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German Pages 200 Year 2019
Internetrecht und Digitale Gesellschaft Band 17
Der Plattformbetreiber als Täter in der urheberrechtlichen Verantwortlichkeit für nutzergesetzte Frames
Von
Christoph Küster
Duncker & Humblot · Berlin
CHRISTOPH KÜSTER
Der Plattformbetreiber als Täter in der urheberrechtlichen Verantwortlichkeit für nutzergesetzte Frames
Internetrecht und Digitale Gesellschaft Herausgegeben von
Dirk Heckmann
Band 17
Der Plattformbetreiber als Täter in der urheberrechtlichen Verantwortlichkeit für nutzergesetzte Frames
Von
Christoph Küster
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Universität Passau hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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© 2019 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de Gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 2363-5479 ISBN 978-3-428-15761-7 (Print) ISBN 978-3-428-55761-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-85761-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen Eltern Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde vom Promotionsausschuss der Juristischen Fakultät der Universität Passau im Wintersemester 2018/2019 als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis zum Juni 2018 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meiner Doktormutter, Frau Professor Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, für ihre hervorragende Unterstützung und ihr persönliches Engagement bei der Betreuung dieser Arbeit. Durch ihre konstruktiven Anmerkungen und Hinweise sowie nicht zuletzt ihre jederzeitige Diskussionsbereitschaft und Verfügbarkeit hat sie entscheidend zum Gelingen meiner Arbeit beigetragen. Ebenfalls herzlich bedanken möchte ich mich bei Herrn Professor Dr. Dirk Heckmann für die freundliche Übernahme und Erstellung des Zweitgutachtens sowie die Möglichkeit der Veröffentlichung meiner Arbeit in der von ihm herausgegeben Schriftenreihe. Ein Dank gebührt auch Dr. Franz Schaefer, der es mir durch seine Fürsprache, Unterstützung und Flexibilität erst ermöglich hat, dieses Projekt zu realisieren. Auch möchte ich ihm für die vielen Jahre der Ausbildung und Zusammenarbeit an dieser Stelle danken, die sich nicht zuletzt auch in dieser Arbeit niedergeschlagen haben. Nicht genug danken kann ich meiner langjährigen Kollegin Dr. Martina Ortner, die zum einen durch motivierenden Zuspruch, stete Hilfsbereitschaft, fachliche Diskussionen und konstruktive Anregungen zum anderen durch sorgfältiges Korrekturlesen in hohem Maße zum Gelingen der Arbeit beitrug. Für mich war die Erstellung dieser Arbeit eine Herausforderung und persönlich bereichernde Erfahrung zugleich. Versäumen möchte ich es daher auch nicht, den zahlreichen Personen, die mich in vielfältiger Art und Weise unterstützt haben, sowie den Weggefährten, die mich an guten und schlechten Tagen begleitet und in meinem Vorhaben bestärkt haben, herzlich zu danken. Mein größter Dank an dieser Stelle gilt zu guter Letzt meiner Familie, insbesondere meinen Eltern Rita und Dietmar Küster, denen ich diese Arbeit widme. Ich danke beiden von Herzen, dass sie mir sämtliche Ausbildungsmöglichkeiten stets eröffnet haben und mich auf meinem bisherigen Lebensweg vorbehaltlos unterstützt, gefördert aber auch gefordert haben, wodurch sie nicht nur die Basis für meine persönliche und berufliche Entwicklung legten, sondern auch im wesentlichen Maße zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. München, im Juni 2019
Christoph Küster
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung in den Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. These . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsrahmen der Ansprüchegegen Framesetzende und Plattformbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Schutz des Rechteinhabers durch das Urheberrecht bei Framingsachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die verschiedenen Ansprüche nach Maßgabe des § 97 UrhG . . aa) Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beseitigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schadensersatzanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Urheberrechtliche Verwertungsrechte als geschützte Rechts güter nach Maßgabe des § 97 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 15 UrhG als zentrale Norm der Verwertungsrechte . . . . . bb) Öffentliche Zugänglichmachung als Verwertungstat bestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Privilegierung von Plattformbetreibern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Technische Einordnung und Grundbegrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wesen und Relevanz von Plattformbetreibern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Definition des Plattformbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Relevanz und Verbreitung von Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Technische Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verbreiten von Inhalten im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hyperlinking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Surface-Link . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Deep-Link . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Frames / Inline-Link . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Upload . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die verschiedenen Formen der Plattformbetreiber als sog. Provider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Access-Provider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Host-Provider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Content-Provider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 13 20 20 21 23 23 25 26 26 27 28 28 29 31 31 31 32 32 33 33 33 34 34 35 35 35 35 36
8 Inhaltsverzeichnis C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames unter Beachtung des urheberrechtlichen Werkschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 I. Urheberrechte an nutzergenerierten Inhaltenbei Setzen eines Frames . 38 II. Die Entwicklung der Verantwortlichkeit bei Frames in der Rechtsprechung des BGH und des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1. Dogmatische Grundlagen des Begriffs der öffentlichen Zugänglichmachung als Ausgangspunkt der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . 40 2. Die Entscheidung in Sachen „Paperboy“ als Ausgangspunkt in der Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 a) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Auswirkung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 aa) Verletzung des Vervielfältigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 44 bb) Verletzung der Verwertungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3. Neuerungen hinsichtlich des Verständnisses der Begrifflichkeiten Öffentlichkeit und Wiedergabe durch die Rechtssache „Svensson“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 a) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 b) Auswirkung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 aa) Wiedergabevorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 bb) Öffentlichkeitsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4. Ausdehnung der Anwendung der Svensson-Grundsätze auf Framingsachverhalte durch die Rechtssache „BestWater“ . . . . . . . 49 a) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Auswirkung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 5. Adaption der Grundsätze aus der Rechtssache „BestWater“ durch das Urteil „Realität II“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 a) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 b) Auswirkung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 6. Vorsatz und Gewinnerzielungsabsicht als neue Kriterien durch die Rechtssache „GS Media“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Zusammenfassende Auswirkung der Entscheidung . . . . . . . . . . 56 aa) Erreichen einer neuen Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 bb) Vorsätzlichkeit des Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 cc) Verfolgung eines Erwerbszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 7. Zwischenergebnis: Aktuelles höchstrichterliches Haftungsregime . 60 a) Handlung der Wiedergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 b) Erreichen der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 c) Gewinnerzielungsabsicht als weiteres Kriterium – Interpreta tion durch das LG Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 III. Reaktion der Literatur auf die Linie der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . 65 1. Dogmatische Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Sonderproblem: Der Begriff der Gewinnerzielungsabsicht . . . . . . . 67 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Inhaltsverzeichnis9 IV. Derzeitiger Stand der Diskussion – Wer mit Gewinnerzielungsabsicht urheberrechtsverletzende Inhalte framed, der haftet! . . . . . . . . . . . . . . . 69 D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern bei Rechtsverletzungen durch einen nutzergesetzten Frame . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 I. Gesetzliche Rahmenbedingungen de lege lata für Plattformbetreiber . . 72 1. Volle Anwendbarkeit der allgemeinen Normen . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Spezifische Beschränkungen durch das Telemediengesetz und die E-Commerce-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Anwendungsbereich des TMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 b) Systematische Einordnung der Regelungen des TMG . . . . . . . . 75 aa) Funktionsweise der Haftungsprivilegierungen . . . . . . . . . . 75 bb) Umfang der Haftungsprivilegierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (1) Keine Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierung auf Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 (2) Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierungen auch auf Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (3) Entwicklung der Position des EuGH . . . . . . . . . . . . . . 79 (4) Stellungnahme und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . 80 c) Haftungsregime nach § 7 TMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 aa) Verantwortlichkeit für eigene Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (1) Eigene Inhalten als Tatbestandsmerkmal . . . . . . . . . . . 82 (2) Zu-eigen-gemachte Inhalte als eigene Inhalte? . . . . . . 82 (a) Unvereinbarkeit der Rechtsfigur des Zu-eigenMachens mit der E-Commerce-Richtlinie . . . . . . . 82 (b) Beibehaltung der anwendbaren Grundsätze trotz Neuordnung durch die E-Commerce-Richtlinie . . . 83 (c) Stellungnahme und Zwischenergebnis: Haftung nach allgemeinen Vorschriften bei eigenen und zu-eigen-gemachten Inhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 bb) Verantwortlichkeit für fremde Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (1) Keine allgemeine Überwachungs- und Kontrollpflicht . 86 (2) Entfernungs- und Sperrpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 d) Haftungsregime für Host-Provider nach § 10 TMG . . . . . . . . . . 87 aa) Kenntnisbasierter Verlust der Privilegierung . . . . . . . . . . . . 87 bb) Begriff der Kenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 cc) Zwischenergebnis: Verantwortungsregime nach § 10 TMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 II. Die Störerhaftung als status quo der Haftung von Plattformbetreibern . 91 1. Dogmatische Grundlagen der Störerhaftung nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 2. Die Adaption der Störerhaftung von Plattformbetreibern im Urheberrecht und ihre Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Allgemeingültige Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 b) Der Begriff des Störers im urheberrechtlichen Kontext . . . . . . . 94
10 Inhaltsverzeichnis aa) Vorliegen eines Rechtsverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Beitrag des Plattformbetreibers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Prüfpflichten als Korrektiv der Störerverantwortlichkeit . . . . . . 96 aa) Dogmatische Grundlagen der Prüfpflicht . . . . . . . . . . . . . . 97 bb) Art und Umfang der Prüfpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (1) Prüfung beanstandeter Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (2) Verhinderung gleichgelagerter Verletzungen . . . . . . . . 100 (a) Präventionsverpflichtung nach den Grundsätzen des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 (b) Präventionsverpflichtung als Verstoß gegen den Grundsatz des Verbots der allgemeinen Prüfpflichten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 d) Ergebnis: Das aktuelle Regime der urheberrechtlichen Störerhaftung nach der Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . 104 III. Mögliche Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 1. Verpflichtende Lizenzverträge als Lösungsansatz des europäischen Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 a) Lizenz- und Identifikationsverpflichtung als Antwort des europäischen Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 b) Würdigung des Richtlinienentwurfs im Schrifttum . . . . . . . . . . 107 c) Stellungnahme und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Der Plattformbetreiber als Bereicherungsschuldner . . . . . . . . . . . . . 110 a) Dogmatische Grundlagen des Bereicherungsanspruchs . . . . . . 111 b) Abschöpfung von Vermögensvorteilen beim Plattformbetreiber als Bereicherungsschuldner? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3. Der Plattformbetreiber als Teilnehmer an einer fremden Rechtsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Grundlagen der Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 2 BGB . . . 115 b) Anwendbarkeit der Teilnehmerhaftung auf Plattformbetreiber . 116 aa) Teilnahmehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 bb) Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 c) Ergebnis: Keine Teilnehmerhaftung von Plattformbetreibern . . 121 4. Der Plattformbetreiber als Täter einer Rechtsverletzung . . . . . . . . . 121 a) Einbettung in und Rückbeziehung auf zivilrechtliche Grundsätze – Täterschaft durch Verletzung von Verkehrspflichten . . . 122 aa) Der Paradigmenwechsel im Wettbewerbsrecht hin zu einer täterschaftlichen Verantwortlichkeit als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (1) Frühe Rechtsprechung des BGH – Störerhaftung . . . . 123 (2) Paradigmenwechsel mit der Entscheidung „Jugendgefährdende Medien bei eBay“ und Konsolidierung
Inhaltsverzeichnis11 durch die Entscheidung „Kinderhochstühle im Internet“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis: Täterschaftliche Haftung als Status Quo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragbarkeit der Haftung wegen Verletzung von Verkehrspflichten auf das Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . (1) Position der höchstrichterlichen Rechtsprechung – Beibehaltung der Störerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Position der kritischen Stimmen in der Literatur – Überführung in ein einheitliches Haftungssystem . . . . (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Von der Störerhaftung zur Täterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Täterschaftsbegründende Ausdehnung des Anwendungs bereichs der öffentlichen Zugänglichmachung . . . . . . . . . . . . . . aa) Argumentationslinie des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Würdigung der Rechtsprechung durch das Schrifttum . . . . cc) Eigene Stellungnahme und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Täterschaftsbegründendes Zu-eigen-Machen von fremden Inhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Adaption und Ausgestaltung der Rechtsfigur des ZuEigen-Machens durch den BGH und die Instanzgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) OLG Köln – „Steffi Graf“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) BGH – „marions-kochbuch.de“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) OLG Hamburg – „YouTube“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) OLG München – „Allegro barbaro“ . . . . . . . . . . . . . . . (5) BGH – „klinikbewertungen.de“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Die Systematik des Zu-eigen-Machens in der Gesamtschau der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Figur des Zu-eigen-Machens im Schrifttum . . . . . . . . . (1) Übertragung der Kriterien der Pressehaftung . . . . . . . . (2) Übertragung der Kriterien der Veranstalterhaftung . . . (3) Bestimmung über technische Parameter . . . . . . . . . . . . (4) Qualifizierte Nähebeziehung als Zurechnungs kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Bestimmung über das Gesamtgepräge des Angebots . . (6) Täterschaftliche Haftung unter gleichzeitiger Aus dehnung des Notice-and-Takedown-Verfahrens . . . . . . (7) Eigener Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Widerstreitende Interessen der Marktteilnehmer und deren Gewichtung als Ausgangspunkt . . . . . . (b) Widerlegliche Vermutungsregelung . . . . . . . . . . . .
123 124 125 125 126 128 129 130 131 132 133 135 136 138 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 152 153 155
12 Inhaltsverzeichnis (aa) Vermutung aus der wirtschaftlichen Zueignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (bb) Objektivierte Kriterien des Zu-eigenMachens / Widerlegung der Vermutung . . . . . . . . . . . . . 158 (α) Ungeeignetheit der redaktionellen Kontrolle als Kriterium . . . . . . . . . . . . . . 158 (β) Seitengestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (γ) Einräumung von Nutzungsrechten . . . . . 160 (cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (dd) Teleologisch indizierte Begrenzung der „Vollhaftung“ von Plattformbetreibern . . . . 161 (α) Kleinstplattformklausel als Innovationsschutzmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (β) Subsidiäre Haftung des Plattformbetreibers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (ee) Gesamtschau des entwickelten Lösungs ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 IV. Die Figur des Zu-Eigen-Machens als allgemeinverbindlicher Lösungsansatz für Hyperlinks und Frames? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 V. Ergebnis: Erweiterte Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern für von Nutzern gesetzte Frames . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 E. Zusammenfassende Darstellung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Haftungsregime bezüglich des Setzers eines Frames . . . . . . . . . . . . . . . II. Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ablehnung des Richtlinienentwurfs Digitaler Binnenmarkt . . . . . . 2. Keine Problembewältigung über bereicherungsrechtliche Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Plattformbetreiber weder Anstifter noch Hilfeleistender . . . . . . . . . 4. Anknüpfung an täterschaftsbegründende Verletzung von Verkehrspflichten als Rückfallregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Öffentliche Wiedergabe als bedingt tauglicher Ansatzpunkt . . . . . . 6. Täterschaftsbegründendes Zu-eigen-Machen von Inhalten als vertretener Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Individualisierte Beurteilung bei Framingsachverhalten . . . . . . . . .
173 175 176 176 177 177 178 178 179 180
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
A. Einleitung I. Einführung in den Untersuchungsgegenstand Die fortschreitende Digitalisierung stellt nicht nur die Politik1, sondern auch die Rechtsordnung vor neue Probleme, denen (teilweise) nicht mehr mit den bisherigen rechtlichen Mitteln Herr geworden werden kann.2 Mit der Neuordnung der rechtlichen Rahmenbedingungen für äußerungsrechtliche Tatbestände durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken, kurz Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), wurde Teilen dieser Probleme begegnet.3 Zwar ist dieser erste Fingerzeig der beschränkenden Maßnahmen gegenüber Plattformbetreibern in der Presse auf ein geteiltes Echo gestoßen,4 er zeigt jedoch, dass sich der Gesetzgeber durchaus der Handlungsnotwendigkeit bewusst ist. Auch das Urheberrecht muss sich, trotz grundsätzlicher Gleichbehandlung von Online- und Offlinesachverhalten,5 neuen Herausforderungen stellen und steht dabei vor der Aufgabe der Eindämmung einer unkontrollierten Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten über das Medium Internet, ohne dass die Werkschaffenden ihre Zustimmung hierzu erteilt haben und ohne dass die Rechteinhaber ausreichend finanziell für die Nutzung ihres geistigen Eigentums entschädigt werden, weswegen teilweise bereits entsprechende gesetzgeberische Reaktion angeregt wurden.6 Im Rahmen der Bewältigung dieser Herausforderungen gilt es, das Spannungsfeld der unterschiedlich gelagerten Interessen von Rechteinhabern, Öffentlichkeit und Plattformbetreibern aufzulösen. Mithin sind bei der Lösung der Problematik die Eigentumsgarantie der Rechteinhaber, die Meinungs- und Informationsfreiheit der Öffentlichkeit – 1 So wurde das Thema Digitalisierung im Wahlprogramm der CDU / CSU für die Bundestagswahl zur „Chefsache“ erklärt. Vgl.: Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne Leben – Regierungsprogramm 2017 bis 2021, S. 49, abrufbar unter: h ttps: / / www.cdu.de / system / tdf / media / dokumente / 170703regierungsprogramm2017. pdf?file=1, zuletzt abgerufen am 8.2.2018. 2 Lauber-Rönsberg, NJW 2016, 744, 750. 3 Zum NetzDG: Schwartmann, GRUR-Prax 2017, 317; Eifert, NJW 2017, 1450. 4 Mal eben den Rechtsstaat outsourcen, abrufbar unter: http: / / www.zeit.de / digital / internet / 2017-06 / hasskommentare-netzdg-bundestag-gesetz-verabschiedet, zuletzt abgerufen am 8.2.2018. 5 Draheim / Lehmann, GRUR-Prax 2014, 427, 429. 6 Ohly, ZUM 2015, 308, 315.
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A. Einleitung
als Teil der Kommunikationsfreiheit – sowie die unternehmerische Freiheit der Plattformbetreiber zu berücksichtigen.7 Plattformen, die ein breites Angebot bereithalten, erleben in den letzten Jahren eine wachsende Marktdurchdringung (also die Erhöhung oder die auf hohem befindliche Stabilisierung der Marktanteile des Unternehmens).8 Das gilt umso mehr, als ihr Einfluss längst über wirtschaftliche Belange hinausgeht und ganze Gesellschaften verändert;9 nicht zuletzt wird Facebook eine gewisse Beeinflussung der letzten US-Wahl zugeschrieben.10 Facebook, Instagram, Pinterest, YouTube und Co. (von nun an in ihrer Gesamtheit als „Plattformbetreiber“ bezeichnet) haben dabei mittlerweile die traditionellen Informationsquellen wie Zeitung, Fernsehen und Radio in die zweite Reihe verbannt.11 Größere Plattformen erwirtschaften aufgrund ihrer entsprechenden Marktmacht12 hohe Umsätze.13 Diese werden vor allem mit Werbung generiert und bewegen sich im Milliardenbereich.14 Die Gewinnmargen der Plattformbetreiber sind dabei aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Infrastrukturkosten überdurchschnittlich hoch.15 In diesem Zusammenhang profitieren Plattformbetreiber im Rahmen ihrer mit Gewinnerzielungsabsicht vergleich Richtung argumentierend: Metzger, ZUM 2018, 233, 234. Lauber-Rönsberg, NJW 2016, 744. 9 Brecht die Macht der Internetkonzerne!, abrufbar unter: http: / / www.sueddeut sche.de / wirtschaft / google-facebook-und-amazon-brecht-die-macht-der-internetkon zerne-1.3815880, zuletzt abgerufen am 8.2.2018; Das Internet auf dem Weg zum Leitmedium, abrufbar unter: http: / / blogs.faz.net / netzwirtschaft-blog / 2010 / 10 / 18 / das-in ternet-auf-dem-weg-zum-leitmedium-1949 / , zuletzt abgerufen am 8.2.2018; Eifert, NJW 2017, 450. 10 Brecht die Macht der Internetkonzerne!, abrufbar unter: http: / / www.sueddeut sche.de / wirtschaft / google-facebook-und-amazon-brecht-die-macht-der-internetkon zerne-1.3815880 zuletzt abgerufen am 8.2.2018. 11 Zur sozialen Einordnung und Meinungsmache von Plattformen: Schmidt, Social Media, 1. Aufl. 2013, S. 7 ff. 12 Vgl. hierzu: Körber, ZUM 2017, 93, 94. 13 Beispielhaft zur wirtschaftlichen Entwicklung von Facebook: Umsatz und Nettoergebnis von Facebook weltweit in den Jahren 2007 bis 2017 (in Millionen USDollar), abrufbar unter: https: / / de.statista.com / statistik / daten / studie / 217061 / um frage / umsatz-gewinn-von-facebook-weltweit / , zuletzt abgerufen 8.2.2017; Deshalb ist Snapchat Milliarden wert, abrufbar unter: http: / / www.faz.net / aktuell / wirtschaft / netz wirtschaft / boersengang-deshalb-ist-die-app-snapchat-milliarden-wert-14470128.html, zuletzt abgerufen am 8.2.2018; Büscher, GRUR 2017, 433. 14 Hinsichtlich Facebook: Die fünf wertvollsten Unternehmen sind Tech-Giganten, abrufbar unter: http: / / www.t-online.de / finanzen / boerse / news / id_81218326 / so-ver dienen-apple-facebook-und-co-ihre-milliarden.html, zuletzt abgerufen am 8.2.2018. 15 So betrug die Gewinnmarge von Facebook 36 %; Die fünf wertvollsten Unternehmen sind Tech-Giganten, abrufbar unter: http: / / www.t-online.de / finanzen / boerse / news / id_81218326 / so-verdienen-apple-facebook-und-co-ihre-milliarden.html, zuletzt abgerufen am 8.2.2018; Körber, ZUM 2017, 93, 94. 7 In
8 Ähnlich:
I. Einführung in den Untersuchungsgegenstand15
folgten Tätigkeit von der Vielfalt der auf ihrer Plattform eingestellten Inhalte (wie beispielsweise Fotos, Videos, Presseberichte, im Allgemeinen auch als Content bezeichnet), die durch die ausgedehnte Reichweite der Plattformen erhebliche Aufmerksamkeit erhalten.16 Um dies Aufmerksamkeit der „Konsumenten“ hoch zu halten, bedarf es jedoch dauerhaft neuer Anreizpunkte. Vor allem das Teilen und Verlinken von Inhalten, also die technische Vorgehensweise der Verweisung in Form eines Hypertextes und damit eine Skalierung und Weiterverbreitung, die mit den althergebrachten Mitteln der Kommunikation nicht darstellbar wären, sollen hierfür sorgen. So ist es ein gängiges Phänomen, dass sich Videos in kürzester Zeit weltweit verbreiten und so eine Vielzahl von Nutzern erreichen, ohne dass dies notwendigerweise mit Zustimmung des Rechteinhabers erfolgt.17 Gerade im Rahmen der hier beleuchteten Nutzung von sog. Frames oder auch Inline-Links, durch die der Nutzer in die Lage versetzt wird, Fotografien, Videos, Blogeinträge oder sonstige Inhalte in seine eigene Internetpräsenz zu integrieren,18 zeigen sich die Probleme der Weiterverbreitung von Inhalten auf Plattformen im Besonderen. Durch deren Nutzung erscheinen eigentlich fremde Inhalte aufgrund der Einbettung in den eigenen Außenauftritt als eigene.19 Durch diese Vollintegration in den eigenen Internetauftritt von Nutzern gehen mit Frames oder Inline-Links also verstärkte Gefährdungssituationen für Rechteinhaber einher. Mit den angesprochenen hohen Nutzerzahlen generieren die Plattformbetreiber Nutzerdaten, die im Rahmen von gezielten Werbemaßnahmen auch wirtschaftlich nutzbar gemacht werden können;20 aufgrund der Analyse des Nutz- und Suchverhaltens wird auf den jeweiligen Plattformen Werbung individualisiert für den Nutzer geschaltet, um so spezifische Anreize zu setzen und die Kauf- bzw. Nutzungswahrscheinlichkeit von beworbenen Produkten oder Dienstleistungen zu erhöhen. Dies gelingt umso besser, als die Aufmerksamkeit von konsumierenden Nutzern der Plattform durch Inhalte, die mittels Frame auf der Plattform direkt angezeigt werden, auf dieser gebündelt wird. Anders als bei einem Link erfolgt kein Verweis auf eine andere Interpräsenz eines Drittanbieters. Das Interesse der konsumierenden Nutzer wird direkt auf der Plattform befriedigt und ermöglicht eine unmittelbare 16 Ähnlich: Hofmann, ZUM 2017, 102, 107; Czychowski / Nordemann, GRUR 2013, 986, 987. 17 Virale Verbreitung im Internet – Wie ein YouTube-Video zum Hit wird, abrufbar unter: http: / / www.sueddeutsche.de / digital / virale-verbreitung-im-internet-wie-ein-youtube-video-zum-hit-wird-1.1042483-2, zuletzt abgerufen am 8.2.2018. 18 Vgl. zu den verschiedenen Arten von Links und ihrer technischen Einordnung nachfolgenden Abschnitt B. 19 Obergfell / Thamer, GRUR Int. 2017, 201, 204. 20 Zur Nutzung von Daten zu Werbezwecken: Körber, ZUM 2017, 93, 95.
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A. Einleitung
Ansprache, durch den Plattformbetreiber während der Inhaltswiedergabe. Eine unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu anderen Formen von Hyperlinks erscheint damit auf den ersten Blick angezeigt. Auch wenn die dauernde Verfügbarkeit von Informationen für den Nutzer günstig ist, ist Kehrseite der Medaille, dass es naturgemäß bei einer derartigen Menge und Weiterverbreitung von Inhalten vermehrt zu Urheberrechtsverletzung kommt. Aus diesen potentiellen Rechtsverletzungen ziehen Plattformbetreiber zumindest teilweise auch Vorteile.21 Die Inanspruchnahme des Verletzers ist häufig aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht oder nur eingeschränkt möglich; wenn Nutzer beispielsweise im Ausland sitzen, unzureichende Registrierungsdaten angegeben haben oder sich nicht registrieren müssen, ist der Rechteinhaber nicht in der Lage, seine urheberrechtlich geprägten Ansprüche geltend zu machen und seinen finanziellen Schaden zu liquidieren.22 Dem Bedürfnis nach effektiver Rechtsdurchsetzung – entsprechend Art. 11 S. 3 Richtlinie 2004 / 48 / EG vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums („Durchsetzungsrichtlinie“) – zum Schutze des geistigen Eigentums des Rechteinhabers ist damit nicht genüge getan.23 Eine Eindämmung dieser Verbreitung ist dabei für den Rechteinhaber kaum möglich, ohne zunächst einmal den mit Kosten verbundenen Rechtsweg zu beschreiten. Doch auch Plattformbetreiber nutzen vermeintlich nicht alle Möglichkeiten der Eindämmung aus, da sie häufig Profiteur von vielfältigen Inhalten sind. So sieht sich beispielsweise Google nicht in der Verantwortlichkeit für etwaige Verletzungen und bescheidet konsequent etwaige Auskunftsverlangen negativ.24 Erleichtert würde die Rechtsverfolgung, wenn es dem Rechteinhaber möglich wäre, unter jedweden Gesichtspunkten – also auch im Hinblick auf etwaige Schadensersatzforderungen – direkt gegen den Plattformbetreiber vorzugehen.25 Diese erleichterte Inanspruchnahme könnte – abseits von der derzeit angewandten Rechtsfigur der Störerhaftung nach den im Folgenden kurz angesprochen Grundsätzen – dabei auch der gesetzgeberischen Intention aus Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001 / 29 / EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft („InfoSocRichtlinie“) entsprechen, wonach die europäischen Mitgliedsstaaten sicherstellen sollen, dass Rechteinhaber gerichtliche Anordnungen gegen Plattformbetreiber beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung von Urheberrechten genutzt werden. 21 Czychowski / Nordemann,
GRUR 2013, 986, 987. Anonymität des Internets betonend: Ludyga, ZUM 2016, 1013. 23 Hofmann, NJW 2016, 769, 770; Leistner, ZUM 2016, 580, 586. 24 Brisch / Müller-ter Jung, CR 2017, 395, 397. 25 Hofmann, NJW 2016, 769, 770. 22 Die
I. Einführung in den Untersuchungsgegenstand17
All dies führt zur Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels bei der rechtlichen Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern bei der öffentlichen Zugänglichmachung rechtswidrig veröffentlichter Inhalten seitens der Nutzer. Diese Notwendigkeit aufzuzeigen und Handlungsvorschläge zu unterbreiten, ist Gegenstand der vorliegenden Arbeit. De lege lata kann ein Plattformbetreiber im Rahmen der vom Bundesgerichtshof („BGH“) statuierten sog. Störerhaftung zunächst nur auf Unterlassung, Entfernung und proaktiv (nach erstmaliger Verletzung) Sperrung von Inhalten in Anspruch genommen werden. Ansprüche auf Schadenersatz können erst dann geltend gemacht werden, wenn seitens des Plattformbetreibers ein ausreichendes Maß an Kenntnis der Rechtsverletzung vorliegt. Eine monetäre Entschädigung kann der Rechte inhaber ohne Zwischenschritt dagegen nur erlangen, wenn er gegen den Framesetzer vorgehen kann. Zurückzuführen ist dies auf die Haftungsprivilegierungen zugunsten von Plattformbetreibern folgend aus den Regelungen des Telemediengesetzes („TMG“). Vor diesem Hintergrund wird derzeit eine Diskussion über die Notwendigkeit einer Veränderung des Haftungsregimes für Plattformbetreiber geführt, um auf diesem Wege Vergütungsgerechtigkeit für Werkschaffende herzustellen.26 Diese, unter dem Schlagwort „Value Gap“ geführte Diskussion, dreht sich insbesondere um die Frage, ob das derzeitige Urheberrechts- und Haftungsregime zu einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht und zu einer unangemessenen Beteiligung der Rechteinhaber führt.27 Hauptargument ist dabei, dass Plattformen aufgrund der gesetzlichen Haftungserleichterungen und der darauf basierenden Störerhaftung nicht gezwungen sind, eine entsprechende Monetarisierung zugunsten der Rechteinhaber sicherzustellen.28 Denn wer auf einer Plattform fremde Inhalte zugänglich mache, verhindere die notwendige Aufmerksamkeit des Ausgangsangebot des Rechteinhabers, der sein Werk so nicht ausreichend monetarisieren kann.29 Diesen Ausführungen ließe sich mit dem Argument begegnen, dass bereits jetzt nur in Einzelfällen keine Monetarisierung wegen fehlender Lizensierung stattfinde.30 Der Großteil der Werkschaffenden werde aber ausreichend vergütet.31 Zudem würde die Ausdehnung der Haftung von Plattformbetreibern dem Informationsinteresse der breiten Öffentlichkeit zuwiderlaufen.32 Sollten 26 Vgl. aus der juritischen Literatur etwa: Conrad, ZUM 2017, 289; Gerlach, ZUM 2017, 312; Grünberger, ZUM 2017, 265; Scheufele, ZUM 2017, 316. 27 Conrad, ZUM 2017, 289, 290. 28 Conrad, ZUM 2017, 289, 290. 29 Grünberger, ZUM 2016, 905. 30 Conrad, ZUM 2017, 289, 290. 31 Conrad, ZUM 2017, 289, 290; Nolte, ZUM 2017, 304, 310. 32 Conrad, ZUM 2017, 289, 299.
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A. Einleitung
Plattformen aufgrund neuer gesetzlicher Regelungen potenziell erhöhten Haftungsgefahren ausgesetzt sein, so würde dies zu einem „Chilling Effect“ durch „Overblocking“ führen.33 Plattformen wären zur Haftungsvermeidung gezwungen, Inhalte frühzeitig zu sperren, auch wenn sich die behauptete Rechtsverletzung unter Umständen später nicht beweisen lässt.34 Die grundsätzlich mit dem Medium Internet einhergehende, gewünschte Verfügbarkeit von einer Vielzahl von Inhalten und Informationen würde damit verloren gehen.35 Aufgrund dieser für Rechteinhaber unbefriedigenden Situation und der ungeklärten Rechtslage wurde der Europäische Gerichtshof („EuGH“) zuletzt vermehrt angerufen, um einzelne Rechts- und Auslegungsfragen hinsichtlich des Themas „Linking“ und „Framing“ zu klären, insbesondere, inwieweit sich eine Haftung des verlinkenden bzw. des framenden Marktteilnehmers und von Plattformbetreibern ergibt. Der EuGH hat dabei in seinen Entscheidungen „Filmspeler“36 und „The Pirate Bay“37 versucht, eine Eindämmung der Problematik über eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs der öffentlichen Zugänglichmachung vorzunehmen. Danach habe der jeweilige Intermediär selbst eine öffentliche Zugänglichmachung vorgenommen und nicht allein, wie bislang angenommen wurde, der den Inhalt einstellende Nutzer.38 Diese Tendenz in der europäischen Rechtsprechung wurde von nationalen Gerichten in Deutschland noch nicht aufgegriffen, so dass die zuvor beschriebene Störerhaftung des Plattformbetreibers derzeit noch als status quo anzusehen ist. Dass dieses Bestreben nach erhöhter Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers als wirtschaftlicher Profiteur auch im Hinblick auf mögliche gesetzgeberische Initiativen nicht gänzlich abwegig ist, hatte der nationale Gesetzgeber trotz der Befürchtung eines „Chilling Effects“ bereits frühzeitig anerkannt,39 auch wenn es letztlich nicht zu einer entsprechenden Kodifikation kam: Bereits der Entwurf der Bundesregierung für ein zweites Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes v. 25.9.2015 sah in § 10 Abs. 2 TMG (neu) für die sogenannten gefahrgeneigten Dienste einen Sondertatbestand 33 Berberich,
GRUR-Prax 2017, 269, 271. zum NetzDG: Eifert, NJW 2017, 1450, 1452. 35 Conrad, ZUM 2017, 289, 299; Nolte, ZUM 2017, 304, 306. 36 EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = GRUR Int. 2017, 527 – Filmspeler. 37 EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – C-610 / 15, ECLI:EU:C:2017:456 = MMR 2017, 518 – The Pirate Bay. 38 EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = GRUR Int. 2017, 527 – Filmspeler; EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – C-610 / 15, ECLI:EU:C:2017: 456 = MMR 2017, 518 – The Pirate Bay. 39 Amtliche Begründung, BT-Drs. 440 / 15, S. 11 f. 34 So
I. Einführung in den Untersuchungsgegenstand19
vor, wonach deren Kenntnis von der Rechtsverletzung vermutet wird.40 Als Regelbeispiele wurden Dienste genannt, die überwiegend zu Rechtsverletzungen missbraucht werden (Nr. 1), weiterhin Dienste, die durch eigene Maßnahmen vorsätzlich die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördern (Nr. 2) ferner Dienste, die mit der Nichtverfolgbarkeit von Rechtsverstößen werben (Nr. 3) und schließlich solche, bei denen keine Möglichkeit besteht, rechtswidrige Inhalte durch den Berechtigten entfernen zu lassen (Nr. 4).41 Auch auf europäischer Ebene sind diese Bedenken der Rechteinhaber aufgegriffen und in vielerlei Bereichen ist Handlungsbedarf identifiziert worden, um den neuen Problemstellungen mit innovativen Ansätzen zu begegnen.42 Der europäische Gesetzgeber führt hierzu aus: „Die Entwicklung der Digitaltechniken hat zu Veränderungen bei der Schaffung, der Herstellung, der Verbreitung und der Verwertung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen geführt. […] Zwar behalten die im EU-Urheberrecht bereits festgelegten Ziele und Grundsätze ihre Gültigkeit, doch sind gewisse Anpassungen an diese neuen Realitäten erforderlich.“43
Als vorrangiges Ziel wurden Maßnahmen ausgemacht, die gewährleisten, „dass Urheber und Rechteinhaber einen fairen Anteil an der durch die Verwertung ihrer Werke und sonstigen Schutzgegenstände generierten Wertschöpfung erhalten. Die Position der Rechteinhaber im Hinblick auf Verhandlungen und ihre Vergütung für die Verwertung ihrer Inhalte durch Online-Dienste, die von den Nutzern hochgeladene Inhalte zugänglich machen, ist zu verbessern.“44 Im wissenschaftlichen Diskurs ist die Thematik der Ausgestaltung der Haftung von Plattformbetreibern ebenfalls zunehmend Gegenstand von Diskussionen. Während vereinzelte Stimmen eine Lösung der Problematik über bereicherungsrechtliche Grundsätze suchen,45 sehen andere die Notwendigkeit der Ausdehnung der Teilnehmerhaftung von Plattformbetreiber46 als zielführend an. Das Hauptaugenmerk in der wissenschaftlichen Diskussion richtet sich darauf, ob der Plattformbetreiber als Täter in Anspruch genom40 Amtliche
Begründung, BT-Drs. 440 / 15, S. 11 f. 440 / 15, S. 3. 42 Vgl. hierzu: Vorschlag für eine Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt in der Fassung vom 14.9.2016, COM (2016) 593 final („Richtlinienentwurf Digitaler Binnenmarkt“); Grünberger, ZUM 2017, 89. 43 Vorschlag für eine Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt in der Fassung vom 14.9.2016, COM (2016) 593 final, S. 2. 44 Vorschlag für eine Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt in der Fassung vom 14.9.2016, COM (2016) 593 final, S. 3. 45 Stang, ZUM 2017, 380. 46 So: OLG Hamburg, Urteil v. 24.7.2008 – 3 U 216 / 06, MMR 2009, 129. 41 BT-Drs.
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A. Einleitung
men werden kann. Dabei wird vornehmlich die Frage erörtert, ob eine täterschaftliche Verantwortlichkeit auf Grundlage besonderer Verkehrspflichten, wie es beispielsweise bei wettbewerbsrechtlichen Sachverhalten bereits der Fall ist, auch in urheberrechtlichen Sachverhalten, die Störerhaftung ablösen sollte.47 Andere Stimmen möchten dagegen den Weg über ein Zu-eigen-Machen von Inhalten suchen, um den Plattformbetreiber in diesen Fällen als Täter direkt zum Ausgleich etwaiger finanzieller Verluste in Anspruch nehmen zu können.48
II. These Vor dem beschriebenen Hintergrund, insbesondere der unter Rechteinhabern und Plattformbetreibern unter den Stichworten „Value Gap“ und „Chilling Effect“ geführten Diskussion, ist es das Ziel der Arbeit zu untersuchen, inwiefern Plattformbetreiber bei Frames von rechtswidrig veröffentlichten Inhalten ihrer eigenen Nutzer in die Verantwortung genommen werden können und bis zu welchem Umfang eine Haftung gerechtfertigt erscheint. Dabei gilt es, einen für alle Beteiligten angemessenen Ansatz zu entwickeln, der die unterschiedlichen Positionen unter Berücksichtigung der tangierten grundrechtlichen Positionen vereint. Die zu untersuchende These sei insoweit wie folgt formuliert: Um die verschieden ausgestalteten Interessen von Rechteinhabern, Öffentlichkeit und Plattformbetreibern im Rahmen eines ausgewogenen Haftungssystems zu harmonisieren, ist die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern bei dem Setzen von Frames rechtswidrig ins Internet gelangter Inhalte durch Nutzer auszudehnen.
III. Rechtsrahmen der Ansprüchegegen Framesetzende und Plattformbetreiber Entsprechend der vorstehenden These wird die vorliegende Arbeit von der Frage geprägt sein, ob der Rechteinhaber sowohl gegen Framesetzer als auch gegen Plattformbetreiber, in diesem Fall unter Berücksichtigung der Privilegierungstatbestände des TMG, rechtlich vorgehen kann. Auch wenn viele Plattformen von ausländischen Unternehmen betrieben (Google, Facebook, Instagram) oder im Ausland gehostet werden, ist unabhängig davon – aufgrund des Schutzland- oder Territorialprinzips – deutsches Recht anzuwen47 Leistner, GRUR-Beil. 2010, 1, 22; Hohlweck, ZUM 2017, 109, 113; Köhler, GRUR 2008, 1, 6. 48 Beispielhaft: Specht, ZUM 2017, 114.
III. Rechtsrahmen der Ansprüche21
den.49 Die in Rede stehenden Ansprüche der jeweiligen Rechteinhaber und die zu untersuchende Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern siedeln sich daher im Spannungsfeld und dem Rechtsrahmen des Urheberrechtsgesetzes („UrhG“) und des TMG an. Dabei führen die Privilegierungen der Plattformbetreiber folgend aus dem TMG dazu, dass Plattformbetreiber qua Gesetz nur unter bestimmten Voraussetzungen nach den allgemeinen Regelungen haften, zu denen die entsprechenden Vorgaben des Urheberrechts gehören, § 7 TMG. Die Untersuchung fußt auf der allgemeinen Intention des Urheberrechts, zum einen dem Urheber in wirtschaftlicher Weise eine Nutzbarmachung seiner geistigen Schöpfung zu ermöglichen und zum anderen die ideellen Interessen des Urhebers an seiner Schöpfung durch entsprechende Schutz- und Nutzungsrechte zu wahren, um so einen fairen Interessenausgleich zu bewirken.50 Nach der Grundintention des § 11 UrhG steht dem Schöpfer sowohl ein Verwertungsrecht als auch ein Urheberpersönlichkeitsrecht zu, wobei sich die hier relevante Diskussion vor allem auf die Verwertungsrechte bezieht.51 Mithin ergibt sich für die relevante Frage der Haftung für Urheberrechtsverletzungen ein von der Grundnorm des § 97 UrhG ausgehendes Haftungsregime, das unter Berücksichtigung des Verschuldensgrads ein abgestuftes System von Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüchen nach sich zieht. Dabei ist entscheidender Aspekt die Sicherstellung der Verwertungsmöglichkeit. Sowohl spezifische Ansprüche aus dem UrhG als auch Haftungsprivilegierungen des TMG sollen im Folgenden einführend kursorisch aufbereitet werden. Eine eingehende Betrachtung der Privilegierungstatbestände bleibt jedoch dem spezifisch der Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern gewidmeten Abschnitt D. vorbehalten. 1. Der Schutz des Rechteinhabers durch das Urheberrecht bei Framingsachverhalten Der Schutz des Urhebers vor ungerechtfertigter Nutzung und unter finanziellen Gesichtspunkten wird durch die §§ 97 ff. UrhG sichergestellt. Ansprü49 Hilgert / Greth, Urheberrechtsverletzungen im Internet, 1. Aufl. 2014, S. 91 Rn. 350; zum Schutzland- oder Territorialprinzip: Reinemann / Remmertz, ZUM 2012, 216, 217. 50 Vgl. Wandtke, Urheberrecht, 6. Aufl. 2017, Kapitel 1 § 5 Rn. 51. 51 Die deutsche Rechtsordnung folgt damit der monistischen Lehre eines einheit lichen Urheberpersönlichkeits- und eines Verwertungsrechtes, vgl: Loewenheim-Wilhelm Nordemann / Nordemann-Schiffel, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 11 ff.
22
A. Einleitung
che des Rechteinhabers sind begründet, wenn rechtswidrig in die Verwertungsrechte des Urhebers eingegriffen sowie wenn ein durch das Urheberrecht geschütztes Werk oder ein verwandtes Schutzrecht mit dinglichem Charakter verletzt wird.52 Zentrale Norm, auf die die folgenden Ausführungen beschränkt werden sollen, ist dabei § 97 UrhG, der zum einen in seinem Abs. 1 einen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung und zum anderen nach seinem Abs. 2 die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatz vorsieht. Gemeinsamer Anknüpfungspunkt sämtlicher Ansprüche aus § 97 UrhG ist eine widerrechtliche Rechtsverletzung eines geschützten Urheberrechts oder eines durch das Urheberrecht geschützten Werks in Form absoluter Rechte.53 Die Verletzung einer schuldrechtlich eingeräumten, einfachen Rechtsposition ist nicht ausreichend.54 Eine Rechtsverletzung liegt nach dem allgemeinen Verständnis vor, wenn sich ein Nutzer Befugnisse anmaßt oder diese ausübt, die allein dem Urheber bzw. einem Rechteinhaber zustehen, ohne hierzu dessen Zustimmung zu besitzen oder sonst aufgrund einer Schrankenbestimmung dazu berechtigt zu sein.55 Nicht als Rechtsverletzung sind dagegen solche Situationen anzusehen, in denen sich die Handlung des vermeintlichen Verletzers nicht gezielt gegen das durch das Urheberrecht geschützte absolute Recht richtet, sondern vielmehr eine rein reflexartige Beeinträchtigung mit sich bringt.56 Beschränkungen erfährt diese weitgehende Haftung für eine etwaige Rechtsverletzung durch die Notwendigkeit der Widerrechtlichkeit der entsprechenden Handlung.57 Demzufolge kann ein Verletzer nur in Anspruch genommen werden, wenn kein Rechtfertigungsgrund sein Handeln deckt.58 Ein diese Widerrechtlichkeit negierender Rechtfertigungsgrunds liegt dann vor, wenn der Rechteinhaber in die Benutzungshandlung eingewilligt oder diese genehmigt hat.59 Eine untergeordnete Rolle spielen dagegen die allgemeinen Rechtfertigungsgründe, insbesondere die des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dennoch kann eine die Widerrechtlichkeit der Handlung entfallen lassende Rechtfertigung auch unter dieser Maßgabe gegeben sein.60 Tatbe52 Wandtke,
Urheberrecht, 6. Aufl. 2017, Kapitel 8 § 9 Rn. 66. Urheberrecht, 6. Aufl. 2017, Kapitel 8 § 9 Rn. 66. 54 Wandtke, Urheberrecht, 6. Aufl. 2017, Kapitel 8 § 9 Rn. 66. 55 Dreier / Schulze-Dreier / Specht, Urheberrechtsgesetz, 5. Aufl. 2015, § 97 Rn. 3. 56 Dreier / Schulze-Dreier / Specht, Urheberrechtsgesetz, 5. Aufl. 2015, § 97 Rn. 7. 57 Lutz, Grundrisse des Urheberrechts, 2. Aufl. 2013, Rn. 690. 58 Lutz, Grundrisse des Urheberrechts, 2. Aufl. 2013, Rn. 690. 59 BGH, Urteil v. 26.9.1958 – I ZR 81 / 57, GRUR 1959, 147, 149 – „Bad auf der Tenne“; Dreyer / Kotthoff / Meckel-Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl. 2012, § 97 Rn. 35. 60 Dreyer / Kotthoff / Meckel-Meckel, Urheberrecht, 3.Aufl. 2012, § 97 Rn. 36. 53 Wandtke,
III. Rechtsrahmen der Ansprüche23
standsausschließend wirken zudem die urheberrechtlichen Schrankenregelungen: Eine erlaubnisfreie Nutzung ist mithin gestattet, wenn bspw. die Nutzung im Rahmen eines Gerichtsverfahrens erfolgt, § 45 UrhG, es sich um eine Berichterstattung über Tagesereignisse handelt, § 50 UrhG, oder die Handlung vom Zitatrecht, § 51 UrhG, gedeckt ist.61 a) Die verschiedenen Ansprüche nach Maßgabe des § 97 UrhG Abhängig vom Verschuldensgrad des jeweiligen Verletzers gewährt § 97 UrhG verschiedene Anspruchsgrundlagen in Form von Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüchen. aa) Unterlassungsanspruch Der den rechtlichen Grundlagen des § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB nachempfundene Unterlassungsanspruch gem. § 97 Abs. 1 UrhG dient als Rechtsgrundlage für ein Verlangen des Rechteinhabers, entsprechende Störungen zu unterlassen. In Abgrenzung zum hierin ebenfalls geregelten Beseitigungsanspruch bedarf es zur Erfüllung des Unterlassungsanspruchs keiner Rückgängigmachung der Verletzung, vielmehr reicht das Abstandnehmen von einer weiteren Ausführung.62 Dabei ist der Unterlassungsanspruch in seinem Anwendungsbereich zweigeteilt: Er ermöglicht eine Inanspruchnahme nach begangener Rechtsverletzung, kann jedoch auch als vorbeugende Maßnahme herangezogen werden.63 Beiden Varianten des Unterlassungsanspruchs ist dabei gemein, dass sie kein Verschulden des jeweiligen Verletzers voraussetzen. Gemeinsames Ziel von nachträglichem und vorbeugendem Unterlassungsschutz ist es zu verhindern, dass es zu Beeinträchtigungen des geschützten Rechtsguts kommt.64 Hierdurch werden Handlungen eingedämmt, die sich verletzend auswirken können. Der an eine bereits erfolgte Rechtsverletzung anknüpfende nachträgliche Unterlassungsanspruch erfordert neben einer widerrechtlichen Rechtsverletzung eine Wiederholungsgefahr, also das Drohen der erneuten Begehung der 61 Wandtke / Bullinger-Büscher,
PraxKo Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 83 Rn. 2 ff. Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 40a. 63 Vgl. zu den unterschiedlichen Voraussetzungen: Dreyer / Kotthoff / Meckel-Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl. 2012, § 97 Rn. 41 ff.; Schmid / Wirth / Seifert-Schmid / Wirth, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl. 2009, § 97 Rn. 16 f. 64 Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, 17. Aufl. 2015, Rn. 1262. 62 Fromm / Nordemann-Nordemann,
24
A. Einleitung
konkreten Rechtsverletzung.65 Der vorbeugende Unterlassungsanspruch unterscheidet sich hiervon dadurch, dass er gerade keine vorangegangene Rechtsverletzung erfordert. Statt einer Wiederholungsgefahr ist die konkrete Erstbegehungsgefahr der zukünftigen, erstmaligen Rechtsverletzung Anknüpfungspunkt, d. h. das Bestehen ernsthafter und greifbarer Anhaltspunkte für eine in naher Zukunft drohende Rechtsverletzung.66 Streitbehaftet ist die Frage, wie weitreichend dieser Schutz zu gewähren ist. Unstreitig erstreckt sich der Unterlassungsanspruch auf identische Handlungen, durch die eine Rechtsverletzung begangen wurde bzw. durch die eine Rechtsverletzung droht.67 Richtigerweise sind aber von diesem Anspruch auch das Unterlassen solcher Handlungen umfasst, die im Kern lediglich gleichartige Abwandlungen darstellen, wenn auch in diesen die Charakteristik der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt.68 Mit diesem als „Kerntheorie“ bezeichneten Ansatz soll verhindert werden, dass sich der Verletzer durch kleinere Abwandlungen dem Anwendungsbereich des bereits geltend gemachten und unter Umständen bereits titulierten Unterlassungsanspruchs entziehen kann.69 Auch wenn allgemein anerkannt, gehen mit der Kerntheorie in der Praxis bei der Frage der Gleichartigkeit Abgrenzungsprobleme einher, ob eine Tätigkeit noch proaktiv vom Anspruchsgegner unterlassen werden muss oder diese eine neue, eigenständige Verletzungshandlung darstellen.70 Unstreitig dürfte dabei nur sein, dass die Charakteristika der Verletzungshandlungen inhaltsgleich sind, wenn diese in der identischen urheberrechtlichen Nutzungshandlung, beispielsweise der im Folgenden diskutierten öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19 UrhG erfolgen.71 Im Übrigen ist die Frage nach der kerngleichen Nutzung eine Frage der Auslegung.
65 Fromm / Nordemann-Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 30, wobei die entsprechende Wiederholungsgefahr bereits durch die Erstbegehung der Verletzung indiziert wird. 66 BGH, Urteil v. 12.7.2007 – I ZR 18 / 04, BGHZ 173, 188 = GRUR 2007, 890, 894 – Jugendgefährdende Medien bei eBay; Fromm / Nordemann-Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 39. 67 Wandtke, Urheberrecht, 6. Aufl. 2017, Kapitel 8 § 5 Rn. 23. 68 BGH, Beschluss v. 3.4.2014 – I ZB 42 / 11, GRUR 2014, 706, 707; Schricker / Loewenheim-Wimmers, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 97 Rn. 228. 69 St. Rspr. seit: BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304 / 01, GRUR 2004, 860, 864 – Internet-Versteigerung I; Ziegler, Urheberrechtsverletzungen durch Social Sharing, 2016, S. 218; spezifisch zur Störerhaftung: Klatt, ZUM 2009, 265, 272. 70 Ziegler, Urheberrechtsverletzungen durch Social Sharing, 2016, S. 218 f. 71 Schricker / Loewenheim-Wimmers, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 97 Rn. 228.
III. Rechtsrahmen der Ansprüche25
bb) Beseitigungsanspruch Der bereits dargestellte Unterlassungsanspruch bewirkt zusammen mit dem Beseitigungsanspruch einen negatorischen Rechtsschutz.72 Der Beseitigungsanspruch stellt dogmatisch eine Fortsetzung des Unterlassungsanspruchs dar, wenn ein bloßes Unterlassen zur Beseitigung dieser Beeinträchtigung nicht ausreichend ist.73 Ergänzt wird der Beseitigungsanspruch inhaltlich dabei durch den Vernichtungsanspruch aus § 98 UrhG.74 Der Beseitigungsanspruch eröffnet dem Rechteinhaber die Möglichkeit, einen rechtsverletzenden Zustand, der nicht bereits im Rahmen des Unterlassungsanspruchs beseitigt werden konnte, beseitigen zu lassen.75 Dabei ist es nicht die Aufgabe des Rechteinhabers, den entsprechenden Zustand zu beseitigen, sondern die des Verletzers, von dem ein aktives Tätigwerden ausgehen muss. Wie auch beim Unterlassungsanspruch ist ein Verschulden des Verletzers zur Inanspruchnahme nicht notwendig.76 Der Anspruch ist nicht auf eine dezidierte Maßnahme verengt, sondern statuiert lediglich eine allgemeine Beseitigungsverpflichtung.77 Wie der Verletzer dieser Verpflichtung nachkommt, bleibt jeweils ihm überlassen, wenn durch die entsprechende Maßnahme der Störungszustand beseitigt werden kann.78 Unabhängig von der gewählten Maßnahme muss sich diese als verhältnismäßig für den Inanspruchgenommenen darstellen, d. h. die Beseitigung muss notwendig sowie dem Verletzer zumutbar sein und es müssen geeignete Beseitigungsmaßnahmen faktisch vorgenommen werden können.79 Zur Feststellung des Anspruchsumfangs ist eine entsprechende Interessenabwägung vorzunehmen.80
72 Dreyer / Kotthoff / Meckel-Meckel,
Urheberrecht, 3. Aufl. 2012, § 97 Rn. 38. Urheberrecht, 18. Edition Stand: 1.4.2017, § 97 Rn. 86. 74 BGH, Urteil v. 24.6.1993 – I ZR 148 / 91, GRUR 1993, 899, 890 – „Dia-Duplikate“. 75 Schmidt / Wirth / Seifert-Schmidt / Wirth, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl. 2009, § 97 Rn. 15. 76 Wandtke / Bullinger-v. Wolff, PraxKo Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 97 Rn. 43. 77 Grundsätzlich: BGH, Urteil v. 18.2.1959 – V ZR 11 / 57, NJW 1959, 936, 938– Autobahnschäden; spezifisch zum Urheberrecht: Ensthaler / Weidert-Weidert / Molle, Urheberrecht und Internet, 3. Aufl. 2017, S. 526 Rn. 293. 78 Dreier / Schulze-Dreier / Specht, Urheberrechtsgesetz, 5. Aufl. 2015, § 97 Rn. 48. 79 Dreyer / Kotthoff / Meckel-Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl. 2013, § 97 Rn. 39. 80 Schricker / Loewenheim-Leistner, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 97 Rn. 237. 73 BeckOK-Reber,
26
A. Einleitung
cc) Schadensersatzanspruch Strukturell an ein Verschulden, sei es in Form von Vorsatz oder Fahrlässigkeit, des jeweiligen Verletzers anknüpfend gewährt § 97 Abs. 2 UrhG dem Rechteinhaber einen Anspruch auf Schadensersatz. Der etwaige Schadensersatzanspruch tritt dabei neben den Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung.81 Unter Verschuldensgesichtspunkten ist es ausreichend, dass dem Verletzer leichte Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Durch die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs bleiben Ansprüche aus anderen gesetzlichen Vorschriften, wie beispielsweise bereicherungsrechtliche, unberührt.82 Der Anspruch richtet sich auf den Ersatz materieller und immaterieller Schäden. Demzufolge ist regelmäßig der konkret entstandene Schaden sowie der entgangene Gewinn umfasst.83 Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruches bestimmen sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB. Dabei kommt nach Maßgabe von § 251 Abs. 1 BGB primär ein Ersatz in Geld in Betracht, der im Rahmen der sog. dreifachen Schadensberechnung alternativ entweder anhand des konkreten Schaden, des erzielten Gewinns oder der Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr im Wege einer Lizenzanalogie berechnet werden kann.84 Dabei ist regelmäßig nur der Weg über einen Geldersatz deshalb zu wählen, da in der Vergangenheit liegende Verletzungen in den seltensten Fällen im Wege der Naturalrestitution rückgängig gemacht werden können.85 b) Urheberrechtliche Verwertungsrechte als geschützte Rechtsgüter nach Maßgabe des § 97 UrhG Ansprüche nach Maßgabe des § 97 UrhG mit Relevanz für diese Arbeit ergeben sich insbesondere bei Eingriffen in die im folgenden dargestellten Verwertungsrechte nach den §§ 15 ff. UrhG.86 Die in den §§ 15 ff. UrhG geregelten Verwertungsrechte sichern die vermögensrechtlichen Interessen des Rechteinhabers und ermöglichen es ihm, diese – in Umsetzung der angemessenen Beteiligung der Werknutzung gemäß § 11 S. 2 UrhG – finanziell nutzbar zu machen. Aufgrund ihrer grundsätzlichen Konzeption als Ausschließlichkeitsrechte liegt es exklusiv in der Hand des Urhebers, ob und inwieweit 81 Dreyer / Kotthoff / Meckel-Meckel,
Urheberrecht, 3. Aufl. 2013, § 97 Rn. 48. Gewerblicher Rechtsschutz, 5. Aufl. 2017, § 43 Rn. 558. 83 BeckOK-Reber, Urheberrecht, 18. Edition Stand: 1.4.2017, § 97 Rn. 106. 84 Wandtke / Bullinger-v. Wolff, PraxKo Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 97 Rn. 58. 85 Dreyer / Kotthoff / Meckel-Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl. 2013, § 97 Rn. 54. 86 Wandtke / Bullinger-v. Wolff, PraxKo Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 97 Rn. 6. 82 MAH-Hasselblatt,
III. Rechtsrahmen der Ansprüche27
er sein Werk verwerten möchte.87 Naturgemäß geht mit diesem positiven Verwertungsrecht spiegelbildlich auch das Recht einher, Dritten die Verwendung des Werkes zu verbieten.88 Sollte also dieses Verwertungsrecht des Urhebers widerrechtlich verletzt werden, so ist der Anwendungsbereich der soeben dargestellten Ansprüche aus § 97 UrhG eröffnet. aa) § 15 UrhG als zentrale Norm der Verwertungsrechte Zentrale Bedeutung bei Verwertungsrechten kommt der gesetzlichen Regelung des § 15 UrhG zu, deren Ausgestaltung in hohem Maße dem Einfluss von Unionsrecht unterliegt.89 Die InfoSoc-Richtlinie hat eine umfassende, europaweite Harmonisierung der Verwertungsrechte intendiert und ist bei der der richtlinienkonformen Auslegung der nationalen Vorschriften, gerade von § 15 UrhG, zu beachten.90 Die Vorschrift des § 15 UrhG zählt enumerativ die wichtigsten Verwertungsrechte des Urhebers auf, differenziert nach körperlichen (Abs. 1) und unkörperlichen (Abs. 2), regelt diese jedoch nicht abschließend.91 Intention des Gesetzgebers war eine gewisse Flexibilität durch eine technologieoffene Ausgestaltung der entsprechenden gesetzlichen Regelung, um so einen andauernden Anpassungsbedarf durch die fortschreitende technische Entwicklung und damit ein Entstehen von Schutzlücken zu vermeiden.92 Dank der flexiblen Ausgestaltung der Verwertungsrechte in § 15 UrhG besteht die Möglichkeit, den Rechtsschutz des Urhebers über einen sog. Innominatfall,93 also etwaige unbekannte Verwertungsmöglichkeiten, auszudehnen. Dabei darf der Schutzumfang der benannten Verwertungsrechte der gesetzgeberischen Intention zuwider nicht umgangen werden.94
87 Kilian / Heussen-Hoeren, Computerrechts-Handbuch, 33. EL Februar 2017, Abschnitt I Teil 14 Abschnitt 3 Rn. 9. 88 Dreier / Schulze-Schulze, Urheberrechtsgesetz, 5. Aufl. 2015, § 15 Rn. 5; Loewenheim-Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, S. 287 Rn. 1. 89 Spindler / Schuster-Wiebe, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 15 Rn. 5. 90 Schricker / Loewenheim-v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 15 Rn. 8. 91 Schmid / Wirth / Seifert-Schmid / Wirth, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl. 2009, § 15 Rn. 1; Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, 17. Aufl. 2015, Rn. 414. 92 Amtliche Begründung, BT-Drs. IV / 270 S. 45. 93 Loewenheim-Flechsig, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, S. 2203 Rn. 58. 94 Amtliche Begründung, BT-Drs. IV / 270, S. 46.
28
A. Einleitung
bb) Öffentliche Zugänglichmachung als Verwertungstatbestand Besonders verletzungsanfällig in Internetsachverhalten ist das spezifische Verwertungsrecht des § 19a UrhG, der den Schutzbereich des Urhebers im Bereich der Online-Nutzung seiner Werke normiert.95 Die Vorschrift dient der Vermeidung von Schutzlücken im Bereich des Internets, die sich aus der Möglichkeit der Bereitstellung von Werken in digitaler Form für einen unbegrenzten oder jedenfalls unüberschaubaren Personenkreis zwangsläufig ergeben.96 Dem Rechteinhaber obliegt demnach die Entscheidung, ob das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zur Verfügung gestellt wird, so dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit unabhängig von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Die Nutzung der unbestimmten Rechtsbegriffe des Zugänglichmachens und der Öffentlichkeit macht die Regelung im konkreten Einzelfall auslegungsbedürftig.97 Dies wird dezidiert in Abschnitt C. behandelt. 2. Die Privilegierung von Plattformbetreibern Die Regelungen des TMG beinhalten vor dem Hintergrund der Richtlinie 2000 / 31 / EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informa tionsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („E-Commerce-Richtlinie“) haftungsrelevante Erleichterungen für Tätigkeiten „rein technischer, automatischer und passiver Art“ durch Dienstanbieter.98 Aufgrund des europarechtlich bindenden Gebots der Vollharmonisierung sind etwaige Pflichten von Plattformbetreibern vor dem Hintergrund der E-Commerce-Richtlinie zu bewerten und auszulegen.99 Sie begründen für sich genommen jedoch keine eigenständigen Haftungstatbestände und beinhalten daher weder straf-, zivil- noch öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen, so dass ggf. und soweit es die Privilegierungstatbestände zulassen, auf die allgemeinen Normen des Deliktsrechts und die spezifischen Normen des Urheberrechts, insbesondere den zuvor dargestellten § 97 UrhG, zurückzugreifen ist. 95 Amtliche
Begründung, BT-Drs. 15 / 38, S. 16 f. Urheberrecht, 3. Aufl. 2012, § 19a Rn. 2. 97 Siehe zur unterschiedlichen Auslegung der Begrifflichkeit in der Entscheidungspraxis des EuGH bereits: Briem, GRUR Int. 2017, 493. 98 Vgl.: Richtlinie 2000 / 31 / vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt, S. 6, Erwägungsgrund 42. 99 Amtliche Begründung, BT-Drs. 14 / 6098, S. 22; BeckOK-Paal, Informationsund Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 4. 96 Dreyer / Kotthoff / Meckel-Dreyer,
IV. Gang der Darstellung29
Aus Art. 15 E-Commerce-Richtlinie folgt zudem, dass keine allgemeine Überwachungspflicht normiert werden darf und die Haftung für unerlaubte Handlungen anderer zu beschränken ist.100 Diese Vorgaben sind nicht nur für einzelne Rechtsgebiete maßgeblich, sondern fungieren als rechtsgebietsübergreifende Leitlinie und übergeordnete Privilegierung, die nicht nur für das Zivil- sondern auch für das Straf- und Verwaltungsrecht Gültigkeit beanspruchen.101
IV. Gang der Darstellung Zur Beantwortung der Frage, ob die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern für nutzergesetzte Frames auszudehnen ist, wird nach einer knappen sozialen und technischen Einführung in notwendige Begrifflichkeiten in Abschnitt B., zunächst in Abschnitt C. die rechtliche Einordnung von Frames und der damit verbundenen Verantwortlichkeit des Framesetzers nach dem deutschen Urheberrecht de lege lata aufbereitet, gefolgt von und ergänzt durch eine Darstellung der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene). Insbesondere wird hierbei herausgearbeitet, welche Unterschiede sich bei der Auslegung der relevanten Begrifflichkeiten auf nationaler und europäischer Ebene ergeben. Der Fragestellung schuldend, die dieser Arbeit zu Grunde liegt, wird besonderes Augenmerk auf Inhalte gelegt, die rechtswidrig in das Internet gelangt sind. In Abschnitt D. werden die in Abschnitt C. gefundenen Ergebnisse aufbereitet und die Frage erörtert, ob und inwieweit Plattformbetreiber auch dann haften, wenn sie selbst nicht der Framesetzer rechtwidriger Inhalte sind, also gerade keine aktive Handlung von dem Plattformbetreiber ausgeht. Dabei wird zunächst die höchstrichterlich statuierte Störerhaftung inhaltlich aufbereitet, gefolgt von der Auseinandersetzung mit der Frage, ob nicht der vermeintlich wirtschaftlich stärkste Marktteilnehmer, nämlich den Plattformbetreiber, in erhöhtem Maße in die Verantwortung zu nehmen ist. Dabei werden insbesondere die Aspekte einer Verantwortlichkeit aufgrund (i) bereicherungsrechtlicher Grundsätze, (ii) der Teilnehmerhaftung und (iii) einer etwai gen täterschaftlichen Begehung diskutiert. In diesem Zusammenhang erfolgt sodann auch eine Auseinandersetzung und kritische Würdigung der Beschränkung der Haftung von Plattformbetreibern unter dem Gesichtspunkt der Regelungen des TMG sowie eine Bewertung der gesetzgeberischen Akti100 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 16. 101 Hoeren / Sieber / Holznagel-Sieber / Höfinger, Multimedia-Recht, 44. EL Januar 2017, Teil 18.1 Rn. 1.
30
A. Einleitung
vitäten im Rahmen des Richtlinienentwurfs Digitaler Binnenmarkt. Ebenfalls soll es nicht versäumt werden, einen Blick in untersuchungsnahe Rechtsgebiete, wie beispielsweise das Wettbewerbsrecht oder das Presserecht, zu werfen, um etwaige Gemeinsamkeiten zu identifizieren, die auch für die urheberrechtliche Bewertung nutzbar gemacht werden können. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse wird ein eigener Ansatz entwickelt, der schlussendlich wegen des Zu-eigen-Machens von nutzergenerierten Frames – in Abgrenzung zu regulären Links – eine Haftungsausdehnung nach allgemeinen Vorschriften auch auf Schadensersatz befürwortet. Bei der Diskussion der Haftung werden verschiedene Haftungserleichterungen – die sowohl auf Tatbestands- als auch auf Rechtsfolgenseite Wirkung entfalten – vorgeschlagen, die zum einen die Mittlerrolle des Plattformbetreibers im Gesamtgefüge der Internetnutzung berücksichtigen und zum anderen kleinere Marktteilnehmer nicht durch überhöhte Haftungsgefahren von einem Markteintritt abhalten. In Abschnitt E. werden schließlich die gefundenen Ergebnisse komprimiert aufbereitet und Empfehlungen des Verfassers für das weitere Vorgehen dargestellt, wie eine tragfähige Lösung, möglicherweise auch innerhalb anstehender Gesetzgebungsverfahren, aussehen könnte. Insgesamt wird die Arbeit davon geprägt sein, ein ausgewogenes Haftungskonstrukt für Plattformbetreiber bei Verwendung von Frames mit rechtswidrig veröffentlichtem Inhalt („rechtswidrig gesetzte Frames“) von Nutzern zu statuieren, das sowohl dem Verwertungsinteresse des Urhebers, als Ausprägung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie, dem Informationsinteresse des jeweiligen Nutzers, als Ausprägung der Informationsfreiheit, und dem Gewinnerzielungsinteresse sowie der unternehmerischen Freiheit des Plattformbetreibers Rechnung trägt.
B. Technische Einordnung und Grundbegrifflichkeiten Für eine detaillierte Beurteilung der rechtlichen Haftungsprobleme, die sich im Zusammenhang mit der Verwendung der Framingtechnologie ergeben können, ist zumindest ein grundsätzliches Verständnis der Funktionsweisen von Plattformen und der technischen Einordnung unablässig.1 Daher sollen zunächst Wesen und Relevanz von Plattformen beleuchtet werden, gefolgt von einer knappen Darstellung technischer Parameter.
I. Wesen und Relevanz von Plattformbetreibern 1. Definition des Plattformbegriffs Plattformen, zu denen nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis insbesondere auch soziale Netzwerke gehören, sind Internetseiten, die zur geordneten Darstellung von Inhalten in verschiedene Bereiche oder Nutzerprofile unterteilt sind.2 Der Zugang erfolgt dabei häufig über die Startseite des jeweiligen Anbieters, meist verbunden mit der Eingabe der eigenen Zugangsdaten. Eine Gebühr für die Nutzung wird meist nicht verlangt, so dass sich Plattformen hauptsächlich über Anzeigenwerbung finanzieren.3 Innerhalb der jeweiligen Webseite besteht die Möglichkeit, Inhalte hochzuladen oder zu verlinken. Vielfach beinhalten die Plattformen auch automatisierte Benachrichtigungsdienste über geänderte oder erweiterte Inhalte von Nutzern, die aufgrund der bisherigen Interessen des Benutzers mittels der Auslesung eines gewissen Algorithmus von Interesse sein könnten. Obige Merkmale sind zwar regelmäßig charakteristisch für die entsprechenden Plattformen, müssen jedoch nicht in Gänze erfüllt sein, um eine Einstufung als Plattform im Sinne der hier zur untersuchenden Plattformbetreiber mit sich zu bringen.4 1 So auch: Strafner, Urheber- und wettbewerbsrechtliche Abwehransprüche des Anbieters von Informationen im World Wide Web gegen Hyperlinks, 2004, S. 14. 2 Vgl. zu den verschiedenen Ausgestaltungen: Paschke / Berlit / Meyer-Schmücker, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 3. Aufl. 2016, S. 1398 Rn. 8 ff. 3 So auch: Ceffinato, JuS 2017, 403; zu zunehmenden Werbeeinnahmen: Prognose der Netto-Werbeeinnahmen von YouTube in den USA bis 2019, abrufbar unter: https: / / de.statista.com / statistik / daten / studie / 503854 / umfrage / netto-werbeeinnahmenvon-youtube-in-den-usa / , zuletzt abgerufen 8.2.2018. 4 Zur Vielschichtigkeit von Plattformen: Büscher, GRUR 2017, 433.
32
B. Technische Einordnung und Grundbegrifflichkeiten
2. Relevanz und Verbreitung von Plattformen Aufgrund der Vielfalt der Plattformen und der zu beobachtenden Dynamik ist es schwer auf Grundlage verlässlicher Zahlen, Reichweite und Nutzung von Plattformen zu beziffern. Dennoch lassen sich einigen regelmäßig durchgeführten Umfragen und Erhebungen generelle Trends entnehmen, die eine hohe Marktdurchdringung von Plattformen nachzeichnen.5 Nicht zuletzt aus den mit den jeweiligen Plattformbetreibern assoziierten Firmenwerten, die maßgeblich auf den hohen Nutzerzahlen und den entsprechenden Nutzer daten sowie den damit generierten Werbeeinahmen basieren,6 lässt sich die verbreitete Nutzung entnehmen.7 Festzustellen ist dabei, dass Plattformen in erheblichem Maße von jüngeren Nutzern, also auch im Rechtsverkehr eher unerfahrenen Personen, genutzt werden. Plattformen verzeichnen eine Marktdurchdringung von 90 Prozent bei Teenagern, während dieser Wert bei der Gruppe der über 60-Jährigen lediglich bei 10 Prozent liegt.8 Nicht zuletzt auch wegen verschiedener Ereignisse der letzten Jahre, bei denen von Plattformen wichtige Impulse ausgingen,9 lässt sich eine wachsende Bedeutung konstatieren.
II. Technische Begrifflichkeiten Zum Zwecke einer rechtlichen Einordnung der zuvor beschriebenen Pro blemstellung ist es notwendig zumindest in Grundzügen technische Begebenheiten darzustellen, auf denen die zu besprechenden rechtlichen Probleme fußen. Dabei ist zum einen zu beleuchten, auf welchen Wegen Inhalte verbreitet werden können. Zum anderen ist aber auch zu illustrieren, welche Dienste Plattformen in diesem Zusammenhang erbringen, wobei bereits hier 5 Anzahl der Facebook-Nutzer nach Altersgruppen und Geschlecht in Deutschland im Januar 2018 (in Millionen), abrufbar unter: https: / / de.statista.com / statistik / daten / studie / 512316 / umfrage / anzahl-der-facebook-nutzer-in-deutschland-nach-alter-und-ge schlecht / , zuletzt abgerufen 8.2.2018. 6 Hinsichtlich Facebook: Die fünf wertvollsten Unternehmen sind Tech-Giganten, abrufbar unter: http: / / www.t-online.de / finanzen / boerse / news / id_81218326 / so-verdie nen-apple-facebook-und-co-ihre-milliarden.html, zuletzt abgerufen am 8.2.2018. 7 Zum Thema Marktdurchdringung: Achtruth, Der rechtliche Schutz bei der Nutzung von Social Networks, 2014, S. 5. 8 Schmidt, Social Media, 1. Aufl. 2013, S. 17. 9 Zur Bedeutung von Facebook im Rahmen des arabischen Frühlings: Die Kinder der Facebook-Revolution, abrufbar unter: http: / / www.faz.net / aktuell / politik / ausland / naher-osten / staaten-im-umbruch-die-kinder-der-facebook-revolution-1592378.html, zuletzt abgerufen am 8.2.2018; Facebook als mächtiger Helfer, abrufbar unter: http: / / faktenfinder.tagesschau.de / ausland / facebook-wahlwerbung-usa-101.html, zuletzt abgerufen am 8.2.2018.
II. Technische Begrifflichkeiten33
eine Orientierung und Einordnung anhand der üblichen Rechtstermini erfolgen soll. 1. Verbreiten von Inhalten im Internet Im Rahmen der Verbreitung von Inhalten ist im Wesentlichen zwischen der Verlinkung in den verschiedenen Spielarten und dem sog. Upload zu unterscheiden. a) Hyperlinking Als Hyperlink, oder kurz Link, wird die technische Vorgehensweise der Verweisung in Form eines Hypertextes (normalerweise im World Wide Web) bezeichnet.10 Links haben eine Hinweisfunktion auf Inhalte fremder Web seiten und ermöglichen zudem eine direkte Verbindungsmöglichkeit zu der entsprechenden Webseite.11 Als Besonderheit der Linkingtechnologie nimmt der Linksetzer mittels des Links selbst keine Vervielfältigung vor sondern nur der Nutzer, der den Link zum Aufrufen der Seite nutzt und dabei den hinter dem Link befindlichen Inhalt in dem Arbeitsspeicher seines Rechners (automatisch) speichert.12 Links bereiten daher nicht Inhalte der Ausgangswebseite für den Nutzer auf, sondern bieten vielmehr eine direkte Verbindungsmöglichkeit zu den entsprechenden Dritt-Seiten.13 Entsprechend des jeweils hinterlegten Inhalts wird im Allgemeinen zwischen (i) Surface-Links (hierzu nachfolgend aa), (ii) Deep-Links (hierzu nachfolgend bb) und (iii) Frames / Inline-Links (hierzu nachfolgend cc) unterschieden. aa) Surface-Link Surface-Links verweisen den Nutzer jeweils auf die Startseite des Internet auftritts eines anderen Anbieters.14 Für den jeweiligen Nutzer ist somit ohne weiteres erkennbar, dass er sich innerhalb einer anderen Internetpräsenz bewegt. Von dieser Seite aus kann im gesamten Angebot des unter dem Link erreichbaren Internetauftritts navigiert werden.
10 jurisPK-Internetrecht-Heckmann / Specht,
5. Aufl. 5. Aufl. 12 jurisPK-Internetrecht-Heckmann / Specht, 5. Aufl. 13 jurisPK-Internetrecht-Heckmann / Specht, 5. Aufl. 14 jurisPK-Internetrecht-Heckmann / Specht, 5. Aufl. 11 jurisPK-Internetrecht-Heckmann / Specht,
2017, 2017, 2017, 2017, 2017,
Kap. 3.1 Kap. 3.1 Kap. 3.1 Kap. 3.1 Kap. 3.1
Rn. 18. Rn. 18. Rn. 18. Rn. 18. Rn. 18.
34
B. Technische Einordnung und Grundbegrifflichkeiten
bb) Deep-Link Deep-Links unterscheiden sich von Surface-Links dadurch, dass keine Verweisung auf die Startseite der jeweiligen Internetpräsenz erfolgt, sondern auf eine untergeordnete Ebene dieser.15 Dabei kann nicht nur ein direkter Verweis auf eine untergeordnete Ebene erfolgen, sondern auch auf einen einzelnen Inhalt, der dann häufig in einem sog. Pop-up (also einem neuen, automatisch geöffneten Fenster) erscheint. cc) Frames / Inline-Link Im Rahmen der technischen Möglichkeiten der Frametechnologie kann der Betreiber einer Internetpräsenz das jeweilige Fenster in verschiedene, frei definierbare Segmente aufteilen. Mittels dieser Technik ist es möglich, mehrere Webseiten oder Inhalte innerhalb eines Fensters darzustellen, so dass der Betreiber in die Lage versetzt wird, Fotografien, Videos, Blogeinträge oder sonstige Inhalte in seine eigene Internetpräsenz zu integrieren, um so sein Angebot anzureichern.16 Großer Vorteil im Vergleich zum Upload ist, dass der Betreiber der Internetpräsenz den Inhalt nicht selbst zur Verfügung stellen muss, sondern sich des bestehenden Inhalts im Internet bedient. Die Verfügungsmacht erlangt er damit jedoch nicht.17 So wird die Adresse einer Datei hinterlegt und der Browser veranlasst, ein Bild oder ein Video von einem Server aufzurufen (ohne Zwischenspeicherung und außerhalb der Zugriffssphäre desjenigen, der die direkte Einbindung anweist18) und an einer vorher festgelegten Stelle auf der Webseite automatisch anzuzeigen.19 Technisch ist dies nichts anderes als eine besondere Form eines Deep-Link, der nur zugleich die Anweisung an den Browser beinhaltet, den Inhalt nach Möglichkeit von der fremden Quelle ausgehend (und ohne irgendeine weitere Zwischenstation beim Anweisenden) unmittelbar beim Rezipienten („inline“) wiederzugeben. Sofern externe Inhalte in die Internetpräsenz ohne besondere Kennzeichnung eingebettet werden, spricht man auch von „Embedded Content“.20
15 Haug,
Grundwissen Internetrecht, 3. Aufl. 2016, Abschn. 4.6.1.1 Rn. 384. Praxishandbuch Social Media und Recht, 4. Aufl. 2017, S. 35; Reitnauer, MDR 2015, 252. 17 Reitnauer, MDR 2015, 252. 18 Siehe zum Begriff des „Embedded Content“ überblicksartig: Wandtke / Bullin ger-Bullinger, PraxKo Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 19a Rn. 29. 19 Ott, ZUM 2008, 556, 557. 20 Hilgert / Greth, Urheberrechtsverletzungen im Internet, 1. Aufl. 2014, S. 85 Rn. 327. 16 Ulbricht,
II. Technische Begrifflichkeiten35
b) Upload Beim Upload wird ein Inhalt vom eigenen Rechner in Form einer Datei auf den Server des Webseitenbetreibers hochgeladen und verbleibt auf diesem.21 Auch wenn der Nutzer im Besitz einer entsprechenden Datei ist, ist dies nicht mit einer allgemeinen Rechtsmäßigkeit des Uploads gleichbedeutend. Ob der Upload rechtmäßig oder rechtswidrig erfolgt ist, ist wiederum eine Rechtsfrage. 2. Die verschiedenen Formen der Plattformbetreiber als sog. Provider Der Terminologie des TMG folgend ist zwischen Access-, Host- und Content-Providern zu unterscheiden. a) Access-Provider Wie sich bereits aus der Bezeichnung als Access-Provider ergibt, eröffnet dieser die Möglichkeit zur Einwahl in das Internet und stellt die notwendige technische Einbettung im Rahmen der Protokollfunktionen, also IP-Adresse und Routing, zur Verfügung, um so für den Verbindungsaufbau zum Internet zu sorgen.22 Der Access-Provider stellt somit die Infrastruktur zur Verfügung, um ins Internet zu gelangen und übernimmt auch Dokumentationsfunktionen (bspw. über die jeweils individualisierte IP-Adresse). Er ist im Gesamtgefüge der Internetnutzung mittels eines technischen Zugangs für die Herstellung einer unmittelbaren Verbindung zwischen dem Nutzer und dem Dienstanbieter verantwortlich.23 Der Access-Provider beherrscht nur die Telekommunikationsverbindungen, nimmt aber keine aktive Rolle ein, indem er auf die im Internet bereitgestellten Inhalte Einfluss nimmt.24 b) Host-Provider Die Tätigkeit des Host-Providers setzt zeitlich und technisch nachgelagert zur Tätigkeit des Access-Providers an. Host-Provider stellen dem Nutzer in21 Hoeren / Sieber / Holznagel-Ernst, Multimedia-Recht, 45. EL Juli 2017, Teil 7.1 Rn. 55. 22 Wien, Internetrecht, 3. Aufl. 2012, S. 3. 23 Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im Netz, 2012, S. 111. 24 Spindler / Schuster-Spindler / Volkmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 1004 Rn. 33.
36
B. Technische Einordnung und Grundbegrifflichkeiten
ternetbasierte Ressourcen zur Verfügung, auf die der Nutzer im Rahmen der Bereitstellung seiner Internetpräsenz jeweils zurückgreifen kann.25 Damit ermöglicht er diesen – zum Zwecke der Sicherstellung, dass Inhalte ständig präsent und abrufbar sind – den Zugriff auf das Netzwerk.26 Durch die Tätigkeit des Host-Providers wird der technische Rahmen für die Funktionsfähigkeit der hier zu diskutierenden Plattformen geschaffen, so dass von dem Host-Provider zumindest eine technische Beeinflussung im Gesamtgefüge der Zurverfügungstellung von Inhalten im Internet ausgeht.27 Da vom HostProvider regelmäßig keine aktive Handlung hinsichtlich einer eigenständigen Veröffentlichung, ist seine Einordnung in rechtlicher Hinsicht bezüglich seiner eigenen Verantwortlichkeit besonders problembehaftet. c) Content-Provider Content-Provider halten im Internet eigene Inhalte bereit,28 indem sie diese anbieten oder den Zugang zu fremden Inhalten vermitteln.29 Regelmäßig werden hierbei Inhalte unter Zuhilfenahme eigener oder fremder technischer Einrichtungen gespeichert und eröffnen damit die Möglichkeit der Nutzung oder des Abrufs.30 Sofern dieser sich dabei der Nutzung fremder technischer Speicherkapazitäten bedient, ist für die Einstufung als Content-Provider allerdings entscheidend, dass dieser dennoch entscheidend Einfluss auf die Inhalte nehmen kann.31 Die Bandbreite der Anbietenden kann vom Unternehmer reichen, der seine Waren per Internetauftritt bewirbt, bis hin zur Privatperson, die beispielweise Reiseerfahrungen teilen möchten.
25 Wien,
Internetrecht, 3. Aufl. 2012, S. 3. Die Ausgestaltung von Prüfungspflichten für Host-Provider bei Urheberrechtsverletzungen an audiovisuellen Medien im Internet, 2015, S. 12; JurisPKInternetrecht-Roggenkamp / Stadler, 5. Aufl. 2017, Kapitel 10 Rn. 61. 27 Pantze, Die Ausgestaltung von Prüfungspflichten für Host-Provider bei Urheberrechtsverletzungen an audiovisuellen Medien im Internet, 2015, S. 12. 28 JurisPK-Internetrecht-Roggenkamp / Stadler, 5. Aufl. 2017, Kapitel 10 Rn. 62. 29 Kröger / Gimmy-Gottschalk, Handbuch zum Internetrecht, 2. Aufl. 2012, S. 245 f. 30 Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im Netz, 2012, S. 110; Manssen-Billmeier, Telekommunikations- und Multimediarecht (Band 2), 24. Ergänzungsl. 2009, § 7 TMG Rn. 39. 31 Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im Netz, 2012, S. 110; Sieber, JZ 1996, 429, 434. 26 Pantze,
C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames unter Beachtung des urheberrechtlichen Werkschutzes Unter Bezugnahme auf den Rechtsrahmen des urheberrechtlichen Werkschutzes soll im Folgenden die Frage erörtert werden, inwieweit eine Verantwortlichkeit von Nutzern für rechtswidrig gesetzte Frames unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Wiedergabe besteht. Lange Zeit war dabei final ungeklärt, ob im Anwendungsbereich des § 97 UrhG grundsätzlich eine Haftung desjenigen besteht, der einen Frame setzt.1 In kürzester Zeit hatten sich mehrere Gerichtsentscheidungen der Obergerichte auf nationaler und europäischer Ebene mit der entsprechenden Frage auseinander zu setzen, so dass nunmehr von einer gesicherten, wenn auch nicht immer stringenten und unumstrittenen Ansicht in der Rechtsprechung ausgegangen werden kann. Dabei wurden nach und nach – sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene – Feinjustierungen bei der Auslegung des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe vorgenommen. Diese Entwicklung mit entsprechender abschließender Bewertung, nebst einer kurzen Auseinandersetzung mit der Adaption der entwickelten Grundsätze durch die unterinstanzlichen Gerichte, insbesondere hinsichtlich der genauen Auslegung des Begriffs der Gewinnerzielungsabsicht, der in der zuletzt ergangenen Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „GS Media“2 Eingang in die Diskussion gefunden hat, soll im nachfolgenden Abschnitt II. beleuchtet werden. Als Gegenpol sollen die abweichenden Positionen in der Literatur in Abschnitt III. dargestellt werden, die sodann in Abschnitt IV. in Bezug zur Linie der Rechtsprechung gesetzt werden, um so den zugrunde zu legenden status quo nach kritischer Würdigung festzulegen. Zunächst soll in Abschnitt I. allerdings nach Maßgabe der soeben dargestellten urheberrechtlichen Grundsätze erörtert werden, ob durch das Setzen eines Frames ein eigener Werkschutz zugunsten des Framesetzers entsteht.
1 Schneider, Framing – ein fehlender Rechtsrahmen in der Informationsgesellschaft in: Specht / Lauber-Rönsberg / Becker, Medienrecht im Medienumbruch, 2016, 149, 156. 2 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152 – GS Media.
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C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
I. Urheberrechte an nutzergenerierten Inhalten bei Setzen eines Frames Möglicherweise könnte bei Setzen eines Frames von einer schöpferischen Leistung ausgegangen werden, die ein eigenständiges Urheberrecht des Framesetzers nach sich zieht und dieser somit lediglich seine eigenen Rechte durch Veröffentlichung verwertet. Sollte dies der Fall sein, so wäre die gesamte Diskussion der Rechtsverletzung durch Framing obsolet, da der Framesetzer Rechteinhaber wäre und somit nicht als Verletzer nach § 97 UrhG in Anspruch genommen werden könnte. Generell ist das Urheberrecht strikt mit dem jeweiligen Schöpfungsvorgang verknüpft, so dass der Schutz des Urhebers mit Vollendung seiner schöpferischen Tätigkeit eo ipso und ohne weitere Maßnahmen oder Mitwirkungshandlungen des Urhebers entsteht.3 Aus § 7 UrhG ergibt sich wiederum, dass der Schöpfer als Urheber des Werks angesehen wird und damit das Urheberrecht an dieser Schöpfung beanspruchen kann (sog. Schöpferprinzip).4 Als Schöpfer ist dabei diejenige natürliche Person anzusehen, die die zur Entstehung des Werks notwendigen Handlungen vorgenommen hat, es also geschaffen hat.5 Im Unterschied zu den gewerblichen Schutzrechten entsteht das Urheberrecht formfrei, insbesondere bedarf es keiner schriftlichen oder anderweitigen Fixierung. Dabei spielt es für den entsprechenden Schutz des Urheberrechts auch keine Rolle, ob und wann ein Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.6 Vielmehr reicht es aus, wenn das Werk unmittelbar erschaffen wurde, der Schöpfungsakt somit vollendet wurde. Da die Werkschöpfung im rechtstechnischen Sinne einen Realakt darstellt, setzt dies auch keinen auf die Entstehung des Urheberrechts gerichteten Willen des Schöpfers voraus.7 Auch der Inhalt des Werks ist für das Entstehen des Urheberrechts nicht entscheidend, wenn die Grenze der Banalität überschritten ist. Da für die urheberrechtliche Schutzfähigkeit von nutzergenerierten Inhalten (inklusive Frames), die Maßstäbe des § 2 UrhG gelten, wäre eine geistige persönliche Schöpfung notwendig.8 Dabei kann diese zwar schon in der Gliederung, der Art und Weise der Darstellung, einer bestimmten Kombina3 Der Urheber muss beispielsweise kein Registrierungsverfahren – wie aus dem Patentrecht bekannt – durchlaufen; vgl. hierzu: Dreier / Schulze-Schulze, Urheberrechtsgesetz, 5. Aufl. 2015, § 2 Rn. 245 f. 4 Lutz, Grundriss des Urheberrechts, 2. Aufl. 2013, Rn. 160. 5 Dreyer / Kothoff / Meckel-Dreyer, Urheberrecht, 3. Aufl. 2012, § 7 Rn. 1. 6 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 8. Aufl. 2017, Rn. 259. 7 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 8. Aufl. 2017, Rn. 252. 8 Reinemann / Remmertz, ZUM 2012, 216, 217.
II. Entwicklung der Verantwortlichkeit in der Rechtsprechung39
tion von Informationen oder in gestalterischen Elementen zum Ausdruck kommen.9 Schutzfähigkeit setzt jedoch eine gewisse Individualität des Frames voraus, so dass ein banaler und alltäglicher Beitrag nicht hierunter subsumierbar ist.10 Rein technisch-funktional geprägte Formen der Werkteilung, wie beispielsweise im Rahmen der Framingtechnologie, sind daher vom Schutz des Urheberrechts ausgenommen.11 Denn im Regelfall bettet der Framesetzer ein fremdes Werk lediglich in seinen eigenen Internetauftritt ein ohne dieses zu verändern. Die Schwelle einer Werkschöpfung ist dann nicht überschritten. Für den Framesetzer entsteht also im Regelfall durch die bloße Einbettung kein Urheberrecht in seiner Person; die Rechteinhaberschaft des Grundwerks verbleibt beim ursprünglichen Werkschaffenden.
II. Die Entwicklung der Verantwortlichkeit bei Frames in der Rechtsprechung des BGH und des EuGH Auf Grundlage der soeben beschriebenen Situation, dass das Setzen eines Frames in aller Regelmäßigkeit keine eigene schöpferische Leistung nach sich zieht, stellt sich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wiederholt die Frage der Einordnung und Behandlung von Links und Frames, im Besonderen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verwertungsrechten. Ausgangspunkt stellt dabei die Entscheidung in Sachen „Paperboy“12 des BGH dar, die im Grundsatz die Zulässigkeit einer Verlinkung wegen deren ausschließlich ordnender Funktion statuierte. Eine weitere Justierung dieser Rechtsprechung erfolgte in den letzten Jahren zum einen durch die Entscheidungstrias des EuGH in den Rechtssachen „Svensson“13, „BestWater“14 und „GS Media“15, zum anderen aber auch durch die Entscheidung des BGH in Sachen „Die Realität II“16. Die Entwicklung soll im Folgenden dargestellt und dann in bewertender Art und Weise in einem allgemeingültigen, konso9 Dreier / Leistner,
GRUR 2013, 881, 882. Medienrecht, 2. Aufl. 2016, S. 193 Rn. 473; Reinemann / Remmertz, ZUM 2012, 216, 217. 11 Dreier / Leistner, GRUR 2013, 881, 882. 12 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958– Paperboy. 13 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 360 – Svensson 14 EuGH, Beschluss v. 21.10.2014 – C-348 / 13, ECLI:EU:C:2014:2315 = MMR 2015, 46 – BestWater. 15 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152 – GS Media. 16 BGH, Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171 – Die Realität II. 10 Beater,
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C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
lidierten Ansatz zusammengefasst werden. Ebenso wird auf die aufkommende Kritik in der deutschen Justiz, insbesondere des BGH und des LG Hamburg eingegangen. Zunächst soll allerdings noch einmal in der gebotenen Knappheit der dogmatische Rahmen für die Darstellung der Entwicklung hinsichtlich des Begriffs der öffentlichen Zugänglichmachung abgesteckt werden. 1. Dogmatische Grundlagen des Begriffs der öffentlichen Zugänglichmachung als Ausgangspunkt der Rechtsprechung Obwohl das Gesetz eine Legaldefinition der öffentlichen Zugänglichmachung in § 19a UrhG enthält, war und ist der Begriff aufgrund der Unbestimmtheit und dem damit verbundenen Interpretationsspielraum auslegungsbedürftig. Dabei erweist sich der Wortlaut der Norm zur Bestimmung der Reichweite des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung als wenig ergiebig.17 Zurückzugreifen ist primär auf die Legaldefinition des § 15 Abs. 3 UrhG auch wenn diese eo ipso für die öffentliche Wiedergabe nach § 15 Abs. 2 UrhG keine Gültigkeit beansprucht.18 Wie sich aus § 15 Abs. 3 UrhG ergibt, ist eine Wiedergabe und damit auch ein Zugänglichmachen im Grundsatz öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist, wobei zur Öffentlichkeit jeder gehört, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.19 Mithin ist die Zugänglichmachung als die Bereithaltung des Werkes zum interaktiven Abruf durch Dritte zu verstehen.20 Nach weit überwiegender Auffassung umfasst die Zugänglichmachung außerdem die Übermittlung des Werks auf Abruf des Nutzers, so dass sich die Zugänglichmachung in die zwei Komponenten des Bereithaltungsrechts und der Abrufübertragung aufgliedern lässt.21 Diese Zweistufigkeit der Zugänglichmachung erscheint vor 17 Vgl. insoweit zur teleologischen Herleitung: Schricker / Loewenheim-v. UngernSternberg, Urheberrecht, 5.Aufl. 2017 § 19a Rn. 58. 18 Spindler / Schuster-Wiebe, Recht der elektronischen Medien 3. Aufl. 2015, § 19a Rn. 3. 19 Rehbinder / Peukert, Urheberrecht, 17. Aufl. 2015, Rn. 442. 20 Schricker / Loewenheim-v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 19a Rn. 57. 21 Vgl. statt vieler: Dreier / Schulze-Dreier, Urheberrechtsgesetz, 5. Aufl. 2015, § 19a Rn. 1; a. A. Schricker / Loewenheim-v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, 5 Aufl. 2017, § 19a Rn. 57 m. w. N.: nur das Bereithalten zum Abruf als Fall des § 19a UrhG,
II. Entwicklung der Verantwortlichkeit in der Rechtsprechung41
dem Hintergrund der technischen Wirklichkeit auch überzeugend, denn nur so kann die Position des Urhebers in ausreichendem Maße gestärkt werden. Der gesetzgeberischen Intention entsprechend wird der Urheber durch die Einbeziehung der Bereitstellung von dem schwer zu führenden Beweis des tatsächlichen Abrufs befreit, der Schutz jedoch zugleich nicht durch die Bezugnahme auf die einzelnen Übermittlungsvorgänge geschmälert.22 Dieses Verständnis wird nicht zuletzt auch durch die europarechtlichen Vorgaben gestützt. Eine entsprechende Auslegung ergibt sich zwar nicht aus dem Richtlinientext selbst, lässt sich jedoch aus Erwägungsgrund 25 der Richtlinie herleiten, in dem es heißt: „Es sollte klargestellt werden, dass alle durch diese Richtlinie anerkannten Rechtsinhaber das ausschließliche Recht haben sollten, urheberrechtlich geschützte Werke und sonstige Schutzgegenstände im Wege der interaktiven Übertragung auf Abruf für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“ Die richtlinienkonforme Auslegung erfordert daher auch die Zweistufigkeit bei der Anwendung nationaler Normen.23 Unter quantitativen Gesichtspunkten setzt die Regelung des § 15 Abs. 3 UrhG an der Begrifflichkeit der Mehrzahl an.24 Unabhängig von der genauen Zahl muss eine Bestimmung der Wiedergabe bzw. der Zugänglichmachung erfolgen. Entscheidend ist die objektive Bestimmung für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit, nicht hingegen der subjektive Wille des Mitteilenden, dahingehend wer mit der Veröffentlichung erreicht werden soll.25 Ergibt sich die Öffentlichkeit dagegen nur zufällig, so ist die Wiedergabe nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.26 Insbesondere wird man eine relevante Öffentlichkeit nicht annehmen können, wenn die Zielgruppe üblicherweise eine Gesamtheit von Personen bildet, deren Zusammensetzung weitgehend stabil, der Kreis der gleichzeitig anwesenden Personen im AllgeAbruf und Übertragung hingegen unbenanntes Verwertungsrecht nach § 15 Abs. 2. UrhG. 22 Amtliche Begründung, BT-Drs. 15 / 38, S. 17 f. 23 Poll, GRUR 2007, 476, 479. 24 Nicht final geklärt ist, ab welchem Schwellenwert eine Mehrzahl vorliegt. Nach Ansicht des BGH liegt eine Mehrzahl schon ab wenigen Personen vor, vgl. BGH, Urteil v. 22.4.2009 – I ZR 216 / 06, GRUR 2009, 845, 848 – Internet Videorecorder. In der Literatur wird dagegen als Extremposition vertreten, dass diese Schwelle bereits ab zwei Personen überschritten sein soll, vgl. stellvertretend: Dreier / SchulzeSchulze, Urheberrechtsgesetz, 5. Aufl. 2015, § 15 Rn. 40; Wandtke / Bullinger-Heerma, PraxKo Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 15 U Rn. 19. Letzter Ansicht ist dabei zugute zu halten, dass sie mit versammlungsrechtlichen Grundsätzen vereinbar ist, da auch hier zwei Personen nach h. M. bereits für eine Versammlung ausreichen, vgl.: Gröpl / Leinenbach, JA 2018, 8 m. w. N. 25 Fromm / Nordemann-Dustmann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 15 Rn. 32. 26 Dreier / Schulze-Schulze, Urheberrechtsgesetz, 5. Aufl. 2015, § 15 Rn. 46.
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C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
meinen sehr begrenzt ist und sie sich in der Anwesenheit lediglich abwechseln.27 Schwierigkeiten ergeben sich bei der tatsächlichen Frage nach dem Nichtvorliegen einer persönlichen Verbindung, d. h. ob qualitativ ein enger persönlicher Kontakt zwischen dem Verwerter und den Teilnehmern bzw. zwischen diesen untereinander besteht. Dabei ist der Begriff der persönlichen Verbundenheit nicht eng im Sinne nur familiärer oder freundschaftlicher Beziehungen zu verstehen.28 Entscheidend wird auf den engen gegenseitigen Kontakt abgestellt, der bei den Beteiligten das Bewusstsein hervorruft, persönlich miteinander verbunden zu sein.29 In jedem Fall muss die Beziehung zum Veröffentlichenden so stark ausgeprägt sein, dass damit ein Bewusstsein der Verbundenheit aller Adressaten untereinander einhergehen muss.30 Daneben zeichnet sich eine Tendenz ab, dass in Zukunft ein etwaiger Erwerbszweck mit in die Bewertung einfließen wird.31 Der Erwerbszweck ist allerdings keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer öffent lichen Wiedergabe. Er kann für die Einstufung einer Weiterverbreitung als Wiedergabe auch unerheblich sein.32 2. Die Entscheidung in Sachen „Paperboy“ als Ausgangspunkt in der Rechtsprechung des BGH a) Sachverhalt Die Klägerin war ein Verlagshaus, unter dessen Ägide sowohl die Zeitung „Handelsblatt“ als auch die Zeitschrift „DM“ erschienen. Ausgewählte Artikel wurden auch über das Internetinformationsangebot des Verlagshauses zur Verfügung gestellt. Die Beklagte bot im Internet unter der Adresse „www.paperboy.de“ einen Suchdienst für tagesaktuelle Nachrichten, insb. Zeitungsnachrichten, an. Der Suchdienst wertete nicht nur den Internetauftritt von mehreren hundert Nachrichtenanbietern aus, sondern identifizierte anhand der vom Nutzer vorgege27 BGH, Urteil v. 18.6.2015 – I ZR 14 / 14, GRUR 2016, 278, 283 Rn. 46 – Zahnarztpraxis. 28 BeckOK-Kroitzsch / Götting, Urheberrecht, 18. Edition, Stand: 1.11.2017, § 15 Rn. 25. 29 BGH, Urteil v. 12.7.1974 – I ZR 68 / 73, GRUR 1975, 33, 34 – Alterswohnheim. 30 BGH, Urteil v. 12.7.1974 – I ZR 68 / 73, GRUR 1975, 33, 34 – Alterswohnheim. 31 Zuletzt: EuGH, Urteil v. 15.3.2012 – C-135 / 10, ECLI:EU:C:2012:140 = GRUR 2012, 593, 596 Rn. 88 – SCF / Del Corso; BGH, Urteil v. 18.6.2015 – I ZR 14 / 14, GRUR 2016, 278, 281 Rn. 37 f. – Zahnarztpraxis. 32 Nordemann, GRUR 2016, 245, 247.
II. Entwicklung der Verantwortlichkeit in der Rechtsprechung43
benen Suchkriterien entsprechende Veröffentlichungen in Form einer tagesaktuellen Auflistung. Jeweils in der ersten Zeile der Suchergebnisse war die Quelle als ein Hyperlink (elektronischer Verweis) angegeben, über den der Nutzer die Veröffentlichung aufrufen konnte. Das Anklicken des Links führte den Nutzer allerdings nicht auf die Startseite der Webseite der Klägerin, sondern als Deep-Link vorbei an etwaigen Werbeeintragungen der Startseite auf die tieferliegende Webseite, auf der sich das Angebot befand. Nach Klägeransicht seien durch das Angebot der Beklagten ihre Rechte an dem Onlineangebot von „Handelsblatt“ und „DM“ verletzt, da auch die im Internetangebot zur Verfügung gestellten Artikel urheberrechtlich schutzfähige Werke sowie Teile von nach § 87a UrhG geschützten Datenbanken gewesen seien. Voraussetzung für ein Einverständnis mit der Nutzung der zugänglichen Datenbanken sei die Verwendung der dazu von ihr selbst eingerichteten Suchmaschinen gewesen. Zudem sei die Übermittlung von Teilen einzelner Artikel an den Nutzer des Suchdienstes ebenso rechtswidrig wie die Ermöglichung des unmittelbaren Aufrufs des Volltexts der Artikel durch Links gewesen. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Nach Ansicht des Gerichts lag zwar keine Urheberrechtsverletzung vor, wohl aber ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des sittenwidrigen Ausnutzens eines fremden Arbeitsergebnisses. Das Oberlandesgericht hatte auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert, die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.33 Gegen dieses Urteil wendete sich die Klägerin mit ihrer Revision.34 b) Auswirkung der Entscheidung Mit der Entscheidung in Sachen „Paperboy“ hatte der BGH, trotz Unzulässigkeit der Klage, erstmals die Gelegenheit, sich zu der in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Frage der Verletzung von Urheberrechten durch Links (vorliegend Deep-Links) zu äußern. Im Grundsatz bejahte die Entscheidung eine Zulässigkeit des Linkings, da weder in das Vervielfältigungsrecht des Urhebers nach § 16 UrhG noch in dessen Verwertungsrecht nach § 15 UrhG a. F. eingegriffen werde, der Linksetzer vielmehr den Zugriff auf ein Werk erleichtere.35 Es sollte damit auf eine rein nach technischen Gege33 OLG
Köln, Urteil v. 27.10.2000 – 6 U 71 / 00, GRUR-RR 2001, 97. zum Sachverhalt in seiner Gesamtheit: BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958 ff. – Paperboy. 35 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958 Ls. 2 und 5 – Paperboy. 34 Vgl.
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C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
benheiten orientierte Abgrenzung abzustellen sein.36 Dies gelte aber nur für den Fall, dass die Inhalte bereits offen zugänglich gemacht worden waren. Wie der Fall zu behandeln gewesen wäre, wenn der Inhalt durch technische Schutzmaßnahmen gesichert gewesen wäre und sodann unter Umgehung dieses Schutzmechanismuses eine Verlinkung erfolgt wäre, wurde bewusst offengelassen.37 Ebenso wenig äußerte sich der BGH zu der Frage, wie die Framingtechnologie zu behandeln sei.38 Der BGH sah es nicht als problematisch für den Betreiber der Internetpräsenz an, dass die Startseite, auf der sich regelmäßig zu Kommerzialisierungszwecken Werbung befindet, umgangen wird.39 Die finanziellen Verluste des Betreibers der Internetpräsenz die potenziell mit Deep-Links einhergehen, da sich der Werbewert nach Anzahl der Aufrufe der Webseite richtet, blieben unberücksichtigt.40 aa) Verletzung des Vervielfältigungsrechts Im Hinblick auf eine Vervielfältigungshandlung führte das Gericht zunächst aus, dass das Setzen eines Links zu einer Datei auf einer fremden Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk keine Verletzung des Vervielfältigungsrechts indiziere.41 Ein Link stelle lediglich eine elektronische Verknüpfung dar, die erst zu einer urheberrechtlichen Verletzungshandlung in Form einer relevanten Vervielfältigung – im Bereich des Nutzers – führen kann, wenn der Nutzer den Link anklickt, um diese Datei abzurufen.42 Dies führe im Ergebnis dazu, dass „ein Berechtigter, der ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne technische Schutzmaßnahmen im Internet öffentlich zugänglich macht, dadurch bereits selbst die Nutzungen ermöglicht, die ein Abrufender vornehmen kann. Es wird deshalb grundsätzlich kein urheberrechtlicher Störungszustand geschaffen, wenn der Zugang zu dem Werk durch 36 Ott, ZUM 2008, 556, 559, der im Zuge dessen die Unterschiede zwischen „server test“, also rein technischer Einordnung, und „incorporation test“, einen am Inhalt orientieren Ansatz, rechtsvergleichend darstellt. 37 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958, 961 – Paperboy. 38 Vgl.: Ott, ZUM 2004, 357, 367, der bereits zu diesem Zeitpunkt die erhöhte Gefahr der Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts durch Frames hervorhebt. 39 Haug, Grundwissen Internetrecht, 3. Aufl. 2016, Abschn. 4.6.1.1 Rn. 386. 40 Haug, Grundwissen Internetrecht, 3. Aufl. 2016, Abschn. 4.6.1.1 Rn. 386; Köhler / Fetzer, Recht des Internet, 8. Aufl. 2016, Rn. 630. 41 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958 Ls. 2 – Paperboy. 42 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958, 961 – Paperboy.
II. Entwicklung der Verantwortlichkeit in der Rechtsprechung45
das Setzen von Hyperlinks (auch in der Form von Deep-Links) erleichtert wird.“43 bb) Verletzung der Verwertungsrechte Daneben – und für den weiteren Fortgang der Darstellung von weitaus entscheidenderer Bedeutung – vertrat der BGH im Hinblick auf die Einordnung als Verwertungshandlung im Sinne des § 15 UrhG, dass „durch das Setzen eines Hyperlinks auf eine vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachte Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk, in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werks nicht eingegriffen wird.“44 Zwar stehe dem Urheber grundsätzlich das ausschließliche Recht zu, eine Entscheidung hinsichtlich der Veröffentlichung und Zugänglichmachung zu treffen; wer jedoch lediglich einen Hyperlink auf ein frei zugängliches, urheberrechtlich geschütztes Werk setze, begehe damit keine urheberrechtliche Nutzungshandlung, da der Verlinkende weder selbst das geschützte Werk zum Abruf bereithalte noch dieses auf Abruf eines Dritten übermittele.45 Der Verlinkende erleichtere den Nutzern den bereits eröffneten Zugang qua Verweis.46 Alleiniger Herr über das Ob und den Umfang der Zugänglichmachung bleibe derjenige, der die Veröffentlichung vorgenommen hatte: sollte dieser die Datei löschen, so geht der Verweis des Verlinkenden ins Leere.47 Zur Begründung wurde dabei der Vergleich zu einer Fußnote herangezogen, da diese – wie auch ein Hyperlink – lediglich das Auffinden von Inhalten erleichtere.48
43 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958 Ls. 3 – Paperboy. 44 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958 Ls. 5 – Paperboy. 45 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958, 962 – Paperboy; Fuchs / Farkas, ZUM 2015, 110, 112. 46 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958, 962 – Paperboy. 47 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958, 962 – Paperboy. 48 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958, 962 – Paperboy.
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C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
3. Neuerungen hinsichtlich des Verständnisses der Begrifflichkeiten Öffentlichkeit und Wiedergabe durch die Rechtssache „Svensson“ Erstmalig hatte sich der EuGH in der Rechtssache „Svensson“ zu der rechtlichen Behandlung von Links und deren Einordnung als öffentliche Wiedergabe geäußert. a) Sachverhalt Das Vorabentscheidungsersuchen betraf die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-Richtlinie ihm Rahmen der Frage der Gewährung einer Entschädigung als Ausgleich für entstandene Schäden durch anklickbare Links auf der Internetseite der Beklagten, die auf Presseartikel verwiesen, an denen den Klägern das Urheberrecht nach eigenem Sachvortrag zustand. Die streitgegenständlichen Presseartikel wurden sowohl in der Printfassung der Zeitung Göteborgs-Posten als auch auf deren Internetpräsenz veröffentlicht. Die Beklagte betrieb eine Internetseite, innerhalb derer anklickbare Links zu auf anderen Internetseiten veröffentlichten Artikeln katalogisiert wurden, so dass dem Nutzer das Auffinden der entsprechenden Artikel erleichtert wurde. Unstreitig war zwischen den Parteien, dass diese Artikel auf der Seite der Zeitung Göteborgs-Posten frei zugänglich waren. Divergierende Ansichten existierten dagegen bei der Frage, wie der durch die Beklagte gesetzte Hyperlink einzuordnen sei. Die Kläger stellten sich auf den Standpunkt, dass die Weiterleitung auf eine andere Webseite, auf der sich dann das entsprechende Werk befand, für den jeweiligen Nutzer nicht klar zu erkennen gewesen sei. Für die Beklagte dagegen war die Verweisung auf eine andere Webseite klar erkennbar. Nach erstinstanzlicher Klageabweisung machte die Klägerin im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens geltend, dass die Beklagte ihren Kunden durch die internetbasierten Dienstleistungen Zugang zu ihren Werken verschafft und damit das ausschließliche Recht, ihre jeweiligen Werke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, verletzt habe. Die Beklagte trat dieser Auffassung jedoch mit der Argumentation entgegen, dass die Katalogisierung und Bereitstellung von Internetlinks zu Werken, die auf anderen Internetseiten öffentlich wiedergegeben würden, mangels eigener Wiedergabehandlung keine urheberrechtlich relevante Handlung darstelle. Vielmehr habe sie die Nutzer ihrer Seite ausschließlich auf die Internetpräsenz, auf der das Werk zu finden gewesen sei, verwiesen.
II. Entwicklung der Verantwortlichkeit in der Rechtsprechung47
Unter diesen Umständen beschloss das Rechtsmittelgericht die Aussetzung des Verfahrens und die Anstrengung eines Vorabentscheidungsverfahren zur Frage der Reichweite der öffentlichen Wiedergabe beim EuGH.49 b) Auswirkung der Entscheidung Das Vorlageverfahren gab dem EuGH erstmalig die Möglichkeit sich zu der Frage zu äußern, ob das Setzen eines direkt verwendbaren Links durch Anklicken auf einer Internetseite zu einem urheberrechtlich geschützten Werk durch eine andere Person als den Rechteinhaber als eine (erneute) öffentliche Wiedergabe anzusehen ist. Im Ergebnis stellten sich der Gerichtshof – wie schon der BGH zuvor in Sachen „Paperboy“ – auf den Standpunkt, dass eine entsprechende Verlinkung zu Werken, die auf einer anderen Webseite frei zugänglich – also ohne Schutzmechanismus – sind, keine öffentliche Wiedergabe darstelle und somit auch nicht als urheberrechtsrelevante Verletzungshandlung gewertet werden dürfe.50 Nur durch eine solche Auslegung würde die Funktionsweise des Internets nicht erheblich beeinträchtigt, womit ansonsten die Gefahr verbunden wäre, dass dem Ziel der Förderung der Entwicklung der Informationsgesellschaft in Europa entgegengewirkt werden würde.51 Unter Rückgriff auf die Entscheidungsgrundsätze der Rechtssache „ITV Broadcasting“52 setzte sich der EuGH mit den beiden Tatbestandsmerkmalen der Öffentlichkeit und der Wiedergabe auseinander und beleuchtete diese im Lichte von Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-Richtlinie. Nur andeutungsweise hinterfragte der EuGH, wie sich die Verlinkung auf rechtswidrig ins Internet gelangte Inhalte auswirken würde.53 aa) Wiedergabevorgang Zum Tatbestandsmerkmal der Wiedergabe fielen die Erläuterungen der Entscheidung knapp aus. Der Gerichtshof betonte erneut54, dass der Begriff 49 Vgl. zum Sachverhalt in seiner Gesamtheit: EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 360 ff. – Svensson. 50 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 360 Ls. 1 – Svensson; Dietrich, NJ 2017, 1, 3. 51 So auch unter Bezugnahme auf die Rechtssache Svensson: EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Whatelet v. 7.4.2016, ECLI:EU:C:2016:221 = GRUR-Prax 2016, 174. 52 EuGH, Urteil v. 7.3.2013 – C-607 / 11, ECLI:EU:C:2013:147 = GRUR 2013, 500, Rn. 21 u. 31 – ITV Broadcasting. 53 Grünberger, ZUM 2016, 905. 54 So bereits: EuGH, Urteil v. 4.10.2011 – C-403, 429 / 08, ECLI:EU:C:2011:631 = GRUR 2012, 156, 165 Rn. 193 – Football Association Premier League.
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der Wiedergabe aufgrund des damit verbundenen hohen Schutzniveaus weit auszulegen sei.55 Aus der Bereitstellung von anklickbaren Links als Zugangserleichterung zu geschützten Werken folge eine Zugänglichmachung und folglich eine Einstufung als Handlung der Wiedergabe im Sinne der InfoSocRichtlinie.56 Dabei sei vornehmlich zu berücksichtigen, dass den Nutzern so der direkte Zugang zu den jeweiligen Inhalten vermittelt werde (auch wenn diese nicht zwingend davon Gebrauch machten), was nach Art. 3 Abs. 1 Info Soc-Richtlinie gerade entscheidendes Kriterium sei.57 bb) Öffentlichkeitsbegriff Eine eingehendere Auseinandersetzung erfolgte dagegen mit dem Begriff der Öffentlichkeit. Wiederum ausgehend von Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-Richtlinie und damit von der Prämisse, dass hiermit eine unbestimmte, recht große Zahl potenzieller Adressaten gemeint ist,58 bejahte der EuGH hier das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit im Grundsatz.59 Entgegen der bisherigen Praxis60 untersuchte der Gerichtshof den aufgeworfenen Sachverhalt erweiternd unter dem Gesichtspunkt, ob mit der Wiedergabe auch ein neues Publikum erreicht werde. Dabei stellte sich das Gericht zunächst auf den Standpunkt, dass das Setzen eines Hyperlinks an die Nutzer der eigenen Webseite gerichtet sei und damit im Grundsatz öffentlich erfolge; allerdings geschehe dies im Rahmen des selben technischen Verfahrens wie die ursprüngliche Zugänglichmachung, da sowohl die Ausgangswiedergabe als auch die Verlinkung im Internet erfolgt sei.61 Da die (Erst-)Veröffentlichung vorliegend unbeschränkt und für alle Internetnutzer vorgenommen worden sei, werde wegen der allgemeinen Verfügbarkeit durch das nachträgliche Setzen eines Links keine neue Öffentlichkeit er-
55 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 361 Rn. 17 – Svensson. 56 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 361 Rn. 21 – Svensson. 57 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 361 Rn. 18 f. – Svensson. 58 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014 360, 361 Rn. 21 – Svensson. 59 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 360, 361 Rn. 23 – Svensson. 60 EuGH, Urteil v. 7.3.2013 – C-607 / 11, ECLI:EU:C:2013:147 = GRUR 2013, 500, Rn. 34 – ITV Broadcasting. 61 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 361 Rn. 24 – Svensson.
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reicht.62 Dies gelte allerdings nur wenn die öffentliche Wiedergabe des Werks grundsätzlich von einer Erlaubnis des Rechteinhabers gedeckt war.63 Eine Genehmigung jeder einzelnen Verlinkung sei in diesem Fall nicht mehr notwendig.64 Anders verhalte es sich nur im Falle von umgangenen beschränkenden Maßnahmen: Sofern Personen durch Schutzvorrichtungen vom Zugang ausgeschlossen worden seien, seien diese als neues Publikum anzusehen, mit der Folge des Vorliegens einer öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-Richtlinie.65 4. Ausdehnung der Anwendung der Svensson-Grundsätze auf Framingsachverhalte durch die Rechtssache „BestWater“ Nachdem in der Rechtssachen „Svensson“ das Verlinken von zugangsfreien Inhalten nicht als öffentliche Wiedergabe eingestuft wurde, sofern kein neues Publikum erreicht und keine technischen Schutzmaßnahmen durch die Verlinkung umgangen würden, stellte sich im Rahmen des Verfahrens „Die Realität“66, welches im Ausgangsverfahren beim BGH anhängig war, die Frage, ob die identischen Grundsätze auch bei der Verwendung der Framingtechnologie zur Anwendung kommen. In dem entsprechenden Vorlagebeschluss wurden dahingehende Zweifel geäußert, da sich der Framesetzer das eigene Bereithalten des Werks erspare und unter wertenden Gesichtspunkten deswegen die Annahme einer damit verbundenen öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-Richtlinie naheliege.67 Der EuGH hatte Gelegenheit hierzu mit seiner Entscheidung in der Rechtssache „BestWater“ Stellung zu nehmen. a) Sachverhalt Der Entscheidung lag die Klage einer Herstellerin und Verkäuferin von Wasserfiltersystemen gegen zwei selbstständige Handelsvertreter für ein im 62 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 360, 361 Rn. 23 ff. – Svensson. 63 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014 360 Rn. 15 – Svensson. 64 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 360, 361 Rn. 30 – Svensson. 65 EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI:EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 360, 361 Rn. 31 – Svensson. 66 BGH, Beschluss v. 16.5.2013 – I ZR 46 / 12, MMR 2013, 596 – Die Realität. 67 BGH, Beschluss v. 16.5.2013 – I ZR 46 / 12, MMR 2013, 596, 598 Rn. 26 – Die Realität.
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Wettbewerb stehendes Unternehmen zu Grunde. Zu Werbezwecken hatte die Klägerin einen kurzen Film über Wasserverschmutzung produziert, an dem ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte zustanden. Zu dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt war dieser Film auf der Videoplattform YouTube abrufbar, allerdings nach Auffassung der Klägerin ohne ihre Zustimmung. Die Beklagten bewarben dagegen auf ihrer eigenen Internetpräsenz die Produkte des Konkurrenzunternehmens. Zu Werbezwecken betteten die Beklagten durch Nutzung der Framingtechnologie den über You-Tube abrufbaren Werbefilm der Klägerin in ihre eigene Webseite ein. Bei einem Klick auf den entsprechenden Link erschien der Film dann in dem entsprechenden Frame, wodurch der Eindruck erweckt wurde, dass er von der Beklagtenwebseite aus gezeigt würde. Aufgrund der nach Klägeransicht erfolgten öffentlichen Zugänglichmachung des Films durch die Beklagten verlangte die Klägerin gerichtlich Unterlassung der Verbreitung des Films und Schadensersatz nebst Erstattung der Abmahnkosten. Nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für teilweise erledigt. Nachdem die Beklagten sowohl erstinstanzlich als auch in der Berufungsinstanz zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt worden waren, legten sie Revision beim BGH ein, der wiederum feststellte, dass in einem Fall, in dem ein Werk bereits Gegenstand einer öffentlichen Wiedergabe i. S. v. Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-Richtlinie gewesen sei, eine neue Wiedergabehandlung unter Verwendung des gleichen technischen Verfahrens nur dann als öffentliche Wiedergabe eingestuft werden könne, wenn diese Handlung vor einem neuen Publikum stattfinde.68 Da der Film bereits auf einer Videoplattform frei zugänglich gewesen sei, führt die vorgenommene Einfügung eines Links zu dem von der Klägerin in Auftrag gegebenen Film nicht zu einer Wiedergabe für ein neues Publikum.69 Der BGH stellte sich dennoch die Frage, ob nicht aufgrund der verwendeten Framingtechnologie eine divergierende Einordnung als öffentliche Wiedergabe gerechtfertigt wäre. Denn für den Nutzer erschien der Inhalt als eigener des Webseitenbetreibers. Durch die Nutzung der Technologie könne ein Zu-eigen-Machen eines Werks erfolgen, ohne dieses jedoch kopieren zu müssen und damit dem Anwendungsbereich der Vorschriften über das Vervielfältigungsrecht zu unterfallen.70 68 BGH, Beschluss v. 16.5.2013 – I ZR 46 / 12, MMR 2013, 596, 598 Rn. 17 – Die Realität. 69 BGH, Beschluss v. 16.5.2013 – I ZR 46 / 12, MMR 2013, 596, 598 Rn. 22 – Die Realität. 70 BGH, Beschluss v. 16.5.2013 – I ZR 46 / 12, MMR 2013, 596, 598 Rn. 26 – Die Realität.
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Vor diesem Hintergrund (und unter Betonung des notwendig hohen Schutzniveaus für Werkschaffende folgend aus der InfoSoc-Richtlinie) beschloss der BGH71, das Verfahren auszusetzen und beim Gerichtshof ein Vorabentscheidungsverfahren anzustrengen.72 b) Auswirkung der Entscheidung Im Rahmen der Rechtssache „BestWater“ hatte der EuGH kurz nach der Rechtssache „Svensson“ die Möglichkeit, zu einer der am umstrittensten Fragen zum Recht der öffentliche Wiedergabe Stellung zu nehmen. Auf die Vorlagefrage des BGH hin, ob das Einbinden von Teilen einer fremden Webseite mittels Framingtechnologie in die eigene Internetpräsenz eine öffent liche Wiedergabe darstelle, verneinte der Gerichtshof dies unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung.73 Er führte aus, dass „die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen, geschützten Werks in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing-Technik, allein keine öffentliche Wiedergabe i. S. v. Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-Richtlinie dar stellt“.74 Ausgehend von dem Grundsatz und unabhängig von der tatsächlichen Nutzungsart ging der Gerichtshof in konsequenter Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung bei Verbreitung über das Internet weiter von einem einheitlichen technischen Verfahren aus.75 Obwohl die technischen Unterschiede seitens des BGH betont worden waren, stellte sich der EuGH auf den Standpunkt, dass auch durch einen Frame keine neue Öffentlichkeit erreicht werde, sondern vielmehr die erstmalige Erlaubnis und Verwertung die Frage präkludiert hätte.76 Es wäre notwendig gewesen, dass sich das Angebot an ein Publikum gerichtet hätte, an das der Urheber bei der erstmaligen Verwertung nicht gedacht hatte.77 Nur dann sei das erforderliche „neue“ Publikum Beschluss v. 16.5.2013 – I ZR 46 / 12, GRUR 2013, 818 – Die Realität. zum Sachverhalt in seiner Gesamtheit: BGH, Beschluss v. 16.5.2013 – I ZR 46 / 12, GRUR 2013, 818 – Die Realität. 73 EuGH, Beschluss v. 21.10.2014 – C-348 / 13, ECLI:EU:C:2014:2315 = MMR 2015, 46, 48 Rn. 19 – BestWater. 74 EuGH, Beschluss v. 21.10.2014 – C-348 / 13, ECLI:EU:C:2014:2315 = MMR 2015, 46 Ls. – BestWater. 75 EuGH, Beschluss v. 21.10.2014 – C-348 / 13, ECLI:EU:C:2014:2315 = MMR 2015, 46, 48 Rn. 14 – BestWater. 76 EuGH, Beschluss v. 21.10.2014 – C-348 / 13, ECLI:EU:C:2014:2315 = MMR 2015, 46, 48 Rn. 16 – BestWater; kritisch hierzu: Haberstrumpf, GRUR 2016, 763, 768. 77 EuGH, Beschluss v. 21.10.2014 – C-348 / 13, ECLI:EU:C:2014:2315 = MMR 2015, 46, 48 Rn. 19 – BestWater; kritisch hierzu: Dietrich, NJ 2017, 1, 4. 71 BGH, 72 Vgl.
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erreicht. Mithilfe der Framingtechnologie sei es zwar möglich, ein Werk der Öffentlichkeit ohne einen Kopiervorgang und damit ohne Eröffnung des Anwendungsbereichs des Vervielfältigungsrechts als Inhalt der eigenen Internetpräsenz zu präsentieren.78 Unbeschadet dessen sei das betreffende Werk nicht für ein neues Publikum wiedergegeben worden, da davon auszugehen sei, dass die Rechteinhaber im Rahmen ihrer Erlaubnis der öffentlichen Wiedergabe an alle Internetnutzer als Publikum gedacht hätten.79 Wie sich bereits aus der Vorlagefrage des BGH ergeben hatte, bringen Hyperlinks in ihrer reinen Verweisungsform und in der Einbettungsform in Form von Frames substantielle Unterschiede mit sich, die sich nicht zuletzt anhand der Wahrnehmung des jeweiligen Konsumenten ablesen lassen.80 Während sich der Nutzer aufgrund des Öffnens einer anderen Webseite bei regulären Links stets über die Fremdheit der Inhalte bewusst sein muss, ist dies bei einem Frame, der zur Darstellung auf der Ausgangsseite führt, nicht der Fall. Der Sachverhalt weist eine gewisse Nähe zu einem Upload auf, bei dem eine volle Verantwortlichkeit des den Uploadvorgang vornehmenden Nutzers bejaht wird. Ausgehend vom wirtschaftlichen Partizipationsinteresses des Rechteinhabers ist die Entscheidung ebenfalls nicht nachvollziehbar, für den Betrachter stellt der geframte Inhalt sich faktisch als Teil der Internetpräsenz des Einbettenden dar, der so sein Angebot attraktiver gestalten und mithin Besucher für eigene, auf der Webseite ansonsten befindliche Inhalte interessieren kann.81 Aus vorliegendem Beschluss ergibt sich dennoch, dass Hyperlinks, unabhängig von ihrer jeweiligen Form, einem einheitlichen, allgemeinverbindlichen Regime im Hinblick auf die Frage der öffentlichen Wiedergabe folgen.82 Somit sind die Grundsätze, die der EuGH (insbesondere aufgrund der Beschränktheit der Vorlagefrage) für Hyperlinks in Form von Surface- oder Deep-Links aufstellt und aufgestellt hat, als übertragbar auf Framingsachverhalte anzusehen. Ein Link jedweder Art, also auch mittels der Framingtechnologie, auf rechtmäßig ins Internet gelangte Inhalte ist stets nicht urheberrechtsverletzend.
78 EuGH, Beschluss v. 21.10.2014 – C-348 / 13, ECLI:EU:C:2014:2315 = MMR 2015, 46, 48 Rn. 18 – BestWater. 79 EuGH, Beschluss v. 21.10.2014 – C-348 / 13, ECLI:EU:C:2014:2315 = MMR 2015, 46, 48 Rn. 18 – BestWater. 80 So auch: Fuchs / Farkas, ZUM 2015, 110, 115. 81 Zdanowiecki, ITRB 2013, 237, 238. 82 Im Ergebnis ebenfalls: Grünberger, ZUM 2016, 905, 919; Thiele, MR-INT 2014, 30, 31.
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5. Adaption der Grundsätze aus der Rechtssache „BestWater“ durch das Urteil „Realität II“ Nach der Entscheidung der Vorlagefragen in der Rechtssache „BestWater“ hatte der BGH – in Adaption der hierin aufgestellten Grundsätze – im Ausgangsverfahren zu entscheiden. a) Sachverhalt Für den BGH stellte sich auf Grundlage des oben bereits dargelegten Sachverhalts im Rahmen des Verfahrens „Die Realität II“83 die Frage, ob die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch genommen und zur Erstattung der Abmahnungskosten herangezogen werden könnten. b) Auswirkung der Entscheidung Den Ausführungen des EuGH in der Rechtssache „BestWater“ folgend stellt sich der BGH trotz der zunächst geäußerten Bedenken im Ergebnis auf den Standpunkt, dass die Einbettung eines auf einer Internetseite mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers für alle Internetnutzer frei zugänglichen Werks in eine eigene Internetseite im Wege des Framing grundsätzlich keine öffentliche Wiedergabe darstellt.84 Er verortete die Frage allerdings nicht im Anwendungsbereich des § 19a UrhG.85 Dogmatisch stellte der Senat bei Framing von Inhalten, die ohne Zustimmung des Rechteinhabers durch Dritte im Internet veröffentlicht wurden, hinsichtlich der Verletzungshandlung auf ein eigenes, unbenanntes Verwertungsrecht, sog. Inomminatfall, ab.86 Ausgangspunkt der Entscheidung stellte für den BGH die Tatsache dar, dass es sich bei der öffentlichen Wiedergabe aufgrund der Grundlage in der InfoSoc-Richtlinie um vollharmonisiertes Recht handelt; mithin war die Norm grundsätzlich richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass das durch die Richtlinie begründete Schutzniveau weder unterschritten noch überschritten werden durfte.87 Folglich analysierte der BGH zunächst sorg83 BGH, 84 BGH,
Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171 – Die Realität II. Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171 Ls. 1 – Die Reali-
tät II. 85 BGH, Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171, 172 Rn. 15 ff. – Die Realität II. 86 BGH, Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171, 172 Rn. 15 ff. – Die Realität II. 87 BGH, Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12 GRUR 2016, 171, 172 Rn. 17 – Die Realität II.
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sam unter eingehender Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung die verschiedenen Tatbestandselemente der öffentlichen Wiedergabe entsprechend des Prüfungsrahmens, der durch die InfoSoc-Richtlinie und die Rechtsprechung des EuGH vorgegeben worden waren.88 Zwar läge eine Wiedergabe vor, da ein Nutzer in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens absichtlich und gezielt tätig geworden sei, um Dritten einen Zugang (ohne dass dieser das entsprechenden Werk nutzt) zum geschützten Werk zu verschaffen.89 Da sich aber die Nutzung der Framingtechnologie nicht von dem ursprünglichen technischen Verfahren der Veröffentlichung unterscheide, werde keine neue Öffentlichkeit erreicht, was wiederum für eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 InfoSocRichtlinie notwendig gewesen wäre.90 All dies gelte aber nur solange die Werke frei zugänglich seien, eine Erlaubnis des Rechteinhabers also vorliegt.91 Ansonsten wäre das Recht zur öffentlichen Wiedergabe eines Werks im Internet faktisch erschöpft, sobald das Werk mit Zustimmung des Rechteinhabers auf einer Internetseite für alle Internetnutzer frei zugänglich gemacht worden wäre.92 Nur auf diese Weise könne die wirtschaftliche Verwertung seines Werks gesteuert werden, um so eine angemessene Beteiligung an der wirtschaftlichen Nutzung seines Werks sicherzustellen.93 Der BGH warf jedoch die Frage auf, wie sich denn der Sachverhalt darstellen würde, wenn ein Frame auf einen Inhalt gesetzt worden wäre, der illegal ins Internet gelangt war.94 Er deutete an, dass hier doch von einem Erreichen eines neuen Publikums auszugehen gewesen wäre und somit eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der InfoSoc-Richtlinie vorliegen müsste.95 88 Spindler, 89 BGH,
GRUR 2016, 157, 158. Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171, 172 Rn. 22 – Die
Realität II. 90 BGH, Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171, 173 Rn. 29 – Die Realität II. 91 BGH, Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171, 174 Rn. 34 – Die Realität II. 92 BGH, Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171, 174 Rn. 35 – Die Realität II. 93 BGH, Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171, 174 Rn. 35 – Die Realität II. 94 BGH, Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171, 174 Rn. 35 – Die Realität II, unter Verweis auf ALAI, Opinion v. 17.9.2014 on the criterion „New Public“, S. 15, abrufbar unter: http: / / www.alai.org / en / assets / files / resolutions / 2014opinion-new-public.pdf, zuletzt abgerufen am 22.1.2018. 95 So auch: Jani / Leenen, Anm. zu EuGH, Urteil v. 13.2.2014 – C-466 / 12, ECLI: EU:C:2014:76 = GRUR 2014, 360, 363– Svensson; Leistner, GRUR 2014, 1145, 1154.
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Zudem nahm er erstmals die Frage der vollen Kenntnis der Vollendung des Tatbestand sowie der Gewinnerzielungsabsicht als kritische Punkte in seine Erwägungen mit auf.96 6. Vorsatz und Gewinnerzielungsabsicht als neue Kriterien durch die Rechtssache „GS Media“ Nach einer kurzen Konsolidierungsphase im Nachgang der Rechtssache „BestWater“ hatte der EuGH mit dem Urteil in der Rechtssache „GS Media“ die Möglichkeit, sich erstmals zu rechtswidrig ins Internet gelangten Inhalten zu äußern. a) Sachverhalt Dem Urteil lag der Rechtsstreit zwischen der GS Media BV („GSM“) als Beklagte und der Sanoma Media Netherlands BV („Sanoma“), der Playboy Enterprises International Inc. sowie Frau Britt Geertruida Dekker als Kläger zugrunde. Gegenstand des Verfahrens war das Setzen von Links auf der von GSM betriebene Webseite GeenStijl.nl zu anderen Webseiten, die den Zugang zu für die Zeitschrift Playboy aufgenommenen Fotos von Frau Dekker (im Folgenden „Dekker Fotos“) ermöglichten. Noch vor Erscheinen in der Printausgabe der Zeitschrift erhielt die Redaktion der Beklagten eine Nachricht mit einem Link zu einer elektronischen Datei auf einer australischen Webseite, die die Dekker Fotos beinhaltete. Mittels eines Klicks auf einen Link wurden die Nutzer auf die Webseite Filefactory weitergeleitet, auf der ein anderer Hyperlink den Download von elf Dateien mit je einem dieser Fotos ermöglichte. Die Klägerseite forderte daraufhin die Beklagte sowie die Webseite Filefactory auf, die entsprechenden Fotos zu entfernen. Während die Beklagte dieser Aufforderung nicht entsprach, entfernte die Seite Filefactory die entsprechenden Daten. Die Beklagte veröffentlichte daraufhin ein Update des bisherigen Artikels verbunden mit einem neuen Link zu den Dekker Fotos auf einer anderen Webseite. Auch der Betreiber dieser Webseite wurde daraufhin von Sanoma aufgefordert, die Fotos zu entfernen. Ein dritter Bericht als Reaktion auf die Löschungsaufforderung, der mit „Bye Bye, adieu Playboy“ überschrieben war und wiederum – neben einem Bildausschnitt der Dekker Fotos – einen Hyperlink zu den Fotos enthielt, erschien im Nachgang auf der Webseite GeenStijl; im Forum dieser Webseite setzten ihre Internet96 BGH, Urteil v. 9.7.2015 – I ZR 46 / 12, GRUR 2016, 171, 174 Rn. 36 – Die Realität II; hierzu näher folgender Abschnitt 6.
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nutzer weitere Links zu anderen Webseiten, auf denen die Dekker Fotos zu sehen waren. Nachdem der Instanzenzug durchlaufen worden war, legte die Beklagte Kassationsbeschwerde beim Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) ein, während die Kläger Anschlusskassationsbeschwerde einlegten. In der Begründung stellten die Kläger entscheidend auf die aufgestellten Grundsätze in der Rechtssache „Svensson“ ab. Der Umstand, dass den Internetnutzern ein Hyperlink zu einer Webseite bereitgestellt werde, auf die ein Werk ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers gestellt worden sei, qualifiziere als öffentliche Wiedergabe. Darüber hinaus sei der Zugang zu den Dekker Fotos auf der Webseite Filefactory durch beschränkende Maßnahmen geschützt gewesen. Mit Hilfe des Eingreifens von GSM und deren Webseite GeenStijl seien die Fotos durch Umgehung dieses Schutzmechanismuses einem größeren Publikum zugänglich gemacht worden als dem Publikum, das normalerweise Zugang zu den Fotos auf der Webseite Filefactory gehabt hätte. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts könne aber weder aus dem Urteil in der Rechtssache „Svensson“ noch aus dem Beschluss in der Rechtsache „BestWater“ mit hinreichender Sicherheit abgeleitet werden, ob eine öffentliche Wiedergabe vorliege, wenn das Werk zuvor tatsächlich, aber ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht worden sei, weswegen es ein Vorabentscheidungsverfahren anstrengte. Es wies darauf hin, dass die Dekker Fotos, bevor GSM den Hyperlink auf die Webseite GeenStijl gesetzt habe, im Internet zwar nicht unauffindbar gewesen seien, die Linksetzung auf ihre Webseite den Zugang zu den Fotos jedoch in hohem Maß erleichtert habe.97 b) Zusammenfassende Auswirkung der Entscheidung Auch im Rahmen seiner Entscheidung in der Rechtssache „GS Media“ führte der EuGH zunächst die bisher eingeschlagene Linie fort und führte aus, dass der Rechtsbegriff der öffentlichen Wiedergabe aus den beiden, kumulativ erforderlichen Tatbestandsmerkmalen der „Wiedergabe“ und der „Öffentlichkeit“ bestünde.98 Eine solche öffentliche Wiedergabe liege dabei in jedem Fall – also unabhängig davon ob es sich um einen regulären Link oder einen Frame handelt – nicht vor, wenn die verlinkten Werke auf der Internetpräsenz eines Dritten mit Erlaubnis des Rechteinhabers frei zugäng97 Vgl. zum Sachverhalt in seiner Gesamtheit: EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152 ff. – GS Media. 98 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1153 Rn. 32 – GS Media.
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lich seien.99 Neuerungen brachte das Urteil dagegen dadurch, dass die Notwendigkeit einer individuellen Beurteilung seitens des Gerichts für nötig erachtet wurde und es sich somit in gewissen Nuancen von seiner bis dato schematischen Betrachtungsweise entfernte. Da der Gerichtshof auch die Relevanz der Frage, ob der Rechteinhaber die ursprüngliche Einstellung seines Werkes in das Internet gestattet hatte, erkannt hat, führte dieser aus, dass zur umfassenden Einordnung des Sachverhalts eine individuelle Beurteilung erforderlich sei, innerhalb derer weitere Kriterien unselbständig und in unterschiedlichem Maße vorliegen könnten, um so den betroffenen Grundrechten der jeweiligen Marktteilnehmer Rechnung zu tragen.100 Ergänzt wurden die bekannten Kriterien durch die Berücksichtigung der Frage (i) des Erreichens einer neuen Öffentlichkeit, (ii) der Vorsätzlichkeit des Handelns inklusive (iii) des Vorliegens eines Erwerbszwecks im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung.101 aa) Erreichen einer neuen Öffentlichkeit Der EuGH verwies auf die bisher verfolgte Linie zur Frage des Erreichens einer neuen Öffentlichkeit in den Rechtssachen „Svensson“ und „BestWater“. In diesem Zusammenhang wurde erneut die Erforderlichkeit betont, „dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder, ansonsten, für ein neues Publikum wiedergegeben wird, d. h. für ein Publikum, an das die Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatten, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten.“102 Der EuGH befolgte damit sein zweistufiges Prüfungsschema, das er in den vorherigen Entscheidungen aufbereitet hatte und bejahte das Erreichen einer neuen Öffentlichkeit. Insofern sei wiederum quantitativ das Ziel des Erreichens einer unbestimmten und ziemlich großen Zahl von Adressaten und qualitativ die Nutzung eines „neuen technischen Verfahrens“ oder das Erreichen eines „neuen“ Publikums notwendig.103
99 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 43 – GS Media. 100 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1153 Rn. 31– GS Media. 101 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1153 Rn. 34 – GS Media. 102 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 37 – GS Media. 103 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 37 – GS Media.
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C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
bb) Vorsätzlichkeit des Handelns Wie bereits in anderen Entscheidungen (allerdings außerhalb des Bereichs der öffentlichen Zugänglichmachung)104 hat der Gerichtshof der Frage der Vorsätzlichkeit eine hohe Bedeutung beigemessen und diese in seine Abwägungen mit einbezogen. Er führte aus, dass eine Vorsätzlichkeit des Handelns des Nutzers, der einen Link setzt, um so einem Nutzer die Möglichkeit des Zugriffs zu ermöglichen, besonders zu gewichten sei.105 Dabei wögen Vorsatz und Kenntnis umso schwerer, wenn der Zugang dem Nutzer ansonsten verwehrt bleiben würde.106 cc) Verfolgung eines Erwerbszwecks Rekurrierend auf die Entscheidungen in den Rechtssachen „Phongraphic Performance“107 und „Football Association Premier League“108 erfolgte eine Einbeziehung einer etwaigen Gewinnerzielungsabsicht in die Beurteilung, wobei hinsichtlich des Pflichtenkreises zwischen einem mit und ohne Gewinnerzielungsabsicht Handelnden zu unterscheiden sei.109 Offen ließ die Entscheidung jedoch wie der Begriff des Erwerbszwecks, insbesondere die Frage, ob mittelbare Gewinne, beispielsweise über Werbeeinnahmen, mitumfasst sind, genau zu verstehen ist und überließ die Interpretation somit den nationalen Gerichten. Sofern ein Verlinkender mit Erwerbszweck handele, könne ihm ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab und damit auch strengere Prüfpflichten auferlegt werden.110 Im Rahmen einer (widerleglichen) Vermutung sei damit anzunehmen, dass der „gewerblich“ Verlinkende von der fehlenden Zustimmung des Berechtigten wisse.111 Er handele insoweit in voller Kenntnis seines Tuns.112 104 Stellvertretend: EuGH, Urteil v. 15.3.2012 – C-162 / 10, ECLI:EU:C:2012:141 = GRUR 2012, 597, 598 Rn. 31 – Phonographic Performance. 105 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1153 Rn. 35 – GS Media. 106 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, GRUR 2016, 1152, 1153 Rn. 35 – GS Media. 107 EuGH, Urteil v. 15.3.2012 – C-162 / 10, ECLI:EU:C:2012:141 = GRUR 2012, 597 – Phongraphic Performance. 108 EuGH, Urteil v. 4.10.2011 – C-403, 429 / 08, ECLI:EU:C:2011:631 = GRUR 2012, 156 – Football Association Premier League. 109 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 46 – GS Media. 110 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1155 Rn. 51 – GS Media. 111 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1155 Rn. 51 – GS Media.
II. Entwicklung der Verantwortlichkeit in der Rechtsprechung59
Sollte dagegen kein Erwerbszweck vorliegen, so wäre ein Ansetzen der gleichen Maßstäbe nicht als ausgewogen anzusehen, da es sich für diese Personengruppe als schwierig erweisen könnte, zu überprüfen, ob die verlinkte Webseite einen Zugang zu geschützten Werken erlaube.113 Daher solle diese Personengruppe privilegiert werden. 112
Dies könne allerdings nur solange Gültigkeit beanspruchen, bis der Verlinkende wusste oder hätte wissen müssen, dass sein Link Zugang zu unbefugt ins Internet gelangten Inhalten verschaffe.114 Dies gelte selbstverständlich auch dann, wenn der Link zur Umgehung von Beschränkungsmaßnahmen geeignet sei, da es sich bei der Platzierung eines solchen Links dann um einen bewussten Eingriff handele, ohne den die Nutzer auf die verbreiteten Werke nicht zugreifen könnten.115 Damit rückte der EuGH von seiner bisherigen Linie ab, indem die technisch-schematische Beurteilung der Vorurteile durch eine funktionsbezogene Einordnung ersetzt wird.116 Insbesondere die Tatsache, dass im Zusammenhang mit der Einordnung der öffentlichen Zugänglichmachung auch auf die Verfolgung eines Erwerbszwecks abgestellt werden soll, kam für viele Autoren im Schrifttum überraschend.117 Allerdings erkannte der EuGH damit an, dass an Gewerbetreibende, die sich des Mediums Internet bedienen, unter gewissen Umständen erhöhte Anforderungen zu stellen sind. Insofern sei es diesen zuzumuten, die erforderlichen Nachforschungen anzustellen, um sich zu versichern, dass durch eine Verlinkung keine Schutzrechte Dritter verletzt werden.118 Dies gelte bei Privatpersonen nur dann, wenn sie positive Kenntnis von Verletzungshandlungen haben. Ansonsten gelte für diese ein verminderter Sorgfaltsmaßstab.119 Damit soll den Bedenken begegnet werden, dass durch 112 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1155 Rn. 51 – GS Media. 113 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 46 – GS Media. 114 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1155 Rn. 49 – GS Media. 115 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1155 Rn. 50 – GS Media. 116 Leistner, GRUR 2017, 755, 757. 117 Ohly, Anm. zu EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1157 Rn. 9 – GS Media; Abrar, Anm. zu EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR-Prax 2016, 450 – GS Media. 118 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1155 Rn. 51 – GS Media. 119 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 46 – GS Media.
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C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
eine zu rigide Haltung das Recht der Informationsfreiheit über Gebühr beschränkt würde.120 7. Zwischenergebnis: Aktuelles höchstrichterliches Haftungsregime Aus den jüngsten Entscheidungen lässt sich für den Bereich des Framings ein, wenn auch nicht immer stringent fortgeführtes, Haftungsregime entnehmen, das deutlich zeigt, dass gewerblich handelnde Link- und Framesetzende verstärkt in die Verantwortung genommen werden sollen.121 Ausgangspunkt der Beurteilung ist dabei jeweils der Begriff der öffentlichen Wiedergabe, wobei der EuGH diesen grundsätzlich in die Bereiche Wiedergabe und Öffentlichkeit unterteilt wissen will. Hinzu kommt eine individuell wertende, typologische Einordnung anhand einer Vielzahl von Kriterien, insbesondere eine etwaige Gewinnerzielungsabsicht.122 a) Handlung der Wiedergabe Der Begriff der Wiedergabe ist auch für den Bereich des Framing (aufgrund der Allgemeinverbindlichkeit der Entscheidungen im Hinblick auf Hyperlinks seit dem Beschluss in der Rechtssache „BestWater“) weit auszulegen. Bei Setzens eines Frames auf geschützte Werke liegt eine Zugänglichmachung und folglich eine Einstufung als Handlung der Wiedergabe im Sinne InfoSoc-Richtlinie vor. Dies gilt umso mehr, und ohne die Prüfungsnotwendigkeit des Erreichens einer neuen Öffentlichkeit, wenn die Framesetzung unter Umgehung einer technischen Schutzmaßnahme erfolgt, die der Rechteinhaber ergriffen hat, um den unkontrollierten öffentlichen Zugriff zu verhindern.123 Dabei ist vornehmlich zu berücksichtigen, dass den Nutzern so die Möglichkeit des direkten Zugangs zu den jeweiligen Inhalten vermittelt wird; insbesondere muss der jeweilige Nutzer der Webseite – je nach Ausgestaltung des Frames – nicht mehr selbst tätig werden, da der dahinter verborgene Inhalt unmittelbar automatisch abgespielt wird. 120 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1155 Rn. 53 – GS Media. 121 Übersichtsartige Darstellung bei: Grünberger, ZUM 2016, 905, 907 ff.; Hanuz, GRUR Int. 2017, 98. 122 Vgl. zuletzt: BGH, Beschluss v. 23.2.2017 – I ZR 267 / 15, GRUR 2017, 514, 515 Rn. 21 – Cordoba. 123 BGH, Urteil v. 29.4.2010 – I ZR 39 / 08, MMR 2011, 47 Ls. – Session-ID; Dietrich, NJ 2017, 1, 2.
II. Entwicklung der Verantwortlichkeit in der Rechtsprechung61
b) Erreichen der Öffentlichkeit Unter Einbeziehung der einzelfallbezogenen Komponenten ist bei der öffentlichen Wiedergabe stets als Grundsatz davon auszugehen, dass der Nutzer in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens einem Dritten Zugang zu einem geschützten Werk, welchen dieser im Falle eines Untätigbleibens nicht gehabt hätte, einräumt.124 Dabei darf dieser Zugang nicht auf einem Zufall basieren, sondern muss für ein aufnahmebereites Publikum vorgehalten werden, das aus einer unbestimmten und großen Anzahl von Adressaten besteht.125 Im Rahmen der kritischen Einzelfallwürdigung ist für die Bestimmung der unbestimmten Zahl potenzieller Adressaten darauf abzustellen, dass die Wiedergabe für Personen allgemein, also ohne Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis, und nicht in einer privaten Gruppe erfolgt.126 Dabei handelt es sich jeweils um eine Mindestschwelle, die in Form einer Bagatellgrenze das Erreichen eines Publikums von lediglich geringer Größe ausschließen soll.127 Hinsichtlich der notwendigen Anzahl von Personen ist dabei unter zeitlichen Gesichtspunkten nicht notwendig, dass alle Personen gleichzeitig erreicht werden; vielmehr sind auch nacheinander erfolgende Zugänge mit in die Bewertung einzubeziehen (sog. sukzessive Öffentlich keit).128 Von entscheidender Bedeutung ist zudem, dass der Zugang für ein neues Publikum eröffnet wird, also für Adressaten, die der Urheber des jeweiligen Werks nicht in den Adressatenkreis einbezogen hat, als er dieses zur Nutzung im Rahmen der öffentlichen Wiedergabe freigegeben hat oder ein anderes technisches Verfahren genutzt wird.129 Dabei ist im Grundsatz davon auszu124 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958, 962 – Paperboy; Fuchs / Farkas, ZUM 2015, 110, 112. 125 So zuletzt zusammenfassend: EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 37 – GS Media; BGH, Beschluss v. 23.2.2017 – I ZR 267 / 15, GRUR 2017, 514, 515 Rn. 26 – Cordoba. 126 So zuletzt zusammenfassend: EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU: C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 37 – GS Media; BGH, Beschluss v. 23.2.2017 – I ZR 267 / 15, GRUR 2017, 514, 515 Rn. 26 – Cordoba. 127 So zuletzt zusammenfassend: EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU: C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 37 – GS Media; BGH, Beschluss v. 23.2.2017 – I ZR 267 / 15, GRUR 2017, 514, 515 Rn. 26 – Cordoba. 128 BGH, Beschluss v. 23.2.2017 – I ZR 267 / 15, GRUR 2017, 514, 515 Rn. 26 m. w. N. – Cordoba; BeckOK-Götting, Urheberrecht, 18. Edition, Stand: 1.11.2017, § 19a Rn. 1; Dreier / Schulze-Dreier, Urheberrechtsgesetz, 5. Aufl. 2015, § 19a Rn. 8; a. A.: v. Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1198, 2004. 129 So zuletzt zusammenfassend: EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI: EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 37 – GS Media; BGH, Beschluss v. 23.2.2017 – I ZR 267 / 15, GRUR 2017, 514, 515 Rn. 28 – Cordoba.
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C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
gehen, dass keine öffentliche Wiedergabe vorliegt, wenn sich das spezifisch angewendete Verfahren nicht von demjenigen unterscheidet, durch das der ursprüngliche Zugang eröffnet wurde;130 vor diesem Hintergrund ist nach den Grundsätzen der Rechtsprechung davon auszugehen, dass bei einer Linksetzung (und damit auch bei Frames) auf ein bereits frei zugängliches Werk keine (erneute) öffentliche Wiedergabe erfolgt, so dass dieses Verfahren als uneingeschränkt rechtlich unbedenklich anzusehen ist.131 Denn der Inhalt des Frames wurde bereits durch den ursprünglichen Rechteinhaber dem gesamten Internetpublikum zugänglich gemacht;132 ihm obliegt darüber hinaus auch die Entscheidung, ob er das Werk wiederum entfernt.133 Anders ist die Situation dagegen dann zu bewerten, wenn ein Frame auf einen urheberrechtsverletzenden Beitrag gesetzt wird, da hier keine aktive, erste Internetveröffentlichung durch den Rechteinhaber erfolgt ist. In diesen Fällen ist entscheidend darauf abzustellen, ob der Linksetzer wusste oder hätte wissen, dass durch den von ihm gesetzten Frame der Zugang zu einem in unbefugter Art und Weise ins Internet gelangten Werk erfolgt.134 Sofern dies der Fall ist, ist die Bereitstellung als öffentliche Wiedergabe einzustufen.135 c) Gewinnerzielungsabsicht als weiteres Kriterium – Interpretation durch das LG Hamburg Allerdings ist im Rahmen des Pflichtenmaßstabs hinsichtlich einer etwaigen Kenntnis eine Differenzierung dahingehend vorzunehmen, ob der Framesetzende mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt.136 Nach aktueller Rechtsprechung kann es einer Privatperson nicht zugemutet werden, Nachforschungen anzustellen, ob und inwieweit Inhalte im Internet urheberrechts130 So zuletzt zusammenfassend: EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 37 – GS Media; BGH, Beschluss v. 23.2.2017 – I ZR 267 / 15, GRUR 2017, 514, 515 Rn. 28 – Cordoba. 131 So zuletzt zusammenfassend: EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI: EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 37 – GS Media. 132 So zuletzt zusammenfassend: EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI: EU:C:2016:644 GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 42 – GS Media. 133 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259 / 00, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958, 962 – Paperboy; Dietrich, NJ 2017, 1, 2. 134 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1155 Rn. 49 – GS Media. 135 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1155 Rn. 55 – GS Media. 136 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 38 – GS Media.
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verletzend sind.137 Anderes soll jedoch für Personen gelten, die mit Gewinnerzielungsabsicht handeln.138 Diesen Personengruppen ist eine eingehende Prüfung abzuverlangen, so dass eine Kenntnis diesem Fall (widerleglich) vermutet wird.139 Durch dieses abgestufte Haftungsregime wird ein angemessener Ausgleich der widerstreitenden Interessen, auf der einen Seite das Verwertungsrecht des Urhebers auf der anderen Seite der garantierten Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit, erreicht.140 Wie der Begriff der Gewinnerzielungsabsicht zu verstehen ist, kann aus der Entscheidungstrias des EuGH nicht herausgelesen werden. Jedoch wird man hierbei vermutlich unter Vereinheitlichungsgesichtspunkten auf die frühere Rechtsprechung des EuGH rekurrieren können, was der EuGH bereits in seiner Entscheidung in der Rechtssache „The Pirate Bay“ angedeutet hat.141 Demnach ist richtigerweise nicht nur bei einer unmittelbaren Entgeltlichkeit von einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen, sondern vielmehr bereits dann, wenn eine indirekte Finanzierung142, insbesondere auch durch entsprechende Werbung143, erfolgt.144 Dieses weite Verständnis hat nicht zuletzt das LG Hamburg bestätigt.145 Das Gericht hatte sich im Rahmen eines Verfahrens im vorläufigen Rechtsschutz im Hinblick auf den Vertrieb von Lehrmaterial unter urheberrechtsverletzender Linksetzung mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Linksetzung als solche, der Betrieb der konkreten Unterseite der Verlinkung oder
137 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 46 – GS Media. 138 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1155 Rn. 51 – GS Media. 139 Anders sah dies noch Generalanwalt Wathelet mit der Begründung, dass die Annahme der öffentlichen Wiedergabe bei Verlinkung von urheberrechtsverletzenden Inhalten ohne Zustimmung des Rechteinhabers einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Architektur des Internets darstelle, vgl.: EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Whatelet v. 7.4.2016, ECLI:EU:C:2016:221 = GRUR-Prax 2016, 174. 140 Zu den entsprechenden Abwägungen: EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 Rn. 44 ff. – GS Media. 141 Von beträchtlichen Werbeeinnahmen sprechend: EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – C-610 / 15, ECLI:EU:C:2017:456 = MMR 2017, 518, 520 Rn. 46 – The Pirate Bay; Leistner, GRUR 2017, 755, 757. 142 LG Hamburg, Beschluss v. 18.11.2016 – 310 O 402 / 16, MMR 2017, 355; eine solche Auslegung befürwortend wohl auch: Volkmann, CR 2017,38, 39. 143 EuGH, Urteil v. 7.3.2013 – C-607 / 11, ECLI:EU:C:2013:147 = GRUR 2013, 500, 502 f. Rn. 41 ff. – ITV Broadcasting. 144 Jani / Leenen, NJW 2016, 3135; in der Tendenz zustimmend, aber im Ergebnis offen lassend: Volkmann, CR 2017, 36, 38 f. 145 LG Hamburg, Beschluss v. 18.11.2016 – 310 O 402 / 16, MMR 2017, 355.
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C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
des Internetauftrittes insgesamt der Erzielung von Gewinn dienen soll.146 Gestützt auf die Ausführungen zur Zumutbarkeit vertraten die Richter, entgegen ihrer Ausführungen in einem anderen Verfahren,147 dass es ausreiche, wenn die Linksetzung im Rahmen eines Internetauftritts erfolgt, der insgesamt zumindest auch der Gewinnerzielungsabsicht dient.148 Dies sei insbesondere auch damit zu begründen, dass es irrelevant ist, wie der Linksetzende seine Gewinne erziele, da die finanzielle Position die entsprechenden Nachforschungspflichten nach sich ziehe und nur der wirtschaftlich Schwache geschützt werden soll. Zwei Entscheidungen der nationalen Gerichte in Deutschland führen allerdings bereits aus, dass gerade das Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht und die damit verbundene Vermutungsregelungen den deutschen Gerichten als zu weitgehend anmutet. So führte der BGH in seiner Entscheidung in Sachen „Vorschaubilder III“ aus, dass von einem Suchmaschinenanbieter erwartet werden könne, die Rechtmäßigkeit jedes Werks zu überprüfen, das mittels eines automatisierten Verfahrens gefunden wird.149 So greife die Vermutung folgend aus der Gewinnerzielungsabsicht bei der gebotenen individuellen Beurteilung bei Suchmaschinen wegen der herausgehobenen Rolle für die Informationsvermittlung im Internet und damit die Funktionsfähigkeit des Internets nicht für Hyperlinks ein, die von einer mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Internetseite zu einer Suchmaschine gesetzt werden.150 Auch das LG Hamburg sieht nicht allein die Gewinnerzielungsabsicht als für alle gewerblichen Linksetzungen entscheidend an, sondern berücksichtigt die verschiedenen Geschäftsmodelle mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen und Möglichkeiten zu Rechterecherchen und äußert sich kritisch zu der aufgestellten Vermutungsregelung.151 Dennoch erkennen beide Gerichte das gerade durch die Rechtsprechung des EuGH statuierte Konstrukt nicht zuletzt aufgrund der Bindungswirkung der Entscheidungen des EuGH an, möchten jedoch im Rahmen der individuellen Beurteilung eine Art Einzelfallgerechtigkeit herstellen. Zudem sind die hierin geäußerten Bedenken nicht unmittelbar auf die zu untersuchende Fragestellung anzuwenden: Während die vorliegende Untersuchung Sachverhalte ins Auge fasst, bei denen 146 LG Hamburg, Beschluss v. 18.11.2016 – 310 O 402 / 16, MMR 2017, 355; Volkmann, CR 2017, 38 f. 147 LG Hamburg, Urteil v. 13.6.2017 – 310 O 117 / 17, GRUR-Prax 2017, 537. 148 LG Hamburg, Beschluss v. 18.11.2016, – 310 O 402 / 16, MMR 2017, 355, 356. 149 BGH, Urteil v. 21.9.2017 – I ZR 11 / 16, BeckRS 2017, 126380 Rn. 60 – Vorschaubilder III. 150 BGH, Urteil v. 21.9.2017 – I ZR 11 / 16, BeckRS 2017, 126380 Rn. 60 – Vorschaubilder III. 151 LG Hamburg, Urteil v. 13.6.2017 – 310 O 117 / 17, GRUR-Prax 2017, 537.
III. Reaktion der Literatur auf die Linie der Rechtsprechung65
durch einen Nutzer aktiv ein Link oder Frame gesetzt wird, drehen sich die angesprochenen Entscheidungen jeweils um automatisierte Verfahren. Mithin sind die hierin aufgestellten Grundsätze auf die vorliegenden Fallkonstella tionen nicht anwendbar.
III. Reaktion der Literatur auf die Linie der Rechtsprechung In der Literatur hat die zuletzt verfolgte Linie der Rechtsprechung zu einem geteilten Echo geführt.152 Dabei drehen sich die diskutierten Fragen nicht nur um die generelle Einordnung von Linking- und Framingsachverhalten, sondern auch um die genaue Ausgestaltung der Begrifflichkeit der Gewinnerzielungsabsicht. Dabei handelt es sich nicht um eine gänzlich neue Diskussion, die erst im Zuge der zuletzt ergangenen Entscheidungstrias entstanden ist. Zusammengefasst sieht ein Teil der Literatur die technischen Möglichkeiten des Framing und des Setzens eines Hyperlinks (weiterhin) nicht als Unterfall der öffentlichen Zugänglichmachung sondern als reine Verweis- und Ordnungsmöglichkeit an,153 während die Gegenposition eine konträre Bewertung der Situation hin zu einer Urheberrechtsverletzung vertritt.154 1. Dogmatische Bedenken Die letzten Entscheidungen des EuGH haben zu einem Aufleben der Diskussion rund um die rechtliche Einordnung von Linking und Framing geführt. So fragt beispielsweise Leistner aufgrund allgemeiner Bedenken, ob der EuGH sich mit den zuletzt getroffenen Entscheidungen zu einem Ersatzgesetzgeber aufschwingt und bemängelt dabei, dass es zunehmend schwerer wird ein kohärentes Haftungsgebilde abzuleiten.155 Volkmann fragt sich dagegen, ob die EuGH-Trilogie der letzten Entscheidungen gar das Aus für die 152 Vgl. etwa: Leistner, GRUR 2017, 755; Volkmann, CR 2017, 36; Dietrich, NJ 2017, 1, 5; Spindler, GRUR 2016, 157, 159. 153 Schricker / Loewenheim-v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 19a Rn. 91 f.; Wandtke / Bullinger-Bullinger, PraxKo Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 19a Rn. 29; Wandtke-Hartmann, Praxishandbuch Medienrecht, 3. Aufl. 2014, Band 5 S. 90 Rn. 283; Hofmann, Linking und Framing – Ein paar Gedanken aus urheber- und lauterkeitsrechtlicher Sicht in: Specht / Lauber-Rönsberg / Becker, Medienrecht im Medienumbruch, 2016, 137, 140; Spindler, GRUR 2016, 157, 159; Conrad, CR 2013, 305, 314 f.; Ott, ZUM 2008, 556, 559; Ott, ZUM 2004, 357, 363 f. 154 Fuchs / Farkas, ZUM 2015, 110, 125; Hendel, ZUM 2014, 102, 109 f.; Reinemann / Remmertz, ZUM 2012, 216, 222 f., 226; Schulze, ZUM 2011, 2, 10. 155 Leistner, GRUR 2017, 755.
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C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
Informationsfreiheit und Meinungsaustausch im Internet bedeutet.156 Zusammenfassend lässt sich die Kritik des Schrifttums darauf zurückführen, dass sich der EuGH von den dogmatischen Grundlagen des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung entfernt hat. Mithin ist eine an juristischen Begrifflichkeiten orientierte Bewertung zugunsten einer teleologischen Einzelfallbetrachtung, die für den Anwender Rechtsunsicherheiten mit sich bringt, aufgegeben worden. Ausgangspunkt dieser kritischen Auseinandersetzung ist, dass die technische Grundlage ein Abrufen von einer fremden Webseite beinhaltet. Der geframte Inhalt verbleibt somit auf der Ursprungswebseite und wird ausschließlich von dem jeweiligen Webseiteninhaber kontrolliert.157 Der Framesetzer hat keine Verfügungsmacht über entsprechende Inhalte.158 Die abweichende Meinung des EuGH sei dagegen mit der Idee der freien Informationsverfügbarkeit im Internet unvereinbar, denn Linking und Framing seien für dessen Ausgestaltung essentiell und unabdingbar in ihrer wegweisenden Form.159 Dietrich sieht daher die zuletzt ergangenen Entscheidungen gar in rechtsdogmatischer und -politischer Sicht als problematisch an.160 Seiner Ansicht nach entfernt sich der EuGH mit den zuletzt ergangenen Entscheidungen von den dogmatischen Grundlagen der öffentlichen Wiedergabe und ersetzt diese durch eine ökonomisch geprägte Gesamtbetrachtung des konkreten Sachverhalts.161 Dies bringe in gewisser Weise eine Ausgestaltung contra legem mit sich.162 Denn dem Urheber werde durch eine derartige Beurteilung die Möglichkeit genommen, Rechte an Werken mehreren Dritten einzuräumen und dafür jeweils entsprechendes Entgelt zu verlangen, da mit der Erstveröffentlichung eine Art Erschöpfungswirkung einhergeht.163 Darüber hinaus werden auch Praktikabilitätsgründe gegen die vom EuGH aufgestellten Grundsätze ins Felde geführt, da dem Verlinkenden bzw. dem Framesetzer das Prognoserisiko hinsichtlich der Rechtmäßigkeit aufgebürdet würde. Er müsste die tatsächlich oftmals schwierige Prüfung vornehmen, ob der geframte Inhalt tatsächlich mit Zustimmung des Rechteinhabers ins Inter156 Volkmann,
CR 2017, 36.
157 JurisPK-Heckmann / Specht,
Internetrecht, 5. Aufl. 2017, Kap. 3.1 Rn. 194; Wandtke / Bullinger-Bullinger, PraxKo Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 19a Rn. 29; Spindler, GRUR 2016, 157, 158; Sievers, GRUR-Prax 2012, 229. 158 Spindler, GRUR 2016, 157, 158. 159 Wille, Anm. zu BGH, Beschluss v. 16.5.2013 – I ZR 46 / 12, GRUR-Prax 2013, 297 – Die Realität. 160 Dietrich, NJ 2017, 1, 5. 161 Dietrich, NJ 2017, 1, 6; so bereits zuvor: Jari / Leenen, GRUR 2014, 362. 162 Schulze, ZUM 2015, 106, 107 ff. 163 Die Eigentumsgarantie insoweit betonend: Schulze, ZUM 2015, 106, 108.
III. Reaktion der Literatur auf die Linie der Rechtsprechung67
net gelangt ist.164 Diese Rechteklärung würde dabei nicht nur einmalig zu erfolgen haben, sondern dauerhaft, da sich der geframte Inhalt verändern und dann ggf. rechtsverletzend werden könnte.165 Für den Setzer eines Frames würden durch die tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Rechteklärung hohe Kosten entstehen, denen der Rechteinhaber nicht ausgesetzt wäre, wenn er entsprechende technische Schutzmaßnahmen vornähme, durch die er sich ausreichend schützen kann.166 Eine Verantwortlichkeit sei lediglich dann begründet, wenn die Inhalte als evident rechtswidrig einzustufen wären.167 Unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit sei überdies anzuführen, dass dem Rechteinhaber der Weg offenstehe, gegen denjenigen vorzugehen, der das Werk ursprünglich in verletzender Art und Weise durch einen entsprechenden Upload veröffentlicht hat.168 Denn durch das Setzen eines Frames werde die Anzahl der gespeicherten verletzenden Kopien nicht multipliziert, sondern bleibe identisch. Mit einem einzigen Vorgang gegenüber dem Uploader zum Zwecke der Löschung der Ursprungsdatei kann der Rechteinhaber also dafür sorgen, dass sämtliche Referenzen ins Leere gehen und das Werk nicht mehr angezeigt wird.169 2. Sonderproblem: Der Begriff der Gewinnerzielungsabsicht Strittig ist ebenfalls dies Auslegung des Begriffs der Gewinnerzielungs absicht. Die zuletzt ergangene Rechtsprechung gibt hierauf nur bedingt Antwort, so dass sich die Frage stellt, ob ausschließlich unmittelbar erzielte Gewinne einzubeziehen sind. In diese Richtung argumentieren erste Stimmen, die der Auffassung sind, dass der EuGH nur Fälle gemeint haben kann, 164 Hofmann, Linking und Framing – Ein paar Gedanken aus urheber- und lauterkeitsrechtlicher Sicht in: Specht / Lauber-Rönsberg / Becker, Medienrecht im Medienumbruch, 2016, 137, 141; Reitnauer, MDR 2015, 252, 255; Grünberger, ZUM 2015, 273, 279. 165 Spindler, GRUR 2016, 157, 159 m. w. N. 166 Hofmann, Linking und Framing – Ein paar Gedanken aus urheber- und lauterkeitsrechtlicher Sicht in: Specht / Lauber-Rönsberg / Becker, Medienrecht im Medienumbruch, 2016, 137, 141, der den Rechteinhaber im Gesamtgefüge als den „cheapest cost avoider“ sieht; Spindler, GRUR 2016, 157, 158. 167 Spindler, GRUR 2016, 157, 159. 168 Siehe zu diesem Gedankengang: Raue, Die Freiheit des Linking und Framing aus deutscher und europäischer Perspektive in: Specht / Lauber-Rönsberg / Becker, Medienrecht im Medienumbruch, 2016, 129, 130. 169 Raue, Die Freiheit des Linking und Framing aus deutscher und europäischer Perspektive in: Specht / Lauber-Rönsberg / Becker, Medienrecht im Medienumbruch, 2016, 129, 131.
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C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
in denen der Linksetzer ein direktes Entgelt erhält oder von der Verlinkung unmittelbar wirtschaftlich profitiere.170 Unter der Prämisse, dass auf die bisherige Rechtsprechung des EuGH rekurriert werden sollte, ist nach Ansicht von Volkmann, in Einklang mit der Rechtsprechung des LG Hamburg,171 nicht nur bei unmittelbarer Entgeltlichkeit172 von einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen, sondern vielmehr bereits dann, wenn eine indirekte Finanzierung173, insbesondere auch durch entsprechende Werbung174, erfolgt.175 3. Zwischenergebnis Die jüngsten Urteile des EuGH und die darauf basierende Rechtsprechung des BGH wird zu Recht kritisch gesehen. Zwar existieren auch befürwortende Stimmen, jedoch erscheinen die Mahner, die ein nicht zu verantwortendes Hindernis für die Verwendung von Framingtechnologien voraussagen, in der Überzahl. Insofern überrascht es nicht, wenn im Schrifttum weiterhin die Ansicht vertreten wird, dass es sich bei der Setzung eines Frames lediglich um eine Indexierung handelt, die keine eigene öffentliche Zugänglichmachung mit sich bringe.176 Weiterhin nicht ganz klar ist der Begriff der Gewinnerzielungsabsicht, so dass auch hier Uneinigkeit herrscht. Wie jedoch ein entsprechender Lösungsansatz unter Berücksichtigung der verschiedenen Interessen der Beteiligten aussehen könnte, wird nicht in ausreichendem Maße erörtert.
170 Rauschhofer, Linkhaftung Reloaded – Zur Haftung für Links zu rechtswidrigen Inhalten trotz Unkenntnis, abrufbar unter: http: / / www.rechtsanwalt.de / linkhaftungreloaded-haftung-hyperlink-gewinnerziehlungsabsicht-eugh-lg-landgericht-hamburg / , zuletzt abgerufen am 5.12.2017; Volkmann, CR 2017, 36, 39. 171 LG Hamburg, Beschluss v. 18.11.2016 – 310 O 402 / 16, MMR 2017, 355. 172 So aber: Rauschhofer, Linkhaftung Reloaded – Zur Haftung für Links zu rechtswidrigen Inhalten trotz Unkenntnis, abrufbar unter: http: / / www.rechtsanwalt. de / linkhaftung-reloaded-haftung-hyperlink-gewinnerziehlungsabsicht-eugh-lg-landge richt-hamburg / , zuletzt abgerufen am 5.12.2017. 173 Volkmann CR 2017, 36, 39. 174 EuGH, Urteil v. 7.3.2013 – C-607 / 11, ECLI:EU:C:2013:147 = GRUR 2013, 500, 502 f. Rn. 41 ff. – ITV Broadcasting. 175 Jani / Leenen, NJW 2016, 3135; in der Tendenz zustimmend, aber im Ergebnis offen lassend: Volkmann, CR 2017, 36, 38 f. 176 In Anlehnung an BGH, Urteil v. 17.7.2003, BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958 – Paperboy etwa: Schricker / Loewenheim-v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 19a Rn. 91 f.; Wandtke / Bullinger-Bullinger, PraxKo Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 19a Rn. 29; Conrad, CR 2013, 305, 314 f.; Ott, ZUM 2008, 556, 559; Ott, ZUM 2004, 357, 363 f.
IV. Derzeitiger Stand der Diskussion69
IV. Derzeitiger Stand der Diskussion – Wer mit Gewinnerzielungsabsicht urheberrechtsverletzende Inhalte framed, der haftet! Trotz der Stimmen in der Literatur, die die Rechtsprechung des EuGH kritisch sehen, ist dieser nach hier vertretener Ansicht im Ergebnis zuzustimmen. Denn im Rahmen der Nutzung der Framingtechnologie besteht generell ein höheres Potential für eine Verletzung nicht nur von Urheberpersönlichkeits- sondern auch von Verwertungsrechten, die es haftungsrechtlich abzubilden gilt.177 Mithin erscheint das programmatisch vereinfacht dargestellte Zwischenergebnis „wer mit Gewinnerzielungsabsicht urheberrechtsverletzende Inhalte framed, haftet“ wegen der Verletzung des Rechts der öffent lichen Wiedergabe des Rechteinhabers entsprechend der dargestellten Rechtsprechungsentwicklung interessengerecht. Die Stoßrichtung der Rechtsprechung, den mit Gewinnerzielungsabsicht handelnden Framesetzer verstärkt in die Verantwortung zu nehmen, überzeugt, da sie unter Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Leistungsfähigkeit ein ausgewogenes Verantwortlichkeitsregime statuiert, auch wenn hiergegen dogmatische Bedenken vorgebracht werden. Dies umso mehr, da die erweiterte Verantwortlichkeit unter dem Vorbehalt der Erfüllung sämt licher Tatbestandsvoraussetzungen – auch unter subjektiven Gesichtspunkten – der entsprechenden haftungsausfüllenden Normen, wie insbesondere § 97 UrhG steht, was wiederum zur Steuerung der individuellen Verantwortlichkeit herangezogen werden kann.178 So eröffnet diese mit der Vielfalt an Möglichkeiten eine Einzelfallgerechtigkeit, die die widerstreitenden Interessen von Urhebern, Nutzern und Anbietern in Einklang bringt. Dabei ist es zu begrüßen, dass dem ohne Gewinnerzielungsabsicht Handelnden geringere Prüfpflichten auferlegt werden. Er zieht keine wirtschaft lichen Früchte aus dem Setzen des Frames. Anders ist dies jedoch bei dem Framesetzer zu sehen, der den dahinterliegenden Inhalt nutzbar machen möchte. Denn nach Maßgabe einer wirtschaftlich-funktionsorientierten Bewertung sollte es nach richtiger Ansicht darauf ankommen, wer als Anbieter der betroffenen Inhalte aus der Perspektive eines Dritten auftritt.179 Zur Vermeidung von etwaigen Schutzlücken und ungerechtfertigter Besserstellung sollte eine Gewinnerzielungsabsicht nicht bezogen auf den einzelnen gesetzten Frame vorliegen müssen, sondern bezogen auf das Gesamtangebot des
177 Ott,
ZUM 2004, 357, 367. ZUM 2017, 361, 369; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2017, 217,
178 Grünberger,
228.
179 Haberstrumpf,
GRUR 2016, 763, 771.
70
C. Die Entwicklung des Haftungsregimes bei Frames
Framenden.180 Dabei sind auch mittelbare finanzielle Vorteile in Betracht zu ziehen.181 Dieser Ansicht steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass der Inhalt jederzeit durch ein Vorgehen gegen den Uploader vollständig entfernbar ist. Dem Begriff der öffentlichen Zugänglichmachung wohnt kein Zeitelement inne, so dass schon bei kürzesten Zeitspannen die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.182 Schlussendlich darf keine Unterscheidung zwischen einem Upload und einem Frame gemacht werden, da ansonsten der Rechteinhaber stets gezwungen wäre, den Inhalt löschen zu lassen.183 Nur so könnte er in diesem Fall eine Weiterverbreitung und die Perpetuierung der Rechtsverletzung verhindern. Sollte dagegen eine freie Verwendung der Framingtechnologie auch in Bezug auf rechtswidrig veröffentlichte Inhalte für zulässig angesehen werden, könnte dies die digitale Entwicklung behindern, da Rechteinhaber gezwungen wären, die Verlinkung auf technischem Wege pauschal auszuschließen.184 Bei einer freien Nutzung der Framingtechnologie würde verkannt, dass der Rechteinhaber gerade keine Zustimmung zur Nutzung erteilt hat, die er sich entgegenhalten lassen muss.185 Sofern generell gegen die entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung argumentiert wird, dass diese das gesamte Internetangebot einschränken und damit einen Hemmschuh für eine Weiterentwicklung des Mediums Internet bedingen, ist dem nicht zuzustimmen. Bei dieser kritischen Würdigung wird verkannt, dass die entsprechenden Beschränkungen nur für rechtswidrig veröffentlichte Inhalte gelten. Weiterhin darf jeder auf rechtmäßig zugänglich gemachte Inhalte verweisen, solange er dabei nicht beschränkende Maßnahmen umgeht.186 Dass mit einer rechtswidrigen Veröffentlichung unter Umständen eine rechtliche Verantwortlichkeit einhergeht, ist kein Spezialfall des Urheberrechts, sondern ein allgemeiner Rechtsgrundsatz. Auch im Internet muss für diesen Fall zugunsten der Rechteinhaber ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet sein.187
auch: Brisch / Müller-ter Jung, CR 2017, 395. Dietrich, NJ 2017, 1, 7. 182 Hendel, ZUM 2014, 102, 106; Haberstrumpf, GRUR 2016, 763, 771. 183 Höppner / Rieger, GRUR Int. 2016, 633, 635. 184 Hendel, ZUM 2014, 102, 110. 185 In ähnliche Richtung argumentierend: Ott, ZUM 2004, 357, 367. 186 Grünberger, ZUM 2016, 905, 919. 187 Hofmann, Linking und Framing – Ein paar Gedanken aus urheber- und lauterkeitsrechtlicher Sicht in: Specht / Lauber-Rönsberg / Becker, Medienrecht im Medienumbruch, 2016, 137, 148. 180 So
181 Kritisch:
IV. Derzeitiger Stand der Diskussion71
Gerade die Tatsache, dass die Verantwortlichkeit der Identifikation von verletzenden Inhalten zumindest teilweise auf diejenigen übertragen wird, die sich diese durch eine Verlinkung wirtschaftlich zu Nutze machen, ist gerechtfertigt. Denn wer sich die Früchte einer fremden Arbeit einverleiben möchte, soll auch die damit einhergehenden Belastungen tragen. Dabei ist nach zustimmungswürdiger Ansicht eine entsprechende Nutzungsziehung nicht nur dann gegeben, wenn unmittelbar hieraus Gewinne erzielt werden, da oftmals die mittelbaren Gewinn überwiegen. Der wirtschaftlich starke Linksetzer soll nicht deshalb besser behandelt werden, weil er die Inhalte kostenfrei anbietet, damit ein größeres Publikum erreicht, und nur mittelbar finanziell durch erhöhte Werbeeinahmen besser gestellt ist.
D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern bei Rechtsverletzungen durch einen nutzergesetzten Frame Basierend auf der Arbeitshypothese „wer mit Gewinnerzielungsabsicht urheberrechtsverletzende Inhalte framed, haftet“ stellt sich die Frage, ob neben dem Framesetzer auch der personenverschiedene Plattformbetreiber, über dessen Service der Frame gesetzt wurde, in Anspruch genommen werden kann. Zur Einordnung der Situation wird zunächst der status quo der Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern als Störer dargestellt. Im Anschluss wird sodann die Frage aufzuwerfen sein, ob dieser status quo – auch wegen der zuletzt ergangenen Rechtsprechung des EuGH unter Berücksichtigung einer Gewinnerzielungsabsicht – nicht einem gewissen Anpassungsbedarf unterliegt und somit weitergehende Ansprüche, insbesondere unter Maßgabe der Vorgaben des § 97 UrhG, eröffnet sind. Einleitend soll jedoch der allgemeine rechtliche Rahmen abgesteckt werden, innerhalb dessen eine Einordnung der Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern zu erfolgen hat.
I. Gesetzliche Rahmenbedingungen de lege lata für Plattformbetreiber Aufgrund des immensen Ausmaßes von Daten im Internet werden Provider im Sinne des TMG privilegiert.1 Es soll diesen Providern de lege lata, unabhängig von ihrer Rolle im Gesamtgefüge, nicht zugemutet werden diese Datenmenge dauerhaft zu kontrollieren, insbesondere in solchen Fällen, in denen der jeweilige Inhalt von eigenverantwortlichen Dritten stammt.2 Die Frage der genauen dogmatischen Einordung dieser Privilegierung wird zu diskutieren sein, bevor die unterschiedlichen Regelungen für Anbieter eigener Inhalte, auch als Content-Provider bezeichnet, und den Host-Providern, die Inhalte lediglich für andere eigenverantwortliche Nutzer speichern, im Einzelnen dargestellt werden. Zunächst ist jedoch jeweils das Verhältnis zu den allgemeinen Normen zu erörtern. 1 BeckOK-Valerius, 2 Fechner,
StGB, 37. Edition Stand: 1.2.2018, Providerhaftung Rn. 15. Medienrecht, 18. Aufl. 2017, S. 351 Rn. 26.
I. Gesetzliche Rahmenbedingungen de lege lata73
Mangels Relevanz für die vorliegende Untersuchung und ihres Charakters als Sondervorschrift sollen die Einzelheiten der Regelungen der §§ 8 und 9 TMG, d. h. Regelungen zur Durchleitung von Informationen und zur Zwischenspeicherung zur beschleunigten Übermittlung, außen vor bleiben; auch sollen Sonderregeln zu Access-Providern nicht in die Darstellung mit einbezogen werden, soweit sie nicht verallgemeinerungsfähige Gedankengänge mit sich bringen, da Plattformbetreiber regelmäßig nicht als Access-Provider einzustufen sind. 1. Volle Anwendbarkeit der allgemeinen Normen Unabhängig davon, ob es sich bei dem Plattformbetreiber um einen Hostoder Content-Provider handelt, haftet dieser nach den allgemeinen Vorschriften. Dies ergibt sich aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 7 Abs. 1 TMG, der eine grundsätzlich volle Verantwortlichkeit vorsieht, wenn nicht die Besonderheiten der §§ 8 bis 10 TMG greifen. Eine zivil- oder strafrechtliche Verantwortung kann sich beispielsweise aus den einschlägigen Spezialgesetzen, etwa aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG, §§ 14 Abs. 5, 15 Abs. 4 MarkenG oder § 8 UWG oder den allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen der §§ 823, 1004 BGB ergeben.3 Mithin ergeben sich de lege lata hinsichtlich der Anwendbarkeit urheberrechtlicher Verantwortlichkeiten keine Unterschiede im Vergleich zu dem in Abschnitt C. behandelten Framenden. Auch der Plattformbetreiber könnte bei Vorliegen der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen voll zur Verantwortung gezogen werden. 2. Spezifische Beschränkungen durch das Telemediengesetz und die E-Commerce-Richtlinie Wie bereits einleitend angedeutet, ist bei der Frage der Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern stets von dem durch die E-Commerce-Richtlinie aus Art. 15 abgeleiteten Grundsatz auszugehen, dass keine allgemeine Überwachungspflicht normiert werden darf und die Haftung für unerlaubte Handlungen anderer zu beschränken ist.4 Die Regelungen des TMG beinhalten vor dem Hintergrund der E-Commerce-Richtlinie haftungsrelevante Erleichterungen für Tätigkeiten „rein technischer, automatischer und passiver Art“ durch
3 Beck-OK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 5, der zurecht darauf hinweist, dass die Überschrift Verantwortlichkeit des Abschnitts 3 des TMG als missverständlich anzusehen ist. 4 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 16.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Dienstanbieter.5 Dabei sind die entsprechenden Vorgaben nicht nur für bestimmte Rechtsgebiete maßgeblich, sondern fungieren als rechtsgebietsübergreifende Leitlinien, die nicht nur für das gesamte Zivilrecht sondern auch für das Straf- und Verwaltungsrecht Gültigkeit beanspruchen.6 Sie begründen für sich genommen jedoch keine eigenständigen Haftungstatbestände und beinhalten daher weder straf-, zivil- noch öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen.7 a) Anwendungsbereich des TMG Das TMG statuiert kein in sich geschlossenes Haftungssystem für Handlungen im Internet, sondern nur einzelne Tatbestände, die durch die allgemeinen Gesetze flankiert werden.8 Durch den weiten Anwendungsbereich sind die gesetzlichen Vorgaben für Provider dennoch im TMG als einheitliches Gesetz allgemeinverbindlich festgelegt, und zwar unabhängig davon, welche Dienstleistungen sich hinter dem Angebot des jeweiligen Providers verbergen. Nach § 1 TMG finden die Regelungen des Gesetzes auf alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, einschließlich der öffentlichen Stellen unabhängig davon, ob für die Nutzung ein Entgelt erhoben wird, Anwendung. Folglich ist die Bestimmung des Anwendungsbereichs an die Begriffsdefinition der Telemedien in Abgrenzung zu den Vorschriften des Telekommunikations- und Rundfunkrechts geknüpft.9 Dabei erfolgt eine Definition der Telemedien nach allgemeinem Verständnis und gesetzgeberischer Intention nicht durch positive Festlegung per Legaldefinition, sondern bestimmt sich durch eine Negativabgrenzung gegenüber Telekommunika tionsdiensten und Rundfunk.10
5 Vgl.: Richtlinie 2000 / 31 / vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt, S. 6, Erwägungsgrund 42. 6 Hoeren / Sieber / Holznagel-Sieber / Höfinger, Multimedia-Recht, 44. EL Januar 2017, Teil 18.1 Rn. 1. 7 Amtliche Begründung, BT-Drs. 14 / 6098, S. 22; Köhler / Fetzer, Recht des Internets, 8. Aufl. 2016, Rn. 802. 8 Ensthaler / Weidert-Weidert / Molle, Urheberrecht und Internet, 3. Aufl. 2017, S. 389. 9 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Gitter, 3. Aufl. 2013, § 1 TMG Rn. 1. 10 Amtliche Begründung, BT-Drs. 16 / 3078, S. 13.
I. Gesetzliche Rahmenbedingungen de lege lata75
b) Systematische Einordnung der Regelungen des TMG Telos der Haftungsprivilegierungen ist der Ausgleich der oftmals divergierenden Interessen der am Informationsaustausch beteiligten Personen.11 Sofern sich die Tätigkeit auf Dienstleistungen „rein technischer, automatischer und passiver Art“, beschränkt ist eine unbeschränkte Haftung ungerechtfertigt.12 Probleme bereiten in diesem Zusammenhang häufig die Fragen der Wirkungsweise und des Umfangs der Haftungsprivilegierung, insbesondere auch im Hinblick auf die Anwendbarkeit dieser auf Unterlassungsansprüche. aa) Funktionsweise der Haftungsprivilegierungen Streitbehaftet ist zunächst die Funktionsweise der Regelungen der §§ 7 bis 10 TMG. Während die h. M. im Rahmen eines zweistufigen Modells13 eine Vorfilterfunktion der Regelungen angewendet wissen möchte,14 gehen andere Stimmen davon aus, dass eine nachträgliche Wirkungsweise mit diesen Regelungen verbunden ist.15 Dabei deuten die Gesetzesmaterialien zunächst darauf hin, dass den Normen eine Vorfilterfunktion dergestalt zukommt, bestimmte Fälle von der verantwortlichen Zurechnung auszunehmen, um so den spezifischen Umständen des Internets und dem Telos der E-Commerce-Richtlinie – der Schaffung eines Gleichgewichts in Bezug auf die oftmals divergierenden Interessen der am Informationsaustausch beteiligten Personen – zu entsprechen.16 Insofern wäre die Prüfung der Anwendbarkeit der §§ 7 bis 10 TMG der Prüfung der allgemeinen, anspruchsbegründenden Normen vorzuschal11 Richtlinie 2000 / 31 / EG vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt, S. 6, Erwägungsgrund 41. 12 Richtlinie 2000 / 31 / EG vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt, S. 6, Erwägungsgrund 42. 13 Zum ebenfalls vertretenen, mangels Vereinbarkeit mit der gesetzgeberischen Intention nicht zu befürwortenden einstufigen Modell siehe überblicksartig: Wenske, Die Rolle der Internet Service Provider im deutschen und US-amerikanischen Recht, 2016, S. 29 f. m. w. N. 14 Amtliche Begründung, BT-Drs. 13 / 7385, S. 51; BGH, Urteil v. 23.9.2003 – VI ZR 335 / 02, MMR 2004, 166, 167; Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im Netz, 2012, S. 205; Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, Vorb. § 7 ff. TMG Rn. 30. 15 Sobola / Kohl, CR 2005, 443, 445; Hoffmann, MMR 2002, 284, 285. 16 Amtliche Begründung, BT-Drs. 14 / 6098, 23.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
ten.17 Andere Stimmen in der Literatur wollen dagegen aus der Gesetzesbegründung herauslesen, dass es sich um eine nachträgliche Filterfunktion handelt, die nach Bejahung der Tatbestandsvoraussetzungen zur Anwendung kommt.18 Gemein ist beiden Ansichten allerdings die Zuordnung einer Filterfunktion der entsprechenden Regelungen. Ob diese sich als Vorfilterfunktion oder als nachgelagerter Filter präsentiert, ist regelmäßig unbedeutend, da ihre tatbestandsauschließende Wirkung identisch ist. Obwohl im Grundsatz der Ansatz der herrschenden Meinung als Vorfilter zu überzeugen vermag, da es sich um eine Frage der Zurechenbarkeit, die stets auf Tatbestandsebene einzuordnen ist, handelt19, kann damit für die hier zu untersuchende Frage, eine Entscheidung dahinstehen. Dies umso mehr, als sich nur Unterschiede ergeben würden, wenn es nicht um die Frage der Eigenverantwortlichkeit des Dienstanbieters ginge, sondern um eine Teilnahmesituation als Anstiftender oder Beihilfeleistenden oder in Irrtumsfragen, wo dies ggf. noch einmal spezifisch aufzugreifen wäre.20 Sofern ein Dienstanbieter dem Anwendungsbereich der Normen des TMG unterfällt, kommt er mithin im Grundsatz in den Genuss der anwendbaren Privilegierungen. bb) Umfang der Haftungsprivilegierung Unabhängig von der Frage, ob mit der Haftungsprivilegierung eine Vorfilterfunktion oder ein nachträglich wirkender Tatbestandsauschluss verbunden ist, wird die Anwendbarkeit der Privilegierungstatbestände auf Unterlassungsansprüche kontrovers diskutiert. Von praktischer Bedeutung ist diese Differenzierung etwa für die im gewerblichen Rechtsschutz häufig angestrebten vorbeugenden Unterlassungsklagen, bei denen es den Gläubigern 17 BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 6; Auer-Reinsdorff / Conrad-Sobola, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 2. Aufl. 2016, § 42 Rn. 76. 18 Amtliche Begründung, BT-Drs. 14 / 6098, 23; Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 7; Haug, Grundwissen Internetrecht, 3. Aufl. 2016, Abschn. 3.2.1.3 Rn. 122; Sobola / Kohl, CR 2005, 443, 445, die sich im Wesentlichen auf die Formulierung „Sind daher im Einzelfall die Voraussetzungen der allgemeinen Vorschriften für eine Haftung erfüllt, so ist der Dienstanbieter für die Rechtsgutsverletzung gleichwohl nicht verantwortlich, wenn er sich auf das Eingreifen der §§9, 10 oder 11 berufen kann“ zur Gesetzesbegründung der Vorgängernorm des TDG stützen. 19 Insofern überzeugend: Klein, Haftung von Social-Sharing Plattformen, 2012, S. 33 unter Verweis auf u. a.: Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, Vorb. § 7 ff. TMG Rn. 32. 20 So überzeugend: Beck’scher Kommentar zum Recht der TelemediendiensteJandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 7.
I. Gesetzliche Rahmenbedingungen de lege lata77
vornehmlich nicht um die nachträgliche Entfernung einer konkreten Information, sondern um Verhinderung des Rechtsverstoßes durch abstrakte, in den Klageanträgen festgelegte Kriterien geht.21 In diesen Fällen ist der Diensteanbieter somit nicht über eine konkrete rechtswidrige Information in Kenntnis gesetzt worden; eine solche Information kann durch den Diensteanbieter daher auch nicht entfernt oder gesperrt werden. (1) K eine Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierung auf Unterlassungsansprüche Die Vertreter einer in Rechtsprechung und Schrifttum verbreiteten Meinung stellen sich in der Frage der Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierungen auf Unterlassungsansprüche auf den Standpunkt, dass diese Haftungsprivilegierungen aufgrund gesetzgeberischer Klarstellung durch § 10 Abs. 2 S. 2 TMG per se nicht auf Unterlassungsansprüche – und damit auch nicht auf die im nächsten Abschnitt zu behandelnde Störerhaftung22 – anwendbar sind.23 Die Haftungsprivilegierung führe damit lediglich zu einem Ausschluss der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Der Gesetzgeber habe sich für eine Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie in Abs. 2 entschlossen, welcher gleichsam als Klammer vor den speziellen Verantwortlichkeitsregelungen der §§ 8–10 TMG zu lesen sei.24 Allerdings sehen auch die entsprechenden Stimmen die Problematik einer Kollision mit den Einschränkungen des § 7 Abs. 1 TMG durch ein derart weites Verständnis. Mithin ist die Entfernungs- und Sperrpflicht so auszugestalten, dass diese nicht als Nebeneffekt zu einer allgemeinen Überwachungspflicht führt.25 Folglich sind die Handlungspflichten von einer Kenntnis des Plattformbetreibers abhängig zu machen.26 Sofern dieser Kenntnis hat, er21 BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 57. 22 BGH, Urteil v. 22.7.2010 – I ZR 139 / 08, GRUR 2011, 152, 153 Rn. 26 – Kinderhochstühle im Internet. 23 Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 37; Nomos-BR-Müller-Broich, Telemediengesetz, 1. Aufl. 2012, § 7 Rn. 10; Bott / Conrad / Joachim / Nordemann / Pilla, GRUR Int. 2011, 905, 906; Lehment, GRUR 2005, 210 f.; Spindler / Dorschel, CR 2005, 38, 41; Schultz, WRP 2004, 1347, 350 ff.; Pankoke, MMR 2004, 690; Lehment, WRP 2003, 1058, 1063 f.; Hoffmann, MMR 2002, 284 286. 24 BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 56. 25 Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 41. 26 Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 41.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
wachsen hieraus spezifisch – und nicht aus potenziell allgemeinen Überwachungspflichten – die entsprechenden Verpflichtungen aus den allgemeinen Gesetzen.27 (2) A nwendbarkeit der Haftungsprivilegierungen auch auf Unterlassungsansprüche Die Vertreter der gegenteiligen Ansicht, wonach auch eine Anwendung auf Unterlassungsansprüche gegeben sei, geben zu bedenken, dass in § 10 Abs. 2 S. 2 TMG lediglich von Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allg. Gesetzen die Rede ist.28 Systematisch liege es daher nahe, die §§ 7–10 TMG nicht als selbständige Schranken der Intermediärshaftung, sondern als gesetzliche Konkretisierung der Prüfungs- und Überwachungspflichten anzusehen.29 Der Ausschluss des § 10 Abs. 2 S. 2 TMG beziehe sich daher vielmehr richtigerweise nur auf einen Teil der Störerhaftung, nämlich auf die Entfernung und Sperrung konkreter Informationen.30 Nach Erwägungsgrund 45 der E-Commerce-Richtlinie lassen die Beschränkungen der Verantwortlichkeit der Diensteanbieter die Möglichkeit von Anordnungen unterschiedlicher Art unberührt.31 Vorgaben in Bezug auf die inhaltliche Ausgestaltung der Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche enthalte die Richtlinie aber gerade nicht.32 Die Reichweite der Haftungsprivilegierung sei daher primär auto27 Zur in diesem Absatz dargestellten Ausgestaltung insgesamt: Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 41, unter Verweis auf die gesetzgeberische Intention: Amtliche Begründung, BT-Drs. 14 / 6098, S. 23. 28 BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 56. 29 Ohly / Sosnitza-Ohly, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, § 8 UWG Rn. 126 unter Verweis auf: BGH, Urteil v. 12.7.2012 – I ZR 18 / 11, BGHZ 194, 339 = GRUR 2013, 370, 371 Rn. 19 – Alone in the Dark; BGH, Urteil v. 17.8.2011 – I ZR 57 / 09, BGHZ 191, 19 = GRUR 2011, 1038, 1040 Rn. 22 ff. – Stiftparfüm; BGH, Urteil v. 22.7.2010 – I ZR 139 / 08, MMR 2011, 172, 173 Rn. 38 – Kinderhochstühle im Internet. 30 Richtlinie 2000 / 31 / EG vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt, S. 6, Erwägungsgrund 45; BeckOK-Paal, Informationsund Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 56; Hoeren / Sieber / Holznagel-Sieber / Höfinger, Multimedia-Recht, 44. EL Januar 2017, Teil 18.1 Rn. 50. 31 BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 56. 32 BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 56; Hoeren / Sieber / Holznagel-Sieber / Höfinger, Multimedia-Recht, 44. EL Januar 2017, Teil 18.1 Rn. 47; krit. dazu Spindler, MMR 1999, 199, 204.
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nom unter Beachtung der üblichen Auslegungsregeln zu ermitteln.33 Um Widersprüche innerhalb des abgestuften Haftungssystems zu vermeiden, ist unter Beachtung der Systematik bei der Auslegung von Abs. 2 S. 2 insbesondere die Regelung des Abs. 2 S. 1 zu beachten, so dass eine volle Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierungen auch im Falle von Unterlassungsansprüchen angezeigt sei.34 (3) Entwicklung der Position des EuGH Die umstrittene Frage, ob auch Unterlassungsansprüche von der Privilegierung umfasst sind, hatte der EuGH lange Zeit offengelassen bzw. nur andeutungsweise behandelt. So fand in der Vergangenheit bei der Anwendung der Haftungsprivilegierungen keine Differenzierung zwischen Schadensersatzund Unterlassungsansprüchen statt.35 Dennoch endete nach Ansicht des Gerichtshofs die aus der Tätigkeit des Plattformbetreibers erwachsende Verpflichtung nicht automatisch durch die Beseitigung eines konkreten Inhalts, sondern im spezifischen Fall erst mit der Verhinderung gleichartiger Verletzungen, was zumindest eine gewisse Differenzierung nicht ausschloss.36 Mit seiner Entscheidung in der Rechtssache „McFadden“ hat der EuGH seine bisher zurückhaltende Haltung aufgegeben. Zwar gewähre Art. 12 Abs. 1 E-Commerce-Richtlinie im Hinblick auf Schadensersatzansprüche ein Haftungsprivileg.37 Im Hinblick auf Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, also das Ergreifen von Maßnahmen, um die Urheberrechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern, finde dieses Privileg jedoch gerade keine Anwendung.38 Der EuGH stützt seine neueren Überlegungen auf die gesetzgeberische Intention folgend aus Art. 12 Abs. 3 der E-CommerceRichtlinie, wonach die Möglichkeit unberührt bleiben soll, dass ein Gericht 33 BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 56; Hoeren / Sieber / Holznagel-Sieber / Höfinger, Multimedia-Recht, 44. EL Januar 2017, Teil 18.1 Rn. 47. 34 Ohly / Sosnitza-Ohly, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Aufl. 2016, § 8 UWG Rn. 126; BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 56; Köhler / Fetzer, Recht des Internet, 8. Aufl. 2016, Rn. 831; Wiebe, WRP 2012, 1182, 1186; Hacker, GRUR-Prax 2011, 391. 35 EuGH, Urteil v. 23.3.2010 – C-236 / 08 bis C-238 / 08, ECLI:EU:C:2010:159 = NJW 2010, 2029 – Google France. 36 EuGH, Urteil v. 12.7.2011 – C-324 / 09, ECLI:EU:C:2011:474 = GRUR 2011, 1025, 1034 Rn. 131 – L’Oréal / eBay. 37 EuGH, Urteil v. 15.9.2016 – C-484 / 14, ECLI:EU:C:2016:689 = MMR 2016, 760, 762 Rn. 74 – McFadden. 38 EuGH, Urteil v. 15.9.2016 – C-484 / 14, ECLI:EU:C:2016:689 = MMR 2016, 760, 762 Rn. 77 – McFadden; Nordemann, GRUR 2016, 1097, 1100.
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oder eine Verwaltungsbehörde vom Diensteanbieter verlangt, die Urheberrechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern.39 (4) Stellungnahme und Zwischenergebnis Nach der zuletzt ergangenen Rechtsprechung des EuGH in der Rechts sache „McFadden“ wollen die Stimmen, die weiter von einer Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierungen ausgehen, nicht verstummen.40 Dennoch wird man mit der zuletzt ergangenen Entscheidung davon ausgehen können, dass die Privilegierungstatbestände der E-Commerce-Richtlinie und damit auch des TMG restriktiv auszulegen sind und somit auf Unterlassungsansprüche keine Anwendung finden. Der EuGH hat sich dabei in seinen Ausführungen der bereits so in der Rechtsprechung des BGH vertretenen Linie angeschlossen. Dies überzeugt.41 Denn nur durch eine solche Auslegung kann der gesetzgeberischen Intention eines hohen Schutzniveaus für Rechteinhaber im Sinne der Regelungen der InfoSoc-Richtlinie Rechnung getragen werden, wie es der EuGH zuletzt in seinen Entscheidungen in den Rechtssachen „Svensson“, „BestWater“ und „GS Media“ betont hat.42 Eine andersartige Auslegung würde dem Rechteinhaber lediglich ein Vorgehen gegen den Erstverletzer ermöglichen und den Plattformbetreiber vollständig aus der Verantwortung entlassen. c) Haftungsregime nach § 7 TMG Entsprechend der gesetzgeberischen Intention, unterscheidet § 7 TMG nach der Verantwortlichkeit für eigene Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen (Abs. 1) und der Verantwortlichkeit für fremde Inhalte (Abs. 2). aa) Verantwortlichkeit für eigene Inhalte Sofern und soweit ein Plattformbetreiber eigene Informationen zur Nutzung bereithält, so haftet er nach § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Vorschriften, insbesondere nach den Regelungen der §§ 97 ff. UrhG. Allgemeines Verständnis ist, dass sich aus § 7 Abs. 1 TMG keine eigene An39 EuGH, Urteil v. 15.9.2016 – C-484 / 14, ECLI:EU:C:2016:689 = MMR 2016, 760, 762 Rn. 76 – McFadden. 40 Hoeren / Klein, Anmerkung zu EuGH, Urteil v. 15.9.2016 – C-484 / 14, ECLI:EU: C:2016:689 = MMR 2016, 760, 764 f. – McFadden. 41 So im Ergebnis auch: Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 47. 42 Vgl. zu den entsprechenden Entscheidungen Abschnitt C.
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spruchsgrundlage ergibt. Dementsprechend müssen sämtliche Tatbestands voraussetzungen der jeweiligen Anspruchsnormen für eine Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers in dessen Person begründet sein.43 Nicht abschließend geklärt ist jedoch, welche Inhalte unter dem Begriff der eigenen Inhalte zu subsumieren sind, so dass die Regelung auslegungsbedürftig ist. Dabei kann nicht nur auf das nationale Verständnis abgestellt werden, vielmehr ist die jeweilige Bestimmung nach Maßgabe der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache „L’Oreal / eBay“ „nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut, sondern auch unter Berücksichtigung ihres Zusammenhangs und der Ziele auszulegen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt wer den.“44 Da der nationale Gesetzgeber trotz des Gebots der Vollharmonisierung die Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie nicht mittels der gleichen Begrifflichkeiten umgesetzt hat, bereitet eine richtlinienkonforme Auslegung gewisse Schwierigkeiten. Statt des Begriffspaars „fremd“ und „eigen“ möchte der europäische Gesetzgeber nach Art. 12 bis 15 der E-Commerce-Richtlinie eine Abgrenzung ausgehend von „Diensten der Informationsgesellschaft“ vornehmen, die in der Verarbeitung „von einem Nutzer eingegebenen Informationen“ bestehen.45 Stammt also eine Information vom Diensteanbieter selbst, gelten die Haftungsprivilegierungen der §§ 8 bis 10 nicht.46 In allen anderen Fällen, ist ein Versuch zu unternehmen, die Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie aufgrund des Grundgedanken des effet utile47 in größtmöglichem Umfang zur Anwendung zu bringen. Der EuGH stellt unter Verweis auf die Vorgaben der Richtlinien darauf ab, ob Plattformbetreiber ihre Dienstleistungen neutral aus einer rein passiven Position mittels rein technischer und automatischer Verarbeitungen der von einem Dritten eingegebenen Daten erbringen.48 Nimmt der Plattformbetreiber dagegen außerhalb seiner neutralen Mittlerrolle eine aktive Rolle ein, die potenziell eine Kenntnis von bestimmten Daten mit sich bringt oder eine Kontrollmöglichkeit eröffnet, bewegt er sich hinsichtlich dieser Informationen außerhalb des Anwendungsgebiet des Haftungsprivilegs folgend aus 43 Vgl.
hierzu, insbesondere § 97 UrhG als Anspruchsgrundlage: Abschnitt A. III. Urteil v. 12.7.2011 – ECLI:EU:C:2011:474 = GRUR 2011, 1025, 1034 Rn. 111 – L’Oreal / eBay. 45 Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 15. 46 Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 15. 47 Zum Grundgendanken des effet utile: Potacs, EuR 2009, 465. 48 Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 16. 44 EuGH,
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Art. 14 f. E-Commerce-Richtlinie und damit auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 7 Abs. 2 TMG.49 (1) Eigene Inhalten als Tatbestandsmerkmal Mit Sicherheit wird man unter den Begriff der eigenen Inhalte solche Informationen subsumieren müssen, die vom Plattformbetreiber selbst oder durch einen Dritten für diesen erstellt worden sind.50 In einem solchen Fall hat der Plattformbetreiber jedenfalls den Bereich der passiven, neutralen Mittlerrolle verlassen. Eine Verantwortlichkeit nach den allgemeinen Vorschriften ist angezeigt. (2) Zu-eigen-gemachte Inhalte als eigene Inhalte? Ob unter den Begriff der eigenen Inhalte dagegen auch solche Informationen fallen, die ursprünglich von einem Dritten stammen, aber für einen objektiven Dritten so wirken, als ob diese vom Plattformbetreiber selbst stammen (sog. zu-eigen-gemachte Inhalte), ist umstritten. Hintergrund dieser Überlegungen ist dabei, dass derjenige, der keine klare Distanzierung von Fremdinhalten vornimmt und sich somit als Anbieter geriert, für die Rechtmäßigkeit dieser Inhalte vollumfänglich verantwortlich sein könnte.51 Aufgrund europarechtlicher Vorgaben, gerade in der E-Commerce-Richtlinie, stellt sich primär die Frage der europarechtlichen Vereinbarkeit einer Auslegung des Begriffs unter Einbeziehung von zu-eigen-gemachten Inhalten. Die genaue Festlegung der einschlägigen Tatbestandsvoraussetzungen, als das „Wie“ des Zu-eigen-Machens, bleibt dem gesonderten Abschnitt D. III. 3. d) vorbehalten. (a) U nvereinbarkeit der Rechtsfigur des Zu-eigen-Machens mit der E-Commerce-Richtlinie Hintergrund der Diskussion bezüglich des Umgangs mit zu-eigen-gemachten Inhalten ist, dass die E-Commerce-Richtlinie keine Unterscheidung zwischen eigenen und fremden Inhalten vornimmt. Vielmehr setzen die Art. 12– 14 der Richtlinie als relevante Aspekte bei von Nutzern eingegeben Informa49 EuGH, Urteil v. 12.7.2011 – C-324 / 09, ECLI:EU:C:2011:474 = GRUR 2011, 1025, 1034 Rn. 106 ff. – L’Oreal / eBay; Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 15. 50 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 33. 51 Ziegler, Urheberrechtsverletzung durch Social Sharing, 2016, S. 203.
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tionen an. Insofern knüpfen die Haftungserleichterungen nicht an die Fremdheit der Information an, sondern orientieren sich allein an technischen Vorgängen und deren Kontrollmöglichkeiten.52 Aufgrund dieser Abweichung im Wortlaut, wird von einigen Stimmen angenommen, dass die Rechtsfigur des Zu-eigen-Machens mit den Vorgaben der Richtlinie nicht vereinbar ist, da hierdurch eine von der Intention der Richtlinie abweichende Verantwortlichkeit statuiert würde.53 Denn grundsätzlich soll für eine nicht vom Anbieter stammende Information die Haftungsprivilegierung des TMG bzw. der E-Commerce-Richtlinie greifen, was durch die Figur des Zu-eigen-Machens ins Gegenteil verkehrt würde. Zudem kann es aufgrund der rein technischen Einordung nicht darauf ankommen, ob der Anbieter aus Sicht eines Dritten sich Inhalte zu-eigen-machen möchte, da diese nicht von ihm stammen und er damit technisch nicht Herr des Verfahrens ist.54 Im Ergebnis würde ein derartiges Haftungsregime, welches eine Verantwortlichkeit bei zu-eigen-gemachten Inhalten vorsieht, zu einer nicht intendierten proaktiven Überwachungspflicht des Plattformbetreibers führen.55 Da die Richtlinie eine Vollharmonisierung mit sich bringe, sei nach alledem kein Platz für eine Erweiterung des Terminus eigene Inhalte unter dem Gesichtspunkt des Zu-eigenMachens.56 (b) B eibehaltung der anwendbaren Grundsätze trotz Neuordnung durch die E-Commerce-Richtlinie Die Gegenmeinung führt dagegen an, dass eine Anlehnung an das Presserecht, mit einem Zu-eigen-Machen als anerkannte Rechtsfigur, geboten sei.57 Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die bereits zur Vorgängervorschrift § 5 Teledienstgesetz („TDG“) vertretenen Grundsätze, und damit auch die hinsichtlich eines Zu-eigen-Machens, nach der Neuordnung des Rechts der Telemediendienste durch die E-Commerce-Richtlinie 52 Spindler,
MMR 2004, 440, 441.
53 Hoeren / Sieber / Holznagel-Sieber / Höfinger,
Multimedia-Recht, 44. EL Januar 2017, Teil 18.1 Rn. 42; BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 34; Spindler, MMR 2004, 440, 441, Hoffmann, MMR 2002, 284, 288. 54 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 36; Spindler, MMR 2004, 440, 441. 55 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 36. 56 BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 34. 57 Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 16.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
keine Anwendung mehr finden sollten, da diese nach der Gesetzesbegründung gerade unverändert fortgelten sollten.58 Insbesondere greife in diesem Zusammenhang die rein technisch orientierte Beurteilung zu kurz; vielmehr sei unter teleologischen Gesichtspunkten der Richtlinie eine Bewertung vorzunehmen. Auch der verfolgte Sinn und Zweck der Richtlinie, niedergelegt in den Erwägungsgründen, muss in die Überlegungen einbezogen werden.59 Zwar sind diese Erwägungsgründe mangels Normqualität keine selbständige Rechtsquelle; jedoch stellen sie aufgrund ihrer gemeinsamen Veröffentlichung einen integralen Bestandteil der Richtlinie dar.60 Insofern ist es folgerichtig, wenn der EuGH in seiner Rechtsprechung betont, dass die Erwägungsgründe den Inhalt des normativen Gemeinschaftsrechtsaktes präzisieren können.61 Nach alledem ist Erwägungsgrund 42 der E-Commerce-Richtlinie im Rahmen der Auslegung als Interpretationshilfe heranzuziehen, der sich dezidiert mit den Gründen für eine normative Privilegierung auseinandersetzt und somit die entsprechenden Erwägungen des Gesetzgebers zu dem entsprechenden Themenkomplex wiedergibt.62 Demzufolge kann davon ausgegangen werden, dass der europäische Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Haftungsprivilegierungen auf Vermittler technischer, automatischer und passiver Art beschränken wollte. Mithin wollte der Gesetzgeber nur solche Plattformbetreiber privilegieren, die in einem neutralen Verhältnis zu den bereitgestellten Informationen stehen.63 Denn nur in diesen Fällen, der rein technisch geprägten Beziehung zu den bereitgestellten Daten, fehlt es dem Plattformbetreiber an der notwendigen Kenntnis der Daten und damit auch der Kontrollmöglichkeit.64 Sofern sich aber ein Plattformbetreiber Inhalte zu-eigen-macht, verlässt er diese neutrale Rolle gerade und verleibt sich diese Inhalte ein. Diese Ansicht lässt sich auch mit der Rechtsprechung des EuGH in Einklang bringen. Nach den Erwägungen in der Rechtssache „Google France“65, 58 Zur
weiteren Anwendbarkeit: Amtliche Begründung, BT-Drs. 14 / 6098, S. 23. EuR 2009, 465. 60 Riesenhuber-Köndgen, Europäische Methodenlehre, 3. Aufl. 2015, § 7 Rn. 40. 61 EuGH, Urteil v. 22.12.2008 – C-549 / 07, ECLI:EU:C:2008:771 = NJW 2009, 347 – Wallentin-Herman. 62 Vgl.: Richtlinie 2000 / 31 / vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt, S. 6, Erwägungsgrund 42. 63 Klein, Haftung von Social-Sharing Plattformen, 2012, S. 57; Roggenkamp, Web 2.0 Plattformen, 2010, S. 203; Matthies, Providerhaftung für Online-Inhalte, 2004, S. 143. 64 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, S. 57. 65 EuGH, Urteil v. 23.3.2010 – C-236 / 08 bis C-238 / 08, ECLI:EU:C:2010:159 = NJW 2010, 2029 – Google France. 59 Potacs,
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begrenzt Erwägungsgrund 42 der E-Commerce-Richtlinie den Anwendungsbereich der Verantwortlichkeitsbestimmungen.66 Der Gerichtshof führte ent sprechend aus, dass eine Privilegierung nur dann gerechtfertigt erscheint, wenn das Verhalten des Plattformbetreibers auf das eines Vermittlers beschränkt bleibt.67 (c) Stellungnahme und Zwischenergebnis: Haftung nach allgemeinen Vorschriften bei eigenen und zu-eigen-gemachten Inhalten Nach hier vertretener Ansicht haftet der Plattformbetreiber entsprechend § 7 Abs. 1 TMG sowohl für eigene als auch zu-eigen-gemachte Inhalte nach den allgemeinen Vorschriften. Naturgemäß müssen jedoch in seiner Person sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen der haftungsbegründenden allgemeinen Norm erfüllt sein. Auch wenn von einigen Stimmen, die sich ausschließlich am Wortlaut der Norm orientieren, eine Konformität mit europäischem Recht verneint wird, ist aufgrund der Auslegung unter Heranziehung der Erwägungsgründe (weiterhin) von der Anwendbarkeit der Rechtsfigur des Zu-eigen-Machens auszugehen. Bei zu-eigen-gemachten Inhalten kann sich nicht darauf berufen werden, dass die entsprechenden Informationen fremd sind und er demzufolge in den Genuss der Haftungsprivilegierungen des TMG kommt. Programmatisch ist davon auszugehen, dass Dienstanbieter, die nicht mehr im Auftrag des Nutzers, sondern zumindest auch für sich selbst Informationen speichern, nicht mehr in den Genuss der Haftungsprivilegierung kommen.68 Jedoch darf eine solche Haftungserweiterung nicht für solche Plattformbetreiber gelten, die sich lediglich in einer neutralen Vermittlerrolle befinden. Sobald diese Neutralität aber aufgegeben wird, kann aus der E-CommerceRichtlinie keine Begründung für eine Privilegierung hergeleitet werden. Die entscheidende Frage ist somit nach hier vertretener Meinung nicht mehr, ob eine Verantwortlichkeit genereller Natur für zu-eigen-gemachte Inhalte besteht69, sondern unter welchen Voraussetzungen – dies stets unter Bezug66 Dies ist nicht zuletzt aufgrund des hohen Stellenwerts der Erwägungsgründe als Maßstab der teleologischen Auslegung, so: Klein, Haftung von Social-SharingPlattformen, 2012, S. 56 unter Verweis auf: Riesenhuber-Köndgen, Europäische Methodenlehre, 3. Aufl. 2015. § 7 Rn. 42; Hess, IPRax 2006, 348, 354. 67 EuGH, Urteil v. 23.3.2010 – C-236 / 08 bis C-238 / 08, ECLI:EU:C:2010:159 = NJW 2010, 2029 – Google France. 68 Freytag, GRUR-Prax 2010, 355, 357. 69 Befürwortend beispielsweise auch: Paschke / Berlit / Meyer-Schmücker, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 3. Aufl. 2016, S. 1400 Rn. 18 ff.; NomosBR-Müller-Broich, Telemediengesetz, 1. Aufl. 2012, § 7 Rn. 2; Nordemann MMR 2011, 703, 706.
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nahme des Telos der E-Commerce-Richtlinie – ein Inhalt als zu-eigen-gemacht gilt.70 bb) Verantwortlichkeit für fremde Inhalte Neben der zuvor dargelegten Einstandspflicht für eigene und zu-eigen-gemachte Informationen statuiert § 7 Abs. 2 TMG eine allgemeingültige Privilegierung von Providern, sei es als Access-, Host- oder Content-Provider für fremde Inhalte. Als fremde Inhalte gelten solche, die der Diensteanbieter übermittelt oder speichert, er sich – den Vorgaben der Richtlinie entsprechend – nur an rein technischen, passiven und automatischen Vorgängen beteiligt.71 Durch die Vorgaben des Abs. 2 wird die Verantwortlichkeit der Plattformbetreiber näher konkretisiert. Zum einen wird einer allgemeinen Überwachungs- und Kontrollpflicht eine Absage erteilt, zum anderen eine Entfernungs- und Sperrpflicht statuiert. (1) Keine allgemeine Überwachungs- und Kontrollpflicht In Umsetzung von Art. 15 Abs. 1 der E-Commerce-Richtlinie wird der jeweilige Plattformbetreiber von einer allgemeinen Überwachungspflicht befreit. Aus dieser Befreiung folgt eine Erleichterung, da es die Handlungspflichten des Plattformbetreibers eingrenzt.72 Nicht erfasst von dieser Erleichterung sind allerdings Überwachungspflichten in Einzelfällen, in denen dem Plattformbetreiber entsprechende Hinweise oder gar behördliche Anordnungen vorliegen.73 In richtlinienkonformer Auslegung sind damit fremde Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tat hinweisen, wenn sich aus der Eigenart des Sachverhalts besondere Sorgfaltspflichten ergeben.74
70 Hierzu
im Einzelnen: Abschnitt D. III. 3. d). Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 48. 72 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 44. 73 BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 48; Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 44. 74 Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 36. 71 BeckOK-Paal,
I. Gesetzliche Rahmenbedingungen de lege lata87
(2) Entfernungs- und Sperrpflichten Unter Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften sind Plattformbetreiber auf Anordnung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde im Rahmen des technisch, tatsächlich Möglichen und des Zumutbaren verpflichtet, Informationen zu entfernen oder zu sperren, die als rechtswidrig einzustufen sind.75 Damit hat der nationale Gesetzgeber die Vorgaben der Art. 12 Abs. 2, 13 Abs. 2 und 14 Abs. 3 E-Commerce-Richtlinie richtlinienkonform umgesetzt.76 Diesem Verständnis stehen die Haftungsprivilegierungen zugunsten von Providern – wie bereits einleitend gezeigt – nicht entgegen. d) Haftungsregime für Host-Provider nach § 10 TMG Entsprechend des Telos der E-Commerce-Richtlinie, keine allgemeine Überwachungspflicht zu statuieren, soweit fremde Inhalte betroffen sind, sieht § 10 TMG eine Haftung eines Plattformbetreibers nur in enumerativ abschließenden Sonderfällen vor. Demzufolge kommt der Host-Provider solange in den Genuss der entsprechenden Haftungsprivilegierung als er keine (positive) Kenntnis von einer rechtswidrigen Handlung hat oder – und dies ausschließlich im Falle etwaiger Schadensersatzansprüche – ihm auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, § 10 Abs. 1 Nr. 1 TMG. Ebenso haftet der Plattformbetreiber auch dann nicht, wenn er Kenntnis von etwaigen rechtswidrigen Inhalten erlangt und diese unverzüglich löscht oder den Zugang zu ihnen sperrt, § 10 Abs. 1 Nr. 2 TMG. aa) Kenntnisbasierter Verlust der Privilegierung Soweit der Plattformbetreiber nach Maßgabe von § 10 TMG Kenntnis der relevanten Umstände erlangt hat, verändert sich dessen Verantwortlichkeitsgrad grundlegend. Während er vor einer Kenntniserlangung umfassend von etwaigen Verantwortlichkeiten ausgenommen wird, wandelt sich seine Position dahingehend, dass er einer Haftung nur noch entgehen kann, indem er tätig wird. Sofern er die im Nachgang dargestellten Tätigkeiten nicht vornimmt, haftet er nach den allgemeinen Vorschriften. Das Gesetz eröffnet dem Plattformbetreiber in § 10 Abs. 1 Nr. 2 TMG haftungsausschließend die Möglichkeit, sofort tätig zu werden, um die In75 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 46. 76 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 46.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
halte zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.77 Dem Plattformbetreiber soll somit die Möglichkeit der Bereinigung seines bisher berechtigterweise ungeprüften Angebots gegeben werden, was wiederum mit dem Fortbestand der Haftungsprivilegierung honoriert werden soll. Dabei schuldet er allerdings keinen Erfolg; vielmehr muss der Plattformbetreiber nur zweckund zielgerichtete Handlungen vornehmen, indem er sich bemüht, die Inhalte zu entfernen oder zu sperren („Best efforts“-Einschränkung).78 Das Tätigwerden des Plattformbetreibers muss nach dem Gesetzeswortlaut unverzüglich geschehen, um in den Genuss des Auflebens der Haftungsprivilegierung zu kommen.79 Nach allgemeinem Verständnis ist dabei die Definition des § 121 BGB zur Bestimmung der Unverzüglichkeit heranzuziehen.80 Der Plattformbetreiber muss ohne schuldhaftes Zögern tätig werden, was wiederum im Lichte europarechtlicher Vorgaben auszulegen ist. Dabei wird von dem Plattformbetreiber ein schnelles Eingreifen erwartet, da aufgrund der schnellen Verbreitungsmöglichkeit von Inhalten über das Internet eine rasche Vertiefung der Rechtsverletzung durch eine Weiterverbreitung droht.81 Die Anforderungen werden dabei auch danach auszurichten sein, wie bedeutsam die in Rede stehende Rechtsverletzung ist.82 Eine starre Grenze wird sich aber auf Grund der notwendigen Einzelfallbetrachtung nicht festlegen lassen; allerdings wird das Ansetzen von einem Zeitraum von zwei Wochen nicht mehr unter den Begriff der Unverzüglichkeit subsumierbar sein.83 bb) Begriff der Kenntnis Zentrale Bedeutung kommt nach dem zuvor gesagten damit dem Begriff der Kenntnis für die Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 TMG zu. Von einer Kenntnis ist dann auszugehen, wenn der Dienstanbieter selbst oder ein Dritter84 positive Kenntnis hinsichtlich der 77 Nomos-BR-Müller-Broich,
Telemediengesetz, 1. Aufl. 2012, § 10 Rn. 6. Begründung, BT-Drs. 14 / 6098, S. 25; Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 10 Rn. 44. 79 Amtliche Begründung, BT-Drs. 14 / 6098, S. 25. 80 Nomos-BR-Müller-Broich, Telemediengesetz, 1. Aufl. 2012, § 10 Rn. 6. 81 Vgl. zu den anzusetzenden Zeiträumen: Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 26. 82 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 10 TMG Rn. 26. 83 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 26. 84 Probleme bereitet in diesem Zusammenhang insbesondere auch die Frage der Kenntniszurechnung in Konzerngebilden und Unternehmen. Im Rahmen dessen wird man richtigerweise davon ausgehen müssen, dass eine Kenntniserlangung im arbeits78 Amtliche
I. Gesetzliche Rahmenbedingungen de lege lata89
Rechtsverletzung hat.85 Nicht ausreichend für eine Kenntniserlangung ist die Speicherung etwaiger Daten in einem Computersystem, da der Begriff der Kenntnis ein kognitives Element enthält.86 Eine entgegengesetzte Auffassung würde dem Gesetzeszweck widersprechen und zudem dem Wortlaut zuwiderlaufen, da ein Computer keine Kenntnis erlangt, sondern lediglich Daten ohne deren Auswertung speichert.87 Streitig ist allerdings, ob die gewonnene Kenntnis nur einen Bezug zur Information oder Handlung selbst aufweisen muss oder auch die Bewertung als rechtswidrig umfassen muss.88 Hierzu wird basierend auf dem Wortlaut der Norm und dem Gesetzgebungsverfahren vermittelnd vertreten, dass der Begrifflichkeit der Rechtswidrigkeit nur bezüglich der Option der Handlung Bedeutung zukommt, während dies bei entsprechenden Informationen keine Relevanz entfaltet.89 Dem gegenüber steht die strenge Position, dass der Rechtswidrigkeit keine eigenständige Bedeutung zukommen soll, da es ausreiche, wenn der Plattformbetreiber Kenntnis von den Tatschen hat, an welche die Wertung als rechtswidrig anknüpft. Folgerichtig entfalle die Haftungsprivilegierung schon dann, wenn der Plattformbetreiber Kenntnis von der Information oder der Handlung habe.90 Eine den Plattformanbieter privilegierende Ansicht hat in diesem Zusammenhang der EuGH91 vertreten, der sich die höchstrichterliche Rechtsprechung92 und Teile des Schrifttums93 teiligen Bereich erst dann eingetreten ist, wenn Kenntnis bei den entsprechenden Leitungsorganen oder zuständigen Mitarbeitern vorliegt. Den allgemeinen Grundsätzen zum Organisationsverschulden Rechnung tragend ist in diesem Zusammenhang auch von einer Beweislastumkehr auszugehen, sofern die Unkenntnis auf mangelnder interner Zuständigkeitsverteilung oder Koordination innerhalb des Unternehmens beruht. Im Konzern wird man eine Zurechnung von der Mutter auf die Tochter nicht annehmen können, während im umgekehrten Fall stets eine Zurechnung dann erfolgen kann, wenn der beanstandete Content in den gewerblichen Tätigkeitsbereich der Mutter fällt und diese Einfluss auf den Geschäftsbetrieb der Tochter nimmt. Vgl. zusammenfassend: Köhler / Fetzer, Recht des Internets, 8. Aufl. 2016, Rn. 827 f. 85 Nomos-BR-Müller-Broich, Telemediengesetz, 1. Aufl. 2012, § 10 Rn. 4. 86 Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 10 TMG Rn. 30. 87 MüKo StGB-Altenhain, 2. Aufl. 2015, § 10 TMG Rn. 22. 88 Haug, Grundwissen Internetrecht, 3. Aufl. 2016, Abschn. 3.2.1.2.3 Rn. 117. 89 Zu § 11 TDG: Amtliche Begründung, BT-Drs. 14 / 6098, S. 25; Härting, Internetrecht, 6. Aufl. 2017, S. 585 f. Rn. 2564 f.; Kartal-Aydemir / Krieg, MMR 2012, 647, 648. 90 MüKo StGB-Altenhain, 2. Aufl. 2015, § 10 TMG Rn. 10. 91 EuGH, Urteil v. 23.3.2010 – C-236 / 08 bis C-238 / 08, ECLI:EU:C:2010:159 = NJW 2010, 2029 – Google France. 92 BGH, Urteil v. 29.4.2010 – I ZR 69 / 08, MMR 2010, 475, 480. 93 Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien 3. Aufl. 2015, § 10 TMG Rn. 25; Fitzner, MMR 2011, 83, 85.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
angeschlossen haben: Unter Verweis auf Art. 14 E-Commerce-Richtlinie ist nach Ansicht des EuGH auch eine Kenntnis der Rechtswidrigkeit für ein Versagen der Haftungsprivilegierung notwendig.94 Da grundsätzlich die letztgenannte Ansicht nicht nur durch den Wortlaut nahegelegt wird, sondern auch in größtmöglichem Umfang den Plattformbetreiber in den Genuss der Haftungsprivilegierung kommen lässt, sprechen die besseren Argumente für ein Entfallen dieser Privilegierung unter Berücksichtigung der entsprechenden Rechtswidrigkeit der Handlung. Denn ansonsten würde dem jeweiligen Host-Provider eine häufig diffizile Bewertung der urheberrechtlichen Situation abverlangt werden. Dies würde im Ergebnis wiederum zu einer von der E-Commerce-Richtlinie unerwünschten vorgelagerten Prüfpflicht führen. Diese Schwierigkeiten wirken sich umso mehr aus, als innerhalb des entsprechenden Tatbestands nochmals nach Handlungen und Informationen differenziert wird. Schlussendlich bedingt dies jedoch die Implementierung einer unnatürlichen Uneinheitlichkeit innerhalb eines einheitlichen Regelungsregimes bedingen. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Norm ergibt, ist eine Haftungsprivilegierung ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung ausgeschlossen. Unter zeitlichen und faktischen Gesichtspunkten ist daher entscheidend, zu welchem Zeitpunkt eine solche Kenntniserlangung tatsächlich vorgelegen hat. Eine mögliche Kenntniserlangung95 ist ebenso wenig ausreichend wie die fahrlässige Unkenntnis, da es hier an der entsprechenden individuellen Vorwerfbarkeit fehlt.96 cc) Zwischenergebnis: Verantwortungsregime nach § 10 TMG Die Vorschrift des § 10 TMG regelt im Einzelnen die Verantwortlichkeitsprivilegierung für die Speicherung fremder Informationen als sog. Host-Provider. Im Hinblick auf fremde Informationen soll das Haftungsrisiko des Plattformbetreibers dahingehend beschränkt werden, dass er nicht haftbar gemacht werden kann, weil seine Dienstleistung den Zugriff auf rechtswidrige Informationen ermöglicht oder die bereitgestellten Informationen Gegenstand rechtswidriger Handlungen Dritter sein könnten. Allerdings entfällt diese Privilegierung kenntnisabhängig. Dieser Ansatz hat seine Ausprägung in faktischer Hinsicht für Plattformbetreiber in Form eines Notice-and-Takedown-Verfahren gefunden. 94 EuGH, Urteil v. 23.3.2010 – C-236 / 08 bis C-238 / 08, ECLI:EU:C:2010:159 = NJW 2010, 2029, 2035 Rn. 109 – Google France. 95 BGH, Urteil v. 12.7.2007 – I ZR 18 / 04, BGHZ 173, 188 = GRUR 2007, 890, Rn. 46 – Jugendgefährdende Medien bei eBay. 96 Nomos-BR-Müller-Broich, Telemediengesetz, 1. Aufl. 2012, § 10 Rn. 4.
II. Die Störerhaftung als status quo der Haftung
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II. Die Störerhaftung als status quo der Haftung von Plattformbetreibern Aufgrund der Vielzahl von Verbreitungsmöglichkeiten, die das Internet in der heutigen Zeit mit sich bringt, können individuelle Rechtsverletzungen in den seltensten Fällen durch eine Inanspruchnahme des unmittelbaren Verletzers mit verhältnismäßigem Aufwand rechtlich eingedämmt werden. Insbesondere stoßen viele Rechteinhaber schon dadurch an praktische Durchsetzungssperren, dass der Rechtsdurchsetzung die Anonymität der Nutzer und damit der unmittelbaren Verletzer entgegensteht. Diese Anonymität wird dabei nicht zuletzt dadurch bedingt, dass § 15 TMG eine Erforderlichkeitsschwelle für die Speicherung von Daten statuiert, die aufgrund der Zweckbindung nicht einfach zu bewältigen ist.97 Daher wird es der Intention des Rechteinhabers entsprechen, Rechtsverletzungen durch die Inanspruchnahme der häufig allein lokalisierbaren Plattformbetreiber zu begegnen, die regelmäßig technisch in der Lage sind, Rechtsverletzungen in ihrem Einflussbereich zu unterbinden. Diese Problematik erkennend hat der BGH eine Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern über das Institut der Störerhaftung generiert.98 Aufgrund der Nähe zum bürgerlichen Recht ist hierbei die Systematik des allgemeinen Zivilrechts anwendbar, die im Einzelnen noch durch Spezifika des Immate rialgüterrechts zu ergänzen sind. Da der Plattformbetreiber nach der Störerhaftung verschuldensunabhängig haften soll, wurden Ansprüche seitens der Rechtsprechung auf Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche beschränkt. Ein Schadensersatzanspruch wurde dagegen verneint. Die genauen Parameter der Störerhaftung für Plattformbetreiber sollen im Folgenden skizziert und bewertet werden, um so den status quo bezüglich der Verantwortlichkeit nach Rechtsprechung und überwiegender Meinung in der Literatur darzustellen. 1. Dogmatische Grundlagen der Störerhaftung nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuches Anspruchsgegner bei Ansprüchen aus § 1004 BGB ist jeweils der Störer, der nicht legaldefiniert ist.99 Sowohl in Rechtsprechung und Literatur als auch abhängig vom jeweiligen Rechtsgebiet wird der Begriff des Störers uneinheitlich verwendet. In Anlehnung an die Begrifflichkeiten aus dem all97 Vgl. zu den datenschutzrechtlichen Grundsätzen: Auer-Reinsdorff / Conrad-Con rad / Hausen, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 2. Aufl. 2016, § 36 Rn. 41. 98 Übertragung auf europäische Ebene propagierend: Peifer, IIC 2017, 623, 625. 99 BeckOGK-Spohnheimer, Stand: 1.8.2017, § 1004 Rn. 137.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
gemeinen Polizei- und Ordnungsrecht (jedoch unter Ausklammerung der entsprechenden spezialgesetzlichen Wertungen) wird auch im bürgerlichen Recht im Grundsatz ein dualer Störerbegriff angewendet, der zwischen unmittelbarem und mittelbarem Handlungs- und Zustandsstörer differenziert.100 Grundlegend gewährt die aus § 1004 BGB im allgemeinen Zivilrecht erwachsende Störerhaftung dem Eigentümer gegenüber einem etwaigen Störer – ähnlich wie spezialgesetzlich in § 97 Abs. 1 UrhG geregelt – einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch wegen Beeinträchtigung des Eigentums, die nicht in der Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes liegen.101 Zusammen mit den Ansprüchen aus § 985 BGB definieren die entsprechenden Ansprüche den Inhalt der Ausschließungsbefugnis folgend aus § 903 S. 1 BGB.102 Darüber hinaus werden die Ansprüche aus § 1004 BGB auch auf absolute und deliktisch schützenswerte Rechtspositionen ausgedehnt.103 Mithin wird ein umfassender Schutz dieser Rechtspositionen durch Abwehransprüche gewährleistet.104 Sowohl Beseitigungs- als auch Unterlassungsanspruch sind jeweils verschuldensunabhängig105; gemeinsam ist beiden darüber hinaus, dass im Grundsatz eine rechtswidrige Beeinträchtigung der geschützten Rechtsposition vorliegen oder drohen muss.106 Kein Anspruch besteht folglich, wenn die Beeinträchtigung gerechtfertigt ist oder eine entsprechende Duldungspflicht des Rechteinhabers gegeben ist.107 Dabei ist auch hier – wie bei der spezialgesetzlichen Ausgestaltung im Rahmen des § 97 Abs. 1 UrhG – der Anspruch auf Beseitigung einer bereits bestehenden oder auf Unterlassung einer künftigen Beeinträchtigung gerichtet. Ebenfalls gleich gelagert sind die Tatbestandsvoraussetzungen: Ein Unterlassungsanspruch kann sowohl nachträglich bei Wiederholungs- oder vorbeugend bei Erstbegehungsgefahr geltend gemacht werden, während der Beseitigungsanspruch der Entfernung eines rechtswidrigen Zustands dient.108
100 MüKo
BGB-Baldus, 7. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 156 ff. BGB-Baldus, 7. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 1; Palandt-Bassenge, Bürger liches Gesetzbuch, 77. Aufl. 2018, § 1004 Rn. 5. 102 Jauernig-Berger, Kommentar zum BGB, 16. Aufl. 2015, § 1004 Rn. 1; SchulzeSchulte-Nölke, Bürgerliches Gesetzbuch, 9. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 1. 103 Jauernig-Berger, Kommentar zum BGB, 16. Aufl. 2015, § 1004 Rn. 2. 104 BeckOK-Fritzsche, BGB, 44. Edition Stand: 1.11.2017, § 1004 Rn. 4. 105 Jauernig-Berger, Kommentar zum BGB, 16. Aufl. 2015, § 1004 Rn. 15. 106 Erman-Ebbing, BGB, 15. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 103. 107 Schulze-Schulte-Nölke, Bürgerliches Gesetzbuch, 9. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 6. 108 Vgl. bereits die Ausführungen in Abschnitt A. III. 1. b) aa); spezifisch für den Bereich des § 1004 BGB: Schulze-Schulte-Nölke, Bürgerliches Gesetzbuch, 9. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 2 ff. 101 MüKo
II. Die Störerhaftung als status quo der Haftung
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2. Die Adaption der Störerhaftung von Plattformbetreibern im Urheberrecht und ihre Besonderheiten Die Figur der urheberrechtlichen Störerhaftung ermöglicht die Inanspruchnahme eines Verletzers durch den Rechteinhaber. Dabei folgen die für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche anwendbaren Grundsätze hinsichtlich der Plattformbetreiber ähnlichen Mustern wie ein Anspruch nach Maßgabe von § 1004 BGB, unterliegen aber naturgemäß urheberrechtsspezifischen Besonderheiten. a) Allgemeingültige Voraussetzungen Auch im Urheberrecht wird die Figur des Störers bezüglich Plattformbetreibern über eine analoge Anwendung der sachenrechtlichen Abwehransprüche aus den §§ 862, 1004 BGB hergeleitet,109 auf deren Grundlage lediglich Unterlassung bzw. Beseitigung einer Rechtsverletzung verlangt werden kann. Begründet hierauf entstand nach und nach ein quasi-negatorischer Schutz aller Rechte und damit ein Abwehranspruch hinsichtlich aller Rechtsgüter und rechtlich geschützter Interessen im Urheberrecht.110 Mithin handelt es sich bei der Störerhaftung um eine spezielle Form der Verantwortlichkeit für Rechtsverletzungen, die sich außerhalb der Parameter von Täterschaft und Teilnahme bewegt, aber gerade nicht subsidiär, sondern gleichrangig zu der täterschaftlichen Verantwortlichkeit zur Anwendung kommt.111 Da die Störerhaftung auch im Kontext europarechtlicher Vorgaben zu sehen ist, sind nicht nur die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze von entscheidender Bedeutung. Vielmehr ist der Begriff des Störers im Lichte der europarechtlichen Grundsätze auszulegen. Mithin wird auch hier die bereits diskutierte Frage aufgeworfen, ob die Haftungsprivilegien der E-CommerceRichtlinie nur Schadensersatzansprüche betreffen oder ob diese auch auf Unterlassungsansprüche ausgedehnt werden müssen und so die Ausgestal109 Statt vieler: BGH, Urteil v. 18.10.2001 – I ZR 22 / 99, GRUR 2002, 618, 619 – Meißner Dekor; Fromm / Nordemann-Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 154. kritisch: Heid, Die Haftung bei Urheberrechtsverletzungen im Netz, 2013, S. 59 ff. die die dogmatische Grundlage ausschließlich in § 97 UrhG erblicken möchte und für eine Einheitlichkeit der Haftungsregime plädiert. 110 Erman-Ebbing, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1004 Rn. 4, 9, 10 f.; zur Abgrenzung negatorischer und quasinegatorischer Ansprüche: BeckOGK-Spohnheimer, Stand: 1.8.2017, § 1004 BGB Rn. 4.2. 111 Fromm / Nordemann-Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 158 m. w. N.; BeckOK-Reber, Urheberrecht, 17. Edition Stand: 1.4.2017, § 97 Rn. 46; a. A.: BGH, Urteil v. 15.8.2013 – I ZR 80 / 12, GRUR 2013, 1030, 1032 – File Host ing Dienste.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
tung der Störerhaftung zumindest mittelbar beeinflussen.112 Auch der BGH hat dieses Problem erkannt, hält jedoch – wie bereits gezeigt113 – wegen der Nichtanwendbarkeit der Haftungsprivilegien auf Unterlassungsansprüche an den allgemeinen Grundsätzen der Störerhaftung fest.114 b) Der Begriff des Störers im urheberrechtlichen Kontext Basierend auf der analogen Anwendung des § 1004 BGB kann nach ständiger Rechtsprechung des BGH – so zumindest nach Ansicht des I. Zivilsenats – als Störer „bei Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des entsprechenden geschützten Rechts beigetragen hat“.115 Aus dieser Definition ergibt sich das Erfordernis einer Verletzung eines absoluten Rechts als Tatbestandsmerkmal. Neben der Erfüllung einer Haupttat muss der Störer, im vorliegenden Fall also der Plattformbetreiber, einen willentlichen und adäquat kausalen Beitrag zu dieser Rechtsverletzung geleistet haben. Dabei ist festzuhalten, dass der Begriff des Störers im urheberrechtlichen Kontext mittlerweile in leichter Abweichung von der oben bereits dargestellten Unterscheidung zwischen Zustands- und Handlungsstörer verwendet wird. Da der Unterschied zu einer täterschaftlichen Haftung, die auch zu einem Störungszustand führen kann, herausgearbeitet werden soll, ist ein enger Störerbegriff zur Anwendung zu bringen.116 Der Begriff des Störers wird daher in Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme als eigenständige Fallgruppe verwendet.117 Wenn also im Folgenden der Begriff des Störers verwendet wird, ist dieser als eigenständige Kategorie zu verstehen.
hierzu: Ohly, ZUM 2015, 308 ff. Abschnitt D. I. 2. bb). 114 BGH, Urteil v. 17.8.2011 – I ZR 57 / 09, BGHZ 191, 19 = GRUR 2011, 1038, 1040 Rn. 22 f. – Stiftparfüm; Zur Kritik an der derzeitigen Rechtsprechung beispielhaft: Nolte / Wimmers, GRUR 2014, 16, 20. 115 Hofmann, JuS 2017, 713, 715; zu Divergenz des Störerbegriffs in der Rechtsprechung des BGH: Specht, ZUM 2017, 114, 116; Krüger, ZUM 2016, 335. 116 BGH, Urteil v. 18.10.2001 – I ZR 22 / 99, GRUR 2002, 618, 619 – Meißner Dekor; Fromm / Nordemann-Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 157. Ahrens, WRP 2007, 1281 f.; Fürst, WRP 2009, 378, 379; Schneider, Vom Störer zum Täter, 2012, S. 44. 117 BGH, Urteil v. 12.5.2010 – I ZR 121 / 08, BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633, 634 Rn. 16 ff. – Sommer unseres Lebens; BGH, Urteil v. 18.10.2001 – I ZR 22 / 99, GRUR 2002, 618, 619 – Meißner Dekor; Klein, Haftung von Social-Sharing Plattformen, 2012, S. 101. 112 Übersichtsartig 113 Vgl.
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aa) Vorliegen eines Rechtsverstoßes Durch die Notwendigkeit einer rechtsverletzenden Haupttat wird der Grundsatz der Akzessorietät im Rahmen der Störerhaftung von Plattformbetreibern bemüht.118 Folglich hängt eine Haftung des Plattformbetreibers davon ab, dass ein Dritter einen Rechtsverstoß begangen hat.119 Zur Beurteilung, ob ein Rechtsverstoß vorliegt, ist dabei auf die allgemeinen Grundsätze, insbesondere die der §§ 97 ff. UrhG zurückzugreifen.120 bb) Beitrag des Plattformbetreibers Unmittelbar haftungsbegründend ist für den Plattformbetreiber jeweils der eigene Beitrag zu einem Rechtsverstoß. Dabei ist der Begriff des Beitrags weit auszulegen und damit bereits durch die Aufrechterhaltung, Ausnutzung, bloße Unterstützung oder Nichtbeseitigung einer bekannten Störung durch einen eigenverantwortlichen Dritten begründet.121 Dies wird regelmäßig bereits dadurch erfüllt sein, dass den Nutzern durch den Plattformbetreiber Speicherplatz zur Verfügung gestellt und die Abrufbarkeit von Inhalten ermöglicht wird.122 Durch Schaffung der entsprechenden Infrastruktur ist der Plattformbetreiber in einer kontrollierenden Position und kann somit seine Steuerungsmöglichkeit nutzen, um Rechtsverletzungen zu verhindern bzw. abzustellen.123 Einschränkungen erfährt die Verantwortlichkeit allerdings dadurch, dass der jeweilige Beitrag willentlich und adäquat kausal geleistet worden sein
118 BGH, Urteil v. 10.11.1999 – I ZR 121 / 97, GRUR 2000, 613, 615 – Klinik Sansscouci; BGH, Urteil v. 14.4.1994 – I ZR 12 / 92, GRUR 1996, 905 – GmbHWerbung für ambulante ärztliche Leistungen; Schneider, Vom Störer zum Täter, 2012, S. 45; Köhler / Bornkamm / Feddersen-Köhler / Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 8 Rn. 2.2. 119 BGH, Urteil v. 10.11.1999 – I ZR 121 / 97, GRUR 2000, 613, 615 – Klinik Sansscouci, Schneider, Vom Störer zum Täter, 2012, S. 45; Köhler / Bornkamm / Feddersen-Köhler / Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 8 Rn. 2.2. 120 Vgl. hierzu Abschnitt A. III. 1. b). 121 BGH, Urteil v. 21.2.2002 – I ZR 281 / 99 GRUR 2002, 902, 904 – VanityNummer; BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129 / 94, GRUR 1997, 313, 315 Ziff. 1 – Architektenwettbewerb; Schneider, Vom Störer zum Täter, 2012, S. 45; Köhler / Bornkamm-Köhler / Federssen, UWG, 35. Aufl. 2017, § 8, Rn. 2.2. 122 BGH, Urteil v, 25.10.2011 – VI ZR 93 / 10, GRUR 2012, 311, 313 Rn. 21 – Blog-Eintrag; Ziegler, Urheberrechtsverletzungen durch Social Sharing, 2016, S. 215. 123 Ziegler, Urheberrechtsverletzungen durch Social Sharing, 2016, S. 215; Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 10 TMG Rn. 60.
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muss.124 Ein adäquat kausaler Verursachungsbeitrag wird aufgrund des weiten Verständnisses zumeist ohne Weiteres bejaht, da regelmäßig sämtliche Handlungen zumindest mitursächlich sind.125 Dies liegt nicht zuletzt an der sehr weit gefassten Definition, nach der ein nicht hinwegzudenkender Beitrag geleistet werden muss, der bei objektiver Beurteilung nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit zum Verletzungserfolg beizutragen vermag.126 Auch über das Kriterium der Willentlichkeit erfolgt im Ergebnis keine Einschränkung; einzige Voraussetzung zur Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals ist die Eröffnung einer Gefahrenquelle und gerade nicht die Verletzung eines geschützten Rechts, da letzteres eine Prüfung eines nicht notwendigen Verschuldens indizieren würde.127 Da beide Voraussetzungen im Regelfall unproblematisch erfüllt sind, ist deren praktische Auswirkung hinsichtlich einer Haftungseinschränkung mithin lediglich gering. c) Prüfpflichten als Korrektiv der Störerverantwortlichkeit Obwohl weiterhin dem Grundsatz folgend, dass als Störer derjenige in Anspruch genommen werden kann, der willentlich und adäquat kausal einen Verursachungsbeitrag leistet, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung erkannt, dass diese ausufernde Haftung ein einschränkendes Korrektiv erfordert. Aus dieser Erkenntnis heraus hat der BGH im Zuge mehrerer Entscheidungen eine Prüfpflicht für Plattformbetreiber entwickelt, die der Eindämmung des Verantwortungsbereichs dienen soll.128 Eine Störerhaftung sollte sich nur in solchen Situationen ergeben, in denen einen (aktiv) unbeteiligten Dritten ausnahmsweise eine zumutbare Prüfungspflicht trifft, die er wiederum verletzt hat.129 Diese Entwicklung hat zunächst ihre Anfänge im Rahmen der wettbewerbs124 BGH, Urteil v. 16.5.2013 – I ZR 216 / 11, GRUR 2013, 1229, 1232 – Kinderhochstühle im Internet II; Härting, Internetrecht, 6. Aufl. 2017, S. 590 Rn. 2548. 125 Hohlweck, ZUM 2017, 109, 110; kritisch: Schricker / Loewenheim-Leistner, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 97 Rn. 77, der zumindest ganz allgemeine, für Urheberrechtsverletzungen vollkommen unspezifische Verursachungsbeiträge ausnehmen möchte, da diese nicht risikoerhöhend wirken. 126 BGH, Urteil v. 29.5.1964 – Ib ZR 4 / 63, GRUR 1965, 104, 106 – Personalausweise. 127 Dreier / Schulze-Dreier / Specht, Urheberrechtsgesetz, 5. Aufl. 2015, § 97 Rn. 33. 128 BGH, Urteil v. 17.5.2001 – I ZR 251 / 99, BGHZ 148, 13 = GRUR 2001, 1038, 1039 f. – ambiente.de; BGH, Urteil v. 15.10.1998 – I ZR 120 / 96, GRUR 1999, 418, 420 – Möbelklassiker; BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129 / 94, GRUR 1997, 313, 316 – Architektenwettbewerb. 129 BGH, Urteil v. 15.10.1998 – I ZR 120 / 96, GRUR 1999, 418, 420 – Möbelklassiker; BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129 / 94, GRUR 1997, 313, 316 – Architektenwettbewerb.
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rechtlichen Störerhaftung genommen, wurde sodann auf die Verantwortlichkeit im Urheberrecht übertragen und nach und nach weiterentwickelt.130 aa) Dogmatische Grundlagen der Prüfpflicht Nachdem der BGH den Weg hin zu einer Prüfpflicht zunächst mit der „Architektenwettbewerb“-Entscheidung131 im wettbewerbsrechtlichen Kontext initiiert hatte, hat der BGH in seiner Entscheidung in Sachen „Möbelklassiker“132 dieses einschränkende Kriterium auch auf urheberrechtliche Sachverhalte übertragen. Leitlinie dieser Entwicklung war, dass die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht aktiv und unmittelbar eine Beeinträchtigung herbeigeführt haben.133 Für eine Haftung spiele insbesondere die Erkennbarkeit einer etwaigen Verletzung eine entscheidende Rolle, so dass sich der jeweilige Störer durch die Beschränkung oder das Fehlen einer Prüfpflicht entlasten können muss.134 Während sich der BGH in früheren, nicht auf internetnahe Sachverhalte bezogenen Entscheidungen135 zur Herleitung einer entsprechenden Pflicht zunächst dogmatisch auf den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB gestützt hatte, um so eine Rechtsfolgenkorrektur begründen zu können, erfolgte mit der bereits angesprochenen „Möbelklassiker“-Entscheidung eine Neuorientierung für den Bereich des Urheberrechts. In von Seiten des Schrifttums136 begrüßter Art und Weise wurden die Prüfpflichten auf die Tatbestandsseite überführt: Sofern und soweit keine Verletzung entsprechender Prüfpflichten vorliege, entfalle der haftungsbegründende Beitrag der Mitwirkungshandlung an der fremden Rechtsverletzung.137 130 BGH, Urteil v. 15.10.1998 – I ZR 120 / 96, GRUR 1999, 418, 420 – Möbelklassiker; bestätigt durch: BGH, Urteil v. 12.7.2012 – I ZR 18 / 11, BGHZ 194, 339 = GRUR 2013, 370, 371 Rn. 19 – Alone in the Dark; Fromm / Nordemann-Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 157. 131 BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129 / 94, GRUR 1997, 313, 316 – Architektenwettbewerb. 132 BGH, Urteil v. 15.10.1998 – I ZR 120 / 96, GRUR 1999, 418, 420 – Möbelklassiker. 133 BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129 / 94, GRUR 1997, 313, 316 – Architektenwettbewerb. 134 BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129 / 94, GRUR 1997, 313, 316 – Architektenwettbewerb. 135 Beispielhaft: BGH, Urteil v. 29.5.1964 – Ib ZR 4 / 63, GRUR 1965, 104, 107 – Personalausweise. 136 Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im Netz, 2012, S. 153; Haedicke, GRUR 1999, 397, 399. 137 Grundlegend: BGH, Urteil v. 15.10.1998 – I ZR 120 / 96, GRUR 1999, 418, 420 – Möbelklassiker; bestätigt durch: BGH, Urteil v. 12.7.2012 – I ZR 18 / 11, BGHZ
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bb) Art und Umfang der Prüfpflicht Im Zuge der weitergehenden Feinjustierung der Grundlagen der Prüfpflicht wurden auch Art und Umfang dieser Verpflichtung katalogisiert und definiert. Dabei wird im Regelfall zwischen der Prüfung eines beanstandeten Inhalts und der Verhinderung gleich gelagerter Verletzung unterschieden, wobei letzteres bei Plattformbetreibern unter dem Gesichtspunkt der Haftungsprivilegierungen und dem hier verankerten Verbot der allgemeinen Überwachungspflicht durchaus kritisch gesehen wird.138 Denn die Identifikation gleich gelagerter Verletzungen bedarf einer eigenständigen Prüfung, die nicht auf einem dezidierten Hinweis auf ebendiese Verletzung beruht. Beiden Pflichtenkreisen ist dabei gemein, dass zur konkreten Bestimmung des Prüfungsumfangs eine Zumutbarkeitsprüfung erfolgen muss.139 Zu diesem Zwecke ist jeweils eine umfassende Interessenabwägung sowie eine wertende Risikozuweisung vorzunehmen.140 Im Rahmen der Einzelfallbetrachtung sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Funktion des als Störer in Anspruch genommenen, die Eigenverantwortung des unmittelbar verantwortlichen Rechtsverletzers sowie die Erkennbarkeit dieser Rechtsverletzung durch den vermeintlichen Störer in Relation zueinander zu setzen.141 Ergänzend fließt auch das jeweilige Geschäftsmodell des Plattformbetreibers mit in die Bewertung ein: Ähnlich dem zuletzt verfolgten Ansatz des EuGH in der Rechtssache „GS Media“142 ergibt sich ein erhöhter Verantwortungsgrad, wenn die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt.143 194, 339 = GRUR 2013, 370, 371 – Alone in the Dark; Fromm / Nordemann-Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 157. 138 Schricker / Loewenheim-Leistner, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 97 Rn. 98; Nolte / Wimmers, GRUR 2014, 16, 20; Breyer, MMR 2009, 15, 16. 139 Zur Zumutbarkeitsprüfung zusammenfassend: Ensthaler / Heinemann, GUR 2012, 433, 436; Klatt, ZUM 2009, 265, 271. 140 BGH, Urteil v. 12.7.2012 – I ZR 18 / 11, BGHZ 194, 339 = GRUR 2013, 370, 371 – Alone in the Dark; BGH, Urteil v. 29.4.2010 – I ZR 69 / 08, BGH, GRUR 2010, 628, 633 Rn. 39 – Vorschaubilder; Fromm / Nordemann-Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 157; Ensthaler / Heinemann, GRUR 2012, 433, 436. 141 BGH, Urteil v. 15.5.2003 – I ZR 292 / 00GRUR 2003, 969, 970 f. – Ausschreibung von Vermessungsleistungen; BGH, Urteil v. 15.10.1998 – I ZR 120 / 96, GRUR 1999, 418, 419 – Möbelklassiker; BGH, Urteil v. 10.10.1996 – I ZR 129 / 94 GRUR 1997, 313, 316 – Architektenwettbewerb; Schneider, Vom Störer zum Täter, 2012, S. 51. 142 Vgl. hierzu Abschnitt C. II. 6. 143 BGH, Urteil v. 16.5.2013 – I ZR 216 / 11, GRUR 2013, 1229, 1232 – Kinderhochstühle im Internet II, wobei der BGH betont, dass dieses Kriterium nur insoweit herangezogen werden darf, als legale Geschäftsmodelle hierdurch nicht wesentlich erschwert werden.
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Allerdings kann auch dem Störer in diesem Fall nichts Unmögliches abverlangt werden. Folgerichtig kann von einem Plattformbetreiber nur diejenige Handlung eingefordert werden, die ihm rechtlich oder tatsächlich möglich ist, um eine Rechtsverletzung zu verhindern bzw. zumindest das Risiko einer solchen zu verringern.144 Dies entspricht dem allgemeinen, bereits im römischen Recht verankerten Rechtsgedanken des „ultra posse nemo obli gatur“.145 (1) Prüfung beanstandeter Inhalte Vor dem Hintergrund der soeben dargestellten Begründungsansätze hat sich für die Prüfpflichten für beanstandete Inhalte ein eigenständiges Verantwortlichkeitsregime herausgebildet.146 Um den Vorgaben des TMG zu genügen, wurde dabei eine anlassbezogene Prüfpflicht statuiert.147 Dem bereits angesprochenen Verbot der allgemeinen Überwachungspflichten gem. § 7 Abs. 2 S. 1 TMG respektive Art. 15 Abs. 1 E-Commerce-Richtlinie Rechnung tragend entstehen Prüfungspflichten folglich erst dann, wenn der Plattformbetreiber auf eine entsprechende Rechtsverletzung hingewiesen wird.148 Denn erst durch einen dezidierten Hinweis auf einen solchen Inhalt wird dem Plattformbetreiber ein zielgerichtetes Tätigwerden ermöglicht. Solange das Geschäftsmodell des Plattformbetreibers nicht auf Rechtsverletzungen der Nutzer angelegt ist,149 entspricht die gewählte Struktur einem Notice-andTakedown-Verfahren, also einer Entfernungspflicht nach vorgelagerter kennt144 BGH, Urteil v. 15.10.1998 – I ZR 120 / 96, GRUR 1999, 418, 419 f. – Möbelklassiker; Schricker / Loewenheim-Leistner, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 97 Rn. 125. 145 Zur Bedeutung: https: / / www.proverbia-iuris.de / ultra-posse-nemo-obligatur / zu letzt abgerufen am 8.2.2018. 146 Problematisch ist hierbei jedoch, dass die entsprechenden Prüfpflichten aufgrund des unbestimmten Rechtsbegriffs der Zumutbarkeit nicht abschließend definiert sind. Eine Bewertung erfolgt lediglich ex post durch die zuständigen Gerichte. Zwar ist damit eine gewisse Flexibilität verbunden; diese geht allerdings zu Lasten der Rechtssicherheit des Plattformbetreibers; so auch: Härting, Internetrecht, 6. Aufl. 2017, S. 597 Rn. 2609; Specht, ZUM 2017, 114, 116; Ohly, ZUM 2015, 308, 313. 147 Stellvertretend: BGH, Urteil v. 30.4.2008 – I ZR 73 / 05 GRUR 2008, 702, 703 Rn. 19 – Internet-Versteigerung III; Nordemann, CR 2010, 653, 655; Gabriel / Albrecht, ZUM 2010, 392, 393 f. 148 BGH, Urteil v. 12.7.2012 – I ZR 18 / 11, BGHZ 194, 339 = GRUR 2013, 370, 371 Rn. 19 – Alone in the Dark; BGH, Urteil v. 12.5.2010 – I ZR 121 / 08, BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 – Sommer unseres Lebens; Specht, ZUM 2017, 114, 116; nicht ausreichend ist ein pauschaler Hinweis auf begangene Rechtsverletzungen ohne Erläuterung der Umstände der Rechtsverletzung und Offenlegung der Fundstelle, vgl. Ziegler, Urheberrechtsverletzung durch Social Sharing, 2016, S. 216. 149 BGH, Urteil v. 15.8.2013 – I ZR 80 / 12, GRUR 2013, 1030 Ls. 1 – File Host ing Dienst.
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nisbasierter Prüfpflicht,150 wie es de lege lata in § 10 S. 1 TMG zumindest in Grundzügen angelegt ist.151 Die Feststellung, was nach entsprechendem Hinweis durch den Rechte inhaber für den Plattformbetreiber zumutbar ist, wird anhand des Kriteriums der Klarheit des Hinweises beurteilt.152 Sofern der Plattformbetreiber zur Feststellung des Vorliegens der Rechtsverletzung keinerlei eigene Nachforschungen anstellen muss, d. h. sich der Rechtsverstoß aufdrängt, so erstarkt die Prüfpflicht unmittelbar zu einer Handlungspflicht gerichtet auf die Löschung des jeweiligen Inhalts.153 Dabei ist ihm jedoch ein angemessener Zeitraum zur Erfüllung dieser Verpflichtung einzuräumen. In allen anderen Fällen obliegt es dem Plattformbetreiber, dem Hinweis der Rechtsverletzung nachzugehen und sich im Rahmen des Zumutbaren um Aufklärung zu bemühen.154 Der zu betreibende Aufwand hängt dabei von einer Einzelfallbewertung ab, die auf der einen Seite die Schwere der Rechtsverletzung und auf der anderen Seite die rechtlichen und tatsächlichen Erkenntnismöglichkeiten des Plattformbetreibers in Relation zueinander zu setzen hat.155 (2) Verhinderung gleichgelagerter Verletzungen Nicht abschließend geklärt ist weiterhin die Frage, ob und bis zu welchem Ausmaß die Kenntnis einer beanstandeten Rechtsverletzung weitergehende Pflichten mit sich bringt. Insoweit wird diskutiert, ob bei Kenntnis der jeweiligen Rechtsverletzung eine Prüf- und ggf. Entfernungspflicht – zum einen in personenbezogener Art und Weise hinsichtlich des jeweiligen Verletzers und 150 Amtliche Begründung, BT-Drs. 14 / 6098, S. 25; Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 10 TMG Rn. 24. 151 Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 10 TMG Rn. 24. 152 Zu dem Differenzierungsmerkmal der Klarheit: Nordemann, CR 2010, 653, 656. 153 BGH, Urteil v. 17.8.2011 – I ZR 57 / 09, BGHZ 191, 19 = GRUR 2011, 1038, 1040 Rn. 21 – Stiftparfüm; Köhler, GRUR 2008, 1, 4. 154 BGH, Urteil v. 17.8.2011 – I ZR 57 / 09, BGHZ 191, 19 = GRUR 2011, 1038, 1040 Rn. 28 – Stiftparfüm; Kartal-Aydemir / Krieg, MMR 2012, 647, 650. 155 BGH, Urteil v. 17.8.2011 – I ZR 57 / 09, BGHZ 191, 19 = GRUR 2011, 1038, 1041 Rn. 36 – Stiftparfüm; Abzulehnen ist die Notwendigkeit, die Beanstandung an den jeweiligen Verletzer zur Stellungnahme weiterzuleiten, da dies eine de lege lata nicht vorgesehene, überzogene Beteiligung des Verletzers nach sich ziehen würde. Der Plattformbetreiber hat sich selbstständig von der Rechtmäßigkeit der Beanstandung zu überzeugen und darf diese Aufgabe nicht auf den Verletzer auslagern, da dessen Handlungen nicht zugerechnet werden können; im Ergebnis so auch: Hoeren, Anm. zu BGH, Urteil v. 25.10.2011 – VI ZR 93 / 10, MMR 2012, 124–127 – Blogeintrag; a. A.: Ziegler, Urheberrechtsverletzung durch Social Sharing, 2016, S. 217 f.
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zum anderen hinsichtlich ähnlicher verwandter Inhalte – des Plattformbetreibers entsteht. Insofern stellt sich die Frage, ob die bereits oben in Grundzügen dargestellte Kerntheorie156 auch in Fällen der Störerhaftung von Plattformbetreibern zur Anwendung kommt. Dabei ist auch nicht zuletzt die Frage der Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben zu erörtern. (a) Präventionsverpflichtung nach den Grundsätzen des BGH Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Prüfpflichten auch solche Vorgänge umfassen, die als gleichgelagerte Verletzungen anzusehen sind.157 Mithin hat der Plattformbetreiber nicht nur konkret beanstandete Inhalte zu entfernen, sondern auch solche Maßnahmen zu treffen, die weitere Rechtsverletzungen zu verhindern vermögen.158 Daher wird eine Anwendung der Kerntheorie im Grundsatz befürwortet.159 Um das Pflichtenprogramm allerdings der jeweiligen Verletzungssituation anzupassen, wird den jeweiligen Prüfungspflichten ein „bewegliches“ System zugrunde gelegt.160 Innerhalb dieses Systems erfolgt eine Orientierung an unterschiedlichen Referenzgrößen, wie der Verfügbarkeit von Filtersystemen, insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Wirksamkeit und der Notwendigkeit von individuellen Nachkontrollen und den damit verbundenen Kosten, der Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit, der Einordnung der Plattformbetreibertätigkeit als aktive oder rein passiv-technische, der Möglichkeit des Selbstschutzes des Verletzten durch direkte Inanspruchnahme des Verletzers (auch unter Zuhilfenahme von vom Plattformbetreiber zur Verfügung gestellten Verfahren) und zuletzt der Relevanz des betroffenen Rechts.161 Grenze der Verpflichtungen ist wiederum die Zumutbarkeitsschwelle.162 156 Vgl.
hierzu Abschnitt A. III. 1. b) aa). Urteil v. 15.8.2013 – I ZR 80 / 12, GRUR 2013, 1030, 1033 f. Rn. 49, 53 – File Hosting Dienst; BGH, Urteil v. 12.7.2012 – I ZR 18 / 11, BGHZ 194, 339 = GRUR 2013, 370, 372 Rn. 32 – Alone in the Dark. 158 EuGH, Urteil v. 12.7.2011 – C-324 / 09, ECLI:EU:C:2011:474 = GRUR 2011, 1025, 1034 Rn. 139– L’Oreal / eBay; BGH, Urteil v. 12.7.2012 – I ZR 18 / 11, BGHZ 194, 339 = GRUR 2013, 370, 372 Rn. 32 – Alone in the Dark; BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304 / 01, NJW 2004, 3102, 3105 – Internet-Versteigerung I; Nolte / Wimmers, GRUR 2014, 16, 19. 159 So auch beispielsweise: Fromm / Nordemann-Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 162; zur Kerngleichheit ausführlich: Klatt, ZUM 2009, 265, 272 ff. 160 Ohly, ZUM 2015, 308, 312 unter Verweis auf: Leistner, GRUR-Beil. 2010, 1, 8. 161 Zur Gefahrgeneigtheit insbesondere: BGH, Urteil v. 12.7.2012 – I ZR 18 / 11, BGHZ 194, 339 = GRUR 2013, 370, 372 Rn. 22 – Alone in the Dark, wonach aufgrund der Gefahrgeneigtheit des Geschäftsmodells sogar eine „allgemeine Marktbeobachtungspflicht“ angenommen wird; BGH, Urteil v. 29.4.2010 – I ZR 69 / 08, 157 BGH,
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In den hier begutachteten Internetsachverhalten spielt aufgrund der Vielzahl von Daten und Informationen unter praktischen Gesichtspunkten insbesondere der Einsatz von automatisierten Filtersystemen unter Berücksich tigung der Informationen, die dem Plattformbetreiber jeweils zur Kenntnis gebracht wurden, eine herausgehobene Rolle.163 Stößt der Filter auf poten ziell rechtsverletzende Inhalte schließt sich hieran häufig eine notwendige, manuelle Kontrolle an.164 162
Um die Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers nicht über Gebühr auszudehnen, dürfen die Prüfungspflichten richtigerweise nur für die Zukunft nach Inkenntnissetzung entstehen.165 Für den Plattformbetreiber ergibt sich aus der Kenntnis dennoch keine Pflicht, sämtliche bereits eingestellten Inhalte nachträglich zu untersuchen und ggf. zu entfernen.166 (b) Präventionsverpflichtung als Verstoß gegen den Grundsatz des Verbots der allgemeinen Prüfpflichten? Wiederholt wurde in Frage gestellt, ob eine derartige Interpretation der Prüfpflichten mit den Grundsätzen der E-Commerce-Richtlinie und des TMG, namentlich dem Grundsatz des Verbots der Auferlegung von allgemeinen Prüfpflichten und den entsprechend verankerten Haftungsprivilegien, kollidiert.167 Hauptkritikpunkt ist, dass durch die Rechtsprechung des BGH eine allgemeine Vorabkontrolle hinsichtlich gleichartiger Tätigkeiten statuiert werde, die auf einem Hinweis zu einem anderen Sachverhalt basiert.168 Der Plattformbetreiber wird mittelbar zur Vermeidung einer Eigenhaftung gezwungen, eine „Kontrollinfrastruktur“ einzurichten, wobei er durch die AusBGHZ 185, 291 = GRUR 2010, 628,633 – Vorschaubilder; BGH, Urteil v. 15.1.2009 – I ZR 57 / 07, GRUR 2009, 841, 843, 21 f. – Cybersky; Ohly, ZUM 2015, 308, 312. 162 BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304 / 01, GRUR 2004, 860, 864 – InternetVersteigerung I; BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition Stand: 1.11.2017, § 7 TMG Rn. 63. 163 BGH, Urteil v. 19.4.2007 – I ZR 35 / 04, GRUR 2007, 708, 712 Rn. 47 – Internet-Versteigerung II; OLG Hamburg, Urteil v. 30.9.2009 – 5 U 111 / 08, MMR 2010, 51, 54 – Sharehoster II; Redeker, ITRB 2008, 227, 229. 164 BGH, Urteil v. 12.7.2012 – I ZR 18 / 11, BGHZ 194, 339 = GRUR 2013, 370, 372 – Alone in the Dark; Obergfell, NJW 2013, 1995 f.; Lehment, GRUR 2005, 210, 212. 165 Specht, ZUM 2017, 114, 116. 166 OLG Hamburg, Urteil v. 1.7.2015 – 5 U 87 / 12, MMR 2016, 269, 274 – Störer haftung von YouTube; Specht, ZUM 2017, 114, 116. 167 Vgl. stellvertretend: Beck’scher Kommentar zum Recht der TelemediendiensteJandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 50. 168 Hoeren / Sieber / Holznagel-Sieber / Höfinger, Multimedia-Recht, 44. EL Januar 2017, Teil 18.1 Rn. 57.
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gestaltung der Störerhaftung als flexibles System vor die Herausforderung gestellt wird, selbständig Kontrolldichte und Umfang festzulegen, die nach seinem Dafürhalten notwendig sind, um einer Haftung zu entgehen.169 Trotz generell verständlicher Kritik an der Haltung der Rechtsprechung hinsichtlich der Eingliederung in das Haftungsregime der E-Commerce-Richt linie bzw. des TMG weiß diese nicht zu überzeugen, da der Begriff der allgemeinen Prüfpflichten zu extensiv verstanden wird. Denn allein dadurch, dass die Prüfpflicht auf weitere Inhalte ausgedehnt wird, die in ihren Charakteristika denen der beanstandeten Inhalte gleichen, wird hieraus noch keine allgemeine Überwachungspflicht.170 Eine generelle Prüfpflicht würde sich aus dem Wortlaut erst dann ergeben, wenn ohne bestimmten Anlass fortwährend eine Kontrolle sämtlicher Inhalte vorzunehmen wäre.171 Diesen Bedenken ist der BGH mit Anwendung der Kerntheorie begegnet, indem er eine spezifische Prüfpflicht entsprechend der festgelegten Charakteristika statuiert hat.172 Etwaige überzogene Anforderungen an die Prüfpflichten können im Rahmen der Zumutbarkeit der jeweiligen Verpflichtung korrigiert werden. Zudem wäre es vor dem Hintergrund des Gebots des effektiven Rechtsschutzes widersinnig, wenn ein Rechteinhaber jeweils aufs Neue die Inhalte selbstständig überprüfen und für jeden Einzelfall wiederum eine Beanstandung durchführen müsste. Im Regelfall werden dem Rechteinhaber nicht die notwendigen technischen Mittel zur Verfügung stehen, die ein Plattformbetreiber zum Einsatz bringen kann, um entsprechende gleichgelagerte Verletzungen schnell und effizient zu beseitigen. Der Plattformbetreiber sitzt dagegen an der „Quelle“ und ist mithin als „cheapest cost avoider“ anzusehen.173 Dies entspricht auch der Ansicht des EuGH, dass der Pflichtenkreis von Plattformbetreibern nicht auf die Entfernung des konkreten Inhalts begrenzt ist, sondern dass im spezifischen Fall auch eine Verhinderung von gleichartigen Verletzungen mitumfasst sein kann.174 Nur so kann dem Ziel der wirksaProblematik in ihrer Gesamtheit: Ohly, ZUM 2017, 308, 313. Urheberrechtverletzungen durch Social Sharing, 2016, S. 220; a. A. Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 169. 171 Ziegler, Urheberrechtsverletzungen durch Social Sharing, 2016, S. 220. 172 BGH, Urteil v. 19.3.2015 – I ZR 94 / 13, GRUR 2015, 1129, 1132 Rn. 31 – Hotelbewertungsportal; BGH, Urteil v. 12.7.2012 – I ZR 18 / 11, BGHZ 194, 339 = GRUR 2013, 370, 371 Rn. 19 – Alone in the Dark; Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 7 TMG Rn. 44. 173 Der Ansatz des „cheapest cost avoider“ geht dabei auf Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001 / 29 vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft („Informationsgesellschafts-Richtlinie“) zurück, vgl: Leistner, ZUM 2012, 722, 723. 174 EuGH, Urteil v. 12.7.2011 – C-324 / 09, ECLI:EU:C:2011:474 = GRUR 2011, 1025, 1034 Rn. 139– L’Oreal / eBay. 169 Zur
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
men Vorbeugung gegen weitere Rechtsverletzungen, statuiert durch Art. 11 S. 3 Durchsetzungsrichtlinie, in ausreichendem Maße Rechnung getragen.175 (c) Zwischenergebnis Der Plattformbetreiber ist nach den vom BGH aufgestellten Grundsätzen auch verpflichtet, zukünftigen Rechtsverletzungen durch geeignete Maßnahmen zu begegnen.176 Dabei sind nur kerngleiche Inhalte von dieser Verpflichtung umfasst. Mithin hat der Plattformbetreiber zum einen identische Inhalte präventiv zu untersuchen zum anderen aber auch bei Personengleichheit des potenziellen Verletzers entsprechende Nachforschungen anzustellen. Aufgrund der kenntnisbasierten Verpflichtung zum Tätigwerden verstößt dies nicht gegen das Verbot der Auferlegung von allgemeine Überwachungspflichten. d) Ergebnis: Das aktuelle Regime der urheberrechtlichen Störerhaftung nach der Rechtsprechung des BGH Mit der zuvor im Detail dargelegten Störerhaftung hat der BGH unter Rückgriff auf den verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken des § 1004 BGB ein eigenständiges Haftungsregime für Plattformbetreiber im Hinblick auf Inhalte von Nutzern geschaffen. Da der Plattformbetreiber einen adäquatkausalen Beitrag zur Rechtsverletzung des Nutzers dadurch leistet, dass dieser die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung stellt, ist dieser als Verantwortlicher im Rechtssinne einzustufen. Dabei erschöpft sich seine Verpflichtung darin, entsprechende Rechtsverletzungen – sei es die ihm zur Kenntnis gebrachte oder ähnlich gelagerte – abzustellen; Schadensersatz ist dagegen nicht geschuldet, da dies mit der Haftungsprivilegierung des TMG kollidieren würde. Bezüglich des Pflichtenkreises des Plattformbetreibers arbeitet die Rechtsprechung mit den dem Plattformbetreiber auferlegten Prüfpflichten. Aufgrund der Haftungsprivilegierungen des TMG besteht keine Verpflichtung zu einer proaktiven Suche nach verletzenden Inhalten. Vielmehr ist die Kenntnis einer Rechtsverletzung oder von Tatsachen oder Umständen, die eine solche Rechtsverletzung offensichtlich werden lassen, tätigkeitsauslösend, was im Regelfall erst zu einer Verpflichtung führt, wenn der Plattformbetreiber auf eine entsprechende Verletzung hingewiesen wurde. Anschließend ist der 175 Leistner,
ZUM 2012, 722, 727. GRUR 2012, 433, 439; a. A. unter Verweis auf eine Tendenzwende des BGH: Härting, Internetrecht, 6. Aufl. 2017, S. 598 Rn. 2611 ff. 176 Ensthaler / Heinemann,
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 105
Plattformbetreiber verpflichtet, den entsprechenden Inhalt zu sperren, und, soweit die Abwägung unter Bezugnahme auf das Gewicht der Rechtsverletzung und der Erkenntnismöglichkeit eine entsprechende Verpflichtung rechtfertigt, gleichgelagerte Verletzungen (durch die gleiche Person oder den identischen Inhalt) zu verhindern. Nicht zum Pflichtenkreis des Plattformbetreibers gehört es dagegen, seinen gesamten Datenbestand rückwirkend nach verletzenden Inhalten zu durchsuchen.
III. Mögliche Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern Die soeben dargestellte Störerhaftung nach dem Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird im Schrifttum und auch auf Ebene des europäischen Gesetzgebers kritisiert, so dass die Frage der Haftung von Plattformbetreibern Gegenstand aktueller Diskussionen ist.177 Im Schrifttum konzentriert sich die Diskussion auf der Grundlage der derzeit noch geltenden Rechtslage hauptsächlich auf die Frage, ob es nicht notwendig wäre, im Urheberrecht und den ihm nahen Rechtsgebieten (beispielsweise im Recht des unlauteren Wettbewerbs) ein einheitliches Haftungsregime zu statuieren. Dabei zeigt sich, dass eine erweiterte Haftung des Plattformbetreibers – unabhängig von dem jeweiligen Begründungsansatz als Täter oder Teilnehmer – durchaus auch Relevanz für den Bereich des Urheberrechts beanspruchen kann. Lediglich die Frage der Ausgestaltung ist final zu eruieren. Die Tatsache der Täterschaft eines Dritten – nämlich des jeweiligen Nutzers – steht dabei einer erweiterten Verantwortlichkeit nicht entgegen; vielmehr kann die des Plattformbetreibers daneben treten.178 Dem Plattformbetreiber könnte unter dem Gesichtspunkt der Verkehrspflichten ein erweiterter Pflichtenkatalog als Täter (mit einer entsprechenden Haftungsfolge) aufzuerlegen sein. Nicht zuletzt aufgrund der Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen „Filmspeler“ und „The Pirate Bay“ ist auch eine eigenständige Verletzungshandlung des Plattformbetreibers unter dem Gesichtspunkt der (eigenen) öffentlichen Wiedergabe als täterschaftsbegründend zu analysieren. Auch stellt sich die Frage des Zu-eigen-Machens von Inhalten und einer damit einhergehenden täterschaftlichen Haftung. Zudem wird diskutiert, ob der Plattformbetreiber nicht als Teilnehmer – im Regelfall durch entsprechende Beihilfe – in Anspruch genommen werden kann. Von Seiten des europäischen Gesetzgebers werden die Probleme zuvorderst im 177 Vgl. beispielsweise: Specht, ZUM 2017, 114; Hofmann, ZUM 2017, 102; Körber, ZUM 2017, 93; Leistner, ZUM 2016, 580. 178 Specht, ZUM 2017, 114, 120; Leistner, ZUM 2016, 580, 584.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Rahmen des Richtlinienentwurfs Digitaler Binnenmarkt behandelt. Der Vollständigkeit halber soll daran anschließend in aller Kürze eine Inanspruchnahme unter bereicherungsrecht lichen Gesichtspunkten angesprochen werden. 1. Verpflichtende Lizenzverträge als Lösungsansatz des europäischen Gesetzgebers Wie bereits eingangs erwähnt, hat auch der europäische Gesetzgeber erkannt, dass sich das Internet zur Hauptquelle für den Zugriff auf Inhalte entwickelt hat und hierbei Schwierigkeiten bei der Ermittlung von Nutzungshandlungen und der entsprechenden Monetarisierung für Rechteinhaber auftreten.179 Lösungsansätze sieht der europäische Gesetzgeber – die zuletzt in einem Kompromissvorschlag des Berichterstatters des Rechtsausschusses nochmals betont wurden180 – zum einen in einer Lizenzierungsverpflichtung aufgrund eigener öffentlicher Zugänglichmachung von Plattformbetreibern und zum anderen in der Verpflichtung zur Verwendung von technischen Mitteln zur Ermittlung von verletzenden Inhalten.181 a) Lizenz- und Identifikationsverpflichtung als Antwort des europäischen Gesetzgebers Der europäische Gesetzgeber möchte an die Rechtsprechung des EuGH anknüpfen182 und eine Verpflichtung von Plattformbetreibern zum Abschluss von entsprechenden Lizenzvereinbarungen für den Fall statuieren, dass diese Plattformbetreiber urheberrechtlich geschützte Werke, die von Nutzern hochgeladen wurden, speichern oder diese selbst öffentlich zugänglich machen.183 Allerdings soll dies nur insoweit gelten, als sie nicht unter die Privilegierungstatbestände der E-Commerce-Richtlinie fallen, diese also nicht über die physische Bereitstellung der technischen Voraussetzungen hinaus179 Vorschlag für eine Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt in der Fassung vom 14.9.2016, COM (2016) 593 final, S. 22, Erwägungsgrund 37. 180 Proposal for a directive on copyright in the digital single market draft list of compromise amendments, abrufbar unter: https: / / urheber.info / sites / default / files / story / files / axel-voss-compromise-amendments-2018-06-12.pdf, zuletzt abgerufen am 21.6.2018. 181 Vorschlag für eine Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt in der Fassung vom 14.9.2016, COM (2016) 593 final, S. 22 f., Erwägungsgrund 37 f. 182 Holzmüller, ZUM 2017, 301, 303. 183 Vorschlag für eine Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt in der Fassung vom 14.9.2016, COM (2016) 593 final, S. 22, Erwägungsgrund 38.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 107
gehen.184 Mithin enthält der Richtlinienentwurf den Versuch einer klarstellenden Interpretation der Verhältnisse zwischen dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und den Haftungsprivilegierungen aus der E-CommerceRichtlinie.185 Um die Identifikation entsprechender, von Lizenzvereinbarungen umfasster Werke sicherzustellen, ist zweitens eine Kooperation von Plattformbetreibern und Rechteinhabern notwendig, die nach dem Telos des Richtlinienentwurfs zu einer erleichterten technischen Auffindbarkeit von Inhalten führen soll.186 Daher schreibt der Richtlinienentwurf – wie auch der zuletzt von dem Rechtsausschuss erarbeitete Kompromissvorschlag – in Art. 13 Abs. 1 S. 2 vor, dass Maßnahmen – wie beispielsweise wirksame Inhaltserkennungstechniken – vorzusehen sind. Denn es sei Aufgabe der Plattformbetreiber, geeignete und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, wozu gerade technische Erkennungsdienste gehören, um den Schutz der Werke zu gewährleisten.187 b) Würdigung des Richtlinienentwurfs im Schrifttum Der Richtlinienentwurf ist in der Literatur auf Kritik gestoßen. Dabei stößt die Frage der Verteilung von Handlungslasten auf Unverständnis. Daneben wird auch die Abstimmung des neuen Richtlinienentwurfs mit den Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie als kritisch angesehen. Zudem sei zu befürchten, dass trotz der entsprechenden Lizenzverträge weiterhin Schutzlücken verbleiben und die mit dem Verfahren verbundenen Kosten den Nutzern auferlegt würden. Schlussendlich ist für einige Autoren nicht ersichtlich, warum eine andersartige Ausgestaltung der Plattformverantwortlichkeit überhaupt notwendig sei, da sich die bisherigen Regelungen bewährt hätten. Grünberger sieht dabei insbesondere die ersten beiden Punkte sehr kritisch.188 Seiner Ansicht nach statuiert der Richtlinienentwurf eine vorrangige Pflicht der Rechteinhaber, den Schutzgegenstand ihrer Rechte genau zu definieren.189 Es wäre damit eine Abkehr von dem tradierten System des „erst fragen, dann nutzen“ und würde nicht die tatsächliche Verantwortlichkeit 184 Vorschlag für eine Richtlinie über das in der Fassung vom 14.9.2016, COM (2016) 185 Holzmüller, ZUM 2017, 301, 303. 186 Vorschlag für eine Richtlinie über das in der Fassung vom 14.9.2016, COM (2016) 187 Vorschlag für eine Richtlinie über das in der Fassung vom 14.9.2016, COM (2016) 188 Grünberger, ZUM 2017, 265, 266. 189 Grünberger, ZUM 2017, 265, 266.
Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt 593 final, S. 22, Erwägungsgrund 38. Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt 593 final, S. 22, Erwägungsgrund 38. Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt 593 final, S. 22, Erwägungsgrund 38.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
wiederspiegeln, da der Verletzte in Vorleistung treten müsste.190 Eher rechtstechnischer Natur, aber dafür umso schwerwiegender, ist dessen zweiter Kritikpunkt: Richtigerweise führt er an, dass der Vorschlag des Einsatzes technischer Maßnahmen in einem Spannungsverhältnis zu Art. 15 E-Commerce-Richtlinie stehe, da sich diese Maßnahmen als Fälle der allgemeinen Prüf- und Überwachungspflicht einordnen lassen, die gerade aus dem Pflichtenkreis von Plattformbetreibern de lege lata ausgenommen sind.191 In diesem Kontext ist ebenfalls zu erwähnen, dass gerade der Kompromissvorschlag anführt, dass Plattformbetreiber nicht mehr von der Haftungserleichterung von Art. 14 E-Commerce-Richtlinie profitieren könnten, da sie stets eine eigene öffentliche Wiedergabe vornähmen.192 Der Kompromissvorschlag zieht daraus in dogmatisch fragwürdiger Art und Weise den Schluss, dass sich hieraus die Verpflichtung zur Einrichtung von angemessenen Schutzvorrichtungen ergeben soll.193 Würde man die Erwägungen des Kompromissvorschlags allerdings in den bereits bestehenden rechtlichen Kontext – insbesondere die E-Commerce-Richtlinie und das TMG – setzen, so wären die Haftungsprivilegierungen nicht mehr zur Anwendung zu bringen, so dass Plattformbetreiber dem Grunde nach entsprechend der allgemeinen Vorschriften haften müssten, auch wenn sie sich auf eine passive Rolle im Rahmen seiner Dienstleistung beschränken würden. Zu Recht weist zudem Conrad darauf hin, dass einige Rechte ungeklärt bleiben könnten, selbst wenn sich die Plattformbetreiber um eine möglichst flächendeckende Lizensierung kümmern würden.194 So können einzelne Rechteinhaber ihre Rechte selbst wahrnehmen, ohne den Umweg über eine Verwertungsgesellschaft wählen zu wollen, so dass diese durch das Raster fallen könnten. Dies könnte zu der paradoxen Situation führen, dass trotz der ergriffenen Präventivmaßnahmen durch den Abschluss von Lizenzverträgen durch die Hintertür eine Inanspruchnahme auf täterschaftlicher Basis auf Schadensersatz erfolgen könnte.195 Der Plattformbetreiber wäre also der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme ausgesetzt.196 Sofern dieser Argumenta190 Grünberger,
ZUM 2017, 265, 266. ZUM 2017, 265, 266. 192 Proposal for a directive on copyright in the digital single market draft list of compromise amendments, S. 29, abrufbar unter: https: / / urheber.info / sites / default / files / story / files / axel-voss-compromise-amendments-2018-06-12.pdf, zuletzt abgerufen am 21.6.2018. 193 Proposal for a directive on copyright in the digital single market draft list of compromise amendments, S. 29, abrufbar unter: https: / / urheber.info / sites / default / files / story / files / axel-voss-compromise-amendments-2018-06-12.pdf, zuletzt abgerufen am 21.6.2018. 194 Conrad, ZUM 2017, 289, 298. 195 Conrad, ZUM 2017, 289, 298. 191 Grünberger,
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 109
tion damit begegnet würde, dass dann eben mit einzelnen Zwangslizenzen zu arbeiten sei, wird verkannt, dass hierdurch Plattformbetreiber in die Situation gedrängt würden, Rechtsstreitigkeiten über Inhalte zu führen, die ihnen nicht bekannt sind.197 Diese unklare Situation könnte gerade kleinere Plattformen, die nicht auf ein gewachsenes Lizensierungsmodell zurückgreifen können, den Markteintritt bzw. die Markterschließung erschweren.198 196
In dieser Richtung muss auch die Aussage von Nolte verstanden werden, der kein Verständnis für den Ansatz des europäischen Gesetzgebers zeigt, da sich seiner Ansicht nach das geltende System bewährt habe.199 Auch er plädiert für ein Beibehalten des status quo, da innerhalb der Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie ein flexibles Haftungsregime geschaffen wurde, das mit Störerhaftung und Sanktionierung einer aktiven Rolle des Plattformbetreibers bzw. dem Zu-eigen-Machen von Inhalten ein ausgewogenes, für den Einzelfall passgenaues System bedingt.200 Bei einer Abkehr von diesem System könnte es zur Einschränkung der Meinungsfreiheit kommen, die auch für den Onlinebereich zu den geschützten Grundrechten gehört.201 c) Stellungnahme und Ergebnis Im Ergebnis erscheint sowohl der Richtlinienentwurf Digitaler Binnenmarkt als auch der hierzu ausgearbeitete Kompromissvorschlag im Hinblick auf die erweiterte Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern nicht ausgewogen, da insbesondere die Abstimmung mit den Haftungsprivilegierungen der E-Commerce-Richtlinie nicht gelingt.202 Der Anwendungsbereich beider Richtlinien kann nicht in Einklang gebracht werden. Denn wie bislang ergeben sich Auslegungsprobleme, wann der Plattformbetreiber von den entsprechenden Privilegierungen profitieren soll und wann nicht. Zudem widerspricht der verpflichtende Einsatz von technischen Maßnahmen dem Postulat, dass dem Plattformbetreiber keine proaktiven Prüfpflichten auferlegt werden dürfen. In letzter Konsequenz würde dies richtigerweise eine Abschaffung der Privilegierungstatbestände aus der E-Commerce-Richtlinie nach sich ziehen müssen.
196 Conrad, ZUM 2017, 289, 298, der dieses auf Prävention angelegte Sanktionssystem sogar als prohibitiv für das gesamte Geschäftsmodell einstuft. 197 Conrad, ZUM 2017, 289, 300. 198 Conrad, ZUM 2017, 289, 300, der neben damit verbundener Rechtsunsicherheit den Eintritt eines „Chilling Effects“ befürchtet; Klett / Schlüter, WRP 2017, 15, 19. 199 Nolte, ZUM 2017, 304, 307. 200 Nolte, ZUM 2017, 304, 307. 201 Klett / Schlüter, WRP 2017, 15, 19. 202 So auch: Holzmüller, ZUM 2017, 301, 304.
110
D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Dies deutet der Kompromissvorschlag zum Richtlinienentwurf Digitaler Binnenmarkt zwar an, erklärt diese aber explizit nicht für unanwendbar. Auch wenn der Ansatz des europäischen Gesetzgebers mit einer gewissen Einfachheit zu überzeugen vermag, ist eine derart generalistische Herangehensweise im Einzelfall nicht zielführend. Mithin sollte zum Zwecke der Einzelfallgerechtigkeit und der Vermeidung etwaiger Brüche im Haftungsregime kein präventiv-generalistischer, sondern ein individuell-sanktionierender Ansatz verfolgt werden. Ersteres mag zwar bei den großen Verwertungs gesellschaften noch gelingen. Sofern dagegen einzelne Rechteinhaber ihre Rechte selbst verwerten, kann dies in eine Vielzahl von kleinteiligen Vorgängen übergehen, was wiederum unter Effizienzgesichtspunkten negative Auswirkungen haben könnte. Zudem werden Plattformbetreiber in den Abschluss von Lizenzvereinbarungen gedrängt, selbst wenn ihr Geschäftsmodell keine Verletzungsanfälligkeit mit sich bringt. Dadurch wird kleineren, neu entstehenden Plattformen nicht zuletzt der Marktzutritt potenziell ungleich erschwert, da sie von Sekunde eins ihrer Tätigkeit in den Lizensierungsprozess einsteigen müssen. 2. Der Plattformbetreiber als Bereicherungsschuldner Wenig Beachtung hat in der Diskussion über die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern bislang der Ansatz gefunden, ob diese unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des im Bereicherungsrecht verankerten Abschöpfungsgedanken zum Ausgleich finanzieller Verluste von Rechteinhabern herangezogen werden können. Dies mag nicht zuletzt darin begründet liegen, dass Ansprüche aus § 812 BGB, sei es in Form der Leistungs- oder der Eingriffskondiktion, nicht bestehen. Denn Profiteur des Einstellens eines Inhalts ist nicht der einstellende Nutzer, sondern der personenverschiedene Plattformbetreiber, so dass aufgrund des damit einhergehenden Dreiecksverhältnisses entsprechende Ansprüche nicht in Frage kommen.203 Mithin stellt sich die Frage, ob Rechteinhaber, deren urheberrechtlich geschützten Werke auf den jeweiligen Plattformen online gestellt wurden, eine Zahlung einer angemessenen Vergütung von Plattformbetreibern nach Maßgabe des § 816 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen können.
203 Zum
Normzweck: MüKo-Schwab, BGB, 7. Aufl. 2017, § 816 Rn. 2.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 111
a) Dogmatische Grundlagen des Bereicherungsanspruchs Nach § 816 Abs. 1 S. 2 BGB ist derjenige, welcher auf Grund einer Verfügung eines Nichtberechtigen, die gegenüber dem Berechtigten wirksam ist, verpflichtet, das Erlangte an den Berechtigten herauszugeben. Tatbestands voraussetzungen sind damit eine Verfügung eines Nichtberechtigten, die wirksam gegenüber dem Berechtigten ist, und so zu einem unmittelbaren rechtlichen Vorteil eines Dritten führt. Die Vorschrift stellt dabei einen Sonderfall in der bereicherungsrechtlichen Systematik dar, da sie mit dem Grundsatz der Kondiktionsfestigkeit des gutgläubigen Erwerbs von beweg lichen und unbeweglichen Sachen bricht.204 Eine Verfügung liegt nach dem allgemeingültigen Verfügungsbegriff im Falle einer rechtsgeschäftlichen Zuordnungsänderung, also Übertragung, Belastung, Inhaltsänderung oder Aufhebung des dinglichen Rechts an einem Gegenstand vor.205 Dabei sind unter dem Begriff Gegenstände jedoch nicht nur sachenrechtliche Positionen erfasst, sondern auch schuldrechtliche Ausschließlichkeitsrechte in Form von absoluten Rechtspositionen, wozu auch urheberrechtliche Befugnisse zu zählen sind.206 Mitumfasst sind daneben auch einfache Nutzungsrechte, da diesen nach Ansicht des BGH nicht lediglich schuldrechtlicher, sondern bis zu einem gewissen Grad auch dinglicher Charakter zukommt.207 Die Verfügung erfolgt wiederum dann durch einen Nichtberechtigten, wenn derjenige eine entsprechende Verfügungshandlung vornimmt, der weder unbeschränkter Inhaber des betreffenden Rechts ist noch kraft Gesetzes oder Rechtsgeschäfts mit dem Inhaber zur Verfügung über das Recht befugt war.208 Daher ist bei der Auslegung kein spezifisches bereicherungsrecht liches Verständnis anzulegen, sondern die allgemeinen Regeln über die Verfügungsbefugnis.209 Berechtigter ist derjenige, dem spiegelbildlich die entsprechende Verfügungsbefugnis zusteht. Auf Seiten des Berechtigten ist als anspruchsbegründender Moment zudem eine Wirksamkeit der Verfügung notwendig; dies kann dabei zum einen aufgrund gesetzlicher Vorschriften erfolgen, zum anderen aber auch durch entsprechende Genehmigung des
204 Palandt-Sprau,
BGB, 76. Aufl. 2017, § 816 Rn. 12. Kommentar zum BGB, 16. Aufl. 2015, § 816 Rn. 2 m. w. N. 206 BGH, Urteil v. 17.12.1998 – I ZR 37 / 96, NJW 1999, 1966, 1967 f. – Hunger und Durst; BeckOK-Wendehorst, BGB, 44. Edition Stand: 1.11.2017, § 816 Rn. 4. 207 BGH, Urteil v. 26.3.2009 – I ZR 153 / 06, BGHZ 180, 344 = GRUR 2009, 946, 948 Rn. 19 ff. – Reifen Progressiv. 208 BeckOK-Wendehorst, BGB, 44. Edition Stand: 1.11.2017, § 816 Rn. 9. 209 BGH, Urteil v. 22.9.2003 – II ZR 74 / 01, NJW 2004, 365, 366. 205 Jauernig-Stadler,
112
D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Rechtsgeschäfts.210 Nach allgemeiner Meinung bezieht sich die Genehmigung nur auf das jeweilige Rechtsgeschäft und wandelt die Position des Nichtberechtigten nicht in die eines Berechtigten.211 Profiteur dieser wirksamen Verfügung muss im Ergebnis ein Dritter sein, der einen rechtlichen Vorteil unentgeltlich erlangt, § 816 Abs. 1 S. 2 BGB. Dabei entzünden sich die Diskussionen im ersten Schritt schon an dem Begriff der Unentgeltlichkeit. Dabei ist beim rechtsgeschäftlichen Unentgeltlichkeitsbegriff nach einer Ansicht darauf abzustellen, ob sich die Parteien über die Entgeltlichkeit der Verfügung einig gewesen sind.212 Entscheidend ist also das zugrundeliegende Grundverhältnis der Verfügung. Sofern sich die Parteien über eine Entgeltlichkeit geeinigt haben, die nicht zwingend in einer Geldleistung begründet liegen muss, scheidet ein Anspruch mangels Notwendigkeit eines Vertrauensschutzes aus.213 Die Gegenposition möchte dagegen einen ökonomischen Entgeltlichkeitsbegriff ansetzen. Dabei ist primär darauf abzustellen, ob der Begünstigte den Gegenstand erlangt hat, ohne als Gegenleistung dafür etwas aus seinem Vermögen aufzuopfern, was von wirtschaftlichem Wert ist, und daher vom Berechtigten beim Nichtberechtigten abgeschöpft werden kann.214 Auch hier kann allerdings eine die Unentgeltlichkeit ausschließende Gegenleistung nicht nur monetär sein. Beide Ansichten stellen entscheidend auf die Frage der Gegenleistung ab, wobei auch der ökonomische Entgeltlichkeitsbegriff das zugrundeliegende Rechtsverhältnis mit in Bezug nimmt.215 Ein Streitentscheid muss daher im Einzelfall unter Berücksichtigung des Geschäftsmodells des Plattformbetreibers erfolgen. Als Korrektiv einer übermäßigen Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Norm ist ein Unmittelbarkeitskriterium anzusetzen. Demzufolge muss der Dritte als Anspruchsgegner einen rechtlichen Vorteil durch dieselbe Verfügung in seinem Vermögen verzeichnen können, die der Nichtberechtigte wirksam gegenüber dem Berechtigten trifft.216 210 Schulze-Wiese / Schulze, Bürgerliches Gesetzbuch, 9. Aufl. 2017, § 816 Rn. 6; MüKo BGB-Schwab, 7. Aufl. 2017, § 816 Rn. 10 f. 211 MüKo BGB-Bayreuther, 7. Aufl. 2015, § 185 Rn. 43; Palandt-Sprau, BGB, 77. Aufl. 2018, § 816 Rn. 7. 212 Jülch, JA 2012, 326, 328. 213 Lorenz / Eichborn, JuS 2017, 6, 7. 214 BGH, Urteil v. 12.7.1962 – VII ZR 28 / 61, NJW 1962, 1671, 1672 allerdings teilweise korrigiert durch: BGH, Urteil v. 25.4.1967 – VII ZR 1 / 65, NJW 1967, 1660, 1663; zur Einordnung insgesamt: Fischer, Die Unentgeltlichkeit im Zivilrecht, 2002, S. 273 f. 215 BGH, Urteil v. 12.7.1962 – VII ZR 28 / 61, NJW 1962, 1671, 1672. 216 Palandt-Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Aufl. 2018, § 816 Rn. 16.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 113
b) Abschöpfung von Vermögensvorteilen beim Plattformbetreiber als Bereicherungsschuldner? § 102a UrhG eröffnet die Anwendung von Bereicherungsansprüchen aus den §§ 812 ff. BGB in urheberrechtlichen Sachverhalten, der neben den Sondertatbeständen des Urheberrechts eine Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln statuiert.217 Unproblematisch ist in vorliegenden Fällen auch jeweils die Verfügung des Nichtberechtigten zu bejahen, da Grundannahme der vorliegenden Arbeit das Setzen eines Frames in rechtswidriger Art und Weise ohne entsprechende Rechtsmacht ist. Die Wirksamkeit der Verfügung würde sich mangels gutgläubiger Erwerbsmöglichkeit von schuldrechtlichen Rechtspositionen allerdings nur bei entsprechender Genehmigung des Rechtsgeschäfts ergeben, was hier als Arbeitshypothese zumindest angenommen werden soll.218 Nach der hier vertretenen Ansicht erlangt der Plattformbetreiber jedoch nicht unentgeltlich einen rechtlichen Vorteil, sei es nach dem rechtsgeschäftlichen oder dem ökonomischen Entgeltlichkeitsbegriff.219 Da das Entgelt nicht zwingend finanzieller Art sein muss, sondern auch durch Sachleistungen erbracht werden kann, muss die Bereitstellung der Infrastruktur durch den Plattformbetreiber als Entgelt angesehen werden. Denn das Rechtsverhältnis zwischen Plattformbetreiber und Nutzer ist nicht künstlich in mehrere Rechtsverhältnisse, auf der einen Seite die Nutzungsmöglichkeit der Plattform durch den Nutzer und auf der anderen Seite die Leistung an den Plattformbetreiber, insbesondere durch eine etwaige Rechteeinräumung, aufzuteilen.220 Vielmehr ist von einem einheitlichen Rechtsverhältnis eines Austauschvertrags auszugehen, nach dem sich eine etwaige Rechteeinräumung, wie häufig in den AGB von Plattformen zu finden, als Gegenleistung für das Bereitstellen der Plattforminfrastruktur darstellt.221 Nur so wird der Charakter der Plattformnutzung korrekt dargestellt: Der Nutzer wird nicht ohne die Bereitstellung der Infrastruktur Inhalte hochladen und umgekehrt wird der 217 Wandtke / Bullinger-Bohne,
PraxKo Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 102a Rn. 1. diese Genehmigung im Ergebnis jedoch erteilt werden wird, darf bezweifelt werden. Durch eine entsprechende Genehmigung würde der Urheber seiner Ansprüche gegenüber dem ursprünglichen Rechtsverletzer verlustig werden und könnte somit ausschließlich gegen den Plattformbetreiber vorgehen. Die Position zweier Anspruchsgegner kann sich für den Rechteinhaber durchaus als vorteilhaft darstellen. 219 Anders: Laurin, ZUM 2017, 380, 385 ff. 220 Vgl.: Hoeren / Sieber / Holznagel-Redeker, Multimedia-Recht, 45. EL Juli 2017, Teil 12 Rn. 154 ff.; Schwenke, WRP 2013, 37, 38. 221 Bräutigam / Rücker-Müller-Riemenschneider, E-Commerce, 1. Aufl. 2017, Rn. 14; Hornung / Müller-Terpitz-Bräutigam / v. Sonnleithner, Rechtshandbuch Social Media, 1. Aufl. 2015, Kapitel 3.2.3 Rn. 18; Schwenke, WRP 2013, 37, 38. 218 Ob
114
D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Plattformbetreiber in den seltensten Fällen die entsprechende Infrastruktur ohne korrespondierende Gegenleistung stellen. c) Ergebnis Im Ergebnis kommt der Plattformbetreiber nicht unentgeltlich als zwingendes Tatbestandsmerkmal des Anspruchs aus § 816 Abs. 1 S. 2 BGB in den Genuss eines rechtlichen Vorteils, so dass der Tatbestand nicht erfüllt ist. Zudem erscheint die Tatsache, dass ein Rechteinhaber jede einzelne Veröffentlichung genehmigen soll, um so den Anwendungsbereich des Bereicherungsrechts zu eröffnen, widersinnig, wenn wie im Folgenden zu zeigen sein wird, Schadensersatzansprüche durchaus in Betracht kommen. Dies geht umso mehr an der Rechtsrealität vorbei, da der Rechteinhaber durch seine Genehmigung nicht mehr gegen den Erstverletzer vorgehen kann und somit seines primären Anspruchsgegners verlustig wird.222 3. Der Plattformbetreiber als Teilnehmer an einer fremden Rechtsverletzung Nicht zuletzt durch eine Entscheidung des LG München I, das sein Urteil gegen einen Plattformbetreiber darauf begründete, dass dieser aufgrund der Verletzung von Verkehrspflichten als Gehilfe der über seinen Dienst begangenen Urheberrechtsverletzungen haftet, ist die Begründung der Haftung als Teilnehmer als diskussionswürdiges Alternativmodell zur Störerhaftung einzustufen.223 Dabei hat diese Entscheidung eine Diskussion wieder angestoßen, die bereits im Nachgang zum BGH-Urteil „Internet Versteigerung I“ erstmalig geführt wurde, in der der BGH den Rechtsgedanken der Teilnehmerhaftung bereits aufgegriffen hatte, eine Haftung aber jeweils mangels Vorsatz ablehnte.224 Die Grundsätze einer etwaigen Teilnehmerhaftung wegen Beihilfe durch Unterlassen wurden in einem Urteil des OLG Hamburg aus dem Jahre 2009 programmsatzartig definiert, wobei der notwendige Vorsatz durch die allgemeine Kenntnis von auf der eigenen Plattform begangenen Rechtsverletzungen begründet wurde.225 Dieser Ansatz wurde sowohl vom Schrifttum kriti-
222 Siehe
hierzu eingehend: Fußnote 530. München I, Urteil v. 18.32016 – 37 O 6200 / 14, ZUM-RD 2016, 392. 224 BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304 / 01, MMR 2004, 668 – Internet-Versteigerung I. 225 OLG Hamburg, Urteil v. 24.7.2008 – 3 U 216 / 06, MMR 2009, 129, 130. 223 LG
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 115
siert226 als auch in der Revision von Seiten des BGH verworfen,227 so dass die Frage einer etwaigen Teilnehmerhaftung diskussionsbedürftig ist. a) Grundlagen der Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 2 BGB Die gesetzliche Grundlage für die zivilrechtliche Teilnehmerhaftung findet sich in § 830 Abs. 2 BGB. Danach haftet derjenige, der einen anderen entweder zu einer rechtswidrigen Tat anstiftet oder bei dieser Hilfe leistet, gleich einem Täter. Anzuwenden sind bei einer Einordnung stets die zum Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätze.228 Gemein ist der Teilnehmer- mit der zuvor beschriebenen Störerhaftung, dass Ansatzpunkt der eigenen Haftung jeweils die eigene Handlung ist, diese Handlung aber in Bezug zu einer Tat eines Dritten stehen muss. Sowohl Anstiftung als auch Beihilfe erfordern als akzessorische Handlungen demzufolge eine vorsätzliche unerlaubte Handlung eines Dritten als Anknüpfungspunkt.229 Wer eine eigene rechtsverletzende Handlung alleine oder mit einem Dritten begeht, ist dagegen Täter und kann weder als Anstifter noch als Hilfeleistender in Anspruch genommen werden. Dies entspricht der im Strafrecht zu den Bereichen Anstiftung und Beihilfe entwickelten Grundsätze, die vollständig auf den zivilrechtlichen Begründungsansatz einer Haftung übertragbar sind.230 Zudem ist gemeinsame Voraussetzung beider Teilnahmehandlungen ein doppelter Vorsatz, also sowohl Vorsatz hinsichtlich des eigenen Teilnahmebeitrags als auch hinsichtlich der Haupttat, wobei bedingter Vorsatz jeweils ausreichend ist.231
226 Leistner,
GRUR-Beil. 2010, 1, 25 f.; Krekel, WRP 2009, 1029, 1038 ff. Urteil v. 22.7.2010 – I ZR 139 / 08, MMR 2011, 172, 174 – Kinderhochstühle im Internet. 228 So zuletzt erneut: BGH, Urteil v. 5.2.2015 – I ZR 240 / 12, ZUM-RD 2015, 650, 654 Rn. 35 – Kinderhochstühle im Internet III; Grünberger, ZUM 2017, 361, 369. 229 Jauernig-Teichmann, Kommentar zum BGB, 16. Aufl. 2015, § 830 Rn. 6. 230 BGH, Urteil v. 3.12.2013 – XI ZR 295 / 12, NJW 2014, 1098, 1099 Rn. 29; BGH, Urteil v. 25.7.2005 – II ZR 390 / 03, NJW 2005, 3137; BGH, Urteil v. 24.1.1984 – VI ZR 37 / 82, NJW 1984, 1226, 1228; BGH, Urteil v. 29.10.1974 – VI ZR 182 / 73, NJW 1975, 49, 50; Soergel-Krause, Bürgerliches Gesetzbuch-Schuldrecht 10, 13. Aufl. 2005, § 830 Rn. 4; MüKo BGB-Wagner, 7. Aufl. 2017, § 830 Rn. 9, der besonders betont, dass es aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ausscheidet, eine eigene zivilrechtliche Teilnahmelehre in Parallele zu ihrem strafrechtlichen Pendant zu entwickeln. 231 Bamberger / Roth-Spindler, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Aufl. 2012, § 830 Rn. 13; Soergel-Krause, Bürgerliches Gesetzbuch Schuldrecht 10, 13. Aufl. 2005, § 830 Rn. 8. 227 BGH,
116
D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Dieser allgemeinen Einordnung entsprechend ist Anstifter, wer einen anderen vorsätzlich zu dessen vorsätzlich begangener Tat bestimmt.232 Dabei wird ein Bestimmen und damit die Tathandlung des Anstifters darin gesehen, dass er bei dem Dritten kausal einen Tatentschluss hervorruft.233 Dieser muss kausal für die Tat des bestimmten Dritten geworden sein; ein bereits zu einer Tat entschlossener Dritter (omnimodo facturus) kann somit nicht mehr zur Tat angestiftet werden.234 Bei der Beihilfe wird dagegen eine Kausalität nicht vorausgesetzt. Vielmehr ist es ausreichend, dass die Handlungen des Hilfeleistenden die Begehung der Tat des Dritten gefördert haben.235 Damit kann jede Form der Hilfeleistung – sei sie auch nur in psychischer Form – taugliche Teilnahmehandlung sein.236 Auszunehmen sind zur Eindämmung der Verantwortlichkeit nur solche Handlungen, die sich als neutral darstellen, d. h. dass berufstypische oder alltägliche Handlungen unberücksichtigt bleiben müssen.237 b) Anwendbarkeit der Teilnehmerhaftung auf Plattformbetreiber Unbeschadet einer eventuellen Täterhaftung stellt sich auch hinsichtlich Plattformbetreibern vermehrt die Frage, ob – eingebettet in die soeben dargestellten dogmatischen Grundsätze – eine Haftung als Teilnehmer angezeigt ist. Dabei sind allerdings sowohl Teilnahmehandlung als auch -vorsatz pro blembehaftet und sollen im Folgenden dezidiert dargestellt werden. aa) Teilnahmehandlung Voraussetzung für eine Haftung als Teilnehmer ist zunächst eine Teilnahmehandlung, die bei der Anstiftung im Bestimmen eines Dritten und bei der Beihilfe in der Hilfeleistung zu einer Tat liegt.
232 MüKo
BGB-Wagner, 7. Aufl. 2017, § 830 Rn. 22. Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Aufl. 2012, § 830 Rn. 13; Soergel-Krause, Bürgerliches Gesetzbuch Schuldrecht 10, 13. Aufl. 2005, § 830 Rn. 8; MüKo BGB-Wagner, 7. Aufl. 2017, § 830 Rn. 14. 234 MüKo BGB-Wagner, 7. Aufl. 2017, § 830 Rn. 22 unter Verweis auf: Schönke / Schröder-Heine / Weißer, Strafgesetzbuch, 29. Aufl. 2014, § 26 Rn. 6. 235 Schulze-Staudinger, Bürgerliches Gesetzbuch, 9. Aufl. 2017, § 830 Rn. 13. 236 Bamberger / Roth-Spindler, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Aufl. 2012, § 830 Rn. 13; Soergel-Krause, Bürgerliches Gesetzbuch Schuldrecht 10, 13. Aufl. 2005, § 830 Rn. 8; MüKo BGB-Wagner, 7. Aufl. 2017, § 830 Rn. 14. 237 Bamberger / Roth-Spindler, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Aufl. 2012, § 830 Rn. 13. 233 Bamberger / Roth-Spindler,
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 117
Gänzlich ausgeschlossen ist eine Teilnahmehandlung in Form einer Anstiftung. Der Plattformbetreiber betreibt eine für sämtliche Nutzer zugängliche Plattform, die lediglich als Mittel zum Zweck dient. Das Offerieren der Möglichkeit Inhalte in das Internet hochzuladen kann nicht als ein „Bestimmen“ angesehen werden, da lediglich eine tatanreizende Situation geschaffen wird und keine kommunikative Beeinflussung erfolgt.238 Dies wäre jedoch – wie oben bereits ausgeführt – notwendig, um bei dem Dritten einen Tatentschluss im Sinne einer Anstiftung herbeizuführen. In Frage käme dagegen eine Beihilfehandlung des Plattformbetreibers, die sowohl in einem aktiven Tun als auch in einem Unterlassen liegen kann. In aller Regelmäßigkeit239 kann aber eine Begründung der Beihilfehandlung nicht über ein aktives Tun generiert werden, da der Betrieb der Plattform als neutrale und alltägliche Handlung anzusehen ist.240 Der Betrieb einer Plattform ist gerade nicht verboten, sondern stellt mittlerweile eine übliche Kommunikationsform dar, die sowohl hochfrequentiert als auch erwünscht ist. Demzufolge würde ein entsprechend weites Verständnis der Beihilfehandlung nicht nur die Kommunikationsfreiheit der Nutzer beschneiden, sondern auch die Eigentumsgarantie des Plattformbetreibers tangieren, da er faktisch aufgrund der immensen Haftungsfolgen seine gewerbliche Tätigkeit aufgeben müsste.241 Anders könnte die Situation dagegen zu bewerten sein, wenn eine individuelle Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers unter dem Gesichtspunkt eines Unterlassens angenommen wird. So haben sowohl der BGH, als auch das OLG Hamburg in den bereits erwähnten Entscheidungen im Rahmen der Beurteilung der Rechtslage jeweils ausgeführt, dass eine Anknüpfung an das Unterlassen der Sperrung von Inhalten nach Kenntnis der Rechtswidrigkeit möglich sei.242 238 Zu den strafrechtlichen, zu übertragenden Grundsätzen: MüKo StGB-Joecks, 3. Aufl. 2017, § 26 Rn. 5 ff. 239 Eine Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang der Betrieb einer Plattform, deren Geschäftsmodell allein darauf ausgerichtet ist, Rechtsverletzungen zu begehen. In einem solchen Fall erscheint es nicht abwegig, schon den Betrieb dieser Plattform als Beihilfehandlung durch ein aktives Tun einzustufen. Der Plattformbetreiber verlässt hierdurch den Boden der Neutralität. Vgl. beispielhaft: Fromm / NordemannNordemann, Urheberrechtsgesetz, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 153b; Jaworski / Nordemann, GRUR 2017, 567, 568. 240 Für eine Abkehr von der Figur der neutralen Handlung mit entsprechender Lösung über das Vorliegen von Vorsatz: Jaworski / Nordemann, GRUR 2017, 567, 570. 241 Im Ergebnis auch: Breyer, MMR 2009, 14, 15. 242 BGH, Urteil v. 22.7.2010 – I ZR 139 / 08, MMR 2011, 172, 174 – Kinderhochstühle im Internet; OLG Hamburg, Urteil v. 24.7.2008 – 3 U 216 / 06, MMR 2009, 129.
118
D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Unter Rückgriff auf die allgemeinen, im Strafrecht für den Bereich des Unterlassens entwickelten Grundsätze wäre für eine Begründung einer Haftung eine Garantenstellung notwendig.243 Als Ausgangspunkt kann das Unterhalten einer Gefahrenquelle und die damit einhergehende Verkehrssicherungspflicht herangezogen werden. Sobald der Plattformbetreiber Kenntnis von einer Rechtsverletzung hat, folgt hieraus die Verpflichtung zur Entfernung, die bei Nichterfüllung weitergehende Haftungsfolgen durch ein Unterlassen nach sich ziehen kann.244 Auch das OLG Hamburg hatte in seiner Entscheidung auf eine Garantenstellung abgestellt, allerdings dabei schon die die Garantenstellung begründende Handlung in dem Betrieb der entsprechenden Plattform erblickt.245 Aus dieser Garantenstellung erwachse wiederum eine zumutbare und mög liche Erfolgsabwendungspflicht.246 Diesen Anforderungen habe der Plattformbetreiber allerdings nicht genügt, da er es versäumt hatte, potenziell rechtsverletzende Angebote proaktiv durch entsprechende Filtervorrichtungen in zumutbarer Art und Weise zu identifizieren, um dann anhand eines manuellen Bildabgleichs rechtsverletzende Inhalte zu entfernen.247 Dem Konzept der Haftung als Hilfeleistender hat der BGH in seiner Revisionsentscheidung keine generelle Absage erteilt, sondern diesen Punkt bewusst offengelassen. Der BGH führte allerdings aus, dass mit den angesetzten Prüfpflichten wegen der damit einhergehenden Notwendigkeit einer proaktiven Prüfung der Bogen des Zumutbaren überspannt sei und verwies den Fall zur weiteren Entscheidung zurück an das OLG Hamburg.248 Trotz der Absage des BGH hinsichtlich der Garantenstellung im vorliegenden Fall erscheint dogmatisch die Begründung einer Garantenstellung wegen der entsprechenden Verkehrspflichten und damit bei entsprechendem Unterlassen eine Beihilfehandlung nicht abwegig.249 Unter Rückbeziehung auf die Störerhaftung kann diese Verkehrssicherungspflicht aber nur im Bereich der Zumutbarkeit eine entsprechende Verpflichtung nach sich ziehen.250 Zu weit gehend ist dabei die Ansicht des OLG Hamburg, dass bereits aus dem Unter243 Zur Garantenstellung: Lackner / Kühl-Kühl, StGB, 28. Aufl. 2014, § 13 Rn. 7 ff.; Kindhäuser / Neumann / Paeffgen-Gaede, Strafgesetzbuch, 5. Aufl. 2017, § 13 Rn. 29 ff. 244 LG München I, Urteil v. 18.3.2016 – 37 O 6200 / 14, MMR 2017, 53. 245 OLG Hamburg, Urteil v. 24.7.2008 – 3 U 216 / 06, NJOZ 2008, 4082, 4091. 246 OLG Hamburg, Urteil v. 24.7.2008 – 3 U 216 / 06, NJOZ 2008, 4082, 4091. 247 OLG Hamburg, Urteil v. 24.7.2008 – 3 U 216 / 06, NJOZ 2008, 4082, 4091. 248 BGH, Urteil v. 22.7.2010 – I ZR 139 / 08, GRUR 2011, 152, 157 Rn. 71 – Kinderhochstühle im Internet. 249 Kritisch und einschränkend auf Sonderfälle: Spindler, GRUR 2011, 101, 103. 250 BGH, Urteil v. 22.7.2010 – I ZR 139 / 08, GRUR 2011, 152, 154 f. Rn. 38 ff. – Kinderhochstühle im Internet; Spindler, GRUR 2011, 101, 103.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 119
halten der Plattform eine entsprechende Pflicht erwachsen kann; dies würde den Pflichtenkreis auf eine proaktive, nicht mit den Grundsätzen und den Haftungserleichterungen des TMG vereinbare, allgemeine Prüfpflicht überführen und jeden Plattformbetreiber unter Generalverdacht stellen, so dass nur anlassbezogen eine entsprechende Rechtspflicht entstehen kann.251 bb) Vorsatz Allerdings wird ein Plattformbetreiber, der im Grundsatz nur ein automatisiertes Verfahren zur Verfügung stellt, im Regelfall keine Kenntnis von den auf der Webseite eingestellten Inhalten haben. Demzufolge ist entscheidendes Kriterium der Haftungsbeschränkung jeweils das Vorliegen von Vorsatz, der auf Seiten des Teilnehmers Vorsatz in Bezug auf die Haupttat und korrespondierendes Unrechtsbewusstsein voraussetzt (sog. doppelter Gehilfenvorsatz).252 Kernpunkt der Frage ist, ob zur Bejahung eines Vorsatzes eine konkrete Kenntnis von Rechtsverstößen notwendig ist oder ob eine nur allgemein-abstrakte Kenntnis der Möglichkeit und Existenz von Rechtsverletzungen und ein diesbezügliches bewusstes Ignorieren ausreichend ist.253 Letztere Ansicht basiert dabei auf der Rechtsprechung des BGH zu Termin optionsgeschäften. Der XI. Zivilsenat des BGH lässt dabei genügen, dass der Hilfeleistende um die Gefahrgeneigtheit seines Verhaltens und die Rechtsverletzungen in der Vergangenheit wisse.254 Dabei muss von einer Kenntnis weder umfasst sein, wer genau das System nutzt, noch um welche konkreten Terminoptionsgeschäfte es sich dreht.255 Dass dies allerdings kein verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke ist, hat auch der BGH erkannt und ausgeführt. Die hier zu Terminoptionsgeschäften geäußerte Rechtsauffassung, ist richtigerweise einzelfallspezifisch heranzuziehen, da gewerbliche Vermittler von Terminoptionsgeschäften einem erhöhten Pflichtenkreis aufgrund gesetzlicher Vorgaben unterliegen und sich die Handlung in der Zurverfügungstellung des Systems erschöpft.256 Anknüpfungspunkt war nicht jeder Vorgang 251 Krekel,
WRP 2009, 1029, 1038 ff. Urteil v. 22.7.2010 – I ZR 139 / 08, GRUR 2011, 152, 154 Rn. 30 – Kinderhochstühle im Internet; Schricker / Loewenheim-Leistner, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 97 Rn. 69; Wiebe, WRP 2012, 1182, 1183. 253 OLG München, Urteil v. 28.1.2016 – 29 U 2798 / 15, MMR 2016, 833, 835 f. – Allegro barbaro; Jaworski / Nordemann, GRUR 2017, 567, 568 f. 254 BGH, Urteil v. 25.1.2011 − XI ZR 195 / 08, NJW-RR 2011, 1193, 1995 Rn. 32; Jaworski / Nordemann, GRUR 2017, 567, 569. 255 BGH, Urteil v. 25.1.2011 − XI ZR 195 / 08, NJW-RR 2011, 1193, 1995 Rn. 33; Jaworski / Nordemann, GRUR 2017, 567, 569. 256 BGH, Urteil v. 25.1.2011 − XI ZR 195 / 08, NJW-RR 2011, 1193, 1995 Rn. 39; Jaworski / Nordemann, GRUR 2017, 567, 569. 252 BGH,
120
D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
des Termingeschäfts, sondern die Überlassung der notwendigen Software als eine Vorfeldhandlung.257 Diese Ansicht des BGH ist nicht nur aufgrund teleologischer Überlegungen für das Urheberrecht unpassend, sondern fügt sich auch nicht in die dogmatischen Grundlagen ein. Aufgrund der vom BGH statuierten Parallelität zur strafrechtlichen Dogmatik ist zwar generell anzunehmen, dass ein Hilfeleistender nur den wesentlichen Unrechtsgehalt erfassen, nähere Kenntnis von den Einzelheiten jedoch nicht haben muss.258 Der Plattformbetreiber müsste danach noch nicht einmal Tatopfer, Tatzeit oder Begehungsweise kennen, um eine Haupttat vorsätzlich fördern zu können.259 Würde man jedoch aus dieser Generalität einen spezifischen Vorsatz generieren, so würde man die Konkretisierungsschwelle über Gebühr herabsetzen. Denn der Gehilfe muss jeweils zumindest auch die Angriffsrichtung einer Tat kennen und eine vage umrissene Vorstellung von Anzahl und Zeitraum der Rechtsverletzungen haben.260 Dies wird der Plattformbetreiber im Rahmen seines Geschäftsmodells nur in den seltensten Fällen haben. Ihm wäre damit eine proaktive Prüfpflicht auferlegt, die gerade durch das TMG verboten ist.261 Auch der vom OLG Hamburg verfolgte Ansatz des sachgedanklichen Mitbewusstseins weiß unter dogmatischen Gesichtspunkten nicht zu überzeugen.262 Nach Ansicht des Gerichts reiche es aus, dass der Plattformbetreiber durch verschiedene Hinweise auf Rechtsverletzungen über seinen Dienst das generelle Wissen erlangt habe, dass es zu Rechtsverletzungen kommen werde.263 Dies kann allerdings nur dann überzeugen, wenn das Geschäftsmodell des Plattformbetreibers auf die Begehung von Rechtsverletzungen ausgerichtet ist.264 Wenn jedoch im Grundsatz ein legales Geschäftsmodell betrieben wird und einzelne Nutzer sodann Rechtsverletzungen begehen, kann dies keinen zumindest bedingten Vorsatz nach sich ziehen. Denn der Plattformbetreiber wird in solchen Fällen im Regelfall keine Unrechts- oder Angriffsrichtung einer spezifischen Tat kennen. Die Bestimmtheit der Tat ist somit nicht ausreichend, um das notwendige Mindestmaß an Kenntnis der Parame257 BGH, Urteil v. 25.1.2011 − XI ZR 195 / 08, NJW-RR 2011, 1193, 1995 Rn. 39; Jaworski / Nordemann, GRUR 2017, 567, 569. 258 Jaworski / Nordemann, GRUR 2017, 567, 568; Hohlweck, ZUM 2017, 109; a. A. Lehment, WRP 2012, 149, 151. 259 Jänich, Anm. zu BGH, Urteil v. 30.1.2007 – X ZR 53 / 04, LMK 2007, 239931 – Internet-Versteigerung II. 260 MüKo StGB-Joecks, 3. Aufl. 2017, § 26 Rn. 58. 261 Zur Vereinbarkeit mit den Vorgaben des TMG: Jaworski / Nordemann, GRUR 2017, 567, 571. 262 So auch Witzmann, MMR 2009, 129, 130 Rn. 2. 263 OLG Hamburg, Urteil v. 24.7.2008 – 3 U 216 / 06, NJOZ 2008, 4082, 4091. 264 Witzmann, MMR 2009, 129, 130 Rn. 2.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 121
ter der Haupttat, also Tatort, -zeit und -objekt, zu erreichen. Ein Vorsatz des Plattformbetreibers wirkt konstruiert. Mithin kann ein Vorsatz des Plattformbetreibers im Regelfall nicht unterstellt werden. c) Ergebnis: Keine Teilnehmerhaftung von Plattformbetreibern Der Plattformbetreiber kann grundsätzlich nicht als Anstifter nach Maßgabe von § 830 Abs. 2 BGB in Anspruch genommen werden. Es fehlt schon an einem Hervorrufen eines Tatentschlusses, da durch das Bereitstellen einer Anreizsituation keine notwendige kommunikative Beeinflussung vorliegt. Anders ist die Situation bei der Frage der Beihilfe zu bewerten. Hier hat nicht zuletzt die Entwicklung der Rechtsprechung gezeigt, dass eine entsprechende Haftung durch Unterlassen dann in Betracht kommt, wenn sich der Plattformbetreiber wiederholt und dauerhaft der Untersuchung von behaupteten Rechtsverletzungen verweigert.265 Jedoch stellt der doppelte Gehilfenvorsatz eine Haftungsschranke dar, die im Regelfall nicht überwunden werden kann.266 Bei grundsätzlich in Einklang mit der Rechtsordnung handelnden Plattformbetreibern würde durch eine Art gedankliches Mitbewusstsein der Anknüpfungspunkt der Haftung auf den Zeitpunkt der Plattformeröffnung vorverlagert. Dies entspräche jedoch nicht dem auf das Zivilrecht zu übertragenden, strafrechtlichen Grundsatz, dass jeweils zumindest in Grundzügen eine vage Kenntnis der Tat erforderlich ist. Bei gefahrgeneigten Plattformen besteht dagegen seitens des Betreibers von Eröffnung der Plattform an eine latente Kenntnis, dass über diese Rechtsverletzungen begangen werden. Er nimmt dies bereits mit der Ausgestaltung der Plattform billigend in Kauf und handelt damit vorsätzlich. Die Haftung als Teilnehmer durch Beihilfe an fremden Rechtsverletzungen wird mithin nur im Einzelfall bei besonders gefahrgeneigten Plattformen zu bejahen sein. Als allgemeingültiger Lösungsansatz zur Erweiterung der Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern kann sie dagegen nicht dienen. 4. Der Plattformbetreiber als Täter einer Rechtsverletzung Auch stellt sich die Frage, ob der Plattformbetreiber als Täter einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden kann. Neben Hürden des TMG bzw. der E-Commerce-Richtlinie mit seinen Haftungsprivilegierungen, die es zu überwinden gilt, müssten hierzu sämtliche haftungsbegründenden Tatbe265 So 266 So
369.
auch: Hoeren / Yankova, IIC 2012, 501, 502. auch: Berberich, GRUR-Prax 2017, 269; Grünberger, ZUM 2017, 361,
122
D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
standsmerkmale der anspruchsbegründenden Norm erfüllt sein. Zudem sind die Vorgaben des Unionsrechts als übergeordnete Rechtsquelle zu beachten. Den unionsrechtlichen Rahmen spannen dabei Art. 8 Abs. 3 InfoSoc-Richt linie mit der grundsätzlich vorgeschriebenen, gerichtlichen Anordnungsmöglichkeit gegen Plattformbetreiber, deren Ausgestaltung dem nationalen Gesetzgeber überlassen geblieben ist, und der Haftungsprivilegierungen der Art. 12 ff. der E-Commerce-Richtlinie.267 a) Einbettung in und Rückbeziehung auf zivilrechtliche Grundsätze – Täterschaft durch Verletzung von Verkehrspflichten Das Institut der Störerhaftung wird vermehrt kritisch gesehen. Zum einen liegt dies an den Friktionen, die sich daraus ergeben, dass der BGH zwar grundsätzlich die Haftungsprivilegien der E-Commerce-Richtlinie bzw. des TMG anwenden möchte aber dennoch an der Störerhaftung in der althergebrachten Form festhält.268 Zum anderen – und vorliegend entscheidendes Argument – ist die vermehrt zu beobachtende Kritik, dass eine Notwendigkeit besteht, die Haftung von Plattformbetreibern auch im Urheberrecht auf allgemeine zivilrechtliche Grundsätze zurückzuführen.269 Dabei wird vermehrt der Paradigmenwechsel in wettbewerbsrechtlichen Sachverhalten als Ausgangspunkt angeführt. Dieser soll zunächst dargestellt werden, gefolgt von einer Analyse, ob dieser auch als tauglicher Ansatzpunkt für das Urheberrecht nutzbar gemacht werden kann. aa) Der Paradigmenwechsel im Wettbewerbsrecht hin zu einer täterschaftlichen Verantwortlichkeit als Ausgangspunkt Obwohl in der früheren Rechtsprechung des BGH stets auch in wettbewerbsrechtlichen Sachverhalten die Störerhaftung Anwendung fand, hat der BGH in diesem Rechtsgebiet mittlerweile einen dogmatischen Wechsel hin zur täterschaftlichen Haftung vollzogen. Dabei hat er jedoch stets betont, dass gerade die zur Prüfpflicht ergangene Rechtsprechung weiterhin im Gewand der Verkehrspflicht Anwendung findet. Dennoch ergeben sich die im Folgenden dargestellten Veränderungen durch diese neue Linie.
267 Leistner,
ZUM 2016, 580, 585. eine Vereinbarkeit: Leistner, ZUM 2016, 580, 585; kritisch dagegen noch: Leistner, GRUR-Beil. 2010, 1 ff. 269 Beispielhaft: Hohlweck, ZUM 2017, 109, 113. 268 Für
(1)
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 123
Frühe Rechtsprechung des BGH – Störerhaftung
Auch im Recht des unlauteren Wettbewerbs wurden mittelbare Rechtsverletzungen lange Zeit unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung behandelt; dabei wurden zunächst für eine Inanspruchnahme geringe Anforderungen gestellt, so dass schon jedwede willentliche und adäquat kausale Mitwirkung an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung ausreichend war.270 Voraussetzung war aber stets ein fremder Wettbewerbsverstoß (sog. Akzessoritätserfordernis), unabhängig davon, ob eine Wettbewerbsförderungsabsicht oder ein Verschulden an dem Wettbewerbsverstoß bestand.271 (2) P aradigmenwechsel mit der Entscheidung „Jugendgefährdende Medien bei eBay“ und Konsolidierung durch die Entscheidung „Kinderhochstühle im Internet“ Unter anderem aufgrund der Kritik der Literatur, wonach im Rahmen der Störerhaftung der Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts überspannt würde, da auch solche Personen haftbar gemacht werden könnten, die den Wettbewerbsverstoß gar nicht selbst begehen können,272 vollzog der BGH mit seiner Entscheidung „Jugendgefährdende Medien bei eBay“ eine Anpassung an die bereits anderweitig praktizierte Rechtsprechung zu Verkehrspflichten.273 Dogmatisch stützte sich der BGH hierbei auf die Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten, für deren Bestimmung die bisherigen Grundsätze der Störerhaftung und die hierin angelegten Prüfpflichten herangezogen werden können.274 Aus seinen bisherigen Ausführungen zu Verkehrspflichten275 entwickelte der BGH für das Wettbewerbsrecht den allgemeinen Rechtsgrundsatz, wo270 BGH, Urteil v. 12.10.1989 I ZR 29 / 88, GRUR 1990, 373, 374 – SchönheitsChirurgie. 271 Köhler / Bornkamm-Köhler / Federssen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 8, Rn. 2.2. 272 Vgl. hierzu beispielhaft: Köhler / Bornkamm / Feddersen-Köhler / Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 8 Rn. 2.2; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl. 2015, Kap. 14 Rn. 7 f.; Köhler, GRUR 2008, 1, 2. 273 BGH, Urteil v. 12.7.2007 – I ZR 18 / 04, BGHZ 173, 188 = GRUR 2007, 890, – Jugendgefährdende Medien bei eBay unter Rückgriff auf: BGH, Urteil v. 18.12.1972 – III ZR 121 / 70, BGHZ 60, 54, 55; BGH, Urteil v. 13.7.1989 – III ZR 122 / 88, BGHZ 108, 273, 274; BGH, Urteil v. 1.7.1993 – III ZR 167 / 9, BGHZ 123, 102, 105 f.; BGH, Urteil v. 9.6.1983 – I ZR 70 / 81, GRUR 1984, 54, 55 – Kopierläden, für das Urheberrecht. 274 BGH, Urteil v. 22.7.2010 – I ZR 139 / 08, MMR 2011, 172, 174 Rn. 48 ff. – Kinderhochstühle im Internet; Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 117; Köhler, GRUR 2008, 1, 7. 275 Siehe allgemein zur Thematik Verkehrspflichten: Raab, JuS 2002, 1041 ff.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
nach jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schaffe oder andauern lasse, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen hat, die zur Abwendung etwaiger Gefahren geboten erscheinen.276 Gestützt auf diese Ausgangserwägungen nahm der Senat eine täterschaftliche Haftung – mit der potenziellen Folge von Schadensersatzansprüchen – desjenigen an, der durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr in einer ihm zurechenbaren Art und Weise die Gefahr einer Verletzung von durch das Wettbewerbsrecht geschützten Interessen von Marktteilnehmern durch Dritte eröffnet.277 Dies gelte nicht, wenn die Gefahr im Rahmen des Zumutbaren und Möglichen durch den potenziell Haftenden begrenzt worden sei.278 Nachdem diese neue Linie der Rechtsprechung in der Literatur279 bereits unmittelbar zu positiven Reaktionen geführt hatte, wurde in der Folge über eine vollständige Abkehr von der Störerhaftung im Rahmen des Wettbewerbsrechts diskutiert. Der BGH erteilte in seiner Entscheidung „Kinderhochstühle im Internet“ der Anwendung der Figur des Störers im Wettbewerbsrecht final eine Absage; da es bei Wettbewerbsverstößen regelmäßig um Fälle assoziiert mit Verhaltensunrecht gehe, sei die Figur der Störerhaftung endgültig aufzugeben.280 (3) Zwischenergebnis: Täterschaftliche Haftung als Status Quo Entgegen der weiterhin bestehenden Störerhaftung im Urheberrecht werden die vormals hiervon erfassten Fälle im Wettbewerbsrecht ausschließlich unter der Prämisse der (neben-)täterschaftlichen Verletzung von wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten geahndet. Deren Verletzung zieht regelmäßig einen Fahrlässigkeitsvorwurf nach sich, so dass Schadensersatzansprüche drohen. Daneben sind selbstverständlich auch der unlauter Handelnde sowie derjenige, dem das schädigende Handeln beispielsweise über § 8 Abs. 2 UWG zugerechnet wird, haftbar.
276 BGH, Urteil v. 12.7.2007 – I ZR 18 / 04, BGHZ 173, 188 = GRUR 2007, 890, 893 – Jugendgefährdende Medien bei eBay. 277 BGH, Urteil v. 12.7.2007 – I ZR 18 / 04, BGHZ 173, 188 = GRUR 2007, 890, 893 – Jugendgefährdende Medien bei eBay. 278 BGH, Urteil v. 12.7.2007 – I ZR 18 / 04, BGHZ 173, 188 = GRUR 2007, 890, 893 – Jugendgefährdende Medien bei eBay. 279 Köhler, GRUR 2008, 1, 6 f.; Leistner / Stang, WRP 2008, 533, 535 ff.; Döring, WRP 2007, 1131, 1135 ff. 280 BGH, Urteil v. 22.7.2010 – I ZR 139 / 08, MMR 2011, 172, 174 Rn. 48 ff. – Kinderhochstühle im Internet.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 125
bb) Übertragbarkeit der Haftung wegen Verletzung von Verkehrspflichten auf das Urheberrecht Auch wenn der BGH in wettbewerbsrechtlichen Sachverhalten eine Abkehr von der Figur der Störerhaftung eingeleitet hatte, erfolgte keine unmittelbare Überführung in das Urheberrecht. Dies wurde durch das Schrifttum kritisch bewertet, so dass sich hieraus ein Diskurs mit zwei widerstreitenden Positionen entwickelt hat. (1) P osition der höchstrichterlichen Rechtsprechung – Beibehaltung der Störerhaftung Nachdem der Paradigmenwechsel für das Wettbewerbsrecht im Schrifttum einheitlich begrüßt wurde, erteilte der BGH einer Adaption dieser dogmatischen Ansätze für das Urheberrecht im Grundsatz eine Absage. Nach Ansicht des Gerichts existieren zwischen beiden Rechtsgebieten derart große Unterschiede, dass eine einheitliche Herangehensweise nicht angezeigt erscheint. Zur Begründung der Beibehaltung der Störerhaftung im Urheberrecht stützt sich der BGH dogmatisch darauf, dass im Rahmen des Wettbewerbsrechts die Lehre vom Handlungsunrecht zur Geltung komme, während auf Seiten des Immaterialgüterrechts die Lehre vom Erfolgsunrecht anzuwenden sei.281 Ausgehend von dieser Unterscheidung begründete der BGH seine differenzierende Herangehensweise damit, dass im Wettbewerbsrecht die Eröffnung einer nicht hinreichend begrenzten Gefahr zu einer unmittelbaren Verletzung führe und somit eine täterschaftliche Haftung dogmatisch begründbar ist.282 Für den Bereich des Urheberrechts hält er an der Störerhaftung fest.283 Er begründet dies damit, dass „für eine täterschaftlich begangene Urheberrechtsverletzung die Merkmale eines der handlungsbezogenen Verletzungstatbestände des Urheberrechts erfüllt“ sein müssten.284 Während im Lauterkeitsrecht das in Rede stehende Verhalten – die Eröffnung einer nicht hin reichend begrenzten Gefahr für die geschützten Interessen anderer Markt 281 Insofern jedoch missverständlich: BGH, Urteil v. 12.7.2007 – I ZR 18 / 04, MMR 2007, 634, 638 – Jugendgefährdende Medien bei eBay, da es sich nach Ansicht des BGH bei der Haftung wegen Verkehrssicherungspflichten um einen übergreifenden Grundsatz handelt, der unabhängig davon gilt, ob sich die Gefahr in einem Erfolgs- oder Handlungsunrecht realisiert. 282 BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304 / 01, GRUR 2004, 860, 864 – Internetversteigerung I; Köhler / Fetzer, Recht des Internets, 8. Aufl. 2016, Rn. 835. 283 BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304 / 01, GRUR 2004, 860, 864 – Internetversteigerung I. 284 BGH, Urteil v. 12.5.2010 – I ZR 121 / 08, BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633, 634 Rn. 13 – Sommer unseres Lebens.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
teilnehmer – ohne Weiteres als eine unlautere geschäftliche Handlung eingeordnet werden kann, sei dies im Urheberrecht nicht ausreichend.285 (2) P osition der kritischen Stimmen in der Literatur – Überführung in ein einheitliches Haftungssystem Die zuvor dargestellte restriktive Haltung des BGH zur Überführung der Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern auf ein einheitliches, täterschaftliches Haftungssystem unter Berücksichtigung entsprechender Verkehrspflichten wird von Seiten des Schrifttums als willkürlich gewürdigt.286 Eine Vielzahl von Autoren fordern daher, dass auch im Bereich des Urheberrechts eine Anpassung notwendig sei, um so einen einheitlichen Rahmen im Immaterialgüterrecht zu schaffen.287 Aus Stringenzgründen und in konsequenter Fortführung der entsprechenden Rechtsprechung im Wettbewerbsrecht soll bei vergleichbaren Sachverhalten eine Adaption der dogmatischen Grundlagen erfolgen, sofern und soweit die Schaffung einer entsprechenden Gefahrenquelle existiert.288 Denn bei genauer Betrachtung lassen sich die Verpflichtungen, die aus einer entsprechenden Verkehrspflicht und der damit einhergehenden Täterschaft folgen, nicht von denen unterscheiden, die aus Störerhaftung mit den korrespondierenden Prüfpflichten folgen.289 Mithin müsse Ausgangspunkt der Überlegungen sein, dass der jeweilige Haftungsgrund rechtsgebietsunabhängig stets die Verletzung einer Rechtspflicht sein muss.290 Nur so ließen sich etwaige Friktionen im Haftungsregime bezüglich Plattformen vermeiden.291 Auch würde die Rechtssicherheit darüber hinaus weiter gesteigert werden können, da bei der Frage der Beurteilung einer Verletzung von Verkehrspflichten auf eine gefestigte, dem allgemeinen Deliktsrecht entstammende Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann.292
285 BGH, Urteil v. 12.5.2010 – I ZR 121 / 08, BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633, 634 Rn. 13 – Sommer unseres Lebens. 286 Ohly, ZUM 2015, 308, 314 unter Verweis auf: Leistner, GRUR-Beil. 2010, 1 ff. 287 Hohlweck, ZUM 2017, 109, 113; Leistner, GRUR-Beil. 2010, 1, 22; Köhler, GRUR 2008, 1, 6. 288 Pantze, Die Ausgestaltung von Prüfungspflichten für Host-Provider bei Urheberrechtsverletzungen an audiovisuellen Medien im Internet, 2015, S. 88; Schneider, Vom Störer zum Täter, 2012, S. 97; Leistner, GRUR-Beil. 2010, 1, 20 ff. 289 Hohlweck, ZUM 2017, 109, 113. 290 BGH, Urteil v. 17.9.2009 – Xa ZR 2 / 08 MMR 2009, 798; Gräbig, MMR 2011, 504, 508. 291 Döring, WRP 2007, 1131, 1137. 292 Schneider, Vom Störer zum Täter, 2012, S. 130; Leistner, GRUR-Beil. 2010, 1, 3, 7.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 127
Dabei sei zunächst zu bedenken, dass die Rückführung auf ein einheitliches Haftungsregime unter Berücksichtigung festgelegter Verkehrspflichten im Einklang mit den Grundsätzen der mittelbaren Verantwortlichkeit des bürgerlichen Rechts steht. So sollen kausal fernere Eingriffe dann zur Haftung des „Nebenverletzers“ führen, wenn diese Zwischenursache mittels einer Verkehrspflicht in dessen Verantwortungsbereich überführt würde.293 Insofern erschiene es sachgerecht einen Plattformbetreiber genauso zu behandeln wie einen Hersteller eines Produkts, der ebenfalls bei Verletzung entsprechender Verkehrspflichten haftbar gemacht werden kann.294 Daran vermöge auch die dogmatisch vermeintlich notwendige Unterscheidung zwischen Erfolgs- und Handlungsunrecht nichts zu ändern.295 Denn auch eine mittelbare Handlung kann bei einer Verletzung einer entsprechenden Verkehrspflicht zur einer täterschaftlichen Haftung führen, auch wenn der mittelbare Verletzer nicht die zum Erfolgseintritt final führende Ursache gesetzt hat.296 Dieser allgemeine Grundgedanke kann auch nicht durch schlichten Verweis auf die Lehre vom Erfolgsunrecht erschüttert werden; zwar wäre in diesem Fall die Rechtswidrigkeit nicht durch die vorangegangene Handlung begründet, jedoch wird die Rechtswidrigkeit hierdurch indiziert.297 Die Frage, ob sich die geschaffene und nicht im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren verhinderte Gefahr in einem Erfolgs- oder Verhaltens unrecht realisiert hat, ist zweitrangig.298 Dies bedinge, dass es bei einer Zurechnung mittels Verkehrspflichten stets um eine handlungsunrechtliche Konzeption gehe, so dass es an dem vom BGH ins Felde geführten strukturellen Unterschied fehle.299 Denn stets sei gemeinsamer Sinn und Zweck der Regelungen die Vermeidung von Gefahren für geschützte Rechtsgüter.300 Auch wenn der BGH dies im Rahmen der Verletzung von urheberrechtlichen Rechtspositionen explizit anders sieht, so stehe das zuvor dargestellte Ergebnis im Einklang mit dessen eigener Rechtsprechung, wonach die mögliche 293 Looschelders, SchuldR BT, 12. Aufl. 2017, § 57 Rn. 1176; Hofmann, JuS 2017, 713, 714. 294 Hofmann, JuS 2017, 713, 718. 295 Spindler, GRUR 2011, 101, 102 f.; Gräbig, MMR 2011, 504, 508; Stang / Hühner, Anm. zu BGH, Urteil v. 12.5.2010 – I ZR 121 / 08, GRUR 2010, 633, 636 – Sommer unseres Lebens; Leistner, GRUR-Beil. 2010, 1, 3, 18; Spindler CR 2010, 592, 594; Ahrens, WRP 2007, 1281, 1285 f. 296 Leistner, GRUR-Beil. 2010, 1, 18. 297 MüKo BGB-Wagner, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 8. 298 Nordemann, Verkehrspflichten und Urheberrecht – oder: jugendgefährdende Medien für das Urheberrecht! in: Hilty / Drexl / Nordemann, Schutz von Kreativität und Wettbewerb -FS für Ulrich Loewenheim zum 75. Geburtstag, 2009, 215, 217. 299 Köhler, GRUR 2008, 1, 6; Ahrens, WRP 2007, 1281, 1285 f. 300 Schneider, Vom Täter zum Störer, 2012, S. 192.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
und zumutbare Kontrolle einer Gefahrenquelle einen allgemeinen Rechtsgrundsatz darstellt.301 (3) Stellungnahme Zusammenfassend vermag die vom BGH weiter ins Feld geführte Unterscheidung zwischen Erfolgs- und Handlungsunrecht zur Begründung einer Differenzierung zwischen der Haftung im Urheber- und im Wettbewerbsrecht nicht mehr zu überzeugen. Auch im Urheberrecht ist daher eine erweiterte täterschaftliche Verantwortlichkeit aufgrund der Verletzung von Verkehrspflichten anzunehmen. Denn es fehlt grundsätzlich an der sachlichen Rechtfertigung für eine solche unnatürliche Differenzierung.302 Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass der BGH in seiner Rechtsprechung inkonsistent ist und die dogmatische Unterscheidung als Scheinargument wahrgenommen werden muss. Entscheidend für eine täterschaftliche Haftung unter Berücksichtigung der entsprechenden Verkehrspflichten ist insbesondere die Rückbindung an das allgemeine deliktsrechtliche Gefüge zum Zwecke einer zielführenden Lösung, um so Friktionen im Haftungssystem zu vermeiden. Zwar wird in diesem Zusammenhang häufig angeführt, dass dies nicht notwendig sei, da im Gegensatz zum Wettbewerbsrecht keine besondere Täterqualifikation im Urheberrecht verankert ist.303 Dieses Argument weiß jedoch nicht zu überzeugen, da sich hierdurch auch keine Veränderung hinsichtlich der Verortung der Verpflichtungen unter dem Gesichtspunkt der Verkehrspflicht ergeben würde; der Kreis der möglichen Anspruchsgegner verbleibt unverändert.304 Auch die häufig angeführten Bedenken einer Ausdehnung auf Schadens ersatzansprüche, so dass das Geschäftsmodell von Plattformbetreibern hierdurch gefährdet wird, überzeugt nicht. Zunächst erscheint es unangemessen, eine dogmatische Einordnung rein aufgrund teleologischer Bestrebungen der Haftungseinschränkung abzulehnen.305 Zudem würde hiermit verkannt, dass mit der entsprechenden Neuordnung nicht automatisch eine höhere Gefahr der Inanspruchnahme einhergeht. Denn durch die Neuordnung ändert sich 301 BGH, Urteil v. 12.7.2007 – I ZR 18 / 04, GRUR 2007, 890, 894 – Jugendgefährdende Medien bei eBay; Leistner, GRUR-Beil. 2010, 1, 18. 302 Haedicke, Anm. zu BGH, Urteil v 17.9.2009 – Xa ZR 2 / 08, JZ 2010, 150, 153 – MP3-Player-Import. 303 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 124. 304 Nordemann, Verkehrspflichten und Urheberrecht – oder: jugendgefährdende Medien für das Urheberrecht! in: Hilty / Drexl / Nordemann, Schutz von Kreativität und Wettbewerb -FS für Ulrich Loewenheim zum 75. Geburtstag, 2009, 215, 223 f. 305 Gräbig, MMR 2011, 504, 508.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 129
nichts daran, dass weiterhin die Haftungsprivilegierungen des TMG bzw. der E-Commerce-Richtlinie für den jeweiligen Plattformbetreiber im Regelfall greifen, er somit auch nicht auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann.306 Bei Nichtanwendbarkeit der Haftungsprivilegierung zieht dies nicht automatisch eine Haftung nach sich, da stets ein Verschulden für eine eigene Haftung des Plattformbetreibers notwendig ist. Zwar sind hier die Anforderungen aufgrund der niedrigen auslösenden Schwellen im Immaterialgüterrecht recht streng, jedoch kann über dieses Erfordernis eine unangemessene Haftungserweiterung vermieden werden.307 Schließlich darf auch nicht außer Acht bleiben, dass die Ausgestaltung über das Institut der Verkehrspflichten nicht statisch ist, sondern sich am Ergebnis einer umfangreichen Interessenabwägung orientiert: je geringer der Beitrag des Plattformbetreibers an der Rechtsverletzung des Dritten ist, desto geringer fallen seine Verkehrspflichten aus und desto schwieriger ist es, eine Verletzungshandlung zu konstruieren.308 cc) Von der Störerhaftung zur Täterschaft Eine Art Mischform von Störerhaftung und täterschaftlicher Verantwortlichkeit vertreten Wild und Krüger / Apel, nach deren Maßgabe zunächst eine Haftung als Störer besteht, die im weiteren Fortgang sodann zu einer täterschaftlichen Verantwortlichkeit erstarkt. Wild sieht das Kriterium der Kenntnisnahme als Anknüpfungspunkt für die vorgenannte, verschiedenartige Ausgestaltung an. Ihrer Ansicht nach sei zwischen den Pflichtenstellungen vor und nach Kenntnisnahme von einer Rechtsverletzung zu unterscheiden, was wiederum den Übergang der Störerhaftung zur täterschaftlichen Verantwortlichkeit kennzeichne.309 Der Begriff des Störers und des Täters stünden somit in einer Art und Weise nebeneinander, dass der mittelbare Verletzer so lange Störer ist, bis er positive Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt und sodann zum Täter wird.310 In eine ähnliche Richtung argumentieren Krüger / Apel. Ihrer Ansicht nach erscheint es als gangbarer und interessensgerechter Weg, „den SchonmalStörer bei erneuter und gleichartiger Zuwiderhandlung vollumfänglich wie 306 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 125; Gräbig, MMR 2011, 504, 508. 307 Hohlweck, ZUM 2017, 109, 114. 308 Hofmann, JuS 2017, 713, 719; ähnlich: Gräbig, MMR 2011, 504, 508. 309 Schricker / Loewenheim-Wild, Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, § 97 Rn. 75a. 310 Schricker / Loewenheim-Wild, Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, § 97 Rn. 75a.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
einen Täter zu behandeln“.311 Ab dem Zeitpunkt des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen einer etwaigen Störerhaftung und der entsprechenden Kenntnis des Plattformbetreibers hiervon sei Anknüpfungspunkt für eine täterschaftliche Verantwortlichkeit die jeweilige Säumnis, die dann zu einer vorsätzlichen Schadensersatzhaftung führen könne.312 Nur so seien die Inte ressen des Rechteinhabers, dessen Rechte über die Plattform bereits verletzt worden sind, ausreichend geschützt, ohne dass der Plattformbetreiber mit überhöhten Anforderungen an seine Überwachungstätigkeit konfrontiert würde.313 Beiden Ansichten ist jedoch die gleiche Schwäche gemein. Denn wie bereits oben herausgearbeitet, unterscheidet sich der Pflichtenkreis der Störerhaftung von dem der täterschaftlichen Haftung nicht, wenn die Privilegierungen des TMG greifen. In beiden dogmatischen Ansätzen begründet eine entsprechende Kenntnis einer Rechtsverletzung eine Verpflichtung zum Tätigwerden. Durch die beiden obigen Ansätze wird jedoch die Tätigkeitspflicht vorverlagert, so dass bereits im Rahmen von Vorfeldhandlungen eine Haftung als Störer bestehen kann. Wenn aber der Plattformbetreiber keine Kenntnis von Rechtsverletzungen hat, soll er nicht proaktiv tätig werden müssen. Gerade im Anwendungsbereich des TMG würde dies die Notwendigkeit einer allgemeinen Überprüfung nach sich ziehen, die de lege lata gerade ausgeschlossen ist. Zudem verkennen beide Ansichten den auch vom BGH herausgearbeiteten Gleichlauf von Prüf- und Verkehrspflichten, so dass sich keine unterschiedlichen Pflichtenkreise als Täter oder Störer ergeben. Die gerade gewünschte Rückführung auf ein einheitliches Haftungsregime bliebe in diesem Fall aus. dd) Ergebnis Im Ergebnis erscheint es sachgerecht, den bereits im Wettbewerbsrecht vollzogenen Paradigmenwechsel auch im Urheberrecht zu vollziehen und eine täterschaftliche Verantwortlichkeit wegen Verletzung von Verkehrspflichten zu begründen. Denn wie gezeigt, unterscheiden sich die im Rahmen der Störerhaftung angesetzten Prüfpflichten nur in Nuancen von den entsprechenden Verkehrspflichten. Dies hat auch der BGH in seiner bisherigen Rechtsprechung durch die Erklärung der Übertragbarkeit der Grundsätze hinsichtlich der Prüfpflicht auf den Pflichtenkreis im Rahmen der Verkehrspflichten in wettbewerbsrechtlichen Sachverhalten erkannt. 311 Krüger / Apel, MMR 2012, 144, 149 unter Verweis auf: Fürst, WRP 2009, 378, 387, 389. 312 Krüger / Apel, MMR 2012, 144, 149. 313 Krüger / Apel, MMR 2012, 144, 149, die von einem „Erdrosseln“ sprechen.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 131
Praktikabilitätsgründe und Stringenz sprechen klar für eine Anpassung. Denn nur hierdurch wird ein einheitliches dogmatisches Konstrukt gewählt, welches den Plattformbetreibern einen klaren, rechtsgebietsübergreifenden Rahmen an die Hand gibt, mit denen sie sich im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit konfrontiert sehen. Da sich Prüfpflichten und Verkehrspflichten, wenn überhaupt, nur geringfügig unterscheiden, ist ein identisches Maß an Einflussmöglichkeit zur Erfüllung von beiden Verpflichtungen notwendig und ausreichend. Sofern bei diesem dogmatischen Kurswechsel eine ausgedehntere Inanspruchnahme von Plattformbetreibern befürchtet wird, mag dies auf den ersten Blick sicher geboten sein. Jedoch wird hierbei verkannt, dass die Privilegierungstatbestände des TMG bzw. der E-Commerce-Richtlinie unabhängig von der dogmatischen Verortung greifen. Wenn also (wie meistens) der Plattformbetreiber in den Anwendungsbereich der entsprechenden Privilegierung fällt, haftet er unabhängig von dem verfolgten Konzept nicht auf Schadensersatz. Nicht zu überzeugen weiß dagegen der Ansatz von einem Nebeneinander von Störer- und Täterschaft. Hierdurch würde das Haftungsgebilde nur unnötig verkompliziert. Den rechtlichen Problemen kann bereits mit einem vereinheitlichten Haftungsregime begegnet werden. b) Täterschaftsbegründende Ausdehnung des Anwendungsbereichs der öffentlichen Zugänglichmachung In die jüngere Rechtsprechung des EuGH hat ein weiterer Aspekt Eingang gefunden, der zur Erweiterung der Haftung des jeweiligen Plattformbetreibers führen könnte. So hat der Europäische Gerichtshof sich in den Rechtssachen „Filmspeler“314 und „The Pirate Bay“315 jeweils die Frage gestellt, ob der jeweilige Mittler – im Fall von „Filmspeler“ der Hersteller von entsprechenden Abspielgeräten, im Fall von „The Pirate Bay“ der jeweilige Plattformbetreiber – selbst eine Handlung der öffentlichen Zugänglichmachung vornimmt. Bei urheberrechtsverletzenden Tätigkeiten wäre somit eine eigenständige Verantwortlichkeit unter europarechtlichen Gesichtspunkten gegeben, da der Plattformbetreiber in diesen Fällen als aktives Element anzusehen wäre und die Position eines lediglich passiven Mittlers verlassen hätte. Die Privilegierungen der E-Commerce-Richtlinie würden insofern keine Anwendung mehr finden. 314 EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = GRUR Int. 2017, 527 – Filmspeler. 315 EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – C-610 / 15, ECLI:EU:C:2017:456 = MMR 2017, 518 – The Pirate Bay.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
aa) Argumentationslinie des EuGH Der EuGH bleibt in beiden Entscheidungen seiner Linie treu, indem er erneut das hohe Schutzniveau für Urheber betont, welches sich aus der InfoSoc-Richtlinie ergibt und folgert daraus ein weites Verständnis des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe.316 Gemeinsame Argumentationslinie in beiden Fällen ist, dass die beiden Beklagten jeweils durch ihr Verhalten die Schwelle einer passiven Haltung und damit die Grenze der eigenständigen Verantwortlichkeit überschritten hätten.317 Dabei hatten sich die Richter in beiden Verfahren mit der Frage auseinander zu setzen, ob es sich bei den Handlungen der Beklagten jeweils um ein Bereitstellen von Einrichtungen handelt, die eine Wiedergabe ermöglichen oder bewirken.318 Das Gericht kam dabei jeweils zu der Conclusio, dass die Tätigkeit sowohl in der Rechtssache „Filmspeler“ als auch „The Pirate Bay“ diese Grenze überschritten habe, da sich der jeweilige Beitrag nicht mehr als neutrale, körperliche Wiedergabeeinrichtung darstelle.319 Vielmehr sei das Geschäftsmodell und die technische Umsetzung in beiden Verfahren geradezu darauf ausgerichtet, dass über diese Dienste Rechtsverletzungen begangen würden.320 Die Tathandlung des jeweiligen Mittlers sei damit zeitlich vorverlagert auf den Zeitpunkt der Zurverfügungstellung der jeweiligen Einrichtung.321 Begründen ließe sich dies im Hinblick auf die notwendige Kenntnis von Rechtsverletzungen mit der Gefahrgeneigtheit der beiden Geschäftsmodelle: Die volle Kenntnis erschöpfe sich darin, dass dem Plattformbetreiber klar sein müsse, dass er essentieller Bestandteil einer öffentlichen Wiedergabe 316 EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = GRUR Int. 2017, 527, 530 Rn. 27 – Filmspeler; EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – ECLI: EU:C: 2017:456 = C-610 / 15, MMR 2017, 518, 519 Rn. 22 – The Pirate Bay. 317 EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = GRUR Int. 2017, 527, 531 Rn. 41 – Filmspeler; EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – C-610 / 15, ECLI: EU:C:2017:456 = MMR 2017, 518, 519 Rn. 26 – The Pirate Bay. 318 EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = GRUR Int. 2017, 527, 531 Rn. 28 ff. – Filmspeler; EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – C-610 / 15, ECLI: EU:C:2017:456 = MMR 2017, 518, 519 Rn. 20 ff. – The Pirate Bay. 319 EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = GRUR Int. 2017, 527, 531 Rn. 41 – Filmspeler; EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – C-610 / 15, ECLI: EU:C:2017:456 = MMR 2017, 518, 520 Rn. 38 – The Pirate Bay. 320 EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = GRUR Int. 2017, 527, 531 Rn. 41 – Filmspeler; EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – C-610 / 15, ECLI: EU:C:2017:456 = MMR 2017, 518, 519 Rn. 26 – The Pirate Bay. 321 EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = GRUR Int. 2017, 527, 531 Rn. 41 – Filmspeler; EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – C-610 / 15, ECLI: EU:C:2017:456 = MMR 2017, 518, 520 Rn. 37 – The Pirate Bay.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 133
sei.322 Hinsichtlich der Kenntnis der Rechtswidrigkeit reiche es darüber hinaus aus, dass die beiden Beklagten über die Tatsache informiert waren und sogar damit geworben hätten, dass urheberrechtsverletzende Inhalte über ihren Service bezogen werden könnten.323 Damit gehe eine Verantwortlichkeit bereits mit der allgemeinen Kenntnis der Verletzungsgeneigtheit eigenen Handelns einher. bb) Würdigung der Rechtsprechung durch das Schrifttum Der EuGH hat mit seinen Urteilen einen von der gewünschten Rechtsfolge determinierten Weg eingeschlagen. Dies hat im Schrifttum zu einem geteilten Echo geführt. So sehen Müller-Riemenschneider / Hermann324 und Stender-Vorwachs / Steege325 die Entscheidungen als konsequente Fortführung der oben bereits dargestellten Rechtsprechung zur öffentlichen Wiedergabe im Hinblick auf Links und Frames. Stender-Vorwachs / Steege gehen dabei sogar soweit, dass sie der Entscheidung zustimmen, da ansonsten dem Hauptziel einer angemessenen Vergütung von Urhebern nach Erwägungsgrund 9 und 10 der InfoSoc-Richtlinie nicht Genüge getan werden kann.326 Allerdings arbeiten letztere auch heraus, dass dieses Ergebnis eher dem Ziel entspringe, Vergütungsansprüche von Urhebern zu sichern, als dogmatisch sauber ein entsprechendes Haftungsregime aufzubauen.327 Leistner kritisiert, dass der EuGH sich zum Ersatzgesetzeber aufschwinge und „an den Grundmauern eines europäischen Haftungssystems für Urheberrechtsverletzungen im Internet baut, das er auf dem Fundament einer 322 EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = GRUR Int. 2017, 527, 532 Rn. 50 – Filmspeler; EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – C-610 / 15, ECLI: EU:C:2017:456 = MMR 2017, 518, 520 Rn. 36 – The Pirate Bay; Hofmann, ZUM 2017, 750, 751. 323 EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = GRUR Int. 2017, 527, 532 Rn. 50 – Filmspeler; EuGH, Urteil v. 14.6.2017 – C-610 / 15, ECLI: EU:C:2017:456 = MMR 2017, 518, 520 Rn. 45 – The Pirate Bay. 324 Müller-Riemenschneider / Hermann, Anm. zu EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = EuR 2017, 571, 573 – Filmspeler, unter Verweis auf: Specht, ZUM 2017, 114. 325 Stender-Vorwachs / Steege, Anm. zu EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:456 = MMR 2017, 460, 465 f. – The Pirate Bay. 326 Stender-Vorwachs / Steege, Anm. zu EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:456 = MMR 2017, 460, 465 f. – The Pirate Bay. 327 Stender-Vorwachs / Steege, Anm. zu EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:456 = MMR 2017, 460, 465 f. – The Pirate Bay, die insofern ausführen, dass eine dogmatisch saubere Lösung nicht zu erwarten war, da die Entscheidung auf Kasuistik beruhe.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
extensiven Auslegung des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe nach Art. 3 InfoSoc-Richtlinie errichtet, ohne sich um die dogmatische Trennlinie von Täterschaft und Teilnahme zu scheren“.328 Im Zuge dessen würden auch entfernte Mitverursachungshandlungen in eine Haftung als Täter mit einbezogen, obwohl diese Handlungen in vielen Mitgliedsstaaten anderweitig sanktioniert werden.329 Zwar begrüßt er die Bemühungen des EuGH, ein einheitliches Haftungsregime zu schaffen, in dem der Gerichtshof stets an den beiden Tatbestandsmerkmalen der Wiedergabe und der Öffentlichkeit anknüpfe und diese im Rahmen der letzten Entscheidungen weiter ausdifferenziert habe.330 Allerdings sieht er den Ansatz des EuGH dennoch als pro blembehaftet an, da durch diese Rechtsprechung Vorfeldhandlungen bzw. andere Vermittlungstätigkeiten, die nicht in den Anwendungsbereich der Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung fallen würden, mit einbezogen werden, die nach mitgliedsstaatlichem Recht nur eine Störeroder Teilnehmerhaftung zu begründen vermögen.331 Wenn auch die eingeschlagene Linie des EuGH auf Tatbestandsseite zu erheblichen Erweiterungen des Anwendungsbereichs führt, so wird dies durch die Notwendigkeit eines Verschuldens im Gegenzug beschränkt, so dass das Haftungssystem weiterhin als ausgewogen betrachtet werden kann und muss. Leistner ist trotz seiner Kritik zuzustimmen, wenn er ausführt, „dass hier für distantere Vermittler und Verursacher Differenzierungen per spektivisch möglich blieben“332. Negativ sei dagegen zu bewerten, dass bei konsequenter Anwendung der nunmehr aufgestellten Grundsätze eine trennscharfe Abgrenzung zwischen dem bloßen Bereitstellen von technischem Equipment und der eigentlichen Wiedergabehandlung obsolet würde.333 Der Gerichtshof lässt die Tatsache außer Acht, dass sich – selbst bei entsprechender Gefahrgeneigtheit – die Handlung in der Bereitstellung erschöpft und damit in akzessorischer Weise noch eine Handlung eines Dritten erfordert, um überhaupt verletzend zu sein.334 Beschränkt auf das Wesentliche zeige der jeweilige Vermittler dem Nutzer allgemein nur auf, wie er urheberrechtsverletzende Inhalte konsumie328 Leistner,
GRUR 2017, 755. GRUR 2017, 755; Hofmann, ZUM 2017, 750, 751. 330 Leistner, GRUR 2017, 755, 760. 331 Leistner, GRUR 2017, 755, 759; so auch: Jaworski / Nordemann, GRUR 2017, 567, 571; Grünberger, ZUM 2016, 905; Ohly, GRUR 2016, 1155, 1156. 332 Leistner, GRUR 2017, 755, 759. 333 Rauer / Vonau, Anm. zu EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15c, ECLI: EU:C:2017:300 = GRUR-Prax 2017, 213 – Filmspeler. 334 So auch im Ergebnis: Lueg, Anm. zu EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15, ECLI:EU:C:2017:300 = EuZW 2017, 515, 520 – Filmspeler; Hofmann, ZUM 2017, 750 f. 329 Leistner,
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 135
ren kann.335 Struktureller Unterschied zu den Fällen des Framings sei allerdings, dass ein Frame jeweils individuell ein Werk wiedergibt, während in den vorliegenden Fällen lediglich allgemein eine Linksammlung aufbereitet wurde.336 Insofern könne dies nicht ausreichend sein, um eine täterschaftliche Haftung zu begründen. Denn andernfalls würde die öffentliche Wiedergabe derart weit interpretiert, dass die europarechtlich gewünschten Haftungsprivilegierungen durch Annahme eigener Täterschaft auf vorgelagerter Abgrenzungsebene von Täterschaft oder bloßer Vermittlerhaftung unterlaufen würden.337 Im Ergebnis begebe sich der Gerichtshof durch diese Herangehensweise der Rechtssicherheit für den jeweiligen Anwender, auch wenn verständlich ist, dass der EuGH sich durch seine Rechtsprechung eine flexible und einzelfallgerechte Lösung unter Berücksichtigung der jeweiligen Grundrechtspositionen aufrechterhalten möchte.338 Zu begrüßen ist dabei jedoch die Tatsache der individuellen Betrachtung, so dass auch der EuGH nicht von einer generalistischen Anwendung dieser Grundsätze auf sämtliche Plattformbetreiber ausgeht, sondern dies von der Gefahrgeneigtheit abhängig macht.339 cc) Eigene Stellungnahme und Ergebnis Der Ansatz des EuGH, den Plattformbetreiber bereits frühzeitig, über eine zeitliche Vorverlagerungen im Hinblick auf die Vornahme einer öffentlichen Wiedergabe, in die Verantwortung zu nehmen, überzeugt im Ergebnis aufgrund dogmatischer Bedenken nicht vollends. Der Intention der Haftungsausdehnung, die zuletzt vom EuGH in den besprochenen Entscheidungen verfolgt wurde, müsste verstärkt unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Positionen der Plattformbetreiber entsprochen werden. Zwar ist im Grundsatz begrüßenswert, dass der EuGH Plattformbetreiber zum Schutz von Werkschaffenden in Anspruch nehmen möchte. Dies ist nicht zuletzt damit zu begründen, dass mangels Harmonisierung im europäischen Rechtsraum eine ergebnisorientierte Anwendung unumgänglich ist.340 335 Specht,
ZUM 2017, 582, 584. Specht, ZUM 2017, 582, 585, die insofern Verlinkung und Bereitstellung von Gerätschaften mit Links gleichsetzen möchte. 337 Leistner, ZUM 2012, 722, 738. 338 Specht, ZUM 2017, 582, 586; kritisch auch: Ohly, GRUR 2016, 1152, 1157; Leistner, ZUM 2016, 980, 981. 339 Im Ergebnis ebenfalls gegen eine generelle Übertragbarkeit: Rauer / Vonau, Anm. zu EuGH, Urteil v. 26.4.2017 – C-527 / 15c, ECLI:EU:C:2017:300 = GRURPrax 2017, 213 – Filmspeler. 340 Hofmann, ZUM 2017, 750, 751; Ohly, GRUR 2016, 1152, 1157. 336 A. A.:
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Zudem muss man dem Gerichtshof zugutehalten, dass er Rechteinhabern Mittel und Wege an die Hand geben möchte, gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen zu können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten genutzt würden, um den Vorgaben von Art. 11 S. 3 Durchsetzungsrichtlinie und Art. 8 Abs. 3 InfoSoc-Richtlinie in größtmöglichem Maße Geltung zu verschaffen. Er übersieht aber dabei, dass mangels Vollharmonisierung der Plattformbetreiberhaftung dogmatische Friktionen entstehen. Zwar steht es dem EuGH offen, die Begriffe des primären und sekundären Unionrechts autonom auszulegen, soweit sich die Mitgliedstaaten, wie im Falle der öffentlichen Wiedergabe nicht geschehen, die inhaltliche Ausgestaltung der Begrifflichkeiten ausdrücklich vorbehalten.341 Trotz entsprechender Ausstrahlungswirkung der europäischen Rechtsprechung erscheint die täterschaftliche Haftung aufgrund der Ausdehnung des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe derzeit nur schwer vereinbar mit geltendem nationalem Recht, so dass sich hier relevante Änderungen ergeben müssten. Für die Anwendung unter Gesichtspunkten des nationalen Rechts in Deutschland bedeutet dies insbesondere einen Bruch mit der systematischen Einordnung von Vorfeldhandlungen. Diese sind nach nationalem Verständnis richtigerweise im Bereich der Teilnahme zu verorten. Obwohl der EuGH seine bisherige Linie konsequent weiterverfolgt, ist damit eine Lösung des bestehenden Problems der unzureichenden Haftung von Plattformbetreibern nicht uneingeschränkt möglich. Vielmehr wäre es seitens des EuGH notwendig gewesen, gewisse Parameter spezifisch für Plattformbetreiber zu definieren, innerhalb derer sich diese rechtstreu bewegen können. Nur so könnte den Besonderheiten des Geschäftsmodells von Plattformbetreibern Rechnung getragen werden. c) Täterschaftsbegründendes Zu-eigen-Machen von fremden Inhalten Nachdem die zuvor diskutierten Konzepte der erweiterten Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern als nicht oder nur bedingt taugliche Lösungen herausgearbeitet wurden, stellt sich die Frage einer etwaigen Haftung des Plattformbetreibers unter dem Gesichtspunkt des Zu-eigen-Machens von fremden Inhalten. Dabei entzündet sich die Diskussion nicht an der bereits beantworteten Frage, ob die Figur des Zu-eigen-Machens generell rechtlich zulässig ist. Entgegen der vormalig bestehenden Regelung im TDG kennt die E-Commerce-Richtlinie zwar keine Unterscheidung von fremden oder eige341 EuGH, Urteil v. 7.12.2006 – C-306 / 05, ECLI:EU:C:2006:764 = ZUM 2007, 132, 134 – SGAE; Handig, ZUM 2013, 273.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 137
nen Inhalten, sondern stellt auf den Eingabevorgang und die Rolle des Plattformbetreibers in diesem Gefüge hinsichtlich seiner eigenen Tätigkeit ab. Dennoch wurde bereits herausgearbeitet, dass an dem Verständnis festzuhalten ist, dass auch zu-eigen-gemachte Inhalte als eigene Inhalte gelten und damit eine Haftung nach den allgemeinen Vorschriften einhergeht.342 Vielmehr ist es nunmehr notwendig, die genauen Parameter abzustecken, innerhalb derer eine Haftung unter dem Gesichtspunkt eines Zu-eigen-Machens und damit den allgemeinen Vorschriften eröffnet ist, so dass trotz einer flexiblen Handhabung Rechtssicherheit für den Plattformbetreiber besteht. Dabei wird der Begriff des Zu-eigen-Machens nicht rechtsgebietsübergreifend einheitlich verwendet. Online-Auktionshäuser bieten beispielsweise keine zueigen-gemachte Informationen an, wenn diese als fremd kenntlich gemacht werden, verbunden mit dem Hinweis, dass der Verkäufer die volle Verantwortung für das Anbieten des zum Kauf angebotenen Artikels trägt.343 Ein Zu-eigen-Machen kann auch im strafrechtlichen Kontext angenommen werden, etwa bei einem bewusst gesetzten Link auf von Dritten ins Netz gestellte Darstellungen von Posen Minderjähriger.344 Eine gewisse Nähe zu den im Folgenden darzustellenden Grundsätzen weisen die presserechtlichen Grundsätze hinsichtlich der Thematik des Zu-eigen-Machens auf. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sprechen für ein Zu-eigen-Machen insbesondere die inhalt liche Kontrolle etwaiger fremder Inhalte und die Art der Präsentation, wenn dadurch beispielsweise die fremde Äußerung so in den eigenen Gedankengang eingefügt wird, dass die gesamte Äußerung als eigene erscheint.345 Im Folgenden soll ausschließlich ein Augenmerk auf die genauen urheberrechtspezifischen Tatbestandsmerkmale gelegt werden. Erste Indikationen lassen sich aus der bisherigen Rechtsprechung des BGH gewinnen, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Zu-eigen-Machens im Rahmen der Verbreiterhaftung und unter presserechtlichen Gesichtspunkten,346 bei der die Privilegierungstatbestände der E-Commerce-Richtlinie nach der Rechtsprechung des EuGH nur eingeschränkt zur Anwendung kommen.347 342 Siehe
hierzu Abschnitt D. I. 2. c) aa) (2). Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 17. 344 OLG Celle, Beschluss v. 13.2.2007 – 322 Ss 24 / 07, MMR 2007, 316; Spindler / Schuster-Hofmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 23. 345 BGH, Urteil v. 27.3.2012 – VI ZR 144 / 11, MMR 2012, 623, 624 Rn. 11 – RSS-Feeds; Korte, Praxis des Presserechts, 1. Aufl. 2014, § 4 Rn. 17 f. 346 Siehe allgemein zur Thematik der Entwicklung von der Presse- zur Providerhaftung: Pankoke, Von der Presse- zur Providerhaftung, 2000, S. 206 f. 347 EuGH, Urteil v. 11.9.2014 – C-291 / 13, ECLI:EU:C:2014:2209 = MMR 2016, 63 Ls. 3 – Papasavvas. 343 Spindler / Schuster-Hofmann,
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
aa) Adaption und Ausgestaltung der Rechtsfigur des Zu-Eigen-Machens durch den BGH und die Instanzgerichtsbarkeit In der Rechtsprechung wurde die Thematik des Zu-eigen-Machens schon frühzeitig diskutiert, erstmals medienwirksam in einem Verfahren des OLG Köln, in dem es um obszöne Fotomontagen der ehemaligen Tennisspielerin Steffi Graf ging, die durch einen Nutzer innerhalb der Community von MSN zur Verfügung gestellt wurden.348 Im Nachgang hat sich die Rechtsprechung dahingehend entwickelt, dass ein Zu-eigen-Machen in einer Gesamtschau aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers dann anzunehmen ist, wenn der Plattformbetreiber die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Plattform veröffentlichten Inhalte übernehmen will und er damit den zurechenbaren Anschein erweckt, er identifiziere sich mit dem fremden Inhalt.349 (1) OLG Köln – „Steffi Graf“ Dabei schlug bereits die angeführte Entscheidung des OLG Köln den Bogen zu presserechtlichen Gesichtspunkten, unter deren Verantwortungsregime bereits zu-eigen-gemachte Inhalte in den Anwendungsbereich der eigenen Inhalte mit einbezogen worden waren.350 In modifizierter Anwendung der presserechtlichen Kriterien nahm das Gericht an, dass ein einfacher Verweis auf die Fremdheit von Inhalten nicht ausreichend sei, da das Innehaben von Nutzungsrechten bereits eine Indizwirkung entfalte, die es zu entkräften gelte.351 Mithin sei ergänzend eine ernsthafte Distanzierung notwendig.352 Denn aus einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art der Datenübernahme, ihres Zwecks und der Präsentation der Drittdaten, ergab sich für das Gericht im Grundsatz ein Zu-eigen-Machen des Plattformbetreibers und eine entsprechende persönliche Verantwortlichkeit.
Köln, Urteil v. 28.5.2002 – 15 U 221 / 01, MMR 2002, 548– Steffi Graf. Urteil v. 1.3.2016 – VI ZR 34 / 15, BGHZ 209, 139 = NJW 2016, 2106, 2107 Rn. 17 – Ärztebewertungsportal III; BGH, Urteil v. 12.11.2009 – I ZR 166 / 07, GRUR 2010, 616, 618 Rn. 23 ff. – marions-kochbuch.de; MAH-Leupold, IT-Recht, 3. Aufl. 2013, Teil 2 Rn. 585. 350 OLG München, Urteil v. 3.2.2000 – 6 U 5475 / 99, MMR 2000, 617, 619 – CDBench; Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 16. 351 OLG Köln, Urteil v. 28.5.2002 – 15 U 221 / 01, MMR 2002, 548– Steffi Graf. 352 OLG Köln, Urteil v. 28.5.2002 – 15 U 221 / 01, MMR 2002, 548– Steffi Graf. 348 OLG
349 BGH,
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 139
(2) BGH – „marions-kochbuch.de“ Diesen bereits durch die Instanzgerichte beschrittenen Pfad verfolgte der BGH in seinem Urteil in der Sache „marions-kochbuch.de“ weiter.353 Inhaltlich ging es dabei um die Frage, ob ein Plattformbetreiber dafür haftbar gemacht werden kann, wenn ein Nutzer ein auf einer Rezeptwebseite eingestelltes Rezept mit Bildern einer anderen, ein ähnliches Geschäftsmodell verfolgenden Webseite, bebildert. Das entsprechende Foto wurde von dem Plattformbetreiber in einem automatisierten Verfahren mit dem Emblem der eigenen Webseite versehen, nachdem das eingestellte Rezept eine redaktionelle Kontrolle durchlaufen hatte und entsprechend kategorisiert worden war. Ausrichtung der Plattform war es, Dritten die entsprechenden Rezepte kostenpflichtig zur kommerziellen Verwendung anzubieten, wozu sich der Plattformbetreiber entsprechende Nutzungsrechte auf Grundlage seiner AGB einräumen ließ.354 In seinem Urteil bestätigte der BGH die Anwendbarkeit der Figur des Zueigen-Machens von urheberrechtlich geschützten Inhalten und judizierte eine Haftung des Plattformbetreibers nach den allgemeinen Vorschriften, wenn bestimmte Kriterien erfüllt seien, mahnte aber zugleich zur Zurückhaltung bei deren Anwendung.355 Im Rahmen einer anzustellenden Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände hatte der Portalbetreiber nach Ansicht des Gerichts die inhaltliche Verantwortung für die veröffentlichen Rezepte samt Abbildung übernommen.356 Dabei stellt der BGH zur Begründung seiner Ansicht auf mehrere Indizien ab, aus denen ein Zu-eigen-Machen hergeleitet werden könne. Ein besonderes Augenmerk sei insbesondere darauf zu legen, ob der Plattformbetreiber die eingestellten Inhalte vor ihrer Einstellung auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft habe.357 Daneben spielte insbesondere die Tatsache der Ausgestaltung des Angebots mit dem Emblem der Webseite an prominenter 353 BGH, Urteil v. 12.11.2009 – I ZR 166 / 07, GRUR 2010, 616 – marions-koch buch.de. 354 Zum Sachverhalt in seiner Gesamtheit: BGH, Urteil v. 12.11.2009 – I ZR 166 / 07, GRUR 2010, 616 – marions-kochbuch.de. 355 BGH, Urteil v. 12.11.2009 – I ZR 166 / 07, GRUR 2010, 616, 618 Rn. 23 ff. – marions-kochbuch.de; Auer-Reinsdorrf / Conrad-Sobola; Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 2. Aufl. 2016, § 42 Rn. 20; jurisPK-Internetrecht-Roggenkamp / Stadler, 5. Aufl. 2017, Kap. 10 Rn. 453. 356 BGH, Urteil v. 12.11.2009 – I ZR 166 / 07, GRUR 2010, 616, 618 Rn. 23 ff. – marions-kochbuch.de. 357 BGH, Urteil v. 12.11.2009 – I ZR 166 / 07 GRUR 2010, 616, 618 Rn. 23 ff. – marions-kochbuch.de; Auer-Reinsdorrf / Conrad-Sobola, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 2. Aufl. 2016, § 42 Rn. 20.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
und gut sichtbarer Stelle eine entscheidende Rolle.358 Schlussendlich habe sich der Plattformbetreiber zudem Verfügungsmacht über die vom Nutzer generierten Inhalte wirtschaftlich durch entsprechende AGB-Klauseln einverleibt, was wiederum für ein Zu-eigen-Machen spreche.359 Dieser aus der Sicht eines verständigen Dritten erzeugte Rechtsschein ließe sich nur widerlegen, wenn der Plattformbetreiber sich ernsthaft von den Inhalten distanziert. Denn aufgrund der Erfüllung der obigen Kriterien habe er die Rolle des ausschließlich technischen Vermittlers verlassen.360 Allein die Kenntlichmachung als fremd reiche hier nicht aus; es bedürfe vielmehr eines Mehr.361 (3) OLG Hamburg – „YouTube“ Erstmalig nach der Grundsatzentscheidung in Sachen „marions-kochbuch. de“ hatte sich das LG Hamburg 2012 mit einem Sachverhalt des Zu-eigenMachens auseinander zu setzen, der die Plattform YouTube betraf362 und insbesondere aufgrund des schwelenden Streites zwischen der GEMA und YouTube für mediale Aufmerksamkeit sorgte.363 Inhaltlich ging es um die Frage, ob YouTube sich urheberrechtsverletzende Inhalte zu-eigen-macht, da auch hier beispielsweise das Emblem von YouTube bei jedem Video an prominenter Stelle eingeblendet wurde. Insbesondere auf diese Tatsache und auf die Einräumung von Nutzungsrechten durch die AGB gestützt nahm das LG Hamburg ein Zu-eigen-Machen von Inhalten an.364 Entscheidende Kriterien 358 BGH, Urteil v. 12.11.2009 – I ZR 166 / 07, MMR 2010, GRUR 2010, 616, 618 Rn. 23 ff. – marions-kochbuch.de; MAH-Leupold, IT-Recht, 3. Aufl. 2013, Teil 2, Rn. 585. 359 BGH, Urteil v. 12.11.2009 – I ZR 166 / 07, GRUR 2010, 616, 618 Rn. 23 ff. – marions-kochbuch.de. 360 BGH, Urteil v. 12.11.2009 – I ZR 166 / 07, GRUR 2010, 616, 618 Rn. 23 ff. – marions-kochbuch.de; MAH-Lotze / Heinson, Gewerblicher Rechtsschutz, 5. Aufl. 2017, § 30 Rn. 138; Ensthaler / Weidert-Weidert / Molle, Urheberrecht und Internet, 3. Aufl. 2017, Kap. 7 Rn. 63. 361 BGH, Urteil v. 12.11.2009 – I ZR 166 / 07, GRUR 2010, 616, 618 Rn. 23 ff. – marions-kochbuch.de. 362 LG Hamburg, Urteil v. 3.9.2010 – 308 O 27 / 09, MMR 2010, 833 – YouTube; kritisch: Christiansen, Anm. zu LG Hamburg, Urteil v. 3.9.2010 – 308 O 27 / 09, MMR 2010, 833, 836; Klingebiel, Anm. zu LG Hamburg, Urteil v. 3.9.2010 – 308 O 27 / 09, CR 2010, 823, 824. 363 Zum Streit GEMA / YouTube siehe nicht zuletzt: Leistner / Metzger, Wie sich das Problem illegaler Musiknutzung lösen lässt, abrufbar unter: http: / / www.faz. net / aktuell / feuilleton / medien / gema-youtube-wie-sich-urheberrechts-streit-schlichtenliesse-14601949.html, zuletzt abgerufen am 8.2.2017. 364 LG Hamburg, Urteil v. 3.9.2010 – 308 O 27 / 09, MMR 2010, 833 – YouTube.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 141
waren für das LG die nicht hinreichend deutliche Kennzeichnung von fremden Inhalten und die Monetarisierung solcher Inhalte durch YouTube mittels Werbeeinblendungen.365 Dem ist das OLG Hamburg jedoch in seiner Entscheidung entgegengetreten, da das Urteil die Grundlagen der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH außer Acht ließe.366 Das LG habe die vom BGH aufgestellten Kriterien nicht in ausreichendem Maße herangezogen. Insbesondere hätte YouTube gerade keine inhaltliche Kontrolle ausgeübt, die den redaktionellen Kernbereich des Angebots hätte bilden müssen.367 Für eine solche redaktionelle Kontrolle sei es gerade nicht ausreichend gewesen, dass eine Kategorisierung des Inhalts erfolgt sei.368 (4) OLG München – „Allegro barbaro“ Auch das OLG München369 hatte sich mit einem ähnlich gelagerten Sachverhalt auseinanderzusetzen. Wiederum verlangte die GEMA von YouTube im Wege der Stufenklage Auskunft und Schadensersatz wegen zahlreicher, von Nutzern eingestellter Musikwerke. Die Klägerin stützte sich dabei auf den bereits vom LG Hamburg als besonders relevant herausgearbeiteten Punkt, dass YouTube die entsprechenden Werke monetarisiere, da YouTube sich von den Nutzern umfassende Nutzungsrechte an den eingestellten Inhalten einräumen ließe und nicht zuletzt über Werbeeinnahmen von diesen Inhalten profitiere.370 Das OLG München folgte dieser Argumentation nicht und wies die Klage ab.371 Es verneinte ein Zu-eigen-Machen seitens YouTube, da es an der redaktionellen Einordnung fehle.372 Folge durch das Hochladen des Nutzers 365 LG
Tube.
Hamburg, Urteil v. 3.9.2010 – 308 O 27 / 09, MMR 2010, 833, 834 – You-
366 OLG Hamburg, Urteil v. 1.7.2015 – 5 U 175 / 10, OLG Hamburg Urteil v. 1.7.2015 – 5 U 175 / 10, BeckRS 2015, 14371, Rn. 268 ff. 367 OLG Hamburg, Urteil v. 1.7.2015 – 5 U 175 / 10, OLG Hamburg Urteil v. 1.7.2015 – 5 U 175 / 10, BeckRS 2015, 14371, Rn. 268 ff. 368 OLG Hamburg, Urteil v. 1.7.2015 – 5 U 175 / 10, OLG Hamburg Urteil v. 1.7.2015 – 5 U 175 / 10, BeckRS 2015, 14371, Rn. 268 ff. 369 OLG München, Urteil v. 28.1.2016 – 29 U 2798 / 15, MMR 2016, 883 – Allegro barbaro. 370 Zum Sachverhalt in seiner Gesamtheit: OLG München, Urteil v. 28.1.2016 – 29 U 2798 / 15, MMR 2016, 883 – Allegro barbaro. 371 OLG München, Urteil v. 28.1.2016 – 29 U 2798 / 15, MMR 2016, 883 – Allegro barbaro. 372 OLG München, Urteil v. 28.1.2016 – 29 U 2798 / 15, MMR 2016, 833, 835 – Allegro barbaro.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
uno actu auch die öffentliche Zugänglichmachung, sei aus diesem Grunde ein Zu-eigen-Machen des Plattformbetreibers ausgeschlossen.373 Insofern kristallisiert sich durch diese Entscheidung heraus, dass die redaktionelle Aufbereitung als dominierendes Kriterium in der Rechtsprechung anzusehen sein dürfte. Etwas überraschend verneinte das Gericht allerdings eine relevante kommerzielle Nutzung der Inhalte, da lediglich mittelbar über Werbekontingente Umsätze erzielt würden.374 (5) BGH – „klinikbewertungen.de“ Einen vorläufigen Schlusspunkt der Diskussion brachte das Urteil des BGH in Sachen „klinikbewertungen.de“ mit sich, auch wenn dieses keinen urheberrechtlichen Sachverhalt betraf.375 Gegenstand des Verfahrens waren Bewertungen eines Patienten auf einem Klinikportal, die dieser nach einer komplikationsbehafteten Operation auf dem Portal eingestellt hatte. Nachdem der betroffene Arzt an den Plattformbetreiber mit der Aufforderung der Änderung herangetreten war, änderte der Plattformbetreiber eigenmächtig die Bewertung des Nutzers und setzte ihn hierüber in Kenntnis.376 Erneut betonte der BGH, dass er an den Kriterien für ein Zu-eigen-Machen festhalte, die er in der bereits dargestellten Entscheidung in Sachen „marionskochbuch.de“ aufgestellt hatte.377 In Erweiterung seiner bisherigen Rechtsprechung könnten auch nachträglich Inhalte noch zu-eigen-gemacht werden. Durch die bereits seitens des Plattformbetreibers angesprochenen Veränderungen der Bewertung mache dieser sich diese richtigerweise ebenfalls zu eigen. Denn „ein Portalbetreiber, der die in das Portal eingestellten Äußerungen eines Dritten auf die Rüge des von der Kritik Betroffenen inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss nimmt, indem er selbstständig – insbesondere ohne Rücksprache mit dem Dritten – entscheidet, welche Äußerungen er abändert oder entfernt und welche er beibehält,“ nimmt aktiv Einfluss auf den Inhalt der Plattform.378 Insbesondere werde dieser Rechtsschein noch 373 OLG München, Urteil v. 28.1.2016 – 29 U 2798 / 15, MMR 2016, 833 – Allegro barbaro; Specht, ZUM 2017, 114, 117. 374 OLG München, Urteil v. 28.1.2016 – 29 U 2798 / 15, MMR 2016, 833, 835 – Allegro barbaro. 375 BGH, Urteil v. 4.4.2017 – VI ZR 123 / 16, GRUR 2017, 844 – klinikbewertungen.de. 376 Zum Sacherhalt in seiner Gesamtheit: BGH, Urteil v. 4.4.2017 – VI ZR 123 / 16, GRUR 2017, 844 – klinikbewertungen.de. 377 BGH, Urteil v. 4.4.2017 – VI ZR 123 / 16, GRUR 2017, 844, 846 Rn. 18 – klinikbewertungen.de. 378 BGH, Urteil v. 4.4.2017 – VI ZR 123 / 16, GRUR 2017, 844 Ls. 2 – klinikbewertungen.de.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 143
dadurch bestärkt, „wenn er dem von der Kritik Betroffenen seinen Umgang mit der Bewertung kundgetan hat“.379 In letzter Konsequenz erfolgt eine Abgrenzung nicht nur über die Merkmale der fremden und eigenen Inhalte sondern zusätzlich auch über die Einordnung einer aktiven oder passiven Rolle des Plattformbetreibers.380 (6) D ie Systematik des Zu-eigen-Machens in der Gesamtschau der Rechtsprechung Auch wenn die Rechtsprechung zur Thematik des Zu-eigen-Machens von Inhalten nicht gänzlich stringent ist, wird man dennoch konstatieren können, dass eine Zurechnung von nutzergenerierten Inhalten von der Erfüllung verschiedener Indikatoren abhängig gemacht wird, die in Anlehnung an die presserechtlichen Vorgaben entwickelt wurden. Aus diesen Indikatoren ist sodann ein Gesamtbild nach dem modernen Verbraucherleitbild381 zusammenzufügen, aus dem sich ergibt, ob eine erweiterte Verantwortlichkeit vorliegt. Dies wird man grundsätzlich dann annehmen können, wenn nicht mehr erkennbar ist, ob es sich um den Inhalt eines Dritten handelt.382 Abstand ist daher davon zu nehmen, Inhalte der Nutzer mit eigenem Logo zu versehen, eine umfassende Einräumung von Nutzungsrechten zu verlangen, eine Vorabkontrolle vorzunehmen und zuletzt keinen Hinweis der Fremdheit des Inhalts beizufügen.383 Trotz der Tatsache, dass eine Monetarisierung von Urheberrechten ein wichtiger Ausfluss von Verwertungsrechten ist, wird dem kommerziellen Aspekt dabei keine herausragende Rolle eingeräumt. Vielmehr steht der Aspekt der kommerziellen Ausbeutung gleichrangig neben weiteren anzusetzenden Kriterien. Uneinigkeit herrscht dabei jedenfalls bei der Frage, ob nur unmittelbare oder auch mittelbare Erlöse hierunter zu subsumieren sind. Auch die Aufbereitung des Inhalts in graphischer Weise ist dabei für eine Einordnung beachtlich. Entscheidende Bedeutung misst die höchstrichterliche Rechtsprechung, einer inhaltlichen Kontrolle der eingestellten Beiträge bei. Dabei reicht eine 379 BGH, Urteil v. 4.4.2017 – VI ZR 123 / 16, GRUR 2017, 844 Ls. 2 – klinikbewertungen.de. 380 Spindler, MMR 2018, 48, 49. 381 Insofern trifft den gewerblichen Nutzer kein geringerer Grad an Aufmerksamkeit als den Verbraucher, vgl.: Spindler / Schuster-Hoffmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 16. 382 MAH -Lotze / Heinson, Gewerblicher Rechtsschutz, 5. Aufl. 2017, § 30 Rn. 137. 383 So beispielhaft: Auer-Reinsdorff / Conrad-Sobola, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 2. Aufl. 2016, § 42 Rn. 22.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Einordnung in Kategorien nicht aus. Ergänzend muss eine einheitliche Seitengestaltung erfolgen, die den Plattformbetreiber als primär verantwort lichen erscheinen lässt.384 Da aufgrund der Flut von Beiträgen im Regelfall eine solche nicht stattfindet, wird man mit der Rechtsprechung des BGH nur in äußerst seltenen Fällen zur Bejahung eines Zu-eigen-Machens kommen. Nach der zuletzt ergangenen Entscheidung des BGH ist dabei nicht nur ein Zu-eigen-Machen bei erstmaliger Einstellung eines Inhalts möglich. Vielmehr kann seit der Entscheidung des BGH in Sachen „klinikbwertungen.de“ jede nachträgliche Anpassung bzw. Vornahme einer Handlung den entsprechenden Tatbestand erfüllen und zu einer Zurechnung des entsprechenden Inhalts führen. Diese Aussage muss als allgemeinverbindlich aufgefasst werden, da sie nicht sektorspezifisch für den Bereich der Meinungsplattformen Gültigkeit beanspruchen kann, und ist damit auch für urheberrechtliche Sachverhalte anzuwenden. bb) Die Figur des Zu-eigen-Machens im Schrifttum Auch das Schrifttum hat, soweit es nicht schon generell die Rechtsfigur des Zu-eigen-Machens als europarechtswidrig einstuft,385 verschiedene Ansatzpunkte entwickelt, um ein tragfähiges Haftungsregime zu entwickeln.386 Dabei wurden die presserechtlichen Grundsätze herangezogen und in weiterem Umfang, als dies die Rechtsprechung getan hat, für den Bereich der Plattformbetreiberhaftung adaptiert. Grundsätze aus anderen Rechtsgebieten entleihend wird darüber hinaus vertreten, dass die Aspekte der Veranstalterhaftung heranzuziehen sind. Andere wiederum sehen als Anknüpfungspunkt nicht so sehr die Frage der Fremdheit von Inhalten, sondern möchten vermehrt auf die technische Aufbereitung von Inhalten abstellen. Schlussendlich wird in Einklang mit der soeben dargestellten Rechtsprechung vertreten, dass es auf das Gesamtgepräge im Einzelfall ankomme. Im neueren Schrifttum wird dagegen der Versuch unternommen, sowohl die Thematik des Zu-eigenMachens als auch die Ausweitung des Notice-and-Takedown-Verfahrens387 in gewinnbringender Art und Weise zu vereinbaren. 384 OLG Köln, Urteil v. 28.5.2002 – 15 U221 / 01, NJW-RR 2002, 1700, 1701; BeckOK-Paal, Informations- und Medienrecht, 19. Edition Stand. 1.8.2017, § 7 TMG Rn. 31. 385 Vgl. hierzu obigen Abschnitt D. I. 2. c) aa) (2) (a). 386 Generell kritisch gegenüber dem Lösungsweg des Zu-eigen-Machens von Inhalten: Berberich, GRUR-Prax 2017, 269; befürwortend dagegen: Spindler, ZUM 2014, 91. 387 Zum Notice-and-Takedown-Verfahren: Amtliche Begründung, BT-Drs. 14 / 6098, S. 25; Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste-Jandt, 3. Aufl. 2013, § 10 TMG Rn. 24.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 145
(1) Übertragung der Kriterien der Pressehaftung Bereits frühzeitig wurde im Schrifttum hinsichtlich der Einordnung von urheberrechtlichen Sachverhalten vorgeschlagen, ausschließlich auf die Kriterien der Pressehaftung abzustellen, sich die Haftung mithin nach der äußerlich erkennbaren Einstellung des Plattformbetreibers zu den Inhalten richten solle.388 Dabei wurden verschiedenartige Kriterien herangezogen, um die Haltung des Plattformbetreibers zu ermitteln. Abgestellt wurde dabei insbesondere von Spindler auf die Frage, ob eine ausreichende Distanzierung von den entsprechenden Inhalten erfolgt sei und der Plattformbetreiber somit aus der Sicht eines objektiven Dritten keine Verantwortung übernehmen wolle.389 Eher auf subjektive Kriterien wollte eine andere Ansicht abstellen, die ein Zu-eigen-Machen danach beurteilen wollte, ob der Plattformbetreiber sich mit dem konkreten Inhalt identifiziere.390 Überwiegend wird jedoch auf objektive Kriterien abgestellt, so dass sich einige Autoren die Frage stellten, ob nicht ein Zu-eigen-Machen vorliegt, wenn der Plattformbetreiber nicht den von einem Dritten stammenden Inhalt ausreichend kennzeichne391 oder wenn die Fremdheit des Inhalts nicht aus dem Impressum hervorgehe.392 Trotz der Tatsache, dass sämtliche der obigen Vorschläge im ersten Moment als mögliche Zurechnungsmechanismen tauglich erscheinen, wohnt ihnen eine gemeinsame Schwäche inne. Um sich von einem entsprechenden Inhalt zu distanzieren, diesen zu kennzeichnen oder diesen zu billigen, müsste der Plattformbetreiber aktiv werden. Dies würde jedoch eine Überprüfung der entsprechenden Inhalte in proaktiver Art und Weise erfordern, was wiederum durch die Privilegierungstatbestände des TMG gerade nicht von einem Plattformbetreiber gefordert werden darf.393 Zudem ist es nicht ersichtlich, warum im Rahmen der Übertragung der presserechtlichen Grundsätze auf die Sicht eines objektiven Dritten abgestellt werden soll, während bei traditionellen Medien eine umfassende Güter- und Interessenabwägung stattfindet.394 Dies würde dem gesetzgeberisch geäußerten Willen 388 MAH-Leupold, IT-Recht, 3. Aufl. 2013, Teil 2, Rn. 578; Schmitz, Anm. zu LG Potsdam, Urteil v. 8.7.1999 – 3 O 317 / 99, CR 2000, 123, 125; Vassilaki, MMR 1998, 630, 633; Spindler, NJW 1997, 3193, 3196. 389 Spindler, NJW 1997, 3193, 3196; dem folgend: Vassilaki, MMR 1998, 630, 633. 390 Koch, CR 1997, 193, 198. 391 Pelz, ZUM 1998, 530, 533. 392 Moritz, Anm. zu AG München, Urteil v. 28.5.1998 – 8340 Ds 465 Js 173158 / 95, CR 1998, 500, 508. 393 Vgl.: Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 77. 394 Pankoke, Von der Presse- zur Providerhaftung, 2000, S. 101.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
eines Gleichlaufs von Online- und Offlinesachverhalten mithin widersprechen.395 Gänzlich ungeeignet erscheint es darüber hinaus, subjektive Kriterien als Ansatzpunkt zu wählen, da es ansonsten dem Plattformbetreiber überlassen bleibt, ob er etwas gegen sich gelten lassen möchte oder nicht.396 Im Urheberrecht kommt es nicht auf die innere Einstellung des Verletzers an, sondern auf objektive Tatsachen.397 Insgesamt erscheint der Ansatzpunkt der Analogie zur presserechtlichen Verantwortlichkeit zu kurz gesprungen. Einzelne Aspekte sind sicherlich verwertbar, jedoch müssen diese mit weiteren Kriterien „unterfüttert“ werden, um eine tragfähige Lösung – verbunden mit entsprechender Rechts sicherheit – darzustellen. (2) Übertragung der Kriterien der Veranstalterhaftung Mit dem Ziel der Objektivierung der Zurechnung von zu-eigen-gemachten Inhalten lehnt sich Freytag an die vom BGH entwickelte Veranstalterhaftung an.398 Nach der Rechtsprechung des BGH können Veranstalter für die Urheberrechtsverletzungen Dritter haften, wenn sie einen maßgebenden Einfluss auf die Programmgestaltung haben und daraus einen gewerbsmäßigen wirtschaftlichen Nutzen ziehen.399 Auf urheberrechtliche Sachverhalte übertragen bedeutet dies, dass ein Plattformbetreiber jeweils für nutzergenerierte Inhalte haftet, wenn er maßgebenden Einfluss auf die vom Nutzer generierten Inhalte nimmt oder ein wirtschaftliches oder sonstiges Interesse an dem Inhalt hat.400 Aufgrund der weiten Definition des wirtschaftlichen oder sonstigen Interesses an den Inhalten wäre jedoch nahezu jeder Plattformbetreiber umfasst. Insofern überrascht die Kritik nicht, dass einzig der wirtschaftliche Nutzen in einem ersten Schritt als zu weit gefasstes Kriterium angesehen wird.401 Vorteilhaft ist da395 Pankoke, Von der Presse- zur Providerhaftung, 2000, S. 101; Sieber, ZUM 1999, 196, 203. 396 MAH-Leupold, IT-Recht, 3. Aufl. 2013, Teil 2 Rn. 582. 397 Freytag, Haftung im Netz, 1999, S. 173; Freytag, ZUM 1999, 185, 191. 398 Freytag, Haftung im Netz, 1999, S. 173; Freytag, ZUM 1999, 185, 191. 399 BGH, Urteil v. 16.6.1971 – I ZR 120 / 69, GRUR 1972, 141, 142 – Konzertveranstalter; zu Framingsachverhalten: LG München I, Urteil v. 10.1.2007 – 21 O 20028 / 05, MMR 2007, 260, 263; Wandtke / Bullinger-v. Wolff, PraxKo Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 97 Rn. 18. 400 Freytag, Haftung im Netz, 1999, S. 173; Freytag, ZUM 1999, 185, 191. 401 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 78; Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 148 Rn. 297; Spindler, MMR 2004, 440, 441.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 147
gegen, dass eine Rückbesinnung auf den Gleichlauf von Herrschaft über einen Vorgang und Verantwortung erreicht wird; statt auf einen objektiven Empfängerhorizont wird auf den individuellen Beitrag des Plattformbetreibers abgestellt und auch dessen wirtschaftliche Monetarisierung in Bezug genommen.402 Zudem ist dem Ansatz von Freytag zuzugeben, dass er mit einem hohen Maß an Rechtssicherheit verbunden ist, da regelmäßig ein Zu-eigen-Machen vorliegen wird. Allerdings lässt der Ansatz eine grundsätzliche Abwägung der unterschiedlichen Interessenlagen vermissen und rückt das Interesse des Rechteinhabers damit über Gebühr in den Vordergrund. Zudem ist der Begriff der wirtschaftlichen Interessen nicht in ausreichendem Maße definiert, was wiederum bei der Vielzahl von möglichen Sachverhaltsgestaltungen eine Abgrenzung erschwert.403 Nicht zu überzeugen vermag dagegen die Kritik, dass mit dem Kriterium des wirtschaftlichen Nutzens ein Zirkelschluss verbunden sei, da die E-Commerce-Richtlinie für ihre Anwendbarkeit einen solchen vorsieht;404 dass diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden müssen, zeigen nicht zuletzt die Entscheidungen des EuGH in Sachen „Filmspeler“ und „The Pirate Bay“. (3) Bestimmung über technische Parameter Einen gänzlich anderen Ansatz wählt Gabriel, indem er die Unterscheidung streng an den Grundzügen der E-Commerce-Richtlinie und dem entsprechenden technischen Verfahren festmachen möchte.405 Fremde Inhalte halte ein Plattformbetreiber nach diesem Verständnis nur dann bereit, wenn er Dritten lediglich Speicherplatz für ihre eigenen Aktivitäten zur Verfügung stelle und damit eine Rolle technischer, automatischer und passiver Art nicht verlasse.406 Neben der Tatsache, dass der Gesetzgeber bei Einführung des TMG gerade weiterhin die Unterscheidung zwischen eigenen und zu-eigen-gemachten Inhalten in richtlinienkonformer Umsetzung beibehalten wollte, sprechen auch auch: Pankoke, Von der Presse- zur Providerhaftung, 2000, S. 103. Von der Presse- zur Providerhaftung, 2000, S. 103; Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 148 Rn. 298. 404 So aber: Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 78 unter Verweis auf: v. Samson-Himmelstjerna, Haftung von Internetauktionshäusern, 2008, S. 81 Rn. 134; a. A.: Heermann / Ohly-Freytag, Verantwortlichkeit im Netz, 2003, S. 174 f. 405 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 78; Gabriel, Strafrechtliche Verantwortlichkeit für fremde Texte, 2003, S. 328. 406 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 78; Gabriel, Strafrechtliche Verantwortlichkeit für fremde Texte, 2003, S. 328. 402 So
403 Pankoke,
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
teleologische Gründe gegen die von Gabriel geäußerte Ansicht.407 Wie er selbst einräumt spielt die Frage de Zu-eigen-Machens zwar bei der Identifikation der Inhalte keine Rolle, ist sodann aber wieder von Relevanz für die Beurteilung der allgemeinen anspruchsbegründenden Norm.408 Somit könnte zwar ein Zu-eigen-Machen im Sinne des TMG vorliegen, im Rahmen der anspruchbegründenden Norm aber eine Ablehnung von Ansprüchen erfolgen. Dies ist wiederum unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und -einheit als problematisch einzustufen. Zudem verlagert sich die Problematik nur auf die Frage, ob ein Plattformbetreiber eine aktive oder eine rein technische, automatische und passive Rolle einnimmt, was wiederum auslegungsbedürftig ist, wie sich aus den zuletzt ergangenen und bereits besprochenen Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen „Filmspeler“ und „The Pirate Bay“ ergeben hat. (4) Qualifizierte Nähebeziehung als Zurechnungskriterium Namentlich Matthies möchte zur Beurteilung der Frage eines Zu-eigenMachens darauf abstellen, ob zwischen dem Plattformbetreiber und der Information ein zurechnungswürdiges Näheverhältnis besteht.409 Wenn bei einer wertenden Betrachtung die Beziehung des Plattformbetreibers über den gesetzlichen Regelfall der §§ 8 ff. TMG hinausgehe, rechtfertige dies eine Gleichbehandlung von originär eigenen und zu-eigen-gemachten Inhalten.410 Mithin handele es sich um zu-eigen-gemachte Inhalte, wenn der Plattformbetreiber diese bewusst als Ergänzung des eigenen Angebots vorsehe und dementsprechend willentlich in sein eigenes Angebot übernehme.411 Für diese Ansicht spricht zwar ihre Klar- und Einfachheit, ist jedoch aus zweierlei Gründen abzulehnen. Zum einen erschließt sich mangels Trennschärfe nicht, wie sich nach dieser Ansicht eigene und zu-eigen-gemachte Inhalte noch unterscheiden sollen. Wenn ein Anbieter bewusst Inhalte für sein eigenes Angebot übernimmt, dann verändert er den nutzergenerierten Inhalt so weit, dass es sich um eigenen Inhalt handelt. Er muss im schlimmsten Fall sogar davon ausgehen, dass er wegen der Einverleibung eines fremden Inhalts seines eigenen Nutzers von diesem in Anspruch genommen wird, weil er seine Pflichten dem Nutzer gegenüber verletzt hat. 407 Zur
Beibehaltung der Figuer des Zu-eigen-Machens: Abschnitt D. I. 2 c) aa) (2). Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 78; Gabriel, Strafrechtliche Verantwortlichkeit für fremde Texte, 2003, S. 329. 409 Matthies, Providerhaftung für Onlineinhalte, 2004, S. 144. 410 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 84. 411 Roggenkamp, Web 2.0 Plattformen, 2010, S. 204; Matthies, Providerhaftung für Onlineinhalte, 2004, S. 144. 408 Klein,
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 149
Zudem geht die geäußerte Ansicht an der Wirklichkeit von Plattformen vorbei, da sich diese durch automatisierte Uploadvorgänge auszeichnen. Der Plattformbetreiber wird somit regelmäßig überhaupt keine Kenntnis von den Inhalten haben und kann damit diese auch nicht bewusst in sein eigenes Angebot eingliedern bzw. der Vorwurf der bewussten Auswahl wird regelmäßig ins Leere laufen.412 (5) Bestimmung über das Gesamtgepräge des Angebots In Anlehnung an die bereits beschriebene Position des BGH finden sich Stimmen in der Literatur, die bei der Beurteilung der Frage eines Zu-eigenMachens auf ein Gesamtgepräge der Plattform abstellen möchten,413 so dass der Plattformbetreiber aus Sicht eines verständigen Dritten für die entsprechenden Inhalte einstehen will. In Anlehnung an die Kriterien der Rechtsprechung ergibt sich ein entsprechendes Gesamtgepräge dadurch, dass ein Zueigen-Machen aus dem gesamten Inhalt der Plattform ermittelt wird.414 Sofern dieser objektive Schein ein Zu-eigen-Machen suggeriert, muss der Plattformbetreiber diesen Schein wiederum gezielt zerstören.415 Die Schwäche dieser Ansicht liegt allerdings darin begründet, dass ein alles-oder-nichts Prinzip angewandt wird, so dass entweder der gesamte Inhalt der Plattform zu-eigen-gemacht wurde oder keiner. Raum für eine inhaltsbezogene, individuelle Beurteilung verbleibt somit nicht. Die Individualität und Einzelfallgerechtigkeit spricht für die von Klein als Variante vertretene Ansicht.416 Sie vertritt einen kumulativen Ansatz, um im Wege einer Gesamtwürdigung eine Einordnung vorzunehmen. Dabei soll zunächst eine Einordnung auf Grundlage der objektiven Nutzersicht erfolgen, wobei die aus der Rechtsprechung bekannten Kriterien der redaktionellen Vorauswahl, der Seitengestaltung und der Einräumung von Nutzungsrechten eine Rolle spielen sollen.417 Interessant ist dabei insbesondere der Gedanke
auch: Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 84. Web 2.0 Plattformen, 2010, S. 205; Spindler / Schuster-Hofmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 16; jurisPK-Internetrecht-Roggenkamp / Stadler, 5. Aufl. 2017, Kap. 10 Rn. 451 f.; Nieland, NJW 2010, 1494, 1496. 414 Roggenkamp, Web 2.0 Plattformen, 2010, S. 205; Spindler / Schuster-Hofmann, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rn. 16; jurisPK-Internetrecht-Roggenkamp / Stadler, 5. Aufl. 2017, Kap. 10 Rn. 451 f.; Nieland, NJW 2010, 1494, 1496. 415 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, S. 85. 416 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 86 ff. 417 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 87 f. 412 So
413 Roggenkamp,
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
der hohen Relevanz der einheitlichen Seitengestaltung, der im folgenden eigenen Ansatz nochmals zu thematisieren und aufzugreifen sein wird.418 Daneben soll eine wirtschaftliche Zueignung notwendig sein.419 Sofern nach ihrer Ansicht also der Plattformbetreiber einen unmittelbaren finanziellen Vorteil aus dem nutzergenerierten Inhalt zu schlagen vermag und eine Zurechnung auf Grundlage objektiver Kriterien erfolgen kann, ist ein Zu-eigen-Machen anzunehmen. Das Kriterium der Notwendigkeit der Unmittelbarkeit der finanziellen Vorteile geht allerdings nach hier vertretener Ansicht zu weit und kann damit nicht befürwortet werden. Denn realistischerweise erfolgt eine wirtschaftliche Verwertung zumindest auch in großem Maße mittels mittelbarem Vermögenszuwachses durch Werbung. Warum hier eine Privilegierung erfolgen soll, ist nicht verständlich. Nicht ersichtlich ist zudem, worin der Mehrwert dieses Ansatzes gegenüber der Position der Rechtsprechung zu erblicken ist. Auch die Rechtsprechung nimmt eine Gesamtwürdigung der Umstände vor und beurteilt danach ein Zu-eigen-Machen. Lediglich die Anordnung der Kriterien – die Rechtsprechung integriert wirtschaftliche Vorteile gleichrangig innerhalb der Gesamtwürdigung, während Klein diese in einen gesonderten Punkt prüfen möchte – unterscheidet sich geringfügig. Im Ergebnis führen beide Ansichten jedoch – wie auch Klein selbst ausführt – zum gleichen Ergebnis.420 Insofern sind die zu anfangs geäußerten Kritikpunkte zur Ansicht der Rechtsprechung auch hier entsprechend heranzuziehen, so dass auch diese Ansicht aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit sowohl für Plattformbetreiber als auch für Nutzer abzulehnen ist. (6) T äterschaftliche Haftung unter gleichzeitiger Ausdehnung des Notice-and-Takedown-Verfahrens Einen modernen Ansatz, der insbesondere auf eine Vollharmonisierung der Haftung der Plattformbetreiber abstellt und die Kenntnis des jeweiligen Plattformbetreibers in den Vordergrund rücken möchte, vertritt Specht.421 Auch sie erkennt an, dass die Haftung von Plattformbetreibern auszudehnen ist, um Rechteinhabern eine gesicherte Monetarisierung ihrer Werktätigkeit zu ermöglichen. Dennoch gibt sie richtigerweise zu bedenken, dass sich eine Haftungserweiterung an der Maßgabe zu orientieren habe, dass das an sich erwünschte Geschäftsmodell des Plattformbetreibers nicht über Gebühr ge418 Klein,
Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 88. Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 89 f. 420 Spezifisch für die Entscheidung des BGH in Sachen „marions-kochbuch.de“: Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 91. 421 Vgl.: Specht, ZUM 2017, 114. 419 Klein,
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 151
fährdet werden darf und diesem Rechtssicherheit zuteilwerden muss, damit er sein Marktverhalten an fixen Vorgaben ausrichten kann.422 Sie plädiert richtigerweise für die Einführung vorhersehbarer Kriterien für ein Zu-eigen-Machen.423 Gestützt darauf, dass eine Zurechnung von Inhalten aus dem Gesamtzusammenhang, wie dies durch die Rechtsprechung des BGH statuiert wurde, eine erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich bringt, sei die Fixierung von Kriterien notwendig.424 Dabei sieht sie berechtigterweise eine besondere Relevanz für kommerziell handelnde Plattformbetreiber und verfolgt einen modifizierten Ansatz des wirtschaftlichen Zu-eigen-Machens.425 In Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH426 und an die Situation im US-Recht, in dem § 512 (c) (1) (B) DCMA427 den finanziellen Vorteil zum ausschlaggebenden Kriterium erhebt, ist ihrer Ansicht nach der Plattformbetreiber, der mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, als Täter zu behandeln. Insofern ähnelt dieser Ansatz der von Freytag vertretenen Meinung, der ausschließlich auf den wirtschaftlichen Nutzen aus der Informa tionsverbreitung abstellen möchte.428 Unterschiede zu der Meinung von Freytag ergeben sich dagegen daraus, dass Specht auf ein ausgeglichenes Haftungssystem abzielt und somit die Notwendigkeit eines Korrektivs für eine derart weitgehende Haftung erkennt. Sie greift damit proaktiv Bedenken mit Blick auf den zu weit ausgedehnten Täterkreis auf, die bei einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise auftreten.429 Daher stellt sie verstärkt auf das Kenntniserfordernis ab und will dies auch im Rahmen des Zu-eigen-Machens zum entscheidenden Kriterium der Haftung machen: Plattformbetreiber sollten demzufolge nur bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis auf Schadensersatz haften.430 Folgerichtig rückt sie im Anschluss das Notice-and-Takedown-Verfahren in den Vorder422 Specht, ZUM 2017, 114, 119; ähnlich: Hofmann, ZUM 2017, 102, 107, der insoweit den Begriff „Prozeduralisierung“ verwendet. 423 Specht, ZUM 2017, 114, 119. 424 Specht, ZUM 2017, 114, 120. 425 Specht, ZUM 2017, 114, 120. 426 Specht, ZUM 2017, 114, 120 unter Verweis auf: EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1155 Rn. 51 – GS Media; Höflinger, ZUM 2013, 293, 294; Schapiro / Jensen, ZUM 2013, 665, 666. 427 Specht, ZUM 2017, 114, 120; siehe zur Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern nach US-Recht: Holznagel, GRUR Int. 2007, 971. 428 Freytag, Haftung im Netz, 1999, S. 174. 429 Sieber, MMR-Beilage 2 / 1999, 1, der ausführt, dass bei Plattformbetreibern zumindest ein solcher wirtschaftlicher Nutzen stets konstruierbar sein wird. 430 Specht, ZUM 2017, 114, 120 unter Verweis auf: Hofmann, Linking und Fram ing – Ein paar Gedanken aus urheber- und lauterkeitsrechtlicher Sicht in: Specht / Lauber-Rönsberg / Becker, Medienrecht im Medienumbruch, 2016, 137, 140.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
grund.431 Denn aufgrund des Gebots, dass Plattformbetreibern keine proak tiven Prüfpflichten auferlegt werden dürfen, kann eine solche Kenntnis nur dann relevant werden, wenn ein entsprechender Hinweis des Rechteinhabers bereits erfolgt sei.432 Zuzugeben ist diesem Ansatz, dass es nicht mehr zu einer Schlechterstellung von Plattformbetreibern kommt, die eine Vorabprüfung von Inhalten vornehmen, gegenüber solchen, die ausschließlich automatisiert Daten einstellen.433 Solange mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt wird, haften sämtliche Plattformbetreiber unabhängig von ihrer internen Organisation identisch. Problematisch erscheint jedoch, dass der Ansatz – obwohl von der Grundausrichtung begrüßenswert und auch in seiner Argumentation sogleich im folgenden Abschnitt aufgegriffen – die Tatbestandsvoraussetzungen von § 7 TMG mit der Komponente des Zu-eigen-Machens mit der Kenntnisvoraussetzung des § 10 TMG vermischt. Es liegt damit im Ermessen des Rechteinhabers, wann er den Plattformbetreiber zum Täter macht, indem er ihn in Kenntnis von der Rechtsverletzung setzt. Der Plattformbetreiber ist somit zu jeder Zeit Haftungsgefahren ausgesetzt, die er möglicherweise mit entsprechenden Rückstellungen bilanzieller Art absichern muss. Dies dürfte gerade für kleinere Plattformbetreiber finanzielle Probleme mit sich bringen und diesen möglicherweise den Markteintritt erschweren, wenn nicht sogar diesen verhindern. (7) Eigener Ansatz Wie sich bereits aus den vorangestellten Ansätzen ergibt, ist die Frage der Zurechnung von zu-eigen-gemachten Inhalten eine Wertungsfrage.434 Es überrascht nicht, dass sich bislang keine einheitliche und gänzlich überzeugende Meinung herausgebildet hat. Um jedoch dem Plattformbetreiber eine ausreichende Rechtssicherheit zuteilwerden zu lassen – schließlich haftet er schon bei einfacher Fahrlässigkeit nach den allgemeinen Regelungen auf Schadensersatz insbesondere wegen Verletzung von Verwertungsrechten – muss Ziel die Entwicklung eines ausgewogenen Systems sein. Daher sind zunächst die gegenläufigen Interessen der Beteiligten in Art einer praktischen Konkordanz435 in Bezug zu setzen und auszuwerten, um sodann einzelne Kriterien herauszuarbeiten. ähnlichen Ansatz verfolgend: Hofmann, ZUM 2017, 102 ff. Ausgestaltung des Verfahrens: Specht, ZUM 2017, 114, 120. 433 Specht, ZUM 2017, 114, 120 in Anlehnung an den Ansatz des OLG Hamburg, Urteil v. 1.7.2015 – 5 U 87 / 12, MMR 2016, 269, 272 Rn. 156 – Youtube. 434 So auch: Hartmann, Unterlassungsansprüche im Internet, 2009, S. 112; Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 86. 435 Zum Begriff der praktischen Konkordanz: Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, 20. Aufl. 1999, Rn. 72; Kalenborn, JA 2016, 6, 7. 431 Einen 432 Zur
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 153
Dabei ist auf ein Gesamtgepräge des jeweiligen, haftungsrelevanten Inhalts abzustellen, das anhand verschiedener Kriterien zu ermitteln ist. Eine herausgehobene Rolle spielt nach hier vertretener Ansicht insbesondere die wirtschaftliche Zueignung, bzw. der von Specht verwendete, plastische Begriff des wirtschaftlichen Zu-eigen-Machens von Inhalten. Als Ergebnis einer anzustellenden Interessenabwägung ist die Haftung von Plattformbetreibern unter teleologischen Gesichtspunkten zu begrenzen. Dabei ist zuvorderst sicherzustellen, dass neuen Marktteilnehmern nicht durch überhöhte Haftungsanforderungen der Markteintritt versperrt wird. Denn wie sich in den letzten Jahren gezeigt hat, spielen Plattformen in der kulturellen und soziopolitischen Meinungsbildung eine herausragende Rolle. Eine Diversifizierung und die Erweiterung des Angebots trägt in einem besonderen Maße zur Weiterentwicklung in diesen Bereichen bei. Antwort auf diese Herausforderung stellt dabei eine „Kleinstplattformklausel“ dar.436 Sobald der Plattformbetreiber den Anwendungsbereich dieser Privilegierung als Kleinstplattform verlassen hat, soll er zwar im Grundsatz haften, jedoch soll ihn auch dann nicht die volle Härte der Haftung treffen, da die Verletzungshandlung ursprünglich durch eine Dritten angestoßen wurde. Insofern erscheint es zielführend, unter Umständen sogar de lege ferenda, eine Subsidiarität der Haftung von Plattformbetreibern zu statuieren. Der im Folgenden dargestellte Ansatz nimmt sämtliche der bereits dargestellten Vorschläge zur Thematik des Zu-eigen-Machens in Bezug und führt diese auf ein einheitliches, ausgewogenes Haftungssystem zurück. (a) W iderstreitende Interessen der Marktteilnehmer und deren Gewichtung als Ausgangspunkt Eine Lösung der vorliegenden Problematik kann nur unter Wertungsgesichtspunkten unter Berücksichtigung der grundrechtlich relevanten Positionen sämtlicher Beteiligter erfolgen, die bei der Beurteilung unabdingbar ins Gewicht fallen müssen.437 Das einfache Richtlinienrecht ist somit jeweils im Rahmen einer Art praktischen Konkordanz unter Berücksichtigung der betroffenen Grundrechtspositionen auszulegen.438
436 Vgl. zu ähnlichen Konzepten: § 19 Umsatzsteuergesetz, § 2a Abs. 1 Vermögensanlagegesetz. 437 Spindler, Die Störerhaftung im Internet – (k)ein Ende in Sicht? Geklärte und ungeklärte Fragen in: Alexander / Bornkamm / Buchner / Fritzsche / Lettl, FS für Helmut Köhler zum 70. Geburtstag, 2014, 695, 701. 438 EuGH, Urteil v. 24.11.2011 – C-70 / 10, ECLI:EU:C:2012:85 = ZUM 2012, 29 – Sabam; Leistner, ZUM 2012, 722, 723.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Ansatzpunkte hinsichtlich der sich gegenüberstehenden Positionen sind aus der bereits behandelten Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „GS Media“ zu extrahieren. Demnach steht es zu befürchten, dass eine erweiterte Haftung von Plattformbetreibern eine Einschränkung der durch Art. 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union („EU-GrCh“) garantierten Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit der Nutzer nach sich ziehen könnte.439 Mithin kommt es darauf an, dass zwischen der Freiheit der Meinungsäußerung, der Informationsfreiheit und dem Gemeinwohl einerseits und dem Interesse der Urheberrechtsinhaber an einem durch Art. 17 Abs. 2 EU-GrCh garantierten, wirksamen Schutz ihres geistigen Eigentums andererseits, ein Ausgleich hergestellt wird.440 Daneben sind die Interessen des Plattformbetreibers hinsichtlich der Ausgestaltung der eigenen Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen.441 Aus diesem Grund sind die Grundrechtspositionen, einander gegenüber zu stellen, um zu einem ausgewogenen Haftungsregime zu gelangen.442 Dabei sind insbesondere die Problematiken des „Value Gaps“, des „Chilling Effects“ sowie der Unternehmerfreiheit zu gewichten und die entgegengesetzten Interessen abzuwägen.443 Das Ergebnis dieser Abwägung ist sodann dergestalt umzusetzen, dass ein ausgewogenes Gleichgewicht der verschiedenen durch die Gemeinschaftsordnung geschützten Grundrechte erreicht wird, das insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt.444 In der wissenschaftlichen Diskussion nimmt insbesondere die Frage des „Value Gaps“ eine übergeordnete Rolle ein.445 Insofern bedürfte die Begründung eines ausgewogenen Haftungsregimes einer Schließung dieses „Value Gaps“, also der Sicherstellung, dass Urheber und Leistungsschutzberechtigte eine angemessene Vergütung für ihre Werkschöpfungen erhalten.446
439 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 – GS Media. 440 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 – GS Media; BGH, Beschluss v. 23.2.2017 – I ZR 267 / 15, GRUR 2017, 514, 516 Rn. 35 – Cordoba; Hendel, ZUM 2014, 102, 108. 441 EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 – GS Media. 442 EuGH, Urteil v. 24.11.2011 – C-70 / 10, ECLI:EU:C:2012:85 = ZUM 2012, 29 – Sabam; Leistner, ZUM 2012, 722, 723. 443 Vgl. auch: EMGR, Urteil v. 10.1.2013 – 36769 / 08, GRUR 2013, 859 – Ashby Donald. 444 EuGH, Urteil v. 29.1.2008 – C-275 / 06, ECLI:EU:C:2008:54 = ZUM 2008, 288, 295 – Promusicae; Leistner, ZUM 2012, 722, 723. 445 Vergleiche hierzu nur den Tagungsbericht zur Arbeitssitzung „Vergütungsgerechtigkeit auf Online-Plattformen“, Pech, ZUM 2017, 320 ff.; Grünberger, ZUM 2017, 265 ff.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 155
Um allerdings der Gefahr zu entgehen, dass durch dieses Haftungsregime in das Geschäftsmodell der Plattformbetreiber über Gebühr eingegriffen wird und damit deren grundrechtlich geschützte unternehmerische Freiheit tangiert wird, darf nicht nur die Schließung des „Value Gaps“ Ziel der Entwicklung des entsprechenden Haftungsmodells sein. Vielmehr sind auch deren Interessen zu wahren. 446
Sofern die Interessen der Plattformbetreiber nicht ausreichend berücksichtigt werden und diese sich daher gezwungen sehen, aus Gründen der Vorsicht vermehrt Inhalte zu sperren, so ist mit einem „Chilling Effect“ zu rechnen, also einer vermehrten Entfernung von grundsätzlich unschädlichen Inhalten.447 Dies wiederum würde die grundrechtlich geschützte Position der Öffentlichkeit auf freie Meinungsäußerung tangieren448 und ist ebenfalls zu vermeiden, um so den Spagat zwischen effektivem Rechtsschutz und dem Interesse der Verfügbarkeit für die Öffentlichkeit zu meistern.449 Aus den vorangestellten Parametern ergibt sich die Notwendigkeit, die Haftung der Plattformbetreiber auszudehnen, gleichzeitig aber deren Geschäftsmodell zu schützen. Beide Ziele lassen sich dadurch erreichen, dass auf der einen Seite die Inanspruchnahme dem Grunde nach erleichtert wird, dem Plattformbetreiber aber auf der anderen Seite seiner eigenen Verantwortlichkeit entsprechende Schutzmechanismen zuteilwerden. (b) Widerlegliche Vermutungsregelung Auch der hier vertretene Ansatz möchte bei einer kriterienbasierten Einordnung des Zu-eigen-Machens verbleiben, dabei jedoch den Gedanken der wirtschaftlichen Zueignung im Hinblick auf Inhalte Dritter verstärkt in den Vordergrund rücken. Primärer Ansatzpunkt der Zurechnung von Inhalten muss stets die wirtschaftliche Zueignung, also die Frage, ob sich der Plattformbetreiber die fremden Inhalte wirtschaftlich zugeeignet hat, sein. Sofern dies der Fall ist, wird ein Zu-eigen-Machen widerleglich vermutet. Dabei reiht sich diese Herangehensweise der primären Auflösung der Problematik über eine Vermutungsregelung nicht zuletzt in die Rechtsprechung des BGH zu vergleichbaren urheberrechtlichen Sachverhalten ein. So wurde in den bereits angesprochenen Urteilen des EuGH in der Rechtssache „GS 446 Zum Begriff des „Value Gaps“ siehe: Scheufele, ZUM 2017, 316, 318; kritisch hinsichtlich des Vorliegens eines „Value Gaps“: Conrad, ZUM 2017, 289, 300; Nolte, ZUM 2017, 304, 305, 308. 447 Hofmann, ZUM 2017, 102, 105. 448 Zur grundsätzlichen Frage der Meinungsäußerung durch Medien: EMGR, Urteil v. 10.1.2013 – 36769 / 08, GRUR 2013, 859 – Ashby Donald. 449 Hofmann, ZUM 2017, 102, 106.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Media“450 bzw. des BGH in Sachen „Vorschaubilder III“451 als Fortführung der Rechtsprechung des EuGH eine Vermutung dahingehend angestellt, dass der „gewerblich“ Verlinkende von der fehlenden Zustimmung des Berechtigten wisse. Außerdem soll im Rahmen der Haftung beim Filesharing über einen Familienanschluss nunmehr nach höchstrichterlich bestätigten Grundsätzen auf eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers zurückgegriffen werden.452 Zudem finden sich Fälle der Beweislastumkehr mittels Vermutungsregelungen an verschiedensten Stellen, beispielsweise hinsichtlich des Verbrauchsgüterkaufs in § 477 BGB, der Annahme als Erfüllung in § 363 BGB und der nun in § 630h BGB normierten Arzthaftung entsprechend der richterrechtlichen Rechtsfortbildung. (aa) Vermutung aus der wirtschaftlichen Zueignung Nach der hier vertretenen Ansicht kommt der wirtschaftlichen Zueignung fremder Inhalte, die durch Nutzer bereitgestellt werden, eine exponierte Stellung zu, um die täterschaftliche Haftung von Plattformbetreibern zu begründen.453 Denn aufgrund der wirtschaftlichen Zueignung ergibt sich für Plattformbetreiber die Möglichkeit der Steigerung von Umsätzen und häufig da raus folgend wiederum Profit, der die Marktposition der jeweiligen Plattform zu verbessern vermag.454 Häufig wird diese verbesserte Marktposition dadurch erreicht, dass die auf der Plattform verfügbaren Inhalte von großem Interesse für die Allgemeinheit sind und somit über die Grenze der Banalität hinausgehen und damit im Regelfall auch als Werkschöpfung anzusehen sind, wovon der Plattformbetreiber profitiert.455 Anders als Specht, die zwar andeutet auch andere Kriterien in ihre Bewertung einfließen lassen zu wollen, jedoch primär auf die wirtschaftliche Zueignung abstellt456 und Klein,457 die die wirtschaftliche Zueignung als Ele450 Vgl.
hierzu Abschnitt C. II. 6. Urteil v. 21.9.2017 – I ZR 11 / 16, BeckRS 2017, 126380 Rn. 60 – Vorschaubilder III. 452 BGH, Urteil v. 30.3.2017 – I ZR 19 / 16, NJW 2018, 65 Rn. 14 – Loud; Schaub, NJW 2018, 17. 453 Dies deckt sich mit einer der zuletzt zum Thema Hyperlinks ergangenen Entscheidung des EuGH, in der der Gerichtshof höhere Verantwortlichkeiten für Plattformbetreiber statuiert hat, die mit Gewinnerzielungsabsicht handeln, vgl: EuGH, Urteil v. 8.9.2016 – C-160 / 15, ECLI:EU:C:2016:644 = GRUR 2016, 1152, 1154 – GS Media. 454 In ähnliche Richtung argumentierend: Lausen, ZUM 2017, 278, 287. 455 Lausen, ZUM 2017, 278, 287. 456 Vgl. Specht, ZUM 2017, 114, 119. 457 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 90. 451 BGH,
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 157
ment einer kumulativen Bewertung ansieht, erscheint es sachgerecht, aus der wirtschaftlichen Zueignung mittels einer gesetzlichen Vermutung auf ein Zu-eigen-Machen zu schließen. Aufgrund dieser Vermutungsregelung wird bei einer wirtschaftlichen Zueignung widerleglich vermutet, dass ein Zu-eigen-Machen des Plattformbetreibers vorliegt. Dabei bringt die Lösung über die beschriebene Vermutung nicht nur den rechtstheoretischen Ansatzpunkt der erleichterten Rechtsdurchsetzung mit sich, sondern vermittelt ein taug liches Bindeglied zwischen materiellem Urheberrecht und Prozessrecht. Fraglich ist allerdings in diesem Zusammenhang wie der Begriff der wirtschaftlichen Zueignung zu verstehen ist. Auszugehen ist dabei von der Prämisse, dass der Plattformbetreiber jeweils einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Einbindung der Nutzerinhalte ziehen muss.458 Dabei ist die wirtschaftliche Ausgestaltung der gängigen Plattformen zu betrachten, die zumeist kostenlos für Nutzer sind, jedoch aufgrund von entsprechenden Werbeeinnahmen profitabel arbeiten können. Vor diesem Hintergrund ist unter wirtschaftlicher Zueignung jeder zumindest mittelbare, wirtschaftliche Vorteil zu verstehen, der dem Plattformbetreiber zufließt.459 Eine wirtschaftliche Zueignung sollte immer dann vorliegen, wenn die Inhalte kostenpflichtig zur Verfügung gestellt werden, diese mit Werbung verbunden werden oder auf sonstige Weise Erträge oder finanzielle Vorteile aus der Nutzung des Dritten herrühren.460 Denn wenn man, wie Klein dies tun möchte, mittelbare wirtschaftliche Vorteile unberücksichtigt lassen möchte, so wird man regelmäßig zu keiner Haftung des Plattformbetreibers kommen.461 Soweit hierbei Bedenken geäußert werden, dass durch ein derart weite Definition der wirtschaftlichen Zueignung die Haftungsschwelle über Gebühr herabgesetzt wird, wird verkannt, dass sich aus der wirtschaftlichen Zueignung nur eine Vermutung ergibt.462 Der Plattformbetreiber ist in der Lage, diese zu widerlegen.
458 Roggenkamp, Anm. zu BGH, Urteil v. 12.11.2009 – I ZR 166 / 07, K&R 2010, 499,501 – marions-kochbuch.de. 459 So auch Specht, die den Plattformbetreiber auch als Täter in Anspruch nehmen möchte, sobald „er Fremdinhalte an Werbeanbieter verkaufen möchte“, vgl.: Specht, ZUM 2017, 114, 119; a. A. Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 90. 460 Ähnlich: Lausen, ZUM 2017, 278, 288, der die Thematik generell jedoch an dem Begriff der öffentlichen Zugänglichmachung verorten möchte und für eine Änderung des § 19a UrhG plädiert. 461 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 90. 462 Kritisch: Spindler, MMR 2004, 440, 441; Ott, GRUR Int. 2008, 563, 569.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
(bb) Objektivierte Kriterien des Zu-eigen-Machens / Widerlegung der Vermutung Wie bereits eingangs angedeutet, soll aber nicht lediglich auf die wirtschaftliche Zueignung abgestellt werden. Diese soll vielmehr nur eine Indizwirkung in Form einer gesetzlichen Vermutung entfalten; entscheidendes weiteres Kriterium ist, ob auch unter objektivierten Gesichtspunkten die Vermutung des Zu-eigen-Machens aufgrund der wirtschaftlichen Zueignung Bestand hat. Dies bedeutet, dass es dem Plattformbetreiber möglich sein muss, die Vermutung des Zu-eigen-Machens zu widerlegen, indem er nachweist, dass er objektiv nicht den Bereich der technisch, passiven Rolle verlassen hat. Systematisch entspricht dies wiederum den üblichen Regeln, dass eine Vermutungsregelung durch den Beweis des Gegenteils außer Kraft gesetzt werden kann, wobei hier verschiedene Kriterien vorgegeben werden.463 Entsprechend der oben dargestellten Rechtsprechung ist dabei aus der Sicht eines objektiven Nutzers zu beurteilen, ob sich der nutzergenerierte Inhalt als eigener Inhalt des Plattformbetreibers darstellt. Dafür sind das Geschäftsmodell und die damit einhergehenden Abläufe bei der Plattformgestaltung aus dem Blickwinkel eben dieses Durchschnittsnutzers zu bewerten.464 Nach hier vertretener Ansicht stellt allerdings die redaktionelle Kontrolle, anders als in der Rechtsprechung, kein taugliches Kriterium dar; vielmehr ist lediglich auf die einheitliche Gestaltung der Plattform abzustellen, so dass die Identität des Nutzer in den Hintergrund tritt, und auf die Übertragung von Nutzungsrechten an den jeweiligen Inhalten durch den Plattformbetreiber. (α) Ungeeignetheit der redaktionellen Kontrolle als Kriterium
Obwohl von der Rechtsprechung als ein entscheidendes Kriterium für ein Zu-eigen-Machen ins Felde geführt, erscheint die Notwendigkeit einer redaktionellen Kontrolle als Kriterium für ein Zu-eigen-Machen als zu hoch angesetzte Hürde.465 Denn durch die Vornahme der Kontrolle und damit auch die Entscheidung, welche Inhalte denn nun genau auf der Plattform des Betreibers auftauchen, trifft der Plattformbetreiber eine eigene Entscheidung. Zudem muss eine Vorabkontrolle nicht zwingend der redaktionellen Bearbeitung dienen, sondern kann auch aus sonstigen, urheberrechtsfremden Gründen 463 Vgl. die verallgemeinerungsfähigen Ausführungen zu § 891 BGB: MüKo BGB-Kohler, 7. Aufl. 2017, § 891 Rn. 14. 464 So auch die Rechtsprechung des BGH, vgl. insofern Abschnitt D. III. 4. c) aa). 465 Ähnlich: Ludyga, ZUM 2016, 1013, 1017, der die redaktionelle Kontrolle als schwaches Indiz einstuft.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 159
vorgenommen werden.466 Dies kann sogar so weit gehen, dass die Inhalte des Nutzers derart verfälscht oder verändert werden, dass nicht einmal dieser sich in der Veröffentlichung wiederfindet. In den Kategorien fremde und eigene Inhalte nach Maßgabe des TMG denkend, kann sich der Inhalt im Ex tremfall sogar als fremder Inhalt für den Nutzer darstellen, da dieser so stark verändert wurde.467 Vor diesem Hintergrund erscheint es nach hier vertretener Auffassung bei der redaktionellen Kontrolle als derart einschneidende Maßnahme richtiger – sofern selbstverständlich auch die sonstigen Voraussetzungen vorliegen – derartig veröffentlichte Inhalte nicht mehr als zu-eigen-gemachte, sondern vielmehr als primär eigene im Sinne des § 7 TMG einzustufen und somit in direkter Anwendung der allgemeinen Vorschriften zu einer Eigenhaftung des Plattformbetreibers zu kommen. Der Plattformbetreiber geriert sich als Herr des Inhaltes und soll dementsprechend auch für diesen Inhalt haften. (β) Seitengestaltung
Ein taugliches Abgrenzungskriterium stellt dagegen die Gestaltung der jeweiligen Plattform dar. Denn im Regelfall wird hierdurch ein einheitliches Branding bewirkt, so dass der jeweilige Durchschnittsnutzer auf den ersten Blick nur den Inhalt wahrnimmt und diesen mit der Plattform assoziiert, bevor man im zweiten Schritt unter Umständen den Nutzer hinter dem Angebot identifiziert.468 Zwar wird hierzu vertreten, dass dies nicht ausreichend sei, da es einer einheitlichen Seitengestaltung bedarf, um eine gewisse Benutzerfreundlichkeit überhaupt erst herzustellen.469 Insofern sei es unschädlich, wenn eine Einordnung nach Themenschwerpunkten oder auch Optimierung der Auffindbarkeit einzelner Dateien erfolge.470 Dabei wird allerdings übersehen, dass vielfach eine Optimierung nicht mehr überwiegend zur erleichterten Auffindbarkeit oder zur Steigerung der Nutzerfreundlichkeit erfolgt, sondern vielmehr um entsprechende Werbematerialien besser zu platzieren. Das Nutzerverhalten wird dabei analysiert, so 466 Holznagel, Notice and Take-Down-Verfahren als Teil der Providerhaftung, 2013, S. 100. 467 Ähnlich argumentierenden für den Linksetzer: Leistner, ZUM 2016, 580, 582. 468 Vgl.: Ludyga, ZUM 2016, 1013, 1017. 469 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 88 unter Verweis auf: Spindler, Anm. zu OLG Köln, Urteil v. 28.5.2002 – 15 U 221 / 01, MMR 2002, 549, 550 – Steffi Graf; Sobola / Kohl, CR 2005, 443, 445; Spindler, MMR 2004, 440, 442. 470 Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 88; Ebersbach / Glaser / Heigl, Social Web, 3. Aufl. 2016, S. 120 f.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
dass auf Grundlage dieser Analyse und auf Basis eines Algorithmus gezielt Inhalte geschaltet werden können.471 Dieses gezielte Schalten von Inhalten auf Grundlage eines Algorithmus kann als technisches Einarbeiten gewertet werden und somit im Sinne der „Autocomplete“-Entscheidung des BGH eine Zurechnung begründen.472 Geht man nunmehr wieder auf den Ausgangspunkt der Überlegungen zurück, dass der Gesamteindruck aus Empfängersicht entscheidend ist, so ergibt sich, dass eine einheitliche Gestaltung, insbesondere durchmischt mit primär eigenen (Werbe-)Inhalten, den Anschein der fehlenden Distanzierung zu den Inhalten erwecken vermag. Für eine Zurechnung unter diesem Gesichtspunkt ist es ausreichend, wenn zum einen eine klare Struktur durch den Plattformbetreiber vorgegeben wird, die der jeweilige Nutzer auch nur bedingt beeinflussen kann, zum anderen aber auch keine klare und unmissverständliche Offenlegung des jeweiligen Nutzers erfolgt, sondern vielmehr noch das Emblem der Plattform an prominenter Stelle auftaucht. (γ) Einräumung von Nutzungsrechten
Zentrales Kriterium für eine Zuordnung von Inhalten als zu-eigen-gemacht nach objektiven Kriterien ist die Einräumung von Nutzungsrechten.473 Denn durch die Einräumung exklusiver oder umfassender Nutzungsrechte rückt der Plattformbetreiber in die Position eines Quasi-Rechteinhabers ein, dem damit eine gewisse Dispositionsbefugnis zufällt.474 Da sich der Nutzer insoweit der Nutzungsrechte begeben hat, ist er nicht mehr in der Position zu bestimmen, was mit den entsprechenden Inhalten geschehen soll, sondern vielmehr der Plattformbetreiber.475 Der Plattformbetreiber kann sich allerdings nicht auf der einen Seite Nutzungsrechte an Inhalten einräumen lassen und diese ggf. ausschöpfen, sich auf der anderen Seite dann aber im Falle einer Inanspruchnahme auf den Standpunkt stellen, dass er mit der Verletzungshandlung nichts zu tun habe. Denn wer die Früchte aus etwas ziehen möchte, sollte auch andererseits die Lasten tragen müssen, die sich daraus ergeben können, wenn er sich Nutzungsrechte an geschützten Rechten einräumen lässt und diese sogar verwertet. Dies bedingt im Einklang mit der oben dargestellten Rechtsprechung, im Ergebnis auch: Hohlweck, ZUM 2017, 109, 113. Urteil v. 14.5.2013 – VI ZR 269 / 12, BGHZ 197, 213 = MMR 2013, 535, 536 – Autocomplete; MAH-Lotze / Heinson, Gewerblicher Rechtsschutz, 5. Aufl. 2017, § 30 Rn. 142. 473 So auch: Klein, Haftung von Social-Sharing-Plattformen, 2012, S. 88. 474 Freytag, GRUR-Prax 2010, 355, 357. 475 Freytag, GRUR-Prax 2010, 355, 357. 471 So
472 BGH,
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 161
dass aus dem Blickwinkel eines verständigen Durchschnittsnutzers zumindest der (latente) Eindruck entsteht, der Plattformbetreiber möchte entsprechende Inhalte selbst nutzen und sich deswegen ein Zu-eigen-Machen für die negativen Folgen entgegenhalten lassen muss. (cc) Zwischenergebnis Nach dem hier vorgeschlagenen Ansatz wird die wirtschaftliche Zueignung in den Vordergrund gestellt. Aus dieser soll sich im Rahmen einer Vermutungsregelung eine Annahme eines Zu-eigen-Machens ergeben. Dem Plattformbetreiber steht es jedoch offen, diesen Anschein wiederum zu widerlegen, indem er anhand objektivierter Kriterien darlegt, dass ein Zueigen-Machen trotz entsprechender wirtschaftlicher Zueignung durch zumindest mittelbar wirtschaftliche Vorteile nicht vorliegt. Dies kann dem Plattformbetreiber aber nur insoweit gelingen, als ein verständiger Dritter nicht auch objektiv ein Zu-eigen-Machen annehmen muss. Dies ist dann der Fall, wenn der Plattformbetreiber die Seitengestaltung vorgibt und sich zum anderen umfassende Nutzungsrechte einräumen lässt. (dd) T eleologisch indizierte Begrenzung der „Vollhaftung“ von Plattformbetreibern Mit dem vertretenen Ansatz wird die Haftung des Plattformbetreibers bewusst ausgedehnt, um eine Rechtsverfolgung zu erleichtern. Zudem ist mit der Vermutung eines Zu-eigen-Machens folgend aus der wirtschaftlichen Zueignung eine erleichterte Beweislage für den Rechteinhaber verbunden. Dies erscheint sachgerecht, da der Rechteinhaber zumeist keinen Einblick in den Geschäftsbetrieb des Plattformbetreibers hat und somit notwendige Informationen über die Geltendmachung eines entsprechenden Auskunftsanspruches erlangen müsste. Diese erleichterte Inanspruchnahme darf allerdings nicht dazu führen, dass das erwünschte Geschäftsmodell von Plattformbetreibern zu einem unbeherrschbaren Risikogeschäft gewandelt wird. Der Plattformbetreiber muss bis zu einem gewissen Maß privilegiert werden, um so weiterhin Triebfeder des sozialen Austausches und der Weiterentwicklung zu sein. (α) Kleinstplattformklausel als Innovationsschutzmechanismus
Im Zusammenhang mit der Erweiterung der Haftung von Plattformbetreibern wird kritisch angeführt, dass eine Verschärfung der Haftung ein Hemm-
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
schuh für die Entwicklung von neuen Plattformen wäre.476 Wären die nunmehr wirtschaftlich erstarkten Plattformen wie Facebook, Instagram und YouTube, um nur einige beispielhaft zu nennen, nicht auf ein recht liberales rechtliches Umfeld bei ihrer Entstehung getroffen, so wäre ihre Entwicklung wohl nicht in dieser Art und Weise möglich gewesen.477 Um derartige Entwicklungen auch zukünftig zu ermöglichen, ist eine Kleinstplattformklausel vorzusehen, die eine haftungsbefreiende Wirkung im Hinblick auf Schadensersatzforderungen statuiert, wenn eine Plattform weniger als zwei Millionen registrierte Nutzer und einen jährlichen Umsatz von weniger als eine Million Euro hat. Diese ist mithin als integraler Bestandteil der gesetzgeberischen Aktivitäten vorzusehen. Im Rahmen der Schaffung des neuen NetzDG hat schon der deutsche Gesetzgeber den für kleine Plattformen schwer zu bewältigenden Herausforderung, die sich aus etwaigen Prüfpflichten ergeben können, Beachtung geschenkt und mit § 1 Abs. 2 eine Grenze von mehr als zwei Millionen registrierten Nutzern vorgesehen, bis entsprechende Pflichten aus dem Gesetz greifen. Richtigerweise wird dies damit begründet, „dass kleinere soziale Netzwerke von aufwändigen Prüfpflichten befreit werden sollen“.478 Nach zu begrüßender Ansicht des Gesetzgebers können die umfassenden gesetzlichen Anforderungen nur von sozialen Netzwerken mit entsprechenden Ressourcen und Kapazitäten bewältigt werden.479 Zudem ist die Gefahr der Perpetuierung von Rechtsverletzungen bei Plattformen mit geringerer Reichweite vermindert, da nicht ein derart großes Publikum erreicht wird.480 Die gleichen Erwägungen greifen im Falle von Urheberrechtsverletzungen, so dass dieser Richtwert ebenfalls für den Bereich des Urheberrechts nach hier vertretener Ansicht zur Anwendung kommen soll. Der Gesetzgeber hat jedoch die Tatsache verkannt, dass auch kleine Plattformen bei entsprechend florierendem Geschäftsmodell im Stande sind, die notwendigen Ressourcen und Kapazitäten vorzuhalten, um Rechtsverstößen vorzubeugen bzw. diese zu bewältigen. Dem Grundgedanken entsprechend, dass zwar auf der einen Seite kleinere Plattformen vor einer Inanspruchnahme geschützt, wirtschaftlich potente Plattformen jedoch auf der anderen Seite in die Verantwortung genommen werden sollen, ist somit auch eine umsatzbasierte Komponente im Rahmen der Kleinstplattformklausel vorzusehen.481 476 Vgl.
nicht zuletzt: Amtliche Begründung, BT-Drs. 18 / 12356, S. 12. NJW 2017, 1450. 478 Amtliche Begründung, BT-Drs. 18 / 12356, S. 19. 479 Amtliche Begründung, BT-Drs. 18 / 12356, S. 19. 480 Amtliche Begründung, BT-Drs. 18 / 12356, S. 19. 481 Auch an finanziellen Kennzahlen möchte sich Ohly orientieren. Er plädiert jedoch in diesem Zusammenhang für eine flexible Berechnung des Schadensersatzan477 Eifert,
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 163
Nach der hier vertretenen Ansicht darf der Plattformbetreiber nur in den Anwendungsbereich einer etwaigen Kleinstplattformklausel fallen, wenn er auch einen geringeren Umsatz als eine Million Euro im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftet hat. Mit ähnlicher Argumentation werden kleinere Unternehmen auch in anderen Rechtsgebieten entlastet. Im Steuerrecht ist hierbei insbesondere die sog. Kleinstunternehmerklausel nach § 19 UstG zu nennen, wonach keine Umsatzsteuer bei Unterschreiten von gewissen Umsatzschwellen erhoben wird.482 Obwohl die Sonderregelung zum Teil der Verwaltungsvereinfachung dient, bringt dies auch eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit derartiger Unternehmen mit sich.483 Um nicht in die Problematik zu kommen, im Zeitpunkt der Verletzungs situation jeweils feststellen zu müssen, ob die Plattform gerade dann in den Anwendungsbereich der Kleinstplattformklausel fällt, sind die entsprechenden Kennziffern jeweils für das kommende Geschäftsjahr verbindlich, auch wenn unterjährig beispielsweise die Nutzerzahl über die Schwelle von zwei Millionen steigen sollte. Aufgrund der Ähnlichkeit der Sachverhalte kann dabei auf die Erfahrungswerte der bewährten Kleinstunternehmererleichterung aus dem Steuerrecht zurückgegriffen werden.484 Dies bedeutet, dass jeweils für das kommende Geschäftsjahr eine fortwährende Anwendbarkeit der Kleinstplattformklausel vorgegeben wird. Eine unterjährige Anpassungsnotwendigkeit soll hierdurch vermieden werden. Zudem soll die Kleinstplattformklausel stets nur dann greifen, wenn die entsprechenden Schwellenwerte noch nie überschritten wurden; sollte dagegen einmalig die Privilegierung durch Überschreitung der entsprechenden Schwellenwerte nicht mehr greifen, so soll dies dauerhaft für die Zukunft gelten. Betriebswirtschaftliche Probleme oder schwindende Nutzerzahlen gehen in diesen Fällen zu Lasten des Plattformbetreibers. Fällt der Plattformbetreiber in den Anwendungsbereich der Kleinstplattformklausel, ist seine Haftung auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt eines Zu-eigen-Machens von Inhalten ausgeschlossen. Nicht befreit ist er dagegen von den Verpflichtungen, die sich aus der Verletzung von Verkehrsspruches, der anhand des Gewinnes zu errechnen ist, vgl: Ohly, ZUM 2015, 308, 316. Jedoch würde damit der dem deutschen Recht innewohnende Gedanke der Natural restitution nicht ausreichend berücksichtigt. 482 Bunjes-Korn, Umsatzsteuergesetz, 16. Aufl. 2017, § 19 Rn. 1 ff. 483 Sölch / Ringleb-Schüler-Täsch, Umsatzsteuergesetz, 81. EL Oktober 2017, § 19 UstG Rn. 1 ff. 484 § 19 UStG sieht eine Befreiung von der Umsatzsteuer für solche Unternehmen vor, die im vergangenen Jahr bestimmte Umsatzschwellen nicht überschritten haben. Verfahrensrechtliche Fragen können daher im Hinblick auf den Umsatz hieraus gewonnen werden; vgl. zur Kleinstunternehmerregelung: Sölch / Ringleb-Schüler-Täsch, Umsatzsteuergesetz, 81. EL Oktober 2017, § 19 UstG Rn. 1 ff.
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
pflichten ergeben, also zunächst Löschung und Sperrung von verletzendem Inhalt nebst präventiver Verhinderung gleichgelagerter Verletzungshandlungen.485 Auch scheint es dann gerechtfertigt, dass der Kleinstplattformbetreiber nach entsprechender Kenntnis auch auf Schadensersatz haftet, wenn er nicht unmittelbar auf einen entsprechenden Hinweis reagiert. Denn die Kostenlast zur Identifikation von verletzenden Inhalten trägt hier zunächst der Rechteinhaber; er geht in Vorleistung und muss sich auch bei Kleinstplattformen darauf verlassen können, dass alle Möglichkeiten zur Verhinderung weiterer Rechtsverletzungen ausgeschöpft werden. Um verfahrenstechnisch abzusichern, dass nicht dennoch eine Inanspruchnahme auf Schadenersatz erfolgt, ist eine verbindliche Feststellung durch staatliche Stellen notwendig, sofern der Plattformbetreiber für das relevante Geschäftsjahr in den Anwendungsbereich der Kleinstplattformklausel fällt. Zielführend erscheint es hierbei, dass der Plattformbetreiber zum Ende eines Jahres die Kennzahlen zum 31.12. des abgelaufenen Geschäftsjahres gegenüber der überwachenden Landesmedienanstalt offenlegt. Dieser steht sodann eine Prüf- und Befreiungskompetenz zu. Nach erfolgter Prüfung erteilt diese die entsprechende Befreiung, die sodann in das Impressum der jeweiligen Plattform aufgenommen werden kann. Dies ermöglicht dem jeweiligen Rechteinhaber durch eine einfache Recherche festzustellen, ob der Plattformbetreiber jeweils in den Anwendungsbereich der Kleinstplattformklausel fällt. (β) Subsidiäre Haftung des Plattformbetreibers
Durch den hier vorgeschlagenen Lösungsweg ergibt sich für den Rechteinhaber im Grundsatz die Möglichkeit, sowohl den Plattformbetreiber als auch den erstverletzenden Nutzer in Anspruch zu nehmen. Es kommt somit zu einer Schuldnermehrheit. Eine solche Personenmehrheit auf Schuldnerseite ist von Gesetzes wegen nicht ausgeschlossen. Vielmehr sehen die §§ 420 ff. BGB Teil- und Gesamtschuldnerschaft für derartige Konstellationen vor.486 Im Rahmen der Teilschuldnerschaft ist jeder Schuldner lediglich in Höhe seines Anteils zur Leistung verpflichtet.487 Zwingende Voraussetzung ist jedoch, dass die entsprechend zu erbringende Leistung auch teilbar ist.488 Weitaus häufiger dagegen kommt eine Gesamtschuld zur Anwendung, da regelmäßig keine Teilbarkeit einer Leistung gegeben ist.489 Im Falle einer 485 Vgl.
Abschnitt D. III. 4. a). Einführung in das Bürgerliche Recht, 5. Aufl. 2016, S. 191; Joussen, Schuldrecht I – AT, 3. Aufl. 2015, Rn. 1370. 487 Looschelder, Schuldrecht AT, 13. Aufl. 2015, Rn. 1271. 488 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, 41. Aufl. 2017, § 36 Rn. 1. 489 Brox / Walker, Allgemeines Schuldrecht, 41. Aufl. 2017, § 37 Rn. 1. 486 Reich,
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 165
Gesamtschuld kann von jedem Schuldner die volle Leistung verlangt werden; der in Anspruch genommene Schuldner ist auf einen internen Ausgleich verwiesen.490 Trotz der generellen gesetzgeberischen Wertung lediglich zwischen Teilund Gesamtschuld zu unterscheiden, sind beide Formen der Schuldnerschaft im vorliegenden Sonderfall der Haftung eines Plattformbetreibers nicht zielführend. Denn es erscheint sachgerecht, Nutzer und Plattformbetreiber nicht auf gleichgelagerter Ebene haften zu lassen, sondern vielmehr ihrer Verantwortlichkeit entsprechend nach Verursachungsbeiträgen. Dabei ist insbesondere beachtlich, dass es zu einer Rechtsverletzung gar nicht gekommen wäre, hätte der Nutzer als Veranlasser nicht den entsprechenden Inhalt erstellt. Auch wenn der Plattformbetreiber von seiner wirtschaftlichen Konstitution her in der Lage wäre, entsprechende Ausgleichszahlungen vorzunehmen, darf nicht verkannt werden, dass es sich jeweils um die Haftung für nutzergenerierte Inhalte handelt. Mithin wird der erste Schritt hin zur Rechtsverletzung durch den Nutzer getätigt und nicht durch den Plattformbetreiber.491 Folglich sollen Nutzer und Plattformbetreiber nicht als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden können. Aufgrund der unterschiedlichen Beiträge von Nutzer und Plattformbetreiber sprechen auf den ersten Blick gute Argumente für eine Teilschuldnerschaft. Allerdings würde damit eine Teilbarkeit der Leistung angenommen werden, die an der Rechtsrealität vorbeigeht. Die genaue Festlegung von Verursachungsbeiträgen und die Ermittlung der jeweiligen Verursachungsbeiträge würde in der praktischen Anwendung zu Problemen führen, wodurch die Rechtsdurchsetzung des Rechteinhabers mehr erschwert denn erleichtert werden würde. Im Ergebnis wäre er jeweils verpflichtet, sowohl den Plattformbetreiber als auch den Nutzer in Anspruch zu nehmen, was nicht zuletzt auch unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie negativ zu bewerten ist. Dennoch soll der Plattformbetreiber nicht gänzlich aus der Haftung entlassen werden. Denn schlussendlich besteht zwischen diesem und seinem Nutzer ein gewisses Näheverhältnis, da der Plattformbetreiber den Nutzer zur Nutzung der eigenen Plattform – wenn auch unter Umständen im Rahmen eines automatisierten Verfahrens – zugelassen hat. Der Plattformbetreiber kann vielmehr qua gesetzlicher Regelung nur subsidiär auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.492 490 Looschelder,
Schuldrecht AT, 13. Aufl. 2015, Rn. 1276. auch: Grünberger, ZUM 2017, 361, 369. 492 In ähnlicher Form: BeckOGK-Specht, Stand: 1.2.2018, § 823 BGB Rn. 1423; Nolte / Wimmers, GRUR 2014, 16, 27; Holznagel, GRUR Int. 2010, 654, 662 f.; Loschelder / Dörre, WRP 2010, 822, 824 f. 491 So
166
D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Diese subsidiäre Haftung soll nur dann greifen, wenn der Nutzer, der den Inhalt veröffentlicht hat, aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, weil er sich beispielsweise nicht oder unter Angabe von falschen Daten registriert hat, nicht in Anspruch genommen werden kann. Insbesondere ist hierbei an die Fälle zu denken, in denen der Nutzer aufgrund technischer Besonder heiten nicht zu ermitteln ist und somit auch nicht gegen ihn vorgegangen werden kann; dies soll auch für die Problematik des sog. „fliegenden Ge richtsstands“493 gelten. Sofern weder gegen den Plattformbetreiber noch gegen den Erstverletzer ein Auskunftsanspruch494 geltend gemacht werden kann, ist zudem ebenfalls eine direkte Inanspruchnahme des Plattformbetreibers möglich, da der mögliche Erstverletzer in diesem Fall nicht ermittelbar ist; die subsidiäre Haftung erstarkt dann unmittelbar zu einem Direktanspruch gegen den Plattformbetreiber.495 All dies entstammt dem grundsätzlichen Gedanken, dass sich hierdurch potenzielle Rechtsschutzlücken im System schließen lassen.496 Nicht unter rechtliche oder tatsächliche Hindernisse für eine Inanspruchnahme soll dagegen die Vermögenslosigkeit des Nutzers fallen. Einem Rechteinhaber kann es weiterhin zugemutet werden, dass er auch gegen einen vermögenslosen Erstverletzer vorgehen muss, selbst wenn dies bedeutet, dass er seinen Titel möglicherweise nicht oder nur zum Teil vollstrecken kann oder sich ggf. auf Ratenzahlungen verweisen lassen muss. Dies entspricht dem allgemeinen Lebensrisiko, dass man sich seinen Verletzer nicht „aussuchen“, sondern nur bei entsprechender wirtschaftlicher Ausstattung auch seinen Schaden liquidieren kann. Auch prozessuale Gründe sprechen hierfür: Sollte die Vermögenslosigkeit als Kriterium herangezogen werden können, könnte mit entsprechender Argumentation ein Verletzer im Wege der Drittwiderspruchsklage den Rechteinhaber auf den Plattformbetreiber verweisen. Ein titulierter Anspruch könnte dann ggf. nicht durchgesetzt werden. Offen steht es dem Plattformbetreiber selbstverständlich im Rahmen des rechtlich Möglichen – insbesondere unter Gesichtspunkten des Datenschutzes – den Rechteinhaber zu unterstützen, um so eine rechtliche oder tatsächliche Erreichbarkeit des Verletzers herzustellen. Dabei widerspricht eine derartige Herangehensweise und eine Offenlegung der Daten gegenüber dem Plattformbetreiber nicht § 13 Abs. 6 TMG. Dieser sieht zwar vor, dass 493 Zum Begriff: Hilgert / Greth, Urheberrechtsverletzungen im Internet, 1. Aufl. 2014, S. 280 Rn. 1029 ff. 494 Zum Auskunftsanspruch und den Problemen bei dessen Durchsetzung zusammenfassend: Ladeur, NJW 2010, 2702. 495 In ähnlicher Art und Weise argumentierend für den Sonderfall von Meinungsforen: BeckOGK-Specht, Stand: 1.2.2018, § 823 BGB Rn. 1423. 496 Leistner, GRUR-Beil. 2010, 1, 31; Köhler, GRUR 2008, 1, 4.
III. Ansatzpunkte für eine alternative Verantwortlichkeit 167
ein Dienstanbieter die anonyme und pseudonyme Nutzung von Telemedien ermöglichen muss, und zwar sowohl gegenüber anderen Nutzern als auch gegenüber der Plattform selbst.497 Da jedoch die Norm nur die Nutzungshandlung mit in den Befreiungstatbestand aufnehmen möchte, beinhaltet die Regelung des § 13 Abs. 6 TMG keine Notwendigkeit, den Vertragsschluss und die Registrierung anonym oder unter einem Pseudonym zu ermöglichen.498 Nur so kann sichergestellt werden, dass eine entsprechende Rechtsverfolgung überhaupt erst ermöglicht wird. Unter verfahrenstechnischen Gesichtspunkten kann hierbei der Gedankengang von Specht aufgegriffen werden, die für eine Ausdehnung des Notice-and-Takedown-Verfahrens und dessen Anlehnung an das amerikanische Pendant plädiert.499 Entsprechend diesem Ansatz sollte das Verfahren um die Möglichkeit der Counter-Notice erweitert werden, also die Möglichkeit des Erstverletzers für einen Verbleib von vermeintlich rechtsverletzenden Inhalten zu sorgen.500 Eine solche Counter-notice wäre allerdings nur dann als wirksam zu behandeln, wenn der Verletzer im Rahmen dessen seine vollständigen Klardaten angibt und den Plattformbetreiber für den Fall der erfolgreichen Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs von seinen datenschutzrechtlichen Pflichten befreit. Sofern der Plattformbetreiber nicht zur Herausgabe der Klardaten berechtigt ist, kann er diese aber im Rahmen eines etwaigen Regressverfahrens nutzen. Sicherlich ist diesem Lösungsansatz die Problematik immanent, dass er in gewisser Weise mit tradierten rechtlichen Gegebenheiten bricht, da der Grundsatz der subsidiären Haftung im deutschen Recht nur im Einzelfall zur Anwendung kommt.501 Insofern könnte dieser Ansatz als dogmatisch problembehaftet bewertet werden.502 Schneider bringt vor, dass das deutsche Recht keine Subsidiarität der Verantwortlichkeit kennt, vielmehr ein uneingeschränktes Nebeneinander der Haftung des mittelbaren und unmittelbaren 497 Spindler / Schuster-Spindler / Nink, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 13 Rn. 22; Schnabel / Freund, CR 2010, 718, 720. 498 Spindler / Schuster-Spindler / Nink, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 13 Rn. 22; a.A: Caspar, ZRP 2015, 233, 234. 499 Specht, ZUM 2017 114, 120 f. 500 Vgl. hierzu: Wenske, Die Rolle der Internet-Service-Provider im deutschen und US-amerikanischen Recht, 2016, S. 333; Holznagel, Notice and Take-Down-Verfahren als Teil der Providerhaftung, 2013, S. 55; Specht, ZUM 2017 114, 121; so zum Äußerungsrecht und einem etwaigen Restoreanspruch: LG Berlin, Beschluss v. 23.3.2018 – 31 O 21 / 18, abrufbar unter: www.juris.de / perma?d=JURE180006250, zuletzt abgerufen am 21.6.2018. 501 Holznagel, GRUR Int. 2010, 654, 662. 502 Schneider, Vom Störer zum Täter, 2012, S. 224 unter Verweis auf: Rössel / Kruse, CR 2008, 35, 37.
168
D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
Verletzers anerkannt ist.503 Sie übersieht dabei, dass es wohl in Ausnahmefällen eine Subsidiarität der Verantwortlichkeiten de lege lata beispielsweise im Bürgschaftsrecht gibt.504 Zudem führt sie selbst in richtiger Art und Weise auf, dass unter prozessualen Gesichtspunkten ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers entfallen kann, wenn der unmittelbare Verletzer ohne Weiteres in Anspruch genommen werden kann.505 Beide Beispiele zeigen, dass die These, dass das deutsche Recht keine Subsidiarität kennt, nicht haltbar ist. Dies haben nicht zuletzt auch die jeweiligen Entscheidungen in Verfahren des OLG Köln506 und des OLG Schleswig507 gezeigt, die beide -rekurrierende auf die Entscheidung des BGH in Sachen „Goldesel“508 – eine Subsidiarität der Haftung des Plattformbetreibers angenommen und diesen nur in Anspruch nehmen möchten, wenn ein Vorgehen gegen den verletzenden Nutzer nicht erfolgreich war. Auch unter Berücksichtigung der genannten Bedenken stellt eine Subsidiarität der Haftung ein wesentliches Element dar, um unter Abwägung der verschiedenen Interessen zu einer angemessenen Lösung der Haftungsproblematik zu gelangen. (ee) Gesamtschau des entwickelten Lösungsansatzes Nach Abwägung der verschiedenen Positionen der Beteiligten und unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Interessen eben dieser ist die Haftung von Plattformbetreibern über die Rechtsfigur des wirtschaftlichen Zu-eigen-Machens entsprechend des in diesem Abschnitt dargestellten Vorschlags auszudehnen. Dabei soll in einem ersten Schritt aus der wirtschaftlichen Zueignung die Vermutung eines Zu-eigen-Machens folgen; dem Plattformbetreiber steht es jedoch offen, den Beweis des Gegenteils zu erbringen, indem er nachweist, weder die Seitengestaltung vorgegeben noch sich Nutzungsrechte an den jeweiligen eingeräumt haben zu lassen. Um kleineren Plattformen den Markteintritt nicht zu erschweren, soll dieses strenge Haftungsregime jedoch nur dann greifen, wenn die vorgeschlagene Kleinstplattformregelung nicht zur Anwendung kommt, mithin die Plattform mehr als zwei Millionen registrierte Nutzer hat und der Umsatz des 503 Schneider,
Vom Störer zum Täter, 2012, S. 225. GRUR Int. 2010, 654, 662. 505 BGH, Urteil v. 15.1.1957 – I ZR 56 / 55, GRUR 1957, 352, 354 – Taeschner (Pertusin II); Schneider, Vom Störer zum Täter, 2012, S. 225. 506 OLG Köln, Urteil v. 10.8.2017 – 15 U 188 / 16, abrufbar unter: http: / / csp. de / de / kanzlei / rechtsprechung / olg-k %C3 %B6ln-urteil-vom-10082017-az-15-u-18816google-treffer, zuletzt abgerufen am: 12.4.2018. 507 OLG Schleswig, Beschluss v. 3.7.2017 – 9 U 30 / 17, MMR 2018, 249, 250. 508 BGH, Urteil v. 26.11.2015 – I ZR 174 / 14, NJW 2016, 794 Ls. 2 – Goldesel. 504 Holznagel,
IV. Zu-Eigen-Machen als Lösungsansatz für Hyperlinks und Frames? 169
vergangenen Geschäftsjahrs den Wert von einer Million Euro überstiegen hat. Da erst der Nutzer durch sein Einstellen auf der Plattform den Weg zur Rechtsverletzung geebnet hat, soll der Plattformbetreiber nur dann und subsidiär haften, wenn der einstellende Nutzer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht zu erreichen ist. Hierunter fallen allerdings nicht die Fälle des wirtschaftlichen Unvermögens des Nutzers. 5. Zwischenergebnis Auch wenn viele Alternativen zur Bewältigung der Problematik einer erweiterten Verantwortlichkeit gegenwärtig diskutiert werden, hat bislang keiner der beschrittenen Wege überzeugt. Nach hier vertretener Ansicht ist der Weg über ein Zu-eigen-Machen von Inhalten zu beschreiten, der, wie im eigenen Ansatz beschrieben, die verschiedenen Positionen der Marktteilnehmer in Einklang bringt. Dabei ist auf ein Gesamtgepräge des jeweiligen, haftungsrelevanten Inhalts abzustellen, das anhand verschiedener Kriterien zu ermitteln ist. Eine herausgehobene Rolle spielt nach hier vertretener Ansicht insbesondere die wirtschaftliche Zueignung, die eine widerlegliche Vermutung des Zu-Eigen-Machens bedingt. Haftungsbegrenzende Funktion kommen dagegen einer gesetzlich statuierten Kleinstplattformregelung und einer Subsidiarität der Haftung des Plattformbetreibers zu.
IV. Die Figur des Zu-Eigen-Machens als allgemeinverbindlicher Lösungsansatz für Hyperlinks und Frames? Abschließend ist zu prüfen, ob obiges Haftungsregime des Zu-eigen-Machens aufgrund seiner Spezifika lediglich individualisiert auf nutzergenierte Framingsachverhalte anwendbar ist oder eine generelle Anwendbarkeit auf sämtliche Sachverhalte aus dem Bereich Linking und Framing durch Nutzer zu befürworten ist. Im Unterschied zum regulären Hyperlink, der auf eine andere Internetpräsenz verweist, wird bei einem Frame der Inhalt in die eigene Internetpräsenz des Nutzers auf der Plattform integriert. Folge ist, dass für den konsumierenden Nutzer direkt auf der Plattform des Plattformbetreibers Inhalte vorgehalten werden, die er direkt ohne Zwischenschritt oder Weiterleitung nutzen kann. Nimmt man als Referenzpunkt die Sicht eines verständigen Drittnutzers, ähnelt das Gesamtbild des Angebots bei einem Frame einer Situation, in der der Inhalt originär vom Nutzer auf der Plattform in Form eines Uploads angeboten wird und somit kein weiterer Akteur
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
in Form einer Drittwebseite in den Vorgang involviert ist.509 Dies könnte möglicherweise eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen Für eine Gleichbehandlung von Links und Frames spricht allerdings zunächst die Entwicklung der Rechtsprechung des BGH und EuGH. Beide Gerichte sehen die Notwendigkeit der Ansetzung der gleichen Maßstäbe im Falle der Frage der öffentlichen Wiedergabe durch einen Nutzer. So befürworten beide Gericht, dass der Setzer eines rechtsverletzenden Frames oder eine Links unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Wiedergabe in Anspruch genommen werden kann. Da die Haftung des Plattformbetreibers von dieser Primärhaftung des Verletzers in (quasi-akzessorischer) Weise abhängig ist, ließe sich vertreten, dass auch der Plattformbetreiber für einen gesetzten Frame und für einen Hyperlink gleichermaßen haften muss, damit es nicht zu Haftungsfriktionen oder gar widersprüchlichen Ergebnissen kommen kann.510 Mit einer derartigen Gleichbehandlung würde jedoch verkannt, dass bei Nutzung der Framingtechnologie ein Inhalt in die Interpräsenz des Nutzers eingebunden wird. Der Durschnittsnutzer kann häufig nicht mehr erkennen, dass sich der dargestellte Inhalt nicht auf dem Server des Plattformbetreibers befindet, sondern vielmehr auf einem Drittserver. Dies umso mehr, da der Inhalt ohne eigenen Beitrag des konsumierenden Nutzers, der die Webseite lediglich besucht, wiedergegeben; einen Verursachungsbeitrag durch das Anklicken des Links bedarf es nicht. Es kommt somit zu einer „automatisierten“ Rechtsverletzung, da der Inhalt ohne Zwischenschritt einem neuen Publikum zugänglich gemacht werden kann. Ein Frame führt damit ohne Verweisung und ohne Entfaltung einer Tätigkeit des konsumierenden Nutzers regelmäßig zur Aufwertung des vorgehaltenen Angebots der Plattform,511 obwohl der Plattformbetreiber weder Rechteinhaber an besagtem Inhalt wird noch Kosten für diese Aufwertung. Da aber der konsumierende Nutzer jeweils auf der Nutzerseite der Plattform, die das Setzen eines Frames ermöglicht hat, verbleibt, kommt es – ohne finanziellen Aufwand des Plattformbetreibers – zu einer erhöhten Konsumentenaufmerksamkeit. Mithin kann der Plattformbetreiber sich während der Inhaltswiedergabe, insbesondere auch unter zeitlichen Gesichtspunkten, den Inhalt beispielsweise durch personalisierte Werbung wirtschaftlich zueignen, während bei regulären Hyperlinks eine Weiterleitung auf eine andere Webseite erfolgt, auf der der Betreiber dieser Internetpräsenz die Verfügungsmacht über die 509 So auch: Schneider, Framing – ein fehlender Rechtsrahmen in der Informa tionsgesellschaft in: Specht / Lauber-Rönsberg / Becker, Medienrecht im Medienumbruch, 2016, 149. 510 A. A. wohl: Paschke / Berlit / Meyer-Schmücker, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 3. Aufl. 2016, S. 1409 Rn. 57. 511 Ott, ZUM 2008, 556, 560.
V. Ergebnis171
Inhalte hat und somit dank der sodann dort entstehenden Aufmerksamkeit des konsumierenden Nutzers eigene Werbung schalten kann. Eine Monetarisierung würde bei Hyperlinks damit regelmäßig auf der Webseite stattfinden, auf die der Link verweist. Essentieller Unterschied ist zudem, dass nur bei einem Frame von Seiten des Plattformbetreibers Vorgaben hinsichtlich der Einbettung in den Gesamtauftritt der Webseite vorgegeben werden können. Ein Hyperlink, der durch einen Nutzer auf der Plattform hinterlegt wird, besteht zumeist nur aus einer vollständigen Internetadresse, die angeklickt werden muss, um zu dem Inhalt zu gelangen. Eine Vorgabe seitens des Plattformbetreibers erfolgt hier also nicht. Im Ergebnis rechtfertigen die aufgezeigten Unterschiede eine differenzierte Behandlung von Frames und Links, so dass nur für Frames ein Zu-eigenMachen nach vorstehenden Grundsätzen in Ansatz zu bringen ist. Für reguläre Hyperlinks erscheint die Figur des Zu-eigen-Machens nach Maßgabe des hier vertretenen Ansatzes nur in seltenen Ausnahmefällen anwendbar. Dies jedoch nur dann, wenn trotz der Verweisung auf eine Internetpräsenz mittels Hyperlink ein überdurchschnittlich hohes Maß an Aufmerksamkeit auf der Internetpräsenz des Plattformbetreibers, auf dessen Webseite der Hyperlink hinterlegt ist. Die Lösung bei Hyperlinks wird vermutlich über ein einheit liches Haftungsregime unter Berücksichtigung der Verletzung von Verkehrspflichten zu suchen sein.
V. Ergebnis: Erweiterte Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern für von Nutzern gesetzte Frames Im Ergebnis ist das Festhalten an der Störerhaftung durch den BGH im Bereich des Urheberrechts generell und im Besonderen im Hinblick auf Framingsachverhalte nicht mehr zielführend. Vielmehr erscheint es richtig und stringent, Verletzungen durch Plattformbetreiber auf ein täterschaftliches Haftungsregime zurückzuführen. Dabei ist eine täterschaftliche Haftung auf Grundlage entsprechender Verkehrspflichten anzunehmen, die, wenn die Privilegierung nach § 10 TMG nicht greift, auch in eine Schadensersatzhaftung übergehen kann. Dem Plattformbetreiber dürfen in diesem Fall keine weitergehende Erleichterungen wie im Falle des Zu-eigen-Machens zugutekommen, da ihm jeweils die Möglichkeit bleibt, ab dem Zeitpunkt der Kenntnis einen rechtstreuen Zustand durch Entfernen des verletzenden Inhalts herzustellen. Da die Figur des Zu-eigen-Machens regelmäßig nicht für reguläre Hyperlinks zur Anwendung kommen wird, wird sich eine Verantwortlichkeit in diesen Fällen regelmäßig unter diesem Gesichtspunkt ergeben. Dies liegt darin begründet, dass nur bei Framingsachverhalten die Aufmerksamkeit des Nutzers in ausreichendem, insbesondere zeitlichem Ausmaß auf der Internet-
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D. Die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern
präsenz der Plattform verbleibt, um eine Monetarisierung zu ermöglichen; bei Hyperlinks erfolgt dagegen eine Verweisung auf eine andere Internet präsenz, so dass sich die Aufmerksamkeit des konsumierenden Nutzers auf dieser Webseite bündelt. Für die hier untersuchten Framingsachverhalte wird daher vorrangig ein Zu-eigen-Machen von Inhalten anzunehmen sein. Ein Zu-eigen-Machen wird für Plattformbetreiber, deren Tätigkeit auf das Erwirtschaften von Erträgen ausgerichtet ist, bei Framingsachverhalten im Regelfall im Rahmen einer widerleglichen Vermutung aufgrund der wirtschaftlichen Zueignung von Inhalten zu bejahen sein, so dass eine Haftung nach den allgemeinen Grundsätzen für den Plattformbetreiber greift. Widerlegen kann der Plattformbetreiber diese Vermutung, indem er nachweist, dass er weder eine einheitliche Seitengestaltung vorgibt noch eine Einräumung von Nutzungsrechten an den von Nutzern generierten Inhalten verlangt. Um die Haftungsrisiken der Plattformbetreiber jedoch in einem wirtschaftlich zumutbaren Maß zu halten, sollen diesen Erleichterungen in Form einer nutzer- und umsatzorientierten, haftungsausschließenden Kleinstplattform- sowie einer haftungsverlagernden Subsidiaritätsklausel, aufgrund derer der Plattformbetreiber nur dann haftet, wenn der Nutzer als Erstverletzer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht in Anspruch genommen werden kann, zuteilwerden. Dies bewirkt einen ausgewogenen Interessensausgleich zwischen Rechteinhabern, Plattformbetreibern und Öffentlichkeit. Aufgrund struktureller Schwächen wissen dagegen die Ansätze der Begründung einer erweiterten Verantwortlichkeit der Plattformbetreiber als Bereicherungsschuldner oder als Teilnehmer nicht zu überzeugen. Letzteres wäre zudem nach der hier vertretenen Ausdehnung der täterschaftlichen Haftung kein tauglicher Ansatz, da ein Täter nicht zugleich Teilnehmer hinsichtlich der gleichen Rechtsverletzung sein kann. Auch die Ausdehnung des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe scheint mehr von dem Ziel der Aus dehnung der Haftung determiniert als von dogmatischen Überlegungen. Da hierdurch Vorfeldhandlungen in den Bereich der Täterschaft miteinbezogen würden, ist auch dieser Ansatz nicht uneingeschränkt geeignet. Zu begrüßen sind zwar auch im Grundsatz die Bestrebungen des europäischen Gesetzgebers hin zu einer vermehrten Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern. Jedoch erscheinen die gewählten Mittel mit einer präventiven Kontrolle und einer sich daran anschließenden Pflicht zum Abschluss von Lizenzverträgen nicht zielführend. Bei genauer Betrachtung ist der vorliegende, generalistische Richtlinienentwurf nicht mit den bisher bestehenden Regelungen in Einklang zu bringen und hinterlässt Schutzlücken, die es auszufüllen gilt. Eine Einzelfallregelung über ein Zu-eigen-Machen in vorgeschlagener Art und Weise erscheint hier angemessener und effizienter.
E. Zusammenfassende Darstellung und Ergebnis Zu untersuchen war die These, ob die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern bei einem durch einen Nutzer gesetzten Frame rechtswidrig ins Internet gelangter Inhalte im Grundsatz auszudehnen ist, um die verschieden ausgestalteten Interessen von Rechteinhabern, Öffentlichkeit und Plattformbetreibern im Rahmen eines ausgewogenen Haftungssystems in Einklang zu bringen. Diese These hat sich bestätigt und führt zu einer Ausdehnung der täterschaftlichen Verantwortlichkeit im Rahmen eines Zu-eigen-Machens von Inhalten, die durch Nutzer mittels der Framingtechnologie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, gepaart mit einer Auffangregelung der täterschaftlichen Haftung bei der Verletzung von Verkehrspflichten. Im Rahmen der Untersuchung wurden die verschieden gelagerten Interessen von Rechteinhabern, Öffentlichkeit und Plattformbetreibern als Ausgangspunkt der Überlegungen in Bezug zueinander gesetzt, um so ein ausgewogenes Haftungskonstrukt auszuarbeiten. Im Ergebnis folgt einer Grundrechtsabwägung in einem ersten Schritt im Falle einer wirtschaftlichen Zueignung die widerlegliche Vermutung eines Zu-eigen-Machens der entsprechenden Inhalte. Widerlegen lässt sich diese Vermutung durch den Plattformbetreiber, indem er nachweist, weder die Seitengestaltung vorgegeben noch sich Nutzungsrechte an den jeweiligen Inhalten eingeräumt haben zu lassen. Diese Orientierung an wirtschaftlichen Parametern mittels einer Vermutungsregelung entspricht nicht zuletzt auch der Linie der Rechtsprechung im Hinblick auf die Verantwortlichkeit bei Links und Frames. Unabhängig von der Einordnung als reiner Link oder als Frame geht der EuGH nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass in beiden Fällen eine öffentliche Zugänglichmachung erfolgt, wenn rechtswidrig ins Internet gelangte Inhalte verlinkt oder geframt werden. Insbesondere bei einem mit Gewinnerzielungsabsicht Handelnden wird eine Kenntnis der Rechtswidrigkeit vermutet, die zu einer erleichterten Möglichkeit der Inanspruchnahme führt. Um kleineren Plattformen den Markteintritt nicht zu erschweren, soll dieses strenge Haftungsregime jedoch nur dann greifen, wenn eine „Kleinstplattformregelung“ nicht zur Anwendung kommt. Sofern die Plattform weniger als zwei Millionen registrierte Nutzer hat und der Umsatz des vergangenen Geschäftsjahrs nicht den Wert von einer Million Euro überstiegen hat, sollte ein gesetzlich verankerter Haftungsausschluss im Hinblick auf etwaige
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E. Zusammenfassende Darstellung und Ergebnis
Schadensersatzansprüche greifen. Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung sollen dagegen durch diese Regelung unberührt bleiben. Um darüber hinaus nicht unberücksichtigt zu lassen, dass erst der Nutzer durch sein Einstellen auf der Plattform den Weg zur Rechtsverletzung geebnet hat, sollte der Plattformbetreiber nur dann haften, wenn der einstellende Nutzer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht zu erreichen ist. Sie greift allerdings nicht in Fällen des wirtschaftlichen Unvermögens des Nutzers. Begründet wird damit eine subsidiäre Haftung des Plattformbetreibers. Durch die vorgeschlagene Herangehensweise wird zum einen sichergestellt, dass kleineren Plattformen der Marktzutritt nicht erschwert oder gar verhindert und das Geschäftsmodell von Plattformbetreibern nicht generell gefährdet wird. Da Plattformbetreiber folglich nicht über Gebühr aufgrund von Haftungsbedenken zur Entfernung von Inhalten gezwungen werden, kann das Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf diesem Wege ausreichend berücksichtigt werden. Nicht zuletzt wird den Rechteinhabern durch dieses ausgewogene, an den betroffenen Grundrechten orientierte Haftungskonstrukt die Durchsetzung ihrer Ansprüche erleichtert. Dem hohen Schutzniveau für Rechteinhaber, welches durch die InfoSoc-Richtlinie und die Durchsetzungsrichtlinie statuiert wird, kann damit Rechnung getragen werden. Eine Implementierung dieses Haftungssystems sollte dabei im Rahmen entsprechender gesetzgeberische Maßnahme dadurch Berücksichtigung finden, dass die hier untersuchten Framingsachverhalte zumindest im Rahmen der Erwägungsgründe auf europäischer und im Rahmen der Gesetzesbegründung auf nationaler Ebene bei zukünftigen Gesetzesvorhaben besondere Berücksichtigung finden. Nur so kann dem Rechtsanwender die Verletzungsintensität von Framingsachverhalten in ausreichendem Maße vor Auge geführt werden. Zudem eröffnet sich dem Gesetzgeber hierdurch die Möglichkeit, für Framingsachverhalte dezidiert bereits im Gesetzgebungsverfahren ein ausreichendes Schutzniveau zu statuieren. Aufgrund der unterschiedlichen Eingriffsqualität sollte obiges Konstrukt allerdings nur für Framingsachverhalte und nicht für reguläre Hyperlinks gelten, obwohl in beiden Fällen Inhalte durch einen Drittanbieter fremdgehostet werden. Denn die wirtschaftliche Zueignung erfolgt bei Frames auf der Ausgangsseite während bei regulären Hyperlinks eine Monetarisierung durch den Plattformbetreiber der Webseite, auf die der Hyperlink verweist, beispielsweise durch entsprechende Werbeschaltung vorgenommen werden kann. Durch einen Frame, bei dem Inhalte unmittelbar durch Nutzer auf der Seite des eigenen Plattformbetreibers gezeigt werden, entsteht nicht zuletzt durch die erhöhte Verweildauer eine gesteigerte Aufmerksamkeit des konsumierenden Nutzers für das Angebot des Plattformbetreibers. Diese erhöhte Aufmerksamkeit kann nur bei einem Frame in dieser Art und Weise durch
I. Haftungsregime bezüglich des Setzers eines Frames175
den Plattformbetreiber im Rahmen des wirtschaftlichen Zu-eigen-Machens gewinnbringend nutzbar gemacht werden, weil er bei einem Link den konsumierenden Nutzer an den Betreiber der verlinkten Website „verliert“. Um zu dem obigen Ergebnis zu gelangen, war zunächst die Frage zu beleuchten, wie sich die Haftung bei Links und insbesondere Frames für den jeweils Setzenden darstellt. Denn nur bei einer Verantwortlichkeit unter diesem Gesichtspunkt kann ein Plattformbetreiber in Anspruch genommen werden. Auch er haftet ggf. nach den allgemeinen Vorschriften, mithin insbesondere nach § 97 UrhG aufgrund der Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG. Im Folgenden war sodann die Frage zu beantworten, ob die von Seiten des BGH weiterhin zur Anwendung gebrachte Störerhaftung unter Berücksichtigung sämtlicher Interessen der Beteiligten, also Rechteinhabern, Öffentlichkeit und Plattformbetreibern, weiterhin ein ausgewogenes System der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen insbesondere mit Blick auf die Schlagworte „Value Gap“ und „Chilling Effect“ mit sich bringt. Dabei war der status quo vergleichend mit der Möglichkeit einer Verantwortlichkeit nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen sowie einer Haftung unter dem Gesichtspunkt von Täterschaft und Teilnahme gegenüber zu stellen. Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung werden im Folgenden zusammengefasst und im Einzelnen in der gebotenen Länge noch einmal dargestellt.
I. Haftungsregime bezüglich des Setzers eines Frames Im Ergebnis lässt sich das Haftungsregime für den einzelnen Nutzer, der Frames mit urheberrechtsverletzenden Inhalten setzt, vereinfacht mit der Arbeitshypothese „wer mit Gewinnerzielungsabsicht urheberrechtsverletzende Inhalte framed, haftet“ beschreiben. Dies gilt freilich nicht für rechtmäßig zugänglich gemachte Inhalte, solange dabei beschränkende Maßnahmen nicht umgangen werden. Ausgangspunkt der Beurteilung ist dabei jeweils der Begriff der öffentlichen Wiedergabe, wobei dieser grundsätzlich in die Tatbestandsmerkmale Wiedergabe und Öffentlichkeit zu unterteilen ist. Hinzu kommt eine individuell wertende, typologische Einordnung anhand einer Vielzahl von Kriterien, insbesondere einer etwaigen Gewinnerzielungsabsicht. Der Begriff der Wiedergabe ist aufgrund des intendierten hohen Schutzniveaus weit zu verstehen. Einem Empfänger muss durch den Framesetzer in voller Kenntnis – unabhängig vom technischen Verfahren – ein Zugang zum geschützten Werk verschafft werden, den dieser ohne ein entsprechendes Tätigwerden nicht hätte. Der Begriff der Öffentlichkeit setzt dagegen bei einer unbestimmten
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E. Zusammenfassende Darstellung und Ergebnis
Zahl potentieller Adressaten, die gleichzeitig und nacheinander Zugang zu dem Werk haben, an. Daneben muss das geschützte Werk entweder unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder für ein neues Publikum, d. h. eines an das der Rechteinhaber bei seiner Erstveröffentlichung nicht gedacht hat, wiedergegeben werden. Hinsichtlich der Prüfpflichten, ob ein Inhalt urheberrechtswidrig ins Internet gelangt ist, ist zwischen Personen mit und ohne Gewinnerzielungsabsicht abzustufen, wobei mittelbare Gewinne ausreichen. In einem abgestuften Verantwortlichkeitssystem wird eine Kenntnis der Rechtswidrigkeit bei dem mit Gewinnerzielungsabsicht Handelnden widerleglich vermutet, während bei anderen Personen der Rechteinhaber diese Kenntnis nachweisen muss. Dies bedingt eine Einzelfallgerechtigkeit unter Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Leistungsfähigkeit, die die widerstreitenden Interessen von Urhebern, Nutzern und Anbietern in Einklang bringt. Gerade die Tatsache, dass die Verantwortlichkeit der Identifikation von verletzenden Inhalten zumindest teilweise auf diejenigen übertragen wird, die sich diese durch eine Verlinkung wirtschaftlich einverleiben, erscheint gerechtfertigt. Dies umso mehr, als die erweiterte Verantwortlichkeit selbstverständlich die Erfüllung sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen – auch unter subjektiven Gesichtspunkten – der entsprechenden haftungsausfüllenden Normen, insbesondere § 97 UrhG, voraussetzt. Dieser Ansicht steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass der Inhalt jederzeit durch ein Vorgehen gegen den Uploader vollständig entfernbar ist. Dem Begriff der öffentlichen Wiedergabe wohnt kein Zeitelement inne, so dass schon bei kürzesten Zeitspannen die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.
II. Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern Die Störerhaftung des BGH im Bereich des Urheberrechts generell und im Besonderen im Hinblick auf Framingsachverhalte ist aufzugeben. Es erscheint richtig und stringent, Verletzungen durch Plattformbetreiber auf eine täterschaftliche Verantwortlichkeit zurückzuführen. Diesen Erkenntnissen liegen folgende Erwägungen zu Grunde: 1. Ablehnung des Richtlinienentwurfs Digitaler Binnenmarkt Der Richtlinienentwurf Digitaler Binnenmarkt bringt keine zielführenden Entwicklungen hinsichtlich der erweiterten Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern mit sich. Zwar überzeugen eine flächendeckende Lizensierungs-
II. Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern177
verpflichtung gepaart mit einem vereinheitlichten Verfahren durch eine gewisse Einfachheit. Der angedachte Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags kollidiert jedoch mit den Haftungsprivilegierungen der E-Commerce-Richtlinie und ist dogmatisch fehlerhaft begründet. Durch die Forderung des Einsatzes von technischen Vorfeldmaßnahmen, die sich in dogmatisch fragwürdiger Art und Weise aus einer Nichtanwendbarkeit der Haftungsprivilegierung abhängig von der jeweiligen Kenntnis des Plattformbetreibers aus Art. 14 E-Commerce-Richtlinie ergeben sollen, würden dem Plattformbetreiber proaktive Prüfpflichten auferlegt werden. Dogmatisch würde eine Nichtanwendbarkeit der Haftungsprivilegierung aus Art. 14 E-Commerce-Richtlinie nicht zu einer Nutzung von Vorfeldmaßnahmen führen, sondern vielmehr zur Haftung nach den allgemeinen Vorschriften und damit auch potentiell zu Schadensersatzansprüchen. Schlussendlich würden die Haftungsprivilegierungen zugunsten von Plattformbetreibern unterminiert. In letzter Konsequenz würde diese proaktive Prüfpflicht und die vermeintliche Nichtanwendbarkeit der der Haftungsprivilegierung aus Art. 14 E-Commerce-Richtlinie eine Abschaffung der entsprechenden Vorschriften aus der E-Commerce-Richtlinie nach sich ziehen müssen. Auch die Pflicht zum Abschluss von Lizenzvereinbarungen ist unter teleologischen Gesichtspunkten problembehaftet. Kleineren, neu entstehenden Plattformen wird der Marktzutritt ungleich erschwert, da sie unmittelbar nach Aufnahme ihrer Tätigkeit in den Lizensierungsprozess einsteigen müssen. 2. Keine Problembewältigung über bereicherungsrechtliche Grundsätze Der Plattformbetreiber kann nicht als Bereicherungsschuldner in Anspruch genommen werden, da er nicht unentgeltlich als zwingendes Tatbestandsmerkmal des Anspruchs aus § 816 Abs. 1 S. 2 BGB in den Genuss eines rechtlichen Vorteils gelangt und Ansprüche aus § 812 BGB nicht in Betracht kommen. 3. Plattformbetreiber weder Anstifter noch Hilfeleistender Der Plattformbetreiber kann nicht als Anstifter nach Maßgabe von § 830 Abs. 2 BGB in Anspruch genommen werden. Hierzu fehlt es an einem Hervorrufen eines Tatentschlusses, da durch das Bereitstellen einer Anreizsituation keine hierfür notwendige kommunikative Beeinflussung vorliegt.
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E. Zusammenfassende Darstellung und Ergebnis
Zwar kommt dem Grunde nach eine Verantwortlichkeit unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe durch Unterlassen in Betracht, insbesondere wenn sich der Plattformbetreiber wiederholt und dauerhaft der Untersuchung von behaupteten Rechtsverletzungen verweigert. Jedoch stellt der doppelte Gehilfenvorsatz eine Haftungsschranke dar, die im Regelfall nicht überwunden werden kann. Bei grundsätzlich in Einklang mit der Rechtsordnung handelnden Plattformbetreibern würde durch eine Art gedankliches Mitbewusstsein der Anknüpfungspunkt der Haftung auf den Zeitpunkt der Plattformeröffnung vorverlagert. Dies entspräche jedoch nicht dem auf das Zivilrecht zu übertragenden, strafrechtlichen Grundsatz, dass jeweils zumindest in Grundzügen eine vage Kenntnis der Tat erforderlich ist. 4. Anknüpfung an täterschaftsbegründende Verletzung von Verkehrspflichten als Rückfallregelung Im Ergebnis erscheint es sachgerecht, den bereits im Wettbewerbs-recht vollzogenen Paradigmenwechsel auch im Urheberrecht zu vollziehen und eine täterschaftliche Verantwortlichkeit wegen Verletzung von Verkehrspflichten zu begründen. Dies führt zu einem praktikablen und stringenten dogmatischen Konstrukt, welches Plattformbetreibern einen klaren Rechtsrahmen für sämtliche Rechtsgebiete an die Hand gibt, mit denen sie in ihrer gewerblichen Tätigkeit konfrontiert sind. Dabei findet die täterschaftliche Verantwortlichkeit aufgrund der Verletzung von Verkehrspflichten gerade im Hinblick auf Hyperlinks Anwendung, da ein Zu-eigen-Machen von Inhalten mangels wirtschaftlicher Zueignung hier nicht angenommen werden kann. Die Monetarisierung erfolgt auf der Webseite des Plattformbetreibers der Inhalte originär bereit hält. Weiterhin anwendbar bleiben im Rahmen dessen die Privilegierungstatbestände des TMG bzw. der E-Commerce-Richtlinie. Wenn also (wie meistens) der Plattformbetreiber in den Anwendungsbereich der entsprechenden Privilegierung fällt, haftet er unabhängig von dem verfolgten Konzept nicht auf Schadensersatz. Nicht zu überzeugen weiß dagegen der Ansatz von einem Nebeneinander von Störer- und Täterschaft. Hierdurch würde das Haftungsgebilde nur unnötig verkompliziert. Den rechtlichen Problemen kann bereits mit einem vereinheitlichten Haftungsregime begegnet werden. 5. Öffentliche Wiedergabe als bedingt tauglicher Ansatzpunkt Der Ansatz des EuGH den Plattformbetreiber bereits frühzeitig, über eine zeitliche Vorverlagerungen im Hinblick auf die Vornahme einer eigenen öf-
II. Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern179
fentlichen Wiedergabe in die Verantwortung zu nehmen, überzeugt im Ergebnis aufgrund dogmatischer Bedenken nicht vollends, da die grundrechtlich geschützten Positionen von Plattformbetreibern nicht ausreichend berücksichtigt werden. Mangels Vollharmonisierung der Plattformbetreiberhaftung entstehen dogmatische Friktionen, so dass eine Ausdehnung der Vornahme einer öffent lichen Wiedergabe auf Plattformbetreiber schwer mit geltendem nationalem Recht zu vereinbaren ist. Für die Anwendung unter Gesichtspunkten des nationalen Rechts in Deutschland bedeutet dies insbesondere einen Bruch mit der systematischen Einordnung von Vorfeldhandlungen. Diese sind nach nationalem Verständnis im Bereich der Teilnahme zu verorten. 6. Täterschaftsbegründendes Zu-eigen-Machen von Inhalten als vertretener Lösungsansatz Der Problematik kann nach hier vertretener Ansicht mit der Ausdehnung der täterschaftlichen Verantwortlichkeit im Rahmen eines etwaigen wirtschaftlichen Zu-eigen-Machens von Inhalten ganzheitlich begegnet werden. Dabei haben die bisher hierzu vertretenen Ansichten nur in Teilen überzeugt, haben jedoch entscheidenden Beitrag zur Entwicklung des eigenen Ansatzes mit sich gebracht. Auszurichten ist der Ansatz des Zu-eigen-Machens dagegen primär auf die wirtschaftliche Einverleibung seitens der Plattformbetreiber, deren Tätigkeit auf das Erwirtschaften von Erträgen ausgerichtet ist. Aus dieser wirtschaftlichen Zueignung ist im Regelfall im Rahmen einer widerleglichen Vermutung ein Zu-eigen-Machen im Sinne des § 7 TMG zu bejahen, so dass eine Haftung nach den allgemeinen Grundsätzen für den Plattformbetreiber greift. Widerlegen kann der Plattformbetreiber diese Vermutung, indem er nachweist, dass er weder eine einheitliche Seitengestaltung vorgibt noch eine Einräumung von Nutzungsrechten an den von Nutzern generierten Inhalten verlangt. Um die Haftungsrisiken der Plattformbetreiber jedoch in einem wirtschaftlich zumutbaren Maß zu halten sind eine nutzer- und umsatzorientierte, haftungsausschließende Kleinstplattform- sowie eine haftungsverlagernde Subsidiaritätsklausel vorgesehen, aufgrund der der Plattformbetreiber nur dann haftet, wenn der Nutzer als Erstverletzer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht in Anspruch genommen werden kann, vorgesehen.
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E. Zusammenfassende Darstellung und Ergebnis
7. Individualisierte Beurteilung bei Framingsachverhalten Auch wenn nutzergesetzten Hyperlinks und Frames gemein ist, dass sie nur so lange Zugang zu geschützten Inhalten vermitteln, als diese auf der Ausgangswebseite weiterhin verfügbar sind, ist eine differenzierte Behandlung von Hyperlinks und Frames gerechtfertigt. Daher ist nur für Frames ein Zu-eigen-Machen nach vorstehenden Grundsätzen in Ansatz zu bringen. Für reguläre Hyperlinks erscheint die Figur des Zu-eigen-Machens – wenn überhaupt – nur in seltenen Ausnahmefällen anwendbar. Zwar ist auch hier eine Abkehr von der Störerhaftung nach den Grundsätzen des BGH zu befürworten. Jedoch ist die Lösung bei regulären Hyperlinks über ein einheitliches Haftungsregime unter Berücksichtigung der Verletzung von Verkehrspflichten zu suchen. Ausgangspunkt dieser unterschiedlichen Behandlung ist die Tatsache, dass bei einem Frame der Inhalt in die eigene Internetpräsenz des Nutzers inte griert wird. Der Durschnittsnutzer kann häufig nicht mehr erkennen, dass sich der dargestellte Inhalt nicht auf dem Server des Plattformbetreibers befindet, sondern vielmehr auf einem Drittserver. Der Inhalt wird zudem ohne eigenen Beitrag des Nutzers, der die Webseite lediglich besucht, wiedergegeben; einen Verursachungsbeitrag durch das Anklicken des Links bedarf es nicht. Eine Ähnlichkeit von Inhalten, die per Upload originär vom Plattformbetreiber gehostet werden, ist nicht von der Hand zu weisen. Vor diesem Hintergrund, dass bei einem Frame keine Weiterleitung auf eine andere Webseite erfolgt, sondern die Inhalte auf der Ausgangsplattform angezeigt werden, verbleibt der Fokus des konsumierenden Nutzers auf der Ausgangswebseite, auf der es dem Nutzer ermöglicht wurde, einen Frame zu setzen. Der Plattformbetreiber kann sich somit den Inhalt wirtschaftlich zueignen, indem er die erhöhte Aufmerksamkeit, insbesondere auch unter zeitlichen Gesichtspunkten während der Wiedergabe des geframten Inhalts, nutzt und beispielsweise mittels entsprechender Werbeschaltung monetarisiert. Erfolgt allerdings eine Weiterleitung an eine Drittwebseite mittels Hyperlink, aufgrund der diesen innenwohnenden Verweisfunktion, so kann der Betreiber eben dieser Webseite, auf der der Inhalt gehostet wird, von der erhöhten Aufmerksamkeit profitieren; in diesem Falle erfolgt eine wirtschaftliche Zueignung potentiell bei diesem. Denklogisch wäre dann dieser unter Umständen wiederum zur Verantwortlichkeit zu ziehen. Essentieller Unterschied ist zudem, dass nur bei einem Frame von Seiten des Plattformbetreibers Vorgaben hinsichtlich der Einbettung in den Gesamtauftritt der Webseite vorgegeben werden. Ein Hyperlink, der durch einen Nutzer auf der Plattform hinterlegt wird, besteht zumeist nur aus einer vollständigen Internetadresse, die angeklickt werden muss, um zu dem Inhalt zu gelangen.
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Sachwortregister Abschöpfung 110, 113 Access-Provider 35, 73 Allegro barbaro 141 Anonymität 91, 167 Anstiftung 115, 116, 121, 177 Architektenwettbewerb 97 Beihilfe 76, 105, 114, 120, 121, 177, 178 Bereicherungsschuldner 110, 113, 172 Beseitigungsanspruch 23, 25, 79, 91, 92, 93 Best Effort 88 BestWater 39, 49, 51, 53, 55, 56, 57, 60, 80 Chilling Effect 18, 20, 154, 155, 175 Content-Provider 35, 36, 72, 73, 86 Counter-Notice 167 Deep-Link 33, 34, 43, 44, 45, 52 Durchsetzungsrichtlinie 16, 104, 136, 174 E-Commerce-Richtlinie 28, 29, 73, 75, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 90, 93, 99, 102, 103, 106, 107, 108, 109, 121, 122, 129, 131, 136, 137, 147, 177, 178 Effet utile 81 Entfernungs- und Sperrpflichten 77, 86, 87 Entscheidungstrias 39, 63, 65 Facebook 14, 20, 162 Filmspeler 18, 105, 131, 132, 147, 148 Filterfunktion 75, 76 Filtersysteme 101, 102, 118 Frame, nutzergesetzt 29, 72, 180
Gesamtgepräge 144, 149, 153, 169 Gesamtschuld 164, 165 Gewinnerzielungsabsicht 14, 37, 55, 58, 60, 62, 63, 64, 65, 67, 68, 69, 72, 98, 151, 152, 173, 175, 176 Gleichgelagerte Verletzungen 101, 103, 105 Goldesel 168 Google France 84 GS Media 37, 39, 55, 56, 80, 98, 154 (Haftungs-)Privilegierung 17, 20, 21, 28, 29, 72, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 98, 104, 106, 107, 108, 109, 121, 122, 129, 130, 131, 135, 137, 145, 150, 153, 163, 171, 177, 178 Haftungssystem, einheitliche 126 Host-Provider 35, 36, 72, 87, 90 Hyperlink 16, 33, 43, 45, 46, 48, 52, 55, 56, 60, 64, 65, 169, 170, 171, 172, 174, 178, 180 InfoSoc-Richtlinie 27, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 53, 54, 60, 80, 122, 134, 136, 174 Inhalte, eigene 36, 80, 82, 83, 137, 159 Inhalte, fremde 15, 17, 80, 86, 87, 147 Inhalte, zu-eigen-gemachte 82, 85, 137, 138, 148 Innominatfall 27 Interessen, widerstreitende 153 Interessensausgleich 172 Intermediär 18, 78 Jugendgefährdende Medien –– bei eBay 123 Kausalität 94, 95, 96, 104, 116, 123, 127
198 Sachwortregister Kenntnis 17, 19, 54, 55, 58, 59, 61, 62, 63, 77, 81, 84, 87, 88, 89, 90, 100, 102, 104, 114, 117, 118, 119, 120, 121, 129, 130, 132, 133, 142, 149, 150, 151, 152, 164, 171, 173, 175, 176, 177, 178 Kinderhochstühle im Internet 123, 124 Kleinstplattform 153 Kleinstplattformklausel/- regelung 153, 161, 162, 163, 164, 168, 169 Klinikbewertungen.de 142 Kontrollpflicht 86 L’Oreal/eBay 81 Lehre vom Erfolgsunrecht 125, 127 Lizenz 26, 106, 107, 108, 109, 110 marions-kochbuch.de 139, 140, 142 McFadden 79, 80 Möbelklassiker 97 Nähebeziehung, qualifizierte 148 Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) 13, 162 Notice-and-Takedown 90, 99, 144, 151, 167 Nutzungsrechte 21, 50, 111, 138, 139, 140, 141, 143, 149, 158, 160, 161, 168, 172, 173, 179 Öffentlichkeit, urheberrechtliche 28, 38, 40, 41, 46, 47, 48, 51, 52, 54, 56, 57, 60, 61, 134, 175 Overblocking 18 Paperboy 39, 42, 43, 47 Praktische Konkordanz 152, 153 Pressehaftung 145 Prüfpflicht 119, 120, 122, 123, 126, 130, 131, 152, 162, 176, 177 Pseudonym 167 Realität II 39, 53 Rechteinhaber 13, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 25, 26, 28, 38, 39, 47,
49, 52, 53, 54, 56, 57, 60, 62, 66, 67, 69, 70, 80, 91, 92, 93, 100, 103, 106, 107, 108, 110, 114, 130, 136, 147, 150, 152, 160, 161, 164, 165, 166, 170, 172, 173, 174, 175, 176 Rechtswidrigkeit 17, 19, 20, 22, 29, 30, 35, 37, 43, 47, 55, 67, 68, 70, 77, 86, 87, 89, 90, 92, 113, 115, 117, 123, 127, 133, 173, 176 Redaktionelle Kontrolle 139, 141, 158 Regress 167 Richtlinienentwurf Digitaler Binnenmarkt 30, 106, 109, 110 Seitengestaltung 144, 149, 150, 159, 161, 168, 172, 173, 179 Steffi Graf 138 Störer 72, 91, 92, 93, 94, 97, 98, 99, 124, 129, 130, 131, 134, 178 Störerhaftung 16, 17, 18, 20, 29, 77, 78, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 101, 103, 104, 105, 109, 114, 115, 118, 122, 123, 124, 125, 126, 129, 130, 171, 175, 176, 180 Subsidiarität 153, 167, 168, 169 Subsidiaritätsklausel 172, 179 Surface-Link 33, 34 Svensson 39, 46, 49, 51, 56, 57, 80 Täterschaft 19, 20, 29, 93, 94, 105, 108, 115, 116, 121, 122, 124, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 134, 135, 136, 150, 151, 152, 156, 171, 172, 173, 175, 176, 178, 179 Teilnahme 19, 29, 42, 76, 93, 94, 105, 114, 115, 116, 117, 119, 121, 134, 172 Teilschuld 164, 165 Telemedien 74, 83, 167 Telemediengesetz (TMG) 17, 18, 20, 21, 28, 35, 72, 73, 74, 76, 80, 83, 85, 99, 102, 103, 104, 108, 119, 120, 121,122, 129, 130, 131, 145, 148, 159, 178 The Pirate Bay 18, 63, 105, 131, 132, 147, 148
Sachwortregister199 Überwachungspflicht 29, 73, 77, 78, 83, 86, 87, 98, 99, 103, 104, 108 Unentgeltlichkeit 112, 113, 114, 177 Unterlassungsanspruch 23, 24, 25, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 92, 93, 94 Upload 33, 34, 35, 52, 67, 70, 149 Value Gap 17, 20, 154, 155, 175 Veranstalterhaftung 144, 146 Vergütungsgerechtigkeit 17 Verkehrspflicht 20, 105, 114, 118, 122, 123, 124, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 171, 173, 178, 180 Vermutungsregelung 58, 64, 155, 156, 157, 158, 161, 168, 169, 172, 173, 179 Vervielfältigungsrecht 33, 43, 44, 50, 52 Verweisung 15, 33, 34, 43, 45, 46, 51, 52, 65, 70 Verwertungsrecht 19, 21, 22, 26, 27, 28, 39, 43, 45, 51, 53, 63, 69, 143, 152
Vollharmonisierung 28, 81, 83, 136, 150, 179 Vorschaubilder III 64, 156 Wiedergabe, öffentliche 37, 41, 42, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 56, 57, 60, 61, 62, 66, 69, 105, 108, 132, 133, 134, 135, 136, 170, 172, 175, 176, 178, 179 Wirtschaftliche Zueignung 150, 153, 155, 156, 157, 158, 161, 169, 174, 180 YouTube 14, 50, 140, 141, 162 Zu-eigen-Machen 20, 30, 50, 82, 83, 85, 105, 109, 136, 137, 138, 139, 140, 141, 142, 143, 144, 145, 147, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 155, 157, 158, 161, 163, 168, 169, 171, 172, 173, 175, 178