsstrafbarkeit ausgespro266 „The notion of attempt requires an intended result.“, Smith/Hogan, Criminal Law, 307. 267 Grundsätzlich setzt der Deliktsvorsatz Kenntnis der „circumstances“ voraus, Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 12; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 49 ff. 268 „Pigg“ (1982), Crim. L. R. 1982, 446. Die Entscheidung erging kurz vor InKraft-Treten des CAA. 269 Ashworth, Principles, 464; Williams, Crim. L. R. 1983, 365, 367. 270 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 51 f. Auf die Frage nach dem Grad der Fahrlässigkeit, insbesondere auf das Problem der Ausdehnung auf die unbewusste („Caldwell“-)Fahrlässigkeit in „Attorney General’s Reference (No. 3 of 1992)“ (1993), 98 Cr. App. R. 383 soll im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden. 271 „The word „attempt“ cannot be correctly used to denote his actions unless he intends thereby to reach the mark at which he is aiming. (. . .) For whatever a man attempts to do he must intend to achieve if he is able to do so.“, Turner, Outlines, 103; vgl. Ashworth, Principles, 464. 272 Law Comm. No. 102, 2.12. 273 Law Comm. No. 102, 2.15. Damit wich die „Law Commission“ von der Position der „Working Party“, die die Differenzierung zwischen „circumstances“ und „consequences“ befürwortete, ab, Williams, Crim. L. R. 1991, 365, 367.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
chen.274 Problematisch erscheint es jedoch, die Kenntnis von Tatumständen konkret zu beweisen. Aus diesem praktischen Hindernis könnten unbefriedigende Freisprüche resultieren.275 In Anbetracht dieser Kritikpunkte wird die Fahrlässigkeit bezüglich der „circumstances“ vermehrt für ausreichend erachtet.276 Der CAA enthalte keine ausdrücklichen Anforderungen an das Wissenselement, sondern fordere den „intent“ nur für „conduct“ und „consequence“;277 zudem erfasse auch die „Mohan“-Formel Konstellationen, in denen der Täter hinsichtlich der „circumstances“ bloß fahrlässig handele. Es sei nicht widersprüchlich, zwar generell für das Verbrechen, das heißt für die Tathandlung und deren beabsichtigte Folge Vorsatz zu verlangen, sich aber bezüglich der Tatumstände mit Fahrlässigkeit zufrieden zu geben.278 Auch sei s. 1 Abs. 3 CAA ansonsten nicht zu erklären: Es bedeute einen Wertungswiderspruch, wenn zwar eine irrige Annahme (im Fall der Untauglichkeit) den Anforderungen an den subjektiven Tatbestand genüge, eine korrekte, aber nicht verifizierte Einschätzung aber unzureichend sei.279 Da der Erfolgseintritt zufällig sei, solle das subjektive Element gegenüber dem vollendeten Delikt nur insoweit modifiziert werden, wie die Eigenart des Versuchs es zwingend erfordere.280 Die Versuchsvoraussetzungen seien also an die der Vollendung anzugleichen, sodass, wenn Fahrlässigkeit bezüglich der „circumstances“ im Rahmen des vollendeten Delikts ausreiche, dies für den Versuch ebenso gelten müsse.281 Diese Erwägungen haben auch zu einem Meinungsumschwung der „Law Commission“ geführt.282 So lautet die Definition des subjektiven Versuchstatbestands in cl. 49 Abs. 2 des neuen „Draft Code“ wie folgt: „(. . .) an intention to commit an offence is an intention with respect to all the elements of the offence (. . .), except that recklessness with respect to circumstances suffices where it suffices for the offence itself.“283 Seit der Entscheidung in „Khan“ aus dem Jahr 1990284 steht endgültig fest, dass das Vorsatzerfordernis sich auf den Erfolg beschränken soll.285 Später ergangene Urteile sehen eine problematische noch weitergehende Ausdehnung 274
Williams, Textbook, 409; ders., Crim. L. R. 1983, 365, 371. Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 25. 276 So schon „Pigg“ (1982), W. L. R. 762; Smith/Hogan, Criminal Law, 308; Williams, Crim. L. R. 1983, 365, 367, 375. 277 Ashworth, Principles, 464. 278 Williams, Textbook, 409; Williams, Crim. L. R. 1991, 365, 373. 279 Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 12. 280 Smith/Hogan, Criminal Law, 308. 281 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 52. 282 Law Comm. No. 177, 244. 283 Vgl. Smith/Hogan, Criminal Law, 308. Williams, Camb. L. J. 1991, 120, 129 hält diese Regelung jedoch für zu weit: „The code is clearly not intended to make a person guilty of attempting an unintended result, yet this is what its wording may lead some people to believe.“. 275
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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der Versuchsstrafbarkeit vor, indem sie Fahrlässigkeit nicht nur bezüglich der „circumstances“, sondern auch hinsichtlich entfernterer Konsequenzen der Tathandlung für ausreichend erklären.286 Dies führte zu einer intensiven Diskussion um die Möglichkeit der Einführung eines „general law of reckless attempts“ an Stelle der speziellen Gefährdungsdelikte.287 bb) Objektiver Tatbestand Im „Common Law“ wurde zwischen straflosen bloß vorbereitenden und strafbaren tatbestandsnahen Handlungen differenziert.288 Die unter Anwendung dieser zu eng interpretierten289 „proximity“-Lehre ergangenen unbefriedigenden Entscheidungen in den Fällen „Robinson“ und „Comer v. Bloomfield“ machten die Reformbedürftigkeit des Rechts des Versuchs evident.290 Obwohl nach Ansicht der „Law Commission“ von den im „Common Law“ vertretenen Theorien zur Bestimmung des Versuchsbeginns einzig der „proximity“-Test zu einigermaßen brauchbaren Ergebnissen führt,291 wollte die Kommission nicht auf das Kriterium der Tatbestandsnähe abstellen. Es bestehe nämlich die Gefahr der Missverständlichkeit des Begriffs der „proximity“ dahingehend, dass die Formel nahelege, nur der „last act“ sei als Versuch zu qua284 „Khan et al.“ (1990), 91 Cr. App. R. 29. Aufgrund eines der Konstellation in „Pigg“ vergleichbaren Sachverhalts wurde wegen „attempted rape“ verurteilt. 285 Ashworth, Principles, 465. I. E. zustimmend, aber mit anderer Begründung Williams, Camb. L. J. 1991, 120 ff.: Williams hält die Unterscheidung zwischen „act“ und „circumstance“ für unmöglich und mit dem Wortlaut des CAA nicht vereinbar. Die Tathandlung in „Khan“ lasse sich aber unter einer bestimmten Bedingung (dem fehlenden Einverständnis des Opfers) als vorsätzliche Vergewaltigung beschreiben. Diese Regel von den „attempts with alternative intentions“ formuliert er wie folgt: „(. . .) when an act has two possible criminal consequences, and the defendant intended either consequence, or both (. . .), he can be convicted of attempting the one, or attempting the other, or attempting both, whatever the physical outcome might be.“, Williams, Camb. L. J. 1991, 120, 124. 286 „Attorney General’s Reference (No. 3 of 1992)“ (1993), 98 Cr. App. R 383: „(. . .) a defendant, in order to be guilty of an attempt, must be in one of the states of mind required for the commission of the full offence, (. . .).“; krit. Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 24; Smith/Hogan, Criminal Law, 309 („(. . .) would introduce strict liability into the law of attempts.“); Williams, Textbook, 408; ders., Crim. L. R. 1983, 365, 366 („Attempts go with objects, aims and purposes, not with collateral risks.“). 287 Skeptisch Ashworth, Principles, 465: „Since we are concerned here with preliminary offences which go beyond the definitions of substantive crimes, is it not more judicious to proceed in this piecemeal way, thereby insuring that the outer boundaries of the criminal law are carefully regulated?“. 288 Law Comm. No. 102, 2.42; Williams, Textbook, 410 f. 289 Williams, Crim. L. R. 1991, 416. 290 „Robinson“ and „Comer v. Bloomfield“ are part of the mischief intended to be remedied by the statute.“, Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 9. 291 Law Comm. No. 102, 2.45; Smith/Hogan, Criminal Law, 312.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
lifizieren.292 Die Versuchsdefinition müsse aber beendete und unbeendete Versuche umfassen;293 zudem erlaube die „proximity“-Lehre keine Strafbarkeit des untauglichen Versuchs.294 Zwar müsse also die „proximity“-Formel überwunden werden,295 erforderlich bleibe aber andererseits in jedem Fall die Abgrenzung zu reinen Vorbereitungsakten, sodass die Kommissionsempfehlung Versuch als „any act which goes so far towards the commission of the offence attempted as to be more than an act of mere preparation“ definiert.296 Der in s. 1 Abs. 1 statuierte „preparatory act“-Test des „Criminal Attempts Act“ hält somit am Erfordernis einer mehr als bloß vorbereitenden Handlung fest, verzichtet aber auf die Feststellung der Tatbestandsnähe: „The Criminal Attempts Act therefore discards the language of proximity while leaving the other half of the rule, or the other side of the coin (that the act must go beyond mere preparation), untouched.“297 Der „actus reus“ kann nach s. 1 Abs. 1 CAA somit jede vorsätzliche Handlung sein, die über bloße Tatvorbereitung hinausgeht;298 abgegrenzt wird also nicht danach, wann der strafbare Versuch beginnt, sondern danach, wo die Vorbereitungsphase endet. Dabei ist zu beachten, dass nicht alle, sondern nur die rein vorbereitenden Handlungen von der Strafbarkeit ausgeschlossen sein sollen.299 S. 4 Abs. 3 CAA300 transformiert das in „Stonehouse“ etablierte „Common Law“ in geschriebenes Recht,301 indem die Abgrenzung zwischen „merely preparatory act“ und „preparatory act“ zur von der 292 Law Comm. No. 102, 2.48; Smith/Hogan, Criminal Law, 312; Williams, Textbook, 411; krit. aber ders., Crim. L. R. 1991, 416, 417: Zwar sei der lateinische Begriff „proximus“ eng im Sinne von „nächster“ zu verstehen, im englischen Sprachgebrauch werde der Terminus aber großzügiger verwendet. 293 Law Comm. No. 102, 2.47; Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 8; Williams, Textbook, 412 („The law is evidently wider than this „last act“-principle. An attempt can be committed where other acts remain to be done.“). 294 Smith/Hogan, Criminal Law, 312. 295 Die „Law Commission“ intendiert einen „fresh start being made on the issue of proximity“. 296 Law Comm. No. 102, 2.49. Damit wich die „Law Commission“ abermals vom Vorschlag der von ihr mit dem Thema befassten „Working Party“ ab, die sich für Übernahme des amerikanischen „substantial step“-Tests aussprach (vgl. dazu unten 2. Teil B. IV.), Working Paper No. 50, 78–87; Williams, Crim. L. R. 1991, 416. 297 Williams, Textbook, 411; ders., Crim. L. R. 1991, 416, 417. Vgl. auch § 4 Abs. 3 kanad. Reformentwurf („Everyone is liable for attempt who, going beyond mere preparation, attempts to commit a crime (. . .).“), Law Reform Commission of Canada, Report 31 (1987), 45 sowie § 11.1 Abs. 2 austral. Criminal Code Act („The person’s conduct must be more than merely preparatory to the commission.“). 298 Smith/Hogan, Criminal Law, 306. 299 Smith/Hogan, Criminal Law, 312. 300 S. 4 Abs. 3 CAA: „Where, in proceedings against a person for an offence under section 1 above, there is evidence sufficient in law to support a finding that he did an act falling within subsection (1) of that section, the question whether or not his act fell within that subsection is a question of fact.“. 301 Williams, Textbook, 415.
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„jury“ zu entscheidenden Tatsachenfrage erklärt wird.302 Ein Versuch soll dann vorliegen, wenn die Handlung bei natürlicher Betrachtung Teil der Tatbegehung ist („when the actor is engaged in the commission of the offence“),303 das heißt der Täter muss sich „in the process of committing“ befinden, sodass Versuchsbeginn zu bejahen ist, „when the defendant embarks on the crime proper“.304 Angesichts der Unbestimmtheit dieser zur Konkretisierung des Versuchsbeginns entwickelten Formeln will Duff den „preparatory act“-Test durch ein Unmittelbarkeitskriterium ergänzen. Die Formulierung seines Regelungsvorschlags305 bedeutet aber, wie er selbst einräumen muss, keinerlei Gewinn an Präzision.306 Mit der Statuierung des „preparatory act“-Tests schlägt der „Criminal Attempts Act“ einen „midway course“ zwischen der durch die extrem strenge „Eagleton“-Formel konkretisierten „proximity“-Theorie und der unbestimmten Weite der im amerikanischen „Model Penal Code“ normierten „substantial step“-Lehre ein.307 Indem Handlungen für ausreichend erachtet werden, die mehr als bloß vorbereitend, aber noch nicht tatbestandsnah sind, führt das „preparatory act“-Kriterium zu einer weiteren Versuchshaftung als die „proximity“-Lehre.308 Andererseits ist die Versuchskonzeption des „Criminal Attempts Act“ enger als die des „Model Penal Code“, da sie das gegenüber dem „substantial step“-Test strengere Erfordernis aufstellt, dass „the defendant must have embarked on the offence itself“.309 Nach dem „Model Penal Code“ wären also Fälle als „substantial step“ zu qualifizieren, die nach dem „Criminal Attempts 302 Law Comm. No. 102, 2.50; Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 22; Smith/Hogan, Criminal Law, 313; krit. Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 8. 303 Smith/Hogan, Criminal Law, 312 f. 304 Lord Lane, in: „Gullefer“ (1990), 1 W. L. R. 1063, 1065. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt sprang der Täter, als er sah, dass der Hund, auf den er gesetzt hatte, verlor, auf die Rennbahn in der Hoffnung, das Rennen werde für ungültig erklärt, sodass er seinen Einsatz erstattet bekomme. Eine Strafbarkeit wegen „attempted theft“ wurde verneint, da die Handlung rein vorbereitend gewesen sei; Gullefer habe das Geld noch vom Buchmacher zurückfordern müssen. 305 „(. . .) a person acts in a way which is more than merely preparatory to the commission of an offence if he has embarked on the commission of the offence.“, Duff, Attempts, 390, 398. 306 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 737; Duff, Attempts, 393 f. 307 Lord Lane, in: „Gullefer“ (1990), 1 W. L. R. 1063, 1066. Vgl zum „substantial step“-Test des MPC ausführlich unten 2. Teil B. IV. 308 So für Vorliegen eines Versuchs in „Jones“ (1990), 91 Cr. App. R. 351: In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt kaufte der Täter eine Waffe, verkürzte den Lauf, sprang maskiert auf den Autorücksitz und richtete die Waffe auf das Opfer, das sie ihm jedoch entreißen konnte. Eine Strafbarkeit wegen versuchten Mordes wurde bejaht, auch wenn Jones die Waffe noch nicht entsichert und abgedrückt hatte. Vgl. auch „Tosti“ (1997), Crim. L. R. 746: Hier wurde eine Strafbarkeit wegen „attempted burglary“ angenommen, nachdem der Täter vor einer Scheune entdeckt wurde, deren Türschloss er untersuchte. In der Nähe seines Autos fand sich in einer Hecke verstecktes Einbruchswerkzeug. 309 Duff, Attempts, 60 f.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Act“ nicht „more than merely preparatory“ sind.310 Diese Beschränkung der Versuchsstrafbarkeit kritisiert Williams, der eine Orientierung an dem gewöhnlichen Verständnis des Begriffs „attempt“ für nicht zwingend hält311 und sich in Anlehnung an die Empfehlung der „Working Party“ für eine Übernahme des „substantial step“-Tests in das englische Recht ausspricht.312 2. Liberaler Ansatz: Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Spanien a) Subjektiver Tatbestand Art. 121-5 des französischen „Code Pénal“ enthält keine ausdrückliche Regelung bezüglich des subjektiven Elements der Versuchsstrafbarkeit. Dennoch fordert die Rechtsprechung das Vorliegen einer „intention de commettre ou de consommer l’infraction“,313 das heißt die Tathandlung muss von der endgültigen Absicht der Erfolgsverwirklichung getragen sein.314 Zwar spiele das subjektive Element gegenüber dem „commencement d’exécution“ eine untergeordnete Rolle, doch setzte die Zurechenbarkeit das Vorliegen einer „résolution“315 voraus.316 Zudem erlaube erst eine Analyse des Vorsatzes die Identifizierung des versuchten Tatbestands.317 Ebensowenig ist das Erfordernis eines subjektiven Elements in Spanien gesetzlich geregelt, es ergibt sich jedoch daraus, dass man 310 Duff, Attempts, 59. So gegen Vorliegen eines Versuchs in „Campbell“ (1991), 93 Cr. App. R. 350: Nachdem die Polizei von einem geplanten Postüberfall erfahren hatte, wurde der Täter verhaftet, als er sich der Tür mit einer Scheinwaffe, einem Drohbrief und einer (allerdings unaufgesetzten) Sonnenbrille näherte. Eine Strafbarkeit wegen „attempted robbery“ wurde mit der Begründung verneint, dass der Täter die Post noch nicht betreten habe. Nach dem MPC reicht schon ein Auskundschaften des Tatortes („reconnoitring the place intended for the commission of the offence“) für den Versuchsbeginn aus. Vgl. auch „Geddes“ (1996), Crim. L. R. 894: Der Täter wurde bei der Toilette einer Jungenschule verhaftet, sein Rucksack mit Messer, Seil und Klebeband fand sich in einem Busch. Trotz einer Zeugenaussage über seine sexuellen Vorlieben wurde er vom Vorwurf des „attempted false imprisonment“ freigesprochen, da eine Kontaktaufnahme noch nicht erfolgt sei. 311 Williams, Crim. L. R. 1991, 416, 419. 312 Williams, Crim. L. R. 1991, 416, 420 f. Diese Erweiterung vermeide auch einen Wertungswiderspruch zur Strafbarkeit wegen „conspiracy“, die nicht so restriktiv gehandhabt werde, Williams, Crim. L. R. 1991, 416, 421. 313 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 801; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 122 f.; vgl. Corr. Nanterre, 22 février 1979, Gaz. Pal. 22–24 juillet, 1979. 314 Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 385 Rn. 454. 315 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 812. 316 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 121, 124. 317 Conte/Chambon, Droit pénal général, 177; Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 803, 806; Jeandidier, Droit pénal général, 247 Rn. 218; Merle/Vitu, Traité, 633 f. Rn. 498; Paulin, Droit pénal général, 51.
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ohne Kenntnis des Vorsatzes weder das Vorliegen des Versuchs noch die Gefährlichkeit der Handlung feststellen kann.318 Auch in der italienischen Lehre ist das in Art. 56 Abs. 1 itCP gesetzlich nicht erwähnte Vorsatzerfordernis einhellig anerkannt.319 Im Gegensatz zum französischen Recht fordern die Art. 51 des belgischen sowie des luxemburgischen „Code Pénal“ ausdrücklich das Vorliegen eines kriminellen Tatentschlusses („résolution criminelle“). 320 Dieser muss auf ein bestimmtes Delikt bezogen sein (der Gesetzeswortlaut spricht von „ce crime“ und „ce délit“).321 Eventualvorsatz soll nicht genügen.322 Neben dem objektiven Element des „begin van uitvoering“ verlangt auch Art. 45 nlStGB in subjektiver Hinsicht ausdrücklich ein auf Verwirklichung eines bestimmten Tatbestands gerichtetes „voornemen van de dader“.323 Aufgrund der engen Verwandtschaft der Begriffe „voornemen“ und „opzet“ soll auch für einen strafbaren Versuch das Vorliegen von dolus eventualis ausreichen, soweit dies für die Tatvollendung gilt.324 b) Objektiver Tatbestand aa) Beginn der Ausführung: Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Spanien In den vom französischen Recht geprägten kontinentaleuropäischen Regelungen wird die Abgrenzung zwischen Vorbereitung und Versuch überwiegend anhand des Kriteriums des Ausführungsanfangs („commencement d’exécution“) 318
Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 138. Nach Bartone/Delpino, Diritto penale I, 310 soll dabei aufgrund des Gesetzeswortlauts („diretti“ bzw. „abzielen“) dolus eventualis nicht ausreichend sein. 320 Constant, Traité élémentaire, 253 f. Rn. 184; Doucet, Précis, 133; Haus, Principes généraux, 324 ff. Rn. 431 ff.; Messinne, Droit pénal, 59; Tulkens/v. de Kerchove, Introduction, 314. Für Luxemburg Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 277. 321 Constant, Traité élémentaire, 253 Rn. 184; Dupont/Verstraeten, Handboek, 302 Rn. 537 („specifieke intentionaliteit“); Haus, Principes généraux, 324 ff. Rn. 431 ff.; Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 173 Rn. 197; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 122; Prins, Science pénale, 136 Rn. 224; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 277; Tulkens/v. de Kerchove, Introduction, 314; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 354 Rn. 695. 322 Haus, Principes généraux, 327 Rn. 433bis; Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 172 f. Rn. 197; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 48 Fn. 130, 122; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 277. 323 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 164. 324 HR, 6. Februar 1951, N. J. 1951, 475 (Zufahren auf Halt gebietenden Polizisten); vgl. auch HR, 26. März 1946, N. J. 1946, 226; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 392. 319
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
vorgenommen.325 In jenen liberalen Rechtsordnungen, die die Strafbarkeitsschwelle grundsätzlich erst dann als überschritten ansehen, wenn sich die kriminelle Intention in einem Beginn der Tatausführung manifestiert, ist das materielle Element des Versuchstatbestands von herausragender Bedeutung:326 „(. . .) ce qui est le plus important, c’est l’élément matériel et objectif car c’est lui qui assure la victoire du courant libéral.“327 Die Strafbarkeit des Handelnden hängt damit maßgeblich von der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals ab. Aus dem Gesetzeswortlaut ergeben sich jedoch keine klaren Kriterien für das Vorliegen eines Ausführungsbeginns. Es obliegt daher Lehre und Rechtsprechung, das Erfordernis des „commencement d’exécution“ und damit die Grenze zur Versuchsstrafbarkeit zu definieren und zu konkretisieren. Insoweit bestehen zwischen den hier untersuchten Rechtssystemen erhebliche Unterschiede. (1) Frankreich, Belgien, Luxemburg Das französische Recht beruht auf dem objektivistischen Grundgedanken, dass der Versuch nicht zu weit von der Vollendung entfernt sein dürfe328 und ist somit prinzipiell restriktiv konzipiert. Auch der belgische „Code Pénal“ von 1867 setzt der Strafbarkeit grundsätzlich „limites strictes“.329 Sowohl in Frankreich, als auch in Belgien und Luxemburg wird neben dem beendeten jedoch auch der unbeendete Versuch für strafbar erklärt.330 Im französischen „Ancien Droit“ wurde diese Differenzierung noch nicht vorgenommen, erst im Laufe der Arbeiten am „Code“ von 1810 wurde man sich des Unterschieds zwischen Unterbrechung und Fehlschlag des Versuchs bewusst.331 Unter dem so genannten „ausgesetzten“ Versuch („délit tenté“/„tentative suspen325 Auf den Ausführungsbeginn stellen auch Art. 18 Abs. 1 bulgStGB („Versuch ist die begonnene Ausführung einer vorsätzlichen Straftat, bei der die Ausführungshandlung nicht vollendet wird oder, obgleich sie vollendet wird, die im Gesetz vorgesehenen und vom Täter gewollten gesellschaftsgefährlichen Folgen dieser Straftat nicht eingetreten sind.“) und Kap. 23 § 1 Abs. 1 schwKrGB („Hat jemand die Ausführung einer bestimmten Straftat begonnen, ohne daß diese zur Vollendung gelangt ist, so ist er in den Fällen, in denen dies besonders geregelt ist, wegen Versuchs der Straftat zu verurteilen, sofern die Gefahr bestanden hat, daß die Handlung zur Vollendung der Straftat führen würde, oder eine solche Gefahr nur aufgrund zufälliger Umstände ausgeschlossen war.“) ab. 326 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 95. 327 Pradel, Droit pénal comparé, 280 Rn. 189. 328 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 783; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 69; Merle/Vitu, Traité, 628 Rn. 494. 329 Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 164 Rn. 184; Tulkens/v. de Kerchove, Introduction, 312. 330 Vgl. Art. 121-5 frCP und Art. 51 be/luxCP, Pradel, Droit pénal général, 344 Rn. 381. 331 Prothais, Tentative, 84 Rn. 119.
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due/interrompue/inachevée“)332 versteht man Fälle, in denen der Täter seine kriminelle Handlung vor Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale abbrechen muss.333 Dagegen wird das tatbestandliche Handlungsprogramm bei einem fehlgeschlagenen Versuch („délit manqué“/„tentative infructueuse/achevée“)334 komplett absolviert; der Erfolg bleibt jedoch aus Gründen aus, auf die der Täter keinen Einfluss hat.335 Art. 121-5 des französischen „Code Pénal“336 sowie die belgischen und luxemburgischen Vorschriften (Art. 51 be/luxCP337) stellen den beendeten dem unbeendeten Versuch aus Praktikabilitätsgründen gleich, eröffnen aber Möglichkeiten der Differenzierung im Strafmaß. (a) Meinungsstand In der französischen Lehre stehen sich zur näheren Konkretisierung des Begriffs des „commencement d’exécution“ objektive Ansätze, die den Schwerpunkt auf die Handlung des Täters legen und subjektive Theorien, die primär auf dessen Intention abstellen, gegenüber. Vermittelnde Ansichten wollen neben 332 Constant, Traité élémentaire, 251 ff. Rn. 182; Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 383 Rn. 451 ff.; Dupont/Verstraeten, Handboek, 307 Rn. 547 („onvoltooide poging“); Haus, Principes généraux, 343 Rn. 455 f. (Unterscheidung zwischen „tentative éloignée“ und „tentative prochaine“); Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 164 Rn. 183; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 71; Jeandidier, Droit pénal général, 242 ff. Rn. 214 ff.; Merle/Vitu, Traité, 628 ff., 640 ff.; Messinne, Droit pénal, 59; Ortolan, Éléments, 448 Rn. 990; Pradel, Droit pénal général, 345 ff. Rn. 382 ff.; Prins, Science pénale, 138 Rn. 226; Tulkens/v. de Kerchove, Introduction, 313 ff. 333 „Le cas où le cours normal des choses a été dévié plus tôt, avant que le modus operis ne soit achevé (. . .), seuls ayant été accomplis des actes dites de „commencement d’exécution”, Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 164 Rn. 183. 334 Constant, Traité élémentaire, 251 ff. Rn. 182; Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 387 Rn. 456; Dupont/Verstraeten, Handboek, 308 Rn. 548 („vruchteloze poging“); Haus, Principes généraux, 343 Rn. 455; Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 164 Rn. 183; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 70; Jeandidier, Droit pénal général, 250 ff. Rn. 221 ff.; Merle/Vitu, Traité, 640 ff. Rn. 507 ff.; Messinne, Droit pénal, 59; Ortolan, Éléments, 448 Rn. 990; Pradel, Droit pénal général, 352 Rn. 390 („tentative stérile“); Prins, Science pénale, 138 Rn. 226; Tulkens/v. de Kerchove, Introduction, 316 f.; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 366 Rn. 722. 335 „Non-réalisation de cette conséquence en dépit de l’accomplissement intégral du mode d’action visé par la loi“, Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 164 Rn. 183; vgl. Mons, 3 juin 1992, R. D. P. C. 1993, 465: Mordversuch, wenn der Täter in Tötungsabsicht auf seine Ehefrau schießt, diese aber im Krankenhaus gerettet wird. 336 Art. 121-5 frCP: „Ein Versuch liegt vor, sobald er, kundgetan durch den Beginn der Ausführung, nur aufgrund von Umständen aufgegeben wird oder erfolglos ist, die vom Willen des Täters unabhängig sind.“. 337 Art. 51 be/luxCP: „Strafbarer Versuch liegt vor, wenn der Entschluss, ein Verbrechen oder Vergehen zu begehen, durch äußere Handlungen in Erscheinung getreten ist, die einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten und nur infolge von Umständen , die von dem Willen des Täters unabhängig waren, nicht zur Vollendung gelangt sind oder ihre Wirkung verfehlt haben.“.
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der dem Tatentschluss entsprechenden Tathandlung Kausalitätsgesichtspunkte berücksichtigen.338 Dabei besteht Einigkeit dahingehend, dass das subjektive Element zwar unabdingbare, aber nie hinreichende Voraussetzung der Versuchsstrafbarkeit ist.339 Insofern können also alle zur Abgrenzungsfrage vertretenen Lehren als gemischt bezeichnet werden – Unterschiede bestehen nur hinsichtlich der Gewichtung des objektiven beziehungsweise des subjektiven Tatbestandsmerkmals des Versuchs.340 (aa) Objektive Theorien Den Schwerpunkt auf den materiellen Aspekt des Versuchstatbestands legend,341 definiert der objektive Ansatz als die „théorie classique du XIXe siècle“342 den Ausführungsbeginn anhand der äußeren Kriterien der bereits vorgenommenen Handlungen sowie des Grads der Rechtsgutsgefährdung,343 an die, sollen sie Indizien für das Überschreiten der Strafbarkeitsschwelle sein, mehr oder weniger hohe Anforderungen gestellt werden. Die streng objektive Theorie verlangte für die Versuchsstrafbarkeit die Vornahme eines „acte d’exécution de l’infraction consommée“,344 das heißt einer für den Tatbestand typischen Handlung („commencement de l’action typique“).345 Der Ausführungsbeginn wurde auf den Vollendungstatbestand bezogen, indem die Versuchsstrafbarkeit erst bei Vorliegen eines „fragment du crime“,346 also bei Teilverwirklichung des Tatbestands oder qualifizierender Umstände, einsetzen sollte.347 338 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 780; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 77; Merle/Vitu, Traité, 629 Rn. 495 ff. 339 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 783. 340 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 780 f. 341 Jeandidier, Droit pénal général, 242 Rn. 215; Paulin, Droit pénal général, 50. 342 Prothais, Tentative, 42 Rn. 53; Robert, Droit pénal général, 213. 343 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 77; Merle/Vitu, Traité, 629 Rn. 495; Prothais, Tentative, 42 Rn. 53; Pradel, Droit pénal général, 347 Rn. 384. 344 Merle/Vitu, Traité, 629 Rn. 495. 345 Constant, Traité élémentaire, 258 Rn. 187; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 78; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 248. 346 Prothais, Tentative, 42 Rn. 54. 347 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717; Constant, Traité élémentaire, 258 Rn. 187; Conte/Chambon, Droit pénal général, 175; Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 781; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 78; Jeandidier, Droit pénal général, 242 Rn. 215; Merle/Vitu, Traité, 629 f. Rn. 495; Ortolan, Éléments, 459 Rn. 1012 („le commencement de l’acte même constitutif du délit“); Paulin, Droit pénal général, 50; Pradel, Droit pénal général, 347; Prothais, Tentative, 42 Rn. 54; Robert, Droit pénal général, 213; Salvage, Droit pénal général, 38; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 248; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 214 Rn. 236; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 361 Rn. 709.
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Zwar werden der streng objektiven Theorie die Vorzüge der Eindeutigkeit348 und Einfachheit349 sowie einer maximalen Achtung der Individualrechte potentieller Täter zugestanden,350 jedoch erscheint sie viel zu eng.351 Der extrem limitierte Anwendungsbereich des Versuchstatbestands werde der Schutzfunktion von Strafnormen nicht gerecht,352 da er strafwürdige Tathandlungen nicht erfassen könne, die zwar noch vor dem eigentlichen Ausführungsstadium, aber dennoch nahe an der Tatbestandsverwirklichung liegen.353 Es werde verkannt, dass der „Code Pénal“ gerade nicht die Vollendung der Ausführung, sondern nur deren Beginn verlange: „[la thèse] confond le commencement de la consommation avec le commencement d’exécution.“354 Zudem führe das Abstellen auf die Verwirklichung oft tatbestandsferner qualifizierender Umstände zu Wertungswidersprüchen.355 Angesichts dieser Kritik und in Erkenntnis der Notwendigkeit, die extreme Restriktion des Versuchstatbestands durch die streng objektive Theorie zu relativieren und dadurch einen effektiveren Schutz der Allgemeinheit zu gewährleisten,356 bemühen sich die materiell-objektiven Lehren um alternative Lösungsansätze.357 Versteht man unter dem Erfordernis des „commencement d’exécution“ richtigerweise nicht den Beginn der eigentlichen Tatbestandsausführung, sondern den Anfang der Ausführung des Versuchs,358 ergibt sich daraus die Möglichkeit der Ausdehnung des Versuchsbereichs auf Handlungen im Vorfeld der Tatbestands348 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 781; Merle/Vitu, Traité, 630 Rn. 495; Salvage, Droit pénal général, 38. 349 Jeandidier, Droit pénal général, 242 Rn. 215; Pradel, Droit pénal général, 347 Rn. 384. 350 Jeandidier, Droit pénal général, 242 Rn. 215. 351 Conte/Chambon, Droit pénal général, 175; Haus, Principes généraux, 338 Rn. 449; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 78; Salvage, Droit pénal général, 38. 352 Pradel, Droit pénal général, 347 Rn. 384. 353 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 78; Jeandidier, Droit pénal général, 242 Rn. 215; Merle/Vitu, Traité, 630 Rn. 495; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 249. 354 Conte/Chambon, Droit pénal général, 175; vgl. Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 781; Haus, Principes généraux, 338 Rn. 449; Vidal/Magnol, Droit criminel, 150 Rn. 96. 355 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 79; Prothais, Tentative, 42 Rn. 54; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 250. So ist z. B. das Besteigen einer Mauer strafschärfendes Merkmal nur des Diebstahls; daher wäre eine Versuchsstrafbarkeit in diesem Fall nur zu bejahen, wenn der Täter die Mauer mit Diebstahls-, nicht mit Mordvorsatz besteigt, vgl. Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 215 Rn. 236. 356 Robert, Droit pénal général, 213. 357 Prothais, Tentative, 42 Rn. 55; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 250.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
verwirklichung,359 die aber dennoch klar vom Stadium bloßer Vorbereitung abzugrenzen sind.360 Eine Strafbarkeit wird ab dem Zeitpunkt angenommen, zu dem sich der Täter „en action du crime“ befindet,361 das heißt: „dès que l’on peut considérer l’agent comme ayant décidé de courir les chances de l’entreprise, dès qu’il a entendu en quelque sorte couper les ponts derrière lui“.362 Indem sie auf die „proximité temporelle“ („commencement“) und die „proximité causale“ („exécution“) zur Tatbestandsverwirklichung abstellen, sind die materiell-objektiven Theorien mit dem Wortlaut von Art. 121-5 frCP bzw. Art. 51 be/luxCP vereinbar.363 Zur genaueren Bestimmung des Ausführungsbeginns wurden auf dem Boden des materiell-objektiven Grundgedankens verschiedene Konkretisierungen vorgenommen. Die so genannte Gefährlichkeitstheorie („théorie de la péricolosité“)364 will auf die direkte Bedrohung des Rechtsguts durch die Tat abstellen365 und nimmt einen Versuchsbeginn an, wenn der Täter willentlich eine Handlung begeht, die das Tatobjekt konkret gefährdet. Dieser Variante der materiell-objektiven Lehre wird allerdings vorgeworfen, sie sei nur von abstraktem Wert, da jeder definitionsgemäß erfolglose Versuch praktisch ungefährlich bleibe.366 Nach anderer Ansicht soll ein Ausführungsbeginn dann vorliegen, wenn der Täter die in der Vorbereitungsphase gesammelten Kräfte und Tatmittel „ins Werk setzt“ („théorie de la mise en \:ouvre des moyens“).367 Dieses Kriterium 358 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717; Merle/Vitu, Traité, 630 Rn. 495: „(. . .) le commencement d’exécution de la tentative.“. 359 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717; Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 798; HustinDenies/Spielmann, L’infraction inachevée, 79; Prothais, Tentative, 42 Rn. 55; Robert, Droit pénal général, 213; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 250. 360 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 79. 361 Garraud, Traité I, 494 Rn. 232; Merle/Vitu, Traité, 630 Rn. 495; Vidal/Magnol, Droit criminel, 150 Rn. 96. 362 Vidal/Magnol, Droit criminel, 150 Rn. 96; vgl. Merle/Vitu, Traité, 631 Rn. 496; Pradel, Droit pénal général, 348 Rn. 385; ders., Droit pénal comparé, 246. Auffällig ist hier die Ähnlichkeit mit dem im englischen Recht von der „proximity-Lehre“ formulierten „Rubicon“-Test. 363 Conte/Chambon, Droit pénal général, 175. 364 Vgl. Constant, Traité élémentaire, 257 Rn. 187; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 79; Merle/Vitu, Traité, 630 Rn. 495; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 250. 365 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 79; Merle/Vitu, Traité, 630 Rn. 495. 366 Constant, Traité élémentaire, 257 Rn. 187. 367 Vgl. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717; Constant, Traité élémentaire, 258 Rn. 287; Conte/Chambon, Droit pénal général, 176; Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 783; Haus, Principes généraux, 338 Rn. 449; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction
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scheint aber keinen sicheren Schluss auf die kriminelle Intention zu erlauben368 und ist demnach zur Abgrenzung von Vorbereitungshandlungen nur bedingt tauglich. Dem Gesichtspunkt der Mehrdeutigkeit von Vorbereitungsakten will ein weiterer Ansatz Rechnung tragen, demzufolge als Ausführungsbeginn eine Handlung zu qualifizieren ist, die eindeutig auf einem kriminellen Tatentschluss beruht („théorie de l’univocité objective“).369 Diesem Konzept wird entgegengehalten, es lasse zu viele gefährliche Handlungen straflos und sei, da „tout relatif“,370 praktisch nicht weiterführend.371 Zudem sei der Begriff der Eindeutigkeit weiter als der der Ausführung:372 Zwar seien Ausführungsakte immer eindeutig, bestimmte eindeutige Handlungen ließen sich aber nicht als „actes d’exécution“ qualifizieren.373 (bb) Subjektive Theorie Die Annahme, dass die Schwächen der objektiven Theorien auf eine Vernachlässigung der inneren Tatseite zurückzuführen seien, führte zu einer stärkeren Einbeziehung subjektiver Elemente in die Versuchsdogmatik.374 Nach dem Gedanken der „défense sociale“ verfolgt das Strafrecht nicht eine gefährliche Handlung, sondern eine kriminelle Persönlichkeit, die sich in einem bestimmten Verhalten manifestiert375 und dadurch auf zukünftige Gefährlichkeit schließen lässt.376 Auch die Grenze zum Versuch sei demnach anhand subjektiver Kriterien zu bestimmen;377 viel mehr als der eigentliche äußere Akt sei es der zuinachevée, 80; Merle/Vitu, Traité, 630 Rn. 495; Robert, Droit pénal général, 213; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 250 f. 368 Constant, Traité élémentaire, 258 Rn. 187; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 80. 369 Vgl. Conte/Chambon, Droit pénal général, 175; Constant, Traité élémentaire, 259 Rn. 187; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 80; Jeandidier, Droit pénal général, 243 Rn. 215; Paulin, Droit pénal général, 50; Pradel, Droit pénal général, 347 Rn. 384; Prothais, Tentative, 43 Rn. 56; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 251. 370 Garraud, Traité I, 494 Rn. 232. 371 Pradel, Droit pénal général, 347 Rn. 384. 372 Constant, Traité élémentaire, 260 Rn. 187. 373 Nach Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 81 kann dieser Mangel aber durch einen Rückgriff auf die subjektive Tatseite behoben werden. 374 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 81; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 252. 375 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 782; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 81. 376 Pradel, Droit pénal général, 348 Rn. 385. 377 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 81; Jeandidier, Droit pénal général, 243 Rn. 215; Paulin, Droit pénal général, 49; Prothais, Tentative, 44 Rn. 59.
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grunde liegende kriminelle Tatentschluss, der den strafrechtlichen Begriff der „Handlung“ charakterisiere.378 Der Ausführungsbeginn wird folglich als bloßer Ausdruck des bösen Willens verstanden,379 das heißt untersucht wird der „begin van uitvoering van het concrete voornemen van de dader“.380 Ein Versuch soll vorliegen, wenn die vom Täter vorgenommenen Handlungen auf eine „volonté criminelle irrevocable“ schließen ließen,381 das heißt eine Strafbarkeit setze voraus, dass der Täter unwiderruflich entschlossen sei, die Tat zu vollenden.382 Nachzuweisen sei also eine „volonté définitive, arrêtée, de commettre une infraction déterminée“.383 Berühmtheit erlangte die Abgrenzungsformel Donnedieu de Vabres, nach der ein Ausführungsbeginn vorliegen sollte, wenn „(. . .) il existe entre le mal qu’a commis l’agent et le but qu’il se proposait une distance morale si faible que, laissé à lui-même, il l’aurait presque certainement franchie.“384 Die von der subjektiven Theorie zur Bestimmung des Ausführungsbeginns herangezogenen Kriterien lassen eine maximale Ausdehnung der Versuchsstrafbarkeit zu385 und ermöglichen so einen effektiven Schutz der Gesellschaft.386 Durch ihre extreme Fokussierung auf die innere Tatseite setzt sich die subjektive Lehre aber dem Vorwurf der Unbestimmtheit aus.387 Zudem wird ihr entgegengehalten, dass sie zu einer extremen Vorverlagerung des Versuchsbeginns führe,388 was die Gefahr in sich berge, eine Strafbarkeit völlig unabhängig von jeglicher Tathandlung anzunehmen.389 Die Bestrafung des bloßen Tatentschlusses sei aber unvereinbar mit dem gesetzlichen Erfordernis des „commencement d’exécution“.390 Die intensive Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters 378
Merle/Vitu, Traité, 630 Rn. 496; Pradel, Droit pénal général, 347 Rn. 385. Robert, Droit pénal général, 214. 380 Dupont/Verstraeten, Handboek, 304 Rn. 541. 381 Conte/Chambon, Droit pénal général, 175; Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 782; Donnedieu de Vabres, Traité, 134 Rn. 231; Doucet, Précis, 134; Pradel, Droit pénal général, 347 Rn. 385; Prothais, Tentative, 44 Rn. 58; Salvage, Droit pénal général, 38. 382 Merle/Vitu, Traité, 630 Rn. 496. 383 Donnedieu de Vabres, Traité, 134 Rn. 231. 384 Donnedieu de Vabres, Traité, 134 Rn. 231. 385 „De tels critères corrigent assurément le caractère limitatif de la répression envisagée par les théories objectives.“, Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 82; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 253. 386 Conte/Chambon, Droit pénal général, 175; Merle/Vitu, Traité, 631 Rn. 496; Pradel, Droit pénal général, 348 Rn. 385. 387 Merle/Vitu, Traité, 631 Rn. 496; Prothais, Tentative, 46 Rn. 62; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 215 Rn. 237; Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 171 Rn. 194. 388 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 782. 389 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 82; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 253. 379
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und seiner kriminellen Vergangenheit lasse weiterhin eine Rückkehr zur Willkürlichkeit befürchten,391 die zu überwinden bereits das Ziel der revolutionären Strafgesetzgebung gewesen sei.392 Zudem sei das Erfordernis einer „décision irrevocable“ mit der Möglichkeit eines Rücktritts unvereinbar.393 Der Gewinn an Effektivität des Schutzes der Gesellschaft gehe also eindeutig zu Lasten der Individualrechte potentieller Täter: „Si l’intérêt de la société y gagne, la rigueur de l’analyse et surtout les droits individuels sont allègrement sacrifiés.“394 (cc) Gemischte Theorien Die Einsicht in die Laxheit der rein objektiven Theorien einerseits und die Willkürlichkeit der subjektiven Lehre andererseits führte zu Bemühungen um vermittelnde Lösungen.395 Diese wollen zwar der aus der objektiven Handlung abzuleitenden inneren Tatseite eine gewisse Bedeutung beimessen, ausschlaggebend für die Feststellung des Ausführungsbeginns soll letztlich aber immer der äußere Akt sein, sodass die gemischten Lehren also doch als primär objektivistisch erscheinen: „[L’acte] restant prépondérant, ces doctrines paraissent néanmoins plus objectives que subjectives.“396 Der unwiderrufliche Tatentschluss müsse immer zu den äußeren Tathandlungen in Beziehung gesetzt397 und so objektiviert werden.398 Abzustellen sei somit auf den „acte, posé avec l’intention de commettre une infraction“.399 Auf der Basis dieses Grundgedankens haben sich verschiedene Varianten gemischter Lehren herausgebildet, deren wesentliche Aussagen hier kurz skizziert werden sollen. Die durch Constant400 initiierte Fortentwicklung der „théorie de l’univocité objective“401 orientiert sich an der italienischen Lehre von der Eindeutigkeit
390 Conte/Chambon, Droit pénal général, 175; Merle/Vitu, Traité, 631 Rn. 495; Pradel, Droit pénal général, 348 Rn. 385; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 211 Rn. 230. 391 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 82; Jeandidier, Droit pénal général, 243 Rn. 215; Merle/Vitu, Traité, 631 Rn. 497; Pradel, Droit pénal général, 348 Rn. 385. 392 „(. . .) la justice pénale retombera dans l’arbitraire d’où les révolutionnaires avaient voulu la sortir.“, Robert, Droit pénal général, 212. 393 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 781. 394 Jeandidier, Droit pénal général, 243 Rn. 215. 395 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 82 f.; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 253. 396 Jeandidier, Droit pénal général, 243 Rn. 215. 397 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717. 398 Merle/Vitu, Traité, 631 Rn. 497. 399 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 77. Für ein „critérium plutôt mixte“ auch Prothais, Tentative, 47 ff. Rn. 64 ff., 68 („conception très pragmatique, à fondement subjectif, mais avec des tempéraments objectifs“).
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beziehungsweise Ambivalenz der Tathandlung.402 Im Gegensatz zur materiellobjektiven Variante will Constant auf die Eindeutigkeit im Einzelfall abstellen, das heißt auch die äußeren konkreten Tatumstände sowie die innere Tatseite berücksichtigen („théorie de l’univocité circonstancielle“). 403 Der Ausführungsbeginn habe demnach einen eindeutigen Charakter insoweit, als er nur aus der kriminellen Absicht des Täters erklärbar sei; demgegenüber seien Vorbereitungshandlungen ambivalent, denn sie könnten auch ganz ohne eine solche Intention vorgenommen werden.404 Die bis heute relevante Lehre vom „rapport de causalité“ („théorie du pouvoir causal“) geht zurück auf Garraud,405 der den Ausführungsbeginn von der Kausalitätsbeziehung zwischen Handlung und vollendetem Delikt abhängig machen wollte:406 „Ce qui est nécessaire, mais suffisant, c’est que l’acte incriminé comme commencement d’exécution de tel crime tende directement et immédiatement à sa perpétration (. . .).“407 Die Tathandlung müsse in einer direkten Beziehung zum anvisierten Tatbestand stehen und sich an diesen offensichtlich und unmittelbar anlehnen („lien visible et étroit“).408 Diese kausale und zeitliche Tatbestandsnähe409 lasse die Annahme zu, dass sich der Täter bereits „en action du crime qu’il veut réaliser“ befinde.410 Das Kausalitätskriterium ermöglicht eine relativ tatbestandsnahe Verortung des Ausführungsbeginns411 und wurde deshalb – wie unten ausgeführt werden soll – durch die jüngste Rechtsprechung aufgegriffen.412
400 Traité élémentaire, 261 Rn. 188; vgl. Dupont/Verstraeten, Handboek, 305 Rn. 542; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 82; Merle/Vitu, Traité, 632 Rn. 497; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 253; Vanhoudt/ Calewaert, Belgisch Strafrecht, 358 Rn. 706. 401 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 82. 402 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717; Garraud, Traité I, 494 Rn. 232. 403 Constant, Traité élémentaire, 261 Rn. 188; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 82. 404 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717. 405 Traité I, 494 Rn. 232; vgl. Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 783; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 83; Merle/Vitu, Traité, 631 Rn. 497; Prothais, Tentative, 43 Rn. 57; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 254; Vidal/Magnol, Droit criminel, 150 Rn. 96. 406 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 77. 407 Garraud, Traité I, 494 Rn. 232; ähnlich auch Vidal/Magnol, Droit criminel, 150 Rn. 96. 408 Merle/Vitu, Traité, 631 Rn. 497. 409 „Proximité causale et temporelle“, Prothais, Tentative, 43 Rn. 57. 410 Garraud, Traité I, 494 Rn. 232. 411 Merle/Vitu, Traité, 634 Rn. 499. 412 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 83 Rn. 263.
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Die Kausalitätslehre ist vorherrschende Ansicht auch in Belgien413 und verlangt, dass die fragliche Handlung geeignet sein muss, zur Vollendung eines konkreten Tatbestands zu führen: „(. . .) elle implique que l’acte revête objectivement un pouvoir causal à l’égard d’une infraction suffisamment déterminée.“414 Dabei werden an die Kausalitätsbeziehung auch hier strenge Maßstäbe angelegt. Das Erfordernis eines „caractère abstrait et direct“ bedeute aber nicht, dass eine konkrete Rechtsgutsgefährdung eingetreten sein müsse, vielmehr erlaube das Gesetz eine Bestrafung von Verhaltensweisen, die generell in einer typischen Situation geeignet seien, den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen.415 Die abstrakte Konzeption des Kausalitätskriteriums lasse daher eine Versuchsstrafbarkeit in Konstellationen zu, in denen die Rechtsgutsverletzung nur aus zufälligen Gründen des Einzelfalles scheitere.416 (b) Rechtsprechung Zu untersuchen ist im Folgenden die Auslegung des Begriffs des „commencement d’exécution“ durch die französische, belgische und luxemburgische Rechtsprechung. Ausgegangen wird dabei von der Rechtslage in Frankreich, auf Besonderheiten der Jurisdiktion in Belgien und Luxemburg wird besonders hingewiesen. Angesichts der Vielzahl der in diesem Bereich ergangenen Entscheidungen und Abgrenzungsformeln sollen hier nur die wesentlichen Entwicklungen aufgezeigt werden. Dabei ist besonders die Frage nach einer gerichtlichen Erweiterung der Versuchsstrafbarkeit von Interesse. (aa) Gerichtliche Konkretisierung des Ausführungsbeginns Obwohl die ältere, was die Versuchsstrafbarkeit betrifft sehr restriktive französische Rechtsprechung zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts für den Ausführungsbeginn einen „acte extérieur auquel il n’a manqué qu’un complément d’exécution“ verlangte,417 bestimmte sie die Strafbarkeitsschwelle nie rein objektiv.418 In späteren Urteilen wurde zum Teil auf das Kriterium der „univocité circonstancielle“ rekurriert, so zum Beispiel in einer Entscheidung aus dem Jahr 1913, die eine Versuchsstrafbarkeit bei Tätern, die einem Kassierer in Raubabsicht vor dessen Büro bewaffnet auflauerten, mit der Begründung bejahte, dass 413 Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 165 ff. Rn. 186 ff.; Hustin-Denies/ Spielmann, L’infraction inachevée, 83; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 254. 414 Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 165 Rn. 185. 415 Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 165 Rn. 185, 166 Rn. 187. 416 Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 166 Rn. 187. 417 Crim., 10 août 1906, Bull. crim., no. 333. 418 Einzige Ausnahme soll die Entscheidung Montpellier, 19 février 1852, 94 sein.
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sich dieses Verhalten nicht anders als von krimineller Gesinnung getragen erklären lasse.419 Die neuere französische Rechtsprechung folgt der gemischten Lehre, indem sie objektiv auf die die Tatbestandsverwirklichung bezweckende Tathandlung und subjektiv auf die unwiderrufliche Begehungsabsicht des Täters abstellt.420 Die Strafbarkeit wird damit an zwei Voraussetzungen geknüpft, nämlich an das Vorliegen einer „intention irrevocable“ sowie eines „lien de causalité“, das heißt der hinreichenden Tatbestandsnähe („théorie du pouvoir causal“).421 Auch die Konzeption der Rechtsprechung gründet sich also auf das Erfordernis einer Kausalitätsbeziehung zwischen der vorgenommenen Handlung und der Deliktsvollendung.422 Zur Konkretisierung des Kausalitätserfordernisses hat die Rechtsprechung diverse Abgrenzungskriterien aufgestellt.423 Bei aller redaktionellen Heterogenität424 lassen sich drei wiederkehrende Formeln identifizieren: „Trois thèmes majeurs, le lien direct, le lien immédiat, la période ou phase d’exécution, inspirent les formules récentes.“425 In zahlreichen Entscheidungen426 wird die zur Feststellung des Ausführungsbeginns erforderliche Kausalitätsbeziehung dahingehend charakterisiert, dass die Tatvollendung „conséquence directe“ der vorgenommenen Handlung sein müsse: „(. . .) le commencement d’exécution de la tentative (n’est) caractérisé que par un acte devant avoir pour conséquence directe de consommer le délit, celui-ci étant entré dans sa période d’exécution.“427 Dabei erscheint diese Formel nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des Adjektivs „direkt“ sehr restriktiv.428 419 Crim., 3 janvier 1913, D. P. 1914 I, 41; vgl. Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 97; Merle/Vitu, Traité, 632 Rn. 498; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 255. 420 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717 f.; Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 385; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 99; Merle/Vitu, Traité, 632 ff. Rn. 498 ff.; Paulin, Droit pénal général, 50; Salvage, Droit pénal général, 39; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 256; Vidal/Magnol, Droit criminel, 151 Rn. 97. 421 Der Täter muss also „actes tendant directement à l’infraction et accomplis avec l’intention de la commettre“ vorgenommen haben, Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777 f.; vgl. Pradel, Droit pénal général, 349 Rn. 386. 422 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 99. 423 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 779, 785. 424 Jeandidier, Droit pénal général, 244 Rn. 216. 425 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 785; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 255 f. 426 Z. B. Crim., 5 juillet 1951, Rev. sc. crim. 1952, 439; Crim., 29 décembre 1970, J. C. P. 1971 II, 16770; Crim., 11 juin 1975, Bull. crim., no. 150; Crim., 3 novembre 1978, Bull. crim., no. 299; Crim., 5 juin 1984, Bull. crim., no. 212. 427 Crim., 15 mai 1979, Gaz. Pal. 1980, 7.
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Die Versuchsstrafbarkeit noch weiter einschränkend wird der Ausführungsbeginn wiederholt wie folgt definiert: „(. . .) le commencement d’exécution n’est caractérisé que par des actes devant avoir pour conséquence directe et immédiate de consommer le crime, celui-ci étant ainsi entré dans la période d’exécution.“429 Durch das Erfordernis des „lien immédiat“ wird die Formel um eine zeitliche Komponente erweitert.430 Handlungen sind danach also nicht als Versuchsbeginn zu qualifizieren, „lorsqu’ils ont pour suite, proche et logique, la commission de l’infraction“.431 Die Formel von der „conséquence directe et immédiate“ tauchte erstmals in zwei berühmt gewordenen Entscheidungen aus dem Jahr 1962 auf.432 In den zugrunde liegenden Sachverhalten ging es jeweils um die Beauftragung eines später untätig bleibenden Berufskillers zur Tötung eines bestimmten Opfers (des Sohns der Geliebten bzw. der Ehefrau). Unter Anwendung der Formel von der „conséquence directe et immédiate“ konnten die Aufforderung und Bezahlung des Killers nur als bloße Vorbereitungshandlungen gewertet werden; nach der „théorie de l’univocité“ hingegen wäre eine Versuchsstrafbarkeit zu bejahen gewesen.433 In der Literatur wurde wiederholt der Versuch unternommen, die Divergenz der Rechtsprechungskriterien mit der Unterschiedlichkeit der Delikts- oder Tätertypen (Erst- beziehungsweise Wiederholungstäter) zu begründen.434 So erklärte etwa Cambassedes,435 ein „lien direct“ reiche aus, wenn die Persönlichkeit des Täters die Annahme erlaube, er werde sein kriminelles Vorhaben durchführen. Bei Zweifeln über den Täterwillen und in Anstiftungsfällen sei dagegen ein „lien direct et immédiat“ erforderlich. Nach Larguier436 sollen die strengeren Anforderungen bei Vorliegen eines „échange de volonté“ zwischen
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Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 787. „Immédiat“ meint dabei: „qui précède ou suit sans intermédiaire dans l’espace ou le temps, qui suit sans délai“, Robert, Dictionnaire alphabétique et analogique de la langue française. 430 „Proximité temporelle“, Conte/Chambon, Droit pénal général, 176. 431 Paulin, Droit pénal général, 50. 432 „Lacour“, Crim., 25 octobre 1962, D. 1963, 3, 221; „Schieb“, Bull. crim., no. 293. In der Folgezeit wurde sie in zahlreichen Entscheidungen aufgegriffen, vgl. z. B. Crim., 3 mai 1974, Bull. crim., no. 157 („Le commencement d’exécution est constitué (. . .) par tous les actes qui tendent directement et immédiatement à la consommation du délit, le prévenu étant ainsi entré dans la période d’exécution (. . .).“); „Allalou“, Crim., 19 juin 1979, Gaz. Pal. 1980 I, 89 („La phase d’exécution de l’agression prévue par les malfaiteurs était commencée (. . .) [puisque] les actes imputés à ceux-ci tendaient directement et immédiatement à réalisation de l’attaque (. . .).“). 433 Pradel, Droit pénal comparé, 282 Rn. 190. 434 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 789 ff.; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 98 f.; Jeandidier, Droit pénal général, 244 f. Rn. 216; Merle/Vitu, Traité, 636 Rn. 500; Pradel, Droit pénal général, 350 Rn. 387. 435 Anm. D. 1980, 409. 436 Rev. sc. crim. 1980, 969. 429
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
mehreren Beteiligten gelten; genereller will schließlich Devèze nach der Notwendigkeit der Mitwirkung Dritter differenzieren: Das Erfordernis einer Kontaktaufnahme verzögere den Zeitpunkt des Ausführungsbeginns.437 Letztlich scheinen die Bemühungen um eine Differenzierung jedoch entbehrlich, da der zentrale Gehalt des Abgrenzungskriteriums, nämlich das Abstellen auf die Kausalitätsbeziehung, bei aller redaktionellen Vielfalt gleichbleibend ist.438 Wer wie vorgenannte Autoren versucht, aus einzelnen Urteilen generelle Regeln abzuleiten, verkennt, dass es sich bei der Festlegung des Ausführungsbeginns notwendig um eine Einzelfallentscheidung handelt. Die Frage, ob ein hinreichend direkter Kausalzusammenhang besteht, ist tatbestandsbezogen und mit Hinblick auf die konkreten Tatumstände zu beantworten. Die belgische Rechtsprechung verzichtet auf die ausdrückliche Formulierung eines Abgrenzungskriteriums.439 Während ältere Entscheidungen nach der Lehre von der „univocité circonstancielle“ auf die die Intention manifestierende Handlung und die Umstände des Einzelfalles abstellten,440 nimmt die neuere Rechtsprechung auf die Urteile des französischen „Cour de Cassation“ und das Kriterium der „causalité directe et immédiate“ Bezug.441 So wurde versuchter Raub bei Verhaftung maskierter und bewaffneter, im Fluchtwagen lauernder Täter mit der Begründung bejaht, dass ihr Verhalten nicht mehr als Vorbereitung, sondern als „passage à l’acte immédiat“ zu bewerten sei.442 Die Rechtsprechung in Luxemburg hält nach wie vor am Kriterium der „univocité circonstancielle“ fest: „(. . .) le fait établi cesse d’être „équivoque“ et devient „univoque“, lorsqu’il ne laisse plus subsister aucun doute sur l’intention de l’auteur de l’infraction.“443 437 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 797. Seine These belegt Devèze mit Beispielen aus der Rechtsprechung. So z. B. kein Versicherungsbetrug ohne Schadensmeldung (Erfordernis einer „remise“); kein versuchter Erwerb von Betäubungsmitteln, bevor Kontaktaufnahme zu Verkäufer erfolgt, Beauftragung eines Dritten zum Kauf reicht nicht (Erfordernis der Aufnahme von Vertragsverhandlungen), „Larcher“, Crim., 15 mai 1979, Gaz. Pal. 1980, 7; vgl. auch „Lacour“, Crim., 25 octobre 1962, D. 1963, 221; Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 791, 794 f. 438 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 99. 439 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 103. 440 Cass., 15 septembre 1916, Pas., 1917, I, 230; Cour militaire, 14 septembre 1966, R. D. P. C. 1967–68, 600; vgl. Constant, Traité élémentaire, 261 f. Rn. 188; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 103 f. 441 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 104 f. 442 Corr. Liège, 20 janvier 1983, J. L. 1983, 170. So auch in einem ähnlichen Fall Corr. Tongres, 8 janvier 1992, Limb. Rechtsl. 1992, 326. 443 C. S. J. (appel corr.) 2 février 1987, no. 44/87, Pas. lux., XXVII, Somm., 92; so bereits C. S. J. (appel corr.) 3 février 1986, no. 36/86 VI, Pas. lux., XXVII, Somm., 92; Corr. Luxembourg, 14 octobre 1986, no. 1349/86, Pas. lux., XXVII, Somm., 92; vgl. C. S. J. (appel crim.), 29 avril 1996, no. 5/96; vgl. Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 251.
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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(bb) Praktische Anwendung des Kausalitätskriteriums Das Vorliegen des erforderlichen „lien de causalité“ prüft die französische Rechtsprechung anhand der Kriterien der Verfügbarkeit der Tatmittel sowie der zeitlichen und räumlichen Nähe zur Tatbestandsverwirklichung.444 Wie oben bereits angedeutet, erscheinen die gerichtlichen Formulierungen nach allgemeinem Sprachgebrauch äußerst restriktiv, sodass die Befürchtung naheliegt, eine wortlautgetreue Anwendung führe im Einzelfall nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen.445 Diesen Bedenken begegnet die Rechtsprechung durch eine Relativierung und flexible Handhabung der Abgrenzungsformeln.446 Die Anwendung des Kausalitätskriteriums wird aufgrund kriminalpolitischer Erwägungen modifiziert, indem an die Versuchsstrafbarkeit deliktsspezifische Maßstäbe angelegt werden: „La jurisprudence admet la tentative punissable d’infractions diverses, tantôt aisément, tantôt plus difficilement voire même très strictement.“447 So stellt die Rechtsprechung etwa im Bereich der Vermögensdelikte an das „commencement d’exécution“ eines Diebstahls- beziehungsweise Raubversuchs vergleichsweise geringe Anforderungen,448 das heißt der Versuchsbeginn wird sehr früh angesetzt.449 Das Absenken der Strafbarkeitsschwelle ist insoweit als Reaktion auf die extreme Zunahme dieser Art von Kriminalität in Frankreich, insbesondere was den Bereich des Kraftfahrzeugdiebstahls betrifft, erklärbar.450 So wurden bereits das Aufbrechen der Autotür451 sowie das bloße Einsteigen452 als für einen Diebstahlsversuch ausreichend erachtet.453 Vielzitiertes Beispiel ist auch die Entscheidung im Fall „Piazza“. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt postierten sich die bewaffneten, maskierten Täter in gestohlenen Autos zum Zeitpunkt der Übergabe der Kasse an die Bank vor einem Kaufhaus. Eine Strafbarkeit wegen Versuchs wurde mit der Begründung bejaht, dass „(. . .) la phase d’exécution de l’agression prévue était commencée, (. . .) les malfaiteurs (. . .) avaient accompli volontairement des actes qui devaient avoir pour conséquence directe et immédiate la consommation (. . .).“ Indiz für das Vorliegen des 444 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 799; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 102; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 261. 445 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 811. 446 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 129. 447 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 99. 448 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 99 f.; Prothais, Tentative, 53 Rn. 73; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 257 f. 449 „En matière de vol, le commencement d’exécution est également retenu très tôt.“, Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 792. 450 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 101. 451 Crim., 28 octobre 1959, J. C. P. 1959 II, 11343. 452 Crim., 2 novembre 1961, Gaz. Pal. 1962 I, 50. 453 Vgl. auch Crim., 29 juin 1960, D. 1960, 617.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Ausführungsbeginns sollte insbesondere „la mise en place par des malfaiteurs d’un puissant dispositif d’attaque (gants, passe-montagne, foulards autour du cou, lunettes, faux nez)“ sein.454 Ebenso wurde eine Versuchsstrafbarkeit bei Verhaftung bewaffneter und maskierter Täter vor einem Posteingang angenommen.455 Im Fall des Ladendiebstahls wurde das Passieren des Kassenbereichs mit eingesteckter Ware für versuchsbegründend gehalten;456 die Vorlage von Ware an der Kasse, deren Etikett der Täter ausgetauscht hatte, wurde als Betrugsversuch bestraft.457 Auch in Abtreibungsfällen wurden als Ausführungsbeginn Handlungen qualifiziert, die in Bezug auf die eigentliche Tatbestandsverwirklichung nur vorbereitend sind.458 So wurde ein Versuchsbeginn bereits ab dem Zeitpunkt angenommen, zu dem sich der Täter mit medizinischen Instrumenten ausgerüstet zu der Schwangeren begibt.459 Die zitierten Entscheidungen zeigen, dass die Kausalitätsbeziehung hier nicht im Sinne einer „causa proxima“ verstanden wird.460 Strengere Anforderungen gelten hingegen für den Versuchsbeginn bei Tötungs- und Sexualstraftaten.461 Als versuchsbegründend angesehen wurden in diesem Bereich die unmittelbare Drohung mit der Waffe und deren Einsatz462 sowie die sexuelle Annäherung des Täters nach Entkleiden des Vergewaltigungsopfers.463 Nicht als Ausführungsbeginn zu qualifizieren sind aber das Eindringen in das Haus des Mordopfers oder die Übergabe einer Waffe oder von Geld an Berufskiller.464 Gleiches gilt für das bloße Entkleiden des Opfers.465
454 Crim., 29 décembre 1970, J. C. P. 1971 II, 16770. So bereits „Faubourg SaintHonoré“, Crim., 3 janvier 1913, D. P. 1914, 41. 455 „Allalou“, Crim., 19 juin 1979, Gaz. Pal. 1980 I, 89. Ebenso in ähnlichem Fall Crim., 7 septembre 1993, Bull. crim., no. 262. 456 T. corr. Dijon, 28 février 1973, J. C. P. 1974 II, 17803. 457 Crim., 9 mars 1983, Bull. crim., no. 76. Vgl. Crim., 5 juin 1984, Bull. crim., no. 212: Betrugsversuch bei Täuschung eines Gebrauchtwagenhändlers über Eigenschaften von Autos/Manipulation des Kilometerzählers. 458 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 100. 459 Crim., 30 juillet 1942, J. C. P. 1942 II, 2054; ähnlich auch Crim., 19 avril 1945, S. 1945 I, 82; Crim., 5 avril 1954, Bull. crim., no. 140; Crim., 16 mars 1961, J. C. P. 1961 II, 12157; Crim., 27 mars 1968, J. C. P. 1968 IV, 87. 460 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 793; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 101. 461 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 100; Prothais, Tentative, 54 Rn. 74; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 258. 462 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 100. 463 Crim., 19 mars 1910, Bull. crim., no. 153; Crim., 10 janvier 1996, Bull. crim., no. 14. 464 „Lacour“, Crim., 25 octobre 1962, D. 1963, 221. 465 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 101.
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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Während die Rechtsprechung zu den soeben behandelten Deliktsgruppen relativ konstant ist, zeichnet sich bezüglich anderer Tatbestände in jüngeren Entscheidungen ein Umschwung ab.466 Dies gilt insbesondere für die Betrugsstrafbarkeit. Was die Jurisdiktion zum Betrugsversuch betrifft, ist eine kontinuierliche richterliche Erweiterung des Begriffs des „commencement d’exécution“ zu beobachten. Der bei Tötungs- und Sexualdelikten gewählte restriktive Ansatz wurde zunächst auch in Fällen des Versicherungsbetrugs verfolgt. So sollte ein Versuchsbeginn erst bei Geltendmachung des Anspruchs vorliegen;467 das Vortäuschen des Schadensfalles und die anschließende Schadensmeldung468 wurden trotz ihres eindeutig kriminellen Charakters nicht als ausreichend erachtet.469 Es wurde insoweit also der Vollzug des „dernier acte“ gefordert.470 In der Folgezeit dehnte der „Cour de Cassation“ den Bereich strafbaren Betrugsversuchs erheblich aus.471 In diametralem Gegensatz zur früheren Praxis wurde ein Versuchsbeginn auch unabhängig von einer Geltendmachung der Forderung, so etwa bereits bei Schadensmeldung in Verbindung mit dem Einreichen von Dokumenten472 oder bei Einholen von Sachverständigengutachten473 beziehungsweise Auskünften474 durch den Täter bejaht.475 Noch weitergehend wurde in späteren Entscheidungen ein Ausführungsbeginn schon mit Täuschung über die Entstehung des Schaden angenommen.476 In Anlehnung an das französische Vorbild vollzog die belgische Rechtsprechung diese Entwicklung nach.477
466 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 108. Von „incertitudes du critère objectif dans la jurisprudence récente“ sprechen Merle/Vitu, Traité, 635 Rn. 500. 467 Crim., 13 mars 1989, Gaz. Pal. 1989 I, 137; Rev. sc. crim. 1990, 347. 468 Crim., 22 mai 1984, D. 1984, 602. 469 Crim., 27 mai 1959, Rev. sc. crim. 1959, 842; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 101. Vgl. im englischen Recht die Entscheidungen in „Eagleton“ (1855), 6 Cox. C. C. 559 ff.; „Robinson“ (1915), 2 K. B. 342; „Comer v. Bloomfield“ (1970), 55 Cr. App. R. 305; „Gullefer“ (1990), 1 W. L. R. 1063, 1065, s. dazu 2. Teil A. III. 1. 470 Devèze, Rev. sc. crim. 1981, 777, 791. 471 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 109. 472 Crim., 17 juillet 1991, Dr. pén. 1992, no. 94; Crim., 22 février 1996, Bull. crim., no. 89. 473 Crim., 10 mai 1990, Bull. crim., no. 182. 474 Crim., 6 avril 1994, Dr. pén. 1994, no. 158. 475 Anders: „Comer v. Bloomfield“ (1970), 55 Cr. App. R. 305; s. dazu 2. Teil A. III. 1. 476 „(. . .) la déclaration d’un incendie volontairement provoqué comme purement accidentel constitue une tentative d’escroquerie à l’assurance.“, Crim., 1 juin 1994, Dr. pén. 1994, no. 234. So auch Crim., 22 février 1996, Bull. crim., no. 89; Rec. Dall. 1998, 149. 477 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 111 m. w. N.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Die Aufgabe der früher an die Strafbarkeit des Betrugsversuchs angelegten extrem restriktiven Kriterien zugunsten einer verstärkten Berücksichtigung der subjektiven Tatseite lässt sich – angesichts der zunehmenden Wirtschaftskriminalität („en col blanc“) – mit kriminalpolitischen Erwägungen rechtfertigen: Grund für die Subjektivierungstendenz ist danach das richterliche Anliegen, ein Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden auch dann schon zu ermöglichen, wenn die Tathandlungen nicht unmittelbar in eine Auszahlung der Versicherungssumme einmünden. Dieser Verzicht auf eine „causalité directe“ birgt jedoch die Gefahr einer fortschreitenden Destabilisierung der ohnedies schon ins Wanken geratenen Versuchsdogmatik.478 (cc) Bewertung Der französische „Cour de Cassation“ legt seinen Entscheidungen im Prinzip traditionell eine objektive Konzeption des „commencement d’exécution“ zugrunde, indem er eine klare Abgrenzung zwischen Vorbereitungshandlungen und solchen Ausführungsakten vornimmt, die „directement“ beziehungsweise „directement et immédiatement“ in die Tatbestandsverwirklichung einmünden. Diese Formulierungen lassen zwar eindeutig auf einen objektiven Ansatz schließen, jedoch ist der Wortlaut insofern irreführend, als die Rechtsprechung, wenn es die Situation im Einzelfall gebietet, nicht zögert, eine Strafbarkeit primär auf eine psychologische Analyse des Täters zu stützen.479 Die Tendenz eines „glissement certain vers le subjectivisme pur et dur“480 wird von manchen Autoren warnend als Rückkehr zum Subjektivismus des „Ancien Droit“ bewertet.481 Andere weisen jedoch beschwichtigend darauf hin, dass der objektive Aspekt des „commencement d’exécution“ durch die skizzierte Entwicklung keinerlei Bedeutungsverlust erleide.482 Die aufgrund der zusätzlichen Berücksichtigung der inneren Tatseite strengere Rechtsprechung habe zudem den Vorzug der effektiven Abschreckung potentieller Täter.483 (2) Niederlande Während in den Niederlanden hinsichtlich der Strafbarkeit im Vorbereitungsstadium der Intention des Täters zentrale Bedeutung beigemessen wird, liegt im
478 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 110 f.; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 259. 479 Conte/Chambon, Droit pénal général, 176 f. 480 Jeandidier, Droit pénal général, 247 Rn. 218. 481 Robert, Droit pénal général, 211. 482 Jeandidier, Droit pénal général, 247 Rn. 217. 483 Jeandidier, Droit pénal général, 248 Rn. 218.
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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Rahmen der Versuchsprüfung der Schwerpunkt auf der vorgenommenen Handlung und deren Nähe zur Tatbestandsverwirklichung.484 Auch im niederländischen Recht wird für die Abgrenzung zwischen Versuch und Vorbereitung wie im französischsprachigen Rechtskreis auf das Kriterium des Ausführungsbeginns („begin van uitvoering“) abgestellt. Art. 45 nlStGB485 enthält aber ebenfalls keine Legaldefinition dieses Terminus. Klar ist lediglich, dass neben dem beendeten („voltooide poging“/„mislukken“) auch der unbeendete Versuch („onvoltooide poging“) strafbar sein soll.486 Darüber hinaus obliegt die Konkretisierung des Begriffs des „begin van uitvoering“ Lehre und Rechtsprechung: „(. . .) beter dan de wetgever zouden wetenschap en rechtspraak hier de juiste weg kunnen vinden.“487 (a) Meinungsstand Auch im niederländischen Schrifttum lässt sich die Auseinandersetzung zwischen subjektiven und objektiven Lehren nachweisen: „Zij die het accent leggen op het tot uiting komen van de gevaarlijke bedoelingen van de dader, zullen eerder van een begin van uitvoering spreken dan zij die het accent leggen op de zekerheid dat met de uitvoering van het misdrijf inderdaad is begonnen.“488 Die Vertreter der subjektiven Lehre legen den Schwerpunkt auf die kriminelle Absicht der Begehung eines bestimmten Delikts, das heißt die Persönlichkeit des Täters, aus der dessen Gefährlichkeit resultiert.489 Dieser subjektivistische Ansatz beruht auf dem Bestreben der modernen Strafrechtslehre, die Kriminalität bereits in ihrem Ursprung, nämlich dem potentiell gefährlichen Menschen, zu bekämpfen.490 Dagegen untersucht der objektivistische Ansatz schwerpunktmäßig die Tathandlung,491 wobei zur Abgrenzung zwischen Vorbereitung und Versuch auf dem Boden dieser Lehre mehrere Kriterien entwickelt wurden: Während vereinzelt eine Teilverwirklichung des Tatbestandes („fragmentaire rechtsfeitverwer484
Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 46. Art. 45 Abs. 1 nlStGB: „Der Versuch eines Verbrechens ist strafbar, wenn sich das Vorhaben des Täters durch einen Beginn der Ausführung offenbart hat.“. 486 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 160, 163; Hazewinkel-Suringa/ Remmelink, Inleiding, 391. 487 Smidt I, 420. 488 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 162. 489 „De voorstanders der subjectieve richting leggen het zwaartepunt in het psychische, ten slotte dus in de personlijkheid, de gevaarlijkheid van den dader; daarin ligt (. . .) de eenige grond der strafbaarstelling v. poging (. . .).“, v. Hamel/v. Dijck, Inleiding, 355. 490 „Nieuwere strafrechtsleer, die de criminaliteit will bestreden zien juist in haren oorsprong, bij den misdadigen mensch“, v. Hamel/v. Dijck, Inleiding, 355. 491 v. Bemmelen, Ons strafrecht, 12731; Zevenbergen, Leerboek, 213 ff., 218. 485
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
kelijking“) verlangt wird,492 wollen andere auf eine unmittelbare Gefährdung der geschützten Rechtsgüter („het binnendringen in de misdadige sfeer“) abstellen493 oder halten einen Versuchsbeginn für gegeben, wenn seitens des Täters keine weiteren Zwischenakte mehr vorgenommen werden müssen, das heißt seine Handlung sich als „causa proxima“ qualifizieren lässt.494 (b) Rechtsprechung In der Rechtsprechung wurden diese zwei theoretischen Ansätze zunehmend kombiniert, wobei sich auch hier eine Subjektivierungstendenz beobachten lässt. Wurde zunächst nämlich vorwiegend auf objektive Gesichtspunkte abgestellt, gewannen später auch subjektive Kriterien an Bedeutung, obwohl weiterhin schwerpunktmäßig am objektiven Element festgehalten wurde.495 Diese Entwicklung soll im Folgenden anhand exemplarischer Darstellung ausgewählter Gerichtsentscheidungen genauer nachvollzogen werden. (aa) Objektiver Ansatz Der von der Rechtsprechung zunächst eingeschlagene objektive Kurs496 lässt sich am besten anhand der Leitentscheidung im Fall „Pyromanen von Eindhoven“ illustrieren.497 Dort wurde eine Strafbarkeit wegen versuchter Brandstiftung (Art. 157 nlStGB) verneint, obwohl die Täter nur noch an einem Faden, der außerhalb des Gebäudes befestigt war, hätten ziehen müssen, um eine Gaspistole abzufeuern, die sich im Haus befand. Daran wurden sie jedoch durch die Anwesenheit mehrerer Zeugen gehindert, die durch den Gasgeruch alarmiert worden waren. Der „Hoge Raad“ begründete seine Entscheidung mit der Erwägung, dass eine Handlung nur dann als Beginn der Ausführung des Brandstiftungsversuchs zu qualifizieren sei, wenn sie nach allgemeiner Lebenserfahrung ohne weitere Intervention des Täters von selbst zum Brand führe. Indem also das Fehlen wesentlicher Zwischenschritte und ein direkter Kausalitätsbezug vorausgesetzt werden,498 wird der Ausführungsbeginn sehr nahe an die Deliktsvoll492
Zevenbergen, Leerboek, 213 f., 215, 218. v. Bemmelen, Ons strafrecht, 12731; v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 162. 494 Simons I, 150, 158. 495 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 28 f., 31, 46. 496 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 165; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 397. 497 HR, 19. März 1934, N. J. 1934, 450. Vgl. in diesem objektivistischen Sinne auch HR, 13. Dezember 1899, W 7382; HR, 11. Januar 1904, W 8015; HR, 13. Februar 1905, W 8182; HR, 7. Mai 1906, W 8372; HR, 14. Oktober 1912, W 9384; HR, 15. Februar 1915, N. J. 1915, 481; HR, 13. Juli 1928, 1576, W 11885. 493
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endung herangeführt.499 Dieses Abstellen auf die „causa proxima“500 ist aber nur bei Erfolgsdelikten möglich.501 (bb) Subjektivierung Im so genannten „Hamer-arrest“ von 1951502 erfuhr die Rechtsprechung zur Versuchsstrafbarkeit eine bedeutende Subjektivierung. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt planten eine Frau und deren Geliebter die gemeinschaftliche Tötung des Ehemannes folgendermaßen: Der Geliebte sollte nachts in das Schlafzimmer der Eheleute eindringen und den Ehemann mit einem Hammerschlag auf den Kopf außer Gefecht setzen. Anschließend war vorgesehen, das bewusstlose Opfer in die Küche zu ziehen, dort vor den Gashahn zu legen und so zu vergiften. Der vom Schlag nicht betäubte Ehemann konnte jedoch entkommen. Der „Hoge Raad“ hat in diesem Fall eine erhebliche Ausweitung der Strafbarkeit des Versuchs vorgenommen, indem er feststellte, dass bei einem zweiaktigen Geschehen schon die Verwirklichung des ersten Handlungsabschnittes, der nicht unmittelbar zu Erfolg führen solle, für die Annahme des Versuchsbeginns ausreiche.503 Im Zufügen von Schlägen, die bei isolierter Betrachtung den Tod noch gar nicht herbeiführen sollten, liege der Beginn der Ausführung des Tötungsversuchs. Damit ist klar, dass die Qualifizierung einer Handlung als Ausführungsbeginn primär auf der Berücksichtigung der Intention des Täters beruht.504 (cc) Kombinationstheorie Seit der Entscheidung im Fall „Cito“ von 1978505 kombiniert der „Hoge Raad“ zur Abgrenzung zwischen Versuch und Vorbereitung objektive und subjektive Kriterien („Verenigingstheorie“). Das Gericht nahm hier einen Ausführungsbeginn in einem Fall an, in dem maskierte, bewaffnete Täter an der Tür eines Büros klingelten, von dem sie wussten, dass dort gleich ein Geldtranspor498
Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 29. „De dader moest dicht tegen (voltooing van) het misdrijf aanzitten.“, v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 165. 500 Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 398. 501 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 165 f. 502 HR, 29. Mai 1951, N. J. 1951, 480. 503 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 166; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 398 f. 504 Vgl. in diesem Sinne auch HR, 16. April 1946, N. J. 1946, 328 (Versuchter Fahrraddiebstahl schon mit Aufbrechen des Schlosses, obwohl mit eigentlicher Wegnahme noch nicht begonnen wurde, so auch bereits HR, 16. Februar 1946, N. J. 1946, 169); HR, 17. März 1987, N. J. 1988, 973 (Versuchte Tötung einer Leiche). 505 HR, 24. Oktober 1978, N. J. 1979, 52. 499
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
ter eine bestimmte Summe abliefern sollte. Die Tür wurde nicht geöffnet und die Täter von der Polizei festgenommen. Der „Hoge Raad“ formulierte in seinem Urteil ein seitdem stets angewendetes506 neues Abgrenzungskriterium, wonach ein Beginn der Ausführung dann vorliegen soll, wenn das Verhalten nach seinem äußeren Erscheinungsbild als zur Vollendung führend betrachtet werden müsse.507 Einerseits wird in subjektiver Hinsicht gefordert, dass die kriminelle Intention aus dem Verhalten erkennbar sein muss, andererseits wird auf die objektive Nähe zur Vollendung abgestellt. Der „Hoge Raad“ etablierte in „Cito“ also eine „verenigingstheorie, waarin een meer subjectief element (. . .) en een meer objectief element (. . .) zijn te vinden“.508 Trotz der Berücksichtigung auch der subjektiven Tatseite legt der „Hoge Raad“ den Schwerpunkt weiterhin auf das objektive Erfordernis der Tatbestandsnähe: „(. . .) het objectieve aspect overheerst. De Hoge Raad blijft derhalve nog wel aan de objectieve kant zitten.“509 Ganz deutlich zeigt sich dies im so genannten „Grenswisselkantoorarrest“ von 1988.510 In dem zugrunde liegenden Sachverhalt fuhren die maskierten Täter in einem gestohlenen Fahrzeug mit falschen Kennzeichen zu einer Bank. Im Auto hatten sie ein geladenes Gewehr, Scheinwaffen und Handschellen, ein Seil und Klebestreifen. Der Bankangestellte schöpfte Verdacht und rief die Polizei.511 Der „Hoge Raad“ verneinte hier einen Ausführungsbeginn des Erpressungsversuchs (Art. 317 nlStGB) mit der Begründung, dass die Täter das Fahrzeug noch nicht verlassen hätten und das bloße Warten im Auto nicht als Verhalten qualifiziert werden könne, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild auf die Tatvollendung schließen lasse.512 Eine subjektivere Betrachtungsweise hätte hier nach aller Wahrscheinlichkeit zur Annahme strafbaren Versuchs geführt;513 vermutlich hätten sich französische und belgische Gerichte folglich in diesem Fall für eine Bestrafung ausgesprochen.514
506 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 166; vgl. auch HR, 6. März 1979, N. J. 1979, 296; HR, 3. Januar 1984, N. J. 1984, 375; HR, 23. Juni 1987, N. J. 1988, 420; HR, 8. Dezember 1987, N. J. 1988, 896; HR, 14. Dezember 1993, N. J. 1994, 293. 507 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 166; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 399; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 30. 508 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 166 f. 509 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 167; vgl. Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 31. 510 HR, 8. September 1987, N. J. 1988, 612; ähnlich auch HR, 8. Dezember 1987, D. D. 1988, 147. 511 Vgl. v. Kalmthout/Waling, in: Strafrechtsentwicklung III 1, 785. 512 v. Kalmthout/Waling, in: Strafrechtsentwicklung III 1, 785. 513 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 167. 514 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 32 Fn. 59.
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Das Kriterium der „uiterlijke verschijningsvorm“ ist in vielerlei Hinsicht problematisch. Zum einen variiert der Begriffsinhalt von Delikt zu Delikt, zum anderen erweist sich das Abstellen auf die Außenwirkung beziehungsweise äußere Erscheinungsform einer Handlung bei einigen Tatbeständen als nicht praktikabel.515 Dass in einigen Fällen vielmehr eine Beurteilung ex post erforderlich ist, lässt sich gut anhand einer Entscheidung des „Hoge Raad“ in einem Betrugsfall von 1992 veranschaulichen: Hier verkauften die Täter defekte, mit Sand gefüllte Videorecorder, die sich während der Vertragsverhandlungen für äußere Betrachter unsichtbar im Kofferraum eines Autos befanden.516 Es ist evident, dass in einem solchen Fall die Wahrnehmung eines am Tatort anwesenden objektiven Beobachters kein taugliches Kriterium zur Beurteilung der Strafbarkeit eines Verhaltens sein kann, ist doch gerade die Täuschungshandlung zentrales Element des Betrugstatbestandes (Art. 326 nlStGB). Letztlich ausschlaggebend für die Bestimmung des Versuchsbeginns darf also nicht das „Cito“-Kriterium, sondern muss die Formulierung des gesetzlichen Tatbestands sowie dessen Interpretation durch den Richter sein. Diese kann bei extensiver Auslegung der Merkmale des Vollendungstatbestands zu einer Ausweitung der Versuchsstrafbarkeit in Richtung der „voorfase“ führen.517 (dd) Bewertung Zwar hat das subjektive Element des Versuchstatbestands in der niederländischen Rechtsprechung zunehmend an Bedeutung gewonnen,518 jedoch vertritt der „Hoge Raad“ weiterhin eine primär objektivistische Lehre („overwegend objectieve benadering“).519 Angesichts dieser gerichtlichen Beurteilung der Versuchsstrafbarkeit, die zwar eine Subjektivierungstendenz aufweist, dabei den Schwerpunkt aber immer noch auf objektive Kriterien legt, sah sich der niederländische Gesetzgeber zur generellen Bestrafung von Vorbereitungshandlungen veranlasst.520 Dadurch sollte ein Ausgleich zur als zu eng empfundenen objektiven Beurteilung der Versuchsstrafbarkeit geschaffen werden.521 515
v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 168. HR, 2. Dezember 1992, N. J. 1993, 321. 517 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 168 f.; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 400 Fn. 3. So soll z. B. „uitvoeren“ auch „naar de grens vervoeren“ beinhalten, HR, 15. Februar 1915, W 9764; HR, 3. Januar 1916, W 9936; anders: BGH NStZ 1983, 224. Nach HR, 20. Juni 1989, N. J. 1990, 33 ist ein Versuch des „Ablieferns“ von Heroin auch dann zu bejahen, wenn die Substanz sich während der Verkaufsverhandlungen in den Händen von Dritten befindet, die sich in unmittelbarer Nähe aufhalten. 518 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 31. 519 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 169. 520 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 32; v. Kalmthout/Waling, in: Strafrechtsentwicklung III 1, 785. Art. 46 nlStGB sieht eine generelle Strafbarkeit be516
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Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass das niederländische Recht insofern widersprüchlich erscheint, als bezüglich der Versuchsstrafbarkeit im Sinne des Art. 45 nlStGB der Schwerpunkt trotz feststellbarer Subjektivierungstendenz eindeutig auf dem objektiven Tatbestand liegt, während andererseits Art. 46 nlStGB eine subjektivistisch motivierte generelle Strafbarkeit der Vorbereitungshandlung vorsieht. Bei der richterlichen Beurteilung der Versuchsstrafbarkeit bleibt also die Tathandlung zentrales Kriterium; dagegen steht, was die Vorbereitung betrifft, die Analyse des subjektiven Tatbestands im Vordergrund.522 (3) Spanien Die Vorschriften zur Versuchsstrafbarkeit in Art. 3 ff. des spanischen „Código Penal“ wurden im Zuge der Strafrechtsreform von 1995 durch Art. 15 ff. spCP abgelöst. Während noch Art. 3 spCP a. F. ausdrücklich zwischen Fehlschlag („delito frustrado“) und Versuch („tentativa“) differenzierte,523 unterscheidet die Regelung des Versuchs im neuen Strafgesetzbuch nicht mehr zwischen beendetem und unbeendetem Versuch.524 Nach Art. 16 spCP liegt ein Versuch immer dann vor, wenn der Täter „alle oder einen Teil der Handlungen“ vornimmt, die objektiv den Erfolg verursachen sollen, das heißt der Fehlschlag ist nunmehr als Form des Versuchs konzipiert.525 Die Bestimmung des Versuchsbeginns in Art. 16 Abs. 1 spCP526 unterscheidet sich dadurch wesentlich von der in Art. 3 Abs. 3 spCP a. F. getroffenen Regelung,527 dass sie auf einer streng objektiven Konzeption basiert.528 Gegenüber dem alten Recht besteht die entscheidende Neuerung im Abstellen auf objektiv stimmter Vorbereitungshandlungen vor. Die Norm enthält eine abschließende Aufzählung der strafrechtlich relevanten Tatmittel und Verhaltensweisen. Beschränkt ist die Strafbarkeit weiterhin auf die Vorbereitung der Begehung schwerer Delikte („ernstig misdrijven“) durch mehrere Tatbeteiligte („in vereniging begaan“). 521 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 96; Prothais, Tentative, 48 Rn. 65-1. 522 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 46 f. 523 Dabei war der Unterschied zum belgischen, französischen und luxemburgischen Recht rein terminologischer Natur; so z. B. Bestrafung wegen „frustración“ (Tribunal Supremo, 28. 1. 1992, Casos Praticos de Derecho Penal, 106) bzw. Versuch in Form des „délit manqué“ (Mons, 3 juin 1992, R. D. P. C. 1993, 465) in einem Fall, in dem das Mordopfer im Krankenhaus gerettet wird. 524 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 131; de la Cuesta/Varona, E. J. C. C. L. C. J. 1996, 226, 229. 525 Pradel, Droit pénal comparé, 286 Rn. 193. 526 Art. 16 Abs. 1 spCP: „Versuch liegt vor, wenn der Täter durch äußere Handlungen unmittelbar mit der Ausführung der Straftat beginnt und alle oder einen Teil der Handlungen vornimmt, die objektiv den Erfolg herbeiführen würden, dieser jedoch aus Gründen, die vom Willen des Täters unabhängig sind, nicht eintritt.“.
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erfolgsverursachendes Verhalten.529 Es wird nicht mehr jede Handlung geahndet, die nach dem Willen des Täters auf Herbeiführung des Erfolges gerichtet ist, sondern das strafrechtliche Verbot richtet sich nur noch gegen tatsächlich gefährliche Verhaltensweisen, bei denen die Verwirklichung des Erfolges ex ante nicht als absolut unwahrscheinlich erscheint. Bestraft werden also nur noch erfolgstaugliche Handlungen.530 Schon vor dieser Rechtslage wurden im spanischen Schrifttum sowohl eine rein subjektive,531 als auch eine formell-objektive Versuchslehre532 abgelehnt. Die Neuregelung bestätigt folglich die überwiegend vertretene materiell-objektive Abgrenzungstheorie,533 wobei die Anreicherung mit subjektiven Elementen umstritten ist.534 Art. 16 Abs. 1 spCP gibt der französischen Formel vom „commencement d’exécution“ dadurch einen objektiveren Gehalt, dass der Versuchsbeginn von äußeren Tatsachen abhängig gemacht wird, indem der Täter Handlungen vorgenommen haben muss, die objektiv den Erfolg verursachen sollten.535 Zwischen dem Verhalten des Täters und der Tatbestandsverwirklichung muss somit eine direkte Beziehung bestehen,536 das heißt bestraft werden nur tatsächlich gefähr527 Art. 3 Abs. 3 spCP a. F.: „Hay tentativa cuando el culpable da principio a la ejecución del delito directamente por hechos exteriores y no pratica todos los actos de ejecución que deberan producir el delito, por causa o accidente que no sea su propio y voluntario desistindento.“. 528 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 135. 529 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 718. 530 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 137. 531 Vgl. dazu Mir Puig, Derecho Penal, 337; Moreno-Torres, Tentativa, 227 ff.; Sola Reche, Tentativa, 144 ff. 532 Vgl. Cobo/Vives, Derecho Penal, 715 f.; Mir Puig, Derecho Penal, 338; MorenoTorres, Tentativa, 230 f.; Sola Reche, Tentativa, 146. 533 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 718; Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 135 ff.; Cobo/Vives, Derecho Penal, 713 f., 728 f.; Mir Puig, Derecho Penal, 327, 329 f., 340. 534 Moreno-Torres, Tentativa, 335 ff. betont die Bedeutung materialer Abgrenzungskriterien unter Berücksichtigung subjektiver Elemente und spricht sich für eine gemischt subjektiv-objektive Begründung des Versuchsunrechts („teoria subjetivo-objetiva“) aus; vgl. auch Sola Reche, Tentativa, 146 ff., 250 ff. („criterios objetivo-materiales“). Für eine gemischte Theorie auch Bacigalupo, Principios, 339 f.: „objektiv“ i. S. d. Art. 16 spCP sei lediglich so zu verstehen, dass der Tatplan nicht nur in der Vorstellung des Täters, sondern auch bei rationaler Betrachtung verwirklichbar sein müsse. 535 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 718. Durch Einführung des objektiven Maßstabs reduziert sich die Bedeutung des Wortes „sollen“ in der spanischen Versuchsregelung darauf, dass die Ausführungshandlung vom Vollendungsvorsatz getragen sein muss. Anders in der deutschen Regelungsgeschichte, in der der ausschließlich in den Motiven erscheinende Begriff des „sollens“ ein noch unvollkommener Ausdruck für das später eingeführte Tatbestandsmerkmal der „Vorstellung“ war, vgl. dazu Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 692 f.
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liche, taugliche Verhaltensweisen, bei denen die Verwirklichung des Erfolges ex ante nicht als absolut unwahrscheinlich erscheint.537 Die primär objektive Begründung des Versuchsunrechts ergibt sich auch aus Art. 62 spCP, der die Versuchsstrafe „unter Berücksichtigung der Gefahr, die der Versuch in sich birgt, und des erreichten Grades der Ausführung“ bemessen will. bb) Adäquanz und Eindeutigkeit: Italien Seit der Strafrechtsreform verzichtet der italienische Gesetzgeber auf das frühere Erfordernis des Beginns der Ausführung und verlangt für das Überschreiten der Strafbarkeitsschwelle in Art. 56 Abs. 1 itCP538 statt dessen das Vorliegen einer zur Tatbestandsverwirklichung geeigneten Handlung, die in eindeutiger Weise auf die Begehung eines Verbrechens gerichtet ist. Ziele der Gesetzesänderung waren dabei die Entschärfung der Abgrenzungsproblematik zwischen Vorbereitungs- und Ausführungshandlungen539 sowie die Vorverlagerung des Versuchsbeginns „ad un momento anteriore all’esecuzzione“,540 das heißt die Einbeziehung von Handlungen im Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung.541 (1) Adäquanz/Tauglichkeit („atti idonei“) Die negative Formulierung in der zu Art. 56 Abs. 1 itCP komplementären Vorschrift des Art. 49 Abs. 2 itCP542 nimmt das Erfordernis der Tauglichkeit bereits vorweg.543 Die Beurteilung der Adäquanz der Tathandlung liegt im gerichtlichen Ermessen544 und muss sich aus der ex ante-Sicht eines objektiven Beobachters vollziehen.545 Dabei hat sie einzelfallbezogen unter Berücksichtigung der konkreten Tatumstände zu erfolgen, das heißt eine abstrakt ungeeig536
Pradel, Droit pénal comparé, 281 Rn. 189. Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (3). 538 Art. 56 Abs. 1 itCP: „Wer geeignete Handlungen ausführt, die in eindeutiger Weise auf die Begehung eines Verbrechens abzielen, ist für den Versuch des Verbrechens verantwortlich, wenn die Tat nicht zur Ausführung gelangt oder der Erfolg nicht eintritt (49 Abs. 2).“. 539 „Adducendo le incertezze della distinzione fra atti preparatori e atti esecutivi“, Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 11. 540 Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 11. 541 „Non corrispondenti alla descrizione normativa del singolo delitto“, Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 11. 542 Art. 49 Abs. 2 itCP: „Die Strafbarkeit ist auch dann ausgeschlossen, wenn infolge der Untauglichkeit der Handlung oder des Fehlens des Handlungsgegenstandes der schädigende oder gefährliche Erfolg unmöglich ist (56).“. 543 Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 20. 544 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 42. 537
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nete Handlung kann in concreto als tauglich qualifiziert werden (zum Beispiel wissentliche Verabreichung von Zucker an Diabetiker).546 Geeignet im Sinne des Art. 56 Abs. 1 itCP ist eine Handlung also dann, wenn sie das fragliche Delikt potentiell verursacht beziehungsweise fördert,547 das heißt als „conditio sine qua non“ der Tatbestandsverwirklichung erscheint.548 (2) Eindeutigkeit („in modo non equivoco“) Weiterhin ist nach dem Kriterium der Eindeutigkeit die Überzeugung des Gerichts von der hohen Wahrscheinlichkeit der Deliktsbegehung und dem Vollendungswillen erforderlich.549 Klare Fälle eindeutigen Handelns sind dabei Konstellationen des beendeten Versuchs sowie der Teilverwirklichung des Tatbestandes, nämlich des Beginns der Ausführung durch Vornahme der typischen, das heißt dem zu verwirklichenden gesetzlichen Tatbestand des Besonderen Teils entsprechenden Handlung.550 Ansonsten sind die Kriterien zur Bestimmung der Eindeutigkeit umstritten.551 Die Vertreter der „teoria oggettiva“552 stellen primär auf die Handlung ab553 und verlangen, dass diese aus sich heraus („per sé soli“) objektiv auf den kriminellen Willen des Täters schließen lasse.554 Während hier also das Eindeutigkeitskriterium als konstitutives, die Strafbarkeit einschränkendes Element des Versuchstatbestandes verstanden wird,555 kommt ihm nach der „teoria sogget545 Bartone/Delpino, Diritto penale I, 312 ff.; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 42 f.; Mantovani, Diritto penale, 444, 566; Pagliaro, Principi, 410, 509; Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 27, Art. 56 Rn. 13 („idoneità concreta (valutata) ex ante“). 546 C., 4. März 1974, Mdp 1974, 126.333; C., 8. Januar 1976, Mdp 1976, 131.767; C., 9. November 1978, ivi 1978, 140.361; C., 4. Juli 1983, Cp 1984, 504; C., 19. November 1990, n. 185.798; C., 5. April 1991, n. 186.770; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 42; Pradel, Droit pénal comparé, 280 Rn. 187; Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 27. 547 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 42; Pradel, Droit pénal comparé, 280 Rn. 187. 548 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 42. 549 Bartone/Delpino, Diritto penale I, 314 Rn. 7; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 43, 84; Pradel, Droit pénal comparé, 280 Rn. 187. 550 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 43; Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 10, 11, 19 („criterio dell’azione tipica“ i. S. d. „teoria formale-oggettiva“). 551 Bartone/Delpino, Diritto penale I, 314; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 84. 552 Pagliaro, Principi, 486, 506 ff., 513; vgl. C., 22. November 1976, Gp 1977 II, 583; C., 13. Juni 1978, ivi 1979 II, 161; C., 26. Juni 1992, n. 190.892. 553 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 84. 554 Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 16, 18. 555 „Limite (constitutiva) della punibilità“, Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 16.
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tiva“556 bloße Beweisfunktion („mera funzione probatoria-processuale“) zu.557 Gegen diese Beschränkung auf den Nachweis des Tatentschlusses wendet sich mit historischer und systematischer Argumentation kritisch Romano.558 Seine vermittelnde „teoria materiale – individuale – oggettiva“ will die objektive Eindeutigkeit beziehungsweise Gefährlichkeit der Handlung entsprechend der Intention des Täters beurteilen und dabei dessen konkreten Tatplan berücksichtigen.559 (3) Vergleich mit Erfordernis des Ausführungsbeginns Auf den ersten Blick scheint die Konzeption des Art. 56 Abs. 1 itCP die Versuchsstrafbarkeit gegenüber Rechtsordnungen, die für das Überschreiten der Strafbarkeitsschwelle einen Ausführungsbeginn verlangen, zu erweitern. Wie im englischen Recht trifft der italienische Gesetzgeber keine strikte Unterscheidung zwischen Vorbereitungshandlungen und dem Beginn der Ausführung,560 sondern stellt generell auf die Kriterien der Tauglichkeit und Eindeutigkeit ab. „Vorbereitungshandlungen“ fallen daher nach der Rechtsprechung unter die Versuchsstrafbarkeit, wenn sie adäquat und „in modo non equivoco“ auf Deliktsverwirklichung gerichtet sind.561 Zwar wird also zwischen straflosen rein vorbereitenden und strafbaren Handlungen, die den typischen Beginn der Ausführung des gesetzlichen Tatbestandes darstellen, unterschieden, daneben existieren aber so genannte „prä-typische“, das heißt im Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung liegende Handlungen, die aufgrund ihrer potentiellen Gefährlichkeit auch in den Bereich des strafbaren Versuchs fallen sollen.562 Teilweise wird daher angenommen, das italienische Recht sehe eine implizite Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen vor,563 jedoch darf eine Analyse nicht beim Wortlaut der Rechtsprechungsformeln stehenbleiben, werden doch an die unter Art. 56 Abs. 1 itCP subsumierbaren „Vorbereitungshandlungen“ strenge Anforderungen gestellt. So sollen nur solche Verhaltensweisen strafbar 556 Mantovani, Diritto penale, 621; vgl. C., 25. Februar 1977, Gp 1978 II, 75; C., 2. Februar 1979, Gp 1980 II, 42; C., 29. April 1983, Gp 1984 II, 201; C., 28. September 1987, n. 176.734; C., 16. März 1992, n. 189.392; C., 25. März 1994, n. 197.753. 557 Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 16 f. 558 Commentario I, Art. 56 Rn. 17. 559 Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 20. 560 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 42, 106; Pradel, Droit pénal comparé, 280 Rn. 187. 561 C., 25. Oktober 1988, Riv. pen. 1989, 478, Cass. pen. 1989, fasc. 12, Giust. pen. 1989 II, 430; C., 16. März 1992, Riv. pen. 1992, 755, Giust. pen. 1992 II, 445, Cass. pen. 1993, 1428; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 45, 106. 562 Bartone/Delpino, Diritto penale I, 315; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 44, 84; Pradel, Droit pénal comparé, 280 Rn. 187. 563 Pradel, Droit pénal comparé, 279 f. Rn. 187.
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sein, die zum Beginn der Tatbestandsausführung in einem „rapporto di stretta anticipazione“ stehen, wobei die Intention des Täters zu berücksichtigen sei.564 Diese müsse durch die fragliche, potentiell kausale Handlung manifestiert werden,565 wobei immer auf den konkreten Einzelfall abzustellen sei.566 Diese strikte Handhabung des Kausalitätskriteriums erinnert an das französische Erfordernis des „lien de causalité direct et immédiat“ und auch praktisch werden in gleichgelagerten Fällen in Italien, Belgien und Frankreich einander entsprechende Entscheidungen getroffen.567 Es ist daher zu vermuten, dass ein Fall, in dem die italienische Rechtsprechung eine Strafbarkeit wegen versuchter Herstellung von Betäubungsmitteln568 bei bloßem Besitz von Samen der Pflanze, die zur Gewinnung geeignet ist, mangels Eindeutigkeit verneinte,569 in Belgien und Frankreich aufgrund eines unzureichenden „lien de causalité“ ebenso entschieden würde. Weder das italienische Strafgesetzbuch noch die Rechtsprechung nehmen also eine generelle Ausdehnung der Versuchsstrafbarkeit auf Vorbereitungshandlungen vor. Handlungen, die in italienischen Entscheidungen als „Vorbereitungshandlungen“ qualifiziert werden, stellen nach französischer und belgischer Rechtsprechung einen Beginn der Ausführung dar, sodass zwischen diesen Rechtsordnungen bei vergleichbaren Ergebnissen rein terminologische Unterschiede bestehen.570 3. Vermittelnder Ansatz: Deutschland, Österreich a) Subjektiver Tatbestand Während in § 43 Abs. 1 RStGB571 und § 26 Abs. 1 E 1962572 der „Entschluß“ beziehungsweise „Vorsatz“ noch ausdrücklich gesetzlich normiertes 564 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 44; Romano, Commentario I, Art. 56 Rn. 19. 565 C., 25. Oktober 1988: „Cioe debbono avere potenzialita causale di produrre l’evento e rivelare, in modo non equivoco, l’intenzione di commetere un delitto.“. 566 C., 16. März 1992: „Cioe quando abbia la capacità valutabile ex ante di raggiungere il resultato prefisso, in relazione alla circonstanze del caso e sia inoltre univocamente diretto alla consumazione del reato.“. 567 Vgl. z. B. zur Annahme des Versuchs bei Festnahme eines bewaffneten Täters vor einer Bank C., 16. März 1992, Riv. pen. 1992, 755, Giust. pen. 1992 II, 445, Cass. pen. 1993, 1428 sowie die parallelen Entscheidungen in Belgien und Frankreich: Corr. Liège, 20 janvier 1983, J. L. 1983, 170; Corr. Tongres, 8 janvier 1992, Limb. Rechtsl. 1992, 326; Crim., 3 janvier 1913, D. P. 1914, 41; Crim., 20 décembre 1970, J. C. P. 1971 II, 16770; Crim., 19 juin 1979, Gaz. Pal. 1980 I, 89; so auch Corr. Luxembourg, 13 juillet 1983, Pas. lux. XXVII, Somm., 105. 568 Art. 26 und 28 des Gesetzes no. 685 vom 22. Dezember 1975. 569 C., 25. Oktober 1988, Riv. pen. 1989, 478, Cass. pen. 1989, fasc. 12, Giust. pen. 1989 II, 430. 570 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 45, 107 f.
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Tatbestandsmerkmal war, ergibt sich das Erfordernis des subjektiven Elementes in Deutschland heute aus dem Abstellen des § 22 dStGB573 auf die Tätervorstellung.574 Dabei ermöglicht die vom Alternativ-Entwurf575 abweichende Formulierung „nach seiner Vorstellung“ auch die Bestrafung von Affekttaten.576 Der subjektive Tatbestand des Versuchs entspricht dem des vollendeten Delikts, das heißt er besteht aus dem Vorsatz und den besonderen subjektiven Unrechtselementen.577 Die Vorsatzform richtet sich dabei nach dem jeweils versuchten Delikt,578 bezüglich dessen der Täter über Vollendungswillen verfügen muss.579 Diese Tatentschlossenheit liegt vor, wenn sich der Täter zur Tatbestandsverwirklichung „ohne einen auf die Entscheidung für die damit verbundene Rechtsgutsverletzung bezogenen und gerade sie als noch nicht gefallen kennzeichnenden inneren Vorbehalt entschlossen hat“.580 Zweifelhaft ist dieser „unbedingte Handlungswille“ bei bloßer Tatgeneigtheit und bei einem auf bewusst unsicherer Tatsachengrundlage oder mit Rücktrittsvorbehalt gefassten Tat571 § 43 Abs. 1 RStGB: „Wer den Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben, durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten, betätigt hat, ist, wenn das beabsichtigte Verbrechen oder Vergehen nicht zur Vollendung gekommen ist, wegen Versuchs zu bestrafen.“. 572 § 26 Abs. 1 E 1962: „Eine Straftat versucht, wer den Vorsatz, die Tat zu vollenden, durch eine Handlung betätigt, die den Anfang der Ausführung bildet oder nach seiner Vorstellung von den Tatumständen bilden würde, jedoch nicht zur Vollendung führt.“. 573 § 22 dStGB: „Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.“. 574 Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 701; Kühl, AT, § 15 Rn. 24; LKHillenkamp, Vor § 22 Rn. 14, § 22 Rn. 2, 9, 30 f.; Roxin, AT II, § 29 Rn. 60. 575 § 24 AE: „Den Versuch einer Straftat begeht, wer nach seinem Tatplan zu ihrer Verwirklichung unmittelbar ansetzt.“. 576 Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 695; ders., in: LK, § 22 Rn. 32; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 16; Tröndle/Fischer, StGB, § 22 Rn. 8. 577 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 24; Gropp, AT, § 9 Rn. 17; Kühl, AT, § 18 Rn. 143; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 30 f.; Roxin, AT II, § 29 Rn. 61, 66, 71; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 3; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 2. Eine Mindermeinung definiert den Tatentschluss jedoch als nur für den Versuchsbeginn ausreichenden, fragmentarischen „Initialvorsatz“; ein „Vollendungsvorsatz“ liege erst mit dem beendeten Versuch vor, vgl. Freund, AT, § 7 Rn. 144 ff. m. w. N.; krit. Roxin, AT II, § 29 Rn. 66 ff. 578 BGH VRS 56, 139 ff. (versuchter Totschlag bei Durchbrechung einer Polizeisperre mit bedingtem Tötungsvorsatz); BGH NStZ 1998, 615; Jakobs, AT, 25 Rn. 24; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 515; Joecks, Studienkommentar, § 22 Rn. 3; Kühl, AT, § 15 Rn. 25; Krey, AT II, Rn. 411; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 36; Schönke/Schröder/ Eser, § 22 Rn. 17; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 2; Wessels/Beulke, AT, Rn. 598. 579 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 26; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 39; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 21. 580 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 40; so auch BGHSt 12, 306, 309; Jakobs, AT, 25 Rn. 29; Kühl, AT, § 15 Rn. 30; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 3; vgl. Begriff der „Vorsatzstabilität“ von Rath, JuS 1998, 1006, 1011.
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entschluss.581 Der Versuch muss also zunächst von Konstellationen abgegrenzt werden, bei denen die Entscheidung über das „Ob“ der Tat noch nicht gefallen ist,582 wobei ein Entschluss im Gegensatz zur Tatgeneigtheit schon dann vorliegen soll, „wenn die zur Deliktsbegehung hindrängenden Motive das Übergewicht über die Hemmungsvorstellungen erlangt haben, mögen auch letzte Zweifel noch bestehen bleiben“.583 Macht ein Täter die Ausführung der Tat von tatsächlichen Voraussetzungen abhängig, deren Eintritt ungewiss und von seinem Willen unabhängig ist, so liegt ein hinreichender Tatentschluss vor, wenn er für den Fall der Realisierung der Bedingung endgültig feststeht.584 Die Unbeachtlichkeit des Vorbehalts, bei Eintritt bestimmter auflösender Bedingungen zurückzutreten, ergibt sich aus § 24 dStGB und der Vergleichbarkeit mit der soeben beschriebenen Konstellation.585 Auch nach § 15 Abs. 2 öStGB muss der Täter in subjektiver Hinsicht aufgrund des Entschlusses handeln, die Tat auszuführen, das heißt von einer bloßen Realisierungsneigung zu einem Realisierungswillen übergegangen sein.586 Erforderlich ist ein auf Tatvollendung gerichteter Vorsatz,587 wobei dolus eventualis ausreicht, soweit diese Vorsatzform auch im Rahmen des Vollendungstatbestands genügt.588 b) Objektiver Tatbestand aa) Deutschland Das in § 31 des Preußischen Strafgesetzbuches von 1851 in Anlehnung an den französischen „Code Pénal“ von 1810 normierte Tatbestandsmerkmal des 581 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 515; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 40; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 18; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 3. 582 RGSt 54, 181, 183; 68, 339, 341; 75, 19, 25; BGH Holtz MDR 1980, 271 f.; BGH StV 1987, 528 f.; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 515; Kühl, AT, § 15 Rn. 33; LKHillenkamp, § 22 Rn. 41 ff. m. w. N. und Darstellung abweichender Ansichten. 583 Roxin, JuS 1979, 1, 3; zust. Kühl, AT, § 15 Rn. 36; Rath, JuS 1998, 1006, 1012; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 18; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 5; krit. LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 43. 584 BGHSt 5, 149; 21, 14; BGH NStZ 1991, 233 (Einsatz des Messers bei Unterliegen in Auseinandersetzung); 1996, 38 f. (Bankraub bei leerem Schalterraum); 1999, 395; 2001, 445 (Diebstahl in Juweliergeschäft bei passender Gelegenheit); Jescheck/ Weigend, Lehrbuch, 515; Kühl, AT, § 15 Rn. 31 f.; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 44, 49 m. w. Bsp.; Rath, JuS 1998, 1006, 1012. 585 BGHSt 5, 149; 21, 14; BGH NStZ 1991, 233; 1996, 38 f.; 1999, 395; Jescheck/ Weigend, Lehrbuch, 515; Kühl, AT, § 15 Rn. 31 f.; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 51; Rath, JuS 1998, 1006, 1012 f.; Roxin, JuS 1979, 1, 2. 586 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 28. 587 Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 7. 588 Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 5; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 29.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
„Anfangs der Ausführung“ wurde in § 43 des RStGB übernommen und erst im Zuge der Strafrechtsreform von 1975 durch ein weiteres Kriterium ersetzt.589 Ziel der Novelle war es dabei, eine dem Bestimmtheitsgebot genügende Abgrenzung zwischen Vorbereitung und Versuch zu treffen, die einerseits die Strafbarkeit gegenüber dem „Anfang der Ausführung“ auf Handlungen im unmittelbaren Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung erweitern und andererseits eine zu extreme Ausuferung des Versuchs in den Vorbereitungsbereich verhindern sollte.590 (1) Abgrenzungsdogmatik und Entscheidung des Gesetzes Der objektive Tatbestand des § 22 dStGB verlangt nunmehr, dass der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Diese Regelung ist das Ergebnis einer langen Kontroverse zwischen mehr subjektiv und objektiv orientierten Abgrenzungslehren um die Definition des Ausführungsbeginns. Nach der formell-objektiven Theorie erforderte der Versuch den Beginn der gesetzlich umschriebenen Handlung, das heißt eine Teilverwirklichung des Tatbestandes:591 „Ausführungshandlung ist die Tatbestandshandlung des einzelnen Delikts, also dasjenige Verhalten, das logisch bereits als tatbestandsmäßig unter den Deliktstatbestand fällt, weil es in concreto dem dort allgemein unter Strafe gestellten Verhalten entspricht.“592 Dagegen wollte die materiell-objektive Theorie den Versuchsbeginn zwar immer noch formal an die Tatbestandsverwirklichung anbinden, den Bereich des Versuchs aber in das tatbestandliche Vorfeld hinein ausdehnen.593 Nach der so genannten Frank’schen Formel sollten für den „Anfang der Ausführung“ alle Verhaltensweisen genügen, „die vermöge ihrer notwendigen Zusammengehörigkeit mit der Tatbestandshandlung für die natürliche Auffassung als deren Bestandteil erscheinen“.594 Andere benannten als materiell-objektives Abgrenzungskriterium das der unmittelbaren Rechtsgutsgefährdung.595 Ausschließlich auf das Vorstellungsbild des Täters vom Anfang der Ausführung abstellen wollte die subjektive Theorie.596 Danach sollte jegliche Betäti589
Kühl, AT, § 15 Rn. 58; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 518. LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 4; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 25; Weigend, in: Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften 1, 113, 116. 591 RGSt 70, 151, 157; v. Hippel, Strafrecht II, 398; v. Liszt/Schmidt, Lehrbuch I, 182, 305; so auch bereits die Rechtsprechung des Preußischen Obertribunals, vgl. LKHillenkamp, § 22 Rn. 61. 592 v. Hippel, Strafrecht II, 398. 593 Frank, StrGB, § 43 Anm. II 2 b; Mezger, Strafrecht, § 52 III. 594 Frank, StrGB, § 43 Anm. II 2 b). 595 Mezger, Strafrecht, § 52 III. 590
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gung des verbrecherischen Willens durch eine objektiv sichtbare Handlung versuchsbegründend sein. Als vermittelnde Auffassung verband die individuell-objektive Theorie subjektive und objektive Kriterien.597 Der verbrecherische Wille sollte sich danach in einer Handlung äußern, die nach dem Tatplan das geschützte Rechtsgut bereits unmittelbar gefährdet.598 Die oben in ihren Grundzügen skizzierten älteren Abgrenzungstheorien sind mit der Neuformulierung des Versuchsbeginns durch § 22 dStGB überholt.599 Die formell-objektive Theorie ist angesichts der auch vortatbestandliche Handlungen umfassenden Regelung als Beschreibung des geltenden Rechts nicht mehr vertretbar,600 aber auch die materiell-objektive Lehre lässt sich aufgrund mangelnder Berücksichtigung der Tätervorstellung mit § 22 dStGB nicht vereinbaren.601 Die rein subjektive Theorie schließlich verträgt sich nicht mit dem objektiven Moment des unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung.602 Der Reformgesetzgeber hat sich in § 22 dStGB für eine individuell-objektive Festlegung des Versuchsbeginns entschieden.603 Ausgangspunkt ist dabei das Kriterium der Tätervorstellung als Beurteilungsgrundlage, jedoch wird einer rein subjektiven Bestimmung des Versuchsbeginns durch den objektiven Bewertungsmaßstab des unmittelbaren Ansetzens eine Absage erteilt.604 Das bedeutet jedoch keine Abkehr von der prinzipiell subjektivistischen Strafgrundauffassung, vielmehr verknüpft § 22 dStGB das grundsätzliche Bekenntnis zur subjektiven Theorie mit der eine extreme Ausweitung des Versuchsbereichs verhindernden Ansatzformel.605 (2) Konkretisierung des unmittelbaren Ansetzens Mangels ausdrücklicher Regelung in § 22 dStGB ist umstritten, wie das Erfordernis des unmittelbaren Ansetzens zu konkretisieren ist. Wie oben gesehen, 596 RGSt 1, 439, 441 f.; 8, 198; 17, 158; 42, 92; 50, 35; 52, 184; 55, 138; 56, 316; 60, 209, 215; 61, 104, 109; 64, 130, 132; 72, 66; BGHSt 6, 302. 597 BGHSt 2, 380, 381; LK-Busch, 9. Aufl., § 43 Rn. 13 m. w. N. 598 LK-Busch, 9. Aufl., § 43 Rn. 13 m. w. N. 599 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 63; Rath, JuS 1998, 1106, 1107. 600 Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 26. 601 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 58. 602 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 519; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 60. 603 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 516; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 71, § 22 Rn. 62; Roxin, JuS 1979, 1, 3; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 25, 32; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 8; Tröndle/Fischer, StGB, § 22 Rn. 8. 604 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 519; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 62. 605 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 50 ff., 71, § 22 Rn. 7, 62.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
lassen sich die gesetzlichen Kriterien nur auf der Grundlage einer individuellobjektiven Theorie näher definieren.606 Dabei wird zum Teil nur auf ein Abgrenzungsmerkmal abgestellt, andererseits werden mehrere Elemente miteinander kombiniert. (a) Individuell-formelle Zwischenaktstheorien Im Anschluss an die formell-objektive Theorie fordern die individuell-formellen Lehren eine räumlich-zeitliche Nähe zur Tatbestandsverwirklichung. In ihrer engsten Ausprägung wird das „unmittelbare Ansetzen“ als Bestandteil der „Ausführungshandlung“ verstanden.607 Die von Maurach608 begründete formelle Zwischenaktslehre609 verlangt unter Abwandlung der Frank’schen Formel die Verwirklichung einer Handlung, „die – weil nach dem individuellen Täterplan zwischen ihr und der eigentlichen Tatbestandshandlung keine weiteren wesentlichen Teilakte liegen – für eine natürliche Auffassung als deren Bestandteil erscheint“.610 Versuchsbegründend sind also Verhaltensweisen, die in ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmünden sollen.611 Dabei ändert das Ausstehen von Handlungen, „die wegen ihrer notwendigen Zusammengehörigkeit mit der Tathandlung nach dem Plan des Täters als deren Bestandteil erscheinen, weil sie an diese zeitlich und räumlich angrenzen und mit ihr im Falle der Ausführung eine natürliche Einheit bilden“, nichts an der Annahme des Versuchsbeginns,612 das heißt unwesentliche Zwischenakte, zu denen es nicht noch eines neuen Willensimpulses des Täters bedarf, sind keine selbständigen Schritte im 606
LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 63. LK-Vogler, 10. Aufl., § 22 Rn. 60; Stratenwerth, AT I, § 11 Rn. 38 f. Das Verhalten muss nach dieser Ansicht dem im Tatbestand vertypten Unrecht schon entsprechen, d. h. von dem Verbotssinn erfasst sein, vgl. RGSt 70, 151, 157; krit. Kühl, AT, § 15 Rn. 57; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 65 mit Fn. 120. 608 AT, 4. Aufl., 499. 609 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 54; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 519; Krey, AT II, Rn. 420; Kühl, AT, § 15 Rn. 58 ff.; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 40 Rn. 48 ff.; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 13; Tröndle/Fischer, StGB, § 22 Rn. 10. Auf das Kriterium der Zwischenakte wird auch abgestellt in BGHSt 26, 201, 203 f.; 28, 162, 163; 35, 6, 8 f.; 36, 249, 250 f.; 37, 294, 297 f.; BGH wistra 1984, 142; BGH StV 1987, 528; BGH wistra 1988, 357; 1990, 19; BGH StV 1992, 62; BGH NStZ 1996, 38; 1997, 31; 83; 1999, 395; 2001, 415. 610 SK-Rudolphi, § 22 Rn. 13. 611 BGHSt 26, 302; 35, 8 f.; 37, 297 f.; 44, 34, 40; BGH NJW 1990, 654; 1991, 1963; BGH NStZ 1993, 133; 398; BGH NJW 1993, 2125; BGH NStZ 1996, 38; 1997, 83; 1999, 395; 2001, 415; BGH NJW 2002, 1057; Freund, AT, § 8 Rn. 58; Jescheck/ Weigend, Lehrbuch, 519; Kühl, AT, § 15 Rn. 58; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 40 Rn. 48; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 13; Tröndle/Fischer, StGB, § 22 Rn. 10. 612 BGH NJW 1980, 1760. 607
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Sinne dieser „konkretisierten Teilaktstheorie“.613 Der letzte Handlungsabschnitt lässt sich durch die Hilfsbegriffe des „engen zeitlichen Zusammenhanges“ und der „Einwirkung auf die Opfer- beziehungsweise Tatbestandssphäre“ bestimmen: „Derartige „Zwischenakte“ sind unwesentlich, wenn die beiden entscheidenden Kriterien (enger zeitlicher Zusammenhang, Sphäreneinwirkung) erfüllt sind.“614 Auch die gerichtliche Ergänzung durch das Kriterium des objektiven Überschreitens der „Schwelle zum Jetzt geht es los“615 oder das Bild der so genannten „Krisentheorie“ von der „Feuerprobe der kritischen Situation“ führen nicht zur Einbeziehung materieller Wertungen und ändern also nichts an der individuell-formellen Ausrichtung der Zwischenaktstheorie.616 Die so genannte modifizierte Zwischenaktslehre will am Ausgangspunkt der auf die Handlungsunmittelbarkeit abstellenden Teilaktsdoktrin festhalten, diese aber durch Einbeziehung des Gefährdungsgedankens ergänzen.617 Einerseits soll so die regelmäßig den Versuch indizierende Handlungsunmittelbarkeit auch dann angenommen werden können, wenn zwar Teilakte noch ausstehen, eine Gefährdung aber bereits eingetreten ist, andererseits ermöglicht die Modifikation die Verhinderung eines zu frühen Versuchsbeginns bei trotz Handlungsunmittelbarkeit noch nicht bestehender Gefahr der Tatbestandsverwirklichung.618 Die durch das Abstellen auf das Kriterium der Handlungsunmittelbarkeit erzielten Ergebnisse werden also in Grenzfällen durch Zusammenfassung mehrerer Teilakte zu einer letzten Zwischenphase oder durch Ausscheiden solcher Konstellationen, in denen zwischen dem letzten Teilakt und der Tatbestandsausführung noch eine längere Zeitspanne liegt, korrigiert.619 Die modifizierte Zwischenaktslehre vermeidet also zum einen eine naturalistische „atomisierende“ Betrachtungsweise durch Aufspaltung einer Handlung in einzelne Körperbewegungen, indem sie solche Zwischenakte als unbeachtlich erklärt, die „die bereits eingetretene Gefahr der unmittelbaren Tatbestandsverwirklichung nicht mehr nennenswert steigern“,620 zum anderen soll mangels konkreter Gefahr kein Versuchsbeginn anzunehmen sein, wenn es an „unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang“ mit der Tatbestandsvollendung und/oder „ungestörtem 613 BGH NStZ 1993, 133 (Für die Annahme eines Körperverletzungsversuchs muss das „Krümmen des Fingers am Abzugshebel“ nicht abgewartet werden.); Kühl, AT, § 15 Rn. 60; Roxin, AT II, § 29 Rn. 139 ff.; krit. Jakobs, AT, 25 Rn. 62. 614 Roxin, AT II, § 29 Rn. 139. 615 BGHSt 26, 201, 203. 616 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 67. 617 Kühl, AT, § 15 Rn. 68 ff.; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 77, 85, 99 ff., 110 ff. 618 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 111. 619 Kühl, AT, § 15 Rn. 70 f. 620 Indizien sollen die unmittelbare zeitliche Nähe zur Tathandlung bzw. das Vorliegen eines einheitlichen Willensimpulses sein, LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 85, 112; vgl. RGSt 54, 35; BGHSt 26, 201, 204; zu weiteren Beispielen aus der Rechtsprechung vgl. LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 113.
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Fortgang“ bis zu dieser fehlt.621 Versuch liegt nach der modifizierten Zwischenaktslehre also vor, „(. . .) wenn der Täter durch seine Handlung einen Zustand geschaffen hat, in dem auf der Grundlage seiner Vorstellung vom weiteren Ablauf der Tat nach objektivem Urteil die Verwirklichung des (Gesamt-)Tatbestandes bis hin zu seiner Vollendung als räumlich und zeitlich nahe sowie in ihrem plan- und „regelmäßigen Verlauf“ (RGSt 51, 341, 343) sichere oder wahrscheinliche, und daher ernstzunehmende Möglichkeit erscheint. Das ist bei Eintritt der Handlungsunmittelbarkeit die Regel, bei noch ausstehenden Zwischenschritten dagegen nur so, wenn sie in unmittelbarer zeitlicher Abfolge gleichsam mechanisch in die Tatbestandsverwirklichung einmünden sollen. Ein enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang, in dem sich ein ungestörter Fortgang der Verwirklichung abzeichnet, muß die bereits vorgenommene Handlung mit dem vorgestellten weiteren Ablauf der Tat verbinden, soll nicht das sonst fehlende Gefahrmoment den Versuchsbeginn trotz schon eingetretener Handlungsunmittelbarkeit ausnahmsweise verhindern.“622 (b) Individuell-materielle Theorie Ausschließlich auf die Rechtsgutsgefährdung konzentrieren will sich die individuell-materielle Theorie.623 Um die Vereinbarkeit mit dem Gesetzestext zu gewährleisten, wird eine „subjektiv-materiale Abgrenzung“ vorgenommen, das heißt das Vorliegen der Gefährdung ist entsprechend der Tätervorstellung zu beurteilen.624 Dieser einseitig auf die Gefährdung abstellende Ansatz erscheint zur Festlegung des Versuchsbeginns insofern ungeeignet, als das Rechtsgut bereits mit der Vorbereitungshandlung einer sich graduell steigernden Gefahr ausgesetzt ist. Der Gesetzgeber wollte durch die Kriterien der Unmittelbarkeit und Tatbestandsnähe in § 22 dStGB Rechtssicherheit erzeugen, die allein das Gefährdungselement nicht gewährleisten kann.625
621 RGSt 28, 144, 145 f.; 59, 1, 2; BGHSt 31, 178, 182; 37, 294, 297; BGH NStZ 1993, 398; BGH StV 1997, 242, 243; vgl. zu Beispielen v. a. zur Teilverwirklichungsproblematik LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 114 f. 622 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 116. 623 Küper, JZ 1992, 338, 345, 347; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 42; vgl. zur Variante der tatbestandsnahen Gefahr der Verwirklichung des konkreten Delikts v. Hippel, Strafrecht II, 405. 624 Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 42. 625 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 82.
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(c) Kombinationstheorien Die so genannten Kombinationstheorien bemühen sich um die Vereinigung formeller und materieller Kriterien. Dabei bejaht die „kumulative“,626 Teilaktsund Gefährdungslehre gleichberechtigt nebeneinanderstellende Variante einen Versuchsbeginn dann, wenn der Täter Handlungen vornimmt, „(. . .) die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und in die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar einmünden, die mithin – aus der Sicht des Täters – das geschützte Rechtsgut in eine konkrete Gefahr bringen. Dementsprechend erstreckt sich das Versuchsstadium auf Handlungen, die im ungestörten Fortgang unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung führen sollen oder die im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht es los“ überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so daß sein Tun ohne Zwischenschritte in die Tatbestandserfüllung übergeht.“627 Dagegen geben die „Präferenzvarianten“628 jeweils einer Theorie den Vorzug, indem sie entweder vorrangig auf den Aspekt der räumlich-zeitlichen Anbindung an die Tatbestandsverwirklichung im Sinne der Zwischenaktslehre abstellen629 oder den Gefährdungsgedanken besonders betonen.630 (d) Harmonisierungstheorien Die so genannten Harmonisierungslehren versuchen, ihre Auffassung zum Strafgrund des Versuchs in die Ansatzformel zu übertragen. Dieses Konzept erscheint insofern fragwürdig, als die gesetzesunabhängige, unmittelbare Ableitung des Versuchsbeginns aus der Unrechts- beziehungsweise Strafzwecklehre nicht für sich in Anspruch nehmen kann, eine „rationale Rekonstruktion des dem Gesetzgeber vorschwebenden Regelungsplans“ zu sein.631 Auf dem Boden der Eindruckstheorie wollte Roxin das Kriterium der zeitlichen Nähe mit dem den Rechtsfrieden beeinträchtigenden Eindringen in die Opfersphäre verknüpfen: „Die „Eindruckstheorie“ läßt sich also für die Abgrenzung von Vorbereitungshandlung und Versuch fruchtbar machen, indem der den Rechtsfrieden störende Zugriff auf die Opfersphäre als notwendiges Element der Ausführungshandlung erscheint. (. . .) Es muß noch etwas hinzukommen: 626
LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 70. BGH NStZ 1987, 20; ähnlich auch BGH StV 1984, 420; OLG Karlsruhe MDR 1993, 386; BayObLG NJW 1994, 21, 64; OLG München NStZ-RR 1996, 71. 628 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 71. 629 BGHSt 35, 6, 8 f.; BGH NStZ 1989, 473; BGH NJW 2002, 1057; BGH NStZ 2002, 433, 435. 630 BGHSt 43, 180 f. 631 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 64, 72, 78. 627
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nämlich ein „enger zeitlicher Zusammenhang“ zwischen Täterhandlung und erwartetem Erfolgseintritt, der sich etwa durch die Worte „jetzt geht es los“ kennzeichnen läßt.“632 Durch den Bezug auf den allgemeinen Rechtsfrieden setzt sich diese Abgrenzungslehre aber dem Vorwurf der Unbestimmtheit und Ungenauigkeit aus, tut sie sich doch schwer, zuverlässig zwischen möglicherweise ebenso rechtserschütternden Vorbereitungs- und Versuchshandlungen zu differenzieren.633 Auch die Vertreter der normativen Strafgrundlehren wollen diese mit der Ansatzformel des § 22 dStGB in Einklang bringen. Nach der Jakobsschen Theorie des expressiven Normbruchs soll ein Versuchsbeginn dann gegeben sein, wenn der Täter „sich aktuell anmaßt, fremde Organisationskreise zu gestalten“. Der Täter müsse „auch nach seinem externen Verhalten zur Organisationsanmaßung ansetzen; denn nur über das anmaßende externe Verhalten wird das subjektiv Gemeinte verbindlich“.634 Vehling nimmt dagegen ein Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung an, sobald der Täter durch sein rolleninadäquates Verhalten ein rechtlich missbilligtes Risiko gesetzt hat. Die Unmittelbarkeit im Sinne eines Risikozusammenhanges sei zu bejahen, wenn das gesetzte unerlaubte Verhalten die intendierte Tatbestandsverwirklichung indiziere.635 Diese Verneinung des Versuchs bei Sozialüblichkeit und Rollenadäquanz entfernt sich jedoch völlig von der gesetzlich vorgegebenen Beurteilungsgrundlage der Tätervorstellung.636 Zaczyk verlangt entsprechend seiner Theorie vom Zugriff auf die rechtlich konstituierte Freiheit für das unmittelbare Ansetzen, dass der Täter entweder mit der Vornahme der tatbestandsmäßigen Handlung beginnt, oder mit seinem Verhalten das angegriffene Rechtsgut „so „in den Griff“ bekommt, dass er bereits in eine überlegene, das jeweils angegriffene Daseinselement von Freiheit ihm gegenüber in eine unterlegene Stellung gerät“.637 Ähnlich, aber unter stärkerer Einbeziehung des Opfers fragt Rath, ab wann diesem durch das Verhalten des Täters nach dessen Vorstellung „tatsächlich Wirkungsmacht entzogen“ wird. Der Versuch soll mit dem Hervorrufen einer „konkreten Reaktionsnotwendigkeit“ beim Opfer beginnen, das heißt dann, wenn es sich genötigt sieht, „eine Verteidigungshandlung vorzunehmen, die inhaltlich demjenigen Deliktstatbestand genau korrespondiert, um dessen Versuch es geht“.638 632 Roxin, JuS 1979, 1, 4 f. Zu der heute von Roxin bevorzugten Vereinigungstheorie vgl. Roxin, AT II, § 29 Rn. 10 ff. 633 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 79. 634 Jakobs, AT, 25 Rn. 21 f.; ders., ZStW 97 II (1985), 751, 762, 765. 635 Vehling, Abgrenzung, 126, 138 ff. 636 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 80. 637 Zaczyk, Unrecht, 311. 638 Rath, JuS 1998, 1106, 1109. Diesen Zusammenhang des Versuchs mit der Notwehrlage bezweifelt LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 81.
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(3) Subsumtion der Ansatzformel (a) Vorstellung von der Tat639 Die Tätervorstellung als „individuelle Komponente der Ansatzformel“ wurde im Zuge der Strafrechtsreform von 1975 erstmals als Teil des objektiven Tatbestands in die Begriffsbestimmung des Versuchs aufgenommen.640 Die innere Tatseite beansprucht insofern den Vorrang vor dem äußeren Hergang der Tat, als sich die objektive Abgrenzung zwischen Vorbereitung und Versuch nach dem Vorstellungsbild des Täters richtet,641 sodass es für das Überschreiten der Strafbarkeitsschwelle maßgeblich auf dessen subjektive Vorstellung vom Gesamtablauf der Tat ankommt.642 Diese ist nicht identisch mit dem konkreten Tatvorsatz643 oder dem Tatentschluss,644 sondern lässt sich als „Ablaufsvorstellung“ über die genaue Art und Weise der Verwirklichung des Vorsatzes beschreiben,645 sodass die Tätervorstellung mit dem Tatplan kongruent ist.646 Funktion dieses Tatbestandsmerkmals ist es zunächst, Klarheit über den Stellenwert objektiv mehrdeutiger Handlungen zu gewinnen.647 Zudem wird es bei irriger Annahme der Tauglichkeit von Tathandlungen relevant,648 indem es die „Tauglichkeitsvorstellung“ in den objektiven Tatbestand überführt und der Prüfung des unmittelbaren Ansetzens zugrundelegt.649 Die vorrangige Berücksichtigung der Tätervorstellung führt aber keineswegs zur einer vollständigen Subjektivierung. Für das geltende Recht ist die Vorstel639 Vgl. zum Begriff der Vorstellung von der Tat eingehend Hillenkamp, in: RoxinFestschrift (2001), 689 ff. 640 Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 702. Vgl. zur rechtsgeschichtlichen Entwicklung ausführlich S. 690 ff. 641 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 121. 642 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 62, § 22 Rn. 87; Roxin, AT II, § 29 Rn. 3; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 33. 643 So aber BGHSt 26, 201, 202; BGH NStZ 1992, 278; Tröndle/Fischer, StGB, § 22 Rn. 8; Wessels/Beulke, AT, Rn. 601. 644 So aber Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 47 mit Fn. 126; Gropp, AT, § 9 Rn. 15. 645 Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 700 ff.; ders., in: LK, § 22 Rn. 90; Roxin, AT II, § 29 Rn. 4 f.; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 33. 646 Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 703. 647 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 47; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 88; vgl. „Klingelfälle“, BGHSt 26, 201; BGH NStZ 1984, 506; sowie BGHSt 28, 162; 31, 10; 37, 294; 40, 208; 257; 268; BGH wistra 1990, 19; BGH NJW 1993, 21, 25; BGH NStZ-RR 1996, 34; BGH NStZ 1997, 83; BGH NJW 2002, 1057. 648 Zur Unbeachtlichkeit der fehlenden Gegenwärtigkeit des Opfers in den „Auflauerungsfällen“ vgl. BGHSt 26, 210; BGH NJW 1952, 514 („Pfeffertüten-Fall“: Annahme eines versuchten Raubes, obwohl das Opfer nicht kommt); BGH NStZ 1987, 20; BGH StV 1989, 526. 649 Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 704.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
lung des Täters von der Tat nur Beurteilungsgrundlage, nicht aber zugleich Bewertungsmaßstab für den Versuchsbeginn.650 Auszugehen ist daher zwar immer von der individuellen Tätervorstellung, auf deren Grundlage ist die Abgrenzung aber nach objektiven Gesichtspunkten, nämlich denen des unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung im Sinne der herrschenden Zwischenaktslehre, vorzunehmen.651 Beurteilungsgrundlage ist also der Tatplan: Wie genau sollte die Tat verwirklicht werden? Diese Vorstellung von der Tat ist unter Zugrundelegung eines objektiven Bewertungsmaßstabs daraufhin zu untersuchen, ob die Planverwirklichung bereits so weit gediehen ist, dass von einem unmittelbaren Ansetzen gesprochen werden kann.652 Entscheidend ist also nicht, ob der Täter selbst das Geschehen als Ausführungshandlung beurteilt, sondern dass aufgrund seiner Vorstellung nach objektiven Kriterien ein Versuch vorliegt.653 (b) Teilverwirklichung des Tatbestandes § 22 dStGB regelt ausdrücklich nur das „Versuchsminimum“.654 Nach teilweise vertretener Ansicht soll ein unbeendeter Versuch jedenfalls bei Teilverwirklichung des Tatbestandes, also dann vorliegen, wenn der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal erfüllt hat.655 Dem lässt sich entgegenhalten, dass § 22 dStGB ein „Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes“, also zur gesamten Tatbestandshandlung einschließlich des Erfolges, und nicht nur das Ansetzen zur Verwirklichung eines einzelnen Merkmals voraussetze.656 Es müsse also in jedem Fall anhand der Kriterien der Ansatzformel überprüft werden, ob die Teilverwirklichung auf der Grundlage der Tätervorstellung schon als Versuchsbeginn erscheine.657 Danach liege kein Versuch vor, wenn der Täter „noch nicht 650 BGHSt 26, 202; BGH NStZ 1989, 473; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 46 f.; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 519; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 52; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 34. 651 BGH NJW 1997, 83; Kühl, AT, § 15 Rn. 45, 77; Lackner/Kühl, StGB, § 22 Rn. 4; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 90; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 40 Rn. 43; Roxin, AT II, § 29 Rn. 5, 97; ders., JuS 1979, 1, 3; Wessels/Beulke, AT, Rn. 601. 652 BGH NStZ 1997, 83; Kühl, AT, 15 Rn. 45. 653 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 46; Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 704 f.; Kühl, AT, § 15 Rn. 77; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 87; Schönke/ Schröder/Eser, § 22 Rn. 34. 654 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 92. 655 BGH NStZ 1997, 31; BGH NJW 2002, 1057; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 520; Krey, AT II, Rn. 417; Kühl, AT, § 15 Rn. 55; im Grundsatz zust. Schönke/Schröder/ Eser, § 22 Rn. 37; vorsichtig Rath, JuS 1998, 1106, 1107; krit. SK-Rudolphi, § 22 Rn. 7a; Roxin, AT II, § 29 Rn. 120; vgl. zu Differenzierungen m. w. N. LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 92 mit Fn. 192 ff. 656 Roxin, JuS 1979, 1, 7; ders., AT II, § 29 Rn. 120; vgl. Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 37; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 7a. 657 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 93 f.
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zu der die Strafbarkeit – oder eine erhöhte Strafbarkeit – begründenden Rechtsverletzung angesetzt hat“,658 beziehungsweise wenn es an der Gefahr der Tatbestandsverwirklichung im Sinne der modifizierten Zwischenaktslehre noch fehlt.659 Der Teilverwirklichung könne somit allenfalls Indizwirkung beigemessen werden.660 (c) Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes Aus § 22 dStGB ergibt sich aber, dass nicht erst das Verwirklichen eines Tatbestandsmerkmals zum Versuchsbeginn führt, sondern dass auch vorgelagerte Handlungen genügen sollen. Durch das Kriterium des unmittelbaren Ansetzens wird zwar einerseits der Versuchsbereich in das tatbestandliche Vorfeld hinein erweitert, andererseits ist diese Ausdehnung auf unmittelbar vorangehende Handlungen beschränkt.661 Durch den Bezugspunkt der „Verwirklichung des Tatbestandes“ wird eine extreme Vorverlagerung des Versuchsbeginns im Wege der ausdrücklichen Hervorhebung der Tatbestandsbezogenheit verhindert: Nicht irgendein Ansetzen zur Straftat schlechthin ist versuchsbegründend, sondern nur das auf die Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals abzielende Handeln.662 Erforderlich ist damit die Tatbestands-, nicht die Rechtsgutsnähe: „Bezugspunkt der Versuchsbestrafung ist also nicht das geschützte Rechtsgut, sondern der Tatbestand.“663 Der Terminus der „Verwirklichung des Tatbestandes“ hat damit einen doppelten Bedeutungsgehalt in Bezug auf Tathandlung und Vollendung: In erster Linie verlangt er Handlungsunmittelbarkeit im Sinne der Zwischenaktslehre,664 das heißt der Täter muss „unmittelbar vor dem Beginn der Tatbestandsausführungshandlung stehen“,665 zusätzlich ist aber bezüglich der Vollendung erforderlich, dass sich die Verwirklichung des Gesamttatbestandes nach dem geplanten Tatablauf schon abzeichnet.666
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BGHSt 31, 178, 182; Küper, JZ 1992, 338, 345. LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 94. Vgl. insbesondere zum Betrug LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 94 mit Fn. 199 und die dazu in Österreich vertretene Auffassung: Möglichkeit der Ausscheidung von mehrstufigen, zunächst eine Vertrauensbasis erschleichenden Täuschungshandlungen bei Erfordernis weiterer Zwischenschritte für die Irrtumserregung und damit Gefährdung, BGHSt 37, 294; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 94; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 35, 37. 660 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 50; Lackner/Kühl, StGB, § 22 Rn. 3; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 40 Rn. 17 f.; Wessels/Beulke, AT, Rn. 599; ähnlich auch Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 37; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 7a; unter Hinweis auf Präzisierungsbedarf LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 95. 661 Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 39. 662 Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 35. 663 Roxin, AT II, § 29 Rn. 7. 664 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 96 f.; 99. 665 BGHSt 26, 201, 203; Kühl, AT, § 15 Rn. 58; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 99. 659
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
(d) Sonderfall des beendeten Versuchs Nach früher vertretener Ansicht sollte Versuch grundsätzlich dann vorliegen, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat alles getan zu haben glaubt, was zur Tatbestandsverwirklichung notwendig ist.667 Heute werden zur Frage des beendeten Versuchs differenzierende Auffassungen vertreten. Nach dem Kriterium der Herrschaftspreisgabe668 „ist darauf abzuheben, ob der Täter nach Schaffung eines Risikos das Geschehen so aus der Hand gibt, daß er sich seiner Einflußmöglichkeit beraubt“.669 Die Ansatzformel soll also in allen Fällen des beendeten Versuchs anzuwenden sein, in denen der Täter den Kausalverlauf noch nicht aus der Hand gegeben hat. Aufgrund der Vergleichbarkeit mit dem unbeendeten Versuch bestehe in diesen Fällen kein Anlass, den Versuchsbeginn früher, das heißt vor Eintritt einer unmittelbaren Gefährdung, anzunehmen. Bei Entlassen des Kausalverlaufs aus dem Herrschaftsbereich des Täters seien dagegen die Kriterien der zeitlichen Nähe der Tatbestandsverwirklichung und der unmittelbaren Gefährdung entbehrlich.670 Andererseits wird in allen Konstellationen eine Bestimmung des „Anfangs des beendeten Versuchs“ anhand der im Sinne der modifizierten Zwischenaktslehre interpretierten Ansatzformel für notwendig erachtet.671 Auch bei sich „automatisch“ vollziehendem Kausalverlauf müsse zur Handlungsunmittelbarkeit die zeitnahe Gefahr der Tatbestandsverwirklichung hinzutreten, wobei irrelevant sei, ob der Täter noch Einfluss auf das Geschehen habe.672 So könne es bei Notwendigkeit der Opfermitwirkung nach Abschluss des aktiven Täterhandelns in Konstellationen etwa der Spreng-,673 Gift-674 oder Stromfalle675 schon 666 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 96. Als Indizien für die Verwirklichungsgefahr werden der „ungestörte Fortgang“, der „unmittelbare räumliche und zeitliche Zusammenhang“ sowie die „tätige Beziehung zum Angriffsgegenstand“ genannt, Kühl, AT, § 15 Rn. 72 ff.; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 97, 100; Wessels/Beulke, AT, Rn. 603; vgl. BGHSt 2, 380; 22, 80. 667 Herzberg, MDR 1973, 89 ff. m. w. N. 668 Roxin, AT II, § 29 Rn. 195 ff.; zust. Gropp, AT, § 9 Rn. 37d f.; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 521; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 42; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 19; Wessels/Beulke, AT, Rn. 603; krit. LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 133 ff., 138, der im Hinblick auf die Ambivalenz der Herrschaftspreisgabe das von Jakobs, AT, 25 Rn. 71 vorgeschlagene Kriterium der „Revokationsmöglichkeit“ für vorzugswürdig hält. 669 Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 42. 670 Krit. zur Sonderbehandlung dieser Fälle durch Dispensierung der Ansatzformel BGHSt 43, 177, 182; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 133 ff., 138. 671 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 135. 672 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 136, 138; ähnlich Kühl, AT, § 15 Rn. 71; krit. Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 42. 673 BGH NStZ 1998, 294. 674 BGHSt 43, 177. 675 BGH NStZ 2001, 475.
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an der Handlungsunmittelbarkeit des Fallenstellens fehlen.676 Für das Vorliegen des Versuchsbeginns sei hier danach zu differenzieren, ob das Opfer nach der Tätervorstellung „in engem Zusammenhang mit dem Abschluß“ der Tathandlung erscheinen und die notwendige Mitwirkung „mit Sicherheit in absehbarer Zeit“ vornehmen werde.677 Bei insoweit ungewisser Tätervorstellung müsse das tatsächliche Erscheinen des Opfers und dessen zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzende Handlung abgewartet werden.678 bb) Österreich (1) Abgrenzungsdogmatik und Entscheidung des Gesetzes Schon die Auslegung des Abgrenzungskriteriums der „zur wirklichen Ausübung führenden Handlung“ gemäß § 8 Abs. 1 des österreichischen Strafgesetzes von 1852679 wurde kontrovers diskutiert. (a) Objektive Theorie Die Vertreter der objektiven Theorie stellten auf die äußere Beschaffenheit des Verhaltens ab und nahmen das Vorliegen eines Versuchs jedenfalls dann an, wenn „der Täter eine Handlung gesetzt hat, die schon für sich allein rein äußerlich betrachtet dem Tatbild des vollendeten Delikts entspricht“.680 Teilweise wurde eine Erweiterung auf Fälle des Ausführungsbeginns vorgenommen: Ausreichend sollten danach alle Verhaltensweisen sein, „die vermöge ihrer Zusammengehörigkeit mit der Tatbestandshandlung für die natürliche Auffassung als deren Bestandteile erscheinen“.681 Dagegen wurde ein Versuchsbeginn zum Beispiel bei bloßer Beschaffung und Zubereitung der Verbrechensmittel oder in Fällen verneint, in denen der Täter sich erst auf dem Weg zum Tatort befand oder dem Opfer auflauerte.682
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LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 135. BGH NStZ 2001, 475. 678 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 141. 679 § 8 Abs. 1 öStG: „Zu einem Verbrechen ist nicht nötig, daß die Tat wirklich ausgeführt werde. Schon der Versuch einer Übeltat ist das Verbrechen, sobald der Bösgesinnte eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung unternommen hat; die Vollbringung des Verbrechens aber nur wegen Unvermögenheit, wegen Dazwischenkunft eines fremden Hindernisses oder durch Zufall unterblieben ist.“. 680 Rittler, AT, 263 f. 681 Rittler, AT, 264. 682 Rittler, AT, 265. 677
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
(b) Subjektive Theorie Nach der subjektiven Theorie, die für den Versuch lediglich eine beliebige Äußerung des verbrecherischen Willens verlangte, sollte ein Versuchsbeginn dann vorliegen, „wenn der Täter das Verbrechen nicht mehr als ein zukünftiges plant, sondern als ein gegenwärtiges begehen will“.683 Handele der Täter in dem Bewusstsein: „Jetzt tue ich es!“, sei Versuch anzunehmen; denke er sich dagegen: „Ich werde das Verbrechen begehen.“, befinde er sich noch im Stadium bloßer Vorbereitung.684 So wurde der Versuchsbeginn teilweise rein subjektiv als Handlung definiert, „(. . .) die bereits ernstlich und daher unmittelbar darauf gerichtet ist, den dem Verbrechen zugrunde liegenden bösen Vorsatz in die Tat umzusetzen, während jede andere, wenn auch äußerlich gleiche, aber noch von keinem ernsten und unmittelbaren Tatausführungswillen getragene Handlung straflose Vorbereitung ist. Die Grenzziehung erfolgt also in folgerichtiger Durchführung der subjektiven Auffassung ohne Einbau irgendeines objektiven Elementes.“685 Für eine Abgrenzung unter jedenfalls mittelbarer Berücksichtigung auch objektiver Kriterien sprach sich aber Nowakowski aus, nach dessen für die jüngere Rechtsprechung bedeutsamer Formel Versuch dann vorliegen sollte, „(. . .) wenn der Verhaltensakt nach den Vorstellungen des Handelnden in unmittelbarer, sinnfälliger Beziehung zum tatbildmäßigen Unrecht steht – sich nach den Vorstellungen des Täters also als Ausführungshandlung darstellt – oder nach dem Plan des Täters unmittelbar, ohne weitere Ruhe- und Überlegungspause in ein solches Verhalten übergehen soll, mit ihm also psychologisch eine Einheit bildet.“686 (c) Manifestationstheorie Die Rechtsprechung zum alten Strafgesetz vertrat mit der so genannten Manifestationstheorie eine beschränkt subjektive Position,687 die nach späterer Modifizierung zur Regelung in § 15 Abs. 2 des österreichischen Strafgesetzbuches von 1974 überleitete.688 In Übereinstimmung mit der subjektiven Lehre sah die frühere Rechtsprechung den Ausgangspunkt der Versuchsbetrachtung und tragenden Strafgrund im Täterwillen.689 Zwar sei an die äußere Beschaffenheit des Verhaltens anzuknüpfen, dieses müsse aber nur zureichender Erkenntnisgrund für den Vorsatz 683 684 685 686 687 688 689
Nowakowski, Grundzüge, 91 f. Roeder, Erscheinungsformen, 36. Roeder, Erscheinungsformen, 36. Nowakowski, Grundzüge, 92; zust. Burgstaller, JBl 1969, 521, 534. OGH EvBl 1954/250; 1957/157; 1961/314. WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 3. Burgstaller, JBl 1969, 521, 522.
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des Täters sein.690 Der Versuchsbeginn sei demzufolge zu bejahen, sobald die Tathandlung einen Rückschluss auf den deliktischen Willen ermögliche,691 das heißt ein Versuch sollte unabhängig von der zeitlichen und kausalen Nähe zur Vollendung692 vorliegen, wenn „die auf den strafgesetzwidrigen Erfolg gerichtete Absicht des Täters eine schon aus seinem äußeren Verhalten klar erkennbare Darstellung gefunden hat“.693 Bei der Feststellung dieser Manifestation des verbrecherischen Vorsatzes694 berücksichtigten die Gerichte sämtliche, sowohl mit dem Geschehen, als auch mit der Person des Täters verbundenen Begleitumstände, wie zum Beispiel Vorstrafen.695 Der Beginn des Versuchs wurde folglich durch die Rechtsprechung noch weiter vorverlegt, als nach den Kriterien der objektiven, aber auch der subjektiven Lehre.696 So wurde ein Diebstahlsversuch etwa in Fällen bejaht, in denen der Täter lediglich den Weg zum Tatort eingeschlagen hatte,697 noch eine günstige Gelegenheit zur Tatbegehung abwartete,698 beziehungsweise dem Opfer auflauerte699 oder sich auf der vergeblichen Suche nach einer Gaststätte befand, in die er einzubrechen vorhatte.700 Betrugsversuch wurde bereits angenommen, wenn der Täter sich die zur Urkundenfälschung erforderlichen Mittel beschaffte701 oder den Eintritt eines Versicherungsfalles vortäuschte, ohne den Schaden zu melden.702 In späteren Entscheidungen zeichnete sich eine „Neuorientierung der Rechtsprechung“703 und damit die Tendenz ab, den Bereich des Versuchs gegenüber der Vorbereitungshandlung einzuengen.704 In Kombination der Kriterien der traditionellen Manifestationstheorie mit den Überlegungen der modernen österreichischen Lehre forderte der OGH nunmehr das Vorliegen einer „ausführungsnahen Versuchshandlung“.705 In Anlehnung an die Abgrenzungsformel Nowa690
Burgstaller, JBl 1969, 521, 531. Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 15; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. IV. 692 OGH EvBl 1964/15; 1966/41; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 15; Foregger/ Serini, StGB, § 15 Erl. IV. 693 OGH EvBl 1964/15; 1966/41. 694 OGH RZ 1974/76; vgl. Burgstaller, JBl 1969, 521, 522; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 15. 695 OGH ÖRZ 1967, 65 f.; OGH EvBl 1966/269. 696 Burgstaller, JBl 1969, 521, 532, 534. 697 SSt 5/13; erst recht bei Einfinden am Tatort SSt 17/28; 20/58; 21/103; 28/59; OGH EvBl 1950/69; 1966/288. 698 SSt 18/6. 699 SSt 22/26. 700 OGH EvBl 1966/41. 701 SSt 10/29. 702 SSt 8/113. 703 Burgstaller, JBl 1969, 521, 534. 704 Burgstaller, JBl 1969, 521, 533. 691
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kowskis wurde ein Versuch dann angenommen, „wenn sich das Verhalten des Täters nach seinen Vorstellungen entweder bereits als Ausführungshandlung darstellt oder nach seinem Plan alsbald oder doch in unmittelbarer Folge in ein solches Verhalten übergehen soll“.706 Die Versuchsstrafbarkeit setze demnach voraus, „daß das inkriminierte Verhalten sich nicht nur als objektiv erkennbare Manifestation des verbrecherischen Vorsatzes darstellt, sondern auch durch einen sinnfälligen Zusammenhang mit dem beabsichtigten Enderfolg letztlich auf diesen Erfolg ausgerichtet ist“, indem es „nach den zielgewollten Vorstellungen des Handelnden alsbald oder doch in unmittelbarer Folge in die Ausführung übergehen soll“.707 (d) Gesetzliche Regelung Seit 1974 wird der Versuchsbeginn in § 15 Abs. 2 öStGB708 geregelt. Das Primäranliegen der Strafrechtsreform war es, den Bereich des Versuchs enger zu ziehen, als nach der Manifestationstheorie.709 Durch Objektivierung der Anforderungen an den Versuchsbeginn sollte die Grenze des strafbaren Versuchs in kriminalpolitisch vertretbarem Umfang zurückgenommen werden; als Gegengewicht wurde die Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen in Form so genannter „Vorbereitungsdelikte“ erweitert.710 Nach neuem österreichischen Recht ist eine Tat versucht, sobald der Täter seinen Entschluss durch eine Ausführungshandlung oder zumindest eine ausführungsnahe Handlung im Sinne des § 15 Abs. 2 öStGB betätigt hat. Damit zieht das Gesetz die Grenze des strafbaren Versuchs gegenüber dem alten Recht enger, das heißt der Versuchsbeginn ist näher an die Deliktsvollendung herangerückt.711 Jedenfalls ist die Strafbarkeitsschwelle mit Beginn der im Tatbild umschriebenen Tätigkeit überschritten.712 Das Vorliegen einer Ausführungshandlung ist nach herrschender Ansicht subjektiv zu bestimmen, das heißt zu bejahen, wenn 705
OGH ÖRZ 1967, 65; OGH EvBl 1968/154. SSt 34/3; OGH EvBl 1961/314; 1966/288; 1968/154. 707 OGH EvBl 1961/314; 1974/269. 708 § 15 Abs. 2 öStGB: „Die Tat ist versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen oder einen anderen dazu zu bestimmen (§ 12), durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.“. 709 Burgstaller, in: StPdG, 7, 10 Fn. 5, 14. 710 Burgstaller, JBl 1969, 521, 535 Fn. 147; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 15; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. IV. 711 Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 19. 712 SSt 55/8; Burgstaller, in: StPdG, 7, 10; ders., JBl 1976, 113, 115; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 7; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. III; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 17; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 356 Rn. 12; WK-Hager/ Massauer, §§ 15 f. Rn. 26. 706
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der Täter davon ausgeht, dass sein Verhalten ohne weiteres Handeln die Tatbestandsverwirklichung nach sich zieht.713 Daneben soll nach der Regelung in § 15 Abs. 2 öStGB auch die Vornahme der Ausführung unmittelbar vorangehender, das heißt „ausführungsnaher“714 Handlungen strafbar sein. Im Zuge der Entstehungsgeschichte der Neuregelung wurde die Formulierung des Reformentwurfs, nach der Versuch erst bei einem Verhalten vorliegen sollte, das schon unmittelbar zur wirklichen Ausübung des Tatentschlusses „gehört“, vom Justizausschuss gezielt durch Abstellen auf der Ausführung unmittelbar „vorangehende“ Handlungen ersetzt, weil er eine allzu enge Begrenzung des Versuchsbereichs verhindern wollte.715 Somit hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich für eine Strafbarkeit auch unbeendeter Versuche entschieden.716 (2) Konkretisierung der Ausführungsnähe Zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der Ausführungsnähe können nach der Strafrechtsreform weder Manifestationstheorie noch die rein subjektive Lehre herangezogen werden.717 Auch die rein objektive Theorie ist zur Interpretation des geltenden Rechts nicht mehr vertretbar, da der Versuch schon begrifflich nicht ohne Bezugnahme auf den Handlungswillen erfasst werden kann.718 Vielmehr ist das dem Versuchsbegriff immanente subjektive Element mit der aus rechtsstaatlichen Gründen unverzichtbaren Begrenzung im Sinne der Eindruckstheorie zu vereinigen und individuell-objektive Ausführungsnähe zu fordern.719 Dementsprechend ist Beurteilungsgrundlage für die vom objektiven Standpunkt eines begleitenden Beobachters zu bewertende720 Ausführungsnähe wie in Deutschland nicht primär das äußere Geschehen, sondern die Vorstellung, die sich der Täter selbst vom konkreten Ablauf der Tat gemacht hat, das heißt sein genauer Tatplan.721 713 Burgstaller, JBl 1976, 113, 116; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 356 Rn. 13. Anders die früher vertretene objektive Theorie, nach der eine Ausführungshandlung vorliegen sollte, wenn sie „für sich betrachtet, allein ins Auge gefaßt, der Beschreibung genügt, die das anzuwendende Strafgesetz entwirft“, vgl. Rittler, AT, 264. 714 OGH JBl 1990, 329, 332. 715 Burgstaller, in: StPdG, 7, 15; ders., JBl 1976, 113, 115, 119. 716 Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 7. 717 Burgstaller, in: StPdG, 7, 10; ders., JBl 1976, 113, 115. 718 Burgstaller, in: StPdG, 7, 8, 11; ders., JBl 1976, 113, 115. 719 OGH EvBl 1981/192; SSt 46/22; 56/10; 56/55; Burgstaller, JBl 1976, 113, 116; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 19. 720 OGH EvBl 1975/283; 1981/192; 1981/241; OGH JBl 1983, 495; Kienapfel/ Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 19; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 11; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 357 f. Rn. 16.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Die Rechtsprechung entwickelte im Laufe der Zeit diverse Kriterien zur Feststellung ausführungsnahen Verhaltens. Indiz für die Bejahung des Versuchsbeginns soll danach etwa die zeitliche Nähe zur tatbestandsmäßigen Handlung sein.722 Genereller wird auf das Fehlen von Zwischenakten abgestellt,723 das heißt zwischen der bereits vorgenommenen Tätigkeit und der Tatvollendung dürfen keine temporären, örtlichen oder manipulativen Etappen liegen,724 vielmehr muss bereits eine „unmittelbare sinnfällige Beziehung zum tatbildmäßigen Unrecht“ bestehen.725 Dabei sind auch die aktionsmäßige und zeitliche Ausführungsnähe stets nur anhand des konkreten Tatplanes und insofern subjektiv zu ermitteln.726 In vielen Urteilen wird zudem auf die „Überwindung der entscheidenden Hemmstufe“ abgestellt, das heißt es wird gefragt, ob der Täter bei Betrachtung des Tatplanes durch einen objektiven Dritten mit der vorgenommenen Handlung die maßgebliche Hemmschwelle bereits überwunden hatte.727 Unter Zusammenfassung dieser Kriterien wird vielen Entscheidungen folgende Abgrenzungsformel zugrunde gelegt: „Maßgebend ist, ob die Handlung aus wertender Sicht ex ante und unter Berücksichtigung der konkreten Vorstellungen des Täters unmittelbar, das heißt ohne weitere selbständige Zwischenakte, in die Tatbestandsverwirklichung einmünden soll.“ Das soll der Fall sein, wenn eine „enge zeitlich-örtliche beziehungsweise aktionsmäßige Beziehung zur Tatbestandsverwirklichung“ besteht.728 Zu bemerken ist noch, dass die Bestimmung der ausführungsnahen Handlung aufgrund der Tatbestandsbezogenheit des Versuchs729 entsprechend der jeweiligen tat- und deliktsspezifischen Besonderheiten variiert.730 Evident wird dies 721 SSt 46/24; OGH EvBl 1980/220; 1981/104; OGH JBl 1981, 108; OGH RZ 1988/49; OGH JBl 1990, 332; Burgstaller, in: StPdG, 7, 11, 15 f.; ders., JBl 1976, 113, 116, 119; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 17; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 19; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 8 ff., 20; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 352 Rn. 2, 357 Rn. 15, 358 Rn. 17; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 30. 722 OGH EvBl 1979/6; Burgstaller, JBl 1976, 113, 118 f.; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 7; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 6, 9; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 357 Rn. 16. 723 OGH EvBl 1978/115; Burgstaller, JBl 1976, 113, 118 f.; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 17; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. V; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 357 Rn. 16. 724 OGH LSK 1975/34; SSt 60/80; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 19. 725 SSt 45/9; 46/37; 47/15; OGH RZ 1978/54; OGH EvBl 1979/6. 726 Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 358 Rn. 17. 727 OGH EvBl 1975/283; 1981/192; 1981/241; OGH JBl 1983, 495; Burgstaller, in: StPdG, 7, 16; ders., JBl 1976, 113, 119 f.; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 19; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 9, 11; krit. WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 31. 728 SSt 46/22; 48/87; 49/26; OGH EvBl 1979/6; SSt 57/21; OGH JBl 1987, 58; 1988, 661; 1990, 329, 332; 1992, 726; OGH EvBl 1996/312; 1998/182; Kienapfel/ Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 19; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 9 f.; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 357 Rn. 16; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 30.
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
147
vor allem am Beispiel des Betrugs, der grundsätzlich schon dann vorliegen müsste, wenn der Täter eine ausführungsnahe, das heißt der Täuschung unmittelbar vorangehende Handlung vornimmt, erst recht aber, wenn er bereits mit der Irreführung beginnt.731 Es stellt sich allerdings hier die Frage, ob jede Täuschungshandlung schlechthin bereits als strafbare Ausführungshandlung angesehen, oder ob sie unter Umständen nur als „Vorbereitungshandlung mit Täuschungseffekt“ qualifiziert werden kann.732 Teilweise wird angenommen, dass bloß vorbereitende Täuschungshandlungen, die das Gelingen einer späteren Irreführung nur ermöglichen oder erleichtern sollen, ohne für den beabsichtigten Willensentschluss des Getäuschten zumindest mitursächlich zu sein, weder als tatbestandsmäßiges Verhalten im Sinne des § 146 öStGB, noch als ausführungsnahe Handlungen gemäß § 15 Abs. 2 öStGB in Betracht kommen.733 Abzustellen sei auf den „entscheidenden Täuschungsakt“, der aufgrund einer wertenden Betrachtung des Tatplanes zu einer konkreten Gefährdung des fremden Vermögens führe und insofern „erfolgsbezogen“ sei;734 Täuschungshandlungen im Rahmen bloß vorbereitender Vertrauenserschleichung begründeten dagegen noch keinen Versuch.735
IV. Untauglichkeit Ein untauglicher Versuch liegt vor, wenn die Ausführung des Tatentschlusses entgegen der Tätervorstellung aufgrund eines Mangels am Tatobjekt oder Subjekt, des Nichtvorliegens sonstiger Tatmodalitäten oder der Unzulänglichkeit der Tatmittel nicht zur Deliktsvollendung führen kann. Als Sonderfall bezeich729 OGH EvBl 1975/71; Burgstaller, in: StPdG, 7, 13; ders., JBl 1976, 113, 116, 118; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 10. 730 SSt 48/98; OGH EvBl 1978/115; 1981/104; SSt 52/23; OGH EvBl 1983/186; OGH RZ 1988/49; OGH EvBl 1998/182; Fuchs, AT I, 29/37 ff.; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 21 Rn. 20; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 9, 15; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 30. 731 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 217. Das Kriterium der zeitlichen Nähe bezieht sich nur auf der Ausführung vorangehende Handlungen, sodass das Erfordernis weiterer Zwischenakte der Strafbarkeit bei mehrstufig angelegtem Betrug nicht entgegensteht; ebensowenig schadet eine zeitliche Diskrepanz zwischen Täuschungsbeginn und Schadenseintritt, OGH JBl 1992, 126. 732 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 219. 733 OGH JBl 1990, 329; OGH EvBl 1993/39. Bsp.: Wer sich als Finanzbeamter ausgibt, um vom Berechtigten ein Sparbuch herauszulocken, begeht dadurch keinen Betrugsversuch gegenüber dem Berechtigten, da ein Sparbuch kein Wertträger ist; mangels zeitlicher und aktionsmäßiger Nähe zur Ausführungshandlung liegt auch kein Betrugsversuch gegenüber der Bank vor, OGH JBl 1992, 726; krit. WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 224, die trotz Notwendigkeit der weiteren Täuschung der Bankbeamten bereits eine konkrete Vermögensgefährdung bejahen. 734 Karollus, JBl 1989, 627. 735 WK-Hager/Massauer, §§ 15 ff. Rn. 223 m. w. N.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
net der Begriff des abergläubischen Versuchs Konstellationen, in denen die Untauglichkeit auf der Verwendung irrealer, der menschlichen Beherrschbarkeit entzogener Tatmittel (Totbeten, Verhexen etc.) beruht.736 Abermals sind zur Behandlung dieses Problemkreises zwei kriminalpolitische Strömungen miteinander konfrontiert:737 Der Objektivismus fordert mangels tatsächlicher Gefährdung des angegriffenen Rechtsgutes die Straflosigkeit untauglicher Handlungen, während die subjektive Versuchslehre in Anbetracht der gleichermaßen kriminellen und daher gefährlichen Täterpersönlichkeit die Untauglichkeit grundsätzlich als unbeachtlich ansehen müsste.738 1. Autoritärer Ansatz: England Die Frage nach der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs hat im englischen Recht vor allem im Zuge der gegenüber dem „Common Law“ subjektivierten Konzeption des „Criminal Attempts Act“ interessante Entwicklungen durchlaufen.739 a) Problemstellung Einigkeit besteht in England insoweit, als nicht jeder untaugliche Versuch („impossible attempt“) strafrechtlich relevant sei; höchst zweifelhaft ist jedoch, in welchen Fällen die Strafbarkeitsschwelle überschritten sein soll.740 Auch in diesem Zusammenhang stehen sich mit der „putative fact“-Theorie und der „actual fact“-Lehre wieder zwei konkurrierende Auffassungen gegenüber.741 Die Frage lautet, ob das Recht des Versuchs sich an den vom Täter angenommenen Tatsachen orientieren, oder auf die wirklichen Umstände abstellen sollte.742 Es geht also auch hier um die Kontroverse zwischen Subjektivisten und Objektivisten, das heißt zwischen denen, die für die strafrechtliche Verantwortlichkeit hauptsächlich an die Intentionen und Vorstellungen des Täters an736
Wessels/Beulke, AT, Rn. 619 f. „Sur cette question, les utilitaristes d’une part, les romano-canonistes et les positivistes de l’autre s’opposent encore une fois: les premiers soutiennent qu’il faut acquitter parce qu’aucun intérêt socialement protégé n’a été mis en péril (. . .), les autres plaident pour la condamnation en soulignant l’intention mauvaise ou la dangerosité (. . .).“, Robert, Droit pénal général, 218; vgl. Mayer/Gazounaud, D. 1986, 265. 738 Constant, Traité élémentaire, 251 Rn. 181. 739 Fletcher, Rethinking, 169; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 55. 740 Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55. 741 Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 36. 742 „The question is whether the law of criminal attempt is or should be based on the supposed facts (. . .), or whether it requires or should require all or some of the forbidden elements to be actually (. . .) present.“, Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 36. 737
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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knüpfen wollen und denen, die die Strafbarkeit auf die tatsächliche Beziehung zwischen Täterverhalten und Tatbestand gründen wollen.743 Das Problem ist demnach erneut sowohl aus „fault-centred“, als auch aus „act-centred“ Perspektiven zu betrachten.744 Der „fault-centred“ Ansatz ist eine klare Ausprägung der subjektivistischen Auffassung, dass eine Tathandlung entsprechend der Tätervorstellung bewertet werden müsse, während der „act-centred approach“ an die Abwesenheit einer konkreten Gefahr anknüpft.745 b) „Common Law“ Im grundsätzlich objektivistisch geprägten „Common Law“ wird eine Strafbarkeit des untauglichen Versuchs nur in sehr eingeschränktem Maße zugelassen,746 da in den meisten Fällen eine Bejahung der „proximity“ ausgeschlossen scheint.747 Es existiert somit eine Vielzahl von Fallgruppen untauglicher Versuche, denen es an strafrechtlicher Relevanz mangelt.748 aa) Tatsächliche Untauglichkeit Im Fall der „factual impossibility“ hat der Täter zwar den Vorsatz der Begehung eines bestimmten Delikts, jedoch soll die Strafbarkeit wegen eines „lack of an appropriate actual, or „objective“ connection between her conduct and the intended criminal result“ zu verneinen sein.749 (1) Untauglichkeit des Mittels: „Apparent“ und „intrinsic impossibility“ Ausschließlich in Fällen der Untauglichkeit des Tatmittels ist die „putative fact“-Theorie einhellig anerkannt und ermöglicht grundsätzlich eine Bestrafung wegen Versuchs.750 Einschränkend fordert Duff allerdings zumindest eine „present“ oder „apparent ability to commit the crime“ beziehungsweise ein Verhalten, das „intrinsically adapted“ zur Tatbestandsverwirklichung ist, das heißt straflos sollen „offensichtlich“ und „wesentlich“ untaugliche Versuche bleiben.751 743 744 745 746 747 748 749 750 751
Duff, Attempts, 115. Ashworth, Principles, 469. Ashworth, Principles, 468 f. Duff, Attempts, 194 f. Lord Reid, in: „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476, 500. Duff, Attempts, 80; Smith/Hogan, Criminal Law, 320. Duff, Attempts, 114. Williams, Criminal Law, 635, 643; ders., Camb. L. J. 1986, 33, 36. Duff, Attempts, 80.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
So zählt auch nach Fletchers „theory of aptness“ nicht die konkrete, sondern die scheinbare Gefährlichkeit einer Handlung,752 das heißt die Untauglichkeit soll beachtlich sein, wenn das Scheitern des Versuchs sich einem objektiven, vernünftigen Beobachter geradezu aufdrängt („apparent impossibility“).753 Das sei dann der Fall, wenn die Annahme des Täters, die Tat vollenden zu können, auf einem „unreasonable mistake, either about particular facts (. . .) or about how the world works“ beruhe.754 Weiterhin soll ein Versuch dann straflos bleiben, wenn es dem Täter absolut, das heißt von den Umständen des konkreten Einzelfalles unabhängig, unmöglich sei, den Taterfolg herbeizuführen („intrinsic impossibility“).755 Dagegen schließe ein auf äußeren Faktoren beruhender Fehlschlag eine Verurteilung nicht aus.756 Praktisch bejahten die Gerichte in nahezu allen Fällen eine „apparent“ beziehungsweise „intrinsic adaptedness“ der Tathandlung, sodass die von Duff und Fletcher vorgesehenen Ausnahmen rein theoretischer Natur sind. Grundsätzlich steht also die Untauglichkeit des Tatmittels auch im ansonsten eher objektiv ausgerichteten „Common Law“ einer Versuchsstrafbarkeit nicht entgegen.757 (2) Untauglichkeit des Objekts: „Missing victims“ und „missing objects“ Straflosigkeit ist im „Common Law“ dagegen anzunehmen, wenn die Untauglichkeit auf dem Fehlen des Tatobjekts beruht. Nachdem dies zunächst jedenfalls bezüglich des Vorhandenseins des Tatopfers galt,758 wurde die Lehre später auch auf Objekte ausgeweitet, die nicht gleichzeitig tatbestandlich geschütztes Rechtsgut sind.759 Diskutiert wurde das Problem des Mangels am Tatobjekt hauptsächlich anhand von „empty pocket“-Fällen, das heißt von Sachverhalten, in denen der Täter seine Hand in Diebstahlsabsicht in eine Tasche des Tatopfers steckt, um 752 „(. . .) attempts require only an „apparent adaptation“ of action to the intended end, not „perfect adaptedness“; an „apparent ability“ to commit the crime, or „apparently suitable“ means.“, „Kunkle“, 32 Ind. 220 (1869, Indiana), 231; vgl. „Kennedy“, 48 N. E. 770 (1897); „Trent“, 156 S. E. 567 (1931, Virginia), 569; „Thomas“, 438 S. W. 2 d 441 (1969, Missouri), 446. 753 Duff, Attempts, 114, 195; Fletcher, Rethinking, 149. 754 Duff, Attempts, 114. 755 Duff, Attempts, 83; vgl. „Trent“, 156 S. E. 567 (1931, Virginia), 569; „Thomas“, 438 S. W. 2 d 441 (1969, Missouri), 446. 756 Duff, Attempts, 83; vgl. „Wilson“, 30 Conn. 500 (1862, Connecticut), 504 ff. 757 Duff, Attempts, 85. 758 „Thomas“, 13 U. S. C. M. A. 278 (1962), 299 ff.; Duff, Attempts, 85. 759 „An attempt must be directed at an object upon which it is possible to commit the crime.“, „Porter“, 242 P. 2 d 984 (1952, Montana), 987; „Osborn“ (1920), 84 J. P. 63; Duff, Attempts, 86.
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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festzustellen, dass diese leer ist. Während noch in „Collins“760 eine Strafbarkeit wegen „attempted theft“ verneint wurde, wurde diese infolge der in „Brown“761 obiter dictum vollzogenen Rechtsprechungsänderung, nach der ein Versuch lediglich ein Putativobjekt erfordere, in „Ring“ bejaht.762 Die Entscheidung in „Haughton v. Smith“763 griff allerdings auf die in „Collins“ aufgestellte „empty pocket“-Regel zurück;764 es reiche nicht, dass der Täter vernünftigerweise an das Vorhandensein des Tatobjektes glaube, sondern es sei nur auf die tatsächliche Lage abzustellen.765 bb) Rechtliche Untauglichkeit Nach der Lehre von der rechtlichen Untauglichkeit („theory of the intended end“)766 ist eine Strafbarkeit wegen Versuchs ausgeschlossen, wenn „an agent’s intended ends, even if completed, would not amount to a crime“.767 Einigkeit besteht darüber, dass das Legalitätsprinzip die Straflosigkeit des Wahndelikts gebiete;768 ansonsten ist die Reichweite des Begriffes „mistake of law“ jedoch zweifelhaft.769 Die Annahme der Straflosigkeit aufgrund rechtlicher Untauglichkeit wurde von den Gerichten zunächst auf Fälle der „legal obstacles“,770 das heißt auf Konstellationen ausgedehnt, in denen der Ausführung der Tat rechtliche Hindernisse entgegenstehen;771 auch hier sei die Vollendung juristisch unmöglich.772 760 761 762 763 764
„Collins“ (1864), 9 Cox. C. C. 497 f. „Brown“ (1889), 16 Cox. C. C. 715. „Ring“ (1892), 61 L. J. M. C. 116, 66; Williams, Criminal Law, 636, 639. „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476. Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 34 bezeichnet diese plakativ als „thieves char-
ter“. 765
Duff, Attempts, 114. Fletcher, Rethinking, 182. 767 „Berrigan“, 482 F. 2 d 171, 188. Duff, Attempts, 92 und Fletcher, Rethinking, 179 halten diesen Ansatz aufgrund der Beliebigkeit der Beschreibung der „intended ends“ für problematisch. 768 „Stephens v. Abrahams“ (1902), 27 V. L. R. 753 (Victoria); Duff, Attempts, 92 f., 114; Williams, Criminal Law, 634 („New criminal law cannot be manufactured merely because the defendant thinks it exists.“). 769 Duff, Attempts, 93 ff. will den Begriff „law“ in diesem Zusammenhang auf das Strafrecht beschränken und zivilrechtliche Fragen unter „facts“ subsumieren. 770 Duff, Attempts, 96 ff. 771 So wurde in „Taylor“, 133 S. W. 2 d 336 (1939, Missouri), 340 eine Strafbarkeit wegen „attempt to corrupt a summoned juror“ verneint, weil der Begünstigte kein Jurymitglied mehr war. Vgl. auch „Teal“, 89 N. E. 1086 (1909, New York), 1088: „(. . .) trying to induce someone to give false evidence in a case does not constitute attempting o suborn perjury if that evidence would have been immaterial.“. 772 Duff, Attempts, 97 weist auch in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit der erweiterten Beschreibung der „intended ends“ hin. 766
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
cc) Irrtum über einen tatsächlichen Tatumstand (so genannte „legal impossibility“) Im Fall der fälschlich so genannten „legal impossibility“ fehlt es an einem Tatbestandsmerkmal („legal requirement of the offence“),773 dessen Vorliegen der Täter irrig annimmt.774 Diskutiert wird dieses Problem vor allem am Beispiel des „handling of non-stolen goods“.775 (1) „Haughton v. Smith“ In Konstellationen wie der oben beschriebenen wurde teilweise unter Berufung auf rechtliche Untauglichkeit freigesprochen:776 „(. . .) where the man is never on the thing itself at all (. . .) he is not on the job although he thinks he is. (. . .) he has done it all under a misapprehension.“777 Berühmt geworden ist die Entscheidung im Fall „Haughton v. Smith“ aus dem Jahr 1975.778 Im zugrunde liegenden Sachverhalt wurde der Fahrer eines mit Diebesgut beladenen Lastkraftwagens verhaftet; unter Polizeibeobachtung fuhr der Transporter weiter zu einer Autobahnraststätte, an der der Täter die Ladung zum Weiterverkauf übernehmen sollte. Der Polizeigewahrsam an der Ladung begründete wieder „lawful custody“, sodass sie nicht mehr als gestohlen galt. Mit dieser Begründung wurde eine Strafbarkeit wegen „attempted handling of stolen goods“ verneint.779 Durch die Feststellung, dass „steps on 773
Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 26. „(. . .) agent acts in a mistaken belief about a factual circumstance of her action – a belief such that, had it been true, she would have been committing an offence.“, Duff, Attempts, 114. 775 Duff, Attempts, 101 ff. 776 „Jaffé“, 78 N. E. 169 (1906, New York), 170 (kein „attempted receiving of stolen goods“, wenn der Täter Ware in dem Glauben kauft, sie sei gestohlen, sich diese aber bereits wieder in Gewahrsam und unter Kontrolle des wahren Eigentümers befindet); „Osborn“ (1920), 84 J. P. 63 (kein „attempt to administer noxious things“, wenn der Täter einer Schwangeren Tabletten verabreicht, die angeblich zur Abtreibung führen sollen, aber unschädlich sind); „Booth“, 398 P. 2 d 863 (1964, Oklahoma). 777 „Osborn“ (1920), 84 J. P. 63. 778 „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476, 497 D. 779 Die Rechtsprechung bis zu diesem Zeitpunkt bot ein uneinheitliches Bild: Für Straflosigkeit „Percy Dalton“ (1949), L. J. R. 1626 (Die Täter verkauften eine bestimmte Menge Birnen zu einem Preis unter dem zulässigen Maximum in der Annahme, die Menge sei kleiner, sodass das entsprechende Preislimit überschritten wäre. Eine Strafbarkeit wegen „attempting to sell at a price in excess of the permitted maximum“ wurde verneint.); „McDonough“ (1962), 47 Cr. App. R. 37; „Donelly“ (1970), N. Z. L. R. 980. Für Strafbarkeit „Millar and Page“ (1965), 49 Cr. App. R. 241; „Curbishley and Crispin“ (1970), 55 Cr. App. R. 310 (Die Täter fuhren mit dem Auto an den vereinbarten Ort, um vermeintliches Diebesgut abzuholen, die Ware wurde von der Polizei jedoch bereits entfernt. Eine Strafbarkeit wegen „attempt to assist in the removal of stolen goods“ wurde, obwohl die Abgrenzung zu den „missing object“774
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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the way of doing something which is thereafter not completed, but which if done would not constitute a crime cannot be indicted as attempts to commit that crime“780 bezieht das „House of Lords“ eine „act-centred“ Position:781 Der Handelnde „may without interruption efficiently do every act which he set out to do, but may be saved from criminal liability by the fact that what he has done, contrary to his own belief at the time, does not after all amount in law to a crime“.782 Das „handling of non-stolen goods“ kann nach Ansicht von Lord Hailsham nicht dadurch zu einem strafbaren Versuch werden, dass der Täter irrig annimmt, die Ware sei gestohlen;783 Strafe könne sich nicht allein auf die Gesinnung gründen784 und Richter dürften das „Common Law“ nicht so fortbilden, dass es Verhalten bestrafe, das nicht vom Parlament verboten sei.785 Die Grundsatzentscheidung in „Haughton v. Smith“ hatte weitreichende Folgen für die Frage nach der Strafbarkeit untauglicher Versuche: „In Roger Smith the Appellate Committee excluded mistaken beliefs from liability for attempt, and so rivetted the actual fact theory upon the law.“786 (2) Theoretische Begründungsversuche J. C. Smith versuchte bereits 1957 die Straflosigkeit von „legal impossibility“-Konstellationen zu erklären.787 Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist die Differenzierung zwischen „pure“ und „consequential circumstances“, das heißt zwischen solchen Tatumständen, die zwar ausdrücklich Bestandteil des Tatbestandes und damit unabdingbare Strafbarkeitsvoraussetzung, für das Endziel des Täters aber irrelevant sind („pure circumstances“) und solchen, deren Vorliegen zwar tatbestandlich nicht zwingend erforderlich, für das Erreichen des Täterzieles jedoch wesentlich ist („consequential circumstances“).788 So will Smith zum Beispiel das Vorhandensein des Tatobjektes als „consequential circumstance“ Fällen problematisch scheint (so Lord Widgery, in: „Haughton v. Smith“ (1973), 2 All. E. R. 869, 902), bejaht.). 780 Lord Hailsham, in: „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476, 497 D. 781 „The House of Lords in Haughton v. Smith adopted an act-centred stance (. . .).“, Ashworth, Principles, 470. 782 „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476, 493 F; vgl. auch 496 G–H. 783 Lord Hailsham, in: „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476, 490 E–F. 784 Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 63. 785 „(. . .) such a radical change in the principles of our law should not be introduced in this way.“, Lord Hailsham, in: „Haughton v. Smith“ (1973), 3 All. E. R., 1121; vgl. Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 63. 786 Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 37. Die in „Haughton v. Smith“ für die Versuchsstrafbarkeit formulierten Prinzipien wurden in „Nock“ (1978), 3 W. L. R. 57 auf die „conspiracy“ übertragen. 787 Smith, Harv. L. R. 70 (1956–1957), 422 ff. 788 Smith, Harv. L. R. 70 (1956–1957), 422, 424 f.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
qualifizieren, während so genannte „attributes“ (etwa „stolen“) in die Kategorie der „pure circumstances“ fallen sollen.789 Da das Vorliegen eines „pure circumstance“ für das vom Täter verfolgte Ziel unbeachtlich sei, müsse dieser bei Fehlen eines solchen Tatumstandes straflos bleiben:790 „Where there is no failure of purpose on the part of the defendant, there cannot be an attempt.“;791 dagegen sei eine Strafbarkeit zu bejahen, wenn der Täter mangels eines „consequential circumstance“ sein Ziel nicht erreiche.792 Der Begründungsversuch Fletchers („test of rational motivation“) orientiert sich an der Wortbedeutung,793 indem er annimmt, dass „people attempt to achieve only those ends that affect their motivation in acting“.794 Die Beachtlichkeit von Irrtümern soll also – insoweit ganz ähnlich dem Ansatz von Smith – davon abhängen, ob diese das Handlungsmotiv des Täters beeinflussen.795 Ein strafbarer Versuch könne demnach nur vorliegen, wenn das Erkennen des Irrtums den Täter zu einer Verhaltensänderung bewegen würde. (3) Bewertung Die sowohl von Smith als auch von Fletcher vorgenommene Differenzierung zwischen Irrtümern über ein Motiv des Täters, die der Annahme eines Versuchs nicht entgegenstehen sollen, und strafbarkeitsausschließenden Fehlvorstellungen über Tatumstände, die nur vom direkten Vorsatz umfasst sind, wurde vielfach als wenig überzeugend bewertet.796 So sieht Temkin keine moralische, philosophische oder logische Rechtfertigung der Unterscheidung zwischen „pure“ und „consequential circumstances“;797 sein Alternativvorschlag, grundsätzlich am objektiven Ansatz festzuhalten, diesen aber bei schwereren Delikten wie zum Beispiel Mord zu relativieren,798 erscheint jedoch auch kaum hilfreich. Speziell die Entscheidung des „House of Lords“ im Fall „Haughton v. Smith“ wurde scharf kritisiert, da sie trotz der Notwendigkeit der Differenzierung zwi789
Smith, Harv. L. R. 70 (1956–1957), 422, 425 f. Smith, Harv. L. R. 70 (1956–1957), 422, 437. 791 Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 57. 792 Smith, Harv. L. R. 70 (1956–1957), 422, 437. 793 Fletcher, Rethinking, 163. 794 Fletcher, Rethinking, 181. 795 „Mistaken beliefs are relevant to what the author is trying to do if they affect his incentive in acting.“; „(. . .) there should be liability in a case of impossibility only if the actor fails in his purpose.“, Fletcher, Rethinking, 161, 163. 796 Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 78 ff. 797 Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 65. 798 Ziel dieser Argumentation ist es, „to restrict the ambit of the law of attempt and reserve preventive detention for those situations where it is genuinely necessary“, Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 69. 790
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schen rechtlicher und tatsächlicher Untauglichkeit799 eine klare Unterscheidung zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtum vermissen lasse.800 Fälschlicherweise sei nämlich der „Haughton v. Smith“ zugrunde liegende Sachverhalt als Rechtsirrtum qualifiziert worden, obwohl es sich hier in Wahrheit um eine Fehlvorstellung über die „factual history of the goods“, also über einen tatsächlichen Geschehensablauf, handele.801 Unterliege der Täter lediglich einem Tatsachenirrtum, solle dies einer Strafbarkeit wegen Versuchs aber nicht entgegenstehen.802 Zudem setze sich die Entscheidung dem Vorwurf der Widersprüchlichkeit aus, da sie das Vorliegen des Vorsatzes der Deliktsvollendung eindeutig bejahe;803 dieser sei richtigerweise aber gerade entsprechend der Tätervorstellung zu bestimmen.804 dd) Zusammenfassung Der „act-centred approach“ des „Common Law“ hält den untauglichen Versuch grundsätzlich für straflos:805 „(. . .) impossibility is a general defence at common law.“806 Dies gilt sowohl für Sachverhalte, in denen die Untauglichkeit auf einem Mangel des Tatobjekts beruht,807 als auch für Fälle der rechtlichen Untauglichkeit (Straflosigkeit des Wahndelikts808 und Beachtlichkeit der so genannten „legal impossibility“809). Einzig bei Untauglichkeit des Mittels wird ausnahmsweise eine Versuchsstrafbarkeit bejaht.810 Begründet wird der Grundsatz der Straflosigkeit damit, dass sich angesichts der Abwesenheit einer konkreten Gefahr811 ein Eingriff in die individuelle Handlungsfreiheit nicht rechtfertigen lasse.812 Aufgrund der sich daraus erge799
„Faustina“, 345 P. 2 d 543 (1959); Duff, Attempts, 102. Fletcher, Rethinking, 164; Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 55. 801 Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 73. 802 „(. . .) when the actor is mistaken as to the circumstances it is impossible for him to consummate the actus reus he intends. On such facts a conviction for attempt ought to be possible.“, Williams, Criminal Law, 649; ders., Camb. L. J. 1986, 33, 56. 803 „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476, 492 A, 498 C, 500 A, 501 G. 804 Duff, Attempts, 99 ff., 106; Williams, Criminal Law, 643. 805 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 55, 57. 806 „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476; Smith/Hogan, Criminal Law, 321. 807 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 57; Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 34. 808 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 55. 809 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 57. 810 Lord Hailsham, in: „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476, 495; Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 25 f.; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 57; Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 34. 811 Ashworth, Principles, 469; Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55. 812 Ashworth, Principles, 469. 800
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
benden Missbrauchsgefahr dürfe eine Verurteilung nicht allein auf einem Geständnis beruhen; es bestehe ein „risk of oppression if the law criminalizes people in objectively innocent situations“.813 c) Rechtslage seit CAA 1981 Eines der vorrangigen Regelungsziele des „Criminal Attempts Act“ war es, die als kriminalpolitisch bedenklich und irrational empfundene814 Haltung des „Common Law“ zum untauglichen Versuch zu überwinden.815 aa) Empfehlung der „Law Commission“ Bereits der Empfehlung der „Law Commission“ lag die auf der harschen Kritik an der Entscheidung in „Haughton v. Smith“ beruhende Absicht zugrunde, die Möglichkeit der Berufung auf die Untauglichkeit des Versuchs generell auszuschließen.816 Schon im „Working Paper“ bekannte sich die Kommission zu einem „subjective approach which is directed towards the mental state of the accused and ignores the fact that the crime may be impossible to commit“.817 Kriminalpolitischer Hintergrund dieser repressiven Tendenz ist ein subjektivistischer Ansatz: Der mangels eines objektiven Elements untaugliche Versuch soll aufgrund der Gefährlichkeit des Täters strafbar bleiben.818 Die die Schwerpunktverlagerung von der Tat auf den Täter rechtfertigende Strafwürdigkeit ergebe sich dabei aus der rechtsfeindlichen Einstellung des Handelnden:819 „The contemporary justification for focusing on the internal attitude of the actor is that acting on the intention to cause harm to others represents a rejection of the legal order.“820 Aufgabe des Strafrechts sei es, rechtstreue Bürger durch entschlossenes Vorgehen gegen Täter zu schützen, die sich als Feinde der Rechts813
Ashworth, Principles, 469. „Under the present law, however, successful prosecution seems to depend on the selection of the appropriate charge and on its wording.“, Law Comm. No. 102, 2.64. Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 35 kritisiert die unterschiedliche Behandlung von Untauglichkeit des Mittels einerseits und untauglichem Tatobjekt andererseits als unlogisch und willkürlich. 815 Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 35. 816 „(. . .) the uncertain and capricious results of „Haughton v. Smith“ necessitated the elimination of any general „impossibility“ defence.“, Duff, Attempts, 108; Law Comm. No. 102, 2.93 f.; vgl. Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 16; Hogan, Crim. L. R. 1984, 584, 586. 817 Temkin, M. L. R. 39 (1976), 55, 59, 65. 818 Ashworth, Principles, 469; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 62 f. 819 Fletcher, Concepts, 180. 820 Fletcher, Concepts, 179. 814
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ordnung erwiesen;821 diese dürften durch eine Straflosigkeit nicht dazu ermuntert werden, es bei nächster Gelegenheit besser zu machen.822 Die Untauglichkeit ändere weder etwas an der Gefährlichkeit, noch an der moralischen Verwerflichkeit der Handlung.823 Aufgrund dieser Erwägungen und um den erbitterten Streit um die Strafbarkeit untauglicher Versuche endgültig beizulegen, empfahl die „Law Commission“ einen „fault-centred approach“, der keine Verteidigung durch Berufung auf die Untauglichkeit erlaubt,824 das heißt strafbar soll der Täter mit „mens rea“ sein, der „commits acts, which, if the facts were as he believed them to be, would have amounted to the actus reus of the full crime or would have been sufficiently proximate to amount to an attempt.“825 Die britische Regierung stand den Vorschlägen der „Law Commission“ zunächst ablehnend gegenüber und wollte am status quo von „Haughton v. Smith“, also an der Straflosigkeit in Fällen der so genannten „legal impossibility“ festhalten.826 Angesichts der vorgebrachten Zweifel an dem theoretischen Wert und der Praktikabilität der extensiven Lehre von der rechtlichen Untauglichkeit827 übernahm die Regierung den Kommissionsvorschlag letztlich zwar nicht wortgetreu, aber doch inhaltsgleich.828 bb) Regelung in s. 1 Abs. 2 und 3 CAA Mit der Regelung in s. 1 Abs. 2 und 3 CAA sollte der Beachtlichkeit untauglicher Versuche der Todesstoß versetzt („death of impossibility“829) und die „putative fact theory“ gesetzlich verankert werden.830 Die Versuchsstrafbarkeit erfordert nach dem Statut lediglich die Intention der Deliktsbegehung und die 821
Fletcher, Concepts, 179; Smith/Hogan, Criminal Law, 325. Law Comm. No. 102, 2.96. 823 „State of mind is just as blameworthy as it would be if the facts were as he believed them to be“, Ashworth, Principles, 470. 824 „The Law Commission recommended this legislation because experience showed that the whole subject was an intellectual minefield; so the only thing to do was to fence it off and erect a „Keep out“ notice (. . .).“, Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 38; vgl. Ashworth, Principles, 470. 825 Law Comm. No. 102, 2.96. 826 „Criminal Attempts Bill 1980“, s. 1 Abs. 3; vgl. Dennis, Crim. L. R. 1982, 5 f.; Duff, Attempts, 109; Hogan, Crim. L. R. 1984, 584, 586; Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 37. 827 House of Commons Special Standing Committee (SSC) D, 3, 5. Feb. 1981, 27– 49, 61–107. Vgl. zum Verfahren Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 6; Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 37. 828 Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 6, 9 f.; Hogan, Crim. L. R. 1984, 584, 586 f. 829 Duff, Attempts, 106. 830 „(. . .) the purpose of the Act was to apply the putative fact theory across the board.“, Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 60. 822
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Vornahme eines „more than merely preparatory act“; die Tauglichkeit der Handlung ist gerade keine dritte Voraussetzung.831 Indem immer auf die Tätervorstellung abgehoben wird („(. . .) in an attempt you take the facts as the defendant believed them to be. If, on the supposed facts, he would have been guilty of an attempt, then he is guilty of it.“832), steht das Fehlen eines objektiven Elements der Strafbarkeit nicht länger entgegen.833 S. 1 Abs. 2 CAA834 regelt die Fälle des Tatsachenirrtums, das heißt der Untauglichkeit des Mittels beziehungsweise des Tatobjekts.835 Ratio legis dieser Vorschrift ist es, die Abschaffung der „missing object rule“836 des „Common Law“ durch ausdrückliche Anordnung der Strafbarkeit unmissverständlich zu statuieren.837 Das Wort „may“ wird dabei als Redaktionsversehen bewertet. Im ursprünglichen Entwurf folgte in s. 1 Abs. 3 CAA eine Ausnahmeregelung für bestimmte Konstellationen der rechtlichen Untauglichkeit; nach deren Streichung wäre eine Änderung des Wortlauts auf „is“ erforderlich gewesen, die aber unterblieb. Diese Ungenauigkeit wird durch eine entsprechend weite gerichtliche Auslegung korrigiert.838 Extensiv ist auch der Begriff der „facts“ dahingehend zu verstehen, dass auch Irrtümer über das Zivilrecht erfasst sein sollen.839 Eine Annäherung an die objektive Lehre wird insoweit vollzogen, als irreale beziehungsweise abergläubische Versuche („superstitious attempts“) straflos bleiben sollen.840 Der „fault-centred approach“ von s. 1 Abs. 2 CAA ist allerdings auf Tatsachen beschränkt; ein Rechtsirrtum im engeren Sinne (Wahndelikt) löst keine Strafbarkeit aus.841 Dies ergibt sich bereits aus s. 1 Abs. 4 CAA, der die An831 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 61 ff.; Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 37. 832 Williams, Textbook, 406. 833 „(. . .) the Act abolishes the former rule that one cannot attempt the impossible.“, Williams, Textbook, 406. 834 S. 1 Abs. 2 CAA: „A person may be guilty of attempting to commit an offence to which this section applies even though the facts are such that the commission of the offence is impossible.“. 835 Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 26. 836 Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 47. 837 Smith, Crim. L. R. 1985, 42, 45; Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 38 („guarding the Act against the risk of reactionary interpretation“). 838 „(. . .) „may be“ was evidently intended to convey „shall be, if the other conditions of liability are satisfied“.“, Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 38; vgl. Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 10. 839 Schon der Entwurf der „Law Commission“ sprach von „facts and circumstances“, Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 11. 840 Ashworth, R. L. J. 19 (1988), 725, 762 ff.; missverständlich Duff, Attempts, 106 ff., 109, 219 ff.; Fletcher, Rethinking, 166, 174 ff.; ders., Concepts, 180; Williams, Criminal Law, 651 f.
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wendbarkeit von s. 1 Abs. 1 CAA auf „indictable offences triable within the jurisdiction“ beschränkt.842 Dass der CAA die rechtliche Untauglichkeit aber gerade nicht extensiv verstehen will, wird deutlich aus der Regelung in s. 1 Abs. 3 CAA.843 Dieser Absatz befasst sich mit Fällen der so genannten „legal impossibility“, in denen „one of the conditions required by law for the full crime is missing“.844 Indem der CAA solche Konstellationen für strafbar erklärt,845 soll die Entscheidung im Fall „Haughton v. Smith“ korrigiert werden.846 Williams hält die Regelung in s. 1 Abs. 3 CAA zwar für sprachlich nicht gelungen, jedenfalls insoweit aber für eindeutig: „(. . .) its clear effect is that in judging intention you must take the putative facts as the defendant believed them to be. Parliament has clearly opted for the putative fact theory of attempt.“847 Abgesehen von dieser klaren Grundaussage ergeben sich jedoch aus dem ungenauen Wortlaut erhebliche Auslegungsschwierigkeiten.848 Ungeklärt ist insbesondere das Verhältnis zu s. 1 Abs. 2 CAA. Teilweise wird vertreten, s. 1 Abs. 3 CAA sei gegenüber dem vorstehenden Absatz spezieller und schränke dessen 841 „Taaffe“ (1983), 1 W. L. R. 627 (CA), 631 (keine Strafbarkeit wegen „attempt of being knowingly concerned in fraudulently evading a prohibition on imported goods“ gem. s. 170 Abs. 2 Customs and Excise Management Act 1979, wenn der Täter Pakete importiert, die vermeintlich ausländische Währung beinhalten und glaubt, sich dadurch strafbar zu machen, es sich in Wahrheit aber um Cannabis handelt); „Pickford“ (1995), 1 Cr. App. R. 420 (Straflosigkeit der Anstiftung eines 13-Jährigen zu Geschlechtsverkehr mit seiner Mutter, da Kinder unter 14 Jahren nicht strafbar wegen Inzest sind); vgl. Ashworth, Principles, 471; Dennis, Crim. L. R. 1982, 5, 11; Duff, Attempts, 78; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 58; Smith/Hogan, Criminal Law, 320, 322 f.; Williams, Criminal Law, 633; ders., Textbook, 407. 842 Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 25. 843 S. 1 Abs. 3 CAA: „In any case where a) apart from this subsection a person’s intention would not be regarded as having amounted to an intent to commit an offence; but b) if the facts of the case had been as he believed them to be, his intention would be so regarded, then, for the purposes of subsection (1) above, he shall be regarded as having had an intent to commit that offence.“. 844 Williams, Textbook, 407. 845 Grubb, Camb. L. J. 1982, 21, 26 f.; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 60 f.; Smith/Hogan, Criminal Law, 321. 846 Dass s. 1 Abs. 3 CAA diesem erklärten gesetzgeberischen Willen gerecht wird, bezweifelt Hogan, Crim. L. R. 1984, 584, 587 f., 591. Er hält die Fälle der „legal impossibility“ für ein Problem nicht der in s. 1 Abs. 3 CAA angesprochenen „mens rea“, sondern des „actus reus“. S. 1 Abs. 2 CAA helfe aber auch nicht weiter, da etwa das „handling of non-stolen goods“ kein Delikt im Sinne von s. 1 Abs. 4 CAA sei, sodass das Merkmal „to which this section applies“ in s. 1 Abs. 2 CAA nicht erfüllt werde. Der CAA verfehle also sein Ziel, die Entscheidung in „Haughton v. Smith“ zu überwinden. 847 Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 38. 848 Smith, Crim. L. R. 1985, 42, 45; Williams, Camb. L. J. 1991, 120, 126 ff.
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Anwendungsbereich folglich ein: „(. . .) the combined effect of (2) and (3) is that if the commission of the offence in view is impossible, an attempt is committed only if the offence in view could have been committed if the facts had been as the defendant believed them to be; it is not enough that he intended to commit the offence if the facts were as he believed (or hoped) they might be.“849 Erforderlich ist nach dieser Ansicht also immer ein „positive belief“, das heißt eine aktuelle Überzeugung des Täters bezüglich der Richtigkeit seiner Annahmen. Williams kritisiert diesen Ansatz zu Recht als „revival of the old learning on impossible attempts“. S. 1 Abs. 3 CAA sei nicht als Einschränkung, sondern vielmehr als Erweiterung gegenüber Abs. 1 und 2 zu verstehen.850 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass, indem für die Beurteilung der Strafbarkeit vorrangig auf die Tätervorstellung rekurriert wird, die „legal impossibility, narrowly defined in terms of mistake of law“ als einziger Fall der beachtlichen, das heißt strafbarkeitsausschließenden Untauglichkeit anerkannt bleibt.851 Auch das polnische Recht ordnet in Art. 13 § 2 polnStGB852 ausdrücklich die Strafbarkeit untauglicher Versuche an, sieht in Art. 14 § 2 polnStGB853 für diese Fälle aber die Möglichkeit der Strafmilderung beziehungsweise des Absehens von Strafe vor.854 In Dänemark und Lettland findet sich keine explizite Regelung zur Untauglichkeitsproblematik; das Abstellen auf Handlungen, die „darauf abzielen, die Ausführung einer Straftat zu fördern oder zu bewirken“ (§ 21 Abs. 1 dänStG) beziehungsweise die „directly dedicated to intentional commission of a crime“ sind (Art. 15 Abs. 4 lettStGB) legt aber die Annahme der Strafbarkeit auch untauglicher Versuche nahe.
849
Williams, Camb. L. J. 1991, 120, 127 f. Williams, Camb. L. J. 1991, 120, 128; vgl. auch Law Comm. No. 177 (Draft Criminal Code Bill 1989), cl. 50 Abs. 1 („believes or hopes“). 851 Duff, Attempts, 115. Entsprechend seinem objektivistischen Ansatz verlangt allerdings Duff, Attempts, 379, 398 abweichend vom Konzept des CAA eine Straffreiheit auch dann, wenn das Täterverhalten „fails (. . .) radically to engage with the world“, das heißt bei fehlendem Tatobjekt und offensichtlicher Erfolgsuntauglichkeit. 852 Art. 13 § 2 polnStGB: „Ein Versuch liegt auch dann vor, wenn dem Täter nicht bewußt ist, daß die Vollendung der verbotenen Tat in Ermangelung eines für die Tatausführung tauglichen Objekts oder infolge der Verwendung eines für die Tatausführung untauglichen Mittels unmöglich ist.“. 853 Art. 14 § 2 polnStGB: „In dem in Art. 13 § 2 bezeichneten Fall kann das Gericht die außerordentliche Strafmilderung anwenden oder sogar von der Verhängung von Strafe absehen.“. 854 Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 119. 850
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cc) Rechtsprechung nach 1981 Entgegen dem eigentlichen gesetzgeberischen Regelungsziel führte die Auslegung des CAA durch die Rechtsprechung in einem der Konstellation in „Haughton v. Smith“ vergleichbaren Sachverhalt zunächst zur Annahme der Straflosigkeit.855 In „Anderton v. Ryan“856 kaufte die Angeklagte einen Videorecorder zu einem günstigen Preis und erklärte gegenüber der Polizei, sie sei davon ausgegangen, das Gerät sei gestohlen. Der „Magistrate’s Court“ verneinte eine Strafbarkeit wegen „attempted handling“, da nicht nachgewiesen werden konnte, dass es sich wirklich um Diebesgut handelte. Zwar entschied der „Divisional Court“ anders, das „House of Lords“ bestätigte schließlich jedoch die Annahme der Straflosigkeit857 aufgrund der Erwägung, dass sich aus s. 1 Abs. 3 CAA nicht ergebe, dass eine bloße irrige Annahme von Fakten, die, wenn sie wirklich vorlägen, eine Strafbarkeit begründen würden, ausreiche, um einen Versuch anzunehmen.858 Es sei absurd, jemanden wegen Versuchs zu bestrafen, der eine objektiv völlig unverfängliche Handlung vornehme, nur weil er irrtümlich von strafbarkeitsbegründenden Tatsachen ausgehe.859 Heftige Kritik erfuhr die Entscheidung insbesondere durch Williams,860 der ein „conceptual misunderstanding“ konstatiert und dem „House of Lords“ den Vorwurf des „subverting an act of parliament“ macht.861 Die Versuchsstrafbarkeit vom Vorliegen eines „unlawful act“ abhängig zu machen und folglich eine äußerlich unauffällige Handlung nicht genügen zu lassen, bedeute eine unlogische und kriminalpolitisch bedenkliche Beschränkung:862 „(. . .) the actus reus in attempt need not in any way be injurious.“863 Viele misslungene Versuchshandlungen seien äußerlich unauffällig, sodass sich ihr krimineller Charakter erst aus dem subjektiven Tatbestand ergebe.864 S. 1 Abs. 3 CAA sei genau zu dem Zweck eingefügt worden, Entscheidungen wie „Haughton v. Smith“ zukünftig auszuschließen:865 „Under the scheme of the 1981 Act, an actual crime can be 855
Ashworth, Principles, 470. „Anderton v. Ryan“ (1985), 1 A. C. 560, 562. 857 Smith/Hogan, Criminal Law, 324. 858 Lord Roskill, in: „Anderton v. Ryan“ (1985), A. C. 560. 859 Lord Bridge, in: „Anderton v. Ryan“ (1985), A. C. 560, 582 H. 860 „Alas for law reform! Parliament proposes, but the Appellate Committee disposes.“, Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 38. 861 Williams, Camb. L. J. 1986, 33. 862 Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 70. 863 „No sensible reason can be suggested why the commission of some incidental wrong should turn what would otherwise be no attempt into an attempt, or why its absence should neutralise what would otherwise be an attempt.“, Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 66; vgl. ders., Criminal Law, 644, 647. 864 Duff, Attempts, 111; i. E. aber „Anderton v. Ryan“ zustimmend ders., Attempts, 378; Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 59. 856
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
attempted even though the defendant erroneously believed that an ingredient of the crime was present when it was not.“866 Infolge dieser harschen Kritik Williams’ vollzog sich eine radikale Rechtsprechungsänderung867 in der Entscheidung „Shipvuri“.868 Der Angeklagte transportierte in seinem Gepäck vermeintlich Heroin, am Zoll stellte sich jedoch heraus, dass es sich lediglich um einen ungefährlichen pflanzlichen Stoff handelte. Dennoch wurde in allen Instanzen eine Strafbarkeit wegen „attempt to be knowingly concerned in dealing with a prohibited drug“ gemäß s. 1 Abs. 1 CAA, s. 170 Abs. 1b Customs and Excise Management Act 1979 bejaht.869 Die von s. 1 Abs. 1 CAA allein geforderten Strafbarkeitsvoraussetzungen des „intent“ und des „more than merely preparatory act“ seien erfüllt870 und darüber hinaus gestatte der CAA keine Differenzierung zwischen „objectively innocent acts“ und „guilty acts“.871 2. Liberaler Ansatz: Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Spanien a) Repressive Tendenz: Frankreich Das Problem der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs („tentative impossible“) wurde in Frankreich zuerst von Ortolan beschrieben872 und mangels gesetzlicher Regelung in Literatur und Rechtsprechung kontrovers diskutiert.873 aa) Meinungsstand (1) Objektive Theorie: Straflosigkeit Der französische Objektivismus des neunzehnten Jahrhunderts führte infolge seiner Konzentration auf die gefährliche Tathandlung zur „naissance de la théo865
Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 63. Williams, Camb. L. J. 1986, 33, 74. 867 „Judicial volte-face“, Ashworth, Principles, 471; Duff, Attempts, 111. 868 „Shipvuri“ (1987), A. C. 1. 869 Smith/Hogan, Criminal Law, 324. 870 Duff, Attempts, 112; Smith, Crim. L. R. 1985, 42, 44. 871 Smith/Hogan, Criminal Law, 324. Weiterhin sei auch eine Unterscheidung zwischen der „dominant intention“ und einem „incidental but mistaken belief“ unzulässig, „Shipvuri“ (1987), A. C. 1 12 E–G (Lord Hailsham), 22-3 (Lord Bridge); Duff, Attempts, 112. 872 Constant, Traité élémentaire, 271 Rn. 194. 873 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 114 f.; Merle/Vitu, Traité, 641 Rn. 507; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 270. 866
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rie du délit impossible“.874 Die zwingende Annahme der Straflosigkeit untauglicher und damit harmloser Versuche875 ergebe sich schon aus dem Gesetzeswortlaut, da im Fall der Untauglichkeit der Tathandlung nicht von einem „commencement d’exécution“ gesprochen werden könne.876 Es sei unmöglich, mit der Verwirklichung eines nichterfüllbaren Tatbestandes zu beginnen,877 folglich müsse eine als Ausführungsanfang qualifizierbare Tathandlung grundsätzlich zur Erfolgsherbeiführung geeignet sein.878 Andernfalls sei sie mangels unmittelbarer Gefährdung der Allgemeinheit nicht strafwürdig.879 Dieser „thèse de l’impunité“ wurde vorgeworfen, sie basiere auf einer „confusion entre la consommation et la tentative“,880 da sie verkenne, dass die Untauglichkeit nur ein Problem des Vollendungs- und nicht des Versuchstatbestands sei.881 Nicht die Ausführung der Tathandlung sei unmöglich (liege doch ein beendeter Versuch vor), sondern die Herbeiführung des Erfolgseintritts.882 Definitionsgemäß erlaube aber der Versuchstatbestand eine Bestrafung in Fällen, in denen eine Verurteilung aus dem vollendeten Delikt scheitere.883 Die streng objektive Theorie wird aus diesen Gründen in Frankreich heute nicht mehr vertreten.884 (2) Subjektive Theorie: Strafbarkeit Die extreme Gegenposition der totalen „négation de la théorie du délit impossible“885 wurde bereits im absolutistischen „Ancien Droit“ vertreten886 und 874
Prothais, Tentative, 89 Rn. 128. Bouzat/Pinatel, Traité I, 298 Rn. 215; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 115; Jeandidier, Droit pénal général, 250 Rn. 222; Merle/Vitu, Traité, 641 Rn. 508. 876 Merle/Vitu, Traité, 642 Rn. 508; Pradel, Droit pénal général, 353 Rn. 393; Stefani/Lavasseur/Bouloc, Droit pénal général, 220 Rn. 245. 877 Bouzat/Pinatel, Traité I, 298 Rn. 215; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 115; Vitu, Rev. sc. crim. 1986, 839, 840; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 368 f. Rn. 728. 878 Garraud, Traité I, 509 Rn. 238. 879 Bouzat/Pinatel, Traité I, 298 Rn. 215; Dupont/Verstraeten, Handboek, 309 Rn. 550; Pradel, Droit pénal général, 353 Rn. 393; Stefani/Lavasseur/Bouloc, Droit pénal général, 220 Rn. 245. 880 Prothais, Tentative, 104 Rn. 144. 881 Prothais, Tentative, 103 Rn. 143. 882 Jeandidier, Droit pénal général, 250 Rn. 222; Merle/Vitu, Traité, 642 Rn. 508; Pradel, Droit pénal général, 353 Rn. 393; Prothais, Tentative, 89 Rn. 128; Vitu, D. 1986, 839, 843. 883 Prothais, Tentative, 103 Rn. 144. Folglich sei der sowohl Versuch als auch Vollendung umfassende Begriff der „infraction impossible“ irreführend; die korrekte Bezeichnung lautete „tentative d’infraction impossible“, Prothais, Tentative, 104 Rn. 144; so auch de Nauw, R. W. 1983–84, 2179. 884 Jeandidier, Droit pénal général, 251 Rn. 222. 875
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
findet auch in der modernen Literatur viele Anhänger.887 Die Annahme grundsätzlicher Strafbarkeit untauglicher Versuche resultiert aus dem subjektivistischen Abstellen auf die Täterpersönlichkeit.888 Aus kriminologischer Perspektive lasse sich kein Unterschied zwischen dem Täter eines unbeendeten und dem eines fehlgeschlagenen Versuchs feststellen:889 In beiden Fällen ergebe sich seine soziale Gefährlichkeit890 aus der „résolution criminelle irrevocable“891 und dieser verbrecherische Wille sei bei Untauglichkeit des Versuchs „pas moins dangereuse et condamnable“.892 Folglich dürfe der Täter eines untauglichen Versuchs als „délinquant criminologique“ nicht aus rein formalen Gründen straflos bleiben,893 vielmehr gebiete der moderne Gedanke der „défense sociale“ die strafrechtliche Verfolgung aller gefährlichen Täter.894 Gegen die radikale Annahme der Strafbarkeit untauglicher Versuche lässt sich einwenden, die rein kriminologische Betrachtungsweise berge die Risiken der Willkür895 und des Missbrauchs896 in sich, indem sie zu einer Sanktionierung der bloßen Gesinnung führe.897 (3) Vermittelnde Theorien Vermittelnde Lösungen bemühten sich um Relativierung der Lehre vom untauglichen Versuch durch Differenzierung zwischen verschiedenen Formen der Untauglichkeit.898 Ziel der Überlegungen war es, einerseits der Idee der „défense sociale“ besser als die streng objektive Theorie gerecht zu werden, ohne allerdings andererseits zu den übertriebenen Schlussfolgerungen der rein subjektiven Betrachtungsweise gezwungen zu sein.899 885
Prothais, Tentative, 90 Rn. 130. Bouzat/Pinatel, Traité I, 299 Rn. 216. 887 Bouzat/Pinatel, Traité I, 298 Rn. 216; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 115; Jeandidier, Droit pénal général, 252 Rn. 224; Merle/Vitu, Traité, 642 Rn. 509; Prothais, Tentative, 90 Rn. 130; Roujou de Boubée, Anm. zu Crim., 23 juillet 1969, D. 1970, 361, 362. 888 Dupont/Verstraeten, Handboek, 309 Rn. 550; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 115. 889 Merle/Vitu, Traité, 642 Rn. 509; Pradel, Droit pénal général, 354 Rn. 394. 890 Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 220 Rn. 243. 891 Pradel, Droit pénal général, 353 Rn. 392. 892 Bouzat/Pinatel, Traité I, 298 Rn. 216. 893 Merle/Vitu, Traité, 642 Rn. 509. 894 Pradel, Droit pénal général, 354 Rn. 394. 895 Merle/Vitu, Traité, 642 Rn. 509; Vitu, Rev. sc. crim. 1986, 839, 842. 896 Prothais, Tentative, 91 Rn. 130. 897 Jeandidier, Droit pénal général, 252 Rn. 224. 898 Merle/Vitu, Traité, 642 Rn. 510; Prothais, Tentative, 90 Rn. 129. 899 Bouzat/Pinatel, Traité I, 299 Rn. 217. 886
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(a) Absolute und relative Untauglichkeit Die Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Untauglichkeit geht auf einen Vorschlag von Ortolan zurück.900 Danach soll die Strafbarkeit ausschließende absolute Untauglichkeit nur bei Nichtexistenz des Tatobjektes oder bei genereller Ungeeignetheit des Tatmittels anzunehmen sein:901 „(. . .) en cas d’impossibilité absolue, insurmontable, dans l’existence du délit, quels qu’aient été les actes de l’agent, il ne peut avoir ni tentative, suspendue ou achevée, ni effet manqué.“902 Zur Begründung der Annahme der Straflosigkeit in diesen Fällen wird angeführt, jeder Versuch setze die Möglichkeit der Deliktsvollendung voraus. Die Gesellschaft habe nicht das Recht, Handlungen zu bestrafen, die unter keinen Umständen geeignet seien, Schaden anzurichten.903 Eine Strafbarkeit scheitere dann am Erfordernis der Kausalitätsbeziehung zwischen Handlung und Erfolg.904 Zwar sei der Täter im Sinne der „théorie de la justice absolue“ moralisch schuldig, das anvisierte Tatopfer sowie die Allgemeinheit seien aber hinreichend durch die Naturgesetze geschützt und in vollkommener Sicherheit,905 womit „le fondement du droit de punir disparaît“.906 Anders werden aber Fälle beurteilt, in denen das Tatmittel bei besserer Verwendung zur Erfolgsherbeiführung geeignet wäre oder das Tatobjekt nur vorübergehend unerreichbar ist. Die Annahme der Versuchsstrafbarkeit in solchen Konstellationen gründet sich auf ihre Ähnlichkeit mit der „infraction manquée“.907 Diese abstrakte Konzeption des Kausalitätserfordernisses belässt es also bei dem Strafbarkeitsurteil in Sachverhalten, in denen die Erfolgsherbeiführung nur zufällig,908 das heißt aus Gründen, die in der Besonderheit des Einzelfalles liegen, scheitert:909 „De pareilles nuances des faits, improprement quali-
900 Ortolan, Éléments, 455 f. Rn. 1005 f. Vgl. Bouzat/Pinatel, Traité I, 299 f. Rn. 217; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 115; Jeandidier, Droit pénal général, 251 Rn. 223; Pradel, Droit pénal général, 354 Rn. 395; Robert, Droit pénal général, 218; Salvage, Droit pénal général, 41; Roux, Droit criminel, 117; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 221 Rn. 246. 901 Constant, Traité élémentaire, 274 Rn. 195; Haus, Principes généraux, 347 f. Rn. 461 f.; Merle/Vitu, Traité, 643 Rn. 510; für Strafbarkeit auch absolut untauglicher Versuche aber Prins, Science pénale, 142 Rn. 233. 902 Ortolan, Éléments,456 Rn. 1006. 903 Haus, Principes généraux, 346 Rn. 459. 904 Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 166 Rn. 186. 905 Ortolan, Éléments, 456 Rn. 1006. 906 Merle/Vitu, Traité, 643 Rn. 510. 907 Constant, Traité élémentaire, 275 Rn. 196; Haus, Principes généraux, 347 f. Rn. 461 f.; Jeandidier, Droit pénal général, 251 Rn. 223; Merle/Vitu, Traité, 643 Rn. 510; Ortolan, Éléments, 455 Rn. 1005. 908 Robert, Droit pénal général, 218. 909 Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 166 Rn. 187.
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fiées d’impossibilité, ne doivent rien changer aux prescriptions de la loi pénale.“910 Trotz vehementer Kritik in der Literatur folgt die aktuelle Rechtsprechung in Belgien und Luxemburg der Theorie von der absoluten und relativen Untauglichkeit. Darauf soll unten ausführlich eingegangen werden.911 (b) Rechtliche und tatsächliche Untauglichkeit Nach Garraud sollte für das Strafbarkeitsurteil ausschlaggebend sein, ob die Untauglichkeit auf juristischen oder auf faktischen Ursachen beruht.912 Nur bei rechtlich untauglichen Versuchen, das heißt im Fall einer „absence d’un élément légal“913 beziehungsweise bei Fehlen der „matière criminelle“, 914 fordere das Legalitätsprinzip die Straflosigkeit.915 Eine bloß tatsächliche Untauglichkeit stehe der Versuchsstrafbarkeit aber nicht entgegen.916 Die Lehre Garrauds wird der aktuellen Rechtsprechung mit der Begründung, die Unmöglichkeit der exakten Unterscheidung zwischen rechtlicher und tatsächlicher Untauglichkeit917 führe zu praktisch unbefriedigenden Ergebnissen,918 nicht mehr zugrundegelegt.919 Der subjektiv orientierte Alternativvorschlag Prothais’ stellt auf die Kenntnis der Untauglichkeit ab und differenziert nach dem Vorhandensein der „conscience criminelle“ beziehungsweise der „ignorance admissible“ und der „ignorance inadmissible“.920 Straflosigkeit soll danach nur anzunehmen sein, wenn die Untauglichkeit für jedermann erkennbar sei, denn dann müsse sich 910
Ortolan, Éléments, 455 Rn. 1005. s. u. 2. Teil A. IV. 2. b) bb). 912 Traité I, 515 Rn. 242; vgl. Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 115; Salvage, Droit pénal général, 41. 913 Beispielsweise bei Verwendung unschädlicher Substanzen oder frühzeitigem Versterben des Opfers, Pradel, Droit pénal général, 354 Rn. 395. 914 „(. . .) là où la matière criminelle faisait défaut, il ne restait qu’une activité impuissante et inefficace.“, Garraud, Traité I, 515 Rn. 242. 915 Garraud, Traité I, 515 Rn. 242; vgl. Merle/Vitu, Traité, 643 Rn. 510; Pradel, Droit pénal général, 354 Rn. 395. 916 Merle/Vitu, Traité, 643 Rn. 510; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 221 Rn. 246. Zwischen rechtlicher und tatsächlicher Untauglichkeit differenziert auch das bulgarische Recht: Während bei ersterer Straflosigkeit angenommen wird, ist bei letzterer entsprechend Art. 18 Abs. 1 bulgStGB auf die Gesellschaftsgefährlichkeit von Tat und Täter abzustellen, Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 120. 917 Vitu, Rev. sc. crim. 1986, 839, 841. 918 Prothais, Tentative, 92 Rn. 131. 919 Pradel, Droit pénal général, 354 Rn. 395. 920 Prothais, Tentative, 106 ff. Rn. 146; ähnlich auch de Nauw, R. W. 1983–84, 2179, 2184. 911
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auch dem Täter die Sinnlosigkeit seines Handelns aufdrängen.921 Ansonsten liege ein strafbarer Versuch vor: „(. . .) s’il n’a pas conscience de l’impossibilité dans des conditions telles que tous auraient pu l’ignorer pareillement (. . .) son intention criminelle ne disparaît pas pour autant, et la tentative est constituée.“922 (4) Subjektivierungstendenz In der aktuellen französischen Literatur zeichnet sich eine Tendenz zur Abschaffung des straflosen untauglichen Versuchs ab. Grund für dieses „mouvement de défense sociale qui peut se caractériser comme le renouvellement du subjectivisme à la lumière du positivisme“ ist die Einsicht in die Unzulänglichkeit der oben beschriebenen Differenzierungsvorschläge.923 Jeder, auch ein untauglicher, Versuch enthalte eine „déclaration d’antisocialité“ des Täters, die auf seine Gefährlichkeit schließen lasse und daher eine Bestrafung rechtfertige.924 bb) Rechtsprechung (1) Subjektivierungstendenz Diese repressive Tendenz lässt sich auch in jüngeren Entscheidungen des „Cour de Cassation“ nachweisen.925 Dabei vollzog sich die Rechtsprechungsentwicklung in drei Stadien.926 Nach einer ersten Phase der Annahme grundsätzlicher Straflosigkeit927 schloss sich der „Cour de Cassation“ im neunzehnten Jahrhundert mehr oder weniger offen der Lehre Ortolans von der absoluten und relativen Untauglichkeit an.928 So wurde eine Versuchsstrafbarkeit beispielsweise bei einem Schuss in einen nur vorübergehend leeren Raum929 oder im Fall der Vorlage falscher 921
Prothais, Tentative, 106 Rn. 146. Prothais, Tentative, 107 Rn. 146. 923 Prothais, Tentative, 92 Rn. 132. 924 Eine ähnliche Entwicklung vollzieht sich auch in der belgischen Lehre, vgl. Constant, Traité élémentaire, 272 Rn. 194. 925 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 117, 127; Jeandidier, Droit pénal général, 252 Rn. 225; Prothais, Tentative, 95 Rn. 134. 926 Pradel, Droit pénal général, 355 Rn. 397; Robert, Droit pénal général, 218. 927 Montpellier, 26 février 1852, S. 1852 II, 464 (Straflosigkeit bei Schuss in leeren Raum); Crim., 6 janvier 1859, S. 1859 I, 362 (keine versuchte Abtreibung bei vermeintlich Schwangerer); vgl. Merle/Vitu, Traité, 644 Rn. 511; Prothais, Tentative, 95 Rn. 135. 928 Bouzat/Pinatel, Traité I, 301 Rn. 219; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 116; Merle/Vitu, Traité, 644 Rn. 511; Prothais, Tentative, 95 Rn. 135; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 221 Rn. 247. 922
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Gesundheitszeugnisse bei einer Versicherung, die mangels wirksamen Vertrags nicht zahlungspflichtig war,930 bejaht. Wie oben bereits angedeutet, folgen die belgischen und die luxemburgischen Gerichte noch immer diesem Ansatz. In Frankreich ist die Entwicklung allerdings nicht bei dieser zweiten Phase stehengeblieben, vielmehr schloss sich die neuere Rechtsprechung nach und nach der subjektiven Theorie an.931 Mit dem berühmt gewordenen Urteil des „Cour de Cassation“ im Fall der Eheleute Fleury wurde die Abschaffung der Lehre von der (partiellen) Straflosigkeit des untauglichen Versuchs durch Aufgabe der Differenzierung zwischen absoluter und relativer Untauglichkeit eingeleitet.932 In dieser Entscheidung wurde trotz absoluter Untauglichkeit des Tatmittels (verwendet wurden „Eau de Cologne“ und Essig) eine Strafbarkeit wegen Abtreibungsversuchs mit folgender Begründung bejaht: „Le fait que ces man\:ouvres étaient par elles-mêmes insuffisantes à produire le résultat auquel elles tendaient, n’a été qu’une circonstance indépendante de leur volonté, par suite de laquelle leur tentative a manqué son effet.“933 Der ausdrückliche Verweis des Urteils auf die Artikel 2 und 3 frCP a. F. zeigt, dass das Gericht den untauglichen Versuch als Variante der „infraction manquée“ versteht934 und folgerichtig dem unbeendeten Versuch gleichstellt.935 Noch weitergehend sprachen sich spätere Entscheidungen durch Aufgabe des Kriteriums des Kausalitätsbeziehung ausdrücklich für eine systematische Bestrafung untauglicher Versuche aus.936 Zunächst wurde eine generelle Strafbarkeit nur in Fällen angenommen, in denen die Untauglichkeit auf dem Fehlen des Tatobjekts beruhte. So wurde zum Beispiel ein strafbarer Diebstahlsversuch auch dann bejaht, wenn das Auto, in das eingebrochen wurde, sich als leer herausstellte. Das Nichtvorhandensein von Wertgegenständen sei nämlich als ein vom Willen des Täters unabhängiger Umstand („circonstance indépendante de la volonté de l’auteur“) im Sinne des Art. 121-5 frCP937 für das Strafbarkeitsurteil irrelevant.938
929
Crim., 12 avril 1877, S. 1878 I, 329. Crim., 20 mars 1919, Bull. crim., no. 70. 931 Bouzat/Pinatel, Traité I, 301 Rn. 219. 932 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 117; Jeandidier, Droit pénal général, 254 Rn. 226; Merle/Vitu, Traité, 644 Rn. 511. 933 „Fleury“, 9 novembre 1928, D. P. 1929 I, 97. 934 Jeandidier, Droit pénal général, 253 Rn. 226. 935 Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 221 Rn. 247. 936 Merle/Vitu, Traité, 644 Rn. 511; Pradel, Droit pénal général, 355 Rn. 396 f.; Prothais, Tentative, 96 Rn. 135; Robert, Droit pénal général, 218. 930
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Diese Überlegungen wurden in späteren Entscheidungen auch auf andere Konstellationen der Untauglichkeit übertragen. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1994939 bejahte der „Cour de Cassation“ eine Strafbarkeit wegen versuchter Brandstiftung aufgrund eines Sachverhalts, in dem der Täter einen Brand in einem Haus legte, das zur Hälfte ihm und im Übrigen seiner Frau gehörte, das Feuer aber nur seinen eigenen Teil verwüstete. Die kriminelle Gesinnung des Täters könne über das Fehlen eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals (Art. 322-6 frCP bestraft nur das Inbrandsetzen fremder Sachen) hinweghelfen. Damit nimmt das Gericht eine generelle Strafbarkeit dieser früher unter Berufung auf die „impossibilité de droit“ für straflos gehaltenen Fälle an940 und spricht sich so für die Verurteilung gefährlicher Individuen trotz Fehlens eines Tatbestandsmerkmals aus.941 Die Problematik dieser Erweiterung der Versuchsstrafbarkeit wurde bereits in der 1986 ergangenen Entscheidung im Fall „Perdereau“942 evident. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt schlug der Täter (Perdereau) das Opfer (Willekens) in Tötungsabsicht zu Boden, nicht erkennend, dass dieses bereits den ihm am Vortag von Dritten zugefügten Verletzungen erlegen war. Eine Strafbarkeit wegen Tötungsversuchs an der Leiche wurde mit folgender Begründung bejaht: „Attendu qu’à supposer établi que Perdereau, croyant Willekens encore en vie, ait exercé sur lui des violences dans l’intention de lui donner la mort il n’importe, pour que soit caractérisée la tentative d’homicide volontaire, que la victime fût déjà décédée, cette circonstance étant indépendante de la volonté de l’auteur et lesdites violences caractérisant un commencement d’exécution au sens de l’article 2 du Code pénal.“943 Diese stark subjektivistisch geprägte Entscheidung944 verwarf die Theorie des untauglichen Versuchs945 und wurde, insbesondere in einer Urteilsanmerkung von Mayer und Gazounaud, heftig kritisiert. Diese Autoren sprechen dem Tötungsversuch an einer Leiche mangels eines korrespondierenden Straftatbestands einerseits und des „commencement 937 Art. 121-5 frCP: „Ein Versuch liegt vor, sobald er, kundgetan durch den Beginn der Ausführung, nur aufgrund von Umständen aufgegeben wird oder erfolglos ist, die vom Willen des Täters unabhängig sind.“. 938 Crim., 23 juillet 1969, D. 1970, 361; so auch bereits Crim., 15 juin 1961, Bull. crim., no. 299. Ebenso wurde im Falls des Einbruchs in ein leeres Haus entschieden, Crim., 15 mars 1994, Dr. pén. 1995, no. 153. 939 Crim., 15 juin 1994, Dr. pén. 1994, no. 255. 940 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 119. 941 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 129. 942 „Perdereau“, Crim., 16 janvier 1986, D. 1986 I, 265 mit Anm. Mayer/Gazounaud. 943 „Perdereau“, Crim., 16 janvier 1986, D. 1986 I, 265; so auch bereits Paris, 9 avril 1946, R. S. C. 1948, 147. 944 Merle/Vitu, Traité, 646 Rn. 512. 945 Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 317.
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d’exécution“ andererseits jegliche juristische Relevanz ab.946 Die Ausdehnung des Mordtatbestands auf ein vermeintlich lebendiges Tatopfer erfordert nach ihrer Ansicht eine Gesetzesänderung; eine etwa vorhandene Regelungslücke könne nur durch den Gesetzgeber selbst geschlossen werden.947 Die Annahme eines Ausführungsbeginns scheitere zudem am Erfordernis der Kausalitätsbeziehung, da die kriminelle Gesinnung das einzige Bindeglied zwischen Handlung und anvisiertem Tatbestand darstelle.948 Einigkeit besteht darüber, dass die Fälle des abergläubischen Versuchs („infraction surnaturelle“) straflos bleiben sollen.949 Begründet wird dies teils mit der auf einem Intelligenzdefizit des Täters beruhenden Untauglichkeit solcher Versuche,950 andererseits wird die Berufung auf die „impossibilité“ für entbehrlich gehalten, da es bereits an einem „commencement d’exécution“ fehle.951 Mit dem Argument, dass rein psychologische Gegebenheiten mit Hinblick auf das Legalitätsprinzip nicht strafrechtlich relevant seien,952 wird auch das Wahndelikt für straflos erklärt.953 Beide Konstellationen lassen sich also lösen, ohne dass auf die Frage nach der Untauglichkeit rekurriert werden müsste,954 sodass die Qualifizierung als „Ausnahme vom Strafbarkeitsgrundsatz“ nicht zwingend ist. (2) Schlussfolgerungen Die aktuelle französische Rechtsprechung behandelt die Fälle der Untauglichkeit nach den allgemeinen Versuchsregeln.955 Indem die Gerichte die untauglichen Tathandlungen als „tentatives infructueuses“ qualifizieren, wird die Unterscheidung zwischen untauglichen und fehlgeschlagenen Versuchen praktisch entbehrlich:956 „Le délit impossible n’est donc qu’un aspect de la catégorie plus 946
Mayer/Gazounaud, D. 1986, 265, 266. Mayer/Gazounaud, D. 1986, 265, 266. 948 Mayer/Gazounaud, D. 1986, 265, 267. Im Ergebnis der Entscheidung zustimmend dagegen Vitu, Rev. sc. crim. 1986, 839 ff. 949 Jeandidier, Droit pénal général, 255 Rn. 227; Merle/Vitu, Traité, 645 Rn. 511; Pradel, Droit pénal général, 357 Rn. 399; Prothais, Tentative, 98 Rn. 139. 950 Pradel, Droit pénal général, 357 Rn. 399. 951 Prothais, Tentative, 101 Rn. 141. 952 Pradel, Droit pénal général, 357 Rn. 398. 953 Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 388 Rn. 456; Jeandidier, Droit pénal général, 255 Rn. 227; Merle/Vitu, Traité, 646 Rn. 512; Prothais, Tentative, 99 Rn. 139. 954 „Si de tels faits ne peuvent être sanctionnés, c’est en raison du principe de légalité, parce qu’ils ne constituent pas des infractions pénales, et non parce qu’ils seraient des tentatives des délit impossibles.“, Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 388 Rn. 456. 955 Prothais, Tentative, 97 Rn. 136. 947
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vaste du délit manqué.“957 Auch, was die Problematik des untauglichen Versuchs betrifft, ist in Frankreich also eine deutliche Tendenz zu einer subjektiveren Konzeption der Versuchsstrafbarkeit durch erhebliche Ausweitung des Begriffs der vom Willen des Täters unabhängigen Umstände („circonstances indépendantes de la volonté de l’auteur“) gemäß Art. 121-5 frCP festzustellen.958 Die Abschaffung der Kategorie des straflosen untauglichen Versuchs ist also das Ergebnis einer reinen Gesetzesanwendung.959 Nach Unsicherheiten im letzten Jahrhundert hat die französische Rechtsprechung sich schließlich durch Angleichung der Fälle des untauglichen Versuchs an die „infraction tentée“ unter dem Deckmantel einer wortlautgetreuen Auslegung des Art. 121-5 frCP zur autoritären, subjektiven Lehre bekannt.960 Indem sie den Schwerpunkt insoweit auf die Gefährlichkeit des Täters statt auf den wirklichen Beginn einer strafbaren Tat setzt, zeigt sich der kriminalpolitische Wille, Handlungen zu ahnden, die auf eine gesellschaftsgefährdende Haltung schließen lassen.961 Faktisch läuft dieser Verzicht auf das Erfordernis der Kausalitätsbeziehung auf eine reine Bestrafung der Gesinnung hinaus.962 Es kann folglich insoweit von einer Angleichung der französischen Rechtsprechung an den englischen „Criminal Attempts Act“ gesprochen werden, nach dessen Regelung die Untauglichkeit immer unbeachtlich ist. Diese Entwicklung wird teilweise als beunruhigend empfunden, da sie das Gleichgewicht zwischen objektiven und subjektiven Aspekten der Versuchsstrafbarkeit empfindlich störe.963 Die Ausweitung der Strafbarkeit in diesem Bereich beruhe eher auf kriminologischen, als auf juristischen Erwägungen.964 Aus streng juristischer, dem „nullum crimen sine lege“-Satz verpflichteter Sicht könne eine kriminelle Gesinnung allein aber nicht ausreichen, um eine Strafbarkeit zu begründen.965
956
Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 387 Rn. 456. Vitu, D. 1986, 839, 843; so auch Prothais, Tentative, 97 Rn. 136. 958 Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 387 Rn. 456; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 119 f., 129. 959 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 117. 960 Conte/Chambon, Droit pénal général, 180; Pradel, Droit pénal comparé, 287 Rn. 194; ders., Droit pénal général, 356 Rn. 397; Robert, Droit pénal général, 215. 961 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 118; Mayer/Gazounaud, D. 1986 I, 265. 962 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 118; Mayer/Gazounaud, D. 1986 I, 265. 963 Conte/Chambon, Droit pénal général, 173. 964 Merle/Vitu, Traité, 647 Rn. 512. 965 „La tentative d’un acte qui n’est pas incriminé est une tentative qui ne se greffe sur aucun support légal (. . .).“, Merle/Vitu, Traité, 647 Rn. 512. 957
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b) Absolute und relative Untauglichkeit: Belgien, Luxemburg, Niederlande Die Frage nach der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs966 ist weder in Belgien967 und Luxemburg, noch in den Niederlanden gesetzlich geregelt. aa) Niederlande In Lehre und Rechtsprechung968 hat sich in den Niederlanden eine Differenzierung zwischen absoluter und relativer Untauglichkeit durchgesetzt: „Is het aangewende middel van dien aard, dat daardoor in geen geval het misdrijf tot uitvoering kan komen, de uitvoering kan daardoor ook niet worden aangevangen. Is daarentegen de ondeugdelijkheid alleen relatief uit hoofde van de omstandigheden waaronder, of den persoon door of tegen wien, een bepaald misdrijf wordt gepleegd, dan is een begin van uitvoering denkbaar.“969 Absolute, das heißt einen Ausführungsbeginn und damit die Strafbarkeit ausschließende Untauglichkeit soll danach vorliegen, wenn sich das Tatmittel als grundsätzlich ungeeignet, das heißt „volkomen ongeschikt (. . .) om het misdrijf tot stand te brengen“, erweist.970 In diesem Sinne „rechtens irrelevante handelingen“ sollen etwa in Fällen abergläubischen Versuchs vorliegen.971 Relativ untauglich und strafbar sind dagegen Verhaltensweisen, die im Allgemeinen zwar zur Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolges geeignet sind, unter den konkreten Umständen des Einzelfalles aber scheitern müssen.972 Die niederländischen Gerichte sind in der Annahme absoluter Untauglichkeit sehr zurückhaltend.973 966 „Ondeugdelijke poging“, v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 169 ff.; Dupont/Verstraeten, Handboek, 308 ff. Rn. 549 ff.; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 402 ff.; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 368 ff. Rn. 727 ff. bzw. „tentative impossible“, Merle/Vitu, Traité, 641 Rn. 507. 967 Vgl. allerdings den belgischen (nicht umgesetzten) Regelungsentwurf: „La tentative sera considérée comme le crime même, si l’acte ou les actes nécessaires pour la consommation de ce crime ont été accomplis et n’ont manqué leur effet que par des circonstances indépendantes de la volonté de l’auteur.“, s. auch de Nauw, R. W. 1983– 84, 2179. 968 Eine Ausnahme ist insoweit HR, 17. März 1987, N. J. 1988, 166. Hier wurde Versuch in einem Fall bejaht, in dem die Täter das Opfer in Tötungsabsicht mit einem Seil würgten, obwohl die Obduktion später ergab, dass es bereits zuvor einer Alkoholvergiftung erlegen war. 969 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 169 f.; so auch Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 402 ff.; Pompe, Handboek, 214 ff.; Smidt I, 393 f. Ebenso ergibt sich aus der in Schweden gesetzlich geregelten Unbeachtlichkeit der relativen Untauglichkeit (Kap. 23 § 1 Abs. 1 schwKrGB: „(. . .) oder eine solche Gefahr nur aufgrund zufälliger Umstände ausgeschlossen war.“) im Umkehrschluss die Straflosigkeit des absolut untauglichen Versuchs. 970 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 170; vgl. Hazewinkel-Suringa/ Remmelink, Inleiding, 403. 971 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 170.
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Ausgeschlossen ist eine Strafbarkeit jedoch nach der in den Niederlanden bezüglich der Versuchsstrafbarkeit vertretenen objektiven Theorie bei Wahndelikten.974 Beim so genannten „putatief delict“, das durch Tatsachen- oder Rechtsirrtum verursacht sein kann, handelt es sich jedoch nicht um einen Unterfall des untauglichen Versuchs, sondern um eine „heel andere figuur“.975 bb) Belgien und Luxemburg Trotz vehementer Kritik im belgischen und luxemburgischen Schrifttum976 folgt auch die Rechtsprechung in diesen Ländern der Lehre von der absoluten und relativen Untauglichkeit.977 Dabei wird allerdings sehr selten Straflosigkeit angenommen,978 sondern vielmehr die Verurteilung auf den „caractère accidentel de l’impossibilité“ gegründet.979 De facto ist die Rechtslage daher mit der in Frankreich nunmehr vorherrschenden subjektivistischen Annahme genereller Strafbarkeit vergleichbar.980 Allein zur Begründung der Straflosigkeit des aber972 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 170; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 403. 973 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 170; vgl. HR, 28. Dezember 1864, W 2663; HR, 30. September 1912, W 9377; HR, 7. Mai 1946, N. J. 1946, 587. 974 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 170; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 405. 975 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 170. 976 Der Lehre von der absoluten und relativen Untauglichkeit werden mangelnder Realitätsbezug (Constant, Traité élémentaire, 272 Rn. 194; de Nauw, R. W. 1983–84, 2179, 2181) und Formalismus (Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 317; Vanhoudt/ Calewaert, Belgisch strafrecht, 370) vorgeworfen. Da sich an der Gefährlichkeit des Täters nichts ändere, sei die Annahme gradueller Unterschiede zwischen verschiedenen Formen der Untauglichkeit verfehlt, Constant, Traité élémentaire, 272 Rn. 194; Dupont/Verstraeten, Handboek, 310 Rn. 552. 977 Constant, Traité élémentaire, 274 Rn. 195; Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 166 Rn. 187; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 116; de Nauw, R. W. 1983–84, 2179, 2180; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch strafrecht, 373 Rn. 739. 978 de Nauw, R. W. 1983–84, 2179, 2181. 979 Liège, 22 janvier 1908, J. C. L. 1908, 108; Liège, 14 juillet 1949, J. L. 1949– 1950, 25; Bruxelles, 15 avril 1950, Journ. Trib. 1950, 393; Cour militaire, 23 octobre 1968, R. D. P. C. 1969–70, 508 (fehlendes Tatobjekt). Zu versuchtem Erwerb von Heroin vgl. Corr. Bruxelles, 30 juin 1983, R. D. P. C. 1983, 1077; R. W. 1983–84, 2177 mit Anm. de Nauw, R. W. 1983–84, 2178: „De afwijkende aard van de stof die de verdachte in zijn bezit kreeg, maakt het criterium uit om de handelingen slechts als een poging te kwalificeren, maar dat criterium is niet van dien aard dat die poging als volstrekt ondeugdelijk omschreven kan worden.“. 980 Dasselbe gilt für Luxemburg, vgl. C. S. J. (appel corr.), 8 mai 1967, Pas. lux., XX, 345 (versuchter Einbruchsdiebstahl trotz fehlenden Tatobjekts); Corr. Luxembourg, 16 décembre 1983, no 1883/83, Pas. lux., XXVII, Somm., 92. „Il n’y a infraction impossible que si le résultat escompté n’a pu, en aucun cas, être atteint. (. . .) Il y a tentative d’importation illicite d’héroine et non pas infraction impossible, si des douaniers étrangers ont, avant de réexpédier la valise que les prévenus devaient pren-
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gläubischen Versuchs wird auf die absolute Untauglichkeit rekurriert;981 die strafrechtliche Irrelevanz des Wahndelikts ergebe sich dagegen bereits direkt aus dem Legalitätsprinzip.982 c) Straflosigkeit: Italien, Spanien aa) Maßnahmen der Sicherung: Italien Das italienische Strafgesetzbuch enthält in Art. 49 itCP983 eine eindeutige Aussage zu der Frage nach der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs. Die Straflosigkeit des Wahndelikts ist in Art. 49 Abs. 1 itCP,984 die des Versuchs bei Untauglichkeit der Tathandlung beziehungsweise Nichtexistenz des Tatobjektes in Abs. 2 geregelt.985 In strikter Anwendung des Legalitätsprinzips986 hält der italienische Gesetzgeber Handlungen für nicht strafwürdig, die zwar auf eine gewisse Gefährlichkeit des Täters schließen lassen, aber keinen effektiven Schaden anrichten können.987 Damit entscheidet er sich ausdrücklich gegen eine subjektivistische Versuchskonzeption, die jede Äußerung der rechtsfeindlichen Gesinnung für ausreichend erachtet.988 Die kriminalpolitische Komdre en charge, ouvert celle-ci et enlevé des sachets contenant la drogue.“, Spielmann/ Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 273. 981 Constant, Traité élémentaire, 278 Rn. 198; für Straflosigkeit mangels „pouvoir causal“ Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 165 Rn. 186 („délit absurde“); Messinne, Droit pénal, 63. Für Luxemburg vgl. Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 271. 982 Constant, Traité élémentaire, 277 Rn. 197; Dupont/Verstraeten, Handboek, 311 Rn. 556; Messinne, Droit pénal, 63; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 271. 983 Art. 49 itCP: „Straflos ist, wer eine Tat, die keine strafbare Handlung ist, in der irrtümlichen Annahme begeht, dass sie strafbar sei. 1. Die Strafbarkeit ist auch dann ausgeschlossen, wenn infolge der Untauglichkeit der Handlung oder des Fehlens des Handlungsgegenstandes der schädigende oder gefährliche Erfolg unmöglich ist (56). 2. Weist die Tat in den von den vorhergehenden Bestimmungen vorgesehenen Fällen die Tatbestandsmerkmale einer anderen strafbaren Handlung auf, so wird die für die wirklich begangene Tat angedrohte Strafe angewendet. 3. In dem in Absatz 2 bezeichneten Fall kann der Richter anordnen, dass der freigesprochene Angeklagte einer Sicherungsmaßnahme unterworfen wird (229).“. 984 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 114; Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 10. 985 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 114; Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 13 ff., 28, 33. 986 „Sistema inspirato al principio di stretta legalità“, Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 10. 987 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 114. 988 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 114; Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 10, 12 („nella sola attuazione esterna della volontà colpevole“).
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promisslösung der Möglichkeit der Verhängung von Sicherungsmaßnahmen (Art. 49 Abs. 4 itCP) trägt jedoch dem Umstand Rechnung, dass auch die Begehung eines Putativdelikts Indiz für die kriminelle Neigung des Täters sein kann.989 Von dieser Rechtsfolgenregelung sind auch Fälle groben Unverstandes („tentativo inidoneo per ignoranza crassa“) nicht grundsätzlich ausgenommen, da Art. 49 Abs. 2 itCP nicht zwischen verschiedenen Arten der Untauglichkeit differenziert.990 Der Wertungswiderspruch bei Übertretungen – bei Untauglichkeit besteht die Möglichkeit der Verhängung von Sicherungsmaßnahmen, während bei Tauglichkeit gemäß Art. 56 Abs. 1 itCP Straflosigkeit angeordnet wird – kann im Wege einer durch die Komplementarität beider Vorschriften gebotenen einschränkenden Auslegung des Art. 49 itCP behoben werden.991 bb) Keine Sanktion: Spanien Die Straflosigkeit des untauglichen Versuchs ist eine der wichtigsten Neuerungen des spanischen Strafgesetzbuchs von 1995.992 Anders war die Rechtslage in Spanien zwischen 1944 und 1995:993 Aus der Strafzumessungsvorschrift des Art. 52 Abs. 2 i. V. m. Art. 3 spCP a. F.994 ergab sich der Grundsatz der Strafbarkeit auch absolut untauglicher Tathandlungen, von dem nur Konstellationen irrealer beziehungsweise abergläubischer Versuche ausgenommen sein sollten.995 Durch die Neuregelung in Art. 16 Abs. 1 spCP,996 der für den Versuchsbeginn eine objektiv erfolgstaugliche („que objetivamente deberían producir el 989 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 114; Pradel, Droit pénal comparé, 250; Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 20 f., 25 („pericolosità dell’autore“), 35. 990 Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 37. 991 Romano, Commentario I, Art. 49 Rn. 20 f. 992 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 135; de la Cuesta/Varona, E. J. C. C. L. C. J. 1996, 226, 229. 993 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 36 Fn. 76. 994 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 719 Fn. 78; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 34 Fn. 69. 995 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 135; Roda/Mourullo, Comentarios I, 60 ff., 150 ff. Vgl. zur a. A. Ferrer Sama, Comentarios I, 67 ff.: Strafbarkeit nur des relativ untauglichen Versuchs, ansonsten kein „Anfang der Ausführung“; krit. Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 135 mit der Begründung, dass die Unterscheidung zwischen vorbereitenden und ausführenden Handlungen mit der zwischen tauglichen und untauglichen Handlungen nicht identisch sei. Auch die Rechtsprechung vor 1995 sprach sich in einzelnen Entscheidungen für die Straflosigkeit aufgrund absoluter Untauglichkeit aus, vgl. z. B. Tribunal Supremo, 26. November 1879 (Vergiftungsversuch mit unschädlicher Substanz); 22. Februar 1931 (versuchte Abtreibung bei vermeintlich Schwangerer). 996 Art. 16 Abs. 1 spCP: „Versuch liegt vor, wenn der Täter durch äußere Handlungen unmittelbar mit der Ausführung der Straftat beginnt und alle oder einen Teil der Handlungen vornimmt, die objektiv den Erfolg herbeiführen würden, dieser jedoch aus Gründen, die vom Willen des Täters unabhängig sind, nicht eintritt.“.
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resultado“) Handlung verlangt, sind nunmehr neben den Wahndelikten auch sämtliche Formen untauglicher Versuche von der Strafbarkeit ausgeschlossen.997 Das unerwünschte Ergebnis der generellen Straflosigkeit will Cerezo Mir durch Abstellen auf die Gefährlichkeit der Handlung aus ex ante-Sicht korrigieren: Die Untauglichkeit müsse von vornherein objektiv erkennbar sein; wenn der Erfolgseintritt aus dieser Perspektive nicht als absolut unwahrscheinlich erscheine, sei der Versuch aus ex ante-Sicht tauglich und damit strafbar.998 Diese Argumentation sei zulässig, da die neue Versuchsbestimmung ebenso wie Art. 62 spCP lediglich die Gefährlichkeit der Handlung und gerade keinen Gefahrerfolg verlange.999 Gegen die Kategorie des untauglichen Versuchs wendet sich auch die Untersuchung von Moreno-Torres,1000 die alternativ eine Unterscheidung zwischen „tentativa“ (Versuch) und „delito irreal“ (irrealem Delikt) vorschlägt.1001 Dabei sollen zwar der abergläubische und absolut untaugliche Versuch als „delito irreal“ mangels Unrechtsgehalts straflos bleiben,1002 die bloß relative Untauglichkeit hindere jedoch die Strafbarkeit als „tentativa“ nicht.1003 3. Vermittelnder Ansatz a) Deutschland aa) Meinungsstand Die Kontroverse um die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs lässt sich in Deutschland bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen.1004 Während die an Art. 2 frCP 1810 angelehnte Regelung des Preußischen Strafgesetzbuches von 1851 die Straflosigkeit jedenfalls des absolut untauglichen Versuchs vorsah,1005 enthielt § 43 des Reichsstrafgesetzbuches von 1871 diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung. Entgegen der objektivistisch geprägten Judikatur 997 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 719; Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 135 f.; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 36 Fn. 76; a. A. Bacigalupo, Principios, 340; ders., in: Hoffmann, Das spanische Strafgesetzbuch, 1, 12 f. unter Berufung auf die neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. 998 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 136. 999 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 137. 1000 „(. . .) pretendemos demonstrar que la categoría de la „tentativa inidónea“ no existe como categoría autónoma e independiente.“, Moreno-Torres, Tentativa, 27. 1001 Moreno-Torres, Tentativa, 260 ff., 293 ff., 300 ff.; vgl. auch Sola Reche, Tentativa, 241 ff., 249 f. 1002 Moreno-Torres, Tentativa, 260 ff., 343 („la „tentativa irreal“ y la „tentativa absolutamente inidónea“ como casos de „delito irreal”). 1003 Moreno-Torres, Tentativa, 252 ff., 263 ff. 1004 Feuerbach, Lehrbuch, 43; vgl. Schubert, Entwurf, 143 mit Fn. 433.
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des Preußischen Obertribunals sprach sich das Reichsgericht jedoch für die Bestrafung auch bei absoluter Untauglichkeit aus.1006 Dieses Grundbekenntnis zur subjektiven Theorie1007 und der daraus folgenden Strafbarkeit des untauglichen Versuchs war seit § 23 Abs. 1 des Amtlichen Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches von 1925 Basis aller weiteren Gesetzesvorhaben.1008 Entsprechend dem subjektivistischen Ansatz soll auch die Betätigung des rechtsfeindlichen Willens genügen, die nur nach der Vorstellung des Täters eine objektiv geeignete Ausführungshandlung ist.1009 Halte der Täter Tatmittel und Tatobjekt für tauglich, habe er sich für die Rechtsgutsverletzung entschieden und diesen Entschluss auch in die Tat umgesetzt: „Auch der untaugliche Versuch wird deshalb vom Strafgrund des Versuchs überhaupt – dem betätigten rechtsfeindlichen Willen – erfaßt.“1010 Auf dem Boden der Eindruckstheorie lässt sich der Grundsatz der Strafbarkeit damit begründen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung auch durch untaugliche Versuche erschüttert werde, da sich der Täter als zur Tat fähig erweise und das zufällige Ausbleiben des Erfolges nichts an der Beeinträchtigung des Bewusstseins gesicherten Rechtsfriedens ändere.1011 bb) Gesetzliche Regelung Die prinzipielle Strafbarkeit des untauglichen Versuchs in Deutschland ergibt sich aus dem Abstellen auf die Tätervorstellung in § 22 dStGB und einem Umkehrschluss aus § 23 Abs. 3 dStGB.1012 Ausdrücklich gesetzlich geregelt ist in Deutschland nur der grob unverständige Versuch. Im Gegensatz zu § 25 Abs. 3 Nr. 2 des Alternativ-Entwurfs,1013 der auf grobem Unverstand beruhende Handlungen für generell straflos erklärte, 1005 Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 691 m. w. N.; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 512; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 183. 1006 Z. B. RGSt 1, 439, 441; 451, 454; 77, 1; vgl. Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 695; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 512; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 183. Ebenso die Rechtsprechung des BGH, vgl. BGH NJW 1952, 514; BGHSt 4, 254; 11, 268, 271; 30, 363, 366; 40, 299, 302. 1007 Kühl, AT, § 15 Rn. 90. 1008 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 49, § 22 Rn. 183; eingehend ders., in: RoxinFestschrift (2001), 689, 693 f. 1009 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 48, 62. 1010 Kühl, AT, § 15 Rn. 90. 1011 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 530. 1012 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 29; Krey, AT II, Rn. 444; Kühl, AT, § 15 Rn. 86 f.; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 183; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 61, 71 f.; Tröndle/Fischer, StGB, § 22 Rn. 40; Wessels/Beulke, AT, Rn. 620. Eingehend zur Bedeutung der Tätervorstellung für die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs Hillenkamp, in: Roxin-Festschrift (2001), 689, 690 ff., 699.
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ist nach dem 1975 in Anlehnung an § 23 Abs. 2 des schweizerischen Strafgesetzbuches eingefügten § 23 Abs. 3 dStGB1014 nunmehr auch dieser grundsätzlich strafbar.1015 Die Einräumung der Möglichkeit der Milderung beziehungsweise des Absehens von Strafe in Fällen groben Unverstandes beruht auf dem Gedanken, dass der Täter durch Unkenntnis der Zusammenhänge zum Ausdruck bringe, dass er nicht so gefährlich sei, wie der Beginn der Tatausführung vermuten lasse.1016 Diese geringere Tätergefährlichkeit mindere den Handlungsunwert, sodass die fakultative Strafmilderung auch mit einer prinzipiell subjektiven Versuchslehre vereinbar scheint.1017 Die Eindruckstheorie argumentiert, in Fällen des § 23 Abs. 3 dStGB fehle es dem Täterverhalten an dem erforderlichen Mindestmaß an Eignung zur Erschütterung des Vertrauens in die Geltung der Rechtsordnung.1018 Teilweise wird vertreten, aus der Formulierung „überhaupt nicht“ ergebe sich das Erfordernis einer „qualifizierten Untauglichkeit“,1019 das heißt gemeint seien nur Konstellationen, in denen „weder eine konkrete noch eine abstrakte Gefährdung bestand.“1020 Nach richtiger Ansicht ist die Reichweite des § 23 Abs. 3 dStGB jedoch in objektiver Hinsicht auf jeden strafbaren untauglichen Versuch zu erstrecken;1021 insbesondere sind im Wege „gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung“ gerade auch die weniger strafwürdigen Fälle des untauglichen Subjekts einzubeziehen.1022 Weiterhin verlangt § 23 Abs. 3 dStGB das Vorliegen einer subjektiven Fehlvorstellung, die nach objektiv-normativer Bewertung als grob unverständig erscheint,1023 das heißt auf Verkennung der „allereinfachsten Naturgesetze“1024 1013 § 25 Abs. 3 Nr. 2 AE: „Der Versuch bleibt straflos, wenn er auf grobem Unverstand beruht und deshalb von vornherein ungefährlich ist.“. 1014 § 23 Abs. 3 dStGB: „Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, dass der Versuch nach Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).“. 1015 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 188, § 23 Rn. 46 ff. 1016 Joecks, Studienkommentar, § 23 Rn. 5. 1017 „Nachsicht zu üben oder aus Strafzwecküberlegungen auf Strafe zu verzichten ist auch einer subjektiven Versuchstheorie nicht verwehrt.“, LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 188; s. auch § 23 Rn. 48. 1018 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 531. 1019 Lackner/Kühl, StGB, § 23 Rn. 6; Rath, JuS 1998, 1106, 1112; Schönke/Schröder/Eser, § 23 Rn. 15; SK-Rudolphi, § 23 Rn. 6. 1020 BT-Drucks. V/4095, 12. 1021 Bloy, ZStW 113 (2001), 76, 98 f.; Heinrich, Jura 1998, 393, 395; Jakobs, AT, 25 Rn. 82; LK-Hillenkamp, § 23 Rn. 59; NK-Zaczyk, § 23 Rn. 18. 1022 LK-Hillenkamp, § 23 Rn. 55; ders., JuS 1990, 454, 458. 1023 LK-Hillenkamp, § 23 Rn. 60.
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oder völliger Unkenntnis gemeinhin bekannter Ursachenzusammenhänge beruht.1025 Als Fall des § 23 Abs. 3 dStGB zu bewerten ist also ein Verhalten, das deutlich und offenkundig vom durchschnittlichen Erfahrungswissen des Normalbürgers abweicht.1026 Unbeachtlich sollen dagegen rein ontologische Fehlvorstellungen sein, die ihren Ursprung allein in einer Sinnestäuschung haben.1027 Primäre Rechtsfolge des § 23 Abs. 3 dStGB insbesondere bei Nähe zu abergläubischem Versuch oder Wahndelikt ist das Absehen von Strafe; vor allem bei auf quantitativen Fehleinschätzungen beruhender Untauglichkeit kommt sekundär eine Strafmilderung in Betracht.1028 cc) Sonderfälle Gesetzlich nicht geregelt und daher umstritten sind die Fälle des irrealen beziehungsweise abergläubischen Versuchs sowie die der Untauglichkeit des Subjekts. (1) Irrealer/abergläubischer Versuch Während teilweise aufgrund „unlösbarer Abgrenzungsschwierigkeiten“1029 zu Konstellationen des groben Unverstandes bei abergläubischen Versuchen eine analoge Anwendung des § 23 Abs. 3 dStGB mit obligatorischer Strafmilderung befürwortet wird,1030 nimmt die überwiegende Lehre die Straflosigkeit irrealer 1024
E 1962, Begr., 145. Wessels/Beulke, AT, Rn. 620; ähnlich Gropp, AT, § 9 Rn. 23; Heinrich, Jura 1998, 393, 395 f.; Lackner/Kühl, StGB, § 23 Rn. 8; Tröndle/Fischer, StGB, § 23 Rn. 7. 1026 BGHSt 41, 94; Heinrich, Jura 1998, 393, 396; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 531 f.; Kühl, AT, § 15 Rn. 92; Rath, JuS 1998, 1106, 1112; krit. LK-Hillenkamp, § 23 Rn. 67 f.: Grob unverständig sei eine Fehlvorstellung, wenn „sie sich so weit von den gültigen Denk- und Naturgesetzlichkeiten entfernt, daß sie als objektiv abwegig und unsinnig einzuordnen ist, weil ihr keinerlei Wirklichkeitsnähe mehr innewohnt“.; vgl. zu Beispielen Rn. 70. 1027 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 35; Heinrich, Jura 1998, 393, 396; LKHillenkamp, § 23 Rn. 64; Roxin, AT II, § 29 Rn. 20; Schönke/Schröder/Eser, § 23 Rn. 17; a. A.: NK-Zaczyk, § 23 Rn. 20; Rath, JuS 1998, 1106, 1113. Zur Abgrenzung der nomologischen Fehlvorstellung von schlichtem Nichtwissen und Wahrnehmungsfehlern vgl. Beispiele bei LK-Hillenkamp, § 23 Rn. 63 ff. 1028 LK-Hillenkamp, § 23 Rn. 71 f. 1029 Bloy, ZStW 113 (2001), 76, 108 f. 1030 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 37; Heinrich, Jura 1998, 393, 397 f.; Otto, Grundkurs, § 18 Rn. 60 ff.; Stratenwerth, AT I, § 11 Rn. 57 ff., 61; krit. LKHillenkamp, § 22 Rn. 189: Eine Unterscheidung zwischen abergläubischem und grob unverständigem Versuch sei wegen der obligatorischen Milderung nur bei erstgenanntem nicht entbehrlich; die bloße Strafmilderung vertrage sich zudem nicht mit dem 1025
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und abergläubischer Handlungen an.1031 Begründet wird dies zum einen mit dem Fehlen des Tatvorsatzes: Der geplante Einsatz übernatürlicher Kräfte könne nicht als Deliktsverwirklichungswille qualifiziert werden.1032 Zudem sei eine Strafwürdigkeit nur bei rechtsfeindlichem, nicht bei rechtlich indifferentem Willen zu bejahen.1033 Die Vertreter der Eindruckstheorie sprechen den abergläubischen Versuchen jegliche rechtserschütternde Wirkung ab.1034 (2) Untauglichkeit des Subjekts Umstritten ist auch die Möglichkeit eines strafbaren Versuchs des untauglichen Subjekts. Teilweise werden diese Fälle als Wahndelikte qualifiziert,1035 da die Zuwiderhandlung gegen nur eingebildete Sonderpflichten kein strafrechtlich relevantes Unrecht darstelle:1036 „Für das Recht ist man der, der man ist.“1037 Eine vermittelnde Ansicht differenziert zwischen „dem zum straflosen Wahndelikt führenden Rechtsirrtum und dem als strafbarer Versuch zu behandelnden Tatsachenirrtum“ und bejaht folglich die Möglichkeit des strafbaren Versuchs des untauglichen Subjekts bei „täterschaftlich eingeschränkten Gemeindelikten“ und bei der „irrigen Annahme eines die Garantenpflicht begründenden Sachverhalts“. Der Versuch von „eigentlichen Sonderdelikten“, deren spezielle Tätereigenschaft durch Rechtsakt begründet wird, soll dagegen straflos sein.1038 Überwiegend wird aufgrund der Gleichwertigkeit aller Tatumstände auch ein strafbarer Versuch des untauglichen Subjekts grundsätzlich für möglich gehalten.1039 Der Gesetzgeber habe die Frage in § 23 Abs. 3 dStGB bewusst offengelassen – es mache nach dem Gesetzeswortlaut keinerlei Unterschied, woraus gesetzgeberischen Ziel der Einschränkung der Versuchsstrafbarkeit; vgl. auch § 23 Rn. 51. 1031 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 532; Joecks, Studienkommentar, § 23 Rn. 7; LKHillenkamp, § 22 Rn. 189, § 23 Rn. 50; NK-Zaczyk, § 22 Rn. 38; Roxin, AT II, § 29 Rn. 8; Schönke/Schröder/Eser, § 23 Rn. 13. 1032 Jakobs, AT, 25 Rn. 22 f., 36; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 190; Tröndle/Fischer, StGB, § 23 Rn. 9; Wessels/Beulke, AT, Rn. 620; Zaczyk, Unrecht, 245, 252. 1033 RGSt 33, 321, 323; LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 48 f., § 22 Rn. 190. 1034 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 532; Kühl, AT, § 15 Rn. 93; Schönke/Schröder/ Eser, § 22 Rn. 65; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 35; krit. LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 190. 1035 Jakobs, AT, 25 Rn. 43 ff.; Krey, AT II, Rn. 447; Stratenwerth, AT I, § 11 Rn. 65; Zaczyk, Unrecht, 268 ff. 1036 Stratenwerth, AT I, § 11 Rn. 65. 1037 NK-Zaczyk, § 22 Rn. 39. 1038 LK-Vogler, 10. Aufl., § 22 Rn. 157 ff. 1039 Blei, AT, §§ 231 f.; Heinrich, Jura 1998, 393; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 535; Kühl, AT, § 15 Rn. 102 ff.; Lackner/Kühl, StGB, § 22 Rn. 13; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 232 f., 235 ff.; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 40 Rn. 175; SK-Rudolphi,
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sich die Untauglichkeit ergebe.1040 Die Abgrenzung zum Wahndelikt sei entsprechend der unstrittigen Fälle der Untauglichkeit vorzunehmen: Die irrige Annahme tatsächlicher Umstände, deren Vorliegen die Sondereigenschaft begründen würde, führe als umgekehrter Tatbestandsirrtum zu strafbarem untauglichen Versuch, während bei fehlerhafter Subsumtion unter den Sonderstatus ein strafloses Wahndelikt gegeben sei.1041 dd) Rechtsprechung Die deutsche höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich in einer Vielzahl von Entscheidungen mit der Frage der Untauglichkeit des Tatobjekts, des Mittels, des Subjekts oder sonstiger Tatmodalitäten befasst und eine Versuchsstrafbarkeit bejaht. Zur letztgenannten Kategorie zählen Fälle der Untauglichkeit bezüglich qualifizierender Tatbestandsmerkmale. Hier wurde etwa versuchter schwerer Raub bejaht, wenn der Täter irrig davon ausging, die Schusswaffe sei geladen;1042 Mordversuch wurde angenommen, wenn der Täter das Opfer irrtümlich für argund wehrlos hielt.1043 Zahlreiche Entscheidungen ergingen auch zur Untauglichkeit des Tatobjektes; so wurde eine Versuchsstrafbarkeit etwa beim Schuss auf eine Leiche1044 sowie bei Aushändigung eines Abtreibungsmittels an eine nur vermeintlich Schwangere bejaht.1045 Auch in „Haughton v. Smith“-Konstellationen,1046 in denen der Täter annahm, eine nicht zur Beute gehörende Sache sei durch eine im Sinne des § 259 dStGB taugliche Vortat erlangt, wurde Versuchsstrafbarkeit wiederholt angenommen.1047 Gleiches gilt für die Übernahme der „Beute“ eines nur vorgespiegelten „Raubes“,1048 oder wenn der Täter glaubt, sich rechtswidrig zu bereichern, obwohl er in Wirklichkeit einen Anspruch auf Leistung hat.1049
§ 22 Rn. 28; Schönke/Schröder/Eser, § 22 Rn. 76; Tröndle/Fischer, StGB, § 22 Rn. 55; Wessels/Beulke, AT, Rn. 623. 1040 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 232 f., 235; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 28a. 1041 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 236. 1042 BGH Dall. MDR 1972, 16. 1043 BGH NStZ 1994, 583. 1044 RGSt 1, 451. 1045 RGSt 68, 13. 1046 Vgl. 2. Teil A. IV. 1. b) cc) (1). 1047 RGSt 64, 130, 131; BGH NStZ 1983, 264; vgl. auch BGH NStZ 1992, 84; BGH wistra 1999, 180. 1048 BGH MDR 1952, 16. 1049 RGSt 11, 72, 77; 17, 233, 238; 38, 423, 426; 42, 92; 49, 16, 20; BGHSt 42, 268, 272 f.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Die Untauglichkeit des Tatmittels kann einerseits darauf beruhen, dass das Mittel den angestrebten Erfolg nicht zu bewirken vermag, so etwa bei Vergiftungsversuch mit unzulänglicher Dosis,1050 bei Unwirksamkeit des Abtreibungsmittels1051 sowie bei Vornahme einer zur Vermögensschädigung ungeeigneten Tätigkeit.1052 Andererseits kann die Tathandlung selbst versagen, sodass zum Beispiel untauglicher Versuch der Absatzhilfe bei Unterstützung der Veräußerung an einen verdeckten Ermittler vorliegen soll.1053 b) Österreich aa) Meinungsstand Unter Geltung des alten Rechts wurde die Frage nach der Behandlung untauglicher Versuche in Österreich mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung kontrovers diskutiert.1054 Die Vertreter der objektiven Lehre verneinten in Fällen der Untauglichkeit schon das begriffliche Vorliegen eines Versuchs, der sich vom so genannten „Mangel am Tatbild“ dadurch unterscheide, „daß diesem schon ein wesentliches Tatbestandselement (wie Subjekt, Objekt, Mittel der Begehung) fehlt“.1055 Die Differenzierung zwischen straflosem „Mangel am Tatbestand“ und strafbarem Versuch ist durch die Fassung des § 15 Abs. 3 öStGB formal überholt.1056 Auch die subjektive Lehre, die eine Strafbarkeit immer auch dann annahm, wenn das Verhalten den Erfolg unter keinen Umständen herbeiführen konnte,1057 ist angesichts des neuen Strafrechts nicht mehr vertretbar.1058 Die aktuelle Rechtslage beruht vielmehr auf der gemischt subjektiv-objektiven Eindruckstheorie, die auf die Erschütterung des Vertrauens der Allgemein-
1050
RGSt 24, 382; BGHSt 11, 324; 41, 94. RGSt 1, 439; 17, 158; 68, 13. 1052 RGSt 10, 11, 21; 11, 72, 77; 25, 5, 7; 28, 386 f.; 38, 423, 425; 41, 373, 377; 42, 92, 94; 49, 16; 51, 204, 211; 65, 273, 276. 1053 BGHSt 43, 110; BGH wistra 2000, 260. Zum untauglichen Versuch der Geldwäsche bei Weitergabe des erpressten Geldes an verdeckten Ermittler vgl. BGH StV 1999, 94; Wessels/Hillenkamp, BT II, Rn. 870, 898 m. w. N. Zur Untauglichkeit des Erpressungsversuchs bei Observation der Geldübergabe vgl. BGH StV 1998, 661. 1054 Vgl. zum Meinungsstand ausführlich Burgstaller, JBl 1969, 521, 524 f. 1055 Horrow, Grundriß, 210; ähnlich auch Rittler, AT, 256 ff. 1056 Burgstaller, in: StPdG, 7, 18; ders., JBl 1976, 113, 121. 1057 Nowakowski, Grundzüge, 90; Roeder, Erscheinungsformen, 18 ff. Umstritten waren die Behandlung der Untauglichkeit des Subjekts (für Strafbarkeit Nowakowski, Grundzüge, 90) und des abergläubischen Versuchs (für generelle Straflosigkeit Nowakowski, Grundzüge, 91; differenzierend Roeder, Erscheinungsformen, 20). 1058 Burgstaller, in: StPdG, 7, 18; ders., JBl 1976, 113, 121. 1051
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heit in die Sicherheit der Rechtsordnung abstellt. Daraus ergibt sich prinzipiell auch die Strafwürdigkeit des untauglichen Versuchs, da der schlechte und verderbliche Eindruck, den die Tat bei anderen hervorrufen könne, grundsätzlich auch dem untauglichen Versuch anhafte. Die geringere Gefährlichkeit solcher Verhaltensweisen ändere nichts daran, dass der Auflehnungswille des Täters gegen die Rechtsordnung der gleiche bleibe.1059 bb) Gesetzliche Regelung Konsequent verzichtet das österreichische StGB von 1974 wegen der vergleichbaren Strafwürdigkeit in § 15 Abs. 1 und 2 öStGB1060 auf eine begriffliche Differenzierung zwischen tauglichen und untauglichen Versuchen und behandelt beide hinsichtlich der Rechtsfolgen grundsätzlich gleich.1061 Beim so genannten relativ untauglichen Versuch1062 sind Tatmittel und Objekt in abstracto zur Erfolgsherbeiführung geeignet, in concreto scheitert jedoch die Tatbestandsvollendung infolge zufälliger Umstände des Einzelfalles.1063 Bloße Unzulänglichkeit der Mittel, Methoden oder Kenntnisse entkleiden die Handlung aber nicht ihres prinzipiell tatbildmäßigen Charakters,1064 sodass relativ untaugliche Verhaltensweisen gemäß § 15 Abs. 1 und 2 öStGB in Österreich strafbar sind.1065 Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung enthält das österreichische Strafrecht nur bezüglich des absolut untauglichen Versuchs. In § 15 Abs. 3 öStGB1066 wird das durch § 15 Abs. 1 öStGB aufgestellte Prinzip der Strafbar1059
Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 7. § 15 Abs. 1 und 2 öStGB: „1. Die Strafdrohungen gegen vorsätzliches Handeln gelten nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch und für jede Beteiligung an einem Versuch. 2. Die Tat ist versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen oder einen anderen dazu zu bestimmen (§ 12), durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.“. 1061 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 8. 1062 Nach anderer Terminologie sind alle gem. § 15 Abs. 1 öStGB strafbaren Versuche „tauglich“, alle unter § 15 Abs. 3 öStGB fallenden „untauglich“, vgl. Leukauf/ Steininger, StGB, § 15 Rn. 29. 1063 Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 24; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. VIII; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 86. Bsp.: Ungenügende Menge des Handlungsmittels (SSt 19/79), zweckwidrige Handlung (SSt 19/82), Nichtvorhandensein des Angriffsobjekts am Tatort (SSt 22/26; OGH EvBl 1978/58; OGH LSK 1978/39). 1064 OGH EvBl 1976/265; OGH LSK 1977/88; OGH JBl 1993, 737. 1065 OGH LSK 1976/74; Burgstaller, JBl 1976, 113, 121; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. VII; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 35; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 359 Rn. 22; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 86. 1066 § 15 Abs. 3 öStGB: „Der Versuch und die Beteiligung daran sind nicht strafbar, wenn die Vollendung der Tat mangels persönlicher Eigenschaften oder Verhält1060
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
keit des untauglichen Versuchs für Fälle absoluter Untauglichkeit durchbrochen.1067 Auf dem Boden der Eindruckstheorie lässt sich diese Ausnahme vom Grundsatz der Strafwürdigkeit damit begründen, dass eine Erschütterung des allgemeinen Rechtsbewusstseins dann nicht zu erwarten sei, wenn sich der Vollendungswille in einer Tat offenbare, „die eher Kopfschütteln über so viel Dummheit als einen verderblichen Eindruck“ hervorrufe.1068 Der Grund für die absolute Untauglichkeit kann in der Beschaffenheit des Subjekts, der Handlung oder der Tatobjektes liegen. Untauglichkeit des Subjekts setzt gemäß § 15 Abs. 3 1. Alt. öStGB voraus, dass die vom Tatbestand vor allem im Rahmen von Sonderdelikten beim Täter verlangten besonderen Eigenschaften oder Verhältnisse fehlen; eine Handlung ist absolut untauglich im Sinne des § 15 Abs. 3 2. Alt. öStGB, wenn sie unter allen Umständen zur Tatausführung ungeeignet ist, wobei die Untauglichkeit auf die Handlungsweise selbst oder auf das vom Täter verwendete Mittel zurückzuführen sein kann. Untauglichkeit des Objekts gemäß § 15 Abs. 3 3. Alt. öStGB liegt vor, wenn das angegriffene Rechtsgut nicht dem tatbestandlichen Schutzobjekt entspricht.1069 cc) Rechtsprechung (1) § 8 öStG: Generalisierende ex post-Betrachtung Die frühere Rechtsprechung zu § 8 öStG1070 nahm zum Tauglichkeitsproblem eher einen objektiven Standpunkt ein.1071 Absolut untauglich sollte ein Versuch demnach sein, wenn „es auch bei einer generalisierenden Betrachtung, also unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles, geradezu denkunmöglich war, daß er zur Vollendung führen konnte“.1072 nisse, die das Gesetz beim Handelnden voraussetzt, oder nach der Art der Handlung oder des Gegenstandes, an dem die Tat begangen wurde, unter keinen Umständen möglich war.“. 1067 Burgstaller, JBl 1976, 113, 121; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. VII; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 7, 10; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 37 ff.; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 359 Rn. 22. 1068 Burgstaller, JBl 1976, 113, 122; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 10. 1069 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 73. 1070 § 8 öStG: „1. Zu einem Verbrechen ist nicht nötig, daß die Tat wirklich ausgeführt werde. Schon der Versuch einer Übeltat ist das Verbrechen, sobald der Bösgesinnte eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung unternommen hat; die Vollbringung des Verbrechens aber nur wegen Unvermögenheit, wegen Dazwischenkunft eines fremden Hindernisses oder durch Zufall unterblieben ist. 2. Es ist daher in allen Fällen, wo das Gesetz nicht besondere Ausnahmen anordnet, jede für ein Verbrechen überhaupt gegebene Bestimmung auch auf das versuchte Verbrechen anzuwenden, und der Versuch einer Übeltat, unter Anwendung des § 47 lit. a, mit derselben Strafe zu ahnden, welche auf das vollbrachte Verbrechen verhängt ist.“. 1071 Burgstaller, JBl 1969, 521, 526 ff.; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 4.
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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(2) Ex ante-Betrachtung im Sinne der Eindruckstheorie Aus kriminalpolitischer Perspektive erschien die weitgehende Annahme der Straflosigkeit aufgrund absoluter Untauglichkeit durch die Rechtsprechung unbefriedigend, sodass zuerst von Burgstaller eine Erweiterung der objektiven Auffassung zwecks Vermeidung von Strafbarkeitslücken befürwortet wurde.1073 Die von ihm vorgeschlagene ex ante-Betrachtung der Gefährlichkeit der Handlung ist die in der österreichischen Lehre unter Geltung der Eindruckstheorie bis heute überwiegend vertretene Rechtsmeinung.1074 Zunächst hatte sich ihr auch der OGH angeschlossen;1075 zuletzt bekannte er sich unter ausdrücklicher Verwerfung des gegenteiligen Standpunktes1076 in JBl 1986, 129 ausdrücklich zur ex ante-Betrachtungsweise. Der Beurteilung der Tauglichkeit im Sinne der Eindruckstheorie ist ein gemischt subjektiv-objektiver Maßstab zugrunde zu legen.1077 Die Gefährlichkeit der Handlung sei nicht aus ex post-Perspektive zu beurteilen, sondern aufgrund einer generalisierenden Betrachtungsweise1078 aus ex ante-Sicht unter Anwendung der von Burgstaller entwickelten „Formel vom objektiven Beobachter“. 1072 SSt 50/2; 51/38; OGH EvBl 1961/158; 1964/113; 1966/268. Bei Untauglichkeit des Subjekts wurde von vornherein ein strafloser Mangel am Tatbestand und begrifflich schon gar kein Versuch angenommen. Absolute Untauglichkeit des Objekts wurde bei dessen Nichtexistenz in mehreren Entscheidungen vor bzw. unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg bejaht, vgl. z. B. OGH EvBl 1946/51 zum Abtreibungsversuch einer vermeintlich Schwangeren sowie OGH JBl 1948, 503. Bsp. für die Annahme absoluter Untauglichkeit des Mittels sind der Betrugsversuch mit offensichtlich gefälschten Urkunden (ÖR 128; ÖR 492), der Versuch des Aufbrechens einer eisernen, mit mehreren Schlössern versehenen Tür ohne Werkzeug (ÖR 752) sowie der Versuch der Verleitung zur Verletzung der militärischen Dienstpflicht (§ 222 öStG) durch den Vorschlag, durch Inhalation von Zigarettenrauch eine Krankheit zu verursachen (ÖR 57). 1073 Burgstaller, JBl 1969, 521, 528 f. 1074 Burgstaller, JBl 1976, 113, 122; ders., JBl 1986, 77; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 22; Foregger/Serini, StGB, § 15 Erl. VII; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 12 f.; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 38 ff.; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 360 Rn. 25; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 75. 1075 Vgl. OGH JBl 1979, 100; SSt 53/32; OGH EvBl 1981/192; OGH JBl 1983, 103; OGH EvBl 1985/122. 1076 In RZ 1985/87 hatte der OGH ausnahmsweise folgenden Fall der Untauglichkeit des Tatobjekts unter Zugrundelegung der objektiven Theorie beurteilt: Während ihres Dienstes als Angehörige der österreichischen UN-Truppen auf den Golanhöhen wurden die Täter von arabischen Geschäftsleuten dazu beauftragt, Waren aus Syrien nach Israel zu schmuggeln, die sie irrtümlich für Haschisch hielten (tatsächlich handelte es sich um Plastiksprengstoff); eine Strafbarkeit wegen Versuchs gem. §§ 15 öStGB, 12 SGG wurde verneint, da Gegenstände, die der Täter lediglich für Suchtgift halte, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 SGG nicht erfüllen könnten; aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit sei an der objektiven Verbrechensauffassung und damit der Beurteilung ex post festzuhalten. 1077 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 12.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Danach soll ausschlaggebend der Standpunkt eines verständigen1079 begleitenden Beobachters sein, der den Tatplan und die spezifischen Vorstellungen des Handelnden kennt: „Es kommt auf den Eindruck an, den das vom Täter gesetzte Verhalten auf einen unbeteiligten Zuschauer macht, der den Tatplan kennt. Scheint einem solchen Zuschauer die Deliktsvollendung möglich, liegt strafbarer Versuch vor; hält er sie für ausgeschlossen, bleibt das Verhalten des Täters straflos.“1080 Im Wege einer ex ante-Betrachtung ist also auf Grundlage eines abstrahierenden und generalisierenden Maßstabs der Eindruck ausschlaggebend, den das Täterverhalten auf einen mit Durchschnittswissen ausgestatteten Dritten macht, der sowohl den Tatplan als auch die Vorstellung des Täters über die für dessen Ausführung in Bezug auf Subjekt, Objekt und Handlung bedeutsamen Umstände kennt.1081 Entscheidend ist, dass die Handlung aus dieser Perspektive „keineswegs als aussichtsloses Unterfangen erscheinen konnte“.1082 Absolut untauglich soll ein Versuch dagegen sein, „wenn nach dem Urteil eines verständigen begleitenden Beobachters im Zeitpunkt der Handlungsvornahme die Tatvollendung nach dem konkreten Tatplan geradezu denkunmöglich erscheint“.1083 Dies ist zum Beispiel bei abergläubischen oder grob unverständigen Versuchen der Fall.1084 1078 Dies ergibt sich bereits zwingend aus dem Gesetzeswortlaut („unter keinen Umständen“, „Art“). 1079 „(. . .) ausgestattet mit dem ontologischen und nomologischen Wissen eines Durchschnittsmenschen, vermehrt um ein etwaiges Sonderwissen des Täters.“, vgl. Burgstaller, JBl 1969, 521, 529; ders., JBl 1976, 113, 122. 1080 Burgstaller, JBl 1969, 521, 529 f.; ders., in: StPdG, 7, 20; ders., JBl 1976, 113, 122. 1081 OGH JBl 1986, 129; so auch bereits OGH EvBl 1979/38; SSt 53/32; EvBl 1985/122; 1986/95. 1082 OGH JBl 1983, 103. Nicht aussichtslos ist eine Vorgehensweise danach z. B. dann, wenn eine nur geringfügige Modifizierung der äußeren Umstände objektiv im Bereich des Möglichen lag und dadurch die Tatbestandsverwirklichung hätte eintreten können, OGH JBl 1983, 104. So ist bei strikter Zugrundelegung der Tätervorstellung Strafbarkeit aufgrund bloß relativer Untauglichkeit etwa im Baumstumpf-Fall oder bei versuchter Tötung einer Leiche anzunehmen, Burgstaller, JBl 1976, 113, 125; ders., JBl 1986, 76; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 13. 1083 OGH bis 1986, vgl. OGH JBl 1979, 100; SSt 53/32; OGH EvBl 1981/192; OGH JBl 1983, 103; OGH EvBl 1985/122; zuletzt OGH JBl 1986, 129; Burgstaller, JBl 1976, 113, 122; ders., JBl 1986, 77; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 22; WKHager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 78; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 13; Leukauf/ Steininger, StGB, §15 Rn. 38b; für Abgrenzung mit Hilfe des Kriteriums der objektiven Zurechnung Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 361 Rn. 27: Absolut untauglicher Versuch liege vor, wenn die Tatbestandsverwirklichung bei Vornahme der Handlung vom Standpunkt des Täters aus objektiv nicht vorhersehbar sei oder wenn die Handlung den Bereich der Sozialadäquanz nicht verlasse. 1084 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 13; skeptisch Fuchs, ÖJZ 1986, 257, 259, der Fälle des Aberglaubens und Unsinns nicht als tatbildmäßigen Versuch im Rechtssinne qualifiziert und folglich für die Annahme der Straflosigkeit nicht auf § 15 Abs. 3 öStGB rekurrieren muss.
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Zwar wird der ex ante-Betrachtung im Sinne der Eindruckstheorie zugestanden, dass sie eine „klare, eindeutige und intellektuell befriedigende Lösung des Abgrenzungsproblems“ biete,1085 dennoch begegnet sie „schwerwiegenden Bedenken“.1086 Die erhebliche Einschränkung des Anwendungsbereich des absolut untauglichen Versuchs gegenüber der in Österreich seit hundert Jahren herrschenden Praxis wurde insbesondere von Fuchs heftig kritisiert. Das Verschieben der Strafbarkeitsgrenze in Richtung auf eine rein subjektive Betrachtungsweise führe zu einer extremen Ausdehnung des Strafbarkeitsbereichs, indem objektiv sozialadäquates Verhalten allein aufgrund innerer Umstände als strafbarer Versuch qualifiziert werden könne.1087 Dieses Ergebnis sei kriminalpolitisch unbefriedigend; ein Strafbedürfnis lasse sich insbesondere auch mit der Eindruckstheorie nicht begründen, da sozialadäquates Verhalten ungeeignet sei, den allgemeinen Rechtsfrieden zu stören und das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Geltung der Rechtsordnung zu erschüttern.1088 Zudem entspreche die Ausdehnung der strafrechtlichen Haftung nicht dem gesetzgeberischen Willen: Die Straflosigkeit bestimmter Typen des untauglichen Versuch habe in der österreichischen Rechtsprechung eine lange Tradition, und es sei erklärtes Ziel des Gesetzgebers von 1974 gewesen, diese Praxis in Gesetzesform zu fassen.1089 Es ergebe sich die paradoxe Situation, dass, während bis 1974 die Straflosigkeit bei absoluter Untauglichkeit aufgrund eines zweifelhaften Umkehrschlusses aus der Vorschrift des § 8 öStG großzügig angenommen wurde, nunmehr bei ausdrücklicher gesetzlicher Regelung eine praktische Bedeutungslosigkeit des untauglichen Versuchs eingetreten sei.1090 Jedenfalls bezüglich der Untauglichkeit des Objekts sei die ex ante-Betrachtung unter Zugrundelegung des Tatplanes außerdem mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 öStGB unvereinbar. Anders als nach § 23 Abs. 3 des deutschen Strafgesetzbuchs könne beim Objekt nicht die Erkennbarkeit des Mangels aus der Täterperspektive maßgeblich sein, sodass
1085
Fuchs, ÖJZ 1986, 257, 259. Fuchs, ÖJZ 1986, 257. 1087 Fuchs, ÖJZ 1986, 257, 258. Als Beispiel führt Fuchs folgenden Sachverhalt an: Wer bei einem Trödler die Imitation eines Renaissancemöbelstücks, das der Verkäufer redlich erworben habe, zu angemessenem Preis kaufe, verhalte sich objektiv sozialadäquat; der Kauf werde allerdings zur versuchten Hehlerei, wenn der Käufer das Möbel irrtümlich für echt halte und daher zumindest mit Eventualvorsatz annehme, es sei gestohlen. Nach der Formel vom objektiven Beobachter wäre der Versuch nur dann straflos, wenn die Annahme, es handele sich um Diebesgut, völlig denkunmöglich sei. 1088 Der Eindruck auf die Allgemeinheit könne nämlich nicht mit dem Eindruck auf den objektiven Beobachter, der den Tatplan kennt, gleichgesetzt werden, Fuchs, ÖJZ 1986, 257, 258. Auch Burgstaller räumt mittlerweile ein, dass die Deutung der Versuchsuntauglichkeit auf Grundlage der Wahrnehmung des begleitenden Beobachters unerwünschte Strafbarkeitsüberschüsse produziere, vgl. JBl 1998, 398, 399. 1089 Fuchs, ÖJZ 1986, 257, 258. 1090 Fuchs, ÖJZ 1986, 257, 259. 1086
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
die Formel vom objektiven Beobachter nicht der objektiven Formulierung des österreichischen Gesetzes entspreche.1091 (3) Objektive Theorie des OGH Die allmähliche Annäherung der Praxis an das ex ante-Verständnis der Untauglichkeit gemäß der Lehre vom begleitenden Beobachter wurde durch eine Grundsatzentscheidung des verstärkten Senats des OGH1092 abrupt beendet. Indem dieses Urteil „den Zeiger der Waage in Ansehung des Tauglichkeitsproblems wieder deutlich in Richtung des Objektivismus ausschlagen“1093 ließ, führte es zu einer neuerlichen Verhärtung der Fronten.1094 Jedenfalls hinsichtlich der Untauglichkeit des Objekts (§ 15 Abs. 3 3. Alt. öStGB) ist der OGH seitdem zur objektiven Theorie zurückgekehrt.1095 Diese Fälle seien im Wege einer ex post-Betrachtung zu beurteilen, das heißt es komme nicht auf den Eindruck eines Beobachters zur Tatzeit, sondern auf die wirklichen Verhältnisse an.1096 Aufgrund des nachträglichen Kalküls eines Richters, der die wahre Sachlage einschließlich aller erst im Nachhinein bekannt gewordenen Fakten kenne,1097 sei zu entscheiden, ob die Tat ex post objektiv „an sich“ gefährlich und nur zufällig gescheitert sei (strafbarer relativ untauglicher Versuch), oder ob sie sich objektiv als ungefährlich qualifizieren lasse, da die Vollendung auch bei generalisierender, abstrakter Betrachtung undenkbar erscheine (strafloser absolut untauglicher Versuch).1098 Unproblematisch ist diese Betrachtungsweise in Fällen der Untauglichkeit des Subjekts (§ 15 Abs. 3 1. Alt. öStGB).1099 Da sich die Subjektseigenschaften der Beobachtung durch außenstehende Dritte entziehen, kann hier nicht der Eindruck des objektiven Beobachters, sondern müssen die wirklichen Verhältnisse zur Tatzeit ausschlaggebend sein.1100 Zudem vermag auch nach der Eindrucks1091
Fuchs, ÖJZ 1986, 257, 261. SSt 57/81. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt versuchten die Täter, ein Gemenge aus Stärkemehl, Staubzucker und Speisesoda, das sie infolge einer Täuschung durch ihren Lieferanten für Heroin hielten, nach Österreich einzuführen. 1093 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 4. 1094 Burgstaller, JBl 1998, 398, 399; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 11; WKHager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 4. 1095 Vgl. auch SSt 58/66; OGH JBl 1989, 192; OGH NRsp 1994/118; EvBl 1995/ 92; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 22; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 15; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 79. 1096 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 79. 1097 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 16; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 80. 1098 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 16. 1099 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 71. 1092
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theorie der „Extraneus“ das allgemeine Rechtsbewusstsein nicht zu korrumpieren und den Rechtsfrieden nicht zu gefährden, sodass die grundsätzliche Annahme absoluter Untauglichkeit gemäß § 15 Abs. 3 1. Alt. öStGB mittlerweile unumstritten ist.1101 Bezüglich der Untauglichkeit des Tatmittels im Sinne des § 15 Abs. 3 2. Alt. öStGB stellte der 15. Senat des OGH im Jahre 1996 klar, dass sich seine Ablehnung der Eindruckstheorie zur Beurteilung der Versuchstauglichkeit ausschließlich auf die Fälle der Untauglichkeit des Objekts beziehe und die absolute Untauglichkeit der Handlung weiterhin gemäß der Lehre vom begleitenden Beobachter zu behandeln sei.1102 Die Objektivierungstendenz in der österreichischen Rechtsprechung führt zu einer großzügigeren Annahme absoluter Untauglichkeit und damit zu einer Einengung der Strafbarkeit, die teilweise als kriminalpolitisch unbefriedigend empfunden wird.1103 Die Reduktion strafbarer Versuche auf Fallgestaltungen, in denen eine Deliktsvollendung nach allen tatsächlich vorliegenden Gegebenheiten möglich erscheint, führe in der Praxis zu spürbaren, willkürlichen Strafbarkeitslücken.1104 Trotz der Grundsatzentscheidung in SSt 57/81 scheint aber die Rückkehr des OGH zur Eindruckstheorie auch in Fällen des untauglichen Subjekts nicht gänzlich ausgeschlossen. So hat der 13. Senat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1998 gezeigt, dass er die Position des verstärkten Senats auch in Bezug auf die Untauglichkeit des Objekts nicht uneingeschränkt als verbindlich erachtet und diese in dem konkreten Fall zwar nicht ausdrücklich, aber doch faktisch aufgegeben.1105 1100
OGH EvBl 1986/95; Foregger/Fabrizy, StGB, § 15 Rn. 22. OGH RZ 1986/20 mit zust. Anm. Kienapfel/Pallin; Burgstaller, JBl 1986, 131 (unter Aufgabe der Gegenposition in JBl 1976, 113, 126); Fuchs, ÖJZ 1986, 257, 261; Leukauf/Steininger, StGB, § 15 Rn. 39. 1102 OGH 15 Os 88, 89/96; vgl. auch OGH EvBl 1997/99 (unfrankierter Erpresserbrief kein absolut untaugliches Mittel); OGH JBl 1997, 741; OGH RZ 1998/38 (Anbaumethode von Hanfpflanzen nach ex ante-Betrachtung nicht absolut untauglich); OGH JBl 2001, 62, 63. Nach WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 83 f. legt der OGH in JBl 1997, 741 zur Frage der Tauglichkeit von Manipulationen an Geldwechselautomaten durch mit Klebeband präparierte Scheine allerdings faktisch letztlich aber doch einen objektiven ex post-Maßstab an: Der Beobachter soll nämlich der Entscheidung zufolge auch über die zur Tatzeit aktuellen technischen Gegebenheiten bei Geldwechselautomaten, d. h. über elektronische Vorkehrungen zur Sicherung gegen missbräuchliche Manipulationen, informiert sein, obwohl es sich dabei um Fachkenntnisse handelt; bei Zugrundelegung des Durchschnittswissens, dass nach den Erfahrungen des täglichen Lebens auch Automaten überlistet werden können, wäre Versuchsstrafbarkeit gegeben. Der OGH mache die Tauglichkeitsfrage also doch von den erst nachträglich zu erforschenden wirklichen Verhältnissen abhängig. 1103 Burgstaller, JBl 1998, 398, 399; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 17; WKHager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 4. 1104 Burgstaller, JBl 1998, 398, 399. 1105 OGH JBl 1998, 397. 1101
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
V. Rücktritt Die Rücktrittsproblematik kreist um die Frage, inwieweit sich die freiwillige Aufgabe der Tat oder deren Verhinderung durch den Täter auf den bereits begonnenen Versuch auswirken sollen. Während sich ein primär autoritäres Strafrechtssystem gegen jegliche Berücksichtigung des Abstandnehmens von der Tat verwehren muss,1106 spiegelt die Annahme der Straflosigkeit oder Milderbestrafung des Versuchs nach Rücktritt die auf den Gedanken der Aufklärung beruhende Auffassung wider, dass vom Strafrecht als „ultima ratio“ nur so weit Gebrauch gemacht werden dürfe, wie unbedingt erforderlich.1107 Die negativ-implizite oder positiv-explizite Rücktrittsregelung ist also, indem sie dem Täter einen Anreiz zum Abbruch seines Vorhabens gibt, Ausdruck einer Kriminalpolitik der Prävention.1108 Eine eher subjektive Regelung müsste dabei Straffreiheit beziehungsweise zumindest Strafmilderung bei jeglicher Äußerung des der Tat entgegenstehenden Willens annehmen, während objektivistisch geprägte Vorschriften nur tatsächlich wirksame Rücktrittshandlungen berücksichtigen könnten, sodass bei Untauglichkeit oder Erfolgsverhinderung durch Dritte eine Straffreiheit nicht in Betracht käme.1109 Bei Konzeption des Rücktritts als negatives Merkmal des Versuchs führt sein Vorliegen zur „Annullierung“ des Tatbestands, sodass gar kein Versuch vorliegt. Ist der Rücktritt dagegen positiv, also getrennt vom Versuchstatbestand, geregelt, bleibt das tatbestandliche Versuchsunrecht bei seinem Vorliegen an sich bestehen; der Rücktritt ist bloßer Strafaufhebungsgrund. 1. Autoritärer Ansatz a) Unbeachtlichkeit des Rücktritts für den Versuchstatbestand Bereits unter Geltung des „Common Law“ wurde ein eventueller Rücktritt des Täters in England für unbeachtlich gehalten.1110 Entsprechend der Empfehlung der „Law Commission“1111 sieht auch der CAA keinerlei Rücktrittsmöglichkeit vor:1112 „(. . .) it can make no difference whether the failure to complete
1106
Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 7. Kracht, Entwicklung, 18. 1108 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 7. 1109 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 53. 1110 „Taylor“ (1859), 1 F. & F. 511; „Lankford“ (1959), Crim. L. R. 209; „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476, 493 f.; Williams, Criminal Law, 620; ders., Textbook, 410. 1111 Law Comm. No. 102, 2.131 ff. 1112 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 66, 88 f. Fn. 285; Smith/Hogan, Criminal Law, 320. 1107
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the crime is due to a voluntary withdrawal by the prisoner, the intervention of the police, or any other reason.“1113 Ein Rücktritt des Täters ist im englischen Recht für das Vorliegen des Versuchstatbestands also grundsätzlich irrelevant.1114 Begründet wird diese kriminalpolitische Entscheidung damit, dass die Versuchsstrafbarkeit einen frühen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden erlaube; eine Beachtlichkeit des Rücktritts würde dem zuwiderlaufen.1115 Zudem widerspreche eine Rücktrittsmöglichkeit der zeitlichen Logik des Gesetzes: Alles, was nach Versuchsbeginn geschehe, ändere nichts an der Strafbarkeit des bereits begangenen Delikts.1116 Insbesondere die beim Opfer durch einen Versuch regelmäßig hervorgerufene Furcht sei nicht einfach durch einen Rücktritt zu beseitigen, auch reiche die eventuell mögliche Verurteilung aus einem anderen Tatbestand nicht aus, um das bereits erlittene Übel auszugleichen.1117 Als eher praktisches Argument gegen die Zulässigkeit eines Rücktritts wird die sich zum Beispiel aus der schwierig zu bestimmenden Freiwilligkeit1118 ergebende zusätzliche Belastung der Strafverfolgungsbehörden angeführt.1119 b) Rechtsfolgen auf Strafzumessungsebene Da ein Rücktritt die bereits bestehende Schuld nicht ausgleiche beziehungsweise beseitige,1120 kann er nach englischem Recht nicht strafbefreiend wirken.1121 Die Sozialgefährlichkeit, die der Täter durch sein Verhalten bereits manifestiert habe, rechtfertige, dass jegliches Bemühen um eine Verhinderung des Erfolgs allenfalls zu einer Strafmilderung führe,1122 deren Funktion es sei, andere potentielle Täter zu rechtzeitigem Abstandnehmen von der Tat zu motivieren.1123 Der Rücktritt ändert also nach englischem Recht nichts an der Strafbar1113
Smith/Hogan, Criminal Law, 320. Anders der Regelungsvorschlag von Duff, Attempts, 395 ff., der den Rücktritt als Negation des Tatbestandes konzipiert: „(. . .) it should be seen as negating an essential element of the offence.“. 1115 Law Comm. No. 102, 2.133. Duff, Attempts, 72 wendet zu Recht ein, dass kein Wertungswiderspruch bestehe, da ein Rücktritt ohnehin nur vor Eingriff der Strafverfolgungsbehörden denkbar sei. 1116 „Lankford“ (1959), Crim. L. R. 209; Ashworth, Principles, 482 f.; Law Comm. No. 102, 2.132. 1117 Duff, Attempts, 73. 1118 Ashworth, Principles, 483. 1119 Law Comm. No. 102, 2.133; Smith/Hogan, Criminal Law, 320. 1120 Williams, Criminal Law, 620. Allenfalls könne aus dem Rücktritt auf das Fehlen des subjektiven Elements geschlossen werden, 620 f., insbes. Fn. 6. 1121 „Voluntary renunciation is not sufficiently fundamental to warrant a complete defence to criminal liability.“, Ashworth, Principles, 484. 1122 Ashworth, Principles, 482 ff.; Duff, Attempts, 66; Law Comm. No. 102, 2.133. 1114
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
keit des Täters wegen Versuchs, sondern kann sich lediglich im Einzelfall mildernd auf das Strafmaß auswirken.1124 2. Liberaler Ansatz Die liberalen und vermittelnden Rechtsordnungen1125 sehen durchweg eine Rücktrittsmöglichkeit für den Täter vor. Hinsichtlich der kriminalpolitischen Begründung des Privilegs der Straffreiheit existiert ein weites Spektrum von Auffassungen, die dem Rücktritt eher großzügig oder strenger gegenüberstehen. Bedeutsamkeit erlangen die unterschiedlichen Positionen für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Rücktrittsvorschriften, insbesondere wirken sie sich auf das Verständnis des Freiwilligkeitsbegriffes aus. Verbreitet wird angenommen, das Gesetz wolle dem Täter durch die Straflosigkeit des Versuchs „eine goldene Brücke zum Rückzug bauen“.1126 Indem dem Täter durch das In-Aussicht-Stellen der Straffreiheit ein Anreiz gegeben werde, den Versuch abzubrechen beziehungsweise den Erfolg abzuwenden, bevor ein irreparabler Schaden entstanden sei, diene die Einräumung einer Rücktrittsmöglichkeit der Prävention von Straftaten und damit dem Opferschutz.1127 1123
Williams, Criminal Law, 621. Duff, Attempts, 67. Trotz des grundsätzlich autoritären Ansatzes sehen die dänischen, lettischen und polnischen Regelungen allerdings eine Rücktrittsmöglichkeit vor. In § 22 dänStG ist der Rücktritt als Strafaufhebungsgrund konzipiert; § 24 dänStG verschärft die Voraussetzungen bei mehreren Tatbeteiligten. Zusätzlich zur impliziten Regelung des Rücktritts als negatives Tatbestandsmerkmal in § 15 Abs. 4 lettStGB enthält § 16 lettStGB eine positiv-explizite Vorschrift, die den Rücktritt ebenfalls als Strafaufhebungsgrund charakterisiert. Gleiches gilt gemäß Art. 15 § 1 polnStGB grundsätzlich im polnischen Recht, allerdings sieht Art. 15 § 2 polnStGB bei freiwilligem Bemühen um Erfolgsverhinderung lediglich eine fakultative Strafmilderung vor. 1125 s. dazu unten 2. Teil A. V. 3. 1126 Kriminalpolitische Theorie von der „goldenen Brücke“. Vgl. für Frankreich Merle/Vitu, Traité, 637 Rn. 502; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 217 Rn. 239. Für Belgien Constant, Traité élémentaire, 269 Rn. 191; Doucet, Précis, 135; Dupont/Verstraeten, Handboek, 306 Rn. 545; Haus, Principes généraux, 356 Rn. 471; Hennau/Verhaegen, Droit pénal général, 173 Rn. 199; Messinne, Droit pénal, 61; Prins, Science pénale, 133 Rn. 218; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 315; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 365 Rn. 718, 389 Rn. 786. Für die Niederlande v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 182; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 408. Teilweise wird diese Theorie auch in Spanien vertreten, vgl. das Sprichwort: „Dem fliehenden Feind eine silberne Brücke“, Cerezo Mir, in: HirschFestschrift (1999), 127, 134 f. Für Deutschland v. Hippel, Strafrecht II, 411; v. Liszt/ Schmidt, Lehrbuch I, 315; vgl. RGSt 6, 341, 342; 17, 243, 244; 63, 158, 159; 72, 349, 350; 73, 52, 60; heute vertreten von Kudlich, JuS 1999, 240, 241; Puppe, NStZ 1984, 488, 490. 1127 Constant, Traité élémentaire, 269 Rn. 191; Doucet, Précis, 135; Dupont/Verstraeten, Handboek, 306 Rn. 545; Haus, Principes généraux, 356 Rn. 471; Hennau/ 1124
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a) Negativ-implizite Lösung: Frankreich, Belgien, Luxemburg aa) Rechtsnatur Die Rücktrittsmöglichkeit ergibt sich in Frankreich aus Art. 121-5 frCP,1128 in Belgien und Luxemburg jeweils aus Art. 51 CP.1129 In diesen Ländern ist der Rücktritt als negatives Tatbestandsmerkmal der Versuchsdefinition konzipiert,1130 das heißt sein Fehlen ist implizite Voraussetzung des Versuchstatbestands.1131 Art. 121-5 frCP und Art. 51 be/luxCP fordern eine Nichtvollendung aus vom Täterwillen unabhängigen Umständen; daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass das Ausbleiben des Erfolgs dem Täter zugute kommen soll, wenn es auf seiner freiwilligen Entscheidung beruht.1132 Rechtsfolge des Rücktritts ist also eine Annullierung des Tatbestands, das heißt es liegt nie ein Versuch vor.1133
Verhaegen, Droit pénal général, 173 Rn. 199; Messinne, Droit pénal, 61; Prins, Science pénale, 133 Rn. 218; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 315; Vanhoudt/ Calewaert, Belgisch Strafrecht, 365 Rn. 718, 389 Rn. 786. Für Frankreich Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 217 Rn. 239. Für die Niederlande v. Bemmelen/ v. Veen, Het materiele strafrecht, 182; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 408. 1128 Art. 121-5 frCP: „Ein Versuch liegt vor, sobald er, kundgetan durch den Beginn der Ausführung, nur aufgrund von Umständen aufgegeben wird oder erfolglos ist, die vom Willen des Täters unabhängig sind.“. 1129 Art. 51 beCP: „Strafbarer Versuch liegt vor, wenn der Entschluss, ein Verbrechen oder Vergehen zu begehen, durch äußere Handlungen in Erscheinung getreten ist, die einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten und nur infolge von Umständen , die von dem Willen des Täters unabhängig waren, nicht zur Vollendung gelangt sind oder ihre Wirkung verfehlt haben.“. 1130 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 710 f. 1131 Fletcher, Concepts, 181 f.; Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 121, 123; Pradel, Droit pénal comparé, 248. 1132 Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 386 Rn. 455; Dupont/Verstraeten, Handboek, 306 Rn. 545; Merle/Vitu, Traité, 629 Rn. 494. 1133 Crim., 20 mars 1974, Gaz. Pal. 1974, J. 449. Für Belgien Corr. Louvain, 18 septembre 1958, R. W. 1958–1959, 1127 f.; Anvers, 19 juillet 1985, R. W. 1985–1986, 1430 mit Anm. de Swaef; Corr. Bruxelles, 20 octobre 1989, J. T. 1990, 633; Hennau/ Verhaegen, Droit pénal général, 173 f. Rn. 199 (mangels strafbarer Haupttat Wirkung auch zugunsten Beteiligter: „la décriminalisation du commencement d’exécution en cas de désistement volontaire de l’auteur, profite ainsi également aux coauteurs et complices“); Prins, Science pénale, 133 Rn. 218; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 364 Rn. 718. Für Luxemburg Jeun. Luxembourg, 6 mars 1990, no. 202/86; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 264. Im französischen „Ancien Droit“ galt der Rücktritt nicht als strafbefreiend, sondern führte allenfalls zu einer Strafmilderung, Prothais, Tentative, 67 Rn. 96.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
bb) Voraussetzungen Um zu einem Ausschluss der Strafbarkeit führen zu können, muss der Rücktritt freiwillig erfolgen.1134 Mangels gesetzlicher Regelung obliegt es Lehre und Rechtsprechung, Kriterien für das Vorliegen der Freiwilligkeit zu erarbeiten. Überwiegend wird zur Ermittlung des freiwilligen Charakters einer Handlung danach unterschieden, ob das Verhalten autonom oder heteronom motiviert ist.1135 Demzufolge soll im Fall eines „désistement spontané“, das heißt wenn der Täter sein Handeln aus sich heraus, ohne äußeren Anlass unterbricht, die Freiwilligkeit zu bejahen sein.1136 Bei Vorliegen eines solchermaßen autonomen Entschlusses seien die zugrunde liegenden Motive des Täters irrelevant, sodass als „cause qui lui est propre“ neben moralisch achtenswerten Regungen wie Mitleid oder Reue auch Furcht vor Strafe und sogar die Absicht der Durchführung eines anderen kriminellen Vorhabens in Betracht kommen.1137 Für eine moralisch-soziale Bewertung der Motivation des Täters spricht sich allerdings Prothais aus1138 und bejaht die Freiwilligkeit des Handelns konsequent nur bei Vorliegen von „motives louables“.1139 Unfreiwillig soll dagegen eine Tataufgabe sein, die auf äußeren Einflüssen beruht.1140 Solche „causes extérieures“ sind gegeben bei Vorliegen eines physischen Hindernisses1141 beziehungsweise einer „force extérieure irrésistible“1142 1134 Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 386 Rn. 455; C. S. J. (appel corr.), 10 juin 1967, Pas. lux., XX, 348 (Annahme der versuchten Vergewaltigung bei Scheitern aufgrund der Konstitution der Geschlechtsorgane des minderjährigen Opfers); vgl. C. S. J. (appel corr.), 13 janvier 1987, no. 11/87 V, Pas. lux., XXVII, Somm., 92; Corr. Luxembourg, 11 juillet 1988, no. 1229/88; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 265. 1135 Nach Corr. Fort-de-France, 22 septembre 1967, J. C. P. 1968 II, 15583 ist deshalb freizusprechen, wenn die Täter einen versuchten nächtlichen Leichenraub auf dem Friedhof aus Angst unterbrechen; vgl. Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 386 Rn. 455; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 93. 1136 Jeandidier, Droit pénal général, 249 Rn. 220; Stefani/Levasseur/Bouloc, Droit pénal général, 217 Rn. 240. 1137 Conte/Chambon, Droit pénal général, 181; Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 386 Rn. 455; Merle/Vitu, Traité, 637 Rn. 503; Pradel, Droit pénal général, 351 Rn. 389; Salvage, Droit pénal général, 40. Für Belgien, Constant, Traité élémentaire, 268 Rn. 191; Doucet, Précis, 135; Dupont/Verstraeten, Handboek, 306 Rn. 545; Haus, Principes généraux, 345 Rn. 457; Messinne, Droit pénal, 61; Tulkens/van de Kerchove, Introduction, 315; Vanhoudt/Calewaert, Belgisch Strafrecht, 365 Rn. 720. 1138 „(. . .) méconnaître les mobiles, constitue aujourd’hui une conception beaucoup trop superficielle et irréaliste de la volonté humaine.“, Prothais, Tentative, 70 Rn. 100. 1139 Prothais, Tentative, 70 Rn. 100. 1140 Conte/Chambon, Droit pénal général, 181; Desportes/Le Gunehec, Droit pénal général, 386, 455; Jeandidier, Droit pénal général, 249 Rn. 220; Merle/Vitu, Traité, 637 f. Rn. 503; Pelletier/Perfetti/Viennois, Code pénal, art. 121-5 I A 4; Pradel, Droit pénal général, 351 Rn. 389; Salvage, Droit pénal général, 40.
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wie beispielsweise dem Einschreiten Dritter oder Widerstand des Opfers.1143 Ebenso entscheidet die belgische Rechtsprechung.1144 Problematisch ist die Beurteilung des so genannten „désistement influencé“. Darunter sind Fälle zu verstehen, in denen die das Täterverhalten beeinflussende äußere Ursache nicht im Sinne einer „force majeure“ zwingend ist.1145 Eine grammatikalische Auslegung des Art. 121-5 frCP würde hier zur Straflosigkeit führen, da nach dem Wortlaut der Vorschrift jede noch so kleine Willensäußerung des Täters genügen soll: „dès que la volonté interviendrait, si peu que ce soit, l’impunité serait assurée“.1146 Diese Interpretation wird aber überwiegend für unzulässig gehalten,1147 abzustellen sei in solchen Konstellationen vielmehr auf die „cause prépondérante“, das heißt den Schwerpunkt der Motivation.1148 Insbesondere die Rechtsprechung stellt sehr strenge Anforderungen an das Vorliegen der Freiwilligkeit,1149 sodass Entscheidungen, in denen ein Rücktritt anerkannt wird, selten sind.1150 In dieser repressiven gerichtlichen Praxis wird 1141
Robert, Droit pénal général, 217. Prothais, Tentative, 68 Rn. 98. 1143 Crim., 26 avril 2000, Bull. crim., no. 164. Kein freiwilliger Rücktritt wurde deshalb etwa bei Flucht des Opfers aus der Wohnung des Täters angenommen, der, indem er sich als Mediziner ausgab, das Opfer dazu zu bewegen versuchte, sich zu entkleiden: „seul le refus de la jeune femme, circonstance indépendante de sa volonté, l’a empêché au dernier moment, de procéder sur elle à des attouchements impudiques.“ (Crim., 14 juin 1995, Dr. pén. 1995, no. 222). Ebenso wurde auch bei momentaner Impotenz für ein versuchtes Sexualdelikt (Crim., 10 janvier 1996, Dr. pén. 1996, no. 97) und im Fall eines Fluchtversuchs aus dem Gefängnis bei Weigerung aller in Betracht kommenden Hubschrauberpiloten, im Hof zu landen (Crim., 3 septembre 1996, Dr. pén. 1997, no. 17) entschieden. 1144 Vgl. Antwerpen, 19 juli 1985, R. W. 1985–86, 1430 f. mit Anm. de Swaef (Abbruch eines Raubversuchs aus Furcht vor Entdeckung): „Er is strafbare poging wanneer de dader niet spontaan, uit eigen beweging een einde maakt aan zijn strafbaar opzet, maar ten gevolge van een externe gebeurtenis, nl. de reactie van het slachtoffer, het verhoogde gevaar voor betrapping op heterdaad of enige andere bedreiging van buiten af, zijn poging staakt.“. 1145 Pelletier/Perfetti/Viennois, Code pénal, art.121-5 I B 5. 1146 Prothais, Tentative, 68 Rn. 98. 1147 Prothais, Tentative, 68 Rn. 98. 1148 Conte/Chambon, Droit pénal général, 181; Merle/Vitu, Traité, 638 Rn. 503; Pradel, Droit pénal général, 351 Rn. 389. 1149 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 94; Jeandidier, Droit pénal général, 249 Rn. 220; Merle/Vitu, Traité, 638 Rn. 503; Prothais, Tentative, 72 Rn. 102, 74 Rn. 105; Salvage, Droit pénal général, 40; Spielmann/Spielmann, Droit pénal général luxembourgeois, 267. So auch in Belgien: „De Belgische rechtspraak neemt in dit verband een zeer strenge houding aan (. . .).“, Dupont/Verstraeten, Handboek, 307 Rn. 547; vgl. Corr. Leuven, 18 september 1958, R. W. 1958–59, 1127 f.; Antwerpen, 19 juli 1985, R. W. 1985–86, 1430 f. mit Anm. de Swaef (Abbruch eines Raubversuchs aus Furcht vor Entdeckung). 1150 Robert, Droit pénal général, 219. 1142
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teilweise eine Umgehung des mit der Einräumung der Rücktrittsmöglichkeit verfolgten gesetzgeberischen Interesses der Prävention gesehen. Die richterliche Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit harmoniert jedoch insofern mit der weiten Auslegung des Begriffs des „commencement d’exécution“ in jüngeren Entscheidungen, als beide dem kriminalpolitischen Ziel der effektiven „défense sociale“ zu dienen bestimmt sind.1151 b) Positiv-explizite Lösung aa) Italien Die Rücktrittsmöglichkeit ergibt sich in Italien aus der positiv-expliziten Regelung in Art. 56 Abs. 3 und 4 itCP. Bemerkenswert ist, dass hinsichtlich der Rechtsfolgen zwischen beendeten und unbeendeten Versuchen differenziert wird: Während der Rücktritt bei letzteren zur Straflosigkeit zumindest bezüglich des konkret aufgegebenen Delikts führt,1152 wird die Strafe bei Verwirklichung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale aufgrund einer Vollendungsverhinderung lediglich gemildert.1153 bb) Spanien (1) Rechtsnatur In Spanien ist der Rücktritt in Art. 16 spCP geregelt.1154 1151 „(. . .) ce rétrécissement du désistement volontaire est en harmonie avec le gonflement du commencement d’exécution: ce que le subjectivisme n’a pu conquérir pleinement de ce côté, il a pu l’obtenir de l’autre (. . .).“, Jeandidier, Droit pénal général, 249 f. Rn. 220. 1152 Art. 56 Abs. 3 itCP: „Tritt der Täter freiwillig von der Tat zurück, unterliegt er nur der Strafe für die ausgeführten Handlungen, wenn diese für sich eine strafbare Handlung darstellen.“. 1153 Art. 56 Abs. 4 itCP: „Verhindert er freiwillig den Erfolg, unterliegt er der für den Versuch des Verbrechens angedrohten Strafe, die um ein Drittel bis zur Hälfte herabgesetzt wird (62 Ziffer 6, 289bis Abs. 4, 309 Abs. 2, 463, 630 Abs. 4 und 5, 655 Abs. 2).“. 1154 Art. 16 spCP: „1. Versuch liegt vor, wenn der Täter durch äußere Handlungen unmittelbar mit der Ausführung der Straftat beginnt und alle oder einen Teil der Handlungen vornimmt, die objektiv den Erfolg herbeiführen würden, dieser jedoch aus Gründen, die vom Willen des Täters unabhängig sind, nicht eintritt. 2. Wegen versuchter Straftat bleibt straflos, wer entweder durch Aufgabe der schon begonnenen Ausführung der Straftat oder durch Verhinderung des Erfolgseintritts die Vollendung der Straftat freiwillig verhindert, unbeschadet der möglicherweise eingetretenen Verantwortlichkeit für die bereits ausgeführten Handlungen, wenn diese schon eine andere Straftat oder Übertretung darstellen.
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Während die Formulierung des Art. 16 Abs. 1 spCP, die das Fehlen der Vollendung aus vom Täterwillen unabhängigen Umständen verlangt, für die rechtliche Qualifikation des Rücktritts als negatives Tatbestandsmerkmal der Versuchsdefinition spricht, legen die positiv-expliziten Regelungen der Absätze 2 und 3 eine andere Deutung nahe. Die Bestimmung der Rechtsnatur des Rücktritts erscheint aufgrund dieser insoweit divergierenden Vorschriften problematisch. Nach altem spanischen Strafrecht war das Nichtvorliegen des Rücktritts Element des Versuchstatbestands:1155 Ein Versuch im Sinne des Art. 3 Abs. 3 spCP a. F.1156 sollte nur vorliegen, wenn der Täter aus anderen Gründen als wegen freiwilligen Rücktritts nicht alle Ausführungshandlungen vornahm. Im Falle eines Rücktritts lag also nach altem Recht gar kein Versuch vor, sodass Teilnehmer ebenfalls straflos blieben.1157 Auch der Wortlaut des neuen Art. 16 Abs. 1 spCP lässt einen Ausschluss bereits des Tatbestandes vermuten,1158 jedoch ergibt sich aus der Regelung des Abs. 3 über die Wirksamkeit des Rücktritts bei Beteiligung mehrerer letztlich eindeutig dessen Konzeption als persönlicher Strafausschließungsgrund.1159 (2) Voraussetzungen Die Voraussetzungen für den Rücktritt des Einzeltäters sind in Art. 16 Abs. 2 spCP geregelt, wobei bei unbeendetem und beendetem Versuch unterschiedliche Anforderungen an die Rücktrittshandlung (Aufgabe der begonnenen Ausführung der Tat beziehungsweise Verhinderung des Erfolgseintritts) gestellt werden.1160 Ein Rücktritt bei Beteiligung mehrerer im Sinne des Art. 16 Abs. 3 spCP erfordert die Aufgabe der begonnenen Ausführung, eine Vollendungsverhinderung oder zumindest ernsthaftes Bemühen, die Verwirklichung weiterer Ausführungshandlungen oder den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges zu verhin3. Sind an einer Tat mehrere Personen beteiligt, bleiben diejenigen oder derjenige straflos, die von der schon begonnenen Ausführung Abstand nehmen und die Vollendung ernstlich, endgültig und entschieden verhindern oder zu verhindern versuchen, unbeschadet der möglicherweise eingetretenen Verantwortlichkeit für die bereits ausgeführten Handlungen, wenn diese schon eine andere Straftat oder Übertretung darstellen.“. 1155 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 132 f.; Mir Puig, Derecho Penal, 349 f. 1156 Art. 3 Abs. 3 spCP a. F.: „Hay tentativa cuando el culpable da principio a la ejecución del delito directamente por hechos exteriores y no pratica todos los actos de ejecución que deberan producir el delito, por causa o accidente que no sea su propio y voluntario desistindento.“. 1157 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 133. 1158 Mir Puig, Derecho Penal, 350. 1159 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 133. 1160 de la Cuesta/Varona, E. J. C. C. L. C. J. 1996, 226, 229; Mir Puig, Derecho Penal, 353.
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dern.1161 Das Gesetz regelt nicht den Fall, dass sich der Zurücktretende ernsthaft um die Verhinderung des Erfolges bemüht, dieser aber aus anderen Gründen ausbleibt.1162 Der Begriff der „Ausführung“ in Art. 16 Abs. 3 spCP ist dahingehend extensiv auszulegen, dass er auf sämtliche Mittäter und Teilnehmer anwendbar sein soll.1163 Trotz der Bezugnahme auf die „begonnene Ausführung“ soll Art. 16 Abs. 3 spCP zudem auch in Fällen des beendeten Versuch Anwendung finden.1164 Jedenfalls muss der Rücktritt freiwillig sein, wobei es weder nach altem, noch nach neuem Recht auf die Art der Beweggründe ankommt. Auch hier zeigt sich wieder ganz deutlich die extrem objektivistische Ausrichtung des spanischen Strafrechts.1165 Eine wichtige Änderung gegenüber Art. 3 Abs. 3 spCP a. F. liegt auch in dem Verzicht auf das Erfordernis des „eigenen“ Rücktritts („propio y voluntario“), sodass dieser nunmehr auch darauf beruhen kann, dass eine andere Person dem Täter zu Vornahme der Rücktrittshandlung geraten hat. cc) Niederlande (1) Rechtsnatur Im Zuge der niederländischen Strafrechtsreform von 1994 wurde die bis dahin gesetzlich verankerte, an das französische Recht angelehnte Konzeption des Rücktritts als negatives Merkmal des Versuchstatbestands1166 durch die positivexplizite Regelung des Art. 46b nlStGB ersetzt. Während Rechtsfolge des Rücktritts nach Art. 15 des „Crimineel Wetboek voor het Koningrijk Holland“ von 1809 noch lediglich eine Strafmilderung war, sieht das Gesetz heute eine völlige Aufhebung der Strafe vor.1167 Rechtlich 1161 de la Cuesta/Varona, E. J. C. C. L. C. J. 1996, 226, 229; Cerezo Mir, in: HirschFestschrift (1999), 127, 133 f. 1162 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 134. 1163 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 133. 1164 Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 133. Wegen des Verbots der analogen Anwendung von Strafausschließungsgründen gem. Art. 4 Abs. 3 spCP gilt die Regelung des Art. 16 Abs. 3 spCP jedoch nicht für Vorbereitungshandlungen i. S. d. Art. 17 f. spCP; krit. dazu Cerezo Mir, in: Hirsch-Festschrift (1999), 127, 130 f. 1165 Für eine teleologisch-restriktive Auslegung der Freiwilligkeit auf der Grundlage general- und spezialpräventiver Überlegungen allerdings Mir Puig, Derecho Penal, 352 ff. 1166 Art. 45 nlStGB a. F. lautete wie folgt: „Poging tot misdrijf is strafbaar, wanneer het voornemen van de dader zich door een begin van uitvoering heeft geopenbaard en de uitvoering alleen ten gevolge van omstandigheden van zijn wil onafhankelijk niet is voltooid.“. 1167 Kriminalpolitische Begründung ist die Prävention der Rechtsgutsverletzung durch In-Aussicht-Stellen der Straflosigkeit, v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 182; Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 408.
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konstruiert ist die Rücktrittsregelung somit als „Täterschaftsausschließungsgrund“ („daderschapuitsluitingsgrond“) beziehungsweise „Strafausschließungsgrund sui generis“ („strafuitsluitingsgrond sui generis“)1168 oder „persönlicher Qualifikationsausschließungsgrund“ („persoonlijk werkende kwalificatieuitsluitingsgrond“), der sich nicht auf andere Tatbeteiligte auswirkt.1169 (2) Voraussetzungen Art. 46b nlStGB gilt sowohl für „poging“ im Sinne der Art. 45 und 46a nlStGB, als auch für nach Art. 46 nlStGB strafbare Vorbereitungshandlungen.1170 Ein Rücktritt ist nur vom unbeendeten Versuch möglich1171 und erfordert ein endgültiges Abstandnehmen von der Tat; ein bloßes Aufschieben reicht nicht aus.1172 Die Bejahung der Freiwilligkeit setzt keine ethisch-sittlich wertvolle Motivation des Täters voraus;1173 bei Zusammentreffen äußerer und innerer Ursachen ist auf den Schwerpunkt der Beweggründe abzustellen.1174 Im Zweifel nehmen die Gerichte eher Unfreiwilligkeit des Handelns an.1175
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Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 406. „(. . .) dat hier niet van een strafuitsluitingsgrond in eigenlijke zin moet worden gesproken, maar van een rechtsgrond om de betrokkene niet meer als „dader“ aan te merken. Men zou daarom het beste van een kwalificatieuitsluitingsgrond kunnen spreken: ingeval van vrijwillige terugtred zijn er wel uitvoerings-, respectievelijk voorbereidingshandelingen verricht, maar zijn leveren uitzonderingsgewijs niet de kwalificatie poging, c. q. voorbereiding op.“, v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 183. 1170 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 183; Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 92 Fn. 294. 1171 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 185; vgl. HR, 7. Mai 1946, N. J. 1946, 587; HR, 4. April 1978, N. J. 1979, 24; a. A. aber Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 408 (Erfordernis eines „actus contrarius“ bei beendetem Versuch). 1172 Hazewinkel-Suringa/Remmelink, Inleiding, 407. 1173 „Een respectabele reden is overigens niet vereist“, v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 183 f. 1174 v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 184. 1175 „Een besluit tot terugtreden, dat genomen is tijdens de werking van van buiten komende op de uitvoering inwerkende en die uitvoering verhindernde omstandigheden, niet is een besluit tot vrijwillig terugtreden, ook al mogen tot het nemen van dit besluit hebben medegewerkt van de wil van des daders afhankelijke factoren, omdat de uitwendige oorzaken van verhindering hem al noopten terug te treden.“, Rb. Arnhem, 31. Juli 1951, N. J. 1952, 670; vgl. auch HR, 23. Oktober 1979, N. J. 1980, 80; HR, 15. Januar 1980, N. J. 1980, 245; HR, 15. Dezember 1992, N. J. 1993, 333; v. Bemmelen/v. Veen, Het materiele strafrecht, 184 f. 1169
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3. Vermittelnder Ansatz Aufgrund der Erwägung, dass die weitgehend unbekannte Rechtsfolge des Rücktritts auf die Entschlüsse des Täters in der Regel keinen Einfluss habe,1176 wird die Straffreiheit von der in Deutschland teilweise vertretenen Gnadentheorie1177 als im gesetzgeberischen Ermessen liegende Belohnung für verdienstliches Verhalten verstanden. Die Rückkehr in die Legalität durch Verhinderung des Erfolgseintritts gleiche den Unwert des Versuchs und die negative Einwirkung des Täters auf das Rechtsbewusstsein der Allgemeinheit wieder aus.1178 Überwiegend wird der Rücktritt im deutschsprachigen Raum allerdings mit Strafzwecküberlegungen erklärt.1179 Die Verhinderung des Erfolgseintrittes reduziere Unrechts- und Schuldgehalt des Versuchs und damit Strafbedürfnis und Strafwürdigkeit erheblich. Indem der Täter die Störung des Rechtsfriedens und der Bewährung des Rechts selbst wieder beseitige, zeige er, dass seine Bestrafung weder unter general-, noch unter spezialpräventiven Gesichtspunkten erforderlich sei.1180 a) Deutschland aa) Rechtsnatur Während § 31 des Preußischen Strafgesetzbuches von 1851 in Anlehnung an Art. 2 frCP 1810 eine negativ-implizite Regelung vorsah, ist der Rücktritt in § 24 dStGB1181 nunmehr ausdrücklich als persönlicher Strafaufhebungsgrund 1176 BGHSt 9, 48, 52; Jakobs, AT, 26 Rn. 5; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 538; Krey, AT II, Rn. 454; SK-Rudolphi, § 24 Rn. 2; Wessels/Beulke, AT, Rn. 626. 1177 Auch „Prämientheorie“ oder „Verdienstlichkeitstheorie“. 1178 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 539; Wessels/Beulke, AT, Rn. 626. 1179 BGHSt 6, 85, 87; 9, 48, 52; 14, 75, 80; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 27 Rn. 8; Blei, AT, 236; Kühl, AT, § 16 Rn. 5; Otto, Grundkurs, § 19 Rn. 4; Roxin, AT II, § 30 Rn. 4; Schönke/Schröder/Eser, § 24 Rn. 2; SK-Rudolphi, § 24 Rn. 4; im Grundsatz zust. Krey, AT II, Rn. 455. Für Österreich Burgstaller, in: StPdG, 7, 31; Leukauf/ Steininger, StGB, § 16 Rn. 1; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 368 Rn. 50; WKHager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 126. 1180 Burgstaller, in: StPdG, 7, 31; Leukauf/Steininger, StGB, § 16 Rn. 1; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 368 Rn. 50; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 126. Vgl. zu neueren, nicht primär am Grundgedanken des Rechtsgüterschutzes orientierten, sondern auf Prinzipien der „Schulderfüllung“ und „Gefährdungsumkehr“ basierenden Ansätzen m. w. N. Wessels/Beulke, AT, Rn. 626. 1181 § 24 dStGB: „1. Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern. 2. Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein frei-
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konzipiert, das heißt die durch den tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaften Versuch bereits eingetretene Strafbarkeit wird durch die Rücktrittshandlung wieder beseitigt.1182 bb) Voraussetzungen (1) Unbeendeter, beendeter und fehlgeschlagener Versuch Ausgeschlossen ist die Anwendbarkeit des § 24 dStGB bei Fehlschlag des Versuchs.1183 Nach Sinn und Zweck des Gesetzes ist ein Rücktritt nur möglich, wenn „nach der Vorstellung des Täters ein weiteres, den tatbestandsmäßigen Unrechtserfolg verursachendes Handeln überhaupt noch möglich ist bzw. dieser Erfolg aufgrund der bisherigen Tätigkeit überhaupt einzutreten droht“.1184 Von der Aufgabe der Tat beziehungsweise der Verhinderung ihrer Vollendung könne entsprechend der ratio legis des § 24 dStGB nur gesprochen werden, wenn der Täter annehme: „Ich könnte die Tat noch vollenden, wenn ich noch wollte.“1185 Nach der negativen Begriffsbestimmung durch die Rechtsprechung liegt Fehlschlag also nicht vor, wenn der Täter die Tat mit den bereits eingesetzten oder ihm zur Verfügung stehenden Mitteln noch vollenden kann.1186 Ausgeschlossen ist ein Rücktritt dagegen, wenn der Täter entweder den Fehlschlag als solchen erkennt1187 oder irrtümlich von einem objektiv nicht gegebenen Fehlschlagen seiner Handlung ausgeht.1188 williges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.“. 1182 BGH StV 1982, 1; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 27 Rn. 5; Krey, AT II, Rn. 456; Kühl, AT, § 16 Rn. 8; Lackner/Kühl, StGB, § 24 Rn. 1; Schönke/Schröder/ Eser, § 24 Rn. 4 f.; Tröndle/Fischer, StGB, § 24 Rn. 2; Wessels/Beulke, AT, Rn. 626 (a. A.: Entschuldigungsgrund, SK-Rudolphi, § 24 Rn. 6 m. w. N.; s. dazu Krey, AT II, Rn. 457). 1183 BGHSt 34, 53, 56 f.; 35, 90, 94; 39, 221, 228, 232; BGH NStZ 1999, 395; Jakobs, AT, 26 Rn. 11; Krey, AT II, Rn. 464; Kühl, AT, § 16 Rn. 13 ff.; Schönke/ Schröder/Eser, § 24 Rn. 7 ff.; SK-Rudolphi, § 24 Rn. 8 ff.; Wessels/Beulke, AT, Rn. 628 m. w. N.. Gegen eine eigenständige Figur des fehlgeschlagenen Versuchs Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 41 Rn. 36; Stratenwerth, AT I, § 11 Rn. 76. Auch Krey, AT II, Rn. 467 spricht dem Begriff des Fehlschlags eine konstitutive Bedeutung ab, da es in den darunter gefassten Konstellationen immer auch an der Freiwilligkeit mangele. Der Fehlschlag sei folglich keine eigenständige Rechtsfigur, sondern nur ein Terminus für das Fehlen der gesetzlichen Rücktrittsvoraussetzungen; krit. Wessels/Beulke, AT, Rn. 628. 1184 SK-Rudolphi, § 24 Rn. 8; ähnlich Wessels/Beulke, AT, Rn. 628. 1185 Krey, AT II, Rn. 466; krit. Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 41 Rn. 36 ff. 1186 BGHSt 34, 56; 35, 94; 36, 224; 39, 221, 228; BGH NStZ 1989, 19; BGH MDR 1993, 1038; BGH StV 1994, 181; 1997, 128; BGH NStZ-RR 2000, 41; BGH NStZ 2001, 171.
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Problematisch sind Konstellationen, in denen der Täter um den Fehlschlag seines bisherigen Tuns weiß, zugleich aber die Möglichkeit sieht, den Angriff zu wiederholen oder fortzusetzen.1189 Es stellt sich hier die Frage, ob bei Unterlassen der noch möglichen Deliktsverwirklichung nach Vornahme für geeignet gehaltener, aber misslungener Versuchshandlungen Straffreiheit eintreten soll.1190 Dazu ist zu klären, wie der Fehlschlag vom beendeten und unbeendeten Versuch abzugrenzen ist. Einigkeit besteht darüber, dass ein subjektiver Maßstab angelegt werden muss, das heißt abzustellen ist auf die Vorstellung des Täters vom Verwirklichungsgrad seiner Tat.1191 Fraglich ist dann aber, welcher Beurteilungszeitpunkt ausschlaggebend sein soll. Nach der so genannten Einzelaktstheorie 1192 ist jede auf Tatbestandsverwirklichung gerichtete und für zur Erfolgsherbeiführung geeignet gehaltene Handlung als beendeter selbständiger Versuch zu qualifizieren, dessen Fehlschlag die Rücktrittsmöglichkeit ausschließt. Das anschließende Täterverhalten bleibe auf den bereits vorliegenden Versuch ohne Einfluss, da das Unterlassen weiterer möglicher Handlungen nicht als Aufgabe der Tat, sondern als bloße Nichtwiederholung des Versuchs zu bewerten sei.1193 Der Einzelaktstheorie wird entgegengehalten, dass sie, indem sie einheitliche Lebensvorgänge willkürlich auseinanderreiße, zu einer kriminalpolitisch unvertretbaren Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit führe.1194
1187 Erkannte Unerreichbarkeit des konkreten Handlungszieles aufgrund fehlenden Tatobjekts oder Untauglichkeit der Tatmittel, vgl. BGH NStZ-RR 1997, 294; Schönke/ Schröder/Eser, § 24 Rn. 9. 1188 Krey, AT II, Rn. 465; Kühl, AT, § 16 Rn. 11; SK-Rudolphi, § 24 Rn. 8. 1189 Bsp.: BGH NStZ 1986, 264 („Benzin-Fall“): Nach misslungenem Versuch, die mit Benzin übergossene Ehefrau anzuzünden und dadurch zu töten, ging der Täter dazu über, sie mit Tötungsvorsatz zu würgen. Als ihn Reue packte, ließ er in dem Wissen, sie nicht ernstlich verletzt zu haben, von ihr ab. Vgl. Haft, AT, 235; NK-Zaczyk, § 24 Rn. 28; Schönke/Schröder/Eser, § 24 Rn. 10; SK-Rudolphi, § 24 Rn. 11. 1190 Vgl. ausführliche Darstellung des Streitstandes m. w. N. und Beispielen insbesondere auch zur hier nicht behandelten Strafzwecktheorie bei Hillenkamp, AT, 18. Problem, 121 ff. 1191 BGHSt 14, 75, 79; 22, 330, 331; 31, 17; 33, 295, 299; 35, 90, 93; 39, 221, 227 f.; Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 27 Rn. 10; Blei, AT, 236; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 541; Krey, AT II, Rn. 465, 478; Kühl, AT, § 16 Rn. 24; Maurach/Gössel/ Zipf, AT II, § 41 Rn. 22; Schönke/Schröder/Eser, § 24 Rn. 13; Wessels/Beulke, AT, Rn. 628, 631. 1192 Auch „Isolierungstheorie“, vgl. Hillenkamp, AT, 18. Problem, 122 f. 1193 RGSt 39, 220; 43, 137; 68, 306; RG JW 1924, 299; 1936, 326; BGH Dall. MDR 1056, 394; Freund, AT, § 9 Rn. 34, 41; Jakobs, AT, 26 Rn. 15 f.; Schönke/ Schröder/Eser, § 24 Rn. 20 f. 1194 BGHSt 34, 53, 57; Krey, AT II, Rn. 469 f.; Wessels/Beulke, AT, Rn. 629 m. w. N.
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Nach der vom BGH zunächst vertretenen so genannten Tatplantheorie1195 sollte die Tätervorstellung zu Beginn der Tat entscheidend sein.1196 Beschränke sich der Tatplan auf eine oder mehrere ganz bestimmte Handlungen, scheide ein Rücktritt nach erfolgloser Durchführung dieser Akte wegen Fehlschlags aus.1197 Fehle dagegen ein konkret beschränkter Plan, bleibe der Versuch auch nach Vornahme einzelner fehlgeschlagener Handlungen unbeendet und damit rücktrittsfähig, solange der Täter die bisherigen Aktionen für unzureichend halte; andernfalls liege beendeter Versuch vor.1198 Diese Begünstigung des besonders rücksichtslosen Täters, der alle Möglichkeiten des Tatverlaufs in seiner Planung einkalkuliert, wird der Tatplantheorie vorgehalten.1199 Die neuere Rechtsprechung und überwiegende Lehre in Deutschland1200 folgt daher der so genannten Gesamtbetrachtungslehre.1201 Maßgeblich soll danach die Vorstellung des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung sein (Rücktrittshorizont):1202 „Auch beim Vorliegen eines festumrissenen Tatplanes kommt es für die Abgrenzung vom unbeendeten zum beendeten Versuch darauf an, ob der Täter nach der letzten Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges für möglich hält.“1203 In der Verwendung des neuen Mittels liege bei einheitlichem Geschehen nur die Aufrechterhaltung und 1195
Vgl. Hillenkamp, AT, 18. Problem, 126 ff. Vgl. BGHSt 14, 75; mit Abweichungen BGHSt 4, 180; 10, 129 („FlachmannFall“); 21, 216; 319; 22, 176 („Rohrzangen-Fall“); 22, 330; 23, 356; BGH MDR 1951, 117; BGH Dall. MDR 1966, 22; 1970, 381; 1975, 541; BGH GA 1956, 89; 1966, 208; 1974, 77; BGH NJW 1980, 195; BGH Holtz MDR 1980, 628; BGH NStZ 1981, 342; 388; BGH StV 1981, 54; 1982, 70; BGH Holtz MDR 1983, 983 f.; BGH NStZ 1984, 116. 1197 BGHSt 22, 330. 1198 BGHSt 10, 129 („Flachmann-Fall“); BGHSt 22, 17 („Rohrzangen-Fall“); BGH NJW 1980, 195; BGH NStZ 1981, 342. 1199 Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 542; Krey, AT II, Rn. 481. 1200 Einleitung der Wende zur Gesamtbetrachtung durch BGHSt 31, 170; vgl. BGHSt 33, 295 („Schläfenschuss-Fall“); 34, 53; 35, 90 („Nackenstich-Fall“); 39, 221; 40, 75; BGH NStZ 1986, 264 („Benzin-Fall“); 312; BGH JR 1986, 423; BGH StV 1987, 529; 1988, 200; BGH NStZ 1989, 18; BGH StV 1992, 10; 62; BGH NJW 1993, 2125; BGH Holtz MDR 1993, 1038; 1994, 432; 1995, 878; 1089; BGH StV 1996, 23; 372; BGH NStZ-RR 1996, 161; 195; BGH NStZ 1997, 33; 1998, 614; BGH NStZ-RR 1999, 8; BGH NStZ 1999, 449; 2000, 531; 2001, 315; BGH NStZ-RR 2001, 171; BGH NStZ 2002, 427; 2003, 369 („Messerstich-Fälle“); Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 27 Rn. 31; Gropp, AT, § 9 Rn. 59 ff.; Haft, AT, 240; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 541 ff.; Krey, AT II, Rn. 470; Kühl, AT, § 16 Rn. 22; LK-Lilie-Albrecht, § 24 Rn. 72; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 41 Rn. 27; NK-Zaczyk, § 24 Rn. 17 ff.; Otto, Grundkurs, § 19 Rn. 14; Stratenwerth, AT I, § 11 Rn. 75; Tröndle/Fischer, StGB, § 24 Rn. 15 ff.; Wessels/Beulke, AT, Rn. 629 ff.; für „modifizierte Gesamtbetrachtungslehre“ Roxin, AT II, § 30 Rn. 187 ff. 1201 Vgl. Hillenkamp, AT, 18. Problem, 125 f. 1202 BGHSt 31, 170, 175 f.; 33, 295, 298 f.; 35, 90 ff.; 39, 221, 227; BGH NStZ 1999, 299 f.; Krey, AT II, Rn. 478; Kühl, AT, § 16 Rn. 27 ff.; SK-Rudolphi, § 24 Rn. 15; Tröndle/Fischer, StGB, § 24 Rn. 15 f. m. w. N.; Wessels/Beulke, AT, Rn. 633. 1196
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Weiterführung des ursprünglichen, auf Tatbestandsverwirklichung gerichteten Vorsatzes.1204 Da der Täter durch seinen Verzicht auf die Erfolgsverwirklichung seine Rechtstreue und Unfähigkeit, die Tat zu vollenden, unter Beweis stelle, sei ihm eine Rücktrittsmöglichkeit zu gewähren.1205 Dafür spreche auch der Gedanke des Opferschutzes.1206 (2) Unbeendeter Versuch Der Rücktritt vom unbeendeten Versuch erfordert die freiwillige Aufgabe der Tatausführung (§ 24 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. dStGB), wobei „Aufgeben der Tat bedeutet, von der weiteren Realisierung des Entschlusses, den gesetzlichen Tatbestand zu verwirklichen, auf Grund eines entsprechenden „Gegenentschlusses“ Abstand zu nehmen.“1207 Fraglich ist, ob eine vollständige und endgültige Distanzierung vom Tatbestandsvorsatz zu verlangen ist.1208 Eine abstrakte Betrachtungsweise fordert die Abstandnahme von dem gesamten verbrecherischen Tatplan, das heißt der Täter muss die Tat „im ganzen und endgültig“ aufgeben. Das Privileg der Straffreiheit dürfe dem Täter nicht bei bloßem Aufschub seines Vorhabens zugute kommen; wer an der Durchführung seines Tatplanes letztlich festhalte, bleibe gefährlich und verdiene Strafe.1209 Diese Rücktrittshemmung erscheint jedoch mit Wortlaut und ratio des § 24 1203 BGHSt 35, 90 ff.; 39, 221, 227. Zur Möglichkeit der Korrektur von Fehlvorstellungen in der Abbruchsituation vgl. BGH StV 1996, 23; BGH NStZ-RR 1997, 33; BGH NStZ 1999, 450; 2000, 532; Kühl, AT, § 16 Rn. 32 f. m. w. N.; Wessels/Beulke, AT, Rn. 637. 1204 BGHSt 34, 53; Wessels/Beulke, AT, Rn. 629. Umstritten sind die Kriterien zur Beurteilung der „Einheitlichkeit“ des Tatgeschehens: Für Orientierung an den Konkurrenzregeln der tatbestandlichen bzw. natürlichen Handlungseinheit BGH NStZ 2001, 315; s. dazu Lackner/Kühl, StGB, § 24 Rn. 6; Wessels/Beulke, AT, Rn. 630 m. w. N.; nach überwiegender Ansicht soll ein „einheitlicher Lebensvorgang“ vorliegen, wenn der Täter „die Tat mit den bereits eingesetzten oder den zur Hand liegenden einsatzbereiten Mitteln noch vollenden“ kann, BGHSt 35, 94; ebenso BGHSt 34, 53; 40, 75, 77; BGH NStZ 1996, 96; Kühl, AT, § 16 Rn. 35; LK-Lilie-Albrecht, § 24 Rn. 82; für Beschränkung auf Fortsetzung „im unmittelbaren Anschluss“ BGH NStZ 1993, 40; Wessels/Beulke, AT, Rn. 629; für Beschränkung auf artgleiche Fortsetzungsmöglichkeiten bzw. Tatmittel Ranft, Jura 1987, 527, 534; krit. Kühl, AT, § 16 Rn. 36. 1205 Krey, AT II, Rn. 470, 481. 1206 BGH NStZ 1986, 264, 265; Krey, AT II, Rn. 470, 481; Tröndle/Fischer, StGB, § 24 Rn. 13. Vgl. zum Sonderfall des Rücktritts bei außertatbestandlicher Zielerreichung 3. Beispiel bei Hillenkamp, AT, 18. Problem, 129 f. 1207 Wessels/Beulke, AT, Rn. 641. 1208 Vgl. ausführliche Darstellung des Streitstandes m. w. N. und Beispielen bei Hillenkamp, AT, 17. Problem, 116 ff. 1209 RGSt 72, 349; BGHSt 7, 296; 9, 48, 52; 21, 319, 321; BGH NJW 1951, 410; BGH NJW 1956, 30, 31; BGH NJW 1957, 190; BGH GA 1968, 279; BGH NJW 1980, 602; Haft, AT, 239.
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dStGB, wonach nur ein Abstandnehmen von der durch Tatobjekt und Ausführungsweise konkretisierten Tat erforderlich ist, unvereinbar.1210 Konsequent verlangt die eingeschränkt abstrakte Betrachtungsweise1211 nur den Verzicht auf gleichwertige, also äquivalente Angriffe auf dasselbe Tatobjekt.1212 Der Täter kann danach nicht strafbefreiend zurücktreten, wenn die noch ausstehende Tat „als unmittelbare Fortsetzung seiner bisherigen Versuchstat erscheint“, das heißt Angriffsart, Angriffszeit und Angriffsqualität nicht wesentlich abweichen.1213 Dass sich der Täter die Option offenhalte, die Tat irgendwann erneut zu versuchen, soll dagegen unschädlich sein. Noch weitergehend hält die konkrete Betrachtungsweise1214 die Aufgabe der speziellen Form der Tatausführung für ausreichend.1215 Nur bei Vorbehalt von Akten, die mit dem bereits begangenen Versuch eine natürliche Handlung bilden würden, sei eine Aufgabe ausgeschlossen. Dem wird entgegengehalten, dass es an jeder Rückkehr in die Legalität fehle, wenn der Täter seine ursprüngliche Handlung im unmittelbaren Anschluss durch eine gleichwertige ersetze.1216 Nach der kriminalpolitischen Betrachtungsweise1217 soll entscheidend sein, aus welchen Motiven der Täter von der Tatausführung Abstand nimmt, das heißt es ist danach zu differenzieren, ob sich der Täter durch die Aufgabe seines Vorhabens als ungefährlich erweist oder nicht. Eine Aufgabe aus Gründen der Verbrechervernunft rechtfertige keine Straffreiheit.1218 Dieser Ansatz ist mit dem Wortlaut des § 24 dStGB nicht vereinbar.
1210 BGHSt 33, 142, 145 f.; Krey, AT II, Rn. 491; Kühl, AT, § 16 Rn. 43 ff.; Schönke/Schröder/Eser, § 24 Rn. 40; Wessels/Beulke, AT, Rn. 641. 1211 Vgl. Hillenkamp, AT, 17. Problem, 117 f. 1212 Gropp, AT, § 9 Rn. 74; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 543 mit Fn. 29; Kühl, AT, § 16 Rn. 45; Lackner/Kühl, StGB, § 24 Rn. 8 f.; LK-Lilie-Albrecht, § 24 Rn. 145; NK-Zaczyk, § 24 Rn. 50; Schönke/Schröder/Eser, § 24 Rn. 39 f.; Wessels/Beulke, AT, Rn. 641. 1213 Kühl, AT, § 16 Rn. 45. 1214 Vgl. Hillenkamp, AT, 17. Problem, 118 f. 1215 BGHSt 33, 143; 35, 187; BGH NStZ 2002, 28; Blei, AT, 242; Freund, AT, § 9 Rn. 49 ff.; Jakobs, AT, 26 Rn. 10; Joecks, Studienkommentar, § 24 Rn. 19; Krey, AT II, Rn. 492; Maurach/Gössel/Zipf, AT II, § 41 Rn. 51 ff.; Otto, Grundkurs, § 19 Rn. 21; Roxin, AT II, § 30 Rn. 160; Tröndle/Fischer, StGB, § 24 Rn. 26. 1216 Wessels/Beulke, AT, Rn. 641. 1217 Vgl. Hillenkamp, AT, 17. Problem, 119 f. 1218 Roxin, ZStW 77 (1965), 60, 99 (für konkrete Betrachtungsweise allerdings Roxin, AT II, § 30 Rn. 160); SK-Rudolphi, § 24 Rn. 18.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
(3) Beendeter Versuch Der Rücktritt vom beendeten Versuch gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. dStGB erfordert die Verhinderung der Vollendung. In subjektiver Hinsicht muss der Täter zur Erfolgsabwendung entschlossen sein, das heißt vorsätzlich handeln,1219 sodass eine Strafbefreiung bei versehentlicher Vollendungsverhinderung ausscheidet.1220 Zur Abwendung der als möglich erkannten Erfolgsverwirklichung muss der Täter Gegenaktivitäten entfalten, die er zur Verhinderung der Vollendung mindestens für geeignet hält.1221 Jedenfalls ist aus dem vollendeten Delikt zu bestrafen, wenn der Rücktritt misslingt, das heißt der Erfolg trotz der Bemühungen des Täters um dessen Verhinderung eintritt.1222 Darüber hinaus herrscht mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung Unklarheit über die an die Rücktrittshandlung zu stellenden objektiven Anforderungen. Überwiegend gilt das Ingangsetzen einer neuen Kausalkette als ausreichend, die für die Nichtvollendung der Tat zumindest mitursächlich wird.1223 Einschränkend wird die objektive Zurechenbarkeit des Verhinderungserfolgs gefordert, sodass die Erfolgsabwendung als Werk des Täters erscheinen muss.1224 Dabei sollen das Handeln als mittelbarer Täter oder Mittäter, aber auch die Veranlassung der Rettung als Anstifter genügen.1225 Mit der Begründung, der Täter schulde dem Opfer „äußerste Anstrengungen“ zur Verhinderung der Tatvollendung, wird den Voraussetzungen des Rücktritts vom untauglichen Versuch nach § 24 Abs. 1 Satz 2 dStGB entsprechend teilweise eine honorierungsfähige Umkehrleistung nur bei optimalem Verhinderungsverhalten angenommen.1226 Der Wortlaut des § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 1219 BGHSt 31, 49; BGH NJW 1989, 2068; 1990, 3219; Wessels/Beulke, AT, Rn. 644 („bewusst und gewollt“). Teilweise wird strenger gefordert, der Rücktritt müsse „darauf gerichtet“ sein, das Opfer zu retten, vgl. BGH NStZ-RR 1999, 327. 1220 BGH NJW 1986, 1001; Krey, AT II, Rn. 501; Kühl, AT, § 16 Rn. 65; Maurach/ Gössel/Zipf, AT II, § 41 Rn. 90; Schönke/Schröder/Eser, § 24 Rn. 59. 1221 BGH NJW 1990, 3219; BGH StV 1992, 63; BGH NStZ 1993, 40; BGH NStZRR 2000, 42, 43. 1222 BGH NJW 2000, 1730; Krey, AT II, Rn. 460, 462; Kühl, AT, § 16 Rn. 79; vgl. zum misslungenen Versuch ausführlich Wessels/Beulke, AT, Rn. 627 m. w. N. 1223 BGH NJW 1989, 2068; BGHSt 33, 295, 301; BGH StV 1994, 304; BGH NStZ-RR 1997, 233; BGH NStZ 1999, 128; LK-Lilie-Albrecht, § 24 Rn. 188; Tröndle/Fischer, StGB, § 24 Rn. 32 ff.; Wessels/Beulke, AT, Rn. 644. Zu Ausnahmen bei „lieblosen“ und „halbherzigen“ Rettungsaktivitäten vgl. Krey, AT II, Rn. 505 ff. 1224 Stratenwerth, AT I, § 11 Rn. 90; Wessels/Beulke, AT, Rn. 644. 1225 BGH NJW 1985, 813; Kühl, AT, § 16 Rn. 75. Teilweise wird bei Zusammenwirken mit anderen ein Rücktritt nur bei „unersetzlichem Rettungsbeitrag“ des Täters angenommen, BGH NStZ 1999, 128; Roxin, AT II, § 30 Rn. 243 ff. Nach a. A. ist eigenhändige Erfolgsverhinderung durch den Einzeltäter erforderlich, Kühl, AT, § 16 Rn. 73; Otto, Grundkurs, § 19 Rn. 46; SK-Rudolphi, § 24 Rn. 27c.
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dStGB steht diesen die Rettungschancen des Opfers vermindernden Zusatzanforderungen an die Erfolgsverhinderung allerdings entgegen.1227 (4) Versuchter Rücktritt vom vermeintlich vollendbaren Versuch In folgerichtiger Anwendung der subjektiven Versuchslehre auf die Rücktrittsvorschrift sieht § 24 Abs. 1 Satz 2 dStGB die Möglichkeit des Rücktritts vom beendeten untauglichen beziehungsweise fehlgeschlagenen, als solchen aber nicht erkannten Versuch vor.1228 Erfasst werden auch Fälle, in denen das Ausbleiben der Vollendung auf das vom Täter unbemerkte Eingreifen Dritter zurückzuführen ist. Erforderlich ist ein ernsthaftes Bemühen um die Vollendungsverhinderung. Strafbefreiung gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 dStGB verdient allein der, der die ihm bekannten und zur Verfügung stehenden Rettungsmöglichkeiten im Rahmen des Gebotenen auch ausschöpft und diejenigen Mittel einsetzt, die nach seiner Überzeugung den Eintritt des Erfolges und damit die Vollendung der Tat am sichersten verhindern werden.1229 Bei Überlassung der Rettung an Dritte hat der Täter sich zu vergewissern, dass geeignete Maßnahmen auch wirklich ergriffen werden.1230 (5) Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten Aufgrund der gesteigerten Gefährlichkeit verschärft § 24 Abs. 2 dStGB die Rücktrittsvoraussetzungen bei Beteiligung mehrerer. Auch im Fall des unbeendeten Versuchs genügt gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 dStGB bloßes Aufhören nicht, vielmehr tritt eine Strafbefreiung nur unter der Voraussetzung ein, dass mit der Aufgabe der eigenen Beteiligung oder Aufhebung des bereits erbrachten Tatbeitrags die Vollendung der Tat insgesamt verhindert wird.1231 Dabei kann die Abwendung des Taterfolges auch durch einen anderen Beteiligten geschehen, mit dessen Handeln der Zurücktretende einverstanden ist.1232 Auch Unterlassen ge1226
BGH NJW 1986, 1001; BGHSt 31, 46, 49 („Krankenhaus-Fall“: Absetzen des lebensgefährlich verletzten Opfers in der Nähe eines Krankenhauses als unzureichende Erfolgsverhinderung); BGH NStZ-RR 1997, 193 (Alarmierung der Feuerwehr nach Brandstiftungsversuch); Blei, AT, 242; Jakobs, AT, 26 Rn. 21; Murmann, Versuchsunrecht, 64, 68. 1227 NK-Zaczyk, § 24 Rn. 59; Tröndle/Fischer, StGB, § 24 Rn. 32, 35. 1228 Als Wegbereiter der aktuellen gesetzlichen Regelung gilt der „Luminal-Fall“ BGHSt 11, 324; vgl. LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 54; Wessels/Beulke, AT, Rn. 646. 1229 Besonders strenge Anforderungen gelten bei Gefährdung des Rechtsguts Leben, BGHSt 31, 46; Wessels/Beulke, AT, Rn. 647. 1230 BGHSt 33, 302; Wessels/Beulke, AT, Rn. 647. 1231 Kühl, AT, § 16 Rn. 91; Wessels/Beulke, AT, Rn. 648.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
nügt, wenn nach der Vorstellung des Beteiligten ohne seinen Tatbeitrag die Vollendung unmöglich erscheint.1233 Im Fall des versuchten Rücktritts bei Ausbleiben der Tatvollendung gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. dStGB ist ein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen des Täters erforderlich; § 24 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. dStGB gewährt dem Tatbeteiligten die Möglichkeit des Rücktritts trotz Eintritts des Erfolges, wenn ihm die vollendete Tat nicht zugerechnet werden kann.1234 (6) Freiwilligkeit Die Freiwilligkeit des Handelns ist Voraussetzung für alle Formen des Rücktritts.1235 Während zur Subsumtion früher die Frank’sche Formel herangezogen wurde,1236 differenzieren Lehre und Rechtsprechung in Deutschland heute überwiegend zwischen autonomen und heteronomen Motiven.1237 Freiwilliges Handeln soll danach vorliegen, wenn der Rücktritt nicht durch zwingende Hinderungsgründe veranlasst ist, sondern auf einer autonomen Entscheidung des Täters beruht. Mögliche Beweggründe können dabei Gewissensbisse, Reue, Scham, Mitleid, seelische Erregung aber auch Angst vor Strafe sein.1238 Das Hinzutreten äußerer Umstände hindert die Annahme der Freiwilligkeit nicht, wenn eine vernünftige Abwägung möglich bleibt.1239 Die Rechtsprechung bejaht freiwilliges Handeln, solange der Täter noch „Herr seiner Entschlüsse“ ist, Unfreiwilligkeit dagegen bei äußerer Zwangslage oder seelischem Druck.1240 Indizien dafür sollen eine Risikoerhöhung oder unmittelbar bevorstehende oder 1232
BGHSt 44, 204, 207; Wessels/Beulke, AT, Rn. 649. BGH NStZ 1989, 317; Lackner/Kühl, StGB, § 24 Rn. 19, 25; Wessels/Beulke, AT, Rn. 649. 1234 Joecks, Studienkommentar, § 24 Rn. 40. 1235 Kühl, AT, § 16 Rn. 52; Wessels/Beulke, AT, Rn. 651. 1236 Freiwillig: „Ich will nicht, selbst wenn ich könnte.“; unfreiwillig: „Ich kann nicht, selbst wenn ich wollte.“, Frank, StrGB, § 46 Anm. II. 1237 Haft, AT, 241; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 544; Kühl, AT, § 16 Rn. 55; LKLilie-Albrecht, § 24 Rn. 158; Schönke/Schröder/Eser, § 24 Rn. 43, 45; Tröndle/Fischer, StGB, § 24 Rn. 19 ff.; Wessels/Beulke, AT, Rn. 651; zu Bsp. vgl. Krey, AT II, Rn. 496 f. m. w. N.. Zu strafzweckorientiertem Abstellen auf die Regeln der „Verbrechervernunft“ (Roxin, AT II, § 30 Rn. 383 ff.; SK-Rudolphi, § 24 Rn. 25) vgl. Krey, AT II, Rn. 500 m. w. N.; zu Vorschlägen der Differenzierung nach Notstands- und Täterschaftsgrundsätzen vgl. Wessels/Beulke, AT, Rn. 652. 1238 BGHSt 7, 296; 21, 216; OLG Düsseldorf NJW 1999, 2911. Aufgrund der psychologischen, nicht ethischen bzw. normativen Begriffsbestimmung ist ein sittlich anerkennenswertes Motiv nicht erforderlich, BGHSt 35, 184, 187; Jescheck/Weigend, Lehrbuch, 544; Wessels/Beulke, AT, Rn. 651. 1239 Kühl, AT, § 16 Rn. 55; Wessels/Beulke, AT, Rn. 651. Auch Schuldunfähigkeit schließt Freiwilligkeit nicht aus, BGH NStZ-RR 1999, 8. 1233
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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bereits eingetretene Entdeckung sein.1241 In dubio pro reo ist Freiwilligkeit anzunehmen.1242 b) Österreich aa) Rechtsnatur Nach dem österreichischen StG von 1852 ergab sich die Straflosigkeit des Rücktritts negativ aus der Versuchsdefinition des § 8 Abs. 1 öStG,1243 wobei unterschiedliche Auffassungen zur Rechtsnatur bestanden.1244 Anders als das frühere Recht enthält das öStGB nunmehr in § 161245 eine positiv-explizite Re1240 BGHSt 35, 184, 186; BGH StV 1992, 225; BGH NStZ 1992, 537, 538; 1993, 279; 399; BGH MDR 1993, 1038; BGH StV 1994, 181; 1996, 86; OLG Düsseldorf NJW 1999, 2911; krit. Krey, AT II, Rn. 495. 1241 BGH NStZ 1992, 536, 537; 1993, 77; Kühl, AT, § 16 Rn. 57 f.; Wessels/Beulke, AT, Rn. 652. Unfreiwilligkeit liegt danach z. B. dann vor, wenn das Opfer den Täter wider Erwarten kennt und dieser daher sofortige Strafverfolgung befürchtet, BGHSt 9, 48 („Lilo-Fall“). 1242 BGH StV 1984, 329; BGH NStZ-RR 2003, 199. Die Regelung des Rücktritts in Bulgarien (Art. 18 Abs. 3, Art. 19 bulgStGB) stimmt weitgehend mit dem deutschen Recht überein, vgl. Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 123. Der Rücktritt ist auch hier als persönlicher Strafaufhebungsgrund konzipiert, der in subjektiver Hinsicht ein Handeln „aus eigenem Entschluss“ und objektiv das Abstandnehmen von der Vollendung (Art. 18 Abs. 3a bulgStGB) beziehungsweise die Verhinderung des Erfolgseintritts (Art. 18 Abs. 3 b bulgStGB) verlangt. Auch die finnische Regelung in Kap. 4 § 2 finnStGB folgt in diesen Punkten der deutschen, jedoch genügt nicht das freiwillige und ernsthafte Bemühen, wenn der Erfolg aufgrund eines vom Täter unabhängigen Umstands ausbleibt, vgl. Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 122. Ähnlich ist auch die schwedische Vorschrift (Kap. 23 § 3 schwKrGB). Selbst bei Vollendung der Straftat darf jedoch in Schweden derjenige, der sich unerlaubt mit einem Hilfsmittel befasst hat, deswegen nicht verurteilt werden, wenn er der strafbaren Verwendung des Hilfsmittels freiwillig vorgebeugt hat (Kap. 23 § 3 Satz 2 schwKrGB). 1243 § 8 Abs. 1 öStG: „Zu einem Verbrechen ist nicht nötig, daß die Tat wirklich ausgeführt werde. Schon der Versuch einer Übeltat ist das Verbrechen, sobald der Bösgesinnte eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung unternommen hat; die Vollbringung des Verbrechens aber nur wegen Unvermögenheit, wegen Dazwischenkunft eines fremden Hindernisses oder durch Zufall unterblieben ist.“. 1244 Für Rücktritt als „negatives Begriffsmerkmal des Versuchs“ OGH, EvBl 1975/ 11; Roeder, Erscheinungsformen, 41; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 368 Rn. 51; a. A. Burgstaller, JBl 1969, 521 Fn. 4 unter Verweis auf die „herrschende Auffassung“: Der Rücktritt sei materiellrechtlich gesehen nicht als negatives Begriffsmerkmal des Versuchs, sondern als Strafaufhebungsgrund zu qualifizieren; vgl. ders., in: StPdG, 7, 28; Platzgummer, JBl 1957, 1, 2 ff., 8. 1245 § 16 öStGB: „1. Der Täter wird wegen des Versuches oder der Beteiligung daran nicht bestraft, wenn er freiwillig die Ausführung aufgibt oder, falls mehrere daran beteiligt sind, verhindert oder wenn er freiwillig den Erfolg abwendet. 2. Der Täter wird auch straflos, wenn die Ausführung oder der Erfolg ohne sein Zutun unterbleibt, er sich jedoch in Unkenntnis dessen freiwillig und ernstlich bemüht, die Ausführung zu verhindern oder den Erfolg abzuwenden.“.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
gelung des Rücktritts als persönlicher Strafaufhebungsgrund, der nur dem zugute kommt, der die Voraussetzungen unmittelbar erfüllt (§ 16 Abs. 1 und 2 öStGB sprechen vom „Täter“ und nicht von der „Tat“).1246 bb) Voraussetzungen (1) Unbeendeter und beendeter Versuch Entsprechend den beiden Arten des Versuchs existieren auch zwei Formen des Rücktritts, nämlich der einfache Rücktritt vom unbeendeten Versuch (§ 16 Abs. 1 1. Alt. öStGB) und der tätige Rücktritt vom beendeten Versuch (§ 16 Abs. 1 3. Alt. öStGB).1247 Nach herrschender Ansicht erfolgt die Abgrenzung ausschließlich nach subjektiven Kriterien.1248 Da nach § 16 Abs. 2 öStGB die falsche Vorstellung ausreiche, der Täter könne den Erfolg noch abwenden, sei die subjektive Einschätzung auch für die Bestimmung der Ausführungsnähe gem. § 15 Abs. 2 öStGB ausschlaggebend.1249 Der Versuch ist demzufolge beendet, wenn der Täter alles zur Erfolgsverwirklichung Erforderliche getan zu haben glaubt; unbeendet ist er dann, wenn der Täter meint, noch weiterhandeln zu müssen.1250 Umstritten ist, was der zur Abgrenzung maßgebliche Zeitpunkt sein soll.1251 Nach der Gesamtbetrachtungslehre ist auf die Abbruchperspektive beziehungsweise den Rücktrittshorizont abzuheben, das heißt entscheidend soll die Vorstellung des Täters bei Abschluss beziehungsweise Abbruch der Tatausführung 1246 Burgstaller, in: StPdG, 7, 27, 29; Foregger/Fabrizy, StGB, § 16 Rn. 2, 9; Foregger/Serini, StGB, § 16 Erl. IV; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 6, 25; Leukauf/ Steininger, StGB, § 16 Rn. 12; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 368 Rn. 51; WKHager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 126. 1247 Burgstaller, in: StPdG, 7, 27; Foregger/Fabrizy, StGB, § 16 Rn. 2; Foregger/ Serini, StGB, § 16 Erl. II; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 9; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 363 Rn. 36. 1248 OGH RZ 1980/66; OGH EvBl 1996/68; Fuchs, AT I, 31/21; Burgstaller, in: StPdG, 7, 33; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 2; Leukauf/Steininger, StGB, § 16 Rn. 7; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 363 Rn. 37; a. A. SSt 48/98; WK-Hager/ Massauer, §§ 15 f. Rn. 171: Irrtümer über die Weiterentwicklung des Deliktes seien in § 16 Abs. 2 öStGB gesetzlich abschließend geregelt und würden bei ausschließlich subjektiver Abgrenzung eventuell eine nicht gerechtfertigte Ausdehnung erfahren. Sei der Täter irrtümlich der Annahme, der Versuch sei unbeendet und er könne deswegen auf Vornahme des actus contrarius verzichten, könne bei subjektiver Betrachtungsweise trotz Erfolgseintritts Rücktritt bejaht werden. Dieses Ergebnis widerspreche der strengen Auffassung zum beendeten Versuch, wonach der Täter das Risiko der Erfolgsabwendung trage. 1249 Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 363 Rn. 37. 1250 OGH LSK 1976/277; OGH RZ 1980/66; OGH EvBl 1981/77; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 3; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 364 Rn. 37. 1251 Vgl. zum Meinungsstand ausführlich Fuchs, AT I, 279 ff.
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sein.1252 Dies wird damit begründet, dass der Verzicht des Täters auf Verfolgung seines Tatzieles, obgleich er es nach einem Fehlschlag noch verwirklichen könne, jedenfalls strafaufhebend wirken müsse.1253 Die auf die Vorstellung des Täters bei Beginn der Tatausführung abstellende Einzelakttheorie will diesem dagegen nach Vornahme von in der konkreten Situation gescheiterten Ausführungshandlungen auch dann den Rücktritt verweigern, wenn die Herbeiführung des Erfolges in zeitlichem beziehungsweise räumlichem Zusammenhang noch möglich wäre.1254 Aufgrund generalpräventiver Erwägungen sei die Straflosigkeit des Täters, der sein an sich versuchstauglich in Angriff genommenes Unternehmen wieder aufgebe, nicht zu rechtfertigen. (2) Unbeendeter Versuch Der einfache Rücktritt vom unbeendeten Versuch (§ 16 Abs. 1 1. Alt. öStGB) verlangt das Unterlassen der Ausführung beziehungsweise den Abbruch der begonnenen Tathandlung.1255 Die Tataufgabe muss dabei endgültig sein, das heißt es ist auf jede weitere Ausführung der konkreten Tat zu verzichten. Bei bloßem Aufschub sowie bei Fortsetzung „in planäquivalenter Weise“ bleibt die Strafbarkeit bestehen,1256 da die Bedrohung des Rechtsfriedens zur Gänze aufzuheben ist.1257 Allerdings muss nur die konkrete Tat aufgegeben werden; der Vorbehalt, es irgendwann erneut zu versuchen, schadet nicht.1258 Im Fall mehrerer Tatbeteiligter verschärft das öStGB die Rücktrittsvoraussetzungen. Straffreiheit soll gemäß § 16 Abs. 1 2. Alt. öStGB nur dann eintreten, wenn auch die Ausführung durch andere Beteiligte verhindert wird, da die Kumulation der verbrecherischen Energie hier nicht mit bloßem Ausscheiden eines Einzelnen aufgehoben werden könne.1259
1252
Fuchs, AT I, 31/20; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 4. WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 160. 1254 Burgstaller, in: StPdG, 7, 33; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 365 Rn. 40; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 161, 163. 1255 Foregger/Serini, StGB, § 16 Erl. II; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 12; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 368 f. Rn. 53 f.; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 164. 1256 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 12. 1257 Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 369 Rn. 55. 1258 OGH JBl 1998, 666; Foregger/Fabrizy, StGB, § 16 Rn. 7; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 12; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 130. 1259 OGH EvBl 1978/115; OGH RZ 1980/66; 1981/77; Foregger/Fabrizy, StGB, § 16 Rn. 4; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 10; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 369 Rn. 56; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 165. 1253
212
2. Teil: Regelungen des Versuchs
(3) Beendeter Versuch Bei bereits beendetem Versuch (§ 16 Abs. 1 3. Alt. öStGB) ist ein tätiger Rücktritt in Form eines actus contrarius erforderlich, das heißt ein aktives Gegensteuern durch gefahrneutralisierendes Verhalten.1260 Der Täter muss eine „Gegenaktivität mit Verhinderungskausalität“ entfalten, sodass Passivität oder versehentliche Erfolgsabwendung nicht ausreichend sind.1261 Für den Rücktritt ist eine gelungene Verhinderung der Tatbestandsverwirklichung erforderlich, deren Risiko der Täter trägt.1262 Sie muss jedoch nicht eigenhändig, sondern kann auch mittelbar oder mit einem Gehilfen vorgenommen werden.1263 Nach der Rechtsprechung ist ein Rücktritt vom misslungenen oder fehlgeschlagenen Versuch generell ausgeschlossen, da eine Strafbefreiung logisch und begrifflich voraussetze, dass der Täter sein Ziel noch für erreichbar halte, sodass ein Rücktritt von einem durch Scheitern beendetem Versuch nicht in Betracht komme.1264 Dies gelte auch dann, wenn der Täter nach einem Fehlschlag von weiteren Angriffen absehe.1265 Die österreichische Lehre differenziert dagegen unter dem Oberbegriff der „Erfolglosigkeit“ zwischen misslungenen und fehlgeschlagenen Versuchen.1266 Im Fall des Misslingens könne die Tat objektiv nicht mehr realisiert werden, wobei demjenigen, der sich dessen nicht bewusst sei und sich freiwillig und ernsthaft bemühe, die Ausführung zu verhindern oder den Erfolg abzuwenden, die Strafaufhebung nach § 16 Abs. 2 öStGB zugute komme. Beim Fehlschlag gehe der Täter dagegen subjektiv davon aus, dass seine Ausführungshandlung nicht zum Erfolg führen werde; ein Putativrücktritt gemäß § 16 Abs. 2 öStGB sei dann ausgeschlossen.1267
1260 Vgl. OGH 12 Os 80/95 zur Frage des Rücktritts vom Mordversuch durch Verständigung des Notarztes nach Messerstich in den Hals des Opfers; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 16; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 371 Rn. 59; WK-Hager/ Massauer, §§ 15 f. Rn. 164, 168. 1261 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 19. 1262 Foregger/Fabrizy, StGB, § 16 Rn. 3; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 17; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 371 Rn. 60; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 168. 1263 Foregger/Fabrizy, StGB, § 16 Rn. 3; Foregger/Serini, StGB, § 16 Erl. II; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 19; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 369 Rn. 56. 1264 SSt 38/3; OGH LSK 1976/360; OGH 13 Os 166/86. 1265 OGH JBl 1981, 108. 1266 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 159. 1267 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 21; Leukauf/Steininger, StGB, § 16 Rn. 10a; anders aber OGH RZ 1980/66.
A. Veranschaulichung des aktuell geltenden Rechtszustands
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(4) Putativrücktritt Im Zuge der Reformierung des Strafrechts von 1974 wurde eine gänzlich neue vierte Rücktrittsform eingeführt, die im alten Recht kein Gegenstück besitzt.1268 Grundgedanke der Regelung in § 16 Abs. 2 öStGB ist, dass der Täter auch dann straffrei sein soll, wenn er sich von der Tatausführung dadurch signifikant distanziert, dass er sich ernstlich um deren Verhinderung oder die Abwendung des Erfolges bemüht, obwohl dieser aus anderen Gründen unterbleibt.1269 Mögliche Fallgruppen sind der unbeendete Versuch bei Beteiligung mehrerer (Alt. 1), die unerkannte relative Untauglichkeit (Alt. 2) sowie nach Ansicht der österreichischen Lehre der unerkannte Fehlschlag.1270 An die Bemühungen des Täters sind strenge Anforderungen zu stellen, das heißt er muss alle in seiner Macht stehenden Anstrengungen unternehmen1271 beziehungsweise alle verfügbaren Kräfte aufbieten und alle erreichbaren Mittel einsetzen.1272 (5) Freiwilligkeit Bei allen Konstellationen des Rücktritts vom Versuch ist freiwilliges Handeln erforderlich.1273 Die Freiwilligkeit ist aus ex ante-Sicht des Täters, das heißt vom Rücktrittshorizont aus, zu untersuchen. Der Täter tritt dann freiwillig vom Versuch zurück, wenn er nach seiner Auffassung die Tat noch vollenden könnte, den ursprünglich gefassten Tatentschluss aber wieder aufgibt.1274 Bei der Beurteilung der Freiwilligkeit ist der Tatplan zugrunde zu legen, das heißt es ist zu fragen, ob aus der Täterperspektive „eine dem Tatplan entsprechende Vollendung noch möglich wäre“.1275 Unfreiwillig ist der Rücktritt demnach, wenn der Täter eine plangemäße Verwirklichungschance als aussichtslos beurteilt,1276 er sich also nach Misslingen des ursprünglichen Vorhabens zu einem neuen Unternehmen entschließen müsste.1277
1268
Burgstaller, in: StPdG, 7, 28. Foregger/Fabrizy, StGB, § 16 Rn. 10; Foregger/Serini, StGB, § 16 Erl. V; WKHager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 173. 1270 Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 24 Rn. 25; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 372 Rn. 63 f. 1271 OGH EvBl 1981/201. 1272 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 176. 1273 OGH EvBl 1978/115; Foregger/Fabrizy, StGB, § 16 Rn. 8; Foregger/Serini, StGB, § 16 Erl. III. 1274 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 127. 1275 OGH EvBl 1976/98; OGH LSK 1977/290; SSt 49/26; SSt 52/40. 1276 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 128. 1277 SSt 57/21. 1269
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Im Übrigen sind die Kriterien zur Bestimmung der Freiwilligkeit umstritten.1278 Einen ersten Zugang zum Problem eröffnet die Frank’sche Formel,1279 genauer ist aber zwischen situationsunabhängigem Rücktritt aus autonomen Motiven und situationsbedingtem Rücktritt zu differenzieren.1280 Dabei hat ersterer die Vermutung der Freiwilligkeit für sich, während das Hinzutreten eines äußeren Anlasses eine genauere Untersuchung erforderlich macht.1281 Trotz externen Einflusses kann ein Rücktritt dennoch freiwillig sein, wenn darin kein zwingender Grund, sondern nur ein auslösender Faktor zu sehen ist.1282 Der Rücktritt darf nicht auf physischem oder psychischem Zwang beruhen, sondern muss vielmehr auf ein autonomes Motiv des Täters zurückzuführen sein, also aus eigenem Antrieb erfolgen.1283 Eine seelische Umkehr, also Reue, soll aber nicht erforderlich sein.1284 Der OGH bejaht also die Freiwilligkeit bei Rücktritt aufgrund innerer Erwägungen trotz Möglichkeit der Ausführungshandlungen.1285 Freiwillig ist auch ein Abstandnehmen von der Tat aus allgemeiner Furcht vor Entdeckung und Strafe, solange nach der Tätervorstellung eine tatplangemäße Vollendung noch möglich ist.1286 Ein Appell des Opfers soll die Freiwilligkeit nicht ausschließen, da er für sich allein nicht geeignet sei, den Eintritt des Erfolges zu vereiteln.1287 Strafbefreiung könne auch dann eintreten, wenn der Rücktritt aus ethisch nicht zu billigenden Motiven und nicht für alle Zukunft erfolge.1288 Unfreiwilligkeit sei dagegen sogar dann anzunehmen, wenn sich der Täter nur einbilde, zur Tatvollendung unvermögend zu sein. Auch bei Flucht des Op1278 Zum Meinungsstand Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 13 ff.; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 369 f. Rn. 57 f. 1279 Foregger/Serini, StGB, § 16 Erl. III; Leukauf/Steininger, StGB, § 16 Rn. 2; krit. Burgstaller, in: StPdG, 7, 35 ff.; WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 127: Freiwilligkeit müsse auch dann bejaht werden, wenn dem Täter die Tat bei Möglichkeit der Deliktsvollendung zu gefährlich werde. 1280 Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 370 f. Rn. 58; ähnlich WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 127. 1281 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 128. 1282 Burgstaller, in: StPdG, 7, 37; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 371 Rn. 58. 1283 WK-Hager/Massauer, §§ 15 f. Rn. 127. 1284 OGH EvBl 1977/184; Foregger/Fabrizy, StGB, § 16 Rn. 8; Foregger/Serini, StGB, § 16 Erl. III; Kienapfel/Höpfel, Grundriß, Z 23 Rn. 8; Leukauf/Steininger, StGB, § 16 Rn. 2; Triffterer, Österreichisches Strafrecht, 370 Rn. 58; WK-Hager/ Massauer, §§ 15 f. Rn. 127. Für eine Kombination von psychologischen und normativen Kriterien aber Burgstaller, in: StPdG, 7, 37 f.: Neben psychologischer Beurteilung der äußeren Umstände hinsichtlich ihrer „jeweils wirksamen Motivationsstärke“ erfordere ein normatives Kriterium die innere Umkehr des Täters; ähnlich auch Fuchs, AT I, 284. 1285 OGH EvBl 1975/106. 1286 SSt 52/40. 1287 OGH EvBl 1975/11; 1976/98. 1288 OGH 11 Os 78/70; 101/86.
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
215
fers1289 oder Rücktritt infolge von dessen Täuschungs- oder Ablenkungsmanövern1290 sei freiwilliges Handeln des Täters ausgeschlossen. Unfreiwillig sei der Rücktritt auch bei konkreter Furcht vor Entdeckung, derzufolge der Täter sich außerstande sehe, den Erfolg tatplanmäßig herbeizuführen,1291 so etwa bei Hilferufen des Opfers.1292 Ausgeschlossen soll die Freiwilligkeit ferner bei Handeln unter dem Druck einer Strafanzeige sein.1293
B. Übernationale Regelungen des Versuchs Im Anschluss an die Analyse der aktuellen mitgliedstaatlichen Vorschriften soll auf die bereits vorhandenen übernationalen Lösungsansätze eingegangen werden, um so eine breite materielle Basis für die Konzeption einer Modellregelung zu schaffen. Im europäischen Kontext sind die Versuchsvorschrift des zwar immer noch bereichsspezifischen, insoweit aber umfassenden Entwurfs eines „Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union“ sowie die anlässlich der Symposien zur Ausgestaltung eines Europäischen Wirtschaftsstrafrechts in Madrid und Freiburg erarbeiteten Regelungsvorschläge von Interesse. Vereinheitlichungsbestrebungen in Europa dürfen zudem die globalen völkerstrafrechtlichen Entwicklungen nicht außer Acht lassen, sodass auch Art. 25 Abs. 3f des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs Gegenstand der Untersuchung sein wird. Hilfreich für das Projekt der Entwicklung eines europäischen Modellstrafgesetzbuchs erscheint schließlich auch der Blick auf die Versuchsregelung im amerikanischen „Model Penal Code“.
I. Der Versuch im Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union 1. Das Corpus Juris-Projekt Die Arbeiten an dem Entwurf einer partiellen Strafrechts- und Verfahrensordnung zum Schutz der finanziellen EG-Interessen waren motiviert durch die Kri1289
OGH JBl 1977, 324; OGH 14 Os 126/95. OGH 12 Os 149/77. 1291 SSt 52/40. So z. B. in einem Fall, in dem ein Komplize bei geplantem Buntmetalldiebstahl auf dem Eisenbahndamm von einem Zug erfasst wurde und der Täter vor der Wahl stand, entweder den nur unter erhöhtem Entdeckungsrisiko möglichen Diebstahl allein auszuführen, oder den Komplizen zu retten, OGH 14 Os 141/93. 1292 OGH 10 Os 47/80. 1293 OGH 13 Os 148/93. 1290
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
tik am bisherigen Sachstand europäischer Rechtstechniken, deren Ineffizienz auf zögerliche Ratifikation von Abkommen, unzureichende tatbestandliche Mindeststandards und einen Mangel an praktischer Implementation zurückgeführt wurde.1294 Das Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union ist gemeinsames Projekt des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission, der Vereinigungen für europäisches Strafrecht und europaweiter Strafrechtsforschung.1295 Der 1997 in französischer und englischer Fassung veröffentlichte erste Entwurf1296 wurde durch eine aus Strafrechtswissenschaftlern zusammengesetzte Arbeitsgruppe im Auftrag des Europäischen Parlaments ausgearbeitet und ist in den Mitgliedstaaten und auf europäischer Ebene auf große Resonanz gestoßen. Im Rahmen der ausgelösten öffentlichen Diskussion über die Rolle des Strafrechts im europäischen Einigungsprozess wurden allerdings auch kritische Stimmen laut (so anlässlich einer zu dem Thema veranstalteten Anhörung im „House of Lords“ und diverser Seminare in Trier, Helsinki und Madrid).1297 Mit Entschließungen vom 12. 6. und 22. 10. 1997 forderte das Europäische Parlament daher die Kommission auf, eine Folgestudie („Étude Corpus Juris suivi“) über die Durchführbarkeit des Corpus Juris, insbesondere seine Auswirkungen auf das nationale Recht und die Notwendigkeit seiner Umsetzung zu erstellen.1298 Nach zweijähriger intensiver Diskussion in der Arbeitsgruppe und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union wurde schließlich die überarbeitete Fassung des „Corpus Juris 2000“ vorgelegt.1299 Das Corpus Juris verfolgt das Ziel, in einem weitgehend vereinheitlichten europäischen Rechtsraum ein gerechteres, einfacheres und effizienteres Sanktionensystem zu schaffen und insbesondere die Wirksamkeit der und den rechtlichen Schutz durch die nationalen Strafrechtsordnungen im europäischen Rahmen hinsichtlich der Finanzen zu verbessern.1300 Der punktuelle Ansatz 1294 Vgl. zur Notwendigkeit der Schaffung eines „Corpus Juris“ ausführlich Braum, JZ 2000, 493, 495; Delmas-Marty, Corpus Juris, 13 ff.; dies., in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 11 ff.; dies., CML Rev. 2000, 247, 248 ff.; Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2 ff.; Wattenberg, StV 2000, 95. 1295 Delmas-Marty, CML Rev. 2000, 247; Otto, Jura 2000, 98, 99; Satzger, Internationales Strafrecht, 87 f.; Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 6; Vervaele, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, V; Wattenberg, StV 2000, 95. 1296 Die deutsche Version wurde 1998 publiziert, vgl. Delmas-Marty, Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union. 1297 Braum, JZ 2000, 493, 495; Vervaele, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, V. 1298 Delmas-Marty, CML Rev. 2000, 247; Spencer, CYELS 1999, 355; Vervaele, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, V, VI. 1299 Der Text des „Corpus Juris Florence“ ist veröffentlicht in Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 189 ff.; vgl. Delmas-Marty, CML Rev. 2000, 247, 254 f.; Spencer, CYELS 1999, 355 f.; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 258.
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
217
beschränkt sich dabei auf die Aufstellung von Leitprinzipien für den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union im Rahmen eines europäischen Rechtsraumes.1301 Unter Kombination nationaler und gemeinschaftsrechtlicher Anteile mit Blick auf die Strafrechtsanwendung in den Mitgliedstaaten, nicht auf europäischer Ebene, wird ein Konzept von Mindeststandards aufgestellt, die den Erlass weiterer nationaler Bestimmungen nicht ausschließen.1302 Bei der Suche nach dem gemeinsamen Nenner der verschiedenen Strafrechtsordnungen der Mitgliedstaaten folgen die Regelungen den in der historisch gewachsenen gemeinsamen europäischen Rechtstradition verankerten und in den Grundprinzipien des Europarechts aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der Europäischen Menschenrechtskonvention enthaltenen Leitlinien.1303 Als erster Versuch der Vereinheitlichung materieller und zugleich prozessualer (verfahrens- und vollstreckungsrechtlicher) strafrechtlicher Vorschriften enthält das Regelwerk des Corpus Juris in neununddreißig Artikeln einen Besonderen (Art. 1–8), einen Allgemeinen (Art. 9–17) und einen strafprozessualen Teil (Art. 18 ff.).1304 Den Tatbeständen zum Schutz des Gemeinschaftsvermögens (Betrug zum Nachteil des Gemeinschaftshaushalts, Ausschreibungsbetrug, Missbrauch von Amtsbefugnissen, Bestechlichkeit und Bestechung, Amtspflichtverletzung, Verletzung des Dienstgeheimnisses, Geldwäsche, Hehlerei, Bildung einer kriminellen Vereinigung) folgen als Annex der Allgemeine Teil und schließlich die prozessrechtlichen Vorschriften insbesondere zur Etablierung einer Europäischen Staatsanwaltschaft (Art. 18–24 Corpus Juris) und zur Schaffung eines „echten europäischen Rechtsraumes“ durch „Verkehrsfähigkeit“ juristischer Entscheidungen.1305 Der materiellrechtliche Teil orientiert sich an den 1300 de Angelis/Sicurella, Rev. MUE 1997, 121, 122; Delmas-Marty, Corpus Juris, 13, 28; Satzger, Europäisierung, 87 f.; Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 6; Vervaele, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, V. 1301 de Angelis/Sicurella, Rev. MUE 1997, 121; Jung, JuS 2000, 417, 423; Satzger, Europäisierung, 87; Sieber, in: Huber, Corpus Juris, 331, 334; Vervaele, in: DelmasMarty/Vervaele, Implementation I, V, VI. 1302 Sieber, in: Huber, Corpus Juris, 331, 334; Vervaele, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, V. 1303 Delmas-Marty, Corpus Juris, 13, 28 f.; vgl. dies., in: Huber, Corpus Juris, 33 f.; Vervaele, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, V. 1304 Jung, JuS 2000, 417, 423; Satzger, Europäisierung, 88; Sicurella, D. 1998, 223, 225; Wattenberg, StV 2000, 95; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 258. 1305 Albrecht/Braum/Frankenberg/Günther/Naucke/Simitis, KritV 2001, 279, 283; de Angelis/Sicurella, Rev. MUE 1997, 121, 122; Jung, JuS 2000, 417, 423; DelmasMarty, CML Rev. 2000, 247, 251; Otto, Jura 2000, 98, 99; Satzger, Europäisierung, 88; Sicurella, D. 1998, 223, 225; Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 6 ff.; Vervaele, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, V; Weigend, StV 2001, 63, 65. Vgl. zur europäischen Staatsanwaltschaft ausführlich Delmas-Marty, in: DelmasMarty/Vervaele, Implementation I, 7, 40 ff.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Fundamentalgarantien („guiding principles“) des Gesetzlichkeits- und Schuldgrundsatzes sowie des Verhältnismäßigkeitsprinzips;1306 der Grundsatz der richterlichen Kontrolle, die Prinzipien der Territorialität, des kontradiktorischen Verfahrens und der Subsidiarität des nationalen Rechts bilden die Basis des Prozessrechts.1307 2. Die allgemeine Regelung des Versuchs im Corpus Juris a) Der Allgemeine Teil des Corpus Juris Die präzise Regelung des Allgemeinen Teils des materiellen Strafrechts war als ein primär deutsches Anliegen von dem Gedanken motiviert, die Harmonisierung der Straftatbestände des Besonderen Teils nicht dadurch zu konterkarieren, dass bei Anwendung durch die nationalen Instanzen unterschiedliche allgemeine Regelungen zu einer uneinheitlichen Lösung gleichgelagerter Fälle führen.1308 Dabei geschah die Konzeption des Allgemeinen Teils nicht mit dem Ziel, ein Modell zu schaffen, das Gültigkeit für alle europäischen Strafrechtsordnungen haben sollte, sondern diente nur der Normierung allgemeiner Zurechnungsregeln für die vorangestellten Tatbestände des Besonderen Teils.1309 Grundlage für die bereichsspezifische Konstruktion der in ihrer äußeren Anordnung an nordische Rechtssysteme erinnernden1310 allgemeinen Regelungen zu Vorsatz, Irrtum, individueller strafrechtlicher Verantwortlichkeit, Versuchsstrafbarkeit und zur Verantwortlichkeit des Unternehmensleiters sowie juristischer Personen (Art. 9–13 Corpus Juris) ist das Schuldprinzip;1311 die Vorschriften über Strafzumessung, strafschärfende Umstände und Konkurrenzen (Art. 14–17 Corpus Juris) beruhen auf dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.1312 1306 de Angelis/Sicurella, Rev. MUE 1997, 121, 122; Delmas-Marty, CML Rev. 2000, 247, 251; dies., in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 33 ff.; Otto, Jura 2000, 98, 99; Satzger, Europäisierung, 88; Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 6; Tiedemann, in: Huber, Corpus Juris, 61, 62. 1307 de Angelis/Sicurella, Rev. MUE 1997, 121, 123 ff.; Delmas-Marty, CML Rev. 2000, 247, 251; Sicurella, D. 1998, 223, 225; Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 6, 8. 1308 Sieber, in: Huber, Corpus Juris, 331, 338. Nach Tiedemann, in: Huber, Corpus Juris, 345, 349 f. ist die fehlende Gleichmäßigkeit der Rechtsanwendung maßgebender Wirkfaktor gegen eine echte Integration. Pradel, in: Huber, Corpus Juris, 345, 349 f. äußert Bedenken gegen die Vereinheitlichung des Allgemeinen Teils und präferiert insoweit die Ausarbeitung unverbindlicher Modellvorschriften. 1309 de Angelis/Sicurella, Rev. MUE 1997, 121, 123; Sicurella, D. 1998, 223, 225; Tiedemann, in: Huber, Corpus Juris, 61. 1310 Höpfel, in: Huber, Corpus Juris, 83; Tiedemann, in: Huber, Corpus Juris, 61. 1311 Jung, JuS 2000, 417, 423; Satzger, Europäisierung, 88; Sicurella, D. 1998, 223, 225; Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 7. 1312 Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 7.
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
219
b) Die Versuchsregelung in Art. 11bis Corpus Juris Erst nachdem das Fehlen einer Regelung zu Versuch und Rücktritt im Entwurf von 1997 in den nationalen Stellungnahmen heftige Kritik provoziert hatte1313 wurde eine entsprechende Vorschrift in das überarbeitete Corpus Juris aufgenommen. Dabei weicht die endgültige Fassung in Art. 11bis Corpus Juris erheblich vom Vorschlag Vogels zur „amended revision of article 9–17 CJ“ ab.1314 Dieser sah für die Regelung des Versuchsbeginns in Art. 12 Abs. 3 die Kombination eines subjektiven („intent“) und eines objektiven Elements nach Vorbild von s. 1 Abs. 1 des englischen „Criminal Attempts Act“ von 1981 vor („act which is more than preparatory“). Die Modifikation durch Verzicht auf das Adjektiv „merely“ führt allerdings zu einer gegenüber dem CAA engeren Konzeption des Versuchstatbestands, indem alle, nicht lediglich die „bloß“ vorbereitenden Handlungen ausgeschlossen werden. Das Vorliegen des objektiven Merkmals soll in Anlehnung an das deutsche Recht aufgrund der Tätervorstellung zu beurteilen sein („according to his plans and notions“). Folglich habe die subjektive Tatseite Vorrang gegenüber dem objektiven Element: „(. . .) definition combines a „subjective“ element (intent) and an „objective“ element (act which is more than preparatory). However – following the German and English model, but also new tendencies in French jurisprudence, and rejecting the new Spanish solution – the „subjective“ element prevails.“1315 Auch die Rücktrittsregelung in Art. 12 Abs. 4 sollte sich an der deutschen Konzeption in § 24 dStGB orientieren.1316 Wie bereits angedeutet, wurde der Entwurf Vogels in wesentlichen Punkten verworfen. Der neu eingefügte Art. 11bis Corpus Juris lautet wie folgt: 1313 Das Gesetzlichkeitsprinzip verlange eine ausdrückliche Anordnung der die Strafbarkeit erweiternden Versuchsbestrafung und das Verhältnismäßigkeitsprinzip lege eine Rücktrittsmöglichkeit zumindest nahe, Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 73, 101; dies., CML Rev. 2000, 247, 254; Tiedemann, in: Huber, Corpus Juris, 61, 62; Vogel, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 249, 272. 1314 Art. 12 Abs. 2, 3 und 4 Corpus Juris sollten danach wie folgt lauten: „2. The attempt of an offence under Articles 1 to 7 is punishable. The penalty must not exceed three fourths of the penalties under Article 10 and Article 16 § 3. 3. A person is guilty of attempt if he, with intent to commit an offence under Articles 1 to 7, does an act which is, according to his plans and notions, more than preparatory to the commission of the offence. It is immaterial whether the act is apt or likely to bring about an offence under Articles 1 to 7. 4. A person who has attempted to commit an offence shall not be punished if he voluntarily desists from completion or voluntarily forestalls completion. If the offence is not completed for other reasons, it is sufficient that the person voluntarily and seriously tries to desist from completion or forestalls completion.“, Vogel, in: DelmasMarty/Vervaele, Implementation I, 249, 268 ff., 272. 1315 Vogel, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 249, 272. 1316 Vogel, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 249, 272.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
„1. Der Versuch der in den Artikeln 1 bis 3 und 5 bis 8 genannten Taten ist ebenso strafbar wie die Beteiligung an dem Versuch. Die für den Versuch verhängte Strafe ist auf drei Viertel der Strafe zu mildern, die für das vollendete Delikt angedroht ist. (Artikel 14). 2. Eines Versuches ist schuldig, wer den Vorsatz hat, eine der in den Artikeln 1 bis 3 und 5 bis 8 genannten Taten zu begehen, und mit diesem Vorsatz eine Handlung vornimmt, die den Beginn des Tatausführung bedeutet. 3. Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer von der Durchführung des Delikts freiwillig zurücktritt oder sie freiwillig verhindert. Wenn die Tat nicht aus anderen Gründen durchgeführt wird, genügt es zur Straflosigkeit, dass sich eine Person freiwillig und ernsthaft bemüht, von der Durchführung zurückzutreten oder sie zu verhindern.“1317 aa) Strafgrund und Versuchsunrecht Weder der Normtext noch die Stellungnahmen aus Mitgliedstaaten und Wissenschaft enthalten konkrete Aussagen zu Strafgrund und Unrecht des Versuchs im Corpus Juris, sodass die Klärung dieser Frage den Gerichten überlassen bleibt. Dabei ist in Anbetracht der europaweit vorherrschenden Auffassung eine Orientierung an der gemischt individuell-objektiven Lehre zu erwarten: „The balance between subjective and objective approaches is left to the judge, as it appears that most systems prefer a mixed approach.“1318 bb) Strafbarkeit Art. 11bis Abs. 1 Satz 1 Corpus Juris statuiert die generelle Versuchsstrafbarkeit für alle in Art. 1 bis 3 und 5 bis 8 genannten Taten. Ausgeschlossen ist nur der Tatbestand der kriminellen Vereinigung („conspiracy“) gemäß Art. 4 Corpus Juris, der bereits ein Verhalten im Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung kriminalisiert.1319
1317 „1. Attempts to commit an offence under Articles 1 to 3 and 5 to 8, and participation in such an attempt (Article 11), are punishable. The maximum penalty is three quarters of the penalty applicable, under Article 14, to the completed offence. 2. A person is guilty of a criminal attempt if, with intent to commit an offence under Articles 1 to 3 and 5 to 8, he performs an act which constitutes the commencement of the commission of a criminal offence. 3. A person who has attempted to commit an offence shall not be punished if he voluntarily desists from completion or voluntarily forestalls completion. If the offence is not completed for other reasons, it is sufficient that the person voluntarily and seriously tries to desist from completion or to forestall completion.“, Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 193. 1318 Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 73.
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
221
Die Strafbarkeit der Beteiligung am Versuch wird in Art. 11bis Abs. 1 Satz 1 Corpus Juris – anders als im Entwurf Vogels – ausdrücklich angeordnet, dagegen soll die versuchte Beteiligung straflos sein: „(. . .) if an actor fails to commit the criminal offence, a simple attempt to incite or conspire is not punishable. However, instigation or conspiracy are punishable when they actually lead to an attempt.“1320 cc) Strafmaß Art. 11bis Abs. 1 Satz 2 Corpus Juris ordnet eine obligatorische Milderung der Versuchsbestrafung auf maximal drei Viertel der Vollendungsstrafe nach Maßgabe von Art. 14 Corpus Juris an. Obwohl die moralische Verwerflichkeit und Vorwerfbarkeit des Versuchs der Vollendung in nichts nachstehe, scheine eine Herabsetzung der Strafe juristisch geboten.1321 dd) Versuchsbeginn (1) Subjektiver Tatbestand In subjektiver Hinsicht muss der Täter gemäß Art. 11bis Abs. 2 Corpus Juris den Vorsatz („intent“) haben, einen der in den Artikeln 1 bis 3 und 5 bis 8 statuierten Tatbestände zu verwirklichen. (2) Objektiver Tatbestand Art. 11bis Abs. 2 Corpus Juris verlangt objektiv die Vornahme einer Handlung, die den Anfang der Tatausführung („commencement of the commission“) markiert. Das Konzept des Ausführungsbeginns beruht auf dem in Europa weithin anerkannten französischen Modell1322 und weicht damit erheblich vom Entwurf Vogels, der Elemente der deutschen (Abstellen auf die Tätervorstellung: „according to his plans and notions“) und der englischen Versuchsregelung („act (. . .) more than preparatory to the commission“) kombiniert, ab. 1319 Art. 4 Corpus Juris: „Die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften ist eine Straftat. Eine kriminelle Vereinigung sind drei oder mehr Personen, die sich zu einer festen und hinreichenden Organisation verbinden, um die in den Artikeln 1 bis 7 genannten Taten zu begehen.“; vgl. Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 73; Otto, Jura 2000, 98, 99 f. 1320 Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 73. 1321 Vogel, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 249, 272. 1322 „(. . .) originates from French law and is widely accepted elsewhere, even if terminologies differ“, Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 73.
222
2. Teil: Regelungen des Versuchs
ee) Untauglichkeit In Konsequenz des Abstellens auf den Tatplan („according to his plans and notions“) in Art. 12 Abs. 3 Satz 1 des Vogelschen Entwurfs enthält dieser in Satz 2 desselben Absatzes die ausdrückliche Anordnung der Unbeachtlichkeit der Eignung der Tathandlung und damit der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs: „It is immaterial whether the act is apt or likely to bring about an offence under Articles 1 to 7.“ Der Verzicht sowohl auf das Kriterium der Tätervorstellung als auch auf die Übernahme des die Strafbarkeit auch untauglicher Versuche explizit vorsehenden Art. 12 Abs. 3 Satz 2 des Vorschlags sprechen für die Straflosigkeit solcher Konstellationen nach Art. 11bis Corpus Juris. ff) Rücktritt In insoweit wörtlicher Übernahme von Art. 12 Abs. 4 des Entwurfs enthält Art. 11bis Abs. 3 Corpus Juris eine positiv-explizite Rücktrittsregelung nach Vorbild des § 24 dStGB.1323 Der Rücktritt ist als Strafaufhebungsgrund konstruiert1324 und setzt bei unbeendetem Versuch das freiwillige Zurücktreten von der Durchführung des Delikts (Art. 11bis Abs. 3 Satz 1 1. Alt. Corpus Juris), bei Beendigung deren freiwillige Verhinderung voraus (Art. 11bis Abs. 3 Satz 1 2. Alt. Corpus Juris). Bei Ausbleiben der Vollendung ohne Zutun des Täters genügt diesbezüglich sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen (Art. 11bis Abs. 3 Satz 2 Corpus Juris). 3. Rechtsnatur und Umsetzbarkeit des Corpus Juris Die Vorschläge des Corpus Juris haben derzeit den Status eines bloßen Forschungsberichts („research report“)1325 und verstehen sich als erste Diskussionsgrundlage.1326 Zwar handelt es sich also bislang nicht um gültiges Recht, doch sind die als Mindest- oder Basisregeln konzipierten Normen des Corpus Juris darauf angelegt, von der EG mit Verbindlichkeit für die Mitgliedstaaten in Geltung gesetzt und damit erzwingbar zu werden.1327 Mit dem In-Kraft-Treten des Corpus Juris – insbesondere auf der Grundlage einer Verordnung des Rates der EG – würde supranationales Kriminalstrafrecht geschaffen.1328 Das Modell des 1323 Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 193; vgl. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 711 Fn. 28; Vogel, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 249, 272. 1324 Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 73. 1325 Delmas-Marty, CML Rev. 2000, 247. 1326 Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 9. 1327 Tiedemann, in: Huber, Corpus Juris, 61, 66; Weigend, StV 2001, 63, 66; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 258.
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
223
Corpus Juris soll also über die Rechtstechnik der Harmonisierung hinausgehen, indem anstelle der klassischen, als unzureichend erkannten zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im Rahmen der Dritten Säule eine strafrechtliche Interventionslösung mit gesamteuropäischem Geltungsbereich geschaffen wird.1329 Dabei ist die Methode der Transformation in geltendes Recht – in toto oder partiell, durch Eingliederung in die nationalen Strafgesetze oder auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene – noch ungeklärt; zweifelhaft ist überdies, ob de lege lata überhaupt eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Umsetzung des Corpus Juris existiert.1330 Aus dem Gesetzlichkeitsprinzip ergibt sich die Notwendigkeit, unter Einbeziehung des Europäischen Parlaments eine gemeinsame rechtliche Basis zu konstruieren.1331 Die Verfasser des Corpus Juris haben die Frage nach der Umsetzung der Vorschläge bewusst offen gelassen; ihre Aufgabe sei es gewesen, „to design a solution to the problem of budgetary fraud that would work if there was the political will to implement it“,1332 und nicht, sich zum formellen Gesetzesvorbehalt und dazu zu äußern, auf welchem Weg die Vorschläge zu verwirklichen seien,1333 sodass „the choice of legal basis remains as a political choice (. . .).“1334 In Anbetracht des insoweit unergiebigen Normtextes werden unterschiedliche Lösungen, wie etwa die Vertragsänderung, die Verankerung im Rahmen der Ersten Säule (Art. 280 Abs. 4 EGV) oder zum Beispiel mittels einer entsprechenden Konvention innerhalb der Dritten Säule (Art. 34 EUV), diskutiert.1335 Verbreitet wird eine Änderung der europäischen Vertragstexte für unumgänglich gehalten.1336 Ein unmittelbar geltendes Europa-Strafrecht verstoße nicht nur gegen einzelne nationale Verfassungen, sondern auch gegen EGV und EUV und 1328
Satzger, Europäisierung, 89. Albrecht/Braum/Frankenberg/Günther/Naucke/Simitis, KritV 2001, 279, 283; Braum, JZ 2000, 493, 494; Vervaele, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, V f. 1330 de Angelis/Sicurella, Rev. MUE 1997, 121, 134; Satzger, Europäisierung, 89; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 258. 1331 Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 8. Vgl. zur mit dem Effektivitätsgedanken zu vereinbarenden Frage der Legitimation angesichts des Demokratie- und Gesetzlichkeitsprinzips ausführlich Delmas-Marty, CML Rev. 2000, 247, 251 ff. 1332 Spencer, CYELS 1999, 355, 366. 1333 Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 374; Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 8; Tiedemann, in: Huber, Corpus Juris, 61, 62. 1334 Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 103. 1335 Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 53, 59; dies., CML Rev. 2000, 247, 252 f.; Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 8. Vgl. zu „alternative“ (Änderung EGV/EUV), „cumulative“ (Differenzierung zwischen verschiedenen Elementen des Corpus Juris) und „successive legal bases“, ausführlich Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 54 ff. 1329
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
sei daher „in der vorliegenden Form juristisch nicht machbar“.1337 Andere Stimmen halten eine Verankerung in Art. 280 EGV1338 oder im Rahmen der Dritten Säule1339 dagegen durchaus für möglich; ein Kompromissvorschlag spricht sich für die Umsetzung des materiellen Rechts innerhalb der Ersten Säule und die Verwirklichung der prozessualen Vorschriften auf Grundlage des EUV oder mittels institutioneller Reformen aus.1340 Jedenfalls wird die Inkompatibilität mit nationalen Vorschriften tiefgreifende Änderungen sowohl der mitgliedstaatlichen Verfassungen als auch der Strafgesetzbücher, Strafprozessordnungen und der Bestimmungen über die Gerichtsverfassung erforderlich machen,1341 sodass dem Entwurf des Corpus Juris teilweise jegliche Realisierungschance abgesprochen wird.1342 Die Verfasser empfehlen eine „evolutionäre Verwirklichung der Ziele unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze“.1343 4. Integrative Wirkung des Corpus Juris „Das Corpus Juris steht am Ende der bisher zehnjährigen Entwicklung europäischen Strafrechts und markiert – möglicherweise – den Anfang eines gesamteuropäischen Strafrechts.“1344 Die sektorielle Harmonisierung unter Schaf1336 Grasso, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 377 ff.; Pradel, in: Huber, Corpus Juris, 345, 350; Spencer, CYELS 1999, 355, 366; ders., in: DelmasMarty/Vervaele, Implementation I, 380 ff. 1337 Braum, JZ 2000, 493, 498. Braum hält das Corpus Juris nicht nur für juristisch undurchsetzbar, sondern auch für illegitim und nicht erforderlich, vgl. Braum, JZ 2000, 493, 498 ff. 1338 Bacigalupo, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 371 ff.; DelmasMarty, in: Huber, Corpus Juris, 33, 44; dies., in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 374 ff.; dagegen überwiegendes deutsches Schrifttum, Weigend, StV 2001, 63, 66. Zur Problematik des Art. 280 EGV als Kompetenzgrundlage mit Hinblick auf Abs. 4 a. E. vgl. Delmas-Marty, CML Rev. 2000, 247, 252; Sicurella, D. 1998, 223, 226. 1339 Spinellis, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 383 ff. 1340 Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 57; dies., CML Rev. 2000, 247, 252 f.; Sieber, in: Huber, Corpus Juris, 331, 344; Vervaele, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 388 ff.; krit. Tiedemann, in: DelmasMarty/Vervaele, Implementation I, 385 ff. 1341 Delmas-Marty, CML Rev. 2000, 247, 254; Spencer, CYELS 1999, 355, 364; Vervaele, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, V, VI. 1342 Wattenberg, StV 2000, 95, 103. 1343 Vervaele, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, V, VIII. Die Kommission hat die Anregungen des „Corpus Juris“ in ein am 11. 12. 2001 vorgelegtes Grünbuch zum strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften und zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft übernommen, vgl. KOM (2001) 715 endg.; s. dazu Dannecker, in: Handbuch, Rn. 277 ff. 1344 Braum, JZ 2000, 493, 494. „(. . .) le Corpus Juris constitue un point de départ et non pas d’arrivée.“, Sicurella, D. 1998, 223, 226.
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
225
fung eines Allgemeinen Teils und prozessualer Regelungen erscheint als erster Schritt, der auch auf andere Rechtsgebiete übertragbar sein könnte, sofern er sich bereichsspezifisch bewährt.1345 Aufgrund seines Modellcharakters eigne sich das Corpus Juris für eine unkomplizierte Erweiterung des Besonderen Teils um weitere Delikte, etwa aus dem Bereich des Computer- und Umweltstrafrechts,1346 und könne so gleichsam als „trojanisches Pferd“1347 oder „embryon d’espace judiciaire européen“1348 die Vereinheitlichung des europäischen Strafrechts vorantreiben. Mit dem Projekt des Corpus Juris ist also die Erwartung verbunden, dass der eingeschlagene Weg in Richtung einer Europäisierung des Strafrechts fortgesetzt werde.1349 Es bietet eine „Chance für eine Harmonisierung des Strafrechts in Europa und in der Welt. Europa kann hier ein Laboratorium für die Entwicklung derartiger Systeme sein und ein Modell für die bessere Koordinierung und Harmonisierung der nationalen Strafrechtssysteme liefern.“:1350 „L’aventure du code pénal européen ne fait que commencer.“1351
II. Der Versuch im europäischen Wirtschaftsstrafrecht Unabhängig von konkreten Planungen der Europäischen Union und dem Projekt des Corpus Juris gibt es in der europäischen Rechtswissenschaft seit längerem Überlegungen zur Ausgestaltung eines Europäischen Wirtschaftsstrafrechts.1352 Diese Thematik war Gegenstand zweier größerer Symposien in Madrid und Freiburg, aus denen jeweils auch ein Regelungsvorschlag zum Versuch hervorgegangen ist.
1345 Otto, Jura 2000, 98, 99; Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 9; ders., in: Huber, Corpus Juris, 331, 334; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 258. 1346 Satzger, Europäisierung, 88; vgl. Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 9; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 258. 1347 Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 9; krit. zur Vorreiterfunktion des Corpus Juris Wattenberg, StV 2000, 95, 102. 1348 Sicurella, D. 1998, 223, 224. 1349 de Angelis/Sicurella, Rev. MUE 1997, 121, 137; Satzger, Europäisierung, 87 („echtes europäisches Strafrecht“); Sieber, in: Delmas-Marty, Corpus Juris, 2, 8; Zieschang, ZStW 113 (2001), 255, 258. 1350 Sieber, in: Huber, Corpus Juris, 331, 334. „This means that, after being the laboratory for legal nationalism in the nineteenth century, Europe could now become the laboratory for international legal order.“, Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 104. 1351 Pradel, in: Huber, Corpus Juris, 345, 350. 1352 Dannecker, in: Handbuch, Rn. 281 ff.
226
2. Teil: Regelungen des Versuchs
1. Die Projekte a) Madrid-Symposium Vom 14. bis zum 17. 10. 1992 fand anlässlich der Ehrenpromotion von Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Klaus Tiedemann das Symposium „Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts“ der Universität Autónoma von Madrid statt, dessen Ziel die Vorbereitung der Vereinheitlichung des europäischen Wirtschaftsund Umweltstrafrechts durch Aufbau einer gemeineuropäischen Dogmatik dieser Rechtsgebiete war.1353 Unter dem Generalthema „Hacia un Derecho Penal Económico Europeo“ („Zu einem europäischen Wirtschaftsstrafrecht“) wurden grundlegende allgemeine Zurechnungsfragen sowie Einzelprobleme des Besonderen Teils behandelt und schließlich Grundzüge eines Allgemeinen Teils des Wirtschaftsstrafrechts erarbeitet. Die drei Abteilungen befassen sich mit Grundfragen der Gesetzgebung und Dogmatik des Wirtschaftsstrafrechts, dem Verwaltungsstrafrecht der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten nebst Strafbarkeit juristischer Personen und von Unternehmen sowie mit der Vereinheitlichung des nationalen Wirtschaftsstrafrechts am Beispiel des Missbrauchs von Insiderinformationen.1354 Im Anhang abgedruckt ist der im Auftrag der Europäischen Kommission (Generaldirektion XX) auf der Grundlage von Landesberichten aus allen Mitgliedstaaten von Enrique Bacigalupo, Giovanni Grasso und Klaus Tiedemann ausgearbeitete Vorschlag einer EG-Verordnung über Grundsätze für die Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Sanktionen, der auch eine Vorschrift zur Versuchsstrafbarkeit enthält.1355 b) Freiburg-Symposium Als Abschluss des Forschungsprojektes „Europa-Delikte“ (Max Planck-Forschungspreis für internationale Kooperation 1995) veranstaltete Tiedemann vom 13. bis zum 14. 10. 2000 in Freiburg ein Symposium zum „Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union“. Der vorangehende Seminarzyklus umfasste beispielsweise einen Workshop mit dem Titel „Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Allgemeinen Teils des Strafrechts in Europa“ am 26. 4. 1997 in Freiburg,1356 eine Fortsetzungsveranstaltung zur „Harmonisierung des Allgemeinen Teils des Strafrechts in Europa“ am 2. 5. 1998,1357 einen Workshop zur 1353 Schünemann/Suárez González, in: Madrid-Symposium, V. Die Ergebnisse wurden in deutscher und spanischer Ausgabe mit teilweise landesspezifischem Inhalt veröffentlicht, vgl. Schünemann/Suárez Gonzáles, Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts, Madrid-Symposium für Klaus Tiedemann. 1354 Schünemann/Suárez González, in: Madrid-Symposium, V, VI. 1355 Schünemann/Suárez González, in: Madrid-Symposium, V, VIII. 1356 Vgl. Tagungsbericht von Ruegenberg, JZ 1998, 453 ff. 1357 Vgl. Tagungsbericht von Ruegenberg, JZ 1999, 30 ff.
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
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„Harmonisierung des Europäischen Strafrechts“ vom 11. bis zum 12. 6. 1999 in San Sebastián1358 und ein Seminar zur Harmonisierung des Besonderen Teils vom 28. bis zum 29. 2. 2000.1359 Die in diesem Rahmen entworfenen Tatbestandsvorschläge wurden auf dem zweitägigen Symposium in Freiburg abschließend diskutiert und präsentiert. Dort geäußerte Änderungs- und Ergänzungsanregungen wurden in die im Jahre 2002 veröffentlichte Version bereits eingearbeitet.1360 Die „Europa Delikte“ dienen der partiellen Harmonisierung des Wirtschaftsstrafrechts der Europäischen Union und ergänzen in der Sache das Corpus Juris,1361 indem sie nicht den strafrechtlichen Schutz der EG-Finanzen betreffen, sondern den der Grundfreiheiten des EG-Vertrages sowie jener Materien, die grundsätzlich in den Kompetenzbereich der EG fallen, wie Arbeits-, Verbraucher- und Umweltschutz. Mit der Gemeinschaftsmarke, dem EG-Embargo, der Europäischen Aktiengesellschaft und der Europäischen Privatgesellschaft werden daneben einige supranationale Institutionen der EG geschützt.1362 Im Anschluss an den Allgemeinen Teil (Art. 1–22) enthält der Besondere Teil der „Europa-Delikte“ also in den Art. 23–58 Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer und des Arbeitsmarktes, der Verbraucher, des Wettbewerbs und der Umwelt, Normen zum Handelsgesellschafts- und Insolvenzstrafrecht, zum Schutz des Kredit-, Börsen- und Finanzwesens sowie der Gemeinschaftsmarke und Regelungen zum Schutz von europäischen und internationalen Sanktionsmaßnahmen. 2. Die allgemeine Regelung des Versuchs a) Der Allgemeine Teil Der von Bacigalupo, Grasso und Tiedemann anlässlich des Madrid-Symposiums erarbeitete Regelungsentwurf behandelt ausschließlich allgemeine Grundsätze und enthält Vorschriften betreffend den Anwendungsbereich, das Gesetzlichkeits- und Schuldprinzip, den Ausschluss der Verantwortung, den Versuch, die Beteiligung, das Handeln für einen anderen, die Unternehmensverantwortung, die Verletzung von Kontrollpflichten, die Zumessung der Sanktion und das Zusammentreffen von nationalen und Gemeinschaftsvorschriften.
1358
Vgl. Tagungsbericht von Waßmer, JZ 1999, 1099 ff. Vgl. Tagungsbericht von Waßmer, JZ 2001, 134 ff. 1360 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, IX. Veröffentlichung bei Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht in der Europäischen Union, Rechtsdogmatik, Rechtsvergleich, Rechtspolitik, Freiburg-Symposium. 1361 Satzger, in: Freiburg-Symposium, 71; Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, IX. 1362 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, IX, X. 1359
228
2. Teil: Regelungen des Versuchs
Der von Tiedemann herausgegebene Allgemeine Teil der „Europa-Delikte“ stimmt weithin mit den ebenfalls von ihm bearbeiteten dogmatischen Normen des Corpus Juris überein, allerdings tragen die zumeist detaillierteren allgemeinen Vorschriften der „Europa-Delikte“ bereichsspezifischen Besonderheiten Rechnung.1363 Die ausführlichen allgemeinen Regelungen in Art. 1–22 befassen sich mit dem Gesetzlichkeits- und Territorialitätsprinzip, der Gerichtsbarkeit (ne bis in idem), mit dem subjektiven Tatelement, nämlich dem Vorsatz und Fehlen des Vorsatzes, der Fahrlässigkeit und Leichtfertigkeit sowie dem Unrechtsbewusstsein und Fehlen des Unrechtsbewusstseins, mit Notwehr, rechtfertigendem und entschuldigendem Notstand, mit der selbständigen Strafbarkeit der Beteiligten (keine Haftung für fremde Schuld) und der Beteiligung an der Straftat, insbesondere der Täterschaft, der mittelbaren Täterschaft, der Verantwortlichkeit für fremdes Verhalten, der Anstiftung und Beihilfe und der Verabredung einer Tat, mit dem Versuch und dem Rücktritt sowie mit der Strafe bei mehreren Straftaten, bei einer Straftat und nach rechtskräftigem Urteil. b) Die Versuchsregelung Der von Bacigalupo, Grasso und Tiedemann in Madrid präsentierte Entwurf einer Versuchsvorschrift für eine EG-Verordnung über Grundsätze der Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Sanktionen lautet wie folgt: „§ 5 (Versuch): 1. Versuch ist anzunehmen, wenn der Täter mit der Ausführung der Zuwiderhandlung beginnt und die Vollendung aus Gründen ausbleibt, die von Willen des Täters unabhängig sind. 2. Der Versuch einer Zuwiderhandlung kann nur geahndet werden, wenn dies ausdrücklich bestimmt ist. 3. Der Versuch wird nicht geahndet, wenn der Täter freiwillig sein Verhalten aufgibt oder die Vollendung der Zuwiderhandlung verhindert. Sind an der Zuwiderhandlung mehrere beteiligt, so bleiben diejenigen frei von Sanktionen, welche die Vollendung der Zuwiderhandlung freiwillig verhindern.“1364 Für die „Europa-Delikte“ schlägt Cancio Meliá folgende allgemeine Regelung von Versuch und Rücktritt vor:
1363 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, IX. Vgl. zu Grunderfordernissen der Regelung des Allgemeinen Teils Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3 ff.; zu kritischen Bemerkungen zum Allgemeinen Teil Weigend, in: Freiburg-Symposium, 407 ff. 1364 Bacigalupo/Grasso/Tiedemann, in: Madrid-Symposium, 465, 466.
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
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„Art. 18: Versuch 1. Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich Handlungen vornimmt, die den Beginn der Ausführung der Tat bedeuten. 2. Der Versuch ist nur strafbar, wenn dies ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist. Die Strafe darf zwei Drittel der für die Vollendung geltenden Strafe nicht überschreiten.“ „Art. 19: Rücktritt 1. Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt. 2. Beteiligte, die freiwillig verhindern, daß die Straftat vollendet wird, werden straflos. Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Beteiligten oder wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Tat zu verhindern.“1365 aa) Strafgrund und Versuchsunrecht Zu der Frage nach Strafgrund und Versuchsunrecht nehmen weder der Verordnungsentwurf Bacigalupos, Grassos und Tiedemanns, noch der Versuchstatbestand der „Europa-Delikte“ ausdrücklich Stellung. Zwar spricht sich Cancio Meliá grundsätzlich für eine theoretisch objektiv orientierte Unrechtsdefinition aus, die aus dem Tatprinzip folge,1366 die Abgrenzung von objektiver und subjektiver Sicht wird aber auch in der von ihm vorgeschlagenen Formulierung des Normtextes offengelassen.1367 bb) Strafbarkeit In beiden Entwürfen (vgl. § 5 Abs. 2 des Verordnungstextes bzw. Art. 18 Abs. 2 Satz 1 der „Europa-Delikte“) ist eine Versuchsstrafbarkeit nur bei ausdrücklicher Anordnung vorgesehen, das heißt die Bestrafung bei jedem einzelnen Tatbestand der gesetzgeberischen Entscheidung vorbehalten.1368
1365
Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 461. Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 182. 1367 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, IX, XIII. 1368 Krit. zu gesetzgeberischer Entscheidung im einzelnen Weigend, in: FreiburgSymposium, 407, 424. 1366
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
cc) Strafmaß Auch hinsichtlich des Strafmaßes wird einhellig eine obligatorische Strafmilderung favorisiert. Der Vorschlag Bacigalupos, Grassos und Tiedemanns zur Regelung der Rechtsfolgen lautet wie folgt: „§ 10 (Zumessung der Sanktion) Bei der Zumessung der Sanktion hat die zuständige Stelle die objektive Schwere der Zuwiderhandlung, die Schuld des Täters, seine wirtschaftlichen Verhältnisse und Zuwiderhandlungen, für die der Täter in den letzten fünf Jahren bestraft worden ist, zu berücksichtigen. Die Geldbuße ist so zu bemessen, daß sie den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Zuwiderhandlung gezogen hat, übersteigt.“1369 Der Grundsatz der Strafmilderung ergibt sich aus der gemäß § 10 Satz 1 zwingenden Berücksichtigung der „objektiven Schwere der Zuwiderhandlung“. Auch im Rahmen der „Europa-Delikte“ ist für den Versuch eine obligatorische Strafmilderung um mindestens ein Drittel gegenüber der Höchststrafe vorgesehen (Art. 18 Abs. 2 Satz 2).1370 Cancio Meliá begründet dies damit, dass das Strafmaß im Einklang mit der objektiv orientierten Unrechtsdefinition, die sich aus dem Tatprinzip ergebe, niedriger als das der vollendeten Straftat sein müsse.1371 dd) Versuchsbeginn (1) Subjektiver Tatbestand § 5 Abs. 1 des Verordnungsentwurfs enthält keine ausdrückliche Regelung der inneren Tatseite. Ebensowenig waren die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen zunächst in Art. 18 Abs. 1 der „Europa-Delikte“ normiert;1372 die Absage an jede Form rein objektiver Verantwortlichkeit ergibt sich jedoch bereits aus der Regelung des subjektiven Tatelementes in Art. 4 Abs. 1.1373 Mittlerweile wurde das ausdrückliche Vorsatzerfordernis in Art. 18 Abs. 1 eingefügt.
1369
Bacigalupo/Grasso/Tiedemann, in: Madrid-Symposium, 467. Vgl. Weigend, in: Freiburg-Symposium, 407, 423 f., der die obligatorische Strafmilderung in den Fällen für zweifelhaft hält, in denen das Ausbleiben des Erfolgs auf Zufall beruht. 1371 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 182. 1372 Weigend, in: Freiburg-Symposium, 407, 423. 1370
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
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(2) Objektiver Tatbestand Beide Regelungsvorschläge (vgl. § 5 Abs. 1 und Art. 18 Abs. 1) wollen für die Bestimmung des Versuchsbeginns auf das dem französischen Recht entlehnte Kriterium des Anfangs der Ausführung abstellen. Begründet wird dies damit, dass das Konzept des Ausführungsbeginns „einerseits neutral genug [sei], um aus (moderat) subjektivistischer Warte akzeptiert zu werden, andererseits aber interpretationsfähig genug, um objektiv, dem Tatprinzip genügend, (. . .) ausgelegt zu werden“.1374 ee) Untauglichkeit Eine ausdrückliche Stellungnahme zur Frage nach der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs findet sich bewusst in keinem der Vorschläge. Da eine hinreichende Verständigung über die Bedeutung dieser Figur sich in Europa nicht feststellen lasse, sei eine explizite Regelung dieses Problemkreises zu vermeiden.1375 ff) Rücktritt Ähnlich wie Art. 25 Abs. 3f des IStGH-Statuts1376 enthält der Vorschlag von Bacigalupo, Grasso und Tiedemann eine doppelte Normierung des Rücktritts. Während § 5 Abs. 1 das Ausbleiben der Vollendung aus vom Täterwillen unabhängigen Gründen als Tatbestandsmerkmal der Versuchsdefinition vorsieht und damit den Rücktritt implizit anerkennt, enthält § 5 Abs. 3 eine positive, von § 24 dStGB, § 16 öStGB und Art. 16 Abs. 2 spCP inspirierte Regelung des strafbefreienden Rücktritts. Die Konzeption als Strafaufhebungsgrund folgt aus § 5 Abs. 3 Satz 1;1377 ungeachtet der Regelung in § 5 Abs. 1 wird also die Versuchsstrafbarkeit zunächst begründet und durch den Rücktritt wieder beseitigt. Der Rücktritt wirkt gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 nicht für andere Beteiligte.1378 Bezüglich der Voraussetzungen der Strafbefreiung unterscheidet § 5 Abs. 3 zwischen unbeendeten Versuchen, bei denen ein „Aufgeben des Verhal1373 „(. . .) eine ganz oder teilweise objektive strafrechtliche Verantwortlichkeit ist ausgeschlossen.“, Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 455. Die Voraussetzungen vorsätzlichen Handelns ergeben sich aus Art. 5 Abs. 1, vgl. Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 455; s. dazu krit. Anmerkungen von Weigend, in: Freiburg-Symposium, 407, 410, der darauf hinweist, dass bezüglich der Begleitumstände sicheres Wissen als stärkste Form des Vorsatzes ausreichen müsse. 1374 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 182. 1375 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 182. 1376 Vgl. dazu unten 2. Teil B. III. 2. c) ff). 1377 „Der Versuch wird nicht geahndet (. . .).“, Bacigalupo/Grasso/Tiedemann, in: Madrid-Symposium, 466.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
tens“ genügt (§ 5 Abs. 3 Satz 1 1. Alt.) und beendeten, die eine „Verhinderung der Vollendung der Zuwiderhandlung“ verlangen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 2. Alt.). Bei mehreren Beteiligten werden die Anforderungen an die Rücktrittshandlung dahingehend verschärft, dass ein bloßes Aufgeben nicht als ausreichend erachtet wird (§ 5 Abs. 3 Satz 2). Jedenfalls muss der Rücktritt freiwillig erfolgen. Die im ersten Entwurf Cancio Meliás in Art. 18 Abs. 1 noch enthaltene, überflüssige, negativ-implizite Regelung des Rücktritts wurde infolge der Kritik Weigends1379 gestrichen. Nunmehr sind die Vorschriften zu Versuch und Rücktritt im Rahmen der „Europa-Delikte“ gesetzestechnisch ganz getrennt und die Voraussetzungen des strafbefreienden Rücktritts insgesamt in der positiv-expliziten Regelung des Art. 19 festgelegt. Art. 19 Abs. 1 verlangt für den Rücktritt vom unbeendeten Versuch das freiwillige Aufgeben der weiteren Tatausführung; Art. 19 Abs. 2 Satz 1 knüpft die Straffreiheit bei beendetem Versuch an die freiwillige Verhinderung der Tatvollendung. Gemäß Art. 19 Abs. 2 Satz 2 genügt das freiwillige und ernsthafte Bemühen um die Tatverhinderung bei Ausbleiben der Vollendung ohne Zutun des Täters und bei Erfolgseintritt unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag. 3. Rechtsnatur und Umsetzung Während es sich bei dem von Bacigalupo, Grasso und Tiedemann vorgelegten Text um einen im Auftrag der Europäischen Kommission ausgearbeiteten Entwurf einer EG-Verordnung für die Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Sanktionen handelt, sind die Tatbestandsvorschläge der „Europa-Delikte“ das Ergebnis privater Forschungsarbeit ohne amtliche Initiative.1380 Ob diese ein (partielles) Modellstrafgesetzbuch darstellen, oder als Basisregeln nur Mindeststandards etablieren, wurde von den Verfassern bewusst offengelassen.1381 Was die Möglichkeiten praktischer Umsetzung betrifft,1382 enthält die Erste Säule der EU keine hinreichende Basis, wohingegen die Dritte Säule weitgehende Möglichkeiten der Harmonisierung eröffnet. Die nur schrittweise zu verwirklichende Umsetzung vorzugsweise in der Rechtsform des Rahmenbeschlusses wird jedoch voraussichtlich zu einer Aufspaltung der „Europa-Delikte“ führen.1383 1378 „(. . .) bleiben diejenigen frei von Sanktionen, welche die Vollendung der Zuwiderhandlung freiwillig verhindern.“, Bacigalupo/Grasso/Tiedemann, in: Madrid-Symposium, 466. 1379 Weigend, in: Freiburg-Symposium, 407, 423. 1380 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, IX. 1381 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, IX, XI. 1382 Vgl. dazu die Beiträge von Pradel, in: Freiburg-Symposium, 55 ff. und Satzger, in: Freiburg-Symposium, 71 ff. 1383 Satzger, in: Freiburg-Symposium, 71, 87.
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4. Integrative Wirkung Die Vorschläge von Bacigalupo, Grasso und Tiedemann fanden im EG-Entwurf einer Verordnung über einheitliche Grundsätze für die Anwendung von Sanktionen im Kartell-, Montan- und Verkehrsrecht sowie auf dem Agrar- und Fischereisektor weitgehende Berücksichtigung.1384 Die Entwicklung der „Europa-Delikte“ geschah in der Hoffnung, dass die EU-Kommission oder die Mitgliedstaaten die Vorschläge zum Anlass für die Anpassung der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen und für Initiativen zur Vereinheitlichung der Tatbestandsbeschreibungen nach der Dritten Säule des Amsterdamer Vertrags nehmen.1385 In der Zukunft erscheint besonders die Einbeziehung der Rechtsfolgenseite in die Harmonisierungsbestrebungen in weiterem Maße als bisher wünschenswert.1386
III. Der Versuch im Rom-Statut des IStGH 1. Das Rom-Statut des IStGH Die Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) ist als Teil eines historischen Prozesses, der seinen Anfang in Nürnberg nahm und weiter voranschritt mit den ad hoc-Tribunalen für das ehemalige Jugoslawien (IStTJ) sowie für Ruanda (IStTR) in den Haag und Arusha, das Ergebnis intensiver und fortdauernder Bemühungen.1387 Bereits 1994 legte die Völkerrechtskommission („International Law Commission“, ILC) ihren ersten Entwurf eines Statuts für einen Ständigen Internationalen Strafgerichtshof vor;1388 1996 folgte der Vorschlag eines Kodex der Verstöße gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit („Code of Offences against the Peace and Security of Mankind“).1389 Im Anschluss an die zweijährige Arbeit eines Vorbereitungskomitees („Preparatory Committee“, PrepCom) fand vom 15. 6. bis zum 17. 7. 1998 eine von den Vereinten Nationen einberufene Internationale Staatenkonferenz (Bevollmächtigtenkonferenz) in Rom statt, deren Ergebnis die Annahme des Gründungsstatuts über den Internationalen Strafgerichtshof war.1390 Nach Hinterlegung der gemäß Art. 126 IStGH-Statut erforderlichen sechzig Ratifikations1384
Schünemann/Suárez González, in: Madrid-Symposium, V, VII. Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, IX f. 1386 Satzger, in: Freiburg-Symposium, 71, 87. 1387 Vgl. zu den Forderungen nach Errichtung eines Ständigen Internationalen Strafgerichtshofs im 20. Jahrhundert ausführlich Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 56 ff. 1388 „Report of the International Law Commission to the General Assembly on the work of its forty-sixth session“, U. N. Doc. A/CN.4/SER.A/1994/Add.1 (Part 2); vgl. Ferencz, HVR 11 (1998) 80, 86; Lüder, HVR 11 (1998), 59; Schabas, HRLJ 20 (1999), 157; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 58. 1389 U. N. Doc. A/51/10; vgl. Ferencz, HVR 11 (1998) 80, 86. 1385
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urkunden am 11. 4. 2002 ist das Römische Statut am 1. 7. 2002 in Kraft getreten.1391 Das IStGH-Statut regelt in 128 Artikeln die Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs (Teil 1), seine Zusammensetzung, Verwaltung und Finanzierung (Teile 4, 11, 12), das Verfahren und die Zusammenarbeit (Teile 5–10), die Verbrechen, für deren Aburteilung der Gerichtshof zuständig ist (Teil 2) und die hier besonders interessierenden allgemeinen Grundsätze des Strafrechts (Teil 3). Die Gerichtsbarkeit ist gemäß Art. 5 IStGH-Statut auf vier besonders schwere Kerntatbestände (Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Aggression) beschränkt, die die Staatengemeinschaft insgesamt betreffen.1392 Art. 17 Abs. 1a IStGH-Statut normiert mit dem Prinzip der Komplementarität den Vorrang der nationalen Strafjustiz vor der des Internationalen Strafgerichtshofes.1393 Die Gerichtsbarkeit der Vertragsstaaten wird also nicht generell ausgeschlossen, sondern in bestimmten Fällen ergänzt beziehungsweise ersetzt. Grundsätzlich kann der Gerichtshof nur dann tätig werden, wenn die einzelstaatlichen Strafgerichte unfähig oder unwillig sind, eine bestimmte schwere Straftat zu verfolgen.1394 Dieses Konzept dezentral organisierten Weltstrafrechts1395 in Form einer institutionalisierten stellvertretenden oder ergänzenden Strafrechtspflege ist ein Kompromissversuch („balanced approach“) zwischen den Prioritätsansprüchen nationalstaatlicher Verfolgungsinteressen einerseits und der Gewährleistung einer möglichst umfassenden und effektiven internationalen Strafdrohung und Strafverfolgung andererseits.1396 2. Die allgemeine Regelung des Versuchs im IStGH-Statut a) Der Allgemeine Teil des Völkerstrafrechts Aus der Anerkennung der individuellen Dimension makrokrimineller Verhaltensweisen ergibt sich die Notwendigkeit der Entwicklung allgemeiner Zurech1390 Ferencz, HVR 11 (1998) 80, 86; Hermsdörfer, DRiZ 2000, 70; Kaul, HVR 11 (1998), 138; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 65; ders., JZ 2000, 755; Zimmermann, ZRP 2002, 97. 1391 Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 65; ders./Jeßberger, JZ 2002, 725. 1392 Ferencz, HVR 11 (1998), 80, 86; Hermsdörfer, HVR 12 (1999), 22, 23; ders., DRiZ 2000, 70; Kaul, HVR 11 (1998), 138; Roggemann, Internationale Strafgerichtshöfe, 36, 39; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 61, 68; ders., JZ 2000, 755. 1393 Hermsdörfer, HVR 12 (1999), 22; ders., DRiZ 2000, 70; Satzger, NStZ 2002, 125. 1394 Hermsdörfer, DRiZ 2000, 70; Kaul, HVR 11 (1998), 138; Roggemann, Internationale Strafgerichtshöfe, 35 f.; Stahn, HVR 13 (2000), 200; Werle, JZ 2001, 885, 886; ders./Jeßberger, JZ 2002, 725, 726; Zimmermann, ZRP 2002, 97, 98. 1395 Werle/Jeßberger, JZ 2002, 725, 726. 1396 Roggemann, Internationale Strafgerichtshöfe, 35 f. Zum IStGH eingehend Satzger, Internationales Strafrecht, 160 ff.
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nungsregeln.1397 Dennoch enthalten sowohl die Satzungen der Internationalen Straftribunale für das ehemalige Jugoslawien (IStTJ) und für Ruanda (IStTR) als auch der Entwurf der ILC für einen Kodex der Verstöße gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit1398 nur fragmentarische Regelungen zu Einzelfragen des Allgemeinen Teils.1399 Gerade angesichts der mangelnden völkerrechtlichen Basis und der Vielfalt nationaler Lösungen ist die Einigung auf „Allgemeine Prinzipien des Strafrechts“ („General Principles of Criminal Law“) in Teil 3 des IStGH-Statuts bemerkenswert.1400 Als „Höhepunkt und Krönung“ der bisherigen Kodifikationsbemühungen enthält das Römische Statut in Art. 22–33 sowie 77–80 einen nahezu vollständigen „Allgemeinen Teil des Völkerstrafrechts“.1401 Die einer einheitlichen Regelung zugänglichen Rechtsfragen werden erstmals im Zusammenhang und in einer von den einzelnen Tatbeständen des Besonderen Teils abstrahierenden Weise behandelt.1402 Infolge der späten Kodifizierung ist es jedoch nicht verwunderlich, dass die allgemeinen Zurechnungsregeln des Rom-Statuts nicht annähernd so ausgereift sind, wie die in diversen völkerstrafrechtlichen Rechtsquellen bereits normierten Vorschriften des Besonderen Teils.1403 Noch erscheinen die meisten allgemeinen Regelungen des IStGH-Statuts und insbesondere der Versuchstatbestand zwar als „ungeordnetes Konglomerat aus verschiedenen Rechtstraditionen“,1404 es lässt sich aber dennoch eine „Kristallisation des Allgemeinen Teils des Völkerstrafrechts“ erahnen,1405 das heißt es ist zu erwarten, dass sich mit der Zeit die dogmatisch folgerichtigen Lösungen durchsetzen werden. Insgesamt entspricht der Allgemeine Teil des Römischen Statuts eher dem Grundmodell des „common law“ mit den Komponenten der äußeren Tathandlung („actus reus“) und des subjektiven Elements („mens rea“) einerseits und eventuell verantwortungsausschließenden Verteidigungen („defences“) andererseits, als dem kontinentaleuropäischen dreigliedrigen Begriff der tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaften Straftat,1406 worauf bereits die Formu1397 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 54; Eser, in: Bassiouni, Commentaries, 43 ff.; Lagodny, ZStW 113 (2001), 800, 815 f. Vgl. zu in der Wissenschaft erhobenen Forderungen nach Ausarbeitung eines Allgemeinen Teils des Völkerstrafrechts Kreß, HVR 12 (1999), 4 Fn. 3 m. w. N. 1398 U. N. Doc. A/51/10; vgl. Ferencz, HVR 11 (1998) 80, 86. 1399 Kreß, HVR 12 (1999), 4; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 69. 1400 Kreß, HVR 12 (1999), 4. 1401 Satzger, Internationales Strafrecht, 172 ff.; Werle, JZ 2001, 885, 890. 1402 Kreß, HVR 12 (1999), 4, 9; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 69, 238; ders., JZ 2001, 885, 890. 1403 Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 69, 239; ders., JZ 2001, 885, 890. 1404 Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 239 m. w. N. 1405 Kreß, HVR 12 (1999), 4, 9. 1406 Kreß, HVR 12 (1999), 4 f.; vgl. Tiedemann/Suárez Gonzáles/Cancio Meliá/ Manacorda, GA 1998, 107, 109 ff.; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 245.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
lierung der Überschrift des dritten Teils („Allgemeine Strafrechtsprinzipien“ statt „Allgemeiner Teil“) hindeutet.1407 Trotz dieser äußerlichen Ähnlichkeiten mit dem anglo-amerikanischen Recht bestehen jedoch inhaltliche Differenzen, sodass in Zweifelsfällen nicht grundsätzlich auf das „common law“ zurückgegriffen werden darf.1408 b) Der Versuch im Völkerstrafrecht vor In-Kraft-Treten des IStGH-Statuts Zwar enthielten die Statute von Nürnberg und Tokio keine ausdrückliche Regelung des Versuchs, dessen Strafbarkeit ergab sich aber aus speziellen Umschreibungen der Tatmodalitäten, die sich als Vorbereitungs- („Planen“, „Vorbereitung“, „Beteiligung an einem gemeinsamen Plan oder an einer Verschwörung zur Ausführung“) und Versuchshandlungen (zum Beispiel Einleitung eines Angriffskrieges) qualifizieren ließen.1409 Auch die Statute der Internationalen Straftribunale für das ehemalige Jugoslawien (IStTJ) und für Ruanda (IStTR) regeln explizit nur den versuchten Völkermord; die allgemeine Versuchsstrafbarkeit ist aber aus der Bestrafung von Vorbereitungshandlungen in Art. 7 IStTJ-Statut und Art. 6 IStTR-Statut ableitbar.1410 Angesichts der Sanktionierung reiner Tätigkeiten ist ein allgemeiner Versuchstatbestand im Rahmen der Genfer Konvention und ihrer Zusatzprotokolle entbehrlich.1411 Art. IIId der Völkermordkonvention sieht zwar die ausdrückliche Strafbarkeit des Versuchs in Bezug auf alle Begehungsformen vor, dabei geht die Vorschrift aber nicht über eine bloße Nennung des Versuchs hinaus und lässt eine Definition beziehungsweise konkrete Ausgestaltung vermissen.1412 Während die UNVölkerrechtskommission sich noch in Art. 2 Abs. 13iv des Draft Code von 1954 ebenso auf eine bloße Erwähnung des Versuchs beschränkte, definieren Art. 3 Abs. 3 des Draft Code 1991 und Art. 2 Abs. 3g des Draft Code 1996 1407
Ambos, Völkerstrafrecht AT, 54; Kreß, HVR 12 (1999), 4, 5. Kreß, HVR 12 (1999), 4, 5. 1409 Art. 6a des Nürnberger Statuts; vgl. Triffterer, in: Hankel/Stuby, Strafgerichte, 169, 232 f.; Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 31. 1410 „Daß alle zeitlich nach der Planung liegenden Stadien derartiger Verbrechen durch diese Vorverlagerung der Strafbarkeit ebenfalls pönalisiert werden sollen, geht aus der Erwähnung der Strafbarkeit jeder Beteiligung an der „Vorbereitung“ hervor; denn wenn schon die Beteiligung von der Planung an über die Vorbereitungsphase bis zur Ausführung strafbar sein soll, dann ist erst recht der unmittelbare Täter ebenso lückenlos für alle diese Stadien seiner Tat einschließlich des Versuchs zur Verantwortung zu ziehen.“, Triffterer, in: Hankel/Stuby, Strafgerichte, 169, 233; vgl. Triffterer/ Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 31. 1411 Vgl. z. B. Art. 85 Abs. 4 Zusatzprotokoll I; Triffterer, in: Hankel/Stuby, Strafgerichte, 169, 233. 1412 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 707; Triffterer, in: Hankel/Stuby, Strafgerichte, 169, 233. 1408
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
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diesen in Anlehnung an die französische Lehre als jeglichen Beginn der Ausführung eines Verbrechens, das nur aus vom Täterwillen unabhängigen Gründen gestoppt wurde.1413 Die privaten Entwürfe orientieren sich dagegen an der „substantial step“-Doktrin des amerikanischen „Model Penal Code“.1414 Obwohl die Versuchsstrafbarkeit in der völkerrechtlichen Praxis bisher wenig bedeutsam war1415 und trotz des Fehlens allgemeiner Regelungen in den meisten völkerstrafrechtlichen Kodifikationen1416 ist die Strafbarkeit des Versuchs nach einhelliger Ansicht Bestandteil des Völkergewohnheitsrechts1417 und beansprucht Geltung als allgemeiner Rechtsgrundsatz.1418 c) Die Versuchsregelung in Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut Das Völkergewohnheitsrecht zur Versuchsstrafbarkeit wird in Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut wie folgt kodifiziert: „In Übereinstimmung mit diesem Statut ist für ein der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegendes Verbrechen strafrechtlich verantwortlich und strafbar, wer versucht, ein solches Verbrechen zu begehen, indem er eine Handlung vornimmt, die einen wesentlichen Schritt zum Beginn seiner Ausführung darstellt, wobei es jedoch aufgrund von Umständen, die vom Willen des Täters unabhängig sind, nicht zur Tatausführung kommt. Wer jedoch die weitere Ausführung des Verbrechens aufgibt oder dessen Vollendung verhindert, ist aufgrund dieses Statuts für den Versuch des Verbrechens nicht strafbar, wenn er das strafbare Ziel vollständig und freiwillig aufgegeben hat.“1419 1413 „(. . .) any commencement of execution of a crime that failed or was halted only because of circumstances independent of the perpetrator’s intention.“, vgl. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 707; Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 31. 1414 Vgl. Art. IV Abs. 9 Draft International Criminal Code („unequivocal and direct conduct which constitutes a substantial step towards the commission“), Art. 33-8 Siracusa-Draft II („conduct constituting a substantial step towards the accomplishment of that crime“), Art. III Abs. 1 ILA-Entwurf („substantial step which (. . .) advances directly towards the accomplishment of the crime“), Ambos, Völkerstrafrecht AT, 708 mit Fn. 11. Zum „Model Penal Code“ s. unten 2. Teil B. IV. 1415 Krit. zur Einbeziehung des Versuchs in den Anwendungsbereich des IStGH-Statuts Tomuschat, in: Hankel/Stuby, Strafgerichte, 288. 1416 Ausnahmen: Art. III d Völkermordkonvention, Regelungen des versuchten Völkermordes in Art. 4 Abs. 3d IStTJ-Statut und Art. 2 Abs. 3d IStTR-Statut. 1417 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 707; Cassese, International Criminal Law, 195; Eser, in: Cassese/Gaeta/Jones, Rome Statute I, 767, 807; Triffterer, in: Hankel/Stuby, Strafgerichte, 169, 233; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 430. 1418 Triffterer, in: Hankel/Stuby, Strafgerichte, 169, 233; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 430. 1419 BGBl 2000 II, 1393, 1413 f. Der englische Text lautet: „In accordance with this Statute, a person shall be criminally responsible and liable for punishment for a crime within the jurisdiction of the Court if that person attempts to commit such a
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
aa) Strafgrund und Versuchsunrecht Aufgrund der generell geringen Bedeutung des Versuchstatbestands im Völkerstrafrecht war auch die Thematik des Strafgrundes bislang nicht Gegenstand intensiver theoretischer Auseinandersetzung.1420 Es besteht vielmehr weitgehend Einigkeit dahingehend, dass sich die Strafwürdigkeit des Versuchs von Völkerrechtsverbrechen sowohl mit subjektiven, als auch mit objektiven Erwägungen begründen lässt. Nach diesem gemischt individuell-objektiven Ansatz wird ein Versuch bestraft, weil dem Täter subjektiv ein schwerer Schuldvorwurf zu machen sei und seine Handlung objektiv eine Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit darstelle: „First, a high degree of culpability attaches to an individual who attempts to commit a crime and is unsuccessful only because of circumstances beyond his control rather than his own decision to abandon the criminal endeavour. Second, the fact that an individual has taken a significant step towards the completion of one of the crimes (. . .) entails a threat to international peace and security because of the very serious nature of these crimes.“1421 Das Völkerstrafrecht will nicht nur repressiv auf bereits begangene Taten reagieren, sondern dient auch der Prävention von Völkerrechtsverbrechen,1422 indem es die Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit der Menschheit durch potentiell gefährliche Täter schon im Vorfeld pönalisiert,1423 „(. . .) denn ist es erst einmal zu einer Verletzung gekommen, gerät diese, wie etwa bei einer Feuersbrunst, leicht außerhalb der Beherrschbarkeit durch die Täter und kann sich (. . .) sehr leicht zu einem „Flächenbrand“ ausweiten.“1424 Kriminalpolitischer Hintergrund einer solchen Vorverlagerung der Strafbarkeit ist das Bestreben, die Gesellschaft vor den Folgen gravierender Verstöße gegen das Völkerrecht weitestgehend zu schützen. Dafür genügt nicht die Ahndung bereits vollendeter Taten, vielmehr muss das Völkerstrafrecht zu einem Zeitpunkt intervenieren, in dem die Verhinderung des Erfolgseintritts noch möglich ist.1425 crime by taking action that commences its execution by means of a substantial step, but the crime does not occur because of circumstances independent of the person’s intentions. However, a person who abandons the effort to commit the crime or otherwise prevents the completion of the crime shall not be liable for punishment under the Statute for the attempt to commit that crime if that person completely and voluntarily gave up the criminal purpose.“. 1420 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 719. 1421 U. N., „Report of the ILC“ (1996), 28 para. 17; vgl. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 720. 1422 „Although in the case of attempt the intended harm is not caused to the victim, international law nevertheless makes attempt punishable, in order to prevent breach of international rules as far as possible.“, Cassese, International Criminal Law, 195. 1423 „(. . .) international law aims not only to punish persons found guilty of crimes, but also to prevent persons from engaging in serious criminal conduct. Consequently, in case of doubt criminal rules must be interpreted as being also designed as far as possible to prevent offences.“, Cassese, International Criminal Law, 193. 1424 Triffterer, in: Hankel/Stuby, Strafgerichte, 169, 233.
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
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bb) Strafbarkeit Das Rom-Statut beschränkt die Versuchsstrafbarkeit nicht – wie von der ILC vorgeschlagen – auf bestimmte Tatbestände, sondern stellt in Art. 25 Abs. 3f den Versuch für alle der Gerichtsbarkeit des Strafgerichtshofs unterliegenden Völkerrechtsverbrechen unter Strafe.1426 Dies erscheint überzeugend, da sich die Zuständigkeit des IStGH ohnehin auf die schwersten Kernverbrechen konzentriert, sodass sich eine Begrenzung des Anwendungsbereichs des Versuchstatbestands auf einzelne Delikte kaum rechtfertigen ließe.1427 Die Beteiligung am Versuch wird in allen denkbaren Formen erfasst:1428 Art. 25 Abs. 3b IStGH-Statut regelt die Aufforderung und Anstiftung zum Versuch sowie dessen Anordnung,1429 Art. 25 Abs. 3c die Beihilfe1430 und Art. 25 Abs. 3d den sonstigen Beitrag zum Versuch.1431 Die Strafbarkeit des Versuchs der Beteiligung ist dagegen noch ungeklärt; ausdrücklich strafbar ist nach Art. 25 Abs. 3e IStGH-Statut lediglich die öffentliche Aufstachelung zum Völkermord.1432
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Cassese, International Criminal Law, 190. Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 429. 1427 Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 31. 1428 Eser, in: Cassese/Gaeta/Jones, Rome Statute I, 767, 813; Kreß, HVR 12 (1999), 4, 9; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 433. 1429 Art. 25 Abs. 3b IStGH-Statut: „In Übereinstimmung mit diesem Statut ist für ein der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegendes Verbrechen strafrechtlich verantwortlich und strafbar, wer die Begehung eines solchen Verbrechens, das tatsächlich vollendet oder versucht wird, anordnet, dazu auffordert oder dazu anstiftet.“, BGBl 2000 II, 1393, 1413. 1430 Art. 25 Abs. 3c IStGH-Statut: „In Übereinstimmung mit diesem Statut ist für ein der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegendes Verbrechen strafrechtlich verantwortlich und strafbar, wer zur Erleichterung eines solchen Verbrechens Beihilfe oder sonstige Unterstützung bei seiner Begehung oder versuchten Begehung leistet, einschließlich der Bereitstellung der Mittel für die Begehung.“, BGBl 2000 II, 1393, 1413. 1431 Art. 25 Abs. 3d IStGH-Statut: „In Übereinstimmung mit diesem Statut ist für ein der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegendes Verbrechen strafrechtlich verantwortlich und strafbar, wer auf sonstige Weise zur Begehung oder versuchten Begehung eines solchen Verbrechens durch eine mit einem gemeinsamen Ziel handelnde Gruppe von Personen beiträgt. (. . .).“,BGBl 2000 II, 1393, 1413. 1432 Art. 25 Abs. 3e IStGH-Statut: „In Übereinstimmung mit diesem Statut ist für ein der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegendes Verbrechen strafrechtlich verantwortlich und strafbar, wer in Bezug auf das Verbrechen des Völkermordes andere unmittelbar und öffentlich zur Begehung von Völkermord aufstachelt.“, BGBl 2000 II, 1393, 1413; vgl. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 745 ff.; Kreß, HVR 12 (1999), 4, 9; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 434. 1426
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
cc) Strafmaß Im Völkerstrafrecht gilt der Grundsatz der Gleichbestrafung von Vollendung und Versuch. Eine Milderung der Strafe bei versuchten Völkerrechtsverbrechen durch Anordnung eines besonderen Strafrahmens ist im Römischen Statut nicht ausdrücklich vorgesehen, innerhalb der Bestimmungen zur Strafbemessung ist eine Herabsetzung aber ohne weiteres möglich.1433 dd) Versuchsbeginn (1) Subjektiver Tatbestand Auch eine Versuchsstrafbarkeit gemäß Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut setzt als subjektives Element das Vorliegen eines Tatentschlusses, das heißt einer „clear intention to commit a crime“, voraus.1434 (2) Objektiver Tatbestand Nach der fast lehrbuchartigen, die Kriterien des Ausführungsbeginns und des „substantial step“ kombinierenden Bestimmung des Versuchsbeginns in Art. 25 Abs. 3f Satz 1 1. Halbsatz IStGH-Statut setzt die Strafbarkeit eines versuchten Völkerrechtsverbrechens die Vornahme einer Handlung voraus, „die einen wesentlichen Schritt zum Beginn seiner Ausführung darstellt“.1435 Zu bejahen ist eine Versuchsstrafbarkeit danach zunächst bei Teilverwirklichung des Tatbestandes, das heißt die Grenze zwischen nach dem Rom-Statut straflosen Vorbereitungshandlungen und strafbarem Versuch ist jedenfalls dann überschritten, wenn der Täter mit der Ausführung bereits begonnen und ein objektives Tatbestandsmerkmal verwirklicht hat.1436 Die dem französischen Recht entlehnte Beginn-Formel des Art. 25 Abs. 3f Satz 1 1. Halbsatz IStGH-Statut ist weder streng subjektiv, noch formell-objektiv, sondern gemischt im Sinne einer individuell- (materiell-) objektiven Lehre zu interpretieren1437 und erfasst somit auch unmittelbar vor der Tatbestandsver1433
Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 433. Cassese, International Criminal Law, 195 f.; so letztlich auch Satzger, Internationales Strafrecht, 191. 1435 „(. . .) taking action that commences its execution by means of a substantial step (. . .)“; vgl. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 500; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 431. 1436 Eser, in: Cassese/Gaeta/Jones, Rome Statute I, 767, 812; Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 32; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 431. 1437 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717. Zur Begründung mit rechtsvergleichenden und völkerstrafrechtlichen Erwägungen (herrschende gemischte Versuchstheorie in französischer Lehre und Rechtsprechung; spanische Neuregelung des Versuchs unter 1434
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wirklichung liegende Handlungen.1438 Auch die ILC plädiert für eine gemischte Versuchslehre und versteht unter dem Beginn der Ausführung, dass „the individual has performed an act which constitutes a significant step towards the completion of the crime“.1439 Diese Konkretisierung leitet bereits über zum weiteren Erfordernis des „substantial step“. Die Zone der Strafbarkeit beginnt nach dem Römischen Statut erst, wenn der Täter einen wesentlichen Schritt zur Ausführung des Völkerrechtsverbrechens unternommen hat.1440 Dabei schließt die „substantial step“-Doktrin aber die Annahme der Versuchsstrafbarkeit bei Notwendigkeit weiterer Tathandlungen nicht aus, sodass auch nach diesem Kriterium solche Verhaltensweisen erfasst sind, die dem eigentlichen Ausführungsstadium vorausgehen.1441 Aus der Kombination von Beginn-Formel und „substantial step“-Kriterium ergibt sich also die Strafbarkeit auch des unbeendeten Versuchs, das heißt der Täter muss noch nicht alle aus seiner Sicht erforderlichen Handlungen vorgenommen haben, um in den Anwendungsbereich des Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut zu fallen. Das Vorliegen des „substantial step“ ist in Abhängigkeit von der Tätervorstellung zu bestimmen, das heißt eine Handlung ist nur dann als „wesentlicher Schritt“ zu qualifizieren, wenn sie dazu beiträgt, dass der vom Täter verfolgte Zweck bestärkt oder bestätigt wird.1442 Ausschlaggebend bleibt aber die objektive Komponente des Versuchsunrechts; die Bedeutung der Tätervorstellung wird durch das Erfordernis ihrer äußerlichen Manifestation in einem „wesentlichen Schritt“ relativiert, sodass es nicht ausreicht, dass der Täter sich durch die Vornahme des „substantial step“ individuell bestärkt fühlt, sondern er sich auch objektiv an das verfolgte Ziel annähern muss.1443 Insoweit bestätigt das „substantial step“-Kriterium die gemischte Versuchskonzeption des Rom-Statuts, die sich in der Definition des Versuchs als objektiv manifestierter verbrecherischer Wille niederschlägt.1444
Übernahme der „Beginn-Formel“ als Bestätigung der überwiegend vertretenen materiell-objektiven Theorie) vgl. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 717 f. 1438 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 719, 738; Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 32 („Thus, in practical terms, there is no difference between „commencement of execution“ and „immediately proceeding to the accomplishment of the elements of the offence“.“); Weigend, in: Bassiouni, Commentaries, 117. 1439 U. N., „Report of the ILC“ (1996), 27, para. 17. 1440 Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 422, 429. 1441 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 738; Eser, in: Cassese/Gaeta/Jones, Rome Statute I, 767, 812; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 431. 1442 Die Handlung muss also „strongly corroborative of the actor’s criminal purpose“ sein, vgl. § 5.01 Abs. 2 MPC; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 431 mit Fn. 375. 1443 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 720. 1444 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 720 f.
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Art. 25 Abs. 3f Satz 1 1. Halbsatz IStGH-Statut kombiniert die zur Definition des Versuchsbeginns üblicherweise alternativ verwendeten Kriterien des dem französischen Strafrecht entlehnten Beginns der Ausführung („commencement d’exécution“) und des „substantial step“ nach Vorbild von § 5.01 des amerikanischen „Model Penal Code“.1445 Diese gemischt französisch-US-amerikanische Lösung wird teilweise als missglückt,1446 im Ergebnis aber als mit dem „unmittelbaren Ansetzen“ des deutschen Rechts vergleichbar angesehen.1447 (3) Völkerstrafrechtliche Näherungsformel In Anbetracht der Natur des Völkerstrafrechts als einer Rechtsordnung, die die aus diversen nationalen Vorschriften ableitbaren allgemeinen Rechtsgrundsätze in sich vereint, hält Ambos die Bestimmbarkeit des Versuchsbeginns anhand einer allgemeinen Formel für illusorisch.1448 Sein Alternativvorschlag beinhaltet die Entwicklung einer spezifisch völkerstrafrechtlichen „Näherungsformel“ auf der Basis von Art. 25 Abs. 3f und unter Berücksichtigung der konkreten Tatbestände des Rom-Statuts, aufgrund derer eine „material tatbestands- und rechtsgutsbezogene Gesamtbetrachtung“ vorzunehmen sei.1449 Infolge seiner Struktur als unselbständiger Tatbestand („inchoate offence“) erhalte der Versuch seine Konkretisierung aus dem im Einzelfall einschlägigen Tatbestand der in Art. 5–8 IStGH-Statut kodifizierten Verbrechen. Daher sei auch der Versuchsbeginn tatbestandsbezogen zu bestimmen, das heißt zu verlangen sei Ausführungsnähe im Sinne eines auf die konkrete Tatbestandsverwirklichung gerichteten Handelns.1450 Als ein Element seiner völkerstrafrechtlichen Näherungsformel für die Fälle des beendeten Versuchs will Ambos das Roxin’sche Kriterium des Herrschaftsverlustes heranziehen; zur Beurteilung des unbeendeten Versuchs soll auf die Grundaussagen der im Sinne einer material-wertenden Gefährlichkeitsbetrachtung modifizierten Zwischenaktslehre rekurriert werden.1451 Insgesamt dürften an die Unmittelbarkeit beziehungsweise Tatbestandsnähe der objektiven Versuchshandlung im Völkerstrafrecht keine allzu hohen 1445 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 708; Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 32; Satzger, Internationales Strafrecht, 191; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 431 mit Fn. 372. Zum „Model Penal Code“ s. unten 2. Teil B. IV. 1446 Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 431. 1447 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 500; vorsichtiger, aber i. E. ebenso Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 32. 1448 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 55, 738. 1449 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 738, 755 f. 1450 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 725, 741. 1451 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 739 f., 742 f., 755. Zur Übertragung auf die völkerstrafrechtlichen Tatbestände und Besonderheiten im Einzelnen vgl. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 744 ff.
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Anforderungen gestellt werden, da es sich hier um gravierendes Unrecht betreffendes Kernstrafrecht handele.1452 ee) Untauglichkeit Der untaugliche Versuch eines Völkerrechtsverbrechens wird trotz fehlender Stellungnahme des Statutstextes allgemein für strafbar gehalten.1453 Auf die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung komme es nicht an, daher stehe auch der bereits eingetretene Tod des anvisierten Opfers einer Bestrafung nicht entgegen, solange der Täter davon keine Kenntnis habe.1454 Der Entwurf der ILA von 1988 unterschied dagegen zwischen die Strafbarkeit ausschließenden Fällen absoluter Untauglichkeit und einer Versuchsbestrafung nicht entgegenstehender Unmöglichkeit unter den konkreten Tatumständen.1455 ff) Rücktritt Die minimale praktische Bedeutung des Rücktritts vom Versuch im bisherigen Völkerstrafrecht entspricht seiner geringen Relevanz im anglo-amerikanischen Recht.1456 Dennoch gilt die in fast allen modernen Rechtsordnungen anerkannte Rücktrittsmöglichkeit als Bestandteil des Völkergewohnheitsrechts.1457 Indem dem Täter ein Anreiz geliefert wird, sein kriminelles Vorhaben aufzugeben, entspricht die Rücktrittsvorschrift dem völkerstrafrechtlichen Zweck der Prävention.1458 Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut enthält eine doppelte Regelung des Rücktritts einerseits implizit in Art. 25 Abs. 3f Satz 1 2. Halbsatz und andererseits explizit in Art. 25 Abs. 3f Satz 2.1459 1452 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 743, 756; krit. LK-Hillenkamp, Vor § 22, Rn. 152 Fn. 205. 1453 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 488; Cassese, International Criminal Law, 195 mit Fn. 16; Eser, in: Cassese/Gaeta/Jones, Rome Statute I, 767, 813; Kreß, HVR 12 (1999), 4, 9; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 433. 1454 Cassese, International Criminal Law, 195. 1455 „Protocol on the Forms of Commission of Offences: Preparation, Attempt, Perpetration, Inciting, Assistance, Conspiracy, Accessory after the Fact (Revised)“, in: ILA, sixty-third Conference (1988), 402 ff.; vgl. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 488. 1456 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 709 mit Fn. 16. 1457 „(. . .) the possibility of abandonment is recognized in all modern legal systems and can, therefore, be truly considered a general principle of international law.“, Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 34; vgl. Cassese, International Criminal Law, 196. 1458 „It also makes sense in that it creates an incentive for the perpetrator to withdraw from the commission.“, Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 34. 1459 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 500.
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Art. 25 Abs. 3f Satz 1 2. Halbsatz IStGH-Statut verlangt das Ausbleiben der Tatausführung „aufgrund von Umständen, die vom Willen des Täters unabhängig sind“. Aus dieser dem französischen Recht entlehnten Konzeption des Rücktritts als negatives Merkmal der Versuchsdefinition folgt bereits dessen implizite Anerkennung.1460 Demgegenüber liegt Art. 25 Abs. 3f Satz 2 IStGH-Statut eine auf Art. 33-8 des überarbeiteten Siracusa-Draft von 1996 und § 5.01 Abs. 4 MPC basierende positiv-explizite Lösung zugrunde.1461 Wegen Versuchs ist danach nicht strafbar, wer „die weitere Ausführung des Verbrechens aufgibt oder dessen Vollendung verhindert (. . .), wenn er das strafbare Ziel vollständig und freiwillig aufgegeben hat.“ Die Vorschrift belohnt also den Täter, der objektiv von der weiteren Tatausführung Abstand nimmt oder die Vollendung auf andere Weise verhindert und subjektiv sein kriminelles Vorhaben vollständig und endgültig verwirft. Das Erfordernis der Endgültigkeit der Tataufgabe ergibt sich dabei aus dem Begriff der Vollständigkeit.1462 Aufgrund des Zeitdrucks bei den Verhandlungen in Rom und mangelnder Konsensfähigkeit enthält Art. 25 Abs. 3f Satz 2 IStGH-Statut weder eine Regelung der Freiwilligkeitskriterien, noch eine ausdrückliche Differenzierung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch; letztere lässt sich aber mit Hinblick auf die unterschiedlichen Anforderungen an die Rücktrittshandlung in die Vorschrift hineinlesen.1463 In der Sache soll Art. 25 Abs. 3f Satz 2 IStGH-Statut somit der Vorschrift des § 24 Abs. 1 Satz 1 dStGB entsprechen.1464 In der Rücktrittskonzeption des Rom-Statuts setzt sich das schon beim Versuchstatbestand identifizierte französisch-US-amerikanische Modell fort.1465 Die Doppelung der Rücktrittsregelung lässt sich allerdings nur als ein dem extremen Verhandlungsdruck in Rom geschuldetes Redaktionsversehen erklären.1466 So wurde Satz 2 der Vorschrift erst „in letzter Minute“ von der japanischen Dele-
1460 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 710 f.; Jescheck, ZStW 99 (1987), 111, 121, 123; Pradel, Droit pénal comparé, 248. 1461 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 711; Kreß, HVR 12 (1999), 4, 9. Art. 33-8 Siracusa-Draft II lautet: „If the person abandons his efforts to commit the crime or otherwise prevents the accomplishment of the crime, he is not punishable if he completely and voluntarily has given up his criminal purpose before the crime was committed.“. 1462 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 712; vgl. § 5.01 Abs. 4 MPC. 1463 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 711 mit Fn. 31 u. w. N.; Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 36. 1464 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 709, 711, 715, 755. 1465 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 710. 1466 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 710 m. w. N., 715, 755; Eser, in: Cassese/Gaeta/ Jones, Rome Statute I, 767, 815; Satzger, Internationales Strafrecht, 191. Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 437 hält insbesondere die Klausel des Art. 25 Abs. 3f Satz 1 2. Halbsatz IStGH-Statut für verunglückt.
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gation angemahnt, die die bereits vorhandene (französische) Rücktrittsregelung in Satz 1 2. Halbsatz übersah.1467 Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut hat die strittige Frage, ob der Rücktritt als persönlicher Strafaufhebungsgrund die Wirkung einer vollen „defence“ oder – wie im englischen Recht – allenfalls einer (fakultativen) Strafmilderung haben soll, in erstgenanntem Sinne entschieden.1468 Jedenfalls wird bei Rücktritt nicht wegen Versuchs bestraft; offen bleibt aber, ob bereits die Begründung der Versuchsstrafbarkeit von vornherein ausgeschlossen wird, oder ob die Strafe lediglich nachträglich aufgehoben werden soll. Die insoweit unklare Rechtsnatur des Rücktritts kann sich auf die Strafbarkeit der Beteiligung am Versuch gemäß Art. 25 Abs. 3b, c und d IStGH-Statut auswirken.1469 3. Implementierung Die Erfüllung der Vorgaben des Rom-Statuts kann in den nationalen Rechtsordnungen Änderungen der Verfassung und der Strafgesetzgebung erforderlich machen.1470 Zu unterscheiden sind dabei zwei Problemkreise: Einerseits ergibt sich aus dem Rom-Statut die Verpflichtung zur Zusammenarbeit und Rechtshilfe, andererseits bietet die durch das Komplementaritätsprinzip konstituierte Pönalisierungsobliegenheit1471 zumindest einen Anreiz, die Tatbestände des Rom-Statuts in nationale Vorschriften umzusetzen und sich so das Recht eigener Strafverfolgung zu sichern.1472 Vertragsstaaten, die den Vorrang ihrer nationalen Strafrechtspflege vor der des Internationalen Strafgerichtshofs erhalten möchten, haben ihr Strafrecht also an die Tatbestände des Statuts anzupassen.1473 Das nationale Recht ist dafür zunächst daraufhin zu prüfen, ob es dem Statut vergleichbare Strafnormen enthält, wobei materielle Identität ausreichen soll, die dann besteht, wenn sich die jeweils geschützten Rechtsgüter, Tatbestände und Rechtsfolgen in ihrem Wert- und Regelungsgehalt entsprechen.1474 1467 1468
Ambos, Völkerstrafrecht AT, 715; Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 34. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 710 mit Fn. 22; Jescheck, ZStW 99 (1987), 111,
123 f. 1469
Ambos, Völkerstrafrecht AT, 713, 715; Triffterer/Ambos, Commentary, Art. 25 Rn. 34; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 437. 1470 Schabas, HRLJ 20 (1999), 157. 1471 Zimmermann, ZRP 2002, 97, 98; ders., NJW 2002, 3068. 1472 „Two distinct issues must be addressed: first, the State’s legislation must enable it to comply with the obligations in the Statute concerning co-operation and enforcement; second, and in keeping with the principle of complementarity (. . .), the State’s legislation should enable it to exercise domestic jurisdiction over the crimes and the individuals within the jurisdiction of the Court.“, Schabas, HRLJ 20 (1999), 157; Stahn, HVR 13 (2000), 200. 1473 Hermsdörfer, HVR 12 (1999), 22, 27. 1474 Hermsdörfer, HVR 12 (1999), 22, 23; ders., DRiZ 2000, 70, 71.
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Fehlt es an der Vergleichbarkeit, ist eine mit dem Statutsstrafrecht materiell identische Norm in das nationale Strafrecht aufzunehmen.1475 Ein solcher Anpassungsbedarf kann auch im Bereich des Allgemeinen Teils und speziell hinsichtlich der Versuchsregelung bestehen: „Discrepancies also exist between the forms of criminal participation and the inchoate crimes punishable under the Rome Statute – conspiracy, complicity and attempt – and those that exist in domestic codes (. . .).“1476 Der deutsche Gesetzgeber hat in vielfältiger Weise auf die Anforderungen des Rom-Statuts reagiert.1477 Das „Implementierungspaket“ beinhaltet die Ratifikation durch das IStGH-Statutsgesetz,1478 die Änderung von Art. 16 Abs. 2 dGG, damit deutsche Staatsangehörige an den IStGH überstellt werden können,1479 das Ausführungsgesetz zum Römischen Statut mit Regeln über Zusammenarbeit und Rechtshilfe1480 sowie die Anpassung des materiellen Strafrechts durch modifizierende Umsetzung des Römischen Statuts in einer selbständigen Kodifikation, nämlich dem Völkerstrafgesetzbuch vom 30. 6. 2002.1481 Entsprechend der traditionellen Gesetzgebungssystematik ist den einzelnen völkerstrafrechtlichen Tatbeständen des dVStGB in den §§ 1–5 ein Allgemeiner Teil vorangestellt. Das Völkerstrafgesetzbuch verzichtet insoweit aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität weitestgehend auf Sonderregelungen und beschränkt sich auf die nach dem IStGH-Statut unvermeidlichen Abweichungen, das heißt grundsätzlich soll der Allgemeine Teil des dStGB auch auf die Straftatbestände des dVStGB Anwendung finden.1482 Nach der Grundentscheidung des § 2 dVStGB als „zentraler Umschaltnorm“1483 bleibt das Völker1475 Hermsdörfer, HVR 12 (1999), 22, 24. Vgl. zu Optionen der Umsetzung in das innerstaatliche Recht ausführlich Werle, JZ 2001, 885, 886 ff. 1476 Schabas, HRLJ 20 (1999), 157, 161. 1477 Zum aktuellen Stand des Implementierungsprozesses in den Mitgliedstaaten der EU vgl. nationale Berichte auf der Homepage des Europarates, http://www.coe.int/T/ E/Legal_Affairs/Legal_co-operation/Transnational_criminal_justice/International_Crimi nal_Court/Documents/2Country_Information.asp#TopOfPage. Vgl. zur Inkorporierung in das englische Recht Lüder, HVR 11 (1998), 59 ff. Rechtsvergleichender Überblick bei Stahn, HVR 13 (2000), 200 ff.; vgl. auch ausführliche Beiträge in Kreß/Lattanzi, The Rome Statute and Domestic Legal Orders I. 1478 BGBl 2000 II, 1393. 1479 BGBl 2000 I, 1633, vgl. dazu Uhle, NJW 2001, 1889 ff.; Zimmermann, JZ 2001, 233 ff. 1480 dRSAG; vgl. dazu MacLean, ZRP 2002, 260 ff. 1481 dVStGB; vgl. dazu Satzger, NStZ 2002, 125; Werle, JZ 2001, 885, 895; ders./ Jeßberger, JZ 2002, 725, 730; Zimmermann, ZRP 2002, 97, 99; ders., NJW 2002, 3068. 1482 Begr. Entwurf d. dVStGB, BT Drucks. 14/8524, S. 12; Werle, JZ 2001, 885, 889; ders./Jeßberger, JZ 2002, 725, 727; Zimmermann, ZRP 2002, 97, 99; ders., NJW 2002, 3068, 3069. 1483 § 2 dVStGB: „Auf Taten nach diesem Gesetz findet das allgemeine Strafrecht Anwendung, soweit dieses Gesetz nicht in den §§ 1 und 3 bis 5 besondere Bestimmungen trifft.“.
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strafgesetzbuch also in das „dogmatische Korsett“ der Materie des allgemeinen Strafrechts eingebettet.1484 Bei einigen Fragen des Allgemeinen Teils gelten die Regelungen des Strafgesetzbuches, obwohl sie vom Wortlaut des IStGH-Statuts abweichen, da keine so wesentlichen inhaltlichen Unterschiede vorliegen, dass eine Übernahme der Statutsnormen notwendig wäre.1485 Auch was die Versuchsvorschrift in Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut betrifft, wird angenommen, dass eine Umsetzung entbehrlich sei, da sie der Sache nach der Regelung in §§ 22–24 dStGB entspreche.1486 4. Integrative Wirkung des Statuts Das In-Kraft-Treten des IStGH-Statuts und des Völkerstrafgesetzbuches hat in Deutschland zu einer Verstärkung der Wechselwirkungen zwischen deutschem und internationalem Strafrecht sowie mit der Strafrechtspflege anderer Staaten geführt.1487 Mit dem Rom-Statut als internationalem Rechtsstandard, an dem die Staaten ihr Gesetzesrecht und ihre Strafrechtspraxis messen, ist die Hoffnung verbunden, dass durch Förderung der Angleichung des nationalen Strafrechts an die Statutsnormen ein Beitrag zur Harmonisierung der nationalen Rechtsordnungen und internationalen Rechtsvereinheitlichung geleistet wird:1488 „The result may be something that comparative criminal lawyers have long dreamed of, a cosmopolitan criminal law.“1489
IV. Der Versuch im amerikanischen „Model Penal Code“ 1. Der „Model Penal Code“ Der „Model Penal Code“ (MPC) als vom „American Law Institute“ (ALI), einer privaten Juristenvereinigung, entworfenes Modell eines Strafgesetzbuchs ist der Versuch, das Strafrecht der US-amerikanischen Staaten zu harmonisie1484 Satzger, NStZ 2002, 125, 127; Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 229; ders., JZ 2001, 885, 889; ders./Jeßberger, JZ 2002, 725, 727; Zimmermann, ZRP 2002, 97, 99. 1485 Begr. Entwurf d. dVStGB, BT Drucks. 14/8524, S. 14. 1486 Begr. Entwurf d. dVStGB, BT Drucks. 14/8524, S. 17. Nach § 24 dStGB kann der Täter jedoch auch dann strafbefreiend zurücktreten, wenn der Erfolg eintritt, dieser ihm aber nicht objektiv zurechenbar ist und er sich freiwillig und ernsthaft um die Vollendungsverhinderung bemüht hat – nach Art. 25 Abs. 3f IStGH – Statut kommt Rücktritt immer nur bei Ausbleiben des Erfolges in Betracht, sodass das dVStGB i. V. m. § 24 dStGB täterfreundlicher als das Statut ist, wodurch der Weg zur eigentlich unerwünschten Gerichtsbarkeit des IStGH wieder eröffnet ist, Satzger, NStZ 2002, 125, 128 Fn. 46. 1487 Werle, Völkerstrafrecht, Rn. 231. 1488 Hermsdörfer, HVR 12 (1999), 22, 27; ders., DRiZ 2000, 70, 74. 1489 Schabas, HRLJ 20 (1999), 157, 161.
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ren.1490 Das Ergebnis der über einen Zeitraum von zehn Jahren sich erstreckenden Vorarbeiten und Verhandlungen1491 wurde am 4. 5. 1962 (mit Veränderungen und redaktionellen Verbesserungen am 30. 7. 1962) publiziert.1492 Die Struktur des MPC orientiert sich am Vorbild europäischer Strafgesetzbücher: Den „Begriffsbestimmungen und Straftaten“ (Teil II) sind in den Art. 1–7 MPC (Teil I) „Allgemeine Bestimmungen“ vorangestellt; in den Teilen III und IV werden „Behandlungsmethoden und Besserungsmaßnahmen“ sowie die „Organisation der Besserungsanstalten“ geregelt.1493 Der Besondere Teil enthält keine Strafdrohungen für die einzelnen Delikte; deren Entbehrlichkeit ergibt sich aus der Differenzierung zwischen verschiedenen „Classes of Crimes“ („felonies“, „misdemeanors“, „petty misdemeanors“) in § 1.04 Abs. 1 MPC, für die das Höchst- und Mindestmaß der Strafe jeweils allgemein festgelegt sind.1494 2. Die allgemeine Regelung des Versuchs im „Model Penal Code“ a) Der Allgemeine Teil des „Model Penal Code“ Die Artikel 1–7 enthalten unter der Überschrift „General Provisions“ einen „Allgemeinen Teil“ des MPC mit Regelungen zu einleitenden Bestimmungen (Art. 1 MPC), allgemeinen Grundsätzen der Verantwortung (Art. 2 MPC) und der Rechtfertigung (Art. 3 MPC), zur strafrechtlichen Verantwortung (Art. 4 MPC), zu einleitenden Straftaten (Art. 5 MPC), gesetzlich zulässigen Maßnahmen gegen Rechtsbrecher (Art. 6 MPC) und Befugnissen des Gerichts bei Festsetzung der Strafe (Art. 7 MPC). Die Zusammenfassung von Versuch („attempt“), zu – bestimmen – Versuchen („solicitation“), Verabredung („criminal conspiracy“) sowie Besitz von Werkzeugen, die zur Begehung von Verbrechen dienen („possessing instruments of crime“) und von Waffen („weapons“)1495 unter dem Begriff der einleitenden Straftaten („inchoate crimes“) in Art. 5 MPC lässt sich damit rechtfertigen, dass diesen Delikten ein auf Begehung einer Straftat gerichtetes Verhalten gemeinsam ist, das entweder nicht zur Durchführung gelangt, oder das zu einem weiteren Handeln, sei es des Täters, sei es eines anderen, führen soll.1496 1490
Honig, Entwurf, V; ders., ZStW 75 (1963), 63, 64. Die Entwürfe von 1953–1961 sind in 13, einzelne Problemkreise behandelnden „Tentative Drafts“ zusammengestellt, Honig, Entwurf, VI; ders., ZStW 75 (1963), 63, 64 m. w. N. 1492 Honig, Entwurf, V; ders., ZStW 75 (1963), 63, 64. 1493 Honig, Entwurf, V; ders., ZStW 75 (1963), 63, 66. 1494 Honig, ZStW 75 (1963), 63, 66. 1495 Vgl. Normtext bei Honig, Entwurf, 62 ff.; ULA, 204 ff. 1496 Honig, ZStW 77 (1965), 37, 50; Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571 ff. 1491
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b) Die Versuchsregelung in § 5.01 MPC 1497 aa) Strafgrund und Versuchsunrecht Indem die Versuchskonzeption des MPC von der Vorstellung des Täters, also seiner gefährlichen Gesinnung, nicht aber von der objektiven Gefährlichkeit seiner Handlung ausgeht, steht sie der subjektiven Lehre nahe.1498 Mit der Verlagerung der Perspektive „from act to mind“ geht ein „shift from focusing on the threats posed by dangerous actions to the danger posed by dangerous people“ einher,1499 das heißt der MPC stellt primär auf die Tätergefährlichkeit ab. Der vorrangige Strafzweck ist es folglich, „to neutralize dangerous individuals and not to deter dangerous acts“.1500 Für das Versuchsunrecht kennzeichnend ist das Verhalten des Täters als Indiz seiner Gefährlichkeit: Die Vornahme von auf Tatbestandsverwirklichung gerichteten Handlungen lasse auf die Bereitschaft zu krimineller Betätigung nicht nur in dem konkreten Fall, sondern auch zukünftig schließen.1501 Das zufällige Ausbleiben des Erfolgs dürfe dem Täter daher nicht zugute kommen.1502 Vor diesem kriminalpolitischen Hintergrund verfolgt der MPC das Ziel, „to extend the criminality of attempts by sweeping aside the defense of impossibility, including the distinction between so-called factual and legal impossibility, and by drawing the line between attempt and noncriminal preparation further away from the final act; the crime becomes essentially one of criminal purpose implemented by an overt act strongly corroborative of such purpose.“1503 bb) Strafbarkeit § 5.01 Abs. 1 MPC sieht die generelle Strafbarkeit des Versuchs von „Straftaten“ („crimes“), das heißt gleichermaßen bei „felony“, „misdemeanor“ und „petty misdemeanor“, nicht aber bei bloßer „violation“ gemäß § 1.04 MPC vor.1504 1497 Die Versuchsstrafbarkeit ist in § 5.01 MPC sehr ausführlich geregelt, vgl. Honig, Entwurf, 59 ff.; ULA, 192 f. Aufgrund der besseren Übersichtlichkeit werden die jeweils relevanten Absätze im Rahmen der Behandlung der einzelnen Grundfragen zitiert. 1498 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 720, 722; Duff, Attempts, 64; Fletcher, Rethinking, 160, 167 f.; Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 574 („the proper focus of attention is the actor’s disposition“). 1499 Fletcher, Concepts, 177; vgl. Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 572. 1500 ALI, MPC I, 323. „Deterrence is at most a minor function to be served in fashioning provisions of the penal law addressed to these inchoate crimes.“, Wechsler/ Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 572. 1501 Honig, ZStW 77 (1965), 37, 51; Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 572. 1502 Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 572 f. 1503 Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 573.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Die versuchte Beihilfe („Conduct Designed To Aid Another in Commission of a Crime“) ist strafbar gemäß § 5.01 Abs. 3 MPC.1505 Die Anordnung der Strafbarkeit des Unterstützenden auch in den Fällen, in denen der Haupttäter das Versuchsstadium nicht erreicht, dient dazu, der Entstehung von Strafbarkeitslücken vorzubeugen (§ 2.06 MPC regelt nur die Teilnahme an der vollendeten Tat)1506 und lässt sich damit rechtfertigen, dass vom Standpunkt des Gehilfen aus sein Handeln als wesentlicher Tatbeitrag im Sinne von § 5.01 Abs. 1c und Abs. 2 MPC erscheint.1507 Ebenso weitgehend ist die Bestrafung der versuchten Anstiftung („Criminal Solicitation“) in § 5.02 MPC.1508 cc) Strafmaß Die Rechtsfolgen des Versuchs sind in § 5.05 Abs. 1 und 2 MPC geregelt: „Einstufung des strafbaren Versuchs, des zu – bestimmen – Versuchens und der Verabredung; Strafmilderung in Fällen geringer Gefahr; Unzulässigkeit mehrfacher Verurteilung 1. Einstufung. Soweit in dieser Sektion nichts Abweichendes bestimmt ist, sind der Versuch, das zu – bestimmen – Versuchen und die Verabredung Strafta1504
Vgl. Honig, Entwurf, 59 Fn. 121; ders., ZStW 77 (1965), 37, 50. § 5.01 Abs. 3 MPC: „Verhalten, dazu bestimmt, einen anderen bei der Begehung einer Straftat zu unterstützen. Wer etwas tut, was dazu bestimmt ist, einen anderen bei der Begehung einer Straftat zu unterstützen, und was gemäß Sektion 2.06 seine Mittäterschaft begründen würde, falls die Tat durch einen anderen begangen wäre, ist des Versuchs der Tat schuldig, auch wenn die Tat durch den anderen weder begangen noch versucht worden ist.“, Honig, Entwurf, 61. Vgl. englischen Originaltext in ULA, 193. 1506 „Subsection (3) fills what would otherwise be a gap in complicity liability.“, ULA, expl. note § 5.01, 193; vgl. Honig, ZStW 77 (1965), 37, 52; Wechsler/Jones/ Korn, Col. L. R. 1961, 571, 613 f. 1507 Honig, Entwurf, 61 Fn. 126. 1508 § 5.02 MPC: „Strafbares zu – bestimmen – Versuchen 1. Begriffsbestimmung des zu – bestimmen – Versuchens. Wer in der Absicht, eine Straftat zu fördern oder zu erleichtern, einem anderen befiehlt oder ihn ermutigt oder ersucht, das zu tun, was solch eine Straftat oder ihren Versuch oder eine Teilnahme an ihr oder ihrem Versuch darstellen würde, macht sich des zu einer Straftat zu – bestimmen – Versuchens schuldig. 2. Nicht übermitteltes zu – bestimmen – Versuchen. Für ein Verschulden im Sinne der Unterabteilung (1) dieser Sektion ist es unerheblich, daß es dem Täter nicht gelingt, mit demjenigen in Verbindung zu treten, den er zu bestimmen versucht, wenn sein Verhalten darauf gerichtet war, solch eine Verbindung herzustellen. 3. Aufgeben der strafbaren Absicht. Stützt der Täter seine Verteidigung darauf, daß er denjenigen, den er zu bestimmen versucht hatte, eine Straftat zu begehen, überredet hat, dies nicht zu tun, oder daß er auf andere Weise die Begehung der Tat mit Mitteln verhinderte, die ein endgültiges und freiwilliges Aufgeben seiner strafbaren Absicht erkennen läßt, dann hat er dies glaubhaft zu machen.“, Honig, Entwurf, 62. Vgl. englischen Originaltext in ULA, 204. 1505
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ten von gleicher Schwere und gleichen Grades wie die schwerste Straftat, welche versucht oder zu der erfolglos angestiftet wurde oder die den Gegenstand der Verabredung bildete. Ein Versuch, eine erfolglose Anstiftung der Verabredung, ein (mit Todesstrafe bedrohtes oder ein) Verbrechen ersten Grades zu begehen, stellt ein Verbrechen 2. Grades dar. 2. Strafmilderung. Ist ein bestimmtes Verbrechen, das als Versuch, als zu – bestimmen – Versuchen oder als Verabredung zu bestrafen wäre, in sich so wenig geeignet, zur Begehung einer Straftat zu führen, daß weder das Verhalten als solches, noch der Täter eine Gefahr für die Öffentlichkeit bildet, im Hinblick auf die eine Einstufung seines Verhaltens nach Maßgabe dieser Sektion gerechtfertigt wäre, dann soll das Gericht von der ihm in Sektion 6.12 eingeräumten Befugnis Gebrauch machen und ihm eine Strafe für eine Straftat geringerer Schwere oder geringen Grades festsetzen oder äußerstenfalls das Verfahren einstellen.“1509 Aus der prinzipiell identischen Kategorisierung von versuchten und vollendeten Delikten in Abs. 1 ergibt sich der Grundsatz von deren Gleichbestrafung.1510 Dies wird mit der Vergleichbarkeit des Unwertgehalts bei Versuch und Vollendung begründet.1511 Abs. 2 eröffnet jedoch den Gerichten die Möglichkeit der Milderung beziehungsweise des Absehens von Strafe in Konstellationen, in denen das Verhalten so wenig zur Begehung einer Straftat geeignet scheint, dass weder von ihm noch vom Täter eine Gefahr für die Öffentlichkeit ausgeht.1512 Diese Regelung erklärt sich aus der Identifikation der Tätergefährlichkeit als dem primären Strafgrund des Versuchs.1513 1509 Honig, Entwurf, 66. Vgl. zu § 6.12 MPC (Verurteilung wegen einer weniger schweren als der tatsächlich begangenen Straftat) Honig, Entwurf, 76. Der englische Originaltext von § 5.05 Abs. 1 und 2 MPC lautet: „Grading of Criminal Attempt, Solicitation and Conspiracy; Mitigation in Cases of Lesser Danger; Multiple Convictions Barred 1. Grading. Except otherwise provided in this Section, attempt, solicitation and conspiracy are crimes of the same grade and degree as the most serious offense that is attempted or solicited or is an object of the conspiracy. An attempt, solicitation or conspiracy to commit a (capital crime or a) felony of the first degree is a felony of the second degree. 2. Mitigation. If the particular conduct charged to constitute a criminal attempt, solicitation or conspiracy is so inherently unlikely to result or culminate in the commission of a crime that neither such conduct nor the actor presents a public danger warranting the grading of such offense under this Section, the Court shall exercise its power under Section 6.12 to enter judgement and impose sentence for a crime of lower grade or degree or, in extreme cases, may dismiss the prosecution.“, ULA, 235 f. 1510 „(. . .) general principle that attempt, solicitation and conspiracy are crimes of the same grade and degree as the most serious substantive offense that is their object. An exception is made for the most serious category of crime, where the inchoate offense is graded as a felony of the second degree.“, ULA, expl. note § 5.05, 236. 1511 Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 573. 1512 ULA, expl. note § 5.05, 236.
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dd) Versuchsbeginn (1) Subjektiver Tatbestand In subjektiver Hinsicht ist nach § 5.01 Abs. 1 MPC grundsätzlich Absicht erforderlich („purposely“, „with the purpose“),1514 das heißt der Täter muss „seriously dedicated to commission of a crime“ sein.1515 Ausnahmsweise reicht bezüglich der „circumstances“ Fahrlässigkeit aus, soweit dies für den Vollendungstatbestand der Fall ist;1516 bei Erfolgsdelikten genügt gemäß § 5.01 Abs. 1b MPC direkter Vorsatz.1517 (2) Objektiver Tatbestand Der MPC unterscheidet in § 5.01 Abs. 1 und 2 drei Fälle strafbaren Versuchs: „(. . .) those where the actor’s conduct would constitute the crime if the circumstances were as he believed them to be; those where the actor has completed conduct that he expects to cause a proscribed result; and those where the actor has not yet completed his own conduct, and the problem is to distinguish between acts of preparation and a criminal attempt.“1518 Die Strafbarkeit des beendeten Versuchs (Fälle des „last proximate act“) ergibt sich aus § 5.01 Abs. 1a und b MPC.1519 Die Begriffsbestimmung des Versuchs in § 5.01 Abs. 1a MPC soll im Ergebnis dem kontinentaleuropäischen Konzept des Anfangs der Ausführung entsprechen, wobei klargestellt wird, dass diesem ein Verhalten gleichsteht, das lediglich nach der Vorstellung des Täters einen Ausführungsbeginn bedeutet:1520 „Des Versuchs einer Straftat macht sich schuldig, wer (. . .) absichtlich das tut, was die Straftat verwirklichen würde, würde sein Verhalten, wie er annimmt, den Tatbestandsmerkmalen entsprechen; (. . .)“1521
1513
Duff, Attempts, 107. Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 575. 1515 Honig, ZStW 77 (1965), 37, 50. 1516 § 5.01 Abs. 1 MPC verlangt insoweit das Vorliegen der „für die Begehung der Tat erforderlichen Schuldform“, Honig, Entwurf, 59. 1517 ULA, expl. note § 5.01, 193; Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 577 („(. . .) the manifestation of the actor’s dangerousness is as great – or very nearly as great – as in the case of purposive conduct (. . .). The absence (. . .) of any desire for the forbidden result is not, under these circumstances, a sufficient basis for differentiating between the two types of conduct involved.“). 1518 ULA, expl. note § 5.01, 193. 1519 „(. . .) when the actor has done all that he believes necessary to cause the particular result that is an element of the crime, he has committed an attempt.“, Wechsler/ Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 585. 1520 Honig, ZStW 77 (1965), 37, 50 f. 1514
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Aus § 5.01 Abs. 1b MPC folgt, dass bei Erfolgsdelikten nicht die tatsächliche Vornahme der objektiv als „last proximate act“ zu qualifizierenden Handlung erforderlich sein, sondern es genügen soll, dass der Täter meint, er habe bereits alles zur Tatbestandsvollendung Notwendige getan:1522 „Des Versuchs einer Straftat macht sich schuldig, wer (. . .) sofern die Verursachung eines bestimmten Erfolges ein Merkmal der Straftat ist, etwas tut oder unterläßt entweder in der Absicht, den Erfolg herbeizuführen, oder in der Annahme, daß sein Verhalten den Erfolg ohne weiteres Zutun von seiner Seite bewirken werde; (. . .)“1523 Die Strafbarkeit auch unbeendeter Versuche ergibt sich aus der weiten Definition des Versuchsbeginns als „substantial step which strongly corroborates the author’s criminal purpose“1524 in § 5.01 Abs. 1c und Abs. 2 MPC. Nach § 5.01 Abs. 1c MPC macht sich des Versuchs einer Straftat auch schuldig, wer „(. . .) mit der für die Begehung der Tat erforderlichen Schuldform absichtlich etwas tut oder unterläßt, was unter den Umständen, wie er sieht, ein Tun oder Unterlassen ist, das im Ablauf des geplanten Verhaltens einen wesentlichen Schritt zur Begehung der Tat darstellt.“1525 Während die „proximity“-Lehren des anglo-amerikanischen „Common Law“ fragen, was dem Täter noch zu tun bleibt, konzentriert sich der „substantial step“-Test des MPC auf die bereits vollzogenen Handlungsabschnitte.1526 Statt vom vollendeten Delikt auszugehen und rückblickend die Tatbestandsnähe zu bewerten, wird auf Grundlage der Intention des Täters untersucht, ob bereits ein wesentlicher Schritt zu deren Realisierung vorgenommen wurde. Der Bereich strafbaren Versuchs wird durch die „substantial step“-Doktrin damit erheblich ausgedehnt.1527 1521 Honig, Entwurf, 59 f. Der englische Originaltext von § 5.01 Abs. 1a MPC lautet: „A person is guilty of an attempt to commit a crime if (. . .) he purposely engages in conduct that would constitute the crime if the attendant circumstances were as he believes them to be; (. . .)“, ULA, 192. 1522 Honig, Entwurf, 60 Fn. 123. 1523 Honig, Entwurf, 59 f. Der englische Originaltext von § 5.01 Abs. 1b MPC lautet: „A person is guilty of an attempt to commit a crime if (. . .) he when causing a particular result is an element of the crime, does or omits to do anything with the purpose of causing or with the belief that is will cause such result without further conduct on his part; (. . .)“, ULA, 192. 1524 Duff, Attempts, 61. 1525 Honig, Entwurf, 60. Der englische Originaltext von § 5.01 Abs. 1c MPC lautet: „A person is guilty of an attempt to commit a crime if he purposely does or omits to do anything that, under the circumstances as he believes them to be, is an act or omission constituting a substantial step in a course of conduct planned to culminate in the commission of the crime.“, ULA, 192. 1526 Honig, Entwurf, 60 Fn. 124; Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 593. 1527 Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 593; Williams, Textbook, 415.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Das Vorliegen des „substantial step“ ist – wie in Deutschland – in Abhängigkeit von der Vorstellung des Täters bezüglich der Tatumstände zu bestimmen. Bereits § 5.01 Abs. 1c MPC verlangt einen „wesentlichen Schritt im Ablauf des geplanten Verhaltens“ und nach § 5.01 Abs. 2 MPC soll ein Versuchsbeginn nur zu bejahen sein, wenn die vorgenommene Handlung den vom Täter verfolgten kriminellen Zweck verstärkt oder bestätigt:1528 „Ein Verhalten soll nicht als wesentlicher Schritt im Sinne des Unterabschnitts 1c dieser Sektion angesehen werden, wenn die strafbare Absicht des Täters aus ihm nicht klar hervorgeht. (. . .).“1529 Mit dem „corroboration of criminal purpose“-Kriterium als abgeschwächter Form des „unequivocality“-Tests1530 soll die „firmness of criminal purpose“, das heißt die kriminelle Absicht des Täters und seine Entschlossenheit, die Tat zu begehen, außer Frage gestellt werden.1531 Für die Annahme der Versuchsstrafbarkeit genügt es jedoch nicht, dass der Täter sich durch die bereits vollzogene Handlung subjektiv bestärkt fühlt, vielmehr muss sich ein „substantial step“ zudem objektiv an die Tatbestandsverwirklichung annähern. Dafür soll einerseits auch eine Handlung ausreichen, die die Notwendigkeit weiterer Schritte zur Tatbestandsverwirklichung nicht ausschließt, andererseits erfordert die strafrechtliche Verantwortlichkeit jedoch mehr als die Vornahme des „first act“.1532 Zur Konkretisierung enthält § 5.01 Abs. 2 MPC eine nicht abschließende Aufzählung typischer, von der Rechtsprechung entwickelter Fallgruppen, die auch bloße Vorbereitungshandlungen umfassen.1533 ee) Untauglichkeit Eines der Regelungsvorhaben der Verfasser des MPC zur Umsetzung der subjektiven, auf die Tätergefährlichkeit abhebenden Strafgrundauffassung war die Normierung der generellen Strafbarkeit des Versuchs ohne Rücksicht auf dessen Undurchführbarkeit, das heißt auf die tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit der Tatvollendung.1534 Das Problem des untauglichen Versuchs wird im 1528 Vgl. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 720; Honig, Entwurf, 60 Fn. 124; ders., ZStW 77 (1965), 37, 51; ULA, expl. note § 5.01, 193. 1529 Honig, Entwurf, 60. Der englische Originaltext von § 5.01 Abs. 2 MPC lautet: „Conduct shall not be held to constitute a substantial step under Subsection 1c of this Section unless it is strongly corroborative of the actor’s criminal purpose.“, ULA, 192. 1530 Duff, Attempts, 54. 1531 Honig, Entwurf, 60 Fn. 124; ders., ZStW 77 (1965), 37, 51. 1532 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 736; Duff, Attempts, 53. 1533 Normtext bei Honig, Entwurf, 60 f.; ULA, 192. Vgl. Honig, ZStW 77 (1965), 37, 51; Law Comm. No. 102, 2.30 Fn. 76; ULA, expl. note § 5.01, 193; zu den „specifically enumerated situations“ im Einzelnen ausführlich Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 595 ff. 1534 Honig, ZStW 77 (1965), 37, 50.
B. Übernationale Regelungen des Versuchs
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MPC in allen seinen Erscheinungsformen, nämlich der relativen und absoluten, der tatsächlichen und der rechtlichen Untauglichkeit abgeschnitten,1535 indem sich der Vorsatz nach § 5.01 Abs. 1a („würde sein Verhalten, wie er annimmt, den Tatbestandsmerkmalen entsprechen“1536) und c („was unter den Umständen, wie er sie sieht“1537) MPC entsprechend der individuellen „beliefs as to relevant facts and legal relationships“ bestimmt.1538 Der Entschluss, eine Straftat zu verüben, müsse im Lichte dessen gewertet werden, was der Täter bei seinem Verhalten im Sinne hatte, nicht aber unter Zugrundelegung des faktisch Durchführbaren.1539 Indem der Täter seinen kriminellen Vorsatz weitestgehend in die Tat umsetze, manifestiere sich seine Gefährlichkeit: „(. . .) the mere fact that the completion of a crime is impossible does not show that the agent is not dangerous.“1540 Eine Ausprägung des primären Abstellens auf die vom Täter ausgehende Gefahr ist auch die in § 5.05 Abs. 2 MPC normierte Möglichkeit der Strafmilderung beziehungsweise des Absehens von Strafe in Fällen, in denen die Tathandlung „in sich so wenig geeignet [ist], zur Begehung einer Straftat zu führen, daß weder das Verhalten als solches, noch der Täter eine Gefahr für die Öffentlichkeit bildet, im Hinblick auf die eine Einstufung seines Verhaltens nach Maßgabe dieser Sektion gerechtfertigt wäre“.1541 Unabhängig vom „public danger“-Kriterium des § 5.05 Abs. 2 MPC soll jedoch das Wahndelikt auch nach dem MPC straflos sein: „it is still necessary that the result desired or intended by the actor constitute a crime“.1542 Ansonsten versagt der MPC dem Angeklagten jegliche Verteidigung durch Berufung auf die Untauglichkeit seines Verhaltens. ff) Rücktritt Mit der positiven Rücktrittsregelung in § 5.01 Abs. 4 erkennt der MPC den strafbefreienden Verzicht auf das verbrecherische Vorhaben in gewissen Grenzen an:1543 1535 Duff, Attempts, 107; Honig, Entwurf, 60 Fn. 122 zu § 5.01 Abs. 1a MPC; ders., ZStW 77 (1965), 37, 51; Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 578, 585. 1536 Honig, Entwurf, 60. Der englische Originaltext lautet: „if the attendant circumstances were as he believes them to be“, ULA, 192. 1537 Honig, Entwurf, 60. Der englische Originaltext lautet: „under the circumstances as he believes them to be“, ULA, 192. 1538 Duff, Attempts, 107; ULA, expl. note § 5.01, 193. 1539 Honig, ZStW 77 (1965), 37, 51. 1540 Duff, Attempts, 106; vgl. Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 578. 1541 Honig, Entwurf, 66. 1542 Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 579; vgl. Duff, Attempts, 107; Fletcher, Rethinking, 176. 1543 Honig, ZStW 77 (1965), 37, 50; Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 573, 614 ff.
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
„Aufgeben der strafbaren Absicht. Stützt der Täter, dessen Verhalten gemäß Unterabteilung 1b oder 1c dieser Sektion einen Versuch darstellen würde, seine Verteidigung darauf, daß er seine Bemühung, die Tat zu begehen, aufgegeben oder auf andere Weise deren Begehung verhindert habe, und zwar in einer Weise, die ein endgültiges und freiwilliges Aufgeben seiner strafbaren Absicht erkennen läßt, dann hat er dies glaubhaft zu machen. Solch eine Verteidigung berührt nicht die Haftung eines Teilnehmers, der sich an dem Abstehen von der Tat oder ihrer Verhinderung nicht beteiligt hat. Nicht freiwillig im Sinne dieses Artikels ist ein Aufgeben der strafbaren Absicht dann, wenn es vollständig oder zum Teil durch Umstände veranlaßt ist, die zu Beginn der Tat weder gegeben noch ersichtlich waren, und welche die Entdeckung oder Ergreifung wahrscheinlich machen oder die Durchführung der Tat erschweren. Nicht endgültig ist das Abstehen dann, wenn der Täter sich entschied, das strafbare Vorhaben auf einen günstigeren Zeitpunkt zu verschieben oder die Tat an einem anderen, aber gleichartigen Gegenstand zu vollziehen.“1544 Die Ausgestaltung des Rücktritts als „affirmative defense“1545 impliziert, dass das durch die bereits vorgenommenen Handlungen begründete Versuchsunrecht durch den Verzicht auf die Tatvollendung wieder neutralisiert wird.1546 § 5.01 Abs. 4 Satz 2 MPC stellt ausdrücklich klar, dass die Verteidigung nicht die Haftung eines am Rücktritt unbeteiligten Mitwirkenden berührt, sodass sich der Rücktritt im Sinne des MPC als persönlicher Strafaufhebungsgrund erweist.1547 In objektiver Hinsicht setzt die Strafbefreiung gemäß § 5.01 Abs. 4 Satz 1 MPC das Aufgeben der Bemühungen, die Tat auszuführen oder die Verhinde1544 Honig, Entwurf, 61. Der englische Originaltext von § 5.01 Abs. 4 MPC lautet: „Renunciation of Criminal Purpose. When the actor’s conduct would otherwise constitute an attempt under Subsection 1b or 1c of this Section, it is an affirmative defence that he abandoned his effort to commit the crime or otherwise prevented its commission, under circumstances manifesting a complete and voluntary renunciation of his criminal purpose. The establishment of such defense does not, however, affect the liability of an accomplice who did not join in in such abandonment or prevention. Within the meaning of this Article, renunciation of criminal purpose is not voluntary if it is motivated, in whole or in part, by circumstances, not present or apparent at the inception of the actor’s course of conduct, that increase the probability of detection or apprehension or that make more difficult the accomplishment of the criminal purpose. Renunciation is not complete if it is motivated by a decision to postpone the criminal conduct until a more advantageous time or to transfer the criminal effort to another but similar object or victim.“, ULA, 193. 1545 Duff, Attempts, 67; Fletcher, Rethinking, 185; Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 618. 1546 „To treat it as an affirmative defence implies that she was engaged in a genuine criminal attempt, but her abandonment wipes out what would otherwise have been her guilt.“, Duff, Attempts, 67; vgl. ULA, expl. note § 5.01, 194. 1547 Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 619.
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rung der Begehung auf andere Weise voraus.1548 Eine Rücktrittsmöglichkeit besteht also grundsätzlich auch bei beendetem Versuch; der Täter trägt hier jedoch das Erfolgsabwendungsrisiko.1549 Aus § 5.01 Abs. 4 Satz 1 MPC ergibt sich das in Satz 4 konkretisierte Erfordernis der Endgültigkeit der Tataufgabe. Aus der Negativdefinition des § 5.01 Abs. 4 Satz 3 MPC wird deutlich, dass das Freiwilligkeitskriterium anhand der Differenzierung zwischen autonomen und heteronomen Rücktrittsmotiven zu beurteilen ist, das heißt unfreiwillig ist ein durch äußere Umstände veranlasster Verzicht.1550 Ausgeschlossen ist die Freiwilligkeit auch bei Motivbündeln („vollständig oder zum Teil“); eine Motivation gemäß der Verbrechervernunft soll indes nicht schaden.1551 Kriminalpolitisch begründet wird die dem anglo-amerikanischen Recht grundsätzlich eher fremde Schaffung einer Rücktrittsmöglichkeit damit, dass die Notwendigkeit der Berücksichtigung eines freiwilligen Verzichts auf die Tatausführung wachse, je weiter das für den Versuchsbeginn erforderliche objektive Element von der eigentlichen Tatbestandsverwirklichung entfernt sei.1552 Da der „substantial step“-Test insoweit sehr geringe Anforderungen an das versuchsbegründende Täterverhalten stelle und die Schwelle zur Strafbarkeit nach dem MPC sehr früh überschritten sei, müsse dem Täter eine Möglichkeit zugestanden und ihm ein Anreiz gegeben werden, es sich noch anders zu überlegen; das Risiko der Tatbegehung werde dadurch erheblich minimiert.1553 Zudem negiere der Rücktritt als Aufhebung der durch den verbrecherischen Willen bewirkten Rechtserschütterung die die Strafwürdigkeit begründende Tätergefährlichkeit.1554 3. Rechtsnatur und Umsetzung Bei dem MPC handelt es sich nicht um eine amtliche Gesetzesvorlage der Regierung, sondern nur um einen „halboffiziellen“ Entwurf eines Musterstrafgesetzbuches des ALI als einer privaten Juristenvereinigung; die Bezeichnung als „Official Draft“ ist insoweit irreführend.1555
1548
Vgl. Honig, ZStW 77 (1965), 37, 52. Duff, Attempts, 68 ff. 1550 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 712; Honig, ZStW 77 (1965), 37, 52; Wechsler/ Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 616. 1551 Duff, Attempts, 68 ff. 1552 Ashworth, Principles, 484. 1553 Duff, Attempts, 70 ff.; Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 617. 1554 „Voluntary abandonment can negate the inference to dangerousness of character.“, Duff, Attempts, 70 f.; vgl. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 713; Wechsler/Jones/ Korn, Col. L. R. 1961, 571, 617. 1555 Honig, Entwurf, V; ders., ZStW 75 (1963), 63, 64. 1549
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2. Teil: Regelungen des Versuchs
Den amerikanischen Einzelstaaten steht es frei, sich an dem Modell – wenn überhaupt – dadurch zu orientieren, dass sie es entweder als Ganzes oder teilweise anstelle ihrer Strafgesetze einführen, oder die Vorschriften der Teile I („Allgemeine Bestimmungen“) und II („Begriffsbestimmungen und Straftaten“) im Rahmen der Rechtsprechung und die Regelungen der Teile III („Behandlungsmethoden und Besserungsmaßnahmen“) und IV („Organisation der Besserungsanstalten“) im Verwaltungsverfahren berücksichtigen.1556 4. Integrative Wirkung des MPC Das amerikanische Strafrecht ist in 52 „Criminal Codes“ verankert.1557 Der „Federal Criminal Code“ regelt nur spezifische Bundes-Angelegenheiten; grundsätzlich ist die Strafbefugnis gemäß der Verfassung den Einzelstaaten reserviert, woraus eine erhebliche Diversität der Strafrechtspflege resultiert. Ziel des ALI war es daher, die Strafgesetzbücher der nordamerikanischen Staaten durch ein im gesamten US-Gebiet zur Anwendung zu bringendes Strafrecht zu vereinheitlichen.1558 Die Durchführbarkeit dieses Vorhabens hängt dabei von der Bereitschaft der Einzelstaaten ab, den Entwurf als Gesetz oder zumindest als Grundlage der Strafrechtspflege anzuerkennen.1559 Der MPC hat in den sechziger und siebziger Jahren eine Welle von Gesetzgebungsreformen ausgelöst und auch zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung erheblich beigetragen.1560
1556
Honig, Entwurf, V. Neben dem „Federal Criminal Code“ existieren „Criminal Codes“ der 50 Einzelstaaten sowie des District of Columbia. 1558 Honig, ZStW 75 (1963), 63, 64. 1559 Honig, ZStW 75 (1963), 63, 64. 1560 Zum Strafgrund: „(. . .) criminalization of attempt focuses on intent of actor to cause criminal result, rather than resulting harm.“, „Robinson“, N.J. 1994, 643 A.2d 591, 136 N.J. 476. Berufung auf „substantial step“-Test in „Bryant“, Pa.Super. 1980, 423 A.2d 407, 282; Pa.Super. 600; „Jovanovic“, N.J.Super.Resen. 1980, 416 A.2d 961, 174 N.J.Super. 435; „Chance“, Pa.Super. 1983, 458 A.2d 1371, 321 Pa.Super. 39; „Griffin“, Pa.Super. 1983, 456 A.2d 171, 310 Pa.Super. 39; „Henley“, Pa. 1984, 474 A.2d 1115, 504, 408; „Carter“, Pa.Super. 1984, 478 A.2d 1286, 329 Pa.Super. 490; „Humpheys“, Pa.Super. 1987, 532 A.2d 836, 367 Pa.Super. 154; „Edwards“, Pa.Super. 1990, 582 A.2d 1078, 399 Pa.Super. 545; „Donton“, Pa.Super. 1995, 654 A.2d 580, 439 Pa.Super. 406 („(. . .) expansion of the crime of attempt in that it no longer concentrates on the acts that remain to be done by defendant but, instead, focuses on the acts defendant has completed.“). Zur Unbeachtlichkeit der Untauglichkeit: „Henley“, Pa. 1984, 474 A.2d 1115, 504, 408. 1557
3. Teil
Ergebnis Die Aufgabe besteht nun darin, eine in verschiedenen europäischen Staaten akzeptable Modellvorschrift zu entwerfen. Dieses Projekt ist mit einer Vielzahl unterschiedlicher Rechtsquellen und Rechtsgebiete konfrontiert: Nationales Recht, supranationales Recht und Völkerrecht sind zu berücksichtigen und unter Beachtung von Entwicklungstendenzen und der gesellschaftlich-politischen Rahmenbedingungen miteinander in Einklang zu bringen.
A. Rahmenregelungen und Kriterien I. Rahmenregelungen 1. Schlussfolgerungen aus der rechtsvergleichenden Untersuchung Den gemeinsamen europäischen Rahmen der Versuchsregelung bildet die Spannung zwischen objektivem Beginn der Tatausführung einerseits und subjektiven Elementen andererseits.1 Dabei ist auffällig, dass zwar die Leitfälle der Praxis und die von der Strafrechtswissenschaft theoretisch behandelten Fragestellungen in Europa weitgehend dieselben Probleme betreffen,2 bei den Lösungen, die in den verschiedenen europäischen Rechtsordnungen von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre angeboten werden, aber eine erstaunliche Vielfalt festzustellen ist: „Von der im italienischen Codice penale getroffenen Versuchsregelung, bei der dieser objektiv taugliche und unmißverständlich auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Handlungen zur Voraussetzung hat, bis zum dänischen Straffelov [§ 21.1], in dem der Versuchsbegriff lediglich dadurch umschrieben wird, daß er Handlungen umfasse, die „darauf abzielen, die Ausführung einer Straftat zu fördern oder zu bewirken“, ist der Bereich der durch die jeweilige Versuchsregelung mit Strafe bedrohten Verhaltensweisen höchst unterschiedlich.“3
1 2 3
Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 175, 180. Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 170. Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 172.
260
3. Teil: Ergebnis
a) Stand der gesetzlichen Regelungsalternativen Trotz dieser Pluralität lassen sich als Grundlinien der europäischen Modelle zur Versuchshaftung drei Erklärungsansätze identifizieren:4 Während die eher autoritäre britische Regelung auf der Prämisse beruht, dass der Anknüpfungspunkt für die Bestrafung des Versuchs in dem vom Täter geäußerten Willen zur Begehung der Straftat liege und daher der subjektiven Tatseite den Vorrang einräumt,5 erklären die durch das französische Recht geprägten tendenziell liberalen Rechtsordnungen Belgiens, Luxemburgs, Spaniens, Italiens und der Niederlande primär objektive Gesichtspunkte für maßgeblich und setzten so den Akzent bei der Verwirklichung des Tatbestandes.6 Die im deutschsprachigen Raum vertretene vermittelnde Konzeption bemüht sich durch Kombination objektiver und subjektiver Kriterien und Berücksichtigung der Wirkung des Versuchs auf die Allgemeinheit um eine Überwindung dieses Gegensatzes.7 Zwar lassen sich die geltenden Vorschriften zum Versuch in Europa also entsprechend ihrer grundsätzlichen Ausrichtung an einer eher objektiven oder subjektiven Versuchslehre einer dieser Strömungen zuordnen, kriminalpolitische und rechtsstaatliche Erwägungen machten aber teilweise Kompromisslösungen erforderlich. aa) Autoritärer Ansatz Wie oben bereits angedeutet, erweist sich die dem „intent to commit an offence“ herausragende Bedeutung beimessende,8 konsequent Versuch und Vollendung im Strafmaß gleichstellende (s. 4 Abs. 1 CAA),9 den Versuchsbeginn in s. 1 Abs. 1 CAA sehr früh ansetzende,10 gemäß s. 1 Abs. 2 und 3 CAA auch untaugliche Handlungen bestrafende,11 eine Rücktrittsmöglichkeit nicht vorsehende12 Regelung des Versuchs im „Criminal Attempts Act“ als Ausprägung der subjektiven Lehre. Systemfremd ist lediglich die der Entlastung der „Magistrates Courts“ dienende Beschränkung der generellen Versuchsstrafbarkeit auf „indictable offences“ in s. 1 Abs. 4 CAA.13 4
Vgl. dazu oben 1. Teil D. III. So tendenziell auch die Versuchsregelungen des dänischen (§ 21 dänStG), lettischen (§§ 15 f. lettStGB) und polnischen (Art. 13 ff. polnStGB) Strafrechts. 6 Vgl. die Regelung des Versuchs in Bulgarien (Art. 18 bulgStGB) und Schweden (Kap. 23 §§ 1 ff. schwKrGB). 7 So auch das finnische Strafrecht (Kap. 4 finnStGB). 8 Vgl. 2. Teil A. III. 1. b) aa). 9 Vgl. 2. Teil A. II. 1. 10 „Preparatory act“-Test, vgl. 2. Teil A. III. 1. b) bb). 11 Vgl. 2. Teil A. IV. 1. c) bb). 12 Vgl. 2. Teil A. V. 1. 13 Vgl. 2. Teil A. I. 1. b). 5
A. Rahmenregelungen und Kriterien
261
Die dänische Regelung sieht in § 21 Abs. 3 dänStG eine sehr weitgehende grundsätzliche Versuchsstrafbarkeit bei Tatbeständen mit einer Gefängnisstrafe von über vier Monaten vor.14 Auch die Anordnung der Gleichbestrafung in § 21 Abs. 2 dänStG15 und die Annahme des Versuchsbeginns bereits bei allen „Handlungen, die darauf abzielen, die Ausführung einer Straftat zu fördern oder zu bewirken“ (§ 21 Abs. 1 dänStG)16 sprechen für eine autoritäre Ausrichtung der Versuchsdogmatik in Dänemark. Die subjektive Definition des Versuchsbeginns impliziert zudem die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs.17 Lediglich die Rücktrittsmöglichkeit gemäß § 22 dänStG ist ein Zugeständnis an die objektive Versuchslehre. Dasselbe gilt für das polnische Recht (Art. 15, 23 polnStGB), das ansonsten mit Anordnung der generellen Versuchsstrafbarkeit für alle Vorsatztaten in Art. 13 § 1 polnStGB,18 der Gleichbestrafung (Art. 14 § 1 polnStGB)19 sowie der Strafbarkeit untauglicher Versuche in Art. 13 § 2 polnStGB20 ebenfalls als autoritär zu qualifizieren ist. Dafür spricht auch die subjektive Definition des Versuchs als unmittelbar auf die Vollendung gerichtetes Verhalten (Art. 13 § 1 polnStGB).21 Ähnlich verlangt § 15 Abs. 3 lettStGB ein Verhalten „directly dedicated to intentional commission of a crime“,22 was die Strafbarkeit auch untauglicher Versuche und damit eine autoritäre Ausrichtung nahelegt.23 Andererseits ist der Versuch der „violation“ in Lettland gemäß § 15 Abs. 6 lettStGB generell straflos24 und auch die Rücktrittsmöglichkeit nach § 16 lettStGB ist Ausdruck objektivistischen Einflusses. bb) Liberaler Ansatz Die für die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen vorbildliche Versuchsvorschrift des französischen Code Pénal ist bezüglich der Regelung der Strafbarkeit des Versuchs (Art. 121-4 Nr. 2 frCP25), des Versuchsbeginns26 und der 14
Vgl. 2. Teil A. I. 1. b). Vgl. 2. Teil A. II. 1. 16 Vgl. 2. Teil A. III. 1. b) bb). 17 Vgl. 2. Teil A. IV. 1. c) bb). 18 Vgl. 2. Teil A. I. 1. c). 19 Vgl. 2. Teil A. II. 1. 20 Vgl. 2. Teil A. IV. 1. c) bb). 21 Vgl. 2. Teil A. III. 1. b) bb). 22 Vgl. 2. Teil A. III. 1. b) bb). 23 Vgl. 2. Teil A. IV. 1. c) bb). 24 Es besteht auch keine Möglichkeit der gesetzlichen Anordnung der Strafbarkeit im Einzelfall, vgl. 2. Teil A. I. 1. b). 25 Abhängigkeit von der Schwere des Delikts, vgl. 2. Teil A. I. 1. b). 15
262
3. Teil: Ergebnis
Rücktrittsmöglichkeit (Art. 121-5 frCP) stark durch das liberal-rechtsstaatliche Denken der Aufklärung geprägt. Einzig das Konzept der Gleichbestrafung (Art. 121-4 frCP) erscheint systemwidrig.27 Dogmatisch folgerichtig ordnen dagegen die belgischen und luxemburgischen Vorschriften in Art. 52 f. be/luxCP eine Milderung der Strafe an.28 Hinsichtlich der Regelung der Strafbarkeit (Art. 52 f. be/luxCP)29, des Versuchsbeginns30 und des Rücktritts31 (Art. 51 be/luxCP) lehnen sich das belgische und luxemburgische Recht eng an das französische Vorbild an. In Konformität mit dem objektivistischen System differenziert auch das niederländische Strafgesetzbuch in Art. 45 Abs. 1 zwischen Strafbarkeit des Versuchs von Verbrechen und Straflosigkeit bei Übertretungen,32 ordnet in Art. 45 Abs. 2 eine Strafmilderung an,33 bestimmt den Versuchsbeginn anhand des Kriteriums des „begin van uitvoering“ (Art. 45 Abs. 1)34 und sieht in Art. 46b eine Rücktrittsmöglichkeit vor.35 In den liberalen Kontext gehört auch die Versuchsregelung im spanischen Strafrecht. Die streng objektive Konzeption des Ausführungsbeginns in Art. 16 Abs. 1 spCP gibt der französischen Formel vom „commencement d’exécution“ dadurch einen objektiveren Gehalt, dass der Täter Handlungen vorgenommen haben muss, die „objectivamente“ den Erfolg herbeiführen sollten.36 Mit diesem Erfordernis objektiv erfolgstauglicher Handlungen sind neben den Wahndelikten auch sämtliche Formen des untauglichen Versuchs von der Strafbarkeit ausgenommen.37 Objektivistisch motiviert sind auch die Anordnung der Strafmilderung in Art. 62 spCP38 sowie die Rücktrittsregelung in Art. 16 Abs. 2 und 3 spCP;39 inkonsequent erscheint jedoch die Ausweitung des Versuchsbereichs in Art. 15 spCP, der in Abs. 2 eine generelle Strafbarkeit sogar bei „faltas“ dann vorsieht, wenn diese sich gegen Personen oder das Vermögen richten.40
26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
Erfordernis eines Beginns der Ausführung, vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa). Vgl. 2. Teil A. II. 1. Vgl. 2. Teil A. II. 2. a). Abhängigkeit von der Schwere des Delikts, vgl. 2. Teil A. I. 1. b). Erfordernis des Ausführungsbeginns, vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (1). Vgl. 2. Teil A. V. 2. a). Vgl. 2. Teil A. I. 1. b). Vgl. 2. Teil A. II. 2. a). Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (2). Vgl. 2. Teil A. V. 2. b) cc). Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (3). Vgl. 2. Teil A. IV. 2. c) bb). Vgl. 2. Teil A. II. 2. a). Vgl. 2. Teil A. V. 2. b) bb). Vgl. 2. Teil A. I. 1. b).
A. Rahmenregelungen und Kriterien
263
Auch das bulgarische Recht ist bezüglich der Regelung von Versuchsbeginn,41 Untauglichkeit42 (Art. 18 Abs. 1 bulgStGB) und Rücktritt (Art. 18 Abs. 3, 19 bulgStGB)43 objektivistisch orientiert; als eher autoritär erweisen sich aber die Anordnungen der generellen Versuchsstrafbarkeit für alle Vorsatztaten in Art. 18 Abs. 1 bulgStGB44 sowie der Gleichbestrafung in Art. 18 Abs. 2 bulgStGB.45 Eindeutig liberal ist dagegen die schwedische Versuchskonzeption: Gemäß Kap. 23 § 1 Abs. 1 schwKrGB ist eine Strafbarkeit nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung vorgesehen,46 der Versuchsbeginn wird anhand des Kriteriums des Ausführungsbeginns bestimmt und zumindest der absolut untaugliche Versuch für straflos erklärt.47 Der Rücktritt ist in Kap. 23 § 3 schwKrGB geregelt.48 Auch die eigenständige italienische Regelung lässt sich der objektiven Gruppe zuordnen: Obwohl der Codice Penale die französische Formel vom Ausführungsbeginn nicht übernommen hat, ist er doch, indem er für den Versuchsbeginn das Vorliegen einer zur Tatbestandsverwirklichung geeigneten, objektiv tauglichen Handlung verlangt, die in eindeutiger Weise auf Begehung eines Verbrechens gerichtet ist (Art. 56 Abs. 1 itCP),49 liberal orientiert. Dafür sprechen auch die obligatorische Strafmilderung gemäß Art. 56 Abs. 2 itCP,50 die ausdrückliche Anordnung der Straflosigkeit untauglicher Versuche in Art. 49 Abs. 2 itCP51 sowie die Rücktrittsregelung in Art. 56 Abs. 3 und 4 itCP.52 cc) Vermittelnder Ansatz Gesetzgeberisches Anliegen im deutschsprachigen Raum war die Vereinigung der Vorzüge von objektiver und subjektiver Theorie bei Vermeidung der jeweiligen Nachteile.
41
Kriterium des Ausführungsbeginns, vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa). Differenzierung zwischen rechtlicher (Straflosigkeit) und tatsächlicher Untauglichkeit, bei der auf die Gesellschaftsgefährlichkeit von Tat und Täter abzustellen ist, vgl. 2. Teil A. IV. 2. c) bb). 43 Vgl. 2. Teil A. V. 3. a) bb) (6). 44 Vgl. 2. Teil A. I. 1. c). 45 Vgl. 2. Teil A. II. 1. 46 Vgl. 2. Teil A. I. 1. a). 47 Vgl. 2. Teil A. IV. 2. b) bb). 48 Vgl. 2. Teil A. V. 3. a) bb) (6). 49 Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) bb). 50 Vgl. 2. Teil A. II. 2. a). 51 Vgl. 2. Teil A. IV. 2. c) aa). 52 Vgl. 2. Teil A. V. 2. b) aa). 42
264
3. Teil: Ergebnis
So differenziert das deutsche Recht hinsichtlich der Strafbarkeit des Versuchs in § 23 Abs. 1 dStGB entsprechend der Schwere des betreffenden Delikts53 und sieht in § 23 Abs. 2 dStGB eine fakultative Strafmilderung vor.54 Indem § 22 dStGB den Versuchsbeginn individuell-objektiv als unmittelbares Ansetzen in Abhängigkeit von der Tätervorstellung definiert,55 und §§ 22 und 23 Abs. 3 dStGB konkludent den Grundsatz der Strafbarkeit untauglicher Versuche etablieren,56 wird der objektiven Versuchslehre eine Absage erteilt. Gegen eine rein subjektive Ausrichtung sprechen andererseits die Berücksichtigung der mangelnden Gefährlichkeit des Täters durch die Möglichkeit der Strafmilderung bei grob unverständigen Versuchen (§ 23 Abs. 3 dStGB)57 und die Rücktrittsvorschrift (§ 24 dStGB).58 Die prinzipielle Gleichbehandlung von Vollendung und Versuch in § 15 Abs. 1 öStGB59 steht einem ausschließlich objektiven Verständnis entgegen; andererseits widersprechen die objektive Unrechtskomponente in § 15 Abs. 2 öStGB60 und die Straflosigkeit des absolut untauglichen Versuchs gemäß § 15 Abs. 3 öStGB61 einer rein subjektiven Konzeption; die Strafbarkeit relativ untauglicher Versuche zeigt wiederum, dass nicht im Sinne einer streng objektiven Theorie eine konkrete Gefährdung verlangt wird, sondern dass eine abstrakte Gefährdung ausreichen soll.62 b) Kriminalpolitische Strömungen und Entwicklungen In den im Rahmen dieser Untersuchung behandelten Rechtsordnungen zeichnet sich, was die Frage nach der Versuchsregelung betrifft, eine repressive Tendenz ab, deren Motoren Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre sind.63
53 Generelle Strafbarkeit bei Verbrechen, Erfordernis besonderer gesetzlicher Anordnung bei Vergehen, vgl. 2. Teil A. I. 1. b). 54 Vgl. 2. Teil A. II. 2. b). 55 Vgl. 2. Teil A. III. 3. b) aa) (1). 56 Vgl. 2. Teil A. IV. 3. a) bb). 57 Vgl. 2. Teil A. IV. 3. a) bb). 58 Vgl. 2. Teil A. V. 3. a). 59 Vgl. 2. Teil A. II. 1. 60 Versuch liegt vor, sobald der Täter seinen Entschluss durch eine Ausführungshandlung oder zumindest eine ausführungsnahe Handlung betätigt hat, vgl. 2. Teil A. III. 3. b) bb) (1). 61 Vgl. 2. Teil A. IV. 3. c) bb) (2). 62 Vgl. 2. Teil A. IV. 3. c) bb) (2). 63 Vgl. Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 128 f.
A. Rahmenregelungen und Kriterien
265
aa) Gesetzgebung Die Entstehung neuer Formen der Kriminalität und die Erkenntnis der Notwendigkeit, vor Schädigung des potentiellen Opfers zu intervenieren, haben die Gesetzgeber mehrerer europäischer Staaten zur Verfolgung einer eher präventiven kriminalpolitischen Linie veranlasst. (1) Erweiterung der Versuchsstrafbarkeit Dies zeigt sich zum einen an der zunehmenden Strafbarstellung von Vergehensversuchen in der neueren Gesetzgebung. Die Versuchsstrafbarkeit wird so auf moderne Formen kriminellen Verhaltens vor allem aus dem Bereich des Wirtschaftsstrafrechts ausgedehnt, die oft auch eine internationale, grenzüberschreitende Dimension haben. So tendiert etwa der belgische Gesetzgeber zwecks Angleichung an den Standard anderer europäischer Staaten, insbesondere an die französische Rechtslage, eindeutig zu einem „élargissement répressif“: Namentlich die Erweiterung der Versuchsstrafbarkeit auf den Betrug im Jahre 1993 und die 1995 folgende Gesetzesänderung bezüglich des Tatbestands der Geldwäsche waren von großer praktischer Bedeutung. Eine parallele Entwicklung vollzog sich in Luxemburg.64 In Spanien wurde die ohnehin schon weitgehende Versuchsstrafbarkeit (Art. 15 Abs. 1 und 2 spCP) durch die Vereinigung von beendetem und unbeendetem Versuch in Art. 16 spCP n. F. noch verschärft: Im Gegensatz zum früheren Recht wird nun auch ein unbeendeter Versuch bestraft, wenn sich eine Übertretung gegen die in Art. 15 Abs. 2 spCP bezeichneten Rechtsgüter richtet.65 (2) Ausdehnung der Strafbarkeit auf das Vorbereitungsstadium Angesichts der infolge extrem restriktiver Entscheidungen zur Versuchsstrafbarkeit bestehenden Notwendigkeit, die strafrechtliche Bekämpfung insbesondere organisierter Kriminalität alternativ durch Ahndung gefährlicher Vorfeldaktivitäten zu gewährleisten, normiert das niederländische Strafgesetzbuch seit 1994 in Art. 46 nlStGB die generelle Strafbarkeit bestimmter Vorbereitungshandlungen. Weniger eindeutig ist die im Zuge der Strafrechtsreform von 1995 vorgenommene Vorverlagerung der Strafbarkeitsschwelle im spanischen Recht: Einerseits 64 65
Vgl. 2. Teil A. I. 1. b). Vgl. 2. Teil A. I. 1. b).
266
3. Teil: Ergebnis
hält nämlich der bezüglich des Ausführungsbeginns (Art. 16 spCP) streng objektiv konzipierte spCP grundsätzlich an dem für ein liberales Strafrecht typischen Prinzip der Straflosigkeit bloßer Vorbereitungshandlungen im Rahmen des Versuchs fest, andererseits sieht er in Art. 17 eine sehr weitgehende generelle Bestrafung von Verschwörung („conspiración“), Vorschlag („proposición“) und Aufforderung („provocación“) vor, die als Indiz für die Tendenz zu einem vorwiegend an der subjektiven Gesinnung des Handelnden orientierten Täterstrafrecht gewertet wird. (3) Tendenz zur Bestrafung des untauglichen Versuchs Gegenüber dem objektivistisch geprägten „Common Law“, das grundsätzlich von der Straflosigkeit des untauglichen Versuchs ausgeht66 und nur bei Untauglichkeit des Tatmittels ausnahmsweise eine Versuchsstrafbarkeit bejaht,67 weist die Konzeption des „Criminal Attempts Act“ von 1981 eine erhebliche Subjektivierung auf. Indem in s. 1 Abs. 2 und 3 CAA für die Beurteilung der Strafbarkeit vorrangig auf die Tätervorstellung rekurriert und so die „putative fact theory“ gesetzlich verankert wird, bleibt die „legal impossibility, narrowly defined in terms of mistake of law“ als einziger Fall der beachtlichen, das heißt strafbarkeitsausschließenden Untauglichkeit anerkannt.68 bb) Rechtsprechung Die Analyse der Anwendungspraxis der Versuchsregelung innerhalb der jeweiligen Rechtsordnungen hat ergeben, dass die von den Gerichten angebotenen materiellen Lösungen die strafgesetzlichen Vorgaben zum Teil überraschend unbefangen interpretieren. Als zu restriktiv empfundene gerichtliche Abgrenzungsformeln werden zudem durch flexible, deliktsspezifische Handhabung relativiert. So ist vor allem in Frankreich und Belgien eine repressive Tendenz hin zu einer Subjektivierung der Versuchsdogmatik auch bezüglich der Gesetzesauslegung durch die Rechtsprechung festzustellen. (1) Vorverlagerung des Versuchsbeginns In Frankreich verlangt die strikte Interpretation des Wortlauts von Art. 121-5 frCP eine enge Bindung des Täterverhaltens an den jeweiligen Tatbestand. 66 Straflosigkeit aufgrund mangelnder „proximity“ bei untauglichem Tatobjekt und rechtlicher Untauglichkeit (Wahndelikt; Beachtlichkeit der so genannten „legal impossibility“, vgl. „Haughton v. Smith“ (1975), A. C. 476). 67 Vgl. 2. Teil A. IV. 1. b) dd). 68 Vgl. 2. Teil A. IV. 1. c) bb).
A. Rahmenregelungen und Kriterien
267
Nach der herrschenden Lehre vom „rapport de causalité“ muss die Tathandlung in einer direkten Beziehung zur Deliktsverwirklichung stehen („lien visible et étroit“), das heißt kausal und zeitlich tatbestandsnah sein.69 Die französische Rechtsprechung hat dieses Kausalitätserfordernis durch diverse Abgrenzungsformeln konkretisiert, die nach allgemeinem Sprachgebrauch sehr restriktiv erscheinen.70 Zwar legt also der französische „Cour de Cassation“ seinen Entscheidungen prinzipiell eine objektive Auslegung des „commencement d’exécution“ zugrunde, indem er klar zwischen Vorbereitungshandlungen und solchen Ausführungsakten unterscheidet, die „directement“ beziehungsweise „directement et immédiatement“ in die Tatbestandsverwirklichung einmünden, jedoch sind die gerichtlichen Formulierungen insofern irreführend, als die Rechtsprechung im Einzelfall nicht zögert, eine Bestrafung primär auf subjektive Erwägungen zu gründen.71 Die zunehmende Beeinflussung der Gerichte durch die subjektive Lehre hat so zu einer bedeutenden Modifikation der Auslegung des Begriffs des „commencement d’exécution“ geführt. Die Tendenz des „glissement certain vers le subjectivisme pur et dur“72 wird besonders anschaulich anhand der Jurisdiktion zum Betrugsversuch, die eine kontinuierliche richterliche Erweiterung des Begriffs des Ausführungsbeginns erkennen lässt: Während die ältere Rechtsprechung sehr strenge Anforderungen an den Beginn der Ausführung des Versicherungsbetrugs stellte, wurde der Anwendungsbereich des Betrugsversuchs in späteren Entscheidungen erheblich ausgedehnt. Die belgische Rechtsprechung vollzog diese Entwicklung nach.73 Die Aufgabe der früher an die Strafbarkeit des Betrugsversuchs angelegten extrem restriktiven Kriterien zugunsten einer verstärkten Berücksichtigung der subjektiven Tatseite lässt sich – angesichts der zunehmenden Wirtschaftskriminalität – mit kriminalpolitischen Erwägungen rechtfertigen: So ist die Subjektivierungstendenz auf das richterliche Anliegen zurückzuführen, die Intervention der Strafverfolgungsbehörden auch dann schon zu ermöglichen, wenn zum Beispiel beim Versicherungsbetrug die Tathandlungen nicht unmittelbar in die Auszahlung der Versicherungssumme einmünden.74 Diese Entwicklung wird teilweise als Rückkehr zum Subjektivismus des „Ancien Droit“ bewertet, die durch den Verzicht auf das Erfordernis der „causalité directe“ und die Anknüpfung an die Gesinnung des Täters die Gefahr
69
Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (1) (a). „Lien direct, lien immédiat, période ou phase d’exécution“, vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (2) (a). 71 Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (2) (c). 72 Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (1) (b) (cc). 73 Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (1) (b) (bb). 74 Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (1) (b) (bb). 70
268
3. Teil: Ergebnis
fortschreitender Destabilisierung der ohnedies schon ins Wanken geratenen Versuchsdogmatik berge.75 Auch in der niederländischen Rechtsprechung lässt sich die Subjektivierungstendenz nachweisen.76 Wurde zunächst vorwiegend auf objektive Gesichtspunkte abgestellt,77 gewannen später auch subjektive Kriterien an Bedeutung.78 Schließlich gingen die theoretischen Ansätze der objektiven und subjektiven Lehre in der so genannten „Verenigingstheorie“79 auf, nach der ein Beginn der Ausführung dann vorliegt, wenn das Verhalten nach dem äußeren Erscheinungsbild als zur Vollendung führend betrachtet werden muss.80 Zwar hat also das subjektive Element des Versuchstatbestands zunehmend an Bedeutung gewonnen, jedoch vertritt der „Hoge Raad“ weiterhin primär eine objektivistische Lehre, indem er den Schwerpunkt nach wie vor auf das objektive Erfordernis der Tatbestandsnähe legt.81 Angesichts der gerichtlichen Beurteilung der Versuchsstrafbarkeit, die zwar eine Subjektivierungstendenz aufweist, dabei aber dennoch primär objektive Kriterien berücksichtigt, sah sich der niederländische Gesetzgeber als Ausgleich zu dieser als zu eng empfundenen Beurteilung der Versuchsstrafbarkeit zur generellen Bestrafung von Vorbereitungshandlungen veranlasst. Das niederländische Recht ist also insofern widersprüchlich, als bezüglich der Versuchsstrafbarkeit im Sinne des Art. 45 nlStGB der Schwerpunkt trotz feststellbarer Subjektivierungstendenz noch immer überwiegend auf dem objektiven Tatbestand liegt, während andererseits Art. 46 nlStGB die subjektivistisch motivierte generelle Strafbarkeit bestimmter Vorbereitungshandlungen normiert. (2) Tendenz zur Bestrafung des untauglichen Versuchs Auch bezüglich der Frage nach der Behandlung des untauglichen Versuchs zeichnet sich in der Rechtsprechung eine Subjektivierungstendenz ab. Nach einer ersten Phase der Annahme grundsätzlicher Straflosigkeit schloss sich etwa der französische „Cour de Cassation“ im neunzehnten Jahrhundert der Lehre Ortolans von der absoluten und relativen Untauglichkeit an, um später diese Differenzierung und schließlich das Kriterium der Kausalitätsbeziehung wieder aufzugeben und damit die Kategorie des untauglichen Versuch gänzlich 75
Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (1) (b) (bb). Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (1) (b) (bb). 77 HR, 19. März 1934, N. J. 1934, 450 („Pyromanen von Eindhoven“). 78 HR, 29. Mai 1951, N. J. 1951, 480 („Hamer-arrest“). 79 HR, 24. Oktober 1978, N. J. 1979, 52 („Cito“). 80 In subjektiver Hinsicht muss die kriminelle Intention aus dem Verhalten erkennbar sein, objektiv wird auf die Nähe zur Vollendung abgestellt. 81 HR, 8. September 1987, N. J. 1988, 612 („Grenswisselkantoorarrest“). 76
A. Rahmenregelungen und Kriterien
269
abzuschaffen.82 Die aktuelle französische Rechtsprechung behandelt die Fälle des untauglichen Versuchs nach den allgemeinen Versuchsregeln: Die erhebliche Ausweitung des Begriffs der vom Willen des Täters unabhängigen Umstände des Art. 121-5 frCP ermöglicht eine Qualifikation untauglicher Tathandlungen als „tentatives infructueuses“, die die Unterscheidung zwischen Untauglichkeit und Fehlschlag faktisch entbehrlich macht. Durch Angleichung der Fälle des untauglichen Versuchs an die „infraction tentée“ hat sich die französische Rechtsprechung also im Wege reiner Gesetzesanwendung und wortlautgetreuer Auslegung des Art. 121-5 frCP zur autoritären, subjektiven Lehre bekannt. Indem der Schwerpunkt insoweit auf die Gefährlichkeit des Täters statt auf den wirklichen Beginn einer strafbaren Tat gesetzt wird, gleicht sich die Praxis in Frankreich an den „Criminal Attempts Act“ an, demzufolge die Untauglichkeit stets unbeachtlich ist.83 Auch die belgischen, luxemburgischen84 und niederländischen85 Gerichte sind in der Annahme der Straflosigkeit infolge der Untauglichkeit der Versuchshandlung sehr zurückhaltend, sodass die Rechtslage in diesen Ländern de facto mit der in Frankreich nunmehr vorherrschenden subjektivistischen Lehre genereller Strafbarkeit identisch ist. Eine gegenläufige Entwicklung vollzog sich allerdings in der zu Objektivierung tendierenden österreichischen Rechtsprechung: Die großzügigere Annahme absoluter Untauglichkeit in jüngeren Entscheidungen führte hier zu einer Einengung der Strafbarkeit.86 (3) Restriktive Auslegung der Rücktrittsvorschrift Angesichts der sehr strengen Anforderungen, die von den französischen, belgischen und luxemburgischen Gerichten an das Vorliegen der Freiwilligkeit gestellt werden, sind Entscheidungen, in denen der Rücktritt anerkannt wird, in diesen Ländern selten.87 Auch in den Niederlanden nehmen die Gerichte im Zweifel eher Unfreiwilligkeit des Rücktritts an.88 In dieser repressiven gerichtlichen Praxis wird teilweise eine Umgehung des mit der Einräumung der Rück82 Dieser zunächst auf Fälle des Mangels am Tatobjekt beschränkte Ansatz wurde später auf andere Konstellationen übertragen, vgl. 2. Teil A. IV. 2. a) bb) (1). 83 s. o. 3. Teil A. I. 1. b) aa) (3). Die aktuelle französische Lehre tendiert wie die Rechtsprechung zur subjektivistisch motivierten Abschaffung des untauglichen Versuchs. Jede Versuchshandlung enthalte eine „déclaration d’antisocialité“, die auf die Gefährlichkeit des Täters schließen lasse und eine Bestrafung rechtfertige. 84 Vgl. 2. Teil A. IV. 2. b) bb). 85 Vgl. 2. Teil A. IV. 2. b) aa). 86 Vgl. 2. Teil A. IV. 3. b) cc); s. u. 3. Teil A. II. 2. a) bb). 87 Vgl. 2. Teil A. V. 2. a) bb). 88 Vgl. 2. Teil A. V. 2. b) cc) (2).
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3. Teil: Ergebnis
trittsmöglichkeit verfolgten gesetzgeberischen Interesses der Prävention gesehen; die richterliche Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit harmoniert jedoch insofern mit der weiten Auslegung des Begriffs des Ausführungsanfangs in jüngeren Entscheidungen,89 als beide dem kriminalpolitischen Ziel der effektiven „défense sociale“ zu dienen bestimmt sind. cc) Schlussfolgerungen Innerhalb der im Rahmen dieser Untersuchung behandelten Rechtsordnungen zeichnet sich eine Entwicklung der eher objektiv orientierten Ansätze in Richtung mehr subjektivistisch geprägter Systeme ab.90 Diese repressive Tendenz ist auf die Entstehung neuer Formen der Kriminalität und die Notwendigkeit zurückzuführen, in Konfrontation mit dem Einzelfall effektive Maßnahmen zu deren Bekämpfung zu ergreifen. Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen den vorwiegend liberal formulierten Gesetzestexten und der Subjektivierungstendenz in der Rechtsprechung. In der Konsequenz ergibt sich daraus eine Annäherung bei der konkreten Behandlung von Fällen fehlender Vollendung ungeachtet sich widersprechender gesetzlicher Regelungen,91 das heißt Gerichte und Strafrechtswissenschaft gleichen die Unterschiede in den Rechtsvorschriften durch Abweichung vom als unzulänglich erachteten Gesetzeswortlaut aus. 2. Diskussion der übernationalen Lösungsansätze a) Corpus Juris der strafrechtlichen Regelungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union92 Die Anordnung einer obligatorischen Strafmilderung in Art. 11bis Abs. 1 Satz 2 Corpus Juris, das Abstellen auf den Anfang der Tatausführung in Art. 11bis Abs. 2 in Anlehnung an die überkommene französische Konzeption des Versuchsbeginns und die Annahme der generellen Straflosigkeit des untauglichen Versuchs erweisen sich als Ausprägung der objektiven Versuchslehre.93 Der überwiegend am deutschen Recht orientierte Entwurf Vogels hat sich mit der Betonung der Tätervorstellung und der daraus zu folgernden Unbeachtlichkeit der Untauglichkeit nicht durchsetzen können; die Rücktrittsregelung nach
89
s. o. 3. Teil A. I. 1. b) bb) (1). Andererseits sind in eher subjektiv ausgerichteten Rechtsordnungen Tendenzen hin zu einer mehr objektiven Rechtspraxis kaum zu erkennen. 91 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 129. 92 Vgl. 2. Teil B. I. 2. b). 93 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 707 f. mit Fn. 8; Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/ Vervaele, Implementation I, 7, 73. 90
A. Rahmenregelungen und Kriterien
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dem Vorbild von § 24 dStGB verbleibt als einziger deutscher Einfluss auf die endgültige Fassung der Versuchsvorschrift. b) Europäisches Wirtschaftsstrafrecht 94 Zwar legt der durch Abstellen auf die „objektive Schwere der Zuwiderhandlung“ in § 10 Satz 1 des Verordnungsentwurfs etablierte Grundsatz der Strafmilderung eher eine objektive Konzeption der Versuchsstrafbarkeit nahe, die der Täterpersönlichkeit durch Berücksichtigung der „Zuwiderhandlungen, für die der Täter in den letzten fünf Jahren bestraft worden ist“ in § 10 Satz 1 a. E. beigemessene Bedeutung ist aber eindeutig subjektivistischen Ursprungs. Sowohl die Übernahme des französischen Kriteriums des Ausführungsbeginns in § 5 Abs. 1 VO als auch die Beschränkung der Versuchsstrafbarkeit auf ihre ausdrückliche gesetzliche Anordnung sprechen wiederum für eine objektive Ausrichtung. Auch die doppelte, in § 5 Abs. 1 VO an das französische Recht, in Abs. 3 an die deutschen, österreichischen und spanischen Vorschriften angelehnte Rücktrittsregelung erlaubt keinen eindeutigen Schluss auf eine dem Entwurf Bacigalupos, Grassos und Tiedemanns zugrunde liegende Auffassung von Strafgrund und Versuchsunrecht. Der Vorschlag Cancio Meliás orientiert sich grundsätzlich an spanischem und französischem Recht;95 insbesondere die Regelung des Versuchs in Art. 18 EDel weist Ähnlichkeiten zu dem allerdings komplexer gefassten Art. 16 spCP auf.96 Die Abgrenzung von objektiver und subjektiver Sicht wird jedoch auch hier offengelassen.97 Insgesamt enthalten sich die beiden Vorschläge also einer eindeutigen Stellungnahme zum Grundkonflikt zwischen subjektiver und objektiver Versuchslehre,98 tendenziell wird aber wohl eine objektivistische Ausrichtung bevorzugt. c) Rom-Statut des IStGH 99 Die Versuchsregelung des Rom-Statuts, einschließlich des Rücktritts, setzt sich aus Komponenten des französischen und US-amerikanischen Rechts zusammen. Die Kombination von Beginn-Formel und „substantial step“-Doktrin zur Abgrenzung zwischen Vorbereitung und Versuch bewirkt durch Aufwertung 94
Vgl. 2. Teil B. II. 2. b). Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, IX, XIII; vgl. LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 149 Fn. 102. 96 Weigend, in: Freiburg-Symposium, 407, 423. 97 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, IX, XIII. 98 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 152. 99 Vgl. 2. Teil B. III. 2. c). 95
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3. Teil: Ergebnis
der äußeren Tathandlung gegenüber der die Grundlage des Versuchs bildenden Tätervorstellung eine Objektivierung des Versuchstatbestands.100 Dabei ist die Konzeption des Versuchs als manifestierter verbrecherischer Wille in Art. 25 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz IStGH-Statut weder eine Ausprägung der formell-objektiven, noch der streng subjektiven Lehre, sondern Ausdruck eines gemischt individuell-objektiven Ansatzes,101 entspricht also im Ergebnis der Regelung des Versuchsbeginns im deutschem Recht.102 d) Der amerikanische „Model Penal Code“ 103 Die grundsätzlich subjektive, da primär auf die Tätergefährlichkeit abstellende Versuchskonzeption des MPC wirkt sich in der prinzipiellen Gleichbestrafung von Versuch und Vollendung, der Definition des weit vorverlagerten Versuchsbeginns in Abhängigkeit von der Tätervorstellung und der Unbeachtlichkeit der Untauglichkeit der Tathandlung aus. Mit dem „substantial step“-Kriterium wird dem objektiven Element des Versuchstatbestands gegenüber den „proximity“-Tests des „Common Law“ eine fundamental andere, geringere Bedeutung zuteil.104 Zwecks Vorverlegung der Eingriffsmöglichkeit für die Strafverfolgungsbehörden und Prävention durch frühen Zugriff auf gefährliche Täter haben die Verfasser des MPC der Versuchsstrafbarkeit etwa entgegenstehende objektive Hindernisse radikal beseitigt105 und sich damit erheblicher Kritik ausgesetzt: Indem der Versuchsbegriff über die traditionelle Wortbedeutung hinaus ausgedehnt werde und so eine klare Grenzziehung zur Vorbereitung vermissen lasse, werde Verhalten bestraft, das von der Vollendung noch zu weit entfernt sei.106 Zudem sei der „substantial step“-Test abgesehen von den ausdrücklich normierten Fallgruppen vage und unbestimmt.107
100
Ambos, Völkerstrafrecht AT, 755. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 725, 738, 755. 102 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 500. Auch Art. 25 Abs. 3f Satz 2 IStGH-Statut entspricht in der Sache § 24 Abs. 1 Satz 1 dStGB, Ambos, Völkerstrafrecht AT, 709, 711. 103 Vgl. 2. Teil B. IV. 2. b). 104 Duff, Attempts, 53. 105 Fletcher, Rethinking, 167. „(. . .) by broadening liability to the extent suggested, apprehension of dangerous persons will be facilitated and law enforcement officials and others will be able to stop the criminal effort at an earlier stage, thereby minimizing the risk of substantive harm.“, Wechsler/Jones/Korn, Col. L. R. 1961, 571, 595. 106 Law Comm. No. 102, 2.30, 2.34. 107 Ashworth, R. L. J. 19 (1988), 725, 752; Duff, Attempts, 56 f., Law Comm. No. 102, 2.37. 101
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II. Kriterien 1. Vorfragen a) Methode Cancio Meliá benennt zwei denkbare methodologische Vorgehensweisen für die Konstruktion der Dogmatik der Versuchslehre, deren Tauglichkeit in Bezug auf das Projekt des Entwurfs einer europäischen Modellregelung jedoch zweifelhaft ist: Der funktional-positivistische Ansatz, dogmatische Strukturen aus der Analyse eines funktionierenden Zurechnungssystems abzuleiten, kann für die Schaffung neuer Regelungen nicht fruchtbar gemacht werden und auch die philosophisch-systematische Deduktion dogmatischer Strukturen auf der Grundlage außergesetzlicher Axiome erscheint im europäischen Kontext zu abstrakt und daher unpraktikabel. Die Einsicht in die Unzulänglichkeit der klassischen Methoden führt zu dem vermittelnden Konzept der „(. . .) Betrachtung der grundlegenden Orientierungen des Rechtssystems – als „Umfeld“ der Verbrechenslehre – in Zusammenhang mit der betreffenden Regelungsmaterie, um dann aus diesen Grundorientierungen – also mittels eines deduktiven Verfahrens – einige Leitlinien der konkreten dogmatischen Gestaltung der Norm zu destillieren.“108 Schwierigkeiten ergeben sich dabei aus der Diversität der nationalen Regelungen und deren Interpretation durch Rechtsprechung und Lehre.109 Die Antworten der nationalen Strafgesetzgeber zu den entscheidenden Sachfragen sind unter Herausarbeitung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zusammenzufassen. Diese wertende Rechtsvergleichung wird ergeben, dass zwar in einigen Bereichen Konvergenz zwischen den Systemen besteht, sodass eine Definition des gemeinsamen Rechts durch „Zusammenfluss“ möglich scheint, in anderen Fragen aber Divergenzen existieren, die nur durch Synthese, Ergänzung oder die politische Entscheidung für eine der Alternativen überwunden werden können.110 Die hier angestrebte Schaffung einer pluralistischen Regelung111 kann 108
Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 173. Delmas-Marty, CML Rev. 2000, 247, 253. 110 „(. . .) usage différentiel du droit pénal comparé, qui aboutit à la proposition d’un droit commun, à la fois de confluence, de synthèse et supplétif, selon que l’analyse comparée des systèmes répressifs des États membres révèle des convergences, des divergences, ou plutôt des lacunes dans la protection des intérêts envisagées.“, Sicurella, D. 1998, 223, 225; vgl. Delmas-Marty, Corpus Juris, 13, 29; dies., in: Huber, Corpus Juris, 33, 34. 111 „Europe has become a laboratory (. . .), where there is an attempt to construct a pluralist common law. A hegemonic common law, of the old imperial type, has been tried several times and in several places throughout history, but all the experiments failed. We now know that a common law can only be accepted in Europe if it is a common law that is not just in conformity with the requirements of the rule of law, 109
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3. Teil: Ergebnis
nicht durch einfache Übernahme eines Modells geschehen, sondern erfordert die Abwägung von Vor- und Nachteilen der jeweiligen Alternativen nach eingehender Diskussion.112 Diese Vorgehensweise respektiert einerseits die Diversität, setzt sich aber andererseits die Identifizierung gemeinsamer Grundlagen zum Ziel.113 b) Postulat der Konsensfähigkeit Die rechtsvergleichende Methode dient dem Auffinden von Gemeinsamkeiten und Unterschieden und der Erfassung von Entwicklungslinien und Tendenzen. Der anschließenden Überlegung, bis an welchen Punkt die verschiedenen Rechtsordnungen zu gehen bereit sind, was also möglicherweise allgemein akzeptabel ist, muss eine zentrale Rolle zukommen,114 das heißt es stellt sich die Frage, welche Prinzipien, Regeln und Konstruktionen innerhalb der EU konsensfähig erscheinen.115 Ein Konsens ist dann möglich, wenn keiner der beteiligten Staaten sich genötigt sieht, als unabdingbar erachtete Kriminalisierungsniveaus seiner eigenen Rechtsordnung zu opfern.116 Angesichts der teils erheblichen Divergenzen zwischen den hier untersuchten Regelungsmodellen wird sich eine zur allgemein gültigen Norm taugliche Begriffsbestimmung des Versuchs jedoch nicht durch die Suche des kleinsten gemeinsamen Nenners ermitteln lassen.117 Bezüglich der Versuchsvorschrift erscheint diese Vorgehensweise nicht nur wenig erfolgversprechend, sondern auch unbefriedigend, sofern sie nicht von dogmatischen und formalen Erwägungen gestützt wird.118 Weder ist also eine „Breitbandkriminalisierung“, noch ein „Minimalprogramm“ wünschenswert,119 sondern es ist im Wege wertender Rechtsvergleichung nach der besten Lösung zu suchen:120 „The aim is not a compromise at the lowest level, but a progress along the highest level.“121 Das Streben nach Einstimmigkeit und Universalität ist also grundsätzlich positiv zu bewerten, es darf aber nicht zur Verbut is also a pluralist common law.“, Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 61; vgl. dies., CML Rev. 2000, 247, 253; dies., in: Huber, Corpus Juris, 33, 34, 39. 112 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, IX, XIV. 113 Delmas-Marty, in: Delmas-Marty/Vervaele, Implementation I, 7, 61; dies., CML Rev. 2000, 247, 253. 114 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 174; Delmas-Marty, in: DelmasMarty/Vervaele, Implementation I, 7, 61. 115 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3. 116 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 183. 117 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 172. 118 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 174. 119 Neumann, in: Huber, Corpus Juris, 67. 120 Sieber, in: Huber, Corpus Juris, 331, 334; Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3, 5 f.
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eitelung des Zieles dadurch führen, dass der kleinste gemeinsame Nenner zur Norm wird und mehrdeutige Bestimmungen über das Fehlen einer wirklichen Einigung hinwegtäuschen.122 Die dadurch geschaffene Interpretationsvielfalt würde den durch die Vereinheitlichung erzielten Gewinn beträchtlich schmälern, sodass eine aus dem Gesetzestext unmissverständlich hervorgehende politische Entscheidung für eine eher subjektive, mehr objektive oder vermittelnde Ausrichtung unverzichtbar erscheint.123 Gerade im Strafrecht („nulla poena sine lege“) ist der Gesetzgeber zu klaren Vorgaben verpflichtet.124 Deshalb ist die Flucht in neutrale Generalklauseln hier zwar verführerisch, aber nicht zulässig. c) Konsistenz Zu beachten ist auch das Grunderfordernis der Konsistenz beziehungsweise Schlüssigkeit, das heißt das Regelungsmodell sollte logisch folgerichtig, in sich widerspruchsfrei und unter möglichst wenigen Abweichungen vom System konzipiert sein.125 d) Regelungsdichte Soll sich eine allgemeine Regelung in Europa praktisch durchsetzen und bewähren, muss sie offen für unterschiedliche Rechtsordnungen, verständlich und flexibel gegenüber neuen kriminalpolitischen Tendenzen und gesellschaftlichen Herausforderungen sein.126 Einerseits ist es zur Vermeidung etwaiger Ungleichbehandlungen durch die Gerichte zwar notwendig, eine relativ hohe Regelungsdichte zu erreichen, andererseits kann sich aber eine tatsächlich europaweit gültige Versuchsdogmatik letztlich nur aus der praktischen Handhabung der Vorschrift herauskristallisieren, was wiederum eine geringere Regelungsdichte nahelegt,127 die den Gerichten genug Spielraum auch zur Verwirklichung der Einzelfallgerechtigkeit belässt. Viele Detailaspekte wie zum Beispiel die Inter121 Delmas-Marty, CML Rev. 2000, 247, 255; vgl. dies., in: Huber, Corpus Juris, 33, 39, 40 („modèle commun de synthèse qui essayerait de retenir le meilleur de chaque tradition“). 122 Ferencz, HVR 11 (1998), 80, 89. 123 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 151. Diese lässt sich jedoch nicht in einer Norm fixieren, ohne deren Konsensfähigkeit zu gefährden. 124 LK-Hillenkamp, Vor § 22 Rn. 151 wirft den bisher erarbeiteten Vorschlägen insoweit eine „nicht unbedenkliche Zurückhaltung“ vor. 125 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3, 6. 126 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 54, 58. „The important thing is to have a general part that is simple and easy to apply and at the same time conceptually rich enough to enable a judge to make all those distinctions that must play a role in the administration of criminal justice.“, Jareborg, R. I. D. P. 1981, 520. 127 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 176.
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3. Teil: Ergebnis
pretation des Freiwilligkeitserfordernisses beim Rücktritt entziehen sich ohnehin einer gesetzlichen Ausgestaltung oder sind jedenfalls faktisch nicht ausdrücklich geregelt, das heißt bleiben Rechtsprechung und Lehre überlassen. Die deutschsprachige Strafrechtswissenschaft war bislang wenig einflussreich bezüglich der Gestaltung internationalen Strafrechts.128 Dies lässt sich mit der kaum noch überschaubaren Differenzierung und Vertiefung dogmatischer Strukturen erklären, die den Diskussionsstand für den ausländischen Beobachter schwer nachvollziehbar machen.129 Auch in Deutschland hält die Lehre aber vielversprechende Lösungen für Rechtsfragen der allgemeinen Versuchsregelung bereit, sodass eine stärkere Berücksichtigung der deutschen Strafrechtsdogmatik auf internationaler Ebene wünschenswert erscheint.130 Die Rezeption der deutschen Strafrechtslehre darf aber nicht zu einer Verkomplizierung führen, ist doch das Postulat der Vereinfachung und damit des Vorrangs von Basisregeln gegenüber Detailbestimmungen notwendige Voraussetzung für die Konzeption gemeinsamer Strafrechtsregeln:131 „Letztlich geht es (. . .) wohl um die richtige Ausbalancierung kontroverser Prinzipien: Von Effizienz und rechtsstaatlicher Zurückhaltung des Strafrechts, von Einfachheit und Differenziertheit, von Vereinheitlichung und Bewahrung rechtskultureller Eigenständigkeit.“132 2. Materielle Überlegungen Entsprechend der oben präferierten Vorgehensweise133 ist es nach Konturierung der verschiedenen europäischen Strafrechtsordnungen erforderlich, gemeinsame Grundwerte und Prinzipien herauszuarbeiten, auf deren Basis eine europaweit gültige Regelung geschaffen werden könnte.134 a) Leitlinien für ein gemeineuropäisches Modell der Versuchsregelung aa) Dogmatische und kriminalpolitische Grundlagen Auf eine Harmonisierung kann nur auf der Grundlage von Prinzipien, die über den nationalen Rechtsordnungen stehen, hingearbeitet werden.135 128
Ambos, Völkerstrafrecht AT, 54; Schünemann, in: Roxin-Festschrift (2001), 2, 7. Ambos, Völkerstrafrecht AT, 55; Schönke/Schröder/Lenckner, Vor §§ 13 ff. Rn. 22. Für Verzicht auf „hochdifferenzierte Regelungen nach deutschem Vorbild“ daher Vogel, JZ 1995, 338. 130 Ambos, Völkerstrafrecht AT, 57. 131 Tiedemann, in: Huber, Corpus Juris, 61, 62; ders., in: Freiburg-Symposium, 3, 6. 132 Neumann, in: Huber, Corpus Juris, 67, 68. 133 Vgl. 3. Teil A. II. 1. a). 134 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 174 f. 135 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 173 f. 129
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Der Versuch zieht die Grenze zwischen den Freiheitsräumen der Bürger und dem Bereich strafbarer Handlungen. Je nachdem, wie das Spannungsverhältnis von Effizienz der Strafverfolgung einerseits und individuellen Freiheitsrechten andererseits aufgelöst wird, erweist sich der Charakter der Versuchsvorschriften als eher repressiv oder garantieorientiert.136 Dabei sind der Grundsatz der subjektiven Zurechnung als Teil des Schuldprinzips und das Tatprinzip, das zur Legitimation strafrechtlicher Reaktionen ein Minimum an Externalisierung, das heißt Objektivierung verlangt, miteinander konfrontiert.137 Auch der verfassungskräftige Gedanke der Verhältnismäßigkeit ist als gemeinsames europäisches Postulat Maßstab der Sanktionsverhängung.138 bb) Subjektivierungstendenz, Legalitäts- und Tatprinzip In Europa ist eine Ausweitung der Versuchsstrafbarkeit durch die Einführung von subjektiv-individuell orientierten Elementen festzustellen.139 Diese primär am Gesetzestext vorbei durch Rechtsprechung und Lehre vorangetriebene Tendenz geht zu Lasten der Rechtssicherheit und des Grundsatzes „nullum crimen sine lege“:140 „Si la répression des formes nouvelles de criminalité est certes servie par cette tendance, la sécurité juridique en sort en revanche affaiblie.“141 Der Kriminalitätsentwicklung kann auf die Dauer jedoch nicht durch außergesetzliche Antworten begegnet werden, sodass sich die Frage stellt, ob die Trends der Rechtsprechung gegen den Gesetzeswortlaut kodifiziert werden sollen, oder ob vielmehr der Gesetzgeber – gerade angesichts der Neigung der Gerichte, rechtspolitischen Notwendigkeiten im Einzelfall nachzugeben – gegensteuern muss, um durch das Einziehen rechtsstaatlicher „Korsettstangen“ wenigstens den status quo zu sichern. Die Antwort auf die gesellschaftspolitischen Herausforderungen der allgemein steigenden Kriminalität, des organisierten Verbrechens und des internationalen Terrorismus kann nicht in der Aufgabe rechtsstaatlicher Grundsätze liegen. Die Anpassung an die Subjektivierungstendenz durch Kodifizierung der Rechtsprechung birgt das Risiko der weiteren gerichtlichen Ausdehnung im An-
136 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169 f.; Duff, Attempts, 392; Sieber, in: Huber, Corpus Juris, 331, 336. 137 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 180. 138 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3, 4. 139 „The tendency in many countries of the West is toward penalizing more and more conduct according to the actor’s perception of the relevant events.“, Fletcher, Concepts, 181; s. o. 3. Teil A. I. 1. b). 140 Hennau-Hublet, in: Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 8; HustinDenies/Spielmann, L’infraction inachevée, 8, 130. 141 Hustin-Denies/Spielmann, L’infraction inachevée, 120.
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3. Teil: Ergebnis
schluss. Gerade das Strafrecht darf aber nicht auf den ernsthaften Versuch verzichten, die Rechtsprechung zu leiten. Zudem erscheint die Subjektivierung mit dem zutreffenden Verständnis des Tatprinzips unvereinbar, geht es doch im Strafrecht eines liberalen Staates nicht um Reglementierung der Interna, sondern um eine Kontrolle der Externa.142 Da aber die Freiheitssphäre des Menschen zu seiner Definition als Bürger gehört, muss der Internbereich mehr als nur die Gedanken umfassen, sodass nicht jeder beliebige externalisierte Akt strafbegründend sein kann.143 Das Recht muss seine Adressaten als verantwortliche Bürger behandeln,144 und die Respektierung der individuellen Freiheitssphäre als zentralem Wert145 ist mit einer sehr weitgehenden Versuchsstrafbarkeit unvereinbar: „If the law is to treat its citizens as responsible agents, it must leave them free to decide for themselves, not merely whether to embark on a criminal enterprise, but whether to continue with it.“146 Eine europäische Regelung muss also einer allzu großzügigen Einbeziehung subjektiver Kriterien entgegenwirken, sodass eine im Grundsatz objektive Ausrichtung vorzugswürdig erscheint. Die Orientierung an einem eher objektiven Ansatz fand auch bei den Teilnehmern des Workshops zur „Harmonisierung des Europäischen Strafrechts“ vom 11. bis 12. Juni 1999 in San Sebastián großen Anklang147 und hätte in der innerhalb der österreichischen Rechtsprechung sich abzeichnenden Objektivierungstendenz ein Vorbild.148 Wo dringend erforderlich, könnten Spezialtatbestände als Ventil die engere Versuchsregelung ausgleichen.149 b) Beantwortung der Grundfragen aa) Strafbarkeit Zwar bestehen bezüglich der Frage nach dem Anwendungsbereich des Versuchs europaweit Divergenzen: So sehen einerseits die finnischen und schwedischen Regelungen, aber auch die wirtschaftsstrafrechtlichen Entwürfe eine Be142
Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 181 f. Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 180 f. 144 Duff, Attempts, 387. 145 „Freedoms must remain paramount in Europe.“, Delmas-Marty, in: DelmasMarty/Vervaele, Implementation I, 7, 103; vgl. Duff, Attempts, 387. 146 Duff, Attempts, 389. „People make themselves subject to punishment because of what they do, not by virtue of their inherent potential to do harm.“, Fletcher, Concepts, 180. 147 Vgl. Tagungsbericht von Waßmer, JZ 1999, 1099, 1100. 148 Vgl. 2. Teil A. III. 3. b) bb) (1); IV. 3. b) cc). 149 Duff, Attempts, 392. 143
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strafung nur bei besonderer gesetzlicher Anordnung vor,150 während andererseits in Österreich, Bulgarien und Polen sowie in den allerdings bereichsspezifischen Vorschriften des Corpus Juris und des IStGH-Statuts bei allen Vorsatzdelikten eine Versuchsstrafbarkeit angenommen wird.151 Weit überwiegend differenzieren die untersuchten Rechtsordnungen jedoch entsprechend der allgemeinen Deliktskategorisierung nach der Schwere der anvisierten Tat.152 Damit wird die Regelung der Versuchsstrafbarkeit abhängig von der Vorfrage der Systematisierung der Straftatbestände; weder besteht insoweit Einigkeit, noch hinsichtlich der Entscheidung, bei welchem Deliktstyp die Grenze der generellen Versuchsstrafbarkeit zu ziehen ist. Grundsätzlich wird aber eine Bestrafung immer bei den gravierendsten Tatbeständen angenommen,153 während bei den leichteren Delikten154 eine besondere gesetzliche Anordnung erforderlich sein soll; für eine eventuell unterschiedene dritte Kategorie155 ist der Versuch im Allgemeinen straflos.156 Vorbehaltlich der genauen Ausgestaltung des Normensystems für ein europäisches Modellstrafgesetzbuch soll diese Unterscheidung auch hier zugrunde gelegt werden. Angesichts der isolierten Betrachtung des Versuchs außerhalb der gesetzessystematischen Einbindung kann eine konkrete Regelung im Rahmen dieser Untersuchung jedoch nicht formuliert werden. Die Beteiligung am Versuch wird durchgehend für strafbar erachtet,157 dabei ist die Konstruktion abhängig von der Grundentscheidung für ein Alleintäter-158 150 Kap. 4 § 1 Abs. 1 finnStGB; Kap. 23 § 1 Abs. 1 schwKrGB, vgl. 2. Teil A. I. 1. a); § 5 Abs. 2 VO; Art. 18 Abs. 2 Satz 1 EDel, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) bb). 151 § 15 Abs. 1 öStGB; Art. 18 Abs. 1 bulgStGB; Art. 13 § 1 polnStGB, vgl. 2. Teil A. I. 1. c); Art. 11bis Abs. 1 Satz 1 Corpus Juris (generelle Versuchsstrafbarkeit für alle in Art. 1 bis 3 und 5 bis 8 genannten Taten), vgl. 2. Teil B. I. 2. b) bb); Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut (Strafbarkeit des Versuchs für alle der Gerichtsbarkeit des Strafgerichtshofs unterliegenden Völkerrechtsverbrechen), vgl. 2. Teil B. III. 2. c) bb). 152 Vgl. 2. Teil A. I. 1. b) (anders in Dänemark: Generelle Versuchsstrafbarkeit bei Tatbeständen mit Strafdrohung von über vier Monaten Gefängnis; ansonsten Erfordernis besonderer gesetzlicher Anordnung, § 21 Abs. 3 dänStG). 153 Den „indictable offences“, „crimes“ bzw. „Verbrechen“. 154 Den „summary offences“, „délits“ bzw. „Vergehen“. 155 Den „contraventions“ bzw. „Übertretungen“. 156 Vgl. s. 1 Abs. 4 CAA; Art. 121-4 Nr. 2 frCP; Art. 52 f. be/luxCP; § 23 Abs. 1 dStGB; § 5.01 Abs. 1 MPC (generelle Strafbarkeit des Versuchs von „Straftaten“ („crimes“), das heißt bei „felony“, „misdemeanor“ und „petty misdemeanor“, nicht aber bei bloßer „violation“ gem. § 1.04 MPC), vgl. 2. Teil B. IV. 2. b) bb). Modifizierungen werden in Lettland (Versuch der „violation“ generell straflos, § 15 Abs. 6 lettStGB; keine Möglichkeit der gesetzlichen Anordnung der Strafbarkeit im Einzelfall), den Niederlanden und Italien (nur Übertretungen sind von der Versuchsstrafbarkeit ausgenommen, Art. 45 Abs. 1 nlStGB; Art. 56 Abs. 1 itCP) sowie in Spanien vorgenommen (Ausweitung des Versuchsbereichs: Generelle Strafbarkeit sogar bei „faltas“ bei Angriff gegen Personen oder Vermögen, Art. 15 Abs. 2 spCP).
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3. Teil: Ergebnis
oder Teilnahmemodell.159 Hinsichtlich der versuchten Beteiligung ist, soweit nicht in konsequenter Durchführung des Teilnahmemodells ein Versuch mangels strafbarer Haupttat generell ausgeschlossen ist,160 die kriminalpolitisch überzeugende Tendenz erkennbar, sogar im Einheitstätersystem161 versuchte Beihilfe für straflos und – auch entgegen dem Akzessorietätsprinzip162 – versuchte Anstiftung für strafbar zu erklären.163 Aufgrund der engen Verknüpfung mit den grundsätzlichen Vorfragen der Deliktskategorisierung und der Konzeption von Täterschaft und Teilnahme ist eine isolierte Regelung dieses Problemkreises außerhalb des Systems des Allgemeinen Teils eines zukünftigen Modellstrafgesetzbuches nicht möglich. Im Rahmen dieser Arbeit können daher insoweit keine konkreten Formulierungsvorschläge präsentiert, sondern nur prinzipielle Empfehlungen gegeben werden. bb) Strafmaß Innerhalb Europas kontrovers diskutiert wird auch die Rechtsfolge des Versuchs, das heißt die Frage, ob milder als bei Vollendung zu bestrafen ist. Zu beachten ist, dass insoweit Gesetzeswortlaut und praktische Handhabung oftmals auseinanderfallen. So statuiert zwar s. 4 Abs. 1 CAA den Grundsatz der Gleichbestrafung,164 in der Praxis wirkt sich das Ausbleiben des Taterfolgs je157 Vgl. 2. Teil A. I. 2.; ebenso Art. 11bis Abs. 1 Satz 1 Corpus Juris, vgl. 2. Teil B. I. 2. b) bb); Art. 25 Abs. 3b (Aufforderung/Anstiftung zum Versuch; Anordnung), Art. 25 Abs. 3c (Beihilfe), Art. 25 Abs. 3d (sonstiger Beitrag) IStGH-Statut, vgl. 2. Teil B. III. 2. c) bb). 158 Dann eigener Versuch jedes Beteiligten unabhängig von der Strafbarkeit des Haupttäters, vgl. § 15 Abs. 1 öStGB; Art. 22 § 1 polnStGB; § 21 Abs. 1 dänStG. 159 Dann Zurechnung des vom Haupttäter begangenen Versuchsunrechts, so in Frankreich; §§ 26 f. dStGB; Kap. 23 § 1 Abs. 1 i. V. m. Kap. 23 § 4 schwKrGB; Art. 63 spCP, vgl. 2. Teil A. I. 2. 160 So in Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und Schweden. Auch im Entwurf des Corpus Juris ist die versuchte Beteiligung grundsätzlich straflos, vgl. 2. Teil B. I. 2. b) bb). 161 So widerspricht die Regelung in § 15 Abs. 2 öStGB, die zwar die Strafbarkeit der versuchten Bestimmung vorsieht, den Versuch der Beitragstäterschaft aber für straflos erklärt, dem österreichischen Einheitstäterprinzip. 162 Vgl. § 30 Abs. 1 dStGB. 163 So s. 1 Abs. 4a CAA; Art. 16 spCP; Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut, vgl. 2. Teil B. III. 2. c) bb). Die Regelungen in § 21 Abs. 1 dänStG, Art. 22 § 2 polnStGB (hier aber fakultative Strafmilderung/Absehen von Strafe, §§ 21 Abs. 2, 23 Abs. 1 Satz 2 dänStG; Art. 22 § 2 polnStGB) und im MPC (Strafbarkeit der versuchten Beihilfe gem. § 5.01 Abs. 3 MPC, Strafbarkeit der versuchten Anstiftung gem. § 5.02 MPC) differenzieren dagegen nicht zwischen den verschiedenen Beteiligungsformen, sondern nehmen generell eine Strafbarkeit an, vgl. 2. Teil B. IV. 2. b) bb). 164 So auch § 15 Abs. 1 öStGB; § 21 Abs. 2 dänStG; Art. 18 Abs. 2 bulgStGB; Art. 14 § 1 polnStGB; Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut, vgl. 2. Teil B. III. 2. c) cc);
A. Rahmenregelungen und Kriterien
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doch meist strafmildernd aus. Auch das französische Recht optiert in Art. 121-4 frCP klar für einen subjektiven Ansatz. Trotz dieses gesetzlich verankerten Gebots der Gleichstellung von Versuch und Vollendung führten die Gerichte die Möglichkeit individueller Strafmilderung gemäß Art. 132-24 frCP bei im Einzelfall geringerer Tätergefährlichkeit ein, sodass sich die der grundsätzlich objektiven Versuchsdogmatik zuwiderlaufende Konzeption als nur theoretische Systemwidrigkeit erweist; faktisch wird auch die Bestimmung des Strafmaßes im Sinne der objektiven Lehre gehandhabt.165 Der Trend geht daher eindeutig in Richtung einer Strafmilderung, die überwiegend für obligatorisch gehalten wird.166 Diese Lösung ist vorzugswürdig, da das Strafmaß im Einklang mit der sich aus dem Tatprinzip ergebenden objektiven Definition des Versuchsunrechts niedriger als bei Tatvollendung sein muss.167 cc) Versuchsbeginn Gemeinsame Ausgangsbasis der europäischen Regelungen des Versuchsbeginns ist die Einsicht, dass der deliktische Entschluss des Täters durch externe Akte erkennbar geworden sein muss.168 Eine extrem objektiv-äußerliche, die Konsensfähigkeit in Frage stellende Ausrichtung erfährt die Versuchsdefinition im spanischen und italienischen Recht. So gibt Art. 16 Abs. 1 spCP der französischen Formel vom „commencement d’exécution“ dadurch einen objektiveren Gehalt, dass der Täter Handlungen vorgenommen haben muss, die objektiv den Erfolg verursachen sollten, das heißt bestraft werden nur tatsächlich gefährliche, taugliche Verhaltensweisen, bei denen die Verwirklichung des Erfolges ex ante nicht als absolut unwahrscheinlich erscheint.169 Seit der Strafrechtsreform verzichtet der italienische Gesetzgeber auf das Erfordernis des Ausführungsbeginns und verlangt statt dessen in Art. 56 Abs. 1 itCP das Vorliegen einer zur Tatbestandsverwirklichung geeigneten Handlung, die in eindeutiger Weise auf Begehung eines Verbrechens gerichtet ist.170
§ 5.05 Abs. 1 MPC (prinzipiell identische Kategorisierung von versuchten und vollendeten Delikten), vgl. 2. Teil B. IV. 2. b) cc). 165 Vgl. 2. Teil A. II. 1. 166 Art. 52 f. be/luxCP; Art. 45 Abs. 2 nlStGB; Art. 62 spCP; Art. 56 Abs. 2 itCP; Kap. 4 § 1 Abs. 1 2. Halbsatz finnStGB, vgl. 2. Teil A. II. 2. a); Art. 14, 11bis Abs. 1 Satz 2 Corpus Juris, vgl. 2. Teil B. I. 2. b) cc); § 10 Satz 1 VO; Art. 18 Abs. 2 Satz 2 EDel, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) cc). § 23 Abs. 2 dStGB sieht lediglich eine fakultative Milderung der Strafe vor, vgl. 2. Teil A. II. 2. b). 167 Ebenso Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 182. 168 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3, 21. 169 Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa) (3). 170 Vgl. 2. Teil A. III. 2. b) bb).
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3. Teil: Ergebnis
In den vom französischen Recht geprägten kontinentaleuropäischen Regelungen wird die Abgrenzung zwischen strafloser Vorbereitung und strafbarem Versuch überwiegend anhand des Kriteriums des Ausführungsanfangs („commencement d’exécution“) vorgenommen.171 In seiner moderaten, das heißt nicht entsprechend Art. 16 Abs. 1 spCP objektivierten Form hat dieses Konzept den Vorzug, auch aus eingeschränkt subjektivistischer Perspektive akzeptabel zu sein, dabei aber gleichzeitig dem Tatprinzip gerecht zu werden. Indem es eine flexible Auslegung zulässt, als deren Grenze aber die ausdrückliche Bindung an den Tatbestand festschreibt, scheint das französische Modell ausgewogen und daher als Grundlage eines gemeineuropäischen, prinzipiell objektiv-liberal ausgerichteten Regelungsmodells geeignet.172 Zwar muss die Qualifizierung eines Verhaltens als Ausführungsanfang, um nicht im Sinne eines autoritären Ansatzes die bloße Gesinnung zu bestrafen, letztlich aus „objektiv-intersubjektiver“ Sicht erfolgen,173 jedoch kann der Versuchsbeginn, will man nicht eine Strafbarkeit aller untauglichen Versuche von vornherein kategorisch ausschließen, nicht allein nach äußeren Kriterien, sondern sinnvoll nur unter Zugrundelegung des konkreten Tatplans bestimmt werden.174 Ausgangspunkt dieser individuell-objektiven Definition des Versuchs nach deutschem Vorbild175 muss damit die Vorstellung des Täters von der Tat sein,176 die allerdings nur als Beurteilungsgrundlage, nicht aber zugleich als Bewertungsmaßstab für den Versuchsbeginn fungiert, sodass die Abgrenzung nicht vollständig subjektiviert wird, sondern unter Berücksichtigung des Vorstellungsbildes des Täters nach objektiven Gesichtspunkten erfolgen muss. Entscheidend ist also nicht, ob der Täter selbst das Geschehen als Ausführungshandlung wahrnimmt, sondern dass aufgrund seiner Vorstellung nach objektiven Kriterien ein Versuch anzunehmen ist. Ähnlich ist auch das Vorliegen eines „substantial step“ im Sinne von § 5.01 Abs. 1c und Abs. 2 MPC177 sowie von Art. 25 171 Art. 121-5 frCP; Art. 51 be/luxCP; Art. 45 nlStGB; Art. 18 Abs. 1 bulgStGB; Kap. 23 § 1 Abs. 1 schwKrGB, vgl. 2. Teil A. III. 2. b) aa); Art. 11bis Abs. 2 Corpus Juris („commencement of the commission“), vgl. 2. Teil B. I. 2. b) dd) (2); § 5 Abs. 1 VO; Art. 18 Abs. 1 EDel, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) dd) (2); Art. 25 Abs. 3f Satz 1 1. Halbsatz IStGH-Statut (Kombination von Ausführungsbeginn und „substantial step“Kriterium, vgl. ausführlich 2. Teil B. III. 2. c) dd) (2)). Auch der deutsche Ansatzgedanke wird durch die Zwischenaktformel in die Nähe zur neueren französischen Rechtsprechung gebracht, Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3, 18. 172 In diesem Sinne auch Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 182. 173 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 182. 174 So schon Weigend, in: Freiburg-Symposium, 407, 423. 175 Vgl. 2. Teil A. III. 3. b) aa) (1). 176 Gemeint ist die subjektive Vorstellung vom Gesamtablauf der Tat, die nicht mit dem konkreten Tatentschluss identisch, sondern als „Ablaufsvorstellung“ über die genaue Art und Weise der Verwirklichung des Vorsatzes vielmehr mit dem Tatplan kongruent ist, vgl. 2. Teil A. III. 3. b) aa) (1). 177 Vgl. 2. Teil B. IV. 2. b) dd) (2).
A. Rahmenregelungen und Kriterien
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Abs. 3f IStGH-Statut178 in Abhängigkeit von der Tätervorstellung zu bestimmen. Die Regelung des MPC, die dem Rom-Statut als Vorbild diente, verlangt für den Versuchsbeginn einen „wesentlichen Schritt im Ablauf des geplanten Verhaltens“ (§ 5.01 Abs. 1c MPC), aus dem „die strafbare Absicht des Täters (. . .) klar hervorgeht“ (§ 5.01 Abs. 2 MPC). Ausschlaggebend bleibt jedoch auch hier die objektive Komponente des Versuchsunrechts; die Bedeutung der Tätervorstellung wird durch das Erfordernis ihrer äußerlichen Manifestation im „wesentlichen Schritt“ relativiert, sodass es nicht ausreicht, dass der Täter sich durch die Vornahme des „substantial step“ individuell bestärkt fühlt, sondern er sich auch objektiv an das verfolgte Ziel annähern muss.179 Einigkeit besteht über das Erfordernis eines subjektiven Elements: Teilweise ist dies ausdrücklich gesetzlich geregelt,180 ansonsten handelt es sich um eine von Lehre und Rechtsprechung entwickelte Voraussetzung.181 Zwar kommt das Vorsatzerfordernis in dem hier favorisierten Abstellen auf die Tätervorstellung grundsätzlich hinlänglich zum Ausdruck,182 im Hinblick etwa auf die Diskussion um seinen Umfang im englischen Recht183 erscheint es aber sinnvoll, aus Klarstellungsgründen auf eine ausdrückliche Aufnahme dieses Tatbestandsmerkmals in den Normtext nicht zu verzichten. Inhaltlich ist der subjektive Tatbestand des Versuchsdelikts vollkommen identisch mit dem der vollendeten Vorsatztat.184 dd) Untauglichkeit Ungeklärt ist ebenfalls die Behandlung des untauglichen Versuchs; Einigkeit besteht lediglich über die Straflosigkeit von abergläubischem Versuch und Wahndelikt.185 178
Vgl. 2. Teil B. III. 2. c) dd) (2). Unter Hinweis auf die Gefahr des Missbrauchs als Vorwand für die Vorverlagerung der Strafbarkeitsschwelle spricht sich Cancio Meliá in: Freiburg-Symposium, 169, 182 gegen eine Anreicherung der Versuchsregelung durch Abstellen auf den Täterplan aus. 180 Art. 51 be/luxCP; Art. 45 nlStGB, vgl. 2. Teil A. III. 2. a); § 15 Abs. 2 öStGB, vgl. 2. Teil A. III. 3. a); Art. 11bis Abs. 2 Corpus Juris, vgl. 2. Teil B. I. 2. b) dd) (3); Art. 18 Abs. 1 EDel, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) dd) (3); Art. 25 Abs. 3f IStGHStatut, vgl. 2. Teil B. III. 2. c) dd) (1); § 5.01 Abs. 1 MPC, vgl. 2. Teil B. IV. 2. b) dd) (3). 181 Keine gesetzliche Regelung in Art. 121-5 frCP; Art. 56 Abs. 1 itCP, vgl. 2. Teil A. III. 2. a); § 22 dStGB, vgl. 2. Teil A. III. 3. a); § 5 Abs. 1 VO, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) dd) (1). Die Anforderungen an die Vorsatzintensität sollen Praxis und Wissenschaft überlassen bleiben. 182 LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 2, 9, 31. 183 Vgl. 2. Teil A. III. 1. b) aa) (2). 184 Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 26 Rn. 24; Kühl, AT, § 18 Rn. 143; LK-Hillenkamp, § 22 Rn. 31; SK-Rudolphi, § 22 Rn. 1; Wessels/Beulke, AT, Rn. 598. 179
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3. Teil: Ergebnis
Die extrem objektivistisch geprägten186 spanischen und italienischen Regelungen halten darüber hinaus auch alle anderen Formen untauglicher Verhaltensweisen für beachtlich und somit strafbarkeitsausschließend.187 Während Art. 49 Abs. 1 itCP immerhin die Verhängung von Maßnahmen der Sicherung ermöglicht,188 sieht der spCP keinerlei Sanktion vor; durch die Neuregelung des Art. 16 Abs. 1 spCP im Zuge der Strafrechtsreform von 1995, der nunmehr für den Versuchsbeginn objektiv erfolgstaugliche Handlungen verlangt, sind vielmehr sämtliche Varianten untauglicher Versuche von der Strafbarkeit ausgeschlossen.189 Der Verzicht auf das Kriterium der Tätervorstellung und auf Übernahme des die Strafbarkeit auch bei Untauglichkeit explizit vorsehenden Art. 12 Abs. 3 Satz 2 des Vorentwurfs sprechen für die Straflosigkeit solcher Konstellationen auch nach Art. 11bis Corpus Juris.190 Teilweise wird zwischen verschiedenen Formen der Untauglichkeit differenziert: So unterscheiden die niederländischen,191 belgischen, luxemburgischen,192 schwedischen193 und österreichischen194 Vorschriften strafbarkeitsausschließende absolut untaugliche Versuche und unbeachtliche relative Untauglichkeit; in Bulgarien werden rechtlich untaugliche Verhaltensweisen für prinzipiell straflos gehalten, während bei tatsächlich untauglichen, aber dennoch die Gesellschaft gefährdenden Versuchen eine Strafbarkeit angenommen wird.195 Die Tendenz weist jedoch in Richtung einer Strafbarkeit auch untauglicher Tathandlungen. So bleibt nach der vorrangig auf die Tätervorstellung abhebenden Regelung in s. 1 Abs. 2 und 3 CAA die „legal impossibility, narrowly defined in terms of mistake of law“ als einziger Fall der beachtlichen, das heißt strafbarkeitsausschließenden Untauglichkeit anerkannt.196 Auch das polnische Recht enthält in Art. 13 § 2 polnStGB eine ausdrückliche Anordnung der Strafbarkeit untauglicher Versuche, sieht allerdings fakultativ eine Strafmilderung beziehungsweise das Absehen von Strafe vor.197 In Dänemark und Lettland 185 So in England (s. 1 Abs. 4 CAA, vgl. 2. Teil A. IV. 1. c) bb)), Frankreich (vgl. 2. Teil A. IV. 2. a) bb) (1)), den Niederlanden (vgl. 2. Teil A. IV. 2. b) aa)), Belgien, Luxemburg (vgl. 2. Teil A. IV. 2. b) bb)), Italien (Art. 49 Abs. 1 itCP, vgl. 2. Teil A. IV. 2. c) aa)), Spanien (Art. 16 Abs. 1 spCP, vgl. 2. Teil A. IV. 2. c) bb)) und Deutschland (vgl. 2. Teil A. IV. 3. a) cc)). 186 Vgl. oben 3. Teil A. II. 2. b) cc). 187 Art. 49 Abs. 1 itCP; Art. 16 Abs. 1 spCP, vgl. 2. Teil A. IV. 2. c). 188 Vgl. 2. Teil A. IV. 2. c) aa). 189 Vgl. 2. Teil A. IV. 2. c) bb). 190 Vgl. 2. Teil B. I. 2. b) ee). 191 Vgl. 2. Teil A. IV. 2. b) aa). 192 Vgl. 2. Teil A. IV. 2. b) aa). 193 Kap. 23 § 1 Abs. 1 schwKrGB, vgl. 2. Teil A. IV. 2. b) bb). 194 § 15 Abs. 3 öStGB, vgl. 2. Teil A. IV. 2. c) bb). 195 Art. 18 Abs. 1 bulgStGB, vgl. 2. Teil A. IV. 2. c) bb). 196 Vgl. 2. Teil A. IV. 1. c) bb), s. o. 3. Teil A. I. 1. b) aa) (3).
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285
fehlt zwar eine explizite Regelung, doch legt das Abstellen auf Handlungen, die „darauf abzielen, die Ausführung einer Straftat zu fördern oder zu bewirken“ (§ 21 Abs. 1 dänStG) beziehungsweise die „directly dedicated to intentional commission of a crime“ sind (Art. 15 Abs. 4 lettStGB) die Annahme der Strafbarkeit nahe.198 Die Subjektivierungstendenz in der französischen Rechtsprechung zur Untauglichkeit199 führte insoweit zu einer Angleichung an die Konzeption des CAA, nach der die Untauglichkeit immer unbeachtlich ist. In Deutschland ergibt sich die prinzipielle Strafbarkeit des untauglichen Versuchs aus der Bedeutung der Tätervorstellung nach § 22 dStGB und dem Umkehrschluss aus § 23 Abs. 3 dStGB, der die Strafbarkeit auch des grob unverständigen Versuchs regelt.200 Auch im Völkerstrafrecht steht die Untauglichkeit trotz fehlender Stellungnahme des Statutstextes nach allgemeiner Ansicht einer Strafbarkeit nicht entgegen.201 Explizit wird das Problem des untauglichen Versuchs in allen seinen Erscheinungsformen von § 5.01 Abs. 1a und c, Abs. 2 MPC abgeschnitten.202 Eine Ausprägung des primären Abstellens auf die vom Täter ausgehende Gefahr ist die in § 5.05 Abs. 2 MPC normierte Möglichkeit der Strafmilderung beziehungsweise des Absehens von Strafe in Fällen, in denen Tathandlung „in sich so wenig geeignet [ist], zur Begehung einer Straftat zu führen, daß weder das Verhalten als solches, noch der Täter eine Gefahr für die Öffentlichkeit bildet, im Hinblick auf die eine Einstufung seines Verhaltens nach Maßgabe dieser Sektion gerechtfertigt wäre“. Angesichts der Vielfalt der zur Behandlung des untauglichen Versuchs angebotenen Lösungsmöglichkeiten spricht sich Cancio Meliá gegen eine übernationale Regelung dieses Problemkreises aus, da eine hinreichende Verständigung über die Bedeutung dieser Figur nicht festzustellen sei.203 Konsequent findet sich eine ausdrückliche Stellungnahme zur Frage nach der Strafbarkeit des untauglichen Versuchs auch in keinem der Vorschläge zum Europäischen Wirtschaftsstrafrecht.204 Auf der Basis der hier vertretenen Ansicht, dass die Konsensfähigkeit kein absolutes Postulat darstellt,205 steht die in Europa herrschende Divergenz der Formulierung eines Regelungsentwurfs jedoch nicht entgegen. 197
Art. 14 § 2 polnStGB, vgl. 2. Teil A. IV. 1. c) bb). Vgl. 2. Teil A. IV. 1. c) bb). 199 Vgl. 2. Teil A. IV. 2. a) bb) (1), s. o. 3. Teil A. I. 1. b) bb) (2). 200 Vgl. 2. Teil A. IV. 3. a). 201 Vgl. 2. Teil B. III. 2. c) ee). 202 Vgl. 2. Teil B. IV. 2. b) ee). Der Vorsatz nach § 5.01 Abs. 1a („würde sein Verhalten, wie er annimmt, den Tatbestandsmerkmalen entsprechen“) und c („was unter den Umständen, wie er sie sieht“) MPC bestimmt sich entsprechend der individuellen „beliefs as to relevant facts and legal relationships“. 203 Cancio Meliá, in: Freiburg-Symposium, 169, 182. 204 Vgl. 2. Teil B. II. 2. b) ee). 205 s. o. 3. Teil A. II. 1. b). 198
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3. Teil: Ergebnis
Auch eine im Grundsatz objektive Versuchskonzeption wie die hier vorgeschlagene kann, so sie der äußeren Bestimmung des Versuchsbeginns die subjektive Vorstellung des Täters vom Gesamtablauf der Tat zugrunde legt, den untauglichen Versuch in gewissen Grenzen für strafbar erklären. Das Erfordernis der Konsistenz206 verlangt infolge der Entscheidung für die Berücksichtigung der Tätervorstellung im Rahmen der Definition des Versuchsbeginns207 nach einer Bestrafung auch untauglicher Versuche: Die „Tauglichkeitsvorstellung“ wird auf den objektiven Tatbestand übertragen und dient als Beurteilungsgrundlage für die Prüfung des Ausführungsanfangs. Eine ausdrückliche Regelung dieses Komplexes ist dabei entbehrlich, da sich die grundsätzliche Strafbarkeit auch untauglicher Versuche unmittelbar aus dem Abstellen auf die Tätervorstellung ergibt. Zudem bleibt so in diesem besonders kontrovers diskutierten Problemkreis genug Spielraum auch zur Verwirklichung der Einzelfallgerechtigkeit etwa durch Differenzierung zwischen verschiedenen Arten der Untauglichkeit, und die notwendige Flexibilität gegenüber neuen kriminalpolitischen Tendenzen wird gewährleistet. Dogmatik und Kasuistik werden sich letztlich nur aus der praktischen Handhabung der Vorschrift herauskristallisieren. ee) Rücktritt Mit Ausnahme der diese Rechtsfigur nicht anerkennenden Regelung im CAA208 erscheint das Konzept des strafbefreienden Rücktritts europaweit konsensfähig:209 Die hier untersuchten liberalen und vermittelnden Rechtsordnungen sehen durchweg eine Rücktrittsmöglichkeit für den Täter vor.210 Teilweise ergibt sich dies implizit aus der den Rücktritt als negatives Tatbestandsmerkmal konzipierenden Definition des Versuchs,211 der „modern trend“212 geht jedoch zu einer positiv-expliziten Regelung des Rücktritts213 als persönlicher Strafaufhebungsgrund.214 206
s. o. 3. Teil A. II. 1. c). s. o. 3. Teil A. II. 2. b) cc). 208 Vgl. 2. Teil A. V. 1. a). 209 Tiedemann, in: Freiburg-Symposium, 3, 18. 210 Vgl. 2. Teil A. V. 2. 211 So in Art. 121-5 frCP; Art. 51 be/luxCP, vgl. 2. Teil A. V. 2. a). 212 Fletcher, Concepts, 182. 213 Art. 16 Abs. 2 u. 3 spCP, vgl. 2. Teil A. V. 2. b) bb) (1); Art. 46b nlStGB, vgl. 2. Teil A. V. 2. b) cc) (1); § 24 dStGB, vgl. 2. Teil A. V. 3. a) aa); § 16 öStGB, vgl. 2. Teil A. V. 3. b) aa); Art. 15 polnStGB; § 22 dänStG; Kap. 23 § 3 schwKrGB; Kap. 4 § 2 Abs. 1 finnStGB; Art. 11bis Abs. 3 Corpus Juris, vgl. 2. Teil B. I. 2. b) ff); Art. 19 EDel, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) ff); § 5.01 Abs. 4 Satz 2 MPC, vgl. 2. Teil B. IV. 2. b) ff). Die doppelte Normierung des Rücktritts in Lettland (§§ 15 Abs. 4, 16 lettStGB), im Entwurf der EG-Verordnung über die Grundsätze für die Anwendung 207
A. Rahmenregelungen und Kriterien
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Auch bezüglich der Voraussetzungen der Strafbefreiung besteht in Europa weitgehend Einigkeit: Ausgeschlossen soll ein Rücktritt bei Fehlschlag des Versuchs sein.215 Beim unbeendeten Versuch genügt als Rücktrittshandlung die Aufgabe der Tatausführung.216 Lediglich in der Terminologie abweichende, inhaltlich identische Regelungen fordern den Abbruch der begonnenen Tathandlung,217 ein Absehen218 beziehungsweise Abstandnehmen219 von der Vollendung oder das freiwillige Zurücktreten von der Durchführung des Delikts.220 Der Rücktritt vom beendeten Versuch erfordert die Verhinderung der Vollendung beziehungsweise des Erfolgseintritts,221 das heißt aktives Gegensteuern durch gefahrneutralisierendes Verhalten. Teilweise wird auch ein Putativrücktritt, das heißt das versuchte Zurücktreten vom vermeintlich vollendbaren Versuch für beachtlich gehalten. So verlangt § 24 Abs. 1 Satz 2 dStGB bei beendetem unerkannt untauglichem beziehungsweise fehlgeschlagenem Versuch das ernsthafte Bemühen um die Vollendungsverhinderung.222 Das österreichische Recht erkennt in Art. 16 Abs. 2 öStGB den Putativrücktritt unter denselben Voraussetzungen für die Fallgruppen des unbeendeten Versuchs unter Beteiligung mehrerer (1. Alt.), der unerkannten relativen Untauglichkeit (2. Alt.) und nach teils vertretener Ansicht für den unerkannten Fehlschlag an.223 Ähnliche gemeinschaftsrechtlicher Sanktionen (§ 5 Abs. 1, Abs. 3 VO, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) ff)) und im IStGH-Statut (Art. 25 Abs. 3f Satz 1 2. Halbsatz, Satz 2 IStGH-Statut, vgl. 2. Teil B. III. 2. c) ff)) kann nur als Redaktionsversehen gewertet werden. 214 Das italienische Recht differenziert hinsichtlich der Rechtsfolge zwischen unbeendetem (Straflosigkeit) und beendetem (Strafmilderung) Versuch, Art. 56 Abs. 3 u. 4 itCP, vgl. 2. Teil A. V. 2. b) aa). 215 So vertreten in Deutschland, vgl. 2. Teil A. V. 3. a) bb) (1); § 16 lettStGB; ebenso die österreichische Rechtsprechung, vgl. 2. Teil A. V. 3. b) bb) (3). 216 Art. 16 Abs. 2 spCP, vgl. 2. Teil A. V. 2. b) bb) (2); § 24 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. dStGB, vgl. 2. Teil A. V. 3. a) bb) (2); § 16 Abs. 1 1. Alt. öStGB, vgl. 2. Teil A. V. 3. b) bb) (2); § 22 1. Alt. dänStG; § 5 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. VO, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) ff); Art. 19 Abs. 1 EDel, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) ff); § 5.01 Abs. 4 Satz 1 MPC, vgl. 2. Teil B. IV. 2. b) ff). 217 Kap. 23 § 3 Satz 1 schwKrGB. 218 Art. 15 § 1 1. Alt. polnStGB. 219 Art. 18 Abs. 3a bulgStGB; Kap. 4 § 2 Abs. 1 1. Alt. finnStGB. 220 Art. 11bis Abs. 3 Satz 1 1. Alt. Corpus Juris, vgl. 2. Teil B. I. 2. b) ff). 221 Art. 16 Abs. 2 spCP, vgl. 2. Teil A. V. 2. b) bb) (2); § 24 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. dStGB, vgl. 2. Teil A. V. 3. a) bb) (3); § 16 Abs. 1 3. Alt. öStGB (Abwendung des Erfolges), vgl. 2. Teil A. V. 3. b) bb) (3); Art. 18 Abs. 3b bulgStGB; Art. 15 § 1 2. Alt. polnStGB; § 22 2. Alt. dänStG; Kap. 4 § 2 Abs. 1 2. Alt. finnStGB, vgl. 2. Teil A. V. 3. a) bb) (6); Kap. 23 § 3 Satz 1 schwKrGB, vgl. 2. Teil A. V. 3. a) bb) (6); § 5 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. VO, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) ff); Art. 19 Abs. 2 Satz 1 EDel, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) ff); § 5.01 Abs. 4 Satz 1 MPC, vgl. 2. Teil B. IV. 2. b) ff). Art. 11bis Abs. 3 Satz 1 2. Alt. Corpus Juris verlangt die freiwillige Verhinderung der Durchführung des Delikts, vgl. 2. Teil B. I. 2. b) ff). 222 Vgl. 2. Teil A. V. 3. a) bb) (4); ebenso Art. 15 § 2 polnStGB, der als Rechtsfolge allerdings lediglich eine fakultative Strafmilderung vorsieht. 223 Vgl. 2. Teil A. V. 3. b) bb) (4).
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3. Teil: Ergebnis
Regelungen enthalten § 22 3. Alt. dänStG,224 Art. 11bis Abs. 3 Satz 2 Corpus Juris225 und Art. 19 Abs. 2 Satz 2 EDel.226 Bei Beteiligung mehrerer werden angesichts der gesteigerten Gefährlichkeit verschärfte Anforderungen an die Rücktrittshandlung gestellt. Auch im Fall des unbeendeten Versuchs reicht das Aufgeben der Ausführung nicht, sondern tritt Strafbefreiung nur ein, wenn mit Abstandnehmen von der eigenen Beteiligung oder Aufhebung des bereits erbrachten Tatbeitrags die Vollendung der Tat insgesamt verhindert wird.227 Jedenfalls muss der Rücktritt freiwillig erfolgen;228 die Details dieser Tatbestandsvoraussetzung sollen Lehre und Rechtsprechung überlassen bleiben. Für eine europäische Modellregelung wird hier eine positiv-explizite Rücktrittskonzeption nach Vorbild von § 24 dStGB favorisiert, der bereits mehreren nationalen und übernationalen Vorschriften zugrunde liegt.229
224 Bei Missglücken der Vollendung oder Vereitelung des Erfolgseintritts ohne Zutun des Täters wird die Vornahme von Handlungen verlangt, die die Vollendung verhindert haben würden. 225 Bei Ausbleiben der Vollendung ohne Zutun des Täters erfordert der Rücktritt ein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, vgl. 2. Teil B. I. 2. b) ff). 226 Bei Ausbleiben der Vollendung ohne Zutun des Täters oder Erfolgseintritt unabhängig von früherem Tatbeitrag wird freiwilliges und ernsthaftes Bemühen um Tatverhinderung verlangt, vgl. 2. Teil B. I. 2. b) ff). 227 Art. 16 Abs. 3 spCP, vgl. 2. Teil A. V. 2. b) bb) (2); § 24 Abs. 2 dStGB, vgl. 2. Teil A. V. III. 1. b) ee); § 16 Abs. 1 2. Alt. öStGB, vgl. 2. Teil A. V. III. 2. b) bb); Art. 23 polnStGB; § 24 dänStG; § 5 Abs. 3 Satz 2 VO, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) ff). § 24 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. dStGB verlangt für den versuchten Rücktritt bei Ausbleiben der Tatvollendung freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, vgl. 2. Teil A. V. 3. a) bb) (6); ebenso Art. 16 Abs. 3 spCP, vgl. 2. Teil A. V. 2. b) bb) (2). Nach § 24 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. dStGB besteht die Möglichkeit des Rücktritts trotz Eintritts des Erfolges, wenn die vollendete Tat dem Beteiligten nicht zurechenbar ist, vgl. 2. Teil A. V. 3. a) bb) (5). 228 Für Frankreich, Belgien und Luxemburg vgl. 2. Teil A. V. 2. a) bb); Art. 16 Abs. 2 spCP, vgl. 2. Teil A. V. 2. b) bb) (2); § 24 dStGB, vgl. 2. Teil A. V. 3. a) bb) (6); § 16 öStGB, vgl. 2. Teil A. V. 3. b) bb) (5); Art. 15 polnStGB; § 16 Satz 1 lettStGB; § 22 dänStG; Kap. 4 § 2 Abs. 1 finnStGB; Kap. 23 § 3 schwKrGB; § 5 Abs. 3 VO, vgl. 2. Teil B. II. 2. b) ff); § 5.01 Abs. 4 Satz 3 MPC, vgl. 2. Teil B. IV. 2. b) ff). 229 Vgl. Art. 18 Abs. 3, 19 bulgStGB; Kap. 4 § 2 finnStGB; Kap. 23 § 3 schwKrGB; Art. 11bis Abs. 3 Corpus Juris, vgl. 2. Teil B. I. b) bb) (6); Art. 25 Abs. 3f IStGH-Statut, vgl. 2. Teil B. III. 2. c) ff).
B. Formulierungsvorschlag
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B. Formulierungsvorschlag I. Deutsch „Strafbarer Versuch 1. Strafbarer Versuch liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich eine Handlung vornimmt, die nach seiner Vorstellung von der Tat den Beginn ihrer Ausführung bedeutet. 2. Die Strafe darf zwei Drittel der für die Vollendung vorgesehenen Höchststrafe nicht übersteigen.“ „Rücktritt 1. Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die Tatausführung aufgibt oder ihre Vollendung verhindert. 2. Unterbleibt die Tat ohne sein Zutun, so wird der Täter straffrei, wenn er sich in Unkenntnis dessen freiwillig und ernsthaft um Verhinderung der Vollendung bemüht. 3. Sind an der Tat mehrere beteiligt, werden diejenigen nicht bestraft, die freiwillig ihre Vollendung verhindern.“
II. Englisch „Criminal Attempt 1. A person is guilty of an attempt, if he, with intent to commit an offence, engages in conduct that, according to his plans and notions, constitutes the commencement of execution. 2. The penalty must not exceed two thirds of the maximum penalty provided for the completion.“ „Withdrawal 1. A person shall not be punished for the attempt, if he voluntarily abandons his effort to commit the crime or prevents its completion. 2. If the offence is not committed for other reasons, a person is exempt from punishment for the attempt, if he, unaware of this, voluntarily and seriously tries to prevent the completion. 3. In the case of more than one person participating in the offence, those are exempt from punishment, who voluntarily prevent the completion.“
Anhang
Aktuelle nationale Regelungen des Versuchs und des Rücktritts1 Belgien Art. 51 beCP Il y a tentative punissable lorsque la résolution de commettre un crime ou un délit a été manifestée par des actes extérieurs qui forment un commencement d’exécution de ce crime ou de ce délit, et qui n’ont été suspendus ou n’ont manqué leur effet que par des circonstances indépendantes de la volonté de l’auteur.
Art. 51 beCP Strafbarer Versuch liegt vor, wenn der Entschluss, ein Verbrechen oder Vergehen zu begehen, durch äußere Handlungen in Erscheinung getreten ist, die einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten und nur infolge von Umständen , die von dem Willen des Täters unabhängig waren, nicht zur Vollendung gelangt sind oder ihre Wirkung verfehlt haben.
Art. 52 beCP La tentative de crime est punie de la peine immédiatement inférieure à celle du crime même, conformément aux articles 80 et 81.
Art. 52 beCP Der Versuch eines Verbrechens wird mit der Strafe bestraft, die gegenüber der für das Verbrechen selbst angedrohten Strafe nach Art. 80 und 81 die nächstniedrigere ist.
Art. 53 beCP La loi détermine dans quel cas et de quelles peines sont punies les tentatives de délits.
Art. 53 beCP Das Gesetz bestimmt, in welchen Fällen und mit welchen Strafen der Versuch eines Vergehens bestraft wird.
Bulgarien Art. 18 bulgStGB 1. Versuch ist die begonnene Ausführung einer vorsätzlichen Straftat, bei der die Ausführungshandlung nicht vollendet wird oder, obgleich sie vollendet wird, die im Gesetz vorgesehenen und vom Täter gewollten gesellschaftsgefährlichen Folgen dieser Straftat nicht eingetreten sind.
1 Soweit verfügbar, werden Originaltext und deutsche Übersetzung, hilfsweise der englische Wortlaut zitiert.
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2. Beim Versuch wird der Täter mit der Strafe bestraft, die für die vollendete Tat vorgesehen ist, wobei der Grad der Verwirklichung des Beabsichtigten und die Gründe, aus denen die Straftat unvollendet geblieben ist, Berücksichtigung finden. 3. Beim Versuch wird der Täter nicht bestraft, wenn er aus eigenem Entschluß: a) von der Vollendung der Straftat Abstand genommen hat oder b) den Eintritt der Folgen der Straftat verhindert hat.
Dänemark Kap. 4 § 21 dänStG 1. Handlinger, som sigter til at fremme eller bevirke udførelsen af en forbrydelse, straffes, når denne ikke fuldbyrdes, som forsøg. 2. Den for lovovertrædelsen foreskrevne straf kan ved forsøg nedsættes, navnlig når forsøget vidner om ringe styrke eller fasthed i det forbryderske forsæt. 3. For så vidt ikke andet er bestemt, straffes forsøg kun, når der for lovovertrædelsen kan idømmes en straf, der overstiger fængsel i 4 måneder.
Kap. 4 § 21 dänStG 1. Handlungen, die darauf abzielen, die Ausführung einer Straftat zu fördern oder zu bewirken, werden, wenn die Straftat nicht zur Vollendung gelangt, als Versuch bestraft. 2. Die für die Straftat vorgesehene Strafe kann bei Versuch herabgesetzt werden, namentlich wenn der Versuch von geringerer Stärke oder Festigkeit des verbrecherischen Vorsatzes zeugt. 3. Sofern nichts anderes bestimmt ist, wird der Versuch nur bestraft, wenn für die Straftat eine Strafe verhängt werden kann, die 4 Monate Gefängnis übersteigt.
Deutschland § 22 dStGB Eine Straftat versucht., wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. § 23 dStGB 1. Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. 2. Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). 3. Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, dass der Versuch nach Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen
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werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2). § 24 dStGB 1. Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern. 2. Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
England s. 1 CAA 1. If, with intent to commit an offence to which this section applies, a person does an act which is more than merely preparatory to the commission of the offence, he is guilty of attempting to commit the offence. (. . .) 2. A person may be guilty of attempting to commit an offence to which this section applies even though the facts are such that the commission of the offence is impossible. 3. In any case where a) apart from this subsection a person’s intention would not be regarded as having amounted to an intent to commit an offence; but b) if the facts of the case had been as he believed them to be, his intention would be so regarded, then for the purpose of subsection (1) above he shall be regarded as having had an intent to commit that offence. 4. This section applies to any offence which, if it were completed, would be
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triable in England and Wales as an indictable offence, other than a) conspiracy (. . .); b) aiding, abetting, counselling, procuring or suborning the commission of an offence; c) offences under section 4 (1) (assisting offenders) or 5 (1) (accepting or agreeing to accept consideration for not disclosing information about an arrestable offence) of the Criminal Law Act 1967. s. 4 Abs. 1 CAA A person guilty by virtue of section 1 above of attempting to commit an offence shall a) if the offence attempted is murder or any other offence the sentence for which is fixed by law, be liable on conviction on indictment to imprisonment for life; and b) if the offence attempted is indictable but does not fall within paragraph (a) above, be liable on conviction on indictment to any penalty to which he would have been liable on conviction on indictment of that offence; and c) if the offence attempted is triable either way, be liable on summary conviction to any penalty to which he would have been liable on summary conviction of that offence.
Finnland Kap. 4 § 1 finnStGB 1. Kun yritys lain mukaan on rangaistava, eikä erityistä rangaistusta siitä ole määrätty; tuomittakoon rangaistus sen lainpaikan mukaan, joka säätää rangaistuksen täytetystä rikoksesta, kuitenkin vähentämällä yleistä lajia olevan rangaistuksen niin, kuin 3 luvun 2 §:n mukaan vähennetään siltä, joka on täyttänyt viisitoista, vaan ei kahdeksaatoista vuotta. 2. Mitä on säädetty viraltapanosta sekä muistakin seuraamuksista, joita laki täytetystä rikoksesta määrää, käytettäköön myös yrityksestä rangaistaessa.
Kap. 4 § 1 finnStGB 1. When, by law, an attempt is punishable, and no specific punishment is provided for it, the sentence shall be passed according to the penalty provision for a completed offence; however, this punishment shall be reduced as provided in chapter 3, § 2 for offenders over fifteen but not yet eighteen years old. 2. The provisions on dismissal and other sanctions for the completed offence shall also be used in punishing for an attempt.
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Kap. 4 § 2 finnStGB 1. Jos tekijä omasta tahdostaan, eikä ulkonaisten esteiden tähden, on luopunut rikoksen täyttämisestä, taikka ehkäissyt sen vaikutuksen, joka tekee rikoksen täytetyksi; jääköön yritys rankaisematta. 2. Jos sellainen yritys käsittää teon, joka semmoisenaan on eri rikos; tuomittakoon siitä rikoksesta rangaistus.
Kap. 4 § 2 finnStGB 1. If the offender, on his/her own free will and not owing to external hindrances, has withdrawn from the completion of the offence, or prevented the consequence of the offence which makes the offence completed, the attempt shall not be punishable. 2. If such an attempt involves an act which in itself is a separate offence, a sentence shall be passed for this offence.
Frankreich Art. 121-4 frCP Est auteur de l’infraction la personne qui 1. Commet les faits incriminés; 2. Tente de commettre un crime ou, dans les cas prévus par la loi, un délit.
Art. 121-4 frCP Täter einer Straftat ist, wer 1. die Merkmale der Straftat verwirklicht; 2. versucht, ein Verbrechen, oder, in den gesetzlich vorgesehenen Fällen, ein Vergehen zu begehen.
Art. 121-5 frCP La tentative est constituée dès lors que, manifestée par un commencement d’exécution, elle n’a été suspendue ou n’a manqué son effet qu’en raison des circonstances indépendantes de la volonté de son auteur.
Art. 121-5 frCP Ein Versuch liegt vor, sobald er, kundgetan durch den Beginn der Ausführung, nur aufgrund von Umständen aufgegeben wird oder erfolglos ist, die vom Willen des Täters unabhängig sind.
Italien Art. 49 itCP Non è punibile chi commette un fatto non costituente reato, nella supposizione erronea che esso costituisca reato. 1. La punibilità è altresì esclusa quando, per la inidoneità dell’azione o per l’inesistenza dell’oggetto di essa, è impossibile l’evento dannoso o pericoloso. 2. Nei casi preveduti dalle disposizioni precedenti, se concorrono nel fatto gli elementi costitutivi di un reato diverso, si applica la pena stabilita per il reato effettivamente commesso. 3. Nel caso indicato nel primo capoverso, il giudice può ordinare che l’imputato prosciolto sia sottoposto a misura di sicurezza.
Art. 49 itCP Straflos ist, wer eine Tat, die keine strafbare Handlung ist, in der irrtümlichen Annahme begeht, dass sie strafbar sei. 1. Die Strafbarkeit ist auch dann ausgeschlossen, wenn infolge der Untauglichkeit der Handlung oder des Fehlens des Handlungsgegenstandes der schädigende oder gefährliche Erfolg unmöglich ist (56). 2. Weist die Tat in den von den vorhergehenden Bestimmungen vorgesehenen Fällen die Tatbestandsmerkmale einer anderen strafbaren Handlung auf, so wird die für die wirklich begangene Tat angedrohte Strafe angewendet. 3. In dem in Absatz 2 bezeichneten Fall kann der Richter anordnen, dass der freigesprochene Angeklagte einer Sicherungsmaßnahme unterworfen wird (229).
Anhang: Aktuelle nationale Regelungen Art. 56 itCP 1. Chi compie atti idonei, diretti in modo non equivoco a commettere un delitto, risponde di delitto tentato, se l’azione non si compie o l’evento non se verifica. 2. Il colpevole del delitto tentato è punito: (. . .); negli alti casi, con la pena stabilita per il delitto, diminuita da un terzo a dui terzi. 3. Se il colpevole volontariamente desiste dall’azione, soggiace soltanto alla pena per gli atti compiuti, qualora questi constituiscano per sé un reato diverso. 4. Se volontariamente impedisce l’evento, soggiace alla pena stabilita per il delitto tentato, diminuita da un terzo alla metà.
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Art. 56 itCP 1. Wer geeignete Handlungen ausführt, die in eindeutiger Weise auf die Begehung eines Verbrechens abzielen, ist für den Versuch des Verbrechens verantwortlich, wenn die Tat nicht zur Ausführung gelangt oder der Erfolg nicht eintritt. 2. Der Täter eines versuchten Verbrechens wird bestraft: (. . .); in den übrigen Fällen mit der für das Verbrechen angedrohten Strafe, die um ein bis zwei Drittel herabgesetzt wird. 3. Tritt der Täter freiwillig von der Tat zurück, unterliegt er nur der Strafe für die ausgeführten Handlungen, wenn diese für sich eine strafbare Handlung darstellen. 4. Verhindert er freiwillig den Erfolg, unterliegt er der für den Versuch des Verbrechens angedrohten Strafe, die um ein Drittel bis zur Hälfte herabgesetzt wird.
Lettland § 15 lettStGB 1.–3. (. . .) 4. Par nozieguma me¯g‘ina¯jumu atzı¯stama apzina¯ta darbı¯ba (bezdarbı¯ba), kas tieši ve¯rsta uz tı¯šu ta¯ izdarı¯šanu, ja noziegums nav izdarı¯ts lı¯dz galam no vainı¯ga¯ gribas neatkarı¯gu iemeslu de¯¸l . 5. Atbildı¯ba par sagatavošanos noziegumam vai nozieguma me¯g‘ina¯jumu iesta¯jas saskan¸a¯ ar to pašu ša¯ likuma pantu, kas paredz atbildı¯bu par konkre¯to nodarı¯jumu. 6. Par me¯g‘ina¯jumu izdarı¯t krimina¯lpa¯rka¯pumu persona nav saucama pie krimina¯latbildı¯bas.
§ 15 lettStGB 1.–3. (. . .) 4. A conscious act (failure to act), which is directly dedicated to intentional commission of a crime, shall be considered to be an attempted crime if the crime has not been completed for reasons independent of the will of the guilty party. 5. Liability for preparation for a crime or an attempted crime shall apply in accordance with the same § of this Law as sets out liability for a specific offence. 6. A person shall not be held criminally liable for an attempt to commit a criminal violation.
§ 16 lettStGB 1. Labpra¯tı¯ga atteikšana¯s no noziedzı¯ga nodarı¯juma izdarı¯šanas ir personas uzsa¯kta¯ noziedzı¯ga¯ nodarı¯juma pilnı¯ga pa¯rtraukšana pe¯c šı¯s personas gribas, tai apzinoties, ka pasta¯v iespe¯ja noziedzı¯go nodarı¯jumu izdarı¯t lı¯dz galam.
§ 16 lettStGB 1. Voluntary withdrawal from the commission of a criminal offence means the complete discontinuance by a person, pursuant to his or her will, of a criminal offence commenced by such person while knowing that the possibility exists to complete the commission of the criminal offence.
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Anhang: Aktuelle nationale Regelungen
2. Persona, kas labpra¯tı¯gi atteikusies no noziedzı¯ga nodarı¯juma izdarı¯šanas, nav saucama pie krimina¯latbildı¯bas. Sˇa¯da persona atbild tikai taja¯ gadı¯juma¯, ja ta¯s faktiski izdarı¯taja¯ nodarı¯juma¯ ir cita noziedzı¯ga nodarı¯juma sasta¯va pazı¯mes.
2. A person who has voluntarily withdrawn from the commission of a criminal offence shall not be held criminally liable. Such person shall be liable only in the case where the constituent elements of another criminal offence are present in his or her actually committed offence.
§ 53 lettStGB Nosakot sodu par sagatavošanos noziegumam vai par nozieguma me¯g‘ina¯jumu, tiesa n¸em ve¯ra¯ vainı¯ga¯ izdarı¯to darbı¯bu raksturu un ar ta¯m radı¯to kaite¯jumu, noziedzı¯ga¯ nodoma realize¯šanas paka¯pi un iemeslus, kuru de¯¸l noziegums nav izdarı¯ts lı¯dz galam.
§ 53 lettStGB In determining sentence for preparation for a crime or for an attempted crime, a court shall take into account the nature of the acts committed by the offender and the harm caused by such, the degree of realisation of the criminal intent and the reasons why the crime has not been completed.
Luxemburg Art. 51 luxCP Il y a tentative punissable, lorsque la résolution de commettre un crime ou un délit a été manifestée par des actes extérieurs qui forment un commencement d’exécution de ce crime ou de ce délit, et qui n’ont été suspendus ou n’ont manqué leur effet que par des circonstances indépendantes de la volonté de l’auteur.
Art. 51 beCP Strafbarer Versuch liegt vor, wenn der Entschluss, ein Verbrechen oder Vergehen zu begehen, durch äußere Handlungen in Erscheinung getreten ist, die einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten und nur infolge von Umständen , die von dem Willen des Täters unabhängig waren, nicht zur Vollendung gelangt sind oder ihre Wirkung verfehlt haben.
Art. 52 luxCP La tentative de crime est punie de la peine immédiatement inférieure à celle du crime même. (. . .).
Art. 52 luxCP Der Versuch eines Verbrechens wird mit der Strafe bestraft, die gegenüber der für das Verbrechen selbst angedrohten Strafe die nächstniedrigere ist. (. . .).
Art. 53 luxCP La loi détermine dans quel cas et de quelles peines sont punies les tentatives de délits.
Art. 53 luxCP Das Gesetz bestimmt, in welchen Fällen und mit welchen Strafen der Versuch eines Vergehens bestraft wird.
Niederlande Art. 45 nlStGB 1. Poging tot misdrijf is straafbar, wanneer het voornemen van de dader zich door een begin van uitvoering heeft geopenbaard.
Art. 45 nlStGB 1. Der Versuch eines Verbrechens ist strafbar, wenn sich das Vorhaben des Täters durch einen Beginn der Ausführung offenbart hat.
Anhang: Aktuelle nationale Regelungen 2. Het maximum van de hoofdstraffen op het misdrijf gesteld wordt bij poging met een derde verminderd. 3. 3.–4. (. . .). Art. 46b nlStGB Voorbereiding noch poging bestaat indien het misdrijf niet is voltooid tengevolge van omstandigheden van de wil van de dader afhankelijk.
2. Der Höchstbetrag der für das Verbrechen angedrohten Hauptstrafen wird beim Versuch um ein Drittel vermindert. 3. 3.–4. (. . .). Art. 46b nlStGB Weder Vorbereitung noch Versuch liegen vor, wenn die Vollendung aufgrund von Umständen ausgeblieben ist, die vom Willen des Täters abhängig sind.
Österreich § 15 öStGB 1. Die Strafdrohungen gegen vorsätzliches Handeln gelten nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch und für jede Beteiligung an einem Versuch. 3. Die Tat ist versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen oder einen anderen dazu zu bestimmen (§ 12), durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. 3. Der Versuch und die Beteiligung daran sind nicht strafbar, wenn die Vollendung der Tat mangels persönlicher Eigenschaften oder Verhältnisse, die das Gesetz beim Handelnden voraussetzt, oder nach der Art der Handlung oder des Gegenstandes, an dem die Tat begangen wurde, unter keinen Umständen möglich war. § 16 öStGB 1. Der Täter wird wegen des Versuches oder der Beteiligung daran nicht bestraft, wenn er freiwillig die Ausführung aufgibt oder, falls mehrere daran beteiligt sind, verhindert oder wenn er freiwillig den Erfolg abwendet. 2. Der Täter wird auch straflos, wenn die Ausführung oder der Erfolg ohne sein Zutun unterbleibt, er sich jedoch in Unkenntnis dessen freiwillig und ernstlich bemüht, die Ausführung zu verhindern oder den Erfolg abzuwenden.
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Polen Art. 13 polnStGB § 1 Odpowiada za usilowanie, kto w zamiarze popelnienia czynu zabronionego swoim zachowaniem bezpos´rednio zmierza do jego dokonania, które jednak nie naste˛puje. § 2 Usilowanie zachodzi takz˙e wtedy, gdy sprawca nie us´wiadamia sobie, z˙e dokonanie jest niemoz˙liwe ze wzgle˛du na brak przedmiotu nadaja˛cego sie˛ do popelnienia na nim czynu zabronionego lub ze wzgle˛du na uz˙ycie s´rodka nie nadja˛cego sie˛ do popelnienia czynu zabronionego.
Art. 13 polnStGB § 1 Wegen Versuchs ist strafbar, wer mit dem Vorsatz der Begehung einer verbotenen Tat sein Verhalten unmittelbar auf deren Vollendung richtet, diese jedoch unterbleibt. § 2 Ein Versuch liegt auch dann vor, wenn dem Täter nicht bewußt ist, daß die Vollendung der verbotenen Tat in Ermangelung eines für die Tatausführung tauglichen Objekts oder infolge der Verwendung eines für die Tatausführung untauglichen Mittels unmöglich ist.
Art. 14 polnStGB § 1 Sa˛d wymierza kare˛ za usilowanie w granicach zagroz˙enia przewidzianego dla danego przeste˛pstwa. § 2 W wypadku okres´lonym w art. 13 § 2 sa˛d moz˙e zastosowac´ nadzwyczajne zlagodzenie kary, a nawet odsta˛pic´ od jej wymierzenia.
Art. 14 polnStGB § 1 Das Gericht bemißt die Strafe für einen Versuch innerhalb des Rahmens der für die betreffende Straftat vorgesehenen Strafdrohung. § 2 In dem in Art. 13 § 2 bezeichneten Fall kann das Gericht die außerordentliche Strafmilderung anwenden oder sogar von der Verhängung von Strafe absehen.
Art. 15 polnStGB § 1 Nie podlega karze za usilowanie, kto dobrowolnie odsta˛pil od dokonania lub zapobiegl skutkowi stanowia˛cemu znamie˛ czynu zabronionego. § 2 Sa˛d moz˙e zastosowac´ nadzwyczajne zlagodzenie kary w stosunku do sprawcy, który dobrowolnie staral sie˛ zapobiec skutkowi stanowia˛cemu znamie˛ czynu zabronionego.
Art. 15 polnStGB § 1 Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig von der Tatvollendung abgesehen oder den tatbestandsmäßigen Erfolg verhindert hat. § 2 Hat sich der Täter freiwillig bemüht, den tatbestandsmäßigen Erfolg zu verhindern, so kann das Gericht die außerordentliche Strafmilderung anwenden.
Art. 23 polnStGB § 1 Nie podlega karze wspóldzialaja˛cy, który dobrowolnie zapobiegl dokonaniu czynu zabronionego. § 2 Sa˛d moz˙e zastosowac´ nadzwyczajne zlagodzenie kary w stosunku do wspóldzialaja˛cego, który dobrowolnie staral sie˛ zapobiec dokonaniu czynu zabronionego.
Art. 23 polnStGB § 1 Ein Beteiligter, der freiwillig die Vollendung der verbotenen Tat verhindert hat, wird nicht bestraft. § 2 Hat sich der Beteiligte freiwillig bemüht, die Vollendung der verbotenen Tat zu verhindern, so kann das Gericht die außerordentliche Strafmilderung anwenden.
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Schweden Kap. 23 § 1 schwKrGB 1. Har någon påbörjat utförandet av visst brott utan att detta kommit till fullbordan, skall han i de fall särskilt stadgande givits därom dömas för försök till brottet, såframt fara förelegat att handlingen skulle leda till brottets fullbordan eller sådan fara endast på grund av tillfälliga omständigheter varit utesluten. 2. Straff för försök bestämmes högst till vad som gäller för fullbordat brott och må ej sättas under fängelse, om längsta straff för det fullbordade brottet är fängelse i två år eller däröver.
Kap. 23 § 1 schwKrGB 1. Hat jemand die Ausführung einer bestimmten Straftat begonnen, ohne daß diese zur Vollendung gelangt ist, so ist er in den Fällen, in denen dies besonders geregelt ist, wegen Versuchs der Straftat zu verurteilen, sofern die Gefahr bestanden hat, daß die Handlung zur Vollendung der Straftat führen würde, oder eine solche Gefahr nur aufgrund zufälliger Umstände ausgeschlossen war. 2. Für einen Versuch wird höchstens die Strafe festgesetzt, die für die vollendete Straftat gilt; sie darf nicht milder sein als Gefängnisstrafe, wenn als Mindeststrafe für die vollendete Straftat Gefängnisstrafe von zwei Jahren oder darüber vorgesehen ist.
Kap. 23 § 3 schwKrGB Ansvar för försök, förberedelse eller stämpling till brott skall ej ådömas den som frivilligt, genom att avbryta gärningens utförande eller annorledes, föranlett att brottet ej fullbordats. Ändå att brottet fullbordats må den som tagit elovlig befattning med hjälpmedel ej på den grund dömas till ansvar, om han frivilligt förebyggt den brottsliga användningen av hjälpmedlet.
Kap. 23 § 3 schwKrGB Wegen des Versuchs, der Vorbereitung oder der Verabredung einer Straftat ist derjenige nicht zu verurteilen, der durch Abbruch der Tatausführung oder in anderer Weise freiwillig bewirkt hat, daß die Straftat nicht vollendet wurde. Selbst bei Vollendung der Straftat darf derjenige, der sich unerlaubt mit einem Hilfsmittel befaßt hat, deswegen nicht verurteilt werden, wenn er der strafbaren Verwendung des Hilfsmittels freiwillig vorgebeugt hat.
Spanien Art. 15 spCP 1. Son punibles el delito consumado y la tentativa de delito. 2. Las faltas sólo se castigarán cuando hayan sido consumadas, excepto las intentadas contra las personas o el patrimonio.
Art. 15 spCP 1. Strafbar sind die vollendete Straftat und der Versuch der Straftat. 2. Übertretungen werden nur bestraft, wenn sie vollendet wurden, mit Ausnahme versuchter Übertretungen gegen Personen oder das Vermögen.
Art. 16 spCP 1. Hay tentativa cuando el sujeto da principio a la ejecución del delito directamente por hechos exteriores, praticando todos o parte de los actos que objectivamente deberían producir el resultado, y sin embargo éste no se produce por causas independientes de la voluntad del autor.
Art. 16 spCP 1. Versuch liegt vor, wenn der Täter durch äußere Handlungen unmittelbar mit der Ausführung der Straftat beginnt und alle oder einen Teil der Handlungen vornimmt, die objektiv den Erfolg herbeiführen würden, dieser jedoch aus Gründen, die vom Willen des Täters unabhängig sind, ausbleibt.
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Anhang: Aktuelle nationale Regelungen
2. Quedará exento de responsabilidad penal por el delito intentado quien evite voluntariamente la consumación del delito, bien desistiendo de la ejecución ya iniciada, bien impediendo la producción del resultado, sin perjuicio de la responsabilidad en que pudiera haber incurrido por los actos ejecutados, si éstos fueren ya constitutivos de otro delito o falta. 3. Cuando en un hecho intervengan varios sujetos, quedarán exentos de responsabilidad penal aquél o aquéllos que desistan de la ejecución ya iniciada, e impidan o intenten impedir, seria, firme y decididamente, la consumación, sin perjuicio de la responsabilidad en que pudieran haber incurrido por los actos ejecutados, si éstos furean ya constitutivos de otro delito o falta.
2. Wegen versuchter Straftat bleibt straflos, wer entweder durch Aufgabe der schon begonnenen Ausführung der Straftat oder durch Verhinderung des Erfolgseintritts die Vollendung der Straftat freiwillig verhindert, unbeschadet der möglicherweise eingetretenen Verantwortlichkeit für die bereits ausgeführten Handlungen, wenn diese schon eine andere Straftat oder Übertretung darstellen. 3. Sind an einer Tat mehrere Personen beteiligt, bleiben diejenigen oder derjenige straflos, die von der schon begonnenen Ausführung Abstand nehmen und die Vollendung ernstlich, endgültig und entschieden verhindern oder zu verhindern versuchen, unbeschadet der möglicherweise eingetretenen Verantwortlichkeit für die bereits ausgeführten Handlungen, wenn diese schon eine andere Straftat oder Übertretung darstellen.
Art. 62 spCP A los autores de tentativa de delito se les impondrá la pena inferior en uno o dos grados a la senalada por la Ley para el delito consumado, en la extensión que se estime adecuada, atendiendo al peligro inherente al intento y al grado de ejecución alcanzado.
Art. 62 spCP Dem Täter einer versuchten Straftat wird die um einen Grad oder zwei Grade niedrigere Strafe auferlegt als diejenige, die das Gesetz für die vollendete Straftat androht; dies erfolgt in dem Umfang, der unter Berücksichtigung der Gefahr, die der Versuch in sich birgt, und des erreichten Grades der Ausführung als angemessen angesehen wird.
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Sachwortregister Absolute Untauglichkeit 54, 165 ff., 172 ff., 175 f., 183 ff., 243, 255, 263 f., 268 f., 281, 284 Absolutismus 39 ff. Adäquanz und Eindeutigkeit 107, 124 ff. Aufklärung 39, 40 f. Ausführungsbeginn/-anfang 42, 48 f., 99 ff., 126 f., 130, 141, 163, 170, 172, 211, 221, 237, 240 f., 242, 263, 266 ff., 271, 282, 286, 289 Ausführungsnähe 143 ff., 210, 242 Bayrisches Strafgesetzbuch 42 f. Belgien – Rücktritt 193 ff., 262 – Strafbarkeit 62 f., 70, 262 – Strafgrund und Versuchsunrecht 47, 56, 260 – Strafmaß 77 ff., 262 – Untauglichkeit 173 ff., 269, 284 – Versuchsbeginn 100 ff., 112, 262 Beteiligung 67 ff., 221, 239, 250, 279 f. – Akzessorietäts-/Teilnahmemodell 67 f., 70 f., 280 – Alleintäterschaft 67, 68 ff. Bulgarien – Rücktritt 209, 263, 287 – Strafbarkeit 279, 280 – Strafgrund und Versuchsunrecht 56, 260 – Strafmaß 77, 280 – Untauglichkeit 166, 263, 284 – Versuchsbeginn 100, 263, 282 Common Law 82 ff., 91, 95, 96, 148, 149 ff., 190, 235 f., 253, 266, 272 Constitutio Criminalis Carolina 37, 39, 41
Constitutio Criminalis Theresiana 40 Corpus Juris 31, 33, 36, 215 ff., 270 – Rücktritt 222, 270 – Strafbarkeit 220 f., 279 – Strafgrund und Versuchsunrecht 220 – Strafmaß 221, 270 – Untauglichkeit 222, 270 – Versuchsbeginn 221 f., 270, 282 Dänemark – Rücktritt 192, 261, 288 – Strafbarkeit 66, 69, 261, 279, 280 – Strafgrund und Versuchsunrecht 56, 260 – Strafmaß 77, 261, 280 – Untauglichkeit 160, 261, 285 – Versuchsbeginn 90, 261 Deutschland – Rücktritt 200 ff., 264, 270 – Strafbarkeit 64, 68, 70, 72, 73, 264 – Strafgrund und Versuchsunrecht 49 ff., 54 ff., 56, 260 – Strafmaß 80 f., 264 – Untauglichkeit 176 ff., 264, 285 – Versuchsbeginn 127 ff., 264, 282 Eindruckstheorie 50, 51 f., 53, 55, 81, 135, 145, 177, 178, 180, 182, 184, 185 ff., 189 England – Rücktritt 190 ff., 260 – Strafbarkeit 61, 260 – Strafgrund und Versuchsunrecht 44 f., 56, 260 – Strafmaß 74 f., 260 – Untauglichkeit 148 ff., 260 – Versuchsbeginn 82 ff., 260 Erfolgsqualifikationen 73 f.
Sachwortregister Europäische Gemeinschaften 27 ff. Europäische Union 23, 24, 25, 29 f., 31, 215 ff., 225 ff., 270 f. Europäisierung 23, 24 ff., 32, 225 Fahrlässigkeit 71 ff., 73, 93 ff., 252 Fehlschlag 100, 101, 122, 150, 164, 170, 201 ff., 207, 211, 212, 213, 269, 287 Finnland – Rücktritt 209, 286, 287, 288 – Strafbarkeit 60, 278 f. – Strafgrund und Versuchsunrecht 56, 260 – Strafmaß 80 „First act“-Lehre 89 f., 254 Frankreich – Rücktritt 193 ff., 262, 269 – Strafbarkeit 61 ff., 68, 70, 261, 265, 280 – Strafgrund und Versuchsunrecht 46 ff., 48 f., 56, 261 ff. – Strafmaß 75 f., 262, 281 – Untauglichkeit 162 ff., 268 f., 285 – Versuchsbeginn 98, 100 ff., 261, 267 f., 282 Freiwilligkeit 191, 192, 194 ff., 198, 199, 208 f., 213 ff., 222, 232, 244, 256, 257, 269, 276, 288 Gleichbestrafung 49, 57, 74 ff., 79, 80, 240, 251, 261, 262, 263, 272, 280 Harmonisierungstheorien 135 f. Individuell-materielle Theorie 134 Irrealer und abergläubischer Versuch 148, 158, 175 f., 179 f. IStGH-Statut 36, 233 ff., 271 f. – Rücktritt 243 ff., 271, 286, 288 – Strafbarkeit 239, 279 f. – Strafgrund und Versuchsunrecht 238 – Strafmaß 240, 280 – Untauglichkeit 243 – Versuchsbeginn 240 ff., 271 f., 282, 283
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Italien – Rücktritt 196, 263, 287 – Strafbarkeit 65, 72, 279 – Strafgrund und Versuchsunrecht 47 f., 56, 260 – Strafmaß 80, 263 – Untauglichkeit 174 f., 263, 284 – Versuchsbeginn 124 ff., 263, 281 Josephina 40 f. Kausalität 102, 108 f., 110, 112, 113 ff., 118, 127, 165, 168, 170 f., 267 f. Kombinationstheorie 119 ff., 135 „Last act“-Lehre 84 ff. „Legal impossibility“ 152 ff., 155, 157, 159, 160, 249, 266, 284 Lettland – Rücktritt 192, 261, 287, 288 – Strafbarkeit 65, 261 – Strafgrund und Versuchsunrecht 56, 260 – Untauglichkeit 160, 261, 284 f. – Versuchsbeginn 90, 261 Liberalismus 43 Luxemburg – Rücktritt 193 ff., 262, 269 – Strafbarkeit 62 ff., 70, 262, 265 – Strafgrund und Versuchsunrecht 56, 260 – Strafmaß 75, 78, 262 – Untauglichkeit 173 ff., 269, 284 – Versuchsbeginn 99, 100 ff., 112, 262 Manifestationstheorie 142 ff. Model Penal Code 33, 36, 97, 247 ff., 272 – Rücktritt 255 ff. – Strafbarkeit 249, 280 – Strafgrund und Versuchsunrecht 249 – Strafmaß 250 f., 272 – Untauglichkeit 254 f., 272 – Versuchsbeginn 252 ff., 272
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Sachwortregister
Naturrecht 39, 42 Niederlande – Rücktritt 198 ff., 262 – Strafbarkeit 65, 71, 73, 262 – Strafgrund und Versuchsunrecht 56, 260 – Strafmaß 79, 262 – Untauglichkeit 172 f., 284 – Versuchsbeginn 99, 116 ff., 262
49,
Österreich – Rücktritt 209 ff., 287 – Strafbarkeit 66 f., 68 f., 70, 73, 261, 279 – Strafgrund und Versuchsunrecht 53 f., 56, 260 – Strafmaß 76 f., 264 – Untauglichkeit 182 ff., 264, 284 – Versuchsbeginn 129, 141 ff., 264 Polen – Rücktritt 192 – Strafbarkeit 67, 69, 261, 280 – Strafgrund und Versuchsunrecht 56, 260 – Strafmaß 77, 261 – Untauglichkeit 160, 261, 284 – Versuchsbeginn 90, 261 „Preparatory act“-Test 96 ff., 219, 221 Preußisches Allgemeines Landrecht 41 Preußisches Strafgesetzbuch 43, 64, 80, 129, 176, 200 „Proximity“-Test 86 ff., 95 ff., 149, 253, 272 Putativrücktritt 212, 213, 287 Rechtliche Untauglichkeit 151, 152, 159 Reichsstrafgesetzbuch 41, 43, 55, 64, 80, 127, 130, 176 Relative Untauglichkeit 165 f., 172 ff., 176, 213, 284 Rücktritt 58, 190 ff., 222, 231 f., 243 ff., 255 ff., 270, 271, 286 ff.
– beendeter Versuch 196, 197, 202 f., 206 f., 210 f., 212, 222, 232, 244, 257, 287 – Fehlschlag 100, 101, 122, 150, 164, 170, 201 ff., 207, 211, 212, 213, 269, 287 – Freiwilligkeit 191, 192, 194 ff., 198, 199, 208 f., 213 ff., 222, 232, 244, 256, 257, 269, 276, 288 – mehrere Tatbeteiligte 207 f. – Putativrücktritt 212, 213, 287 – unbeendeter Versuch 196, 197, 199, 202 f., 204 ff., 210 f., 222, 231 f., 244, 287 f. Schweden – Rücktritt 209, 263 – Strafbarkeit 60, 68, 71, 263, 278 – Strafgrund und Versuchsunrecht 56, 260 – Untauglichkeit 172, 263, 284 – Versuchsbeginn 100, 263, 282 Spanien – Rücktritt 196 ff., 262 – Strafbarkeit 66, 68, 70, 262, 265 – Strafgrund und Versuchsunrecht 48, 56, 260 – Strafmaß 79, 262 – Untauglichkeit 175 f., 262, 284 – Versuchsbeginn 98, 122 ff., 262, 265 f., 281 Strafbarkeit 57, 60 ff., 220 f., 229, 239, 249, 271, 278 ff. – Anwendungsbereich 60 ff., 220, 229, 239, 249, 260 f., 262, 264, 265, 278 f. – Beteiligung 67 ff., 221, 239, 250, 279 f. – Erfolgsqualifikationen 73 f. – Fahrlässigkeit 71 – Unterlassen 72 Strafgrund und Versuchsunrecht 43 ff., 57, 220, 229, 238, 249, 260 Strafmaß 57, 74 ff., 221, 230, 240 ff., 250 f., 270, 271, 272, 280 f.
Sachwortregister – Gleichbestrafung 74 ff., 240, 251, 261, 262, 263, 273, 280 – Strafmilderung, fakultative 80 ff., 251, 264 – Strafmilderung, obligatorische 77 ff., 221, 230, 262, 263, 270, 281 Subjektivierung 79, 116, 118, 119, 121 f., 167 ff., 266 ff., 270, 277 f., 285 „Substantial step“-Doktrin 97 f., 237, 240 ff., 253 f., 257, 271, 272, 282 f. Tatentschluss 99, 106, 126, 128 f., 240 Tatsächliche Untauglichkeit 149 ff., 155, 166 f., 254 f., 284 „Unequivocality“-Test 89, 254 Unmittelbares Ansetzen 55, 131 ff., 137 f., 139, 141, 242, 264 Untauglichkeit 58, 147 ff., 222, 231, 243, 254 f., 270, 272, 283 ff. – absolute 54, 165 ff., 172 ff., 175 f., 183 ff., 243, 255, 263 f., 268 f., 281, 284 – irrealer und abergläubischer Versuch 148, 158, 175 f., 179 f. – „legal impossibility“ 152 ff., 155, 157, 159, 160, 249, 266, 284 – rechtliche 151, 152, 159 – relative 165 f., 172 ff., 176, 213, 284 – tatsächliche 149 ff., 155, 166 f., 254 f., 284 Unterlassen 72 Utilitarismus 40, 48 Vernunftrecht 39 Versuchsbeginn 58, 82 ff., 221 f., 230 f., 240, 252, 270, 271 f., 281 ff. – Adäquanz und Eindeutigkeit 107, 124 ff. – Ausführungsbeginn 42, 48 f., 99 ff., 126 f., 130, 141, 163, 170, 172, 211, 221, 237, 240 f., 242, 263, 266 ff., 271, 282, 286, 289 – Ausführungsnähe 143 ff., 210, 242
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– – – –
„First act“-Lehre 89 f., 254 Harmonisierungstheorien 135 f. individuell-materielle Theorie 134 Kausalität 102, 108 f., 110, 112, 113 ff., 118, 127, 165, 168, 170 f., 267 f. – Kombinationstheorie 119 ff., 135 – „Last act“-Lehre 84 ff. – Manifestationstheorien 142 ff. – „Preparatory act“-Test 96 ff., 219, 221 – „Proximity“-Test 86 ff., 95 ff., 149, 253, 272 – „Substantial step“-Doktrin 97 f., 237, 240 ff., 253 f., 257, 271, 272, 282 f. – unbeendeter Versuch 138, 145, 253, 265 – „Unequivocality“-Test 89, 254 – unmittelbares Ansetzen 55, 131 ff., 137 f., 139, 141, 242, 264 – Vorstellung von der Tat 54, 128, 131, 134, 136, 137 f., 140 f., 145, 147, 177, 203, 210 f., 219, 241, 249, 254, 264, 266, 270, 271, 272, 282 ff. – Zwischenaktstheorien 132 ff. Versuchsbegriff 37 ff. Völkerstrafrecht 24, 36, 215, 234 ff., 285 Vorstellung von der Tat 54, 128, 131, 134, 136, 137 f., 140 f., 145, 147, 177, 203, 210 f., 219, 241, 249, 254, 264, 266, 270, 271, 272, 282 ff. Wirtschaftsstrafrecht, europäisches 31, 36, 215, 225 ff., 271 – Rücktritt 231 f., 271 – Strafbarkeit 229, 271 – Strafgrund und Versuchsunrecht 229 – Strafmaß 230, 271 – Untauglichkeit 231 – Versuchsbeginn 230 f., 271, 282 Zwischenaktstheorien 132 ff.