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German Pages [42]
E 50747
SONDERDRUCK AUS:
zfd Band139'Heft4'2010
ZETTSCHRIFT
r.Ün DEUTSCHES ATTERTUM UND DEUTSCHE LITERATUR Herausgegeben von Joachim Heinzle
DER RLINENFELS VONASPO, DIE GOLDBRAKTEATEN DER VÖLKERWANDERLINGSZEIT UND DIE CHIFFREN DER GOTT-
TIER-KOMMUNIKAIION von SrcMuND Onnnr
I. Beschreibung und bisherige Deutungen der Bild- und Runenritzung vonAspö Die einmalige Bild- und Runenritzung von Lagnö in Aspö socken (Sö 175, Taf. I, 1) ist einen Kilometer von der Kirche in Aspö entfernt auf der senkrecht abfallenden Fläche eines rund fünf Meter hohen Felsens am Rande des dortigen Wäldchens anzutreffen.l In der Wikingerzeit befand sich hier ein natürlicher Hafen, dessen Wasser bis ungeftihr einen Meter unterhalb der Ritzung reichte. Sie war somit ausgesprochen ungewöhnlich und auff?illig positioniert. Die Komposition ist etwa zwei Meter breit und eineinhalb Meter hoch. Sie beinhaltet eine große anthropomorphe Figur mit zwei zoomorphen Runenbändern und befindet sich in einem vergleichsweise guten Erhaltungszustand. Die zentrale Menschengestalt ist frontal zu sehen und hältjeweils den Schopfeines schlangengestaltigen Inschriftenbandes in ihren Händen. Zwischen den gespreizten Beinen der Figur befindet sich ein im Runensteinstil häuhg auftauchendes Knotenmotiv, das als 'irisches Koppel'oder 'union knot'bezeichnet wird und im vorliegenden Fall das Skrotum des Mannes anzugeben scheint. Ein langer Schnurrbart mit eingerollten Enden ziert das Gesicht der imposanten Figur. Zwei Bögen unterhalb und oberhalb der großen, kreisrunden Augen verleihen der Gestalt einen überraschten oder ekstatischenAusdruck. Eine spitze Kopfbedeckung, die in ein'irisches Koppel' mündet, das die Runenbänder zusammenfügt, könnte eine Kappe oder einen Helm vorstellen. Die Schlangen sind jeweils in sich verschlungen, umwinden die Beine der anthropomorphen Figur und halten dessen überdimensionierte Ohren in ihren Mäulern (Abb. 1). Letzteres scheint mir bislang nicht recht erkannt und gewür-
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Die wichtigsten Daten und Informationen zu diesem Runendenkmal sind dem Runenwerk und einer früheren Publikation von EI-r.cs WrssEN zu entnehmen: E. WrssEN, Aspö runsten. Bidrag till Södermanlands äldre kulturhistoria, Södermanlands fomminnesförenings ärsskrift XXVII (1934) 3-13; E. Bnern/E. WEssEN, Södermanlands Runinskrifter. Sveriges Runinskrifter III, Stockholm 1924-1936,5.137-144. Die Literatur bis 1993 wird in der Bibliographie von JeN Ows zusammengestellt: J. Owr, Svensk runbibliografi 1880-1993, Stockholm 1995,5. 172. Zum Denkmalcharakter der Ritzung hat sich jüngst Kraus Düwnr- geäußert: K. DüwEr, Runen und Runendenkmäler, in: RGA 25 (2003) 499-512, hier S. 5 1 0f.
Der Runenfels von Aspö
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digt worden zu sein.2 Die Ohren
laufen spttz ztr, sind durch zwei kleine Spiralen bzw. leicht eingerollte Ansätze am Kopf des Mannes angefügt und ergeben somit eine Herzform. Die Spitzen der Ohren stecken tief im Rachen der Untiere, wobei die rechts dargestellte Kreatur mit Abb. I jeweils einem spitzen Zahn in Ober- und Unterkiefer zuzubeißen scheint. Das Pendant auf der gegenüberliegenden Seite ist zahnlos. Die Inschrift im linken Band stellt eine Gedenkformel nach üblichem Muster dar und nennt zwei Auftraggeber sowie den Verstorbenen. Transliterierl lautet sie:
kislauk.
lit. kiarua. merki.
pisa. eftiR. borb . auk. slopi. lit kiarua.
Die Inschrift auf der rechten Schlange ist einmalig und äußerst enigmatisch: sant iaR' pet' sum sakat uaR. nuk. sum . huat. uaR. pet. In runenschwedischer Sprachform lautet der Gesamttext: Gislaug let gerva mcerki pessa ceftiR I>orö, ok Sloöi let gerva. Sant iaR prtt sum sagat vaR ok sum hugat vaR pet. Er ist wie folgt zu übersetzen Gislög lie/3 diese Merkzeichen ("dieses Denkmal") nach ("zum Gedenken an") Tord machen, und Slode lie/3 [es ebenfallsf machen. Wahr isl das, was gesagt wurde und das, was gedachl (oder "beabsichtigt") wurde.Die Omamentalisierung der zoomorphen Runenbänder entspricht der vonANNe-Sorrp GnÄsr-uNo3 definierten Gruppe Pr. 3 und kann in die 2. Hälfte des 11. Jh.s datierl
werden.
Die Komposition vonAspö entspricht jener Bildformel, die Orro Holzepplt-4 in seinem einschlägigen Beitrag von 1973 ausfuhrlich behandelt und als "Figur Düwrr ([Anm. l], S. 511) scheint mir die Komposition noch am treffendsten wiederzugeben wenn er schreibt, der Mann habe "zwei ausgeprägte Ohren, an die er die beiden mit seinen Händen am Kopfende gepackten Schlangen zu pressen scheint". ICtru H.qucr bemerkt lediglich, daß die Schlangen die Figur derart umspielen "daß sie sich deren Ohren von oben nahen". (K. H,rucr