Der Pfingstmontag: Lustspiel in Straßburger Mundart [Reprint 2019 ed.] 9783111509785, 9783111142357


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Georg Daniel Arnold
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Der Pfingstmontag: Lustspiel in Straßburger Mundart [Reprint 2019 ed.]
 9783111509785, 9783111142357

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Iahresgaben der Gesellschaft für Elsässische Literatur

6. D. Arnold

Der Pfingstmontag Luftspiel in Strafeburger Mundart

Straßburg Vertag von Karl J. Trübner 1914

6. D. Arnolä

Der Pfingstmontag Lustspiel in Strafeburger QRundart Nach der vom Dichter durchgesehenen zweiten Auogabe des lahreo 1816

herauvgegeben von

J. Lefftz und E. Marckwald

Buchschmuck von PH. Kamm

Straßburg Verlag von Karl J. Trübner 1914

Arnolde Geburtshaus.

Georg Daniel Arnold1). Das Eckhaus der St. Nikolausgasse und des St. Nikolousgäßchens zu Straßburg, in der Nähe der St. Nikolaus-Kirche, Nr. 17 (nach der Zählung von 1858: Nr. 12) gehörte seit 1764 dem Küfermeifter Johann Daniel Arnold. Ein Brand hat am 1. Oktober 1873 das Haus zerstört, aber eine Abbildung ist uns *) Für das Leben Georg Daniel Arnolds muß als Hauptquelle das bio­ graphische Vorwort angesehen werden, das Jakob Friedrich Nauter, damals Dekan der juristischen Fakultät der Straßburger Nniversität, auf S. I—XII der zweiten Ausgabe des Arnoldschen „Pfingstmontag" 1850 vorausschickte. Der um vier Jahre jüngere Nauter war seit frühester Jugend mit Arnold befreundet, war sein Amtsgenosse in der Fakultät und verfügte über Arnolds handschrift­ lichen Nachlaß, dessen Verbleib unbekannt ist. Zudem standen Nauter aus­ gezeichnete mündliche Nachrichten zu Gebote, da er zwei Jahre nach Arnolds Tod, 3. Januar 1831, dessen Wittwe geheiratet hatte. Die übrigen ge­ druckten und die bisher unbenutzten handschriftlichen Quellen sind in den Anmerkungen aufgeführt. Eine Biographie Arnolde von seinem Freunde Ghrenstied Stöber (vgl. Leser, Vorwort, in: G. Stöber, Sämmtliche Ge­ dichte und Leine prosaische Schriften. III (Straßburg 1836), S. V) ist nicht gedruckt worden. — Goedeke, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dich­ tung. VII. 2. Ausl. (Dresden 1900), S. 519—521. — Einige bibliographische Angaben verdanke ich der freundlichen Mitteilung meines Kollegen Professor Dr. Klein.

VI erhalten'). Hier rourdc am 18. Februar 1780 Georg Daniel Arnold geboren. Die Taufurkunde2) ist uns überliefert: „Ein Tausend, Siebenhundert und achtzig, Fregtag den achtzehenden Hornung nachts um halb Zehen uhr ist ein Söhnlein geboren Sonntags darauff getaufft, und Georg Daniel genannt worden, die Eltern sind Hr. Johann Daniel Arnold, der Kieffer Meister und Burger alhier, und deßen Ehestau Maria Eva, geborene Arbogastin, die Pfettern sind Hr. Georg Hierongmus Kob, Materialist, und Burger alhier und Hr. Jotjann Georg Beger, Biersieder und Burger alhier, die Gättel ist Frau Maria Salome, geborene Nöcklingerin, Hrn. fohann Daniel Lobstein, des Wundartztes und Burgers alhier Ehestau, . . . Johann Daniel Mülberger, Pfarrer zu St. Nicolai Tauffte." Der Barer Arnold war am 31. Juli 1736®) in Straßburg geboren, als Sohn des Küfers Mathias Arnold und dessen Frau Anna Margaretha, geborener Oesterlin. Er hatte sich am 1. April 17614) mit Maria Arsula Leßler verheiratet, Tochter des verstorbenen Mathias Leßler, gewesenen Schultheißen in Mittelweier. Nach dem Tode seiner Frau heiratete Johann Daniel Arnold in zweiter Ehe am 10. Mai 1779*) Maria Eva Arbogast, Tochter des verstorbenen Oelmüllerv Georg Arbogast zu Mittelhausen und der Frau Mar­ garetha Arbogast, geborener Düringer. Frau Maria Eva schenkte außer Georg Daniel ihrem Manne noch ein zweites Kind, ein Töchterchen, Maria Lleophe, das am zi. Oktober 1781e) ge­ boren wurde, aber schon am 1. Februar 1782 ’) starb. Die Geburt der Tochter scheint der jungen Mutter das Leben gekostet zu haben, denn bereits 14 Tage später, am 14. November 17818), starb Frau Maria Eva und wurde am 16. November zu St. Helenen bestattet. Sie erreichte ein Alter von noch nicht 30 fahren. So wurde Georg Daniel mit 1 ’/« fahren Waise, und fohann Daniel *) „Arnolds Geburtshaus in der St. NMausgasse", in: Das Elsaß. Slluftr. Wochenschrift. III (Straßburg 1881), S. 193 f., mit Abbildung; Segboth, Das alte Straßburg (Straßburg 1890), S. 186, mit Abbildung; G. G. [= Envfelder), Georg Daniel Arnolds Geburtshaus, in: Dogesengrün. 1891, S. 145—148, mit Abbildung. ’) Stadtarchiv Straßburg. Kirchenbuch ;u St. Niüaus. N 117, Blatt 155. Den Herren Beamten des Stadtarchiv», Archivdirektor Professor Dr. Winckelmann, Archivar Dr. Bernags und Archiv­ sekretär Räuber danke ich verbindlichst für ihre Hilf«. ’) Stadtarchiv Straßburg. Kirchenbuch ;u St. Niklaus N 113. ■*) Stadtarchiv Straß­ burg. Kirchenbuch zu St. Niüaus. M 54. 6) Stadtarchiv Straßburg. Kirchen­ buch zu St. Niklaus. M 56. “) Stadtarchiv Straßburg. Kirchenbuch zu St. Niklaus. N 117. H Stadtarchiv Straßburg. Kirchenbuch zu St. Niklaus. D 100. ’) Stadtarchiv Straßburg. Kirchenbuch zu St. Niklaus. D 101.

VII Arnold war nach kaum zweijähriger Ehe wieder Wittwer. Zum Glücke des Knaben entschloß sich der Vater zu einer dritten Ehe und heiratete am 16. Juni 1790 *) Maria Latharina Delpg, Tochter des Büchsenmachers Johannes Delpy in Landau und der Frau Margaretha Elisabetha Delpg. Daß diese Ehe unter Zustimmung der Verwandten der oerftorbenen Frau Maria Eva geschlossen wurde, geht wohl daraus hervor, daß sich unter den Trau­ zeugen auch ein Bruder Maria Evas findet, der Schuhmacher und Burger Valentin Arbogast. Frau Maria Katharina liebte ihren Stiefsohn wie ein eigenes Kind, war ihm eine treue und sorgsame Mutter und durfte sich der aufrichtigen Liebe Georg Daniels bis zu ihrem Tode erfreuen. Die Kinderjahre Georg Daniels fielen in die Zeit, da die Königliche französische Freistadt Straßburg immer mehr begann, sich stanzösischen Einflüssen hinzugeben. Immer stärker mischte sich die aus Frankreich eingewanderte Bevölkerung mit der einge­ borenen. Im Leben der Stadt selbst herrschte Ruhe, das Stadt­ bild wurde immer prächtiger. Mit Bestiedigung konnte ein Jahr nach Georg Daniels Geburt Straßburg die hundertste Wiederkehr des Tages feiern, der es dem Königreiche Frank­ reich einverleibt hatte, ohne daß es aufgehört hatte, sich als deutsche Stadt zu fühlen. Erst die Revolution führte eine Ver­ schmelzung herbei. Gerade, als die frühere Reichsstadt sich an­ schickte, sich als Hauptstadt des Departements Bas-Rhin zu betrachten, kur; nachdem die neue Munizipalverwaltung in Tätig­ keit getreten war, schloß Johann Daniel Arnold seine dritte Ehe, am 16. Juni 1790. Aber zu früh wurde er der Gattin und dem Sohne entrissen, am 12. Januar 17912), im Alter von 507« Jahren. Er wurde am 14. Januar zu St. Helenen bestattet. Nun war Georg Daniel ganz auf die Liebe seiner Stief­ mutter angewiesen^). Die mäßige Wohlhabenheit der Familie gestattete eine sorgfältige Erziehung. „Der Knabe H zeigte schon früh eine ungemeine Leb­ haftigkeit, viel Auffassungsgabe, Imagination und Anlage zum ’) Stadtardjio Strafeburg. Kirchenbuch zu St. Nikiaus. M 57. ’) Stadt­ archiv Strafeburg. Kirchenbuch zu St. Nikiaus. D 104. ’) In der Leichen­ rede des Pfarrers Schuler auf Georg Daniel Arnold (Discours prononc6s aux obseques de M. G. D. Arnold (Strasbourg 1829), S. 17) helfet es irr­ tümlich „quoique orphelin ä l’äge de huit ans, . . . “. Georg Daniel war, al» seine Mutter starb, 17« Jahre, als sein Vater starb, 11 Jahre alt. 4) Rautet, Biographisches Vorwort, S. III, in: Arnold, Der Pfingst­ montag. 2. Ausgabe. Strafeburg 1850.

VIII

Witz. Zur Hreunäschaft geneigt, schloß er sich mit Wärme an andre Knaben an. Da Arnold selber oft als Mann der Art jenes Knabenlebens einen bedeutenden Einfluß auf seinen Cha­ rakter und sein Talent zuschrieb, so kann nicht uninteressant segn, dieselbe naher anzudeuten. Anoermögend ihm einen Hauslehrer oder sonst eine bleibende Führung zu geben, mußten ihn sein Vater und seine Mutter (eine Stiefmutter, die aber Arnold bis an ihr Ende mit der Zärtlichkeit eines wahren Sohnes ehrte und liebte) außer den Lehrstunden, sich selbst überlassen. So streifte dann der lebhafte Knabe mit seinen Gespielen, deren Führer er oft war, in und außer der Stadt, in Feld und Wald, und auf dem bluffe umher, und da seinem Baren Auge und naiven Gefühl die Natur sich offenbaren mußte, so gewann er in diesem Amgang mit ihr Eindrücke und Lehren die die künst­ lichen, welche des Menschen Hand darbeut, an Wirkung unend­ lich übertreffen". Sieben1) Jabre alt trat er am 12. Mai 17872) in das protestantische Ggmnasium ein. Während seiner ganzen Schulzeit gehörte Georg Daniel zu den fleißigsten und besten Schülern des Ggmnasiums. Wir können mit Hilfe der Schul­ programme sein Aufsteigen von Klasse zu Klasse bis zur obersten verfolgen und können feststellen, daß er 19 öffentliche Belo­ bigungen erhielt. 3m Vergleiche dazu sei angeführt, daß sein um ein Jahr älterer freund Ehrenfried Stöber in der gleichen Zeit nur 8 Auszeichnungen empfing. Das Ofter-Programm 17883) führt diejenigen Schüler auf, die einer besonderen Auszeichnung für würdig befunden wurden, unter der 'Überschrift „Priora loca obtinuerunt, eoque virtutis & diligentiae praemia commeruerunt“. Wir finden Arnold4) dort „In Classe Septima“. Anter den so namentlich aufgeführten Schülern finden wir ihn zu Michaelis 1788 und Ostern 1789 „In Classe Sexta“, zu Michaelis 1789 „In Classe quinta“. Ostern 1790G) ist er unter den Schülern, *) Sdjuler, a. a. O. S. 77 irrt, wenn er der Stiefmutter das Ver­ dienst zuschreibt, den Sohn dem Gymnasium zugeführt zu haben, denn erst drei )ahre nach Beginn der Gymnasialzeit schloß der Vater Arnold seine dritte Ehe. *) Nach freundlicher Mitteilung des Herrn Dr. Veil, Direktors de» protestantischen Gymnasiums. Seine Nachforschungen in den Protokollen des Gymnasiums haben nicht mehr ergeben, al» aus den gedruckten Programmen ersichtlich ist. ’) Invitatio ad festivitatem scholasticam ... in Brabeuterio academico solenni ritu instituendam. Argentorati 1788. 1789. 4) In den Programmen wird Arnold stets „Johann Georg Daniel" genannt, während er in der Taufe, vgl. die Taufurkunde S. VI, nur die Vornamen „Georg Daniel" erhalten hat. Nur mit diesen beiden Vornamen hat er sich auch selbst in die Aniversitäts-Matrikel eingetragen; vgl. S. XI. 5) Die Hoch-

IX die „Belohnungen des Fleißes und Wohlverhaltens empfangen", und zwar in der dritten Klaffe; ebenso Michaelis dieses Wahres und Ostern 1791 in der vierten Klaffe. Zu Michaelis 1791 und Ostern 1792 erhält er nicht nur die gleiche Belohnung in der fünften Klaffe, sondern ist auch unter der Zahl der Schüler, „die französische Prämien" erhalten: beide Auszeichnungen empfängt er auch Michaelis 1792 in der sechsten Klaffe. Eine weitere Steige­ rung tritt 1793 ein: im Oster-Programme, in der sechsten Klaffe, wird er unter denjenigen aufgeführt, die „Belohnungen des Fleißes und Wohlverhalteno empfangen", ferner unter denen, die „Die Prämien des Französischen, der Rechen- und Meß-Kunst erhalten", fein Name findet sich auch bei denen, die sich in der Griechischen Sprache „hervorgethan" haben. Endlich, zu Michaelis 1793 erhält er in der „obersten Klaffe" Belohnungen „In dem Französischen, der Mathematik, der Erdkunde und Geschichte", „In dem Lateinischen" und auch „In dem Griechischen". Aus dem Begleit-Texte dieser Programme erfahren wir deutlich von Jal)r zu jähr, roie die Aufregungen und Stürme der Revolution vor den stillen Räumen des Ggmnasiums nicht Halt machten. Als Gymnasiast erlebte Georg Daniel die Veränderung des staatlichen und bürgerlichen Lebens durch die Revolution, den begeisterten Aufschwung im Beginne der Bewegung, die angsterfüllten Zeiten des Revolutionstribunals, die Tyrannei des Schreckens. Endlich, nach dem Sturze Robespierreo und feiner Genoffen atmete ganz Frankreich und mit ihm das Elsaß wieder auf. Schwere Kämpfe machte auch das Protestantische Gymnasium in diesen fahren durch, feine Lehrer waren fast alle eingekerkert, bis schließlich im Oktober 1794 eine vorübergehende Schließung der Anstalt erfolgte1). Das politische Leben Straßburgs spielte sich damals haupt­ sächlich in den Gesellschaften, den Clubs, ab. Das Beispiel der Alten ahmten die Jungen nach. Am 1. Mär; 1792 wurde in der Sitzung der „SociStS de l’Auditoire“ die Gründung einer „SociStö de jeunes amis de la Constitution“ mitgeteilt?). Zu den Gründern dieser Gesellschaft gehörten Arnold und sein ansehnlichen Herren Maire und Municipalität und gesummte geneigte Bürger­ schaft Cöbl. Stadt Strafeburg ladet geziemend auf das,... in dem Lhor der Prediger-Kirche zu fegernde Schulfest... ein Jeremias Jakob Oberlin, der Weltweisheit öffentlicher Lehrer, Skiftsherr zu St. Thomä und Sgmnafiarch. Strafeburg 1790. 1791. 1792. 1793. **) Reuss, Histoire du gymnase Protestant de Strasbourg pendant la revolution (Paris 1891), S. 108 ff. *) Heitz, Les soci6t6s politiques de Strasbourg pendant les an ne es 1790 ä 1795 (Strasbourg 1863), S. 27 u. 190.

freund Ehrenfried Stöber1). 3m Juli teilte sich diese „Soci6t6“*), und es bildete sich eine neue „d’aprfes les principes des Jacobins“. Dieselben Jünglinge, mit ihnen Arnold und Stöber, bildeten auch das Bataillon „des Enfants de la Patrie“, „das') aus 12- — 14jährigen Knaben bestand und in der Absicht errichtet worden war, in den empfänglichen Herzen der Jugend die Vaterlands­ liebe zu wecken und sie für die freimüthigen Ideen, welche sich damals kundgaben, zu gewinnen". August Stöber war im Besitze der Protokolle dieser Gesellschaft und berichtet, daß dort be­ geisterte Reden voll Vaterlands- und Freiheitsliebe gehalten wurden. Der Höhepunkt der Begeisterung der „Soci6t6 de jeunes amis de la Constitution“ wurde am Montag, 8. Juli 1793 erreicht. Am Abend dieses Tages wurde in einer öffentlichen Sitzung des allgemeinen Rats der Gemeinde Straßburg der Volks-Repräsentant Bürger Dentzel unter großen Feierlichkeiten empfangen. 3n dem amtlichen Berichte H über diese Feier, der in deutscher und französischer Sprache erschien, heißt es: „Eine Deputation junger Schüler des Ggmnasii wurde vorgelassen, welche folgende Rede hielt": Die Jünglinge versichern, daß sie sich zu Republikanern bilden werden, welche des Glückes einer freien Konstitution würdig find. Eulogius Schneider') hat uns überliefert, daß Ehrenfried Stöber, als Sprecher der Abordnung, in deutscher Sprache die Gesinnungen seiner Mitschüler und jungen Mitbürger ausdrückte. Zur festen Fügung kameradschaftlicher Freundschaft, zu freiem Gedankenaustausche und zur Förderung geistiger Be­ strebungen hatte sich aus Schülern des Ggmnasiums und jungen Studenten ein durch Statuten geregelter literarischer Verein') gebildet, der Sonntags seine Sitzungen hielt. Diesem Vereine trat *) August Stöber, Georg Daniel Arnold, in: Elsässische Neujahrs­ blätter für 1844 (Basel 1844), S. 4 f.; Strobel, Vaterländische Ge­ schichte des Elsasses. V (Straßburg 1846), S. 383 f. •) Heitz, a. a. O. S. 231. ’) Otte [= Zetter), Ehrenfried Stöber, in: Elsässische Neu­ jahrsblätter für 1846 (Basel 1846), S. 5; Stöber, a. a. O. S. 3; Friese, Neue Vaterländische Geschichte der Stadt Straßburg. V (Straßburg 1801), S. 8. 4) Derbal-Prazeß der öffentlichen Sitzung des allgemeinen Raths der Ge­ meinde van Strasburg, vom Montag, den 8 July 1793 (Strasburg 1793), S. 8; Procös-Verbal de la söance publique du conseil gönöral de la commune de Strasbourg, du Lundi 8 Juillet 1793 (Strasbourg 1793), S. 8. •) Argos, oder der Mann mit hundert Augen. 2. Halbjahrgang (Strasburg 1793), S. 34. ') Schnell, Pfeffel und Rieder, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. N. F. XIII (1898), S. 624.

XI

firnold bei. fils sonstige Mitglieder werden uns genannt: Rieder, Oberlin, Goll, Türckheim und Ehrenfried Stöber. Beide freunde, firnold und Stöber, hatten mit dem Be­ suche der obersten Klaffe des Gymnasiums ihre Schulzeit beendigt und ließen sich, firnold war kaum 14 fahre alt, an der Straß­ burger Qlnioerfität immatrikulieren, fius dieser Zeit ist nur die General-Matrikel (Matricula generalis major) erhalten, aber keine Fakultäts-Matrikel. Es darf aber wohl als sicher ange­ nommen werden, daß firnold nach damaligem Brauche zuerst die allgemeinbildenden Vorlesungen der philosophischen Fakultät horte, die eine Fortsetzung der firbeiten des Gymnasiums waren. Die General-Matrikel') verzeichnet unter dem 3.Germinal an II (23. Mär; 1794): Georgius Daniel Arnoldt, Argentinensis. Mit großem Eifer ging der junge Student an fein Studium heran, das ihm recht schwer gemacht wurde. Eine finzahl der Professoren mußten ihre Lehrtätigkeit einftellen, weil sie zur Nationalgarde einberufen wurden oder Stellungen bei den verschiedenen Verwaltungen einnehmen mußten, fiber noch viel Schlimmeres drohte der Straßburger Hochschule. Viele Professoren, wie Blefstg, Haffner, QDeber, Braun, Reißeifen, Lorentz wurden verhaftet, andere, wie Schweighäuser, mußten das Land verlassen. Natürlich wandten auch die Studenten sich von der in Trümmer zerfallenden, noch vor kurzem so blühenden Bildungsstätte ab. Immer drohender wurden die Maßnahmen gegen die Qlnioerfität. Die Machthaber wollten jeden partikulariftifchen Widerstand der Elfäffer brechen und sie wußten, daß die Qlnioerfität besondere diesen Geist pflegte'). Nur in dürftiger Weife konnten einige Professoren mit wenigen Studenten den Schein einer Fortdauer der Qlnioerfität aufrecht erhalten'). So war es auch dem jungen firnold kaum möglich, feine firbeiten fortzuführen. Mit tiefem Bedauern dachte Georg Daniel später an diese unglückliche Straßburger Studentenzeit zurück. Zu diesem erzwungenen Stillstände in der wissenschaft­ lichen Ausbildung kamen noch andere, widrige Qlmftände hinzu, die Georg Daniel veranlaßten, sich einer praktischen Tätigkeit 9 Qlrfunden und Akten der Stadt Strafeburg. z. Abt.: Die alten Matrikeln der Qlmoerfität Strafeburg. Bearb. von Gustav C. Knod. I (Strafeburg 1897), S. 204. ’) Extrait des Registres du Corps municipal de la commune de Strasbourg. SSance publique du 10. Prairial Fan second de la Röpublique fran^aise. [Strasbourg 1794]. 9 Schricker, Zur Geschichte der Anioersität Strafeburg (Strafeburg 1872), S. 54 ff.; BergerLevrault, Annales des professeurs des Academies et Universitös alsaciennes 1523-1871 (Nancy 1892), S. CXCI.

XII

zuzuwenden, die ihm ermöglichte, frühzeitig schon seinen Lebens­ unterhalt verdienen zu können. Die Revolutionsjahre hatten vielen Straßburger Familien schwere Opfer auserlegt, und auch der mäßige Wohlstand der Arnoldschen Familie hatte gelitten. Arnold erfaßte mit dem praktischen Blicke, der ihn während seines ganzen Lebens auvzeichnete, die Sachlage. Er wurde „employ6 en qualitS de sous-chef au bureau de la guerre de l’administration departementale du Bas-Rhin“ *). In feiner neuen Stellung kam Georg Daniel sein glänzendes Gedächtnis und feine Gabe des leichten Auffassens sehr zu statten. Mit er­ staunlicher Gewissenhaftigkeit widmete sich der kaum 15 jährige Beamte seinem neuen Amte. Neben den vielen unerquicklichen Amtsgeschäften trug ihm die neue Stellung einen wesentlichen Gewinn ein: „Arnold1) hatte hierbei Gelegenheit sich in der französischen Sprache practisch zu vervollkommnen, für ihn ein so wichtigerer Vortheil, als damals die deutsche Sprache in Straßburg noch Volkssprache, sowohl der Hähern als der niedern Klaffen war. Gleichwohl blieb ihm die deutsche Sprache als seine Muttersprache lieb, und eigentlich ist sie immer seine Leibsprache geblieben". Mit der Beruhigung im politischen Leben ergab sich für Arnold auch wieder die Möglichkeit, seinen Trieb nach wissen­ schaftlicher Bildung befriedigen zu können. Diejenigen Professoren der alten Aniversität, welche die Schreckenszeit überlebt hatten, Braun, Oberlin, Schweighäuser, Koch, Biessig, Haffner, Herren­ schneider, fingen an, wieder Vorlesungen zu halten, wenn auch das organische Danze, die Aniversität, zunächst fehlte»). Das Doppelleben, als Beamter und Student, war auf die Dauer für Arnold unmöglich, er mußte feine amtliche Stellung wieder auf­ geben. Am sich aber für die nun fehlende Einnahme Ersatz zu schaffen, erteilte er jungen Leuten Anterricht und wurde in vor‘) Bloechel, Discours prononce . . . aupräs du cercueil de M. Arnold, in: Discours prononces aux obs&ques de M. G. D. Arnold (Strasbourg 1829). lauter, a. a. O. S. IV, irrt, wenn er den Vater Arnold bei der Äbernahme der amtlichen Tätigtest des Sohnes noch leben Iaht, da der Vater schon 1791 gestorben war. Auch Spach (Arnold, Der Pfingst­ montag. Neue Ausgabe. 2Hit einer Einleitung von £. Spach (Straßburg 1874), S. XXXVI) laßt Arnold 18 Jahre statt 11 Jahre alt sein, als er seinen Vater verlor. Habs (Arnold, Der Pfingstmontag. Mit einer Biographie Arnolde von Nobert Habs (Leipzig [1886]) laßt den Vater 1797 statt 1791 sterben. *) Nauter, a. a. O. S. IV. s) Varrentrapp, Die Straß­ burger Vniversitat in der Zeit der französischen Revolution, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. N. $. XIII (1898), S. 477.

XIII nehmen Familien Erzieher. Er mußte hierbei natürlich viel Zeit opfern, die dem Studium abging, er erwarb sich aber in dieser Zeit durch seinen Verkehr in den besten Häusern der Stadt jene feinen Amgangsformen, die ihm später sehr nachgerühmt wurden. In besonders nahe Beziehungen trat er zur Türckheim'schen Familie, auch im Berckheim'schen, Dietrich'schen, Blessig'schen und Sröber'schen Hause verkehrte er. Anter den Professoren war eo in erster Linie Johann Loren; Biessig, der Arnold, ebenso wie seinen freund Stöber, anzog **). Als Professor der Theologie hielt Blesslg auch philo­ sophische Vorlesungen, namentlich sein Kolleg über Philosophie der Geschichte fesselte Arnold. Stöber rühmt seinen lebendigen Vortrag, in dem er dem zu behandelnden Gegenstände immer wieder neue Seiten abgewann; seine Sprache zeichnete sich durch Kraft und Eigenart aus. Dazu kam, daß Blesslg nicht aus seinem Hefte vorlas, sondern frei sprach und so auf seine jungen Zuhörer ungemein kräftig einwirkte. Georg Daniel wurde auch Mitglied der Blessig'schen „Abungsgesellschasten"2). „In") diesen engern Zirkeln wirkte er hauptsächlich dadurch auf die Bildung seiner jungen freunde, daß er in ihrer Mitte als älterer freund stand, die Horm der Vorlesungen in freie Anterredungen auf­ löste, die in den Buchläden so eben angekommenen neuen lite­ rarischen Produkte vorzeigte, dabei lehrreiche Bemerkungen über Verfasser, Schriften, Wissenschaften einftreute, und dann noch Bedungen in Dekantation, Lomposirion, Disputation und freiem anziehenden Vortrag anstellte". Das Andenken des väterlichen Hreundes, des verehrten Lehrers feierte Arnold bei dessen am 17. Hebruar 1816 erfolgten Tode in einer Elegie"), in der sich Dankbarkeit und Bewunderung mit dichterischer Begeisterung äußert. Neben der Vertiefung seiner allgemeinen Bildung wandte sich Arnold jetzt aber auch seinen Hach-Studien, den juristischen, zu und legte den Grundstein zu seiner späteren, bedeutungsvollen Tätigkeit im Gebiete des Rechtes. Hier fesselte ihn besonders der berühmte Lehrer des Staatsrechtes, Lhriftoph Wilhelm Koch, dessen Lieblingsschüler er wurde. Gerade der Teil der Rechtswissenschaft, den Arnold stets am meisten bevorzugte, das öffentliche und das Völker-Recht, aufgebaut auf der Grund') Leser, a. a. O. S. XII; Stöber, 3. L. Biessig, in: ebenda, S. 140 ff. *) Hritz, Leben Jotjann Loren; Blessig's. I (Strafjburg 1818), S. 111 f. ’) Stöber, a. a. O. S. 141. *) Blessig's Todtenfeger. Slegie. Stroh­ burg 1816. Aud) abgedruckt bei Router, a. a. O. S. 2k; — 269.

XIV läge der Geschichte, fand in Koch einen berufenen Vertreter. Dao innige Verhältnis, in das der junge Student zu feinem Lehrer trat, sollte ihm wenige Jahre später von größtem Nutzen fein, da Kod) ihm den Weg zur akademischen Laufbahn ermöglichte. „Der Dienst der Musen ist mir von Jugend auf Geistes und Herzensbedürfniß gewesen" schrieb firnold in späteren Jahren in einem Briefe *) an Goethe. Schon als Fünfzehnjähriger') be­ gann Georg Daniel sich als Dichter und Schriftsteller zu ver­ suchen. Rauter berichtet: „In diese Epoche (1795—97) fallen mehrere litterarische firbeiten, von denen noch Fragmente übrig geblieben, als zum Beispiel eine deutsch verfaßte „Lhronik der Straßburger Revolution" (von 1789 und 1795), fiufsätze über geschichtliche und philosophische Gegenstände, Beine Gedichte elegischen und romantischen Inhalts". Äber diese frühen Erzeug­ nisse des firnoldschen Geistevlebeno läßt sich weiter nichts fest­ stellen, da firnolds handschriftlicher Nachlaß, der Rauter zur Verfügung stand, heute verschollen ist. Eine Ballade aus dem Jahre 1796 „Lenes Geist" druckt Rauter ab. 3m finhange zu seiner fiusgabe des „Pfingstmontag" veröffentlicht Rauter auf S. 229—269 eine „fiuvwahl aus firnolds hinterlassenen Gedichten". Ein Teil der Gedichte war vor Rauters Veröffentlichung schon im Drucke erschienen: „Nordisches Maiblümchen auf das Verbindungofeft einer Freundin" und „Das Denkmal auf den fippeninnen" in: „filfatifches Taschenbuch') für das Jahr 1806"; „Die fiusficht" in: „Straßburger Taschenbuch auf das Jahr 1805"4) und mit fibweichungen (Verbesserungen) im Texte in: „filfatifches Taschenbuch für das Jahr 1807"°); „Eine Bitte. Sep­ tember 1805", „Der Vorfrühling" und „Hohenburg" in: „filfatifches Taschenbuch für das Jahr 1807"6); „Die Rosen", „Die zwei Löwen", „Die Linde und die Eiche" in: „filsatisches Taschen­ buch für das Jahr 1808"6); „Die Rückkehr der Schwalben" in: „Straßburger Taschenbuch auf das Jahr 1803”4) und mit fib­ weichungen (Verbesserungen) im Texte in: „filsatisches Taschen­ buch für das Jahr 1808"6). Die 19 Gedichte, die Rauter veröffentlicht, sind, mit wenigen fiusnahmen, nicht datiert, aber sie zeigen eine so gänzlich andere Sprache als „Lenes Geist", verraten ein ganz anderes dichte*) Markin, Zwei Briefe von J. G. D. Ornold an Goethe, in: GoetheJahrbuch XIII (1892), S. 83. ') Rauter, a. a. O. S. IV. •) Strasburg 1805. 4) Strafeburg 1802. 6) Strafeburg und Paris 1806. •) Strafe« bürg und Paris 1807.

XV risches Denken und Können, daß sie wohl sicher aus späteren fahren als diese Ballade stammen. Diese Elegien, Balladen usw. zeigen Arnolde Phantasie in dem Bilderreichtum der Sprache, die kräftig und gefühlvoll ist, ein Geift des Romantischen durch­ weht sie. Es sei besonders auf die Diftichen-EIegie „Die Rosen" hmgewiesen und auf das Hohkonigsburg-Gedicht „Die Aussicht". Arnold soll zahlreiche Fragmente von Gedichten aus der ftüheren Zeit hinterlassen haben, die von der Regsamkeit seines Dichtertalentes zeugen. Auch das Her; des jungen Studenten blieb nicht frei, und Rauter') vermittelt uns die Bekanntschaft mit einer Elegie „beim frühen Hingang eines jungen Frauenzimmers". Mit rührender Liebe preist der jugendliche Dichter die hervorragenden Eigenschaften der so früh entrissenen jungen Freundin. 3m Allgemeinen tragen seine älteren Dichtungen den Stempel des Ernstes, sie besingen Tugend, Wahrheit, Freiheit und Vater­ land. Den Grundzug seines ganzen Wesens, den ihm in warmen Worten alle nachrühmen, die ihn kannten, offenbart er selbst in dem Gedichte „Sehnsucht"') „Glücklich wem der Himmel hier auf Erden „Seine schönste ©ab’, ein edle» Her; geschenkt."

3n jugendlicher Begeisterung scharten Arnold und sein Freund Stöber eine Anzahl gleichaltriger und gleichgesinnter Genossen um sich und bildeten eine „literarische Gesellschaft alsatischer Freunde"3). Die jungen Leute verpflichteten sich, über die neuesten Erscheinungen im Gebiete der Theologie, Philosophie, Literatur, Ästhetik, Geschichte usw. zu berichten und wollten wissenschaftliche Fragen bearbeiten. Als Mitglieder dieser „Ge­ sellschaft" werden uns genannt: Klauhold, Schweighäuser, Elias Goll, Oberlin, Blöchel, Zorn von Bulach, Rieder. Abgesehen von der alten und festen Freundschaft mit Ehrenfried Stöber schloß sich Arnold besonders an Jafob Friedrich Rauter und Blöchel an, seine späteren Amtvgenossen in der Straßburger juriftischen Fakultät, an Johann Jafob Rieder4), später Pfarrer an der Neuen Kirche in Straßburg, und an Elias Goll. Dieser wurde seinen Freunden zu früh am 7. September 1800 durch den Tod entrissen. Am y. September 1800 schreibt Rieder") an pfeffel nach Colmar: „... letzter Freitag, zugleich ein Trauertag für mich und meine Freunde durch den Tod von Elias Goll, der auch einmal bei Ihnen war. Er verschied in meinen Armen. *) a. a. O. S. VI f. ') Kauter, a. a. O. S. 051. ’) Leser, a. a. O. S. X; Otte [= Zetter), a. a. O. S. z. 4) Kuntz, Kiedere Leben (Strassburg 1852), S. 7. 5) Sdjoell, a. a. O. S. 656.

XVI Hier zwei Exemplare eines Trauergedichtes auf ihn, dessen Verfasser Arnold ist." Don diesem Trauergedichte wußte man bisher nichts, weil es ohne Angabe des Verfassers erschienen ist. Diese Mitteilung Rieders ermöglicht aber, es festzuftellen. Lein Titel lautet: „Stimme der Freundschaft am Grabe des ent­ schlafenen Jünglinge Elias Goll. (Den 7 September 1800.)" *) Die Gründung dieser „literärischen Gesellschaft" fällt in die Jahre 1797 und 1798. An die Spitze trat Iran; Heinrich Redslob'), der spätere Professor der Theologie in Straßburg, damals Erzieher im Hause des Barons Bernhard Friedrich, von Türckheim, des Gatten von Goethes Lili. Die geistige Aberlegenheit des um zehn Jahre älteren Redslob, der für alles Schöne und Gute begeistert war, wirkte aneifernd und belehrend auf den jugendlichen Freund ein. In das damalige geistige Leben Arnolds und seiner Freunde und in ihre Auffassung der politischen Lage des Elsasses gewähren uns zwei Beine handschriftliche Hefte °) Einblick, die sich im Besitze der K. Aniversitäts- und Landesbibliothek Straßburg befinden. Die Hefte sind in blaues Papier gebunden, mir Goldpressungen verziert. Mit Golddruck steht auf dem einen „Jenner 1800", auf dem andern „Hornung 1800". Sie stammen aus der Bibliothek des Straßburger Sammlers Friedrich Karl Heitz, die 1871 von der K. Aniversitäts- und Landesbibliothek erworben wurde. Beide Hefte sind von der Hand Arnolds geschrieben. Der Titel lautet „Erholungen Junger Alsatier". Heitz hat diesen Titel auf dem blauen Papier-Amschlage wiederholt und „Arnold" darunter geschrieben. Das hat dazu geführt, daß man4) Arnold als Ver­ fasser des gesamten Inhaltes ansah. Er aber hat nur die Auf­ zeichnungen vorgenommen; die unter jedem Stücke stehenden Anfangsbuchstaben beweisen, daß Arnold nur der Verfasser von zweien ist. Das Januar-Heft enthält: S. 1—14, „Das Ende des Jahrhundert'». Eine Phantasie". Die Anterschrift lautet: G... . Ich glaube, daß darunter Johann Jakob Göpp°) zu verstehen *) [0. O.J 1800. Das ©edid)t ist in dec K. Aniversitäts- und Landes­ bibliothek Strafeburg vorhanden. ’) (Gerold), Franz Heinrich Redslob (Strafeburg 1906), S. 24. ’) L als. 800. ‘) Martin, a. a. O. S. 85; Martin, Arnolde Leben und Schriften, in: Arnold, Der Pfingstmontag (Strafeburg 1891) (— Elsässische Dolksschristen. 18), S. XU; Martin, Arnolde „Pfingstmontag" und die elsäfeische Dialektdichtung, in: Strafeburger Poft. 1895, Nr. 351, 3. Blatt. Dgl. auch: Schricker, Pfingstsonntag und Pfingstmontag (Nördlingen 1880), S. XI ff.; Schricker, Gottfried [I] Arnold und der Pfingstmontag, in: Die Gegenwart. XV (1879), S. 153 f.; [Jan], Strafeburg vor hundert Jahren (Stuttgart 1888), S. 323. 6) Villenave,

Notice sur Jean-Jacques Goepp. [Paris 1835],

XVII

ist, der nach langen Irrfahrten 1796 seine Studien in Straßburg aufnahm. Gedichte Göpps finden sich im „Alsatischen Taschen­ buch" für 1806, 1807 und 1808 und in „Alfa" von Ehrenfried Stöber (Straßburg [1817]). Der Verfasser läßt den Genius des Landes sprechen: „Schön bist Du Alsatia und reichlich beschenkte Dich mit ihren edelsten Gaben die gütige Natur". In glühender Vaterlandsliebe wird Alsatia und Argentorat gepriesen, „Heil euch, Alsatiern, die auch unter fremder Herrschaft treu blieben der vaterländischen Tugend". Nachdem der Genius seine An­ sprache vollendet hat, schließt der Verfasser: „Segnend und einer schönen Folgezeit sich freuend überschwebte er nun Alsatiao Fluren, das nach Väter Sitte feyerte den ersten Tag des be­ ginnenden Wahres". S. 15—17: „Bruoca". Anterschrift: St., das ist wohl: Ehrenfried Stöber. Auch dieses Breusch-Gedicht ist nicht rein idyllisch, auch in ihm zeigt sich elsässische Vaterlandsliebe. Die Breusch möge den „wogenwälzenden Rhenus", wenn sie zu ihm gelangt sei, ver­ anlassen „Daß er Friede gebiete dem übermüthigen Franzmann". S. 18—26: „Thermophylä". Anterschrift: S.... Don Ehren­ fried Stöber? S. 27 u. 28: „An einen scheidenden Freund". Anterschrift: A.... Auch im „Alsatischen Taschenbuch" u. s. w. zeigen die Arnoldschen Gedichte fast immer als Anterschrift nur den Buch­ staben A. Das Gedicht lautet: Selten entrinnen sie nur dem nächtlichen Lhaos der Zukunft, Qlnfre Tage wie der Wunsch sie träumt. Oester» läßt die Vorsicht auf ödem felsigem Wege Dornen uns pf[l]üten. Andurchdringliche Weisheit I — Noch hüllt uns der Nebel des Irrthum», Gottes Rath fasst unser Blick noch nicht, Aber uns lacht die Gewissheit, die Dornen verwandeln sich bald, in tiränze des Glätte! 3ft doch die tempifdje Erde von launischen Feg'n nicht gezaubert Nur zu rauschendem Genuss und Ruhl Ol sie ist das grosse Saatfeld, ihres Erschaffers Würdiger Thaten!

Noch nezt Sorge und Arbeit mit Schmeiss die Wange de» Seemanne, Noch sieht er nicht keimen seine Saat, Doch beseele ihn Muth! — und, blühen ihm nicht an dem Wege Blumen der Freundschaft? Aber einst glänzet er auf der göttliche Tag, wo dem Säemann Seine Saat in prächtger Blüthe lacht. Milden Blikes, spricht dann der Vater: Sey glüllich I Sie bringe Ewige Früchte.

U

XVIII

Jüngling von Alfa t Du fdjeideft I O führe die gütige Vorsicht Bald dich wieder in der Deinen Kreis), Wandle! dulde l säe! und ferne auch blühe dir stete die Blume der Freundschaft.

Dav Februar-Heft enthält: S. 29—59: „Palaus Geburts­ tag". Unterschrift: G..., wohl wieder J. J. Gopp. S. 39 — 41: »Die Sonne". Anterschrist: S........... Von Ehrenfried Stöber? S. 41—49: „Lied der Eingeweihten. Mel.: Bekränzt mit Laub den liebevollen Becher." Anterschrift: St.... Wohl: Ehrenfried Stöber. Es ist ein Lied, zum Gesänge bestimmt. Wie damals Arnold und feine Freunde sich nur als Elsässer fühlten, dieser Geist spricht aus jeder Strophe. Das Lied beginnt: „Auf, Brüder, auf! aus jugendlicher Kehle — Ström Jubelmelodei! — Ha fern aus unserm trauten Kreise stehle — Sich, Grillenfängereg." Gerade dieses Lied beweist scharf, daß die „Erholungen junger Alfatier" das Liederheft der „literarischen Gesellschaft" waren. Nachdem das Lob des Bieres, „Wenns Bier fetzt", des Weißweines, „Wenn weißer Wein gereicht wird", des Rotmeines, „Menn man rothen Wein kredenzt", ausgebracht ist, heißt es weiter: „Stets weih' den Becherklang in unsrer Mitte — Geselliger Toast". Der erste Toast wird dem Wirte gebracht, der zweite „dem theuren Elternpaar", der dritte Becherklang gilt „Den Edelen, die der Tugend hohen Frieden — In unsrer Brust genährt". Nun wird das vierte Hoch auf zwei Freunde der „Gesellschaft" ausgebracht, die abwesend find: „Den vierten, 0 mit stiller Rührung gebe — Den fernen, Freundschaft, ihn — Den uns entriffnen Brüdern — Ha es lebe! — Rieder und Oberlin." Beide, Rieder und Oberlin, kennen wir als Mitglieder der „literärifchen Gesellschaft"; beide waren von Straßburg ab­ wesend, da sie zum Kriegsdienste gezwungen worden waren. Zum Schluffe heißt es: „Doch hoher schwingt empor nun eure Becher — Gefüllt bis an den Rand — Den Hut vom Haupt, denn wißt — Ihr Herren Zecher — Nun gilt© dem Vaterland. — Habt aber acht, daß etwa einer wehne — Als gälte dem Franzenland — Das Vaterland ist, fern von der Seine — Hier unsrer Alfa Strand. — Du Dogefus und Deine Heldenmale — Amkränzt vom Tannenhain — Nehmt unser Lied! euch klingen — Die Pokale — And Dir, 0 Vater Rhein! — Heil Dir Alfatia und eroge Treue — Dem Franzmann Haß und Hohn! — Leert Brüder nun nach dieser schönen Weihe — Der Gläßer Legion." S. 49 — 52: „Sehnsucht nach dem Frühling. An einen Freund." Anterschrift: A ...., also Arnold.

XIX

Keine dieser Lieder usw. scheint gedruckt zu sein. Teile verhinderten wohl politische Gründe später die Drucklegung, zum Teil schätzten die Verfasser, wie wohl Arnold bei seinem zweiten Liede, ihre Jugendarbeiten mit Recht nicht so hoch ein. In dieser „literarischen Gesellschaft" fand Arnold an Redslob nicht nur den bewährten Führer, er schloß sich ihm auch in wahrer Freundschaft an. Beider Neigungen und Charaktereigenschaften waren die gleichen. Beide hatten einen ausge­ prägten Natursinn, beide begeisterten sich für die Schönheiten der Natur, der heimischen Berge und ihrer Pflanzenwelt. Wie Georg Daniel früher als Knabe die Amgegend Straßburgs durchstreift hatte, wanderte er jetzt in die Vogesen, deren Schön­ heiten ihn tief ergriffen. 1798 besuchte er feinen Schulfreund Rieder in Colmar*), wo dieser Sekretär des Dichters pfeffel war, und wiederholte später seine Besuche'). Nach Rieders Ausscheiden aus seiner Stellung war Arnold noch mehrfach in Colmar und bei Pfeffel zu Besuch. Im August 1800 schreibt pfeffel an Rieder'), daß er ein Päckchen „Hrn. Arnold mitzugeben gedenke". Auf einer seiner Vogesen-Wanderungen, im Sommer 18014), begeisterte ihn der herrliche Rundblick von der Hohkönigsburg zu dem oben erwähnten Gedichte „Die Aussicht". Auch weite Fußreisen unternahm Arnold. Als sein Freund Rieder die Tübinger Hochschule beziehen wollte, schrieb dieser an pfeffel am 27. Oktober 18005): „Stöber und Arnold werden mich zwo Tagereisen weit begleiten". In diesem geistig hochstrebenden Verkehre mit seinen Ge­ nossen und Redslob reifte Arnold zum Manne heran. Rauter') berichtet uns: „Nach den Manuskripten, die dem Verfasser dieser Notiz vorliegen, scheint mit Arnold im achtzehnten Jahre eine gänzliche Amwandlung vorgegangen zu seyn, so entschieden, man möchte sagen männlich, ist um diese Lebensepoche sein Ideengang. Seine Munterkeit hatte dabei nichts verloren, nur reiste jetzt seine Laune zu jenem eigentlichen Witze der noch bei so vielen im Andenken ist." Wie Arnold seinen Freund Rieder auf der Reise nach Tübingen begleitet hatte, so gab er auch seinem Freunde Stöber das Geleit'), als dieser am 7. April 1801 Straßburg *) Sd)oell, a. a. O. S. 629. ') Hunt), a. a. O. S. 20. ') Stfeoell, a. a. O. S. 654. *) Strasburger Taschenbuch auf das Jahr 1803 (Strafe­ burg 1802), S. 171. ') Schnell, a. a. O. S. 663. *) a. a. O. S. V. Rauter irrt aber, wenn er als ©rund zu Arnolde melancholischer Stimmung auch den Tod feines Vaters anführt, da der Vater schon gestorben war, als der Sohn erst 11 Jahre alt war. T) Otte f— Zetter), a. a. O. S. 6.

XX verließ und zum Studium nach Erlangen wanderte. Dao gleiche Bestreben, die Studien mannigfaltiger zu gestalten und weiter auszudehnen, bewog noch in demselben Jahre Arnold und seinen alten Schulkameraden Fran; Ludwig Klmiljold'), nach Göttingen zu gehen. Die Georgia-Augusta stand damals in voller Blüte, hatte unter glücklichen Verhältnissen die Schrecken des Krieges überstanden, war berühmt durch ihre Lehrer und muftergiltigen Einrichtungen; die Zahl der Studierenden betrug 700. Arnold konnte mit Recht hoffen, gerade dort mit Erfolg das juristische Studium betreiben zu können. Aber die Göttinger Studentenzeit Georg Daniels wußten wir bisher sehr wenig. Wir können uns aber jetzt ein ziemlich deutliches Bild seines dortigen Lebens und seiner inneren Entwickelung in dieser Zeit machen. 3m Nachlasse seines Freundes Redslob haben sich sieden Briefe aus Göttingen gefunden, die der jetzige Besitzer, Herr Konsiftorialpräsident Pfarrer Dr. Gerold in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt hat. Aus dreien dieser Briefe hatte Gerold') bereits früher Auszüge veröffentlicht. Diese Briefe sind datiert: I. Jeßberg bey Kassel, Montags [12.]’) Oktober 1801, II. Göttingen, 5. November 1801, III. Göttingen, 26. Dezember 1801, IV. 2. Januar 1802, V. Göttingen, 31. Januar 1802, VI. Göttingen, 18. März 1802, VII. Göttingen, 10. Dezember 1802. Arnold und Klauhold wanderten zu Fuß nach Göttingen und legten die Strecke, rüstig ausschreitend, in 10 Tagen zurück. Am i z. Oktober 1801 trafen die Reisenden in Göttingen ein. Die üblichen kleinen Leiden einer anstrengenden Fußwanderung blieben unserm Reisenden nicht erspart. Als er, zwei Tagereisen noch von Göttingen entfernt, in Jeßberg bei Kassel übernachtete, klagt er in seinem Briefe, daß er „Wasserblasen" habe und „verwundete Zehe, die ich aber sogleich mit unsrer gemeinschaft­ lichen panacee, dem Anschlitt heile". Schlechtes Wetter hatte die Reise nicht immer sehr erfreulich gestaltet. Aber Mainz, wo er seinen Freund Friedrich Spielmann traf, wanderte Arnold nach Frankfurt, wo er Karl von Türckheim besuchte, den 1783 geborenen zweiten Sohn Lilis von Türckheim. 3n Gießen wurde der junge Lobstein aufgesucht. Zu Arnolds Bedauern fiel sein Aufenthalt in Gießen in die Ferienzeit, so daß er keinen der dortigen Professoren kennen lernen konnte, so verfehlte er „H. ') Klaul)old wurde später Anwalt und starb 1841 in Strafeburg. Dgl. Braunwald, Discours prononcä ... aux funörailles de M. Fr.-L. Klauhold. Strasbourg [1841]. •) Oerold, a. a. O. S. 79 ff. ’) Das Datum ist ausgelassen, ergibt sich aber aus Brief 111.

XXI Prof. Schaumann'), dessen Psyche sie [d. h. Redslob) kennen, was mir aber noch mehr leid that war, daß wir den berühmten Professor Jung2) in Marburg nicht sprechen konnten. Er war seit vierzehn Tagen verreist". In Göttingen fand Georg Daniel bald durch den Vater eines jungen Bekannten ein „gutes Logis" bei „Färber Joppe auf dem Papendiek". Zunächst gefiel es Georg Daniel nicht sehr gut in Göttingen. Ihm fehlte der freundschaftliche Verkehr, an den er in Straßburg gewöhnt war. Nur schwer hatte er sich von seinem freunde Nedslob losgerissen, fortwährend mußte er an das gastfreie Türckheimfche Haus denken. Die beiden jüngsten Söhne, Wilhelm, geboren 1785, und Heinrich, geboren 1789, hatten sich ihm eng angeschlossen. Letzteren nennt er einmal in einem Briefe seinen „Erzfreund". Mit dem ältesten Sohne Fritz, dem späteren Bürgermeister von Straßburg, verband ihn bis zum Tode wahre Freundschaft. Kaum minder fesselnd waren für Arnold die Beziehungen zum Stöberschen, Dietrichschen und Blessigschen Hause gewesen. Ehrenfried Stöber selbst wollte gerade jetzt auch von Straßburg fortgehen. In Göttingen fand Georg Daniel das Leben langweilig, er war eine Woche vor Beginn der Vorlesungen angekommen. Besuche konnte er nicht machen, da sein Koffer noch fehlte, der erst am 28. eintraf. Das Zusammen­ leben mit Klauhold gestaltete sich auf die Dauer sehr gut, „wir leben friedlich und vergnügt mit einander". Zunächst stand ihm das Haus des Professors der Philosophie Christoph Meiners offen, den er erst kürzlich in Straßburg kennen gelernt hatte2). Aber bald steckte Arnold mitten in der Arbeit, im Studium. „Ich habe nun den Wissenschaften in allem Ernst einen Er­ oberungskrieg angekündigt, in welchem indeß die Hauptfahne immer die der blinden Gerechtigkeit ist". Er hörte folgende Vorlesungen im ersten Göttinger Semester: Pandekten in syste­ matischer Ordnung vorgetragen und Kriminalrecht bei G. J. F. Meister, Naturrecht bei dem Professor der Philosophie Jot). Gottl. Buhle, Politik und Kameralwissenschaften bei Georg Sartorius, Mineralogie bei dem auch als Lehrer der Natur­ wissenschaften tätigen Mediziner Jot). Friedrich Blumenbach und endlich Botanik bei dem ordentlichen Professor der Botanik Georg Fran; Hoffmann. Am besten gefielen ihm die juristischen Vorlesungen. Blumenbach ärgerte ihn geradezu durch die „äußerst *) Johann Christian Gottlieb Sdjaumann. Don ihm war erschienen: Pfydje oder Anterhaltung über die Seele. Halle 1791. **) Jung»Stilling. •) Meiners, Beschreibung einer Reise nach Stuttgart und Strasburg im Herbste 1801. Göttingen 1805.

XXII gemeine und triviale Manier sich auszudrüken". „Dann repetire ich meine Kollegienhefte über französische Rechtswissenschaft und lese das projet du code civil". Später ließ er sich aus Straß­ burg seine „Cahiers über die procSdure judiciaire von Spielmann" schicken. Er abonnierte sich bei einer Gesellschaft und erhielt Journale und Zeitungen in's Haus geschickt, „öle Lecture habe ich mir einen Plan entworfen um die französische Geschichte von der Regierung Ludwig des XI. an nach ihren Quellen durchzugehn, wozu ich die Bücher von der öffentl. Bibliothek erhalte. Ich habe mir den Mömoires de Comines angefangen, einem äußerst merkwürdigen Buche. Was Sprachen anbetrifft, so beschäftige ich mich mit denselben am Sonntag. Ich lese wirklich den Virgil auf diese Art und finde immer mehr welche herrliche Geiftesftärkung und Herzens Erhebung uns durch den Genuß der Poesie zu theil wird! Im englischen habe ich die geiftreichen Briefe der IJlylady MontaguL allbereits schon gelesen und bin wirklich mit dem zweiten Theile von Robertson Charles V. begriffen. Das französische treiben wir gemeinschaftlich durch Konversation und indem wir von Zeit zu Zeit einander vorlesen. Wenn ich ihnen zu diesem noch eine halbe Stunde die ich der Hlöte widme setze, so werden sie leicht glauben können daß ich äußerst beschäftigt bin.” Ein Jahr später schreibt er: „Was mich betrifft so stek ich bis über die Ohren in der Jurifterey. AIs Erholung höre ich ein Collegium Physik bei Meyer. Mein Studium hat daher diesen Winter keinen andern Reitz als den den er von der Nothwendigkeit erborgt. Indeß muß man billig seyn, verflossnen Sommer hatte ich auch dagegen mehrere sehr interessante esoterische Collegien gehört." Im Laufe der Zeit entsprach Göttingen nicht ganz seinen Erwartungen, er findet, daß die Philosophie dort „nicht sehr im sjlor ist", „Das Natur­ recht ... wird sehr mittelmäßig gelesen". „Iür positive Juris­ prudenz aber und Geschichte... ist Göttingen eine wirkliche Fundgrube". Trauernden Blickes sah er in die Vergangenheit, „während welchem mich mein Geschik zwang meine Kraft zweklos zu vergeuden, und mich mit Gewalt von der Bahn der Wissenschaften entfernt hielt". Mit dem ihm eigenen Pessimismus fürchtet er, daß ihm für die Zukunft in fjolge dessen ein großer Wirkungskreis versagt bleiben wird, und daß er seine Größe darin suchen muß, sich mit der Mittelmäßigkeit zu begnügen. Wir sehen, daß Georg Daniel sich durchaus nicht streng auf sein sjachftudium beschränkte, in seinem ganzen Wesen lag eine enzyllopädische Tendenz, die ihn zu allen Fächern des Wissens trieb, wenn auch Geschichte und Rechtswissenschaft sein Haupt-

XXIII

ftudium blieb. 3n späteren Semestern') hörte er bei dem Philo­ logen Christian Gottlob Hegne, dem Historiker Heeren, dem Juristen Gustav Hugo, dem Staatsrechtslehrer von Martens usw. Ms „Nebenlektüre" las er u. a. „Guicciardini's Geschichte von Italien im 15. und 16. Jahrhundert" und suchte manche Probleme seiner Zeit zu verstehen, in dem er sich in jene „Epochen des Erwachens" vertiefte. Immer wieder füllten die Naturwissen­ schaften seine Erholungsftunden aus, Hoffmanns lehrreiche bo­ tanische Ausflüge zogen ihn an. Don Nedslob laßt er sich „eine gewöhnliche Loupe für Pflanzen zu examiniren, nebst einer Pin­ cette" schicken. Sein „Hauptgenuß ist und bleibt auch hier Freude an der Natur". Er preist sich glücklich, daß er diesen Genuß empfinden kann, „der unabhängig von Menschen und Menschen­ werk, groß und göttlich wie seine Arsache ist und den Gesichtskreiß des Sterblichen schon hier in ein Elgsium umschafft". Im allgemeinen verlief für ihn das Geben in Göttingen einfach. „Ein Tag entwikelt sich gleich groß und gleich an Gehalt dem ver­ schlungenen Knaul der Zeit". Don dem ausgesprochen studen­ tischen Treiben hielt er sich fern: mit einer Art von Gering­ schätzung spricht er von den Studenten, die spielen, tanzen und sich schlagen. Ohne sich kümmerlich einzuschränken, lebte er sparsam. In Bries VI heißt es: „... die Qlmftände haben aus mir einen vollkommenen Professor der Sparsamkeit gemacht. Sie sollten wohl nicht glauben, daß mich mein ganzer Winteraufent­ halt hier, nebst den Reisekosten, nur 600 livr. gekostet hat, von welchen ich 100 livr. für Kleider mußte ausgeben, 50 livr. für Bücher und Papier, 100 livr. für Colkgien, und mit dem übrigen Gelde habe ich so gut hausgehalten daß ich ziemlich angenehm in physischer Rüksicht lebte, zu mittag und zu nacht etwas warmes aß, oft Spaziergänge machte, den Neujahrstag und etliche andre besonders celebrirte, ein paar mal im Conjert war, das Brief porto bestritt und nach dem Schlüsse des Halbjahrs noch einen Louis d’or übrig haben werde". Bereits im Frühjahr 1802 war eine Aenderung in feiner Lebenshaltung eingetreten. Einige Zeit vorher war ihm mitgeteilt worden, daß der junge Baron Fran; von Berckheim') die Aniversität Göttingen be« *) C. 2TL C. [= Gn ge ll) ardt], Georg Daniel Arnold, in: Zeitgenossen. Hrsg, von c$. C. A. Hasse. 3. Reihe, III (Leipzig 1851), S. 99. Auch ab» gedruckt in: Doll f ue, Biographien berühmter Elsässer. II. (Mülhausen 1875), S. 139—145, und: Elsässisches Samstagsblatt i8§7, S. 165—168. *) Ge­ boren 1785, später bagerischer Kammerherr und russischer Staaterat, vermählt mit einer Tochter der Frau von Krüdener. Er war ein Sohn des 1797 ver­ storbenen Freiherrn Ludwig Karl von Berckheim und der Freifrau Franziska Luise von Berckheim.

XXIV ziehen solle, und daß die verwittwete Frau von Berckheim mit Sicherheit darauf rechne, daß er die Leitung der Aniversitäts. studien ihres Lohnes übernehmen würde. Mit aller Gewalt juchte sich Arnold dieser Last zu entziehen, er muhte aber schließ­ lich doch die Bitte erfüllen. Er muhte auch seine Wohnung wechseln. „Ich bin um ein gutes d. ist abgelegenes von dem Studententroß, logte zu finden ganz Göttingen in die Quer und ins lireu; durch gelaufen, und habe nun bei dem Professor Grellmann') ein Leines mitten in Gärten stehendes Haus ge­ miethet, welches Mauhold, Fran; und ich allein okkupiren werden". Nach und nach söhnte sich Arnold mit seiner „Studenten» Hofmeifter"-Ltelle aus und fand Befriedigung darin, den jungen Mann zu leiten und in seine Studien einzuführen. Auch Wilhelm von Türckheim kam zu Arnolds groher Freude nach Göttingen, um dort zu studieren, und Fritz von Türckheim kam zu Besuch. So wurden die alten Beziehungen zur Heimat austecht gehalten. Mit Stöber unterhielt er einen Briefwechsel, der sehr freund­ schaftlich war. Am innigsten blieben aber seine Beziehungen zu Redslob; in herzlichsten Worten beglückwünscht er ihn zur Verlobung und zur Eröffnung seiner Anterrichtvanstalt. Am 2. Januar 1802 schickt er seinem Freunde einen Neujahrsgruh in Gestalt eines Gedichtes in Distichen „Der Neujahrsmorgen. An Freund Redslob"'). Arnold schreibt dazu: „Das Verse machen will bei mir nicht mehr recht gehen. Meine ernsthaften und anstrengenden Studien tilgen sichtbar mein bischen Veroa. Schadet weiter auch nichts. Vivat jus et pereat mundus". Seine „Derva" hat aber Arnold falsch beurteilt. Denn dieses Neujahrsgedicht ist doch sicher das beste aller dichterischen Erzeugniffe Arnolds aus älterer Zeit. Es ist unverkennbar, daß er Goethes „Hermann und Dorothea" kannte. Er schließt mit den Versen: „Wo» ich wünsch« für Sie, ich wünscht' es von jeher, Sie wissen'», „Qlnd da» leertönende Wort schweige, ee drükt e» nicht au». „Mir nur sprech' einen Wunsch ich ,,E» kette die himmlische Freundschaft, „Immer mit gleichem Band mich an Sie fern oder nah'".

Das zärtliche Verhältnis zwischen Stiefmutter und Sohn leuchtet aus jedem Briese hervor. Stets trägt er Redslob Grüße für die Mutter auf, die er ausrichten soll, wenn er „hinter St. NBaus" kommt, immer erkundigt er sich nach der „guten *) ©rellmann war Professor der Philosophie und Statistik. Da» Hau» lag in der ©eiemarer Straße. •) Kdgedruckt bei Gerold, a. a. O. S. 85-89.

XXV

Mutter" und bittet Redslob, ihre Briefe an ihn zur poft zu besorgen. Kus dem Briefe VII geht hervor, daß Arnold Ende 1802 „des fatalen Confcriptions Cyclue nun gänzlich überhoben" war. Die Briefe an Redslob find übrigens in fehlerfreiem Hoch­ deutsch geschrieben, nur eine mundartliche Eigenheit kommt vor: in Brief II „wirüich" in der Bedeutung von „augenblicklich". Den Aufenthalt in Göttingen benutzte Georg Daniel auch dazu, die bedeutendsten Städte Nord-Deutschlands kennen zu lernen. Er besuchte Dresden und Berlin und zusammen mit Hran; von Berckheim während der Sommerferien 1802 Ham­ burg und Lübeck. „Wir haben viel interessantes gesehen". Nach und nach zog es Arnold von Göttingen wieder fort, er nahm sich vor, nur bis Ostern 1803 dort zu bleiben. „Ob ich gleich nur 22. Jahr alt bin so hat doch mein Geist, hingeschleudert durch widrige Amftände großen Dorsprung gewonnen. Ich scheine mir selbst schon gegen die 30. hin vorgerükt zu seyn". Er ist überzeugt, keinen Wegweiser mehr zu brauchen und allein weiter arbeiten zu können. „Die Derhältnisse in Deutschland be­ hagen mir gar nicht. Es ist da so wenig Natur als anders wo und da ist es doch da besser wo man denn nun schon bekannt ist". So schied denn im Sommer 1803 Arnold von Göttingen, um in die Heimat zurückzukehren. Seine Heimreise führte ihn zunächst nach Weimar, wo er Schiller aufsuchte und von ihm freundlich ausgenommen wurde. Der größte Ertrag dieses Besuches aber war für Arnold ein Emp­ fehlungsschreiben ') Schillers an Goethe. Es lautet: „Weimar 9. Aug. 1803. Dem Aeberbringer dieses, HE. Arnold aus Strasburg bitte ich Sie einige Augenblicke zu schenken und ihm ein freundliches Wort zu sagen. Er hängt an dem deutschen Wesen mit Ernst und Liebe, er hat sichs sauer werden lassen, etwas zu lernen und reist mit den besten Vorsätzen zurück um etwas würdiges zu leisten. Don Göttingen, wo er studiert, und von Strasburg wo er die schreckliche Revolutionszeit ver­ lebte, kann er Ihnen manches erzählen". Goethe nahm den jungen Studenten in Jena sicher wohlwollend auf. Aus späteren Jahren haben wir mannigfache Beweise dafür, daß Arnold in hoher Wertschätzung bei Goethe stand. Don Jena aus besuchte Georg Daniel noch Nürnberg und kehrte dann nach Straßburg •) Schiller, Briefe. Hrsg, von