Der Sängerstreit auf der Wartburg: Von der Manesseschen Handschrift bis zu Moritz von Schwind [Reprint 2014 ed.] 9783110914443, 9783110179194

The study examines the genesis of the legend of the Sängerkrieg in the Wartburg Castle in the 13th century, its literary

206 5 2MB

German Pages 78 [80] Year 2004

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Table of contents :
Begrüßung
Der Sängerstreit auf der Wartburg. Von der Manesseschen Handschrift bis zu Moritz von Schwind
Curriculum vitae
Veröffentlichungen von Burghart Wachinger 1960–2003
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Der Sängerstreit auf der Wartburg: Von der Manesseschen Handschrift bis zu Moritz von Schwind [Reprint 2014 ed.]
 9783110914443, 9783110179194

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Burghart Wachinger Der Sängerstreit auf der Wartburg

W DE G

Wolfgang Stammler Gastprofessur für Germanische Philologie - Vorträge -

herausgegeben vom Mediävistischen Institut der Universität Freiburg Schweiz Heft 12

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Burghart Wachinger

Der Sängerstreit auf der Wartburg Von der Manesseschen Handschrift bis zu Moritz von Schwind

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Veröffentlicht mit Unterstützung des Hochschulrates Freiburg Schweiz

® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 3 - 1 1 - 0 1 7 9 1 9 - 9 ISSN 1420-4681

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © Copyright 2004 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Umschlaggestaltung: Christopher Schneider, Berlin Satz: swissedit Dr. Wolfram Schneider-Lastin, Zürich Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen

Inhalt Eckart Conrad Lutz — Begrüßung

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Burghart Wachinger - Der Sängerstreit auf der Wartburg. Von der Manesseschen Handschrift bis zu Moritz von Schwind . . . .

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Curriculum vitae Burghart Wachinger

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Veröffentlichungen von Burghart Wachinger 1960—2003

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Begrüßung Meine Damen und Herren, vor - auf die Stunde genau - zehn Jahren sind wir in diesem Saal zusammengekommen, um die Einrichtung der Wolfgang Stammler-Gastprofessur zu feiern. Viele der damals Anwesenden sind auch heute hier. Sie alle haben durch ihre regelmäßige Teilnahme unsere Begegnung zu Beginn jedes akademischen Jahres zur Tradition werden lassen. Und es sind auch heute wieder ehemalige Gastprofessoren unter uns: Paul Gerhard Schmidt, Alois Wolf und Marc-René Jung. Leider verhindert ist heute abend unser nächster Gast, Felix Heinzer, Leiter der Handschriftenabteilung der Württembergischen Landesbiblothek in Stuttgart, der ein Seminar über den Psalter im Mittelalter anbieten wird. Hingegen hat Elisabeth Roth heute erneut einen Kreis von Schülerinnen und Schülern Wolfgang Stammlers nach Freiburg gezogen, w o er vor fünfzig Jahren zu lehren begann. Seien Sie alle herzlich willkommen. Besonders begrüßen möchte ich aber Herrn und Frau Wachinger. Lassen Sie mich ein paar Worte zur Einführung unseres diesjährigen Gastes sagen. Burghart Wachinger wurde 1932 in München geboren und wuchs in Landshut auf. Dort besuchte er das humanistische Gymnasium und nahm dann - vor fünfzig Jahren - in München sein Studium auf, in griechischer, lateinischer und deutscher Philologie. Ein Jahr verbrachte er an der Freien Universität Berlin, wo er auch den 17. Juni 1953 erlebte; nach zehn Semestern legte er in München das Staatsexamen für das höhere Lehramt ab. Inzwischen faszinierte ihn längst die ältere Germanistik, das Fach Hugo Kuhns, er wurde sein Mitarbeiter und Assistent und war es - mit Unterbrechungen - zwölf Jahre lang. Auf Kuhns Antrag wurde er Ende 1958 mit einer Dissertation über das Nibelungenlied promoviert und verbrachte anschließend zwei Jahre als Lecturer in German in den U S A , am Bryn Mawr College und an der Harvard University. Nach der Rückkehr an den Lehrstuhl Kuhns in München arbeitete er, zeitweilig als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft, an seiner Habilitationsschrift; sie wurde im Frühjahr 1969 angenommen. Aus dem laufenden Verfahren heraus wurde Burghart Wachinger auf den Lehrstuhl seines verunglückten Freundes Hanns Fischer an der Universität Tübingen berufen, den er bis zu seiner Emeritierung vor drei Jah-



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ren, also volle dreißig Jahre lang, innehatte. Hier entfaltete er eine Tätigkeit, die ihm die Aufnahme in drei Akademien eintrug, die Bayerische, die Heidelberger und die Göttinger Akademie der Wissenschaften. Zuvor noch - 1987 - wurde ihm und Walter Haug, mit dem er seit 1973 in Tübingen sein Fach vertrat, gemeinsam der Gottfried Wilhelm LeibnizPreis der Deutschen Forschungsgemeinschaft verliehen, der höchstdotierte deutsche Wissenschaftspreis. Gemeinsam setzten sie ihn ein für eine lange Reihe von Tagungen, die unter immer neuen Perspektiven den Übergang vom Mittelalter zur frühen Neuzeit zum Gegenstand hatten und in einer kompendiösen Reihe im Zeichen der veröffentlicht worden sind. Versucht man, sich anhand der Bibliographie ein Bild vom Wirken Burghart Wachingers zu machen, dann fällt gewiß zunächst sein Interesse für die Lyrik auf und für andere kleinere und kleinste Formen der Literatur, die Kurzerzählungen, die Exempla. Zwar ist da auch die Dissertation über das Nibelungenlied, dem viel später noch einmal ein A u f satz gilt, auch Heinrich von Neustadt, Wolfram von Eschenbach und Gottfried von Straßburg sind Gegenstand wichtiger Arbeiten, aber das Lied und die kurzen Erzähltexte stehen doch deutlich im Mittelpunkt. Von hier aus geraten Gegenstände und Fragen des Fachs an sich in den Blick; es fehlt kein Bereich der philologischen Erschließung, von der Erhebung des handschriftlichen Befunds, von einzelnen Sammelhandschriften und der Uberlieferung bestimmter Texte, bis hin zu Edition und Ubersetzung; von den verschiedensten Aspekten der sprachlichen und formalen Gestalt, von den Themen, besonders dem breiten Spektrum der Liebeskonzeptionen, bis zu den vielschichtigen Phänomenen der Rezeption, zum Tönegebrauch und zur Polemik, zu Liedvortrag und Aufführungszusammenhang, bis hin zur Rekonstruktion des kulturellen Ambientes, einer Liebes- und Geselligkeitskultur, die erst den Gebrauch der Texte erklärt. Und hier fügen sich auch die Abhandlungen zur mittelalterlichen Gesprächskultur ein, die von der Antike bis zu Luther und Erasmus ausgreifen. Alle diese Arbeiten sind grundlegend und von viel bewunderter Klarheit und damit von einer Frische, die sich nicht verbraucht. Und sie werden auch belebt durch eine - eingestandene - Freude an der Lösung philologischer Fragen, die ansteckt. Angelegt ist aber vieles schon in jenem Buch, das 1969 als Habilitationsschrift vorlag und vier Jahre später unter dem Titel erschien.' Es 1

(Münchener Texte und Untersuchungen 42), München 1973.



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gibt Einblick in die Geschichte einer lyrischen Gattung zwischen der Vortragskunst der höfischen Klassik und den Singschulen des Meistersangs, Einblick in die Dichtung eines Standes von Berufsliteraten, die mit besonderem Kunstanspruch, wetteifernd die Gunst adliger Herren zu erlangen suchten. Und es faßt das Selbstverständnis dieser Sänger von zwei Seiten: über die reale literarische Polemik, die ihre Dichtungen durchzieht, wie über die spätere, pseudohistorisch-fiktive Darstellung solcher Polemik als Sängerkrieg. Die Ermöglichung dieses doppelten Zugriffs, die Scheidung von Realität und Fiktion, ist zugleich die besondere Leistung des Buchs. Und sie war nur möglich auf neuen Grundlagen, die erst zu schaffen waren durch das Sammeln und Sichten der Texte, ihre kritische Herstellung, ihre Datierung und Kommentierung, also eben durch philologische Erschließung eines noch weitgehend unbekannten Gebietes. Damit bietet Burghart Wachingers auf dem Gebiet der Lyrik Entsprechendes wie Hanns Fischers auf dem Gebiet der mittelalterlichen Novellistik, 1 Studien, die gleichfalls als Münchner Habilitationsschrift (i960) am Lehrstuhl Hugo Kuhns entstanden. Beide Arbeiten sind also Teil eines Aufbruchs in die nachklassische deutsche Literatur des Mittelalters, an dem Kuhns Interessen wesentlichen Anteil hatten. Kuhn legte, wie immer wieder betont worden ist, seine Schüler weder thematisch noch methodisch fest, aber es war sein Denken, waren seine Fragen, 3 die vorbildhaft wirkten, sein «Engagement für die Sache» und die «Unermüdlichkeit [seinjes Erkenntnisinteresses».4 Wobei sich Wachinger wie Fischer - anders als Kuhn - eben «der Philologie im engeren Sinn» zuwandte. 5 Gerade erst in dieser Verbindung neuer Ansätze mit der philologischen Grundlagenforschung hat sich seither unser Bild von der mittelalterlichen Literatur wirklich verändert. 2

Tübingen 1968; 2., durchges. und erweit. Aufl. bes. v. Johannes Janota, Tübin-

3

Wachinger, Sängerkrieg (Anm. 1), S. XIII. Der Hinweis auf das Thema der

gen 1983.

4

Arbeit kam von Karl Stackmann (vgl. ebd.). Walter Haug, Hugo Kuhn (1909-1978), in: Wissenschaftsgeschichte der Germanistik in Porträts, hg. v. Christoph König, Hans-Harald Müller und Werner Röcke, Berlin/New York 2000, S. 259-272, hier: 260.

5

Burghart Wachinger, Hugo Kuhn und die Münchener Akademiekommission für Deutsche Literatur des Mittelalters, in: Das Mittelalter und die Germanisten. Zur neueren Methodengeschichte der Germanischen Philologie. Freiburger Colloquium 1997, hg. v. Eckart Conrad Lutz (Scrinium Friburgense 11), Freiburg/Schweiz 1998, S. 33-48, hier: 37.

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Aus den Erfahrungen mit der Sangspruchdichtung sind dann bei Burghart Wachinger nicht wie noch bei Hanns Fischer die zunächst beabsichtigten neuen Ausgaben unter anderem der Gedichte entstanden (die z. T. bis heute in der Ausgabe Simrocks von i8j8 benutzt werden 6 ), sondern die noch breiter und grundlegender ansetzenden sechzehn Bände des ,7 das zunächst einmal die systematische, registrierende und referierende Erfassung der Bestände bietet, die sich in ihrer Fülle gar nicht edieren lassen. Drei Bände des , des Sangspruch-Teils des Repertoriums hat Wachinger mit Frieder Schanze selbst erarbeitet, darunter den fünften, der den Wartburgkrieg-Komplex enthält. Für das Ganze trägt Horst Brunner die Verantwortung mit, dessen Habilitationsschrift dem Meistersang galt.8 Aber der Bereich der Text-Edition spielt nun in Burghart Wachingers Wirken an anderer Stelle eine wichtige Rolle: In seinen Händen liegt seit langem die Betreuung der , in der die wichtigsten wissenschaftlichen Studienausgaben des Fachs erschienen sind, und die Vorbereitung seines eigenen Bandes für die schrieb, umriß er die Aufgabe der Reihe und der , deren Gründung durch die Bayerische Akademie zwei Jahre zuvor er selbst beantragt hatte und der er vorstand. 10 Er umriß damit zugleich den weiteren Zusammenhang, in dem auch die Arbeiten Fischers zur Mären- und Wachingers zur Sang6

Der Wartburgkrieg, hg., geordnet, übers, und erläut. v. Karl Simrock, Stuttgart/Augsburg 1858. Vgl. Burghart Wachinger, zugänglich gemacht hat.

— 25 — sich daran nicht stoßen. Die Dichter der Romantik aber fühlten sich vielleicht nicht zuletzt durch solche inneren Spannungen zugleich angezogen und frei zu tiefgreifenden Umgestaltungen.

II Die Chronikberichte und einige andere Traditionsstränge, die von den alten Gedichten ausgegangen sind, haben die Wartburgkriegsage und die mit ihr verknüpften N a m e n nie ganz in Vergessenheit geraten lassen; doch es blieb im wesentlichen bei einem antiquarischen Interesse. 20 A b e r seit dem Ende des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts traf die Sage als Künstlererzählung aus dem deutschen Mittelalter auch außerhalb der gelehrten Diskurse auf besonders empfängliche Rezipienten. Von den literarischen Neubelebungen der alten Geschichten in der R o mantik möchte ich hier nur die drei wichtigsten wenigstens kurz ansprechen, um den literarischen Horizont anzudeuten, vor dem Schwinds Malerei zumindest auch zu sehen ist.21 Alle drei Texte unterscheiden sich von den mittelalterlichen Gedichten grundsätzlich in Machart und Problemauffassung. Man verfügte nun zwar über eine einigermaßen konti-

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Vgl. Johannes Rettelbach, Heinrich von Ofterdingen zwischen Dichtung und Philologie, Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 236/151 (1999), 33-52. Zu einer Bearbeitung des Stoffs von 1793, also noch vor Novalis, s. Ira Kasperowski, Mittelalterrezeption im Werk des Novalis, Tübingen 1994 (Hermaea N . F . 74), S. i 6 i f . Zu zwei weiteren literarischen Rezeptionszeugnissen, Christoph Kuffners Drama (1819) und Friedrich de la Motte Fouqués Dichterspiel (1828), vgl. Höfer (Anm. 30), S. 22-26. Goethe wurde möglicherweise durch den Stoff angeregt zu , s.Goethes Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, Bd. 16, Weimar 1894, S. 215-227, dazu S. 458. Ein späterer Weimarer Maskenzug vom 2. Februar 1830, von Friedrich Wilhelm Riemer poetisch erläutert und vermutlich von Bernhard von Arnswald, später Burgkommandant auf der Wartburg, in Aquarellen festgehalten, hatte den Sängerstreit zum eigentlichen Thema; Goethes Sohn stellte Klingsor dar, begleitet von seinen Söhnen als Berggeistern; vgl. «Ein Titel reicht bis zum nächsten...» Deutsche Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts in bibliophilen Exemplaren. Katalog 39 Heribert Tenschert, 1997, S. 64-67 (Hinweis von Frieder Schanze).



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nuierliche Erzählung, aber man fühlte sich weniger streng als mittelalterliche Autoren an das Tradierte gebunden. Man gestaltete frei um, wählte aus und kombinierte mit anderen Motivtraditionen. Vor allem aber zeigen alle Neugestaltungen den Drang, einzelne Figuren als Individuen mit ihren seelischen Regungen vorzuführen. Dazu gehört, daß auch eine Liebesgeschichte eingebaut wird. Solche Individualisierung hat aber auch Implikationen für die Auffassung vom Dichtertum und vom Verhältnis von Dichter und Gesellschaft. Der Weg zu diesen Fragen führt im 19. Jahrhundert nicht mehr über Figuren, die objektive Gesellschaftsgruppen und Bildungskonzepte repräsentieren, sondern man mußte jetzt den Umweg über individuelle Erfahrungen nehmen, über die individuelle Innerlichkeit eines Künstlers oder Dichters. Das brachte fürs Erzählen einen gewaltigen Zuwachs an Gestaltungsmöglichkeiten, der vor allem der Schattierung von Charakteren zugute kam. Für die Problemerfassung aber bedeutete es, daß die vorgegebenen gesellschaftlichen Ordnungen und Bedingungen der Kunst in die Perspektive einer subjektiven Sinn- und Zielsuche gerieten. Das erste Signal eines neuen Interesses für den Wartburgkrieg ist der des Novalis, der groß konzipierte, aber unvollendet gebliebene Dichter-Bildungs-Roman, der 1802 postum erschienen ist. Wie der Sängerwettstreit am Thüringer Hof dort hätte ausgestaltet werden sollen, bleibt unsicher. Er war erst für den nicht mehr ausgeführten zweiten Teil vorgesehen. Dort sollte er offenbar gegen Ende des Romans stehen vor der «Verklärung» Heinrichs, einer Verklärung, die vielleicht einen Durchgang durch Tod oder Wahnsinn voraussetzte. Zur Thematik und Inszenierung notierte Novalis nur: «Wartburg. Innrer Streit der Poesie. Mystizism dieses Streites. Formlose - förmliche Poesie.» Und: «Die Dichter wetten aus Enthusiasmus und bacchischer Trunkenheit um den Tod.»" Weiter hinten aber steht in den Notizen: «Über den Streit auf der Wartburg und die (lezte) Verklärung noch reiflich nachgedacht.» Und bald darauf: «Keinen Streit auf der Wartburg. Mehrere Szenen an Kayser Fridrichs Hofe.» 2 ) Ob damit der Sängerstreit nur an einen anderen Ort verlagert24 oder, wie mir eher scheint, ganz " Zitate nach: Novalis, Schriften. Die Werke Friedrich von Hardenbergs, hg. v. Paul Kluckhohn (f) und Richard Samuel, 3. Aufl., Bd. 1, Darmstadt 1977, dazu in Klammern die Seitenzahlen von Novalis. Werke, Tagebücher und Briefe Friedrich von Hardenbergs, hg. von Hans-Joachim Mähl und Richard Samuel, Bd. ι, Darmstadt 1999; hier S. 341 (392). " Ebd., S. 347 (397)· 24 So Richard Samuel zitiert bei Kasperowski (Anm. 21), S. 173.

— 27 — aufgegeben werden sollte, mag offen bleiben. Unverkennbar ist jedenfalls, daß das eigene Nachdenken über die Poesie die Anstöße des überlieferten Stoffes mehr und mehr verdrängt hat. Einer dieser Anstöße muß die Figur Klingsors und ihre Beziehung zu Heinrich von Ofterdingen gewesen sein, das lassen auch die ausgeführten Teile des Romans erkennen. Hier aber wertet Novalis ganz neu. Heinrich, der vermessene Herausforderer, der gegen eine ganze Sängergemeinschaft steht, sich aber schließlich auf den größeren Meister berufen muß, wird bei ihm zur positiven Hauptgestalt, die durch Begegnungen und Gespräche über Natur, Geschichte und Poesie universale Einsichten gewinnt und so auf den Weg zum wahren und höchsten Dichtertum gebracht wird. Klingsohr - so die Schreibung bei Novalis - wird Heinrichs wichtigster Lehrer, Klingsohrs Tochter seine Braut und nach ihrem frühen Tod Quelle seiner Inspiration. Man darf vermuten, daß es gerade die in den mittelalterlichen Texten eher negativ bewertete Verbindung von Gelehrsamkeit und Magie war, die Novalis veranlaßt hat, Klingsohr eine so positive Rolle zu geben. 2 ' In dieser Figur mag er Ansätze gesehen haben für das, was er, der Dichter der , suchte, Ansätze für die Verbindung der Erfahrung von Irrationalität, Traum und Tod mit Wissenschaft und höchster Reflexion. «Klingsohr - Poesie der Wissenschaften» steht in den nachgelassenen Notizen zur Fortsetzung des Romans. 26 Ε. T. A. Hoffmann hält sich in seiner Erzählung ja O Vi C O

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